Gesamtes Protokol
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rechnung des Bundesrechnungshofesfür das Haushaltsjahr 2007 – Einzel-plan 20 –
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Tagesordnungspunkt 6:a) Erste Beratung des von der Bundesregie-rung eingebrachten Entwurfs eines Geset-zes zu dem Zusatzprotokoll vom 8. De-zember 2005 zu den Genfer Abkommenvom 12. August 1949 über die Annahme
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b) Erste Beratung des von der Bundesregie-rung eingebrachten Entwurfs eines Geset-zes zur Umsetzung der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlamentsund des Rates über die Anerkennungvon Berufsqualifikationen in der Ge-werbeordnung
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c) Erste Beratung des von der Bundesregie-rung eingebrachten Entwurfs eines Geset-zes zu dem Übereinkommen vom25. Juli 2007 über die Beteiligung derRepublik Bulgarien und Rumäniens amEuropäischen Wirtschaftsraum
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defghijZAPn18793 B18794 C18796 B18797 D18798 A18798 B18798 C18798 C) Erste Beratung des von der Bundesregie-rung eingebrachten Entwurfs eines ErstenGesetzes zur Änderung des Bundesel-terngeld- und Elternzeitgesetzes
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) Erste Beratung des von der Bundesregie-rung eingebrachten Entwurfs eines Geset-zes zur Förderung von Kindern unterdrei Jahren in Tageseinrichtungen und
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) Erste Beratung des von der Bundesregie-rung eingebrachten Entwurfs eines Geset-zes zur Modernisierung und Entbüro-kratisierung des Steuerverfahrens
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) Antrag der Abgeordneten Christian Ahrendt,Dr. Max Stadler, Gisela Piltz, weiterer Ab-geordneter und der Fraktion der FDP:Verbot des Vereins „Heimattreue Deut-sche Jugend“ prüfen
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) Antrag der Abgeordneten Jerzy Montag,Irmingard Schewe-Gerigk, Hans-ChristianStröbele, weiterer Abgeordneter und derFraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:Änderung der Geschäftsordnung desDeutschen Bundestages zur Verbesse-rung des Verfahrens zur Wahl von Bun-desverfassungsrichterinnen und Bun-desverfassungsrichtern
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) Bericht des Ausschusses für Bildung, For-schung und Technikfolgenabschätzung ge-mäß § 56a der Geschäftsordnung: Tech-nikfolgenabschätzung
Forschungs- und wissensintensiveBranchen – Optionen zur Stärkung ih-rer internationalen Wettbewerbsfähig-keit
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) Bericht des Ausschusses für Bildung, For-schung und Technikfolgenabschätzung ge-mäß § 56a der Geschäftsordnung: Tech-nikfolgenabschätzung
TA-Zukunftsreport: Arbeiten in derZukunft – Strukturen und Trends derIndustriearbeit
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usatztagesordnungspunkt 1:ntrag der Abgeordneten Ulla Jelpke, Petraau, Wolfgang Nešković, weiterer Abgeord-eter und der Fraktion DIE LINKE: Verbot18798 C18798 D18798 D18799 A18799 A18799 A18799 B
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. September 2008
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der „Heimattreuen Deutschen Jugende. V.“ prüfen
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Einzelplan 16Bundesministerium für Umwelt, Natur-schutz und ReaktorsicherheitSigmar Gabriel, BundesministerBMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Otto Fricke . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Horst Meierhofer . . . . . . . . . . . . . . . . .Katherina Reiche (CDU/CSU) . . .Michael Leutert . . . . . . . . . . . .
Michael Kauch . . . . . . . . . . . . . . . .Ulrich Kelber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Horst Meierhofer . . . . . . . . . . . . . . .Ulrike Flach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Bernhard Schulte-Drüggelte . . .Eva Bulling-Schröter . . . . . . . .
Dr. Georg Nüßlein . . . . . . . . . . .Undine Kurth (BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . .Einzelplan 30Bundesministerium für Bildung undForschungDr. Annette Schavan, BundesministerinBMBF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Ulrike Flach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Christel Humme . . . . . . . . . . . . . . . . .Ulrike Flach . . . . . . . . . . . . . . . . . .Dr. Petra Sitte . . . . . . . . . . . . .
Klaus-Peter Willsch . . . . . . . . . .Cornelia Pieper . . . . . . . . . . . . . . . . . .Klaus Hagemann . . . . . . . . . . . . . . . . .Cornelia Pieper . . . . . . . . . . . . . . . .Ilse Aigner . . . . . . . . . . . . . . . . .Jörg Tauss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .WDDRWKJNHPPDUDWFBDDNDEJZBWnD
laas Hübner . . . . . . . . . . . . . . . . . . .an Mücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .orbert Königshofen . . . . . . . .eidrun Bluhm . . . . . . . . . . . .etra Weis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
irk Fischer (CDU/CSU) . . . . . .Einzelplan 15Bundesministerium für Gesundheitlla Schmidt, BundesministerinBMG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .r. Claudia Winterstein . . . . . . . . . . . .olfgang Zöller . . . . . . . . . . . .rank Spieth . . . . . . . . . . . . . .
r. Carola Reimann . . . . . . . . . . . . . .aniel Bahr (FDP) . . . . . . . . . . . .orbert Barthle . . . . . . . . . . . . .
wald Schurer . . . . . . . . . . . . . . . . . . .ens Spahn . . . . . . . . . . . . . . . . .usatztagesordnungspunkt 2:eschlussempfehlung des Ausschusses fürahlprüfung, Immunität und Geschäftsord-ung zu dem Antrag: Genehmigung zururchführung eines StrafverfahrensDrucksache 16/10271) . . . . . . . . . . . . . . . . .usatztagesordnungspunkt 3:eschlussempfehlung des Ausschusses fürahlprüfung, Immunität und Geschäftsord-18835 D18837 B18838 B18839 D18841 A18842 B18844 B18845 D18847 A18848 A18849 C18850 B18852 A18853 D18854 D18856 C18858 C18859 C18861 C18863 A18864 D18865 C18866 D18868 BIVMetadaten/Kopzeile:
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nung zu dem Antrag: Genehmigung zurDurchführung eines Strafverfahrens
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Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Berichtigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .AnlageListe der entschuldigten Abgeordneten . . . . .18868 C18868 D18869 A18871 A
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176. SitzBerlin, Donnerstag, denBeginn: 9.0
Die Sitzung ist eröffnet.Ich begrüße Sie alle recht herzlich, liebe Kolleginnenund Kollegen.Wir setzen die Haushaltsberatungen – Tagesord-nungspunkte 1 a bis b – fort:a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-gebrachten Entwurfs eines Gesetzes über dieFeststellung des Bundeshaushaltsplans für dasHaushaltsjahr 2009
– Drucksache 16/9900 –Überweisungsvorschlag:Haushaltsausschussb) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesre-gierungFinanzplan des Bundes 2008 bis 2012– Drucksache 16/9901 –Überweisungsvorschlag:HaushaltsausschussAm Dienstag haben wir für die heutige Ausspracheeine Redezeit von insgesamt siebeneinhalb Stunden be-schlossen. Wir beginnen die heutigen Beratungen mitWbMILcbIMsELIemgRedetdem Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ar-beit und Soziales, Einzelplan 11.Das Wort hat der Bundesminister Olaf Scholz.
Olaf Scholz, Bundesminister für Arbeit und Sozia-les:Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen undKollegen! Täglich gehen Arbeitnehmerinnen und Ar-beitnehmer in die Fabriken und Verwaltungen, in die Lä-den und Lagerhäuser, auf die Baustelle oder in die Pra-xis, um zu arbeiten. Sie strengen sich an – mitLeidenschaft oder mit zusammengebissenen Zvollem Nachdruck oder mit den Gedanken bedern. Ihre Anstrengungen müssen sich auszLeistung muss sich lohnen. Anders als m
ch meine auch den älteren Monteur im Projekt „Silverine“ bei Audi in Neckarsulm, den ich vor ein paar Wo-hen traf und der stolz ist, eine abwechslungsreiche Ar-eit zu haben.
ch meine auch die Alleinerziehende, die mit eineminijob am Berufsleben teilnimmt. Unter Leistung ver-tehe ich auch die Anstrengung eines Sohns türkischerltern, der sich über eine Einstiegsqualifizierung eineehrstelle erkämpft.
ch meine auch den Querschnittsgelähmten, der sich ininer Reha-Einrichtung auf ein neues Leben einstellenuss und sich seinen Alltag mit dem persönlichen Bud-et selbst organisiert. Natürlich meine ich auch die Inge-extnieurin, die versucht, ihre Qualifikation zu bewahrenbzw. weiterzuentwickeln, um Schritt zu halten mit demFortschritt.Alle diese Bürgerinnen und Bürger haben zu Rechtdie Erwartung, dass wir Politikerinnen und Politiker un-sere Verantwortung wahrnehmen und ihnen bei der Ge-staltung ihres Lebens helfen – konkret und pragmatisch.Meine Damen und Herren, das Schlimmste ist, wennman bei dem Vorhaben, eine Arbeit zu finden, um seinLeben dadurch zu organisieren, immer wieder aufSchwierigkeiten stößt, weil man keine Arbeitsmöglich-keit findet. Darum finde ich, dass es eine der bestenr letzten Zeit ist, dass die Arbeitslosig-rückgegangen ist. Es wäre eines der bes-die Zukunft, wenn wir erreichen könnten,tslosigkeit in diesem Jahr einmal unterähnen, miti den Kin-ahlen. Ihreancher nurNachrichten dekeit so stark zuten Signale fürdass die Arbei
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Bundesminister Olaf Scholz3 Millionen sinkt. Das ist ein Erfolg guter Politik, meineDamen und Herren.
Wir tun recht daran, am Ziel der Vollbeschäftigung inunserer Gesellschaft festzuhalten.
In einer Gesellschaft, die so sehr auf Arbeit aufgebautist, die so sehr an den Anstrengungen unserer Bürgerin-nen und Bürger partizipiert, die sie so sehr fordert, musseine an sozialer Marktwirtschaft orientierte Politik je-dem das Versprechen geben, dass er es schaffen kann,eine Arbeit zu finden. Für mich ist deshalb unser wich-tigster Auftrag, sicherzustellen, dass man spätestensnach einem Jahr eine Arbeit findet, wenn man einesucht. Das wäre für mich eine gute Definition von Voll-beschäftigung. Das ist ein Auftrag für die Politik.
Wir müssen alles tun, um das zu erreichen. Wenn wirdas also wollen, müssen wir den Ehrgeiz haben, dass dieArbeitsvermittlung in unserem Land zur weltweit leis-tungsfähigsten Institution wird.
Daran arbeiten wir jetzt zum Beispiel, indem wir die ar-beitsmarktpolitischen Instrumente bündeln, indem wirdafür sorgen, dass jeder Vermittler und jede Vermittlerinin diesem Land den Instrumentenkasten auswendigkennt und nicht in irgendeinem Handbuch blättern muss,um jemandem zu helfen.
Dafür sorgen wir auch, indem wir uns jetzt darum be-mühen, eine Anschlussregelung für die Arbeitsgemein-schaften aus Kommunen und Bundesagentur zu finden;denn sie sind es, die sich vor allem um die Langzeitar-beitslosen kümmern. Die Langzeitarbeitslosigkeit müs-sen wir auf alle Fälle und mit allen Möglichkeiten, diewir haben, bekämpfen; denn die Angst, die man hat,wenn man seinen Arbeitsplatz verloren hat und meint,dass es nicht mehr besser wird, ist das, was am meistenschreckt. Darum müssen wir alles tun, um das zu ändern.
Ich sage auch in Richtung derjenigen, die skeptisch sind:Die 41 Milliarden Euro, die wir in diesen Haushalt fürarbeitsmarktbezogene Leistungen eingeplant haben,sind gut angelegtes Geld. Die Bürgerinnen und Bürgerhaben es verdient, dass wir es dafür einsetzen und zurVerfügung stellen.
Erlauben Sie mir die Bemerkung: Gelegentlich heißt esin öffentlichen Pressemeldungen: Scholz soll sparen.Damit sind immer Einsparungen bei den Arbeitslosengemeint, mein persönliches Einkommen ist davon nichtbtsPmrAeAdwsggSn2kkbwPlHmDJgsfSWknLmrsdmdh
Wenn man Arbeitslosigkeit bekämpfen will, dannuss man überall Arbeit schaffen. Man muss sie im Be-eich hoher Technologie schaffen, aber auch dort, worbeit anders strukturiert ist. Deshalb werden wir jetztine Initiative ergreifen, um im haushaltsnahen Bereichrbeitsplätze zu schaffen. Die Bundesregierung wirdazu in Kürze die notwendigen Vorschläge machen. Dasird ein guter Fortschritt für mehr Beschäftigung in die-em Land.
Wer Arbeitslosigkeit bekämpfen will, wer dafür sor-en will, dass wir in der Zukunft eine gute Beschäfti-ungslage haben, der muss sich sehr klar sein über diezenarien, die für unser Land möglich sind. Ich sehe ge-au zwei. Das eine Szenario für – sagen wir – das Jahr015 ist, dass wir eine hohe Arbeitslosigkeit und Fach-räftemangel haben. Das andere Szenario ist, dass wireinen Fachkräftemangel und kaum Arbeitslosigkeit ha-en. Welches der beiden Szenarien eintreten wird, habenir mit unseren Entscheidungen, die wir hier in diesemarlament treffen, die die Länder treffen und die natür-ich jeden Tag in der Wirtschaft getroffen werden, in derand.
Weil das so ist, dürfen wir nichts falsch machen. Wirüssen in dieser Angelegenheit das Notwendige tun.as heißt, wir dürfen es nicht hinnehmen, dass jedesahr fast 80 000 junge Leute – fast 8 Prozent aller Ju-endlichen – die Schulen ohne Schulabschluss verlas-en. Wir müssen das ändern. Wir müssen die Länder auf-ordern, alles dafür zu tun, um die Zahl dieserchulabbrecher zu halbieren.
ir müssen auch Wege finden, um denjenigen helfen zuönnen, bei denen es nicht geklappt hat. Darum ist esotwendig, dass wir jedem sagen: Wer sich in seinemeben noch einmal auf den Hosenboden setzen will – obit 27 oder mit 37 –, dem muss das möglich sein. Da-um wollen wir es fördern, wenn jemand seinen Haupt-chulabschluss nachholen will. Das ist ein gutes Signal,as unsere Gesellschaft aussenden kann.
Es bedeutet auch, dass wir uns darum bemühen, dassehr Ausbildungsplätze entstehen. Wie viel ausgebil-et wird, entscheidet darüber, wie viele Fachkräfte wiraben. Es entscheidet auch mit darüber, welches Szena-
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Bundesminister Olaf Scholzrio eintreten wird. Der schöne Spruch „Wer nicht ausbil-det, der soll sich nicht über den Fachkräftemangel bekla-gen“ enthält zu viel Wahrheit. Er bedeutet, dass nochmehr Ausbildungsplätze geschaffen werden müssen.
Wir helfen mit dem Ausbildungsbonus. Wir helfenaber auch, indem wir sagen: Lasst niemanden beiseite,guckt euch auch diejenigen an, die keine so guten Aus-gangsbedingungen mitbringen; die meisten schaffen esnoch. Wenn sie eine Lehre geschafft haben, dann könnensie noch viele Jahrzehnte lang erfolgreiche Arbeitneh-merinnen und Arbeitnehmer sein. Niemand darf als aus-bildungsunfähig abgetan werden. Das ist meine festeÜberzeugung.
Vergessen wir nicht: Die Hälfte aller Langzeitarbeitslo-sen hat keinen Berufsabschluss. Das ist etwas, über daszwar gern und viel geredet wird, das uns aber nicht nurals Rede einleuchten soll. Vielmehr muss es jeden Tagunsere Praxis bestimmen.Fachkräftemangel kann man auch bekämpfen, indemman ein durchlässigeres Bildungssystem schafft. Des-halb ist es aus meiner Sicht unbedingt notwendig, dasswir auch für diejenigen, die nicht mit Abitur an die Uni-versität können, eine Möglichkeit schaffen, ihre Talentezu entwickeln. Ich bin dafür, dass auch derjenige, derden Meister gemacht hat, oder derjenige, der eine Lehregemacht und ein paar Jahre Berufserfahrung gesammelthat, die Möglichkeit bekommt, an die Universität zu ge-hen.
Auf diese Weise könnte ein Teil der in unserem Landfehlenden Ingenieure schnell ausgebildet werden.Auch darüber hinaus müssen wir meiner Meinungnach die notwendigen Voraussetzungen schaffen. Des-halb ist es eine sehr gute Initiative der Bundesregierung,dort, wo es um Spitzenkräfte geht, um diejenigen, dieeine akademische Qualifizierung haben, den Arbeits-markt in Deutschland so beweglich zu machen, wie esnotwendig ist. Wir haben sichergestellt, dass es ab demnächsten Januar möglich ist, Akademiker aus Europaund auch aus anderen Ländern der Welt zu holen.Deutschland kann in den Wettbewerb um die bestenKöpfe eintreten. Die Unternehmen müssen von dieserMöglichkeit nur Gebrauch machen.
Arbeit nimmt einen großen Raum in unserem Lebenein. Manche arbeiten fünf Jahrzehnte. Damit das gutgeht, müssen wir alles tun, um das möglich zu machen,im Interesse der Beschäftigten, aber auch der Unterneh-men. Deshalb wird es notwendig sein, dass wir noch eineneue Initiative für humane Arbeitsbedingungen star-ten. Es geht um alternsgerechtes Arbeiten. Das fängtaber schon mit 22 Jahren an. Wer in diesem Alter ver-schlissen wird, kann mit 52 nicht mehr arbeiten. Dasheißt, die humanen Arbeitsbedingungen müssen schonin einem frühen Lebensalter sichergestellt sein.HkIAtubfMiB–nkfdDbtrrbGrrcdmgWubdtrMfsgsnGRse
Arbeit und Ehe, Partnerschaft und Kinder unter einenut zu bringen, wird immer schwierig bleiben. Aber wirönnen es leichter machen. Das haben wir mit unserennitiativen zum Ausbau der Kinderbetreuung getan.ber das müssen auch die Unternehmen mit unserer Un-erstützung tun, indem sie die Vereinbarkeit von Berufnd Familie als Teil eines normalen langen Arbeitsle-ens ermöglichen; alle müssen dazu beitragen, dass dasunktioniert.
Natürlich müssen wir auch dafür sorgen, dass dieenschen sich ordentlich weiterbilden. Das hört sichmmer so an, als gehe es darum, dass jeder die höchstenildungsstufen erreichen müsse.
Warum fragen Sie mich das? – Aber darum geht esicht; vielmehr geht es darum, dass jeder die Möglich-eit erhält, seine Fähigkeiten auszuschöpfen. Denn vier,ünf Jahrzehnte Arbeit können nicht immer allein aufem aufgebaut werden, was man am Anfang gelernt hat.ass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sich weiter-ilden, wollen wir mit einer starken Weiterbildungsini-iative in den Unternehmen erreichen.
Zu einem modernen Arbeitsleben gehört auch Souve-änität der Beschäftigten, sich ihre Zeit selbst organisie-en zu können. Sonst sind die vier, fünf Jahrzehnte Ar-eit viel zu schwierig zu bewältigen. Darum ist eines deresetzgebungsvorhaben, die wir in der nächsten Zeit be-aten werden, vielleicht das, von dem man in zehn Jah-en sagen wird: Das war eine ganz entscheidende Wei-henstellung in der Politik. Es geht um die Absicherunger Langzeitkonten, ihre Insolvenzsicherung, damitan sich als Arbeitnehmer darauf einlassen kann; eseht um die Möglichkeit, diese Konten mitzunehmen.er vier, fünf Jahrzehnte arbeitet, braucht Spielraum,m Zeit zu haben, um zum Beispiel ein Jahr aus dem Ar-eitsleben herausgehen zu können, vielleicht um das miten Kindern besser hinzubekommen, um im Alter glei-en zu können oder um sich weiterbilden zu können. Da-um werden diese Langzeitkonten und ihre für jedenann und jede Frau nutzbare praktische Verbreiterungür das Arbeitsleben der Zukunft eine wichtige Rollepielen. Wir haben jetzt die gesetzlichen Voraussetzun-en dafür geschaffen.
Zu einer modernen Welt gehört auch, dass die Be-chäftigten an ihren Unternehmen mitbeteiligt sein kön-en. Darum ist die Mitarbeiterbeteiligung, die dieroße Koalition politisch miteinander vereinbart und dieegierung jetzt auf den Weg gebracht hat, ein ganz ent-cheidender Schritt für ein modernes Arbeitsleben, fürine Welt, in der die Beschäftigten an den Früchten ihrer
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Bundesminister Olaf ScholzArbeit auch anders als über den Lohn beteiligt werdenund in der die deutschen Unternehmen die Möglichkeithaben, mit ihrer sehr zurückhaltenden Kultur in dieserFrage zu brechen und anzuschließen an modernere Län-der, in denen es mehr Mitarbeiterbeteiligung gibt. Wirschaffen die gesetzlichen Voraussetzungen dafür.
Meine Damen und Herren, wer sich anstrengt, will,dass das anerkannt wird. Selbstverständlich müssen wirauch erreichen, dass die Lebensleistung derjenigen, diesich schon angestrengt haben, anerkannt und geachtetwird. Die Rentnerinnen und Rentner haben es verdient,dass wir dafür sorgen, dass sie eine ordentliche Alters-versorgung haben. Sie haben es nicht verdient, dass ihreLebensleistung als Transferleistung disqualifiziert wird.Es ist richtig, dass wir das als einen Anspruch absichern.Es ist richtig, dass dafür in diesem Haushalt ein allge-meiner Zuschuss von 63,5 Milliarden Euro vorgesehenist; das will ich ausdrücklich hinzufügen.
Meine Damen und Herren, wenn es um Anstrengun-gen geht, dann geht es auch darum, dass die Arbeit, dieman leistet, in ihrer Werthaltigkeit und in ihrer ganzenEhre geschätzt wird. Darum will ich zum Schluss sagen,was notwendig dazu gehört: Es kann nicht sein, dass je-mand den ganzen Tag, die ganze Woche, den ganzenMonat arbeitet und dann vom Ergebnis dieser Arbeitnicht leben kann. Die erbrachte Leistung muss anerkanntwerden. Es muss dafür gesorgt werden, dass es Mindest-löhne gibt. Dafür sorgen wir in dieser Bundesregierung.
Für die FDP-Fraktion hat nun die Kollegin
Dr. Claudia Winterstein das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Herr Minister Scholz, Sie haben recht: Es isteine Besserung auf dem Arbeitsmarkt eingetreten. Es hatallerdings auch lange gedauert, insbesondere bis dieseBesserung auch bei den Langzeitarbeitslosen angekom-men ist.Leider sind sich die Experten aber einig: So positivgeht es nicht weiter. Der Abschwung auf dem Arbeits-markt zeichnet sich bereits ab. Das Kieler Institut fürWeltwirtschaft hat die Wachstumsprognose für 2009 auf0,2 Prozent korrigiert. Wir haben also nicht mehr die1,2 Prozent, von denen Sie im Haushaltsplan ausgehen.Ihre vollmundigen Versprechungen, die Sie eben ge-macht haben, klangen recht gut: Vollbeschäftigung,Rundumbetreuung – das war ja schon fast eine Märchen-stunde. Wir sollten aber zur Wirklichkeit zurückkehren.
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Dann habe ich die Bundesregierung gefragt, welche die-ser Instrumente evaluiert wurden. Das Ergebnis: Von45 aufgezählten Instrumenten und Leistungen haben ge-rade einmal neun – ich wiederhole: neun – eine positiveWirkung. Auch das ist ein Armutszeugnis. Vor allenDingen ist es aber ein Skandal, dass für unwirksameMaßnahmen weiterhin Geld verschleudert wird.
Herr Minister, Sie versagen bei diesem Reformpro-jekt ganz eindeutig. Das sage nicht nur ich, sondern auchIhr Kollege, der Wirtschaftsminister. Ich zitiere ihn: DerEntwurf verfehlt das Ziel, die Mittel der Beitragszahlersparsamer und wirksamer einzusetzen. Herr Minister, ei-nes ist doch klar: Wenn man solche Maßnahmen vorhat,dann muss man damit Einsparungen verbinden. Sie kön-nen doch nicht sagen: Das ist egal, viel hilft viel. Siemüssen doch überlegen, wo Sie sparen können. Das istaber nicht Ihr Ding. Sie befinden sich auf dem Holzweg.So kommen Sie nicht weiter.
Kollegin Winterstein, achten Sie bitte auf Ihre Rede-
zeit.
Ein Zitat zur Anregung als Abschluss. Es stammt von
Talleyrand, dem französischen Staatsmann, der bereits
vor 200 Jahren gesagt hat: Man glaubt gar nicht, „wie
viele politische Dummheiten durch Mangel an Geld ver-
hindert worden sind.“
Vielen Dank.
Für die Unionsfraktion hat nun die Kollegin Ilse Falk
das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!In den Debatten dieser Woche haben schon viele RedneruAgLbMDbrdbrndsausrBIsgdsIdnRblda16DhdbdJz
Selbst das Handelsblatt brachte gestern die Über-chrift: „Hartz-Reformen bringen mehr Gerechtigkeit“.
ch bin sicher, dass sich dieser Trend fortgesetzt hat;enn als Hauptursache für die positive Entwicklungennt DIW-Präsident Zimmermann den deutlichenückgang der Arbeitslosigkeit infolge der Konjunktur-elebung und das wiederum als Ergebnis guter Vermitt-ungsarbeit der Bundesagentur für Arbeit. Die Tatsache,ass seit November 2005 1 330 000 Menschen wenigerrbeitslos sind und die Arbeitslosenquote im Osten von6,9 auf aktuell 12,8 Prozent und im Westen von 9,4 auf,3 Prozent gesunken ist, spricht für diese Annahme.ies ist trotz der Aussagen von Fachleuten über dro-ende Konjunktureintrübungen der Fall.
Dies drückt sich übrigens auch im Einzelplan 11 beien sinkenden Ausgaben im Bereich der Langzeitar-eitslosen aus. Dort sind die Ausgaben von 38,7 Milliar-en Euro in 2006 auf 34,9 Milliarden Euro in diesemahr gesunken. Es ist völlig klar, dass der Etat des Ein-elplans mit 123,5 Milliarden Euro und damit fast
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Ilse Falk43 Prozent des gesamten Haushaltes immer noch viel zuhoch ist und wir immer noch viel Arbeit vor uns haben.Aber immerhin zeigt sich Bewegung. Die Chancen, wie-der Arbeit zu finden, auch sozialversicherungspflichtige,haben sich deutlich verbessert. In vielen Branchen – auchdas wurde gerade angesprochen – wachsen inzwischendie Sorgen, nicht genügend Fachkräfte zu haben.Ein kleiner Schlenker am Rande sei mir erlaubt – indieser Woche kommt das ja hier und da einmal vor –: InBayern, dem Bundesland mit der bundesweit geringstenArbeitslosenquote, wurde teilweise bereits Vollbeschäf-tigungsniveau erreicht. So gibt es dort in über 30 Kreisenund kreisfreien Städten eine Arbeitslosenquote von unter3 Prozent, teilweise sogar unter 2 Prozent.
Natürlich werden wir uns auf diesen Erfolgen nichtausruhen. Unser Ziel ist es, allen Arbeitslosen besserePerspektiven zu bieten. Deshalb ist es wichtig, bestmög-liche strukturelle Rahmenbedingen auf dem Arbeits-markt und bei der Arbeitsvermittlung zu schaffen. Ge-rade bei der Schnelligkeit und Qualität der Vermittlungvon Langzeitarbeitslosen gibt es trotz aller dankenswer-ten Anstrengungen der Beteiligten noch viel zu tun.
Denn auch wenn die Zahl der Langzeitarbeitslosen alleininnerhalb des letzten Jahres um 300 000 zurückgegan-gen ist, so ist ein Anteil von immerhin noch 36 Prozentan der Gesamtzahl der Arbeitslosen viel zu hoch. Umsowichtiger wird es sein – dies hat auch der Minister in denMittelpunkt gestellt –, dass wir sowohl bei der SGB-II-Neuorganisation wie auch bei der Neuordnung der ar-beitsmarktpolitischen Instrumente den Handelnden vorOrt ausreichend Entscheidungsfreiheit geben, damit siepassgenaue und den regionalen Situationen entspre-chende Antworten geben können.
Wir sollten den Mitarbeitern zutrauen, dass sie mit mehrFlexibilität umgehen und so am besten unseren Grund-satz durchsetzen können, den Menschen durch Fordernund Fördern zu helfen.
Zugleich bedeuten schneller vermittelte und mehr be-schäftigte Menschen, dass die Solidarität in unserer so-zialen Marktwirtschaft auf mehr Schultern verteilt wird,soziale Sicherungssysteme zukunftsfest gemacht werdenund Leistungsträger entlastet werden können. 2005 wa-ren die Rentenkassen in einem desaströsen Zustand. DieMonatsrücklage lag bei 0,11, heute haben wir eine Mo-natsrücklage von 0,95, was circa 15,5 Milliarden Euroentspricht. Damit sind beinahe zwei Drittel des Wegeszur Höchstnachhaltigkeitsrücklage – das ist ein schönesWort – erreicht, deren Überschreiten sogar zu Beitrags-senkungen führen würde. Bei der Arbeitslosenversiche-rung haben wir den Beitragssatz von 6,5 Prozent in 2005aS2KNhsguWKmDwmlntsSsdiwnrPSgilOshimshCtnAvWc
ie spüren zu lassen, dass jeder und jede Begabungenat, die für die Gemeinschaft wichtig sind, und ihnen diehance zu geben, sich einzubringen und sich selbst alsüchtig und erfolgreich zu erfahren. Dafür brauchen wiricht mehr Geld, sondern die Stärkung von Lebens- undlltagskompetenzen. Statt Angstmachern brauchen wiriele Mutmacher. Das können wir alle sein, Sie und ich.ir alle sind aufgefordert, den Menschen Mut zu ma-hen, statt ihnen Illusionen zu nehmen.
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Für die Fraktion Die Linke hat nun die Kollegin
Dr. Gesine Lötzsch das Wort.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Meine sehr geehrtenDamen und Herren! Sehr geehrte Gäste! „Sozial ist, wasArbeit schafft.“ Dieser Leitspruch der Kanzlerin AngelaMerkel wurde durch die Praxis widerlegt. MinisterScholz hat gerade selbst gesagt: Millionen Menschen inunserem Land haben eine Arbeit, von der sie nicht lebenkönnen. Ist das etwa sozial?Herr Scholz, Sie können diese Situation gerne bekla-gen. Aber wer hat den Unternehmen denn die Instru-mente, die dazu geführt haben, an die Hand gegeben? Eswar doch die Regierung, die es den Unternehmen er-möglicht hat, aus einem gut bezahlten Arbeitsplatz zweioder gar drei schlecht bezahlte Arbeitsplätze zu machen.Beklagen Sie also keine Zustände, die Sie selbst ge-schaffen haben, sondern ändern Sie sie.
Wenn die Regierung Statistiken bemüht, um über ihreErfolge am Arbeitsmarkt zu berichten, dann sagt sieleider nicht einmal die halbe Wahrheit. Das StatistischeBundesamt – nicht etwa die Linke – hat festgestellt, dassdie Zahl der Arbeitsstunden in Deutschland seit 1991insgesamt gesunken ist. Das untermauert unsere Auffas-sung, dass Minijobs und die vielen anderen prekärenArbeitsverhältnisse keine neuen Arbeitsplätze sind, son-dern nur noch Bruchstücke und Überbleibsel von ehe-mals sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen. Dasist ein Betrug an den Menschen.
Die Arbeitslosenstatistik ist wohl eine der am meis-ten verfälschten Statistiken in unserem Land. Es ist un-glaublich – das ist viel zu wenig bekannt –, dass zumBeispiel 1-Euro-Jobber nicht mehr als Arbeitslose geltenund aus der Statistik herausfallen. Meine Damen undHerren, mit diesen sogenannten Arbeitsgelegenheitenwollten Sie den Arbeitslosen den Weg in den ersten Ar-beitsmarkt ebnen. Das ist offensichtlich gescheitert.Doch die Lösung der Regierung ist ganz einfach: Sie er-klärt diese Menschen kurzerhand für nicht mehr arbeits-los. Das ist wirklich grotesk.
Die Bundesregierung trägt mit ihrem Verhalten dazubei, den normalen Arbeitsmarkt zu zerstören, und zwarmit staatlicher Lohndrückerei. Ja, meine Damen undHerren, Sie sind staatliche Lohndrücker, da Sie den Un-ternehmen die Möglichkeit andienen, Hungerlöhnedurch Steuergelder aufstocken zu lassen. Die Unterneh-men werden dadurch mit 9 Milliarden Euro im Jahr sub-ventioniert. Für uns, die Linke, gibt es nur eine LösungdMdHMFdnSgMsOvs4aÜhHwckdDngwnniBdeS
Herr Minister, Sie haben gerade darauf hingewiesen,ass Kollegen von der SPD den bayerischen Ministeruber gestern aufgefordert haben, sich für gesetzlicheindestlöhne einzusetzen; das war geradezu grotesk.
angen Sie lieber bei sich selbst an, liebe Kollegen voner SPD,
utzen Sie die parlamentarische Mehrheit und stimmenie hier im Bundestag endlich für die Einführung einesesetzlichen Mindestlohns.
Bekanntermaßen hat sich die Kanzlerin gegen denindestlohn ausgesprochen und die Tarifautonomie be-chworen. Das ist völlig wirklichkeitsfremd. Gerade instdeutschland gibt es kaum noch Tarifpartner, weiliele Unternehmen gar nicht mehr in der Tarifgemein-chaft sind. Dort werden teilweise Hungerlöhne von 3 bisEuro pro Stunde gezahlt. Das nimmt die Kanzlerin, dieus dem Osten stammt, einfach schulterzuckend hin.berhaupt habe ich den Eindruck, dass sie vergessenat, woher sie kommt. Viele Menschen im Osten hattenoffnungen in sie gesetzt, die überhaupt nicht erfülltorden sind.
Meine Damen und Herren, wir fordern die Aufsto-kung des Arbeitslosengeldes II auf 435 Euro. Das isteine willkürliche Zahl, wie mancher glaubt, sondernieser Betrag ergibt sich aus der geltenden Rechtslage.er Arbeitslosengeld-II-Regelsatz ist nur deshalb soiedrig, weil die Bundesregierung ihn mit rechtswidri-en und rein willkürlichen Abschlägen so niedrig hält,ie zum Beispiel der Paritätische Wohlfahrtsverbandachwies.Wenn ein Professor, der aus dem Westen nach Chem-itz gekommen ist, behauptet, man könne mit 132 Eurom Monat auskommen, dann ist das einfach nur zynisch.esonders zynisch ist es, dass Herr Merz von der CDUas aufgreift.
Hartz IV betrifft nicht nur die Menschen, die Hartz IVrhalten, sondern drückt auch auf die Löhne. Herrcholz, deshalb hätte ich von Ihnen nicht erwartet, dass
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Dr. Gesine LötzschSie sagen, dass Sie sich den gesetzlichen Mindestlohnwünschen, sondern ich hätte einen konkreten Fahrplanund Zeitplan erwartet, wann Sie noch in dieser Legisla-turperiode den gesetzlichen Mindestlohn durchsetzenwollen. Mit CDU und FDP wird Ihnen das sicher nichtgelingen.Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun der
Kollege Alexander Bonde das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Wir erleben seit Beginn der Haushaltsverhandlungeneine Koalition, die Sonnenscheinpredigten hält, die sotut, als ginge die Konjunktur immer auf Höchstniveauweiter und die konsequent Wolken am Konjunkturhim-mel nicht sehen will. Wir haben heute den Arbeitsminis-ter erlebt, der, als sich der Regen ankündigte, immernoch versucht hat, uns arbeitsmarktpolitisch die Bade-hose zu verkaufen.
Sie tragen mit diesem Haushalt eine besonders großeVerantwortung. Wenn sich die Konjunktur eintrübt, ste-hen besonders große Herausforderungen für die Arbeits-markt- und Sozialpolitik auf der Tagesordnung.Wenn wir uns Ihren Einzelplan einmal anschauen,dann stellt sich die Frage, ob Sie darauf vorbereitet sind,ob Sie Vorsorge dafür getroffen haben, wenn es daraufankommt. Dann wird es spannend: Denn Ihr Einzelplanist der Einzelplan, dem bei der Durchsetzung der großenLinien des Finanzministers und des Versprechens desHaushaltsausgleichs im Jahr 2011 an ein paar Stell-schrauben entscheidende Bedeutung beigemessen wird.Die Ausgaben für das Arbeitslosengeld II in diesemEinzelplan wurden für das nächste Jahr um fast 1 Mil-liarde Euro gekürzt.
Der Finanzplan sieht bis zum Jahr 2011 eine Absenkungum 2,9 Milliarden Euro vor, also eine Absenkung derAusgaben für Arbeitslosengeld-II-Bezieher um 14 Pro-zent.Herr Scholz, Sie sind die Antwort schuldig geblieben,ob dies Haushaltskosmetik ist oder ob Sie versuchen, Ih-rem Kollegen Steinbrück mit einem Haushaltsrechen-trick unter die Arme zu greifen, damit dieser 2011 eineNull darstellen kann, die er nie hinbekommt. Oder ist daseine knallharte Ansage an die Betroffenen, für die dieDiskussionen aus Chemnitz und andernorts Pate stehen?Darauf müssen Sie eine Antwort, aber keine Besin-nungsaufsätze liefern, wie dies gerade passiert ist, HerrScholz.eLekKmdtft1dActsZrEVEdpggbehfzgddlkgdHsbKw
Eine zentrale Frage im Rahmen der politischen Aus-inandersetzung mit Ihrem Etat ist, wie es mit denohnnebenkosten weitergeht. Zu dieser Thematik gibts die schönsten Ansagen im bayerischen Landtagswahl-ampf. Es gibt eine große Hausaufgabe für die Großeoalition: Wenn Sie wirklich entlasten wollen, dannüssen Sie endlich Transparenz schaffen hinsichtlicher Frage, was bei der Bundesagentur für Arbeit bei-ragsfinanziert ist und was vom Bund durch Steuermittelinanziert wird. Dabei erleben wir bei der Großen Koali-ion einen munteren Verschiebebahnhof.
Prozentpunkt des Mehrwertsteueraufkommens fließter Bundesagentur zu. 5 Milliarden Euro gehen von dergentur zum Bund zurück. Die Schaffung der erforderli-hen Transparenz, aus der Sie Beitragssenkungen ablei-en können, verweigern Sie, Sie verschleiern die Finanz-ituation. Vor diesem Hintergrund ist es wohlfeil, mitahlen hinsichtlich möglicher Absenkungen zu hantie-en. Auch hier zwickt die Badehose an allen Ecken undnden.
Sie versprechen jetzt eine Beitragssatzsenkung. Daserhalten der CSU ist ja durchsichtig. Bereits eine kleineintrübung der Konjunktur wird dazu führen, dass Sieen Beitrag im Abschwung wieder erhöhen müssen, wasrozyklisch wirkt. Damit schaffen Sie nicht einen einzi-en Arbeitsplatz. Sie werden in den Bereichen, um die eseht, keinen Unternehmer finden, der so doof ist, Ar-eitsplätze auf ein Versprechen hin zu schaffen, von demr weiß, dass das ein halbes Jahr später nicht mehr einge-alten wird. Damit setzen Sie keinen sinnvollen Impulsür die Wirtschaft.
Deshalb verpassen Sie die große Chance, die Finan-en der Bundesagentur zu entflechten, was in der jetzi-en Situation der BA möglich wäre, und Sie verpassenie Chance, eine Senkung der Lohnnebenkosten bzw.er Beiträge dort einzuleiten, wo sie ökonomisch wirk-ich Sinn macht, nämlich im Bereich der unteren Ein-ommensgruppen. Wir haben Ihnen mit unserem Pro-ressivmodell Vorschläge dafür auf den Tisch gelegt;enn gerade im Bereich der Geringverdiener ist dieöhe der Beiträge entscheidend dafür, ob neue Jobs ge-chaffen werden oder nicht.In diesem Bereich hat die Koalition viele Hausausga-en zu machen. Aber auch an dieser Stelle sind an dieseroalition nur die Reden groß. Auf das Handeln wartenir und die Betroffenen seit Jahren vergeblich.Herzlichen Dank.
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Das Wort hat die Kollegin Waltraud Lehn für die
SPD-Fraktion.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! 123,5 MilliardenEuro sind für die meisten Menschen eine unvorstellbareSumme. Fast jeden zweiten Euro unserer Ausgaben ver-wenden wir auch im nächsten Jahr für den Bereich Ar-beit und Soziales. Hinter dieser gigantischen Summe ste-hen fast 80 Milliarden Euro für die Rente, 20 MilliardenEuro für das Arbeitslosengeld II und über 6 MilliardenEuro für die Eingliederung der Empfänger der Grund-sicherung für Arbeitsuchende.123,5 Milliarden Euro – aus dieser Zahl lässt sichmehr als eine immense staatliche Ausgabe ablesen. Da-mit leisten wir Unterstützung und tragen Verantwortungfür fast 30 Millionen Menschen in unserem Land, einDrittel unserer Bevölkerung. Das ist eine große Heraus-forderung.Erfolg lässt sich nicht immer an bloßen Zahlen able-sen. Sprechen Zahlen jedoch eine so deutliche Sprachewie jene vom Arbeitsmarkt, dann sollten sie auch gesagtwerden. Nachdem wir die Zahl der Arbeitslosen bereitserheblich abgesenkt hatten, haben wir jetzt noch einmal500 000 Arbeitslose weniger als im August des Vorjah-res und 1,2 Millionen Arbeitslose weniger als im August2006.
Aktuell gibt es 40 Millionen Erwerbstätige in Deutsch-land.
Seit 2006 haben wir die Versichertengemeinschaft hin-sichtlich der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung uminsgesamt 45 Milliarden Euro entlastet.Auch in Bezug auf die Rentenversicherung trägt un-sere Politik Früchte. Mehr sozialversicherungspflichtigeBeschäftigung bedeutet auch mehr Rentenbeiträge. Sohat die Deutsche Rentenversicherung in der ersten Hälftedieses Jahres 2,7 Milliarden Euro mehr eingenommenals im gleichen Vorjahreszeitraum. Durch diese Zahlenwird deutlich, dass wir mit unserer Beschäftigungs- undRentenpolitik auf einem wirklich guten Kurs liegen.
Abseits aller parteipolitischen Diskussionen bedeutetdiese Entwicklung Verlässlichkeit für die Rentnerinnenund Rentner. Mit diesen Zahlen wird auch der Zusam-menhang zwischen dem politisch Richtigen auf der ei-nen Seite und dem finanziell Vernünftigen auf der ande-ren Seite aufgezeigt.
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In diesem Zusammenhang muss ich auf die populisti-chen Milliardenforderungen der Linken von jährlich6 Milliarden Euro im Sozialbereich eingehen. 26 Mil-iarden sind 26 000 Millionen! Das entspricht dem Werton 130 000 funkelnagelneuen, guten Einfamilienhäu-ern jedes Jahr oder der Finanzierung der aus dem Bodenestampften Stadt Dresden.
iese Mittel wollen Sie den Menschen nehmen, diehnehin schon hohe Steuern zahlen.
Das erinnert mich an meinen Onkel Paul.
nkel Paul begann bei Familienzusammenkünften seineusführungen immer mit den Worten: „Wenn ich mal zueld komme.“ Dann wollte er mir ein Fahrrad, meinerutter eine Nähmaschine und meinem Vater einen Fern-eher kaufen. Sie werden es nicht glauben, aber Onkelaul kam in den 60er-Jahren tatsächlich zu einem Toto-ewinn von 5 000 D-Mark, und er hielt seine Verspre-hen. Onkel Paul kaufte mir ein Fahrrad. Er kaufte die-em etwas und jenem etwas. Nach relativ kurzer Zeitam dann der Gerichtsvollzieher. Onkel Paul war pleite.nkel Paul hatte über seine Verhältnisse gelebt und nichtinmal einen Bruchteil seiner Versprechen einlösen kön-en.Der linken Seite des Hauses sage ich deutlich: Wirind nicht in der Sendung „Wünsch dir was“, sondernei „So isses!“.
ir laden nicht zum Träumen ein, sondern gestalten denebensalltag von Menschen sehr real.
An die FDP gerichtet stelle ich fest: Ihre Forderungach Streichung der Sozialleistungen führt diese Gesell-chaft auf eine andere Art und Weise auch in den Ruin.
So unterschiedlich die Forderungen von rechts undinks sind, sie bewegen sich auf das gleiche Ziel zu,ämlich auf den Ruin.
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Waltraud LehnMit Gerechtigkeit hat das nichts zu tun. Es ist ein Glückfür die Menschen in unserem Land, dass diese Irrtümerniemals Realität werden.Herzlichen Dank.
Für die FDP-Fraktion hat nun der Kollege
Dr. Heinrich Kolb das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Wir brauchen mehr Zeit für die Sozialdebatten, wenn wirdie Verwandtschaftsverhältnisse von Frau Lehn vollstän-dig aufklären wollen. Ich weiß nur eines: Für Lottoein-sätze hat Olaf Scholz in seinem Haushalt nichts vorgese-hen.
Deshalb wird er versuchen müssen, mit harter Arbeitstatt mit Glück Erfolge zu erzielen. Ich sage das deswe-gen, Herr Scholz, weil wir mit dem, was Sie bisher ge-leistet haben, nicht zufrieden sind.
Wir beraten heute den letzten Haushalt, der in dieserLegislaturperiode beschlossen wird. Insofern muss manein Stück weit Bilanz ziehen. Dabei sind wenig Ideenund wenig Engagement zu erkennen. Das haben Sie mitIhrer heutigen Rede unterstrichen.Es muss ein bisschen mehr kommen. Sie haben bishermit der Entwicklung am Arbeitsmarkt Glück gehabt. Siesind Trittbrettfahrer einer guten Weltkonjunktur gewe-sen. Sie haben nichts gesät, aber trotzdem geerntet. EinPlan für die weitere Zukunft ist das nicht. Das mussdeutlich gesagt werden.
Allenfalls der Vorgängerregierung der Großen Koali-tion hätte man konzedieren können, dass sie mit denHartz-Reformen aktiv das Fundament für einen deutli-chen Rückgang der Sockelarbeitslosigkeit im jetzt zuEnde gehenden Aufschwung gelegt hat. Aber statt sichvor die Hartz-Reformen und die Agenda 2010 zu stellenund die Reformen weiter voranzutreiben, haben Sie sichin den Mainstream Ihrer Partei eingereiht, Herr Scholz,die die Reformen der Agenda lieber heute als morgenrückgängig machen würde. Das ist ein Fehler, wie esauch ein Fehler ist, dass der Kollege Oppermann von derSPD die Agenda 2010 schon als Kapitel der jüngerenZeitgeschichte abgehakt hat.Der DIW-Chef Zimmermann hat zu Recht gesterndarauf hingewiesen, dass wir nicht weniger, sondernmehr Reformen brauchen. Die Agenda 2010 muss zurAgenda 2015 fortgeschrieben werden. Dabei gibt es inder Tat noch einiges zu tun, Herr Scholz.twpdmDDAwmnsuAbgwndsvVsDAsDwDFn
Sie haben unlängst den dritten Armuts- und Reich-umsbericht vorgelegt, Herr Scholz. Das war peinlich,as die Umstände angeht, und es war auch inhaltlicheinlich, weil Sie in dem Bericht einräumen müssen,ass sich nach zehn Jahren SPD-Führung im Sozial-inisterium die Armutsbedrohung für viele Menschen ineutschland ausgeweitet hat.
as ist eine Schande.
ber der Bericht enthält auch eine klare Handlungsan-eisung: Ein Arbeitsplatz ist der beste Schutz vor Ar-ut. Das hat die FDP schon immer gesagt. Sie haben dasun zum ersten Mal in dem Armutsbericht offiziell zuge-tehen müssen. Solange noch 3,2 Millionen Menschen innserem Land keinen Arbeitsplatz haben, besteht keinnlass zur Selbstzufriedenheit.
Was, Herr Scholz, wollen Sie tun? Was Sie gesagt ha-en, war mir zu wenig. Ich bin bei Ihrer Rede wehmütigeworden und habe mir Franz Müntefering zurückge-ünscht, der bei der Haushaltsdebatte im letzten Jahr ei-en ganz anderen Auftritt hatte. Herr Scholz, was tun Sieenn bei der Deregulierung des Arbeitsmarktes? Die-es Thema haben Sie doch aus der Arbeit Ihrer Koalitionollkommen verdrängt. Sie sollten nachlesen, welchesermächtnis Ihnen Altbundeskanzler Helmut Schmidt ineinem Buch Außer Dienst auf den Weg gegeben hat:Unser Arbeitsmarkt ist übermäßig … eingeengt …Nur eine weitreichende Deregulierung des Arbeits-marktes kann Abhilfe schaffen. Weitere und unver-meidlich schmerzhafte Veränderungen bleiben not-wendig.as sagt Ihnen Helmut Schmidt, einer Ihrer Altvorderen.ber er kennt natürlich auch seine Pappenheimer. Eragt sehr klar:Es wird besonders der Sozialdemokratie, aber auchden Sozialausschüssen der Unionsparteien sehrschwer fallen, den deutschen Arbeitsmarkt aufzulo-ckern … Wer jedoch an allen vermeintlichen Errun-genschaften unserer Arbeitsgesetzgebung festhält,hält im Ergebnis an einer zu hohen Arbeitslosigkeitfest.em ist eigentlich nichts hinzuzufügen.
Wenn wir Bilanz ziehen, müssen wir uns anschauen,as Sie sich im Koalitionsvertrag vorgenommen haben.ort heißt es:CDU/CSU und SPD stellen sicher, dass die Lohn-zusatzkosten dauer-haft auf unter 40 Prozent gesenkt werden.ehlanzeige, Herr Scholz! Auch dieses Ziel haben Sieicht erreicht. Nach meiner Einschätzung haben Sie es
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Dr. Heinrich L. Kolbauch nie ernsthaft versucht. Sie haben mitgenommen,was sich ergab. Sie haben sich mit der Mehrwertsteuer-erhöhung Luft für eine Senkung der Arbeitslosenversi-cherungsbeiträge verschafft. Auch der Rückenwinddurch die gute konjunkturelle Entwicklung hat ein Stückweit geholfen. Aber die Dynamik bei den Sozialversi-cherungsbeiträgen ist insgesamt ungebrochen. Das giltinsbesondere für die gesetzliche Krankenversicherung.Laut Koalitionsvertrag wollten Sie hierfür ein umfassen-des Zukunftskonzept entwickeln, das darauf angelegtsein sollte, die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversi-cherung zumindest stabil zu halten, wenn nicht sogar zusenken. Herr Scholz, umso wichtiger ist es daher, jedenSpielraum zu nutzen. Wenn Sie den Koalitionsvertragund das, was in sozialdemokratischen Sonntagsredenimmer wieder vorkommt, ernst nehmen, nämlich dassBeitragssatzsenkungen besser seien als Steuersenkun-gen, dann verstehe ich Ihr Zaudern nicht. Herr Kauderund Herr Huber haben Ihnen doch gestern die 2,8 Pro-zent sozusagen auf dem Silbertablett serviert. Sie solltennun Mut zeigen und im Interesse der Menschen handeln,die mehr Netto auf ihren Lohn- und Gehaltsabrechnun-gen sehen wollen.
Es gäbe noch viel zu sagen. Aber hier blinkt eine roteLeuchte. Deswegen kann ich das allenfalls in Zwischen-fragen oder Kurzinterventionen tun.Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und wün-sche uns gute Haushaltsberatungen.Vielen Dank.
Für die Unionsfraktion hat nun der Kollege Hans-
Joachim Fuchtel das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Die Opposition kann kritisieren, bis sie giftgrün, blass-gelb oder SED-rot wird. Das kann uns nicht beeindru-cken. Der bisherige Kurs der Großen Koalition hat1,6 Millionen Menschen in Lohn und Brot gebracht. Dasist mehr, als jeder der Anwesenden gedacht hat. Daszählt für die Menschen im Lande.
Deswegen werden wir an unserem Kurs festhalten. FrauKollegin Dr. Winterstein, Sie haben kritisiert, dass dasnicht schneller gegangen sei. Der Arbeitsmarkt folgt derKonjunktur nun einmal zeitversetzt;
das ist der Grund. Das wird sich auch nicht ändern, wennSie wieder einmal in der Regierung sein sollten.ttibnsneZvMt–nukwW4AmwsugaumbIZgeAdSgnwR
umindest das müsste einmal anerkannt werden, auchon der Opposition, die ja weiß, dass es zu Zeiten ihreritregierung anders gewesen ist.
Ein weiteres Fundamentalziel ist, dass die Sozialleis-ungsquote an der 40-Prozent-Marge bleibt. Wir alledas möchte ich nicht nur für eine Gruppe in Anspruchehmen – wissen, wie es im Geldbeutel der Bürgerinnennd Bürger aussieht. Da wir alle wissen, dass der Kran-enkassenbeitrag nicht auf dem jetzigen Niveau gehaltenerden kann, muss es unsere Anstrengung sein, eineneg zu finden, die Sozialleistungsquote insgesamt bei0 Prozent anzusiedeln. Das ist sehr wichtig, damit dierbeitsmarktentwicklung so weitergeht, und es ist auchit Blick auf alle anderen Daten eines Haushaltsplanesichtig.
Deswegen müssen wir uns gemeinsam um eine Ab-enkung um 0,3 Beitragspunkte bemühen; darin sind wirns bereits einig. Das entspricht 2,4 Milliarden Euro, dieut darstellbar sind. Aber aus Sicht der Union kann manuch eine weitere Absenkung um 0,2 Beitragspunktend damit um insgesamt 0,5 Prozent darstellen. Darumüssen wir hier im Hause uns im Interesse des Ganzenemühen.
ch sehe da eine ganze Reihe von Möglichkeiten.Herr Kollege Bonde, Sie sind nach einem kurzenwischenspiel relativ schnell aus der Universität hier an-ekommen und müssten sich eigentlich noch gut daranrinnern, dass es die rot-grüne Koalition war, die denussteuerungsbeitrag eingeführt hat. Oder ist Ihnenas entgangen? Jetzt stellen Sie sich hier hin, als wüsstenie von nichts, und fordern etwas ganz anderes. Das istanz schön dreist.
Kollege Westerwelle hat gestern hier gesagt, es seiichts für Rücklagen getan worden. Dem muss ich alleinegen der Haushälterehre widersprechen. Als wir dieegierung übernommen haben, betrug die Rücklage der
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Hans-Joachim FuchtelRentenversicherung 0,02 Monatsumsätze; das entsprachein paar Stunden. Heute liegt der Wert bei 0,95; das istfast ein ganzer Monat. Das ist ein Unterschied wie Tagund Nacht.
– Endlich, Herr Kolb, ich habe ja schon darauf gewartet.
Sie gestatten also eine Zwischenfrage?
Natürlich.
Herr Kollege Fuchtel, wenn Sie darauf hinweisen,
dass die Rücklage der Rentenversicherung mittlerweile
15 Milliarden Euro beträgt, dann sollten Sie der Fairness
halber auch sagen, dass 10,5 Milliarden Euro davon aus
dem Vorziehen der Fälligkeit der Sozialversicherungs-
beiträge kommen, mithin ein Darlehen der Arbeitgeber
an den Rentenhaushalt darstellen. Es ist nicht Ihr Ver-
dienst, dass dieser Rücklagenaufbau erfolgt ist.
Das war sehr wohl unser Verdienst. Sie hätten den
Mut dazu gar nicht gehabt.
Nach § 158 Abs. 1 Sozialgesetzbuch VI kann der Bei-
trag verändert werden, wenn die Rücklage entweder das
0,2-fache der durchschnittlichen Monatsausgaben unter-
schreitet oder das 1,5-fache überschreitet. In dem einen
Fall geht es mit den Beiträgen nach oben, in dem ande-
ren nach unten. Wir sind jetzt bei 0,95. Wir haben den
Riester-Effekt zweimal verschoben. Ich prognostiziere,
dass es trotzdem bereits im Jahre 2011 möglich sein
wird, eine Beitragsreduzierung bei der Rentenversiche-
rung zu erreichen. So gut ist die Kassenlage, lieber Herr
Kollege Kolb. Das ist doch ein Hoffnungszeichen für
das weitere Geschehen.
Bei der Arbeitslosenversicherung haben wir Rück-
lagen in Höhe von 9 Milliarden Euro plus Pensions-
rücklagen in Höhe von 11,5 Milliarden Euro. Herr
Westerwelle mag das bisher nicht gesehen haben. Ich bin
mir aber sicher, dass er es sofort sehen wird, sobald er
wieder einmal in der Regierung ist.
Zum Abschluss möchte ich noch auf einen persönli-
chen Sparbeitrag des Ministers zu sprechen kommen,
der von der Mitarbeiterbeteiligung bis zur Rückkehr von
Menschen in den Beruf sehr viele gute Dinge eingeleitet
hat; das zeigt alles in eine sehr gute richtige Richtung.
Aber, lieber Herr Minister, Sie haben drei Staatssekre-
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as brächte zwar nur die geringe Summe von
40 000 Euro, aber es wäre ein Zeichen an das Volk,
ass man in dieser Regierung ernsthaft spart. Wenn ich
inister wäre, dann würde ich das tun.
ie sollten ernsthaft darüber nachdenken, weil das ein
eichen dafür wäre, wie man auch auf der oberen Ebene
ie Verwaltung straffen und verschlanken kann.
ir werden sehen, ob Sie dazu die Kraft haben.
Vielen Dank.
Das Wort hat der Kollege Volker Schneider für die
raktion Die Linke.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!rau Falk, das, was Sie eben so locker über den Sozial-taat gesagt haben, halte ich für in höchstem Maßeedenklich. Die Bundesrepublik Deutschland ist ein so-ialer und demokratischer Bundesstaat. Dieses Sozial-taatsgebot war den Vätern und Müttern des Grundgeset-es immerhin so wichtig, dass sie verfügten, dass einenderung, die diesen Grundsatz berührt, schlicht unzu-ässig ist.
ie räumten weiterhin allen Deutschen das Recht aufiderstand gegen jeden ein, der es unternimmt, dieserdnung zu beseitigen. Derart weitgehende Regelungenollten Ihnen eine Ermahnung sein, darüber nachzuden-en, ob Ihre Sozialpolitik mit dieser elementaren Forde-ung nach Sozialstaatlichkeit tatsächlich in Übereinstim-ung steht.Was heißt das konkret? Der Zweite Senat des Bundes-erfassungsgerichts stellt in seinem Urteil vom 18. Juli967 in erfreulicher Klarheit fest, dass aus dem Sozial-taatsgebot folgt, dass der Staat die Pflicht hat, für einenusgleich der sozialen Gegensätze und damit für eineerechte Sozialordnung zu sorgen. Ich wiederhole undetone das noch einmal: Der Staat soll nicht für eine ge-
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Volker Schneider
rechte Sozialordnung und einen Ausgleich der Gegen-sätze sorgen, sondern er hat dazu die Pflicht.
Wie will die Bundesregierung damit in Einklang brin-gen, dass zwischen 2000 und 2007 die Renten inflations-bereinigt um 6 Prozent und die Löhne inflationsbereinigtum 4 Prozent gesunken sind, während gleichzeitig dieEinkünfte aus Unternehmenstätigkeit und Vermögen umsatte 35 Prozent angestiegen sind? Ist es das, was Sie un-ter einem Ausgleich der sozialen Gegensätze verstehen?
Als Konsequenz dieser Entwicklung sank der Anteilder Arbeitnehmerentgelte am Volkseinkommen, der inden 90er-Jahren nach Auf und Ab bei etwas mehr als72 Prozent fast unverändert blieb, auf unter 65 Prozent.Bei fast 300 Milliarden Euro zusätzlichem Volkseinkom-men heißt das, dass von den Arbeitnehmerentgelten denArbeitnehmern statt 213 Milliarden Euro gerade einmal81 Milliarden blieben, also 132 Milliarden weniger. Istdas Ihr Verständnis einer gerechten Sozialordnung?
Frau Lehn, 132 Milliarden Arbeitseinkommen weni-ger, das heißt allein in den Rentenkassen ein Minus von26 Milliarden. Wir können für die Rentnerinnen undRentner mit unseren Anträgen gar nicht so schnell dasGeld zurückfordern, wie Sie es auf der anderen Seite fürdie Unternehmen zum Fenster herauswerfen.
Sagen Sie nicht, das läge nicht in der VerantwortungIhrer Politik. Sie sind es, die eine Ausweitung von Mini-und Midijobs vorangetrieben haben. Sie haben der Aus-weitung von Leiharbeit alle Türen geöffnet. Und Siesind es auch, die mit der Agenda 2010 den Druck auf Ar-beitslose erhöht haben, jede noch so schlechtbezahlteArbeit anzunehmen. Sie sind es, die die Spirale desLohndumpings in Gang gesetzt haben.Die Koalition redet gerne vom Dreiklang ihrer Poli-tik. Auch ich kann einen solchen erkennen. Aber er heißtTarnen, Täuschen, Tricksen. Die Beschäftigung wollenSie verbessert haben; das haben wir heute wieder dau-ernd gehört. Ja, die Zahl der sozialversicherungspflichti-gen Beschäftigungsverhältnisse ist angestiegen. Aberdas hat mit einem Mehr an Beschäftigung nichts, aberrein gar nichts zu tun. Gesine Lötzsch hat es bereits ge-sagt: Seit 1991 ist die Zahl der Arbeitsstunden gesunken,und seit 1997 ist sie faktisch gleichgeblieben. So täu-schen Sie die Bürger. Ihr Trick ist ganz einfach: Rauf mitder Teilzeitbeschäftigung, rauf mit Mini- und Midijobs,runter mit der Vollzeitbeschäftigung – seit 2000 ummehr als 10 Prozent –, und fertig ist Ihr Beschäftigungs-wunder. Das sieht hübsch aus, ist leider nur das blankeGift für die Sozialversicherungskassen.
Das Einzige, was bei Ihnen wirklich zunimmt, sind unsi-chere, schlecht bezahlte und perspektivlose Jobs.rsSrdnrggSmwzKVBtswmHagfwnftcsvbsWdid
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun der
ollege Markus Kurth das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!or knapp einem Jahr haben die Fraktion und die Parteiündnis 90/Die Grünen eine Einschätzung, eine Neube-rachtung der Arbeitsmarktpolitik vorgenommen, insbe-ondere von Hartz IV bzw. dem Sozialgesetzbuch II, undir sind zu einer sehr differenzierten Bewertung gekom-en. Wir sagen: Es gibt bestimmte Dinge, die positiv beiartz IV waren, zum Beispiel Dezentralität, Eigenver-ntwortung und Selbstständigkeit der Leistungserbrin-ung vor Ort in den Jobcentern, so wie sie im Gesetzestgehalten ist. Es gibt aber auch kritikwürdige Dingeie die Höhe des Regelsatzes, die Rechte der Betroffe-en und die Zumutbarkeitsregelung, bei denen wir klarür Veränderungen sind. Wir haben also in der Bewer-ung differenziert und unterschieden.Sie, insbesondere Sie von den Sozialdemokraten, ma-hen das genaue Gegenteil. Sie halten an dem fest, waschlecht bei Hartz IV ist. Sie klammern sich an einemiel zu niedrigen Regelsatz fest, Sie wollen die Zumut-arkeitsbedingungen nicht verändern, und Sie ver-chlechtern das, was positiv in diesem Gesetz war.
ir reden hier über hohe Summen, aber es wird kaumarüber gesprochen, wie das Geld ausgegeben wird. Dasst doch das Entscheidende. Die Kanzlerin hat gestern anieser Stelle von Eigenverantwortung gesprochen. Die
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Markus KurthAusführung der Arbeit in den Jobcentern kann sie jeden-falls nicht gemeint haben. Wenn ich mir das Handeln desBundesministeriums für Arbeit und Soziales in den letz-ten Wochen und Monaten anschaue, dann muss ich fest-stellen: Immer dann, wenn Eigenverantwortung wahrge-nommen wird, bei flexibler Projektförderung, wie sie derGesetzgeber vorgesehen hat, treten Ihnen im Ministe-rium die Schweißperlen auf die Stirn. Sie haben nichtsEiligeres zu tun, als diese Selbstständigkeit zu unterbin-den und zu unterdrücken.
Vergabe und keine Projektförderung: Sogar die Bun-desagentur für Arbeit hat kritisiert, dass ein Instrument,das Projektförderung ermöglicht, faktisch eingestelltworden ist. Das muss Ihnen doch zu denken geben. DieBundesagentur für Arbeit ist nun nicht gerade eine Be-hörde, in der Subsidiarität und Dezentralität zu denHauptbestandteilen der Behördenkultur zählen.
Da müssen Sie doch stutzig werden. Trotzdem schiebenSie jetzt – das ist noch im Gesetzgebungsverfahren – ei-nen Gesetzentwurf zur Veränderung der arbeitsmarkt-politischen Instrumente nach, der das Ganze nochverschlimmern wird, der die Möglichkeit der Berück-sichtigung von Sozialpolitik in der Arbeitsmarktpolitikverschlechtert, weil den Kommunen kein Zugriff mehretwa auf Gelder, mit denen sie experimentieren können,gegeben wird. Es geht um Menschen, und es geht nichtum Produkte. Das müssen wir bedenken, wenn wir über-legen, wie wir das Geld vernünftig ausgeben.
Es geht, gerade weil es sich um Personen mit sehr kom-plexen, individuellen Problemlagen handelt, um Dezen-tralität und Selbstständigkeit. Gegen die Art und Weise,wie das Ministerium hier führt, ist die Bundeswehr re-gelrecht ein demokratischer Verein. Da gibt es mehr De-zentralität als im Bereich dieses Ministeriums.
Zu dieser Art von Kommandowirtschaft passt auchdie Art und Weise, wie die Vertreter der Bundesregie-rung, wenigstens wie ich es wahrnehme, durch dieLande ziehen. Sie machen, wie mir berichtet wird, oft inbrüsker Weise Ansagen wie „Wir ziehen das jetzt sodurch“, sie hinterlassen Ratlosigkeit, Mutlosigkeit undVerzweiflung.
– Wenn es schon nicht die Einsicht ist, Frau Nahles,dann sollte vielleicht doch der politische Selbsterhal-tungstrieb ein Umdenken einleiten. Sie lachen. Dann istdie Lust am Untergang offensichtlich so groß, dass Siean Ihrem politischen Geschäftsmodell des systemati-schen Enttäuschens und Vor-den-Kopf-Stoßens von allenvor Ort, die Ahnung haben, weiter festhalten wollen. Ichwünsche Ihnen viel Spaß auf diesem Weg.tlcAfRhMmfdsütznDUFDnthrwwAseZsblO
Zu diesem Geschäftsmodell des systematischen Ent-äuschens passt auch – ich kann es leider nicht mehrange ausführen –, wie Sie, Herr Scholz, auf die unsägli-he Kampagne des Springer-Konzerns gegenüber denrbeitslosengeld-II-Beziehenden reagieren. Den Um-ang des Missbrauchs, von dem in dieser Kampagne dieede ist, gibt es gar nicht. Da muss der Herr Weise sichinstellen und sagen: Das stimmt nicht. – Sie haben dieöglichkeit, in einem Interview dazu Stellung zu neh-en, und das Beste, was Ihnen einfällt, ist, zu sagen: Wirühren jetzt mehr Kontrollen bei Schwarzarbeit mithilfees Zolls durch. Sie sollten sich lieber vor die Arbeitslo-engeld-II-Beziehenden stellen und sagen: Die ganzberwiegende Mehrheit, fast alle, wollen Arbeit und be-reiben keinen Missbrauch. Ich erwarte von einem So-ialminister, dass er sich der Rechte dieser Leute an-immt.
as tun Bündnis 90/Die Grünen.Danke.
Das Wort hat der Kollege Stefan Müller für die
nionsfraktion.
Herr Dr. Kolb, vielen Dank für das Kompliment. –rau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!iese Haushaltsdebatten laufen doch immer irgendwieach dem gleichen Schema ab: Der FDP ist das Leis-ungsvolumen unseres Sozialhaushaltes generell zuoch. Den Linken ist dieses Volumen generell zu nied-ig. Die Grünen können sich nicht wirklich entscheiden,as sie nun wollen: ein bisschen mehr oder ein bisscheneniger.
uch für uns wäre es vielleicht einmal wichtig, zu wis-en, wohin sie eigentlich wollen. Herr Kurth, Sie habens leider nicht geschafft – vielleicht war das auch dereit geschuldet –, uns aufzuzeigen, was die Grünen per-pektivisch wollen.Ich bin froh, dass wir eine wesentliche Konstante ha-en: Frau Lehn informiert uns darüber, wie ihre Fami-ienmitglieder heißen. Nach Tante Käthe haben wir jetztnkel Paul kennengelernt.
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Stefan Müller
– Es fehlt uns Onkel Otto. – Tante Käthe war diejenige,die gut wirtschaften konnte. Onkel Paul war derjenige,der mit dem Geld nicht auskam. Es fehlte noch die we-sentliche Information, ob er Sozialdemokrat war. Daswürde manchen von uns hier noch interessieren.
Unser Sozialbudget umfasst über 700 MilliardenEuro, alle Sozialleistungen zusammengerechnet. Dassind pro Bürger pro Jahr 8 500 Euro. Wer angesichts von700 Milliarden Euro behauptet, dass unser Land unso-zial sei, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linken,der sagt schlicht die Unwahrheit. Das kann doch nunwirklich nicht Ihr Ernst sein.
Niemand kann behaupten, dass unser Land unsozial sei.Natürlich steht unser Sozialstaat gerade wegen seinesgroßen Leistungsvolumens immer wieder in der Kritik.Natürlich gibt es auch politische Kräfte, die einen funk-tionierenden Sozialstaat eben nicht als Wirtschaftsfaktorsehen, liebe Kollegen von der FDP; vielmehr tun sie im-mer so, als wäre ein funktionierender Sozialstaat eineBelastung für die Wirtschaft.
Da sage ich: Soziale Sicherheit hat auch etwas mit sozia-lem Frieden zu tun, und sozialer Frieden ist die Grund-lage dafür, dass wir auch wirtschaftlich erfolgreich seinkönnen.
Kollege Müller, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
Kollegen Niebel?
Bitte.
Vielen Dank, Herr Kollege Müller. – Sind Sie bereit,
zur Kenntnis zu nehmen, dass wir durchaus der festen
Überzeugung sind, dass ein funktionierender Sozialstaat
ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor ist? Sind Sie ferner
bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass es durchaus kritik-
würdig sein kann, wenn 700 Milliarden Euro – es han-
delt sich um das Geld anderer Leute, nämlich der Steuer-
zahler und Beitragszahler – eingesetzt werden und es
trotzdem noch Kinderarmut in Deutschland gibt, wie der
Armutsbericht der Bundesregierung deutlich macht?
Sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass man die
Verteilung der in dem Sozialsystem befindlichen öffent-
lichen Mittel durchaus zu Recht kritisieren kann?
Herr Kollege Niebel, ich nehme zur Kenntnis, dassdas, was Sie hier sagen, und das, was Sie teilweise in In-tPtaekDWcdhdibABWndvKbgBAndAuddwbdVkUsfg
Ich sage nur: Ohne wirtschaftlichen Erfolg wird esuch keine soziale Sicherheit geben. Aber genauso wirds ohne soziale Sicherheit und ohne sozialen Friedeneinen wirtschaftlichen Erfolg in unserem Lande geben.
eswegen müssen auch Sie begreifen, Herr Niebel, dassirtschaftspolitik und Sozialpolitik zwei Seiten der glei-hen Medaille sind und dass das eine nicht ohne das an-ere geht. Das sagen Sie jedenfalls hier so deutlich nicht.
Die sozialpolitischen Politikbereiche gehören von je-er zu den zentralen Handlungsfeldern einer jeden Bun-esregierung. Wir haben in den vergangenen drei Jahrenn der Großen Koalition Wichtiges auf den Weg ge-racht. Wir haben einen Beitrag dazu geleistet, dass dierbeitslosigkeit bekämpft werden konnte und dass dieeschäftigung in unserem Land hat ansteigen können.
ir haben dem Fachkräftemangel entgegenwirken kön-en. Wir haben aber auch unseren Beitrag dazu geleistet,ass die Rente gesichert wird und vor allem Altersarmuterhindert wird.Wir waren in den vergangenen drei Jahren als Großeoalition also erfolgreich. Ich sage noch einmal: Die Ar-eitslosigkeit ist gesunken. Die Beschäftigung ist gestie-en. Die Jugendarbeitslosigkeit ist gesunken. Auch dieeschäftigung Älterer – ein wesentliches Ziel unsererrbeit – ist gestiegen. Wir haben Einstellungshemm-isse abgebaut.Nun gibt es eine rege Diskussion darüber: Wem istenn das zu verdanken? Zunächst einmal ist für denufschwung am Arbeitsmarkt natürlich die Tatsachersächlich, dass die Arbeitnehmer in unserem Land inen vergangenen Jahren auch durch Lohnzurückhaltungafür gesorgt haben, dass Arbeitsplätze in Deutschlandieder wettbewerbsfähig geworden sind. Natürlich ha-en Unternehmer neue Märkte erschlossen, neue Pro-ukte entwickelt, neue Arbeitsplätze geschaffen und zurerfügung gestellt.Da dieser Beschäftigungsaufbau insbesondere in denleinen und mittleren Betrieben, in familiengeführtennternehmen stattgefunden hat, halte ich es für unan-tändig, dass Sie, Kollegen von den Linken, familienge-ührte Unternehmen so diffamieren, wie es in den ver-angenen Tagen insbesondere Herr Lafontaine getan hat.
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Stefan Müller
Es waren gerade diese Unternehmen, die in den letztenJahren neue Arbeitsplätze geschaffen haben. Dortherrscht langfristiges Denken vor und eben nicht Denkenin Quartalen, und Shareholder-Value spielt nicht dieRolle wie anderswo. Was Sie ansonsten kritisieren, gibtes in familiengeführten Unternehmen nicht. Deswegensage ich noch einmal: Sie tun gut daran, diese Unterneh-men nicht so zu diffamieren, wie Sie es getan haben. Ichbin froh darüber, dass wir Unternehmen in unseremLand haben, die ihrer sozialen Verantwortung gerechtwerden und in den vergangenen Jahren auch neue Ar-beitsplätze geschaffen haben.
Wir haben in den vergangenen drei Jahren viel er-reicht. Wir werden – das ist angedeutet worden – nocheiniges auf den Weg bringen müssen, etwa im Zusam-menhang mit der Neuausrichtung der arbeitsmarktpo-litischen Instrumente. Ich betone: Es geht hierbei nichtin erster Linie darum, Geld einzusparen, sondern es gehtdarum, die Instrumente neu zu ordnen, einfacher zu ma-chen, Beitragsmittel wirkungsvoller einzusetzen, damitauch diejenigen in den Arbeitsmarkt integriert werdenkönnen, die vom Beschäftigungsaufbau bislang nochnicht profitiert haben. Auch dabei, Herr Minister Scholz,werden Sie unsere Unterstützung haben. Wir werden inden nächsten Wochen sicherlich noch etliche Male da-rüber reden können.Ich halte fest: Eine erfolgreiche Sozialpolitik ist dieVoraussetzung für innenpolitische Stabilität. Sie ist Ga-rant für sozialen Frieden, für politischen und ökonomi-schen Frieden. Wir tragen mit dem Bundeshaushalt fürdas Jahr 2009 diesem Umstand Rechnung.Herzlichen Dank.
Das Wort hat die Kollegin Andrea Nahles für die
SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-legen! Es ist immer dasselbe:
Wenn es gute Arbeitsmarktzahlen gibt, dann war es,wenn man der Opposition glauben darf, die Konjunktur;aber wenn, was möglich ist, aufgrund der konjunkturel-len Abschwächung die Arbeitslosenzahl im nächstenJahr vielleicht wieder steigen wird,
dann wird es natürlich die Regierung schuld sein.
SisHmDtdnbtdKbgsWwPIgmwmShmzkHsrWB6mscmu
as wäre doch ein Punkt, auf dem wir aufbauen könn-en. Über Verbesserungen können wir gern streiten. Aberas ist erst einmal unsere Aufgabe, und der sind wirachgekommen.Ich will das unterstreichen: Wir haben 510 000 Ar-eitsplätze mehr. Wir haben über 40 Millionen Erwerbs-ätige. Das ist die höchste Zahl seit langem. Wir habenurch Programme wie WeGebAU, „JobPerspektive“ undommunal-Kombi im Hinblick auf die Langzeitar-eitslosen die Weichen richtig gestellt. Die ersten Er-ebnisse – minus 20,5 Prozent bei der Langzeitarbeitslo-igkeit – sind da. Hier müssen wir noch besser werden.ir müssen auch in den Ländern noch besser werden,o es nicht selten an der Kofinanzierung für genau dieserogramme zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit hapert.
ch kann Ihnen gern eine Liste reichen, aus der hervor-eht, wo das besonders problematisch ist.Wenn es so ist, wie wir sagen, dass sich die Arbeits-arktpolitik auszahlt und die Menschen, die geförderterden, bessere Vermittlungschancen haben, dann kannan die Arbeitslosenversicherungsbeiträge nicht alspielball für Landtagswahlen nutzen. Da kann ich nuroffen, dass nach dem 28. September, 18 Uhr, wiederehr Vernunft in die Debatte einkehrt.
Zu den Forderungen von Herrn Clever, die Beiträgeur Arbeitslosenversicherung auf 2,5 Prozent zu senken,ann ich nur sagen: Darf es noch etwas weniger sein?err Kauder und andere sprechen von 2,8 Prozent. Ichage Ihnen: Wir Sozialdemokraten sind bereit, die Spiel-äume, die da sind, zu nutzen.
ir haben – das ist unsere gemeinsame Leistung – dieeiträge zur Arbeitslosenversicherung bereits von,5 Prozent auf 3,3 Prozent gesenkt. Da ist auch nochehr drin.
Wir dürfen aber den Hosenbund, Herr Kauder, nichto eng schnallen, dass am Ende die Arbeitslosenversi-herung wichtige Aufgaben, wie zum Beispiel die Ver-ittlung und Qualifizierung von Arbeitslosen – das istnsere erste Priorität –,
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Andrea Nahlesin einer Phase sich abschwächender Konjunktur nichtmehr in dem Umfang, wie es notwendig wäre, leistenkann.
Lassen Sie uns deswegen doch einfach dabei bleiben,was wir vereinbart haben, nämlich zu schauen, was geht,und das dann zu machen.
Zugleich muss aber immer die Hauptaufgabe im Blickbleiben, nämlich die Vermittlung von Arbeitslosen.Ich erwähne an dieser Stelle auch, was wir meinerMeinung noch besser machen müssen. 25 Prozent derMitarbeiter in den Argen und Optionskommunen habenbefristete Arbeitsverhältnisse. Wir haben zwar 7 000 Stel-len in den letzten beiden Jahren entfristet. Ich möchteaber, dass klar ist, dass das Rückrat unserer Arbeitsver-mittlung – das sind die Vermittlerinnen und Vermittlervor Ort – gestärkt wird und noch mehr Leute dort einefeste und nicht eine befristete Anstellung haben. Auchinsgesamt brauchen wir noch mehr Menschen, die sichum Vermittlung kümmern. Das ist unsere feste Überzeu-gung.
Wir werden uns auch mit der Frage der Arbeits-marktinstrumente befassen müssen. Wir wollen zumeinen deren Zahl reduzieren. Ich kann Ihnen – das sageich insbesondere an die FDP gewandt – gerne im Detailauflisten, was wir da machen. Aber der entsprechendeGesetzentwurf dürfte Ihnen längst bekannt sein, FrauWinterstein. Es ist tatsächlich so. Wichtig ist zum ande-ren aber, dass den Regionen mehr Handlungsspielräumeeingeräumt werden. Deswegen bekenne ich mich hierklipp und klar zu der Ansicht, dass innovative Ansätzeund freie Förderung mit einem Anteil von 1 bzw.2 Prozent am Gesamtbudget nicht ausreichend bedachtsind. Ich stelle mir vor, diesen Anteil auf 10 bis 15 Pro-zent anzuheben.
Diese Position wird die SPD-Bundestagsfraktion auch inden parlamentarischen Beratungen deutlich machen.Schließlich möchte ich mir noch die Bemerkungerlauben, dass Maßnahmen mit Blick auf den Haupt-schulabschluss eine der zentralen Neuerungen bei denarbeitsmarktpolitischen Instrumenten sein werden. DerArbeitsminister hat das eben ausgeführt. Wer kann dennim Ernst dafür sein, dass ein Rechtsanspruch auf einenSchulabschluss verwehrt wird? „Pfui!“, sage ich dazunur. Jeder, der das tut, hat die Grundlagen nicht begrif-fen; denn Bildungspolitik ist Arbeitsmarktpolitik.
– Wir bauen aus Haupt- und Realschule eine schöne Re-alschule plus. Wir schaffen nichts ab. Sie können abergHfBDs2nrlieltLnsSFzGRtvSButüsinNbrre
Die Entwicklung bei den Renten, auf die Kollegeuchtel völlig zu Recht hingewiesen hat, ist nicht daraufurückzuführen, dass wir die Renten gekürzt hätten. Imegenteil, wir haben sie erhöht, sogar stärker, als es dieentenformel vorsah. Sie hat vielmehr etwas damit zuun, dass wir durch mehr Beschäftigung und aufgrundielfach höherer Löhne auch mehr Einnahmen aus denozialversicherungsbeiträgen erzielt haben. Das ist dieilanz, die wir vorzuweisen haben, liebe Kolleginnennd Kollegen.
Es ist gut, dass das in diesen Tagen auch durch die ak-uelle Studie des DIW, die mit ihrem Zahlenmaterialber das Ende der rot-grünen Regierung hinausgeht, be-tätigt worden ist. Die Bilanz ist klar: Das Armutsrisikon Deutschland ist gesunken. Die Lohnspreizung ist klei-er geworden. Es gibt keine weitere Ausweitung desiedriglohnsektors. Jeder kann es beobachten. Wir ha-en heute Tarifabschlüsse, die deutlich über die Forde-ungen der Gewerkschaften, die sie in der Zeit der frühe-en Regierung gestellt haben, hinausgehen. Das ist auchine logische Entwicklung. Jeder weiß – auch der Ar-
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Dr. Ralf Brauksiepemutsbericht der Bundesregierung macht es deutlich –:Arbeitslosigkeit ist das größte Armutsrisiko. Deshalb istes logisch und richtig: Wenn die Arbeitslosigkeit zurück-geht, dann geht auch die das Armutsrisiko zurück. Wenndie Arbeitslosigkeit zurückgeht, dann – und genau dann –kann man auch den Beitrag zur Arbeitslosenversiche-rung senken. Genau das streben wir für die Zukunft an.
Der Aufschwung hat längst die Älteren erreicht; erhat die Langzeitarbeitslosen und die Geringqualifiziertenerreicht. Weil das von der linken Seite dieses Hausesnicht mehr bestritten werden kann, wird die Mär erzählt,es gebe immer mehr Armutslöhne, der ganze Auf-schwung sei durch prekäre Beschäftigungsverhältnisseerkauft usw. Ich will deutlich machen, was die Realitätist und was uns von anderen unterscheidet. Wenn wirvon Niedriglöhnen sprechen, dann sprechen wir vonLöhnen, die zwei Drittel unter dem Bundesdurchschnittliegen. Der Niedriglohnsektor beginnt bei uns bei einemStundenlohn von 9,60 Euro. Wenn jemand aus der Lang-zeitarbeitslosigkeit eine Beschäftigung mit einem Lohnvon 9,60 Euro findet, einem Lohn, der weit jenseits des-sen liegt, was an Mindestlöhnen gefordert wird, dann ister, statistisch gesehen, ein Bezieher von Niedriglöhnenmehr. Wenn dieser eine große Familie hat, dann muss ervielleicht noch aufstockendes Arbeitslosengeld II be-kommen. Die Statistik weist dann einen Bezieher vonNiedriglöhnen und einen Aufstocker mehr auf. Vor al-lem aber gibt es einen Langzeitarbeitslosen weniger. Siesehen das als ein Zeichen von sozialem Elend, wenn einLangzeitarbeitsloser für mehr als 9 Euro eine Beschäfti-gung findet. Für uns ist das sozialer Fortschritt mit Blickauf den betroffenen Menschen und seine Familie. Das istder Unterschied, und das ist die Realität in diesem Land.
Es geht dabei um 60 Prozent des mittleren Haushaltsnet-toeinkommens und entsprechender Löhne. Das ist weitüber dem Durchschnitt der Länder um uns herum, dieimmer angeführt werden, wenn es um Armut und Ent-lohnung geht.Wir müssen wegkommen von einer Debatte, in deram Anfang gesagt wird: Wir müssen das soziale Netzausweiten und es stabil machen. – Wir sind sehr für eindichtes soziales Netz und soziale Sicherheit. Wenn manaber anschließend sagt: „Jeder, der eine Transferleistungbekommt, ist arm“, dann ist das falsch. Der Sozialstaatschützt vor Armut. Wer zu Recht eine soziale Leistungin Anspruch nimmt, der ist deshalb nicht arm, vielmehr– auch das macht der Armuts- und Reichtumsberichtdeutlich – schützt dieser Sozialstaat mit den Leistungen,die er gewährt, davor, dass Menschen in Armut geraten.Diesen Sozialstaat wollen wir erhalten.
Ich will auch etwas zu der Kritik sagen, die von ande-rer Seite geäußert wurde. Wir haben in diesem Jahr inder Tat etwas gemacht, was man wirklich nur in einerguten konjunkturellen Lage und bei einer sehr gutenLLlgg–ddswNAgdbsdsEwcRzdsnsvoKWlbkd
Sie von der FDP haben uns genauso wie die Grünen,ie ihrer alten Propaganda verfallen sind, gesagt, manürfe den Arbeitslosengeldbezug nicht ausweiten, daich die Leute dann in die soziale Hängematte legenürden. Ich empfehle Ihnen, nach Bochum zu gehen, wookia zugemacht hat. Dort ist es jetzt gelungen, neuerbeitsplätze zu schaffen. Wie viele Leute haben dennesagt: „Geht mir weg mit der Arbeit, ich gehe erst malrei Monate lang in die Hängematte, da ich ja länger Ar-eitslosengeld bekomme“? – Das hat kein Einziger ge-agt. Es ist richtig, Menschen auch dafür zu belohnen,ass sie lange Beiträge zahlen. Davon geht der Sozial-taat nicht unter, das ist sozial gerecht.
s hat sich gezeigt, dass das richtig ist. Die Menschenollen arbeiten. Sie nehmen auch Arbeit an. Wir ma-hen ihnen in dieser Großen Koalition mit vernünftigenahmenbedingungen dazu Mut. Nehmen Sie das bitteur Kenntnis, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Kollege Brauksiepe, gestatten Sie eine Zwischenfrage
es Kollegen Kolb?
Selbstverständlich, was soll er sonst machen?
Herr Kollege Brauksiepe, das, was Sie gesagt haben,
ollte ja in Wirklichkeit von der Kernfrage ablenken,
ämlich wohin der Beitragssatz zur Arbeitslosenver-
icherung in der näheren Zukunft geht. Gilt das Wort
on 2,8 Prozent, was Herr Kauder gestern gesagt hat,
der war das nur eine Wahlkampfshow von Herrn
auder und Herrn Huber?
ollen Sie weiter absenken und wohin? Welche Mög-
ichkeit sehen Sie da?
Herr Kollege Kolb, wir haben beschlossen, den Ar-eitslosenversicherungsbeitrag auf 2,8 Prozent zu sen-en. Das ist kein Alleingang von Volker Kauder, sondernas ist die Position der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.
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Dr. Ralf BrauksiepeDafür setzen wir uns ein. Wir sind fest davon überzeugt,dass das ohne Leistungskürzungen geht, ohne die Kür-zung von aktiven und passiven Leistungen.
Das ist ohne Verschiebebahnhöfe möglich, weil wir aufdem Arbeitsmarkt immer weniger Arbeitslosigkeit ha-ben, sodass sich eine entsprechende Dividende ergibt,die an die Beitragszahler weitergegeben werden kann.Wir haben dreimal Beschlüsse gefasst und den Arbeits-losenversicherungsbeitrag gesenkt, und wir sind sehr zu-versichtlich, dass wir das auch ein weiteres Mal hinbe-kommen.
Das ist mit dem Koalitionspartner nicht immer einfach,aber wir sind ja auch nicht zusammen in der Regierung,damit es immer einfach ist. Wir sind gemeinsam dreiJahre zu vernünftigen Lösungen gekommen und habeneine hervorragende Entwicklung auf dem Arbeitsmarkterreicht, und das schaffen wir auch weiterhin. Wenn Siein Zukunft beim Regieren wieder mitmachen wollen,Herr Kollege Kolb, dann müssen Sie erst einmal wiederauf einen so vernünftigen, realistischen Kurs kommen.Dann kann man darüber reden, vorher nicht.
Wir haben nicht einfach nur zusätzliche Arbeit in die-sem Land, sondern zusätzliche Arbeit, die Menschen ausdem Transferbezug gelöst hat, die dafür gesorgt hat, dasses den Menschen in diesem Land wieder besser geht.Wir werden diesen Weg auch im vierten und letzten Jahrder Großen Koalition gemeinsam weitergehen.Herzlichen Dank.
Weitere Wortmeldungen zu diesem Einzelplan liegennicht vor.Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundes-ministeriums für Familie, Senioren, Frauen undJugend, Einzelplan 17.Das Wort hat die Bundesministerin Dr. Ursula von derLeyen.
Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin fürFamilie, Senioren, Frauen und Jugend:Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wirwerden auch im nächsten Jahr wieder in Familien inves-tieren.
GuwwTkbd2gFtGDuPrzwVnsrtAdnSddahtsstCbSrfH2ggwadZt
Der Ausbau der Kinderbetreuung ist die folgerich-ige nächste Investition gewesen; denn gerade auf dennfang kommt es an, wenn die ersten Weichen für Bil-ungschancen für alle Kinder gestellt werden. Derächste entscheidende Schritt ist der Übergang vonchule in den Beruf. Hier sind viele Akteure gefragt;as ist klar: die Länder mit den Schulen, die Wirtschaft,ie Bundesagentur für Arbeit. Wir haben die Aufgabe,uf Bundesebene mit den Modellprogrammen genauerinzuschauen, wenn Jugendliche sich besonders schwer-un und im Regelsystem verloren gehen. Deshalb ver-tärken wir 2009 die jugendpolitischen Leistungen fürozial benachteiligte Jugendliche und für junge Migran-innen und Migranten. Da geht es um eine zweitehance für die harten Schulverweigerer. Es geht um eineessere Vernetzung der Jugendsozialarbeit mit derchule und um den Übergang von der Schule in den Be-uf. Mit dem ESF und der Kofinanzierung setzen wir da-ür mehr als 180 Millionen Euro ein.Die Förderung des Zivilengagements soll mit demaushalt 2009 gegenüber der Finanzplanung umMillionen Euro auf dauerhaft 12 Millionen Euro auf-estockt werden. Das ist gut angelegtes Geld. Das bür-erschaftliche Engagement verändert sich; das sehenir. Auf der einen Seite sinkt die Anzahl der Vereine unduch der Mitgliedschaften in den Vereinen. Auf der an-eren Seite sehen wir, dass die Spendenbereitschaft, dieahl der Bürgerstiftungen und die Unternehmensaktivi-äten steigen. Darauf müssen wir reagieren; denn es wol-
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Bundesministerin Dr. Ursula von der Leyenlen sich viele engagieren, aber sie brauchen den richti-gen Impuls dafür.Wir haben den Einzelplan 17 noch an einer anderenStelle aufgestockt. Für den Ausbau des Kinderzuschlagsbrauchen wir jetzt mehr als 253 Millionen Euro zusätz-lich. Das ist richtig; denn auch bei einem niedrigen Ein-kommen muss gelten: Arbeit lohnt sich.
Der Kinderzuschlag wirkt gegen Kinderarmut, und er istgleichzeitig ein arbeitsmarktpolitischer Anreiz.Wir erreichen mit dem neuentwickelten Kinderzu-schlag im Zusammenspiel mit der Wohngeldreform eineviertel Million Kinder. Es sind 150 000 Kinder mehr, dieaus Hartz IV herauskommen. Das Ziel ist immer, Fami-lien unabhängig zu machen, dass sie auf eigenen Füßenstehen können, dass sie die Kinder haben können, die siesich wünschen, und diese Kinder gut ins Leben begleitenkönnen.Wir diskutieren jetzt über die Erhöhung des Kinder-geldes. Das ist richtig und das ist notwendig.
Das Kindergeld für das erste und zweite Kind ist seit2001 nicht mehr erhöht worden. Für das dritte Kind unddie folgenden Geschwister ist das Kindergeld seit 1995nicht mehr erhöht worden. Dabei sind es gerade die kin-derreichen Familien, die auf das Kindergeld angewiesensind. Sie haben unvermeidbare Fixkosten. Sie brauchendie größere Wohnung, mehr Heizung, mehr Lebensmit-tel, mehr Kleidung, mehr Schulmaterial. Die Waschma-schine läuft häufiger. Das kann nicht nur durch mehr Ar-beit erwirtschaftet werden. Da ist das Kindergeldunverzichtbar.
In vielen europäischen Ländern gibt es – in Deutschlandgab es dies lange – aus gutem Grund ein gestaffeltesKindergeld. Ich halte das für richtig; denn Kinderreich-tum darf nicht zu Armut führen.
Nun hören wir in diesen Tagen öfter den Satz: JedesKind muss dem Staat gleich viel wert sein.
Wer würde da nicht auf den ersten Blick – dieser Satzhört sich gut an –
wohlwollend nicken? Sicher alle, außer der Finanz-minister. Den kostet das nämlich 15 Milliarden Euro.
Warum? Weil Politik bekanntlich mit dem Betrachtender Wirklichkeit beginnt. Die Wirklichkeit ist: Keines-wvubdzEddhAdEhtFndKlGth1RgvDktve–idsvmsmdNn
Frau Ministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage?Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin füramilie, Senioren, Frauen und Jugend:Ich führe diesen Gedanken erst zu Ende, dann gerne.Nur die Familien in der Mitte, die Familien mit klei-en und mittleren Einkommen, erhalten das reine Kin-ergeld von 154 Euro für das erste, zweite und dritteind und von 179 Euro für das vierte. Wenn man das al-es auf ein Niveau bringen will, dann kann man dasanze doch wohl nicht auf das niedrigste Niveau herun-erstufen. Dann muss man vielmehr lege artis auf dasöchste gemeinsame Niveau heraufzustufen. Das würde5 Milliarden Euro kosten – eine Illusion, die mit derealität wenig zu tun hat.
Nun steht der Vorschlag im Raum, einen Kinder-rundfreibetrag einzuführen. Ich kann Neugierige da-or nur warnen.
as wäre ein Systemwechsel mit erheblichen Nebenwir-ungen, vor allen Dingen mit erheblichen unerwünsch-en familienpolitischen Nebenwirkungen. Der Wechselom heutigen Freibetrag zu einem Grundfreibetrag heißtrst einmal: Alle mit Kindern, die Steuern zahlenFacharbeiter, Lehrerinnen, Alleinerziehende –, müssenn Zukunft mehr Steuern zahlen. Das kann ja wohl nichtas Ziel sein. Das Absurde ist: Je mehr Kinder, destotärker die Auswirkungen dieses Systemwechsels. Derorgeschlagene Grundfreibetrag schneidet das Einkom-en unten ab – vorweg. Das heißt: Mit jedem Kindteigt man bei der Besteuerung des verfügbaren Einkom-ens in einen höheren Tarif ein. Mit jedem Kind steigter Steuersatz.
ebenbei steigen auch der Soli und die Kirchensteuer,atürlich nur für Familien mit Kindern. Was hat denn
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Bundesministerin Dr. Ursula von der Leyendas mit Steuergerechtigkeit zu tun, wenn Kinder steuer-erhöhend wirken?
Das werden wir nicht zulassen.Wer nun darüber nachdenkt, die Steuermehreinnah-men, die sich durch diesen Systemwechsel bei den Fami-lien holen ließen, in die Kindergelderhöhung zu stecken,dem gebe ich mit auf den Weg: Eine Kindergelderhö-hung ist klasse, aber nicht, wenn sie aus einer bloßenUmverteilung zulasten der Familien resultiert.
Jetzt hat der Kollege Kurth das Wort.
Danke, Frau Ministerin. – Sie erwarten mutmaßlich
eine Erhöhung des Kindergeldes um 10 Euro. Sie haben
gerade die gestiegenen Kosten für Kinder angesprochen.
Sind Sie mit mir der Auffassung, dass der Kostenanstieg
auch diejenigen Kinder betrifft, die im Arbeitslosen-
geld-II-Bezug bzw. im Sozialgeldbezug sind, und wie
stehen Sie zu dem von den 16 Bundesländern im Bun-
desrat einstimmig gefassten Beschluss, der besagt, dass
die entwicklungsbedingten Bedarfe für Kinder im
Arbeitslosengeld II nicht ausreichend abgebildet sind
und es deswegen einen ordentlichen Kinderregelsatz ge-
ben muss?
Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin für
Familie, Senioren, Frauen und Jugend:
Exakt, weil es diese Diskussion gibt, werden die Re-
gelsätze im Augenblick von den Experten überprüft.
Man kann das nämlich nicht aus dem hohlen Bauch he-
raus bestimmen.
Eine differenzierte Prüfung der Regelsätze ist erforder-
lich. Wenn wir die Ergebnisse haben, werden wir da-
rüber zum gegebenen Zeitpunkt diskutieren.
Zum Abschluss: Der aktuelle Allensbach-Familien-
monitor hat ergeben: Das Kindergeld ist die angese-
henste familienpolitische Leistung in der Bevölkerung.
Und die Bevölkerung hat recht. Diese Leistung ist ar-
mutreduzierend, und sie stärkt die Familien in der Mitte.
Was die Bevölkerung aus eigenem Empfinden und eige-
nem Erleben als richtig einschätzt, wird von der Wissen-
schaft bestätigt: Das Kindergeld wirkt. Das Kindergeld
stärkt Familien und vermeidet Armut, gerade bei Allein-
erziehenden und Familien mit kleinem Einkommen und
mehreren Kindern. Wenn Ende September der Existenz-
minimumbericht vorliegt, werden wir über den Spiel-
raum entscheiden können. Doch die Erhöhung ist für
mich Pflicht und nicht Kür.
Danke.
Für die FDP-Fraktion hat nun die Kollegin Miriam
ruß das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrtenamen und Herren! Vielleicht haben wir gerade die zu-ünftige Finanzministerin sprechen hören.
ie FDP jedenfalls war mit weiten Teilen sehr einver-tanden. Glänzende Rede, Frau Ministerin. Leider habenie eine kleinere, unbedeutendere Partei an Ihrer Seite,it der ich mich jetzt ein bisschen auseinandersetzenöchte: die CSU.Ich hatte gestern das Glück, Herrn Huber zuhören zuönnen.
s war interessant, was Herr Huber hier gesagt hat. Herruber sprach auf einmal – hört, hört – von einer Mutter,ie alleinerziehend ist und zwei Kinder hat. Da habe ichufgehorcht. Das gibt es im Familienbild der CSU dochigentlich gar nicht. Beckstein fordert im Übrigen mehreld für Hartz-IV-Kinder. Aber es ist Wahlkampf, und ininer Woche ist Wahl. Da erkennt auch die CSU: Nichtedes Kind kommt mit einem goldenen Löffel im Munduf die Welt. In dieser Analyse sind wir uns einig. Esibt tatsächlich Kinder, bei denen wir eingreifen müssen,ei denen der Staat etwas tun muss. Jetzt stellt sich nuroch die Frage: Was ist zu tun?Da muss ich Ihnen, die Sie regieren, sagen: Wir glau-en, dass Sie hier auf dem falschen Dampfer sind.
enn was machen Sie? Sie ziehen den Familien zu-ächst das Geld aus der Tasche, schicken es durch einenigantischen Umverteilungsmechanismus und geben esann großgönnerhaft aus. Ich stimme zu: Eine Erhö-ung des Kindergeldes um 10 Euro ist gut. – Man kannennoch darüber diskutieren; denn Sie haben in den letz-en drei Jahren dafür gesorgt, dass eine durchschnittlicheierköpfige Familie im letzten Jahr 1 600 Euro wenigerur Verfügung hatte, weil Sie den Familien das Geld mitilfe von 19 Steuererhöhungen aus der Tasche gezogenaben. Auch das muss an dieser Stelle ganz klar gesagterden.
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Miriam GrußSie haben die Mehrwertsteuer erhöht und damit geradedie Familien belastet, die Sie jetzt durch eine Kinder-gelderhöhung entlasten wollen. Das ist ganz offensicht-lich Wahlkampfgetöse. Heute, eine Woche vor der Land-tagswahl in Bayern, fordert dies auch Frau Stewens. OhWunder!Wir hingegen hatten im Vergleich zu allen anderenFraktionen hier im Bundestag schon immer das familien-freundlichste Steuerkonzept,
mit niedrigen, einfachen und gerechten Steuersätzen von10, 25 und 35 Prozent, mit einem einheitlichen Steuer-freibetrag in Höhe von 8 000 Euro – die Ministerin hatdas gerade noch einmal bestätigt – und einer besserensteuerlichen Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskostenin Höhe von 12 000 Euro, die Eltern wirkliche Wahlfrei-heit ermöglicht. Wir sagen weder, dass alle Kinder in dieKrippe gesteckt werden müssen, noch, dass die drei Ksweiter gelten sollen, die in weiten Teilen Bayerns nachwie vor im Kopf verankert sind. Wir wollen Rahmenbe-dingungen, die es den Familien ermöglichen, sich frei zuentscheiden. Das ist mit unserem Steuerkonzept und un-seren Auffassungen zur Kinderbetreuung möglich.
Da ich gerade über die Steuererhöhungen gesprochenhabe, ist es mir wichtig, darauf hinzuweisen, dass dieGroße Koalition, insbesondere die CSU, auch einmalSteuern gesenkt hat, und zwar bei der mechanischenAufstiegshilfe.
Für diejenigen, die nicht aus Bayern kommen: Damitsind die Lifte gemeint. Der Umsatzsteuersatz für Seil-bahnfahrten ist von 19 Prozent auf 7 Prozent gesenktworden. Ich freue mich darüber; denn jetzt kommt derWinter, und dann können Familien günstiger auf denBerg fahren. Skifahren macht ja Spaß. Hier handelt essich um eine ganz bedeutende Steuer.
– Herr Singhammer, wir sprechen uns nach dem 28. Sep-tember wieder.
– Das ist eine Drohung. Herr Singhammer sitzt deswe-gen schon nur noch in der zweiten Reihe.
An dieser Stelle sei gesagt: Einmal ist tatsächlich eineSteuer gesenkt worden. Das muss man lobend anerken-nen. Aber wenn ich an Berge denke, denke ich an etwasganz anderes – jetzt wird es wieder ernst –, nämlich anden Schuldenberg Deutschlands. Jedes Kind, das heut-zutage auf die Welt kommt, hat bereits 18 000 EuroSchulden im Rucksack. Wenn wir auf die Berge fahren,dann sollten wir bitte schön auch an den SchuldenbergdsHbbrefBsFaDbbBImDtmVtsEeda
Wir sind familienpolitisch endlich im 21. Jahrhundertngekommen, Herr Singhammer.
ie Bedenkenträger von damals sind heute voll des Lo-es; das betrifft auch Sie. Sie wissen, dass gerade dieayerischen Väter Spitzenreiter sind, wenn es um dieeanspruchung der Vätermonate geht.
ch denke, daran wird deutlich, dass moderne sozialde-okratische Politik bei den Eltern sehr gut ankommt.afür danke ich auch den beiden zuständigen Minis-erien: Ihnen, Frau von der Leyen, aber auch Finanz-inister Peer Steinbrück; denn er hat die finanziellenoraussetzungen geschaffen, dass der Ausbau der Be-reuungsmöglichkeiten für unter Dreijährige jetzt tat-ächlich realisiert werden kann.
r hat 4 Milliarden Euro und darüber hinaus Mittel fürine dauerhafte Förderung zur Verfügung gestellt. Dafüranken wir Ihnen recht herzlich.
Was haben wir erreicht? Was die Zielformulierungngeht, waren wir uns eigentlich immer einig. Wir woll-
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Christel Hummeten die Vereinbarkeit von Familie und Beruf; hier gabes überhaupt keinen Dissens.
Über den Weg dorthin waren wir uns aber nicht immereinig – das muss man ehrlicherweise sagen –, und hin-sichtlich der Interpretation, was unter echter Wahlfrei-heit zu verstehen ist, waren wir uns auch nicht einig.In dieser Woche wurde eine Untersuchung des Al-lensbach-Instituts veröffentlicht. Daraus ging ganz klarhervor, dass zwei Drittel der Frauen immer noch meinen,das Problem der Vereinbarkeit von Familie und Beruf seinicht gelöst, weil die Länder nicht für genug Betreu-ungsplätze gesorgt hätten. 97 Prozent der Frauen – dieseZahl finde ich besonders erstaunlich – sind der Auffas-sung, dass die Betriebe zu wenig für familienfreundlicheArbeitsbedingungen tun. Solange diese Zahlen im Raumstehen und solange es Untersuchungen gibt, die zu sol-chen Ergebnissen kommen, glaube ich, dass für Mütter,die berufstätig sein wollen, noch keine echte Wahlfrei-heit besteht. Hier müssen wir mehr tun. Wir Sozialdemo-kraten werden unsere Ziele in diesem Bereich weiterverfolgen.
In der nächsten Woche – Gott sei Dank schon so früh –entscheiden wir über das Kinderfördergesetz, mit demwir einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz be-gründen werden.
Ich freue mich darauf. Die Länder werden aufgefordert,Tempo zu machen und mehr Betreuungsplätze anzubie-ten; das wird die gute Botschaft der nächsten Wochesein, und das ist wichtig. Wir müssen schneller werden,und zwar nicht nur, um unser Ziel der Vereinbarkeit vonFamilie und Beruf zu erreichen, sondern auch, weil dieBildungschancen unserer Kinder verbessert werdenmüssen.
Liebe Kollegen und Kolleginnen, der Mehrheit derFamilien in Deutschland geht es gut;
ich glaube, das ist zweifelsfrei der Fall. Es gibt aber auchFamilien, die vom Armutsrisiko bedroht sind. Ich binfroh, dass wir den Kinderzuschlag in der übernächstenWoche, am 1. Oktober, in Kraft treten lassen. Ich hoffe,dass es uns gemeinsam gelingt, auch die Verbesserungenbeim Wohngeld ab dem 1. Oktober in Kraft treten zu las-sen.
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ch mache mir allerdings Gedanken darüber, welche Fol-en es hat, wenn wir eine breitere Staffelung vornehmennd für diesen Bereich noch mehr Geld ausgeben. Einereitere Staffelung bedeutet keine breitere Familienför-erung. Wir wissen ganz genau, dass 90 Prozent der Fa-ilien ein bis zwei Kinder haben und – mehr noch –ass 94 Prozent der Alleinerziehenden ein bis zwei Kin-er haben. Ich bin der Meinung, dass wir das Kindergeldrhöhen sollten. Eine breitere Staffelung lehne ich aller-ings ab, weil sie in der Breitenwirkung keinen Erfolgat.
Ich bin dezidiert der Auffassung, dass unser Fami-ienleistungssystem in seiner derzeitigen Ausgestaltungozial ungerecht ist. Ich halte es für nicht richtig, dassie Familien, die ein hohes Einkommen oder sogar einpitzeneinkommen haben, monatlich 230 Euro pro Kindrhalten,
lso 76 Euro mehr als die Familien, die über ein niedri-es oder mittleres Einkommen verfügen; sie bekommenerzeit monatlich 154 Euro pro Kind.
ch bin dezidiert der Meinung – diese Auffassung teilech mit meiner Fraktion und meiner Partei –, dass demtaat jedes Kind gleich viel wert sein muss.
as verstehen wir unter sozialer Gerechtigkeit. Darum,rau Ministerin, werden wir an dieser Stelle noch heftigiteinander streiten müssen.Liebe Kollegen, liebe Kolleginnen, unbestritten ist:ie beste Armutsprävention sind nicht Transferleistun-en, auch nicht das Kindergeld. Die beste Armutsprä-ention kann nur die Beschäftigung der Eltern sein. Imritten Armuts- und Reichtumsbericht wurde deutlich,ass das Armutsrisiko dann, wenn ein Elternteil beschäf-igt ist oder wenn sogar beide Elternteile beschäftigtind, auf 4 Prozent sinkt. Daher müssen wir uns damiteschäftigen, folgende Aufgaben zu lösen: Wir müssenrreichen, dass die Frauenerwerbsquote endlich aufuropäisches Niveau steigt. Wir müssen erreichen, dass
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Christel Hummewir gleichen Lohn für gleiche Arbeit bei Frauen undMännern haben. Wir müssen natürlich auch erreichen,dass wir uns bei den Minijobs bewegen.Wer sich die Statistiken genau anschaut, der stellt fest,dass die Personen, die vorrangig über ein Einkommenaufgrund einer geringfügigen Beschäftigung oder auf-grund eines Minijobs verfügen, zu 67,5 Prozent Frauensind. Deshalb ist es unbedingt geboten, die Wochenstun-denzahl auf 15 zu fixieren. Auch das ist ein Beitrag zueinem Mindestlohn. Besser für Frauen ist natürlich eingesetzlicher Mindestlohn; denn ich weiß, dass die meis-ten Frauen in Branchen beschäftigt sind, in denen eskeine tarifliche Bindung gibt. Deshalb nützt es auchnichts, wenn die Kanzlerin fordert, dass Tarifpolitik vor-gehen soll. In diesem Bereich müssen wir unbedingt et-was tun.
Liebe Kollegen, liebe Kolleginnen, ich habe michsehr stark für das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetzeingesetzt. Ich bin sehr froh, dass wir dieses Gesetz seitdem Jahr 2006 haben. Dieses Gesetz gibt den Frauen dieChance, sich für ihre Rechte – zum Beispiel gleichenLohn für gleiche Arbeit – einzusetzen und diese einzu-klagen. Mir war es immer sehr wichtig, dass es eineAntidiskriminierungsstelle gibt; denn diese soll dieAufgabe der Öffentlichkeitsarbeit, die Meinungsbildungzur Antidiskriminierung in der Öffentlichkeit, überneh-men. Ich war immer der Meinung, dass diese Stelle fi-nanziell und personell gut ausgestattet sein sollte. Trotz-dem war ich über die vorgeschlagene Steigerung desHaushaltsansatzes 2009 für die Antidiskriminierungs-stelle – lange Zeit gefordert und erkämpft – sehr über-rascht. 9 000 Euro wurden bisher für die Öffentlichkeits-arbeit ausgegeben, 220 000 Euro sollen es im nächstenJahr sein. Das ist gut. Ich füge aber hinzu, dass dies einGeschmäckle hat; denn das Jahr 2009 ist ein Wahljahr.Wir werden genau hinschauen, was mit den Geldern derAntidiskriminierungsstelle gemacht wird. Das kann ichIhnen schon jetzt versprechen.Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz sowie dasBundesgleichstellungsgesetz für den öffentlichen Diensthaben deutlich gemacht, was wichtig ist, wenn manGleichstellung ernst meint. Wir brauchen unbedingt ge-setzliche Regelungen; das ist die Überzeugung der So-zialdemokratinnen und Sozialdemokraten. Wir brauchenein Gleichstellungsgesetz für die Privatwirtschaft.
Frau Kollegin Humme, bitte achten Sie auf die Zeit!
Wir brauchen eine Quotierung, wenn es darum geht,
Aufsichtsratssitze mit Frauen zu besetzen. Außerdem
brauchen wir gesetzliche Mindestlöhne. Das ist unver-
zichtbar.
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Wir müssen auch über eine dringend notwendigeachholentwicklung im Westen reden. Es gibt eine nichtinzunehmende Spaltung: Wir haben im Westen die Ar-eitsplätze, aber keine Kitas, und wir haben im Osten dieitas und keine Arbeit. Wir wollen, dass sich das ändertnd nicht so bleibt. Dafür müssten Sie aber etwas ande-es tun, als Sie mit diesem Etat jetzt vorhaben.
Wenn wir Zukunft gestalten wollen, dann brauchenir eine neue Verbindung von Lernen, Erwerbsarbeitnd sozialer Sicherung, und das von Kindheit an. Ich er-ebe auch bei Unternehmensbesuchen immer mehr, dassich die Geschäftsführungen mangels kommunaler An-ebote inzwischen wieder selbst helfen und Betriebskin-ergärten einrichten. So gesehen werden die heute alseiche Standortfaktoren beschriebenen Kitas, Kinderbe-
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Roland Claustreuungseinrichtungen irgendwann die harten Standort-faktoren sein.Natürlich müssen wir auch über Kinderarmut in ei-nem reichen Land reden. Die Tendenz ist leider steigend.Das ist das Ergebnis Ihrer Arbeitsmarkt- und Niedrig-lohnpolitik. Ich finde es sehr charmant, wenn die Redne-rinnen und Redner der SPD hier den gesetzlichen Min-destlohn einfordern. Ich muss Sie daran erinnern: Es gibtin diesem Bundestag eine parlamentarische Mehrheit fürden Mindestlohn. Fassen Sie sich ein Herz, und bringenSie das ein!
Wir haben zu konstatieren, dass 1965 nur jedes75. Kind Sozialhilfe erhielt, während es 2007 jedessechste Kind war, im Osten sogar jedes Vierte. Armut,die sich in den Gesichtern von Kindern widerspiegelt,muss uns doch zu Veränderungen in unserer Politik ver-anlassen.
Ich will noch ein paar Worte zu den Programmen imKampf gegen den Rechtsextremismus sagen. Vor zweiJahren haben wir intensiv darüber gestritten, als diesezunächst abgewickelt werden sollten. Sie haben IhrePosition dann korrigiert, und die Programme werdenfortgesetzt.
Allerdings hat sich die Ministerialverwaltung nach die-ser Entscheidung gerächt und den Zugang für Projektträ-ger erheblich erschwert. In einer Situation, in der in die-sem Lande der Rechtsextremismus als gesellschaftlicheBedrohung nicht etwa zurückgeht, sondern anwächst,brauchen wir diese Initiativen, Vereine und Projektträ-ger. Wir sollten ihnen auch von dieser Stelle aus herzlichfür die Arbeit danken, die sie leisten.
Rechtsextremisten versuchen inzwischen, immer jün-gere Menschen zu erreichen. Ein Mangel an historischerBildung und soziale Notlagen wirken bei ihrem Agierenbegünstigend.Die Fraktion Die Linke wird auch in diesem Jahr eineganze Reihe von Forderungen zur Veränderung des Etatseinbringen. Das gilt gerade für den Bereich Familien undJugendliche. Diese Forderungen sind uns teuer. DerenUmsetzung kostet nicht etwa 150 Milliarden Euro, wiehier immer gesagt wird. Im vergangenen Jahr haben wirMehrausgaben in Höhe von 28 Millionen Euro vorge-schlagen, die gedeckt waren. Davon entfiel etwa dieHälfte auf diesen Bereich. Wir wollen uns auch weiter-hin an dem Grundsatz orientieren: Den Kindern soll eseinmal besser gehen.
Frau Ministerin, insgesamt muss ich feststellen: IhrEtat für das Jahr 2009 zeigt die gleichen Merkmale wieder Etat des Bundes insgesamt. Sie verzichten auf einenotwendige politische Gestaltung. Er ist der kleinste ge-mkbnnrdLFegLuKGfMJKkGKseeds
eider muss ich nach den Reden – auch der von Ihnen,
rau Ministerin – aber sagen, dass Sie hier Erfolge fei-
rn, die keine sind.
Zukunft fängt heute an. Sie verschieben die Lösung
egenwärtiger Probleme in die Zukunft. Das sind keine
ösungsvorschläge, die wir jetzt umsetzen können.
Ich nenne Ihnen dazu ein paar Beispiele:
Beispiel Nummer eins: Vereinbarkeit von Beruf
nd Familie. Sie sagen, Sie haben mit dem Ausbau der
inderbetreuung hier eine ganze Menge erreicht.
leichzeitig sagen Sie aber, der Rechtsanspruch kommt
rühestens 2013.
eine Tochter, die jetzt ein Jahr alt ist, wird im
ahr 2013 bereits in der Schule sein. Wir brauchen die
inderbetreuung jetzt und nicht irgendwann in der Zu-
unft.
Wir brauchen Ganztagsplätze. In Bayern wird ein
roßteil der Kindergärten – wir reden noch nicht über
inderkrippen – innerhalb der nächsten halben Stunde
chließen. Glauben Sie, dass dort auch nur eine Teilzeit-
rwerbstätigkeit möglich wäre, die zu fördern eigentlich
ine Intention des Elterngelds gewesen ist?
Herr Singhammer.
Ich bin immer ganz gerührt, wenn die Handhabunger Geschäftsführung durch Redner und Zwischenruferozusagen gleich selbst in die Hand genommen wird,
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Präsident Dr. Norbert Lammertaber ich stelle fest, dass es ein Interesse an einer Zwi-schenfrage des Kollegen Singhammer gibt, der hiermitdas Wort erhält. Bitte schön.
Herzlichen Dank, Herr Präsident. – Frau Kollegin
Deligöz, Sie haben gerade die Situation in Bayern ange-
sprochen und erwähnt, die Kindergärten würden in der
nächsten halben Stunde schließen. Das wäre gegen
11.35 Uhr. Sie haben damit auch auf die Diskussion über
Kindergerechtigkeit und die Erwerbstätigkeit der Frauen
hingewiesen.
Ist Ihnen bekannt, dass die Erwerbstätigkeit der
Frauen in Bayern bei 67 Prozent und damit weit über
dem Bundesdurchschnitt liegt? Ist das nicht auch ein
Zeichen dafür, dass wir gerade in Bayern mit der Verein-
barkeit von Familie und Beruf schon ziemlich weit ge-
kommen sind?
Herr Singhammer, ich finde es sehr schön, dass Sie
ausgerechnet dieses Beispiel bringen. Mir ist die Zahl
von 67 Prozent durchaus bekannt. Aber lesen Sie dazu
die Analyse verschiedener Gewerkschaften! Daraus er-
gibt sich, dass gerade in Bayern ein sehr großer Anteil
von Frauen erstens in Teilzeit und zweitens in schlecht-
bezahlten Dienstleistungsberufen arbeitet. Das ist die
Realität der Frauen. Dagegen werden Sie in gutbezahlten
Ganztagsjobs in Bayern immer weniger Frauen finden,
weil die Vereinbarkeit von Beruf und Familie in diesem
Bereich überhaupt nicht gewährleistet ist.
Ihre Ministerin Stewens, die damals ein Kinderbe-
treuungsgesetz durchgesetzt hat, hat seinerzeit gesagt: In
Bayern müssen wir anfangen, die Betriebswirtschaftlich-
keit in die Kindergärten hineinzutragen, denn dort gibt
es noch Sparpotenziale. – Das ist die bayerische Politik
für Familien und Kinder.
Nun möchte die Kollegin Schmidt eine weitere Zwi-
schenfrage stellen. Bitte schön.
Frau Kollegin, ist Ihnen auch bekannt, dass die hohe
Frauenerwerbstätigenquote, die es in Bayern zweifels-
ohne gibt, vor allen Dingen daraus resultiert, dass dort
ein überproportional hoher Anteil von Frauen bereits
zwischen dem 15. und 25. Lebensjahr erwerbstätig ist,
also keine weiterführende Ausbildung hat und nicht stu-
diert? Betrachten Sie das als Vorteil?
Frau Kollegin Schmidt, Sie haben in der Tat recht.Genau das bestätigt die These, dass ein Großteil derFrauen in Bayern in schlechtbezahlten und unqualifizier-ten Jobs in Teilzeit beschäftigt ist. Das ist aber nicht diernVm––iaQQlGzehdpAlnskkdmihstMesleDuMgads
Wir reden gerade über Bayern.
Sie können sich zu einer Zwischenfrage melden, diech dann gerne beantworte.Ja, Frau Schmidt, Sie haben recht. Ich hoffe, das istuch bei Herrn Singhammer so angekommen.
Jetzt komme ich zum Beispiel Nummer zwei: dieualität der Kinderbetreuung. Sie alle reden über dieualität der Kinderbetreuung, und auch die Frau Kanz-erin hat warme Worte für die Erzieherinnen gefunden.leichzeitig findet sich in Ihren Vorhaben rein gar nichtsur Qualitätssteigerung. Wo sind Ihre Vorschläge zuinem Qualitätssiegel? Wo ist die Aufwertung der Erzie-erinnenausbildung? Wo sind verbindliche Grundstan-ards für die Erzieherinnenausbildung und die Tages-flegepersonen? Nichts davon steht hier drin.
ber Sie sagen: Wir machen ein Onlineportal. – Ein On-ineportal als Weiterbildungsmaßnahme von Erzieherin-en, ich bitte Sie. Wenn die Qualifizierung von Men-chen, die mit Menschen arbeiten, online stattfindenönnte, dann könnte die Medizinerausbildung in Zu-unft um einiges billiger gestaltet werden. Sie glaubenoch wohl selber nicht, dass ein Onlineportal ein wirksa-es Instrument zur Qualifizierung von Erzieherinnenst.
Aber kommen wir zu den Familienleistungen. Sieaben kurz vorgetragen, warum alle anderen Ideen jen-eits Ihrer Ideen die falschen sind. Um die Familienleis-ungen zielgenauer neu zu gestalten, haben Sie vieleillionen Euro ausgegeben und viele Wissenschaftlerineinhalb Jahre damit beschäftigt, das Ganze zu analy-ieren. Wir wussten auch schon vorher, dass die Fami-ienleistungen heute unübersichtlich, uneffektiv und un-ffizient sind. Jetzt, eineinhalb Jahre später, wissen wir:ie Familienleistungen sind uneffektiv, uneffizient undnübersichtlich. Was ist der qualitative Gewinn aus denillionen, die Sie für dieses Kompetenzzentrum ausge-eben haben? Nichts, rein gar nichts,
bgesehen von der Tatsache, dass Sie nun sagen können,ass alles, was in eine andere Richtung geht, nur falschein kann.
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Ekin DeligözSie wissen sehr wohl, dass es auch anders gehenkann. Ich glaube aber, dass Sie sich nicht trauen, bei-spielsweise die Eheförderung abzuschaffen, erst rechtnicht im bayerischen Wahlkampf; denn es geht darum,Ideologien zu verteidigen, die nicht die Ihrigen sind,wohl aber die Ihrer Partei.
Sicherlich kann man das Kindergeld erhöhen. Dafürgibt es gute Gründe. Aber was machen Sie? Diejenigen,die mehr als 60 000 Euro im Jahr verdienen und denSteuerfreibetrag nutzen können, bekommen mehr alsdiejenigen, die weniger verdienen. Diejenigen, die garnichts verdienen, die am unteren Ende sind, die von Ar-mut betroffen sind, also die ALG-II-Bezieher, gehen leeraus. Wir brauchen keine neuen Studien und keine neuenExpertisen. Wir wissen, dass die Sätze zu niedrig sind.Wir brauchen keine neuen Erkenntnisse; denn die Faktensind uns bekannt. Wir müssen endlich handeln, und zwarnicht nach dem Gießkannenprinzip. Wir müssen Armutbekämpfen und dürfen nicht Almosen in diesem Landverteilen.
Frau Ministerin, Sie verschieben die Lösungen derProbleme unserer Zeit auf die Zukunft. Sie sind auchMinisterin für Frauen und Senioren. Dazu haben wir inIhrer Rede leider gar nichts gehört; das fand nicht statt.Bei Ihnen kommen Frauen leider nur als Mütter vor. Ichfinde es falsch, dass ausgerechnet Sie diese Reduktionvornehmen. Die Grünen haben mehr als einen Antragzur Frauenpolitik eingebracht. Ich erwarte von Ihnendemnächst eine frauenpolitische Rede. Die Vorlagendazu liefern wir Ihnen gerne.Danke schön.
Dr. Ole Schröder ist der nächste Redner für die CDU/
CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Die Familienpolitik hat sich mit KanzlerinMerkel und Familienministerin von der Leyen zumwichtigsten Politikfeld innerhalb dieser Regierung ent-wickelt.
Das Ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Ju-gend wird in den nächsten Jahren noch an Bedeutung ge-winnen; denn die Herausforderungen der demografi-schen Entwicklung sind enorm. Wir sind gefordert, inunserer Politik noch mehr Rücksicht auf die älterenMenschen zu nehmen. Wir sind gefordert, noch mehr fürFamilien mit Kindern zu tun, damit sich gerade jungeMenschen dazu entschließen können, ihren Kinder-wunsch zu realisieren. Wir sind gefordert, mit unsererKinder- und Jugendpolitik allen Jugendlichen eine Per-sscsgdnWddeWlzaFJbkbmJkdwuweEAuAgdfwtssDmDh1Jd
Der Staat muss alles dafür tun, damit Kinder und Ju-endliche nicht auf die schiefe Bahn geraten. Wir Christ-emokraten wissen aber auch, dass der Staat die Elternicht ersetzen kann.
ir wehren uns deshalb gegen staatliche Bevormun-ung. Wo Kinder am besten aufgehoben sind, wer füras Familieneinkommen sorgt, das ist in erster Linieine private Entscheidung der Familie. Den Familienahlfreiheit zu geben, die sie brauchen, um ihre beruf-ichen Ziele und ihre Familienplanung unter einen Hutu bringen, ist unser Anliegen.Die Lebenswirklichkeit junger Familien sieht heutenders aus als vor Jahrzehnten. Heute sind die meistenamilien auf zwei Erwerbseinkommen angewiesen.unge Frauen sind heute genauso gut, wenn nicht sogaresser ausgebildet als junge Männer. Familien zu stär-en, bedeutet deshalb, junge Paare von dem Zwang zuefreien, sich zu entscheiden: entweder Beruf oder Fa-ilie. Die niedrigen Geburtenraten in den vergangenenahren zeigen uns: Wenn es nur ein Entweder-oder undein Sowohl-als-auch gibt, dann ist es häufig der Kin-erwunsch, der am Ende auf der Strecke bleibt.Den traditionellen Wert Familie können wir nur be-ahren, wenn wir Familie auf moderne Art und Weisenterstützen. Deshalb treiben wir die Kinderbetreuungie keine andere Regierung zuvor voran. Ab 2013 wirds einen Anspruch auf Kinderbetreuung auch für diein- bis Dreijährigen geben. Diejenigen, die dies nicht innspruch nehmen, haben einen Anspruch auf Betreu-ngsgeld. Die Wahl liegt bei den Eltern.
ls Bund haben wir die haushalterische Grundlage dafüreschaffen. Jetzt liegt es an den Kommunen und Län-ern, dieses Programm möglichst zügig voranzubringen.Zur Wahlfreiheit gehört vor allen Dingen die direkteinanzielle Unterstützung der Familien. Deshalb setzenir als Koalition hier einen wichtigen Akzent. Es ist sel-en, dass ein Haushälter sich darüber freut, dass die An-ätze steigen, also mehr Geld ausgegeben wird. Ein Bei-piel, bei dem das aber der Fall ist, ist das Elterngeld.ie Geburtenrate ist leicht angestiegen, auch die Väter-onate werden hervorragend angenommen.
eshalb ist das Elterngeld mit 4,175 Milliarden Euro hö-er veranschlagt, als ursprünglich geplant; es sind25 Millionen Euro mehr.Einen weiteren Schwerpunkt haben wir in diesemahr auf den Kinderzuschlag gelegt. Die Ausgaben füren Kinderzuschlag werden im Haushalt 2009 ebenfalls
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Dr. Ole Schrödererheblich aufgestockt. Für das Jahr 2008 waren es noch150 Millionen Euro, und jetzt planen wir mit362 Millionen Euro. Mit der Absenkung der Einkom-mensgrenzen und der Anrechnungsquote sowie der Ent-fristung des Kinderzuschlages weiten wir den Empfän-gerkreis erheblich aus. Wir holen einkommensschwacheFamilien aus der Sozialhilfe heraus. Vor allen Dingenschaffen wir Anreize, das Einkommen durch Erwerbstä-tigkeit zu verdienen. Es ist der beste Schutz gegen Kin-derarmut, wenn die Familien ihr Einkommen selbst ver-dienen können.
Die zentrale familienpolitische Leistung, um Familienfinanziell zu unterstützen, ist nach wie vor das Kinder-geld. Es wundert mich schon, dass ausgerechnet die po-litischen Kreise, die ständig insbesondere höhere Sozial-hilfe fordern, den Eltern, die Kindergeld bekommen,unterstellen, dass dieses Kindergeld für Schnaps, Ziga-retten und andere Dinge ausgegeben wird, aber nicht fürdie Kinder.
Diejenigen, die so etwas sagen, verkennen komplett dieFamilienrealität in Deutschland, dass sich eben die meis-ten Familien für ihre Kinder lang machen und für sie bisan die Grenzen des Möglichen gehen. Deshalb ist esrichtig, dass wir als Koalition uns darauf verständigt ha-ben, auf der Basis des kommenden Existenzminimums-berichts eine Erhöhung des Kindergeldes vorzunehmen.Hieran dürfen wir nicht rütteln, denn – die Ministerin hates gesagt – die Kosten für die Familien sind erheblichangestiegen.
Jeder muss wissen, dass der in die Diskussion einge-brachte Wechsel vom heutigen Freibetrag zu einemGrundfreibetrag bedeutet, dass alle Menschen mit Kin-dern, die Steuern zahlen, in Zukunft mehr Steuern zahlenmüssen als heute. Das kann nicht im Ernst unser Zielsein.
Die Geburtenrate ist gestiegen. Darauf dürfen wir unsaber nicht ausruhen. Ich freue mich auf gute Beratungen.Die Familienministerin hat unsere Unterstützung, dieUnterstützung der Koalition,
und wir sollten weiterhin wichtige Akzente in der Fami-lienpolitik setzen.
Es tut mir in der Seele weh, Frau Kollegin Kressl,
aber Zusatzfragen nach Ablauf der Redezeit sind selbst
bei großzügiger Interpretation der Geschäftsordnung
nicht möglich. Ihr Beitrag kann jetzt nur im Wege einer
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Frau Kollegin, das Problem des von Ihnen vorge-
chlagenen Systemwechsels ist doch: je mehr Kinder,
esto stärker die Auswirkung des Systemwechsels, und
war in negativer Art und Weise.
it jedem Kind steigt man bei der Besteuerung des ver-
ügbaren Einkommens in einen höheren Tarif auf. Es
ann doch wohl nicht ernsthaft sein, dass Sie Familien
it vielen Kindern höher besteuern wollen.
Wir sollten bei dem bewährten System bleiben. Wir
ehnen Steuererhöhungen für Familien mit vielen Kin-
ern strikt ab. Dieser Vorschlag wird sich in den Koali-
ionsverhandlungen hoffentlich nicht durchsetzen. Wir
ollen etwas für Familien mit Kindern tun. Deshalb ist
er Vorschlag der Familienministerin genau richtig, das
indergeld zu erhöhen. Dies würde sich gerade für Fa-
ilien mit mittleren Einkommen positiv auswirken.
Wir müssen uns überlegen, ob es nicht sinnvoll ist,
erade die Familien mit vielen Kindern dadurch zu ent-
asten – schließlich wollen wir sie nicht weiter belasten –,
ass wir ihnen ein höheres Kindergeld zur Verfügung
tellen, weil es diese Familien besonders schwer haben,
enn beide Eltern arbeiten. Die Kosten für Familien mit
indern sind entsprechend hoch. Deshalb ist Ihr Vor-
chlag familienfeindlich und strikt abzulehnen.
Das Wort hat nun der Kollege Otto Fricke für dieDP-Fraktion.
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Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-gen! Wir können uns doch einfach auf Folgendes eini-gen: Der SPD-Vorschlag – das hat die Ministerin richtigfestgestellt – sieht einen Kinderhöchstfreibetrag vor.Nichts anderes ist es, das ist ganz einfach. Genau daswollen Sie von der SPD einführen. Sie wollen an der ei-nen Stelle kappen, um an der anderen Stelle mehr Geldzur Verfügung zu stellen. Sie haben genau benannt, beiwem Sie kappen wollen, nämlich bei den Leistungsträ-gern, und Sie haben genau gesagt, wem Sie etwas gebenwollen. Damit ist das klar, das ist in Ordnung. Aber dannsollten Sie das auch sagen und sich nicht hinter einemScheinwort verstecken.
So wie viele von uns bin ich letzthin von einer Wahl-kampfreise aus Bayern zurückgekommen – keine Angst,es kommt kein Wahlkampf – und wurde von meinemSohn mit folgenden Worten begrüßt: Papa, ich habe zumersten Mal Post von der Bundesrepublik Deutschland be-kommen. Auch seine beiden Schwestern – die Jüngsteist fünf Jahre alt – haben Post von der BundesrepublikDeutschland bekommen. – Das war kein familienfreund-licher Willkommensgruß, Frau Ministerin. Das warnichts anderes als ein Schreiben des Bundeszentralamtesfür Steuern mit folgendem Inhalt – die Anrede war aneine Fünfjährige gerichtet, sie gilt übrigens auch fürNeugeborene –:Sehr geehrte Dame, sehr geehrter Herr,das Bundeszentralamt für Steuern hat Ihnen dieIdentifikationsnummer … zugeteilt.
Sie wird für steuerliche Zwecke verwendet und istlebenslang gültig. Sie werden daher gebeten, diesesSchreiben aufzubewahren …– Willkommen im Steuerland Deutschland, auf Wieder-sehen zum Kinderland Deutschland, Frau Ministerin,kann ich dazu nur sagen.
– Auch für dieses Schreiben ist sie verantwortlich; denndieses Kabinett, bei dem im Moment kaum noch jemandda ist – selbst das Kanzleramt und das Finanzministe-rium sind nicht mehr vertreten –, hat die Voraussetzun-gen für einen solchen Blödsinn geschaffen.Meine Damen und Herren, es ist schon interessant:Da man nun weiß, dass die Schulden von heute, auch dieSchulden, die Sie jetzt wieder machen werden, die Steu-ern von morgen sind, sagt man: Wenn wir schon wissen,dass wir morgen Steuern zahlen, dann wollen wir sehen,dass die Kinder von heute möglichst schnell zu den Steu-erzahlern von morgen gemacht werden. – Dieses Prinzipsteht inzwischen hinter Ihrer Politik.
vFw–dfEDmLldsuhaLmwpKtztKnnsKslOSdIgadmMrDafsssO
Stellen Sie doch eine Zwischenfrage, wenn Sie wollen,ass ich zu einer anderen Sache komme. – Das jeden-alls, was da kommen sollte, kam nicht. Es kam keinevaluierung der Familienleistungen, im Gegenteil.as, was kam, war ein Arbeitsbericht „Zukunft für Fa-ilie“ vom Kompetenzzentrum für familienbezogeneeistungen. Dann denkt doch jeder hier – auch der Kol-ege Kampeter hat das gedacht, wenn er ehrlich ist –,ass evaluiert und beschrieben wird, was gut und waschlecht ist. Ich hätte auch sagen können: was schlechtnd was noch schlechter ist. Aber welche Antworten er-alten wir? Wir erhalten als Antwort nur den Hinweis,n welcher Stelle man mehr Leistungen braucht. Alleeistungen sind richtig, alles läuft toll, und eigentlichüssen wir nur noch ein bisschen mehr haben. Dannird gesagt: Okay, mehr Geld, eine größere Väterkom-onente beim Elterngeld, mehr Kinderzuschlag, mehrindergeld und mehr familienunterstützende Dienstleis-ungen. – Das Ganze am besten noch mit den Ländernusammen und möglichst außerhalb der Bundeskompe-enz. Das Ergebnis dieses Berichtes ist doch, dass dieoalition der Meinung ist, sparen für Kinder sei nichtotwendig. Genau das ist der Irrweg, den Sie nach mei-er Meinung und der Meinung der FDP-Fraktion be-chreiten. Anstatt zu schauen, an welcher Stelle Geld beiindern überhaupt noch ankommt, sagen Sie, die Haupt-ache sei, irgendjemandem Geld zu zahlen, damit Sie be-egen können, eine gewisse Leistung erbracht zu haben.
b das Geld wirklich bei den Kindern ankommt, scheintie nicht wirklich zu interessieren.
Wenn die Frage gestellt wird, wo wir kürzen wollen,ann sage ich Ihnen: Es geht gar nicht darum, zu kürzen.ch will wissen, welche Leistung von den Leistungsträ-ern, die die Verantwortung tragen, nicht bei denjenigennkommt, die in unserer Gesellschaft schwach sind;enn wenn ich weiß, welche Leistungen nicht ankom-en, dann kann ich dafür sorgen, dass die finanziellenittel, die wir haben, dort ankommen, wo sie hingehö-en, nämlich bei den Schwächsten unserer Gesellschaft.as wäre eigentlich das Ziel, aber nicht immer nur neuufzuplustern.
Es fällt überhaupt auf: Die ganze Debatte, die wir hierühren, verläuft nach dem Motto: Obwohl wir alle wis-en, dass Geld alleine nicht glücklich macht, ist es dochchön, wenn wir als Politiker möglichst viel Geld ver-prechen. – Das kann es nicht sein. Diese komischerientierung am Geld kennzeichnet auch die CSU in
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Otto FrickeBayern. Sie scheint zu glauben, dass es richtige wäre,den Wählern zu erklären, dass sie diese mit Geld glück-lich macht. Das ist in den Debatten hier ähnlich.Frau Ministerin, Sie haben mit Sicherheit den Artikelin der Welt von Frau Siems gelesen. Ich kann ihr nur zu-stimmen. Nie zuvor war Familienpolitik so ökonomis-tisch, so sozialtechnokratisch wie zuzeiten der gegen-wärtigen Großen Koalition.
Dabei geht es doch um etwas ganz anderes. Es geht umdie Frage, was uns Kinder wert sind. Sie sind uns, soglaube ich, unendlich viel wert; denn das, was von unsallen bleiben wird, sind die Kinder. Sie sind unsere Zu-kunft, und zugleich sind sie das Spiegelbild unseres ei-genen Tuns im Hier und Heute. Für die Haushaltsbera-tungen hoffe ich, dass es ein besseres Tun wird und dassdie Vorschläge besser werden als die, die bisher vorlie-gen.Herzlichen Dank.
Ich erteile nun der Kollegin Caren Marks, SPD-Frak-
tion, das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen undKollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ein chinesi-sches Sprichwort sagt: Wenn der Wind der Veränderungweht, versuchen einige Leute, Schutz zu bauen, und an-dere Windmühlen. – Wir Sozialdemokratinnen und So-zialdemokraten nutzen den Wind der Veränderung füreine moderne und gerechte Kinder- und Familienpolitik.Wir waren und sind die treibende Kraft, und das bereitsseit zehn Jahren in Regierungsverantwortung.
In Deutschland hat Bildung für Kinder frischen Windunter die Flügel bekommen. Die SPD hat ein erfolgrei-ches Ganztagsschulprogramm aufgelegt und den Start-schuss für den Ausbau der Kinderbetreuung gegeben.Einige Gegnerinnen der Reformen von damals sindheute glühende Befürworterinnen.
Wir heißen alle herzlich Willkommen im Fanclub derKrippen und Ganztagsschulen.
In der Großen Koalition sind wir beim Ausbau derKinderbetreuung nochmals einen Riesenschritt vorange-kommen. Zusammen mit den Ländern und Kommunenhaben wir uns darauf verständigt, das Betreuungsange-bot für Kinder unter drei Jahren deutlich zu verbessern.DKaBEjDdKStGshwassWrnGzTAcsdbwihrbgtpat2brwBwnßdVKsV
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. September 2008 18791
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Die SPD hat in ihrer zehnjährigen Regierungsverant-wortung bewiesen: Uns ist die finanzielle Unterstützungfür Familien wichtig. Dreimal haben wir, die SPD, dasKindergeld erhöht, insgesamt um 37 Prozent. Die vierteErhöhung ist in Arbeit; darauf haben wir uns in der Gro-ßen Koalition verständigt.Über die langfristige Ausgestaltung gibt es allerdings– das kam heute schon mehrfach zur Sprache – unter-schiedliche Vorstellungen.
Wir wollen die Ungerechtigkeit beseitigen, die darin be-steht, dass Familien mit höheren Einkommen über densteuerlichen Kinderfreibetrag mehr Geld bekommen alsFamilien mit geringeren Einkommen, die ausschließlichKindergeld erhalten. Deshalb begrüßen wir, dass hierzuim Bundesfinanzministerium Lösungen erarbeitet wer-den. Für uns gilt: Jedes Kind sollte dem Staat gleich vielwert sein.
Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage der
Kollegin Falk?
Sofort, wenn ich den einen Gedanken noch zu Ende
gebracht habe, Frau Falk.
An dieser Stelle, Frau von der Leyen, würden wir uns
wirklich wünschen, Sie würden, statt mathematisch
mehr als fragwürdige Rechnereien beim Thema „Kin-
dergeld und Kindergrundfreibetrag“ anzustellen, Ihre
Hausaufgaben bei der Überprüfung der Effizienz der fa-
milienpolitischen Leistungen machen; da ist in der Tat
noch viel zu tun.
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Ja. Ich habe die Frage gestellt, ob sich die Kollegin
arüber im Klaren ist, dass die Steuersystematik so ist
nd deswegen der Weg, der jetzt offensichtlich über den
rundfreibetrag eingeschlagen wird, ein grundverkehr-
er ist.
Frau Falk, uns und auch mir persönlich ist die Steuer-ystematik gut bekannt. Es freut mich, dass auch Sie be-onnen haben, sich damit auseinanderzusetzen. Es gibtber auch bei der bestehenden Steuersystematik Spiel-äume, etwaige Ungerechtigkeiten zu beseitigen. Wiraben vorhin schon deutlich gemacht, dass es darumeht, die Ungerechtigkeit dort zu beseitigen, wo sehr guterdienende Eltern von diesem Freibetrag besondersrofitieren.
it dieser Ungerechtigkeit wollen wir aufräumen. Wirind auf einem guten Weg. Sie haben Ihre Position deut-ich gemacht. Wir verfolgen einen anderen Ansatz.
Wir werden weiter für frischen Wind nicht nur in derinder- und Familienpolitik, sondern auch in derleichstellungs-, Jugend- und Seniorenpolitik sorgen:Wir stehen für eine aktive Gleichstellungspolitik.ir wollen gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit undehr Frauen in Führungspositionen. Wir stehen für ei-en gesetzlichen Mindestlohn; denn davon würden ins-esondere Frauen profitieren.
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18792 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. September 2008
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Caren MarksWir als SPD stehen für eine Politik, die Kinder undJugendliche stark macht und beteiligt. Deshalb ist füruns klar: Kinderrechte gehören ins Grundgesetz.Die SPD steht dafür, die Potenziale des Alters zu er-kennen. Die demografische Entwicklung ist eineChance. Die wollen wir nutzen, um die soziale Gesell-schaft zu stärken und Generationensolidarität in die-sem Land zu leben.Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Das Wort erhält nun der Kollege Jörn Wunderlich,
Fraktion Die Linke.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! DieRegierung feiert sich und den angeblichen Aufschwung
und brüstet sich damit, wie sparsam sie gewirtschaftethat und dass dies bei allen angekommen ist. Zynismus,sage ich dazu nur.Eine Politik, die Großunternehmen und Vermögendedurch fortlaufende Steuerentlastung fördert und für Ar-beitslose nur immer neue Drangsalierungen übrig hat,beschädigt die Demokratie, zerstört den sozialen Zusam-menhalt und das Vertrauen in diesen Staat.
Die wenigsten Familien und Kinder spüren nämlich et-was vom angeblichen Aufschwung. Sie reden immer da-von, dass der Aufschwung bei allen angekommen ist.Wir wissen doch inzwischen, dass er letztlich bei nur16 Prozent der Bevölkerung angekommen ist und Fami-lien oder Kinder so gut wie nichts davon verspüren. Ge-spart wird im Haushalt auf deren Kosten. Es sei keinGeld da, heißt es.Was kostete zum Beispiel der Kinderzuschlag bis-lang? 150 Millionen Euro. Und es wurde drei Jahre da-rüber debattiert. Was ist vor drei Tagen von der KfWverschossen und versenkt worden? 300 Millionen Euro!Damit hätte man die Ansätze für den Kinderzuschlagund das Elterngeld im Haushalt fast verdoppeln können.Apropos verschossen: Sie haben nichts Besseres zutun, als die Auf- und Umrüstung der Bundeswehr fürAuslandseinsätze kompromisslos umzusetzen
und den Verteidigungshaushalt im Vergleich zum Vor-jahr um etwa 1,6 Milliarden Euro aufzustocken.
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Lassen Sie uns doch nur einmal die Kosten für denurofighter aus dem Verteidigungshaushalt 2009 heraus-echnen und sie hypothetisch dem Familienhaushalt zu-ühren. Von diesem Geld könnten in jedem der knapp00 Wahlkreise zehn Kindergärten à vier Gruppen oderier Grundschulen für je 200 Schüler und zwei Pflege-eime für je 60 Pflegebedürftige gebaut werden. Ichiederhole: in jedem einzelnen Wahlkreis!Jetzt erklären Sie einmal den Bürgern, warum es vorrt keine Grundschule mehr gibt, warum es nicht genü-end Kindertagesplätze gibt, warum es keine Pflegestel-en gibt, aber stattdessen superteure Kampfflugzeuge,it denen man Kriege führen kann. Das erklären Sie ein-al den Leuten vor Ort.
Man könnte auch die Angleichung der Lebensverhält-isse zwischen Ost und West damit erreichen, zum Bei-piel im Westen verstärkt Kindergärten bauen und imsten die Renten anpassen – als steuerfinanzierte Folge-osten der Einigung. Oder verstehen Sie unter Anglei-hung der Lebensverhältnisse, dass ein sächsischer undin bayerischer Soldat gemeinsam in einem Kampfjetitzen? Dann allerdings haben Sie Ihr Ziel erreicht.Die Kritik von mir und meiner Fraktion von vor dreiahren ist nach wie vor aktuell. Ich wiederhole, waschon am 1. Dezember 2005 ausgesprochen wurde:Denn eine Gesellschaft, die sich im Wesentlichendem Diktat des Geldes und der Ökonomie unter-wirft, eine Gesellschaft, die nach dem Motto„Rechnet sich das überhaupt?“ handelt, kann nichtfamilien- und kinderfreundlich sein.
urch die Familienpolitik der Bundesregierung ziehtich eben eine tiefe Kluft. Besserverdienende Elternerden gefördert, und Familien mit geringem Einkom-en haben das Nachsehen.
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. September 2008 18793
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Jörn Wunderlich
Genau das ist das Verwerfliche an den ganzen Gesetzge-bungsverfahren: Bei der Umsetzung mangelt es immeran der sozialen Ausgestaltung. Schon vor knapp dreiJahren habe ich Sie gefragt: Können Sie nicht oder wol-len Sie nicht? Inzwischen weiß ich, Sie wollen nicht.
– Sie waren bei der Anhörung nicht dabei. – Obwohl beider Anhörung zum Elterngeld letzten Dienstag von al-len Sachverständigen trotz des guten Ansatzes die so-ziale Schieflage in der Ausführung angemahnt wurde,wird das entsprechende Gesetz durch die Koalition nichtgeändert. Das ist kein Einzelbeispiel.
Zu guter Letzt noch ein Blick nach Bayern. Alle re-den ja von Bayern. „Vorfahrt für Kinder“ heißt es imProgramm der CSU für Bayern.
Von der CSU als reiches Land gefeiert, leben dort aberdoch immer mehr Kinder in Armut: Rund 130 000 Kin-der leben auf Sozialhilfeniveau, und über 20 000 Kindersind auf Hartz-IV-Leistungen angewiesen.
Die Bayern-CSU spart hemmungslos bei den Kindern.Mit 134 Euro, Herr Singhammer, ist Bayern bundesweitdas Schlusslicht bei den Pro-Kopf-Ausgaben für dieKinder- und Jugendhilfe.
Ich hoffe, dass das Herr Huber in Bayern auch einmal er-zählt. Beschämend ist es allemal.
Das Wort erhält nun der Kollege Kai Gehring,
Bündnis 90/Die Grünen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! ImGegensatz zu meinem Vorredner möchte ich mich aus-schließlich auf den Einzelplan 17 konzentrieren.
Ich möchte zunächst die Frau Ministerin ansprechen.Nach Ihrer Rede hier und heute müssten Sie Ihr Ministe-rSdlAgsfwIwKmdvJBigkwavgJ–iLgsdsWzldeEKbkB
enn zu Senioren, Frauen und Jugendlichen haben Sieeider wieder einmal nichts zu sagen gehabt.
Was machen Sie zum Beispiel für Senioren? Welcheltenpolitik verfolgen Sie? Wie gestalten Sie den demo-rafischen Wandel? Wann kämpfen Sie endlich für Ge-chlechtergerechtigkeit, insbesondere für gleichen Lohnür gleiche Arbeit bei Frauen und Männern? Das wärenichtige Punkte gewesen, zu denen wir gern etwas vonhnen gehört hätten. Zum Einzelplan 17 war von Ihnenenig zu hören. Stattdessen war vieles zu den aktuellenonflikten in der Großen Koalition und insbesondereit dem Finanzminister der SPD zu hören.
Neben der Kinder- und Familienpolitik fristet geradeie Jugendpolitik bei Ihnen ein Schattendasein. Frauon der Leyen, seitdem Sie Ressortchefin sind, sind dieugendlichen zur „vernachlässigten Generation“ dieserundesregierung geworden. Das ist sehr schade und dasst ein Armutszeugnis, denn bessere Chancen für Ju-endliche und deren Teilhabe sind zentral für die Zu-unft unserer Gesellschaft und auch für unsere Gegen-art. Die Jugendlichen in unserem Land haben einendere Regierung verdient. Sie haben eine Regierungerdient, die unter Jugendpolitik mehr versteht als Ju-endgewalt, Computerspielverbote und Alkoholverbote.ugendliche wollen nicht bevormundet werden.
Die zwei Maß sind ein gutes Stichwort. Diejenigen, diemmer Alkoholverbote fordern, präsentieren sich inandtagswahlkämpfen offensichtlich ganz anders. Eseht aber um die Jugendlichen. Die Jugendlichen wollenelbstbestimmt leben, sie wollen ernst genommen wer-en. Dafür braucht es einen klaren Politikansatz.
Es ist unverantwortlich, dass jedes sechste Kind undogar jeder vierte Jugendliche in Armut leben muss.ie können Sie in dieser Situation die Mittel für die so-iale und berufliche Integration Jugendlicher empfind-ich kürzen? Wie können Sie es weiterhin unterlassen,ie ALG-II-Leistungen für Kinder und Jugendliche zurhöhen? Sie prüfen seit 2006. Sie müssen endlich zuntscheidungen kommen, damit sich die Lage armerinder und Jugendlicher in diesem Land tatsächlich ver-essert.
Wir können auch nicht nachvollziehen, wie Sie dazuommen, die Mittel zur Chancenförderung in sozialenrennpunkten komplett zu streichen.
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18794 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. September 2008
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Kai GehringDas richtet sich gerade an die Kolleginnen und Kollegenaus der SPD, denn in Zeiten immer stärkerer sozialerSpaltungen in unseren Städten ist das verantwortungslos.Statt zu streichen, müssen wir gerade mehrfach benach-teiligte Jugendliche intensiver unterstützen.
Notwendig sind dafür eine starke Jugendhilfe und einepräventive Jugendpolitik, die niemanden zurücklässt.Stattdessen kürzen Sie teilweise die Mittel der freien Ju-gendhilfe. Das ist ein schlechtes Signal an die Jugendli-chen in unserem Land, und das ist das genaue Gegenteileiner verantwortlichen und engagierten Jugendpolitik,die wir hier seit 2005 immer wieder einfordern.Der Haushalt 2009 wäre übrigens die letzte Chanceder Großen Koalition in dieser Legislaturperiode gewe-sen, Konzepte für eine verbesserte Teilhabe Jugendlicherauf den Weg zu bringen. Diese Chance haben Sie offen-sichtlich vertan.Ich möchte ein letztes Thema ansprechen. Sie sindauch Ministerin für den Zivildienst. Wenn Sie den Zivil-dienst durch eine wirklich mickrige Reform zum Lern-dienst umtaufen wollen und gleichzeitig die Mittel fürLerndienst-Projekte halbieren, dann ist das ein gravie-render Widerspruch. Auch dazu hätte ich gern etwas vonIhnen gehört.
Gucken Sie sich bitte die Zahlen an. Von Wehrgerechtig-keit kann in diesem Land seit Jahren überhaupt keineRede mehr sein. Wir sagen, dass die Wehrpflicht völligantiquiert ist. Sie behindert die Ausbildungschancen jun-ger Männer, und deshalb wollen wir die Wehrpflicht ab-schaffen.
– Ja, auch der Zivildienst muss dann umgewandelt wer-den. Stattdessen ist es wichtig, dass wir eine tatsächlicheund echte Offensive für Jugendfreiwilligendienste hin-bekommen, bei der die Zahl der Plätze endlich verdop-pelt wird, damit alle jungen Menschen, die einen Frei-willigendienst leisten wollen, das auch tun können. Siereden viel darüber, dass freiwilliges Engagement aner-kannt werden soll. Tun Sie es hier ganz konkret! Hierkönnen Sie Jugendliche und ihr Engagement fördern undwertschätzen, denn es kann nicht sein, dass Jugendlichein diesem Land nur Objekte einer konzeptionslosen Ju-gendschutzpolitik oder einer populistischen Verbotspoli-tik sind, die im bayerischen Landtagswahlkampf aller-dings völlig konterkariert wird. Man denke an dasgeforderte Alkoholverbot.
Herr Kollege!
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b Elterngeld, die Möglichkeit erhöhter steuerlicher Ab-chreibung der Kinderbetreuung, Kinderzuschlag, Aus-au der Kinderbetreuung und Betreuungsgeld, für unsaren immer zwei Grundprinzipien maßgebend: Zuminen müssen die Eltern Luft zum Überleben haben,uch finanziell; wir haben Vertrauen in die Eltern.um anderen gilt das Prinzip Wahlfreiheit. Niemandoll mit staatlichen Maßnahmen und Subventionen in einestimmtes Lebensmodell gedrängt und gegängelt wer-en,
ondern jeder soll die Freiheit haben, über die Gestal-ung seines Lebens selbst zu entscheiden.
Das heißt konkret für das kommende Jahr: Wir wollenas Kindergeld erhöhen. 18 Millionen Familien wartenehnsüchtig darauf. Seit 2002 ist das Kindergeld nichtehr erhöht worden. Seitdem sind die Preise zum Bei-piel für Butter um über 16 Prozent gestiegen, die Milch-reise sind um 10 Cent pro Liter gestiegen, und dienergiekosten sind – das wissen wir alle – in den zu-ückliegenden Monaten geradezu explodiert.Nun hegt manch einer den Generalverdacht – die ei-en sprechen ihn aus, andere nicht, tragen ihn aber in ih-em Herzen –, Eltern würden das Kindergeld als Baraus-ahlung weniger zum Wohl ihrer Kinder einsetzen. Esird behauptet, es bestehe die latente Gefahr, dass Bar-eld für Flachbildschirme, Alkohol oder Ähnliches aus-egeben wird.
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. September 2008 18795
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Johannes Singhammer
Wir haben eine ganz klare Haltung, nämlich: Die Elternwissen am besten, was für ihre Kinder gut ist. Wir sindüberzeugt, dass sich die allermeisten Eltern krummlegenund lieber drei oder vier Stunden länger arbeiten, damitihre Kinder es einmal besser haben.
Deshalb sage ich an dieser Stelle: Keine staatlicheLeistung, keine Anstrengung der Politik kann das auf-wiegen, was die Eltern an Einsatz, an Fürsorge undLiebe ihren Kindern zukommen lassen. Staat und Politikkönnen nur ein lautes Dankeschön an die Eltern sagen,und das sage ich an dieser Stelle: Danke schön!
Das heißt, Eltern brauchen weniger Misstrauen undmehr Bares.Nun wird gesagt, in den letzten Jahren seien ohnehinviele zusätzliche Leistungen für Familien möglich ge-macht worden. Das war und ist gut so. Der Ausbau derKinderbetreuung war nicht billig und wird auch teuerbleiben. Aber der kostenlose Kindergartenbesuch, mög-licherweise ein kostenloses Mittagessen in der Schule,eine Grundausstattung mit Federmäppchen für die Erst-klässler ersetzen keinesfalls eine Kindergelderhöhung.Wir wollen nicht, dass der Ausbau der Kinderinfrastruk-tur mit dem Kindergeld verrechnet wird. Wenn wir ge-meinsam Kinderarmut bekämpfen wollen, dann gilt einGrundsatz: Kinderarmut lässt sich dann am besten be-kämpfen, wenn wir auch die Elternarmut bekämpfen.Deshalb brauchen wir eine Kindergelderhöhung.
Geld dafür ist da. Seit dem Jahr 2006 wird wenigerKindergeld ausgezahlt, weil die Zahl der Geburten rück-läufig ist.
Wir sollten keine Konsolidierung auf diese unfreiwilligeArt betreiben. Stattdessen sollten wir das Kindergeld er-höhen. Die wichtigste Aufgabe für die Zukunft ist nebender Sicherung des Haushalts, damit wir den nachwach-senden Generationen keinen Schuldenberg hinterlassen,die Senkung der Arbeitslosigkeit, die finanzielle Absi-cherung der Familien. Das ist nachhaltige Politik, wie sienachhaltiger nicht sein kann.
Wir wollen eine Staffelung bei der Erhöhung des Kin-dergelds; denn kinderreiche Familien haben es beson-ders schwer. Im Armuts- und Reichtumsbericht der Bun-desregierung – wenn Sie mir nicht glauben, dannglauben Sie doch sicherlich dem Armuts- und Reich-tumsbericht der Bundesregierung –wBswmlgMKkaunkdflUwGfdPdbsVdÄsVlrWsssK
ird beispielsweise festgestellt:So ist das Armutsrisiko von Familien
in starkem Maße davon abhängig, ob und wie vieleBezieher von Erwerbseinkommen im Haushalt le-ben.ei einer Familie mit vier oder mehr Kindern ist eschwer vorstellbar, dass beide Elternteile gleichzeitig er-erbstätig sind. Deshalb ist es ganz klar, dass wir hierehr tun müssen.
Schon jetzt werden im Übrigen Kinder unterschied-ich gefördert; Frau Ministerin, Sie haben es exakt dar-estellt. Zum einen ist die Höhe des Sozialgeldes proonat logischerweise unterschiedlich im Vergleich zumindergeld; denn diejenigen Kinder, die Sozialgeld be-ommen, brauchen es besonders dringend. Wir sind unslle einig, dass hier eine Differenzierung notwendig istnd Gleichmacherei ungerecht wäre.Jetzt komme ich auf den Gedanken der Einführung ei-es Kindergrundfreibetrages für alle zu sprechen. Daslingt gut. Aber wenn damit gemeint wäre, dass ein Teiler Familien weniger bekommt, als er jetzt hat, dannrage ich mich, worin da der Zugewinn an Gerechtigkeitiegen soll. Ich sehe darin vielmehr vor allem eine neuengerechtigkeit. Wir sind uns – jedenfalls fast alle, mitenigen Ausnahmen – darin einig, dass diejenigeruppe, die die Leistungsträger in unserem Staat um-asst,
ie Familien haben, nicht zusätzlich im Wege der kaltenrogression belastet werden darf, sondern entlastet wer-en soll. Wenn aber mit einem solchen Kindergrundfrei-etrag aus einer kalten Progression eine eiskalte Progres-ion wird, dann ist das garantiert der falsche Weg.
or allem: Ein Teil der Familien mit Kindern würdeann mehr bezahlen, während kinderlose Ehepaare keinenderung zu verzeichnen hätten. Es kann aber nichtein, dass es zum einen für kinderlose Ehepaare keineeränderung gibt und zum anderen kinderreiche Fami-ien weniger bekommen.Ich frage mich auch: Wie hoch ist denn der Einspa-ungsbetrag? Da ist von 1 Milliarde Euro die Rede.enn damit 1 Milliarde Euro eingespart würde, danntellt sich natürlich sofort die Frage: Was wird mit die-em Betrag gemacht? Wird damit das Kindergeld aufge-tockt? Dann stellt sich auch die Frage: Macht es Sinn,inderförderung bzw. Familienförderung so zu betrei-
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Johannes Singhammerben, dass das Geld aus der einen Tasche genommen undin die andere verteilt wird? Ich bin der Meinung, wirmüssen das Kindergeld insgesamt erhöhen. Die Elternbrauchen mehr Bares. Sie brauchen mehr Vertrauen.Dann geht es uns wieder besser.Herr Präsident, wenn ich noch einen Satz sagen darf.
Eigentlich nicht.
Die Kollegin Renate Schmidt ist leider nicht mehr an-
wesend. Sie hat vorhin in einem Zuruf gesagt, in Bayern
sei die Statistik in Bezug darauf, dass 67 Prozent der
Frauen eine Beschäftigung hätten, deshalb so gut, weil
darin die 15- bis 25-Jährigen ohne gute Ausbildung mit
eingerechnet seien. Ich sage hier: Eine Abwertung – sei
es in der Statistik oder sonst wo – der Beschäftigung von
Frauen, –
Herr Kollege Singhammer!
– die keine Universitätsausbildung haben, halte ich
für nicht richtig. Ich glaube, die Wertigkeit der Arbeit ist
für alle gleich – egal ob mit Universitätsausbildung oder
ohne.
Ich bitte doch sehr darum, den notorisch großzügigen
Präsidenten in seiner Großzügigkeit nicht überzustrapa-
zieren, insbesondere dann, wenn nach deutlicher Über-
schreitung der Redezeit ein weiterer Satz angekündigt
wird.
Letzter Redner in der Debatte zu diesem Einzelplan
ist der Kollege Wolfgang Spanier für die SPD-Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!Ich habe die besondere Ehre, als Letzter zu sprechen. Ichmuss aber versichern: Das ist der reine Zufall und bedeu-tet nicht, dass sich die Senioren bei uns hinten anstellenmüssen.
Familie, Frauen, Senioren und Jugend – das ist nichtbloß eine Aneinanderreihung von Zielgruppen. Es heißtvielmehr, wir haben den gesamten Lebenslauf und diedemografische Entwicklung im Blick. Dazu muss ichkeine Fakten vorlegen. Seit langem ist klar, dassDeutschland ebenso wie alle anderen IndustrieländerednbDDfzdHzdvtnBSsSsswdkdrKEsdhshardmr„srlswn8kfrsA
Traditionell gehen wir von drei Lebensphasen aus:indheit und Jugend, die Erwachsenen-, Familien- undrwerbsphase und dann traditionell die Phase des Ruhe-tands. Das hat sich nachhaltig und grundsätzlich verän-ert. Die letzte Phase ist nicht länger eine Phase des Ru-estandes. Diese Phase ist nicht nur länger geworden,ondern hat sich auch inhaltlich komplett verändert. Wiraben nicht nur ein langes Leben, sondern wir habenuch – und das ist ganz wichtig; das sage ich als 65-Jäh-iger – einen Gewinn an aktiven Jahren.Unser Bild vom Alter muss sich nachhaltig verän-ern. Es gibt kuriose Wortschöpfungen. Wir sagen nichtehr „alte Menschen“, was mich übrigens gar nicht stö-en würde, sondern wir sagen „Senioren“, „Best-Ager“,Silberrücken“ usw. Was „alt“ heißt in unserer Gesell-chaft, das ist offensichtlich nur sehr schwer zu definie-en. Wir müssen einen differenzierten Blick auf dieseetzte lange Phase des Lebens richten. Wir haben einer-eits einen Gewinn an aktiven Jahren, andererseits habenir aber immer mehr Hochbetagte. Es wird ja wohl nichtur im Kreis Herford so sein, dass sich die Zahl der über0-Jährigen bis zum Jahr 2020 verdoppelt; ich gehörenapp nicht dazu. Das bedeutet: Alter heißt nicht nurlotte Senioren, die mit Motorbooten im Mittelmeer he-umfahren, wie uns die Werbung suggeriert,
ondern eben auch Verletzlichkeit und Hinfälligkeit.uch das müssen wir berücksichtigen.
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. September 2008 18797
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Wolfgang SpanierDer letzte Altenbericht, über den wir hier im Parla-ment zu Recht ausgiebig diskutiert haben, hat die Poten-ziale des Alters aufgezeigt – ich habe das mit großemWohlwollen gelesen –: eine größere Leistungsfähigkeitder älteren Generation gegenüber früheren älteren Gene-rationen, ein deutlich besserer Gesundheitszustand, einehöhere Lernfähigkeit, größere Interessen und natürlichErfahrung, Wissen und mehr Zeit. Das ist ein großer Ge-winn für die älteren Menschen.Solidarität zwischen den Generationen heißt ebenauch: Wir Älteren müssen diese Potenziale nutzen, jederfür sich, aber auch für die Gesellschaft, und die jüngerenGenerationen müssen bereit sein, dieses Engagement ak-tiv zu unterstützen. Wir müssen diese Potenziale in un-sere Familien und in die sozialen Netzwerke einbringen.Übrigens funktioniert das bereits heute besser, als wiralle glauben. Wir müssen sie auch in die Gesellschafteinbringen. Bürgerschaftliches Engagement ist dabeidas Schlüsselwort.Ganz entscheidend für die Älteren – das sage ich so-zusagen an meine Generation gerichtet – ist: Wir dürfenuns nicht in den Ruhestand verabschieden, und wir dür-fen uns nicht aus der gesellschaftlichen Verantwortungverabschieden. Gerade im Alter müssen wir – jeder vonuns – diese gesellschaftliche Verantwortung nutzen.
Eines will ich anmerken – auch das steht im Altenbe-richt –: Wie diese Potenziale im Alter aussehen, hängtsehr stark von den biografischen Voraussetzungen desEinzelnen, aber auch von sozialen Voraussetzungen ab.Das ist ein ganz entscheidender Punkt. Wer Ungleichheitund Ausgrenzung in jungen Jahren, in der Erwerbsphaseerfährt, von dem kann ich nicht erwarten, dass er im Al-ter über die Potenziale, die ich gerade beschrieben habe,verfügt. Das ist ein ernstes Problem.
Es gehört zur Generationensolidarität, dass wir auch dasim Blick haben.Deswegen ist der folgende Satz aus dem Altenberichtganz wichtig: Nur in einer kinderfreundlichen Gesell-schaft ist die Verwirklichung der Potenziale des Altersauf Dauer möglich.
Das ist ein ganz entscheidender Satz. Hier schließt sichsozusagen der Kreis. Solidarität zwischen den Genera-tionen bedeutet, dass wir den gesamten Lebenslauf– Frau Ministerin, Sie müssen nicht immer alles in einerRede ansprechen – im Blick haben. Das ist ganz ent-scheidend. Wo spielt sich das ab? Es spielt sich in unse-ren Städten und Gemeinden ab. Deswegen haben wir So-zialdemokraten gesagt: Leitbild für unsere Städte undGemeinden muss die soziale Stadt sein, die vor Ort ge-nau das umsetzt, was wir Generationensolidarität nen-nen.
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Weitere Wortmeldungen zu diesem Einzelhaushaltiegen nicht vor.Ich rufe nun die Tagesordnungspunkte 7 a und 7 buf. Hier handelt es sich um die Beschlussfassung zuorlagen, zu denen keine Aussprache vorgesehen ist.Wir kommen zunächst zum Tagesordnungspunkt 7 a:Zweite und dritte Beratung des von der Bundes-regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzeszu dem Abkommen vom 7. Dezember 2004zwischen der Regierung der BundesrepublikDeutschland und dem Schweizerischen Bun-desrat zum Vertrag vom 23. November 1964über die Einbeziehung der Gemeinde Büsin-gen am Hochrhein in das schweizerische Zoll-gebiet über die Erhebung und die Ausrichtungeines Anteils der von der Schweiz in ihremStaatsgebiet und im Gebiet der Gemeinde Bü-singen am Hochrhein erhobenen leistungsab-
– Drucksache 16/9041 –Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärti-gen Ausschusses
– Drucksache 16/9762 –Berichterstattung:Abgeordnete Erich G. FritzDr. Ditmar StaffeltDr. Werner HoyerDr. Norman PaechKerstin Müller
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18798 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. September 2008
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Präsident Dr. Norbert LammertDer Auswärtige Ausschuss empfiehlt in seiner Be-schlussempfehlung auf der Drucksache 16/9762, den Ge-setzentwurf der Bundesregierung auf Drucksache 16/9041anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzent-wurf zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Werstimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Gesetzent-wurf ist damit in zweiter Beratung angenommen.Da wir jetzt zur dritten Beratung und Schlussabstim-mung kommen und diese durch Aufstehen erfolgt, bitteich diejenigen, die an der Abstimmung nicht teilnehmenwollen oder können, sich entweder zu setzen oder denSaal zu verlassen.
Dritte Beratungund Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die demGesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –Wer möchte gegen diesen Gesetzentwurf stimmen? – Wermöchte sich der Stimme enthalten? – Dann ist der Ge-setzentwurf, wenn ich das richtig sehe, einstimmig ange-nommen.Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 7 b:Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-richts des Haushaltsausschusses
zu dem Antrag des Präsidenten des Bundesrech-nungshofesRechnung des Bundesrechnungshofes für dasHaushaltsjahr 2007– Einzelplan 20 –– Drucksachen 16/9046, 16/9785 –Berichterstattung:Abgeordnete Norbert BarthleCarsten Schneider
Dr. Claudia WintersteinRoland ClausAlexander BondeWer stimmt für Nr. 1 der Beschlussempfehlung, dieFeststellung der Erfüllung der Vorlagepflicht? – Werstimmt dagegen? – Wer möchte sich enthalten? – DieBeschlussempfehlung ist angenommen.Wer stimmt für Nr. 2 der Beschlussempfehlung, dieErteilung der Entlastung? – Stimmt jemand dagegen? –Möchte sich jemand der Stimme enthalten? – Dann istauch diese Beschlussempfehlung einstimmig angenom-men und die Entlastung erteilt.Ich werde gerade darauf aufmerksam gemacht, dassich auch die Tagesordnungspunkte 6 a bis 6 j sowieZusatzpunkt 1 aufrufen soll:6 a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Zu-satzprotokoll vom 8. Dezember 2005 zu denGenfer Abkommen vom 12. August 1949 überdie Annahme eines zusätzlichen Schutzzei-chens
– Drucksache 16/9700 –Überweisungsvorschlag:Auswärtiger Ausschuss
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umset-zung der Richtlinie 2005/36/EG des Europäi-schen Parlaments und des Rates über dieAnerkennung von Berufsqualifikationen inder Gewerbeordnung– Drucksache 16/9996 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
RechtsausschussAusschuss für Verkehr, Bau und StadtentwicklungAusschuss für Bildung, Forschung undTechnikfolgenabschätzungc) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu demÜbereinkommen vom 25. Juli 2007 über dieBeteiligung der Republik Bulgarien und Ru-mäniens am Europäischen Wirtschaftsraum– Drucksache 16/9997 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft undVerbraucherschutzAusschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Uniond) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-gebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zurÄnderung des Bundeselterngeld- und Eltern-zeitgesetzes– Drucksache 16/10118 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
RechtsausschussAusschuss für Arbeit und SozialesVerteidigungsausschussAusschuss für Bildung, Forschung undTechnikfolgenabschätzunge) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förde-rung von Kindern unter drei Jahren in Tages-einrichtungen und in der Kindertagespflege
– Drucksache 16/10173 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
RechtsausschussFinanzausschussAusschuss für Arbeit und SozialesAusschuss für GesundheitAusschuss für Bildung, Forschung undTechnikfolgenabschätzungHaushaltsausschuss mitberatend und gemäß § 96 GOf) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Moder-nisierung und Entbürokratisierung des Steu-erverfahrens
– Drucksache 16/10188 –Überweisungsvorschlag:Finanzausschuss
InnenausschussRechtsausschussAusschuss für Wirtschaft und TechnologieHaushaltsausschuss mitberatend und gemäß § 96 GO
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. September 2008 18799
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Präsident Dr. Norbert Lammertg) Beratung des Antrags der AbgeordnetenChristian Ahrendt, Dr. Max Stadler, Gisela Piltz,weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDPVerbot des Vereins „Heimattreue Deutsche Ju-gend“ prüfen– Drucksache 16/9819 –Überweisungsvorschlag:Innenausschuss
RechtsausschussFinanzausschussAusschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugendh) Beratung des Antrags der Abgeordneten JerzyMontag, Irmingard Schewe-Gerigk, Hans-Christian Ströbele, weiterer Abgeordneter undder Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNENÄnderung der Geschäftsordnung des Deut-schen Bundestages zur Verbesserung des Ver-fahrens zur Wahl von Bundesverfassungsrich-terinnen und Bundesverfassungsrichtern– Drucksache 16/9927 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität undGeschäftsordnung
InnenausschussRechtsausschussAusschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugendi) Beratung des Berichts des Ausschusses für Bil-dung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
gemäß § 56 a der Geschäftsord-
nungTechnikfolgenabschätzung
Forschungs- und wissensintensive Branchen –Optionen zur Stärkung ihrer internationalenWettbewerbsfähigkeit
– Drucksache 16/7310 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Bildung, Forschung undTechnikfolgenabschätzung
Ausschuss für Wirtschaft und TechnologieAusschuss für GesundheitAusschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklungj) Beratung des Berichts des Ausschusses für Bil-dung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
gemäß § 56 a der Geschäftsord-
nungTechnikfolgenabschätzung
TA-Zukunftsreport: Arbeiten in der Zukunft –Strukturen und Trends der Industriearbeit– Drucksache 16/7959 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Bildung, Forschung undTechnikfolgenabschätzung
Ausschuss für Wirtschaft und TechnologieAusschuss für Ernährung, Landwirtschaft undVerbraucherschutzAusschuss für Arbeit und SozialesAusschuss für GesundheitAusschuss für Umwelt, Naturschutz und ReaktorsicherheitZtdügfwTDmuDesmsWsHvtwhHaDUihfUr
Sigmar Gabriel, Bundesminister für Umwelt, Natur-chutz und Reaktorsicherheit:Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn einaushalt in Zahlen gegossene Politik ist, dann wird imierten Jahr dieser Bundesregierung, der Großen Koali-ion, mehr als deutlich, wie sehr die Bedeutung der Um-eltpolitik gewachsen ist. Der Entwurf des Bundeshaus-alts 2009 enthält Ausgaben für den Umweltschutz inöhe von insgesamt 5,5 Milliarden Euro. Im Jahre 2005,lso vier Haushalte zuvor, waren es 4 Milliarden Euro.as heißt, die Große Koalition hat die Ausgaben für denmweltsektor in dieser Legislaturperiode im Rahmenhrer Finanz- und Umweltpolitik über alle Einzelpläneinweg um immerhin 1,5 Milliarden Euro erhöht. Ichinde, das ist ein gutes Zeichen für den Stellenwert dermweltschutzpolitik in Deutschland und in der Regie-ungsarbeit.
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Bundesminister Sigmar GabrielDen größten Anteil am Umwelthaushalt der Bundes-regierung hat erstmals das Umweltministerium. Die ver-anschlagte Mittelsteigerung von 769 Millionen Euro imJahre 2005 auf jetzt mehr als 1,3 Milliarden Euro istAusdruck einer erfolgreichen ökologischen Industrie-politik. Von 2005 bis 2009 hat sich das Volumen desHaushalts des Bundesumweltministeriums fast verdop-pelt.Ich sage ausdrücklich: Eine solche Entwicklung istnur dann möglich, wenn man insgesamt eine solideHaushaltspolitik betreibt und den Haushalt konsolidiert,um überhaupt wieder die Möglichkeit zu haben, in denKlima- und Umweltschutz zu investieren. Ich danke aus-drücklich dem Bundesfinanzminister, aber auch denKolleginnen und Kollegen im Haushaltsausschuss desDeutschen Bundestages, die durch eine solide Finanz-politik die Voraussetzungen dafür geschaffen haben,dass wir auch in neue gesellschaftliche Aufgaben inves-tieren können.
– Da selbst der Kollege Kampeter applaudiert, muss ichwohl aufpassen, dass ich nicht zu viel lobe.
Meine Damen und Herren, diese Steigerung findetüberwiegend im Programmhaushalt des Umweltministe-riums statt, das heißt bei konkreten Maßnahmen undProjekten, die Verbrauchern, Haushalten, Schulen, Kom-munen und Unternehmen zugutekommen. Diese Ausga-ben richten wir aus auf den nationalen und internationa-len Klimaschutz, die Förderung von Leitmärkten in derUmwelttechnologie, die Schaffung von Arbeits- undAusbildungsplätzen und die Forschung.Mehr als 6 000 neue Ausbildungsplätze wurden ge-meinsam mit der Umwelttechnikbranche in den letztenJahren verabredet, neue Ausbildungsplätze für jungeLeute in zukunftssicheren Berufen. Allein im Bereichder erneuerbaren Energien haben wir in den letzten Jah-ren über 250 000 neue zukunftssichere Arbeitsplätze ge-schaffen.Unbestreitbar ist: Die Umweltschutzwirtschaft ist einenormer Wirtschaftsfaktor, und ihre Bedeutung wird inden kommenden Jahren und Jahrzehnten nicht nur inDeutschland und Europa, sondern weltweit anwachsen.
Gegenwärtig arbeiten 1,8 Millionen Menschen inDeutschland im Umweltschutz. Wir sind Weltmarktfüh-rer, fast 20 Prozent der weltweiten Umwelttechnologienkommen aus unserem Land.
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Im Jahr 2020 wollen wir einen Anteil erneuerbarernergien von mindestens 30 Prozent haben. Zudem wol-en wir im Jahr 2020 eine Verdoppelung des Anteils derraft-Wärme-Kopplung erreichen.Gestern hat der Fraktionssprecher der Grünen in derllgemeinen Debatte übrigens gesagt, der Ausbau derraft-Wärme-Kopplung sei zu wenig, weil wir eineeckelung von 750 Millionen Euro vorgesehen haben.rstens fließen derzeit nicht einmal 600 Millionen Eurob. Zweitens wird dabei vergessen, dass wir zum erstenal bei der Förderung von Kraft-Wärme-Kopplung diendustrielle Kraft-Wärme-Kopplung für neue Kraft-erke in die Förderung aufnehmen, die natürlich we-entlich effizienter ist. Sie benötigt Gott sei Dank gerin-ere Fördersätze, leistet aber einen viel größeren Beitragum Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung, als dies je-als zuvor in Deutschland der Fall gewesen ist.
Wir bauen den Einsatz erneuerbarer Energien imärmebereich aus. Bei Neubauten ist dies verpflich-end. Bei Altbauten wollten wir keine Verpflichtung. Derorwurf, der gestern von den Grünen erhoben wurde, istalsch. Der Bundesverband Erneuerbare Energien, dererband, der für den Ausbau erneuerbarer Energien ein-ritt, sagt eindeutig, dass das beim Altbau nichts bringt,eil sich die Menschen nicht dazu zwingen lassen wer-en, erhöhte Kosten hinzunehmen.Vielmehr brauchen wir im Bereich des Altbaus eineffentliche Förderung. Mit diesem Haushalt wird die öf-entliche Förderung durch das Marktanreizprogramm fürrneuerbare Energien zum Ausbau und zur Förderungrneuerbarer Energien bei der Altbausanierung von
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Bundesminister Sigmar Gabriel130 Millionen Euro im Jahr 2005 auf jetzt über400 Millionen Euro gesteigert. Das ist ein Riesenerfolg,den wir hiermit erreicht haben.
Meine Damen und Herren, Energieeinsparverord-nung, Gebäudesanierungsprogramm, das Ganze ist einRieseninvestitionsprogramm für die nächsten Jahre. Biszum Jahr 2020 werden etwa 400 Milliarden Euro inEnergieeinsparung, Energieeffizienz und erneuerbareEnergien investiert. Das sind Arbeitsplätze für unserLand. Das ist vor allen Dingen der größte Beitrag, der inEuropa überhaupt im Bereich des Klimaschutzes geleis-tet wird.Wir sind sicher, dass wir zu den 250 000 neuen Ar-beitsplätzen im Bereich der erneuerbaren Energien zu-sätzlich mindestens 400 000 bis 500 000 bis zum Jahr2020 schaffen können. Das heißt, wir verbinden mit derKlima- und Energiepolitik das, was wir gute Arbeit undgute Umwelt nennen.Dazu gehört aber auch die Erneuerung des Kraft-werksparks. Der Bundesverband Erneuerbare Energiensagt: Wir schaffen beim Einsatz erneuerbarer Energienbis 2020 vielleicht sogar einen Anteil von 35 Prozent.Die Einzigen, die erklären, mehr sei möglich, sind dieGrünen. Vermutlich sagen sie das aber ohne einen realenwirtschaftlichen Hintergrund. Der Lobbyverband für er-neuerbare Energien sagt: 35 Prozent im Jahr 2020. Dannwird man eine Antwort darauf geben müssen, wie dieübrigen 65 Prozent im Stromsektor geliefert werden.Das erreicht man nicht mit Erdgas allein. Das wird we-der der Verbraucher noch die deutsche Industrie amEnde bezahlen können. Also brauchen wir die Erneue-rung des Kraftwerksparks auch im Bereich der Kohle.
Es ist eben falsch, den Menschen ständig vorzuma-chen, dass die Anzahl der Kohlekraftwerke eine Aus-wirkung auf die Menge an CO2 aus Deutschland undEuropa hat. Wahr ist: Durch den europäischen Emis-sionshandel wird die Menge an CO2 gedeckelt. Es darfalso nicht mehr CO2 emittiert werden, als aufgrund derinternationalen Klimaschutzziele im europäischen Emis-sionshandel verabredet ist.Die Anzahl an Kohlekraftwerken in Deutschland hateine Auswirkung auf den Preis des CO2-Ausstoßes; denndie Bundesregierung hat sich unmissverständlich daraufverständigt, dass wir in der Europäischen Union bei derBeratung über das EU-Klima- und Energiepaket für eineVersteigerung von 100 Prozent im Stromsektor ab demJahre 2013 eintreten. Deutschland schöpft zurzeit ja10 Prozent – also das Maximum – dessen aus, was unsdie EU erlaubt. Wir wollen ab dem Jahre 2013 eine Ver-steigerung von 100 Prozent, keine Ausnahmen für neueKraftwerke und auch keine indirekte Subventionierungvon Kraftwerken.arrwdMnafdswgUdmEFweI–zRÖesbHldFdWdh
Ich sage das noch einmal, damit Frau Kotting-Uhl dasuch richtig versteht: Wir wollen keine Subventionie-ung von Kraftwerken, und wir wollen eine Versteige-ung von 100 Prozent – egal, ob für alte oder neue Kraft-erke. Hören Sie bitte auf, öffentlich zu erklären, dassie Anzahl an Kohlekraftwerken Auswirkungen auf dieenge an CO2 hat. Das ist schlichtweg falsch.Ich finde, dass man ehemalige Vorsitzende der Grü-en nicht loben muss, aber ein bisschen sollten Sie nochuf Joschka Fischer hören. Er hat für Sie ja große Er-olge erreicht. Ich lese Ihnen einmal vor, was er heute iner Financial Times Deutschland zum Besten gibt. Dortteht unter der Überschrift „Fischer hält Kohlekraft-erke vorerst für unverzichtbar“:„Wir werden als Übergangstechnologie auch weiterKohle einsetzen müssen, wenn wir nicht wieder beiden mehr als zweifelhaften Segnungen der Atom-kraft landen wollen“ ... Es wäre ein Riesenfehlervon Grünen und Umweltbewegung, wenn sie andiesem Punkt unrealistisch seien, fügte er hinzu.
Nichts anderes sagen wir Ihnen seit mehreren Sitzun-en hier. Wenn Sie uns das nicht glauben, Frau Kotting-hl,
ann glauben Sie das wenigstens Ihrem früheren Außen-inister. Er war damals klug und ist es auch heute noch.r sagt schlicht die Wahrheit. Wenn Sie das nicht tun,rau Kotting-Uhl, dann sind Sie – freiwillig oder unfrei-illig – die Helferin derjenigen, die zurück zur Kern-nergie wollen. Das und nichts anderes ist das Ergebnishrer Politik.
Sie sind nicht an allem schuld. Ich finde nur, dass Sieur Kenntnis nehmen sollten, was kluge Leute aus Ihreneihen sagen. Ihrem zukünftigen Vorsitzenden Cemzdemir haben Sie gleich einen Maulkorb verpasst, alsr zum Thema Kohlekraftwerke einmal die Wahrheit ge-agt hat. Mit Liberalität ist es in Ihrer Partei in dieser De-atte nicht weit her, wie ich feststellen darf.Meine Damen und Herren, mit dem vorliegendenaushaltsentwurf setzt die Bundesregierung einen deut-ichen Schwerpunkt bei erneuerbaren Energien und beier Energieeffizienz. Wenn wir in Deutschland über dierage diskutieren, wie wir die Belastung der Menschenurch die steigenden Energiekosten, die stark von deneltmarktpreisen abhängig sind, verringern können,ann dürfen wir ihnen nicht vormachen, dass wir ihnenelfen könnten, indem wir damit beginnen, mit Steuer-
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Bundesminister Sigmar Gabrielsenkungen gegen die Weltmarktpreise im Energiesektorzu arbeiten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP, wenn Siedurch die Lande ziehen und sagen: „Lasst uns die Öko-steuer abschaffen“, dann müssen Sie den Menschen auchsagen, wie die 18 Milliarden Euro für die Rentenver-sicherung gegenfinanziert werden. Sie dürfen den Leu-ten nicht immer nur die Hälfte der Wahrheit sagen.
– Entschuldigung, das ist doch Ihre Forderung. Sie erklä-ren den Leuten, dass Sie Ihnen hinsichtlich der Energie-preise helfen, indem Sie die Ökosteuer abschaffen. Ers-tens sagen Sie den Leuten damit nicht, dass dieÖkosteuer an der Tankstelle in Cent pro Liter und nichtin Prozent berechnet wird – die Ökosteuer steigt ja nichtparallel zu den Energiepreisen –, und zweitens verheim-lichen Sie den Rentnerinnen und Rentnern, dass Sie ih-nen 18 Milliarden Euro aus der Rentenkassen wegneh-men wollen. So betreiben Sie Politik.
Sie müssen den Menschen sagen, dass es nicht mög-lich ist, mit Steuersenkungen gegen steigende Energie-preise anzukämpfen. Sie müssen in die Energieeffizienzund in erneuerbare Energien investieren. Wir müssenweg von der Kohle – langfristig –, weg vom Erdgas, wegvom Erdöl und hin zu erneuerbaren Energien und zumEinsparen von Energie. Dadurch wird den Menschen da-bei geholfen, Kosten zu senken.
Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
Kollegen Fricke?
Sigmar Gabriel, Bundesminister für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit:
Selbstverständlich.
Herr Minister, stimmen Sie mir zu, wenn ich hier fest-halte, dass es im Haushalt keinerlei Verbindung zwi-schen Ökosteuer und Rentenversicherung gibt, sonderndass die Ökosteuereinnahmen schlicht in den allgemei-nen Haushalt fließen und dass die Rentenhöhe und derRentenzuschuss in keiner Weise davon abhängig sind?
Sigmar Gabriel, Bundesminister für Umwelt, Natur-schutz und Reaktorsicherheit:Nein, Herr Kollege Fricke, ich stimme Ihnen selbst-verständlich nicht zu. Ich finde, dass Politik nicht darinbesteht, so zu tun, als ginge es um formale Fragen.1h8DdzahsKnsdKmIIuElDKg4uKd1sknkbnkdsdDwlSbpsanr
Der Großteil der für die Klimaschutzinitiative vorge-ehenen Mittel – 340 Millionen Euro – sind für nationalelimaschutzmaßnahmen vorgesehen, davon 240 Millio-en Euro zusätzlich im Marktanreizprogramm. Insge-amt geht es um 400 Millionen Euro bzw. um 10 Prozenter vorgesehenen Investitionen. Wir können so, über einonjunkturprogramm für erneuerbare Energien im Wär-ebereich und Energiesparen, in Deutschland immerhinnvestitionen in Höhe von 4 Milliarden Euro auslösen.ch finde, das kann sich sehen lassen. Wachstumsmotornd Exportschlager sind auch weiterhin die erneuerbarennergien. Die Erneuerbaren-Energien-Branche hat imetzten Jahr nicht weniger als 25 Milliarden Euro ineutschland umgesetzt.Deutschland wird in diesem Jahr sicherlich seineioto-Ziele erfüllen. Wir sind in Deutschland auf einemuten Wege, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, das0-Prozent-Ziel im Jahre 2020 zu erreichen. Deswegennterstützen wir die Europäische Kommission beimlima- und Energiepaket. Ich habe bereits ausgeführt,ass die Bundesregierung die Versteigerung von00 Prozent der Emissionszertifikate im Stromsektor an-trebt, und zwar ohne Einschränkungen. Wir wolleneine Subventionen und keine Windfall-Profits.Die Bundeskanzlerin und auch der Bundesfinanzmi-ister haben recht, wenn sie sagen, dass man nicht so tunönne, als gebe es bereits weltweit gleiche Wettbewerbs-edingungen. Solange wir international im Klimaschutzicht die gleichen Standards wie in Europa erreichen,önnen wir nicht so tun, als gebe es nicht die Gefahr,ass bei durch die CO2-Abgaben steigenden Stromprei-en ein Elektrostahlwerk, eine Aluminiumhütte oder an-ere Teile der Industrie in Zukunft nicht mehr ineutschland zu finden sind, sondern in die Länder ab-andern, in denen es keine Klimaschutzauflagen gibt.Deswegen ist es das oberste Ziel in den internationa-en Verhandlungen, gleiche Bedingungen durchzusetzen.olange uns das nicht gelingt, werden wir bei dem blei-en, was wir bereits heute tun. Wir stellen derzeit dasroduzierende Gewerbe in Deutschland von Klima-chutzauflagen praktisch frei, weil wir nicht wollen, dassn anderer Stelle außerhalb Europas die CO2-Emissio-en entstehen, die sonst in Deutschland entstanden wä-en, und die Arbeitsplätze mit abwandern.
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Bundesminister Sigmar GabrielDeswegen bleibt es dabei: Wir treten offensiv dafürein, dass die deutsche Industrie Best available Technolo-gies – also den neusten Stand der Technik – vorhaltenmuss und dass sie, wenn sie das macht, Zertifikate solange kostenlos zugeteilt bekommt, bis wir internationalgleiche Standards erreichen. Wer den Menschen weis-macht, das sei sozusagen ein Verrat am Klimaschutz, derführt die Leute hinter die Fichte. Denn die Menschen,die in diesem Bereich arbeiten, verlieren ihren Job des-halb, weil dann nicht nur die Emissionen in der Ukraine,in China oder Indien entstehen, sondern auch die Ar-beitsplätze.Wir reduzieren keine Emissionen dadurch, dass wirdie Industrie aus Deutschland verdrängen. In allen Kli-maverhandlungen, an denen ich teilnehme, will man vonDeutschland eines sehen, nämlich dass es gelingt, wirt-schaftliche Leistungsfähigkeit, Wachstum und Klima-schutz zusammenzubringen. Würden wir in Deutschlandeine Politik betreiben, die Klimaschutz sozusagen durchdie Behinderung von Wachstum und wirtschaftlicherLeistungsfähigkeit zu betreiben versucht, dann würdeuns nicht ein einziges Land folgen.
Deswegen brauchen wir solche Regelungen. Wer sienicht mitträgt, der wird letztlich ein Scheitern der Klima-politik mitzuverantworten haben.Das gilt übrigens auch für die Debatten um den CO2-Ausstoß von Pkws. Worum geht es dabei eigentlich?Wir reden darüber, dass wir ab dem Jahr 2012 in der Eu-ropäischen Union eine Begrenzung des CO2-Ausstoßesvon Pkws auf durchschnittlich 120 Gramm pro Kilome-ter – Jürgen Trittin hat mir bestätigt, dass es nie um ir-gendwas anderes ging – einführen wollen.Nun gibt es einen Vorschlag, das nicht gleich für alleFahrzeuge einzuführen, sondern zunächst auf 60 oder70 Prozent zu beschränken und erst drei Jahre später auf100 Prozent zu erweitern, um nicht in den Produktions-zyklus der Autoindustrie einzugreifen, sondern um dieUmstellung mit dem Produktionszyklus zu erreichen.Nun gibt es Leute, die erklären, wenn 2012 nur 60 oder70 Prozent und erst 2015, also drei Jahre später,100 Prozent der Autos die vorgegebenen Normen erfüll-ten, sei das der Untergang der Klimapolitik und der Be-weis dafür, dass Deutschland seine Vorreiterrolle nichteinnehme. Wo leben Sie eigentlich, wenn Sie solche De-batten führen? Das ist doch abenteuerlich. Natürlichwollen wir im Zweifel, dass die Umstellung effizientund so geschieht, dass wir damit nicht einen der zentra-len Motoren der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit Eu-ropas und insbesondere Deutschlands beschädigen.
Was wir machen, kostet viel Geld. In diesen Haushaltsind 1,5 Milliarden Euro mehr für den Umweltschutzeingestellt. Dieses Geld muss aber in diesem Land er-wirtschaftet werden. Das muss auch ein Umweltministerwollen. Nur dann werden wir erfolgreich sein. Deswe-gen ist das, was wir tun, vernünftig. Wir werden die120 Gramm CO2-Ausstoß pro Kilometer erreichen. WirwSdsrzddMHwmvMnetebasvIwtrk–lqsngwktGt
Klimaschutz und wirtschaftliches Wachstum müssenusammenpassen. Sonst haben wir das Geld nicht, umas zu erreichen, was wir uns alle vorgenommen haben.Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Nächster Redner ist der Kollege Horst Meierhofer für
ie FDP-Fraktion.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!an brauchte schon eine gewisse Portion schwarz-rotenumor, um der Rede von Herrn Gabriel zuzuhören. Esird so getan, als fielen die ganzen Kosten vom Him-el. Ich denke, dass Sie für einen Großteil derselbenerantwortlich sind. Dennoch erklären Sie, dass wir dieenschen hinter die Fichte führen wollen, obwohl wirur versuchen, die Kosten zu senken. Das halte ich fürinen ziemlichen Skandal.
Sie haben in Ihrer Haushaltsrede gesagt, dass die Kos-en, die bei der Vermeidung von Umweltbelastungenntstehen, diejenigen tragen sollen, die für die Umwelt-elastungen verantwortlich sind. Sie tun so, als wäre dasusschließlich die Wirtschaft. Natürlich muss die Wirt-chaft ihren Beitrag leisten. Aber Sie haben vielleichtergessen, dass Sie, die Sie den Unternehmen entgegenhrer Erklärung, dass Sie sie im internationalen Wettbe-erb entlasten wollen, Kosten aufbürden, dafür mindes-ens genauso verantwortlich sind. Sie, die Bundesregie-ung, sind der größte Preistreiber. Darauf haben Sieeine Antwort gegeben.
Ich werde Ihnen sogar drei Beispiele nennen.Wir haben eine sehr teure und chaotische Umweltpo-itik. Es geht gerade in der Umweltpolitik um Konse-uenzen und Kostenersparnisse. Davon ist aber nichts zuehen. Es geht um relativ viele schöne Symbole, die sichett darstellen lassen. Dabei könnten Sie zu einem sehrünstigen Preis sehr viel bessere Ergebnisse in der Um-eltpolitik erzielen. Aber das interessiert Sie nicht. Sienechten die Menschen und machen die Angebote soeuer, dass die Unternehmen ins Ausland abwandern.enau darauf haben Sie auch keine Antwort gegeben.Ich finde es interessant, dass die CSU mit den Minis-ern Glos und Seehofer grundsätzlich andere Positionen
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Horst Meierhofervertritt als Sie in der SPD-Fraktion. Sie wollen interna-tionale Vereinbarungen und ein international einheitli-ches Korsett erreichen, was den Emissionshandel be-trifft. Aber Sie schaffen es noch nicht einmal in dereigenen Regierung, einen einheitlichen Kurs festzule-gen. Sie diskutieren monatelang und gefährden damit diedeutsche Position auf internationaler Ebene. In Brüsselkonnten die Deutschen im letzten halben Jahr nicht ge-schlossen auftreten, weil Sie nicht in der Lage waren,hier eine gemeinsame Position abzustimmen.
– Definieren Sie zuerst, was Sie beispielsweise unterSchwerindustrie verstehen, und stimmen Sie sich dannmit Herrn Glos ab. Sie können im Übrigen gerne eineZwischenfrage stellen.Ich nenne als Beispiel das Umweltgesetzbuch. Trotzzweier Referentenentwürfe vom November 2007 undMai 2008 warten wir noch immer auf einen Kabinettsbe-schluss. In diesem Bereich passiert überhaupt nichts.Schwarz-Rot wird sich nicht einig. Von Woche zu Wo-che werden neue Termine angekündigt, zu denen dasUmweltgesetzbuch kommen soll. Es sollte irgendwannder große Wurf sein, bei dem Herr Gabriel seine Meis-terprüfung ablegen sollte. Aber nichts dergleichenkommt. Mittlerweile freut man sich schon, wenn von60 Streitpunkten elf übrig bleiben.
Das ist der momentane Stand. Dazu kann ich nur sa-gen: Herzlichen Glückwunsch!Ein Umweltgesetzbuch wird es nicht geben. Ich be-fürchte, dass Sie nicht in der Lage sein werden, das zuentscheiden. Sie haben Angst vor der Bayernwahl; dasist ein Bremsklotz. Hier stellt sich die CSU wieder quer.So schaffen wir kein einheitliches Umweltrecht inDeutschland. Vielmehr gibt es eine Zersplitterung zwi-schen den 16 Bundesländern. Das alles geschieht ohnejegliche Zielorientierung. Man kommt zu keinem Ergeb-nis, weil gerade Wahlkampf ist. Das ist mehr als unver-antwortlich.
Ein weiteres Beispiel, das zeigt, welche großartigenLeistungen Sie im letzten Jahr erbracht haben, ist dieNovelle zur Verpackungsverordnung. Sie haben sichmonatelang gezankt. Die Union hat irgendwann, spätaufwachend, festgestellt: Um Himmels willen, das läuftin die falsche Richtung. Sie landete allerdings nicht alsTiger, sondern als Bettvorleger. Im Endeffekt wurde fastnichts erreicht.Wir haben im Moment keinen vernünftigen Wettbe-werb, überhaupt keine vernünftigen Innovationsmög-lichkeiten, und wir haben eine Marktaufteilung, die eheran den Sozialismus erinnert. Herr Dr. Nüßlein, Sie habenden Mund vorher relativ weit aufgemacht, erreicht habenSie im Endeffekt aber fast gar nichts.
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Ich werde Ihnen jetzt einmal sagen, wie man die glei-hen Ergebnisse für die Umwelt deutlich günstiger erzie-en kann als mit Ihrer Ökosteuer.
ie Ökosteuer beträgt mindestens 18 Cent pro Liter. Sieönnten mit dem Emissionshandel für 6 Cent einen Zu-tand herstellen, als gäbe es überhaupt keinen verbrann-en Diesel und kein verbranntes Benzin. Das könnte manroblemlos mit 6 Cent pro Liter erreichen. Sie verlangen8 Cent. Dabei geht es um alles, nur nicht um die Um-eltpolitik. Ich kann Ihnen das gerne vorrechnen.
Aus dem allgemeinen Haushalt nimmt man die8 Milliarden Euro, aber doch nicht aus dem Umwelt-aushalt.
as ist denn das für eine Argumentation? Ist die Um-eltpolitik denn dafür verantwortlich, dass der Arbeits-inister nicht in der Lage ist, seine Probleme in denriff zu bekommen? Das wird ja immer bunter.
Sie verlangen 86 Cent pro Liter Sprit. Am Schlusslauben die Leute auch noch, sie würden damit etwas füren Umweltschutz tun. 6 Cent würden ausreichen. We-er 18 Cent noch 86 Cent sind notwendig.
Dass Sie nicht in der Lage sind, Ihre Probleme in denriff zu bekommen, und die Menschen dafür bezahlen
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Horst Meierhoferlassen, ist eine Unverschämtheit. Das Ergebnis ist Fol-gendes.
Herr Kollege.
– Letzter Satz, Herr Präsident. – Die Menschen mer-
ken, dass es zu teuer wird und haben deswegen keine
Lust mehr, etwas für den Umweltschutz zu tun. Sie errei-
chen das genaue Gegenteil von dem, was Sie erreichen
wollen, nämlich eine Verdrossenheit der Bürger.
Sie müssen das Geld an die Menschen zurückgeben.
Dann haben sie mehrere Milliarden Euro zusätzlich in
der Tasche. Dann können wir uns Gedanken über die
Rentenversicherung machen. Es darf nicht abkassiert
und abgezockt werden, sondern das Geld muss den Men-
schen zurückgegeben werden.
Herzlichen Dank.
Das Wort hat nun Katherina Reiche für die CDU/
CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! DieKlima- und Energiefragen halten nicht nur die Verbrau-cherinnen und Verbraucher sowie die Weltmärkte inAtem, sondern auch die Politik. In den kommenden Mo-naten wird es darum gehen, wie wir wirksamen Klima-schutz mit preiswerter und sicherer Energieversorgungverbinden können.Sie waren in den letzten Wochen Zeuge eines wahrenWettbewerbes der Ideen. Am Ende geht es darum, wel-che Ideen umzusetzen sind, nicht darum, sich über dasUrheberrecht zu streiten. Eine Gruppe, die Vorschlägegemacht hat, ist die von Michael Glos eingesetzte PEPP-Gruppe, die „Projektgruppe Energiepolitisches Pro-gramm“. Ziel ist es, diese Vorschläge umzusetzen, damitEnergie für die Verbraucherinnen und Verbraucher auchin Zukunft bezahlbar bleibt.Es geht um die Steigerung und Förderung der Ener-gieeffizienz. Es geht darum, den Menschen Möglichkei-ten zu geben, den Verbrauch und die Energiekosten spür-bar zu senken, zum Beispiel indem man sie darüberinformiert, wie man den Strom- oder Gasanbieter wech-selt.Wir haben uns auch in der CDU/CSU-Fraktion zu-sammengesetzt und haben mit einem Papier mit demTitel „Energie für Deutschland“ unsere Vorschläge ein-gebracht. Auch wir denken an die Stellschrauben Ener-gieeffizienz und Energieeinsparung und daran, die Ener-giekompetenz beim Verbraucher zu stärken, aber auchdaran, deutlich mehr in die Forschung zu investieren.BwwnghfRHftSusznuwztUgAapÜKAuASkndgsb
Herr Gabriel, eine Steilvorlage von Ihnen kann ichicht ungenutzt lassen. Sie haben gerade die Grünen auf-efordert, auf die klugen Menschen in ihren eigenen Rei-en zu hören, zu denen Sie Herrn Fischer zählen, der da-ür plädiert, bei der Kohle zu bleiben. Aber auch in Ihreneihen gibt es sehr kluge Menschen, wie zum Beispielerrn Clement, der dafür plädiert, an der Atomenergieestzuhalten. Natürlich wollen wir keine Maulkörbe ver-eilen. Insofern werden wir weitere Vorschläge aus derPD gerne entgegennehmen.
Die Vorgänge im Forschungsbergwerk Asse habenns in den vergangenen Monaten beschäftigt. Da gab eschwerwiegende Kommunikationsdefizite
wischen allen beteiligten Behörden. Aber es gab zu kei-em Zeitpunkt eine aktuelle Gefährdung von Menschnd Umwelt.
Nach diesen Vorgängen in der Schachtanlage Assear es notwendig, den Betreiber zu wechseln, um für einukunftsgerichtetes Verfahren zu sorgen. Bundesminis-er Gabriel hat mit Bundesministerin Schavan und demmweltminister aus Niedersachsen nun einen Weg vor-eschlagen, um die ordnungsgemäße Schließung dersse herbeizuführen. Es geht darum, mit den Expertenlle Optionen für eine sichere Schließung der Asse zurüfen. Wir brauchen eine rasche und reibungslosebergabe der Schachtanlage. Jetzt geht es darum, dasonzept für eine geordnete und sichere Schließung dersse zu erarbeiten.
Es ist richtig, dass wir die Sorgen der Bürgerinnennd Bürger nicht nur ernst nehmen, sondern darauf auchntworten geben müssen. Natürlich hat dabei dieicherheit bei Betriebspersonal und der übrigen Bevöl-erung absolute Priorität.
Das zuständige Bundesamt für Strahlenschutz stehtun vor keiner leichten Aufgabe. Wir jedoch vertrauenarauf, dass schnellstmöglich eine gangbare Lösung vor-elegt wird. Aber der Versuch einiger, die Asse mit demich in Erkundung befindenden Endlagerstandort Gorle-en gleichzusetzen, ist politisch durchsichtig und der
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Katherina Reiche
Problematik in keinem Fall angemessen. Herr Gabriel,wir sind uns einig, dass dem Versuch, Asse und Gorle-ben gleichzusetzen, entgegenzutreten ist. Das haben Siegetan. Dafür möchten wir Ihnen danken.
Aber wer Generationenverantwortung ernst nimmt,der muss eben dafür sorgen, dass die produzierten Ab-fälle tatsächlich sicher entsorgt werden, und zwar unab-hängig davon, wie lange die Kernkraftwerke noch lau-fen.
Die Endlagerung radioaktiver Abfälle ist eine staatlicheAufgabe von übergeordneter Bedeutung. Die Bundesre-gierung bleibt aufgefordert, „die Lösung dieser Fragezügig und ergebnisorientiert“ – so steht es im Koalitions-vertrag – anzugehen und noch „in dieser Legislaturpe-riode“ zu einer Lösung zu kommen.
Wir können positiv festhalten, dass wir bei derSchachtanlage Konrad einer Lösung näher gekommensind. Die Anlage soll zügig fertiggestellt und in Betriebgenommen werden. Ich möchte aber auch sagen, dasswir als Unionsfraktion keine neue Standortsuche wol-len. Das würde zu weiteren Verzögerungen führen. Dasist weder sinnvoll noch notwendig, aber definitiv kost-spielig.
Wir wollen das Moratorium in Gorleben aufheben, umdie Untersuchungen ergebnisoffen, Frau Kotting-Uhl,fortzuführen.
Im ersten Halbjahr dieses Jahres haben wir den zu-stimmungspflichtigen Teil des Integrierten Klima- undEnergieprogramms fast komplett abgearbeitet. Wir ha-ben das Erneuerbare-Energien-Gesetz novelliert. Wir ha-ben das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz verabschie-det. Wir haben in der Kraft-Wärme-Kopplung Maßstäbegesetzt. Wir haben das Messwesen bei Strom und Gasfür den Wettbewerb geöffnet. All das sind Meilensteinefür den Klimaschutz.Ein Problem – das muss man ansprechen – gibt esnoch in diesem Bereich; das sind die Biokraftstoffe.Dies harrt noch einer Lösung. Es gibt ungeklärte Fragenim Bereich der Nachhaltigkeit. Es gibt Fragen hinsicht-lich der Biokraftstoffquote. Auch darüber werden wirnoch intensiv diskutieren müssen. Ich möchte ganz klarsagen, dass wir an der Nutzung der Biokraftstoffe fest-halten wollen.
Biokraftstoffe, die nachhaltig erzeugt und richtig an-gewendet werden, schonen das Klima und sorgen hierim eigenen Land für Wertschöpfung. Die Hersteller vonBiokraftstoffen haben in den letzten Monaten schwierigeZeiten durchleben müssen. Für das Auf und Ab auf denRrbzweBPwßgosuDgAgsDboamzWddisDapDstEBfgwmgUiU
Wichtig ist auch ein Plädoyer an dieser Stelle für dieiokraftstoffe der zweiten Generation, für die nicht dieflanzenfrucht, sondern die gesamte Pflanze gebrauchtird, um mögliche Nutzungskonkurrenzen auszuschlie-en. Wir besitzen hier – ich sage: noch – die Technolo-ieführerschaft. Ich denke an Unternehmen wie Chorender das Bioliq-Forschungszentrum in Karlsruhe. Dasind ermutigende Beispiele. Diese wollen wir erhalten,nd wir wollen ihnen die Möglichkeit geben, hier ineutschland zu investieren und groß zu werden.Ein weiteres Thema, das auf europäischer Ebene an-esiedelt ist, möchte ich hier ansprechen. Ich möchte dieussage von Sigmar Gabriel unterstützen, dass die Aus-estaltung des europäischen Emissionshandels von ent-cheidender Bedeutung für den Industriestandorteutschland ist. Ich glaube, man kann ohne Übertrei-ung sagen, dass Deutschland der größte Industriestand-rt in Europa ist und eine Palette aufweist, die in keinemnderen europäischen Land zu finden ist. Von der Che-ie- über die Stahl- und die Aluminiumindustrie bis hinu Automobilunternehmen sind alle Branchen vertreten.ir können nicht leichtfertig alles nur unter dem Aspektes Klimaschutzes betrachten, egal was mit unserem In-ustriestandort geschieht. Es ist richtig, dass nirgendwon der Welt so effizient und unter den gegebenen Um-tänden so klimaschonend produziert wird wie ineutschland.Dass Verbesserungen möglich sind, ist unbestritten,ber es ist dem Klima nicht geholfen, wenn hier Arbeits-lätze verloren gehen und Standorte verlagert werden.as hilft dem Klima nicht und schon gar nicht dem deut-chen Technologie- und Industriestandort oder den Un-ernehmerinnen und Unternehmern.
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Es gibt viele offene Fragen. Ich finde es richtig, dassdas Parlament, dass die Koalitionsfraktionen daraufdrängen, dass diese Fragen von den zuständigen Minis-terien zunächst beantwortet werden. Uns liegt daran,dass uns dieses ambitionierte Vorhaben gelingt. Einschnelles Gesetz nützt keinem, ein Gesetz, bei dem spä-ter viele Fehler festgestellt werden und gegen das ge-klagt wird, hilft weder der Wirtschaft noch der Umwelt.Wir werden uns weiter mit diesen Fragen beschäftigen.Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Das Wort erhält nun der Kollege Michael Leutert,
Fraktion Die Linke.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Herr Minister, ich muss Ihnen gratulieren. Ich bin sehr
erstaunt. Ich hätte nicht gedacht, dass Sie überhaupt in
der Lage sind, hier einen Haushalt vorzulegen.
Das ist ein Meisterstück.
Auch Sie erinnern sich doch sicher an die letzte Sit-
zung im Haushaltsausschuss. Es ging um die Freigabe
der Mittel für die Klimaschutzinitiative, immerhin ein
Kernstück in Ihrem Ministerium. Ich erinnere mich da-
ran, wie viele Steine Ihnen von Ihren eigenen Kollegin-
nen und Kollegen der Koalitionsfraktionen in den Weg
gelegt worden sind. Es war zum Teil absurd. Man hatte
den Eindruck, dass Ihr Ministerium das Oppositions-
ministerium ist, das nur noch von Linken und Grünen
gestützt wird,
und man die SPD daran erinnern muss, dass sie den
Minister im Ministerium stellt.
Tatsächlich ist es so, dass die Einnahmen aus dem
Emissionshandel bei Ihnen im Ministerium derzeit mit
900 Millionen Euro verbucht sind. Das ist die Einnah-
meseite.
Mitnichten haben Sie aber auf der Ausgabenseite
900 Millionen Euro mehr zur Verfügung. Tatsächlich
steht dort nur die Hälfte bereit. Warum? Aus zwei Grün-
den: Erstens. Sie müssen anderen Ministerien abgeben,
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ieser holt sich also sein Geld von Ihnen zurück.
Aber immerhin – kein Wermutstropfen –: Sie können
b sofort behaupten, dass Sie wahrscheinlich das erste
inisterium leiten, das sich zu zwei Dritteln aus eigenen
innahmen finanziert. Das ist ja schon mal was.
Zu den angeblichen Steuerausfällen ist Folgendes
nzumerken – es ist eigentlich kaum zu glauben; ich er-
nnere an die großen Debatten im Sommer –: Die Ener-
ieunternehmen zocken die Bürger bis auf das letzte
emd ab. Die Preise steigen. Die Gewinne steigen eben-
alls ins Unermessliche. Gleichzeitig weint der Finanz-
inister über Steuerausfälle durch den Emissionshandel.
ie Regierung scheint sich selbst nicht im Klaren zu
ein, wie die Effekte einzuschätzen sind. Auf eine Kleine
nfrage von uns wird in Bezug auf die Steuereffekte an-
egeben: Berechnungen zu diesen Effekten können se-
iöserweise nicht angestellt werden. Das heißt, aufgrund
nseriöser Angaben nimmt Ihnen der Finanzminister
00 Millionen Euro aus Ihrem Etat.
Herr Gabriel, bei allem Respekt, wenn diese Antwort
uf unsere Kleine Anfrage stimmt, haben Sie sich bei
en Haushaltsverhandlungen einfach über den Tisch zie-
en lassen.
Ja, wir können uns gern noch einmal zusammensetzen.
enn Sie einen solchen Kurs für Ihre eigenen Regie-
ungskollegen durchführen, dann können Sie uns viel-
eicht bessere Antworten geben.
Die Situation ist vom Prinzip her exakt die gleiche
ie letztes Jahr; es wurden lediglich Zahlen in den ver-
chiedenen Einzelplänen verschoben. Es geht um die
rage: Wie werden die Einnahmen aus dem Emissions-
andel eingesetzt? Da die Situation exakt die gleiche ist
ie letztes Jahr, ist auch die Position der Linken exakt
ie gleiche wie letztes Jahr, nämlich: Die Erlöse aus dem
missionshandel müssen zu 100 Prozent in den Klima-
chutz fließen.
Herr Minister, ich kann Ihnen in diesem Punkt versi-
hern: Im Kampf gegen die Koalitionsfraktionen können
ie weiterhin hundertprozentig auf die Linke zählen.
Vielen Dank.
Anna Lührmann ist die nächste Rednerin für die Frak-ion Bündnis 90/Die Grünen.
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18808 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. September 2008
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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Ich will meine Rede heute einmal anders als
für eine Oppositionspolitikerin üblich beginnen, nämlich
mit einem Lob für die Regierung.
Was Sie vorhaben, im nächsten Haushaltsjahr für Klima-
schutz auszugeben, das kann sich in der Tat sehen lassen.
600 Millionen Euro für Klimaschutz, das ist in der Tat
beachtlich.
– Freuen Sie sich nicht zu früh! Die schöne Planung hat
nämlich zwei Haken:
Erstens. Sie dürfen nicht nur versprechen, 600 Millio-
nen Euro auszugeben, Sie müssen es auch wirklich tun.
Auch im Haushaltsjahr 2008 haben Sie versprochen,
400 Millionen Euro zusätzlich in den Klimaschutz zu in-
vestieren. Nun raten Sie einmal, wie viel davon bisher,
also Mitte September, ausgegeben worden ist? – Keiner
traut sich, etwas zu sagen. Es sind in der Tat 0 Cent. Sie
tun also so, als hätten wir alle Zeit der Welt, um die Erd-
erwärmung aufzuhalten. Dabei haben wir nur wenig
Zeit. Ihre Luftbuchungen helfen uns da wirklich nicht
weiter.
Zweitens. Wir als Mitglieder des Haushaltsausschus-
ses wissen, dass neue Ausgaben für eine Regierung sehr
einfach zu planen sind. Mit Mehrausgaben kauft man
sich neue Freunde und macht sich keine neuen Feinde.
Das ist in einem Wahljahr besonders gut.
Anders sieht es aus, wenn sich eine Regierung an alte
Besitzstände heranwagt, Subventionen streicht und fehl-
geleitete Ausgaben kürzt. Damit verliert man alte
Freunde und schafft sich neue Feinde. Das ist in einem
Wahljahr besonders schlecht. Kein Wunder, dass sich die
Regierung da nicht heranwagt.
Nur drei Beispiele für besonders klimaschädliche
Subventionen im Bundeshaushalt 2009. Erstens. Das
Flugzeug ist das klimaschädlichste Verkehrsmittel über-
haupt. Die CO2-Emissionen des Luftverkehrs überstei-
gen schon lange die aller weltweit genutzten Lkws. Eine
Regierung, die Klimaschutz wirklich ernst meint, müsste
also alles dafür tun, dass Flugverkehr reduziert wird.
Was macht die Große Koalition? Sie subventioniert die
Luftfahrtindustrie weiterhin mit 7 Milliarden Euro im
Jahr. Durch die Steuerbefreiung für Kerosin ist Fliegen
oft billiger als die Taxifahrt zum Flughafen. Das darf
wirklich nicht so bleiben.
Zweites Beispiel. Die Verbrennung von Kohle ist mit
die klimaschädlichste Form, Strom zu erzeugen. Selbst
das modernste Kohlekraftwerk stößt doppelt so viel CO2
aus wie ein modernes Gaskraftwerk. Wenn alle in
Deutschland geplanten Kohlekraftwerke noch gebaut
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Gegen die Subvention sind wir Grüne schon immer ge-
esen, wenn Sie sich recht erinnern.
Ich möchte Sie daran erinnern, Herr Kollege Kelber: In
oalitionen macht man Kompromisse. Wir Grüne, übri-
ens inklusive Joschka Fischer, sind immer dafür einge-
reten, möglichst schnell aus der Steinkohlesubventio-
ierung auszusteigen.
Das dritte Beispiel. Die Industrie in Deutschland ist
mmer noch für 20 Prozent aller CO2-Emissionen ver-
ntwortlich. Eine Regierung, die Klimaschutz wirklich
rnst meint, darf klimaschädliches Verhalten der Indus-
rie nicht weiter subventionieren. Wie steht es so schön
n Ihrem Diskussionspapier zum Thema „Ökologische
ndustriepolitik“, Herr Gabriel, auf das Sie, glaube ich,
elativ stolz sind? Ich zitiere:
Oftmals aber bringen Subventionen Märkte nicht in
Bewegung, sondern zementieren Besitzstände.
Nicht Dynamik, sondern Statik ist die Folge.
ehr richtig!
Frau Kollegin Lührmann, möchten Sie kurz vor Ende
hrer Rede noch eine Zwischenfrage des Kollegen
auch beantworten?
Sehr gern.
Liebe Kollegin, es ist eher unüblich, dass eine Oppo-itionsfraktion den Minister verteidigen will, aber hier
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. September 2008 18809
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Michael Kauchwerden Legenden aufgebaut, die man so nicht stehenlassen kann.Sie sagen, es war Joschka Fischer, der an der Spitzestand, als es darum ging, die Steinkohlesubventionenabzubauen. Das haben wir nicht nur in der rot-grünenKoalition nicht erlebt. Wir haben vor allen Dingen dasJahr 1997 in Erinnerung, als nämlich die schwarz-gelbeRegierung die Steinkohlesubventionen erstmals gesenkthat. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, wer aufden Barrikaden der Gewerkschaften stand und gesagthat, dass das sozusagen der Untergang der Wirtschaft ist.
Es war Joschka Fischer, der auf den Gewerkschaftsver-anstaltungen dagegen polemisiert hat.Sie sind immer da, wo eine Bürgerinitiative ist, diestänkert, oder eine Gewerkschaft, die etwas blockierenwill. Aber wenn hier tatsächlich ökonomisch sinnvollePolitik gemacht wird, dann sind Sie nicht dabei, insbe-sondere deshalb nicht, weil Sie den Emissionshandelnicht verstehen. Der Minister hat völlig recht: Ein neuesKohlekraftwerk erhöht die CO2-Emission nicht. Mankann sich nicht einfach Technologien heraussuchen, dieman nicht will. Wenn es Emissionshandel gibt, wird derMarkt entscheiden, welche Technologien eingesetzt wer-den.
Herr Kollege Kauch, ich bin ganz verwundert da-
rüber, dass ausgerechnet Sie als FDP-Politiker eine der
größten Subventionen im Bundeshaushalt so vehement
verteidigen.
2 Milliarden Euro für den Absatz der deutschen Stein-
kohle, das ist nicht sinnvoll. Deshalb gab es zum Bei-
spiel im Landtag Nordrhein-Westfalen im letzten Jahr ei-
nen gemeinsamen Antrag von CDU, FDP und Grünen
für den schnellstmöglichen Ausstieg aus der Steinkohle.
Das ist die Position, die wir als Fraktion von Bündnis 90/
Die Grünen hier vertreten. Das ist die Position, die wir in
die Koalitionsverhandlungen der rot-grünen Koalition
eingebracht haben.
Zurück zu meiner Rede. Ich wollte noch auf die Steu-
erbefreiung für die Industrie im Bereich Energie einge-
hen, die für Großkonzerne immer noch 5 Milliarden
Euro im Jahr ausmacht, an die Sie sich nicht heranwa-
gen, Herr Gabriel. Damit ist ziemlich klar, dass Sie hier
Schönwetterklimaschutz betreiben. Wenn Ihnen der
Wind rau ins Gesicht weht, streichen Sie die Segel.
Wenn man allein diese drei Beispiele für klimaschäd-
liche Subventionen addiert, kommt man auf 14 Milliar-
den Euro, die für die Verschmutzung des Klimas ausge-
geben werden. Jetzt wollen Sie mit einem 600-
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Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-
en! Ich habe in der Debatte eines gelernt: Ich werde in
ukunft nicht mehr behaupten, dass die FDP den Rent-
erinnen und Rentnern 18 Milliarden Euro wegnehmen
ill, um ihre steuerpolitischen Vorschläge zu finanzie-
en. Wir haben heute gelernt, dass sie 18 Milliarden Euro
ehr Schulden aufnehmen möchte. Ich halte das für
onsequent. 1997 – das letzte Jahr, in dem die FDP an
er Bundesregierung beteiligt war – war das Jahr mit der
öchsten Neuverschuldung in der Geschichte der Bun-
esrepublik Deutschland und dem höchsten Eingangs-
teuersatz in der Geschichte der Bundesrepublik
eutschland. Zugleich wurden in diesem Jahr die Bil-
ungsausgaben in Deutschland radikal gekürzt. Der Mi-
ister, der diese Kürzungen mittrug, nannte sich damals
ukunftsminister.
Man muss auch einen anderen Punkt in Erinnerung
ufen: Die FDP hat einen Anteil von 75 Prozent der Mi-
eralölsteuer mitbeschlossen. Dementsprechend passt
as, was ich am Anfang sagte.
Herr Kollege, möchten Sie eine Zwischenfrage des
ollegen Meierhofer zulassen?
Gerne.
Frau Präsidentin! Herr Kelber, nur noch einmal zur
larstellung: Wir als FDP gehen davon aus, dass durch
echnologischen Fortschritt der Benzinverbrauch in den
ächsten Jahren sinken wird. Wenn Sie diese Feststel-
ung teilen, behalten Sie das bitte im Hinterkopf bei Ihrer
ntwort auf die folgende Frage: Wollen Sie, wenn der
enzinverbrauch sinkt, dann als nächsten Schritt die
enten der Rentnerinnen und Rentner in Deutschland
ürzen, weil diese ja zum Teil über die Ökosteuer erwirt-
chaftet werden?
Jetzt verstehe ich das FDP-Konzept noch besser: Sieollen im nächsten Jahr 18 Milliarden Euro neue Schul-
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18810 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. September 2008
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Ulrich Kelberden und dann aufgrund technischer Verbesserungendiese zusätzliche Neuverschuldung etwas senken, alsozum Beispiel auf 17,5 oder 17 Milliarden Euro. Das wareine wichtige zusätzliche Korrektur Ihres Programms.Vielen Dank.
Ich höre der Kollegin Lührmann immer gerne zu, aberrhetorisches Geschick ersetzt keine Fakten.
Nehmen wir einmal Ihr Beispiel mit den 400 Millio-nen Euro. Ich würde Sie darum bitten, nächstes Mal, be-vor Sie reden, die Drucksachen des Haushaltsausschus-ses zu lesen. In der Drucksache 16(8)4473 werden diegesamten Bewilligungen aus diesem Programm benannt.Hier findet sich auch das Marktanreizprogramm. DieGelder für das Marktanreizprogramm für erneuerbareEnergien im Wärmebereich, das ja noch aus rot-grünenZeiten stammt, wurden ja deutlich aufgestockt. EndeAugust war das Geld jedoch, wenn man die oben ge-nannten 400 Millionen Euro außen vor lässt, aufgrundder hohen Zahl bewilligter Anträge ausgeschöpft. Dasheißt, das ganze restliche Jahr werden die 30 000 An-träge, die sich im Augenblick im Bewilligungsverfahrenbefinden, aus den 400 Millionen Euro bedient. Eine Zahlaus einem großen Bericht herauszuklauben, um damitdas Ganze zu diskreditieren, ist, wie ich glaube, demErnst der Sache nicht angemessen.
Wir haben in der Umweltpolitik viele Aufgaben. Aufder Artenschutzkonferenz und bei anderen Gelegenhei-ten haben wir ja viele wichtige Themen in diesem Jahrbehandelt, die nicht unmittelbar mit Energie und Klima-schutz zu tun haben. Wenn man aber mit den Menschenredet, stellt man fest, dass sie im Augenblick von derUmweltpolitik insbesondere zu zwei Themen Antwortenerwarten: zum Klimaschutz und zum Umgang mit denhohen Energiepreisen. Manche Menschen wissen näm-lich einfach nicht mehr, wie sie in diesem Jahr die Heiz-kosten bezahlen sollen, und noch weniger, wie sie inZukunft damit klarkommen. Das macht ihnen verständli-cherweise Angst.Das Spannende für uns in der Politik ist doch, dasswir auf beide Herausforderungen die gleichen Antwor-ten geben können,
nämlich radikal den Energieverbrauch senken und diebisherigen Energieträger durch die preisstabileren undendlos verfügbaren erneuerbaren Energien ersetzen.Ich halte es übrigens für sehr wichtig, dass die meis-ten Mitglieder des Deutschen Bundestages den Men-schen die Wahrheit sagen, nämlich dass wir die Preisenicht heruntersubventionieren können; weder durchSteuersenkungen noch durch Zuschüsse können wir dieMehrkosten, die den Menschen entstanden sind, kom-pensieren. Es gibt zwar Ausnahmen für Einzelne – ichnenne hier die Erhöhung des Wohngeldes –, aber diegdfnzkoedrssiunoahwsPlcimmGcegbwGHIbdmut5ktbdAlivdEm
nd alle anderen Geräte diesen Standard innerhalb derächsten fünf Jahre entweder auch erreichen müssender sonst nicht mehr eingesetzt werden dürfen.Ich bin übrigens immer wieder erstaunt, wie die Be-mten des Wirtschaftsministeriums in Brüssel in Ver-andlungen genau das Gegenteil von dem einbringen,as wir hier einhellig im Deutschen Bundestag be-chlossen haben. So habe ich Anrufe aus Den Haag oderaris bekommen, wo ich gefragt wurde: Was ist eigent-ich mit euren deutschen Unterhändlern los? Die spre-hen sich gegen die Top-Runner-Systematik aus, obwohlhr sie doch gerade im Parlament beschlossen habt.Ich glaube, dass wir auch einige nationale Instru-ente zusätzlich zum Top-Runner-Programm einsetzenüssen. Ich bin dafür, dass wir 10 Prozent der besteneräte den Blauen Engel verleihen, damit die Verbrau-herinnen und Verbraucher beim Kauf sofort wissen, obs noch ein besseres Gerät geben könnte oder ob das ei-ene Gerät bereits effizient ist und durch seinen Ver-rauch sparsam mit ihrem Geld umgeht. Das könntenir auf nationaler Ebene zusätzlich machen.Wir müssen den Menschen helfen, die nicht genügendeld haben, um in energieeffiziente Geräte und in dieausdämmung zu investieren, die also nicht über diesenvestitionshürde kommen, um danach preiswerter zu le-en. An diesem Punkt brauchen wir die öffentlichen För-ermittel. Das kann der Markt nicht allein leisten. Hierüssen wir uns auch über neue Instrumente unterhalten,m diesen Menschen zu helfen, zum Beispiel den etwaseureren Kühlschrank zu kaufen, der aber jedes Jahr0 Euro weniger an Stromkosten verursacht. Diesönnte zum Beispiel über Minikredite oder Mini-Con-racting erfolgen.Es erscheint immer das Reizwort der Sozialtarife. Ichin auch kein Anhänger von Sozialtarifen. Ich glaube,ass sie eine erneute Subvention sind. Ich bin aber einnhänger davon, die Energietarife in Deutschland end-ich vom Kopf auf die Füße zu stellen. In diesem Landst es – pro Kilowattstunde – billiger, mehr Energie zuerbrauchen. Ich bin daher dafür, die Energieanbieterarauf zu verpflichten, dass es billiger wird, wenigernergie zu verbrauchen, dass die Kilowattstunde alsoit zunehmendem Verbrauch teurer wird. Das ist eine
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. September 2008 18811
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Ulrich KelberHerausforderung, der sich die Politik im Rahmen derDaseinsvorsorge stellen sollte, nämlich die Energiean-bieter dazu zu verpflichten. Wir sind dafür da, Gesetzeund Verordnungen zu machen, die so etwas erzwingen,wenn es vonseiten der Energieanbieter nicht freiwilligpassiert.
Ich habe in der letzten Woche eine Pressemitteilungherausgegeben, die „Atomsekte die 523.“ hieß. Ichmüsste heute eine herausgeben, die „Atomsekte die524.“ hieße. Es ist traurig, dass der Gag kurz vor derbayerischen Landtagswahl, der den Menschen erzählt,man müsste nur die Atomkraft länger laufen lassen,dann würden sie 40 Milliarden Euro mehr in der Taschehaben, in der öffentlichen Wahrnehmung so schnell ver-pufft.
Die Expertinnen und Experten, die VerbraucherzentraleBundesverband, der Sachverständigenrat der Bundesre-gierung und andere haben sich mit diesem Vorschlag be-schäftigt. Als man bei RWE sagte, man wisse nicht, wiedie CDU/CSU auf 40 Milliarden Euro komme, das seivöllig aus der Luft gegriffen, hat man sehr schnell beiRWE angerufen. Einen Tag später hat dann ein andererSprecher von RWE gesagt, man ziehe diese Äußerungzurück. Ich kann mir vorstellen, welche politische Inter-vention aus dem Kanzleramt vorher erfolgt ist. Manmuss aber die Zahlen benennen. Sie bieten den Men-schen einen Fonds an, der im Jahr 2029 vollständig ge-füllt ist. Das ist natürlich eine Antwort auf die hohenEnergiepreise des Jahres 2008. Sie bieten eine Entlas-tung an, zu der der Experte der VerbraucherzentraleBundesverband sagt, jedem Haushalt eine Energiespar-leuchte zu geben, würde mehr Entlastung bringen als derVorschlag der CDU/CSU.Das Letzte, was ich wirklich nicht verstehen kann, istdas Folgende: Diesen vier Energiemonopolisten, die mit16 Milliarden Euro Gewinn jedem Bundesbürger200 Euro aus der Tasche ziehen und die sich an keineVereinbarung halten, sagen Sie, Sie wollen die40 Milliarden Euro nicht per Gesetz nehmen, Sie wollenmit ihnen freiwillige Vereinbarungen schließen und dasGespräch suchen. Glauben Sie, dass irgendein Mensch– abgesehen von den 110-prozentig überzeugten Atom-energieanhängern – glaubt, dass es in der Geschichte derBundesregierung jemals zu diesem Fonds kommenwird? Das ist nichts anderes als eine Verlängerung derMonopole, die den Menschen längst das Geld aus derTasche ziehen. Diese Politik muss beendet werden. Wirsind auf einem guten Weg. Das läuft aus, dabei wird esbleiben.
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Na ja. Eines muss man dem Minister lassen, das mussch als Haushälterin an dieser Stelle sagen. Sie sind miticherheit der Sieger dieser Haushaltsplanungen für dasahr 2009. Sie haben es immerhin geschafft, Ihren Etatn einem einzigen Jahr um über 50 Prozent zu steigernnd ihn innerhalb von drei Jahren nahezu zu verdoppeln.rau Schavan lächelt schon ganz glücklich. Das ist eineeistung, die wir uns für den Bereich Bildung und For-chung gewünscht hätten.
llerdings basiert dieser Haushalt auf einer Luft-uchung, genauer gesagt auf der Buchung von ver-chmutzter Luft. Er basiert nämlich auf den prognosti-ierten Einnahmen von 460 Millionen Euro aus denmissionszertifikaten.Ich sage an dieser Stelle sehr klar: Die FDP war dieinzige Partei, die ungefähr zehn Jahre lang für denmissionshandel gekämpft hat. Das heißt, wir steheniesem Instrument natürlich ausgesprochen positiv ge-enüber. Aber wir sind definitiv der Meinung, dass dieittel, die dadurch hereinkommen, völlig anders ver-endet werden sollten als in der Form, die Sie uns hierorführen.
Entlastung ist unsere Maxime, nicht Subventionie-ung politischer Wunschträume. Gebt den Menschen, dienter den hohen Energiepreisen leiden, dieses Geld überine Senkung der Stromsteuer zurück!
as ist unser Vorschlag, nun schon im zweiten Jahr. Manuss sich überlegen: Rund 6,3 Milliarden Euro antromsteuern nimmt der Staat jedes Jahr ein; das sind0,50 Euro pro Megawattstunde. Das schreit nach Ent-astung, nicht nach Subvention.
Dies gilt übrigens umso mehr, auch vor dem Hinter-rund der Diskussion, die wir eben hatten, als wir davonusgingen, dass wir in ein paar Jahren ungefähr dasehnfache von der Summe, über die wir im Augenblickeden, einnehmen werden. Sie aber, Herr Gabriel, finan-ieren damit Ihre Klimaschutzinitiative, 120 Millionenuro für internationale, 340 Millionen Euro für nationale
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Ulrike FlachKlimaschutzmaßnahmen. Bei beiden haben wir, auchinhaltlich, erhebliche Bedenken.Ich denke, einige der internationalen Projekte, geradewas die Länder China und Russland betrifft, werdenwohl kaum auf großes Verständnis in diesem Lande tref-fen.
Ich weiß nicht, warum in einem Lande wie Russland Ge-bäudesanierungen vorgenommen werden müssen undwarum die Subventionierung einer nachhaltigen Ener-gieversorgung von Sotschi, der Stadt der OlympischenWinterspiele, nahe am ergiebigsten Erdöl- und Gasge-biet in Russland gelegen, mit deutschen Steuermittelnerfolgen muss.
Auch bei den nationalen Projekten ist Skepsis ange-bracht. Ist es wirklich Aufgabe des Bundes, ein neuesVerzinkungsverfahren zur Herstellung von Stahlseilenzu finanzieren – 1 Million Euro für die Vermeidung von486 Tonnen CO2 – oder 2 Millionen Euro für die thermi-sche Klärschlammverwertung in Albstadt aufzubringen?Sie finanzieren damit, Herr Gabriel, Aufgaben mit Steu-ermitteln, die die Wirtschaft oder, im Falle von Albstadt,die Kommunen selbst finanzieren sollten. Ihr Klima-schutz ist im Prinzip nur noch eine einzige, wirklich sehrklar zu Tage tretende Subventionierungspolitik, nichtmehr.
Übrigens habe ich am heutigen Tage den Äußerungendes Kollegen Tiefensee entnehmen müssen, dass solchePläne im Energiebereich von den Verkehrspolitikernnoch zu toppen sind. Er möchte zukünftig zinsverbilligteDarlehen für neue Autos von Geringverdienern über un-sere tolle Staatsbank KfW mit Anrechnung der Altautosausgeben, um CO2 zu vermeiden. Der Staat als Auto-händler für dieses Land, das ist wirklich das Letzte, waswir Liberalen uns vorstellen können!
Wir haben eben schon über Asse gesprochen. Wir be-zweifeln, Herr Gabriel, dass die von Frau Schavan ange-führten Kosten von ungefähr 1 Milliarde Euro wirklichin dieser Höhe entstehen werden. Wir sind gespannt, wieSie das in Ihrem Haushalt, den wir auch in diesem Jahrgenerell als Blackbox bezeichnen, verkraften werden.Das werden wir sehen, vor allen Dingen bei den Bera-tungen.„Blackbox“ heißt unter dem Strich: Sie hantieren mitSubventionsprogrammen, von denen wir weder wissen,ob das nötige Geld da ist – da bin ich bei Ihnen, FrauLührmann –, noch, ob es richtig ausgegeben werdenkann, und schon gar nicht, ob Sinn und Zweck wirklicherfüllt werden. Sie haben mit der Asse ein Projekt über-nommen, dessen finanzielle Auswirkungen völlig unklarsind und die Sie in diesem Haushalt bisher nicht darstel-len können.bhClidwSdDKslsdSlibSmHdiidnddzWszaNsdM1mtha
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Ich möchte den Bereich der Endlagerung radioakti-ver Stoffe ansprechen. Ich habe zu Beginn meiner Rededen Schacht Konrad erwähnt. Im letzten Jahr wurde einBericht über die Umrüstung vorgelegt. Wir müssen na-türlich überprüfen, inwiefern dieser Plan eingehaltenwurde. Klärungsbedürftig ist auch das Endlager Morsle-ben. Wir müssen fragen, warum das Planfeststellungs-verfahren noch immer stockt. Man sagt: Zeit ist Geld.Dies ist Steuerzahlergeld. Wir müssen sehen, dass nichtweiter verzögert wird, und müssen herausfinden, anwem dies liegt.
Zum ehemaligen Forschungsendlager Asse, das jetztin den Zuständigkeitsbereich des Bundesumweltminis-ters überstellt wird. Diese Entscheidung ist neu und fin-det sich nicht im Haushalt wieder. Aber dies wird haus-haltsrechtliche Auswirkungen haben. Es wurde vorhinangedeutet: Das ist natürlich eine Herausforderung. Ichvermute, dass das mehr kosten wird als geplant. Im For-schungshaushalt wurden 850 Millionen Euro angesetzt.Man muss davon ausgehen, dass das teurer wird. Ichmöchte aber auch sagen, dass im Interesse der Menschenvor Ort und im Interesse der Mitarbeiterinnen und Mit-arbeiter seit dem Vorliegen des Statusberichts konse-quent und zügig gehandelt worden ist.
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Herr Kelber, im Übrigen sage ich: Wer den CO2-Aus-toß in naher Zukunft reduzieren will, muss auch überine Verlängerung der Laufzeiten von Kernkraftwer-en sprechen. Ich sage das nur einmal so.
ielleicht ist diesbezüglich eine sachgerechte Entschei-ung, zum Beispiel für einen Fonds zur Förderung er-euerbarer Energien, möglich. Von Ihrem Fraktionsvor-itzenden habe ich einen Ausspruch gehört, den ich ganzut fand: Alles hat seine Zeit. – Vielleicht auch diesentscheidung.
Ich danke an dieser Stelle allen für die gute Vorberei-ung und für die Informationen, die wir bekommen ha-en. Ich wünsche uns allen eine gute Beratung.Danke.
Das Wort hat Eva Bulling-Schröter für die Fraktion
ie Linke.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!etzte Woche hat sich der Vorstand der CDU/CSU-undestagsfraktion zu Wort gemeldet. Mit seinem Ener-iepapier macht er nicht nur Front gegen den Koali-ionspartner, die Union richtet sich auch gegen die Bür-erinnen und Bürger, denen sie mit sehr seltsamenrgumenten niedrige Strompreise verspricht.So soll der Ausstieg aus dem Ausstieg den Stromkun-en angeblich 40 Milliarden Euro einbringen; denntomstrom ist ja so billig. Billig ist aber auch die Logik.ch frage Sie: Würden Eon & Co. die Preise wirklichenken wollen? Warum sollten sie das tun? Noch einmalum Mitschreiben: Der Handelspreis bildet sich an dertrombörse nicht auf Grundlage der niedrigsten Kraft-erksgrenzkosten bei Brennstoffen und Betrieb, sondernuf Basis der höchsten, und die haben in der Regel Gas-der Steinkohlekraftwerke, nicht aber abgeschriebeneKWs. Je deutlicher ein Kraftwerk unter den genanntenosten liegt, umso höher ist dessen Gewinn. Deshalb be-eutet jede Stunde längere Laufzeit zusätzlichen Profitür Atomkraftwerke. Für alle, die zuhören: Das heißt,ine Million Euro Profit pro Tag pro abgeschriebenemKW. Darum geht es!
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18814 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. September 2008
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Eva Bulling-SchröterUm dieses Geld zu kassieren, bliebe die Brennele-mentesteuer, die Minister Gabriel vorschlug. Wir unter-stützen diese Idee. Die Union lehnt sie natürlich ab, ganzstrikt, wie ich lese. Ich frage Sie: Wie wollen Sie denn andie 40 Milliarden Euro herankommen? Vielleicht wirddiese Frage ja gleich noch geklärt.
Glauben Sie tatsächlich an eine Vereinbarung mit denKonzernen? Da kann ich nur lachen. Das kennen wiralle. Das ist lächerlich.
Eine Brennelementesteuer wäre der einzige Weg, dieenormen Mitnahmeeffekte der Atomverstromer für diebislang vereinbarte Laufzeit wenigstens zu begrenzen.Sie wäre übrigens auch der einzige Weg, die absurd ho-hen Gewinne abzuschöpfen, die den AKW-Betreibernaus dem Emissionshandel zusätzlich zufließen. Durchdie Kosten für die Zertifikate steigt der Großhandels-preis nämlich noch ein Stück weit an. Diese Windfall-Profits bei AKWs bleiben im Gegensatz zum Kohle- undGasbereich übrigens auch dann bestehen, wenn dieEmissionsrechte ab 2013 vollständig versteigert werden.Nun will die Union die Laufzeiten sogar um weitere30 Jahre verlängern. Das heißt nicht nur 30 Jahre mehrRisiko – insbesondere in Bayern, wo 62 Prozent desStroms aus Atomenergie stammen –, sondern auch30 Jahre lang Extraprofite in Milliardenhöhe aus demZertifikatshandel. Aber Sozialtarife für Familien, dieihre Kinder nicht in die Ferien schicken können, lehnenSie ab. Das zeigt für mich, wie christlich und sozial Siewirklich sind.
Jetzt wollen CDU und CSU auch noch schnell dasGorleben-Moratorium aufheben. Dazu kann ich nur sa-gen: super. Das ist die Antwort auf das Desaster mitAsse II und kommt gerade jetzt, wo klar wird, dass alldie Versprechungen von Politik und Wissenschaft, diewir jahrzehntelang hören konnten, in sich zusammen-stürzen wie in Kürze die Salzpfeiler des vermeintlichenEndlagers.Noch ein letztes Wort zum Emissionshandel: Wer dieEnergiewirtschaft auch nach 2012 kostenlos mit Zertifi-katen ausstatten will – und seien es nur die Kraftwerks-neubauten –, hat entweder nichts von der Idee des Emis-sionshandels begriffen oder ist ein unverbesserlicherLobbyist der Stromkonzerne. Eines von beiden könnensich Herr Glos und Herr Huber aussuchen.
In Ehrfurcht vor der Weisheit der beiden tippe ich aufLobbyismus. Hier kennt man sich schließlich aus, beson-ders prächtig in Bayern. Im Freistaat freut man sich bei-spielsweise über mehr Verkehr, sei es auf der Straße, inder Luft oder zu Wasser. Das nutzt den Baukonzernenund auch anderen.Die Union möchte folgerichtig für 2009 1 MilliardeEuro mehr zum Ausbau der Verkehrsinfrastruktur, weilDDbdwTdghEwwIiwnwndu6lkEgdKsnABuwpgI–daErs
ächste Woche die Quittung dafür bekommen.Danke.
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht jetzt
ie Kollegin Sylvia Kotting-Uhl.
Frau Präsidentin! Herr Minister! Liebe Kolleginnennd Kollegen! Der Hit zum Umwelthaushalt heißt:00 Millionen Euro mehr für den Klimaschutz. Wie vie-es, das man von der Regierung zum Klimaschutz hört,lingt das gut. Aber was nützen diese 600 Millionenuro, wenn es nicht die richtige Begleitmusik zum Hitibt, also die richtige Politik? Da herrscht statt Harmonieie reine Dissonanz. Diese 600 Millionen Euro für denlimaschutz sind eingebettet in eine Politik von ab-chreibungsfähigen Dienstwagen, die gerne auch mit ei-em CO2-Ausstoß von 360 Gramm pro Kilometer überutobahnen ohne Tempolimit brettern dürfen, in eineiospritstrategie, die die Urwaldrodung direkt anheizt,nd in Ihre Kohlepolitik, Herr Umweltminister. Wasollen Sie allein gegen diese von Ihrer falschen Politikroduzierten Emissionen mit 600 Millionen Euro anfan-en? Diese 600 Millionen Euro haben Ähnlichkeit mithrer Patenschaft für Knut
nichts gegen Knut –, den Bildern der Kanzlerin voren Eisbergen und mit den Reden auf der COP 9, dieuch 2009 mit Kürzungen in Höhe von fast 3 Millionenuro beim Naturschutz bezahlt wird. Das ist mehr PR alseeller Klimaschutz. Wir brauchen aber reellen Klima-chutz mit hohem Wirkungsgrad.
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. September 2008 18815
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Sylvia Kotting-Uhl– Sie können eine Zwischenfrage stellen, Herr Kelber.Meine Redezeit ist zu kurz.Dafür müssten Sie als Erstes im Kabinett denLobbyisten der Automobil- und Energiekonzerne dieTür weisen. Als Zweites müssten Sie lernen, Ihr Ressortgegen die Interessen, auch die Wahlkampfinteressen, Ih-rer Kabinettskollegen zu verteidigen. Was Sie sich beimAbstimmungsprozess zum Umweltgesetzbuch von denbayerischen Kollegen Seehofer und Glos haben bietenlassen, spottet der Beschreibung. Das als größtes um-weltpolitisches Vorhaben dieser Legislatur angekündigteWerk glänzt nun damit, die Eingriffsregel, das zentraleElement des Naturschutzes, im Einvernehmen mit demLandwirtschaftsminister und dem Verkehrsminister fest-legen zu wollen. Das sind bekanntermaßen oberste Na-turschützer. Das Begehr, Naturverlust durch Geld aus-gleichen zu lassen, ist bei ihnen gut aufgehoben. Aberhier geht es leider nicht um Einnahmen, sondern – ganzim Gegenteil – um immense zukünftige Kosten durchden dadurch weiter angeheizten Natur- und Biodiversi-tätsverlust.Auch das Buch „Erneuerbare Energien“ haben Siesich von Ihren Kollegen aus dem UGB schmeißen las-sen. Dieser Entwurf eines UGB in Zeiten des Klimawan-dels enthält nun außer dem von der EU vorgegebenenEmissionshandel nichts zum Klimaschutz, nichts zu denWirkungsgraden fossiler Kraftwerke, nichts zur Res-sourcenschonung und nichts zum Anbau von Biomasse.Das ist kein Umweltgesetzbuch. Das ist eine Umge-hungsstraße, um den Klima- und Naturschutz.Auch die Umweltbrisanz bergbaulicher Vorhabenwird im UGB-Entwurf ignoriert. Die Asse ist vermutlichnur das hässlichste Beispiel für diese Brisanz. Die grüneOpposition konnte Sie – so sind nun einmal die parla-mentarischen Gepflogenheiten – nicht dazu bringen, dasAtommüllendlager Asse unter Atomrecht zu stellen. DieMacht des Faktischen und die nicht mehr zu überse-hende – vorsichtig ausgedrückt – Inkompetenz der Be-treiber haben Sie jetzt dazu gebracht. Ich gratuliere Ih-nen, zwar nicht zu einem Vergnügen – das weiß ich –,aber zu einer überfälligen richtigen Entscheidung.
Diese Entscheidung wird Geld kosten. Ergibt der Op-tionenvergleich, den das BfS durchführt, dass der Atom-müll teilweise oder gar vollständig zurückgeholt werdenmuss, dann reichen die dafür in den Entwurf desHaushalts 2009 eingestellten 89,7 Millionen Euro nichtaus. Auch die Asse-Gesamtkosten in Höhe von ge-schätzten 536 Millionen Euro werden sich eher in derGrößenordnung von Milliardenbeträgen bewegen.Angesichts des immer eindringlicheren Verdachts,dass die Asse von den EVU über den Umweg über dasForschungszentrum Karlsruhe zur billigen Entsorgunggenutzt wurde, stellt sich wirklich die Frage, ob die Sa-nierung des Skandalfalles Asse allein eine öffentlicheAufgabe ist.A–2idBFCdawDwaFrbtdnhGhedlgvvAddÖbedIm
Gleichzeitig sage ich aber auch: Zur Beratung einesesetzeswerkes, das einen Umfang von 1 200 Seitenat, braucht man natürlich Zeit. Einen solchen Gesetz-ntwurf kann man nicht im Husch-husch-Verfahrenurch das Parlament jagen. Wir müssen uns genau über-egen, was wir wo regeln und wie wir die Regelungen soestalten, dass diejenigen, die betroffen sind und sich da-on zum Beispiel einfachere Genehmigungsverfahrenersprechen, letztlich mit Fug und Recht sagen können:n dieser Stelle hat die Politik etwas erreicht.
Damit möchte ich ein ausdrückliches Lob gegenüberem Bundesumweltminister aussprechen, der heuteeutlich gemacht hat, wie eng die Verknüpfung vonkologie und Ökonomie sein muss und dass wir im Hin-lick auf Ökologie und Umweltschutz nur dann etwasrreichen, wenn wir auch ökonomisch vorankommen;as sage ich insbesondere Ihnen, Frau Bulling-Schröter.hr Versuch, hier bayerischen Landtagswahlkampf zuachen, ist gründlich verunglückt.
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Dr. Georg Nüßlein
Wir sind stolz darauf, dass sich in Bayern etwas be-wegt, dass sich im Verkehrsbereich etwas tut, dass dieWirtschaft wächst und dass wir in vielen Bereichen dieTechnologieführerschaft haben;
darüber freuen wir uns. Die CSU hat über viele Jahr-zehnte hinweg den Grundstein dafür gelegt, dass Bayernunter allen Bundesländern ganz vorn dabei ist.
Wir haben auch dafür gesorgt, dass der Umweltschutzheute eine große Bedeutung hat. Denn den Leuten inBayern, die nicht arbeitslos sind, ist es ein Anliegen,Umweltschutz zu betreiben.
Andere, die keinen Job haben und keinen bekommen,wenn Leute wie Sie Politik machen, haben natürlich an-dere Sorgen und Nöte. Diese versuchen Sie zu verführenmit Sprüchen über Sozialtarife und darüber, was Sie ih-nen alles Gutes tun wollen, was Sie ihnen alles schenkenwollen. Sorgen Sie mit einer sinnvollen Wirtschaftspoli-tik dafür, dass sie in Lohn und Brot kommen, dass sienicht auf Hartz IV angewiesen sind. Dann muss mannicht derartige Klimmzüge machen, sondern jeder kannsich letztendlich selbst finanzieren.
Das haben wir in Bayern erreicht. Das ist ein großesVerdienst der Menschen, der Unternehmer und der Ar-beitnehmer, aber auch ein Verdienst der CSU. Ich hoffe,dass Sie das an dieser Stelle zur Kenntnis nehmen.Natürlich ist die Verknüpfung von Klimaschutz- undEnergiepolitik wichtig. Ich sage auch deutlich: Wir ha-ben in das Erneuerbare-Energien-Gesetz, das wir meinesErachtens in der Großen Koalition gut novelliert haben,hineingeschrieben, dass wir den Anteil der erneuerbarenEnergien bis zum Jahr 2020 auf mindestens 30 Prozentausbauen wollen. Das war wichtig und richtig.
Die Beiträge dazu haben wir geleistet. Man muss sichaber auch die Frage stellen, woher die restlichen70 Prozent kommen. Wir wollen keine Denkverbote,weder für Herrn Fischer noch für Herrn Clement.
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Als der Umweltminister die Themen Ökologie undkonomie angesprochen hat, hat er sich aus meiner Sicht so hoffe ich es – insbesondere auf den Emissionshan-el bezogen, dessen Ausgestaltung noch bevorsteht. Wasassiert hier?Die Franzosen lehnen sich momentan zurück und sa-en, dass sie einen 80-prozentigen Anteil der Kernener-ie haben. Ihr Anteil ist erfüllt. Das kann doch nicht dieahrheit sein.Wir müssen auf der einen Seite den deutschen Aus-tieg aus der Kernenergie überdenken und auf der ande-en Seite den Emissionshandel so ausgestalten, dassnergieintensive Unternehmen nicht einfach aus demand getrieben werden. Ich bin der festen Überzeugung,ass der Emissionshandel nur dann zu einem kosten-ünstigen Klimaschutz führt, wenn der Wettbewerb aufem Energiemarkt tatsächlich funktioniert. Auf demnergiemarkt herrscht jedoch nach wie vor ein Oligopol,as die Preise so durchsetzt, wie es dies möchte.
Herr Kelber, das eine sind Produktionskapazitäten, undas andere betrifft die Frage, wie wir den Wettbewerbestalten. Vorhin hat sogar Frau Bulling-Schröter einge-äumt, dass es sich hierbei um eine kostengünstige Ener-ie handelt.
s kann doch nicht sein, dass es keine Preiswirkungenach sich zieht, wenn man einen Zweig herausschneidetnd durch teurere Kernkraftwerke ersetzt. Das glaubenie doch selbst nicht. Das wissen Sie doch ganz genau.
Zurück zum Thema Emissionshandel. Solange wir dieroblematik der Oligopolsituation haben, so lange be-teht das Risiko, dass das, was durch den Emissionshan-el geschieht, am Ende nur eingepreist wird und zu hö-eren Strompreisen führt, was angesichts einer niedrigenreiselastizität der Nachfrage das Ganze letztlich nuroch teurer macht.
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Dr. Georg NüßleinEntscheidend ist, dass wir eine Verknüpfung zur Öko-steuer sehen, die heute auch schon mehrfach angespro-chen worden ist. Wir werden doch am Schluss nicht eineEnergiepolitik machen wollen, bei der wichtig ist, dassjede Kilowattstunde teuer ist, sodass die Leute entspre-chend weniger verbrauchen. Das kann doch nicht unserZiel sein. Das ist im Hinblick auf die Verbraucherinnenund Verbraucher unsozial und im Hinblick auf die Unter-nehmen gefährlich; denn wir beschädigen am Ende denStandort Deutschland. Das darf nicht sein.Einiges, was vonseiten der EU in unsere Richtunglanciert wird, erweckt bei mir den Eindruck, als ziele esdarauf ab, den Standort Deutschland etwas einzuengenund einzuschränken. Ich erinnere an das, was der Um-weltminister im Zusammenhang mit den Flottenzielenfür unsere Automobilindustrie angesprochen hat. Ent-scheidend ist, sorgfältig mit dem Thema umzugehen unddafür Sorge zu tragen, dass am Standort Deutschland diePremiummodelle der Welt produziert werden, dass wirletztlich im Bereich der Automobilindustrie vorankom-men.
Herr Kollege, Sie könnten Ihre Redezeit verlängern,
wenn Sie eine Zwischenfrage von Undine Kurth zulas-
sen.
Ja, herzlich gerne.
Undine Kurth (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN):
Herr Kollege, ich möchte Sie fragen, ob ich Sie eben
richtig verstanden habe, dass Sie der Meinung sind, dass
die EU mit umweltpolitischen Vorgaben darauf abzielt,
den Standort Deutschland zu schädigen.
Ich habe gerade gesagt, dass ich mich an manchen
Stellen des Eindrucks nicht erwehren kann, dass hier
auch Industriepolitik betrieben wird. Speziell bezogen
auf die Franzosen sage ich, dass ich ihnen das unter-
stelle.
Ich nehme mit Interesse zur Kenntnis, dass wir hier in
Deutschland unseren Energiemarkt liberalisieren und
den Unternehmen – vom Stadtwerk bis hin zum Groß-
konzern – Daumenschrauben anlegen, während es in
Frankreich ganz selbstverständlich ist, dass ein großer
staatlich geführter Energiekonzern zum Schluss auch
noch die Chemieunternehmen mit billigem Strom sub-
ventioniert. Liebe Frau Kollegin, darüber darf man im
nationalen Interesse doch auch einmal reden.
Es ist natürlich auch spannend, dass man im Bereich
der Automobilindustrie insbesondere die belastet, die die
Premiummodelle dieser Welt produzieren. Wir wollen
diese großen Autos ja weiterhin, aber mit anderen Stan-
dards. Sie wollen einen Verzichtsumweltschutz. Wir ha-
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Liebe Kollegin, Sie wollen einen Verzichtsumwelt-
chutz. Wir von der Union wollen einen Hightech-Um-
eltschutz, mit dem wir dieses Land und uns alle tech-
isch voranbringen und dafür Sorge tragen,
ass auch Umweltschutz Spaß macht, sodass wir am
nde die Ideenschmiede der Welt sind,
chlüsseltechnologien anbieten und dafür Sorge tragen,
ass gesagt wird: Mit der Ökologie erzielt man auch eine
endite in diesem Land.
Das ist unser Anliegen. Vielleicht überdenken Sie ein-
al Ihre Position, weil sie demnächst niemand mehr hö-
en will.
Vielen herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Damit sind wir am Ende der Debatte über diesen Ein-elplan.Wir kommen jetzt zum Geschäftsbereich des Bundes-inisteriums für Bildung und Forschung, Einzel-lan 30.Als Erste spricht die Bundesministerin Dr. Annettechavan.
Dr. Annette Schavan, Bundesministerin für Bil-ung und Forschung:Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!eine Damen und Herren! Die Bildungsrepublik under Wissenschafts- und Forschungsstandort Deutschlandassen sich nicht voneinander trennen. Sie sind die Quel-en des künftigen Wohlstands. Wer in Zukunft exzellenteorschung will, der muss heute für exzellente Bildungorge tragen.Diese Bundesregierung macht mit dem Aufstiegurch Bildung und mit der Modernisierung und Inter-ationalisierung des Wissenschaftssystems Ernst. Dasst eine Leistung der Großen Koalition und der sie tra-enden Fraktionen. Dafür steht auch der Haushalt 2009,it dem wir erstmals die Grenze von 10 Milliarden Euroberschreiten.
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Bundesministerin Dr. Annette SchavanZugleich ist klar: Geld ist nicht alles. Entscheidendsind die richtigen Strategien und die Zusammenarbeit al-ler Akteure im Bildungs- und Wissenschaftssystem. Da-für stehen der Bildungsgipfel und exemplarisch auch dieImpulse, die wir mit diesem Haushalt verbinden.Ich will zwölf solcher Impulse auswählen, die fürdiese beiden großen Bereiche – Aufstieg durch Bildungeinerseits und Modernisierung und Internationalisierungdes Wissenschaftssystems andererseits – stehen.Wir fördern die innovativen Wege zur Stärkung derfrühkindlichen Bildung wie die bessere Verbindungvon Grundschulen und Kindertagesstätten in den Bil-dungshäusern, die Erzieherinnenausbildung und das„Haus der kleinen Forscher“.Wir bauen die Ganztagesschulen aus – es sind mitt-lerweile 7 000 – und kümmern uns in nahezu allen Län-dern mit den Serviceagenturen um die Qualität der Pä-dagogik in den Schulen.Im Jahr 2008 wird die Zahl der Ausbildungsplätze sohoch sein, wie es seit der Wiedervereinigung vor20 Jahren nicht mehr der Fall gewesen ist.
Wir haben Aufstiegsstipendien für Begabte in derberuflichen Bildung eingerichtet und machen ernst mitder Gleichwertigkeit von allgemeiner und beruflicherBildung. Wir öffnen die Hochschulen für beruflich Qua-lifizierte. Das ist ein Thema für den Bildungsgipfel, wasdie Maßnahmen der Länder angeht, aber dazu werdenauch die Maßnahmen des Bundes in Richtung einer offe-nen Hochschule kommen.Zusammen mit den Ländern werden wir Maßnahmenvereinbaren, die jedem Jugendlichen die Chance auf ei-nen Schulabschluss bieten, weil niemand verloren ge-hen darf und der Schulabschluss die Eintrittskarte füreine qualifizierte Ausbildung ist. Wir verbessern dasMeister-BAföG, indem wir den Kreis derer erweitern,die anspruchsberechtigt sind.Die Zahl der Studienanfänger steigt seit dem Winter-semester 2007/2008 wieder, erfreulicherweise vor allemin den Natur- und Technikwissenschaften. Wir haben dasBAföG erhöht: den Förderbetrag um 10 Prozent und dieFreigrenze um 8 Prozent.Wir fördern „Lernende Regionen“ in Deutschlandund damit die Zusammenarbeit aller Institutionen imBildungssystem mit Blick auf ihren Beitrag zu einer le-benslangen Bildungsbiografie. Das ist die Vorausset-zung, damit wir das Ziel einer deutlich höheren Teilhabean der Weiterbildung erreichen.Mit der Exzellenzinitiative, dem Pakt für Forschungund Innovation und dem Hochschulpakt stärken wir dasWissenschaftssystem und fördern strukturelle Moderni-sierung, zum Beispiel durch die Gründung des Karlsru-her Instituts für Technologie und andere Bündelung vonKräften im Wissenschaftssystem. Wir fördern Spitzen-cluster in Deutschland, die das Potenzial haben, in dieinternationale Liga aufzusteigen. Ich weise ausdrücklichdRLwfB3EHdcicdEZeSsdaEfbstdnzunmWvjDstDusbsiiWfD
Die Bundesregierung hält an der Lissabon-Strategieest. Das ist in den Reden des Finanzministers und derundeskanzlerin deutlich geworden. Wir investierenProzent des Bruttoinlandsprodukts in Forschung undntwicklung. Der Bundesanteil wird im vorliegendenaushalt bei 2,8 Prozent liegen. Wir wissen aber auch,ass die Erreichung des 3-Prozent-Ziels nicht allein Sa-he des Bundes ist. Auch die Länder und Unternehmenn Deutschland müssen ihren Beitrag leisten. Bislang rei-hen die Bemühungen beider nicht aus.
Deshalb sage ich an die Adresse beider ganz klar,ass es ein gemeinsames, nationales Ziel ist, zu dessenrreichung bei beiden Partnern zugelegt werden muss.ugleich stelle ich aber auch fest, dass wir mit unserenrheblichen Investitionen in dieser Legislaturperiode zurpitzengruppe in Europa gehören. Deutschland steht miteiner F-und-E-Quote an dritter Position hinter Schwe-en mit 3,82 Prozent und Finnland mit 3,45 Prozent. Inbsoluten Zahlen steht Deutschland mit 58,8 Milliardenuro – bereits in 2006 – an erster Stelle in Europa, ge-olgt von Frankreich mit 38 Milliarden Euro und Groß-ritannien mit 32 Milliarden Euro. Das sollten wirelbstbewusst zur Kenntnis nehmen. In dieser Legisla-urperiode ist in der Großen Koalition viel erreicht wor-en, was zusätzliche Investitionen angeht.
Unsere internationalen Wissenschaftskooperatio-en nehmen zu. Wir sind gefragte Partner. Das hat nichtuletzt mit der exzellenten Arbeit unserer Forscherinnennd Forscher zu tun. Klar ist: Die Dynamik im inter-ationalen Wettbewerb ist enorm. Deshalb weise ich im-er wieder darauf hin, dass wir bereits einen Teil deseges zurückgelegt haben. Weitere Teile liegen nochor uns. Das heißt, dass Deutschland noch attraktiver fürunge Talente aus aller Welt werden muss.
eshalb war es richtig, dass die Bundesregierung bes-ere Regelungen für die Zuwanderung hoch qualifizier-er Fachkräfte beschlossen hat. Wir wollen, dasseutschland für Talente aus aller Welt attraktiver wirdnd dass diejenigen, die aus Deutschland weggegangenind, um an internationalen Forschungsinstituten zu ar-eiten, den Weg zurück finden. Sie sollen spüren, dassich etwas bewegt, dass es attraktive Möglichkeiten auchn Deutschland gibt. Allein im Kontext von Exzellenz-nitiative und Hochschulpakt werden 10 000 Stellen fürissenschaftler entstehen.Wer nach den Prioritäten bei den Forschungsthemenragt, dem antworte ich – ich bin fest davon überzeugt –:ie Prioritäten werden in der nächsten Dekade bei Ener-
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Bundesministerin Dr. Annette Schavangie und Klimaschutz einerseits und Gesundheit und Er-nährung andererseits liegen. Hier legen wir zu, auchkonzeptionell. Es geht um neue Strukturen. Dazu zähleich die Gründung eines Institute for Advanced Studiesfür Klimaforschung in Potsdam sowie die Errichtung na-tionaler Kompetenzzentren gegen Demenz in Bonn undgegen Diabetes in München. Ich werde die Leopoldinabeauftragen, uns bis zum Frühjahr ein nationales, inte-griertes Energieforschungskonzept vorzulegen. Wirbrauchen eine nationale Strategie der Energieforschung,und zwar ressort- und institutionsübergreifend. Mit derBündelung der Kräfte können wir unseren Beitrag zurinternationalen Forschungsagenda leisten.Kleine und mittlere Unternehmen sprechen wir mit„KMU-innovativ“ an. Den vom Haushaltsausschuss bis2009 geforderten Anstieg in Höhe von 25 Prozent beider Projektförderung werden wir voraussichtlich schonzum Ende dieses Jahres erreichen. Die Hightech-Strate-gie für Deutschland ist international anerkannt. Siemacht Wissenschaft und Wirtschaft zu natürlichen Part-nern im Prozess der Innovation. Die ersten Innovations-allianzen sind geschlossen. Weitere werden folgen. Ichbin davon überzeugt: Darin steckt auch ein wichtigeswirtschaftspolitisches Potenzial.Die Wirkung der Forschungsprämie stellt sich bislangnicht wie gewünscht ein. Wir müssen über die Weiter-entwicklung von Anreizsystemen sprechen. Das hatauch mit der Ausgestaltung der Forschungsprämie imKontext von Auflagen der EU zu tun. Unsere Aufgabewird sein, darüber nachzudenken, wie das Anreizsystembesser gestaltet werden kann.
Im internationalen Wettbewerb werden unsere Un-ternehmen in dem Maße erfolgreich sein können, in demsie innovativ sind. Dazu kann der Staat seinen Beitragleisten, und das tun wir. Dazu muss aber auch der Bei-trag der Länder und der Unternehmen deutlich verbes-sert werden. Ansonsten ist das 3-Prozent-Ziel nicht zuerreichen.
Bildung und Wissenschaft gehören in die Mitte der Poli-tik und in die Mitte der Gesellschaft. Nur dann, wennwir heute die Weichen richtig stellen, wird der Aufstiegdurch Bildung gelingen und das Wissenschaftssysteminternationalen Ansprüchen genügen.Es gehört zu den Leistungen der Großen Koalition, ineinem überwältigenden Konsens wichtige Weichen ge-stellt zu haben. Dafür danke ich den Kolleginnen undKollegen in den Fraktionen und in der Bundesregierung;denn vieles von dem, was wir tun, geht nur, weil wir esgemeinsam tun.Vielen Dank.
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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!er Etat des Bundesforschungsministeriums hat in denetzten Jahren – genauso wie in diesem Jahr – erheblicheteigerungen erfahren.
as sind seit 2005 immerhin 33 Prozent mehr. Frauchavan, ich sage Ihnen für die FDP: Das ist eine be-chtliche Leistung.
Ich will an dieser Stelle aber auch etwas anderes deut-ich sagen: Wir begrüßen zwar diese Entwicklung undegleiten sie natürlich haushalterisch. Aber wir sindehr als skeptisch, ob Sie – das klang schon in Ihrerede an – das 3-Prozent-Ziel mit den bisher erkennba-en Anstrengungen erreichen werden. Der Finanzminis-er hat uns erklärt, er gehe davon aus, dass das BIP 2009m ungefähr 1 bis 1,2 Prozent steige. Das hieße imlartext, dass allein Sie als Bund milliardenschwere zu-ätzliche Investitionen leisten müssten. Von den Ländernnd der Wirtschaft will ich an dieser Stelle gar nicht re-en. Sie als Große Koalition haben die Schlacht um das-Prozent-Ziel bereits verloren.
Vor diesem Hintergrund ist die Unverfänglichkeit desaushaltsentwurfes übrigens kein Wunder. Es ist zwarin Haushalt der höheren Ansätze, aber leider auch einaushalt vieler guter Vorsätze. Frau Ministerin, die gro-en Fragen Ihres Bereiches bleiben unbeantwortet. Ichls Parlamentarierin finde es mehr als unbefriedigend,ass Sie die Klärung dieser Fragen auf einen außerparla-entarischen Gipfel verschieben. Die „Gipfelei“ derroßen Koalition führt dazu, dass wir an einer Stelle, wos nötig wäre, keine Entscheidung mithilfe des Königs-echts des Parlaments, des Haushaltsrechts, treffen kön-en.
Ja, das ist der Gipfel, Herr Tauss.Sie reden zum Beispiel davon, dass der Hochschul-akt 2020 fortgeführt werden muss. Das ist richtig. Abers ist an keiner Stelle zu erkennen, in welchem Ausmaßeund und Länder sich engagieren werden. Im kommen-en Jahrzehnt rechnen wir mit ungefähr 270 000 zu-ätzlichen Studenten. Soll jedem ein Studienplatz zurerfügung gestellt werden, ist mit Kosten von rundMilliarden Euro – das sind 3 Milliarden Euro für denund – zu rechnen. Da haben Sie noch keinen einzigenent für die Lehre ausgegeben. Dieser Haushalt ver-
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Ulrike Flachbleibt im Ungefähren und gibt die großen Probleme, dieauf uns zukommen, überhaupt nicht wieder.
Das Gleiche gilt für die Exzellenzinitiative. Natür-lich ist der gute Wille da. Aber Sie beantworten über-haupt nicht die Frage, die überall im Lande diskutiertwird. Ich meine den Wunsch der Länder, zum altenGießkannenprinzip zurückzukehren. Dazu erwarte ichvon Ihnen ein klares Wort. Exzellenzförderung darf nachnur einer Periode nicht in die alte Unsitte zurückverfal-len, dass jedem Landesminister, der die Hand hebt, nach-gegeben wird, wie wir es vor ein paar Monaten mit ei-nem zusätzlichen Programm von Ihnen schon erlebthaben.Ich erwarte auch, dass man den Fachhochschuleneine Chance gibt. Es gibt dafür einen Haushaltsposten,der bis zum heutigen Tage gerade einmal zu 33 Prozentabgeflossen ist. Wir wollen eine Exzellenzinitiative fürdie Fachhochschulen.
Das ist etwas, womit wir den Fachhochschulen helfenkönnen. Genau das erwarten wir von Ihnen.Ein weiterer Punkt, der sich in diesem Haushalt nichtwiderspiegelt, ist der Pakt für Forschung zwischenBund, Ländern und den Forschungsorganisationen. Au-ßerdem habe ich erwartet, dass Sie heute etwas zur Null-runde für die Forscher sagen. Es gibt, wie bei jedemBürger in diesem Land, wachsende Energiekosten,Preissteigerungen und eine Inflation von über 3 Prozent.Das heißt für die Forscher, dass sie trotz einer Etatsteige-rung von 3 Prozent in diesem Jahr nichts auf dem Tischhaben.
Ich erwarte, dass die Bundesregierung darauf eine Ant-wort gibt und nicht nur auf die GWK verweist, die sagt,dass vielleicht irgendwann einmal 5 Prozent mehr ausge-ben werden sollen; das ist keine Aussage. Das mag viel-leicht auf einer „Gipfelei“ zu irgendwelchen Ergebnis-sen führen. Es spiegelt sich aber nicht in dem Etat wider,den wir heute besprechen.Frau Schavan, ich finde es schon witzig, wie Sie inden letzten Wochen in die Rolle Ihrer Vorgängerin ge-schlüpft sind, zur Bildungsministerin der Nation werden
und plötzlich das Ganztagsschulprogramm, das wirübrigens schon immer gut gefunden haben, als etwasTolles betrachten.
Ich erinnere mich aber noch daran, dass die Kolleginnenund Kollegen von der CDU/CSU aus dem Ausschussausgezogen sind, weil sie das Ganztagsschulprogrammnicht wollten. Das ist eine erstaunliche Entwicklung.
Vielleicht bewirkt die Koalition doch etwas.bitcaPwftpnnSk1nV7TAizjtaIf7–sesdkgBBfab
Jetzt hat Christel Humme das Wort für die SPD-Frak-
ion.
Liebe Kollegen! Liebe Kolleginnen! Der Einzel-lan 30 ist Ausdruck eines Gesamtkonzeptes, das wir fi-anzpolitisch verfolgen, nämlich einen Haushalt für dieachfolgenden Generationen aufzustellen. Auf der eineneite wollen wir für die nachfolgenden Generationenonsolidieren – der Gesamthaushalt wächst um,8 Prozent –, auf der anderen Seite möchten wir denachfolgenden Generationen Zukunftschancen bieten.on daher freuen wir uns, dass der Einzelplan 30 um,8 Prozent wächst auf 10 Milliarden Euro. Das ist in derat ein Rekordhaushalt.
Bildung und Forschung sind für die Teilhabe undufstiegschancen, für mehr Innovation – Frau Flach, dasst richtig –, aber auch für mehr soziale Gerechtigkeitwei der wichtigsten Politikfelder überhaupt. Dafür isteder Euro, den wir hier investieren, genau richtig inves-iert. Es ist gut investiertes Geld, wenn die Forschungs-usgaben, Frau Flach, um 450 Millionen Euro steigen.ch finde Ihre Kritik an dieser Stelle vollkommen ver-ehlt; denn der Bund hat in dieser LegislaturperiodeMilliarden Euro zusätzlich für Forschung ausgegeben.
Man kann immer sagen, das reicht nicht. Aber wennich die Länder und die Wirtschaft so wie der Bundngagieren würden, dann kämen wir dem 3-Prozent-Zielchon wesentlich näher.
Es ist gut investiertes Geld, wenn wir den Aufstiegurch Bildung organisieren und die Weiterbildung stär-en. Wir haben – das haben wir gerade gehört – das Pro-ramm für die Aufstiegsstipendien verabschiedet, dieildungsprämie eingeführt, und wir werden das Meister-AföG reformieren. Dabei wollen wir stärker die Elternördern, die finanzielle Ausstattung verbessern und vorllen Dingen Menschen mit Migrationshintergrund ein-eziehen. Wichtig ist uns, dass wir Zukunftsfragen be-
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Christel Hummeantworten, indem wir Altenpflegerinnen und Altenpfle-ger sowie Erzieherinnen und Erzieher in dieAufstiegsförderung einbeziehen und dadurch besser för-dern.
Ich danke dem Finanzminister, dass er auch dafür bereitsjetzt das Geld zur Verfügung gestellt hat.Liebe Kollegen, liebe Kolleginnen, wir Abgeordnetesind regelmäßig in unseren Wahlkreisen unterwegs. Wirsind quasi täglich auf Bildungsreise.
– Ja, schon seit ganz vielen Jahren, das ist richtig. – Wirsind in Unternehmen, Schulen, Kindergärten, Universi-täten und Fußgängerzonen unterwegs. Bei diesen vielenGesprächen stelle ich immer wieder fest: Das ThemaBildung berührt die Menschen ganz unmittelbar undbrennt ihnen auf den Nägeln. Dabei interessiert es dieMenschen nicht, welche Ebene im föderalen Staats-wesen für welche Frage zuständig ist. Die Menschenverstehen die Zuständigkeitsdebatte überhaupt nicht. Siewollen Lösungen. Frau Flach, Sie haben gerade ein gutesBeispiel dafür gebracht. Sie nutzen es aus, dass die Men-schen das System nicht verstehen und den Schuldigen ander falschen Stelle suchen.
Die Menschen sehen, dass Kinder aus den oberen so-zialen Schichten vier- bis fünfmal häufiger zum Gymna-sium gehen. Sie sehen, dass 40 Prozent der Migrantenkeinen Berufsabschluss haben. Sie sehen, dass die Hälfteder Hauptschüler nach einem Jahr noch immer keinenAusbildungsplatz hat. Sie sehen weiterhin, dass Kinderaus Akademikerfamilien zu 83 Prozent und Kinder ausNichtakademikerfamilien zu 23 Prozent studieren. DieseListe der fehlenden Chancen könnte ich noch erweitern.
Uns geht es darum, die Chancen zu verbessern und dieUngleichheiten zu beseitigen. Ich stelle dabei mit großerZufriedenheit fest, dass sich das Bewusstsein vieler Ver-antwortlicher an dieser Stelle geändert hat.Erstes Beispiel: Ich erinnere an die kontroverse De-batte von vor einem Jahr über die frühkindliche Bildung.Heute stellt keiner mehr infrage, dass wir mehr Kita-plätze für die frühe Bildung brauchen. Das ist die Über-zeugungsarbeit der SPD.
Das Gleiche – zweites Beispiel – gilt für die Schulpo-litik. Ich weiß – daran erinnere ich mich noch ganz deut-lich –, dass die Durchsetzung des Ganztagsschulpro-gramms unter Rot-Grün mit einer Mittelausstattung von4 Milliarden Euro – darauf sind wir sehr stolz – ein re-gelrechter Kampf war.IdGgeZdJgsvsfdieBmmlfgodF–IwIdIleDUw
ch freue mich, dass auch Sie, Frau Ministerin, öffentlicharüber nachdenken – so konnte man es lesen –, diesesanztagsschulprogramm auch 2010 weiterzuführen. Ichlaube, richtige Konzepte setzen sich in der Tat durch.
Das dritte Beispiel ist der Hochschulpakt II. Was gabs für Debatten! Darf der Bund dafür sorgen, dass dieahl der Studienplätze steigt? Ja, er darf. Heute gibt esarüber einen Konsens, und die Debatte von vor zweiahren ist vergessen.
Alles in allem denke ich: Wenn, was hier vor zwei Ta-en auch zum Ausdruck kam, das Bewusstsein einer Ge-amtverantwortung für Bildung schon vor drei Jahrenorhanden gewesen wäre, vor allen Dingen auf Unions-eite, dann, so glaube ich, hätte die Föderalismusre-orm I etwas anders ausgesehen.
Darum, Frau Schavan, teile ich Ihre Auffassung, dasser Bildungsgipfel Zeichen setzen muss. Ich denke, esst richtig, dass föderale Zuständigkeit sicherlich nichtin Vorwand für Untätigkeit sein kann. Vielmehr müssenund und Länder gemeinsame Ziele formulieren. Esuss konkrete Vereinbarungen mit den Ländern fürehr Investitionen in Bildung, für mehr Ganztagsschu-en, für mehr Studienplätze und größere Anstrengungenür mehr Durchlässigkeit, was ich ganz wichtig finde,eben. Der Hochschulzugang sollte bundesweit gleichrganisiert sein, auch der ohne Abitur. Letztlich gehörtazu auch die zweite Chance.
rau Flach, da teile ich Ihre Auffassung überhaupt nicht.
Nein, das ist schon die richtige Stelle, hören Sie nur zu.ch habe doch noch gar nichts gesagt. Woher wissen Sie,as ich sagen will?
ch teile Ihre Auffassung gar nicht, dass das Nachholenes Hauptschulabschlusses nicht der richtige Weg ist.ch glaube, wir dürfen keinen jungen Menschen alleineassen oder zurücklassen. Jeder muss die Chance aufine Grundausbildung und einen Grundabschluss haben.afür sorgen wir auch bundesweit. Ich hoffe, dass dienion ihre Blockadehaltung in dieser Frage aufgibt undir einen Schritt weiterkommen.
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Frau Kollegin Humme, möchten Sie eine Zwischen-
frage von Frau Flach zulassen?
Ich hätte jetzt meinen letzten Satz gesagt. – Bitte
schön, Frau Flach.
Danke schön, Frau Kollegin. – Ich wollte Sie fragen,
ob Ihnen klar ist, dass wir als FDP natürlich nicht dage-
gen sind, dass Menschen einen Hauptschulabschluss
nachholen,
sondern dass wir dezidiert dagegen sind, dass der Bei-
tragszahler über die Arbeitslosenversicherung zusätzlich
belastet wird, weil wir nicht glauben und uns das in Dis-
kussionen im Haushaltsausschuss auch von der BA be-
stätigt wurde, dass die Bundesagentur die richtige Orga-
nisation ist, um den Menschen zu helfen, denen wir alle
helfen wollen.
Frau Flach, welche Antwort geben Sie denn aus Bun-
dessicht den Jugendlichen? Sie wissen, dass Jahr für Jahr
80 000 junge Menschen in den Ländern keinen Haupt-
schulabschluss erreichen.
Wo landen die denn? Die landen in Weiterbildungsmaß-
nahmen und Eingliederungsmaßnahmen der Bundes-
agentur für Arbeit. Warum sollte die Bundesagentur für
Arbeit nicht die Grundausbildung vermitteln, damit die
jungen Menschen eine Chance in der Zukunft haben?
Die Antwort auf diese Frage bleiben Sie mir schuldig.
Wir sind der Meinung, wir müssen an dieser Stelle unbe-
dingt handeln, um zukünftige Kosten für die BA zu ver-
meiden.
Mein Schlusssatz bleibt aus. Ich sage für die Sozial-
demokraten und Sozialdemokratinnen: Für uns bleibt
Aufstieg durch Bildung ein zentrales Leitmotiv. Wir ha-
ben da die Verantwortung für eine 145-jährige Tradition.
Es spricht jetzt Dr. Petra Sitte für die Fraktion Die
Linke.
Danke. – Frau Präsidentin! Meine Damen und Her-ren! Frau Humme, es ist genau richtig: Tatsächlich wirdin den Wahlkreisen sehr viel über Bildung geredet, unddie Leute sind extrem unzufrieden mit dem Bildungssys-tem in diesem Land. Tatsächlich haben viele Angst, dassihre Kinder nicht die bestmögliche Bildung erhalten. Ge-nau das bestätigen Studien der OECD und die PISA-Stu-dSüAkKShDennhBlddIhDFihBwFcnadlFzlzmkHDFa–k
Wer wirklich Bildung für alle will, wer moderne Bil-ung will, der muss an dieser Stelle eben auch einen Po-itikwechsel vertreten. Kinderbetreuung, Bildung undorschung müssen endlich in Gänze ausreichend finan-iert und qualifiziert werden. Ihre Initiativen sind eigent-ich – Sie geben es auch selber zu – nichts als halbher-ige Kompromisse, die Sie mit den Ländern schließenüssen, weil Sie sich die wesentlichen Entscheidungs-ompetenzen in der Föderalismusreform haben aus derand schlagen lassen.
em hat die FDP übrigens zugestimmt.Deshalb hat sich die Linke bei der Fortsetzung deröderalismusreform für einen nationalen Bildungspaktusgesprochen.
Das wäre ja ganz neu. Okay, ich schlage nach. Verha-en wir uns jetzt nicht an diesem Punkt.
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Dr. Petra Sitte
Es geht hier nicht – das ist allerdings festzustellen –um Hoheitsrechte von Bildungsministern, sondern umBildungsrechte von Kindern und Jugendlichen.
Frau Humme, Sie haben ein Beispiel gebracht, das ichjetzt wirklich als selektive Wahrnehmung bezeichnenwill. Das Gezerre um die Verbesserung der Tagesbe-treuung ist bezeichnend. So kommen aktuell auf100 Kinder im Westen 3,4 Krippenplätze; im Osten sindes 34,8. Dazu sagte eine zuständige CDU-Ministerin:Das muss sich ändern; wir brauchen mehr Platzangeboteim Westen. – Das sagen viele im Land. Sehr gut, das sollman machen. Aber was passiert? Diese CDU-Ministerinscheitert fast an den eigenen Parteifreunden, und der so-zialdemokratische Finanzminister boykottiert diese Ent-wicklung über weite Strecken.
Das ist absurdes Theater. Umgekehrt wird ein Schuhdaraus.
Wir sagen: Betreuung und Bildung müssen den gan-zen Tag angeboten werden. Sie müssen als Rechtsan-spruch der Kinder ausgestaltet werden – unabhängig vonderen sozialer Situation –, und sie müssen schrittweisegebührenfrei werden. Dieser Anspruch darf nicht, wie esbeispielsweise in Brandenburg und Sachsen-Anhalt pas-siert, eingeschränkt werden, nur weil die Eltern arbeits-los sind.Wer Chancengleichheit für Kinder will, muss auchdas Schulwesen modernisieren, ganz klar. Gemein-schaftsschulen als Schule für alle sind jetzt wieder in al-ler Munde. Wir unterstützen das ebenso. Diese Schulesoll bis zum mittleren Abschluss führen.
Lernen und Lehren sollen so gestaltet werden, dass indi-viduelle Förderung den jeweiligen Begabungen der Kin-der entspricht. Warum soll in diesem Land nicht möglichsein, was in anderen Ländern längst praktiziert wird?
Ebenso dramatisch ist die Situation auf dem Ausbil-dungsmarkt; Sie haben es schon angedeutet. 400 000Jugendliche hängen in einer Warteschleife. Das heißt, siebeginnen ihr Leben auf einem Abstellgleis. Man musssich einmal vorstellen, was das für ein Lebensgefühl ist.Deshalb brauchen wir an dieser Stelle einen scharfenSchnitt. Das Recht auf Bildung muss schlicht und ergrei-fend erweitert werden. Deswegen unterstützen wir diePhssvSDcSZpsIdShtgtPgngwsSüwgtSDwsnkb–dDdcsch
Ach Gott, Herr Tauss, „Nationalistin“! Bleiben Sieoch mal auf dem Teppich!
ie besten Köpfe will man also anziehen, indem manas Tarifrecht bricht. Das heißt, die sozialen und berufli-hen Perspektiven von Nachwuchswissenschaftlern, dieich an der eigenen Universität oder Hochschule entwi-kelt haben, werden preisgegeben. Was kommt dabeieraus? Am Ende wandern genau die ab, und Sie versu-
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Dr. Petra Sittechen ein paar Jahre später, diese mit Spitzengehälternwieder zurückzuholen. Das ist doch abstrus.
Wir sagen: Wer Leistungskriterien erfüllt, muss anden Hochschulen in der Bundesrepublik Deutschlandauch klare Perspektiven bekommen. Soziale und fami-liäre Planungen des wissenschaftlichen Nachwuchses,insbesondere von Frauen, müssen verlässlich werden.Ich sage Ihnen: Die Milliarden für die wunderschönenHochglanzprogramme, über die Sie vorhin gesprochenhaben, drohen zu verpuffen, wenn die Fachkräfte fehlen.In Ostdeutschland ist das heute schon Alltag.In diesem Land leben immer mehr qualifizierteArbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, Freiberuflerund Selbstständige von Peanuts – ich benutze diesen Be-griff bewusst –, insbesondere im kreativen Bereich. Ge-meint sind Informatik und Kommunikation, beispiels-weise die Computerspielbranche und dergleichen. InHamburg arbeiten 21 Prozent aus dieser Branche zu ei-nem Jahresgehalt von unter 10 000 Euro. Das heißt:Lange Arbeitszeiten, hoher Stress, mangelnde Aufstiegs-chancen, fehlende Absicherung für Zeiten der Krankheitund der Rente sowie unsichere Jobs sind für diese Berei-che typisch geworden – auch unter den Bedingungen derschönen Programme, von denen Sie gesprochen haben.Das Neue an dieser Entwicklung ist – darauf mussman aufmerksam machen –: Bildung schützt in diesemLand gar nicht mehr vor Armut. Ist das nicht ein Argu-ment mehr dafür, dass man in diesem Land flächende-ckend Mindestlöhne gesetzlich einführen sollte?
Das Fazit der Linken will ich in folgenden Forderun-gen an den Bildungsgipfel der Bundesregierung ausdrü-cken:Erstens. Bildung muss eine gemeinsame Aufgabe vonBund und Ländern werden.
Wir brauchen einen nationalen Bildungspakt.
Sie müssen zum Ende kommen, bitte.
Ich bin sofort fertig.
Zweitens. Bildung muss gebührenfrei werden – von
der Kindertagesstätte bis zur Weiterbildung.
Drittens. Das gegliederte Schulsystem ist abzuschaf-
fen – als erster entscheidender Schritt hin zu Chancen-
gleichheit von Kindern und Jugendlichen in diesem
Land.
Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
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Für Bündnis 90/Die Grünen hat Krista Sager das
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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frauerkel hat gestern gesagt: Die Bildungsrepublik ist dereste Sozialstaat. – Wenn das stimmt, dann muss ich sa-en: Es ist um beides in Deutschland aber nicht sonder-ich gut bestellt. Fachkräftemangel und Bildungsarmutind bei uns längst zwei Seiten der gleichen Medaille.Tatsache ist: Die Merkel’sche Bildungsrepublik isteder auf den demografischen Wandel noch auf den glo-alen Wettbewerb sonderlich gut vorbereitet.
Prozent eines Jahrgangs verlassen die Schule ohne Ab-chluss. Von den 15-Jährigen sind 20 Prozent funktio-ale Analphabeten. Von den Hauptschulabgängern ha-en über die Hälfte ein Jahr nach Schulende noch immereinen Ausbildungsplatz. Das Merkel’sche „glaubwür-ige Wohlstandsversprechen“, das Versprechen „Auf-tieg durch Bildung“, gilt für diese jungen Menschen iniesem Lande nicht. Das wollen wir einmal festhalten.ei der Startchancengerechtigkeit ist Deutschland einntwicklungsland. Das darf nicht so bleiben.
uch der letzte OECD-Bericht stellt Deutschland keinutes Zeugnis aus. Wir geben immer noch mit 5,1 Pro-ent des Bruttoinlandsproduktes 1 Prozent weniger fürildung aus als der OECD-Durchschnitt; ich rede dabeioch gar nicht von den Ländern, die bei den Bildungs-usgaben an der Spitze stehen. Wir müssten jedes Jahr3 Milliarden Euro mehr in die Hand nehmen, um über-aupt zum Durchschnitt aufzuschließen.Der Anteil der Studienanfänger an einem Jahrgang istei uns seit 2003 sogar zurückgegangen. Dagegen erhö-en die anderen schneller und auf höherem Niveau ihrebsolventenzahlen. Das heißt, die Bildungsrepublikinkt im internationalen Vergleich hinterher. Dabei gehts nicht nur um Geld, sondern auch um notwendigetrukturreformen. Leider muss man feststellen: Dieundesbildungsministerin hinkt auch dabei mental hin-erher.
Was erwarten die Leute denn vom Bildungsgipfel am2. Oktober? Ich sage: Die Menschen erwarten Ergeb-isse. Schauveranstaltungen oder Symbolveranstaltun-en zur Bildung in diesem Land hat es genug gegeben.
ie Menschen wollen ein Signal, dass endlich etwasassiert. Sie wollen ein Signal, dass dieses Land alleinder braucht. Sie wollen ein Signal, dass es deswegen
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Krista Sagerauch gerechte Startchancen für alle Kinder geben wird.Etikettieren und Aussortieren von 10-jährigen Kindernmuss der Vergangenheit angehören.
Eine Schulform, die keinen Einstieg in eine Berufs-ausbildung eröffnet, eine Schulform wie die Haupt-schule, hat in diesem Land keine Zukunft mehr.
Der Rechtsanspruch auf ganztägige Kinderbetreuungab dem ersten Lebensjahr stellt einen Einstieg dar. Wirbrauchen aber auch eine Qualitätsoffensive. Sonst wirdnämlich aus dem Fördern nichts werden.
Zu diesen zentralen Fragen, Frau Schavan, habe ichvon Ihnen nie klare Worte gehört. Hier sind Sie immermit den Traditionalisten unter den Landespolitikern mar-schiert. Diese sind es aber auch, die jetzt schon wiederden Bildungsgipfel zernörgeln. Frau Schavan, ich kannnicht erkennen, welche Ergebnisse Sie selbst beim Bil-dungsgipfel erzielen wollen, außer dass Sie all das nocheinmal beschwören wollen, was sowieso schon stattfin-det.Frau Merkel hat gestern gesagt, den Menschen ist esegal, wer in Bund, Ländern und Kommunen wofür zu-ständig ist. Sie wollen eine Bildungspolitik aus einemGuss. Guten Morgen, Frau Merkel! Das ist aber eineziemlich späte Erkenntnis.
Die erste Großtat dieser Koalition war es doch, die Mög-lichkeiten zur Zusammenarbeit zwischen Bund undLändern im Bildungsbereich möglichst weitgehend zuzerschlagen. Sie haben die entsprechenden Instrumentein der Verfassung nicht verbessert, sondern Sie haben sieweitgehend kaputtgemacht.
Bildungsministerin Schavan ging dabei mit ihrer baden-württembergischen Landesbrille voran bzw. dem Stoiberhinterher und hat immer gegen den goldenen Zügel ge-wettert.
Das heißt, Sie haben sich von Anfang an bei den Haupt-problemen in unserem Bildungssystem zur Lame Duckgemacht. Selbst die kleine Verfassungslücke, die dieMöglichkeit zu einem Ganztagsschulprogramm eröffnethwezZsNNhfblgmUaWSBSGdSFukBFgeSndrind3gis
ildungsausgaben dürfen nicht mehr zweitrangig sein.
ordern Sie das nicht nur in Festtagsreden, sondern brin-en Sie das endlich in die Föderalismuskommission IIin.
ie sind so stolz auf Ihre große Mehrheit. Solange Sieoch miteinander zwangsverheiratet sind, nutzen Sieiese große Mehrheit bitte, um eine entsprechende Kor-ektur in der Verfassung vorzunehmen, die notwendigst. Da haben Sie wirklich einen Fehler gemacht.
Werfen wir jetzt einen Blick auf die Bereiche, in de-en Sie echte Verantwortung tragen und sich nicht hinteren Ländern verstecken können. Wir haben immer noch00 000 Altbewerber ohne Ausbildungsplatz. 500 000 jun-e Leute sind im Übergangssystem. Die Strukturreformn der beruflichen Bildung ist überfällig. Die Gewerk-chaften und die Arbeitgeber machen Ihnen das Leben
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Krista Sagernicht leicht. Frau Schavan, Sie sind hier aber einfach zuzaghaft. Wir haben ein Konzept vorgelegt. Wir könnenes nicht von der Konjunktur abhängig machen, ob jungeLeute einen Ausbildungsplatz bekommen. Deswegenbrauchen wir auch überbetriebliche Ausbildungszentrenbei Beibehaltung des dualen Prinzips und mit der ge-meinsamen Verantwortung von Kammern und Berufs-schulen für diese Ausbildungsplätze.
Wir brauchen auch die Zertifizierung und Anerken-nung von Ausbildungsmodulen. Wer – wie Frau Merkel –Durchlässigkeit fordert, der kann nicht zugucken, wiejunge Leute ihre Lebenszeit vertrödeln und immer wie-der in der Sackgasse dieser Übergangssysteme landen,ohne dass dabei etwas für sie herauskommt.
Nun zur Weiterbildung. Frau Schavan, das Bildungs-sparen, das Sie initiiert haben, ist bestenfalls symboli-sche Politik. Dort brauchen wir einen großen Wurf, uminternational überhaupt den Anschluss zu finden. DasMeister-BAföG zu öffnen, ist okay; das wollen wir auch.Wir brauchen aber ein echtes Erwachsenenbildungsför-derungsgesetz. Wir müssen gerade die Gruppen errei-chen, die nicht selbst in ihre Weiterbildung investieren,aber schulische oder berufliche Abschlüsse dringendnachholen müssen.
Eine Zwischenbilanz zum Hochschulpakt: Er funktio-niert nicht. Statt 13 000 Plätzen haben wir jetzt3 400 Plätze. Es ist auch klar, warum er nicht funktio-niert: Er ist unterfinanziert. Zusätzliche Plätze gibt esnur auf der Basis einer realistischen Kostenrechnung undeines fairen Interessenausgleichs zwischen den Ländern.Beides ist dringend erforderlich.Zum Schluss habe ich noch eine dringende Bitte anSie. Hören Sie endlich auf, gutes Geld aus dem For-schungsbereich in atomaren Altlasten zu versenken.
Die Altlasten werden wir nicht mehr los. Sie aber wollenimmer wieder neue Lasten in der Zukunft produzieren.
Das ist doch verrückt. Wir haben auch bei den hochkom-petenten Mitarbeitern der Helmholtz-Gemeinschaft ge-sehen: Menschen machen Fehler. Die Atomtechnologieverträgt leider keine Fehler. Also ist sie offensichtlichnicht für Menschen – auch nicht für hochkompetenteMenschen – gemacht. Hören Sie auf, Frau Schavan,diese Technologie immer weiter zu befördern.
Für die CDU/CSU spricht jetzt der Kollege Klaus-
Peter Willsch.
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ie führen alte Grundsatzdebatten über Einheitsschulennd Gesamtschulen und satteln gleich noch die Kern-nergie oben drauf. Das hat mit dem, über das wir hiereden, nichts zu tun.
agegen war das, was Frau Flach vorgetragen hat, wohl-uend sachlich. Ich rate uns, unser Land an diesem Punkticht schlechtzureden. Vielmehr sollten wir uns darüberreuen, dass wir auf dem Weg, mehr Geld für Bildungnd Forschung zu haben, Stück für Stück vorwärts kom-en und dem 3-Prozent-Ziel jedes Jahr etwas näherommen. Freuen Sie sich einfach einmal still darübernd mäßigen Sie sich ein wenig im Ton. Ich fand dasirklich kaum erträglich.
Zu Ihrem letzten Punkt, zu den Forschungsaktivitätenm Bereich der kerntechnischen Anlagen. Hier könnenie einen Teilerfolg verbuchen. Herr Gabriel wird sichm die Asse kümmern. Wenn wir diesen Bereich nichtbgegeben hätten, dann lägen wir in diesem Jahr erst-als bei über 10 Milliarden Euro. Wir sind im Bereiches Entwurfs des Einzelplans 30 jetzt noch bei ungefähr0 Milliarden Euro. Das ist eine Rekordzahl, angesichtserer man einfach einmal innehalten und feststellenollte, dass wir auf dem richtigen Wege sind.
Wir haben seit 2005 im Bereich des Einzelplanes 30,lso im Haushalt der Bundesministerin für Bildung undorschung, einen Aufwuchs von 2,5 Milliarden Euro zuerzeichnen. Gegenüber dem vergangenen Jahr wollenir den Gesamtansatz noch einmal um 650 Millio-en Euro steigern.Die Koalition steht für Haushaltskonsolidierung; dasat die Debatte in dieser Woche deutlich gemacht. Aberir verlieren die Zukunftsinvestitionen nicht aus demlick, sondern investieren in diesen Bereich und habenervorragende Erfolge zu verzeichnen. Ein Flaggschiffst und bleibt die Hightech-Strategie. Wenn Sie einmalu den Universitäten und Forschungseinrichtungen ge-en, können Sie dort die Aufbruchstimmung in unseremande im Bereich Forschung mit Händen greifen.
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Klaus-Peter WillschWir fördern Forschung und Entwicklung, weil das dieGrundlagen für zukünftiges Wirtschaftswachstum undzukünftigen Wohlstand sind. Davon hat sich auch das Fi-nanzministerium leiten lassen, indem es den weiterenWeg zur Erreichung des 3-Prozent-Ziels – 2,8 Prozentsind geschafft – mit entsprechenden Veranschlagungenim Haushaltsplan für das kommende Jahr unterstützt.Allein in der Titelgruppe 40 „Stärkung des Lernensim Lebenslauf“ – Frau Sager, Sie sollten sich die An-sätze wirklich einmal anschauen – sind im Regierungs-entwurf 137 Millionen Euro vorgesehen. Die Moderni-sierung und Stärkung der beruflichen Bildung soll mitüber 97 Millionen Euro unterstützt werden. Ich habe inmeinem Wahlkreis eine Volkshochschule, die an der Ini-tiative „Lernende Regionen – Förderung von Netzwer-ken“ beteiligt ist. Das ist eine vorzügliche Arbeit, diedort gemacht wird. Dort wird berufsbegleitend lebens-lang gelernt, um Qualifikationen zu erhalten und neue zuerwerben. Wir wissen doch, dass das, was früher einmalgalt – wenn man einmal einen Beruf erlernt hat, reichtdas für das ganze Leben –, angesichts der Vervielfälti-gung des Wissens in dieser Welt, der Beschleunigungder Verfahren und der Prozesse heute nicht mehr gilt. Daleisten wir eine verdienstvolle Arbeit, die vom BMBFhervorragend unterstützt wird.
Die Ausgaben für BAföG steigen laut unseren Be-schlüssen nach den vorangegangenen Diskussionen umrund 136 Millionen Euro auf über 1,4 Milliarden Euro.
Die Begabtenförderungswerke erhalten eine bessere fi-nanzielle Ausstattung; das ist ein ganz wichtiger Punkt.Wir brauchen die Förderung in der Breite, aber auch dieFörderung in der Spitze. Denn wenn die Supertalente ander Spitze gut gefördert werden, finden wir dort denNachwuchs für die akademische Welt.
– Ich habe doch gerade gesagt – das ist ja ein gemeinsa-mes Werk von uns, Frau Kollegin –, dass es wichtig ist,nicht nur in der Breite, sondern auch in der Spitze zu för-dern. Das ist hier angesagt.
Die Bildungspolitik ist in den Mittelpunkt der Diskus-sionen in unserem Land geraten. Die Kanzlerin hat demThema durch ihre Bildungsreise bundesweit in den Me-dien eine besondere Aufmerksamkeit verschafft. Wirwerden auf dem Bildungsgipfel sehen, zu welchen Er-gebnissen wir kommen.Zu all den föderalismusskeptischen Äußerungen, dieüberwiegend vonseiten der Opposition hier getätigt wor-den sind, möchte ich, als leidenschaftlicher Anhänger ei-nes Wettbewerbsföderalismus, doch einmal ein paarAnmerkungen machen.WEddPkMAdSedWskdkadbgwsWfzdEdmdddlrlbNtsdWld
ir haben mit unserem föderalen System hervorragenderfahrungen gesammelt. Es folgt dem Grundgedanken,ass die kleinere Einheit das erledigen soll, was sie erle-igen kann. Dass Frau Sitte mit dem System Wettbewerbrobleme hat, ist völlig logisch, weil sie aus einer Parteiommt, die für ein System verantwortlich war, das eineauer errichtet hat, damit die Leute nicht weglaufen.
ber den Skeptizismus von demokratischen Vertreternieses Hauses kann ich nicht nachvollziehen; denn dasystem funktioniert in der Wirklichkeit.Ich will Ihnen zwei praktische Beispiele nennen. Zuminen wird darüber geklagt, dass heute zu viele Schüleras Schulsystem ohne Hauptschulabschluss verlassen.enn wir uns einmal die Aufteilung der Schüler an-chauen, dann stellen wir fest, dass sehr viele Migranten-inder dabei sind; Sie haben es selber gesagt. Diese Kin-er haben in der Schule gesessen, ohne Deutsch zuönnen. Daraus haben wir damals, 1999/2000, in Hessenuf Landesebene den Schluss gezogen, dass kein Kind inie Schule kommt, bevor es nicht Deutsch kann. Da ha-en Sie uns geifernd beschimpft, das sei eine Zwangs-ermanisierung. Was soll denn ein Kind in der Schule,enn es kein Deutsch kann und den Lehrer nicht ver-teht?
ir haben hier ein Pilotprojekt durchgeführt und uns da-ür heftig beschimpfen lassen müssen. Heute gehört esum bundesweiten Stand – auch das wird beim Bil-ungsgipfel herauskommen –, dass es Vorlaufkurse zumrlernen der deutschen Sprache geben muss, wenn Kin-er kein Deutsch können, wenn sie in die Schule kom-en.Ein weiteres Beispiel: die Hauptschule. Hören Sieoch mit dem Ruf nach der Gemeinschaftsschule under Einheitsschule und dem Vorwurf des Selektierenser Schüler mit zehn Jahren auf! Wir haben in Deutsch-and eine hervorragende Ausbildung. Wir haben hervor-agende Gymnasien; wir haben hervorragende Realschu-en. Wir müssen versuchen, die Hauptschulen nochesser, noch marktadäquater zu gestalten.
Wir haben in Hessen – auch das empfehle ich zurachahmung – das Modell SchuB, „Schule und Be-rieb“. Die jungen Leute in der siebten und achten Klasseind zwei, drei Tage in einem Betrieb, um zu sehen, dassas, was sie in der Schule lernen, mit der konkretenirklichkeit und der Möglichkeit der Einkommenserzie-ung etwas zu tun hat. Die bekommen wieder Spaß aner Schule; das sage ich Ihnen.
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Klaus-Peter WillschVon einem Wettbewerbsföderalismus erhoffe ich mir,dass ein gutes Beispiel nachgeahmt wird, dass manschaut: „Was machen die einen, und was machen die an-deren?“ und sagt: Wir machen es so, wie es die Bestenmachen.
Wenn wir 1998 eine einheitliche Bundesverantwortungfür die Bildungspolitik gehabt hätten, hätten wir heutevon Flensburg bis zum Bodensee Gesamtschulen undeine Zwangsförderstufe. Ich bin in Hessen während desSchulkampfes Anfang der 70er-Jahre groß geworden.Ich erinnere an von Friedeburg usw. Ich weiß, was dasheißt.
Herr Kollege, Sie müssen bitte zum Ende kommen.
Dass wir das unseren Kindern ersparen konnten, ist
ein große Verdienst unserer Struktur der Grundzustän-
digkeit der Länder für Bildungsfragen.
Herr Kollege, Sie hätten zum Ende kommen müssen.
Ich sehe, dass es blinkt.
Es blinkt aber nicht nur, damit es blinkt.
Ich entschuldige mich bei meinem Mitarbeiter, der
mir unheimlich viel Kluges, was ich alles noch hätte vor-
tragen können, zusammengetragen hat.
Wir grüßen ihn alle herzlich.
Es ist immer wieder so, dass bei Themen, die nicht
unbedingt voraussehbar waren, irgendwann die Leiden-
schaft mit mir durchgeht.
Ich möchte abschließend betonen, dass wir über die-
sen Einzelplan natürlich in allen Einzelheiten beraten
werden. Es wird sicher im Haushaltsausschuss Verände-
rungen geben.
Herr Kollege, ich denke, Ihr Mitarbeiter hat Verständ-
nis dafür, dass die Redezeit begrenzt ist.
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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gerneage ich etwas dazu, Herr Tauss. Sie wissen, dass dieseshema nicht nur mich, sondern die ganze FDP beschäf-igt.Aber bevor ich das tue, will ich meiner Kollegin vonen Grünen, Krista Sager, zur Seite springen. Ich finde,ie hatte durchaus recht, als sie gesagt hat: Wir müssenen Bildungshaushalt, unsere Bildungslandschaft im in-ernationalen Vergleich sehen. – Schauen wir uns einmaln, wo Deutschland heute im internationalen Vergleichteht: Trotz aller anerkennenswerten Steigerung der Mit-el im Bildungs- und Forschungshaushalt – vorwiegendind ja die Forschungsausgaben erhöht worden; daraufuss man einmal hinweisen – stehen wir im internatio-alen Vergleich, was die Bildungsausgaben anbelangt,icht an der Spitze.
ielmehr sind die Bildungsausgaben in Deutschland so-ar rückläufig und liegen unter dem OECD-Durch-chnitt. Wir investieren inzwischen weniger in Bildungls Polen, Ungarn oder Portugal; das muss man einfachinmal zur Kenntnis nehmen.
ir sind ein Land der Innovationen. Wir sind ein Lander Spitzentechnologien und Hochtechnologien. Weilir diese Spitze weltweit halten wollen, müssen wirehr zulegen und mehr investieren. Deswegen kannan heute keine kleinen Brötchen mehr backen, sondernuss richtig groß an die Sache herangehen.
Das habe ich bei Ihnen vermisst. Ich will es noch ein-al deutlich machen: Der Haushalt des Bildungs- undorschungsministeriums umfasst rund 10 Milliarden Euro.as macht ungefähr 3 Prozent des Gesamthaushalts aus.er Arbeitsminister hat einen Haushalt von 123 Milliar-en Euro. Das macht fast die Hälfte des Budgets desundeshaushalts aus.
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Cornelia PieperDaran kann man erkennen, wo die Prioritäten imHaushalt gesetzt werden. Wir Liberale meinen, mankönnte noch sehr viel mehr in Bildung investieren. Wirsollten nicht mehr die Vergangenheit subventionieren.Wir müssen in die Zukunft investieren. Das ist die Auf-gabe, vor der wir stehen.Sie alle wissen, dass Wissenschaftler die Bildungspo-litik zu Recht als präventive Sozialpolitik bezeichnen.Wir hätten wahrscheinlich gar nicht so hohe Sozialaus-gaben, würden wir jedem jungen Menschen eine Chanceund, wenn nötig, eine zweite Chance auf einen ordentli-chen Schul- und Berufsabschluss geben. Darum geht es.
Für uns steht der Mensch, das Kind im Mittelpunkt jegli-cher Bildungspolitik. Das will ich ausdrücklich sagen.Da sich die Regierung wegen ihres Engagements imBereich frühkindliche Bildung so sehr lobt, will ich da-ran erinnern, dass wir Krippen, Kindergartenplätze undSchulhorte schon vor 18 Jahren hätten besser fördernkönnen.
Die FDP hat dafür gesorgt, dass mit dem Schwangeren-und Familienhilfegesetz bundesweit ein Rechtsanspruchauf einen Kindergartenplatz ab dem dritten Lebensjahreingeführt wurde. Wir hätten noch viel weiter gehenkönnen, aber Sie sind nicht mitgegangen. Auf diesemGebiet sind die neuen Bundesländer Vorbild. Auch dasmuss an dieser Stelle einmal gesagt werden.
Dort gibt es seit 18 Jahren ein dichtes Netz an vorschuli-schen Kinderbetreuungseinrichtungen mit einem Bil-dungsplan, mit gut ausgebildeten Erzieherinnen und Er-ziehern. In diesem Fall kann man wirklich einmal vomOsten lernen.
Die Kanzlerin spricht von einer BildungsrepublikDeutschland. Dabei sind wir von einer BildungsrepublikDeutschland weit entfernt. Ich will die Zahlen, die zuden Altbewerbern, Schulabbrechern etc. genannt wur-den, nicht wiederholen. Jedes Schicksal tut einem per-sönlich leid. Was wir in Deutschland brauchen, ist eineBildungsrevolution.
In Sachen Bildungspolitik sind wir doch in jeder Hin-sicht staatsbürokratisch. Die FDP fordert mehr Freiheitund Eigenverantwortung für Schulen. Wir wollen einklares Bekenntnis zu mehr Freiheit und ein Wissen-schaftsfreiheitsgesetz für die Hochschulen. Davor hatsich die Bundesregierung gedrückt, weil sie von der SPDgebremst wurde.
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ir brauchen ein Gesamtkonzept: von der frühkindli-hen Bildung bis zum lebenslangen Lernen.
Frau Kollegin!
Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss meiner
ede. – Wir brauchen nicht nur mehr Investitionen, son-
ern auch, wie ich noch einmal betonen möchte, viel
ehr Entscheidungsfreiheit für die Lehrerinnen und
ehrer sowie für die Erzieherinnen und Erzieher, die in
en Einrichtungen arbeiten.
Frau Kollegin, Sie müssen bitte zum Ende kommen.
Sie haben unsere größte Anerkennung verdient. Ich
in es leid, dass man ihnen immer die Schuld in die
chuhe schiebt.
Vielen Dank.
Klaus Hagemann spricht jetzt für die SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen underren! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Frauieper, dass Sie die Bildungsrevolution ausrufen wollen,inde ich ganz toll.
a Sie erzählt haben, was man in den 90er-Jahren allesätte machen können, frage ich Sie: Warum haben Sie esicht gemacht? Sie waren doch in der Bundesregierungertreten.
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18830 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. September 2008
)
)Klaus HagemannFrau Flach, natürlich kann man immer noch mehr ma-chen. Ich bin auch dafür, noch mehr hineinzupacken.Aber als Sie, nicht Sie persönlich, sondern die FDP, dasletzte Mal Regierungsverantwortung getragen haben, inder Zeit des Zukunftsministers Rüttgers, sind die Mittelfür Bildung und Forschung nach unten gefahren worden.Daran wollte ich nur noch einmal erinnern.
Herr Kollege, möchten Sie die Zwischenfrage der
Kollegin Pieper zulassen?
Ja, natürlich.
Bitte schön.
Das macht die Debatte auch lebendiger. Vielen Dank,
Frau Präsidentin.
Was Herr Hagemann sicher nicht weiß: Ich war 1990
zwar noch nicht im Bundestag, aber die FDP im Landtag
von Sachsen-Anhalt, dem ich damals angehören durfte,
hat dafür gesorgt, dass es von Anfang an ein Kinderta-
gesstättengesetz gegeben hat mit einem Rechtsanspruch
für Kinder von 0 bis damals 12, heute bis 14 Jahre. Das
heißt, man hat ganz bewusst – im Übrigen über alle
Fraktionsgrenzen hinweg – dafür gesorgt, dass die Kin-
derbetreuungseinrichtungen erhalten bleiben. Können
Sie sich noch daran erinnern, dass eine Kollegin von mir,
Uta Würfel, dafür gesorgt hat, dass im Schwangeren-
und Familienhilfegesetz des Bundes Mitte der 90er-
Jahre auch der Rechtsanspruch auf einen Kindergarten-
platz bundesweit verankert worden ist?
Ich wusste nicht, dass Sie das schon damals im Land-tag beantragt haben. Die Idee ist gut.
Sie wird ja jetzt auch von uns umgesetzt, Frau Pieper.Wir haben diesen Rechtsanspruch vorgesehen. Wir sindein bisschen spät dran – das gebe ich zu –; aber wir re-den schon lange darüber. Sie haben es aber als FDP, alsSie im Bund in der Regierungsverantwortung waren,nicht durchgesetzt.
Daran wollte ich erinnern.niLs1fnPRChmAWaSgus7smdUhrfEmsnDiPNsseW
ir haben jetzt das Ganztagsschulprogramm.
Wichtig ist, dass die Mittel, die zur Verfügung stehen,uch abgerufen werden. Ich bitte Sie, Frau Ministerinchavan, Ihre Kollegen in den Ländern beim Bildungs-ipfel darauf hinzuweisen, die Mittel auch abzurufennd einzusetzen. Das Land Nordrhein-Westfalen bei-pielsweise liegt hier mit einer Abrufungsquote von0 Prozent ziemlich weit hinten.
Es wurden Entscheidungen getroffen. Das Ganztags-chulprogramm habe ich schon angesprochen. Ichöchte noch die Exzellenzinitiative erwähnen, die sicheutlich positiv ausgewirkt hat und neuen Geist in dieniversitäten und Forschungseinrichtungen getragenat. Man hört es allenthalben – Kollege Willsch hat da-auf hingewiesen –; auch ich stelle das immer wiederest. Deswegen sollten wir darüber nachdenken, einexzellenzinitiative II auf den Weg zu bringen. Dabeiuss natürlich auch die Lehre berücksichtigt werden.
Wir müssen auch beraten, wie wir den Pakt für For-chung und Innovation, der damals geschlossen wurde,ach 2010 bzw. 2011 fortführen.
ies ist notwendig, weil zum Beispiel – ich glaube, dasst von Ihnen, Frau Flach, schon gesagt worden – diereise für Energie gestiegen sind. Es handelt sich um einullsummenspiel; das wissen wir. Deswegen muss ent-prechend reagiert werden.Wir konnten auch – das ist im Haushaltsplan berück-ichtigt – das BAföG, die Studentenförderung, deutlichrhöhen, nämlich um 136 Millionen Euro zusätzlich.ir liegen damit deutlich über der Milliardengrenze.
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Klaus HagemannWichtig ist auch, dass jetzt mehr Studierende aus Nicht-akademikerkreisen gewonnen werden können.
Die Presse hat berichtet, dass die Unis zum Teil „ge-schlossene Gesellschaften für Akademikerkinder“ seien.Das reicht nicht aus.
Deswegen ist dies der Weg, den wir konsequent weiter-gehen müssen. Wir brauchen alle Talente. Es darf nichtvom Geldbeutel der Eltern abhängen, ob jemand stu-diert.Das gilt genauso für das Meister-BAföG. Auch hierhaben wir massiv draufgepackt. Wir wollen die gesetzli-chen Voraussetzungen schaffen und entsprechende Gel-der zur Verfügung stellen. Die finanziellen Vorausset-zungen werden mit dem Haushalt 2009 geschaffen.Ich möchte auch noch das Stipendiensystem anspre-chen. 1 Prozent eines Jahrgangs sollen bei der Hochbe-gabtenförderung berücksichtigt werden, und zwar in al-len Schichten der Bevölkerung. Hierfür sind die Mittelentsprechend erhöht worden. Ich habe in dieser Wocheein Gespräch mit Vertretern der Friedrich-Ebert-Stiftunggeführt, die eines der Förderwerke unterhält. In diesemGespräch habe ich erfahren, dass 60 Prozent der Stipen-diaten der Friedrich-Ebert-Stiftung einen Migrationshin-tergrund haben oder aus sozial schwachen Verhältnissenkommen. Ich finde es gut, dass der Prozentsatz so hochist, und hoffe, dass das bei anderen Fördereinrichtungenähnlich ist.Meine Damen und Herren, gestern hat die Kanzleringesagt, dass die Bürger kein Verständnis für Kompetenz-streitereien haben; dieser Satz wurde heute bereitszitiert. Dem kann ich mich nur anschließen. Es gehtdarum, Probleme zu lösen. Wir müssen mit dem Hoch-schulpakt 2020 voranschreiten. Die notwendigenSchritte haben wir bereits eingeleitet. Jetzt müssen sieumgesetzt werden.Es sollen 91 000 zusätzliche Studienplätze geschaffenwerden. Das, was Frau Sager vorhin vorgetragen hat, istleider richtig: Bisher wurden erst 3 400 neue Studien-plätze geschaffen. Die Länder Baden-Württemberg undHessen sind noch im Rückstand; dort wurde die Zahl derStudienplätze sogar abgebaut.
– Ja, für Nordrhein-Westfalen gilt das auch. Dort ist derzuständige Minister übrigens von der FDP.
– Herr Meinhardt, wenn Sie sich die entsprechenden Sta-tistiken ansehen, werden Sie feststellen, dass dem so ist. –
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as sind Dinge, die im Bildungsbereich getan werdenüssen.Die Grundlagenforschung von heute ist die Basisür die Produkte und die Arbeitsplätze von morgen.
as ist ein platter Satz, hinter dem allerdings viel Richti-es steht. Schon vor vielen Jahren haben wir uns auf das-Prozent-Ziel der Lissabon-Strategie verpflichtet. Jedesahr müssen 3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes fürorschung und Wissenschaft zur Verfügung gestellt wer-en. Das ist eine gesamtstaatliche Aufgabe von Bund,ändern und der Wirtschaft.Der Bund hat seine Hausaufgaben gemacht undchreitet voran. Er muss einen Anteil von 0,5 Prozentufbringen, und das tut er auch. Aber wie ist die Situa-ion in den Ländern? Wie der Statistik zu entnehmen ist,at der Bund bisher einen Anteil von 0,43 Prozent aufge-racht, und die Länder haben bis jetzt einen Anteil von,34 Prozent aufgebracht. In den Ländern besteht alsoandlungsbedarf. Wenn man eine Zwischenbilanz zieht,ommt man zu dem Ergebnis: Der Bund macht seineausaufgaben. Als einziger der drei Akteure erhöht ereine Forschungsausgaben,
nd zwar im Verhältnis zum Wirtschaftswachstum inberproportionalem Maße;
as möchte ich in Erinnerung rufen. Frau Ministerin, ichitte Sie, auch dieses Thema im Rahmen des Bildungs-ipfels zu behandeln. Wir müssen alle Maßnahmen, dieightech-Strategie usw., einer Gesamtevaluation unter-iehen und prüfen, wohin die Mittel fließen und welcheebelwirkung sie haben. Das sind die Aufgaben, dieetzt angepackt werden müssen.Zum Schluss noch folgende Bemerkung. Es wird im-er wieder behauptet, dass Baden-Württemberg 4,2 Pro-ent seines Bruttoinlandsprodukts für Forschung undntwicklung zur Verfügung stellt.
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Klaus HagemannHerr Meinhardt, wenn man sich anschaut, wie viel vondiesen Mitteln tatsächlich Geld des Landes ist und wieviel Prozent des BIP dieser Betrag entspricht,
kommt man zu dem Ergebnis, dass Baden-Württemberg2007 nur 0,32 Prozent des landeseigenen BIP für For-schung und Entwicklung zur Verfügung stellt.
Alles andere, Herr Meinhardt, sind Bundesmittel, dieüber die großen Forschungseinrichtungen, beispiels-weise die Helmholtz-Gemeinschaft, nach Baden-Württemberg fließen.
Baden-Württemberg und Bayern müssen ihre Hausauf-gaben noch machen und dafür sorgen, dass sie das lan-deseigene 0,5-Prozent-Ziel, wie die anderen Bundeslän-der auch, einhalten und sich nicht nur mit den „Federn“des Bundes schmücken.
Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss kommen.
– Ja, das ist wie in Des Kaisers neue Kleider.
Herr Kollege!
Ich komme zum Schluss. Es wurde ein guter Haus-
haltsentwurf vorgelegt. Wir werden ihn im Rahmen der
Haushaltsberatungen allerdings noch ein wenig verbes-
sern.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Jetzt hat Ilse Aigner für die CDU/CSU-Fraktion das
Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegin-nen und Kollegen! Eigentlich wollte ich mich schwer-psAKgAIwsagSsHS–dApdgwCdwwckfdtfildmeqVdnFus
Das kann man nur sagen, wenn man Menschen kate-orisiert und der Mensch erst dann beginnt, wenn erbitur hat.
ch finde das ziemlich bitter. Ich sage Ihnen das deshalb,eil vor kurzem eine Abschlussfeier einer Hauptschuletattgefunden hat, bei der eine Absolventin, die die Fest-nsprache für die Schüler gehalten hat, uns Mandatsträ-ern und anderen Anwesenden entgegengeworfen hat:tellen Sie sich einmal vor, was in einem jungen Men-chen vorgeht, dem tagtäglich gesagt wird, dass dieauptschule eigentlich gar nichts wert ist! Was meinenie, was in einem solchen Menschen vorgeht?
Lieber Kollege Tauss, entscheidend ist natürlich, dassiese jungen Menschen Ausbildungsplätze bekommen.lle Schüler dieser Klasse haben einen Ausbildungs-latz bekommen. Entscheidend ist also auch, wie es iner Wirtschaft läuft.Sehr geehrte Frau Sager, die Altbewerber gibt es auf-rund der sehr schlechten wirtschaftlichen Lage, in derir uns befanden. Jetzt haben wir Gott sei Dank diehance, das langsam aufzuarbeiten. Ich glaube, das istas Wichtigste. Wir sollten uns darüber freuen, wenn esieder mehr Ausbildungsplätze gibt,
enn die jungen Menschen unabhängig davon, von wel-her Schule sie kommen, einen Ausbildungsplatz be-ommen.Ich sage noch etwas zum OECD-Bericht, der eben-alls angesprochen wurde. Ich muss mich jedes Mal überiesen Bericht fürchterlich aufregen. Wie kann man Sys-eme miteinander vergleichen, die schlicht und ergrei-end nicht miteinander zu vergleichen sind? Wie kannch ein System in einem Land, in dem es keinerlei beruf-iche Ausbildungschancen gibt, in dem es eine rein aka-emische Ausbildung oder gar keine Ausbildung gibt,it einem System in einem Land vergleichen, in dem esine Alternative gibt, und zwar eine sehr gute und hoch-ualitative Alternative?Wir waren vor kurzem in China und durften dort mitertretern deutscher Firmen sprechen. Interessant war,ass sie gesagt haben: Wir haben hier sehr viele Inge-ieure. Wissen Sie, was uns fehlt? Es fehlen die gutenacharbeiter, die das, was sich Ingenieure ausdenken,msetzen können. Wir brauchen nicht nur Mundwerker,ondern auch Handwerker.
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Ilse Aigner
Ich glaube, dass wir gemeinsame Ziele formulierenkönnten und sollten, auch gemeinsam mit den Ländern.Es ist schon viel geschehen. Ich finde, wir sollten aucheinmal positiv darüber reden. Mein lieber Kollege hatgesagt, der Hochschulpakt sei dank der SPD entstan-den. Verhandelt hat diesen Hochschulpakt eine Person– sie sitzt da drüben –, nämlich Frau Ministerin Schavan.
Sie hat es gemeinsam mit den Ländern zustande ge-bracht, dass man sich auf etwas einigt.So ungefähr könnte nach meinen Vorstellungen derBildungsgipfel ablaufen. Die Arbeitsgruppe Bildungund Forschung hat mehrere Ziele formuliert, die wir inder Fraktion einbringen werden. Wir sind sehr wohl derMeinung, dass im Bereich der Bildung mehr passierensollte. Wir sollten wie beim 3-Prozent-Ziel gemeinsammit den Ländern ein Ziel vereinbaren, damit wir wiederauf den Stand von 1995 kommen, nämlich 10 Prozentdes Bruttoinlandsprodukts für Bildung, Weiterbildung,Forschung und Entwicklung auszugeben.
Das werden wir noch durchsetzen müssen. Ich glaube,das ist ein wichtiges Ziel.Umso mehr sollten wir positiv darüber reden, was wirin den vergangenen Jahren gemacht haben. Die Zahlensind schon genannt worden. Die Mittel des Haushalts fürBildung und Forschung betragen mehr als 10 MilliardenEuro. Vom vergangenen Haushalt zu diesem Haushalthaben wir eine Steigerung von 730 Millionen Euro zuverzeichnen. Das ist eine traumhafte Summe. Ich be-danke mich bei der FDP, die die Leistung unserer Minis-terin ausdrücklich gelobt hat.Aber die Zahlen allein sind es nicht. Wichtig ist auchdie Mischung – und für was das Geld eingesetzt wird. Eskann nicht nach der Rasenmähermethode vorgegangenwerden; denn es gibt die unterschiedlichsten Fördermög-lichkeiten und -notwendigkeiten. Diese reichen von derGrundlagenforschung bis zur angewandten Forschung,von der Programmforschung bis hin zur Förderung vonkleinen und mittelständischen Unternehmen.Ich freue mich, dass wir beim letzten Haushalt ge-meinsam mit den Kolleginnen und Kollegen vom Haus-haltsausschuss einen weiteren Schnellzug für kleine undmittelständische Unternehmen eingeführt haben. DieMittel im Rahmen von KMU-innovativ steigen exorbi-tant, weil das angenommen wird. Das ist eine Anlauf-stelle, an die sich Mittelständler wenden und bei der sieabrufen, an was sie forschen können. Das ist ein wichti-ger Bereich.Wir haben noch etwas erreicht, auf das ich hinweisenmöchte, da das ein wenig untergeht. Die Zahl der Dan-kesbriefe hält sich in der Regel in Grenzen, wenn manetwas durchgesetzt hat.
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Frau Flach, steigern kann man immer alles; das isteine Frage.
s wäre doch auch einmal schön, wenn wir uns gemein-am über Erreichtes freuen würden. Ich glaube, heute istin guter Tag dafür.Bei meinem nächsten Punkt geht es um die Hebelwir-ung. Die Innovationsallianzen sind schon angespro-hen worden. Ich weiß sehr wohl, dass nicht der Staat al-ein alles erbringen kann. Auch die Wirtschaft musstwas tun. Sehr geehrter Herr Hagemann, lieber Klaus,s ist mir eigentlich egal, wer das Geld zur Verfügungtellt. Wenn die 3 Prozent gemäß der Lissabon-Strategierreicht werden, dann sollten wir uns gemeinsam da-über freuen. Einige Länder erreichen wesentlich weni-er. Es ist doch toll, wenn die Wirtschaft voll einsteigt.ind Mittel für Forschung und Entwicklung aus derirtschaft verpönt? Ich kann das überhaupt nicht nach-ollziehen.
Schauen Sie einmal auf die Länder, in denen das gutäuft. Dort steigt die Wirtschaft viel stärker ein. Es istoch wunderbar, wenn die Wirtschaft für Forschung istnd ihren Anteil erbringt.
Ein wesentlicher Hebel sind die Innovationsallianzen.ch finde, das ist ein Paradebeispiel. Auf einen einge-etzten Euro kommen zusätzliche fünf Euro von derirtschaft. Besser kann es eigentlich nicht laufen. Diedee kam von unserer Ministerin. Dies geschieht mittler-eile in fünf verschiedenen Bereichen. Ich nenne nur dierganische Photovoltaik und die Lithium-Ionen-Batterie.iese Batterie stellt einen Schlüsselpunkt im Bereich dernergie dar. Wenn wir künftig überlegen, ob wir für denntrieb von Autos Strom nutzen, dann ist zum einenntscheidend, wie die Batterie aufgeladen wird, zum an-eren ist aber auch entscheidend, wie wir den Strompeichern können. Deswegen ist diese Forschung einesentlicher Punkt.
Ich komme zum Abschluss. Einige kennen sich in deribel aus, besonders die Präsidentin, Lukas 19, dasleichnis von den Talenten. – Oh, der Vorsitz hat ge-echselt.
ber Sie kennen sich auch aus.
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Ich kenne die Stelle auch.
Entschuldigung, Herr Präsident, aber den Bereich
hinter meinem Rücken hatte ich nicht im Blick. Ich bin
mir sicher, dass Sie die Stelle auch kennen. – Es geht in
dem Gleichnis von den Talenten jedenfalls darum, dass
Talente nicht vergraben werden dürfen, sondern gewinn-
bringend eingesetzt werden müssen.
Ich glaube, mit diesem Haushalt haben wir das er-
reicht. Ein herzliches Dankeschön an die Ministerin und
an das ganze Haus.
Herzlichen Dank.
Ich nehme an, es gibt in diesem Hause eine ganze
Reihe sehr bibelfester Leute.
Das Wort hat nun Kollege Jörg Tauss, SPD-Fraktion.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!Liebe Frau Flach, Ihr Lob war berechtigt.
Dennoch erinnern wir uns – das sei erlaubt – ein paarJahre zurück.Ich bin jetzt 14 Jahre im Bundestag. Seit zehn Jahren,seit 1998, macht es Spaß. Erinnern wir uns einmal an1998. Das war das Jahr, in dem Ihre Regierungszeit en-dete. Kohl war weg, und Deutschland war ein Sanie-rungsfall. CDU, CSU und FDP hatten den Bildungsetatals Steinbruch benutzt und Jahr für Jahr weiter zurückge-fahren. Fast wie in dem Lied Hell aus dem dunklen Ver-gangenen aus der Arbeiterbewegung kam dann GerhardSchröder, und Edelgard Bulmahn wurde Ministerin.Lafontaine war damals übrigens noch in der SPD und beiSinnen. Mit ihm konnten wir damals einen ganz gutenEtat aufstellen. Das hat aber nicht lange angehalten.
– Das alles können wir miteinander diskutieren.Reden wir einmal über Zahlen. Von 1998 bis 2005wurde der Etat des Bundesministeriums für Bildung undForschung, über den wir heute debattieren, um38 Prozent erhöht.
Von 2005 bis 2009 haben wir eine Steigerung um30 Prozent erreicht, obwohl wir zum Teil wichtige Dingeaus diesem Bereich ausgelagert haben. Ich nenne alsBeispiel nur die Raumfahrt, die viel Geld kostet. Ge-mAluwDwflafdgwGmhrHd–3d–gHr9GvaGwspZhlBZsl1gsUEL
Ich habe bewusst gesagt: miteinander.Auch das 6-Milliarden-Euro-Programm und das-Prozent-Ziel sind angesprochen worden. Ich stimmeem Kollegen Hagemann aber ausdrücklich darin zuauch dies ist nichts, was es beim Bund zu kritisierenibt –, dass wir als einzige der drei Parteien, die amochschulpakt beteiligt sind, unsere Hausaufgaben be-eits gemacht haben, und zwar mit einem Plus vonProzent. Die Wirtschaft hat das noch nicht geschafft.estern hat ein Parlamentarischer Abend auf Einladungon BDA, BDI, DIHK und wie die Arbeitgeberverbändelle heißen, stattgefunden. Bei ein paar Häppchen gab eselegenheit, mit einigen Herren darüber zu sprechen,orum es geht. Wir erwarten, dass die deutsche Wirt-chaft ihren Anteil dazu leistet, dass Deutschland Ex-ortnation Nummer eins bleibt, das heißt, dass sie ihreusagen für den Pakt für Forschung und Innovation ein-ält. Von den Bundesländern verlangen wir dies natür-ich auch.
Einige haben sich über die Erwähnung des Landesaden-Württemberg aufgeregt. Entschuldigung, aber dieahlen lügen nicht. Baden-Württemberg hat trotz Hoch-chulpakt minus 1 900 Studienplätze, Nordrhein-Westfa-en minus 3 300 Studienplätze und Hessen minus600 Studienplätze zu verzeichnen. Dort ändert sich daserade. Weil wir den Unfug der Studiengebühren abge-chafft haben, werden wieder mehr Studierende an dieniversitäten kommen.
s gibt aber auch andere Zahlen. Im großen und stolzenand Rheinland-Pfalz gibt es ein Plus von 1 300 Stu-
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Jörg Taussdienplätzen. Das ist eine Erfolgszahl, die uns vorliegt.Darüber kann und muss man diskutieren.Wir müssen auch über einige Instrumente diskutieren.Das ist heute bereits angesprochen worden. Wir warenbeispielsweise nicht zufrieden damit, wie es mit der For-schungsprämie gelaufen ist. Wir haben sie als Angebotan die Universitäten und vor allem an die Fachhochschu-len gedacht; sie ist aber in dieser Form auch vom Mittel-stand nicht genutzt worden.Wir haben heute Mittag – Herr Rachel war dabei – imKreis der Koalition über die Evaluierungsforschung ge-sprochen und uns mit der Frage beschäftigt, wie die Lü-cke zwischen der Grundlagenforschung und dem Über-gang zu den Produkten in Deutschland geschlossenwerden kann. An dieser Stelle gibt es noch Defizite. Wirsind dabei in der Koalition auf einem guten Weg.Dass das bitter notwendig ist, zeigt die Auskunft derMax-Planck-Gesellschaft, dass 80 Prozent ihrer Patente– 80 Prozent, das muss man sich auf der Zunge zergehenlassen – ins Ausland verkauft werden. Die deutsche In-dustrie interessiert sich nicht dafür. Auch das ist eineBlamage für die Exportnation Nummer eins.
Die Belehrungen von Herrn Dr. Hundt und anderenweise ich an dieser Stelle in aller Deutlichkeit zurück.Wir haben im vorliegenden Etat noch an den unter-schiedlichsten Stellen Schwerpunkte zu setzen. Wir ha-ben mit einigen Kolleginnen und Kollegen die Arktis be-sucht. Wir haben zwar keine Eisbären gesehen, aber denKlimawandel vor Ort ein Stück weit zur Kenntnis neh-men können. In der Polarforschung wollen wir mehrmachen. Wir wollen uns auch damit befassen – ich haltedas für richtig, Herr Kollege Hagemann –, wie wir beider Nachfolge von Polarschiffen wie dem „Polarstern“verfahren, die wir dringend brauchen, um in diesem Be-reich auch weiterhin erfolgreich an der Spitze zu stehen.
Gestatten Sie mir in der verbleibenden Zeit noch ei-nen Satz zum Bildungsgipfel. Frau Merkel ist nicht da.Ich erinnere mich noch gut daran – es war ein netter Dis-put um Milliarden –, wie Frau Merkel in diesem Hauseeinst ausrief: Wenn der Tauss etwas für Bildung undSchulen machen will, soll er in den Landtag gehen. Die-ses harte Schicksal ist uns beiden erspart geblieben. Mirwäre es jedenfalls lieber gewesen, wenn Frau Merkelihre Bildungsreise vor der Föderalismusreform I ge-macht hätte. Aber das alles hilft nun nichts mehr.
Frau Sager, über eines müssen wir uns im Klarensein: Hier ging es nicht um SPD gegen Grüne oder SPDgegen die Union. Vielmehr gab es eine knallharte Initia-tive der Bundesländer gegen den Bund, angeführt vonHerrn Koch. Wir haben Federn gelassen, und zwar zu-lasten des deutschen Bildungssystems; das ist bitter.
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Im Bausektor setzen wir die gleichen Akzente. Wirollen das ehrgeizige CO2-Gebäudesanierungspro-ramm fortsetzen und mit 1 Milliarde Euro pro Jahrortschreiben, damit jeder einzelne Bürger, der Mieternd die Mieterin, im Portemonnaie spürt, dass die Ne-enkosten sinken, damit das Baugewerbe merkt, dasseue Arbeitsplätze entstehen, und damit der CO2-Aus-toß nachhaltig gesenkt wird. Aus diesem Grund habenir das Programm bereits in 2008 um 500 Millionenuro aufgestockt. Wir wissen, dass mit der 1 Milliardeuro pro Jahr rund 11 Milliarden Euro an Investitionenn Gang gesetzt werden. Mittlerweile sind bereits30 000 Wohnungen energetisch saniert und energiespa-end gebaut worden. Ich möchte dieses Programm ge-einsam mit den Städten und Gemeinden in einemnvestitionspakt gerne fortführen. Ich appelliere an dieänder und Städte, diesen Investitionspakt weiter fortzu-chreiben, um etwas für die Umwelt und das Portemon-aie der Bürgerinnen und Bürger zu tun.
Darüber hinaus haben wir den ehrgeizigen Vorschlagemacht, die Großsiedlungen umzurüsten. Auch dasird sich im Portemonnaie der Mieterinnen und Mieteriderspiegeln. Zum Beispiel im Märkischen Viertel hiern Berlin werden die Kosten für das Heizen der Woh-ung deutlich sinken. Das ist eine gute Nachricht. Da-über hinaus darf ich an die Wohngelderhöhung erin-ern. Die Wohngelderhöhung macht es möglich, dassnsbesondere Rentner und Familien, die wenig Geld iner Tasche haben, mehr Förderung erhalten. Statt bisherurchschnittlich 90 Euro pro Monat, wollen wir mit derohngelderhöhung, die wir gemeinsam mit den Ländernereinbart haben, jedem Wohngeldempfänger 140 Euroeben. Das ist soziale Politik, und das ermöglicht be-ahlbares Wohnen. Das ist unser Ziel.
Darüber hinaus gilt es, Akzente zu setzen, wenn esm Innovationen und neue Technologien geht. Deutsch-and muss die Technologieführerschaft auf dem Feldeer Mobilität, aber auch auf dem Felde der Gebäudesa-ierung, der energetischen Sanierung von Gebäuden zu-ückgewinnen. Wir brauchen diesen Exportartikel, wol-en wir die deutsche Wirtschaft voranbringen. Auch hieretzen wir deutlich Akzente.Wir wollen in der Bauforschung mehr Geld aufwen-en, um mit einem Siegel für nachhaltiges Bauen, dasir im Juni dieses Jahres vorgestellt haben, Deutschland,uropa und der Welt vorzuführen, nach welchen Krite-ien in Deutschland ökologisch gebaut und umgerüstetird. Wir wollen der Welt vorführen, wie wir mit neuenechnologien bei Antriebssystemen und Kraftstoffenkzente setzen, damit Bürgerinnen und Bürger umwelt-reundlicher fahren können und Autofahren bezahlbarleibt. Wir unterstützen die Industrie, indem wir die For-chungsprogramme für die Wasserstoff- und Brennstoff-
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Bundesminister Wolfgang Tiefenseezellentechnologie sowie die Elektromobilität weiter aufhohem Niveau fortführen. Das ist einzigartig. Dieselangfristige Strategie wird sich auszahlen.
Ich habe eingangs gefragt: Wie kommt das beim Bür-ger an? Wie kann der Bürger konkret unsere Politiknachvollziehen? Lassen Sie mich zum Abschluss zweiProgramme herausgreifen, die mir ganz besonders amHerzen liegen: Das ist das Programm Soziale Stadt bzw.das Programm Städtebaulicher Denkmalschutz. In die-sen Programmen läuft alles zusammen, was die Strategieder Bundesregierung ausmacht. Wir wollen gemeinsammit den Ländern, den Städten und Gemeinden, die natür-lich lokal die Verantwortung haben, diese Programmeeinsetzen, damit das städtebauliche Erbe erhalten bleibt.Auf der einen Seite wird die Identifikation mit unserenStädten gestärkt und auf der anderen Seite ein Beitraggeleistet, damit Stadtteile nicht auseinanderdriften undsich die Menschen unterschiedlicher Herkunft, unter-schiedlicher sozialer Stellung in den Städten, Gemeindenund im ländlichen Raum wohlfühlen.Die Mittel für diese Programme werden erneut aufge-stockt. Wir erweitern das Programm StädtebaulicherDenkmalschutz auf die alten Bundesländer. Wir stockenauch das Programm Stadtumbau West auf, um die Kon-version von Industrie- und Militärbrachen in Gang zusetzen und fortzuführen. Das ist kluge Sozialpolitik, so-wohl auf dem Felde der Mobilität als auch auf demFelde des Bauens und des Wohnens. Das kommt allenzugute: Nord, Süd, West und – das darf der Beauftragtefür die neuen Länder sagen – auch und ganz besondersdem Osten.Ich empfehle die Annahme dieses Haushaltes.Vielen Dank.
Das Wort hat nun Claudia Winterstein für die FDP-
Fraktion.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Sehr geehrter Herr Minister Tiefensee, dieFrankfurter Allgemeine Zeitung hat ein Porträt von Ih-nen mit dem Titel überschrieben: „Der Ankündigungs-minister“. Sie hatten ein Aufbauprogramm für arme Re-gionen in Westdeutschland angekündigt und es wiederzurückgenommen.
Sie haben mindestens 8 Milliarden Euro an Einnahmenaus der Bahnprivatisierung angekündigt. Realistisch ist,wenn überhaupt, die Hälfte.Ihrem Ruf als Ankündigungsminister sind Sie eben inIhrer Rede wieder gerecht geworden, als Sie nämlichgroße Investitionen angekündigt haben. Sie haben von1bddaGpsddmF3fWMkskccrDsUnJdtEsw7BlswtadSdzbdss
nsere Autobahnen sind überlastet, weil der Ausbauicht mit dem wachsenden Verkehr Schritt hält. Bis zumahre 2025 werden der Pkw-Verkehr um 16 Prozent under Lkw-Verkehr um 80 Prozent steigen.
Genau entgegengesetzt entwickeln sich die Investi-ionen. Im kommenden Jahr wollen Sie 5,2 Milliardenuro in den Ausbau der Straßen stecken, im Jahr 2012eltsamerweise nur noch 4,8 Milliarden Euro. Also, werill denn hier kürzen? Dabei sind jährlich mindestensMilliarden Euro notwendig. Dazu kommt, dass dieaukosten natürlich drastisch gestiegen sind. Tatsäch-ich kann für das gleiche Geld nur noch 75 Prozent des-en gebaut werden, was vor zehn Jahren damit gebauturde. Der eigentliche Skandal aber ist, dass gleichzei-ig die Einnahmen des Bundes aus Steuern und Abgabenuf den Straßenverkehr drastisch angestiegen sind. Auchas sollten Sie ehrlicherweise sagen. 1998 betrug dieteuerbelastung des Kraftfahrzeugverkehrs 37 Milliar-en Euro, heute sind es 50 Milliarden Euro, also 40 Pro-ent mehr. Sie belasten die Autofahrer immer mehr, ge-en aber immer weniger in den Straßenbau zurück.
Die größte Sünde bei alledem ist aber die Verwen-ung der Lkw-Maut. Die Mauteinnahmen waren ur-prünglich als zusätzliche Mittel für die Verkehrsinfra-truktur geplant. Daran haben Sie sich überhaupt nicht
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Dr. Claudia Wintersteingehalten. Die Mauteinnahmen verschwinden zum gro-ßen Teil einfach im Haushalt.
– Natürlich. – Sie dienen schlicht als Ersatz für steuerfi-nanzierte Investitionsmittel. Das ist Mautbetrug. Daswerfe ich Ihnen heute nicht zum ersten Mal vor und ganzsicher nicht zum letzten Mal.Insgesamt wollen Sie – die Einnahmen aus der Maut-erhöhung vorausgesetzt – im Jahr 2009 10,2 MilliardenEuro in Schienen, Straßen und Wasserstraßen investie-ren. Das ist in der Tat 1 Milliarde Euro mehr als im letz-ten Jahr. Doch schon im Jahr 2010 sollen die Verkehrsin-vestitionen sinken und im Jahr 2012 nur noch 9,8 Mil-liarden Euro betragen. Wer redet denn hier von einerErhöhung? Herr Tiefensee hat das anscheinend nicht vor.
Das ist dauerhaft jedenfalls zu wenig Geld für eineleistungsfähige Infrastruktur in Deutschland.
Am Verkehrshaushalt zeigt sich das generelle Pro-blem dieser Regierung in der Haushaltspolitik. Die Aus-gaben steigen, die Investitionen sinken. Die Investitions-quote wird von jetzt 9 Prozent auf 8,4 Prozent imJahr 2012 sinken. Zum Vergleich: Mitte der 90er-Jahrelag sie bei 14 Prozent. Das ist wahrlich kein gutes Zei-chen für die Zukunftsfähigkeit des WirtschaftsstandortsDeutschland.
Das Wort hat nun Hans-Peter Friedrich, CDU/CSU-
Fraktion.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen undHerren Kollegen! Die Bereitstellung von Verkehrsinfra-struktur gehört zum Kernhandeln des Staates, und sie istGrundlage der Export- und Industrienation Deutschland.Deswegen, lieber Herr Minister Tiefensee, bin ich sehrfroh und dankbar, dass es uns gelungen ist, diesen Etatum 1 Milliarde Euro aufzustocken, um unserer Aufgabegerecht zu werden. Ich sage aber auch für meine Frak-tion: Das kann nur ein erster Schritt sein. WeitereSchritte müssen unmittelbar folgen.
Denn die Prognosen gehen von einem gigantischen Ver-kehrswachstum in Deutschland in den nächsten Jahrenaus. Wir haben bereits heute erhebliche Schäden durchStaus auf unseren Autobahnen, ökologische wie ökono-mische Schäden. Mit jedem Stau wird die Umwelt belas-tet, ohne dass der Wohlstand im Land gemehrt wird.DSWHMzlggfSMgvdMSdnAAmddshmm6nKwsgvüsKmhShivdR
ir haben glücklicherweise im Masterplan, den Sie,err Minister, vorgelegt haben, nicht die Zielsetzung,obilität und Verkehr zu verdrängen, zu verteuern oderu verlagern, sondern wir haben die Zielrichtung, Mobi-ität und Güterkraftverkehr zu preisgünstigen Bedingun-en und umweltverträglich zu ermöglichen. Das ist dieroße Herausforderung für die deutsche Verkehrspolitik.Die Nutzerfinanzierung ist vor drei Jahren einge-ührt worden – mit der richtigen Idee, zusätzlich zurteuerfinanzierung aus dem Bundeshaushalt über eineaut denjenigen an den Straßenkosten stärker zu beteili-en, der die Straßen auch stärker nutzt. Derjenige, deriel fährt, soll auch viel zum Straßenbau beitragen. Ichenke, das ist ein richtiger Ansatz.Aber wir müssen jetzt auch dafür sorgen, dass dieseauteinnahmen des Güterkraftverkehrs auch in dentraßenbau fließen. Wir müssen außerdem dafür sorgen,ass die Jahr für Jahr entstehenden Mehreinnahmenicht dazu führen, dass gleichzeitig der steuerfinanziertenteil Stück für Stück zurückgefahren wird. Das ist eineufgabe, bei der wir als Verkehrspolitiker zusammenit unseren Kollegen aus dem Haushaltsausschuss inen nächsten Jahren kämpfen müssen, damit sich dies iner Zukunft ändert.Herr Minister, Sie haben die Mauterhöhung ange-prochen. Sie hat mehrere Komponenten.Erste Komponente. Die rot-grüne Vorgängerregierungat dem Fuhrgewerbe eine 600-Millionen-Euro-Har-onisierung versprochen, die sie aber nie vorgenom-en hat. Wir haben jetzt durchgesetzt, dass diese00-Millionen-Euro-Harmonisierung kommt, gegenfi-anziert über eine Mauterhöhung. Das geschieht imonsens mit allen Beteiligten, auch mit dem Fuhrge-erbe.Zweitens. Auch die Idee der Bundesregierung, eineogenannte Mautspreizung einzuführen, also demjeni-en, der mit sauberen Lkws fährt, weniger Maut abzu-erlangen als demjenigen, der mit einem alten Stinkerber die Autobahn fährt, ist im Grunde ein richtiger An-atz. Es ist auch ein richtiger Ansatz, zu sagen: Wenn dieosten für den Wegebau, den Straßenbau steigen, dannüssen diese Kosten auch zu einer entsprechenden Er-öhung der Maut führen.Nur, Herr Minister, die Frage ist natürlich, in welchenchritten und zu welchem Zeitpunkt wir eine solche Er-öhung vornehmen. Ist es denn richtig, diese Erhöhungn dieser Form und in diesem Umfang in einer Phaseorzunehmen, in der die Dieselpreise explodiert sind, iner mittelständische Fuhrunternehmen mit demücken zur Wand stehen?
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Dr. Hans-Peter Friedrich
Ist es denn vernünftig, den Fuhrunternehmen Investi-tionsmittel zu entziehen, wodurch ihnen die Möglichkeitgenommen wird, sauberere Lkws zu kaufen?
Nachdem Sie, Herr Minister, so freundlich an michappelliert haben, appelliere ich deswegen an Sie: DrohenSie den Bundesländern bitte nicht, dass sie keine Straßenbekommen, wenn sie Ihrer Mauterhöhung nicht zustim-men, sondern setzen Sie sich mit den hervorragendenVerkehrsministern der Länder zusammen, mit EmiliaMüller, mit Alois Rhiel, mit Oliver Wittke – das sindhervorragende Gesprächspartner –, und suchen Sie einemittelstandsverträgliche Lösung! Übernehmen Sie Ver-antwortung für 3 000 mittelständische Fuhrunterneh-men und die Arbeitsplätze in diesen Betrieben.
Die Nutzerfinanzierung muss aber nicht nur auf derStraße stattfinden, sondern auch im Schienenbereich.Die Trassenerlöse der DB müssen künftig eins zu eins indie Schiene fließen. Noch mehr – das allein reicht nichtaus –: Die Bahn steht vor einer Teilprivatisierung.25 Prozent der Betriebsgesellschaften werden an dieBörse gebracht. Jahr für Jahr werden die KapitalgeberDividende verlangen. Sie werden diese Dividende be-kommen; aber die dreifache Dividende bekommt dasBundesunternehmen DB AG. Wir müssen gemeinsamdafür sorgen, dass die dreifache Dividende, die dieDB AG erhält, eins zu eins in den Schienenverkehr undin den Ausbau der Schienenstrecken in Deutschlandfließt. Wir haben genügend Aufgaben – Sie haben vorhinschon einige angesprochen –: Lärmschutz, aber auch denAusbau der Güterverkehrsstrecken.Herr Minister, ich lese, dass Sie mit der Bahn eineLeistungs- und Finanzierungsvereinbarung treffen,also einen Vertrag abschließen wollen, durch den gere-gelt wird, dass der Bahn jährlich 2,5 Milliarden Euro zurVerfügung gestellt werden. Im Gegenzug soll die Bahndie Schienenstrecken in Ordnung halten. Das ist ein gu-ter Ansatz. Aber ich habe auch gelesen, dass der Bahngestattet werden soll, pro Jahr bis zu 2 Prozent der Stre-cken in Deutschland stillzulegen, ohne dass sich dieseSumme von 2,5 Milliarden Euro reduziert.
Ich sage Ihnen: Das ist nicht akzeptabel. Wir können ei-ner weiteren Reduzierung des Schienennetzes inDeutschland nicht zustimmen. Das Schienennetz inDeutschland muss sogar noch erweitert werden; sonstsind alle unsere Versprechungen zur Verlagerung desGüterverkehrs von der Straße auf die Schiene Maku-latur.
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ieht anders aus als das, was wir gerade erlebt haben.Herr Verkehrsminister, Sie sind auch der Verkehrssi-herheitsminister; deshalb eine aktuelle Vorbemerkung,ewissermaßen wegen Gefahr im Verzug. Ich muss Sieuffordern: Stoppen Sie Herrn Beckstein, der mit seinemufruf „Zwei Maß Bier am Steuer“ zur Verkehrsun-icherheit beiträgt.
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Roland ClausDas können Sie ihm nicht durchgehen lassen. Dazubraucht es die in Ihrer Partei beliebte klare Kante.
Wir reden hier über den Infrastrukturhaushalt desBundes, den größten Investitionsetat, wobei die Größeeines Etats noch nichts über das Führungsniveau einesMinisteriums sagt. Selbstverständlich hat die Linke einpositives Verhältnis zu zukunftsfähigen Investitionen.Ich kann das auch hinreichend belegen.Die Bundeskanzlerin, der Bundesfinanzminister undviele weitere haben das Gebäudesanierungsprogrammhervorgehoben. Es ist just die Fraktion Die Linke gewe-sen, die schon in den Jahren 2006 und 2007 Anträge desInhalts gestellt hat, die Mittel dafür, weil es ein sinnvol-les Programm ist, zu verstärken. Wir haben Sie gewis-sermaßen zum Jagen getragen.
Das geht auch in Ordnung so.
Das werden wir, wo nötig, auch weiter tun.
Ich will natürlich ein Wort zur Bahn sagen, die fastein Drittel der Investitionen bekommen wird, zu den In-vestitionen also, die dann an die DB AG oder deren teil-privatisierte Töchter gehen. Wir verhandeln gerade, undzwar nicht stressfrei – das haben wir gemerkt –, die so-genannte Leistungs- und Finanzierungsvereinba-rung. Damit haben wir es in dieser Woche und in dennächsten Wochen womöglich zum letzten Mal in derHand, eine Fehlentwicklung, wie wir finden, zu korrigie-ren und die Entscheidung zu treffen, ob wir wirklich eineBörsenbahn oder eine Bürgerbahn wollen.Die Turbulenzen am internationalen Finanzmarkt, dieWarnungen, die wir alle in dieser Woche aufgenommenhaben, müssten wirklich reichen, dass wir die Signalehören. Wir müssten doch in der Lage sein, daraus Lehrenzu ziehen und die Entscheidung bei der Bahn zu korri-gieren.
Herr Minister Tiefensee, Sie sind wie die halbe Mi-nisterriege Mitglied des Verwaltungsrates der Kreditan-stalt für Wiederaufbau. Reicht es denn noch immernicht?
Was werden wir hier noch alles als Folge der Krise anden internationalen Finanzmärkten erleben? Kannman nicht einmal aus Fehlern lernen? Ich erinnere michgut daran, welche Häme ich erntete, als ich im vergange-nen Jahr die Probleme von Börsengang und Teilprivati-sierung vor dem Hintergrund der damals schon bekann-ten Turbulenzen bei der IKB angesprochen habe. Sie tunssSCgscdsfhltnnEKndkgJMdmstSAWtlnLhinvbftfCgziw
uch ich weiß natürlich, dass es inzwischen im Ostenachstumsregionen gibt. Ich weiß, dass es auch struk-urschwache Gebiete im Westen gibt. Wir haben das al-es in unseren Anträgen berücksichtigt. Aber solange esoch so ist, dass unter den 50 leistungsschwächstenandkreisen der Bundesrepublik 49 ostdeutsche sind,aben wir ein Ost-West-Problem. Solange es noch sost, dass der Umsatz der 100 größten ostdeutschen Unter-ehmen zusammen nicht einmal die Hälfte des Umsatzeson Daimler erreichen, haben wir ein Ost-West-Pro-lem.Wir empfinden es auch als empörend, dass die Trans-ormationserfahrungen der Ostdeutschen, die in den letz-en 18 Jahren gesammelt wurden, nicht wirklich abgeru-en und eingesetzt werden. Sie haben heute erneut einehance vertan, Herr Minister, das zur Sprache zu brin-en.Wir werden Ihren Etat beraten – Verkehre zu Wasser,u Lande und in der Luft und vieles mehr. Wir werdenhn sicherlich um einige Millionen Euro korrigieren. Wirissen ja noch nicht, welche Milliardenbeträge staatsei-
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Roland Clausgene Banken vielleicht demnächst wieder verzocken.Deshalb sage ich: So kann es nicht weitergehen, und esist gut, dass es für Veränderungen und Alternativen eineAdresse gibt, nämlich die Linke.
Das Wort hat nun Winfried Hermann für die Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der HerrMinister hat soeben gesagt, dass der Haushalt in Zahlengegossene politische Strategie sei. Das sollte er ja auchsein. Deswegen will ich mich heute wirklich auf dasZahlenmaterial und vor allen Dingen auf die Frage derInfrastruktur konzentrieren, die, wie wir alle wissen,sehr bedeutend für diesen Haushalt ist. Sie umfasst zwarnicht das gesamte Gebiet des Verkehrs, stellt aber einzentrales Problem dar.Sie haben sich damit gebrüstet – das kann man übri-gens auch in Ihren Ergänzungen zum Haushalt nachlesen –,dass für diesen Haushalt besonders viele Investitions-mittel locker gemacht wurden. Sie haben auch zu Rechtdarauf verwiesen, dass die Ansätze angehoben wurden.In einem Punkt will ich Sie ausdrücklich unterstützenund auch loben: Es ist richtig, die Erhöhung der Investi-tionen an die Zustimmung des Bundesrates zur Maut-erhöhung zu knüpfen. Es darf nämlich nicht zugelassenwerden, dass eine große Koalition der Scheinheiligen,angeführt von der CSU und gefolgt von der FDP,
einerseits behauptet, dass es eine Sauerei sei, dass dieMaut erhöht werde, andererseits aber ständig darüberklagt, dass zu wenig Mittel für Schiene, Straße usw. zurVerfügung gestellt werden. Das passt nicht zusammen.Das dürfen wir nicht durchgehen lassen.
Die CSU muss sich einmal entscheiden, ob sie wirklichetwas für die Infrastruktur tun will oder ob sie populis-tisch einmal für das eine und ein anderes Mal für das an-dere eintreten will.
Sie sagen, Sie haben das deutlich erhöht. Wenn mansich die Zahlen anguckt, dann ist das – genau betrachtet –nicht so viel. Die Investitionen sind auch nicht so hoch.Ich halte es für bedenklich, wenn man bei der Betrach-tung des Schienenverkehrsbereichs sieht, dass die Inves-titionsmittel auf 3,9 Milliarden Euro gestiegen sind,wenn aber im gleichen Zeitraum die Mittel für die Rent-ner der Bahn auf 5,8 Milliarden Euro gestiegen sind. Ichwill denen nicht die Rente neiden, aber es zeigt, wieschräg der Etat bei uns inzwischen ist. Wir geben für dieVergangenheit – also für die, die gearbeitet haben – in-zen1sSgihildomgsWgEgtkiWcSrGlWlNfrolnDpesnntdSngizd
Aus Zeitgründen verzichte ich darauf, den Straßenbauenauer zu beleuchten. Die Struktur ist aber gleich. Er istm Bereich der Sanierung und des Erhalts unterfinan-iert. Der Ausbau ist uns sicherlich nicht so wichtig, aberas Geld reicht hinten und vorn nicht.
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Winfried HermannJetzt kommt die Frage: Wie wollt ihr das anders ma-chen? Wie wollt ihr das finanzieren? Wir sagen ganz of-fen und klar: Wenn wir eine bessere, eine wirklich gutfunktionierende Infrastruktur für alle Verkehrsträger ha-ben wollen, dann müssen wir den Leuten sagen, dass da-für mehr Geld ausgegeben werden muss. Wenn wir dassagen, dann müssen wir auch sagen, wie wir das finan-zieren wollen. Deshalb sind wir erstens der Meinung,dass die Erhöhung der Maut richtig ist. Aus unsererSicht hätte sie höher sein können. Zweitens muss es dazukommen, dass endlich auch die kleinen Lkws bezahlen.Das ist dann keine Erhöhung, sondern eine Ausweitung.Vor allem aber müssen wir drittens auch für die autobahn-ähnlichen Bundesfernstraßen Maut erheben. Auch dasbringt Einnahmen. Viertens müssen wir endlich die kon-traproduktiven Subventionen beseitigen. Wir müssenalso die Kerosinsteuer einführen und die Mehrwertsteu-erbefreiung für den Flugverkehr abschaffen. Das sindnur zwei Baustellen, bei denen wir klar sagen, hier kannman Mittel generieren, mit denen man die Infrastrukturinsgesamt nach vorn bringen kann.
Ich muss zum Schluss kommen. Eine Politik, die sagt,wir wollen Verkehr verlagern und die Infrastruktur zu-kunftsfähig ausbauen, sieht anders aus. Bei genauer Be-trachtung sind Ihre Zahlen ziemlich geschönt. Eigentlichmuss man sagen, dass wir in einer tiefen Finanzkrise derInfrastruktur stecken. Darüber sollten wir reden.Vielen Dank.
Das Wort hat nun Klaas Hübner für die SPD-Fraktion.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-ren! Die Opposition hat circa 15 Minuten lang in diesemHause geredet, dabei aber nicht immer etwas Sinnvollesgesagt.
Frau Kollegin Winterstein, Sie haben eben eine solideFinanzierung unserer Haushalte angemahnt; das tut dieFDP immer. Meistens fordern Sie in dem Zusammen-hang auch Ausgabensenkungen. Gleichzeitig beklagenSie, dass es zu wenig Ausgaben im Infrastrukturbereichgebe. Wir wollen dort die Ausgaben erhöhen, aber wirwollen sie auch solide finanzieren. Da machen Sie sicheinen schlanken Fuß. Es wäre kein Skandal, wenn dieMaut erhöht würde; vielmehr wäre es ein Skandal, wennwir durch eine Nichterhöhung der Maut nicht 3 Milliar-den Euro zusätzlich in den Straßenverkehr stecken könn-ten, Frau Kollegin Winterstein.
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Trotzdem ist in den letzten 15 Minuten auch etwasinnvolles passiert. Wissen Sie, dass dank unsererolitik in 15 Minuten über 34 Tonnen CO2 weniger ausen Schornsteinen der Wohnhäuser in Deutschland inie Atmosphäre geblasen werden? In 15 Minuten sparenie Nutznießer unserer CO2-Gebäudesanierungspolitik40 000 Kilowattstunden. Wir handeln für das Klimand für die Menschen. Die Nachfrage der Menschen aner Stelle gibt uns recht.
Das CO2-Gebäudesanierungsprogramm ist ein vol-er Erfolg. Bereits im August dieses Jahres waren soiele Anträge eingegangen, dass die veranschlagtenaushaltsmittel aufgebraucht waren. Wir haben deshalb00 Millionen Euro nachgeschossen. Herr Minister, die-es Geld ist hervorragend angelegt.
it jeder Sanierungsmaßnahme werden Mieter und Ei-entümer von Energiekosten entlastet. Mit jeder Sanie-ungsmaßnahme wird die Atmosphäre, wird die Umweltin Stück mehr geschont.Deshalb wollen wir Sozialdemokraten das CO2-Ge-äudesanierungsprogramm im kommenden Jahr um zu-ätzliche 270 Millionen Euro aufstocken und die Finan-ierung in der Laufzeit bis mindestens 2015 garantieren;enn Mieter und Eigentümer brauchen nach unsereruffassung echte Planungssicherheit an dieser Stelle.Das CO2-Gebäudesanierungsprogramm entlastet abericht nur Geldbeutel und Umwelt. Dieses Programmchafft und sichert Arbeitsplätze, vor allem im Bauhand-erk und in der Bauindustrie. Es ist daher ein gutes Bei-piel für eine intelligente Verzahnung von Ökonomiend Ökologie, und das ist auch ein Markenzeichen Ihresauses, Herr Minister.
Zwar ist die Aufstockung des CO2-Gebäudesanie-ungsprogrammes ein wichtiger Beitrag; aber es müsseneitere folgen. Herr Minister, Sie haben einige genannt,um Beispiel die Sanierung von Großwohnsiedlungen,n denen immerhin 5 Millionen Menschen leben. Das
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Klaas Hübnerunterstützen wir voll und ganz. Sie haben auch etwaszum Wohngeld gesagt, das wir ja schon novelliert ha-ben. Ich will ergänzen, dass wir uns wünschen, dass dieErhöhung auf den 1. Oktober vorgezogen und somitschon früher wirksam wird.
Wir wollen das mit dem Koalitionspartner und den Län-dern besprechen. Aber ich glaube, das wäre ein sinnvol-ler und effektiver Beitrag, zumal wir auch die Heizkos-tenkomponente eingeführt haben, um den steigendenEnergie- und Heizkosten wirkungsvoll entgegenzutreten.Deshalb werden wir dafür kämpfen, Herr Minister, hof-fentlich mit Ihnen an unserer Seite.
Intensiv haben wir in diesem Zusammenhang auchweitere Möglichkeiten diskutiert, Energietarife zu be-einflussen. Wir sind – das will ich hier ehrlich sagen – zudem Ergebnis gekommen, dass dies nur unter Inkauf-nahme erheblicher Ungerechtigkeiten im Einzelfallmöglich wäre. Am meisten profitieren würden von densogenannten verbrauchsorientierten Stromtarifen dochdie Haushalte, die mit Gas heizen und kochen und Stromnur für Waschmaschine, Stereoanlage und Licht brau-chen. Wer aber zum Beispiel im Geschosswohnungsbauder 70er-Jahre wohnt und Energie nur aus der Steckdosebezieht, wer also mit Strom auch kochen, heizen undWasser erwärmen muss, wäre dann der Gekniffene; ermüsste die höheren Tarife bezahlen. Das sind meistensnicht die sozial starken, sondern die sozial schwachenGruppen. Darum wäre ein solcher verbrauchsorientierterTarif nicht sozial gerecht. Deshalb lehnen wir als Sozial-demokraten ihn ab.Kommen wir zum mobilen Bereich. Es gibt einGrundrecht auf Mobilität; keine Frage. Es gibt aber keinGrundrecht auf Automobilität bei konstanten Kosten; soehrlich müssen wir sein. Wir könnten dieses Grundrechtnicht einlösen; das ist nicht finanzierbar. Wer das fordert,müsste auch sagen, wo die Milliarden dann herkommensollen, um die Preissteigerungen zum Beispiel diesesSommers zu finanzieren. Wir müssen umgekehrt daraufsetzen, dass wir effizienter werden, auch im automobilenBereich. Deswegen wollen wir Sozialdemokraten An-reize für den Kauf effizienterer Autos schaffen. Wir wer-den entsprechende Vorschläge machen. Insofern glaubeich, dass wir auf das richtige Pferd setzen, wenn wir sa-gen, dass Effizienz wichtig ist. Wir werden die Welt-marktpreise nicht aus nationaler Sicht beeinflussenkönnen. Wir können nur versuchen, Energie effizienterzu verbrauchen, weniger zu verbrauchen und so zu einerPreisminderung beizutragen. Das ist der richtige Weg füruns.
Es ist außerdem wichtig, das Angebot an alternati-ven Verkehrsmitteln weiter auszubauen. Ein gutes öf-fentliches Nah- und Fernverkehrsnetz sowie gute Rad-wege sind uns deshalb wichtig. Hier werden wir auch inden kommenden Jahren gezielt investieren.SPnHVttwdergnndbtOHtSEgsfceKtIdssEwclImignVBfls
Sehr geehrter Herr Kollege Friedrich, Sie haben kurzin paar Anmerkungen zur Leistungs- und Finanzie-ungsvereinbarung gemacht. Sie wissen, dass wir dazuetagt haben. Sie hatten leider keine Zeit, daran teilzu-ehmen. Bevor Sie in der nächsten Zeit Ihre Informatio-en nur aus der Zeitung beziehen, biete ich Ihnen an,arüber ein Gespräch zu führen. Ich bin dazu jederzeitereit. Ich glaube, wir können das Ganze bilateral rich-igstellen.Lassen Sie mich noch ein paar Sätze zum Aufbaust sagen, für den der Herr Minister auch zuständig ist.ier möchte ich ausnahmsweise – das haben wir in letz-er Zeit nicht oft getan – den Spiegel zitieren. Derpiegel titelt in seiner jüngsten Ausgabe: „Vorteil Ost“.r übertreibt natürlich etwas – das ist beim Spiegel nichtanz unüblich –, indem er von Reindustrialisierungpricht. Aber mit den Händen zu greifen sind die Er-olge, die im Hinblick auf die Entwicklung der gewerbli-hen Wirtschaft und die dort entstandenen Arbeitsplätzerzielt worden sind. Die in den vergangenen Jahren vononsequenz geprägte Förderpolitik der Bundesregierungrägt offenbar allen Unkenrufen zum Trotz doch Früchte.ch möchte an dieser Stelle allen beteiligten Ressorts füriese konsequente Politik ausdrücklich danken.
Angesichts der unbestreitbaren Erfolge auf wirt-chaftlichem Gebiet sollte verstärkt eine andere Dimen-ion ins Blickfeld rücken: Das ist die Vollendung derinheit im sozialen Bereich. Im nächsten Jahr werdenir in vielfältiger Weise des 20. Jahrestages der friedli-hen Revolution gedenken. Im Einigungsprozess ist vie-es richtig gemacht worden, manches aber auch falsch.ch will darüber gar nicht rechten; aber es ist schonerkwürdig, dass eine damalige Regierungspartei Westn einem offiziellen Papier versucht, sich das Verdienstanz allein zuzuschreiben, als wären die Ostdeutschenur Objekt gewesen und als hätte es eine frei gewählteolkskammer nie gegeben. Nein, die Bürgerinnen undürger im Osten können stolz darauf sein, mit dieserriedlichen Revolution die Einheit Deutschlands einge-eitet zu haben.
Mit den damals geweckten Erwartungen – demelbsttragenden Aufschwung und den blühenden Land-
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Klaas Hübnerschaften – haben wir es noch heute zu tun. 20 Jahre da-nach müssen wir den Bürgern in Ostdeutschland eineklare Ansage machen, eine klare Perspektive geben, wiees weitergehen soll. Ich sehe dafür drei Kernbereiche:Das erste Thema ist: Die gewerbliche Wirtschaftbrummt. Es hapert noch ein wenig bei der Dienstleis-tung, beim Handel. Das ist auch verständlich; denn dasLohnniveau im Osten ist deutlich niedriger. Darum ist esgerade für uns Sozialdemokraten so wichtig, im Osteneinen flächendeckenden Mindestlohn einzuführen, da-mit der Konsum im Osten wieder eine selbsttragendeKraft erreichen kann.
Natürlich müssen wir uns auch um die verfestigteLangzeitarbeitslosigkeit – das ist das zweite Thema –kümmern, die im Osten besonders stark ausgeprägt ist.Wir müssen den Menschen wieder das Gefühl geben,dass sie aus eigener Anstrengung in der Lage sind, ander Gesellschaft teilzuhaben, es durch eigene Fähigkei-ten schaffen, am Wohlstand teilzuhaben. Wir dürfen sienicht einfach nur alimentieren, wie das manche von derLinkspartei wollen. Nein, wir wollen die Menschen indi-viduell befähigen, dass sie aus eigener Kraft ihren eige-nen Anteil am Wohlstand sichern können. Das ist derrichtige Weg – nicht eine Alimentation, wie sie teilweisevon der Linken gefordert wird.
Ich will ein drittes Thema nicht aussparen: Das ist dasThema Rente. Ich glaube, dass wir auf Sicht in ganzDeutschland ein einheitliches System für die Berech-nung der Rente brauchen.
Das ist keine einfache Aufgabe; das ist eine sehr kompli-zierte Materie. Aber ich glaube, es ist an der Zeit und istden Schweiß der Kundigen wert, eine solide finanzierte,für alle verständliche und in ganz Deutschland akzep-tierte Lösung zu suchen.Vielen Dank.
Das Wort hat nun Jan Mücke für die FDP-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! LiebeKolleginnen und Kollegen! Vorausschicken möchte ich,dass Kollege Friedrich vorhin eine klassische Opposi-tionsrede gehalten hat.
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iese Entlastung – über 600 Millionen Euro – sollte seit005 gewährt werden. Sie haben es als Bundesregierungis heute nicht geschafft, diese Entlastung auf den Wegu bringen. Nun sagen Sie: In diesem Jahr schaffen wiras, aber wir müssen im Gegenzug leider die Maut erhö-en. Das ist eine Entlastung nach CSU-Manier. Dafürird die FDP niemals die Hand reichen.
Noch ein Wort zum Thema Maut, zum Anteil deraut an den Gesamtinvestitionen. Wir haben uns dasinmal angesehen: Der Anteil der Maut an den Gesamt-nvestitionen ist in den letzten Jahren kontinuierlich ge-tiegen. Das heißt, aus dem Bundeshaushalt sind für In-estitionen in die Straßeninfrastruktur immer wenigerittel zur Verfügung gestellt worden. Der Anteil der ausem Haushalt finanzierten Infrastruktur sinkt immereiter. Unter Rot-Grün lag er noch bei 9,3 Milliardenuro. Zwischen 2005 und 2008, also in der Regierungs-eit von CDU/CSU und SPD, bei 7,05 Milliarden Euro.ach Ihrer Planung wird er im Jahr 2009 auf 6,4 Milliar-en Euro sinken. Den Anteil der tatsächlich aus demaushalt finanzierten Investitionen fahren Sie immereiter zurück. Bei der Einführung der Maut ist aber ge-au das Gegenteil versprochen worden.
s wurde immer gesagt: Die Maut wird eingeführt, umusätzliche Investitionsmittel für die Straße zu generie-en. Das Gegenteil ist eingetreten: In dem Maße, in demie über die Maut zusätzlich Geld einnehmen, haben Sieie Haushaltsmittel im Gegenzug heruntergefahren. Ge-en dieses schleichende Zurückfahren der Investitions-ittel müssen wir ankämpfen.Hier ist gesagt worden: Die Opposition meckert nur,abei sollte sie eigentlich einmal Gegenvorschläge ma-hen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Regie-ungsfraktionen, das Ganze ist eine Frage der Prioritä-ensetzung im Haushalt. Wofür soll das Geld ausgegebenerden? Solange wir für die IKB noch 10 Milliardenuro übrig haben und für alle möglichen anderen Not-älle auch, aber nicht in das investieren, was für diesesand wirklich wichtig ist, nämlich in Bildung und Infra-truktur, so lange werden Sie diese Probleme nicht aufie Reihe bekommen. Das ist eine Folge Ihrer falschenrioritätensetzung.
Im Bereich der Straßeninfrastruktur wird noch eineroße Herausforderung auf uns zukommen. Vielleichtaben Sie heute in der Leipziger Volkszeitung gelesen:etonkrebs zerfrisst die Autobahnen. Experten rechnen
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Jan Mückemit Belastungen in Milliardenhöhe durch schlecht verar-beiteten Beton. Im Übrigen ist das nicht nur bei Straßen,sondern auch bei Bahnschwellen ein großes Problem.Das werden wir im nächsten Jahr sehen, wenn die Bahn-verbindung zwischen Berlin und Hamburg teilweise ge-sperrt werden muss, weil über 200 000 Betonschwellenausgetauscht werden müssen. Diese Belastungen sind inIhrem Haushalt nicht abgebildet.Das führt uns zu einem weiteren Problem, das ich miretwas genauer angeschaut habe, weil ich mich dafür be-sonders interessiere: Das ist der Luftverkehr. Ich willdas hier einmal zum Thema machen, weil es in derHaushaltsdebatte relativ selten eine Rolle spielt. Ichhabe mir den Stellenplan des Luftfahrt-Bundesamtes an-geschaut. Sie wissen, dass dem Luftfahrt-Bundesamt inden letzten Jahren immer mehr Aufgaben übertragenwurden, unter anderem die Umsetzung der Fluggastver-ordnung der Europäischen Union. Mittlerweile gibt esüber 6 000 Beschwerden von Fluggästen, die besagen,dass sie von ihrer Airline nicht korrekt behandelt wur-den. Die meisten dieser Beschwerden sind berechtigt.Das Luftfahrt-Bundesamt hat die Aufgabe, diese Be-schwerden zu prüfen. Allerdings hat es seit Jahren nichtdas dafür erforderliche Personal. Der Personalbestanddes Luftfahrt-Bundesamtes ist kontinuierlich zurückge-fahren worden. Für 2009 wurde beantragt, über 80 neueStellen in den Haushalt, der uns als Entwurf vorliegt,einzustellen. Herr Minister, im Haushaltsplan für 2009vorgesehene neue Stellen: drei. Auf diese Art und Weisekönnen wir das Problem nie und nimmer in den Griff be-kommen.Wir haben schon einmal darüber debattiert, dass eineneue Aufsichtsbehörde für die Flugsicherung beim Luft-fahrt-Bundesamt als Voraussetzung für eine Kapitalpri-vatisierung der Flugsicherung eingerichtet werden muss.Auch das würde neue Stellen erforderlich machen. WennSie das wollen, müssen Sie auch dafür sorgen, dass dasLuftfahrt-Bundesamt die Stellen, die dafür notwendigsind, zur Verfügung gestellt bekommt.
Ich möchte in diesem Zusammenhang ein weiteresThema ansprechen, das gerade ganz aktuell einige großeRolle spielt – auch da ist die Bundesregierung gefragt –:die Rechte von Passagieren, die in einem Flugzeug sit-zen, das technisch nicht in Ordnung ist. Nach dem Span-air-Unglück haben wir gesehen, dass Passagiere zumWeiterflug gezwungen wurden, obwohl sie ausdrücklichgesagt hatten, dass sie aussteigen wollen. Hier ist derGesetzgeber gefragt. Wir müssen uns eine Regelung ein-fallen lassen. Wenn ein Start aus technischen Gründenabgebrochen wurde, müssen die Passagiere ein gesetz-lich verbrieftes Recht haben, aus der Maschine auszu-steigen und eine alternative Maschine in Anspruch zunehmen.
Letzter Punkt: das Thema Bahn. Das, was wir hierhinsichtlich des geplanten Bedienzuschlages und der Er-hiMpsgaaBssMDLMswO–ehdlvmtIGlrLüsdn–w
as ist gerade für die älteren Menschen in unseremande ein großes Problem. Denn nicht jeder ältereensch kann einen Computer bedienen oder möchteich an einem Automaten sein Ticket kaufen. Deshalbar dieser Vorschlag des Bahnvorstandes keineswegs inrdnung. Wir als FDP haben uns dagegen eingesetzt.
Der Minister auch. Es hat aber eine Weile gedauert, bisr sich dagegen eingesetzt hat. Dass er es endlich getanat, rechnen wir der Politik der FDP zu.Vielen Dank.
Das Wort hat nun Kollege Norbert Königshofen für
ie CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kol-ege Mücke, Sie haben zu Beginn Ihrer Rede, die inielen Teilen beachtlich war, geglaubt, feststellen zuüssen, dass unser Kollege Dr. Friedrich eine Opposi-ionsrede gehalten hat.
ch will Ihnen der Ordnung halber sagen, dass wir in derroßen Koalition natürlich das Gemeinsame herausstel-en, uns aber auch nicht scheuen, das anzusprechen, wo-über wir noch zu reden haben. Genau so ein Punkt ist dieuFV – auf die komme ich gleich noch zu sprechen –,ber die wir intensiv gesprochen haben und noch inten-iv sprechen werden. Sie können davon ausgehen, dassie CDU/CSU die sozialdemokratischen Minister ge-auso unterstützt wie die eigenen.
Das ist keine Drohung, sondern ein Versprechen. Sieerden sehen, dass wir das Versprechen halten werden.
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Norbert KönigshofenIn der Haushaltsdebatte ist es richtig und wichtig,auch die Privatisierungserlöse anzusprechen; denn siestellen einen großen Brocken dar. Ich darf daran erin-nern: Für dieses Jahr haben wir 10,7 Milliarden Euroveranschlagt, für das nächste Jahr 4,3 Milliarden Euro,6,5 Milliarden Euro für 2010 und 4,6 Milliarden Eurofür 2011. Das zeigt, dass dies ein wichtiges Gebiet ist.Der Verkehrshaushalt ist dabei in starkem Maße betrof-fen.Zwei Punkte möchte ich heute ansprechen: erstens dieDFS, die Deutsche Flugsicherung, und zweitens dieDeutsche Bahn.Das Vorhaben, die DFS zu privatisieren, ist ja eineZeit lang vor sich hin gedümpelt. Niemand wollte dasGanze mehr angehen; es war durch das Veto des Bundes-präsidenten gescheitert. Es war schon der Eindruck ent-standen, das Thema sei ad acta gelegt, obwohl wir imKoalitionsvertrag eine eindeutige Vereinbarung dazu ha-ben. Deswegen freue ich mich, dass es seit dieser Wocheeine neue Entwicklung gibt. Die Spitzen der Koalitionhaben vereinbart, das Thema anzufassen, die notwendi-gen Strukturanpassungen durchzuführen und wenn not-wendig eine Grundgesetzänderung zu machen.
– Noch in dieser Periode, so hoffen wir, KollegeHermann.Sie wissen, Grundgesetzänderungen sind in einerGroßen Koalition immer leichter als in einer kleinen.Man weiß ja nicht, was nach 2009 kommt. Ich glaube je-doch, dass es in dieser Frage keinen großen Dissens zwi-schen den meisten der hier vertretenen Fraktionen gibt.Wir sind uns einig – das steht außer Frage –, dass dieDeutsche Flugsicherung im Hinblick auf die Schaffungeines einheitlichen europäischen Luftraums handlungs-fähig gemacht werden muss. Wir brauchen über Zentral-europa, also über Deutschland, Belgien, Frankreich,Luxemburg, den Niederlanden und der Schweiz, eineneinheitlichen Luftraum, und zwar unter Beteiligung derDFS. Dafür müssen wir die Voraussetzungen schaffen.
In den grenznahen Bereichen gibt es Zustände, diemit dem Grundgesetz nicht zu vereinbaren sind; auchdeswegen brauchen wir eine Veränderung. Die Rechts-experten sagen, um auf der sicheren Seite zu sein, seieine Grundgesetzänderung notwendig. Wir werden dassorgfältig überprüfen. Für die CDU/CSU kann ich aller-dings feststellen, dass wir bereit sind, diesen Schritt zugehen, wenn er denn notwendig wird. Ich hoffe, dass wirin dieser Frage über die Koalitionsgrenzen hinweg zu-sammenarbeiten werden, wie wir es auch getan haben,als es zum ersten Mal um die Deutsche Flugsicherungging. Das damalige Gesetz fand die Zustimmung allerFraktionen, mit Ausnahme der Linken.
– Ja. Deswegen konnten sie auch nicht zustimmen.pedIdTHßEkrglIrSkJBwiwpzvkginddkKVwnGlwsdr
ch hoffe, dass die Banken und damit auch der Ministerecht behalten. Wenn man daran denkt, was mit Morgantanley geschehen ist, kann man allerdings Angst be-ommen. Denn Morgan Stanley hat im letzten halbenahr 60 Prozent seines Börsenwertes verloren.
Nichtsdestotrotz hoffen wir, dass wir einen dickenatzen einnehmen werden, damit wir das tun können,as wir vorhaben: den Haushalt entlasten, der Bahn fürhre Aktivitäten Geld geben und – das ist besondersichtig – zusätzliche Mittel in das Schienennetz pum-en.Nun geht es um die LuFV, die Leistungs- und Finan-ierungsvereinbarung. Ein erster Entwurf liegt bereitsor. Wir sind auf einem guten Weg. Zu begrüßen ist dieurze Laufzeit von nur fünf Jahren. Denn lange Festle-ungen sind angesichts solch riesiger Beträge – es gehtmmerhin um 2,5 Milliarden Euro pro Jahr –
atürlich nicht unproblematisch. Wir würden uns aller-ings vor Beginn der Laufzeit ein Probejahr wünschen;arüber müssen wir noch reden.Natürlich stellt sich auch die Frage der Kapazitäts-ontrolle. Wir wollen Wettbewerb. Dafür brauchen wirapazitäten; auch darüber muss noch diskutiert werden.or allen Dingen muss die Frage beantwortet werden,as mit den Gewinnen, die bei den Infrastrukturunter-ehmen anfallen, geschieht. Wir möchten, dass dieseewinne, die eigentlich ersparte Subventionen darstel-en, bei den Infrastrukturunternehmen verbleiben.Es ist weiterhin Wachsamkeit gefordert. Denn wirissen: Verhandlungen mit der Bahn sind immer einehr schwieriges Unterfangen. Herr Mehdorn macht unsas Leben nie leicht. Die Diskussion über die Einfüh-ung eines Bedienzuschlages ist ein aktuelles Beispiel.
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Norbert KönigshofenHerr Kollege Claus, Sie sagten, dass die Bahn Volks-eigentum sei. Das ist richtig. Sie ist aber kein Volkseige-ner Betrieb.
Deswegen wird das nicht so ablaufen, wie Sie befürch-ten.
Wir müssen wissen, dass die Bahn AG als Aktienge-sellschaft natürlich ihre Prioritäten hat und ihre Zieleverfolgt, die vom Aktiengesetz vorgegeben werden. DerDeutsche Bundestag aber muss das Gemeinwohl imAuge behalten. Dazu fordere ich uns alle auf. Ich hoffe,dass wir uns gemeinsam darum bemühen.Danke schön.
Das Wort hat nun Heidrun Bluhm von der Fraktion
Die Linke.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Herr Königshofen, gleich eine Antwort auf Ihre Bemer-kung: Wäre die Bahn ein Volkseigener Betrieb, dannwäre Herr Mehdorn Genosse. Gott bewahre uns davor!
Nach Ansicht des amerikanischen BestsellerautorsEric Weiner – nicht zu verwechseln mit Erich Weinert –wird das persönliche Glück maßgeblich durch den Ortund die Qualität des Wohnens bestimmt. Seine folgerich-tige Empfehlung lautet also: Wer unglücklich ist, sollteumziehen.Jetzt kommen wir zu dem Dilemma in diesem Zusam-menhang; denn nicht jeder Unglückliche kann diese Al-ternative nutzen. Nicht wenige sind froh, überhaupt eineWohnung zu haben. Nicht einmal diese können sie auseigenen Mitteln bezahlen; sie brauchen staatliche Unter-stützung.Heute, am 18. September, wenige Tage vor Herbstbe-ginn, ist eigentlich schon Winter, und das im doppeltenSinne. Dies gilt sowohl für die Temperaturen als auchfür die soziale Kälte, die in Deutschland zunimmt.
Zu den Temperaturen. Die Explosion der Heizkostenin bisher nicht gekanntem Maße wird weiter zunehmen.Alleine für dieses Jahr sind weitere Preissteigerungenvon 20 Prozent angekündigt.eswwhiwMzngEmWategdBgbkWBcradAwphdmsDdSvpwuewsnrKlm
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– Eben, stellen Sie doch eine Zwischenfrage. HerzlichenDank, Frau Kollegin!
Für uns ist eine weitere wesentliche Frage wichtig.Diese kann ich aufgrund der Zeit jetzt leider nicht mehrbehandeln.
Aber ich möchte doch noch einmal zum Ausdruckbringen, dass wir aufgrund der Baupreisentwicklung inDeutschland ohnehin alternative Modelle finden müs-sen, durch die wir in die Lage versetzt werden, unsereKlimaziele und die sozialen Ziele nicht aus den Augenzu verlieren.Danke.
Das Wort hat nun Petra Weis für die SPD-Fraktion.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-ren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn ein Haus-haltsplanentwurf ein Beitrag einer Bundesregierung und– das sage ich in Klammern dazu – natürlich auch der sietragenden Fraktionen zur Problemlösung sein soll, mitdem gleichzeitig realisierbare Zukunftskonzepte aufge-zeigt werden sollen, dann wird dieser Auftrag durch denvorliegenden Entwurf des Einzelplans 12 in ganz außer-ordentlichem Maße erfüllt. Deswegen will ich gleich miteinem Lob an den Minister und sein Team starten.Wenn wir auf den bau- und stadtentwicklungspoliti-schen Teil des Haushalts blicken – ich kann mich auf-grund der Kürze der Zeit nur diesem Aspekt widmen –,dann können wir unzweifelhaft erkennen, dass MinisterWolfgang Tiefensee mit diesem Entwurf Lösungen fürdie vier großen Herausforderungen anbietet, vor denensich die Städte augenblicklich gestellt sehen: der demo-grafische und wirtschaftsstrukturelle Wandel, die Siche-rung des sozialen Zusammenhalts in den Städten und inden städtischen Quartieren, die Integration von Men-schen mit Migrationshintergrund und nicht zuletzt dieBewältigung des Klimawandels.
Darauf reagieren wir mit einer nachhaltigen, weil in-tegrierten und verlässlichen Stadtentwicklungspolitik,wobei der Bund die Koordinations- und Netzwerkfunk-tion übernehmen sollte und die Städte bei der Entwick-lung eigener maßgeschneiderter Programme und Aktivi-täten unterstützen muss. Auch deswegen haben wir dieInitiative von Wolfgang Tiefensee im Hinblick auf denStartschuss für die Nationale Stadtentwicklungspolitikim letzten Jahr ausdrücklich begrüßt. Ich glaube, dass esddssShupddbdSüg„RwJuF„wvhsuzmwnluMEP–vamnnHWegDSdu
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. September 2008 18849
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Das Wort hat nun Kollege Peter Hettlich für die Frak-
tion Bündnis 90/Die Grünen.
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So erfreulich dies alles ist, müssen wir dennoch übereue Wege in der Verkehrsinfrastrukturfinanzierungachdenken. Wir brauchen eine echte und glaubwürdigeutzerfinanzierung bei der Straße über das Instrumen-arium der Lkw-Maut. Wenn wir den Nutzern sagen,ass sie zahlen müssen, um mehr und bessere Infrastruk-ur zu bekommen, dann muss dieses Wort auch eingelösterden. Ansonsten fühlt sich der Nutzer getäuscht. Wirlle haben kein Interesse daran, dass der Gedanke derutzerfinanzierung diskreditiert wird, indem solche Zu-agen nicht eingelöst werden, was in der Vergangenheiteider geschehen ist.
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Dirk Fischer
Es wäre sehr überzeugend, wenn die Mautmittel un-mittelbar der Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesell-schaft, der sogenannten VIFG, zufließen würden. Daswürde die Akzeptanz der Maut deutlich erhöhen, weil da-mit ein zielgerichteter Mitteleinsatz bei der Straße und zu-sätzliche Handlungsspielräume für die VIFG ermöglichtwürden. Die VIFG könnte in Abstimmung mit den Bun-desländern spezielle Straßeninfrastrukturprogramme,zum Beispiel ein Brückensanierungsprogramm oder einProgramm zum Ausbau der Parkplatzanlagen an Auto-bahnen, aus diesen Mitteln finanzieren; denn wir brau-chen bei der Infrastrukturfinanzierung und der Bestands-pflege insgesamt mehr Planungssicherheit.Aus diesem Grund sollten wir darüber nachdenken,ob wir nicht das Instrument, das wir jetzt bei der Schieneschaffen, nämlich eine Leistungs- und Finanzierungs-vereinbarung, in Zukunft auch für die Straße schaffensollten. Wir sollten eine Vereinbarung zwischen Bund,Ländern und der VIFG treffen, damit die Straßeninvesti-tionen des Bundes über einen mittelfristigen Zeitraumauf einem hohen Niveau gesichert werden können. Da-mit könnten wir den Ländern über verstetigte Mittel fürdas Bestandsnetz die Chance geben, den Substanzerhaltzu finanzieren, was mehr Planungssicherheit bedeutet.Damit wäre das ausgeschlossen, was in der Vergangen-heit geschehen ist, dass nämlich Mittel aus Erhaltungs-titeln in Neubaumaßnahmen umgeschichtet werden. Da-mit fahren wir auf Verschleiß; das ist riskant. Durch eineLeistungs- und Finanzierungsvereinbarung könnte dasausgeschlossen werden.Auch beim Neu- und Ausbau brauchen wir eine ste-tige Finanzplanung, um eine durchgängige, mehrjährigeFinanzierung gewährleisten zu können.Außerdem müssen wir über zusätzliche Finanzie-rungslösungen außerhalb des Bundeshaushaltes untertemporärer Einbindung von Fremdkapital nachdenken.Eine begrenzte Kreditermächtigung für die VIFG beiZustimmung des Bundesfinanz- und des Bundesver-kehrsministeriums, die wir als Verkehrspolitiker befür-worten, wäre akzeptabel, um gewisse Unwuchten beimZu- und Abfluss der Mittel ausgleichen zu können, da-mit Baustellen kontinuierlich optimal abgewickelt wer-den können. Damit ließe sich ein kraftvoller Impuls fürmehr private Investitionen in die Verkehrswege organi-sieren.Ich will noch den anderen Bereich unseres Ministe-riums, Wohnungswesen und Städtebau, kurz ansprechen.Auch da gibt es erhöhte Investitionen. Es stehen insge-samt Mittel in Höhe von 1,9 Milliarden Euro zur Verfü-gung. Besonders hervorheben möchte ich das CO2-Ge-bäudesanierungsprogramm. Aus einer kleinen rot-grünen Pflanze ist unter der Pflege der Großen Koalitionein großer Baum mit reifen Früchten geworden.
Darüber sollten wir uns alle um der Sache willen freuen.
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enn Haushaltssanierung der Länder zulasten derchwachen auf dem Wohnungsmarkt war nun wahrlichicht das Ziel der Föderalismusreform I.Den Schwachen am Wohnungsmarkt wird zudemurch die Novelle zum Wohngeldrecht geholfen. Derinister hat es dargestellt; ich möchte das nicht wieder-olen. Wir haben die Mittel deutlich erhöht. Als sachge-echte Antwort auf die steigenden Energiekosten habenir eine Heizkostenkomponente eingeführt. Wenn es ge-änge, das Inkrafttreten der Novelle auf den 1. Oktoberieses Jahres vorzuziehen, würden wir uns darüber sehrreuen.
Ich möchte zum Schluss kommen. Die Finanzhilfenes Bundes für die Städtebauförderung sind erheblichestiegen. Die neuen Programme sind bereits angespro-hen worden; wir wollen sie gerne ausbauen und hoffen,ass hier im Rahmen der Haushaltsberatungen nochicht das letzte Wort gesprochen ist. Städtebauförderungst nämlich stets gut angelegtes Geld. Die Anstoßwir-ung der Finanzhilfen des Bundes, der Länder und deremeinden führt dazu, dass die Investitionswirkungurch finanzielle Mittel der Bauherren verfünffachtird.Sie sehen: Die Große Koalition stellt sich neuen He-ausforderungen und gibt, wie ich denke, überzeugendeaushaltspolitische Antworten.
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Weitere Wortmeldungen zu diesem Einzelplan liegen
nicht vor.
Wir kommen damit zum Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums für Gesundheit, Einzelplan 15. Das
Wort hat Bundesministerin Ulla Schmidt.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! DerEinzelplan 15 steigt im kommenden Jahr politisch ge-wollt um 53 Prozent. Der Bundeszuschuss an die gesetz-liche Krankenversicherung erhöht sich um 1,5 Milliar-den Euro auf 4 Milliarden Euro und wird in denkommenden Jahren Schritt für Schritt auf 14 MilliardenEuro angehoben. So entlasten wir die Krankenkassenund damit auch die Beitragszahler von Aufwendungen,die entstehen, wenn zum Beispiel die Familien Leistun-gen in Anspruch nehmen.Wir halten an der solidarischen Krankenversicherungfest. Sie ist das solide Fundament eines gut funktionie-renden, modernen und leistungsfähigen Gesundheitswe-sens. Lassen Sie mich angesichts der aktuellen Finanz-krise auf eines hinweisen: Es ist gut, dass wir dabeigeblieben sind, dass Menschen für Menschen stehen,dass wir es bei der Umlagefinanzierung belassen habenund nicht denen gefolgt sind, die teilweise die gesamteKrankenversicherung auf Kapitaldeckung umstellenwollten.
Ich glaube, angesichts der Nachrichten, die uns derzeitTag für Tag erreichen, ist das für die Menschen sehr be-ruhigend. Kapitaldeckung als Ergänzung ja, aber nie-mals ausschließlich. Menschen haben auf dieser Weltschon sehr negative Erfahrungen mit Kapitaldeckung ge-sammelt. Deshalb hält die Koalition daran fest, dass dieGrundfesten über die Umlagefinanzierung solidarischgetragen werden.Mit 73 Millionen Euro für operative Mittel hat derEinzelplan 15 eine solide Grundlage, um wichtige ge-sundheitspolitische Maßnahmen durchzuführen. Beson-ders hervorheben möchte ich, dass wir rund 4 MillionenEuro mehr, und damit fast 40 Millionen Euro, zur Verfü-gung haben, um Prävention und Aufklärung zu stärken.Dazu gehört beispielsweise die Unterstützung von Pro-jekten zu gesunder Ernährung und mehr Bewegung.Dazu gehört der Kampf gegen HIV und Aids, für denmehr Geld zur Verfügung steht. Dazu gehört die Finan-zierung von Projekten in diesem Sektor in Osteuropa,zum Beispiel die Finanzierung von elf Projekten in derUkraine zur Aidsprävention. Dazu gehört auch eineKampagne zur Steigerung der Bereitschaft, Organe undPlasma zu spenden, damit mehr Menschen eine Chanceerhalten, zu überleben.
Wir werden älter, und mit der Zunahme der Zahl derhochbetagten Menschen steigt auch die Anzahl derer, diedemenziell erkrankt und in ihrer Alltagskompetenz ein-gweSwVLFEdWbiRsnzbrtFhwWnaKsRwVKdMuHtdThbmgdfdüBDt
eshalb wird es auch im kommenden Jahr eine Auswei-ung von Leistungen in diesem Bereich geben.
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Bundesministerin Ulla Schmidt
Das hat viel mit der vereinbarten Honorarreform zutun. Das ist nicht nur eine Frage von mehr Geld; viel-mehr geht es vor allem darum, dass wir den Weg für einüberschaubares, kalkulierbares und verlässliches Vergü-tungssystem öffnen wollen. Wir wollen Spielräume er-öffnen und Anreize setzen, damit Menschen in unterver-sorgte Regionen gehen, damit die Möglichkeit besteht,Hausbesuche und die Arbeit in Pflegeeinrichtungen undvieles mehr adäquat zu honorieren und dort mehr Geldauszugeben, wo es gebraucht wird.
Dazu gehört, dass die Qualität verbessert wird. Ich er-warte von den Krankenkassen – ich hoffe, dass ich da inIhrem Namen sprechen kann –, dass bei den vertragli-chen Vereinbarungen dafür gesorgt wird, dass – wenndie Bürgerinnen und Bürger über ihre Beiträge höhereHonorare finanzieren – in den Praxen mit einem unter-schiedlichen Service für privat und für gesetzlich Versi-cherte endlich Schluss ist. Ich wiederhole: Es muss einebessere Qualität angeboten werden.
Wir haben die Krankenhäuser lange Jahre konsoli-diert. Aber auch hier brauchen wir eine verlässlicheNeuregelung. Wir sind als Koalition der Auffassung,dass wir einen Teil der tariflich bedingten Mehrausgabenaus Mitteln der GKV finanzieren sollten. Wir wissenauch, dass allein mehr Geld nicht ausreicht; vielmehrgeht es darum, einen Weg zu finden, der eine zukunftsfä-hige Finanzierung der Krankenhäuser unter Einbezie-hung der Investitionsmittel ermöglicht; denn nur dannkann ein Krankenhaus reagieren, wirtschaftlich arbeitenund die hohe Qualität in der Patientenversorgung ge-währleisten. Wir wollen auf Dauer nicht zulassen, dasszulasten der Beschäftigten Gelder, die über die Kranken-kassen für die Versorgung von Patienten gezahlt werden,nur deswegen für Investitionen genutzt werden, weil dieLänder ihre Verantwortung hier nicht übernehmen.
Wir werden bei einer dualen Finanzierung bleiben.Das Pflegepersonal muss von uns dringend unter-stützt werden. Die Menschen, die diese Arbeit leisten,sind an ihre Grenzen gestoßen. Deshalb machen wir denVorschlag, dass in den nächsten drei Jahren 21 000 neuePflegekräfte eingestellt werden. Wir wollen innerhalbdieser Zeit dafür sorgen, dass deren Finanzierung dauer-haft sichergestellt ist, insbesondere was die pflegeinten-siven Bereiche angeht.
Wer diese Dinge will, wer weiß, dass wir in die Arz-neimittelversorgung und in andere Bereiche aufgrundder – Gott sei Dank höheren – Überlebensfähigkeit vonvielen, die schwer erkrankt sind, aber auch aufgrund ei-ner älter werdenden Gesellschaft mehr investieren müs-sfthdLnhkpsdsenßdndssgKFHDlephdGFniFÜhnEa7vh
Das Wort hat nun Claudia Winterstein für die FDP-
raktion.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen underren! Frau Ministerin Schmidt, der Countdown läuft:er Gesundheitsfonds steht kurz vor seiner Einführung –eider, muss ich sagen. Während Sie das als Erfolg fei-rn, will ich hier heute noch einmal vor diesem sozial-olitischen Experiment warnen. Schon vor zwei Jahrenaben wir an dieser Stelle über den Gesundheitsfondsebattiert. Schon vor zwei Jahren haben praktisch alleruppen und Verbände aus dem Gesundheitswesen denonds abgelehnt. Aber auch die Experten konnten Sieicht überzeugen.Ihr Gesundheitsfonds gleicht einem – das sage ichnsbesondere als Haushälterin – finanziellen Blindflug,rau Ministerin.
ber den Fonds sollen mehr Steuergelder in das Gesund-eitssystem fließen. 4 Milliarden Euro sollen es imächsten Jahr sein, im Jahr darauf dann 5,5 Milliardenuro, bis der Zuschuss auf 14 Milliarden Euro jährlichngewachsen ist. Allein bis dahin werden insgesamt5 Milliarden Euro in den Fonds fließen. Das ist eineerdammt schwere Hypothek für alle zukünftigen Haus-alte. Vielleicht sollten Sie auch einmal daran denken.
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Dr. Claudia WintersteinÜber die Erstausstattung des Fonds bei seinem Startim Januar haben Sie sich offenbar überhaupt noch keineGedanken gemacht. Aber es geht auch nur um 13 Mil-liarden Euro; das ist ja nicht so dramatisch, Frau Minis-terin.
Sie haben versprochen: Durch die verstärkte Steuerfi-nanzierung sollen die Beiträge der Versicherten stabilgehalten werden. Aber genau das passiert nicht. Die Bei-träge steigen und steigen – trotz mehr Steuergeld.
Schon jetzt liegt der Durchschnittsbeitragssatz mit14,9 Prozent auf Rekordhoch, und viele Experten gehendavon aus, dass der Beitragssatz mit dem Fonds dem-nächst auf 16 Prozent steigen wird.
Damit müssen die meisten Versicherten im nächstenJahr deutlich mehr zahlen. Diese Versicherten müssensich von Ihnen eigentlich betrogen fühlen; denn Sieselbst haben in der Vergangenheit immer wieder zumWechsel in die günstigeren Krankenkassen aufgerufen.Wer Ihrem Ruf gefolgt ist, der wird jetzt bestraft.
Zur Situation der Krankenkassen. Sie versetzen dieKassen in eine doppelte Unsicherheit. Die Kassen wis-sen erst im Dezember, wie hoch die Zuweisungen ausdem neuen Fonds überhaupt sein werden. Erst dann wirdklar sein, ob sie von ihren Versicherten noch einen Zu-schlag erheben müssen. Manche Kassen, denen es heuteganz gut geht, können im nächsten Jahr schon in der In-solvenz stecken.Dabei müssen die Kassen sowieso schon genug neueBelastungen schultern: Ärztehonorare, Klinikfinanzie-rung, Arzneimittelpreise, Gesundheitskarte. Es sindMilliardensummen, die die Krankenversicherungenstemmen müssen. Dazu kommen die Bürokratiekostenaus dem Gesundheitsfonds.Außerdem sorgen Sie bei den Kassen für eine gera-dezu absurde Wettbewerbssituation. Es wird in Zukunfteinen Wettbewerb um Kranke geben, allerdings nur umjene Patienten, für die die Kassen Zuweisungen aus demFonds erhalten, weil sie unter einer von 80 bestimmtenKrankheiten leiden. Damit profitieren die Kassen vonkranken Versicherten, und das senkt, denke ich, den An-reiz, Präventionsmaßnahmen anzubieten.Damit sind wir beim Thema Prävention; das ist jaauch Ihnen ein wichtiges Anliegen. Für Ihre Präven-tionskampagne planen Sie 2,5 Millionen Euro ein, fürden Aktionsplan „Gesundheitliche Prävention durch aus-reichende Bewegung und ausgewogene Ernährung“noch einmal 5 Millionen Euro, dazu weitere Millionen-beträge für die Öffentlichkeitsarbeit. Frau Ministerin,alle diese Kampagnen sind Aktionismus auf Kosten desSteuerzahlers, vor allem um davon abzulenken, dass SiedGhtnzADwümdwfndCKuJgeDbplfbrmERdKru
ie Gesundheitsreform ist zudem mit erheblichen Ver-esserungen für Patienten und Versicherte verbunden.
Ich kann das kurz aufzählen – ich mache es nur stich-unktartig –: Es gibt keine neuen oder höheren Zuzah-ungen. Es gibt sogar mehr Leistungen, wie zum Beispielür Schmerztherapien und Palliativmedizin. Niemandleibt ohne Versicherungsschutz. Es gibt mehr Wahl-echte bei den Versorgungsformen und zum Beispielehr Wahlmöglichkeiten bei der Frage, welche Reha-inrichtung man besuchen möchte. Wir haben auch eineeform bei der ärztlichen Vergütung zustande gebracht,ie eine deutliche Verbesserung der Honorare vorsieht.Neben diesen unbestreitbaren Verbesserungen bei derrankenversicherung haben wir erstmals seit zwölf Jah-en die Leistungen der Pflegeversicherung ausgeweitetnd verbessert. Ich nenne das Stichwort Demenzkranke.
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Wolfgang ZöllerMeine sehr geehrten Damen und Herren, wir habenauch auf Berichte über Missstände in Heimen reagiert.Wir haben die Qualitätssicherungsprüfungen geän-dert. Die Heime werden nicht wie früher alle fünf Jahre,sondern jetzt jährlich geprüft, und die Prüfungen können– das halte ich für wichtig – auch unangemeldet durch-geführt werden. Endlich wird auch mehr Wert auf denZustand der Pflegebedürftigen gelegt und weniger aufdie Dokumentations- und Aktenlage.
Die Transparenz wird auch durch die Veröffentlichungder Prüfergebnisse verbessert.Wir haben noch weitere sogenannte heiße Eisen ange-packt. Lange Jahre kontrovers diskutierte Themen wur-den mit dem Gewebegesetz und mit dem Gendiagnostik-gesetz aufgegriffen und, wie ich meine, vernünftig gelöst.
Auch das Krankenhausfinanzierungsrahmengesetz wirddie Planungssicherheit wesentlich verbessern.Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei all diesen Refor-men bereitet mir allerdings eine Tendenz große Sorge. Esgeht darum, dass die Umsetzung gesetzlicher Regelungennicht zulasten mittelständischer Unternehmer und Leis-tungserbringer gehen darf.
Diese sind nämlich das Rückgrat der wohnortnahen, flä-chendeckenden und qualitativ hochwertigen Versorgung.
Ich will in diesem Zusammenhang ganz konkrete Bei-spiele ansprechen.
Zunächst zur Ausschreibung von Hilfsmitteln: Esdarf doch nicht sein, dass Krankenkassen bei der Aus-schreibung eines Rollstuhls vorgeben, Unterlagen in ei-nem Umfang von 297 Seiten beizubringen. Der Umfangdes von den Anbietern abgeforderten Kataloges an Bele-gen ist nahezu grotesk. Geforderte Unterlagen sind – infünffacher Ausfertigung! –: polizeiliches Führungszeug-nis, Versicherungsbestätigung, Bescheinigung übergezahlte Versicherungsbeiträge für Sozial- und Haft-pflichtversicherung, Auszug aus dem Berufs- und Han-delsregister, Mitteilung der IK-Nummer, Auszug ausdem Gewerbezentralregister, Unbedenklichkeitsbeschei-nigung der Finanzämter, Unbedenklichkeitsbescheini-gung der Sozialversicherungsträger, Nachweis über Ge-werbeanmeldung, Kopie des Meisterbriefes – notariellbeglaubigt –,
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wenn Sie beim Zuhören keinen Fehler machen, werdenie gleich die Lösung hören –, Kopien der Ausbildungs-ertifikate aller Mitarbeiter, Kopie des Mietvertrages deseschäftes usw.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, welcherleine mittelständische Betrieb hat die Zeit und das Per-onal dafür, um das überhaupt durchzuführen?
ch sage Ihnen: Bei solchen Vorgaben braucht man sichicht darüber zu wundern, dass die Verwaltungskostenteigen. Zu dem jetzt hier von Ihnen erhobenen Vorwurf,ie Regierung trage dafür die Verantwortung, kann ichur sagen: Ich hätte Ihnen ein bisschen mehr Sachkennt-is zugetraut. Sie wissen genau, dass für die Ausschrei-ung die Selbstverwaltungsorgane zuständig sind.
ir haben doch nicht die entsprechenden Vorschriftenemacht. Wir machen aber Verbesserungsvorschläge.
So schlagen wir vor, eine Rechtsgrundlage zu schaf-en, die dies wesentlich vereinfacht. Außerdem sollenie Hilfsmittelerbringer schon von Anfang an in die Ent-cheidungen eingebunden werden.Wir werden zum Beispiel die Übergangsregelung ver-ängern. So werden während dieser Frist für alle Leis-ungserbringer, die am 31. März 2007 über eine Zulas-ung verfügten, die gesetzlichen Eignungsanforderungenls erfüllt angesehen.Wir werden auch dafür sorgen, dass zum Beispielrankenkassen und Leistungserbringer endlich gemein-ame Empfehlungen erarbeiten, für welche Hilfsmittelusschreibungen überhaupt notwendig und sinnvollind. Nicht immer sind Ausschreibungen sinnvoll.
Ähnliches gilt für den Bereich der Arzneimittel. Wirerden dafür sorgen, dass bei Rabattverträgen geklärtird, dass das Vergaberecht als Rechtsgrundlage gilt.Ich appelliere an die Krankenkassen, Ihre Ausschrei-ungsunterlagen sorgfältig vorzubereiten und auch dieorgaben für Ausschreibungsfristen zumutbar zu gestal-en. Ansonsten überfordern wir besonders mittelständi-che Unternehmen, die mangels personeller Kapazität
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Wolfgang Zöllernicht in der Lage sind, die Anforderungen in so kurzenZeitabständen zu erfüllen.
Wir werden dafür sorgen, dass die Entscheidungswegebei Kosten-Nutzen-Bewertungen von Arzneimitteln nochtransparenter werden und dass die betroffenen Herstellerbesser mit eingebunden werden.Lassen Sie mich an dieser Stelle einige Worte zumThema Versandhandel mit Arzneimitteln sagen. Wirsetzen auf die seit vielen Jahrzehnten bewährte Qualitätund Sicherstellung der Versorgung durch mittelständi-sche Apotheken. Deshalb setzen wir uns auch dafür ein,dass eine flächendeckende Versorgung nicht durch einenden Wettbewerb verzerrenden Versandhandel gefährdetwird.
Pick-up-Stationen und Arzneimittelautomaten wider-sprechen den hohen qualitativen Anforderungen, die wiran die Abgabe von Arzneimitteln stellen.
Die Aufhebung des Fremdbesitzverbotes, die zu Apothe-kenketten führen würde, lehnen wir ebenfalls ab, dadann kein fairer Wettbewerb stattfinden könnte. DieApothekenketten könnten auch die Arzneimittelversor-gung in der Fläche gefährden, weil gewinnorientierteKetten sich natürlich mehr auf Ballungsgebiete konzen-trieren würden, da diese attraktiver sind als die ländlicheVersorgung.Ähnliches gilt auch für die zunehmende Übernahmedes Betriebes medizinischer Versorgungszentren durchKapitalgesellschaften. Die Praxis des freiberuflich nie-dergelassenen Arztes ist für uns ein Grundbaustein unse-res Gesundheitssystems. Sie ist ein Garant für die quali-tativ hochwertige und flächendeckende ambulanteärztliche Versorgung. Medizinische Versorgungszentrenkönnen den freiberuflich tätigen Haus- und Facharztnicht ersetzen, sondern nur ergänzen.Lassen Sie mich noch einen Punkt ansprechen, näm-lich das Wahrnehmen von Verantwortung. Das gilt be-sonders für Akteure in unserem Gesundheitswesen. Des-halb sei mir eine Bemerkung an die Adresse derKrankenkassen erlaubt: Große Kassen haben in den letz-ten Wochen reihenweise wichtige Versorgungs- undStrukturverträge gekündigt. Betroffen ist zum Beispieldie Sozialpsychiatrievereinbarung zur Versorgung Zehn-tausender Kinder und Jugendlicher. Diese Vertragskün-digungen erfolgten, ohne den betroffenen Kinder- undJugendpsychiatern und ihren nichtärztlichen Fachmitar-beitern, vor allem aber auch ohne den betroffenen Pa-tientenkindern sowie deren Eltern irgendeine Perspektiveaufzuzeigen. Die Begründung dieser Vertragskündigun-gen bestand lediglich in dem schlichten Verweis auf eineangeblich völlig unwägbare Finanzsituation zu Beginndes kommenden Jahres.–DswlrwIKgWFMVEpvWAbmZgCmsZgisfKt
Auf diesen Zwischenruf habe ich gewartet.
ie gleichen Kassen, die dies behaupten, sehen sich aberehr wohl in der Lage, auf den Euro genau zu beziffern,o ihnen durch bestimmte Detailregelungen Benachtei-igungen drohen. Wenn ich das auf den Euro genau be-echnen kann, dann kann ich zumindest auch wissen,as mir finanziell zur Verfügung steht.
ch appelliere ausdrücklich an die Verantwortlichen derassen und an die Mitglieder der Selbstverwaltungsor-ane, in allererster Linie ihren Versorgungsauftrag zumohle der Patienten ernst zu nehmen und zu erfüllen.Vielen Dank.
Das Wort für die Fraktion Die Linke hat der Kollege
rank Spieth.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!eine Damen und Herren! Wenn man die Rede meinesorredners, Herrn Zöller, gehört hat, kann man sich desindrucks nicht ganz erwehren, dass jemand aus der Op-osition gesprochen hat und nicht ein an der Regierungs-erantwortung maßgeblich Beteiligter.
ir werden nächste Woche im Zusammenhang mit demntrag der FDP zum Gesundheitsfonds Gelegenheit ha-en, den einen oder anderen Punkt zu vertiefen. Es hatich schon an manchen Stellen überrascht, was Herröller eben zum Thema Apotheken und Versandhandelesagt hat; denn das ist eine 180-Grad-Wende der CDU/SU in dieser Frage. Aber wir werden dazu noch kom-en.
Meine Damen und Herren, das GKV-Wettbewerbs-tärkungsgesetz ist seit dem 1. April 2007 in Kraft.entrale Elemente der damit verbundenen Reformenreifen aber erst im kommenden Jahr. So wird 2009 – esst schon angedeutet worden – das Jahr, in dem die we-entlichen Folgen für uns alle über den Gesundheits-onds spürbar werden.Mit dem Gesundheitsfonds werden die zukünftigenostensteigerungen einseitig den Versicherten aufgelas-et, und die Arbeitgeber werden nicht mehr daran betei-
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Frank Spiethligt. Diese Politik ist nicht neu. Ein Beispiel: Bis zum30. Juni 2005 hatte jede Krankenkasse einen Beitrags-satz, den Versicherte und Arbeitgeber halbe-halbe zahl-ten. Zum Juli 2005 führten SPD und Grüne einen Zu-satzbeitrag für Versicherte zur Finanzierung vonZahnersatz und Krankengeld in Höhe von 0,9 Prozentein. Dies kostet die Versicherten bisher jährlich9 Milliarden Euro. Jeder Rentner und jeder Arbeitneh-mer zahlt deshalb jährlich im Durchschnitt 180 Euro zu-sätzlich zum Krankenversicherungsbeitrag. Auf demRücken der Versicherten werden die Arbeitgeber um läp-pische 4,5 Milliarden Euro entlastet. Dieser falsche Wegder Lohnnebenkostensenkung wird mit dem Wettbe-werbsstärkungsgesetz konsequent fortgesetzt.Mit dem Gesundheitsfonds zum 1. Januar 2009 legtzum ersten Mal die Regierung einen einheitlichen Bei-tragssatz fest. Dennoch bleibt es bei diesem Sonderbei-trag von 0,9 Prozent für Versicherte. Was in der Öffent-lichkeit bisher aber weitgehend übersehen wurde: DieRegierung wird erst dann gezwungen, den – paritätischvon Arbeitgebern und Versicherten zu zahlenden – Bei-trag wieder zu verändern, wenn die Ausgaben nur nochzu 95 Prozent durch Zuweisungen aus dem Gesundheits-fonds gedeckt werden. Im Ergebnis werden erst 2013auch die Arbeitgeber wieder mit Beitragserhöhungenrechnen müssen. Da die Kosten im Gesundheitswesenauch zukünftig stärker steigen werden als die Löhne undRenten, wird es schon sehr bald bei allen Krankenkassenein erhebliches Finanzierungsproblem geben. Wer finan-ziert dann die fehlenden Milliarden? Ganz einfach: DieAusgabensteigerungen werden alleine von Rentnern undArbeitnehmern ohne Beteiligung der Arbeitgeber be-zahlt. Bis zu 1 Prozent des Einkommens, also bis zu ei-nem Fehlbetrag von 10 Milliarden Euro jährlich, wirddann zusätzlich von den Versicherten verlangt. Pro Kopfkostet uns das dann durchschnittlich 200 Euro im Jahr.Herzlichen Glückwunsch, kann ich da nur sagen!
Sie werden jetzt natürlich dagegenhalten, dass Versi-cherte bei den Sonderbeiträgen ein Sonderkündigungs-recht haben. Wenn aber alle Kassen diese Beitragserhö-hungen durchführen müssen, ist dieses Kündigungsrechtblanker Unsinn.In Ihrem Koalitionsvertrag, meine verehrten Kolle-ginnen und Kollegen von Union und SPD, ist die Redevon einer „solidarischen und bedarfsgerechten Finanzie-rung“ der gesetzlichen Krankenversicherung. Dies wirdnach meiner Auffassung mit dem Gesundheitsfondsnicht realisiert. Mit Verlaub: Sie versuchen die Men-schen für dumm zu verkaufen. Das wird Ihnen nicht ge-lingen.
In der Gesundheit gibt es aber weit mehr Problembau-stellen. In der hausärztlichen Versorgung im ländlichenRaum und in einkommensschwachen Regionen entste-hen immer mehr weiße Flecken. Ihr neuester Lösungsan-satz: 2,7 Milliarden Euro mehr für die Ärzte. Das kannmthbuSdesSVDlvca5dk–dAzfebkibtsbwww3dsdEMm
pitzenverdiener in der Ärzteschaft werden genauso be-ient wie der arme Hausarzt auf dem Land.Ich befürchte, dass dieses Geld – abgesehen von einertwas höheren Vergütung der Ärzte im Osten – im We-entlichen zu einem Mitnahmeeffekt führt, aber keinetrukturverbesserungen schafft und den Patienten keineorteile bringt.
ie Patienten warten zukünftig wahrscheinlich genausoange auf einen Termin wie bisher und erfahren nach wieor eine schlechtere Behandlung als Privatkrankenversi-herte. Ich kann mich hier nur der Gesundheitsministerinnschließen: Dies ist ein Skandal.
Jeden Beitragszahler kostet diese Erhöhung jährlich0 Euro zusätzlich – ohne Zusatznutzen. Nutzen wirdies offenkundig nur der Koalition. Hier wird Wahl-ampf auf dem Rücken der Beitragszahler gemacht.
Stellen Sie eine Frage! Dann antworte ich Ihnen gerne.Eine weitere offene Baustelle sind die Entwicklunger Arzneimittelkosten und die Rabattverträge. Ihrrzneimittelverordnungs-Wirtschaftlichkeitsgesetz hatunächst zu einer Dämpfung der Preisentwicklung ge-ührt; aber es war nur ein kurzer Effekt. Wir stehen jetztrneut vor einer Kostenexplosion. Aktuelle Prognosenenennen Kostensteigerungen von bis zu 8 Prozent imommenden Jahr. Wir haben die absurde Situation, dassm Arzneimittelbereich trotz Rabattverträgen und Fest-eträgen die Preise munter weitergaloppieren. Das Sys-em der Rabattverträge und die Festbetragsregelungenind für die Patienten überhaupt nicht mehr durchschau-ar. In den Apotheken gibt es immer öfter Konflikte,eil bisher zuzahlungsfreie Medikamente auf einmalieder zuzahlungspflichtig sind. Neue Rabattverträgeerden abgeschlossen, wodurch Arzneien nicht mehr0 Prozent unter der Festbetragsgrenze abgegeben wer-en und auf einmal nicht mehr zuzahlungsfrei bereitge-tellt werden. Das damit entstehende Durcheinanderurchschauen nur noch sehr wenige Fachleute.Es gibt nur eine wirklich sinnvolle Alternative: dieinführung der Positivliste.
it dieser Positivliste könnten wir außerdem den him-elschreienden Unfug beenden, dass der Arzt am Ende
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Frank Spiethdes Quartals kaum noch Medikamente verschreibenkann, weil sein Budget ausgeschöpft ist. Die bisherigenArzneimittelbudgets hatten den Sinn der Kostenbegren-zung. Dies würde sich durch die Positivliste zukünftigerübrigen.Ein weiteres Beispiel für Rabattverträge: Eine Kasseschreibt als Leistung die Bereitstellung von Inkonti-nenzwindeln aus. Ein Leistungserbringer gewinnt dieseAusschreibung. Folglich ist nur noch dieser zulasten die-ser Kasse lieferberechtigt, Herr Zöller. Diese Windelführt er dann aus China ein; sie entspricht den qualitati-ven Mindestanforderungen. Die gewohnte Windel wirdzwar weiter angeboten, muss aber mit erheblichen Zu-zahlungen gekauft werden.Auch der benachbarte Sanitätsfachhandel führt diegewohnte Windel. Da dieser Fachhandel aber keinenVertrag mit der Krankenkasse hat, kann der Patient diedort vielleicht insgesamt preiswertere Windel nicht kau-fen, da die Kasse nicht mitzahlt. Schlecht für den Patien-ten, gut für den neuen Monopolisten, der diesen Rabatt-vertrag abgeschlossen hat.
Die minderwertige Windel wird zuzahlungsfrei abgege-ben. Bei der höherwertigen Windel wird zugelangt. Aufdiese Weise wird kein Wettbewerb zwischen Sanitäts-häusern, sondern ein Mittelstandsvernichtungspro-gramm organisiert – da haben Sie recht, Herr Zöller –,und das auf dem Rücken und zum Leidwesen der Kran-ken.Noch ein Wort zur Krankenhausfinanzierung. DieLinke hat einen Antrag zur Beendigung der akuten Fi-nanznöte der Krankenhäuser gestellt. Ich fand es interes-sant, dass bei der Beratung unseres Antrages im Märzdie Koalitionsfraktionen in diesem Haus mit dem allseitsbekannten Vorwurf, wir würden wieder einen Wünsch-dir-was-Katalog vorlegen, unsere Forderungen abge-lehnt haben. Lachen Sie nicht zu früh! Jetzt machen Siemit dem Krankenhausfinanzierungsrahmengesetz fasteins zu eins das, was wir in unserem Antrag geforderthaben.
Sie wollen die Erhöhung der Tarife der Beschäftigten au-ßerhalb der bisherigen Deckelung finanzieren. Sie wol-len zusätzliche Pflegekräfte einstellen. Sie wollen einenKrankenhauswarenkorb für die Festlegung der Bud-getsteigerung einführen. Dies alles sind Forderungen,die wir gestellt haben. Dies war kein Wünsch-dir-was-Katalog, sondern sind Ihre konkreten Vorschläge. So vielzum Thema Sozialismus. Der ist bei Ihnen offenkundiggut zu Hause.
Herr Kollege Spieth, beim Punkt Sozialismus müssen
Sie jetzt zum Ende kommen.
Ich komme zum Ende.
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ie überlassen die Verteidigung dieser verkorksten Re-orm komplett der Bundesgesundheitsministerin. Voner hören wir seit dem letzten Jahr gebetsmühlenartig,iese Reform sei toll, weil sie nicht mit zusätzlichen Be-astungen für die Versicherten verbunden sei.Dazu kann ich nur sagen: Das erweist sich spätestensetzt als Falschaussage. Es ist doch so: Wir werden imommenden Jahr einen noch nie dagewesenen Beitrags-atzsprung erleben. Abhängig davon, ob und wie sich dieundesregierung mit den Ländern bei der Krankenhaus-inanzierung einigt, wird der Beitragssatz auf ein All-eithoch von 15,5 oder gar 16 Prozent klettern. Damiterden die Versicherten und ihre Arbeitgeber – Herröller, auch das ist ein Mittelstandsproblem – jeweilsit 3 bis 5 Milliarden Euro zusätzlich belastet. Das hatie Bundesregierung aufgrund ihrer Reformversäum-isse zu verantworten.
Was haben Sie denn getan? Zur Finanzreform derrankenversicherung haben Sie überhaupt nichts bei-etragen. Die Krankenkassen werden weiterhin fast aus-chließlich über lohnbezogene Beiträge finanziert. Es istmmer die Rede von einem steigenden Steuerzuschuss.ie sieht es damit denn wirklich aus? Auch im nächstenahr wird der Steuerzuschuss noch unterhalb des Betra-es liegen, den wir im Jahr 2006 schon einmal erreichtatten. Weiterhin ist es so, dass ausgerechnet die leis-ngsfähigsten und gesündesten Versicherten am Solidar-usgleich nicht beteiligt werden. Das hat zur Folge, dassie Ausgabensteigerungen bei den Arzneimitteln, dieteigerungen bei den Arzthonoraren und auch die mögli-hen Finanzhilfen für die Krankenhäuser auf den Bei-ragssatz durchschlagen, und das mit voller Wucht. Dieerantwortung dafür liegt bei Ihnen, meine Damen underren von der Großen Koalition.
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Birgitt BenderAber auch der Gesundheitsfonds mit seinem Einheits-beitrag trägt zu den steigenden Belastungen bei. DieseBelastungen werden regional gewiss unterschiedlichverteilt sein. So werden zum Beispiel die Versichertenund Arbeitgeber in Sachsen und Thüringen, die bishervergleichsweise niedrige Beiträge zahlen, Beitragssatz-steigerungen von bis zu 2 Prozentpunkten hinnehmenmüssen. Das entspricht, um das in Zahlen auszudrücken,einer Steigerung der Lohnnebenkosten in diesen Län-dern um – vorsichtig geschätzt – 300 bis 400 Millio-nen Euro. Anders gesagt: Eine völlig irrationale Gesund-heitspolitik reißt das wieder ein, was mit Wirtschafts-und Arbeitsmarktförderung mühsam aufgebaut wurde.Ich könnte das auch drastischer ausdrücken, das wäredann aber unparlamentarisch.Die Beitragssatzsteigerung im nächsten Jahr ist einerster, aber beileibe nicht letzter Griff in die Taschen derVersicherten. Im darauffolgenden Jahr geht es doch erstrichtig los. Ab 2010 soll der Gesundheitsfonds nur noch95 Prozent der Ausgaben der Krankenkassen finanzie-ren.
Die restlichen 5 Prozent müssen die Kassen dann überZusatzbeiträge bei ihren Versicherten eintreiben. Das be-deutet, dass der Versichertenanteil um weitere 3,5 bis4 Milliarden Euro angehoben wird.
In der Summe sind wir dann bei Zusatzbelastungen vonwenigstens 7 bis 9 Milliarden Euro, und das bei einerReform, von der die Ministerin behauptet hat, sie bringekeine zusätzlichen Belastungen. Das ist doch einschlechter Witz.
Die Versicherten und Patienten werden nicht nur spü-ren, dass der Gesundheitsfonds zulasten ihres Geldbeu-tels geht, nein, sie werden auch Folgen bei der Versor-gung spüren. Jede Kasse weiß, dass sie, wenn sie einenZusatzbeitrag erhebt, raus aus dem Wettbewerb ist. Alsowird sie alles tun, um das zu vermeiden.
– Herr Zöller, die Auswirkung wird Schwachsinn sein. –Die Folge wird ein massives Sparregime sein. Das heißt,freiwillige Leistungen werden abgebaut, genehmigungs-pflichtige Therapien nicht genehmigt und Investitionenin neue Versorgungsformen stark gedrosselt. Es wirdeine Dominanz des Preises gegenüber dem Qualitäts-wettbewerb geben. Die seit dem Jahr 2000 entstandenenSpielräume für Vertragsgeschehen, die auch Sie von derUnion inzwischen wollen, werden dadurch konterkariert.Es wird so sein, dass Gesundheitsfonds und Zusatzbei-trag wie ein Betondeckel über dem Gesundheitswesenliegen. Da wird sich nichts mehr bewegen.tgnussfHrDmslssemdttGcrgKuSgrAdsFLe
Die Kollegin Dr. Carola Reimann hat jetzt das Wort
ür die SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen underren! Man wundert sich. Das Wort Haushalt ist in Ih-er Rede, glaube ich, gar nicht gefallen, Frau Bender.abei führen wir doch eine Haushaltsdebatte.
Der vorliegende Einzelplan 15 für das Jahr 2009 siehtehr Mittel für Gesundheit vor. Das ist erfreulich, insbe-ondere weil der Ausgleich für die gesamtgesellschaft-ichen Aufgaben, die von der gesetzlichen Krankenver-icherung getragen werden, um 1,5 Milliarden Euroteigt. Dieser Ausgleich ist uns deshalb so wichtig, weilr für eine gerechtere Verteilung der Kosten sorgt. Wirüssen davon wegkommen, dass Leistungen, von denenie gesamte Gesellschaft profitiert, allein von den Bei-ragszahlern der gesetzlichen Krankenversicherung ge-ragen werden.
Die insgesamt 4 Milliarden Euro, die ab 2009 in denesundheitsfonds fließen, sind ein guter Anfang, glei-hen die Gesamtausgaben aber nicht aus. Deshalb ist esichtig und wichtig, dass ab 2010 weitere jährliche Stei-erungen vorgesehen sind. Das entlastet die gesetzlicherankenversicherung und letztlich den Beitragszahlernd die Beitragszahlerin.Es freut mich, dass im Einzelplan ein weitererchwerpunkt auf Forschungsvorhaben, Modellpro-ramme und Maßnahmen der gesundheitlichen Aufklä-ung gelegt wird. Die Notwendigkeit gesundheitlicherufklärung in allen Bevölkerungsschichten und Lan-esteilen ist für Fachpolitiker immer unumstritten gewe-en. Die Äußerungen bayerischer Spitzenpolitiker zurahrtüchtigkeit nach Alkoholkonsum müssen auch demetzten gezeigt haben, dass mehr Aufklärung dringendrforderlich ist.
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Zurück zum Einzelplan. Wir haben dort für die Be-kämpfung des Drogen- und Suchtmittelmissbrauchs gut9 Millionen Euro und für den Kampf gegen Aids fast17 Millionen Euro vorgesehen. Die Ministerin hat aufviele bilaterale Projekte in Osteuropa hingewiesen. Beider Prävention haben wir eine Steigerung um3 Millionen auf fast 40 Millionen Euro. Das ist gut so.Denn, Frau Kollegin Winterstein, Prävention ist keinAktionismus. So eine Aussage zeugt von einer atembe-raubenden Unkenntnis. Prävention ist der Schlüssel zurVerbesserung der Lebensqualität, zu einem gesundenAufwachsen unserer Kinder, zu gesundem Altern undnatürlich auch zur Entlastung unserer gesetzlichen Kran-kenkasse.
Da wir gerade beim Thema Prävention sind: MehrMittel im Haushalt sind richtig und wichtig. Noch wich-tiger wäre allerdings, dass wir endlich das Präventions-gesetz auf den Weg bringen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU, Siewissen: Wir wollen dieses Präventionsgesetz – gern auchnoch mit Ihnen gemeinsam in dieser Legislaturperiode.
Auch wenn die Finanzen der GKV nicht Teil desHaushalts sind, möchte ich dieses Thema nicht ganz au-ßer Acht lassen. Die Finanzentwicklung der gesetzlichenKrankenversicherung in den letzten Jahren – das musseinmal gesagt werden – ist positiv. Die Kassen haben inden vergangenen vier Jahren Überschüsse erwirtschaftetund konnten so ihre Entschuldung erfolgreich voranbrin-gen. Während die gesetzlichen Krankenversicherungeninsgesamt Ende 2003 Nettoschulden in Höhe von6 Milliarden Euro aufwiesen, hat sich dieser Wert Ende2007 in ein Nettovermögen von 3,5 Milliarden Euro ver-wandelt.
Zum Ende dieses Jahres rechnen wir mit einem ausgegli-chenen Finanzergebnis.
In diesem und auch im kommenden Jahr werdenMehrausgaben auf die gesetzliche Krankenversiche-rung zukommen. Dafür ist nicht wie oft und viel behaup-tet der Gesundheitsfonds verantwortlich, sondern
die sattsam bekannten Entwicklungen im Bereich desmedizinischen Fortschritts und der Demografie. Dazugehören auch die steigenden Arzneimittelausgaben. Kol-lege Spieth, es lohnt sich, ein bisschen genauer hinzuse-hAtgzKsdgwwDlwrAgGvagsddiüfdbFdnvgDvhrasG
as betrifft den Krankenhausbereich sowie die ambu-ante ärztliche Versorgung.Kolleginnen und Kollegen, wir alle wissen, dass dieirtschaftliche Situation der Krankenhäuser schwie-iger geworden ist. Die Ursachen dafür sind vielfältig.n erster Stelle und aktuell im Vordergrund stehen dieestiegenen Personal- und Sachkosten. Ein andererrund sind die Investitionsrückstände, verantwortet underursacht von den Ländern, die ihren Verpflichtungenuf diesem Gebiet nicht in ausreichendem Umfang nach-ekommen sind.
Die Folge ist, dass die Krankenhäuser gezwungenind, notwendige Investitionen teilweise aus den Gel-ern für die Patientenversorgung zu finanzieren. Da-urch verschärft sich auch die Lage der Beschäftigten,nsbesondere der Beschäftigten im Pflegebereich; es hatbrigens schon ein Abbau von Pflegepersonal stattge-unden.Die Ministerin hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, mitem das Ziel verfolgt wird, genau diese Missstände zueheben. Die Refinanzierung von Tariferhöhungen, einörderprogramm zur Verbesserung der Pflegesituation inen Krankenhäusern und der Wegfall des GKV-Rech-ungsabschlags sind angesichts der Herausforderungen,or denen wir im Krankenhausbereich stehen, die richti-en Maßnahmen. Aber auch an dieser Stelle sage ich:as allein reicht nicht aus. Die Länder sind für die In-estitionen in den Krankenhäusern verantwortlich. Auchier muss sich etwas tun.
Vor diesem Hintergrund hat die Ministerin absolutecht, wenn sie gemeinsam mit den Ländern im Hinblickuf die Krankenhausinvestitionen eine verbindliche Lö-ung anstrebt. Es hilft nämlich nicht, wenn mit demeld, das zusätzlich in die Versorgung fließen soll, letzt-
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Dr. Carola Reimannlich wieder die mangelnde Investitionsbereitschaft derLänder aufgefangen werden muss. Das kann nicht in un-serem Interesse und nicht im Interesse der Patienten undder Beschäftigten sein.Der zweite Punkt, den ich genannt habe, betrifft dieVerbesserungen bei der Ärztevergütung. Nun schaffenwir das, was die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzteimmer gefordert haben: ein kalkulierbares, gerechteresund transparentes Honorarsystem. Das zwischen Ärztenund Kassen ausgehandelte Ergebnis bedeutet für die nie-dergelassene Ärzteschaft eine kräftige Erhöhung der Ho-norare. Unser Ziel und unser Wunsch ist, dass sich diebessere und gerechtere Vergütung auch positiv auf dieVersorgung der Patientinnen und Patienten in den Arzt-praxen auswirkt; auch darauf hat die Ministerin hinge-wiesen.Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, wir sind uns indiesem Hause einig, dass diese Verbesserungen unver-zichtbar sind, sowohl im Interesse der Versicherten, dieauch weiterhin die bestmögliche Versorgung erhaltensollen, als auch im Interesse der vielen Beschäftigten imGesundheitswesen, die gute Bedingungen brauchen, umihre Arbeit gut erledigen zu können. Es wäre verantwor-tungslos, ausgerechnet an dieser Stelle zu sparen.Jeder weiß: Zusätzliche Ausgaben haben natürlichAuswirkungen auf den Beitragssatz. Nur in den Traum-welten der Opposition scheinen Leistungsverbesserun-gen mit Beitragssatzsenkungen einherzugehen.
Wir allerdings machen eine Politik für die Realität.
Natürlich müssen wir die Belastungen der Beitrags-zahler im Auge behalten. Die SPD hat schon bei derletzten Gesundheitsreform auf eine umfangreichereSteuerfinanzierung gedrängt, um die Beitragszahler zuentlasten. Leider stieß dies bei unserem Koalitionspart-ner auf Ablehnung. Für uns jedenfalls steht das Thema„Entlastung der Beitragszahler“ nach wie vor auf der Ta-gesordnung.
Bereits im Mai dieses Jahres haben wir ein Konzept zurSenkung der Sozialabgaben vorgelegt. Natürlich strebenwir auch weiterhin die Bürgerversicherung an, die sich,wenn es zu einer Einbeziehung weiterer Einkommensar-ten käme, entlastend auf die Höhe des Beitragssatzesauswirken würde.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir habenein funktionierendes Gesundheitssystem mit einer hoch-wertigen Versorgung und weit über 4 Millionen Beschäf-tigten, die Tag für Tag engagiert arbeiten. Um dies zuerhalten und zukunftssicher zu machen, müssen wir zu-savGu–FKhtKssKfksLrsUilGhBbdrDZmsgefL
Dann klatscht auch!
Jetzt spricht der Kollege Daniel Bahr für die FDP-
raktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen undollegen! Gestern hat die Bundeskanzlerin ihre Redeier im Deutschen Bundestag gehalten. Ich habe erwar-et, dass sie zu den großen Projekten der schwarz-rotenoalition im letzten Jahr ihrer Amtszeit noch einigesagt.
Sie hat in der Tat einiges zur Gesundheitspolitik ge-agt. Sie hat aber – deshalb muss ich Sie ergänzen, Frauollegin Bender – nicht ein Mal das Wort Gesundheits-onds in den Mund genommen. Ich finde, das ist bemer-enswert und zeigt, dass das Herzstück der großen Ge-undheitsreform, welches eines der Glanzstücke dereistungsfähigkeit dieser schwarz-roten Bundesregie-ung sein sollte, infrage steht und man sich die Fragetellt, ob sich die Große Koalition für diese gigantischemverteilungsbehörde nicht mittlerweile schämt.
Frau Schmidt hat gesagt, durch den Steuerzuschussn Höhe von 4 Milliarden Euro würden die Beitragszah-er entlastet. In der Koalitionsvereinbarung hat sich dieroße Koalition im Zusammenhang mit der Gesund-eitsreform zwei Ziele gesetzt, dass nämlich erstens dieeitragssätze zur gesetzlichen Krankenversicherung sta-il gehalten werden oder sinken sollen und dass zweitenser Steuerzuschuss an die gesetzliche Krankenversiche-ung, den es schon vorher gab, auf Null sinken soll.azu muss ich sagen, dass Sie an den selbst gesetztenielen gescheitert sind.
Sie haben einen neuen Zuschuss eingeführt. Wennan sich das über die gesamte Legislaturperiode an-chaut, ist dieser aber geringer als das, was Sie zu Be-inn der Legislaturperiode vorgefunden haben. De factontziehen Sie den gesetzlichen Krankenversicherungenast 4 Milliarden Euro. Sie tun jetzt so, als ob Ihre großeeistung in dem neuen Steuerzuschuss bestehe, um die
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Daniel Bahr
Beitragszahler zu entlasten. Dazu muss ich sagen, dassIhr Hin und Her bei dem Steuerzuschuss für die gesetzli-che Krankenversicherung mit dafür verantwortlich ist,dass die Beitragssätze für die Krankenversicherten aufRekordniveau gestiegen sind. Meine Damen und Herren,Verlässlichkeit sieht anders aus.
Obwohl Sie mittlerweile wieder einen Steuerzuschussvon 4 Milliarden Euro in das gesetzliche Krankenversi-cherungssystem schießen, steigen die Krankenkassen-beiträge aktuell und im nächsten Jahr weiter.
Schuld daran ist Ihre Politik. Sie haben die Mehrwert-steuer erhöht. Sie haben ein Arzneimittelspargesetz ver-abschiedet, durch das angeblich die Arzneimittelausga-ben sinken sollten. Stattdessen steigen sie um etwa6 Prozent.
Die Krankenhausausgaben steigen schon in diesem Jahr,und die ärztliche Vergütung steigt auch. Zudem steigendie Ausgaben für Hilfsmittel und Heilmittel. Sie wolltendazu beitragen, dass die Kosten nicht weiter steigen. Dashaben Sie aber nicht geschafft. Im Gegenteil, die Kos-tenentwicklung geht weiter nach oben.
Frau Kollegin Reimann, dafür ist die demografischeEntwicklung noch nicht verantwortlich. Diese kommterst auf uns zu. Die Kanzlerin hat in der gestrigen De-batte gesagt – das haben wir als FDP immer schongesagt –, dass die Kosten angesichts einer alternden Be-völkerung natürlich steigen werden und man die Versi-cherten darauf vorbereiten muss, dass demnächst, wennwir mehr Ältere bei weniger jungen Beitragszahlern ha-ben werden, Gesundheit nicht zum Nulltarif zu habensein wird. Das stellt niemand infrage.Die Frage ist aber, ob Sie etwas gegen die steigendenKosten einer alternden Gesellschaft unternehmen. ImGegenteil, Sie häufen doch weiter Lasten für die kom-menden Generationen an.
Die private Krankenversicherung, die immerhin für diesteigenden Kosten einer alternden Bevölkerung Rück-stellungen bildet, wird durch Ihre Politik schleichendausgetrocknet. Immer weniger Menschen werden dieMöglichkeit haben, durch den Aufbau eigener Alters-rückstellungen Vorsorge für die aufgrund einer alterndenBevölkerung steigenden Kosten zu betreiben.Liebe Frau Schmidt, das ist der Vorteil der Kapitalde-ckung, die wir dringend auch für die Krankenversiche-rung brauchen, weil die alternde Bevölkerung eine Lastist, die auf der Krankenversicherung lastet. Die umlage-fPtBmrhghgstsrtwgDbdlotNMLzKbbdMdLSdnssbs
Ihre Politik wird dazu führen, dass es für den Bei-ragszahler immer teurer, aber nicht besser wird. Dieeitragszahler werden von Ihnen zur Kasse gebeten, da-it Sie die Umsetzung einer verkorksten Gesundheits-eform noch angehen können.Sie erkaufen sich die Ruhe bei Ärzten und Kranken-äusern derzeit mit Versprechungen, dass es mehr Geldebe, nur damit Sie still und leise eine verfehlte Gesund-eitsreform auf den Weg bringen können, die die Versor-ungsqualität in Deutschland verschlechtern wird, weilie in Wahrheit den Weg für ein staatliches und zentralis-isches Gesundheitswesen ebnet.
Das alles ist in den drei Jahren eines Wirtschaftsauf-chwungs geschehen. Wir erlebten Beitragssatzsteige-ungen bei Renten-, Pflege- und Krankenversicherungenrotz Wirtschaftsaufschwung. Was steht uns aber bevor,enn die wirtschaftliche Entwicklung in eine schwieri-ere Phase kommt?
ann haben wir zwar eine kurzfristige Senkung des Ar-eitslosenversicherungsbeitrags erlebt, danach aber wer-en die Arbeitslosenversicherungsbeiträge wieder deut-ich steigen, und mitnichten werden Renten-, Pflege-der Krankenkassenbeiträge sinken.Das heißt, durch Ihre Politik wird die Gesamtbelas-ung durch die Lohnzusatzkosten immer weiter steigen.ur weil Sie in der schwarz-roten Koalition nicht denut zu wirklichen Strukturreformen haben, werden dieasten für die kommenden Generationen und Beitrags-ahler weiter wachsen.
Sie tun jetzt so, als wenn Sie der Kämpfer für dierankenhäuser und Ärzte seien, Frau Schmidt. Sie ha-en doch dazu beigetragen, dass die Finanzentwicklungei den Krankenhäusern so ist, wie sie ist. Sie habenoch durch einen Sanierungssparbeitrag, durch dieehrwertsteuererhöhung und viele andere Maßnahmenie Krankenhäuser erst in diese finanziell schwierigeage gebracht, in der sie sich jetzt befinden. Jetzt wollenie für das Versprechen, mehr Geld bereitzustellen, wie-er gefeiert werden. Das ist völlig unehrlich.Ein kurzer Punkt noch. Herr Kollege Zöller, Medizi-ische Versorgungszentren und der Versandhandelind von Ihnen angesprochen worden. Wer hat das denneinerzeit beschlossen? SPD, Grüne und CDU/CSU ha-en die Medizinischen Versorgungszentren und den Ver-andhandel beschlossen.
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Daniel Bahr
Lieber Herr Kollege Zöller, Sie beklagen jetzt die Pro-bleme, die Sie durch Ihre Beschlussfassung selbst verur-sacht haben.Sie sollten unseren Anträgen – zum Beispiel hinsicht-lich der Ausfransung des Versandhandels – zustimmen;denn die FDP-Fraktion hat im Deutschen Bundestag ei-nen Antrag vorgelegt, mit dem dieses Problem angegan-gen wird.Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Norbert Barthle spricht jetzt für die CDU/CSU-Frak-
tion.
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrtenDamen und Herren! Liebe Frau Ministerin! Auch wennwir jetzt intensiv über den Etat für 2009 reden, will ichnoch einmal kurz im Jahr 2008 verharren und daran erin-nern, dass der Reichskanzler Otto von Bismarck vor125 Jahren das Gesetz betreffend die Krankenversiche-rung der Arbeiter auf den Weg gebracht hat. Das war dieGrundlage unserer heutigen gesetzlichen Krankenversi-cherung. Nach 125 Jahren ist das inzwischen ein Er-folgsmodell, das nicht nur in unserer nahen Nachbar-schaft, sondern auch in der ganzen Welt als solchesanerkannt wird. Ich glaube, wir sollten wieder einmaldaran erinnern und uns darüber freuen.
Dieses Erfolgsmodell ist auch ein Verdienst diesesHauses, dieses Parlaments – natürlich mit Ausnahme derLinken –, der Ministerin und dieser Großen Koalition. Inden kommenden Wochen werden wir intensiv daran ar-beiten, dass dieses Erfolgsmodell auch in Zukunft einsolches ist. Ich bin davon überzeugt.Lassen Sie mich zum Haushalt kommen. Frau Minis-terin hat bereits darauf hingewiesen: Auf den erstenBlick ist das Plus von 53 Prozent im Vergleich zum ver-gangenen Jahr exorbitant groß. Das widerspricht eigent-lich der Haushaltskonsolidierungslinie, auf die wir unsin dieser Großen Koalition geeinigt haben. Auf denzweiten Blick erkennt man aber, dass das an diesemZuschuss an die GKV liegt, der Jahr für Jahr um1,5 Milliarden Euro steigt und auch weiterhin steigenwird, Frau Bender. Darauf kann man sich verlassen. Dasbedeutet Kontinuität.
Deshalb muss man an dieser Stelle auch einmal da-rauf hinweisen, welch großartige sozialpolitische Leis-tung es ist, mit diesen 4 Milliarden Euro die gesamtge-sellschaftlichen Aufgaben der GKV zu bewältigen.
In diesem Zusammenhang gab es den Vorschlag ausden Reihen unseres Koalitionspartners, diesen Zuschussdurch Rückgriff auf die Überschüsse bei der Bundes-amCvsSddhmDBnw4liPbdLcenEhBdzAhmnd4itwmgSebadtwabr
Im Bereich der Prävention beträgt das Plus knappMillionen Euro. Auch dort steht wesentlich mehr alsm vergangenen Jahr zur Verfügung. Das ist auch wich-ig. Die wichtigsten Stichworte sind: Ernährung und Be-egung, Blut- und Organspenden, Drogen- und Sucht-ittelmissbrauch. Dazu will ich gleich etwas sagen: Esab in dieser Woche eine Anhörung des Drogen- unduchtrates zum Nationalen Aktionsplan Alkohol. Diesergab, dass hinsichtlich der Bekämpfung des Miss-rauchs, den es selbstverständlich gibt – insbesondereuch bei Jugendlichen –, ein dringender Handlungsbe-arf besteht. Wir sind bereit, etwas dafür zu tun, und un-erstützen die Drogenbeauftragte Ihres Hauses. Aber wirarnen davor, bei diesen Maßnahmen über das Ziel hin-uszuschießen. Ein Verbot von Werbung und Sponsoringei Sportveranstaltungen, wie es der Drogen- und Sucht-at vorgeschlagen hat, schadet unserer Vereinskultur.
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Norbert BarthleWenn man Schaden und Nutzen gegeneinander abwiegt,stellt man fest, dass der Schaden überwiegt. Das geht sonicht.
Im Übrigen warne ich davor, im Zusammenhang mitdem Konsum von Alkohol ständig von einer legalenDroge zu sprechen. Ich denke, wir sollten eine distan-zierte Position einnehmen. Wein und Bier sind ein Teilunserer Kultur. In diesen Zeiten gehört sogar auch hinund wieder eine Maß Bier zur Kultur.
Deshalb darf es keine allgemeine Diffamierung geben.Das entspricht nicht der Lebenswirklichkeit in unseremLande.
Was das zweite Präventionsprojekt, das Modellpro-jekt zur Heroinsubstitution anbetrifft,
muss ich Ihrer Pressestelle ein etwas zweifelhaftes Kom-pliment machen, Frau Ministerin. Es ist ihr nämlich ge-lungen, der Union die Verantwortung für das Auslaufender Zuschüsse zuzuschieben. Im Juli dieses Jahreskonnte man in der Frankfurter Rundschau lesen – ich zi-tiere –:Im Frühjahr beschloss die Koalition auf Druck derCDU, die Bundeszuschüsse für eine kontrollierteHeroinabgabe in sieben Städten zu stoppen.In diesem Zusammenhang muss ich etwas richtigstel-len:
Wir von der Union sind gegen Diamorphin als Regelleis-tung der GKV. Das ist richtig. Übersetzt heißt das, wirwollen nicht, dass es Heroin auf Krankenschein gibt, aufDauer, unbegrenzt und ohne entsprechende Ausstiegs-szenarien.
Wir haben aber nichts gegen eine Fortsetzung oder eineNeuauflage – in welcher Form auch immer – solcherModellversuche, auch unter Kostenbeteiligung des Bun-des. Das ist keine Frage. Denn die Hilfe für Abhängigesteht im Vordergrund.
Lassen Sie mich auf das Thema gesetzliche Kran-kenversicherung zurückkommen. Dieses Erfolgsmodellwird von 87 Prozent der Menschen in unserem Landegenutzt, die in der GKV versichert sind. In der GKVwduSbthdhvsvE3DmKSgiHdLsBldPüKEsZ2sHFrsv
ie GKVen sind also nicht schlecht aufgestellt. Deshalbuss der Hinweis erlaubt sein, dass nicht der Fonds einostentreiber ist – sofern es einen gibt –, sondern dasystem an sich, nämlich die Krankenhäuser und die stei-enden Kosten für Pflegepersonal und Ärzte. Das mussn der Öffentlichkeit immer wieder betont werden.Ich vertraue darauf, dass wir in den anstehendenaushaltsberatungen konstruktiv zusammenarbeiten undie Beschlüsse fassen werden, die für die Menschen imand wichtig sind.In diesem Sinne bedanke ich mich für die Aufmerk-amkeit.
Es spricht jetzt der Kollege Dr. Harald Terpe für
ündnis 90/Die Grünen.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kol-egen! Ich bezweifle, dass wir die aktuelle Debatte umie finanzielle Situation der Krankenhäuser und denrotest des Krankenhauspersonals vom September alsbertriebene Dramatisierung abtun dürfen, wie es dierankenkassen zum Teil tun.
iner großen Anzahl von Krankenhäusern geht es wirt-chaftlich gut. Allerdings gibt es auch eine wachsendeahl von Krankenhäusern, die rote Zahlen schreiben.007 betraf das fast ein Drittel der großen Krankenhäu-er.Man kann das nicht einfach damit abtun, dass dieseäuser ineffizient wirtschaften. Überhaupt stellt sich dierage, ob die Betonung wirtschaftlicher Faktoren unse-en Blickwinkel zum Nachteil der Patientennähe, Ver-orgungsqualität und Personalmotivation nicht zu sehrerengt.
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Dr. Harald TerpeIn den vergangenen Jahren fehlte eine vorausschau-ende Krankenhauspolitik. Die Ministerin sprach vonKonsolidierung. Das zögerliche Agieren des BMG undder Koalition – nur auf Druck von Außen – zeigt doch,wie sehr der Anspruch verloren geht, die Entwicklungdes Krankenhaussektors am Gemeinwohl orientiert zugestalten. Dabei wurde in Kauf genommen, dass geradekommunale und freigemeinnützige Krankenhäuser inSchwierigkeiten geraten, während Krankenhäuser in pri-vater Trägerschaft durch Dividenden im zweistelligenProzentbereich dem solidarisch finanzierten Gesund-heitswesen permanent Geld entziehen.Dieser Prozess geht allzu oft zulasten der Patientenund des Personals. Denken Sie nur an die Situation inder Pflege: 50 000 gestrichene Stellen seit 1995! Ihr an-gekündigtes Sofortprogramm für etwa 20 000 neue Stel-len ist diesbezüglich nur ein Eingeständnis einer Fehl-entwicklung. Ich bitte, mich nicht falsch zu verstehen:Eine Verbesserung in der Pflege mit mehr Zuwendungund seelischer Betreuung ist vonnöten.
Aber in einer Haushaltsdebatte ist schon die Frage er-laubt, ob Risiken für die Konsolidierung oder zusätzli-che Belastungen wieder nur für die Lohn- und Gehalts-empfänger entstehen.Wie sahen Ihre bisherigen Lösungen aus? Ich nennedas Stichwort „Sanierungsbeitrag“ – er wurde Anfang2007 von der Koalition beschlossen – und das Stichwort„Finanzierung der Arbeitszeitmodelle“. Sicherlich sinddadurch die wirtschaftlichen Probleme manches Kran-kenhauses nur verschärft worden, oder den wirklich be-dürftigen Krankenhäusern hat das zu wenig genutzt. Diebeiden Referentenentwürfe aus dem Sommer zeigen zu-mindest ein gewachsenes Problembewusstsein, machenaber leider auch sichtbar, dass die Koalition in Bund undLändern ganz offensichtlich nicht mehr in der Lage ist,eine grundlegende Reform der Krankenhausfinanzie-rung auf den Weg zu bringen.
Mit Investitionspauschalen sollten die Krankenhäuserdie Möglichkeit erhalten, selbst über die Verwendung derMittel zu entscheiden, Bürokratieabbau eingeschlossen.Dieser und der Vorschlag, sich auf verbindliche Investi-tionsquoten festzulegen, wurden – warum auch immer –wieder fallen gelassen. Von all den Ankündigungen derMinisterin ist nicht viel übrig. Sie wurden von den Län-dern blockiert oder von der Kanzlerin eingesammelt. Sieschlagen vor, die Bindung der Krankenhauspreise an dieGrundlohnrate zu beenden. Allerdings ist dies nur diehalbe Miete, wenn sie nicht gleichzeitig die Frage beant-worten, woher das zusätzliche Geld kommen soll. Aufdie Überflüssigkeit des Gesundheitsfonds hat bereitsmeine Kollegin hingewiesen.Summa summarum: Bringen Sie vernünftige, praxis-taugliche Lösungen für den Krankenhaussektor auf denWeg! Bezüglich der Neuordnung der Krankenhausinves-titionen haben wir mit unserem Antrag einen Lösungs-vorschlag vorgelegt.tMzOdlwWdhtSdddwvGadTrIdhKsetedabwrtnfgm
Herr Bahr, Sie als der gesundheitspolitische Experteer FDP haben behauptet, dass die demografischen Ent-icklungsprozesse erst noch kämen. Haben Sie dennergessen, dass sich die demografische Struktur dieseresellschaft bereits seit einer Generation – das besagenlle wissenschaftlichen Gutachten – nachhaltig verän-ert? Wir alle, auch Sie, sind mitten drin. Das ist eineatsache, die selbst ein FDP-Spezialist nicht ganz negie-en kann. Dass es Verschärfungsprozesse geben wird, seihnen zugestanden.
Mit den 4 Milliarden Euro – bis zum Jahr 2016 sindas 75 Milliarden Euro –, die in diesen Fonds hineinge-en, werden gesellschaftlich notwendige Dinge in derrankenversicherung finanziert. Es tut dann ein bis-chen weh, wenn die geschätzte Kollegin Wintersteininfach dazu übergeht, zu behaupten, alle Präventions-eile seien umsonst und würden nichts bedeuten. Ver-hrte Frau Kollegin Winterstein, für mich ist Präventionie höchste Form von Vorsorge, die man den Menschenngedeihen kann. Alle Bereiche, die im Haushalt 2009etitelt sind, sind wichtig. Inhaltlich möchte ich nichteiter darauf eingehen; das hat die Frau Ministerin be-eits ausgeführt.Dieser Haushalt ist in seinen wesentlichen Bestand-eilen so wie immer proportioniert. Wir haben 73 Millio-en Euro für das Haus selbst. 39,7 Millionen Euro sindür Präventionsmaßnahmen vorgesehen, für sogenannteesundheitspolitisch relevante Maßnahmen; das ist fürich der wichtigste Teil. Weil Haushaltsdebatten auch
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18866 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. September 2008
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Ewald Schurerimmer der Versuch sein sollen, inhaltlich in gesellschaft-liche Entwicklungsprozesse einzusteigen, möchte ich ei-nen Punkt hervorheben, der mich als Vater und als je-mand, der 20 Jahre lang Jugendarbeit gemacht hat, sehrbewegt: Der Haushalt ist mit 16,3 Millionen Euro fürMaßnahmen gegen den Drogen- und Suchtmittelmiss-brauch ausgestattet. Das ist ein sehr wichtiger Bereichmit hoher gesellschaftlicher Bedeutung.Wir haben eine dramatische Entwicklung beim Alko-holmissbrauch durch junge Menschen. Wir wissen ausStudien, dass 9,5 Millionen Menschen in Deutschland ineiner riskanten Art und Weise Alkohol genießen undsich in einer Übergangszone befinden, in der die Selbst-kontrolle kaum noch oder nicht mehr vorhanden ist.Nach diesen Studien sind in Deutschland bereits 1,5 Mil-lionen Menschen alkoholkrank. Im Jahr 2007 sind fast20 000 junge Menschen, zum Teil Kinder im Alter von12, 13 Jahren – in Hamburg, München, Berlin oder an-derswo –, mit einer erhöhten Alkoholvergiftung mit Ge-fahr für Leib und Leben in Kliniken eingeliefert worden.Aus diesem Grund ist das für mich ein Themenfeld imBereich Prävention, bei dem die Politik nicht zur Tages-ordnung übergehen kann.
Die politisch Verantwortlichen in Bund, Ländern undKommunen müssen zusammen mit den Gesundheitsins-titutionen neue Wege gehen, um die jungen Menschen zuerreichen. Mit dem bekannten und wirkungslosen päd-agogischen Zeigefinger erreicht man niemanden mehr.Es müssen neue Wege begangen werden. Erst gesternhabe ich in der Berliner Morgenpost gelesen, dass dieJugendlichen im Wesentlichen zwei Gründe angeben,weshalb sie übermäßig trinken. Der erste ist das Grup-penverhalten. Wenn alle sich zudröhnen, so die Jugendli-chen, kann man nicht außen vor bleiben. Der zweiteGrund sind Events, bei denen man angeblich einfachmitmachen muss.Diese Entwicklung erschüttert mich nachhaltig. Wirwerden die Präventionsmaßnahmen von Bund, Ländernund allen anderen Institutionen in Zukunft noch deutlichausbauen müssen, weil diesbezüglich Gefahr im Verzugeist, der man – ich sage es noch einmal – nicht allein mitdem pädagogischen Zeigefinger begegnen kann. Manmuss neue Wege gehen, um die jungen Menschen dortzu erreichen, wo sie sind, um den Dialog auf gleicherAugenhöhe zu suchen, und zwar ohne altbiedere Schul-weisheiten zu predigen, die nicht zünden.Lassen Sie mich zum Schluss noch einen Punkt ausdem gesundheitspolitischen Teil ansprechen, der michsehr bewegt. Wir begleiten die Pflegereform 2008 imHaushalt mit insgesamt 11 Millionen Euro. Das Leucht-turmprojekt Demenz wurde bereits angesprochen. Wirbefinden uns in einer gesellschaftlichen Entwicklung miteiner stark steigenden Zahl demenzkranker Menschen.Das ist auch wieder ein Widerspruch zu dem, was Sie alsSpezialist hier fachlich unrichtig dargestellt haben.8,5 Millionen Euro werden allein für das Demenzprojektausgegeben. Auch diesbezüglich wollen wir in dennächsten Jahren noch mehr tun.KhiBwfgadDDFiPmgdDhDnFmnhMCErbzhimzEKw
Ich hoffe, dass es der Ministerin mit ihren guten Be-ühungen gelingt, diese Monistik abzuwenden und eineachhaltige, duale Finanzierung der deutschen Kranken-auslandschaft zu erreichen, und zwar im Interesse derenschen, der Patientinnen und Patienten.Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Der Kollege Jens Spahn spricht jetzt für die CDU/
SU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!s ist mir ein Anliegen, zu Beginn mit einer Mär aufzu-äumen, die die Opposition und viele andere gern ver-reiten: Immer wieder muss die Einführung des Fondsum 1. Januar als Grund für das Steigen der Beiträgeerhalten. Das ist aber nicht richtig.Eines ist klar: Wer die gute medizinische Versorgungm Land auf dem heutigen Niveau erhalten und im Rah-en des Notwendigen auch medizinischem Fortschrittugänglich machen will, der muss den Menschen amnde ehrlich sagen, dass Gesundheit und damit dierankenversicherung in Deutschland so oder so teurererden.
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Jens SpahnHerr Kollege Bahr, bei aller persönlichen Wertschät-zung muss ich schon sagen: Ich komme bei Ihren Argu-mentationsmustern nicht mehr so ganz mit. Man kannnicht draußen auf den Veranstaltungen, zum Beispiel aufÄrztetagen, den Ärzten, den Krankenhäusern, Apothe-kern und den anderen Leistungserbringern sagen, siemüssten mehr Geld für ihre Leistungen bekommen, undspäter hier im Plenarsaal des Deutschen Bundestagesstehen und die Beitragsentwicklung kritisieren.
Wenn Sie die Beitragsentwicklung kritisieren, dann müs-sen Sie den Ärzten und Krankenhäusern ehrlich sagen,dass Sie gegen eine Erhöhung der Honorare sind.
Hinzu kommt: Sie kritisieren die Spargesetze, die wirfür die Bereiche verabschiedet haben, in denen es näm-lich möglich ist, zu sparen, ohne dass es zulasten derVersorgungsqualität geht, etwa durch die Einführungvon Festbeträgen für Arzneimittel. Diesen Dreisatz derFDP kann ich nicht nachvollziehen.
Zum Kollegen Spieth. Als Sie mit Ihrer Rede began-nen, dachte ich: endlich einer, der den Fonds verstandenhat!
Als dann aber der zweite Teil der Rede kam, hatte ichwieder Zweifel. Natürlich wird es einen Wettbewerbzwischen den Kassen geben, also auch Unterschiede,wie es sie heute gibt. Dieser Wettbewerb wird – das wirdgern vergessen – über den Zusatzbeitrag stattfinden, derunterschiedlich hoch sein wird.
Ich sage Ihnen voraus: So wie es heute Kassen gibt, dieeinen Beitragssatz von 12,5 Prozentpunkten, 13,1 Pro-zentpunkten oder 15 Prozentpunkten und mehr erheben,so wird es in Zukunft Kassen geben, die einen Zusatz-beitrag in Höhe von 8 Euro oder 10 Euro pro Monat er-heben; es wird aber auch Kassen geben, die in der Lagesein werden, ihren Versicherten 5 Euro, 8 Euro oder10 Euro pro Monat zurückzuzahlen.
Die Preissignalwirkung ist dann wesentlich größer, weiljeder wissen wird, wie viel mehr er zahlt. Es wird alsoein Wettbewerb stattfinden.Ihre Aussage zur Frage der ärztlichen Vergütung undder Verteilungswirkung halte ich für unredlich. Sie wis-sen mindestens so gut wie wir, dass gerade die Ärzte imOsten Deutschlands von der Honorarerhöhung profitie-ren werden,ddtDtdGddDbrWsdsEWtrsdgfcwkewSwVtZvdBEdtsd
ass die Zuwächse bei den Ärztinnen und Ärzten im nie-ergelassenen Bereich dort wesentlich höher als im Wes-en sein werden. Das geschieht zu Recht; denn derienst, den sie in zum Teil sehr dünn besiedelten Gebie-en tun, ist nicht einfach. Sie haben das gerade andersargestellt.
Zur Aussage der Kollegin Winterstein, dass alle denesundheitsfonds ablehnten: Das war schon damals, alsie Anhörungen und die Diskussionen darüber stattfan-en, nicht richtig; heute ist es noch viel weniger richtig.
enn alle, die sich in den letzten zwei Jahren mit demeschäftigt haben, was wir mit der letzten Gesundheits-eform eingeführt haben – es zeigt Schritt für Schrittirkung –, die also unsere Beschlüsse in die Praxis um-etzen, sagen zum Teil mit glänzenden Augen, sie seienankbar für die zusätzlichen Möglichkeiten, die wir ge-chaffen haben.
Das sind Krankenkassenvorstände, die mit großemngagement in ihrem Hause die Möglichkeiten zu mehrettbewerb, die wir ihnen gegeben haben, etwa für Ver-räge mit den Leistungserbringern und für eine Ausdiffe-enzierung im Angebot, tatsächlich nutzen wollen; dasind die Ärzte und Ärzteverbände, die die Aufhebunger Monopolstellung der kassenärztlichen Vereinigun-en nutzen, um Verträge über zusätzliche Vergütungenür höhere Qualität zu schließen, und das sind die Versi-herten, die die Möglichkeit haben, zusätzliche Tarife zuählen und deswegen wesentlich mehr Wahlmöglich-eiten haben. Es ist aber auch klar – da sind wir ganzhrlich, und darüber werden wir morgen im Ausschusseiter diskutieren –, dass es an der einen oder anderentelle Nachbesserungsbedarf gibt, weil sich Dinge ent-ickelt haben, die wir nicht wollten. Das betrifft dasergaberecht oder etwa Ausschreibungen bei Hilfsmit-eln.Ich will gerne noch einen Gedanken des Kollegenöller aufgreifen, nämlich die Frage der Versorgungs-erträge, die durch die Krankenkassen gekündigt wer-en. Das gilt für den genannten Bereich, das gilt für denereich HIV/Aids und für andere Versorgungsverträge.s kann nicht sein – das dürfen wir nicht zulassen –, dassie Krankenkassen, die in Zukunft über den Risikostruk-urausgleich noch viel mehr Geld als bisher für Men-chen mit entsprechenden Erkrankungen bekommen,ieses Geld nicht in die Versorgungsstrukturen stecken.
Metadaten/Kopzeile:
18868 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 176. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 18. September 2008
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Jens Spahn
Wir müssen das in Zukunft klar regeln. Was die Kassenauch besser verstehen müssen – einige haben es schonverstanden –, ist, dass ein gut versorgter chronisch Kran-ker auf Dauer – wenn auch vielleicht nicht schon im ers-ten Jahr – wesentlich günstiger ist, weil keine Neben-erkrankungen nach 5, 10 oder 20 Jahren auftreten.Antrag auf Genehmigung zur Durchführungeines Strafverfahrens– Drucksache 16/10271 –Berichterstatter:Abgeordneter Thomas Strobl
Wir kommen sofort zur Abstimmung. Der Ausschussfür Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnungempfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Druck-sache 16/10271, die Genehmigung zur Durchführung ei-
In diesem Zusammenhang ist es wichtig, von der Fixie-rung auf den Beitragssatz der Kasse in dem einen Jahrwegzukommen. Es muss vielmehr ein Controlling ge-ben, das es möglich macht, auch mittel- und langfristigbetriebswirtschaftlich zu denken.Abschließend – ich weiß, Frau Präsidentin, Sie habenheute das allerletzte Wort – nehme ich mir das letzteWort als letzter Redner des Tages heraus und sage imSinne des baldigen neuen alten Parteivorsitzenden derSPD: Haushalt gut, Gesundheitsfonds gut, Koalition gu-ter Stimmung.
Nun sind amtierende Präsidentinnen bzw. Präsidenten
zur Neutralität verpflichtet. Deswegen sage ich an dieser
Stelle, dass keine weiteren Wortmeldungen zu dem Ein-
zelplan vorliegen. Wir können aber noch nicht nach
Hause gehen, weil wir zwei zusätzliche Punkte behan-
deln müssen.
Interfraktionell ist verabredet, die heutige Tagesord-
nung um die Beratung zweier Beschlussempfehlungen
des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Ge-
schäftsordnung zu Anträgen auf Genehmigung zur Durch-
führung eines Strafverfahrens zu erweitern und jetzt so-
fort als Zusatzpunkte 2 und 3 aufzurufen. – Ich sehe,
dass Sie damit einverstanden sind. Dann ist das so be-
schlossen.
Ich rufe den Zusatzpunkt 2 auf:
Beratung der Beschlussempfehlung des Aus-
schusses für Wahlprüfung, Immunität und Ge-
schäftsordnung
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a
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9
enießen Sie die gewonnenen Einsichten den restlichen
bend – auch gerne in Ihrem Büro.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
estages auf morgen, Freitag, den 19. September 2008,
Uhr, ein.
Die Sitzung ist geschlossen.