Gesamtes Protokol
Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ichbegrüße Sie alle herzlich zur Haushaltswoche im Deut-schen Bundestag. Die Sitzung ist eröffnet.Vor Eintritt in unsere Tagesordnung möchte ich da-rauf hinweisen, dass der Kollege Dr. Koppelin heuteseinen 65. Geburtstag feiert,
wozu ich ihm offensichtlich im Namen des ganzen Hau-ses unsere guten Wünsche übermittele.Während der parlamentarischen Sommerpause gab eseine Reihe weiterer runder Geburtstage. Ebenfalls ihren65. Geburtstag begingen die Kollegen HerbertFrankenhauser, Ernst-Reinhard Beck und KlausBreil. Den 60. Geburtstag feierten die Kollegen JosefGöppel und Manfred Zöllmer. Auch Ihnen übermitteleich auf diesem Wege alle guten Wünsche.
Die Kollegin Lucia Puttrich hat Anfang des Monatsauf ihre Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag ver-zichtet. Als ihren Nachfolger begrüße ich den KollegenBernd Siebert wieder hier im Hause. Herzlich willkom-men, lieber Kollege Siebert!
RsdahsDdRtdnsGntndAdzBRedetIch rufe nun die Tagesordnungspunkte 1 a und 1 b auf:a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-gebrachten Entwurfs eines Gesetzes über dieFeststellung des Bundeshaushaltsplans für dasHaushaltsjahr 2011
– Drucksache 17/2500 –Überweisungsvorschlag:Haushaltsausschussb) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesre-gierungFinanzplan des Bundes 2010 bis 201– Drucksache 17/2501 –Überweisungsvorschlag:Haushaltsausschuss
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5908 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010
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einer Neuverschuldung von annähernd 86 MilliardenEuro rechnen müssen. Ich habe damals gesagt: DieRückgewinnung verloren gegangenen Vertrauens ist diewichtigste Aufgabe, wenn wir politisch die Rahmenbe-dingungen für eine positive wirtschaftliche und sozialeEntwicklung gestalten wollen.Die tatsächliche Neuverschuldung in diesem Jahrliegt nicht mehr bei 86 Milliarden Euro, sondern zwi-schen 50 und 60 Milliarden Euro. Die Steuereinnahmenfür Bund, Länder und Gemeinden haben sich besser bzw.weniger schlecht entwickelt, als wir es am Anfang desJahres noch einplanen mussten. Unsere wirtschaftlicheEntwicklung ist sehr viel besser, als man Anfang desJahres hoffen konnte.Die EU-Kommission hat gestern ihre Frühjahrspro-gnose vorgelegt. Bisher hat sie uns, der BundesrepublikDeutschland, für dieses Jahr ein reales Wachstum inHöhe von 1,2 Prozent prognostiziert. Gestern hat sie ihrePrognose auf 3,4 Prozent angehoben. Der IWF prognos-tiziert für dieses Jahr ähnlich. Das heißt, wir sind auf ei-nem guten wirtschaftlichen Weg.Ich will hinzufügen: Niemand kann erwarten, dasssich die Wachstumszahlen für das Jahr 2010 angesichtsder Ausgangsbasis des Jahres 2009 im Jahr 2011 so fort-setzen werden. Manche titeln schon: Wenn das Wachs-tum in diesem Jahr über alle Erwartungen hoch seinwird, dann werden wir im nächsten Jahr einen Einbruchdes Wachstums zu verzeichnen haben. Das ist sachlichnicht ganz richtig. Auch die Prognosen für das Jahr 2011werden von allen nationalen und internationalen Institu-tionen eher angehoben. Wahr ist aber: Wir werden dieWachstumszahl von über 3 Prozent – wenn sie sich indiesem Jahr verwirklicht – im nächsten Jahr zwar nichterreichen, aber wir haben alle Chancen auf eine stetige,nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung. Das ist nichtsAbstraktes, sondern es wirkt sich auf die Bürgerinnenund Bürger in unserem Land konkret und positiv aus.Ich will daran erinnern: Die Arbeitslosigkeit ist dasgrößte soziale Problem. Wer Arbeitslosigkeit abbaut,leistet den wichtigsten Beitrag zu nachhaltiger sozialerGerechtigkeit und zur Gewährleistung sozialer Leistun-gen. Das kann man nicht voneinander trennen.
Im August dieses Jahres wurden 3,188 Millionen Ar-beitslose registriert. Damit liegen wir unter dem Niveau,das wir vor der Krise hatten. Wir haben übrigens einenstärkeren Rückgang der Arbeitslosigkeit in den neuenBundesländern zu verzeichnen; dort sind es 10 Prozent.In den alten Bundesländern sind es 7 Prozent. Das heißt,die derzeitige Entwicklung hat die positive Wirkung,dass der Abstand zwischen neuen und alten Bundeslän-dern nicht größer, sondern kleiner wird.Bei der Zahl der sozialversicherungspflichtig Be-schäftigten liegen wir um 93 000 über dem Vorkrisenni-veau. Der Bestand an gemeldeten offenen Arbeitsstellenbelief sich im August auf 396 000. Das ist gegenüberdem Vorjahresmonat ein Anstieg um 32 Prozent. Dasheißt, unsere Politik wirkt sich konkret auf die Men-schen aus. Wer die sozialen Wirkungen dieser PolitikkWrgUsgDqPdndwMdursdsdDnVuedWitSbVSmkgsISfjhvlsdsdkdd
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010 5909
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Weg. Wir gelten inzwischen als Wachstumslokomotivein Europa. Angesichts unserer Wachstumszahlen in die-sem Jahr und angesichts der Tatsache, dass wir im Junidie höchsten Importzahlen in der Geschichte der Bun-desrepublik Deutschland hatten, ist die Kritik, wir näh-men unsere Verantwortung für Europa und für die globa-lisierte Welt nicht wahr, in sich zusammengebrochen.Auch das Vertrauen unserer Partner und deren Beurtei-lung zeigen, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
Im Übrigen zeigen alle Meinungsumfragen, dass dieBürgerinnen und Bürger sehr wohl verstanden haben– sie empfinden eine entsprechende Sorge –, dass einezu hohe, nicht mehr beherrschbare Neuverschuldung desStaates eines unserer größten Probleme ist. Wenn wir siezurückführen, entsprechen wir dem dringenden Bedürf-nis unserer Bürgerinnen und Bürger. Auch das ist wich-tig.In den Debatten über die Frage, ob wir mit unsererDefizitreduzierung unsere internationale Verantwor-tung vielleicht nicht richtig wahrnehmen, habe ich unse-ren Kollegen übrigens immer gesagt – ich bin nicht der-jenige, der anderen viele Ratschläge erteilt; ichkonzentriere mich eher darauf, die Ratschläge, die wiranderen geben könnten, bei uns selbst zu verwirklichen –:In Deutschland ist die Rückgewinnung von Vertrauen,die Bekämpfung von Verunsicherung wegen der zu ho-hen Defizite, eine der wichtigsten Voraussetzungen da-für, dass wir nachhaltiges Wachstum und eine ausgewo-gene, stabile Entwicklung am Arbeitsmarkt haben.Meine Damen und Herren, wir führen die Neuver-schuldung zurück; das zeigen die Zahlen der mittelfris-tigen Finanzplanung. Die Ausgangsmarge für 2010habe ich genannt. Noch einmal: Bei der Verabschiedungdes Haushaltsentwurfs lagen wir noch bei rund80 Milliarden Euro, bei der Einbringung bei annähernd86 Milliarden Euro. Im tatsächlichen Verlauf liegen wirirgendwo unterhalb von 60 Milliarden Euro. Wir führendie Neuverschuldung des Bundes in den Jahren 2011 bis2014 konsequent von 57,5 Milliarden Euro – das ist dieZahl im Haushalt 2011 – über 40 Milliarden Euro imJahr 2012 auf 31,6 Milliarden Euro in 2013 und24,1 Milliarden Euro in 2014 zurück. Das ist konkret dieUmsetzung der im Grundgesetz vorgesehenen Schulden-bremse, und vor allen Dingen ist das eine nachhaltige,wachstumsfreundliche Defizitreduzierung.Unsere Ausgestaltung der Rahmenbedingungen füreine vernünftige wirtschaftliche Entwicklung ist richtig.Das zeigt sich auch darin, dass wir unser Zukunftskon-zept zur Rückgewinnung von mehr Handlungsfähigkeitgenau danach ausgerichtet haben. Wir haben die Investi-tionen im Bundeshaushalt nicht verringert. Wir habendie Investitionen für Bildung und Forschung erhöht, undes bleibt dabei. Wir haben im Übrigen vor dem Hinter-grund unserer demografischen Entwicklung – eines un-serer größeren gesellschaftlichen wie ökonomischenProbleme – einen klaren Schwerpunkt gesetzt, indemwir die Leistungen für Familien und Integration nichtverringern, sondern verstärken. Das alles ist der richtigeWeg.–lw1aJdIAh2hh3dAhzzr–rwcods–ls–gipEnwwWrsw
Wenn Sie sich die praktische Umsetzung in der Fami-ienpolitik anschauen, können Sie nicht bestreiten, dassir die Mittel erhöht haben; dies ist übrigens schon zum. Januar dieses Jahres in Kraft getreten.
Wenn Sie sich anschauen, wie der Anteil der Sozial-usgaben im Bundeshaushalt kontinuierlich in den letztenahren gestiegen ist und auch im Haushalt 2011 steigt,ann erkennen Sie, dass wir das sehr wohl bedacht haben.ch füge jetzt hinzu: Wir machen mit der Wende bei denusgaben zum ersten Mal Ernst. Wir haben im Bundes-aushalt 2010 noch 319,5 Milliarden Euro Ausgaben. In011 – nach dem Entwurf des Haushalts, den ich Ihneneute vorlege – reduzieren sich die Ausgaben im Bundes-aushalt auf 307 Milliarden Euro. Ab 2012 wollen wir bei01 Milliarden Euro landen. Damit schaffen wir erstensie Voraussetzungen dafür, dass wir das Wachstum derusgaben unter dem Anstieg des Bruttoinlandsproduktesalten – das ist die entscheidende Größenordnung, um dieu hohe Verschuldung dauerhaft zurückzuführen –, undweitens dafür, dass wir die Neuverschuldung zurückfüh-en.Wir haben im Übrigen in unserem Zukunftspaketauch das muss man wieder und wieder in Erinnerungufen – eine ausgewogene Struktur. Wir sparen – dasird in den öffentlichen Debatten gelegentlich ein biss-hen unterschätzt – in dem Bereich, den die Regierunghne gesetzliche Änderungen selbst gestalten kann: beien Ausgaben für Personal, bei den Stellen und bei denachlichen Verwaltungsausgaben.
Ach, Herr Bonde, die Haushaltsberatung im Einzelnenäuft, und Sie werden, wie alle anderen im Haushaltsaus-chuss, daran mitwirken.
Ja, wir haben insgesamt – ich kann Ihnen die Zahlenerne noch einmal vortragen –
m Verwaltungsbereich im kommenden Jahr bei den dis-oniblen Mitteln eine Reduzierung um 2,3 Milliardenuro vorgesehen.An der Gesamtsumme der mittelfristigen Finanzpla-ung der nächsten vier Jahre, in denen wir insgesamt et-as über 80 Milliarden Euro konsolidieren, ist der Ver-altungsbereich mit über 14 Milliarden Euro beteiligt.ir planen weitere Maßnahmen, die auch im Regie-ungsbereich liegen. Wenn Sie das zusammenrechnen,tellen Sie fest: Wir liegen bei etwa 20 Milliarden Euroeniger.
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5910 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010
Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble
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Wir haben im Bereich der Neujustierung von gesetz-lichen Leistungen – hier achten wir im Übrigen sehr ge-nau darauf, dass wir Anreize für Beschäftigung verbes-sern, und wir berücksichtigen das Lohnabstandsgebot alseinen der wichtigen Schlüssel für nachhaltig positive Ent-wicklung am Arbeitsmarkt – für die nächsten vier Jahreinsgesamt einen Betrag von etwa 30 Milliarden Euro – imJahr 2011 3 Milliarden Euro – vorgesehen. Wir habendarüber hinaus in dem Bereich, den man Subventionsab-bau nennen kann – ökologische Neujustierung, Beteili-gung von Unternehmen oder Einnahmeverbesserungen –,eine Größenordnung von zusammengerechnet ebenfallsetwa 30 Milliarden Euro. Das heißt, das Zukunftspaketder Bundesregierung hat eine ausgewogene Struktur. Dasist ein zentraler Punkt.Ich will im Übrigen daran erinnern, dass wir uns beiden Kürzungen im sozialen Bereich ganz gezielt da-rauf konzentrieren, die Möglichkeiten zur Arbeitsauf-nahme zu verbessern.
– Schauen Sie sich doch einmal die Zahlen an, die dieSituation auf dem Arbeitsmarkt darstellen. Ich weißnicht, warum Sie darüber lachen.
Herr Kollege Trittin, wenn Sie sich den Haushalt desBundesministeriums für Arbeit und Soziales und denHaushalt der Bundesagentur für Arbeit anschauen undwenn Sie darüber hinaus die bessere Entwicklung aufdem Arbeitsmarkt berücksichtigen, dann sehen Sie,
dass wir mit reduzierten Ansätzen die Effizienz der Leis-tungen verbessern können. Das ist die Politik der Bun-desregierung.
Wir haben darüber hinaus die Einnahmen verbessert.Meine Damen und Herren, ich habe wieder und wiedergesagt – das wissen wir alle –: Aufgrund der Struktur desBundeshaushalts kann die Erwartung nicht erfüllt wer-den, dass sich die Haushaltskonsolidierung ausschließlichauf der Ausgabenseite vollzieht. Dafür ist die Struktur desBundeshaushalts zu spezifisch. Weit über 50 Prozent derMittel des Bundeshaushalts fließen in Sozial- und Fami-lienleistungen. Einen Großteil der Investitionen müssenwir im Interesse einer nachhaltigen Entwicklung vonWirtschaft und Beschäftigung schonen, da zusätzlicheImpulse davon ausgehen können.Vor diesem Hintergrund sind Einnahmeverbesserun-gen zur Haushaltskonsolidierung bzw. Defizitreduzie-rung unvermeidlich. In der Bundesregierung haben wirintensiv darüber diskutiert und uns bewusst dafür ent-schieden, zugleich Anreize für mehr Energieeffizienzund zur Energieeinsparung zu setzen. Deswegen schla-gen wir die Einführung einer Luftverkehrsabgabe vor.
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Herr Kollege, ich sage es immer. Es ist so.
Von Ihnen auch. Das muss auch gesagt werden.Jetzt will ich die Luftverkehrsabgabe erläutern. Wirätten eine breite Zustimmung in der Bevölkerung unduch im Parlament, wenn wir die Ausnahme beseitigenönnten, dass der Luftverkehr – im Gegensatz zu denerkehrsträgern Schiene und Straße – von der Mineral-lbesteuerung ausgenommen ist. Aufgrund der interna-ionalen und der europäischen Rechtslage können wiriese Ausnahme aber nicht beseitigen. Das mag man be-auern; aber das ist so. Also wollen wir anstelle dessenine Luftverkehrsabgabe einführen. Das ist ein Ersatzür eine nicht national einzuführende Besteuerung vonlugbenzin. Das ist Subventionsabbau. Ich glaube, dieseaßnahme ist richtig dosiert, abgewogen und sie ist gutu begründen.Das ist übrigens bei der Kernbrennstoffsteuer ganzhnlich. Wir wissen, dass von der Kernenergie im Gegen-atz zu anderen Energieträgern keine als Belastung emp-undenen Emissionen ausgehen. Deswegen beseitigenir mit der Kernbrennstoffsteuer – das sehen die Betrof-enen natürlich nicht ganz so; daher muss man darüber in-ensiv diskutieren – im Wesentlichen die Privilegierungines bestimmten Energieträgers. Angesichts dessen kannan auch diese Maßnahme gut rechtfertigen.
Weil auch die Laufzeit der Kernkraftwerke befristetst.
Herr Kollege Poß, wir werden in den nächsten Tagennd Wochen das Energiekonzept der Bundesregierungnd der Koalition insgesamt mit großer Intensität disku-ieren. Sie werden dann ziemlich viel Mühe haben, Ar-umente zu finden, die dagegensprechen, dass diesesnergiekonzept das wahrscheinlich ehrgeizigste und ef-izienteste beim Umstieg auf regenerative Energien ist.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010 5911
Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble
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– Ich hoffe, dass der Bundeshaushalt 2011 und die Poli-tik der Bundesregierung, der christlich-liberalen Koali-tion insgesamt zum Renner werden, nicht nur bei You-Tube.
Ich will in diesem Zusammenhang auch darauf hin-weisen, dass ich es trotz der öffentlichen Diffamierung,die in dieser Frage betrieben worden ist, für richtig halte,dass wir mit den Betreibern von Kernkraftwerken, mitden Energieversorgungsunternehmen – –
– Ach, „Deal“ klingt so negativ.
– Herr Kollege Trittin, wenn ich mich richtig erinnere,haben auch Sie einmal einer Bundesregierung angehört.
Ich erinnere mich dunkel, dass Sie mit der Energiewirt-schaft damals eine vertragliche Vereinbarung getroffenhaben.
– Ich reagiere ja gern auf Ihre Einwände, aber nicht,wenn das zu einer Dauereinrichtung wird.
Ich muss auch noch die Chance haben, Ihnen den Haus-halt darzulegen.
Ich will in großer Ruhe und mit großer Klarheit sa-gen: Über die Kernbrennstoffsteuer, die Sache des Ge-setzgebers ist, wird nicht verhandelt.
Über zusätzliche Sicherheitsauflagen,
die Sache der Politik sind und die nicht vorhanden wa-ren – ––rKWurmzzlndugnmedf–ddRgdnSwkKszanSWka
Es waren doch Sie, die Sie in Ihrer Ausstiegsvereinba-ung auf jede zusätzliche Sicherheitsmaßnahme fürernkraftwerke verzichtet haben!
ir haben sehr darauf gedrängt – wir sind froh, dass esns gelungen ist, dies auch zu erreichen –, die Vereinba-ung zu erzielen, dass die Energieversorgungsunterneh-en im Zusammenhang mit der Verlängerung der Lauf-eit von Kernkraftwerken im Hinblick auf den Übergangu regenerativen Energien einen zusätzlichen Beitrageisten. Das ist ein großer Erfolg. Es gibt überhauptichts, was daran zu diffamieren ist. Ganz im Gegenteil,as ist der richtige Weg, und es ist das beste, ehrgeizigstend effizienteste Programm für den Umstieg in der Ener-iepolitik.
Aber dafür brauchen wir Zeit. Das kann man nicht in-erhalb eines Jahres verändern, sondern dafür brauchtan einen langen Atem. Insofern bildet die Kernenergieine Brücke, um den Umstieg in der Energiepolitik inen nächsten Jahrzehnten gesamtwirtschaftlich zu schaf-en. Das ist die Politik der Bundesregierung.
Schauen Sie: Das Prinzip der freien Rede gilt sogar füren Bundesfinanzminister bei der Einbringung des Bun-eshaushalts.
egen Sie sich nicht auf! Die Herausforderung, die wiresamtwirtschaftlich zu bewältigen haben, ist so groß,ass wir alle Kräfte brauchen, um auf diesem guten Wegachhaltig und konsequent voranzuschreiten.
Wenn wir auf dem Weg der Reduzierung der zu hohentaatsverschuldung, so wie ich ihn beschrieben habe undie er in der mittelfristigen Finanzplanung angelegt ist,onsequent voranschreiten, dann, liebe Kolleginnen undollegen, gewinnen wir auch zusätzliche Handlungs-pielräume für die Politik; darum geht es. Bei der Redu-ierung der zu hohen Defizite nehmen wir unsere Ver-ntwortung für unsere Kinder und Enkel wahr. Dennachhaltige Politik heißt: Man darf nicht immer höherechulden auf die kommenden Generationen abwälzen.
ir nehmen außerdem unsere Verantwortung für dieünftige Handlungsfähigkeit von Politik und Staat aufllen Ebenen – Bund, Länder und Kommunen – wahr.
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5912 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010
Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble
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Wenn Sie erst einmal in der Lage wie andere Länder– auch in Europa – sind, dass Sie zu ganz anderen Ein-schnitten in die Finanzpolitik kommen müssen, dann istdas der Beweis dafür, dass Sie den Handlungsspielraumfür politische Gestaltung in den zurückliegenden Jahrenverspielt haben. In diese Situation wollen wir inDeutschland nicht kommen, und in diese Situation wer-den wir auch nicht kommen, wenn wir die Politik derBundesregierung und der christlich-liberalen Koalitionkonsequent weiterführen.
Diesen Spielraum erweitern wir und nutzen wir auch.Wir nutzen ihn nicht nur für das modernste Energiekon-zept, sondern wir nutzen ihn auch für Steuervereinfa-chungen. Dafür haben wir in den ersten Jahren nur einenbegrenzten Spielraum. Hier arbeiten wir übrigens inten-siv mit den 16 Finanzministern aller 16 Bundesländerzusammen. Es besteht die grundsätzliche Übereinstim-mung, dass wir uns in den ersten Jahren bei steuerverein-fachenden Maßnahmen auf solche Bereiche konzentrie-ren müssen, in denen wir mit geringen Ausfällen fürBund, Länder und Kommunen rechnen.
– Sie wirken mir ein bisschen wie der Autofahrer auf derAutobahn, der die Meldung hört, es sei ein Geisterfahrerunterwegs, und dann sagt: Was, einer? Hunderte!
Wenn Sie bei dem Thema Steuervereinfachung gegen16 Finanzminister von 16 Bundesländern argumentieren,die ja die Verantwortung für die Steuerverwaltung habenund die Steuergesetze vollziehen müssen, dann müssenSie sich schon überlegen, ob Sie nicht irgendwo eine fal-sche Position haben. Wir setzen die Maßnahmen zurSteuervereinfachung gemeinsam mit den Bundeslän-dern Schritt für Schritt um.
– Herr Kollege Poß, wenn Sie Ihren Kollegen sagen,dass Sie gar nicht dagegen sind, dann haben wir ja schonwieder ein hohes Maß an Übereinstimmung und dannhoffe ich auf Ihre kooperative Mitwirkung.
Prinzipiell sind wir alle für Defizitreduzierung; aberwenn es konkret wird, sind Sie dagegen. – So geht esnicht. Diese Arbeitsteilung funktioniert nicht.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010 5913
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deskanzlerin am 25. März dieses Jahres im EuropäischenRat durchgesetzt hat, dass wir konsequent daran arbei-ten, die Instrumente des Stabilitäts- und Wachstumspak-tes effizienter zu gestalten. Dazu gehört, dass wir bessereKriterien für die Beurteilung entwickeln, ob europäischeVolkswirtschaften, insbesondere solche in der Euro-Zone, diesen Anforderungen gerecht werden oder nicht.Daran arbeiten wir in der Taskforce – so ist das genanntworden –, die unter dem Vorsitz des europäischen Rats-präsidenten den Auftrag hat, zunächst einmal bis Okto-ber die Schritte zu definieren und vorzuschlagen, die wirohne Änderung der europäischen Verträge zustande brin-gen können. Danach reden wir in der zweiten Etappeüber diejenigen Schritte, die eine Veränderung in deneuropäischen Verträgen notwendig machen.Dazu verbessern wir die Transparenz in der Abstim-mung der Haushaltsverfahren innerhalb Europas; dasnennt man Europäisches Semester. Es ist wichtig, dassalle frühzeitig Kenntnis von den Verfahren der anderenerhalten und dass wir als nationale Haushaltsgesetzgeberuns unserer Verantwortung für das Ganze in Europa be-wusst sind. Dadurch wird die Souveränität des Bundes-tages in Haushaltsfragen nicht beeinträchtigt. Aber mehrTransparenz und frühere Abstimmung sind ein Beitragdazu, dass alle ihre Verantwortung besser wahrnehmen.Dazu gehört, dass wir die Kriterien verschärfen, dasswir insbesondere die Wettbewerbsfähigkeit der europäi-schen Volkswirtschaften als ein wichtiges Element derBeurteilung frühzeitig mit einbeziehen, dass wir Instru-mente schaffen, mit denen früher gegen sich abzeich-nende Fehlentwicklungen eingeschritten werden kann– „Early Warnings“ nennt man das –, und dass wir imÜbrigen auch das Instrumentarium der europäischenStrukturfonds dazu nutzen, um die Anreize für stabili-tätsgerechtes Verhalten zu verstärken und um notfallsdurch zeitige erste sanktionsähnliche Eingriffe früher zuKorrekturen zu kommen als erst dann, wenn das Kindgewissermaßen schon im Brunnen liegt. Auch da sindwir auf einem guten Weg. Der Europäische Rat wirdnach meiner festen Überzeugung entsprechende Vor-schläge nach den Vorarbeiten in der Van-Rompuy-Gruppe und durch die Finanzminister im Oktober be-schließen.Wir werden – ich sagte es schon – auch europäischeStrukturfonds in den Katalog möglicher Sanktionen miteinbeziehen müssen. Zudem brauchen wir in einemzweiten Schritt – darüber gibt es in Europa noch keinenvölligen Konsens, aber wir müssen Schritt für Schritt vo-rangehen – Maßnahmen, die nicht ohne eine Änderungder europäischen Verträge zu erreichen sind. Wer bei-spielsweise nichtökonomische Sanktionen, also etwaden Ausschluss von Stimmrechten, vorübergehend ein-führen will, braucht dazu eine Vertragsänderung.
Wir alle sind uns einig: Wir brauchen solche morali-schen Sanktionen, weil die ökonomischen Sanktionenzum Teil nicht mehr richtig wirken, wenn das Defizit ei-nes Landes schon sehr weit fortgeschritten ist. Das istelrdmtkEzDuntrrGaewgvmPVef–usStsnfsgsanzartbtuzdrgMwtb
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5914 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010
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Meine Damen und Herren, das ist notwendig, weilwir längst die Entscheidung getroffen haben – die umge-setzt werden muss und Ende des Monats auch umgesetztwird –, dass Bilanzvolumen in einer Größenordnung vonüber 200 Milliarden Euro aus der HRE in eine Anstaltinnerhalb der Finanzmarktstabilisierungsanstalt ausgela-gert wird.
– Ja, das wird jetzt vollzogen. – Um diesen Prozess ab-zusichern, ist es unvermeidlich, dass die HRE in derÜbergangszeit über zusätzliche Liquidität verfügt. Dazubraucht sie die zeitlich begrenzten zusätzlichen Liquidi-tätsgarantien, die wir am Freitagabend im Lenkungsaus-schuss beschlossen haben. Das war übrigens mit allenRessorts, die in diesem Lenkungsausschuss vertretensind, abgestimmt; es war eine gemeinsame Position.Die Maßnahmen sind aber bis Ende September befris-tet; denn sie sind nur zur Abstützung des Prozesses, dieHRE nachhaltig zu sanieren, notwendig. Das ist erfor-derlich, weil sonst diese Instrumente nicht bei der Zen-tralbank refinanzierungsfähig wären. Aber es ist völligklar: Was wir bei der HRE beschließen mussten, gilt vo-rübergehend und ist zeitlich eng befristet. Es ist eineMaßnahme, um die Sanierung der HRE so, wie gemein-sam verabredet, voranzubringen, nicht mehr und nichtweniger.Aber das zeigt, dass wir in Bezug auf die bessere Re-gulierung unseres Finanzsektors nicht am Ende sind unddass wir in unserem Elan nicht nachlassen dürfen. DieGefahr besteht immer – das gilt in der Haushaltspolitikwie bei zusätzlichen Regulierungen –, dass man, sobalddie Krise ein bisschen überwunden scheint, in den An-strengungen nachlässt, weil man meint, jetzt seien sienicht mehr so notwendig. Das wäre falsch. Gerade weilwir auf dem richtigen Weg sind, muss er konsequentfortgesetzt werden.Wir haben im Übrigen mehr erreicht, als viele in der öf-fentlichen Debatte wahrnehmen wollen. Wir haben die An-reizsysteme in der Bezahlung und Vergütung von Bankma-nagern international wie national – auf dem G-20-Gipfelverabredet und dann in Europa und jetzt in nationaleGesetzgebung umgesetzt – deutlich stärker auf den lang-fristigen Erfolg der Institute begrenzt. Denn solange esAnreize gab, die sich am kurzfristigen Erfolg der Unter-nehmen ausrichten, hat man die Verantwortlichen in dienicht beherrschbare Versuchung geführt, den kurzfristi-gen Erfolg ohne Rücksicht auf die langfristige Tragfä-higkeit zu maximieren. Deshalb ist eine Korrektur beiden Vergütungs- und Anreizsystemen eine notwendigeKonsequenz.Der zweite, genauso notwendige Bereich ist, dass wirdie aufsichtsrechtlichen und die tatsächlichen Möglich-keiten verbessern. Deswegen ist es ein großer Schritt,dass es in Europa gelungen ist, sich auf eine europäi-sche Finanzaufsichtsstruktur zu verständigen. Das hatviele Anstrengungen erfordert. Aber wir haben es ge-schafft. Damit kann die nationale Finanzaufsicht, dienicht ersetzt werden soll, in Krisensituationen vongrenzüberschreitenden, europäischen Dimensionen bes-sFmeAwdzüjdgrsLribhgselwvFwewddtdzienntiDFtgnDqeuw
Das bedeutet im Übrigen im nächsten Schritt, dassir unsere nationale Finanzaufsicht an die neuen Anfor-erungen anpassen müssen. Ich hatte immer gesagt – nurur Erinnerung –: Wir brauchen zuerst die Entscheidungber die europäischen Strukturen – diese werden wiretzt haben; das Europäische Parlament wird sich baldamit befassen; der Finanzministerrat hat dem schon zu-estimmt –; dann können wir gemeinsam prüfen, welcheichtigen Konsequenzen für unsere nationale Finanzauf-ichtsstruktur wir ziehen müssen. Auch das wird imaufe dieses Jahres zum Abschluss gebracht werden.Wir brauchen dann – das ist der nächste wichtige Be-eich; man kann ihn gar nicht hoch genug einschätzen –m Bereich der Eigenkapital- und Liquiditätsvorsorgeei den Finanzinstituten bessere Konsequenzen. Auchier sind wir mit dem Ergebnis, das die Notenbank-ouverneure und die Finanzaufseher am Sonntag in Ba-el erzielt haben – der sogenannte Basel-III-Prozess –,inen großen Schritt vorangekommen. Dabei ist es ge-ungen, die richtige Balance zu finden zwischen der Not-endigkeit einer besseren Eigenkapital- und Liquiditäts-orsorge und der Notwendigkeit, zu vermeiden, dass derinanzsektor nicht mehr in der Lage ist, die stattfindendeirtschaftliche Erholung mit genügend Liquidität undntsprechenden Kreditmöglichkeiten abzusichern. Es istichtig, dass es im Rahmen von Basel III gelungen ist,ie Besonderheiten des deutschen Finanzwesens mit denrei Sektoren – Sparkassenwesen, Kreditgenossenschaf-en und Privatbanken – zu berücksichtigen. Das ist inen Besitzstandswahrungsvorschriften des in Basel er-ielten Ergebnisses gesichert.Ich halte Folgendes für ganz wichtig – das sage ichmmer unseren Kollegen –: Dass Deutschland zurzeitine bessere wirtschaftliche Entwicklung hat, und zwarachhaltig, hat neben anderem mit unserer ausgewoge-en Struktur aus Groß-, Mittel- und Kleinbetrieben zuun. Die mittelständisch orientierte Wirtschaftsstrukturn unserem Land ist einer unserer großen Vorteile.
iese Struktur erfordert einen entsprechend gegliederteninanzsektor. Diesen Zusammenhang zwischen der mit-elständischen Struktur unserer Wirtschaft und der ge-liederten Struktur unseres Finanzsektors sollte manicht übersehen.
as heißt im Übrigen nicht, dass wir nicht auch Konse-uenzen im deutschen Finanzsektor ziehen müssen. Dierheblichen Anforderungen auf der Eigenkapitalseitend an die Liquiditätsvorsorge im Rahmen von Basel IIIerden alle betreffen. Aber diese Anforderungen sind
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010 5915
Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble
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zumutbar und zu bewältigen. Sie werden den Prozess ei-ner Neustrukturierung innerhalb des Finanzsektors eherbefördern. Die Bundesregierung ist entschlossen, ihrenBeitrag im Rahmen unserer föderalen Ordnung – bis hinzum besonders schwierigen Bereich der Landesbanken –zu leisten und den Prozess voranzubringen.
– Die HRE ist immer dabei, Herr Kuhn. Darum brauchenSie sich keine Sorgen zu machen. Das kommt gut voran.
– Das mag sein. Vielleicht befassen Sie sich, HerrTrittin, noch ein bisschen damit. Dann haben Sie einendurch Faktenkenntnis begründeten Eindruck. Dann wer-den Sie ganz unbesorgt sein.
Wir müssen auch den Schutz des Steuerzahlers, dersich in der Krise als der letzte Anker herausgestellt hat,ausbauen und seine hohen Belastungen zurückführen.Deswegen ist die Umsetzung der Restrukturierung fürdie Finanzinstitute ein zentraler Punkt.Das ist uns durch die G-20-Beschlüsse vorgegeben.Wir haben sie durch den Gesetzentwurf zur Restruktu-rierung der Banken umgesetzt. Der Bundestag muss sichnoch intensiv damit befassen. Das sind die Konsequen-zen aus der nicht gegebenen Möglichkeit 2008, systemi-sche Risiken bei der Bankenrestrukturierung zu vermei-den. Deswegen haben wir damals andere Lösungengewählt. Jetzt leisten wir Vorsorge für ein geordnetesRestrukturierungsverfahren, das systemische Risiken imFinanzsektor vermeidet. Dazu gehört im Übrigen auch,dass wir einen Restrukturierungsfonds schaffen, derteilweise durch eine maßvolle, aber systemische Risikenberücksichtigende Bankenabgabe gespeist werden soll.Das ist ein wichtiger Schritt, und wir liegen mit dieserGesetzgebung genau in der Linie, die durch G 20 vorge-geben ist und die jetzt auch in eine europäische Struktureingebettet wird.Es ist gelegentlich kritisiert worden, dass wir als Bun-desrepublik Deutschland in Europa gewissermaßen vor-gegangen wären. Ich sage Ihnen: Wir haben damalsschon in enger Abstimmung mit Frankreich gesagt, dasswir eine europäische Regelung wollen. Aber so eine Re-gelung kommt eher zustande, wenn einige der größerenMitgliedsländer vorangehen, als wenn jeder sich hinterder Aussage versteckt: Sobald es alle machen, machenwir auch mit. Am Ende geschieht dann nichts. Das istein Punkt, den wir sehr im Blick haben müssen.
Dazu kommt im Übrigen, was ich an dieser Stelleschon einige Male gesagt habe: Wir müssen auch die al-ternativen Marktteilnehmer im Finanzsektor der Regu-lierung und der Aufsicht unterwerfen. Das ist ein wichti-gkPdnnFggsnwtrLwESKrudEdknksBeazezsDwRd–B–sjsws
Herr Kollege Poß, das ist in Europa schwer; denn dieereitschaft, das zu unterstützen – –
Hier sind wir gut vorangekommen. Wissen Sie, daschadet auch nichts. Es tut einer Regierung und übrigenseder politischen Partei gut, wenn sie politische Ent-cheidungen erst kritisch diskutiert, bevor sie sie trifft,enn sie nicht sagt: Wir entscheiden das erst einmal undehen dann, ob es richtig ist.
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5916 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010
Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble
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Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wenn wir zulas-sen, dass öffentliche Debatten vor Entscheidungen im-mer als Streit diffamiert werden, dann schwächen wir dieMechanismen der parlamentarischen Demokratie. Daswird diese Regierung nicht tun.
Wir haben nun – auch dazu gibt es einen deutsch-französischen Vorschlag – im Finanzministerrat Anfangdieses Monats zum ersten Mal eine Vorlage der Kom-mission – die hat das Initiativrecht – für eine solcheSteuer in Europa bekommen. Deswegen hatten wir imEcofin im September die erste Debatte über die Initia-tive der Bundesregierung und der französischen Regie-rung. Natürlich haben wir in der ersten Debatte keineeinstimmige Zustimmung für diesen Vorschlag bekom-men. Wer das erwartet hat, hat keinen Bezug zur Wirk-lichkeit. Aber die Diskussion im Finanzministerrat, imEcofin, war sehr viel offener, als man nach den öffentli-chen Erklärungen hätte vermuten können. Deswegenwerden wir an unserem Vorschlag weiterarbeiten. Ichhabe nie behauptet, dass wir sicher sind, dass wir unserZiel erreichen werden. Wir sind nicht allein in Europa.Sie können aber sicher sein – das haben wir auch hier imBundestag versprochen, und das ist die Politik der Bun-desregierung –, dass wir alles daransetzen und alleBemühungen unternehmen werden, um das zustande zubringen. Sie können darauf vertrauen. Wir sind in dieserFrage nicht isoliert, aber wir müssen noch sehr viel da-ran arbeiten.Wenn wir die Konsequenzen aus der Krise ziehen,dann ist folgender Punkt entscheidend – ich will ihn unsnoch einmal ins Gedächtnis rufen –: Wir leben in einerZeit dramatisch schneller und dramatisch tiefgehenderVeränderungen wirtschaftlicher, ökologischer, politi-scher und sozialer Art. Das ist das Kennzeichen der mo-dernen Gesellschaft im Zeitalter der Globalisierung. Ineiner solchen Zeit ist es wichtig, dass wir das Vertrauenunserer Bürger in die Nachhaltigkeit unserer Politik be-wahren. Eine Gesellschaft, die sich ohnmächtig und denVeränderungen ausgeliefert fühlt, wird eher regressiv re-agieren. Wir müssen die Zukunftsfähigkeit unseres Lan-des bewahren und die notwendigen Entscheidungen,über die man im Einzelnen streiten kann, treffen. Wirmüssen unser Land immer wieder infrastrukturell wei-terentwickeln und uns auf veränderte weltwirtschaftlicheRahmenbedingungen einstellen. Das kann nicht bestrit-ten werden. Es ist wichtig, dass die Bevölkerung genü-gend Vertrauen in die Nachhaltigkeit unserer Politikhat, damit wir die notwendigen Veränderungen in unse-rer offenen Gesellschaft konsensfähig gestalten können.Wenn kein Vertrauen vorhanden ist, werden wir das Ge-genteil von dem, was wir wollen, erzielen. Die Rückge-winnung von Vertrauen durch Nachhaltigkeit und Be-ständigkeit unserer Politik ist ein zentrales Element,wenn wir in einer Zeit aufregender Veränderungen Kurshalten wollen.rgG2dFugWddidghsBuecmnzttdRsdifddMwsdilvddsawtrVGäGfERz
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010 5917
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Das, meine Damen und Herren, ist das Leitmotiv derBundesregierung: Veränderung gestalten – auf der Basisfester Werte, aber unter Würdigung dessen, was in derWelt stattfindet. Die Verweigerung der Realität durchideologisch begründete Vorstellungen ist der falscheWeg.
Unser Weg ist, auf fester Basis einen Rahmen für Verän-derung zu geben, die Rahmenbedingungen durch diePolitik so zu gestalten, dass Freiheit, Gerechtigkeit undsozialer Ausgleich in unserem Land auch in der Zukunftmöglich bleiben. Das ist eine große Aufgabe. DerHaushalt 2011, den wir jetzt zu beraten beginnen, leistetseinen Beitrag dazu.
Ich bitte Sie um Ihre Unterstützung.Herzlichen Dank.
Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem
Kollegen Carsten Schneider für die SPD-Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Herr Bundesfinanzminister, wenn man die letzten zehnMinuten Ihrer Rede verfolgt hat,
dann kann man der Financial Times aus der letzten Wo-che nur recht geben: Wolfgang Schäuble wird gerngrundsätzlich, wenn er im mühsamen politischen All-tagsgeschäft mal wieder an seine Grenzen gestoßen ist.
Übersetzt heißt das: Sie, Herr Bundesfinanzminister,philosophieren lieber über Gott und die Welt, als sichden harten Auseinandersetzungen hier und jetzt zu stel-len.Wer Ihre Rede und Ihre philosophischen Ausführun-gen über Vertrauen, Solidität etc. verfolgt hat,
der muss sich doch fragen: Reden Sie eigentlich überden Finanzbereich, den Sie in dieser Regierung seit zehnMonaten vertreten? – Ich habe einen ganz anderen Ein-druck.Begonnen haben Sie im September/Oktober letztenJahres mit einer Diskussion mit der FDP darüber, ob Siedie Schulden, die Sie in diesem Jahr und in der ganzenLegislaturperiode machen werden, noch schnell der al-tSfpSkd1EmLMnehnDJHcikdzÜssaUlavDiWmdhzbtlt
etzt frage ich mich: Bringt das der uns vorliegendeaushaltsentwurf zum Ausdruck?Ich zeige das nur einmal an einem Punkt: Sie spre-hen von einer ökologischen Luftverkehrsabgabe. Dasst jedoch ein Euphemismus. In Wirklichkeit ist das ganzlar eine Steuer, die neu eingeführt wird. Ich finde, wennas so ist, dann soll man dieses Instrument auch so be-eichnen und dazu stehen. Allein das schafft Vertrauen.
ber das Für und Wider dieser Steuer will ich gar nichtsagen. Aber dass Sie jetzt einen anderen Kurs einge-chlagen haben, dass Sie etwas vollkommen anderes tun,ls Sie bisher behauptet haben, wird daran deutlich.Zum Gesamthaushalt kann man insbesondere zweirteile fällen:Erstens. Dieser Haushalt weist eine soziale Schief-ge auf, die die soziale Spaltung in Deutschland weiterertiefen wird.
a muss man sich schon fragen: Wer hat denn die Krisen Deutschland verursacht? Waren das die Arbeitslosen?aren das die Rentner, sodass Sie sich nun herausneh-en können, die Rentenversicherungskasse zu plün-ern? Waren das die Arbeitnehmer, die Sie nun durchöhere Abgaben im Gesundheitsbereich und einen Ver-icht auf die Senkung des Rentenversicherungsbeitragselasten? Ihre Politik führt ja dazu, dass all die Genann-en heute nun die Zeche für die Krise zahlen, die maß-ose Bankiers, Investmentbanker und andere Spekulan-en angerichtet haben.
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5918 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010
Carsten Schneider
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Mit den Maßnahmen, die Sie heute hier einbringen, wer-den nun all die oben Genannten die Zeche dafür bezah-len. Ich werde auch noch im Einzelnen darauf eingehen.Ein weiteres Beispiel zur sozialen Schieflage: Sie,Herr Minister, haben hier vorgetragen, die Wirtschaftwerde stark belastet, der Sozialbereich dagegen nur un-terproportional in Bezug auf den Anteil, den er am Ge-samthaushalt hat. Dazu muss man ganz klar sagen: DieBelastung der Wirtschaft hält sich in mageren bzw. sehrüberschaubaren Grenzen. Was haben wir da?Ein Punkt ist die Luftverkehrsteuer. Wer zahlt die?Zahlen diese die Unternehmen, oder werden diese dieFamilien zahlen, die in Urlaub fliegen?
Die Belastungen hierdurch werden natürlich weitergege-ben. Damit werden die Kunden belastet und nicht dieWirtschaft.
Ein weiterer Punkt ist der in der Sache schon skanda-löse Atomdeal. Hierdurch sollen 2,3 Milliarden Eurozusätzliche Einnahmen erzielt werden. Dies gilt dann alsBelastung der Wirtschaft. Dazu ist zu sagen, dass es sich,nachdem Sie sich das auch wieder aus der Hand habennehmen lassen, Herr Finanzminister, nicht mehr um2,3 Milliarden Euro, sondern nach derzeitigem Stand um1,6 Milliarden Euro handelt. Wahrscheinlich werden esnoch weniger.
So zerbröselt das Sparpaket immer weiter, und die Lü-cke, die Sie in den nächsten Jahren schließen müssen,wird immer größer. Letztendlich handelt es sich nochnicht einmal um eine Belastung der Wirtschaft; dennman muss ja auch sehen, was die Atomkonzerne dafürbekommen: Sie bekommen eine Laufzeitverlängerung,sie bekommen die Lizenz zum Gelddrucken. Von diesenGewinnen sollen sie nun einen kleinen Betrag abgeben.Das ist für die Wirtschaft ein Zugewinngeschäft, aberkeine Belastung.
Die einzigen Maßnahmen, bei denen Sie konkret sindund auf die Sie sich als christlich-liberale Koalition ein-vernehmlich verständigen konnten, sind die Kürzungenbei den Schwächsten der Gesellschaft wie den Arbeitslo-sen. Das ist Fakt. Nichts anderes liegt heute hier auf demTisch.
Zweitens ist zum Gesamthaushalt zu sagen: Sie profi-tieren von der Konjunktur, der positiven wirtschaftli-chen Gesamtentwicklung. Ich sage ganz klar: Überdiese freuen wir Sozialdemokraten uns auch. Wir freuenuns über jeden Arbeitslosen weniger.WdatrrdslnggrgVgzIwtbhDDlrwdß–b2tslrshE
Herr Barthle, Sie können es doch ruhig sagen: Wir ha-en damals die meisten Vorhaben durchgesetzt, aber Sieaben zugestimmt.
eswegen spreche ich Ihnen einen Anteil am Erfolg zu.er Vorschlag der FDP war damals, nichts zu tun und al-es laufen zu lassen. Wenn wir so gehandelt hätten, wä-en wir jetzt in dem Strudel, in dem viele andere Ländereltweit sind.Der Haushalt 2011 ist eigentlich der erste Haushalt,en Sie vorlegen; denn der letzte war noch von der Gro-en Koalition maßgeblich bestimmt.
Sie haben den Haushalt mit der Rekordverschuldungeschlossen, Herr Fricke. – Wenn man sich den Haushalt011 ansieht, dann kann man zu einem ganz klaren Ur-eil kommen: Dieser Haushalt wird der Scheidepunktein, was die wirtschaftliche Entwicklung und den sozia-en Zusammenhang in Deutschland in den nächsten Jah-en angeht. Er ist nichts anderes als ein Handbuch für dieoziale Spaltung in Deutschland. Einen solchen Haushaltaben Sie hier vorgelegt.
Ich sage Ihnen klipp und klar: Wir werden diesemntwurf nicht zustimmen. Wir stimmen zwar der grund-
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Carsten Schneider
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sätzlichen Linie zu, dass wir die hohe Neuverschuldungzurückführen müssen,
weil sie eine Gefahr für die Stabilität unseres Landes ist.Das ist gar keine Frage.
Man muss aber auch ganz klar sagen, dass das, was Siehier vorgelegt haben, nicht dazu führen wird, dass dieBinnenkonjunktur in Deutschland gestärkt wird.
Was machen Sie? Sie haben in den vorherigen Debat-ten immer gesagt, Sie wollen die Sozialabgaben nicht er-höhen. Was ist denn nun tatsächlich passiert?
Sie machen eine eindeutige Klientel- und Lobbypolitik.Respekt an Sie von der FDP dafür, wie Sie mithilfe einerchristlichen Partei die Interessen der Pharmakonzerneund der privaten Krankenversicherung in Deutschlandschamlos durchsetzen. Das spottet jeder Beschreibung.
Die gesetzliche Krankenversicherung bekommt 2 Mil-liarden Euro zusätzlich aus dem Steuerhaushalt. Es sindmittlerweile insgesamt 15 Milliarden Euro.
Aber 1 Milliarde Euro ziehen Sie der gesetzlichen Kran-kenversicherung aus der Tasche, um sie der privatenKrankenversicherung zuzuführen.
– So ist es aber. Ich empfehle dazu die Lektüre der ges-trigen Ausgabe der Berliner Zeitung. Sie sollten sich daeinmal schlaumachen. Wir werden diese Debatte sicher-lich auch noch in der Zukunft führen.Dass Sie die Interessen der privaten Krankenversiche-rung vertreten, ist doch offensichtlich. Das weiß doch je-der. Leugnen Sie es also nicht. Sie bekommen, so glaubeich, Vorzugsprämien. Das ist alles in Ordnung. Aber Siesollten es nicht leugnen.Man muss noch einen zweiten Punkt beleuchten. Ne-ben der sozialen Ausgewogenheit ist auch die Fragewichtig, welche Zukunftsakzente Sie setzen. Herr Bun-desfinanzminister, Sie haben gesagt, Sie würden dieAusgaben für Investitionen steigern. Ausweislich des-sen, was Sie uns vorgelegt haben, muss man sagen, dassdie Ausgaben für Investitionen in diesem Haushalt sin-ken. Ich will nur die erfolgreichen Programme erwäh-nen, die die Bereiche Umweltpolitik und Bau verbindenutsIßhhwwglvssElJdiWedfatdgrbsDDwEIDkDhdlIdsn
ch nenne ferner die Städtebauförderung, die einen gro-en Hebeleffekt für privatwirtschaftliche Investitionenat. Dieses Programm wird ebenfalls rasiert. Was Sieier vorlegen, wird im Endeffekt dazu führen, dass wireniger Wachstum und einen geringeren Beitrag zu um-eltpolitischen Belangen wie zum Beispiel einen gerin-eren CO2-Ausstoß haben.
Ich will noch auf einen Punkt eingehen, der die Unso-idität Ihres Sparpakets deutlich macht. Sie reden immeron 80 Milliarden Euro. Real durch Gesetze untersetztind 40 Milliarden Euro. Die anderen 40 Milliarden Euroind Luftbuchungen. Sie haben in der Finanzplanunginsparungen bei der Bundeswehr in Höhe von 8 Mil-iarden Euro aufgeführt. Bisher kann ich nur feststellen:edes Beschaffungsvorhaben ist teurer geworden. Auchie Auslandseinsätze der Bundeswehr stellen Sie nichtnfrage. Was Sie aber infrage stellen, ist das Konzept derehrpflicht und des Zivildienstes. Das tun Sie allerdingsinzig und allein unter Spargesichtspunkten. Das wirdiesem wichtigen Thema nicht gerecht – inhaltlich undinanziell ebenfalls nicht, weil Sie dadurch die von Ihnenngestrebten Einsparungen niemals erreichen werden.
Dann wollen Sie bei der aktiven Arbeitsmarktpoli-ik so richtig zuschlagen. Sie sprechen davon, dass Sieort Effizienzreserven heben wollen. Worum geht es? Eseht um aktive Arbeitsmarktpolitik, um den Eingliede-ungstitel. Da sind Arbeitslose, die eine berufliche Reha-ilitation, eine Weiterbildung oder einen Lohnkostenzu-chuss erhalten. Diese Leistungen halbieren Sie nahezu.as wird dazu führen, dass die Chance für Arbeitslose ineutschland, wieder in Arbeit zu kommen, geringerird. Dementsprechend wird auch die wirtschaftlichentwicklung in Deutschland darunter leiden.
ch gebe zu: Das haben Sie vorher wenigstens gesagt.ass Sie diesen Kahlschlag mit der Union durchsetzenönnen, hätte ich allerdings nicht für möglich gehalten.as zeigt nur, dass wir früher das Schlimmste haben ver-indern können.
Ich habe zu Beginn gefragt: Sind die Arbeitsloseniejenigen, die die Zeche zahlen? Ja, sie müssen sie zah-en. Sind es diejenigen, die die Krise verursacht haben?ch meine, nein. Die Frage ist: Leisten diejenigen, dieie Krise zu einem Großteil mit verursacht haben, indemie über Jahre extreme Gewinne gemacht haben, bei de-en moralisches Verhalten keine Rolle mehr gespielt hat,
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5920 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010
Carsten Schneider
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irgendeinen Beitrag? Ich kann da nichts finden, keinenhöheren Spitzensteuersatz,
keine Vermögensbesteuerung, keine wirklich solide Durch-setzung einer Finanztransaktionsteuer auf europäischerEbene, nichts. Hier gibt es ganz klar eine soziale Schief-lage und Klientelpolitik. Dies ist für Deutschland kein gu-ter Haushalt.
Diese Koalition ist sich nur einig – da geht sie sonn-tags sogar arbeiten –, wenn sie für die AtomkonzerneMilliarden herausholen kann, um sie montags bis frei-tags bei den normalen Arbeitnehmern wieder einzusam-meln. Das ist die Wahrheit in diesem Land.
Wir werden Änderungsvorschläge einbringen, wie zumBeispiel die Einführung eines gesetzlichen Mindestloh-nes, der Mehreinnahmen von mindestens 5 MilliardenEuro bringt, wie die Vermögens- und Kapitalbesteuerung,die ebenfalls zu Mehreinnahmen führt. Wir werden Ihnenzeigen, dass man solide Haushaltsführung und sozialeGerechtigkeit in Deutschland miteinander verbinden undgleichzeitig wirtschaftliches Wachstum generieren kann.Meine Damen und Herren, ich bin gespannt auf die Bera-tungen.
Nächster Redner ist der Kollege Dr. Michael Meister
für die CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Es ist bemerkenswert, in welcher Weise sich dieSozialdemokratie in Deutschland von ihrer eigenen Poli-tik distanziert. Wir haben eben gehört, was für Fehlent-wicklungen wir in der Finanzwelt haben. Wir sind unsdarüber einig, dass diese stattgefunden haben. Wir sinduns auch darüber einig, dass diese korrigiert werdenmüssen. Aber wir dürfen doch auch einmal die Fragestellen, wer mehr als ein Jahrzehnt die Finanzmarktpoli-tik in diesem Lande gestaltet hat.
Herr Schneider, warum haben Sie die Erkenntnisse,die Sie hier vortragen, nicht umgesetzt? Wir tun es jetzt.
Der Bundesfinanzminister hat die Maßnahmen sehr kon-kret benannt und damit deutlich gemacht, wie wir zu einerneuen Verantwortungskultur kommen und diejenigenitWzkntlZNSw–ztRbbAdbsAuidwfdDrttllfd
Zum Zweiten, lieber Herr Poß, will ich einmal fragen:ollen wir als Bundesrepublik Deutschland, was die So-ialpolitik angeht, in dieselbe Lage wie Griechenlandommen? Griechenland ist nicht mehr in der Lage, dieotwendigen Leistungen für die Schwächsten und Ärms-en im Lande zu erbringen. Ich sage Nein.
Deshalb müssen wir den Sozialstaat nachhaltig hand-ungsfähig halten. Dies bedeutet, dass wir zur rechteneit Konsolidierung betreiben, damit der Staat in derot den Ärmsten helfen kann. Das ist verantwortlicheozialpolitik. Was Sie an dieser Stelle tun, ist unverant-ortlicher Populismus.
Wir geben in diesem Jahr etwa 170 Milliarden Eurodas sind mehr als 50 Prozent des Haushalts – für so-iale Dinge in diesem Lande aus. Das ist relativ, prozen-ual und absolut der höchste Betrag, der jemals in dieserepublik für Soziales aufgewendet worden ist.
Wer dann die These aufstellt, wir würden Sozialabbauetreiben, der hat die Realität nicht wahrgenommen undetreibt Populismus. Er ist aber nicht an Lösungen undntworten für die Zukunft dieses Landes interessiert.
Ich will eine weitere Bemerkung machen. Sie habenie Arbeitslosen angesprochen. Ja, die Arbeitslosigkeitereitet uns die größte Sorge in diesem Land. Wir müs-en mehr Menschen in Arbeit bringen. Aber das ist dientwort: Wir wollen nicht Arbeitslosigkeit verwaltennd die Menschen in dieser Situation pflegen, sondernhnen Perspektiven eröffnen, sie aktivieren, damit sie auser Arbeitslosigkeit herausfinden. Ich glaube, das, wasir in der Krise gesehen haben, ist ein gutes Beispiel da-ür, dass es gelingt. Wir haben nämlich in der Krise eineeutliche Verbesserung der Arbeitsmarktzahlen erreicht.aran wollen wir weiterarbeiten, nicht an der Verwah-ung von Arbeitslosen in der Arbeitslosigkeit.
Jetzt kann man sagen: Das ist eine tolle Politik. – Dasue ich nicht. Ich sage hier ausdrücklich: Das ist eineolle Leistung der Arbeitnehmer. Sie haben nämlich imetzten Jahrzehnt einen wesentlichen Beitrag dazu ge-eistet, dass Arbeit in Deutschland wieder wettbewerbs-ähiger ist. Es ist eine tolle Leistung der Unternehmer,ie in der Krise nicht wie in anderen Ländern einfach
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010 5921
Dr. Michael Meister
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zum Mittel der Entlassung gegriffen haben, sondern ver-sucht haben, ihre Belegschaften zu halten.
Ich sage aber auch einmal: Wir haben gemeinsam – da-mit meine ich durchaus auch die Sozialdemokraten – dieRahmenbedingungen dafür geschaffen, dass diese Ent-wicklung möglich war. Herr Schneider, Herr Poß, des-halb verstehe ich nicht, dass Sie sich von dem distanzie-ren, was Sie im Wesentlichen mit beschlossen und aufden Weg gebracht haben.
Sie sollten eigentlich sagen: Das war eine gute Politik;diese gute Politik muss weitergeführt werden.
Wir freuen uns über die tolle Konjunktur in diesemLand. Wir haben in den vergangenen Jahren immer dieBehauptung gehört, das sei im Wesentlichen unserer tol-len Position als Exportland zu verdanken. Ich will an die-ser Stelle ansprechen: Wir leben nicht nur von den Expor-ten, sondern haben es geschafft, dass dieser Aufschwungein breites Fundament hat, dass er eben auch von der Bin-nenkonjunktur, von der Inlandsnachfrage, getragenwird. Daran müssen wir festhalten. Herr Schneider, wennwir einen Aufschwung haben wollen, der nicht nur ex-portorientiert ist, sondern ein breites Fundament behält,müssen wir zwei Dinge tun:Erstens – ich habe es eben angesprochen –: Perspekti-ven am Arbeitsmarkt schaffen. Wir müssen den Men-schen deutlich machen, dass sie eine Chance haben, ihreeigene Existenz in Deutschland zu verdienen.Zweitens. Wir müssen den Menschen klarmachen,dass der Erwartungswert für künftige Steuer- und Abga-benzahlungen nicht höher ist als die heutigen Zahlungen;denn wenn sie das befürchten müssen, dann konsumie-ren sie nicht, sondern sparen ihr Geld.Deshalb ist eine Politik der Konsolidierung ein we-sentlicher Teil, wenn es darum geht, das Vertrauen derMenschen in den Staat, in die Sozialsysteme zu erhalten.Damit erreichen wir, dass wir nicht nur exportorientiertsind, sondern auch in Zukunft eine gute Inlandsnach-frage haben. Deshalb ist der Haushaltsentwurf richtig; erleistet einen Beitrag dazu, das Vertrauen der Menschenim Inland zu stärken, um damit zu erreichen, dass die In-landsnachfrage erhalten bleibt.
Wir stehen in Deutschland nach der Krise – der Bun-desfinanzminister hat es benannt; ich muss es hier nichtwiederholen – bei Wachstums- und Arbeitsmarktzahlenbesser da als vor der Krise. Unser Haushaltsansatz ver-sucht, auch hier Impulse für die Zukunft zu setzen. Wirführen eben nicht nur eine Konsolidierung durch, son-dern setzen in diesem Haushalt Schwerpunkte bei derZFJugdLWlbssiHDfdiSadsssHhnsdsddeaAZdstag
ir werden diese Politik weiterführen.
Wir haben die automatischen Stabilisatoren wirkenassen. Jawohl, Herr Schneider, das war richtig; das ha-en wir gemeinsam getan. Es ist aber genauso richtig, zuagen: Wenn der Aufschwung wieder da ist, dann müs-en die Programme auslaufen; dann muss natürlich auchm Bereich der Sozialsysteme und der öffentlichenaushalte konsolidiert werden.
a muss ich sagen: Sie haben heute Morgen einen Of-enbarungseid geleistet. Sie haben sich zwar allgemeinazu bekannt, dass es richtig sei, zu konsolidieren; aberch habe jeden konkreten Vorschlag von Ihnen vermisst.ie haben keinen eigenen Vorschlag gemacht. Sie habenuch nicht gesagt, dass die Regierung bei der Konsoli-ierung an dieser oder jener Stelle einen richtigen An-atz verfolgt. Ein allgemeiner Glaubenssatz „Wir müs-en konsolidieren“ reicht aber nicht; man muss dannchon konkret werden.
ier hat die SPD jeglichen Vorschlag unterlassen. Ichoffe, dass die Kollegen der anderen Oppositionsfraktio-en das noch leisten. Herr Schneider, in solch einerchwierigen Lage des Landes kann man es sich auch iner Opposition nicht so einfach machen.
Ich habe eben die Zukunftsfähigkeit des Landes ange-prochen. Wir werden die Investitionshaushalte nicht re-uzieren. Wir werden sehr genau darauf achten, dass wirie Ausgabenreduzierung, die notwendig ist, so aussteu-rn, dass sie im Wesentlichen im konsumptiven Bereichnsetzt und eben nicht bei den Investitionshaushalten.uch das ist aus meiner Sicht ein Beitrag zum Erhalt derukunftsfähigkeit unseres Landes.Wir freuen uns über die Entwicklung, Herr Schäuble,ie der Haushalt im Jahre 2010 nimmt. Das hat im We-entlichen drei Gründe: Zum einen wurde das Wachs-um, zum anderen wurde die Arbeitsmarktentwicklungngesprochen. Der dritte Grund ist, dass wir trotz anstei-ender Staatsverschuldung geringere Aufwendungen
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Dr. Michael Meister
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für die Staatsverschuldung haben, also geringere Zinsenzahlen müssen. Das hat etwas damit zu tun, dass manuns auf den Kapitalmärkten der Welt glaubt, dass wir einverlässlicher Schuldner sind, dass man von uns erwartenkann, dass wir unsere Schulden mit Zins und Tilgung je-derzeit ordentlich bedienen. Unsere Diskussion über dieFinanzplanung 2011 sowie die mittelfristige Finanzpla-nung wird von den Kapitalmärkten sehr genau beobach-tet. Sie werden uns nur so lange die günstige Refinanzie-rung gewähren und uns dadurch in unseren BemühungenEntlastung verschaffen, solange wir glaubwürdig dar-stellen, dass wir die Konsolidierungsanstrengungen voll-bringen. In der Sekunde, in der von uns das Signal aus-gesendet wird, dass wir in unseren Anstrengungennachlassen, werden wir in eine Spirale der Verteuerungunserer Staatsschulden geraten, die kein Parlament auf-fangen kann.
Wir müssen klare Signale setzen und dürfen keine Irrita-tionen aussenden.
Ich will darauf aufmerksam machen, dass wir nebender Zinsentwicklung ein weiteres hohes Risiko haben,nämlich die demografische Entwicklung in unseremLand. Sie wird dazu führen, dass das Konsolidieren desHaushaltes schwieriger wird. Da ist es sehr einfach, dasssich Herr Schneider einen schlanken Fuß macht. Er hatdas Thema nicht angesprochen. Die Sozialdemokratenschließen die Augen vor der Frage, wie unser Land mitder demografischen Entwicklung umgehen soll.
Sie haben damals in der Regierung mit entschieden – Ihrdamaliger Arbeitsminister hat das vorschlagen –, ob derdemografischen Entwicklung bis 2029 ein Rentenein-trittsalter von 69, Entschuldigung, 67 Jahren, zu be-schließen.
– Ja, weil ich 2029 gesagt habe. Regen Sie sich ruhig da-rüber auf. – Sie machen sich einen schlanken Fuß, indemSie sagen: Die demografische Entwicklung findet zwarstatt, aber unsere populistische Antwort lautet: Das, wasbeschlossen wurde, ist nicht notwendig. Das ist keineverantwortungsbewusste Antwort auf die Fragen der Zu-kunft, sondern das ist purer Populismus und Opportunis-mus. Dafür werden Sie in Deutschland keine Zustim-mung bekommen.
Mit unserem Ansatz liegen wir richtig, um auch inter-national deutlich zu machen – Herr Schäuble hat es ge-sagt: Man soll nicht nur anderen kluge Ratschläge ge-ben, sondern man sollte selbst mit gutem Beispielvorangehen, sowohl was den Stabilitäts- und Wachstums-pakt als auch die Einhaltung der selbst gesetzten Schul-denbremse betrifft –: Die Schuldenbremse und der Sta-bgdlRuueguhdrmEFeigbdnEidzwthtWgAtdSNBaarbIfn
atürlich klingt es toll, wenn man sagt: Man muss dieelastung hochfahren. – Das kann man locker fordern,ber man muss sich auch die Frage stellen, wie die Re-ktionen darauf ausfallen. Wird das tatsächlich dazu füh-en, dass unser Staat in seiner Gesamtheit leistungsfähigleibt?
ch glaube das nicht. Ich glaube, dass das zu Reaktionenührt, die den Armen und Ärmsten in unserem Landicht helfen.
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Dr. Michael Meister
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Lassen Sie mich eine letzte Bemerkung machen. Wiralle wollen Klimaschutz. Darüber sind wir uns einig;darüber gibt es in diesem Haus keinen Streit. Man musssich überlegen, wie man das so umsetzt, dass es wirt-schaftspolitisch vernünftig ist, dass wir wettbewerbsfä-hig bleiben und im Bereich Klimaschutz in Zukunftmöglicherweise Exporterfolge erzielen können. Auf deranderen Seite muss man sich die Frage stellen: Wie kanndie Wirtschaft die Auswirkungen verkraften, und wiekönnen die Energiepreise – das ist die soziale Dimension –für die Menschen bezahlbar bleiben? Ich glaube, dassdie Bundesregierung ein wegweisendes Konzept vorge-legt hat, das die Punkte Klimaschutz, soziale Energie-preise, wirtschaftspolitisch vertretbare Energiepreise undVersorgungssicherheit in vernünftiger Weise zusammen-bringt. Deshalb ist das nicht nur eine Veränderung unse-rer energiepolitischen Ausrichtung; es geht nicht nur umdas Erreichen von Klimaschutzzielen. Vielmehr ist esauch ein Beitrag zur Sozialpolitik und zur Arbeitsmarkt-politik in diesem Land. Auch das steckt in diesem Kon-zept.
Deshalb bitte ich Sie, sich nicht zu verweigern, son-dern mitzumachen. Das ist notwendig, wenn Sie IhreAussagen zu einer wirklich sozialen Politik für die Men-schen in diesem Land selbst ernst nehmen. Ich glaube,wir sollten uns in aller Ruhe und Gelassenheit den Bera-tungen des Haushalts zuwenden. Wir sind offen für alleinhaltlichen Anregungen, die uns auf dem Weg aus derKrise weiterbringen, die dazu beitragen, Deutschlandbesser zu positionieren. Die Kollegen aus der Koalitionsind sehr aufgeschlossen.Dem Bundesfinanzminister will ich für die Vorberei-tungen danken. Das, was uns vorliegt, ist aus meinerSicht eine sehr gute Grundlage, auf der wir unsere Auf-gabe in 2011 und den Folgejahren angehen können.Vielen Dank. Ich freue mich auf die Haushaltsbera-tungen.
Die Kollegin Dr. Gesine Lötzsch ist die nächste Red-
nerin für die Fraktion Die Linke.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Meine sehr geehrtenDamen und Herren! Sie, die Mitglieder der Bundesregie-rung, haben in Ihrem Amtseid geschworen, dem Land zudienen und Schaden von ihm abzuwenden. Aber genaudas Gegenteil geschieht. Jüngstes Beispiel: Im Wind-schatten der Sarrazin-Debatte werden der Hypo Real Es-tate 40 Milliarden Euro neue Bürgschaften in die Handgedrückt. Dass die Bundesregierung kein Interesse daranhat, die Finanzkrise aufzuarbeiten, ist inzwischen allge-mein bekannt. Aber dass auch die zuständigen Abgeord-neten ihre Kontrollaufgaben nicht wahrnehmen, das istmehr als erklärungsbedürftig.mwwsMsdpSiDhhtSFWHSrdhrBGgsLSbwrcaLndmn3
arum fordern wir als Linke: Endlich ein Ende der Ge-eimpolitik dieser Bundesregierung! Denn diese Ge-eimpolitik widerspricht den Grundregeln der Demokra-ie.
Es ist doch absurd, dass die Koalition hier in größterelbstzufriedenheit auf die Konjunktur schaut und dieDP schon wieder Steuersenkungen verspricht. Dieirtschafts- und Finanzkrise hat riesige Löcher in dieaushalte des Bundes und der Länder gerissen, sodasschulen nicht saniert, Kitas nicht gebaut, Straßen nichtepariert und Bibliotheken geschlossen werden. Das istas Gegenteil von Generationengerechtigkeit und Nach-altigkeit.
Der größte Skandal ist allerdings, dass diese Regie-ung die Haushaltslöcher wieder nicht mit dem Geld deranker und Spekulanten stopfen will, sondern mit demeld der normalen Steuerzahler. Ich kann Ihnen dasanz einfach erklären: Schaut man sich den Haushalt an,tellt man fest, dass er in zwei Teile zerfällt, in einenobbyteil und in einen Kürzungsteil. Wenn Sie, Herrchäuble, hier die Einschnitte für Empfänger von Ar-eitslosengeld mit dem Lohnabstandsgebot begründenollen, dann kann ich Ihnen nur sagen: Es gibt ein ande-es, viel besseres Mittel: Führen Sie endlich den gesetzli-hen Mindestlohn in Deutschland ein! Dann haben wiruch keine Diskussionen mehr über das sogenannteohnabstandsgebot.
Ich werde Ihnen einige Beispiele zu den Kürzungenennen, damit Sie in aller Deutlichkeit hören, was Sie inen Haushalt geschrieben haben. Nach Ihren Planungenuss zum Beispiel eine alleinerziehende Mutter mit ei-em Kind mit Einkommenseinbußen von bis zu2 Prozent rechnen. Stellen Sie sich einmal vor, Herr
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5924 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010
Dr. Gesine Lötzsch
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Ackermann müsste auf 32 Prozent seines Einkommensverzichten. Jede Regierung, die das vorschlagen würde,würde mit Großanzeigen aus dem Amt gefegt werden.Wir sind ja in unseren Forderungen bescheidener. Wirfordern nur eine fünfprozentige Vermögensabgabe fürMillionäre, und zur Finanzierung der Krisenkosten for-dern wir außerdem eine Finanztransaktionsteuer undeine Bankenabgabe. Die Bundesregierung hat es zweiJahre nach dem Ausbruch der Finanzkrise immer nochnicht geschafft, die Banken und Spekulanten zur Kassezu bitten. Ich denke, eigentlich wollen Sie das nicht. Wirhaben da eine andere Auffassung: Die Verursacher derKrise müssen zur Kasse gebeten werden und nicht dienormalen Menschen.
Wir sehen ja, dass diejenigen die Krise bezahlen sol-len und müssen, die noch nie am Tisch der Bundeskanz-lerin gesessen haben und dort auch nie sitzen werden.Das Elterngeld für Arbeitslose soll ersatzlos gestrichenwerden. Der befristete Zuschlag für Arbeitslosengeld-II-Empfänger soll genauso ersatzlos wegfallen wie dieRentenversicherungsbeiträge für Langzeitarbeitslose.Die Forderung, den Heizkostenzuschuss für Wohngeld-empfänger auf die Streichliste zu setzen, ist nach demletzten langen, harten Winter besonders zynisch undzeigt Ihre Politik in aller Deutlichkeit. Dieser stellen wiruns entgegen.
Um die Zahlen einmal ein bisschen ins Verhältnis zusetzen: In der Summe sind das knapp 2,6 MilliardenEuro, die die sogenannte christlich-liberale Koalitionden Menschen nimmt, die nun wirklich keine Schuld ander Finanzkrise tragen. Ich setze eine andere Zahl dage-gen: Allein die Commerzbank bekam von der Bundesre-gierung in Form von verschiedenen Unterstützungsmaß-nahmen das Zehnfache der genannten Kürzungssumme.Das ist eine Schieflage, die wir nicht lange hinnehmenkönnen. Darum fordern wir als Linke die Rücknahmealler Sozialkürzungen und endlich eine Aufstockungdes Arbeitslosengeld-II-Satzes, zuallererst für Kinder, sowie es das Bundesverfassungsgericht vorgeschriebenhat.
Ich komme jetzt zum Lobbyteil des Haushaltes.
Dieser Lobbyteil des Haushaltes besteht aus Luftbu-chungen. Eingeplant ist eine Summe in Höhe von2,3 Milliarden Euro für die Kernbrennstoffsteuer. Ichsage Ihnen: Das ist eine Luftbuchung. Eingeplant habenSie eine Energiesteuer für stromfressende Industrie.Auch das ist eine Luftbuchung. Sie haben eine Finanz-transaktionsteuer eingeplant. Auch diese wird nicht um-gesetzt werden. Das ist nach einem Jahr so gut wie ge-wiss. Das alles sind Luftbuchungen. Der Finanzministerhat gegen die Lobby verloren. Ich habe allerdings denEsdigdksslrsOwwwdsdntzzpnngdwcgwdbDnßmsTndr
Das Haushaltsprinzip dieser Regierung lautet: Voren Lobbys einknicken, nach oben katzbuckeln undach unten treten. Für diese Politik sind Sie nicht beauf-ragt. Wir als Linke werden dieses Prinzip niemals ak-eptieren.
Die Linke will aber nicht nur die Krisenverursacherur Kasse bitten, sondern wir sehen auch große Einspar-otenziale im Haushaltsentwurf der Bundesregierung.Ich komme zu einem Beispiel. Der Verteidigungsmi-ister hat eine Bundeswehrreform vorgeschlagen, dieachweislich kein Geld spart, dafür aber – das bitte ichenauer zu beachten – klar regelt, wer in Zukunft aufen Schlachtfeldern sterben soll. Herr zu Guttenbergill aus der Bundeswehr eine Freiwilligenarmee ma-hen, um angeblich die Wehrungerechtigkeit zu beseiti-en. Doch das Gegenteil ist der Fall. Die Bundeswehrird zu einer Hartz-IV-Armee umgebaut. Wer sich Stu-iengebühren leisten kann, der darf studieren. Wer ar-eitslos ist, darf weltweit sein Leben aufs Spiel setzen.as ist ein Verständnis von Wehrgerechtigkeit, das wiricht teilen, meine Damen und Herren.
Richtig Geld sparen kann man nur, wenn man die gro-en Rüstungsprojekte streicht. Beispiele haben wir im-er wieder vorgetragen, und immer mehr Menschentimmen dem auch zu. Ich denke an den Eurofighter, denransporter A400M und an das völlig überalterte undicht funktionierende Raketensystem MEADS. Außer-em denken wir natürlich auch an den milliardenschwe-en Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010 5925
Dr. Gesine Lötzsch
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Meine Damen und Herren, dieses Geld wäre als Ent-wicklungshilfe besser angelegt. Doch genau da wollenSie merkwürdigerweise streichen. Sie wollen Geld zurBekämpfung von HIV/Aids und Malaria streichen. Dasist zynisch. Das ist keine Hilfe. Das ist eine Beleidigungder Menschen.
Fazit. Diese Regierung wird immer mehr von mächti-gen Lobbyisten der Atom-, Rüstungs- und Pharmaindus-trie gesteuert. Augenscheinlich sind Sie auch noch stolzdarauf. Sie haben jedes Gefühl für die Menschen und dieBeziehungen zu ihnen verloren. Diese Regierung setztnicht darauf, gemeinsam mit dem Großteil der Bevölke-rung etwas zu erreichen und zu verbessern, sondern siesetzt auf Ausgrenzung und auf die Privilegierung einerHandvoll von Superreichen. Das – damit komme ichzum Anfang zurück – widerspricht eklatant dem Amts-eid, den Sie alle vor dem deutschen Parlament geschwo-ren haben. Erfüllen Sie Ihren Eid, und brechen Sie ihnnicht, meine Damen und Herren!
Das Wort erhält nun der Kollege Otto Fricke für die
FDP-Fraktion.
Geschätzter Herr Präsident! Meine Damen und Her-ren! Eine alte Weisheit lautet: Spare in der Zeit, dannhast du in der Not. Wenn wir uns klarmachen, was dieAufgabe in diesem Jahr und in den nächsten Jahren ist,dann heißt es: Spare in der Zeit! Denn keiner von unsweiß, wie sich das alles in den nächsten Jahren weiter-entwickelt. Das ist eine Verantwortung, die wir wahrneh-men. Es mag Kritik daran geben – manche eher pole-misch vorgetragen –, aber an den Zahlen orientiert istdoch das, was wir machen, für zukünftige Generationennotwendig.Diese Koalition spart. Sie spart auf eine Art undWeise, wie es Vorgängerregierungen fast nie gelungenist. Sie stabilisiert, und nur daran kann man Sparen er-kennen. Für Sie von der Opposition bedeutet Sparen grö-ßere Einnahmen und in der Folge ein geringeres Defizit.Für uns bedeutet Sparen einen Verzicht auf Ausgaben.Das ist der Unterschied zwischen einer christlich-libera-len Koalition und Ihrer Auffassung.
Wie war es denn in der Vergangenheit? Sie habendoch immer wieder gesagt: Dafür müssen wir mehr Geldhaben, dafür müssen wir mehr Geld haben, und dafürmüssen wir mehr Geld haben. – Was haben Sie am Endemachen müssen? Steuern erhöhen, Abgaben erhöhen,Beiträge erhöhen. Das war am Ende immer Ihr Ergebnis.Sie machen eine Politik – und schlagen diese leider auchheute wieder vor –, die besagt: Wir wollen lieber beliebtsunMnswrcEkWwHAuLedpbwSsfgEbnjSGmeiblmcgnGnMm
it dem Reduzieren von Ausgaben macht man sichicht beliebt. Mit dem aber, was Sie machen, macht manich auch nicht beliebt, sondern nur beliebig.
Meine Damen und Herren, wenn der Bürger uns fragt,as wir im Haushalt vorhaben, dann geht es doch da-um, dass wir für zukünftige Jahre eine klare Planungssi-herheit haben, damit die Leute wissen, wohin es geht.s geht uns darum – das ist uns allen ja passiert; davonann sich keiner freisprechen –, dass eine Finanz- undirtschaftskrise nicht noch einmal so erhebliche Aus-irkungen auf den Haushalt hat.Auf Folgendes sollten wir noch am meisten stolz sein:at die Finanz- und Wirtschaftskrise in dem Maßeuswirkungen auf unsere Bürger, auf unsere Rentnernd unsere Arbeitslosen gehabt, wie dies in anderenändern der Fall gewesen ist? Schauen wir uns das dochinmal an. Haben wir die Renten gekürzt, wie dies in an-eren Ländern der Fall war? Nein. Ist in unserem Spar-aket eine Kürzung der Renten vorgesehen? Nein. Ha-en wir bei der Arbeitslosenversicherung gekürzt? Nein,ir haben es nicht gemacht. Haben wir die Hartz-IV-ätze gekürzt? Nein, wir haben es nicht gemacht. Werind diejenigen, die die Krise in den vergangenen Jahreninanziell getragen haben und in zukünftigen Jahren tra-en müssen? Diejenigen, die dafür sorgen, dass der Staatinnahmen hat: Unsere Steuerzahler, die wir dringendrauchen, haben die Kosten dieser Krise zu tragen.Weil Sie immer davon reden, dass die Unternehmerichts damit zu tun haben, sage ich Ihnen: Wenn wiretzt die Neuverschuldung abbauen, Stück für Stück undchritt für Schritt, mit einer klaren Perspektive und aufrundlage dessen, was uns die Verfassung vorgibt,eine Damen und Herren, dann trägt der Steuerzahlerinen wesentlichen Teil dazu bei. Der Unternehmer, dern der Finanzkrise keine Einnahmen hatte und darumangen musste, dass sein Unternehmen diese Krise über-ebt, ist derjenige, der durch seine Steuerzahlungen jetztit dafür sorgt, dass für zukünftige Generationen ausrei-hend Geld da ist. Das haben Sie aber völlig aus den Au-en verloren. Das sehen Sie nicht. Das wollen Sie auchicht wahrhaben. Sie wollen den Menschen noch mehreld wegnehmen. Das, was Sie an dieser Stelle tun, isticht verantwortbar.
Warum machen wir das? Der Bürger fragt sich doch:üssen die das denn gerade jetzt so machen? Da mussan ganz klar sagen: Wir müssen die Verfassung einhal-
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5926 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010
Otto Fricke
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ten. Ich frage einmal in Richtung der Opposition: WollenSie die Schuldenbremse einhalten oder nicht? WollenSie das? Sind Sie wirklich fest dazu entschlossen?
Herr Kollege Fricke, da sich der Kollege Carsten
Schneider ohnehin zu einer Zwischenfrage gemeldet hat,
wäre das ja vielleicht eine schöne Gelegenheit, auch Ihre
Frage gleich mitzubeantworten.
Ja, das wäre schön.
Bitte schön, Herr Kollege Schneider.
Herr Kollege Fricke, Sie sind eben auf die Problema-
tik der Schuldenbremse eingegangen und haben gesagt,
dass Sie sie einhalten wollen. Wir wollen das natürlich
auch.
Ach, wirklich?
Ich frage Sie nur – das ist eine wichtige Frage –, was
für Sie die maßgebliche Bezugsgröße ist. Wie wir wis-
sen, haben Sie, Herr Bundesfinanzminister Schäuble,
den Ausgangspunkt für den Abbaupfad der Kreditauf-
nahme zu Beginn auf das Haushaltssoll 2010 festgelegt.
Sie haben das dann geändert – ich unterstütze das –,
Aha.
– und zwar auf den Juni 2010, auf das voraussichtli-
che Ist vom Juni 2010. Jetzt sehen wir, dass sich die kon-
junkturelle Lage deutlich verbessert. Gegen Ende dieses
Jahres werden wir wahrscheinlich bei einer Nettokredit-
aufnahme von circa 50 Milliarden Euro landen. Weil wir
das erste Mal in diesem Parlament mit der Schulden-
bremse umgehen und dies für die nächsten Jahre stil-
bildend sein wird, stellt sich mir die Frage: Welchen
Ausgangspunkt wird uns die Koalition im November
vorlegen, die voraussichtliche Entwicklung im Novem-
ber oder die im Juni? Das ist für die Abbauschritte in den
nächsten Jahren nämlich maßgeblich.
Welche ist für Sie maßgeblich?
Die im November.
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ir versuchen, unterhalb dieser Linie zu bleiben. Des-egen kommt es auf eine einzige Frage an: Sind Sie be-eit, eigene konkrete Vorschlägen zu unterbreiten, wieir es schaffen können, unterhalb dieser Grenze zu blei-en?
ch sage Ihnen: In Ihrer Rede habe ich das nicht gehört.
Die nächste Frage lautet: Für wen machen wir das ei-entlich? Wir machen das für diejenigen, die Sozialleis-ungen beziehen und einen Anspruch darauf haben, so-ial abgesichert zu sein. Aber wir machen es auch fürukünftige Generationen.Heute hat in Bayern die Schule angefangen. Denchülern, die heute eingeschult werden, muss man sa-en: Wir arbeiten mit einem Instrument, das unange-ehm sein mag, daran, dass sie dieselben Zukunftschan-en haben, wie sie der Kollege Schneider, meineeneration und schon die Generation vor mir in diesemande hatten. Das ist nicht immer einfach. Sparen ist wieine bittere Medizin. Sie schmeckt bitter; man muss sieegelmäßig nehmen; aber am Ende ist man geheilt undergisst sogar, woher die Heilung kam.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010 5927
Otto Fricke
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Zwischen Ihren Worten nach dem Motto „Wir wollenalle sparen“ auf der einen Seite und Ihren Taten auf deranderen Seite gibt es aber einen Unterschied. Das, wasSie wollen, ist keine bittere Medizin. Nehmen Sie dieRücknahme der Rente mit 67, die Erhöhung von Hartz-IV-Sätzen und alle anderen möglichen Geschenke, diekurzfristig nett sind: Das, was Sie machen, ist das süßeGift der Verschuldung, das Sie weiter verabreichen wol-len, und keine Medizin.
Das ist der ganz wesentliche Unterschied.
Das, was Sie hier sagen, hört sich für den Bürger aufden ersten Blick so an wie: Oh, die wollen auch sparen.
Liebe Bürger: Achtet nicht nur auf das, was die SPD hiersagt, sondern schaut, was die SPD mit den Grünenmacht.
Schauen wir uns einfach einmal die beiden Länder an,in denen diese beiden glorreichen Parteien regieren. Siebauen die Neuverschuldung in diesem Jahr nicht ab, wiewir das tun, sondern im Gegenteil: In beiden Ländernbauen sie die Neuverschuldung auf. Um es einmal kon-kret zu machen: In Nordrhein-Westfalen wird die Neu-verschuldung in diesem Jahr um 35 Prozent erhöht.
Das würde bei uns bedeuten, dass wir die Neuverschul-dung gegenüber der Planung auf über 100 MilliardenEuro steigern würden.
Das ist der Unterschied: Sie reden vom Sparen, aber Siemeinen Geldausgeben,
Sie reden von zukünftigen Generationen, aber die Schul-denberge, auf denen unsere Kinder nicht spielen können,machen Sie immer höher.Herzlichen Dank.
Der Kollege Alexander Bonde von der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen ist der nächste Redner.
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Neben der fiskalischen Verschuldung gibt es ja auchine ökologische und eine soziale Verschuldung: Genauiese verschärfen Sie mit dem, was Sie hier als Haushalt011 vorlegen.Sie nutzen nicht die Chance zum Subventionsabbau.n einer Zeit, in der es eine Klimakrise und eine Haus-altskrise gibt, ist es absurd, jedes Jahr weiterhin8 Milliarden Euro für umweltschädliche Subventionenm Bundeshaushalt auszuweisen.Sie nutzen ausschließlich bestimmte Teile des Haus-altes zu Einsparungen und nehmen andere nicht in denlick. Ich frage Sie: Was ist das eigentlich für ein Wirt-chaftsetat, der ein Bauchladen mit Subventionstöpfchenür alle und jeden ist? Was ist das eigentlich für einandwirtschaftsetat, in dem in Zeiten knapper Kassener Export von deutschen Schweinen ins Ausland zumauptziel von neuen Investitionen gemacht wird?
it diesem schwarz-gelben Entwurf werden Sie keinemer wirklich wichtigen Bereiche gerecht.
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5928 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010
Alexander Bonde
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Sie haben ja im Sommer angekündigt, Sie wolltenjetzt mal anfangen, zu regieren.
Man kann sagen: Spät, aber Sie haben es immerhin ge-merkt. – Das Einzige, was Sie in der CDU im Momentaber machen, ist, eine sehr komische, konservativeSelbstfindungsdebatte zu führen.Ich finde, Sie haben wirklich Grund zur Selbstfin-dung. Gucken Sie nur einmal in diesen Haushalt! Ichfrage mich schon: Was ist eigentlich konservativ daran,immer nur bei den kleinen Leuten zu sparen?
Ich frage mich schon: Was ist eigentlich christlich daran,wenn es immer auf die Schwächsten geht und wenn diestarken Schultern nichts zur gesellschaftlichen Verant-wortung beitragen sollen?
Das haben Sie als vermeintlich konservative oder christ-liche Partei wirklich mal zu klären, liebe Union.
Auch in der FDP gibt es jetzt Selbstfindung. Wir kön-nen auch das gut nachvollziehen. Die Fünfprozenthürdelässt immer die eine oder andere Frage aufkommen. Ichfinde, es gibt richtig harte Fragen an Sie: Was ist eigent-lich aus dem Liberalismus in Deutschland geworden,wenn die Politik immer nur nach der Pfeife von ein paarMonopolisten tanzt?
Das ist eine Frage, die die FDP einmal klären muss. Indiesem Haushalt tun Sie es nicht.Ich will von Ihnen schon wissen: Was ist eigentlich li-beral daran, die Stadtwerke plattzumachen, damit denWettbewerb auf dem Energiemarkt wieder völlig auszu-höhlen und den Oligarchen aus RWE, EnBW, Eon undVattenfall die goldenen Löffel hinterherzuwerfen?
Das sind Fragen, die eine liberale Partei, die wieder libe-ral werden will, wirklich klären muss.Kommen wir zum Finanzplan. Da machen Sie inte-ressante Operationen. Der Kollege Fricke hat sich hierbemüßigt gefühlt, über Nordrhein-Westfalen zu reden,wo die schwarz-gelbe Koalition einen richtig schönengetarnten Schuldenberg hinterlassen hat. Wenn man Ih-ren Haushaltsplan anschaut, dann stellt man fest, dassSie für das Jahr 2014 genau das Gleiche machen. Jetztv2nwSJtaDipbat3hh4edndSgbMwsZTnwdegTJvVunWm
chauen Sie einmal, was Sie im Finanzplan vorlegen: Imahr 2014 werden die Zinszahlungen nach den Kalkula-ionen von Herrn Schäuble von heute 40 Milliarden Eurouf dann 50 Milliarden Euro pro Jahr angestiegen sein.as heißt, da werden schon einmal 10 Milliarden Eurom Bundeshaushalt fehlen.Jetzt gucken wir einmal, wie Sie das in Ihrem Finanz-lan für das Jahr 2014 bewältigt haben: Es gibt eine glo-ale Minderausgabe von über 5 Milliarden Euro, alsongekündigte Einsparungen, bei denen keine Idee dahin-er steckt. Sie versprechen, Verwaltungsausgaben von,9 Milliarden Euro einzusparen und auf dem Weg dort-in einmal zu überlegen, wie das gehen könnte. Bis da-in soll die Bundeswehrreform von Herrn Guttenberg,5 Milliarden Euro jährliche Einsparungen bringen,ine Zahl, die er selbst mit seinem optimistischsten Mo-ell heute nicht unterlegen kann.
Wenn Sie heute auf NRW zeigen, dann sage ich Ih-en, Herr Fricke: Sie machen doch das Gleiche hier, in-em Sie der nächsten Bundesregierung schon jetzt einenchuldenberg von 11 Milliarden Euro auf den Tisch le-en und das noch als eine Einhaltung der Schulden-remse verkaufen wollen.
it Verlaub: Das lassen wir Ihnen nicht durchgehen. Sieissen nämlich selbst, welche Lasten Sie in die Zukunftchummeln.
Der Kollege Fricke möchte und darf offenkundig eine
wischenfrage stellen. – Bitte schön.
Kollege Bonde, es ist ein sehr schöner rhetorischerrick, auf das Jahr 2014 hinzuweisen, für das eine Pla-ung besteht, bei der selbst Sie noch nicht genau wissen,as im Jahr 2014 passiert, aber dabei zu verschweigen,ass das, was in Nordrhein-Westfalen stattfindet, nichtrst im nächsten Jahr sein wird. Vielmehr hat die rot-rüne Regierung, die dort erst angefangen hat, mit derolerierung der Linken zu regieren, bereits im erstenahr die Verschuldung um 35 Prozent erhöht.Würden Sie mir nicht zustimmen, dass zu sagen: „Wirerzichten auf Studiengebühren und machen das übererschuldung. Wir geben den Kommunen mehr Geldnd machen das über Verschuldung. Wir geben mehr füreue Behörden aus und machen das über Verschuldung.ir geben noch mehr für Förder- und sonstige Maßnah-en aus und machen das über Verschuldung“,
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010 5929
Otto Fricke
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ein Unterschied gegenüber dem ist, was in diesem Jahran konkreten Einsparungen vorliegt? Würden Sie mirzustimmen, dass, wenn Sie die beiden Haushalte – Bunddieses Jahr und Land NRW dieses Jahr – vergleichen,Sie zu dem Ergebnis kommen, dass der eine die Neuver-schuldung abbaut und Rot-Grün die Neuverschuldungaufbaut?
Lieber Kollege Fricke, als Nordrhein-Westfale wissenSie genau, mit welcher Art von Buchführung da operiertwurde. Ich halte es für richtig, dass die Koalition inNRW zu Beginn ihrer Amtszeit Kassensturz gemachthat. Dies hat Schwarz-Gelb in ihrem Wahn, Ihre Steuer-senkungsforderung bis zur Wahl in Nordrhein-Westfalenüber die Zeit zu retten, fahrlässigerweise nicht gemacht.Das ist genau der Unterschied, und es stellt sich dieFrage: Mache ich mich als neue Regierung glaubwür-dig?
Lege ich die Fakten auf den Tisch, oder glaube ich, dassich den Menschen mit geschönten Zahlen, Tricks, mitSchattenhaushalten und Ähnlichem die Realität aufDauer verstellen kann? Da müssen Sie sich entscheiden,Kollege Fricke. Es ändert nichts daran, dass Sie mit demFinanzplan, den wir heute beraten, die Operation fortset-zen, die Sie in NRW begonnen haben. Dies müssen Siesich vor Augen führen, auch wenn das weh tut. So vielEhrlichkeit haben die Menschen verdient, Herr Kollege.
Der nächste Punkt, Kollege Fricke: Ihr Wirtschafts-minister hat zu der beschriebenen Situation im Jahr 2014gleich angekündigt, dass noch ein paar Schulden dazu-kommen; denn Sie sind wieder in Sachen Steuersen-kungslüge unterwegs. Insofern rate ich zur Vorsicht beider FDP. Ich glaube, eine liberale Selbstfindungsdebattesteht Ihnen besser an, als mit dem Finger auf andere zuzeigen.
Das, was wir heute diskutieren, erinnert ein bisschenan die Nacht-und-Nebel-Aktion, die wir im Zusammen-hang mit der Hypo Real Estate erlebt haben. Da hat dieVorstandschefin der HRE an einem Mittwochnachmittagverkündet, sie sehe schon 2011 den Gewinnkorridorkommen, und nachmittags den Finanzminister aufge-sucht, um 40 Milliarden Euro an Liquiditätsgarantien ab-zuholen. Ich glaube, wir müssen mit dieser Art von Poli-tik aufhören, bei der man vermeintliche Erfolge insFenster stellt, um dann den Menschen hintenherum deut-lich zu machen, dass das Risiko doch bei ihnen gelandetist.Es ist auch absurd, in welcher Art und Weise hier mitdem Parlament umgegangen wurde. Aber das werdenwir später in der extra anberaumten Sondersitzung dis-ksdwvSgewsmSe2Ddwhn2VblsLHzinvnpWcAHdsdWWzzgnIc
Das war die eine nächtliche Mauschelei der Bundesre-ierung. Eine andere haben wir in Sachen Atomenergierlebt. Sie haben bei Nacht und Nebel der Atomenergie-irtschaft Zusatzgewinne garantiert. In der ersten Fas-ung des Haushaltsbegleitgesetzes und Ihrer Einnah-eerwartung für diesen Haushalt, die darauf beruht, sindie davon ausgegangen, dass die Besteuerung von Brenn-lementen in Höhe von 220 Euro pro Gramm Uran,3 Milliarden Euro für den Haushalt einbringen würde.as hat man auf 145 Euro pro Gramm herunterverhan-elt, was angeblich auch 2,3 Milliarden Euro einbringenürde. Dann haben Sie in dem Geheimvertrag nachver-andelt, dass sichergestellt sein muss, dass diese Steuericht erhöht werden darf. Das bringt bestimmt auch,3 Milliarden Euro ein. Diese Abfolge lässt langsam denerdacht aufkommen, dass Sie zum Schluss noch dafürezahlen, dass die Atomkonzerne durch die Laufzeitver-ängerung 100 Milliarden Euro Mehreinnahmen erwirt-chaften.
angsam glaubt Ihnen niemand mehr in dieser Frage,err Schäuble, dass ein relevanter Beitrag der Konzerneur Haushaltskonsolidierung erfolgen soll.Die FDP muss man auch an dieser Stelle fragen: Wasst aus den Liberalen geworden, wenn so drastisch Mo-opole fettgefüttert werden und wie die fette Henne alleserdrängen, was in ihre Nähe kommt? Da müssen Sieoch einmal in sich gehen. So absurd wurde Wirtschafts-olitik in Deutschland noch nie gemacht.
Wir sehen daran, wie Haushaltspolitik gemacht wurde.o große Konzerne und Baugesellschaften dahinterste-ken und 40 Unternehmensvorstände millionenschwerenzeigenkampagnen schalten, gerät bei jedem einzelnenusten eines Konzernchefs die schwarz-gelbe Konsoli-iererfront ins Wanken. Millionen von Schwachen in die-em Land sind Ihnen aber egal. Genau dort schlagen Sieann bei den Kürzungen zu. Für Sie gilt die Leitregel:er es sich nicht leisten kann, in eine gut gedämmteohnung zu ziehen, dem streichen Sie den Heizkosten-uschuss. Die Programme, um diese Dämmungen durch-uführen, streichen Sie ebenfalls. Aber wenn es darumeht, üppige Energiesteuervergünstigungen für Unter-ehmen moderat anzugehen, kneifen Sie vor den Lobbys.hre Prioritätensetzung in diesem Haushalt ist ein peinli-hes Schauspiel.
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5930 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010
Alexander Bonde
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Das wird bei den Sozialmaßnahmen deutlich, zum Bei-spiel beim Elterngeld. Einsparungen in Höhe von400 Millionen Euro sollen von den Schwächsten dieserGesellschaft aufgebracht werden, 200 Millionen Eurovon den Normalverdienern und -verdienerinnen, abernull Euro von den Reichen. Von ihnen wird nicht einCent zu der Konsolidierungsleistung beigetragen. Das istsymptomatisch für die Schieflage, die Sie schaffen.
Der Bundesagentur für Arbeit schieben Sie jetzt dieSchulden zu. Es wird Beitragserhöhungen geben. Auchhier ist wieder die Frage: Wer zahlt das denn? Wir allewissen genau, welche Auswirkungen das hat.Im ökologischen Bereich rasieren Sie alles, was wich-tig ist. Das Marktanreizprogramm für erneuerbare Ener-gien, eine wesentliche Stütze unseres Handwerks, gehenSie massiv an. Die Ausgaben für die Nationale Klima-schutzinitiative werden radikal gekürzt, und die Mittel fürdas CO2-Gebäudesanierungsprogramm kürzen Sie umdie Hälfte.Dieser Haushalt ist kein Aufbruch hin zur Bewältigungder zentralen Aufgaben, die vor uns stehen. Sie haben dieBeantwortung der Frage nach einer ökologischen Moder-nisierung der Gesellschaft aufgegeben und den Atomkon-zernen übertragen. Dieser Haushalt ist kein Auftakt dafür,den sozialen Zusammenhalt in Deutschland zu stärken.
Herr Kollege!
Auch hier haben Sie den Schlüssel zum Kanzleramt
an die Konzernleitungen und die Bestverdienenden wei-
tergegeben. Das ist die Aufgabe, der Sie sich stellen
müssen: Wir werden belegen, dass man die Vorgaben der
Schuldenbremse ökologisch und sozialverträglich ein-
halten kann –
Herr Kollege!
– und dass die Schuldenbremse kein Alibi für So-
zialabbau ist, den Sie betreiben wollen.
Herzlichen Dank.
Der Kollege Stefan Müller hat das Wort für die CDU/
CSU-Fraktion.
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Der Bundeshaushalt für 2011 stellt ein bislang einma-iges Konsolidierungsvorhaben dar.
ir beenden damit die haushaltspolitische Unvernunfter vergangenen Jahrzehnte. Es ist unstrittig: Wenn manich die Schuldenentwicklung der vergangenen Jahr-ehnte anschaut, dann stellt man fest, dass in diesemand permanent mehr ausgegeben wurde, als man vorheringenommen hatte. Übrigens hat die SPD das in derroßen Koalition noch nicht einmal bestritten. Aber viel-eicht haben Sie auch hier Ihre Meinung geändert. Jeden-alls sind die Mehrausgaben in der Vergangenheit immerurch neue Schulden finanziert worden. Wir haben nunit der Schuldenbremse endlich ein Instrument, deminhalt zu gebieten. Letztlich ist die Schuldenbremseichts anderes als die verfassungsrechtlich verankerteflicht zu einer soliden Finanzpolitik und zu einer nach-altigen Haushaltspolitik. Letztlich ist die Schulden-remse damit auch die grundgesetzliche Verankerung fürenerationengerechtigkeit. Aber selbst wenn es rechtlichicht bindend wäre, wäre es politisch notwendig, diesenurs einzuschlagen und von dem abzukehren, was in denergangenen Jahrzehnten in Deutschland stattgefundenat. Allein die Zinsausgaben im Bundeshaushalt machenber 40 Milliarden Euro aus und schränken schon heuteie politische Handlungsfähigkeit massiv ein. Das giltelbstverständlich auch für die Zukunft. So kann es nichteitergehen. Wir sind gerade nachfolgenden Generatio-en schuldig, an dieser Stelle umzusteuern.
Mit dem, was wir vorschlagen und auf den Weg brin-en, legen wir die Messlatte für andere Länder. Ichöchte in Erinnerung rufen, dass wir in diesem Frühjahrehr intensiv um die Stabilität des Euro gerungen ha-en. Das Problem war nicht nur, dass es eine ganzeeihe von Finanzmarktakteuren und Spekulanten gege-en hat, die gegen den Euro gewettet haben. Sie habenetztlich das Problem nur verschärft. Sie waren gewisser-aßen die Brandbeschleuniger. Das eigentliche Problemn der Euro-Zone ist ein ganz anderes. Der eigentlicherandherd ist die immense Verschuldung der Euro-Län-er. Deswegen gilt: Wer die Stabilität des Euro, werährungsstabilität haben möchte, muss auch dafür sor-
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010 5931
Stefan Müller
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gen, dass die öffentlichen Finanzen der Euro-Länder inOrdnung gebracht werden.
Deutschland hat als größte Volkswirtschaft in Europaeine ganz besondere Verantwortung. Wir tun gut daran,mit gutem Beispiel voranzugehen. Wir dürfen nicht nurmit dem Finger auf die anderen zeigen, sondern müssenselber unsere Hausaufgaben machen. Deswegen ist esgut, wenn sich andere Länder in der Euro-Zone bzw. inder EU an dem orientieren, was wir hier auf den Wegbringen; denn wir machen mit der Haushaltskonsolidie-rung Ernst. Dabei wäre es gut, wenn sich nicht nur an-dere Länder in Europa daran orientierten. Es wäre hilf-reich, wenn sich auch Bundesländer wie Berlin oderRheinland-Pfalz an dem orientierten, was wir hier inBerlin machen. Ich finde es unmöglich, dass man sichgerade in diesen Bundesländern mit dem Geld aus ande-ren Bundesländern Dinge leistet, die sich diejenigen, diein den Finanzausgleich einzahlen, nicht leisten können.
Richtig ist auch, dass wir heute schon sehr viel weitersein könnten. An und für sich war bereits für 2011 einausgeglichener Haushalt vorgesehen. Die Finanzmarkt-krise und die Wirtschaftskrise haben uns einen Strichdurch die Rechnung gemacht. Die Konjunkturpakete, diewir in der letzten Wahlperiode auf den Weg gebracht ha-ben, haben viel Geld gekostet, Geld, das im Bundeshaus-halt nicht vorhanden war, weshalb wir neue Schuldenaufnehmen mussten. Wir haben viel Geld in die Handgenommen, um die Wirtschaft zu stabilisieren, und wirhaben viel Geld in die Hand genommen, um Arbeits-plätze zu sichern. 2009 lag die Neuverschuldung bei34 Milliarden Euro; 2010 haben wir eine Neuverschul-dung von 65 Milliarden Euro. Die guten Nachrichten ausder Wirtschaft und die positiven Arbeitsmarktzahlen zei-gen aber, dass dies richtig war, auch um den Preis einerhöheren Verschuldung. Das heißt, der Erfolg gibt uns andieser Stelle recht. Kein anderes Land in Europa hat dieWirtschafts- und Finanzkrise so gut überstanden wie dieBundesrepublik Deutschland. Das ist ein Grund zurFreude. Ich finde, wir können uns mit allen freuen, dieim letzten Jahr noch von Arbeitslosigkeit bedroht warenund heute wieder einen verlässlichen Arbeitsplatz haben.Linke Miesmacherei hilft uns an dieser Stelle nicht wei-ter.
Gut und bemerkenswert ist, dass die Situation, wie wirsie in Deutschland haben, mittlerweile auch internatio-nale Beachtung findet. Führende US-Manager blickenseit Neuestem mit Neid auf Deutschland. Herr Immelt,der Chef von GE, sagt: Deutschland ist das Vorbild. –US-Medien sagen, es sei höchste Zeit, dass man der deut-schen Wirtschaft einigen Respekt einräume. Selbst derrussische Ministerpräsident sagt, Deutschland sei in Eu-rDJkzeBaSgBsgrhweDBzdhlngmDwg–swsnsss–dLipkstF
Nun reicht Sparen allein aber nicht aus. Das Ziel isticht nur, weniger Schulden zu machen. Das Ziel ist, ir-endwann gar keine neuen Schulden mehr aufnehmen zuüssen.
as Ziel ist, irgendwann einmal von den Schulden, dieir haben, etwas zurückzuzahlen. Dass das geht, dafüribt es auf dieser Welt etliche Beispiele.
Bayern ist ein Beispiel; es gibt aber auch andere Bei-piele auf dieser Erde. – Überall dort hat das funktioniert,eil es über einen verhältnismäßig langen Zeitraum wirt-chaftliches Wachstum, niedrige Arbeitslosigkeit und ei-en hohen Beschäftigungsstand gab.Wenn wir in Deutschland in Zukunft eine hohe wirt-chaftliche Dynamik und einen hohen Beschäftigungs-tand haben wollen, dann muss es uns gelingen, dass die-es Land Industrieland bleibt. Dafür ist entscheidendwir werden im Anschluss über den Haushalt des Bun-esbildungsministeriums diskutieren –, dass wir in derage sind, hier neue Technologien zu entwickeln und sien marktfähige Produkte umzusetzen, die in Deutschlandroduziert werden und international verkauft werdenönnen. Das heißt, wir brauchen starke Impulse für wirt-chaftliches Wachstum in der Zukunft. Die besten Inves-itionen dafür sind weitere Ausgaben für Bildung undorschung in den nächsten Jahren. Das ist der einzige
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5932 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010
Stefan Müller
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Bereich, in dem mehr Geld ausgegeben werden kann. Inden Jahren 2010 bis 2013 werden die Ausgaben für Bil-dung und Forschung um 12 Milliarden Euro erhöht wer-den. Damit ist der Bereich „Bildung und Forschung“ dereinzige Bereich, in dem künftig mehr Geld zur Verfü-gung steht; denn dort entscheidet sich die Zukunftsfähig-keit unseres Landes. Wir sparen nicht auf Kosten der Zu-kunft, sondern wir sparen für die Zukunft.
Die Kollegin Nicolette Kressl hat das Wort für die
SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Die bisherige Debatte – das gilt ganz besonders für die
Beiträge der Redner der Koalitionsfraktionen – hat deut-
lich gemacht: Zu den wirklich entscheidenden Fragen
sagen Sie außer Allgemeinplätzen heute nichts.
Ich will kurz die Frage der sozialen Gerechtigkeit an-
sprechen. Sie, Herr Müller, haben gerade gesagt, es wür-
den im Sozialhaushalt nur 3 Prozent eingespart. Ich sage
Ihnen: Die alleinerziehende Frau, die Arbeit hat, die als
Aufstockerin Hartz IV bezieht und der Sie jetzt das El-
terngeld streichen, kann mit Ihrem Argument, es würden
nur 3 Prozent gestrichen, nichts anfangen. Diese Strei-
chung ist ungerecht, und sie bleibt ungerecht.
Herr Minister Schäuble, Sie haben die Streichung mit
dem Lohnabstandsgebot begründet und dabei den Be-
griff der Leistung gebraucht. Dass der Aufstockerin, die
arbeitet, das Elterngeld gestrichen wird, hat mit der An-
erkennung von Leistung nichts zu tun. Sie sind die Ant-
worten auf viele Fragen schuldig geblieben.
Sie gehen den falschen Weg. Ihre Allgemeinplätze ma-
chen deutlich, dass Sie sich selber nicht im Klaren da-
rüber sind, wohin der Weg eigentlich führen soll.
Lassen Sie mich auf die zwei Bereiche eingehen, die
für die allgemeine Finanzdebatte wichtig sind. Die erste
Anmerkung betrifft Basel III. Wir haben uns fraktions-
übergreifend – das ist auch gut – zu einer stärkeren Regu-
lierung bekannt. Wir haben gemeinsam über alle Fraktio-
nen hinweg einen entsprechenden Antrag verabschiedet.
Ich glaube, wir sind auf einem richtigen Weg. Es wird
aber darauf ankommen, darauf zu achten, dass die Regu-
lierung in Europa und in den USA gleichermaßen erfolgt.
Wir wissen, dass wir da genau hinschauen müssen. Das
ist ganz wichtig in diesem Bereich. Aber auch in dieser
Frage bleiben Sie die entscheidende Antwort schuldig:
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010 5933
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(Dr. Volker Wissing [FDP]: Bitte konkret wer-den!)Der Hintergrund Ihrer Frage ist der, dass Sie immer wie-der erzählen, man könnte die Kosten der Krise nicht ge-nau definieren und deswegen bräuchte man gar nicht zuversuchen, die Verursacher daran zu beteiligen.
– Damit es alle mitbekommen: Herr Barthle ruft: Na-men! – Dann wollen wir einmal Ihre Reden zum ThemaBankenkrise lesen.
Diejenigen, die über alle Maßen und völlig losgelöst vonder Kreditversorgung der Realwirtschaft im Bereich derSpekulation unterwegs waren, die bei den Banken ihreHauptgewinne inzwischen nicht mehr mit realwirtschaft-lichen Geschäften, sondern mit Spekulationen gemachthaben,
sind auch Verursacher der Krise.
Dass Sie hier jetzt ernsthaft sagen, das seien sie nichtund das könne man nicht benennen,
ist wirklich das Lächerlichste, was ich hier im Plenumseit langem gehört habe.
Es gib im Übrigen auch Redner aus der Regierung,Herr Barthle, die sagen: Wir müssen die Verursacher mitzur Verantwortung ziehen. – Da sind immer auch die un-verantwortlich schnellen Spekulationen mit genanntworden.
Aus Ihrer seltsamen Frage muss ich schließen, dass Ih-nen nicht einmal das mehr klar ist.Das will ich zu dieser Frage noch ergänzen: Sie zie-hen das jetzt ins Lächerliche,
weil Sie nicht in der Lage sind, die Verursacher durcheine Finanztransaktionsteuer heranzuziehen.
Kurzum: Sie wollen das nicht. Wir nehmen das zurKenntnis und werden das allen Menschen entsprechendeVtdehvhnet–hhwAssInKg„issddrwSwdMm
Gehen wir weiter zu einem zweiten Bereich, zur Steu-rpolitik. Dazu ist ganz aktuell zu lesen: Die Zerstritten-eit in der Bundesregierung führt dazu, dass sie im Fallon Singapur den Kampf gegen die Steuerhinterzie-ung nicht aufnehmen kann. – Das ist heute Morgenachzulesen gewesen. Das Wirtschaftsministerium hatine andere Position als das Finanzministerium. Ich zi-iere:Klar ist aber auch: Solange die Bundesregierunghier keine Lösung findet, bleibt der Kampf gegenSteuerhinterziehung blockiert.
Herr Fricke fragt, was das mit dem Haushalt zu tunat. Ich habe immer gedacht: Wenn man Steuerhinterzie-ung bekämpft, hat man mehr Steuereinnahmen, und dasirkt sich auf den Haushalt aus.
ber offensichtlich hapert es bei der Koalition inzwi-chen schon beim kleinen Einmaleins.In den letzten Tagen ist eine Debatte um die Umsatz-teuer erkennbar. Hier stimmt der altbekannte Spruch:m Vergleich zu Ihnen ist ein Hühnerhaufen eine geord-ete Formation. – Die FDP gibt in dieser Frage ihrelientelpolitik auf; die CDU hat das schon seit längeremetan. Die Einzige, die sich jetzt noch als Hüterin des1-Milliarde-Euro-pro-Jahr“-Klientelgeschenks aufspielt,st die CSU. Gleichzeitig wird gesagt: Wir machen ganzchnell, noch bis Ende des Jahres – das würde ich gernehen –, eine Mehrwertsteuerreform. – Das habe ich inen Zeitungen gelesen. Herr Schäuble – das war nichtas Ministerium, sondern die Koalition, aber Sie gehö-en ja irgendwie dazu –, das macht deutlich, finde ich,ie chaotisch das Ganze ist.
ie bekommen doch nie im Leben eine sozial verant-ortbare Mehrwertsteuerreform noch in diesem Jahr aufen Weg.
Wir von der SPD haben immer gesagt – wir warenitinitiatoren dieses Gutachtens –: Darauf muss manal schauen.
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5934 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010
Nicolette Kressl
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– Frau Homburger, es war die SPD, die dieses Gutachteninitiiert hat.
Ich darf daran erinnern, wer bei der Mehrwertsteuerre-form 2002 über den Bundesrat blockiert hat. Das warennicht die Sozialdemokraten.
Das waren Sie. Sie sollten bei dem Punkt ganz vorsichtigsein.
Auf jeden Fall: Das Bild vom Hühnerhaufen, was dieFrage Mehrwertsteuer angeht, gilt weiter.
Kommen wir zum nächsten spannenden Teil. Nie-mand kann uns ernsthaft und seriös sagen, wie Sie imRahmen der Brennelementesteuer wirklich auf 2,3 Mil-liarden Euro kommen wollen.
Da ist doch nachträglich, als klar war, dass für den Ge-samthaushalt weniger herauskommt, mit Müh und Notetwas gedreht worden. Ich sage Ihnen: Die Sozialdemo-kraten werden im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrensdarauf drängen, zu erfahren, wie sich dieser Deal tat-sächlich auswirkt.Ein letzter Punkt: Herr Schäuble, Sie haben gesagt,zusammen mit den Ländern und Kommunen werden Siederen Finanzierungsgrundlage stabilisieren. „Zusam-men“ entspricht aber nicht dem, was wir zum Beispielim Zwischenbericht der Gemeindefinanzkommission le-sen. Da ist ausschließlich von einem Gegeneinander dieRede, da, wie Sie wissen, die Kommunen die Gewerbe-steuer, die Sie abschaffen wollen, erhalten wollen.Kurzum: Sie verwenden eine plakative Überschrift, diemit der Realität, was in der Politik tatsächlich passiert,nichts zu tun hat.Ich fasse zusammen: Sie sind chaotisch in die Som-merpause gegangen – Sie sind chaotisch herausgekom-men. Im Interesse des Landes hoffen wir, dass Sie end-lich einmal zu einer klaren Linie finden.Danke.
Das Wort hat der Kollege Dr. Volker Wissing für die
FDP-Fraktion.
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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!ie Bundesrepublik Deutschland befindet sich in einerufwärtsbewegung. Die Konjunktur hat sich stabilisiert,ie Wirtschaft wächst, und die Arbeitslosenzahlen gehenurück. Das zeigt, dass diese christlich-liberale Regie-ung,
iese christlich-liberale Koalition mit ihrer wachstums-rientierten Politik genau auf dem richtigen Weg ist. Wiraben Erfolge vorzuweisen.
Wir haben in einer weiß Gott nicht einfachen Situa-ion Verantwortung übernommen: Es gab die schwersteinanzmarktkrise, die das Land je getroffen hat, und einenorme Wirtschaftskrise. In Wahrheit haben wir nichtur eine Finanzmarktkrise, sondern auch eine Staatsver-chuldungskrise. Trotz dieser schwierigen Situation ha-en wir im Bereich der Finanzpolitik einen guten Wegingeschlagen und können bereits die ersten Früchte ern-en. Darüber sollten wir uns in diesem Hause auch ge-einsam freuen, meine Damen und Herren!
Sie, Frau Kressl, haben mehr Steuergerechtigkeit undie Bekämpfung von Steuerbetrug angesprochen. Auchn diesem Bereich hat die Bundesregierung etwas er-eicht, was Sie nicht geschafft haben. Ihr Bundesfinanz-inister hat mit seinen peinlichen Drohungen gegenüberer Schweiz diplomatisches Chaos angerichtet; der der-eitige Bundesfinanzminister hat die Problematik deroppelbesteuerung mit der Schweiz gelöst. Es geht, wennan es kann.
Das gilt auch in anderen Bereichen. Sie fordern ja im-er, endlich etwas bei der Finanzmarktregulierung zuun. Wir haben schon viel getan. Wir sind damit nochicht fertig, aber wir haben schon viel auf den Weg ge-racht: Wir haben die Vergütungs- und Anreizsysteme inrdnung gebracht. Wir haben für Bankenrestrukturie-ung gesorgt und eine Bankenabgabe auf den Weg ge-racht, damit diese Bankenrestrukturierung nicht vomteuerzahler finanziert werden muss, sondern von dennternehmen selbst. Es gibt nun höhere Eigenkapitalan-orderungen – Stichwort: Basel III –; es gilt ein erhöhterelbstbehalt bei Verbriefungen. Leerverkäufe wurdentrenger reguliert. – All das sind Erfolge dieser christ-ich-liberalen Koalition. Diese lassen wir uns von derpposition nicht kleinreden.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010 5935
Dr. Volker Wissing
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Nun können Sie sich hier hinstellen und noch mehrfordern.
Das ist Ihr Recht als Opposition, und so werden Sie sichauch immer verhalten. Aber Sie können eines damitnicht aus der Welt schaffen: Was Schwarz-Gelb in denletzten Monaten an Regulierung auf den Weg gebrachthat, ist viel mehr als das, was Rot-Grün hinterlassen hat.
Wir werden diesen Weg der Ordnung der Finanz-märkte in den nächsten Monaten weitergehen. Als nächs-ten Schritt werden wir die Reform der Finanzmarkt- unddamit auch der Bankenaufsicht in Deutschland in Angriffnehmen. Der Bundesfinanzminister hat das hier angekün-digt. Nachdem wir auf europäischer Ebene die Weichengestellt haben, werden wir das jetzt umsetzen. Wir wer-den damit am Ende ein entscheidendes Stück weiter sein:Wir werden eine bessere Bankenaufsicht haben, die un-sere Bürgerinnen und Bürger davor schützt, dass sich daswiederholt, was unter der Bankenaufsicht möglich war,die von Rot-Grün gestaltet worden ist. Auch das mussheute hier gesagt werden.Weil wir gegenwärtig eben nicht nur eine Finanz-marktkrise, sondern auch eine Staatsverschuldungskrisehaben, müssen wir neben der Ordnung der Märkte auchdie Staatsfinanzen wieder in Ordnung bringen. Das ge-schieht mit diesem Bundeshaushalt. Die hohe Staatsver-schuldung stellt deshalb für die Bürgerinnen und Bürgereine gefährliche Situation dar, weil dann, wenn derDruck auf der Politik so stark wie heute lastet, die Ge-fahr von Steuererhöhungen enorm hoch ist. Man sieht esin anderen Ländern: Schnell wird zum Instrument derSteuererhöhung gegriffen. Auch Sie fordern das. DieSPD hat ein Steuererhöhungskonzept vorgelegt. DieGrünen sagen: Die Steuern müssen erhöht werden. – Wirwerden das aus mehreren Gründen nicht tun: Zum einenist die Steuerlast für viele in Deutschland schon zu hoch.Zum anderen haben Sie mit Ihren Steuererhöhungen inder Vergangenheit das Ziel der Haushaltskonsolidierungdeutlich verfehlt. Deswegen sagt diese christlich-liberaleKoalition: Jetzt ist Schluss mit dieser verfehlten Politik;jetzt wird der Haushalt auf der Ausgabenseite konsoli-diert und nicht auf Kosten der Steuerzahlerinnen undSteuerzahler. Das ist die entscheidende Wende in der Fi-nanzpolitik.
Der Staat muss nicht nur in seinen Leistungen sozialsein, sondern auch die Höhe der Steuerbelastung desEinzelnen ist eine soziale Frage.
Wenn heute nur noch 30 Prozent der Bevölkerung Ein-kommensteuer zahlen und von diesen rund ein Viertel80 Prozent des Einkommensteueraufkommens erwirt-schaften, dann ist es unverfroren, dass Sie immer wiederbghzcSsdwldsbemsegbAHFwsbCmwdlDgHvn
erden wir diese Gerechtigkeitslücke in Deutschlandchließen. Das ist eine stringente Politik.Es gibt die ersten Früchte mit dem Rückgang der Ar-eitslosigkeit. Diese Erfolge werden sich fortsetzen.Vielen Dank.
Der Kollege Norbert Barthle hat das Wort für die
DU/CSU-Fraktion.
Verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Da-en und Herren! Der Haushalt 2011 ist tatsächlich – dasurde schon gesagt – der erste Haushalt, der eine ein-eutige Sprache spricht, nämlich die Sprache der christ-ich-liberalen Koalition.
er Vorgängerhaushalt 2010 war noch von der Vergan-enheit geprägt und von Krisenbewältigung. An demaushaltsentwurf 2011 können wir erstmals die positi-en Ergebnisse der von der Koalition ergriffenen Maß-ahmen zur Krisenbewältigung ablesen.
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5936 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010
Norbert Barthle
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Es ist an dieser Stelle schon darüber diskutiert wor-den, wer dafür verantwortlich ist. Wir sind nicht so ver-messen, zu sagen: „Das ist unser Aufschwung!“ Es gabeinmal einen sozialdemokratischen Bundeskanzler, der,kaum dass er im Amt war, diesen Satz gesagt hat. Wirsagen vielmehr: Die Tatsache, dass wir so gut durch dieKrise gekommen sind, hat viel damit zu tun, dass dieUnternehmerinnen und Unternehmer und auch die Ar-beitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland vieldazu beigetragen haben. Ich will auch ganz bewusst dieGewerkschaften loben, die in dieser Zeit eine kluge Poli-tik gemacht haben.
Aber auch wir waren daran nicht ganz unbeteiligt.Was wir auf den Weg gebracht haben, war ein wichtigerBestandteil dafür, dass wir jetzt besser dastehen als jederandere. Auch das muss man einmal sagen.
Wenn wir uns vergegenwärtigen, woher wir kommen,und auf den Haushalt 2010 blicken, dann dürfen wir da-bei nicht vergessen, dass wir noch im Frühjahr in diesemHause mit 80,2 Milliarden Euro neuen Schulden für2010 gerechnet haben. Mitte des Jahres hat der Finanz-minister diese Zahl nach unten korrigiert auf 65,2 Mil-liarden Euro. Zwischenzeitlich hören wir vom Finanz-minister, dass die Aussicht besteht, am Ende des Jahresdeutlich darunter zu liegen, wenn die Entwicklung soweiter verläuft.Ich will an dieser Stelle einmal sagen: Ich bin sowohlder Bundeskanzlerin als auch dem Finanzminister ausge-sprochen dankbar, dass sie an dieser Stelle konsequentLinie halten und sagen: Wir wollen diese positive Ent-wicklung ausnutzen, um die Nettokreditaufnahme zusenken und die Schulden zurückzufahren. Auch das isteine politische Leistung, die so mancher in diesemHause – da schaue ich nach links – wahrscheinlich nichthinkriegen würde.
Im Haushaltsentwurf für das Jahr 2011 ist eine Neu-verschuldung von 57,5 Milliarden Euro vorgesehen. Ichhabe die Hoffnung, dass wir während des parlamentari-schen Verfahrens der Haushaltsberatungen – wir werdendies ja erst im November abschließen – vielleicht an dereinen oder anderen Stelle noch etwas ändern können.Vielleicht können wir die Neuverschuldung sogar sen-ken, wenn die Entwicklung gut verläuft. Aber wir wer-den mit Sicherheit alle Ausgabepositionen kritisch aufweitere Einsparpotenziale hin überprüfen. Sollten wirweitere Einsparpotenziale entdecken, dann werden wirauch diese zur Senkung der Nettokreditaufnahme nut-zen.
Ich habe gerade erläutert, dass wir so, wie sich die Si-tuation derzeit darstellt, tatsächlich besser dastehen, alsman je erwarten konnte. Auch zu Anfang des Jahres hatnszJnvlishnnssdhdcgaszwDutbskdOkiKmfgDwHnrhSDlTDsglKsawe
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010 5937
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trieben werde, ist an den Haaren herbeigezogen.Schauen Sie sich die Entwicklung der Sozialausgabenim Bundeshaushalt an. Als Rot-Grün noch an der Regie-rung war, betrugen sie 43 Prozent. Heute sind es54 Prozent.
Ich will nun nicht behaupten, dass der Anteil der Sozial-ausgaben im Haushalt ein Maßstab für soziale Gerech-tigkeit ist. Aber er weist immerhin darauf hin, dass wirmehr für die sozialen Sicherungssysteme, für die sozialSchwachen in diesem Land tun, als es Rot-Grün jemalsgetan hat. Das ist auch wahr.
Lassen Sie mich auf die Gesamtsituation zurückkom-men. Wir haben einen Schuldenberg, der uns allen Sor-gen bereitet. Die Verschuldungsquote beträgt nahezu80 Prozent. 12 Prozent des Bundeshaushalts müssen al-lein für die Zinsen aufgebracht werden. Rund gerechnet,ist jeder fünfte Euro, den wir in diesem Jahr in diesemLand ausgeben, schuldenfinanziert. Das ist eine Ent-wicklung, die wir umkehren müssen. Deshalb bin ichfroh und dankbar, dass die Schuldenbremse in unseremGrundgesetz steht. Die Abbaupfade wurden bereits vomFinanzminister erläutert. Wir sind fest entschlossen, dieGrenzen der Schuldenbremse in jedem Fall einzuhalten,sie im besten Fall zu unterschreiten; das ist unsere Ziel-setzung.Ich sage deshalb klipp und klar: Solide Haushaltspoli-tik ist für uns kein Selbstzweck, sondern eine Herausfor-derung, die wir als Daueraufgabe verstehen. Politik aufPump führt zu Entwicklungen, wie wir sie in Griechen-land bei der Euro-Krise beobachten konnten. Das hatzwischenzeitlich – auch dafür bin ich dankbar – zu ei-nem deutlichen Umkehrprozess bei der Betrachtungs-weise der Bevölkerung geführt. Die jüngsten Umfragenzeigen uns klar und deutlich, dass die Stabilität derStaatsfinanzen für eine Mehrheit der Bevölkerung eineunabdingbare Voraussetzung für das Vertrauen in diepolitische Führung in diesem Land ist.
Deshalb tun wir alles dafür, so schnell wie möglich zuausgeglichenen Haushalten zurückzukehren, den Haus-halt auf solide Beine zu stellen und damit dem Vertrauender Menschen gerecht zu werden.Wir tun das auch aus Gründen der Generationen-gerechtigkeit; sie ist heute schon das eine oder andereMal angesprochen worden. Als ich geboren wurde, ha-ben acht sozialversicherungspflichtig Beschäftigte dieRente für einen Rentner erarbeitet; heute sind es vier;wenn ich 80 bin, sind es noch zwei. Diese demografischeEntwicklung, die wir zur Kenntnis nehmen, wird vonTeilen dieses Hauses völlig ausgeblendet. Wir dürfendSgDudklidhmwASudfDaddwbrLsdwkVwWknvndgdhDaHSwin
ann kann ich nur sagen: Liebe Kolleginnen und Kolle-en, noch vor 15 Monaten waren Sie mit dabei, als wirieses Projekt hier beraten und beschlossen haben. Sieaben es mit beschlossen.
ie Fraktion hat sich seitdem zwar etwas verkleinert;ber es sind immer noch viele dabei, die das Projekt imaushalts- und im Verkehrsausschuss mittragen. Wennie da jetzt umfallen, dann verlieren sie jegliche Glaub-ürdigkeit; dann traut Ihnen niemand mehr zu, dass Siergendwo noch standhaft sind, dass Ihre Werte wirklichicht wanken, wenn es zu öffentlichem Wiederstand
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5938 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010
Norbert Barthle
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kommt. Da riskieren sie jegliches Vertrauen in Ihre Poli-tik. Davon rate ich Ihnen ab. Stehen Sie zu den Be-schlüssen, die Sie gefasst haben, stehen Sie zu der Ziel-setzung, unsere Haushalte nachhaltig zu konsolidieren,helfen Sie uns dabei, dann hören wir auf Ihre Vorschlägeund bringen sie entsprechend ein.Herzlichen Dank.
Damit sind wir am Ende der allgemeinen Finanz-debatte und kommen jetzt zum ersten Einzelplan, näm-lich zum Geschäftsbereich des Bundesministeriumsfür Bildung und Forschung, Einzelplan 30. Ich gebedas Wort der Bundesministerin Dr. Annette Schavan.
Dr. Annette Schavan, Bundesministerin für Bil-dung und Forschung:Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Meine Damen und Herren! Lernen und Forschen gehö-ren zu den besten Seiten des Menschen. Bildung undForschung gehören zu den Kraftquellen unserer Gesell-schaft. Sie tragen zu Integration in einem umfassendenSinne bei, sehr viel umfassender, sehr viel differenzierterals manche Diskussion, die öffentlich geführt wird, undBildung und Forschung sind die Quellen künftigenWohlstands. Das gehört zu den Grundüberzeugungen derchristlich-liberalen Koalition, und deshalb setzen wirfort, was in den letzten Jahren sowohl in der GroßenKoalition als auch in der jetzigen Koalition
und auch in diesem Parlament – wie ich finde, bei man-chem Punkt mit bemerkenswerter Übereinstimmung;zum Streiten haben wir dann immer noch genug Mög-lichkeiten – erreicht werden konnte: neue Konzepte,hohe Investitionen, weitere Internationalisierung. Davonist auch der Haushalt 2011 des Bundesministeriums fürBildung und Forschung geprägt. Wir bleiben verlässli-che Partner für gute Bildung und starke Forschung. Wirsetzen die Internationalisierung fort, und wir stehendazu: Wir stellen in dieser Legislaturperiode 12 Milliar-den Euro mehr für Bildung und Forschung zur Verfü-gung, das bedeutet einen deutlichen Anstieg im Blickauf die finanziellen Investitionen in diesem Haushalt.Ich sage ausdrücklich: Herzlichen Dank dafür, dass die-ser Konsens so tragfähig ist, dass auch bei den Haus-haltsberatungen in dieser Woche an vielen Stellen deut-lich werden wird: Bildung und Forschung haben absolutVorrang in dieser Regierung.
Wir gehen auf den 3. Oktober zu. 20 Jahre deutscheEinheit bedeuten auch 20 Jahre Innovationsförderungin Ostdeutschland. Wer heute an Standorte wie Pots-dam, Dresden, Jena, Rostock, Greifswald, Leipzig oderHalle kommt, um nur einige herausragende Beispiele zunennen, der spürt, wie groß der Beitrag von Bildung undFEsDggnSvaFvc„üdHtwg2fkdE2gISHswlnuzddw2sdgdiZDtw
ch nenne diese längeren Zeiträume – Herr Hagemann,ie wissen das, weil Sie sich schon lange mit diesemaushalt beschäftigen –, weil es für Bildungs- und For-chungspolitik zentral ist, dass nicht Strohfeuer entfachterden, sondern eine verlässliche, langfristige Entwick-ung betrieben wird. Das erwarten unsere Partner. Das istotwendig, damit sich wirklich etwas entwickeln kannnd unsere Investitionen und Konzepte auch tatsächlichu nachhaltigen Entwicklungen führen.Wir haben ein Plus von 54 Prozent. Wenn wir auchie mittelfristige Finanzplanung berücksichtigen, alsoas Plus von 12 Milliarden Euro hinzunehmen, dannerden wir am Ende der Legislaturperiode, gemessen an005, bei einer Steigerung von 74 Prozent angekommenein. Das ist gemeint, wenn wir sagen: Priorität für Bil-ung und Forschung.
Das, was investiert und an neuen Konzepten möglichemacht wird, spricht sich herum. Deutschland ist nachen USA und Großbritannien gemeinsam mit Frankreichnternational auf dem dritten Platz bei den beliebtestenielländern für ausländische Studierende.
as ist wichtig, weil der Fachkräftemangel in den nächs-en Jahren natürlich dazu führen wird, dass wir sagenerden: Es ist wichtig, dass viele junge Leute aus allen
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010 5939
Bundesministerin Dr. Annette Schavan
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Teilen der Welt nach Deutschland kommen, hier studie-ren und hier eine attraktive Möglichkeit finden, um alsIngenieure, als Physiker oder als Biologen in den Ar-beitsmarkt einzusteigen. Deshalb ist es wichtig, dass un-sere Hochschulen für junge Leute aus aller Welt attraktivsind.
Die Studienanfängerquote lag noch 2005 bei rund37 Prozent. Wir haben immer von 40 Prozent gespro-chen. Im Studienjahr 2009 liegen wir bei 43,3 Prozent.Wir wollen sie weiter erhöhen. Deshalb gibt es einedritte Säule, den Hochschulpakt, die Stärkung der Lehre.Es darf nicht sein, dass nur die Forschung gestärkt wird.Wir wollen in den nächsten Jahren 2 Milliarden Euro zurStärkung der Lehre, zur Entwicklung berufsbegleitendenStudierens und in neue Entwicklungen im Wissen-schaftssystem investieren, damit es immer attraktiverwird.Die Studienanfängerquote von 43 Prozent ist eine guteGrundlage. Der internationale Vergleich zeigt, dass wirnoch mehr Hochqualifizierte brauchen. Es ist wichtig, daswachsende Interesse junger Leute weiter zu steigern. Des-halb brauchen wir Anreize: eine bessere Studienfinanzie-rung. Deshalb gibt es das Deutschlandstipendium, mitdem nach über 60 Jahren Bundesrepublik Deutschlanderstmals unabhängig vom Einkommen der Eltern finan-zielle Unterstützung gegeben wird. Das ist eine ganzneue Entwicklung.
Deshalb wollen wir eine weitere Entwicklung undModernisierung des BAföG, eine Erhöhung der Förder-sätze und der Freibeträge. Ich sage das ausdrücklich,weil heute Nachmittag der Vermittlungsausschuss zu-sammenkommen wird. Ich appelliere an die Länder, dieStudenten nicht sitzen zu lassen.
Der Bund steht zu seinen Zusagen. Herr Matschie machtes sich zu einfach,
wenn er wie heute Morgen im Deutschlandfunk sagt: Naja, wir wollen BAföG, aber wir wollen eigentlich nochviel mehr. Wir wollen, dass das BAföG zu 100 Prozentvom Bund übernommen wird. – Das ist ganz einfachFlucht aus der politischen Verantwortung.
Weiterentwicklung des Wissenschaftssystems heißtauch, Weiterbildung im Kontext unserer großen Institu-tionen, der Hochschulen zu fördern. Wir haben entspre-chende Entwicklungen auf den Weg gebracht. Wir ma-chen Bildungspolitik mit den Akzenten, die der Bundsetzen kann. Wir in der Bundesregierung sind dabei, eineüberzeugende Antwort auf die Frage zu finden, wie Kin-der aus Hartz-IV-Familien besser an Bildung beteiligtwerden können. Das ist eine komplizierte Aufgabe; aberes wird ein gutes Konzept entstehen. Wir wollen darüberhtpwhlvSgsvgrWsszwsfawbcufwrDaSwiDüDbEtvdtdgH
nd 30 Prozent der Schüler bekommen eine Empfehlungür eine weiterführende Schule. Ich sage das,
eil ich finde, dass wir in der Bildungspolitik mehr da-über sprechen müssen, wo Maßnahmen gut greifen.enn wenn sich Dinge gut entwickeln, können sie auchnderswo eingesetzt werden. Ob das dann in Berlin, intuttgart oder Dresden ist, da bin ich nicht so kleinherzigie Sie.
Pakt für Innovation, Hochschulpakt und Exzellenz-nitiative sind Beispiele für Verlässlichkeit in der Politik.ie Steigerung um 5 Prozent jährlich ist wichtig fürberzeugende Arbeit unserer Forschungsorganisationen.ie Projektförderung in der Forschung, die 2005 nochei 1,2 Milliarden Euro lag, liegt jetzt bei 2,1 Milliardenuro; das ist eine Steigerung um 70 Prozent. Die High-ech-Strategie gilt international als überzeugende Inno-ationsstrategie in Deutschland. Es ist uns auch mithilfeer Hightech-Strategie gelungen, deutlich höhere Inves-itionen der Unternehmen zu ermöglichen. Wir haben inieser Legislaturperiode zentrale Schwerpunkte – Ener-ie und Klimaschutz, Gesundheitsforschung – in dieightech-Strategie eingebracht.
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5940 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010
Bundesministerin Dr. Annette Schavan
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Das wird sich schon jetzt als positiv erweisen. Denndas Energiekonzept der Bundesregierung ist ein Kon-zept,
das wesentlich darauf basiert, dass wir in Deutschlanderhebliches exzellentes Potenzial in den vielen Berei-chen der Energieforschung haben. Dabei wird die For-schung mit Blick auf neue effiziente Erzeugungsstruktu-ren, die Forschung im Bereich von Energieeffizienz beiGebäuden, Materialien und Produkten und die For-schung für Infrastruktur, insbesondere zur Verknüpfungvon erneuerbaren und konventionellen Energieträgerndurch neue Netze und Speicher, im Vordergrund stehen.Dazu werden wir in den nächsten Wochen und Monatenentsprechende Konzepte vorlegen.
Gute Bildung, mehr Bildungsbeteiligung sowie starkeForschung und Entwicklung als Grundlage für die Inno-vationskraft in unserem Land stehen im Mittelpunkt derBildungs- und Forschungspolitik. Das wird mit demHaushalt 2011 durch erhebliche zusätzliche Investitio-nen gestützt.Vielen Dank.
Die Kollegin Dagmar Ziegler hat das Wort für die
SPD-Fraktion.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Meine lieben Kolle-ginnen und Kollegen! Beim Zuhören der Rede unsererBundesministerin habe ich gedacht: Welch eigenartigeSelbstwahrnehmung eine Bundesministerin doch habenkann.
Bildung sollte das Flaggschiff
dieser Bundesregierung werden. Vollmundig haben Siemit Bundeskanzlerin Merkel die „Bildungsrepublik“ausgerufen. Frage: Was ist daraus geworden? Antwort:Der heute zu debattierende Haushaltsentwurf ist ein Do-kument Ihres Scheiterns.
– Hören Sie noch bis zum Ende zu. Dann vergeht Ihnendas Lachen.Ihrem Schiff „Bildungspolitik“ fehlen der Kompassund auch das Ziel. Ein Prestigeprojekt nach dem anderenhaben Sie bis zur Unkenntlichkeit zusammengestrichenoder gleich ganz über Bord geworfen. Aus der verspro-cwfM„v–nDBDgpgdvMpbwgmdsMWszewD–dwEdet
Was haben Sie nicht alles im KoalitionsvertragNachlesen hilft – versprochen? Lokale Bildungsbünd-isse sollte es geben.
avon ist kaum noch etwas übrig. Ein Zukunftskontoildung wurde in Aussicht gestellt.
afür sind keine Mittel im Haushalt eingestellt. Beerdi-ung erster Klasse!
Außerdem ist ein groß angekündigtes nationales Sti-endienprogramm bis zur Unkenntlichkeit zusammen-eschmolzen worden. Von 160 000 angekündigten Stu-ierenden, die gefördert werden sollten, werden esielleicht maximal 10 000 werden. Aber selbst um dieseittel ist es zu schade; denn das nationale Stipendien-rogramm, das Sie groß und vollmundig umbenannt ha-en in Deutschlandstipendium – eine Nummer kleineräre auch angemessen –, ist völlig untauglich. Gleichesilt für das Zukunftskonto. Unsere Probleme werden da-it nicht gelöst. Beides sind Angebote für diejenigen,ie ohnehin gute Chancen in Deutschland haben. Sietellen kein Angebot für all die benachteiligten jungenenschen dar, für viele mit türkischen oder arabischenurzeln, aber auch für viele mit deutschen Eltern.Ein junger Mensch, der Sorge hat, im Studium zucheitern und auf einem dicken Darlehensbetrag sitzenu bleiben, wird sich nicht mit der vagen Aussicht aufin Stipendium zum Studium bewegen lassen. Helfenürden aber deutliche Verbesserungen beim BAföG.azu haben Sie sich aber nicht durchringen können.
Reden Sie doch einmal von Ihren B-Ländern.Selbst Ihre kleine BAföG-Novelle haben Sie im Bun-esrat scheitern lassen. Hunderttausende von Studentenarten deshalb auf diese dringend notwendige BAföG-rhöhung. Wir werden im Vermittlungsausschuss allesafür tun, dass wenigstens diese marginale Verbesserungndlich auf den Weg gebracht wird.
Wir müssen aber noch weit früher ansetzen. Integra-ion gelingt nämlich nur dann, wenn wir auch diesen jun-
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010 5941
Dagmar Ziegler
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gen Menschen von Anfang an Teilhabe und Aufstiegs-chancen ermöglichen. Dabei hilft nur Bildung, Bildung,Bildung. Die zentralen Stichworte sind Ganztagsange-bote in Kitas und Schulen.Ein Kind mit Migrationshintergrund, das frühzeitigeine Kita besucht, verbessert seine Chancen auf den Be-such eines Gymnasiums und die Erlangung des Abitursdeutlich, nämlich um rund 50 Prozent. Wo bleibt IhreAntwort, um für benachteiligte Kinder und Jugendlichebessere Bildungschancen zu schaffen? Wo ist die Initia-tive der Bundesregierung, um den ins Stocken geratenenKitaausbau mit Nachdruck voranzutreiben? Wo bleibtIhr Ansatz, um für mehr Ganztagsschulen zu sorgen?Das Mindeste, was Sie tun könnten, wäre, ein Programmfür Schulsozialarbeiter und -sozialarbeiterinnen aufzule-gen. Bei all dem Fehlanzeige, meine Damen und Herren!
Frau Schavan – jetzt werden Sie nicht wieder auf dieA-Länder Bezug nehmen können –, Ihr Kardinalfehlerwar, dass Sie den Bildungsgipfel im Juni dieses Jahreshaben scheitern lassen. Ohne eine nationale Bildungs-offensive, in der sich Bund, Länder und Kommunen aufeinen massiven – ich sage ausdrücklich: massiven –Ausbau von Kitas, Ganztagsschulen und Hochschuleneinigen, bleibt Ihre Politik bestenfalls Stückwerk.Es kommt sogar noch schlimmer. Sie haben nicht nurnichts getan, um Ländern und Kommunen mehr Geld fürBildung zukommen zu lassen, sondern durch Ihre Ge-schenke an Hoteliers und Erben haben Sie den Ländernund Kommunen auch Steuerausfälle in Milliardenhöhebeschert. Jetzt steht den Ländern und Kommunen dasWasser bis zum Hals.Frau Schavan, wir fordern Sie auf: Machen Sie end-lich Ihre Hausaufgaben! Sorgen Sie dafür, dass Länderund Kommunen in der Lage sind, für bessere Bildung zusorgen!
Sorgen Sie dafür, dass Barrieren beim Zugang zu Bil-dung abgebaut werden! Sorgen Sie dafür, dass jungenMenschen durch beste Bildung der Ausbruch aus unver-schuldeter Perspektivlosigkeit ermöglicht wird!Meine Fraktion ist sehr gern bereit, Ihnen für eine Bil-dungspartnerschaft von Bund und Ländern die Handzu reichen. Denn wir wissen, dass wir nur mit mehr undbesseren Kitas, mit mehr und besseren Ganztagsschulen,mit mehr und besser ausgestatteten Hochschulen für bes-sere Bildungschancen sorgen können. Hier teile ich aus-drücklich die Haltung Ihres Koalitionspartners in Personvon Herrn Lindner: Dazu gehören von der Gesellschaftbesser anerkannte Pädagoginnen und Pädagogen: Erzie-herinnen und Erzieher sowie Lehrerinnen und Lehrer.Dazu gehört auch eine qualitativ andere Ausbildung die-ser Berufsgruppen, damit sie überhaupt in die Lage ver-setzt werden, den höheren Anforderungen gerecht zuwerden. Sorgen Sie für bessere Chancen für alle! Dannwerden Sie auch uns an Ihrer Seite haben. Die Menschenin unserem Land jedenfalls warten darauf.Vielen Dank.DdtBSiHjeudvjgzlzgdhbtsGtpdSüIdK
Ulrike Flach hat das Wort für die FDP-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!ie beste Antwort auf die Thesen von Thilo Sarrazin istieser Haushalt, der Bildung und Forschung in den Mit-elpunkt stellt.
ildung ist der Schlüssel zur Integration. Bildung ist derchlüssel zum Aufstieg in unserer Gesellschaft. Bildungst die Chance für jeden Jugendlichen, unabhängig vonerkunft, von Religion und vom Geldbeutel.Diese Koalition will eine Bildungsrepublik, in dereder die Chance hat, nach vorn zu kommen, auch wennr nicht von der Poleposition an den Start geht. Unionnd FDP haben sich im Koalitionsvertrag klar zur Bil-ungsrepublik Deutschland bekannt, und die Förderungon Bildung und Forschung ist eines der zentralen Pro-ekte dieser Regierung. Um welche Größenordnung eseht, hat die Ministerin gerade deutlich gemacht: 54 Pro-ent mehr im Vergleich zu Ihrer Regierungszeit, 11,6 Mil-iarden Euro im Haushalt,
usätzlich 12 Milliarden Euro bis zum Ende dieser Le-islaturperiode.Dabei haben wir übrigens etwas getan, worüber inieser Runde immer wieder diskutiert worden ist. Wiraben endlich auch die anderen Häuser beteiligt. Wir ha-en endlich dafür gesorgt, dass auch die anderen Minis-erien insgesamt 2 Milliarden Euro für Bildung und For-chung bereitstellen. Das heißt, wir erfassen dieesamtausgaben, wir wissen, dass die Mittel zielgerich-et eingesetzt werden, und wir wollen eine Bildungsre-ublik schaffen, wie sie sich diese Koalition vorstellt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, keine andere Bun-esregierung hat Bildung und Forschung einen so hohentellenwert eingeräumt,
brigens bei gleichzeitigem Sparkurs.
ch möchte diejenigen, die mit mir gemeinsam Anfangieses Jahrzehnts Herrn Eichel erlebt haben, und dieolleginnen und Kollegen von der SPD, die damals vol-
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Ulrike Flach
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ler Verzweiflung dem Wirken von Frau Bulmahn zu-schauten,
daran erinnern: Wer hat denn damals auf das Drei-Körbe-Modell beim BAföG verzichten müssen, weilHerr Eichel die Sparbremse anzog?
Das ist der entscheidende Unterschied: Der Finanzminis-ter dieser Koalition spart, und gleichzeitig setzen wir aufBildung und Forschung, und das in einem Ausmaß, wiees das in Deutschland noch nie gegeben hat.
Übrigens unterscheiden wir uns an dieser Stelle auchvon dem Land Nordrhein-Westfalen. Es ist ja im Augen-blick ganz nett, dass man das parallel beobachten kann.Damit in NRW etwas für Bildung ausgegeben werdenkönne, sagt die dortige Ministerpräsidentin, sei sie be-reit, einen nicht verfassungskonformen Haushalt auf denWeg zu bringen.
Das ist genau der Gegensatz zu uns.
Wir leben mit der Verfassung, wir beachten die Schul-denbremse, und wir tun etwas für unsere Kinder und Ju-gendlichen.
Wenn Sie sich den Haushalt anschauen, dann sehenSie: Wir fördern die erfolgreichen Pakte natürlich wei-terhin verlässlich und in nie gekannter Höhe: 910 Millio-nen Euro für den Hochschulpakt, 326 Millionen Euro fürdie Exzellenzinitiative, deutlich mehr Mittel für dieDeutsche Forschungsgemeinschaft, die HGF und dieMax-Planck-Institute. Ich sage an dieser Stelle auch alsHaushälterin für den Einzelplan des Wirtschaftsministe-riums: Es wird Zeit, dass wir das auch bei der Ressort-forschung tun – es kann nämlich nicht sein, dass durcheine 5-prozentige Erhöhung im normalen Forschungsbe-reich die verdienstvollen Forscher im Bereich der Res-sortforschung hintenangestellt werden –, das ist ein Ziel;das sollten wir uns setzen. Wir sollten gemeinsam über-legen, wie wir das auf den Weg bringen.
BEIsISaSuDhdzSkfWzswWDt–edlDtaz
ie sind immer so gerne bereit, uns zu sagen, wir tätenll das nicht, was wir versprochen haben.
ie stehen in der Verantwortung dafür, das BAföG somzusetzen, wie es eigentlich erforderlich ist.
as wird sich am heutigen Nachmittag natürlich zeigen.Ich finde es schon merkwürdig, dass Sie die Gelegen-eit nutzen, um die begabten und leistungsstarken Kin-er aus geringverdienenden Familien gegen die zu set-en, die aus normalverdienenden Familien kommen.
ie versuchen, einen Zwist zwischen Leistung und Her-unft heraufzubeschwören. Das ist eine Sache, die ein-ach nicht klappen kann.
Übrigens: Auch an dieser Stelle kann ich Nordrhein-estfalen nur lobend erwähnen. Wir haben dort ja ge-eigt, dass gerade die Kinder aus den einkommens-chwächeren Familien durch unser Stipendium geförderterden.
ir haben doch erlebt, was zum Beispiel an der Uniuisburg-Essen gelaufen ist, und wir sehen, wie es posi-iv läuft.
Liebe Frau Kollegin, es empfiehlt sich immer, einfachinmal hinzugehen und zu schauen. – Wir haben genauie Familien gefördert, die Ihrer Meinung nach angeb-ich immer rechts und links des Weges liegen bleiben.as Stipendium für leistungsstarke Schüler und Studen-en wird wirklich dazu dienen, den Leistungsstärkerenus einkommensschwächeren Regionen dieses Landesu helfen. Das ist doch der Punkt.
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Ulrike Flach
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Ich möchte Sie an dieser Stelle übrigens einfach aucheinmal an Ihre Verantwortung erinnern. Wir haben da-mals bei der Föderalismusreform gemeinsam dafür ge-stritten, dass das Kooperationsverbot nicht in die Verfas-sungsänderung eingetragen wurde.
Sie haben das Ganze mitgetragen. Sie haben diese Föde-ralismusreform sozusagen verbockt, und jetzt setzen Siesich hin und lassen Ihre Länder gegen die jeweilige Bun-desregierung anlaufen, um zu versuchen, etwas zu blo-ckieren, was hier in Berlin passiert.Das geschieht auf dem Rücken der Kinder. Sie solltensich endlich Ihrer Verantwortung bewusst sein. Die Län-der wollten die Bildungshoheit, sie haben sie bekommen– übrigens gegen die Stimmen von Frau Pieper und mir;wir waren immer anderer Meinung –, und jetzt erfüllenSie sie bitte schön. Setzen Sie das Geld für diejenigenein, die gerne ein höheres BAföG haben wollen, ver-kämpfen Sie sich nicht in dem Bereich, indem Sie sagen,Stipendien seien etwas Schreckliches, und prügeln Sienicht auf die Leistungsstarken dieser Gesellschaft ein!
Der Unterschied zwischen Ihnen und uns ist, dass wirLeistung in diesem Lande fördern wollen. Das werdenwir tun.
Dafür nehmen wir das Geld in die Hand, und wir werdendafür sorgen, dass jeder unabhängig von seiner Herkunftauch das tun kann, was er sollte.
Wir werden Ihnen im Laufe der kommenden Beratungenzeigen, wie wir das Titel für Titel weiter fortführen wer-den.
Das Wort hat die Kollegin Dr. Rosemarie Hein für die
Fraktion Die Linke.
Danke schön. – Frau Präsidentin! Meine verehrtenKolleginnen und Kollegen! Während der Sommertourbin ich durch meinen Wahlkreis Magdeburg und denBördekreis gefahren
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ir wissen nicht, ob es da wieder herauskommt. Das na-onale Stipendienprogramm, das jetzt „Deutschlandsti-endium“ heißen soll, war mit 280 Millionen Euro dotiert;as haben Sie auf 26 Millionen Euro zusammenge-chrumpft. Die vorgesehenen Mittel für die Bildungsket-en wurden nur zur Hälfte abgerufen. Wie denn auch,enn man sie nicht kennt? Für die lokalen Bildungs-ündnisse gibt es noch heute kein Konzept; sie tauchenm Haushalt inzwischen nicht mehr auf. Das Programmur Sicherung von Ausbildungsplätzen in strukturschwa-hen Regionen, von der Koalition im vergangenen Jahringefordert, ist ganz verschwunden. Auch das Gesetzber die Anerkennung ausländischer Abschlüsse ist nochicht in Sicht.
In aller Munde ist allerdings jetzt die Bildungschip-arte, das Sommerlochmärchen der Bundesarbeitsminis-erin.
ie hat immerhin schon Eingang in Satiresendungen desernsehens gefunden.Insgesamt ist das Fazit des Haushaltsjahres 2010 eineiemlich große bildungspolitische Pleite.
er Haushalt 2011 lässt nicht hoffen, dass es besserird. So finden sich an vielen wichtigen Stellen mehrder weniger massive Kürzungen, etwa bei der Berufs-rientierung, bei der Förderung überbetrieblicher Aus-ildungsstätten – zwei Ihrer Flaggschiffe –, bei der Stär-ung der Leistungsfähigkeit im Bildungswesen, bei dereiterbildung. Ja, selbst noch bei vergleichbar kleinen
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Dr. Rosemarie Hein
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Summen wie der kulturellen Bildung wird gekürzt, unddas in Relation ganz schön kräftig.Insgesamt werden bei allgemeiner und beruflicherBildung gegenüber dem Haushalt 2010 27 Prozent ein-gespart. Meine Damen und Herren, das ist mehr als einViertel. Das müssen Sie den Leuten einmal erklären.
Wenn man dann noch in Betracht zieht, dass die Mit-tel für die berufliche Qualifizierung, die über die Bun-desagentur für Arbeit ausgereicht werden, mit dem be-schlossenen Sparpaket ebenfalls gekürzt werden, dannverschärft das die Situation bei der Weiterbildung einmalmehr. Das retten Sie weder mit Bildungslotsen noch mitder Chipkarte.Eine der wenigen Positionen, die tatsächlich wächst,ist der Posten der Erstattung von Kreditausfällen bei derKfW-Bank. Hier erwartet man gegenüber dem Jahr 2009mehr als eine Verdoppelung. Hat sich eigentlich einmaljemand gefragt, warum das so ist?
Kann es nicht sein, dass Ausbildung und Studiumextrem unterfinanziert sind? Wäre es nicht gescheiter,die verschwundenen circa 250 Millionen Euro aus demStipendienprogramm, die Sie dafür eingeplant hatten, füreine vernünftige Ausfinanzierung des BAföG zu ver-wenden?
„Bei der Bildung wird nicht gekürzt“ – das haben Sienoch beim Sparpaket gesagt. Wir haben Ihnen das schondamals nicht geglaubt. Es wird aber noch schlimmer: Siekürzen nicht nur heute, Sie legen auch später nichtsdrauf.Schon für die Stärkung der Leistungsfähigkeit im Bil-dungswesen planen Sie 23 Millionen Euro weniger alsim vergangenen Jahr ein. Aber Sie planen auch wenigerfür die kommenden Jahre. Die Verpflichtungsermächti-gungen im Haushalt 2010 betrugen noch 1,6 MilliardenEuro. Jetzt stehen da noch 205 Millionen Euro. Das istschon ein gewaltiger Unterschied.Alles in allem ist Ihr Haushalt kein geeignetes Mittel,die wichtigsten Defizite im Bildungssystem in irgendei-ner Weise zu beheben, auch dort nicht, wo Sie handelndürften.So steht zu befürchten, dass einige der geschröpftenVorhaben zur Finanzierung der Bildungschipkarte die-nen. Diese soll nun zum Instrument des notwendigenNachteilsausgleichs in der Bildung werden: Nachhilfedurch private Anbieter statt mehr Geld für bessere Schu-len. Sollen immer mehr private Bildungsträger retten,was eigentlich die öffentliche Aufgabe im Rahmen derSchulpflicht wäre? Sollen Eltern und Kinder künftig ent-scheiden, was ihnen wichtiger ist: das Mittagessen, derNachhilfeunterricht, das Erlernen eines Musikinstru-mentes oder das Schwimmbad? Wissen Sie eigentlich,was Musikunterricht kostet? Haben Sie eine Ahnung da-vtfKDnwvFbwvbkcgkmdkrzbtSNrtngrhdukr
Die Chipkarte soll durch die Jobcenter ausgegebenerden. Sind künftig die Jobcenter auch für die Bildungon Kindern und Jugendlichen zuständig? Die Rede vonrau Flach lässt darauf schließen. Dann frage ich ganzestürzt: Wollen Sie das Bildungsministerium irgend-ann ganz schließen?
Einer der erschreckendsten Befunde der im Sommereröffentlichten OECD-Studie zur beruflichen Bildung,ei der die Bundesrepublik ansonsten recht gut weg-ommt, ist die Tatsache, dass ein Drittel der Jugendli-hen, die keinen gymnasialen Bildungsweg eingeschla-en haben, im Berufsübergangssystem landet, alsoeinen regulären dualen Ausbildungsplatz erhält. Wie,eine Damen und Herren von der Koalition, wollen Sieas ändern? Mit diesem Haushalt leisten Sie jedenfallseinen Beitrag dazu.
Dagegen wäre einiges anders und besser zu finanzie-en, gäbe es nicht das unsägliche Kooperationsverbotwischen Bund und Ländern in der Bildung. Darum blei-en wir dabei und fordern immer wieder: Das Koopera-ionsverbot muss weg. Fangen Sie endlich an und legenie eine vernünftige Initiative dazu vor!Danke schön.
Für Bündnis 90/Die Grünen hat Priska Hinz das Wort.Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-EN):Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es istichtig, mehr Geld in Bildung und Forschung zu inves-ieren. Darin sind wir uns, glaube ich, alle einig. Aberoch wichtiger wäre es, mit diesem Geld auch die richti-en Schwerpunkte zu finanzieren. Mehr Geld alleineicht nämlich noch lange nicht.
Es gibt drei Aufgaben, die die Bildungsministerinätte, nämlich Bildungsgerechtigkeit zu fördern, gegenen Fachkräftemangel anzukämpfen sowie Forschungnd Entwicklung so zu unterstützen, dass sich auchleine und mittlere Betriebe auf Energieeffizienz undessourcenschonendes Wirtschaften umstellen können.
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Priska Hinz
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Aber hier ist auf der ganzen Linie Fehlanzeige zu ver-melden.Frau Ministerin Schavan, Sie haben auch im letztenJahr nichts anderes getan, als einen Haufen Ankündi-gungen in die Welt zu setzen. Aber jedes Programm, dasSie aufs Gleis gesetzt haben, ist Ihnen entgleist. Das istIhr Problem.
Lokale Bildungsbündnisse zum Beispiel finden nichtmehr statt. Sie haben sie groß angekündigt, inzwischenaber versenkt. Das Zukunftskonto wurde wegen rechtli-cher Fragen eingestampft. Die Weiterbildungsallianz,die Sie schon seit drei Jahren im Munde führen, ist imHaushalt nicht mehr vorgesehen. Für das Technikum-Programm haben Sie in den letzten drei Jahren 4 Millio-nen Euro für 31 Praktikanten ausgegeben. Das ist mit120 000 Euro pro Praktikant das teuerste Praktikumspro-gramm der Welt, das jetzt Gott sei Dank ebenfalls einge-stampft wird.
Sie verbrennen also Geld, mit dem Sie zum Beispiel400 Studienplätze finanzieren könnten.Jetzt kommt es aber in Sachen Bildungsgerechtigkeitnoch toller. Seit Wochen wird über Bildung als Mittelzur Integration und Instrument gegen soziale Armut dis-kutiert. Während die Sozialministerin noch mit ihrer so-genannten Bildungschipkarte durchs Land zieht, diemehr Fragen aufwirft, als sie Probleme löst, hat die Bun-desbildungsministerin zu diesem Thema überhaupt kei-nen Plan.
Sie haben keine Idee, wie Sie die Bildungsinfrastrukturin diesem Land stärken können, damit alle Kinder dieMöglichkeit zur Teilhabe an Bildung, am sozialen Auf-stieg und am Bildungsaufstieg haben. Das ist Ihr Ver-säumnis, Frau Schavan.
Es ist klar, dass das zum Teil am Kooperationsverbotliegt, das Sie mit unterstützt haben. Ich bin gespannt, obsich die FDP jetzt ein Herz fasst und endlich mit uns dasGanze umkehrt. Dann könnten wir auch auf der Bundes-seite besser in die gesamte Bildungsinfrastruktur inves-tieren.Aber selbst da, wo es originäre Bundeskompetenzenwie in der beruflichen Bildung und der Weiterbildunggibt, ist die Bildungsministerin nicht in der Lage, ihreKonzepte so umzusetzen, dass etwas Sinnvolles dabeiherauskommt. Die Bildungsketten wurden mit Aplombangekündigt. Aber was finden wir im Haushalt für dasnächste Jahr? 20 Millionen Euro weniger für den gesam-ten Titel, aus dem die Bildungsketten finanziert werdensollen! Das heißt, die Mittel für das Programm zur Be-rufsorientierung, das gut angenommen wird, werden ge-kWizNwVgNbemGemrsu–dr–tNwdrBJnkar
Möchten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Flach
ulassen?
Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
EN):
Ja, bitte.
Liebe Frau Hinz, ich will Ihnen zur Kenntnis bringen,
elch durchschlagende Bombe dieses Programm zur
erbesserung der Berufsorientierung ist, wie Sie es
erade dargelegt haben.
Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
EN):
Ja, gerne.
Der Titel ist zu Recht heruntergefahren worden. Wireide sollten als Haushälter eigentlich wissen, dass mantwas herunterfährt, das nicht so läuft, wie man es voll-undig versprochen hat. Das muss man nüchtern sehen.
erade in SPD-regierten Ländern wie Berlin hat keininziger Schüler an diesem Programm teilgenommen. Ineinem Bundesland Nordrhein-Westfalen waren es ge-ade 3 700. Also scheint die Nachfrage nicht so riesig zuein. Ich finde, wir beide sollten seriös mit dem Haushaltmgehen. Wenn es Länder gibt, die das nicht annehmen mir sind allein drei bekannt –, dann muss man das Mo-ell neu überdenken und einfach anders an die Sache he-angehen.
Kürzen setzt das voraus. Oder wollen Sie das Geld hin-erherschmeißen?Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-EN):Frau Flach, dank einer Anfrage des Kollegen Rehbergissen wir schon jetzt, dass das Programm für die Bil-ungslotsen im nächsten Jahr überbelegt ist und dass be-eits in diesem Jahr mehr Geld für das Programm zurerufsorientierung verausgabt wurde, als im nächstenahr zur Verfügung steht. Das heißt, wir werden imächsten Jahr de facto weniger Programme umsetzenönnen als in diesem Jahr, obwohl sie erst jetzt richtignlaufen. Das ist ein Versäumnis Ihrer Bildungsministe-in. Sie kommen nicht umhin, das zuzugestehen.
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Priska Hinz
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Im Bereich der Weiterbildung haben wir Ähnlicheszu verzeichnen. Dort steht im nächsten Jahr eine 20-pro-zentige Kürzung an, obwohl wir eigentlich ein Erwach-senen-BAföG und eine bessere Weiterbildungsberatungbrauchten. Natürlich wäre es auch sinnvoll, eine Weiter-bildungsallianz auf den Weg zu bringen. Aber Sie schaf-fen es nicht, das zu tun, was notwendig wäre, nämlichmit aller Kraft gegen den Fachkräftemangel mit einemguten Konzept anzukämpfen.Der letzte Punkt, den Sie immer angekündigt habenund der nun auch versenkt wurde, ist das Programm zursteuerlichen Forschungsförderung. Anstatt die Hotels zubeschenken, wäre es notwendig gewesen, ein Programmzugunsten der kleinen und mittleren Betriebe auf denWeg zu bringen. Auch hier Versagen auf der ganzen Li-nie! Nach einem Jahr Gestolpere von Schwarz-Gelbkann man nur sagen: Regierungsfähigkeit sieht andersaus. Bislang ist sie auch für das nächste Jahr nicht zu er-kennen.Danke schön.
Das Wort hat der Kollege Michael Kretschmer von
der CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! DieserBundeshaushalt ist ein Bauplan, an dem man sehenkann, wie wir die Zukunft unseres Landes im kommen-den Jahr, aber auch in den nächsten Jahren gestalten wol-len, und zwar unter dem Motto: Investieren in die Zu-kunft und gleichzeitig den Haushalt so sanieren, dass wiraus der Verschuldungsfalle herauskommen. Das istwichtig. Anhand des Zukunftsministeriums, des Ministe-riums für Bildung und Forschung, über das wir geradesprechen, wird ganz besonders deutlich, was diese bür-gerliche Regierung vorhat, nämlich den Wohlstand die-ses Landes auch in Zukunft zu erhalten, und zwar so-wohl auf qualitativer als auch auf quantitativer Ebene.
Wir wissen, dass wir im Wettbewerb mit den Regio-nen in der Welt nur bestehen können, wenn wir bessersind; wenn wir vor allem technologisch besser sind alsandere Länder. Gleichzeitig wollen wir aber auch einqualitatives Wachstum im Bereich der Gesundheit, derBildungsgerechtigkeit und natürlich im Hinblick auf diedemografische Entwicklung ermöglichen. Ich finde, Ein-zelplan 30 – Bildung und Forschung – des Bundeshaus-hkErsD7JnAsMseswsNaigzwsdEglsLeadfENsPmDwGad–as
as tun wir gern, denn damals umfasste der Haushalt,5 Milliarden Euro. Wenige Jahre danach, heute, imahr 2010, reden wir über rund 4 Milliarden Euro mehr,ämlich über 11,7 Milliarden Euro. Das ist eine klarensage, und es ist etwas, auf das wir gemeinsam stolzein können.
Der aktuelle Haushalt ist – was den Aufwuchs derittel für Bildung und Forschung angeht – in eine Zu-age der Koalitionsfraktionen für die kommenden Jahreingebaut. Wir werden insgesamt 12 Milliarden Euro zu-ätzlich in Bildung und Forschung investieren. Das istichtig, weil damit klar wird, dass es kein Stop-and-go,ondern dass es eine kontinuierliche Entwicklung gibt.ichts ist für Forschung und auch für Bildung wichtigerls Verlässlichkeit. Wir können heute sagen: Wir werdenn den nächsten Jahren bei den deutschen Forschungsor-anisationen einen jährlichen Aufwuchs von fünf Pro-ent haben. Wir werden den Hochschulpakt absichern,ir werden mit der dritten Säule 1 Milliarde Euro zu-ätzlich in die Lehre investieren. Das sind große Sachen.Zum Thema Lehre möchte ich noch einmal ganzeutlich sagen: Wir haben gleichzeitig den Wettbewerbxzellenzinitiative in Deutschland. Unsere Erwartung istanz klar: Keine Hochschule, die am Ende eine Exzel-enzhochschule werden soll, kann in der Lehre schlechtein. Nein, eine Exzellenzhochschule muss auch in derehre Exzellenz nachweisen. Dies zu berücksichtigen,rwarten wir auch von der Jury, und wir bitten, darauf zuchten.
Unser Forschungspakt umfasst die großen Fragen, dieie Menschen in Deutschland bewegen und die wichtigür die Zukunft sind; sei es die Gesundheit, sei es dienergieversorgung mit erneuerbaren Energien oder dieutzung konventioneller Energien, seien es der Klima-chutz, die Sicherheit, die Demografie oder auch dieroduktionstechnik. Wichtig ist eines – daran erkenntan ein bürgerliches Politikverständnis –: Wir wolleninge ermöglichen, und wir machen Schluss mit dem,as uns unter Rot-Grün und auch noch in Teilen derroßen Koalition aufgezwungen wurde, nämlich dassus ideologischen Gründen Forschungen behindert wur-en.
Sie haben gefragt, welche das sind. Das sind nicht nur,ber vor allen Dingen die Kernfusion, die Sicherheitsfor-chung, die stoffliche Nutzung von beispielsweise Kohle
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Michael Kretschmer
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oder andere Dinge. Das sind Felder, die auch für die Zu-kunft wichtig sind. Für uns ist der Ausspruch von MaxPlanck prägend: „Dem Anwenden muss das Erkennenvorausgehen.“Wir wollen, dass die Forschung überall möglich ist.Wir wollen, dass Forschung frei erfolgen kann, und wirhaben Schluss gemacht mit den ideologischen Eingriffenin die Forschungspolitik.
Meine Damen und Herren, das eine sind nüchterneZahlen von Prozentsätzen von Aufwüchsen. Das anderesind die konkreten Projekte, die dahinterstehen, und diesind im Detail – im Großen wie im Kleinen – bewegendund beeindruckend. Wir haben heute den Grundstein fürweitere vier Deutsche Zentren der Gesundheitsfor-schung zu legen. Krebserkrankungen, Infektionskrank-heiten, Lungen- und Herzkreislauferkrankungen sindVolkskrankheiten, die die große Masse der Bevölkerungbetreffen. Die Bevölkerung wünscht sich, dass sich hieretwas tut.Ich glaube, wir können stolz darauf sein, dass wir esschaffen, heute und in den folgenden Jahren pro Zen-trum bis zu 35 Millionen Euro zu investieren und ein ko-operatives Bündnis zwischen den Universitäten, der au-ßeruniversitären Forschung und den Medizinern vor Ortzu fördern, das sich in kurzer Zeit mit Blick auf die Be-kämpfung dieser Volkskrankheiten auszahlen wird. Ichbin froh darüber, dass wir es schaffen, die deutschenZentren auf den richtigen Weg zu bringen.
Es gibt darüber hinaus viele weitere große Projekte.Ich habe die Produktionstechnik, den Klimaschutz undÄhnliches angesprochen. In diesem Zusammenhang istauch die demografische Entwicklung zu erwähnen. Ichglaube, das ist ein ausgewogener Mix, der Experten, dieuns beraten, auf welchen Forschungsfeldern wir arbeitensollen, zu verdanken ist.Es gibt aber auch viele kleinere Projekte. Ich möchte– ich bin der Bundesministerin sehr dankbar, dass sie dasProjekt im Haushalt verstetigen konnte – den Krebsin-formationsdienst nennen. Jeder, der persönlich vonKrebs betroffen ist oder jemanden kennt, der daran lei-det, kennt die existenziellen Sorgen der Patienten und ih-rer Angehörigen. Dass wir vor Jahren diesen Krebsinfor-mationsdienst eingerichtet haben, ist eine tolle Sache.Man kann das der Wissenschaftskommunikation zurech-nen und dies positiv bewerten, man kann aber auch da-rauf hinweisen, dass es einfach ein großes menschlichesAngebot ist, das wir schaffen. Es sind in aller Regel Me-diziner, die am Telefon oder am Computer sitzen und Pa-tienten, die in einer wirklichen Notlage sind, Zuspruchgeben und Hilfestellung leisten. Ich freue mich darüber,Frau Bundesministerin, dass wir dieses Projekt in denHaushalt aufgenommen haben und dieses Angebot jetztin ganz Deutschland zur Verfügung steht.
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ch nenne in diesem Zusammenhang Studierende mitind, Studierende, die den Master-Abschluss machen,nd die Erhöhung der Bedarfssätze. Wir erwarten vonen Bundesländern, dass sie sich der Verantwortung stel-en und sich daran beteiligen.
In der Debatte über den Wissenschaftsstandort Deutsch-and ist viel Kleinteiliges, von manchen Rednern auchecht Kleinliches – angesprochen worden. Jede der Par-eien des linken Spektrums sollte froh über die Erhöhun-en sein, die wir als bürgerliche Parteien durchgesetzt ha-en. Das ist Ihnen zu der Zeit, als Sie regierten, nichtelungen. Der Blick ins Ausland zeigt, wie gut wir hier ineutschland mittlerweile sind. Vor wenigen Tagen hat inoston die große GAIN-Jahrestagung stattgefunden.00 deutsche Nachwuchswissenschaftler, die in Ame-ika leben, haben sich in Boston getroffen. Die Resonanzst gewaltig. Das, was hier in Deutschland geleistet wird,ird vom Ausland als großartig empfunden. 90 Prozenterer, die jetzt noch im Ausland arbeiten, wollen nacheutschland zurückkommen. Wenn das kein Erfolg unse-er Wissenschaftspolitik ist, dann weiß ich es nicht. Sieollten das mehr würdigen.
Das Wort hat jetzt der Kollege Klaus Hagemann voner SPD-Fraktion.
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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Wenn man den Rednerinnen und Rednern derKoalition zuhört, dann hat man den Eindruck, in der Bil-dungs- und Forschungspolitik sei alles eitel Sonnen-schein und es laufe nichts schief. Die Bildungsrepubliksei auf der Überholspur, hat Frau Schavan kürzlich ge-sagt. Ich frage mich nur, warum die Forschungs- undBildungspolitik im Ranking der Bevölkerung nicht hö-her steht; denn die spielt, wenn man die Umfragen be-trachtet, bei der Beurteilung der Politik der Regierungkeine Rolle. Das muss man einmal feststellen.
Ich habe mir die Presse angesehen, die es in diesemSommer gegeben hat. Da schrieb die Financial TimesDeutschland: Untergang der Bildungsrepublik. – Jetzthätte ich bald gesagt: Untergang der Bundesrepublik. –Von teuren Tricks war die Rede. Die Süddeutsche schrieb:„Voller Mund und leere Hände“. Von Bildungslüge wardie Rede. – Ich habe nur zitiert, meine sehr verehrten Da-men und Herren.Im Koalitionsvertrag und in der Öffentlichkeitsarbeithaben Sie große Ankündigungen gemacht. Große Sum-men werden immer wieder genannt. Aber in der Realitätsieht es doch oft anders aus. Da wird gekürzt, da wirdverschoben, oder da werden Projekte ganz beerdigt, dievorher groß angekündigt worden waren. Mein Büro hateinmal zusammengestellt, was alles versprochen, dannaber gekürzt, verschoben oder beerdigt worden ist. FünfSeiten haben wir zusammenbekommen.Die frühkindliche Bildung ist schon genannt worden.Auf die Zukunftskonten brauche ich nicht näher einzu-gehen: verschoben auf unbestimmte Zeit. Die lokalenBildungsbündnisse – auch sie sind schon erwähnt wor-den –: verschoben auf unbestimmte Zeit, in der mittel-fristigen Finanzplanung für 2013. Damit erledigt sichnatürlich auch die Freigabe der Verpflichtungsermächti-gungen. Das ist logisch. Es ist nichts da, was freigegebenwerden kann, weil kein Konzept vorliegt.Das freiwillige technische Jahr wurde schon erwähnt.Das war der Gipfel. 4 Millionen Euro waren vorgesehen.Nach einem Jahr war ein Teilnehmer da. Jetzt sind wirbei 31. Auch dieses Projekt wurde beerdigt. Das solltenwir uns noch einmal in Erinnerung rufen.Ich frage mich, wie es zu der Ankündigung kommt,die der Presse zu entnehmen war: In den nächsten Jahrensollen 5 000 Lehrer mit Migrationshintergrund be-zahlt werden, die Unterricht erteilen sollen. – Ich bin ge-spannt, wie Sie es als Bund umsetzen wollen, dass 5 000Lehrer bezahlt werden, wenn sich die Länder wieder da-gegen sperren.
Viel besser wäre es, wir würden ein zweites Ganztags-schulprogramm auflegen,dfmWgtwKwSBrszsDhFgnbßiAhhOShhgAed
amit die Kinder die Sprache lernen, damit sie ihr Um-eld kennenlernen, damit sie ein warmes Essen bekom-en und überhaupt gefördert werden können.
as haben Sie zu rot-grünen Zeiten gegen das Pro-ramm von Frau Bulmahn gesprochen! Auch das woll-en wir hier noch einmal erwähnt haben.Im Koalitionsvertrag waren für überbetriebliche Lehr-erkstätten die modernsten Technologien vorgesehen.ürzung um ein Drittel! Um fast 33 Prozent soll gekürzterden! Die Handwerkskammern schreiben Brandbriefe.Auch zu den Bildungsketten möchte ich etwas sagen.ie geben dafür für vier Jahre 360 Millionen Euro an dieundesagentur für Arbeit. Darüber kann man diskutie-en. Das ist sicherlich nicht schlecht. Aber schauen Sieich einmal an, wie es im Einzelplan 11 – Arbeit und So-iales – aussieht! Da wird gekürzt. Da werden die Zu-chüsse für diese Maßnahmen deutlich heruntergefahren.as ist „linke Tasche/rechte Tasche“, wie wir im Haus-altsausschuss sagen.
ür den einzelnen Menschen bringt das, was hier mehregeben wird, überhaupt nichts.Universitäten und Hochschulen möchte ich erwäh-en; „BAföG“ ist das Stichwort. Frau Flach, Sie habenei Ihrer Prozentzahlenauflistung öfter die Zeit der Gro-en Koalition für sich vereinnahmt, obwohl Sie als FDPmmer gegen die Haushalte gestimmt haben.
uch daran sei einmal erinnert: Wir haben BAföG-Erhö-ungen von 8 Prozent und 10 Prozent durchgesetzt, Sieaben solche von 2 Prozent und 3 Prozent vorgesehen.
b Sie es durchsetzen, werden wir heute sehen. Wennie die Länder hier nur beschimpfen, so wie ich es erlebtabe, dann können Sie natürlich nicht erwarten, dasseute Abend beim Vermittlungsausschuss ein vernünfti-es Ergebnis zustande kommt.
rbeiten Sie mit den Ländern zusammen! Ziehen Sie aninem Strang!Herr Rupprecht, es ist auch nicht so, dass es nur anen A-Ländern, also den SPD-geführten Ländern, liegt.
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Klaus Hagemann
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Der Beschluss zum BAföG ist 16 : 0 gefallen. Er wurdealso von allen Ländern getragen, auch von Bayern, wo-her Sie ja kommen.
Zu Ihrem großspurigen nationalen Stipendienpro-gramm, das auch noch sozial ungerecht ist. 10 Millio-nen Euro sind in diesem Jahr vorgesehen. Die Zustim-mung der Länder wurde erkauft, indem der Bund bereitwar, die Finanzierung zu 100 Prozent zu übernehmen.Sonst hätten Sie es bei den Ländern gar nicht durchbe-kommen; auch das soll hier noch einmal erwähnt wer-den.
Frau Schavan hat die Internationalisierung ange-sprochen. Richtig, wir müssen wesentlich mehr interna-tional zusammenarbeiten. Schauen wir einmal auf denTitel für den Deutschen Akademischen Austauschdienst!Da ist ein Minus vorgesehen.
Sie fahren die Mittel, die im Einzelplan 30 dafür vorge-sehen sind, auswärtige Studenten einzuladen, hier zu stu-dieren, herunter. In diesem Jahr haben Sie entsprechendeMittel schon im Einzelplan 05, dem des AuswärtigenAmtes, heruntergefahren. Es ist doch ein Widerspruch,einerseits groß zu loben, wie toll das sei, aber anderer-seits die Mittel nach unten zu fahren. Ankündigungenund Wirklichkeit liegen bei Ihnen weit auseinander.
In den Zeiten der Großen Koalition haben wir festge-stellt, dass 18 000 Studienplätze Jahr für Jahr nicht besetztwerden. Deshalb sollte ein elektronisches Einschreibe-bzw. Zulassungsverfahren eingeführt werden. Sie, FrauMinisterin, haben versprochen – ich werde Sie noch häu-figer daran erinnern –, im Frühjahr 2011 solle das laufen.Ich höre ganz andere Signale, nämlich dass es technischwahrscheinlich nicht klappen werde. Auch die Universi-täten winken ab. Das sei noch einmal erwähnt.Kollege Kretschmer, Sie haben die nationalen Ge-sundheitszentren angesprochen. Das ist eine positiveSache, die wir in der Großen Koalition wie auch anderesdurchgesetzt haben. Aber keine Stellen für Führungspo-sitionen zu bewilligen, ist schon ein seltsamer Vorgang,der hier erwähnt werden muss.Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Ab-schluss noch darauf hinweisen: Alle großen Projekte, dieSie, Frau Flach, kurzerhand in Ihrer prozentualen Dar-stellung vereinnahmt haben, wurden zu Zeiten durchge-setzt, als die FDP nicht an der Regierung beteiligt war:
Pakt für Forschung und Innovation – nicht von der FDP,sondern von Rot-Grün; Hochschulpakte I und II – nichtms–nj–asWtpeSlSeFnFImVsIsnEd
Nein. Aber weil Sie das herausgestellt und verein-ahmt haben, Frau Flach, und so getan haben, als ob Sieetzt die größten Leistungen vollbringen – –
Nein, das ist nicht so. Wir haben das in der Großen Ko-lition auf den Weg gebracht, Sie haben dagegenge-timmt.
eiterhin sind der Cluster-Wettbewerb und das Ganz-agsschulprogramm zu erwähnen. Was wurde dagegenolemisiert! Ich könnte noch viele weitere Programmerwähnen.Meine Damen und Herren, lassen Sie mich ganz zumchluss darauf hinweisen: In Ihren Reden haben Sie,iebe Frau Flach und hochverehrte Frau Ministerin, zumchluss immer wieder herausgestellt, dass Sie eine steu-rliche Förderung von Unternehmen haben wollten, dieorschung und Innovation betreiben. Heute war davonichts mehr zu hören, weder von Frau Flach noch vonrau Schavan.
ch hatte Herrn Kampeter, den Staatssekretär im Finanz-inisterium, gefragt, wie weit man hierbei sei. Diesesorhaben steht ja auch groß im Koalitionsvertrag. Eragte: Es liegt keine abgestimmte Vorlage vor. Ich musshnen leider melden, dass das in nächster Zeit nicht ge-chehen kann.
Herr Kollege Hagemann.
Ich komme zum Schluss. – Als Tiger groß gestartet,
och nicht einmal als Bettvorleger gelandet. Das ist das
rgebnis Ihrer falschen Politik.
Ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss.
Vielen Dank.
Das Wort hat jetzt der Kollege Patrick Meinhardt voner FDP-Fraktion.
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Zum Föderalismus werde ich Ihnen gleich etwas er-zählen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehr-ter Herr Präsident! Wenn man hier gerade zugehört hat,glaubt man wirklich, auf der falschen Veranstaltung zusein. Ich möchte es noch einmal auf den Punkt bringen:7,2 Prozent Wachstum in diesem Haushalt. Gegenüber2009 werden wir 20 Prozent bzw. über 2,1 MilliardenEuro mehr haben, die in Forschung und Bildung inves-tiert werden. Wir werden in den nächsten vier Jahren inder Summe 12 Milliarden Euro mehr in Forschung in-vestieren. Das ist die höchste Steigerungsrate, die es je inder Geschichte der Bundesrepublik Deutschland gege-ben hat. Das lassen wir uns nicht kleinreden.
Das ist nämlich eine grandiose Leistung dieses Hauses,so etwas auf den Weg zu bringen.
Die Bildungs- und Forschungspolitik ist unser Flagg-schiff. Nehmen wir einmal die gesamten Ausgabepro-gramme aus dem Bereich der Forschung: Die Hightech-Strategie mit einem Volumen von 131 Millionen Euro imBereich der Förderinstrumente wird fortgesetzt; hierzuzählen der Spitzencluster-Wettbewerb – zentral wichtig –,der Industrie-Forschungs-Campus und die Validierungs-forschung. Für Energieforschung und Gesundheitsfor-schung sind im Rahmen der Forschungsförderung vonneuen Technologien 700 Millionen Euro vorgesehen.Ebenfalls werden die Exzellenzinitiative, der Hoch-schulpakt sowie der Pakt für Forschung und Innovationbestens finanziell ausgestattet, und es wird ein Qualitäts-pakt „Lehre“ aufgelegt. Das ist eine dynamische Politikfür einen modernen Forschungsstandort BundesrepublikDeutschland, die die Koalition in diesem Haus vertritt.
Dies wurde schon im Rahmen der Debatte über dasnationale Stipendienprogramm angesprochen: Wirwollen, dass Deutschland ein Land der Stifter und Sti-pendiaten wird. Dafür müssen wir aber noch einiges tun;denn alle Studien zeigen, dass die Stipendienkultur inDeutschland noch unzureichend ist. Wir müssen hierneue Impulse setzen. Deswegen ist es richtig, dass wirzusätzliche Aufstiegsstipendien im Bereich der berufli-chen Bildung ermöglichen.
Deswegen ist es richtig, dass wir im Bereich der Begab-tenförderungswerke vorangehen. Deswegen ist es rich-tig, dass wir ein nationales Stipendienprogramm aufle-gen, mit dem wir endlich erreichen, dass die Hoch-schulen vor Ort darüber entscheiden können, wer eineFörderung bekommt. Das ist ein durch und durch bil-dungssoziales Projekt dieser Bundesregierung.Bshmdsdsmmwsa1fSgwWRBnjdDnhsdwpIABPwwdgd
m Bereich der beruflichen Bildung werden wir weiterkzente setzen: Aufstiegsstipendien, Bildungslotsen,ildungsketten und lokale Bildungsbündnisse sindunkte, die von uns vorangebracht werden und die Sieährend Ihrer Regierungszeit noch nicht einmal ansatz-eise angepackt haben.Wir wollen, dass Deutschland ein Land wird, in demie vorhandenen Initiativen auf vielfältige Weise voran-ebracht werden. Ich zitiere aus der OECD-Studie „Bil-ung auf einen Blick“:Die geplanten Maßnahmen, die zu jeweils unter-schiedlichen Zeitpunkten im Lebenslauf greifen
der Hauptschule in den Beruf, aber auch das Natio-nale Stipendienprogramm … sind bestens geeignet,
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Patrick Meinhardt
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mehr Menschen Zugang zu höheren Bildungsab-schlüssen zu eröffnen.Das ist das Urteil der OECD über unsere Initiativen.
Diese Koalition der Mitte macht Deutschland wirk-lich fit für die Herausforderungen der Zukunft. Wir wol-len Bildungsgerechtigkeit in diesem Land schaffen undweiter ausbauen sowie Zukunftschancen ermöglichen.Deswegen schließe ich meine Rede mit den Worten vonBenjamin Franklin:Eine Investition in Wissen bringt noch immer diebesten Zinsen.Dafür steht diese Bundesregierung der Mitte.Vielen Dank.
Das Wort hat jetzt die Kollegin Dr. Petra Sitte von der
Fraktion Die Linke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir habenes bemerkt: Die Koalition versucht, aus einer großenZahl eine gute Nachricht zu machen.
Bekanntermaßen bestehen aber die größten Haufen nichtimmer aus reiner Muttererde.
Wenn nun trotz schwarz-gelber Sparpakete der Etatfür Bildung und Forschung um mehr als 750 MillionenEuro wächst, muss man ganz klar sagen: Das ist eine Re-aktion auf angestaute Probleme. Vor dieser Kulisse er-fahren viele auch, dass das wunderschöne Geld zu einemgroßen Teil nicht dort ankommt, wo es am dringendstenbenötigt wird. Zu einem Großteil werden nämlich ein-fach Programme fortgesetzt, die Bund und Länder ge-meinsam finanzieren, so etwa BAföG – das wurde schonerwähnt –, Hochschulpakt, Exzellenzinitiative und ur-sprünglich auch Ihr schönes nationales Stipendienpro-gramm für Leistungseliten. Den Hochschulpakt bei-spielsweise werden die Länder kaum weiter finanzierenbzw. stärken können. So können am Ende zwar mehrStudierende kommen, insgesamt aber verschlechternsich die Studienbedingungen.Letztlich verschiebt die Exzellenzinitiative grundsätz-liche und notwendige hochschulpolitische Entscheidun-gen erneut; denn an der Unterfinanzierung des Gesamt-systems Wissenschaft ändert sich nichts. Stattdessenhaben jetzt schon drei Länder, nämlich Hessen, Schles-wig-Holstein und Sachsen, Kürzungen angekündigt.Konfrontiert mit Schuldenbremse und massiven Einnah-meausfällen infolge Ihrer Steuerpolitik, übrigens auchddGlTNvWdgadivSnznNumJisddgPsseasvsfAvdij2ddrkdn
Letztlich spitzen sich durch die Exzellenzinitiativeie strukturellen Probleme der Nachwuchsförderung so-ar noch zu. Sie haben jetzt 4 000 hochspezialisierterojektstellen geschaffen. Damit holen Sie 4 000 Men-chen als zusätzliches Personal an die Hochschulen. Die-es und das bereits vorhandene Personal steuern aber aufin Nadelöhr zu. Das sind die späteren Dauerstellen, dien den Hochschulen vorhanden bzw. nicht vorhandenind. Da gibt es keinen Aufwuchs. Deshalb werden vieleon diesen zusätzlich Geförderten am Ende keine Be-chäftigung finden. Eine akademische Laufbahn bleibtür diese hochqualifizierten Leute eben nicht planbar.uch das widerspricht Ihrer Ansage. Auch das ist nichterlässlich.
Diese Sackgassen schrecken bekanntermaßen beson-ers Frauen ab. Seit Amtsantritt der Bundesministerinm Jahre 2005 wuchs der Frauenanteil bei Professurenedes Jahr lediglich um ein mageres Prozentpünktchen.009 lag er bei durchschnittlich 18,3 Prozent. Aber beien besserbezahlten W-3-Professuren liegt der Anteiler Frauen nur bei 12 Prozent. Nun kann man sich aus-echnen, wann in etwa wir damit im System Gerechtig-eit für Frauen erreichen. Wir haben das einmal getan;as Ergebnis ist: im Jahr 2042. So lange will ich garicht leben. Wahrscheinlich werde ich es also nicht ein-
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Dr. Petra Sitte
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mal mehr erleben. Insofern ist die Situation völlig inak-zeptabel.
Jetzt kommt die Krönung des Ganzen: Trotz diesergravierenden Defizite kürzen Sie den Titel „Strategienzur Durchsetzung von Chancengerechtigkeit für Frauenin Bildung und Forschung“ in diesem Haushalt radikalum über 20 Prozent. Ich muss Ihnen schon sagen: Dazufällt mir nichts mehr ein; es empört mich einfach nurnoch.
Welche Alternative besteht am Ende? Die Alternativeist ein Wechsel ins Ausland; viele tun das schon heute.Gerade jetzt ist wieder eine Debatte darüber entbrannt,was Deutschland für einen Fachkräftemangel hat. Wirhaben es auch hier mit einer absurden und konzeptions-losen Ausgabe von Steuergeldern zu tun.Fazit. Die Linke fordert:Erstens: eine klare Orientierung Ihrer Ausgabenpoli-tik an den drängendsten Problemen der Wissenschafts-einrichtungen.Zweitens: Der Bund muss den Ländern über höhereSteueranteile die Sicherung der Grundausstattung ihrerHochschulen ermöglichen.Drittens – meine Kollegin hat damit geschlossen;auch ich will es gerne tun –: Das Kooperationsverbotmuss fallen, damit im Rahmen des Hochschulpakteszwischen Bund und Ländern endlich verlässliche Per-spektiven für den wissenschaftlichen Nachwuchs verein-bart werden können.Danke schön.
Das Wort hat nun Kai Gehring für die Fraktion Bünd-
nis 90/Die Grünen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Wer heute nur halbherzig in bessere Bildung investiert,wird morgen Fachkräfte- und Akademikermangel sowiesoziale Folgekosten ernten. Ich glaube, da sind wir Bil-dungspolitiker uns einig. Obwohl Ministerin Schavanbei diesem Haushalt und beim unsozialen schwarz-gel-ben Spardiktat trotz Blessuren einigermaßen ungescho-ren davonkommt, haben die Leute in diesem Land dasGefühl, dass viele Milliarden Euro für starke Lobby-gruppen fließen – von den AKW-Betreibern bis hin zurPharmaindustrie –, aber für Bildung und Hochschulen,fvSEbruWlm„BtdgDpStsSgvWkvdnhW–wdqddbigig
Die Menschen haben zu Recht dieses Gefühl: Denchülern fehlen Lehrer und individuelle Förderung. Dieltern pochen auf bessere Lernbedingungen. Die Auszu-ildenden werden in Warteschleifen geparkt. Studie-ende warten vergeblich auf zusätzliche Studienplätzend auf Korrekturen beim Bologna-Prozess. Bei dereiterbildung bleiben wir bildungspolitisches Entwick-ungsland. – Das ist die reale Mangelsituation in der ver-eintlichen, immer wieder vollmundig angekündigtenBildungsrepublik Deutschland“.
Man kann sagen, dass jeder zusätzliche Cent für dieildung gut angelegt ist, wenn die Strukturen, die Quali-ät und die Priorität stimmen. Schwarz-Gelb setzt aberie falschen Prioritäten: Die starken Schultern werdenestärkt, die schwachen Schultern werden geschwächt.as Symbol schlechthin für diese verfehlte Bildungs-olitik ist das Deutschlandstipendium, das nationaletipendienprogramm: in Zahlen gegossene Klientelpoli-ik à la FDP und CDU/CSU. Das muss man so deutlichagen. Auch wenn das Deutschlandstipendium über dieommerpause offensichtlich zum Gartenzwergpro-ramm geschrumpft ist, privilegieren Sie damit die Pri-ilegierten in diesem Land.
ir werden in ein paar Jahren hier diskutieren und er-ennen: Es ist leider nicht gelungen, das, was die OECDon uns erwartet, umzusetzen: Mit dem Programm wer-en nicht reihenweise Bildungstalente aus bildungsfer-en Schichten gewonnen; es wird keine gerechtere Teil-abe organisiert.
orin besteht eigentlich der volkswirtschaftliche Nutzen er ist Ihnen von der FDP immer besonders wichtig –,enn Sie diejenigen fördern, die sowieso studieren wür-en? Das bringt jedenfalls keine höheren Akademiker-uoten.
Die mickrige BAföG-Erhöhung hängt dagegen iner Warteschleife. Hier geht es um die bedürftigen Stu-ierenden, um Bildungsaufsteiger gerade auch aus Ar-eiter- und aus Migrantenfamilien, die oftmals die erstenn ihrer Familie sind, denen der Zugang zur Hochschuleelingt. Sie gehen möglicherweise leer aus.Wir Grüne wollen nicht, dass am Ende die Botschaftst: Mittel für Elitestipendien abgesegnet; BAföG auf Eiselegt. Das wäre unerträglich. Dass heute Abend im Ver-
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Kai Gehring
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mittlungsausschuss überhaupt dieses BAföG-Gefeilschestattfindet, ist doch – das muss man ganz klar sagen –eine Folge des monatelangen Missmanagements vonFrau Schavan,
die auf mehreren Bildungsgipfeln die Chance gehabthätte, zwischen Bund und Ländern zu verabreden: Ja, dieBAföG-Erhöhung kommt. Sie hätte gewaltiger ausfallenkönnen, wenn man den Quatsch mit dem nationalen Sti-pendienprogramm gelassen hätte,
aber diese Bildungsgipfel sind sowieso eine Serie desScheiterns gewesen und keine Serie des beherzten Han-delns oder Lösens der Bildungsmisere in unserem Land;deshalb diese schlechte Bilanz.
Wer Arbeiter- und Migrantenkinder wirklich zu Bil-dungsaufsteigern machen will, der muss die Hörsaaltü-ren weit öffnen, der muss junge Menschen einladen, dermuss alle Hürden vor diesen Türen entfernen, statt dieseTüren zuzuschlagen.
Die Zahl der Studienanfänger ist gestiegen. Darüberkönnen wir uns gemeinsam freuen; aber das reicht nicht.Die Absolventinnen- und Absolventenzahlen sind nachwie vor zu gering, um die künftig freiwerdenden Stellenfür Hochqualifizierte zu besetzen.
Das ist das Problem. In den letzten zehn Jahren ist dieZahl um bescheidene 0,9 Prozent pro Jahr gestiegen, imOECD-Durchschnitt waren es 4,6 Prozent. Das heißt,wir sind bei weitem nicht schnell genug, und wir brau-chen dringend mehr Dynamik und höhere soziale Mobi-lität in unserem Bildungs- und Hochschulsystem. Darummuss es jetzt gehen, weil der Bildungsaufstieg kein Hür-denlauf, kein Durchqueren eines Nadelöhrs bleiben darf.Das heißt für uns, dass wir in unserem Land ebenkeine Bildungschipkarte für Nachhilfeinstitute und Coaus dem Hause von Frau von der Leyen brauchen,
sondern wir brauchen die besten Bildungsinstitutionenund Infrastrukturen, von der Kita über die Schule biszum dualen Ausbildungsbereich, der Hochschule undder Weiterbildung.
Mit einer Verbesserung der Bildungsinstitutionen und -in-frastruktur lässt sich Bildungsarmut zielgenau bekämp-fDtdSdaWcüsmeFbmBedGstCMIftAdnFdsSeShs
ir brauchen keine Deutschlandstipendien, wir brau-hen keine Studiengebühren, sondern wir brauchen dieberfällige BAföG-Erhöhung und eine insgesamt bes-ere Studienfinanzierung. Dann können wir ernst damitachen, dass eine Chance auf Bildungsaufstieg für allein zentrales Anliegen in unserem Land ist. Das ist einerage der Gerechtigkeit und der Integration. Das ist dereste Weg im Umgang mit dem Fachkräfte- und Akade-ikermangel. Darum muss es jetzt gehen.Wenn man den Haushalt von Schwarz-Gelb für denildungsbereich näher betrachtet, stellt man fest, dass erine traurige Leistung ist. Man sieht nämlich, dass Sieie Zukunftsfragen wieder einmal verschlafen und dasemeinwohl ignorieren. Mit dem vorliegenden Haushaltetzt Schwarz-Geld wieder einmal die falschen Prioritä-en.Vielen Dank.
Das Wort hat nun Albert Rupprecht für die CDU/
SU-Fraktion.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!an kann über jede Einzelmaßnahme trefflich streiten.n der Tat erleben wir als Parlamentarier der Regierungs-raktion, dass wir im Bereich der Forschung schlagkräf-ig sind, dass wir Beschlüsse fassen können, dass es eineufbruchstimmung in den Forschungsinstitutionen unden Universitäten gibt und dass wir durchregieren kön-en. Wir erleben auch – das zu erwähnen, gehört zurairness dazu –, dass es im Bereich der Bildung längerauert, manche Einzelmaßnahme zu beschließen, weilie schlichtweg der Zustimmung der Länder bedarf.Herr Hagemann, Herr Rossmann – Herr Rossmann,ie sprechen im Anschluss an meine Rede –, ich möchteine Frage an Sie richten.
ie haben inzwischen die Mehrheit im Bundesrat. Sieaben die Möglichkeit, das Inkrafttreten zahlreicher Ge-etzentwürfe zu verhindern. Werden die SPD-geführten
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Albert Rupprecht
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Länder das BAföG-Gesetz, das wir im Bundestag be-schlossen haben und das eine Erhöhung der BAföG-Sätze vorsieht, mittragen? Werden Sie organisieren, dassdie SPD-geführten Länder das heute beschließen wer-den?
Man kann über jede Einzelmaßnahme trefflich strei-ten. Aber Sie müssen der Fairness halber auch zugeste-hen,
dass der Haushalt ein historisches Spitzenniveau erreichthat. Zum Vergleich: In der Regierungszeit von Rot-Grünunter Kanzler Schröder haben Sie in sieben Jahren denEtat lediglich um 1 Milliarde Euro erhöht.
Wir erhöhen unter Kanzlerin Merkel selbigen Etat in nurfünf Jahren um über 4 Milliarden Euro. Ihr damaligerKanzler Schröder hat Bildungspolitik als Gedöns be-zeichnet.
Er hat Lehrer – was vollkommen inakzeptabel ist – alsfaule Säcke beschimpft.
– Das ist Fakt. Die Richtlinien der Politik bestimmen dieKanzler. Unter Kanzlerin Merkel haben wir erreicht,dass Bildung und Forschung absolute Priorität genießen.
Frau Flach hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die-ser Bereich höchste Priorität genießt und höchste Zu-wächse verzeichnet – das Niveau ist historisch –, unddas in Zeiten, in denen auch das Sparen eine historischeDimension erreicht hat. Wir müssen 80 Milliarden Euroeinsparen. Das gab es im Nachkriegsdeutschland nochnie. Das ist ein Kraftakt. Das ist es, was wir im Augen-blick schultern.
Das zeigt auch der Haushalt 2010. Ich sage es noch ein-mal: Wir können gerne über jede Einzelmaßnahme strei-ten; aber es gehört zur Fairness dazu, dass Sie diese his-torische Dimension und diese Priorität akzeptieren.
Wir steigern das Volumen des Haushalts der Ministe-rin Schavan gegenüber dem Vorjahr um 7,2 Prozent. Dasist ein Riesenanstieg. Rechnen wir die Bildungs- undForschungsausgaben, die in anderen Ressorts stecken,hinzu, zum Beispiel das Bildungspaket für Kinder, derenEltern Hartz IV beziehen – in den nächsten Wochen kön-nen wir gerne über die konkrete Umsetzung streiten; zu-nächst einmal ist aber festzustellen, dass die Beträge zurVsulemnDvhsSzdshs–SBsSBtruUEWsDzSpMAdbWu
Das sind Fakten, Kollegin Schieder. – Unter Ministerinchavan haben wir Aufstiegsstipendien eingeführt, dasAföG massiv erhöht und anderes mehr.Herr Rossmann, ich bitte Sie noch einmal, im An-chluss an meine Rede zu sagen, was die Position derPD-geführten Länder ist. Gibt es eine Mehrheit für dieAföG-Erhöhung? Die Studenten in diesem Land war-en darauf. Wir von der Bundesregierung und der Regie-ungskoalition stehen dazu.
Ähnlich verlief es beim Bologna-Prozess. Sie habennter Rot-Grün die Bologna-Reform beschlossen, für diemsetzung im Jahr 2005 aber nur magere 9 Millionenuro im Haushalt vorgesehen.
ir haben das Bologna-Hochschulgesamtpaket inzwi-chen auf sage und schreibe 780 Millionen Euro erhöht.as ist nach Adam Riese eine Steigerung um 8 500 Pro-ent. Das ist eine ganz andere Dimension als das, wasie bis 2005 zustande gebracht haben.
Geld allein garantiert aber noch keine gute Bildungs-olitik.
an muss Bildungspolitik auch inhaltlich gut machen.uch hier sprechen die Fakten Bände: In den Bundeslän-ern, in denen CSU und CDU seit langem regieren, ha-en wir ausgezeichnete Ergebnisse: in Bayern, in Baden-ürttemberg und in den neuen Bundesländern Sachsennd Thüringen.
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Albert Rupprecht
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Dort, wo SPD, Grüne und Linke seit langem das Sagenhaben, sind die Ergebnisse schlichtweg katastrophal: inBremen, in Brandenburg und in anderen Ländern. DenSchaden haben die Kinder.
Kinder in Brandenburg sind nicht dümmer als Kinderin Bayern oder Sachsen. Schuld an den schlechten Er-gebnissen ist ausschließlich die miserable Bildungspoli-tik der SPD-Ministerpräsidenten und der roten bzw. grü-nen Bildungsminister in den letzten 20 Jahren.
Auch die jüngsten Studien bestätigen diese These. Esgibt einen Riesenunterschied zwischen unionsgeführtenLändern und SPD-geführten Ländern. Schüler in SPD-geführten Ländern sind auf dem Bildungsniveau italieni-scher Schüler, während Schüler in Sachsen, Bayern undBaden-Württemberg auf Augenhöhe mit den Spitzenrei-tern Finnland und Kanada sind. Auch das ist Fakt.Von wegen Ihre Schulpolitik helfe den Schwachen inder Gesellschaft: Das ist wohl eine Mär. Der jüngsteLändervergleich zeigt das Gegenteil. Auch Migranten-kinder und Arbeiterkinder schneiden in Bayern undSachsen wesentlich besser ab als in Bremen und in Bran-denburg.
Linke Bildungsideologien, antiautoritäre Erziehung,Gesamtschule und anderes mehr haben auf ganzer Breiteversagt. Das zeigt auch die aktuelle Integrationsde-batte. Vor zehn Jahren haben Sie von Rot und GrünEdmund Stoiber als ausländerfeindlichen Rassisten be-schimpft, weil er gefordert hat, dass jedes Kind, das einedeutsche Schule besucht, die deutsche Sprache beherr-schen muss. Inzwischen, im Jahr 2010, ist diese Forde-rung Allgemeingut und wird von allen geteilt. Aber wirhaben wertvolle Jahre verloren. Sie haben mit ihrer lin-ken Multikulti-Ideologie den Kindern in unserem Landegeschadet.
Herr Kollege, Sie müssen bitte zum Ende kommen.
Letzter Satz. – Sehr geehrte Damen und Herren, die
jahrzehntelangen Experimente linker Bildungsideolo-
gen sind gescheitert. Das zeigen die Ländervergleiche in
Deutschland ganz klar.
Herzlichen Dank.
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as können wir aufzeigen, wenn wir darauf hinweisenwir erinnern nicht immer wieder daran; aber Sie pro-ozieren es ja –, wo wir 1998 nach Kohl/Rüttgers stan-en. Edelgard Bulmahn hat zusammen mit Gerhardchröder unter Rot-Grün das Wachstum in Bezug aufildung und Forschung eingeleitet. Dann ist es unterchwarz-Rot weitergegangen, und es geht auch bei Ih-en unter Schwarz-Gelb weiter. Das sollte man anerken-en. Aber auch Sie sollten anerkennen, was unter Rot-rün eingeleitet worden ist und dass wir insgesamt in ei-er positiven Entwicklung sind. Solange Sie dieseelbstgerechtigkeit immer wieder ausstrahlen, wird esichts mit der gemeinsamen „Bildungsrepublik Deutsch-and“.
In Bezug auf die Länder könnte man auch fragen:as ist denn in Hamburg? Wir mögen es ja bedauern,ass die CDU jetzt schon ziemlich lange in Hamburg re-iert. Weshalb sparen Sie Hamburg aus? Weil die Ham-urger und auch die Bayern wissen, dass dort Größenie Arbeitslosigkeit und Einwanderungsanteil sowie dietruktur der Großstadt und die anderen Voraussetzungenn ländlichen Räumen eine Rolle spielen. Sie praktizie-en hier eine zu billige Selbstgerechtigkeit, womit Sienter Ihrem Niveau bleiben.
Weil ich nicht in den gleichen Duktus verfallenöchte, unternehme ich an dieser Stelle den Versuch, beihnen Nachdenklichkeit an zwei Punkten jenseits der Fi-anzdebatte zu erzeugen. Frau Schavan, wir hatten dasemeinsame Ziel „Bildungsrepublik Deutschland“, wo-ei 3 Prozent für die Forschung und 7 Prozent für dieildung bereitgestellt werden sollten. Mir ist aufgefal-en, dass diese beiden Zahlen hier heute keine Rolleehr spielen. Das liegt wohl daran, dass im OECD-Be-icht, den Sie so positiv angesprochen haben, in Bezuguf Bildung steht, dass wir bei 4,7 Prozent sind. Derurchschnitt liegt deutlich höher. Das wollen wir ge-einsam ändern. Aber mit dieser Beschimpfung voninisterpräsidenten und Ländern ändern Sie es nicht.
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Dr. Ernst Dieter Rossmann
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Sie brauchen einen neuen Geist, sodass sich Bund, Län-der und Kommunen in der Bildungsrepublik gemeinsamengagieren.
Natürlich gehört zu diesem gemeinsamen Geist, dassSie die Finanzierungsprobleme am Ende nicht bei Kom-munen und Ländern abladen, die dann nur noch in einerNotwehrreaktion das aufkündigen können, worüber ei-gentlich Konsens bestand. Wir beobachten leider – daswird auch auf Ihrer Seite nicht mit Freude verfolgt –,dass der Finanzierungskonsens jetzt nicht mehr überallbesteht, sondern dass die Länder sagen: Bund, dann fi-nanzierst du alleine Stipendien und Hochschullehre.Herr Rehberg, ich glaube, auch Sie finden es nicht gut,dass die Länder auf einmal sagen: Bund, finanziere al-leine.Wie kommen wir wieder zu dem Konsens, dass eseine gemeinsame Aufgabe, eine gemeinsame Verantwor-tung und auch eine gemeinsame Finanzierung gibt? WeilSie das einfordern, sage ich: Wir von der SPD-Fraktionerwarten und hoffen, dass das Vermittlungsverfahren zudieser kleinen BAföG-Erhöhung führt.
Wir werden dann hinterher darüber streiten dürfen, oballe beteiligten Seiten, der Ministerpräsident von Bayernwie alle anderen, dazu beigetragen haben; aber wir be-treiben keine Vorverurteilung. Und dies sollte ein ersterBeitrag zur neuen Konsensbildung sein.Ich möchte ein Zweites in die Debatte einbringen.Wir stellen fest, dass sich in den parteiübergreifend ge-wachsenen Initiativen in Bezug auf die Forschungsorga-nisationen und die Forschungsförderung, die in derSumme quasi 4 Milliarden Euro blank zugeschrieben be-kommen, eine Stimmung aufbaut, Frau Schavan, durchdie infrage gestellt wird, ob der eingeschlagene Wegvom Stil her immer kooperativ ist.Als Schleswig-Holsteiner weiß ich, dass die Notret-tung der Medizinischen Fakultät der Universität zuLübeck okay war. Was das aber bei der Leibniz-Gemein-schaft an Verbitterung und bei der Max-Planck-Gesell-schaft an Alarmierung ausgelöst hat, das müssen Siewieder einfangen. Es geht nicht, dass sozusagen parordre du mufti in einer souveränen Wissenschaftsorgani-sation die Anteile hin- und hergeschoben werden. Auchdas muss wieder ins Lot gebracht werden, dies gilt auchfür andere Themen und zwar in der Sache und in derKonzeption. Dies will ich an mehreren Beispielen ver-deutlichen, bei denen es um lange Linien geht. Natürlichsind wir der Meinung, dass sich Anspruch und Wirklich-keit an den aktuellen und zukünftigen Bildungsaufgabenbewahrheiten müssen.Wenn wir für Grundbildung und Integration sind,dann verträgt sich das nicht damit, dass gleichzeitig dieMittel für die nachträgliche Qualifizierung von zuge-wanderten Hochqualifizierten im Haushalt des Bundes-ministeriums für Bildung und Forschung gekürzt wer-dRbhaArtHBrsdbgBgrdsmz1rdSsmRbesrgsiSse1EnsHsrlBdnB
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Perspektive eröffnet. Auch dies wollen wir Ihnen alslangfristige Linie mit ans Herz legen.Eine abschließende Bemerkung: Herr Meinhardt,Frau Flach, Sie haben sich ziemlich lautstark über dasneue Stipendiensystem echauffiert. Das hat mich ein biss-chen gewundert, weil ich immer dachte, dass Sie aus so-zialliberaler Zeit den Grundkonsens kennen, den wir inDeutschland in Bezug auf die Bildungsförderung hatten.Dieser Grundkonsens war: Wir wollen Chancengleich-heit; deshalb müssen die Fördermittel dahin fließen, wodie Voraussetzungen nicht gegeben sind.
Das hatten wir als Grundkonsens beim BAföG, beimMeister-BAföG und in der gesamten Bildungsförderung.In Bezug auf die Stipendien wird dieser Grundkonsensnun aufgekündigt,
indem Sie lauthals dafür kämpfen, dass auch diejenigen,die es nicht nötig haben, im Sinne von Chancengleich-heit gefördert zu werden, zusätzliche Mittel bekommen,obwohl dies weder sachgerecht noch sozial notwendigist.Die Kollegen von den Grünen haben Ihr Stipendien-programm als „Gartenzwergförderung“ bezeichnet. FrauSchavan hat dieses Stipendienprogramm einmal als „Re-volution“ bezeichnet. Dazu kann ich nur feststellen: Esist die Revolution der Gartenzwerge, die an dieser Stellein der „Bildungsrepublik Deutschland“ stattfindet.Danke schön.
Das Wort hat nun Kollege Eckhardt Rehberg für die
CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Kollege Rossmann, sicher kann man Selbstge-rechtigkeit verbal darstellen. Nur, Fakten sind Fakten.
Die Fakten sind nun einmal so, dass bei PISA und imBildungsmonitor der Initiative Neue Soziale Marktwirt-schaft
überraschenderweise die gleichen vier Länder vorne lie-gen. Das hat Ursachen, und die muss man nennen.
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enn man aber beim Thema BAföG anfängt, um Um-atzsteuerpunkte zu feilschen,
nd wenn man den seit Jahrzehnten bestehenden Grund-onsens – 65 Prozent Bund, 35 Prozent Länder – auf-ibt, dann muss ich Ihnen sagen: Hier machen alle6 Bundesländer eine Politik auf dem Rücken der Stu-ierenden. Ich glaube, ein solches Vorgehen darf diesesaus insgesamt nicht tolerieren.
Angesichts dessen, was der eine oder andere Redneresagt hat, sehe ich eine weitere Gefahr.
hrer Rede, Kollege Rossmann, stimme ich in vielen Tei-en zu, in einem Teil allerdings nicht, nämlich was denualitätspakt Lehre betrifft. Wir müssen an diesertelle aufpassen und sehr wohl auch deutlich machen:as ist Aufgabe der Gebietskörperschaften, der Kom-unen,
as ist Aufgabe der Länder und wofür ist der Bund zu-tändig? Sie wissen genauso gut wie ich: Bei der Vertei-ung – 90 Prozent Bund, 10 Prozent Länder – gab esufseiten der Länder großes Potenzial.
Ja, Sie haben recht: Letztendlich sind es 100 Prozent.
Nur, eines darf in dieser Republik nicht geschehen:ass sich die Länder bei der Bildungspolitik in die Bü-che schlagen, und das in weiten Teilen auf Kosten undulasten des Bundes. Dem sollten wir fraktionsübergrei-
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Eckhardt Rehberg
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fend entschieden entgegentreten, meine sehr verehrtenDamen und Herren.
Da wir über Bildungs- und Forschungspolitik reden,sage ich Ihnen: Ich glaube, dass Bundesmittel dort, woes möglich ist, eingesetzt werden sollten – das Koopera-tionsverbot ist, wie es ist –, zum Beispiel für die berufli-che Bildung. Im Bildungsbericht der OECD wurde fest-gestellt, dass 80 Prozent der Schüler ohne Schulab-schluss in Übergangssystemen landen.Herr Rossmann, zu dem Gedanken, den Sie im Zu-sammenhang mit dem Hauptschulabschluss geäußerthaben, sage ich Ihnen: Es muss nicht etwa ein Rechtsan-spruch her, sondern man braucht intelligente Systeme fürJugendliche, die keinen Schulabschluss erwerben, auswelchem Grund auch immer. In meinem Heimatlandsind es leider 13,7 Prozent der Jugendlichen; wir sind daSpitzenreiter. Man braucht Systeme, die relativ geringeKosten verursachen, aber 80 Prozent der Jugendlichen ineinem Jahr zum Hauptschulabschluss führen. Ein Bei-spiel hierfür sind Produktionsschulen, Träger: CJD.
In diesen Schulen werden, wie gesagt, 80 Prozent der Ju-gendlichen in zwölf Monaten zum Hauptschulabschlussgeführt. Von diesen Jugendlichen wiederum wird mehrals jeder Zweite in eine betriebliche Ausbildung vermit-telt.Mein Appell, auch als Haushälter, ist: Wir müssen dieEffizienz kontrollieren. Wir müssen evaluieren undüberlegen: Wo erreichen wir mit dem geringsten Mittel-einsatz die besten Effekte? Kollege Schummer und ichhaben uns ein solches System angesehen. In ganzDeutschland gibt es übrigens etwa 40 solcher Produk-tionsschulen.Lassen Sie mich noch einige Sätze zur Forschung sa-gen. Ich verstehe überhaupt nicht, was man gegen Dritt-mittel haben kann.
– Kollege Hagemann, Frau Kollegin Sitte hat doch einPlädoyer gegen Drittmittel gehalten.
Drittmittel sind eine Möglichkeit, eine Anregung undnatürlich auch ein Stück weit ein Zwang, dass sich Wis-senschaft und Wirtschaft zusammentun, gemeinsam for-schen, gemeinsam arbeiten und dass die Ergebnisse ho-noriert werden, damit sie sozusagen on top sind. Dassdann mehr Wissenschaftler eingestellt werden können,ist doch eine vernünftige Sache.Ich bitte auch darum, dass wir die Korridorförderungbzw. – neudeutsch – die Validierungsförderung imHaushaltsausschuss noch einmal sehr intensiv diskutie-ren. Es ist heute nicht mehr klassisch zwischen dem For-schungsministerium und dem Wirtschaftsministerium zutrennen. Es gibt nicht auf der einen Seite nur die Grund-ldSicsWsgvmwiisFnfensnAWPmkfEdgnghsibniHpddraN
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Mittelbaus nicht mehr aus den Haushalten der Hoch-schulen finanziert werden, läuft eine Kernaufgabe derHochschulen, nämlich die Nachwuchsförderung, Gefahr,verloren zu gehen.Drittens will ich auf ein grundsätzliches Problem hin-weisen: Mit der Drittmittelforschung verschiebt sich im-mer mehr der Akzent von der Grundlagenforschung zuranwendungsorientierten Forschung und hin zur Anwen-dungsforschung.Das ist das dreigefächerte Problem, das wir mit denDrittmitteln haben. Prinzipiell ist gegen Drittmittel garnichts einzuwenden; aber die gegenwärtige Tendenz istso, dass hochschulpolitische Entscheidungen immer mehrdurch das Bemühen überlagert werden, an Drittmittel he-ranzukommen, und die eigentlichen wissenschaftsimma-nenten, wissenschaftsgetriebenen Entwicklungen nichtmehr Grundlage einer Entscheidung sind. Das ist das Pro-blem, das ich damit verbinde und das man einfach einmalbenennen und zur Kenntnis nehmen muss. Wir müsseneinmal schauen, welche Tendenz das in der Perspektivefür die Hochschulen, für deren Profilierung und für denNachwuchs bedeutet.
Kollege Rehberg, Sie haben Gelegenheit zur Re-
aktion.
Frau Kollegin Sitte, wenn ich mir anschaue, was der
Bund den Forschungseinrichtungen an Verlässlichkeit bie-
tet – einen jährlichen Aufwuchs von 5 Prozent für die
Helmholtz-Gemeinschaft, die Leibniz-Gemeinschaft usw. –,
dann kann ich Ihre Argumentation überhaupt nicht ver-
stehen. Die Kritik, die die Länderministerien betrifft,
bringen Sie bitte dort an, wo sie angebracht ist.
Ich will Ihnen einmal ein Beispiel nennen, bei dem
das BMBF Grundlagenforschung und anwendungsorien-
tierte Forschung verbunden hat: Das BMBF fördert mit
dem Projekt POLAR gemeinsam mit der Universität
Rostock und mit 14 kleinen und mittelständischen Un-
ternehmen Werften in Mecklenburg-Vorpommern. Es
geht um LNG-Tanker, um Module in der Arktis. Das ist
eigentlich Validierungsförderung, das ist Korridorförde-
rung. Wenn das BMBF nicht gesagt hätte, es würde das
Projekt unterstützen, hätte es den Verbund von KMU
und Wissenschaft nicht gegeben.
Ich muss Ihnen sagen: Ich sehe überhaupt nicht die
Gefahr, dass Forschung und Wissenschaft zu anwen-
dungsorientiert werden. Nein, ganz im Gegenteil: Als In-
genieur, als Techniker freue ich mich darüber, dass wir
viel stärker von der reinen Grundlagenforschung sowie
der reinen Anwendungsforschung wegkommen und dass
hier mehr Synergieeffekte entstehen. Aus meiner Sicht
sind Drittmittel als Projektförderung genau der richtige
Weg.
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Rede von: Unbekanntinfo_outline
ch komme gleich noch zu den Zahlen.Die gute Nachricht des Tages ist: Die christlich-libe-ale Koalition ist angetreten, um dieses Defizit gar nichtrst entstehen zu lassen, also für das kommende Jahruszugleichen. Dabei werden alle Beteiligten gleicher-aßen in Anspruch genommen: Arbeitgeber, Arbeitneh-er, und zwar durch die Rückführung des Krankenversi-herungsbeitrages auf das Niveau von vor der Krise, dieeistungserbringer im System, Ärzte, Zahnärzte, Apo-heker, Krankenhäuser, die Krankenkassen und natürlichuch die Pharmaindustrie.Aber eine Gruppe wird nicht zum Ausgleich des Defi-its herangezogen. Das sind die Patientinnen und Patien-en, die eben nicht durch höhere Zuzahlungen wie Pra-isgebühr oder weitere Zusatzbeiträge in Verantwortungenommen werden.
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Bundesminister Dr. Philipp Rösler
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Das zeigt, dass dieses System funktioniert, dass die Star-ken, nämlich die Gesunden, durch ihre Beiträge sicher-stellen können, dass die Schwächeren, nämlich die Kran-ken, immer und zu jeder Zeit die notwendigen Leistungenerhalten. Das zeigt nicht nur die Solidarität des Systems,sondern auch die Ausgewogenheit unseres Sparpaketesfür das Jahr 2011 und auch für das Jahr 2012.
Ihre Kritik gerade an den Sparmaßnahmen zumThema Arzneimittelpreise finde ich bemerkenswert. Ichmeine, wenn jemand keine Kritik üben dürfte, dann wä-ren das die Vertreter von SPD und Grünen.
Die Linken haben nie regiert, und sie werden auch nieregieren.
Man kann den Kollegen also keinen Vorwurf machen,wenn sie nicht versucht haben, die Pharmaindustrie inden Griff zu bekommen. Aber Sie haben eine Zeit lang re-giert, und Sie haben rein gar nichts erreicht, wenn es da-rum geht, die Pharmapreise in irgendeiner Form in denGriff zu bekommen. Erinnern wir uns nur daran, wie FrauFischer als grüne Gesundheitsministerin einmal versuchthat, an die Pharmaindustrie heranzugehen. Herr Schröderhat dann zu einer weinseligen Runde im Kanzleramt ein-geladen, und herausgekommen sind 400 Millionen Euro.Netto waren es 200 Millionen Euro. Selbst wenn Sie es inD-Mark umrechnen würden, würden Sie nicht in Ansät-zen an die 2 Milliarden herankommen, die diese Regie-rungskoalition allein in diesem und im nächsten Jahr derPharmaindustrie nimmt, um sie für die gesetzlich Versi-cherten zu sichern.
Wenn wir die Maßnahmen loben würden, dann wäredas nicht überraschend; wir haben sie schließlich auf denWeg gebracht. Aber dass sie offenbar wirken, erkennenSie daran, dass die private Krankenversicherung nichtnur die gleichen, sondern dieselben Instrumente fordert,die die gesetzliche Krankenversicherung hat, um dieArzneimittelpreise zu kontrollieren. Ich halte es aus-drücklich für gerechtfertigt, diese Instrumente auf dieprivate Krankenversicherung zu übertragen. Man musssich schon sehr über Ihre Lesart der deutschen Gesund-heitspolitik wundern.Wir sagen zu Recht: Wir sind für mehr als 80 Millio-nen Versicherte in Deutschland verantwortlich und zu-ständig. Dazu gehören die 70 Millionen gesetzlich Versi-cherten, aber auch die über 8 Millionen privat versicher-ten Menschen. Auch das sind ganz normale Menschen,zum Beispiel Beamte des einfachen und mittleren Diens-tes. Es ist gerechtfertigt, dass diese Menschen genau die-selben Möglichkeiten der Kostenkontrolle bekommenwci2ttnRKuwtcuzEHnzagsdtG2uwcGmOndhsBEiEueruzsnlh
nd damit die Aufhebung der Konjunkturanfälligkeit,ie wir sie in den Jahren 2008 und 2009 erleben muss-en, sowie gleichzeitig den Einstieg in ein wettbewerbli-heres System durch einkommensunabhängige Beiträgend mehr Solidarität durch einen steuerfinanzierten So-ialausgleich.Dass wir dazu bereit sind, erkennen Sie auch iminzelplan 15 schon bei den Haushaltsberatungen zumaushalt 2011. Denn anders als in der mittelfristigen Fi-anzplanung ausgewiesen, steigt der steuerliche Bundes-uschuss von 13,3 Milliarden Euro um 2 Milliarden Eurouf 15,3 Milliarden Euro. Das ist zum einen für den Aus-leich gedacht, zum anderen ist es aber auch für denteuerfinanzierten Sozialausgleich vorgesehen. Das zeigt,ass die Menschen zu Recht fordern, dass wir das Sys-em der gesetzlichen Krankenversicherung stabilisieren.enau das wird diese Regierungskoalition für das Jahr011, aber auch für die Folgejahre auf den Weg bringen,nd zwar nicht nur für diese Legislaturperiode, sonderneit darüber hinaus.
Auch wenn die Zahlen im System, die den eigentli-hen Haushalt des Einzelplans 15 betreffen, nicht an dierößenordnung von 15,3 Milliarden Euro herankom-en, lohnt es sich, finde ich, sie in den Blick zu nehmen.bwohl wir die Sparvorgaben des Finanzministeriumsicht nur erfüllt, sondern übererfüllt haben – Sie kennenen Begriff „Plan übererfüllt“ –,
aben wir auch Ausgabensteigerungen in für uns we-entlichen und wichtigen Bereichen durchgesetzt, zumeispiel bei der Bekämpfung von Krebs. Auch bei derinführung der Versorgungsforschung – das ist, glaubech, ein wichtiges Thema – kennen wir uns zwar bei deninzeltherapien gut aus; aber beim Ineinandergreifen dernterschiedlichen Therapien und Sektoren gibt es nochiniges zu erforschen, wie auch in dem wichtigen Be-eich Krankenhaushygiene. Hier geht es insbesonderem die Frage der Bekämpfung von Arzneimittelresisten-en. Ich halte es ausdrücklich für richtig, dass man tragi-che Ereignisse, die sich aktuell abgespielt haben, nichtur kurzfristig in der Öffentlichkeit bedauert, sondernangfristig Maßnahmen zur Verbesserung der Kranken-aushygiene ergreift.
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Bundesminister Dr. Philipp Rösler
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Ich will mich ausdrücklich bei den Regierungsfraktio-nen bedanken, die nicht nur die Mittel dazu zur Verfü-gung stellen, sondern gleichzeitig bei dem wichtigenZiel, Resistenzen bundesweit und weltweit zu bekämp-fen, auch Initiativen auf den Weg bringen, um die Län-der mit ins Boot zu holen.
Abschließend möchte ich noch eine Ausgabe hervor-heben, die zwar nur einen kleinen Etatansatz ausmacht, aberpolitisch ungemein wichtig ist, und zwar 400 000 Eurofür die Verbesserung der Organspendebereitschaft inDeutschland. Ich will nicht nur die Leistung von Frank-Walter Steinmeier, sondern auch die Vorbildfunktion, dieer dadurch für Deutschland hat, persönlich ausdrücklichanerkennen und mich an dieser Stelle bei ihm dafür be-danken,
dass dadurch das Thema Organspende auf die Tagesord-nung gesetzt wurde. Dabei spielen nicht nur die von unsfinanzierten Kampagnen eine Rolle; vielmehr ist es inder Gesundheitspolitik, die sich nicht nur mit Finanzie-rungsfragen beschäftigen darf, unsere gemeinsame Auf-gabe, dafür zu sorgen, dass das wichtige Thema Organ-spende ernst genommen und ernsthaft diskutiert wirdund die Menschen in Deutschland entsprechend versorgtwerden. Auch das gehört zur Haushaltsberatung dazu;denn es heißt nicht umsonst, dass Haushaltsberatungenin Zahlen gegossene Politik sind. Politik heißt Stabilisie-rung der Systeme, aber auch Erfolge für die Menschen indiesen Systemen.Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Das Wort hat nun Kollege Karl Lauterbach für die
SPD-Fraktion.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächstmöchte ich im Namen meiner Fraktion darauf hinwei-sen: Wir werden uns gegenüber allen parteiübergreifen-den Initiativen offen zeigen, die zum Ziel haben, bei derOrganspende die bestehenden Verfahren zu verbessern.
Wir werden auf Gruppenanträge hinarbeiten. Hier darfParteipolitik keinen Platz haben. Hier müssen die Effi-zienz und die Qualität im System verbessert werden. Wirwerden unseren Beitrag dazu leisten. Auch bei derKrankenhaushygiene müssen wir zu übergreifendenLösungen kommen. Bund und Länder müssen zusam-menarbeiten.Ich komme zum eigentlichen Thema. Der Ministerhat die Haushaltsdebatte verbreitert und über die Struk-tcKSahnWagDsdWpnnpkrlPlhgsWNdkgtddHOddGVmsDsbnktva
Ich will versuchen, das zu begründen und darzulegen.as beobachten wir derzeit? Wir sehen eine breite Kritikn der Art und Weise, wie Politik funktioniert: Stutt-art 21 und die Atommauscheleien der Bundeskanzlerin.ie Bürger sind der Meinung, dass die Politik das, wasie wünschen, nicht komplett umsetzt. Wir sehen daserzeit nirgendwo klarer als in der Gesundheitspolitik.as will der Bürger beispielsweise in der Arzneimittel-olitik? Der Bürger will sichere und preiswertere Arz-eimittel. Er hat auch recht. Wir lesen im Arzneiverord-ungs-Report erneut, dass mehr als 9 Milliarden Euroro Jahr bei gleichwertiger Versorgung gespart werdenönnten, wenn die Preise in Deutschland genauso nied-ig wären wie in Schweden. Aber die Preise in Deutsch-and sind höher. Was legt denn der Minister vor, um diereise zu senken? Wir sehen erst einmal Ausnahmerege-ungen. Bei seltenen Arzneimitteln und seltenen Krank-eiten soll die Kosten-Nutzen-Relation überhaupt nichteprüft werden, egal wie teuer die Medikamente sind. Esoll zahlreiche Ausnahmen für kleine Bereiche geben.er definiert, was ein kleiner Bereich ist? Die Kosten-utzen-Prüfung soll nach einer Rechtsverordnungurchgeführt werden, die vom Ministerium selbstommt. Hier ist die Staatsmedizin vom Ministerium vor-eschlagen, um der Arzneimittelindustrie einen Gefallenun zu können.
Ich bitte Sie: Machen wir uns nichts vor! Worauf wirdas hinauslaufen? Das wird darauf hinauslaufen, dassie Preise weiter steigen und nicht sinken.
err Singhammer hat bereits in einem Interview in einerffenheit, für die man schon fast danken muss, gesagt,ass andere Aspekte wie Erfahrungen mit der Anwen-ung von Arzneimitteln berücksichtigt werden sollen.enau das sind die Vorschläge des VFA; das sind dieorschläge der Lobbygruppen im System. Daher hat esich gar nicht überrascht, dass hier vom Verband For-chender Arzneimittelhersteller abgeschrieben wurde.
as ist eine neue Qualität der Lobbypolitik. Die Vor-chläge werden nicht übernommen, sondern abgeschrie-en. Der Staatssekretär Bahr, dem man das wirklichicht gönnt, musste vor der Presse und in der Öffentlich-eit argumentieren, die Lobbygruppe habe beim Minis-er abgeschrieben und habe ihm einen Formulierungs-orschlag vorgelegt, den man zuvor beim Ministerbgeschrieben habe. Aber weshalb legt man dem Minis-
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Dr. Karl Lauterbach
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ter vor, was man bei ihm selber abgeschrieben hat? KeinSchüler lügt so plump.
Das ist so ähnlich, wie wenn der Schüler sagt, der Lehrerhabe bei ihm abgeschrieben.
Angesichts dessen muss man sich Sorgen um die Quali-tät der Pressearbeit im Haus machen. Man muss tatsäch-lich darüber nachdenken, ob die Pressestelle derAufgabe noch gewachsen ist oder eher zur Politikver-drossenheit beiträgt. Wenigstens die Art und Weise, wieder Bürger an der Nase herumgeführt wird, sollte einegewisse Qualität haben, wenn schon die Gesetze keinehaben; das ist die Wahrheit.
Herr Spahn, die Wahrheit ist die folgende: Es sind dieVorschläge, die der Verband Forschender Arzneimittel-hersteller schon vor Jahren auch uns vorgetragen hat, alswir in der Großen Koalition waren. Es sind die altenVorschläge. Es ist alter Wein in neuen Schläuchen.
Es ist Klientelpolitik pur, ohne Ausnahme. Es ist für denVerbraucher kein Gewinn, wenn er erfährt: Ich konntezwar den Nutzen des Medikaments nicht für Sie prüfen,aber es ist immerhin eine seltene Krankheit. – Was hatder Bürger davon?
Überlegen Sie sich: Mit welcher Begründung werden dieKosten-Nutzen-Prüfung und die Nutzenprüfung ausge-setzt, wenn die Krankheit selten ist? Wer definiert, waseine Ausnahme ist? – Wir brauchen eine ehrliche undtransparente Kosten-Nutzen-Bewertung, ohne Ausnah-men, ohne Wenn und Aber, von Wissenschaftlern vorge-nommen, und nicht eine gesundheitspolitische Bewer-tung von Minister Rösler oder seinen Mannen.
Ich komme zum Bereich der privaten Krankenver-sicherung. Hier muss man sagen, dass die Entbürokrati-sierung und die Herstellung von Transparenz bei derLobbypolitik tatsächlich stattgefunden haben. Da wurdedas Ganze zusammengebracht. Es wird nicht von denLobbyisten abgeschrieben; der Lobbyist arbeitet imMinisterium. Herr Weber von der privaten Assekuranzist im Haus auf Staatskosten eingestellt; daher mussnicht abgeschrieben werden, und die Vorschläge sindentsprechend. Das hören Sie ungern, aber es ist so. DassumdvvcWcvwshsnCmtISsad1tvalsuitBDrKRgnm
Ehrlich gesagt, ist das auch kein großer Wurf für dieDU/CSU, denn der CDU/CSU wird dies mittelfristigehr schaden als der FDP. Von der FDP wird eine Poli-ik zugunsten der Privatversicherten erwartet, aber vonhnen nicht, meine sehr verehrten Damen und Herren.ie treten als Volkspartei auf, vertreten aber die Interes-en einer kleinen privilegierten Gruppe und wollen dasls Politik fürs Volk verkaufen. Damit kommen Sie nichturch.
Ich will dazu ein Beispiel bringen: Wenn00 000 junge Menschen zusätzlich in das private Sys-em wechseln, dann werden der gesetzlichen Kranken-ersicherung pro Jahr 600 Millionen Euro fehlen. Mehrls eine halbe Milliarde Euro wird fehlen. Dieses feh-ende Geld wird in Beitragssatzerhöhungen und in Zu-atzbeiträgen münden, die Sie vornehm „einkommens-nabhängige Zusatzprämie“ nennen. Dieses Geld wirdm System fehlen; das ist das Resultat der Klientelpoli-ik. Die Klientelpolitik geht zulasten von 90 Prozent dereschäftigten, von 90 Prozent der Versicherten.
afür werden diese bürgerliche Koalition und die Regie-ung die Quittung bekommen.Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Das Wort zu einer Kurzintervention erteile ich dem
ollegen Daniel Bahr.
Lieber Herr Kollege Lauterbach, Sie haben in Ihrerede kurz zu dem Vorwurf in der Frage Stellung bezo-en, ob das Ministerium vom Verband Forschender Arz-eimittelhersteller abgeschrieben habe oder nicht. Manuss sich vielleicht die Zeit nehmen, die beiden Papiere
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Daniel Bahr
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nebeneinander zu legen. Man wird dann sehr genausehen, dass der Vorwurf nicht zutrifft. Der Verband For-schender Arzneimittelhersteller hat in der Tat einen For-mulierungsvorschlag vorgelegt, und zwar für eine Ver-ordnung, die im Bundesgesundheitsministerium nochgar nicht erarbeitet wurde. Hier gibt es noch gar keinenEntwurf, also konnten wir auch nirgendwo anders ab-schreiben.
In diesem Vorschlag wird aber auf die FormulierungBezug genommen, die schon im Gesetzentwurf vomJuni stand. Hier haben die Journalisten in der Tat vergli-chen. Sie dachten, der eine hätte vom anderen abge-schrieben. Es ist vielleicht so, dass andere Journalistengern von einer Falschmeldung abschreiben.Ich will Ihnen aber auch in der Sache begründen, wa-rum das völliger Unsinn ist. Wir machen ein Arznei-paket, dessen Ziel es ist, dass die Ausgaben sinken.Glauben Sie ernsthaft, dass wir bei einem solchen Paketmit diesem Ziel ein Interesse daran haben könnten, dassnachher ein pharmafreundlicher Weg eingeschlagenwird, auf dem den Pharmaunternehmen Gewinne er-leichtert werden?
Zweitens. Was haben wir konkret vorgesehen? Sie ha-ben das kritisiert. Wir sehen vor, dass diese Verordnungvom Bundesministerium für Gesundheit erarbeitet wird.Das ist übrigens ein Verfahren, das auch in unserenNachbarländern üblich ist; denken Sie an Großbritannienund Frankreich. Die SPD hat, als wir über die Kosten-Nutzen-Bewertung und die Nutzenbewertung diskutierthaben, was sehr lange gedauert hat – Sie werden sich da-ran erinnern; denn Sie haben das kritisiert –, gesagt, dasses besser sei, wenn das Bundesministerium für Gesund-heit die Kriterien vorgebe, damit der Prozess schnell inGang komme. Weil genau das unser Interesse ist – wirhaben aus den Erfahrungen anderer Länder gelernt –, ha-ben wir es für besser gehalten, dass das Bundesministe-rium für Gesundheit diese Verordnung formuliert. Diesewird in den nächsten Monaten erarbeitet. Sie könnendann vergleichen, wer von wem abgeschrieben hat. Siekönnen die Verordnung danach beurteilen, ob sie gut istoder nicht.Wir haben überhaupt kein Interesse daran, mit diesenMaßnahmen die Arzneimittelausgaben steigen zu lassenund etwas vermeintlich Pharmafreundliches zu tun. Wirhaben einen Herstellerrabatt in einer ungewöhnlichenHöhe vorgesehen, was Sie sich damals nicht getraut ha-ben. Wir sorgen dafür, dass das einseitige Preisdiktat derPharmaindustrie der Vergangenheit angehört und wir ei-nen wirklichen Preiswettbewerb bekommen. Setzen Siealso nicht solche unglaublichen Behauptungen in dieWelt, die den Tatsachen nicht entsprechen!Danke für die Aufmerksamkeit.
Das Wort zur Reaktion hat Kollege Lauterbach.
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Sie, Herr Bahr, führen aus, dass Sie Geld sparen wol-
en. Wir lesen aber nur von Ausnahmeregelungen. Es
ibt Ausnahmeregelungen für seltene Erkrankungen, de-
en Behandlung sehr teuer sein kann. Ich nenne Ihnen
in Beispiel. Die rheumatischen Erkrankungen sind rela-
iv seltene Erkrankungen. Lupus ist zum Beispiel eine
eltene Erkrankung. Das Medikament zur Behandlung
ieser Krankheit kostet aber fast 100 000 Euro pro Jahr.
ie Vorschläge der Pharmaindustrie gehen in diese
ichtung. Sie können doch den Vorwurf nicht ausräu-
en, dass die Vorschläge der Pharmaindustrie, die sich
n Ihrem Gesetzentwurf wiederfinden, letztendlich das
parpaket belasten werden.
Ich habe vorhin Herrn Singhammer zitiert. Herr
inghammer selbst sagt, dass die Anwendungserfahrun-
en mit dem Medikament berücksichtigt werden sollen.
as ist genau das, was die Pharmaindustrie wünscht. Es
oll nicht streng geprüft werden, ob ein Medikament
irkt, sondern festgestellt werden, welche Erfahrung der
rzt mit der Anwendung hat. Darauf läuft Ihr Vorschlag
inaus.
Daher sage ich voraus – ich würde mich freuen, wenn
s anders käme –, dass das keine Einsparungen bringen
ird. Sie können nicht davon ausgehen, dass Sie Einspa-
ungen erzielen, wenn Sie die Wünsche der Pharma-
ndustrie zum Gesetz machen.
Das Wort hat nun Kollege Johannes Singhammer für
ie CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-en! Wir in der christlich-liberalen Koalition haben dieersorgung von 70 Millionen gesetzlich Krankenversi-herten und fast 10 Millionen privat Versicherten wiederuf eine sichere, feste und nachhaltige finanziellerundlage gestellt.
ir haben mit den massivsten Einsparungen bei denusgaben für Arzneimittel seit Bestehen der Bundes-epublik Deutschland erstmals einen Gesamtsparbetragon 2 Milliarden Euro erzielt. Gleichzeitig haben wir si-hergestellt, dass die Patientinnen und Patienten in
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Johannes Singhammer
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Deutschland mit den besten und nicht mit den zweitbes-ten Arzneimitteln und Therapien versorgt werden.Vor vier Monaten – vielleicht erinnert sich der eineoder andere daran – gab es eine große öffentliche Dis-kussion über ein abgrundtiefes Finanzloch in der gesetz-lichen Krankenversicherung. Man sprach von einemSchlund geradezu apokalyptischen Ausmaßes, der diegesetzliche Krankenversicherung zu verschlingendrohte. Heute wissen wir, dass die gesetzliche Kranken-versicherung auf einem sicheren Fundament steht unddie Einnahmen und Ausgaben im Gleichgewicht sind.Wir haben das mit einer gerechten, durchdachten und zu-kunftsweisenden Neuausrichtung des Gesundheitswe-sens, mit effizienten Sparmaßnahmen, aber auch miteiner ausgewogenen Beteiligung aller Partner an denKosten erreicht.Mit dem Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz wirdallein jedes versicherte Mitglied in der gesetzlichenKrankenversicherung im kommenden Jahr, 2011, um40 Euro entlastet. Dazu kommt eine Reihe weitererSparmaßnahmen, deren Wirkungen in diesem Betragnoch gar nicht eingerechnet sind, zum Beispiel 300 Mil-lionen Euro durch günstigere Impfstoffe, 400 MillionenEuro durch günstigere Bedingungen im Pharmagroß-handel. Zu nennen sind auch andere Bereiche, etwa300 Millionen Euro durch geringere Verwaltungskostenbei den Krankenkassen. Das heißt, es ist nicht nur überSparen geredet worden, sondern nachprüfbar kommenbei jedem versicherten Mitglied in der gesetzlichenKrankenversicherung die Einsparungen im kommendenJahr an.
Aber wir bleiben nicht beim Sparen stehen. Wir wol-len, dass diese Diskussion einmal im Jahr über eine Wellevon Steigerungen und Preiserhöhungen nicht mehr in die-ser Regelmäßigkeit stattfindet. Deshalb muss künftig derzusätzliche Nutzen von neuen Medikamenten nachge-wiesen werden. Deshalb verändern wir die Grundstruk-tur, sodass für neue Arzneimittel nur dann ein höhererPreis gezahlt werden kann, wenn auch ein tatsächlicher,nachgewiesener zusätzlicher Nutzen für den Patientenbesteht. Ein gleicher Nutzen im Medikamentenbereichreicht nicht, sondern das Medikament muss besser wir-ken, schneller wirken, hilfreicher sein.Früher – das darf ich hier auch einmal sagen – galtDeutschland als die Apotheke für die Welt. Wir wollen,dass zu Medikamenten, vor allem den neuesten, den in-novativsten, den besten, auch denjenigen, die am teuers-ten zu entwickeln sind, Forschung und Produktion wie-der vermehrt in Deutschland stattfinden. Wer das nichtwill, wer etwas dagegen hat, soll sich hier melden. Wirwollen, dass die Arbeitsplätze in Deutschland bleibenund teure Medikamente nicht importiert werden müssen.Im Mittelpunkt der Neuregelung des Arzneimittel-markts steht deshalb eine faire, verlässliche und wettbe-werbliche Verhandlungslösung über Arzneimittelpreise.Die Abläufe zur Nutzenbewertung müssen transparentsein. Deshalb haben wir uns in der Koalition darauf ver-ständigt, eine Verordnungsermächtigung für das Bun-dtnTlgWErHePmiqnswddfgsdsmbAsAsRnwEasüdnDa
err Kollege Lauterbach, glauben Sie wirklich, dassine Koalition, die wie keine andere Zwangsrabatte,reismoratorien erlassen hat – keineswegs zum allge-einen Beifall dieser Industriebranche; keiner hätte dasn dieser Höhe erwartet –, weich wie eine Mittelmeer-ualle auf die Pharmalobby reagiert? Doch bestimmticht! Wir tun nicht der Pharmalobby einen Gefallen,ondern es sind die Patientinnen und Patienten, denenir einen Gefallen tun wollen.
Wie soll das Verfahren denn anders ablaufen? Auchas muss man einmal feststellen: Die Alternative ist,ass der Gemeinsame Bundesausschuss sich eine Ver-ahrensordnung gibt, die später durch das Ministeriumenehmigt wird. Das dauert. Das wird dadurch nicht bes-er. Besser, schneller, berechenbarer ist eine Verordnungurch das Ministerium. Wir wollen erreichen, dass eineolche Verordnung zeitgleich mit dem Arzneimittel-arktneuordnungsgesetz zum 1. Januar in Kraft tritt; da-ei ist nichts Anstößiges.
Darüber begrenzen wir aber auch die vorhergesagtenusgabensteigerungen in den anderen Bereichen im Ge-undheitswesen. Lassen Sie mich jetzt ganz klar sagen:nders als bei den Arzneimitteln, wo wirklich Ein-chnitte und Einsparmaßnahmen verfügt werden, wo esückgänge gibt, wird den Ärzten und Krankenhäusernichts weggenommen.Die Zuwächse können nicht so fortgesetzt werden,ie es in den vergangenen Jahren war, aber es gibt keineinschnitte, keine Nullrunden, keine Rückgänge. Das istuch richtig und notwendig; denn bei den Krankenhäu-ern liegt der Personalkostenanteil beispielsweise beiber 60 Prozent. Wir wollen den Krankenschwestern,ie die Patienten gut und aufopferungsvoll versorgen,icht den Lohn kürzen.
eshalb gibt es hier Zuwächse. Zu denen stehen wiruch.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010 5965
Johannes Singhammer
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Ein weiteres unserer Ziele ist eine gerechte Honorar-verteilung bei den Ärzten. Dazu sind Summen von bis zu1 Milliarde Euro vorgesehen. Wir werden – das sage ichzu – auf gerechte Verteilung dieser Zuwächse achten, da-mit nicht der Fall eintritt, dass einige Länder völlig leerausgehen.Wir wollen auch einen Vertrauensschutz für Haus-arztverträge. Wir haben erst vor zwei Jahren die heutegeltende Regelung zur hausarztzentrierten Versorgungbeschlossen. Damit haben wir den Vertragspartnern,Krankenkassen und Hausärzten, Möglichkeiten eröff-net, die noch nicht vollständig ausgeschöpft sind. Ver-trauensschutz heißt, der Gesetzgeber darf nicht eine ge-rade eingeführte Neuregelung, die mit Freiheiten für dieVertragspartner verbunden ist, wieder abschaffen, ohnedass deren Effekte und Ergebnisse genau bewertbar sind.Wir haben uns damals bei der Einführung der gesetzli-chen Regelung zur hausarztzentrierten Versorgung vor-genommen, drei Jahre abzuwarten, um den Hausarztver-trägen die Möglichkeit zu geben, sich zu bewähren undihre Vorteile auszuspielen. Diese Zeit sollten wir auchtatsächlich abwarten.Wir verbessern auch die Einnahmeseite. Das heißt,der Beitragssatz wird das Niveau erreichen, das er be-reits am 1. Januar 2009 erreicht hatte. Die anteilig vonArbeitgebern und Arbeitnehmern zu zahlende Beitrags-erhöhung um 0,3 Prozentpunkte entspricht also exakt derDifferenz zwischen dem heutigen Beitragssatz und demBeitragssatz, der vor der Wirtschaftskrise erhoben wurde.Durch den Einsatz von Steuermilliarden haben wir da-mals den Beitragssatz verringert.
Dieser Einsatz von Steuermitteln kann aber nicht unbe-grenzt fortgesetzt werden. Deshalb kehren wir wieder zudem ursprünglichen Beitragssatz zurück. Das ist auchsinnvoll, weil wir damit einen dauerhaften Plafond bil-den, mit dem alle planen können.Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben inden Gesetzen, die wir noch in diesem Jahr verabschiedenwerden, auch neue Weichenstellungen vorgesehen,durch die unser Gesundheitssystem dauerhaft gesichertwird. Dazu zählt beispielsweise die Einführung einesZusatzbeitrages. Diesem Zusatzbeitrag kommt insbeson-dere eine Wettbewerbsfunktion zu: Die festen Beitrags-sätze, die in der Vergangenheit politisch festgelegt wur-den, können jetzt nämlich durch Zusatzbeiträge von denKrankenkassen individuell variiert werden; das heißt,Kassen, die gut wirtschaften, werden keinen Zusatzbei-trag erheben müssen, während Kassen, die weniger gutwirtschaften, diesen erheben können. Sie müssen sich al-lerdings angesichts der Wechselbereitschaft der Patien-tinnen und Patienten gut überlegen, ob sie tatsächlich ei-nen solchen Weg einschlagen wollen.Zu den Neuerungen zählt auch die Einführung einesSozialausgleichs. Bei Versicherten mit geringen Ein-kommen wird der Zusatzbeitrag durch eine Absenkungdes Arbeitnehmerbeitrags ausgeglichen.nce1dkEebswtgfWznMWnLWhzDthSrwhWwMAgP
o ist eigentlich Ihre Reformkommission? Komischer-eise war diese nach der Nordrhein-Westfalen-Wahl imai wie vom Erdboden verschluckt.
ch ja! Sie hatte ihre Verschleierungsrolle gespielt. Dannab es Diskussionspapiere, die Sie Ihnen nahestehendenressevertretern zugespielt haben, damit diese wohlwol-
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Dr. Martina Bunge
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lend berichten konnten, und zwar bevor ein im ParlamentTätiger je kritisch darauf hätte gucken und sich dazu hätteäußern können. Dann folgten Referentenentwürfe unterAussparung des Parlaments. Ich darf Sie erinnern: DasParlament ist der Gesetzgeber.
In dem Zeitplan, den wir gestern zugespielt bekom-men haben, geben Sie uns gönnerhaft ganze acht Wo-chen, um das gesamte Verfahren bis zum Herbst zu re-geln.
Diese Regierung übt sich in Demokratielosigkeit ohne-gleichen,
und zwar aus Mutlosigkeit, sich dieser unsozialen Politikauf demokratische Weise zu stellen und sich mit ihr aus-einanderzusetzen.
Zutiefst unsozial ist das Machwerk, das Sie im Ge-setzentwurf, den wir offensichtlich noch nicht kennen,festschreiben.
Sie schreiben fest, alle künftigen Kostensteigerungen al-lein die Versicherten tragen zu lassen. Mit 8,2 Prozentschaffen Sie nicht den alten Beitrag, Kollege Singhammer;denn man kann 2 Prozent dazurechnen. Das ist derhöchste Beitrag aller Zeiten. Durch die höheren Belastun-gen haben die Versicherten weniger statt mehr Netto vomBrutto.
Es handelt sich hier wirklich um Wahlbetrug. DennSie haben gesagt: Eigentlich sollte es mehr Netto wer-den. Außerdem konstruieren Sie eine Belastungsschief-lage hin zu den kleinen Einkommen. Diese werden ammeisten geschröpft. Das alles ist zutiefst unsozial. Sieaber setzen dem Ganzen noch einen drauf, indem Sieden sogenannten Sozialausgleich nicht über den Bundes-haushalt decken. Ewig haben Sie gepredigt, dass er ausSteuermitteln gedeckt werden soll. Sie decken ihn abermit der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds. Ichmöchte Sie nur daran erinnern, dass Reserve im Volks-mund bedeutet, etwas zurückzulegen, um für die Unbil-den des Lebens gewappnet zu sein. Die Einführung derKopfpauschale durch die Hintertür ist aber in der Tateine Unbilde für die Zukunft der solidarischen Versiche-rung.
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Mit der verdeckten Kopfpauschale bauen Sie eineeitbombe. Im Jahr 2011 wird es noch nicht so schlimmerden; denn da haben Sie erst einmal die Beiträge er-öht. Sie bauen aber eine Zeitbombe, die in den nächstenahren richtig explodieren wird. Allerdings sagen Sieen Menschen nicht die Wahrheit. Sie wollen Ihr Gesichtls Koalitionäre wahren. Sie haben nicht den Mut, es of-en zu sagen. Sie gehen durch die Hintertür.Die Arbeitgeber werden mit fadenscheinigen Argu-enten von den Belastungen ausgespart. Ihre Begrün-ungen für die Reformideen beruhen alle auf halbwahrennd ungeprüften Aussagen. Sie behaupten, die steigendeneiträge für die Arbeitgeber kosten Arbeitsplätze. Sieerschweigen aber, dass die sinkende Kaufkraft im Land,ie durch die einseitige Belastung der Versicherten verur-acht wird, erst recht Arbeitsplätze kostet. Das ist unse-iös.
Sie behaupten, dass die Beiträge wegen des medizini-chen Fortschritts und der Alterung der Gesellschaft stei-en. Sie verschweigen aber, dass die Beiträge vor allemegen der seit Jahren sinkenden Arbeitseinkommen under Ausweitung des Niedriglohnsektors steigen. Höhereöhne und Mindestlöhne oder die Einbeziehung allerinkommen durch eine solidarische Versicherung müss-en Ihre Forderung sein. Unsere Vorschläge für eine soli-arische Bürgerinnen-und-Bürger-Versicherung liegenor. Da könnten Sie einmal hineingucken.
Sie verschweigen, dass man durch eine richtig guteesundheitsförderung den durch die älter werdende Be-ölkerung verursachten Kostensteigerungen entgegen-irken kann. Dadurch wird quasi gratis eine bessere Le-ensqualität geschaffen. Dazu finden sich weder Ansätzem vorliegenden Bundeshaushalt noch Aussagen in Ih-em Reformmachwerk. Diese Regierung hat keine Idee,ein Konzept, das wirklich zukunftsfähig ist. Das Herzon Schwarz-Gelb schlägt eindeutig für die Privatversi-herungen und die Privatversicherten. Das wird mit unsicht zu machen sein.Danke schön.
Das Wort hat nun Birgitt Bender für die Fraktion
ündnis 90/Die Grünen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010 5967
Birgitt Bender
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Die neue Regierung ist angetreten, damit im deut-schen Gesundheitssystem endlich etwas passiertund es endlich sozial gerecht wird. Das werden wirauch einhalten.Dieses Zitat stammt von Ihnen, Herr Minister. Ver-sprochen haben Sie, Politik für 80 Millionen Versichertezu machen und die gesetzliche Krankenversicherung zustärken. Sie wollten das Krankenversicherungssystemgerechter machen. Mehr Steuern ins System sollte dasMittel dazu sein. Schließlich haben Sie uns angekündigt,Sie wollten das Preismonopol der Pharmaindustrie bre-chen.Was ist geschehen? Ist das System gerechter gewor-den? Nein, Sie frieren den Arbeitgeberbeitrag ein. Hätteman das bereits im Jahr 2007 gemacht, dann würde derZusatzbeitrag für die Versicherten heute bereits bei33 Euro im Monat oder 400 Euro im Jahr liegen. Darankann man sehen, welche Kostensteigerung auf die Versi-cherten zukommt. Das ist eben nicht sozial gerecht, son-dern das Gegenteil.
Sie führen die Zusatzbeiträge ein und haben einen So-zialausgleich versprochen. Aber bereits bei einem Ein-kommen von 1 000 Euro erhält derjenige, der 20 EuroZusatzbeitrag zu zahlen hat, keinen Sozialausgleich.Herr Minister, was soll denn daran gerecht sein? MehrNetto vom Brutto gibt es bei der FDP nur für die Hote-liers. Für die gesetzlich Versicherten heißt es immer:draufzahlen.
Es gab auch das Versprechen, mehr Steuern ins Sys-tem zu bringen. Mehr Steuern im nächsten Jahr für denGesundheitsfonds? Dass ich nicht lache. Zwar steigtder reguläre Bundeszuschuss. Aber da der einmalige Zu-schuss aus dem Jahre 2010 im kommenden Jahr nichtmehr 3,9 Milliarden Euro, sondern nur noch 2 Milliar-den beträgt, gibt es netto – so viel können Sie auch rech-nen, Frau Flach – 400 Millionen Euro weniger an Steu-ern in den Gesundheitsfonds. Das ist nicht mehr, sondernweniger.
Dementsprechend wird der mickrige Sozialausgleichauch nicht aus Steuermitteln bezahlt, sondern direkt ausder Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds. Das heißtnichts anderes als: aus den Beiträgen der Versicherten.Das widerspricht Ihrem Versprechen und ist in gar keinerWeise gerecht.Der Sozialausgleich sollte im Übrigen auch automati-siert sein. Wie sieht es aus? Nein, die Arbeitgeber müs-sen rechnen und ihn durchführen. Schließlich ist dazuaus Ihrer Sicht auch noch notwendig, dass das Ministe-rium den durchschnittlichen Zusatzbeitrag par ordre dummIldSHzStwbgdgdoanIsawlegsKQkmi
ie Ministerin Ulla Schmidt immer mit dem Vorwurf dertaatsfixierung und der Staatsmedizin attackiert hat.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Staatsmedi-in kann der gelbe Minister besser.
Weiter zum Thema Gerechtigkeit. Ihr politischesponsorship für die private Krankenversicherung ver-rägt sich nicht mit dem Grundsatz der Gerechtigkeit. Esäre gerecht, wenn man die PKV am Finanzausgleicheteiligen und das Zusammenwachsen der Systeme or-anisieren würde. Stattdessen gibt es für die Besserver-ienenden einen Freifahrtschein für die Flucht aus deresetzlichen Krankenversicherung. Nach einem Jahrürfen sie die Versicherung wieder wechseln, und dasbwohl die Versicherungspflichtgrenze im nächsten Jahruch noch sinken wird. Das kostet die GKV 500 Millio-en Euro.
m Übrigen wollen Sie der PKV das Monopol für die Zu-atzversicherungen zuschanzen. Damit verliert die GKVuch wieder Geld; sie rechnet mit 250 Millionen Euroeniger. Schließlich kriegt die PKV die neue Preisregu-ierung für Arzneimittel einfach geschenkt, ohne dass sietwas dafür tut.
Jetzt sagen Sie mir bloß nicht, das sei eine Systeman-leichung! Eine Systemangleichung ist notwendig, aberie fängt bei den Finanzen an. Die PKV muss dann auchranke aufnehmen und versorgen.
Sie muss sich dann auch an der Finanzierung derualitätssicherung und der Selbsthilfe beteiligen. Sieann sich dann nicht nur die Rosinen herauspicken.
Herr Minister, Sie haben ein weiteres Versprechen ge-acht: Sie wollten das Preismonopol der Pharma-ndustrie brechen.
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5968 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010
Birgitt Bender
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Wir stellen fest, dass nach Ihrem Gesetzentwurf im ers-ten Jahr immer noch freie Preisbildung herrscht und dieKassen erst einmal die Behandlung finanzieren müssen.
Das gibt der Pharmaindustrie Zeit, durch Festlegung desEinstiegspreises und durch ein Jahr ordentlicher Marke-tingmaßnahmen ihre Verhandlungsposition zu stärken.Ob das zu niedrigeren Arzneimittelpreisen führt, isthöchst fraglich.Jetzt wollen Sie auch noch, wie wir schon gehört ha-ben, per Verordnung aus dem Ministerium Vorgaben fürdie Kosten-Nutzen-Bewertung machen. Ich habe jetztnicht vor, in eine Beweisaufnahme einzutreten, wer davon wem abgeschrieben hat.
Aber es ist einfach so: Man sieht Herrn Singhammer imFernsehen, wo er sagt, man müsse schließlich auch dieStandortinteressen der Pharmaindustrie berücksichtigen.Herr Singhammer, da sage ich Ihnen: Wenn man dieStandortinteressen der Pharmaindustrie berücksichtigenwill, dann muss man für Rahmenbedingungen eintreten,die tatsächlich zu echten Innovationen bei fairen Preisenführen. Auch das ist nämlich im Standortinteresse derPharmaindustrie.
Man darf aber nicht in die fachliche Bewertung des Zu-satznutzens hineinpfuschen.
Herr Minister, es ist schon interessant, dass Sie denKrankenkassen wieder einmal nicht die Aufgabe derSelbstverwaltung zutrauen, sondern auch hier zum Re-gulierungsinstrument einer Verordnung greifen.
Wir zählen zusammen: Unter einem FDP-Ministergibt es einen staatlich festgelegten Beitragssatz,
einen staatlich festgelegten durchschnittlichen Zusatz-beitrag und eine staatlich festgelegte Kosten-Nutzen-Be-wertung. Das ist doch Staatsfixierung pur. Staatsfixie-rung war aber immer der Vorwurf an Ulla Schmidt. HerrMinister, da kann ich nur sagen: Ihre eigene Fraktionmüsste Ihnen eigentlich den Ulla-Schmidt-Verdienstor-den in Gold verleihen. Das würde passen.
Wir haben dank Ihrer Politik mehr Zentralismus undweniger Wettbewerb. Hinzu kommt aber – das unter-scheidet Sie von Ulla Schmidt – diese gnadenlose Klien-telpflege. Das, was mit der Subventionierung der Hote-liers angefangen hat, setzen Sie mit der KlientelpflegebfDgvJdgdgtdCHwdShktPduznHawlrbzDgbi
ie gesetzlich Versicherten zahlen die Zeche; denn dieesetzliche Krankenversicherung wird teurer, unattrakti-er und unsolidarischer.Herr Minister, nun haben Sie angekündigt, dass es imahre 2015 noch einmal etwas Neues geben soll; hier istie Rede von Steuermitteln in der GKV, die es dann docheben soll. Da kann ich nur sagen: Im Jahre 2015 wer-en Sie vielleicht – das kann ich nicht beurteilen – einlücklicher Mensch sein, aber Bundesgesundheitsminis-er werden Sie dann ganz bestimmt nicht mehr sein, undas ist gut so.
Das Wort hat nun Kollege Jens Spahn für die CDU/
SU-Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!err Kollege Lauterbach, wenn das feines Handwerkar, was wir in der Großen Koalition gemeinsam aufen Weg gebracht haben, dann frage ich mich, warumie fast alles von dem, was wir gemeinsam beschlossenaben, zurückdrehen wollen: die Einführung der Ent-oppelung der Arbeitskosten von den Gesundheitskos-en, die Einführung der Zusatzbeiträge, die Aufgabe derarität, die von Ulla Schmidt im Jahre 2009 zu Recht beier Diskussion über die Ausgrenzung von Krankengeldnd Zahnersatz heftigst verteidigt wurde. Selbst die Be-ahlung der Apotheker, auf die wir uns gemeinsam geei-igt haben, wollen Sie zurückdrehen. Wenn das feinesandwerk war, dann sollten Sie nicht ständig versuchen,lles das, was Ulla Schmidt richtigerweise gemacht hat,ieder zurückdrehen zu wollen, nur weil Sie auf Wäh-erstimmen hoffen.
Mit Blick auf die grundsätzliche Debatte der Finanz-eform: Es ist schon spannend, wie Sie sich in dieser De-atte und überhaupt in den letzten Wochen mit Kritikurückgehalten haben.
as wird wahrscheinlich daran liegen, dass Sie nicht vielefunden haben, was Sie an dem, was wir vorgelegt ha-en, kritisieren könnten. Wir kommen mit dem, was wirn den nächsten Wochen beraten werden und zum
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010 5969
Jens Spahn
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1. Januar in Kraft setzen wollen, dem Ziel, das wir, wiegesagt, in der Großen Koalition gemeinsam hatten, nä-her, in einer älter werdenden Gesellschaft, die medizini-sche Fortschritte will, die steigenden Gesundheitskostenvon den Arbeitskosten loszukoppeln. Diesem Ziel kom-men wir näher und verbinden es mit einem Sozialaus-gleich, der steuerfinanziert und damit gerechter ist alsdas, was wir heute haben; denn breitere Schultern wer-den mittragen: durch die Berücksichtigung von Kapi-taleinkünften, Mieteinkünften und Einkünften über derVersicherungspflichtgrenze. Außerdem funktioniert dasGanze praktisch ohne größere Probleme, weil wir esüber EDV-basierte Lösungen relativ einfach regeln kön-nen, und das ohne Antragstellung. Sie sind perplex, weilwir einen guten Vorschlag auf den Tisch gelegt haben.Sie beschäftigen sich nicht damit; denn Sie hätten nichtszu kritisieren. Das macht diese Debatte deutlich.
Sie beschäftigen sich mit Nebenkriegsschauplätzen,
die immer wieder mit der Phrase „Klientelpolitik“ über-schrieben werden. Das ist ein gern gemachter Vorwurf,der von allen Beteiligten gerne aufgegriffen wird. Leiderist das, was Sie bisher vorgetragen haben, nicht beson-ders substanziell. Wir machen – dazu stehen wir, und derHerr Minister hat es deutlich gemacht – Politik für80 Millionen Versicherte. Wir machen nicht nur Politikfür 72 Millionen gesetzlich Krankenversicherte, wir ma-chen auch nicht nur Politik für 8 Millionen Privatversi-cherte, sondern wir nehmen beide Systeme in den Blickund überlegen, was die Menschen brauchen, die in bei-den Systemen versichert sind. Wir machen Politik für die80 Millionen Menschen in unserem Land; denn alle ha-ben einen Anspruch darauf, dass wir uns um Sie küm-mern.
Wir sagen es Ihnen immer wieder, aber Sie scheinenes nicht verstehen zu wollen: In der privaten Kranken-versicherung sind 5 Millionen Beamte und Pensionäreund bis zu 2 Millionen Selbstständige, die nicht alle einedicke S-Klasse fahren oder in Villen leben, sondern essind auch der Dönerunternehmer aus Kreuzberg undviele kleine Handwerker dabei, die keine großen Ein-künfte haben.
Es sind Pensionäre, kleine Beamte und Polizisten, die ei-nen schweren Dienst tun. Sie als Sozialdemokraten soll-ten sich schon die Frage stellen, ob es richtig ist, einemPensionär, der nicht mehr in der Lage ist, seine steigen-den Privatversicherungsbeiträge zu bezahlen, zu sagen,er hätte sich aus der Solidarität verabschiedet und freige-kauft. Ist das sozialdemokratische Politik, wie Sie sieverstehen?
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Darüber hinaus werden wir die Regeln für die Arznei-ittelpreisfindung, die wir im gesetzlichen System ha-en, auf die privaten Kassen übertragen, und die privatenersicherungen werden sich natürlich an den Kosten be-eiligen.
m Übrigen wäre es spannend, zu beobachten, wie dieebatte über diese Frage abläuft. Wenn wir es für dierivatversicherten regeln, heißt es: Klientelpolitik. Hät-en wir es nicht gemacht und die Pharmaindustrie an dertelle geschont, hieße es: Klientelpolitik.
gal wie wir es machen, es ist immer Klientelpolitik.as macht die Durchsichtigkeit Ihres Vorwurfs deutlich.
Ich komme zum Pharmasparpaket selbst. Wirchnüren das härteste Sparpaket im Arzneimittelbereichn der Geschichte der Bundesrepublik. Wir schaffen denpagat: Wir halten den Zugang zu Innovationen aufrecht das ist ein hohes Gut für die Menschen in diesem Land –nd verhindern, dass es weiterhin Mondpreise ineutschland gibt. Es wird an dieser Stelle eine fairereisbildung geben. Frau Kollegin Bender, darin stimmech Ihnen zu: Natürlich dauert es eine Zeit, bis das Sys-em implementiert ist. Aus genau diesem Grund habenir gesetzlich bis Ende 2013 einen Herstellerrabatt von0 Prozent vorgesehen. Für einen so langen Zeitraumnd in dieser Höhe gab es das noch nie in der Geschichteer Bundesrepublik. Das in dieser Debatte mit zumin-est einem Satz anerkannt zu haben, wäre auch etwasert gewesen.
Eigentlich beißen Sie doch nur vor Wut in den Tisch,
nd zwar vor Wut darüber, dass es, nachdem Sie jahr-ehntelang gesagt haben: „Im Arzneimittelbereich mussndlich etwas passieren“, ausgerechnet eine christlich-li-erale Koalition ist, die diese Frage dauerhaft löst. Dasst es doch, was Sie ärgert, und nichts anderes, und dasersuchen Sie hinter fadenscheinigen Vorwürfen zu ver-tecken.
Zum Thema Rechtsverordnung für die Nutzenbe-ertung. Bis jetzt ist es im Gesetz so geregelt, dass dieerfahrensordnung vom Bundesministerium für Gesund-eit genehmigt werden muss. Sie steht also schon heutenter der Fachaufsicht des Ministeriums. Faktisch ändertich nicht besonders viel.
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5970 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010
Jens Spahn
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Auch Frau Schmidt und Herr Staatssekretär Schröderhaben da früher ganz genau hingeschaut. Zum Zweiten– auch darüber kann man übrigens eine Debatte führen –sitzen im Gemeinsamen Bundesausschuss, der sie erar-beiten soll, Krankenkassenvertreter, Ärztevertreter undKrankenhausvertreter. Diese haben jeweils ihre ganz ei-genen Interessen. Die Frage, wie der Nutzen eines Arz-neimittels bewertet wird, ist eine Werteentscheidung,auch eine Werteentscheidung der Gesellschaft, und diesesollten wir uns als Politik zumindest im Grundsatz nichtvöllig aus der Hand nehmen lassen. Das wäre apolitisch.Deswegen ist es richtig, das über eine Rechtsverordnungzu regeln.
Im Übrigen geht es um die Rahmenbedingungen fürdie wissenschaftliche Bewertung. Sie tun ja so, als wür-den wir die Bewertung zukünftig politisch vornehmen.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen
Lauterbach?
Jederzeit.
Herr Spahn, wenn es wirklich so wäre, dass das Werte-
entscheidungen sind, die die Politik zu bestimmen hat,
dann müsste das doch für alles andere auch gelten. Dann
müsste beispielsweise nicht der Gemeinsame Bundes-
ausschuss die Bewertung festlegen, in welcher Art und
Weise Ärzte bezahlt werden, sondern die Politik. Die
Honorarordnung müsste auch so beschlossen werden,
wenn wirklich alles gleichbehandelt werden soll. Seien
wir doch ehrlich miteinander: Sie wollen, dass die Arz-
neimittel für privat und gesetzlich Versicherte gleich
teuer sind, weil der Verband Forschender Arzneimittel-
hersteller das wünscht. Aber Sie wollen das Gleiche
nicht in Bezug auf die Behandlung durch die Ärzte.
Wenn Sie konsequent wären, dann würden Sie sagen:
Für Arzneimittel gelten die gleichen Preise, das gilt aber
auch für die ärztliche Versorgung. – Doch genau das
wollen Sie nicht. Die Zweiklassenmedizin soll bestehen
bleiben. Aus meiner Sicht wird das alles aus der Per-
spektive der Lobbygruppen vorgebracht. Sie werden die
Bürger nicht täuschen können. Das, was Sie wollen, ist
das, was der VFA und die PKV wünschen und nicht der
Bürger.
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Ich mache jetzt mit meiner Rede weiter. Insofern kön-en Sie sich, wenn Sie mögen, gerne wieder setzen. Anhrem Eingangsstatement zur Arzneimittelbewertung hatich Folgendes sehr gestört – das passt zum Thema –:ie haben gesagt, dass die Bürger eine sichere und preis-erte Arzneimittelversorgung wünschen. Ohne Frage istas so. Aber, glauben Sie mir, die Menschen in diesemand wollen auch Innovationen. Sie wollen am medizi-ischen Fortschritt teilhaben können. Sie wollen, insbe-ondere wenn es um neue Krebsmedikamente, um neueedikamente gegen HIV, gegen Hepatitis und andererkrankungen wie Multiple Sklerose geht, an diesemortschritt teilhaben. Es ist doch ein Schlag ins Gesichter Menschen, wenn Sie sagen: Das darf bei der Bewer-ung dessen, was wir bezahlen oder nicht, keine Rollepielen.
Dem Ganzen legen Sie dann noch einen drauf. Sie sa-en, wir würden bei Orphan Drugs, bei Arzneimittelnür seltene Erkrankungen – laut Definition haben maxi-al 5 von 10 000 Menschen solch eine Erkrankung –, zuenen bei den Arzneimittelherstellern heute oft keineorschung stattfindet, weil es bei einer so kleinen Pati-ntengruppe nur schwer möglich ist, diese Forschungetriebswirtschaftlich darzustellen, nichts tun. Es gibtine EU-Richtlinie, die genau diese Arzneimittel fördernill, weil man auch den Menschen, die ganz seltene Er-rankungen haben, von denen es zum Teil nur zweiandvoll in Deutschland gibt, eine Chance auf neuerzneimittel geben möchte. Wir haben gesagt: Wenn dieU, übrigens die Europäische Arzneimittel-Agenturdas fällt nicht vom Himmel –, feststellt, ein Medika-ent sei ein Orphan Drug, ein Arzneimittel für Men-chen mit seltenen Erkrankungen, sollte es nicht die ein-chlägigen Verfahren in Deutschland durchlaufenüssen; denn die EU hat das bereits festgestellt. Wir
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010 5971
Jens Spahn
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wollen diesen Menschen helfen. Wenn es sozialdemo-kratische Politik sein soll, das nicht zu berücksichtigen,dann sollten Sie noch einmal darüber nachdenken, HerrKollege Lauterbach, was Sie hier eigentlich erzählen.
Das Ganze können wir im Übrigen auch in Bezug aufdie Zusatztarife der gesetzlichen Krankenversicherun-gen deutlich machen. Dabei geht es um Chefarztarife,um Einbettzimmer und Auslandsversicherungen. WennSie die Menschen auf der Straße fragen, ob sie glauben,dass in die Grundversorgung der gesetzlichen Kranken-versicherung, Sozialgesetzbuch V, eine Chefarztbehand-lung gehört, dann, glaube ich, werden Sie etwas andereshören als das, was Sie und die Krankenkassenfunktio-näre dauernd erzählen. Vielleicht sollten wir eine ehrli-che Debatte auch darüber führen, wie sozialdemokrati-sche Positionen in diesem Land mittlerweile aussehen.
Was passiert denn da? Mit diesen Tarifen versuchendie Krankenkassen, die Gutverdiener zu locken und ansich zu binden, weil man sich für drei Jahre an die Kran-kenkasse binden muss. Diese Tarife werden, weil es vonder Aufsicht kaum nachvollziehbar ist, von den Krankenund Schwachen in den gesetzlichen Krankenkassenquersubventioniert, und Sie verteidigen das auch noch.Stellen Sie sich einmal die Frage, was daran noch sozial-demokratisch ist, die Quersubventionierung in gesetzli-chen Krankenversicherungen zugunsten von Gutverdie-nern zu verteidigen.
Insofern kann man hier feststellen, dass wir in derchristlich-liberalen Koalition soziale Verantwortungnicht in Überschriften festmachen, sondern in konkretemHandeln. Wir schaffen eine Finanzierungsgrundlage fürdie gesetzliche Krankenversicherung – diese steht auf-grund der demografischen Entwicklung und beim medi-zinischen Fortschritt vor großen Herausforderungen –,die dauerhaft hält und gerechter ist als das, was wir heutehaben, weil es im Ausgleich steuerfinanziert ist. Wirschauen genau, was 80 Millionen Menschen in diesemLand brauchen. Wir nehmen uns nicht eine Gruppe he-raus, die uns vielleicht besonders nahesteht, sondern wirschauen auf die Bedürfnisse der Versicherten in der ge-setzlichen und in der privaten Krankenversicherung undfragen: Was ist richtig, um sie vor Überforderung zuschützen und ihnen gleichzeitig den Zugang zu Innova-tionen möglich zu machen? Wir bringen das größte Arz-neimittelsparpaket in der Geschichte der BundesrepublikDeutschland auf den Weg. Ein kleines Wort der Aner-kennung wäre eine ganze Menge wert.Abschließend kann ich Ihnen eines sagen: Wir akzep-tieren konstruktive Kritik. Auch wir sind nicht unfehlbarund natürlich der Kritik zugänglich. Wenn etwas falschiFsuvtMkMuwIVSdhAsSbRdwGaFdnwWUnldfPZghdsmh
Ich nenne ein aktuelles Beispiel dazu. Es gibt einemfrage des Wissenschaftlichen Instituts der Allgemei-en Ortskrankenkassen, die in diesen Tagen veröffent-icht worden ist. Lesen Sie darin doch einmal nach, wasie Bürgerinnen und Bürger – auch die Beamten im öf-entlichen Dienst und die Selbstständigen, die in derKV versichert sind – sagen: Die großen Werte für dieukunft, an die sie glauben, sind einkommensabhän-ige Beitragssysteme die die Leistungen der Gesund-eitswirtschaft ermöglichen. Hierzu gehören für sie auchie Elemente des Solidarprinzips. – Gegen all das ver-toßen Sie.Der Herr Minister hat mir heute gefallen. Er war ein-al richtig frech, wie auf dem Gillamoos-Volksfest. In-altlich hat er heute zwar nicht sehr viel gesagt, aber er
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5972 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010
Ewald Schurer
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war wenigstens in der Offensive. Es gefällt mir, dass derMinister einmal aus sich herausgeht. Ich bezweifle abersehr, dass Sie verstanden haben, was die Sozialdemokra-tie in den vergangenen zehn Jahren im Gesundheitssys-tem an Wertschöpfung politisch unterstützt hat.Herr Singhammer hat vorhin immerhin bestätigt, dassDeutschland in Bezug auf die LeistungserbringungWeltspitze sei. Das ist kein Wunder nach zehn Jahren so-zialdemokratischer Gesundheitspolitik, obwohl wir mitIhnen schwere Kompromisse aushandeln mussten.
Wo der Kollege Spahn ebenfalls fundamental irrt: DieSPD wollte niemals eine im Kern an den Arbeitskostenorientierte Gesundheitspolitik verlassen. Wir wolltenschon immer eine paritätische Finanzierung durch Ar-beitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge, die ergänzt wer-den muss, um die finanziellen Prozesse entsprechenddarstellen zu können.Herr Spahn, Sie haben mich nicht überzeugt. Hin-sichtlich des Medikamentenzulassungsverfahrens mussich Ihnen als Haushälter ins Lehrbuch schreiben, dassSie das Zulassungsverfahren mit der Bewertung und derKosten-Nutzen-Analyse völlig durcheinandergebrachthaben. Noch nicht einmal fachlich hat das gestimmt. Ichals Haushälter muss Ihnen sagen, dass Sie die Dinge ge-waltig durcheinandergebracht haben. Die Rumbling Gunder Union hat ganz schön geschossen. Fachlich war dasnicht wirklich gut.Der Haushalt weist ein Volumen von 15,8 MilliardenEuro auf. Wesentlich bestimmt wird dieser durch denGKV-Zuschuss in Höhe von 15,3 Milliarden Euro:13,3 Milliarden Euro als regulärer GKV-Zuschuss, wiedies der Gesetzgeber unter sozialdemokratischer Füh-rung beschlossen hat – dieser Teil ist aufwachsend –,und einmalig 2 Milliarden Euro zur Stabilisierung derGKV-Beiträge.Trotz des erfreulichen wirtschaftlichen Wachstumsstellt sich natürlich für diesen und für den nächsten Bun-deshaushalt die Frage, wie wir mit öffentlichen Zuschüs-sen aus Steuermitteln umgehen, um das GKV-Systemangesichts der steigenden Kosten zu stabilisieren.Was Sie gegenüber der Pharmaindustrie vorhaben,wäre ehrenhaft, wenn Sie sich nicht die Drehbücher vonder Pharmaindustrie schreiben lassen würden. Ob es Ih-nen wirklich gelingt, eine Kostenregulierung, abgesehenvielleicht von Rabattregelungen, hinzubekommen, daswerden wir in einem Jahr evaluieren. Ich bin da sehrskeptisch, weil Ihre bisherige handwerkliche Arbeits-weise so grobmotorig, so ungenau und so fachfremd aus-sieht, dass man sich wirklich wundert und fragt, wer ver-sucht, dieses Gesundheitsministerium zu führen.Meine Damen und Herren, schauen wir uns einmalden materiellen Teil dieses Haushalts an. Dieser Haus-halt verfügt über einen materiellen Teil mit einem Volu-men von knapp 500 Millionen Euro. Dabei fällt auf, dassSie bei den Dingen, die den materiellen Kern diesesHaushalts ausmachen, auch nicht sehr gut aussehen.pBBcgvdzAUdfMgdHeashvSGDahvlnDdwzawswM
as hat auch Daniel Bahr als Reaktion auf die zutreffen-en Äußerungen des Kollegen Lauterbach getan. Er ist,ie von der Wespe gestochen, sofort aufgestanden, umu versuchen, die PKV-Vorwürfe materiell zu entkräften –llerdings ohne Chance.
Im Handelsblatt von gestern – Herr Präsident, ichürde mit Ihrer Genehmigung gerne daraus zitieren –teht:„Ich bin der Minister für 80 Millionen Versicherte“,sagte Gesundheitsminister Philipp Rösler amFreitag im Interview mit der „Süddeutschen Zei-tung“.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010 5973
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Ärzte, die private Krankenversicherung und diePharmabranche.
Das ist die Aussage des Handelsblattes von gestern zuHerrn Philipp Rösler, dem derzeitigen Gesundheitsmi-nister in Deutschland. Das sind knallharte Aussagen.
Sie spiegeln das Bild in den Medien wider, und sie spie-geln den Eindruck der Menschen wider.
Zum Schluss komme ich zum Wissenschaftlichen In-stitut der AOK zurück.
Es ist nach der Bewertung des Gesundheitssystems ge-fragt worden. Darin heißt es: Es gibt eine große Zufrie-denheit – gerade im letzten Jahr ist sie erneut gestiegen –mit den Leistungserbringern im System, also mit Ärzten,den Angehörigen der Pflegeberufe, denjenigen, die dieMenschen versorgen. Rapide angestiegen ist jedoch, ge-rade im letzten Jahr, die Unzufriedenheit mit der Politik,die desorientierend und nicht in der Lage ist, zu sagen,wohin es künftig geht. Das ist im Augenblick unser gro-ßes Problem.
Von diesem Problem ist der Haushalt 2011 überschattet.Ich kann Ihnen nur gute Genesung und eine Rückbesin-nung – gerade Sie, Herr Spahn, hätten sie notwendig –auf die sozialdemokratischen Grundwerte wünschen, dieSie in diesem Saal brüllend zurückgewiesen haben.Danke schön.
Das Wort hat nun Ulrike Flach für die FDP-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! HerrSchurer, als Haushälter hat man ja sehr oft eine andereWahrnehmung. Aber das, was Sie uns gerade erzählt ha-ben, ist schon erstaunlich.
Die „Wertschöpfung“ von mehr als zehn Jahren SPD-Gesundheitspolitik besteht darin, dass wir im Augen-blick ein Defizit von 11 Milliarden Euro zu verzeichnenhaben, das wir decken müssen. Das ist Ihre Wertschöp-fung. Ich muss Sie wirklich fragen, wie Sie es überhauptschaffen, den Leuten so etwas zu erzählen. Glauben Sie,dbVwszvmWätesmGuRlDAwwtzEdibuWDiPlVlsegs
enn Sie sich zum Beispiel anhören, wie sich der Haus-rzteverband äußert, und wenn Sie sich vor Augen hal-en, was Herr Lotter mit Herrn Hoppenthaller in Bayernrlebt, muss ich Ihnen sagen: Ich weiß nicht, ob das alleso ist, weil wir nicht sparen.Wir haben zum ersten Mal den Versuch unternom-en, durchgehend bei allen Leistungserbringern imesundheitssystem zu sparen, und zwar nicht, weil esns Freude macht, sondern weil Sie als Hypothek einiesenloch hinterlassen haben und wir verhindern wol-en, dass die Menschen höhere Beiträge zahlen müssen.as ist doch der Punkt.
Das ist nicht ungerecht, sondern das ist sachgerecht.uch die Kassen müssen sich beteiligen, Stichwort: Ver-altungskosten. Ich frage mich an dieser Stelle übrigens,ann die Kassen, die uns jeden Tag durch die Medienreiben, einmal über die Gehälter ihrer Vorstandsvorsit-enden nachdenken.
s wäre auch einmal hilfreich, wenn nicht nur der Bun-esrechnungshof darüber nachdenken würde. Das allesst übrigens zu Ihren Zeiten gelaufen.Die Pharmaindustrie wird 2011 mit einer Zuwachs-egrenzung von 3,5 Milliarden Euro zur Kasse gebeten,nd 2012 ist sie mit 4 Milliarden Euro dabei. Das heißt:o ist denn hier das Lobbytum, wenn zum ersten Mal ineutschland viele Milliarden Euro – 4 Milliarden Eurom Jahr 2012 und 3,5 Milliarden in 2011 – von Bigharma gefordert werden? Sie können doch nicht erzäh-en, wir versuchen, die Leute hinter die Fichte zu führen.ielmehr wird das dazu führen, dass die Menschen end-ich preiswerte Medikamente haben.
Das betrifft übrigens auch die Ärzte, die Krankenhäu-er, die Apotheken und den Großhandel. Ich kann Ihnenine lange Liste mit Institutionen vorlegen, die im Au-enblick schwer daran zu knacken haben, dass der Ge-undheitsfonds von Ihnen bewusst unterfinanziert war
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5974 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010
Ulrike Flach
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und wir seit dem letzten Herbst versuchen müssen, die-ses Defizit zu decken.
Lassen Sie mich auch noch einmal etwas zu den Kas-sen sagen – ich finde das schon erstaunlich –: Wir sindhier ja tätig, damit die Kassen auf einem einigermaßengesunden, soliden Fundament stehen können und die Pa-tienten weiter eine ordentliche Versorgung haben. Dasist unser Antrieb. Ich lese jeden Tag in der Zeitung – dasmuss ich an dieser Stelle auch einmal sehr deutlich sagen –von wechselnden Wasserständen in Bezug auf das, wasalles angeblich passieren würde, wenn wir unsere Geset-zesvorhaben durchführen würden. Ich frage mich hiererst einmal: Woher wissen die Herrschaften das? – Siehaben das Gesetz wahrscheinlich genauso wenig gelesenwie Sie, Frau Bender.
Das scheint dann hier die Folge zu sein.Denken Sie doch einmal alleine an den Vorwurf derAOK, das würde zu millionenfachen Einschränkungenin der GKV führen. Das wird von einer AOK Bayern ge-sagt, die mit den Hausarztverträgen dafür gesorgt hat,dass zusätzliche Belastungen auf die Krankenkassen zu-kommen. Allein daran sehen Sie doch, wie unsolide sol-che Vorwürfe sind und mit welcher ausgesprochen ge-spaltenen Gesellschaft wir es hier zu tun haben.Liebe Kollegen und Kolleginnen, der zweite Bausteinunseres Gesetzes neben den Sparanstrengungen ist na-türlich immer im strukturellen Bereich zu finden. Ich binsehr froh, dass Herr Rösler das eben noch einmal auf denPunkt gebracht hat. Wir machen die Beiträge ein Stückkonjunkturunabhängiger. Wir geben den Kassen über dieZusatzbeiträge endlich wieder ein Stück ihrer Beitrags-autonomie zurück, die ihnen von der SPD ja genommenwurde, und wir führen endlich einen Sozialausgleich ein,den Ulla Schmidt den Menschen draußen immer verwei-gert hat. Darum geht es doch.Wenn wir an dieser Stelle über das Aushandeln vonPreisen hochpreisiger Arzneimittel sprechen, was wirmit unserem Gesetz ja einführen werden, dann denkenSie doch einmal daran, dass Sie diesen Mut nie gehabthaben. Ich bin hier völlig beim Kollegen Spahn. Sie,Herr Lauterbach, haben sechs Wochen lang in der Fur-che gelegen, weil Sie genau wussten, dass hier ein Ge-setz auf den Weg gebracht wird, durch das die Menschenpreiswerte Medikamente erhalten, sie also Zugang zudiesen Medikamenten bekommen.Es wäre gerechter und vor allen Dingen sachgerechtergewesen, wenn Sie sich in den Sommerferien an dennormalen, kompetenten Diskussionen beteiligt hätten.Wir hören auch gerne einmal die Vorschläge der Opposi-tion. Das, was Sie jetzt bringen, ist einfach nur ein Fi-asko und sonst nichts – vielleicht noch ein bisschen Neidauf ein gutes Gesetz.DKkdktsolL–mdmDfifn–dhameswdalFsdodnn
Das Wort hat nun Harald Weinberg für die Fraktion
ie Linke.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen undollegen! Ich muss doch noch einmal darauf zurück-ommen: Es geht mir hier und heute um einen Posten,er nicht im Haushalt zu finden ist, für die Glaubwürdig-eit von Politik aber das A und O ist, nämlich das Ver-rauenskapital. Das hat diese Bundesregierung in der Ge-undheitspolitik deutlich verspielt; denn Gesetze werdenffenkundig nicht von den zuständigen Ministerien al-eine geschrieben, sondern in wesentlichen Teilen vonobbyisten.
Ich komme gleich noch einmal dazu. Sie brauchen esir nicht zu erklären; ich weiß es schon. – Es entstehter Eindruck, dass diese Koalition Politik macht, diean mit Einfluss kaufen kann.
amit wird die Demokratie entwertet, und das ist ge-ährlich für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft.
Wir sprechen hier wieder über das Thema Pharma-ndustrie. Die Bundesregierung lässt sich öffentlich da-ür feiern, dass sie eine Nutzenbewertung für neue Arz-eimittel eingeführt hat. Wir haben das in einer Redeich kann mich noch daran erinnern; Kathrin Vogler hatie Rede gehalten – ausdrücklich gelobt.Sie wollen ja zwischendurch immer gerne Lob. Wiraben das ausdrücklich gelobt. Zu diesem Lob gäbe esuch allen Grund, würde die Regierung es ernst damiteinen. Dann nämlich müssten die Pharmakonzernerstmals den Nutzen ihrer Produkte nachweisen, bevorie sie zulasten der Beitragszahler abrechnen dürfen. Wirollen das. Wir wollen Transparenz statt Mauschelei.Nun ist die Bundesregierung dabei ertappt worden,ass sie einen Änderungsantrag von der Pharmalobbybgeschrieben oder aber von den Augen der Pharma-obby abgelesen hat, wie es Herr Bahr gerade gesagt hat.
akt ist demnach: Diese Nutzenbewertung soll verwäs-ert werden. Nicht mehr ein unabhängiges Institut, son-ern das Bundesministerium soll künftig per Rechtsver-rdnung festlegen können, wie geprüft wird. Bitte,enken Sie einmal darüber nach: Lobbyarbeit bestehticht nur darin, alles abzuwenden, sondern eventuell ei-en großen Schaden abzuwenden und einen kleinen hin-
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zunehmen. Ich denke, das ist die Lobbyarbeit, die hierdahintersteckt.Die Pharmalobby hat noch eines draufgesetzt: Sie hatbei der weltweit umsatzstärksten Anwaltskanzlei gleicheinen Vorschlag für diese Rechtsverordnung in Auftraggegeben.
Da darf man doch wirklich gespannt sein, ob diese Bun-desregierung auch diese Vorarbeit dankbar eins zu einsübernehmen wird. Immer mehr Bürgerinnen und Bürgerin diesem Land fragen sich: Wer macht hier eigentlichdie Gesetze? Das Parlament? Wer macht die Verordnun-gen? Die Bundesregierung?Der Eindruck ist auch durch die aktuellen Dementisder Bundesregierung nicht vom Tisch, dass hier einigesoutgesourct und vom Verband Forschender Arzneimit-telhersteller und von der Londoner RechtsanwaltskanzleiClifford Chance übernommen wird. Ich bin sicher: Dasist kein Einzelfall. Es ist nur so, dass es in diesem kon-kreten Fall öffentlich geworden ist.Aber nicht nur die Pharmaindustrie wird hofiert. Glei-ches gilt auch für die privaten Krankenversicherungen.
An dieser Stelle muss ich allerdings eines sagen: MitHerrn Spahn verbindet mich selten etwas, aber in derFrage der Zusatztarife sind wir sogar einer Meinung;
denn ich bin schon der Auffassung, dass die Zusatztarife,die Sie angesprochen haben, eigentlich das Kerngeschäftder privaten Krankenversicherung darstellen. Aber ichbin gleichzeitig der Meinung, dass die private Kranken-versicherung eben keine Krankenvollversicherung an-bieten soll. Da unterscheiden wir uns dann wieder deut-lich.
Ich frage auch: Wer hat eigentlich die Wahltarife miteingeführt?Die Große Koalition hat 2007 beschlossen, dass manals Angestellter erst dann in eine private Krankenver-sicherung wechseln kann, wenn man mindestens dreiJahre und nicht nur ein Jahr lang ein entsprechendes Ein-kommen hat. Dadurch blieben mehr Menschen mit gu-tem Einkommen in der gesetzlichen Krankenversiche-rung. Das hat die Beiträge stabilisiert.Die Privatversicherer klagten seitdem über einen„dramatischen Mitgliederschwund und den Wegfall be-sonders lukrativer Versicherungsnehmer“, so der Chefder Deutschen Krankenversicherung, Günter Dibbern.Seine Klagen wurden erhört: Schwarz-Gelb will dieseRegelung nun rückgängig machen. Die private Kranken-versicherung regt sich auf, die Bundesregierung springt.Ein Schelm, wer dabei denkt, dass die Spenden derAllianz-Versicherung von je 60 000 Euro im Jahr anCwwkgsSwA0lAKgtltbnbBsvww2bh2pgttdnpzrsdd7diV
Lassen Sie mich an dieser Stelle noch etwas sagen,eil Sie immer die Beamten ansprechen: Ich habe nocheinen Beamten getroffen, der unter vernünftigen Bedin-ungen nicht viel lieber in der gesetzlichen Krankenver-icherung als in der privaten Krankenversicherung wäre.
Ähnlich sieht es bei der dritten Klientelgruppe vonchwarz-Gelb aus, nämlich bei den Arbeitgebern. Zwarerden Sie von der Koalition nun sagen, dass auch dierbeitgeberbeiträge zur Krankenversicherung um,3 Prozentpunkte angehoben worden sind. Jedoch wol-en Sie diesen Beitragssatz von dann 7,3 Prozent für dierbeitgeber für alle Zeiten festschreiben. Alle künftigenostensteigerungen werden alleine von den Versichertenetragen. So merken auch die Arbeitgeber, dass ihre Par-eispenden bei den Schwarzen und den Gelben gut ange-egtes Geld sind.
Für die gesetzlich Versicherten hingegen wird es bit-er. Ihnen werden die künftigen Kosten aufgebürdet, ins-esondere durch die kleinen Kopfpauschalen, also dieeuen Zusatzbeiträge.Im nächsten Jahr werden die Einnahmen und Ausga-en in der gesetzlichen Krankenversicherung durch dieeitragserhöhung aller Voraussicht nach ausgeglichenein. Das stimmt, Herr Rösler. Im Jahr darauf wird esermutlich Zusatzbeiträge in ähnlichem Umfang gebenie bereits in diesem Jahr, nämlich 8 bis 10 Euro. 2013erden die Zusatzbeiträge schon durchschnittlich über0 Euro monatlich betragen, vorausgesetzt, die Ausga-en- und Einnahmeentwicklung geht so weiter wie bis-er. Wenn man dies hochrechnet, kommt man im Jahr020 auf einen Betrag von über 100 Euro pro Monat undro gesetzlich Versicherten. Dann wäre – auch für dieut verdiendenden gesetzlich Versicherten – die Belas-ungsgrenze von 2 Prozent überschritten, und alle müss-en einen Sozialausgleich erhalten. Das bedeutet, dassie Arbeitgeber weiterhin 7,3 Prozent zahlen, die Arbeit-ehmer aber 7,3 Prozent plus 2 Prozent Zusatzbeiträgelus 0,9 Prozent Sonderbeitrag, also insgesamt 10,2 Pro-ent. Zuzahlungen und Gebühren sind noch nicht einge-echnet. Eine paritätische Finanzierung sieht anders aus.
Tückisch an dieser Finanzreform des Gesundheitswe-ens sind also nicht die sofortigen Auswirkungen, son-ern die Auswirkungen in einigen Jahren. Damit wirdeutlich, dass diese Bundesregierung nicht das Wohl der0 Millionen gesetzlich Krankenversicherten, sondernie Erfüllung ihrer Klientelaufgaben im Blick hat. Dasst eine Politik der sozialen Ungerechtigkeit. Das kostetertrauenskapital. Das gefährdet unsere Demokratie.
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Harald Weinberg
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Wir fordern Sie auf: Kehren Sie um! Verlassen Sie die-sen Irrweg!Danke.
Nächster Redner ist der Kollege Alois Karl für die
CDU/CSU-Fraktion.
Liebe Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damenund Herren des Bundestages! Kaum ist der Haushalt2010 vor einem halben Jahr hier verabschiedet worden,treffen wir uns schon wieder, um den Haushalt 2011 aufden Weg zu bringen. Die Kassen sind nicht voll. Wirmüssen auch heute unter dem Diktat der knappen Kassenregieren. Aber so ist das Wirtschaften und Haushalten.Das erfordert die Kunst, mit knappen Ressourcen or-dentlich umzugehen.Unsere Haushaltsaufstellung steht bei Ihrem Haus-halt, Herr Bundesgesundheitsminister, wie bei allen an-deren unter dem großen übergeordneten Leitbild, dasswir konsolidieren wollen. Das heißt, wir wollen dieHaushalte auch für die nächsten Generationen in Ord-nung bringen. Konsolidierungspolitik ist nichts anderesals gut verstandene Zukunftspolitik. Die Kollegen imHaushaltsausschuss und ich werden in den nächsten Wo-chen sehr darauf achten, dass wir die Maßgaben, auf diewir uns in der Großen Koalition geeinigt haben – ichglaube, Herr Kollege Schurer, es war eine der großenLeistungen der Großen Koalition, ins Grundgesetz auf-zunehmen, dass wir auf mittlere Sicht zu ausgeglichenenHaushalten kommen müssen, und zwar mithilfe derSchuldenbremse –, auch umsetzen. Wir haben das ge-meinschaftlich beschlossen und müssen es jetzt ausfüh-ren. Wir haben die Freude, das mit der FDP tun zu kön-nen.Was hatten wir vor nur zwölf Monaten für eine Situa-tion? Die Auguren hatten nichts Gutes vorhergesagt. DieMenschen haben um den Wert ihres angelegten Geldesgefürchtet. Sie waren um die Stabilität ihres Geldes be-sorgt. Die Menschen waren von Arbeitslosigkeit bedroht.Heute haben wir im Durchschnitt 3,2 Millionen Ar-beitslose. Im Herbst wird die Zahl der Arbeitslosen ei-nen so niedrigen Stand wie seit 20 Jahren nicht mehr er-reichen; sie wird auf unter 3 Millionen sinken. Die Zahlder Arbeitsplätze hat einen historischen Höchststand er-reicht. Die Zahl der Kurzarbeiter ist innerhalb eines Jah-res um 75 Prozent gesunken. Jeder junge Mann und jedejunge Frau, die ausgebildet werden wollen, können einenAusbildungsplatz erhalten. Eine solche Situation hattenwir schon viele Jahrzehnte nicht mehr. In dieser Situa-tion einen Haushalt aufzustellen, ist für uns eine Freudegegenüber dem, was wir vor einem Jahr erlebt haben.g–rWdlhHd6eteDtztGdgämernnzHDrmwHbgeaLhut2wtHea
ir werden uns an unsere Konzepte halten. Wir habenie Neuverschuldung von 86 Milliarden Euro, die Kol-ege Steinbrück vor einem Jahr auf den Weg gebrachtat, für dieses Jahr auf 80 Milliarden Euro minimiert.err Schäuble hat heute Vormittag gesagt, dass wir iniesem Jahr eine Reduzierung der Neuverschuldung auf5 Milliarden Euro erreichen werden und damit die Zahlrreichen, die wir uns erst für 2011 vorgenommen hat-en. Es ist eine starke Leistung, die Neuverschuldung ininem einzigen Jahr um 20 Milliarden Euro zu senken.
ies ist ein Anlass zur Freude. Daran sollten Sie sich be-eiligen, statt sich auf Ihre miesepeterigen Ausführungenu beschränken, wie es heute der Fall war. Die Lage istatsächlich besser als die Stimmung.Um den Sozialstaat mit den hohen Ansprüchen imesundheitswesen zu erhalten, müssen wir auch Verän-erungen herbeiführen. Das ist in einem Land, das inroßem Wohlstand lebt, nicht ganz einfach.Wer in großem Wohlstand lebt, ist nicht geneigt, Ver-nderungen auf sich zukommen zu lassen. Dennochüssen wir für Veränderungen sorgen. Der Weg, den Sieingeschlagen haben, Herr Bundesminister, ist in der Tatichtig. Wir freuen uns, dass wir ein dichtes Netz ausiedergelassenen Ärzten sowie hervorragenden medizi-ischen Fortschritt in unserem Land haben. Dass das inehn Jahren SPD-Regierung zustande gekommen sei,err Schurer, ist vielleicht nicht ganz richtig.
as liegt am Rande der Wahrheit. Aber es ist in der Tatichtig, dass wir in einem hervorragend entwickelten,edizinisch hochstehenden Land leben. Das möchtenir halten. Unser Haushalt trägt dazu bei.Sehr geehrter Herr Minister, Sie haben gesagt, dass deraushalt in hohem Maß durch den Gesundheitsfonds vor-elastet ist, dass wir aber auch große Investitionen täti-en. Das Robert-Koch-Institut zum Beispiel bekommtndlich ein Hochsicherheitslabor. Wir statten es mit mehrls 42 Millionen Euro aus, um die Forschung in unseremand – Herr Lauterbach, Sie haben das moniert – auf ho-em Niveau voranzubringen. Wir werden die Forschungnd die Bildung in Ihrem Ministerium, Herr Rösler, wei-erhin stark unterstützen. In den nächsten vier Jahren, bis014, werden die Forschungsmittel um 33 Prozent an-achsen. Ich freue mich auch darüber, dass wir die Stif-ung für diejenigen, die sich ohne Eigenverschulden mitIV infiziert haben, weil sie verunreinigte Blutpräparaterhalten haben, mit 25 Millionen Euro ausstatten. Wir tunlles – genauso wie Sie es gesagt haben, Frau Flach –, um
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Alois Karl
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den Aktionismus, den wir bei Ulla Schmidt kennenge-lernt haben, zu unterbinden. Wir werden die Ausgaben fürdie Aids-Bekämpfung in Osteuropa, insbesondere in derUkraine, um 80 Prozent minimieren, genauso wie dieMittel für die Gesundheitsprävention. Wir werden fürentsprechende Ansätze im Haushalt sorgen.Ich freue mich auf unsere Beratungen mit Ihnen, sehrgeehrter Herr Bundesgesundheitsminister, aber auch mitIhnen, liebe Frau Flach, und den anderen Kollegen inden nächsten Wochen. Ich bin sicher, dass wir einenHaushalt auf den Weg bringen, der effektiv ist, der sicham Wohl und an der Gesundheit der Bevölkerung orien-tiert und der sparsam ist.Vielen herzlichen Dank.
Nächste Rednerin ist die Kollegin Bärbel Bas für die
SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Spahn hat geradeso schön gesagt, dass wir eigentlich vor Wut in denTisch beißen müssten. Das ist in der Tat so, aber nichtwegen unserer Politik in der Vergangenheit. Das, wasSie heute abgeliefert haben, ist schon abenteuerlich. Dasmuss man Ihnen lassen.
Sie stellen sich hier wirklich hin und sagen: Die Ver-sicherten werden nicht belastet. – Diesen Satz muss mansich auf der Zunge zergehen lassen. Es verwundert michaber, dass das die Versicherten nicht merken und Sie da-für keinen Beifall bekommen. Ich kann Ihnen das gleicherklären. Noch schlimmer ist, was Herr Singhammer ge-sagt hat – das reimt sich fast –: Die Ersparnisse kommenim nächsten Jahr bei den Versicherten an. – Auch dashalte ich für eine abenteuerliche Behauptung. Wie solldas funktionieren? Der Bundeszuschuss beträgt schonim nächsten Jahr 15,3 Milliarden Euro. Trotzdem wer-den dem Gesundheitsfonds im Jahr 2011 vermutlich11 Milliarden Euro fehlen. Sie behaupten, das mit Ein-sparungen – diese gelten für alle – in Höhe von circa3,5 Milliarden Euro auszugleichen. Wir bezweifeln, dassSie überhaupt diese 3,5 Milliarden Euro einsparen, wennwir sehen, welche Änderungsvorschläge zum vorliegen-den Gesetzentwurf gemacht werden, um der Pharma-industrie ein Stück entgegenzukommen.Einen anderen Gesetzentwurf gibt es noch gar nicht.Sie werfen Diskussions- und Referentenentwürfe in dieMedien. Über den Entwurf eines Gesetzes zur Finanzie-rung der gesetzlichen Krankenkasse reden Sie zwarviel. Aber darüber haben wir noch nichts gelesen. Des-halb muss man sich leider mit Ihren Diskussionsbeiträ-gen auseinandersetzen.–fApThtetFemSBbgdnsdcSDSaafWgdlkKgmkchEwwiccgfsf
Wir schauen einmal, ob das zeitlich so ambitioniertunktioniert, wie Sie sich das vorstellen. Das sind nurnkündigungen.Geplant ist eine Beitragserhöhung um 0,6 Prozent-unkte. Diese ist durchaus notwendig, um einen kleineneil des Lochs zu stopfen. Aber Sie haben im Bundes-aushalt noch nicht kalkuliert, dass die steigenden Bei-räge zur Krankenversicherung steuerlich absetzbar sind.Ich habe im Juli einmal nachgefragt, was die Beitrags-rhöhung angesichts der steuerlichen Entlastung der Bei-ragszahler bedeutet. Ich weiß gar nicht, ob der Herrinanzminister das schon berechnet hat. Das wird nochinmal ein Loch in den Bundeshaushalt reißen. Deshalbuss man sich die Zahlen genau angucken.Es gibt auch ein Geschenk für die Arbeitgeber; dennie sagen: Wir beteiligen euch im Jahr 2011 noch an deneitragserhöhungen, aber 2012 seid ihr nicht mehr da-ei. Dann werden die zukünftigen Ausgabensteigerun-en nur noch die Versicherten bezahlen. – Deshalb wun-ert es mich nicht, dass die Versicherten Ihre Politikicht verstehen und sagen: Bei uns kommen keine Er-parnisse an.Sie brüsten sich damit, dass Sie zusätzlich 2 Milliar-en Euro an Steuergeldern in den Gesundheitsfonds ste-ken. Schwierig ist nur, dass diese 2 Milliarden Euro fürie so ziemlich alle Probleme auf einmal lösen sollen:as Defizit soll ausgeglichen werden. Es soll einechwankungsreserve aufgebaut werden, und ein Sozial-usgleich soll damit finanziert werden. – Apropos Sozial-usgleich: Erst ab 2015 sollen zusätzliche Steuermittelür den Sozialausgleich in den Gesundheitsfonds fließen.o bleiben Ihre vollmundigen Versprechungen von einererechten Finanzierung? Wo beteiligen Sie die Gutver-ienenden an der solidarischen Finanzierung der gesetz-ichen Krankenversicherung?
Nach meiner Auffassung müssen die gesetzlich Kran-enversicherten im nächsten Jahr nicht nur eine unsozialeopfpauschale finanzieren, sondern auch noch ihren ei-enen Sozialausgleich. Das finde ich sehr merkwürdig.
Es kommt noch schlimmer: 2011 soll die Beitragsbe-essungsgrenze gesenkt werden. Dadurch kann icheine Mehreinnahmen für die gesetzliche Krankenversi-herung erkennen. Im Gegenteil, dies schont die Bezieheröherer Einkommen; die Bezieher kleiner und mittlererinkommen werden mehr bezahlen müssen. Das nenne icheder gerecht noch sozial. Wenn es nicht so ungerechtäre, dann müsste ich mich bei Ihnen dafür bedanken; dennh bin eine von den Gutverdienenden, die in der gesetzli-hen Krankenversicherung an der Beitragsbemessungs-renze liegen. Ich bekomme eine schöne Kompensationür die Beitragssteigerung, wenn die Beitragsbemes-ungsgrenze gesenkt wird. Herzlichen Glückwunsch, dasinde ich sehr gut. Das nützt aber denjenigen, die gerin-
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Bärbel Bas
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gere Einkommen haben, überhaupt nichts. Damit habenSie wieder Klientelpolitik für die Gutverdienenden be-trieben. Das ist nicht gerecht. Darüber sollten Sie nach-denken.
Hinzu kommen noch nicht bezifferte Bürokratiekos-ten für Ihren sogenannten Sozialausgleich. Kassen undArbeitgeber müssen bei den Versicherten Informationensammeln und austauschen, die sie bisher nichts angingenund die sie auch nicht haben wollen. Sie müssen denAufwand betreiben, weil Sie das so wollen und weil esvöllig unproblematisch sein soll, für jeden EinzelnenKonten für Zusatzbeiträge einzurichten. Wenn das nichtskostet, dann möchte ich wissen, durch welche haushalts-politischen Einsparvorschläge Sie das ausgleichen wol-len.Auf die Versicherten kommen massive Zusatzbelas-tungen zu; das verschweigen Sie hier. Die Zusatzbeiträge,die Sie einfordern, werden noch durch das verschärft, wasSie jetzt in der privaten Krankenversicherung beabsichti-gen. Herr Spahn hat sich eben so schön für die kleinen Be-amtinnen und Beamten in die Bresche geworfen. Ich sageIhnen voraus: Sie werden sehr wohl die SPD wählen, weilsie nicht wollen, dass ein völlig abgewirtschaftetes Versi-cherungsmodell subventioniert wird. Sie wollen endlichZugang zu einer gesetzlichen Krankenversicherung ha-ben. Sie haben scheinbar vergessen, dass viele Beamtegern in die gesetzliche Krankenversicherung möchten, esim Moment aber nicht dürfen. Konsequenterweise solltenSie das Gesetz an dieser Stelle ändern, damit sich die Be-amtinnen und Beamten in der gesetzlichen Krankenversi-cherung versichern können; dann wären Sie auf der siche-ren Seite.
Die Beamtinnen und Beamten, für die Sie sich so in dieBresche geschlagen haben, werden uns Sozialdemokra-ten wählen, weil wir das mit der Bürgerversicherung än-dern wollen.
Sie setzen die Solidarität innerhalb der Krankenversi-cherung leichtfertig und auch bewusst aufs Spiel, indemSie eine Klientelpolitik zur Stärkung der privatenKrankenversicherung machen. Sie haben es selbst ge-sagt: Sie setzen sich massiv für 10 Prozent der Bevölke-rung ein, die privat versichert sind. – Dafür lassen Sie90 Prozent der Bevölkerung zu Verlierern werden; dasist keine Nebensächlichkeit. Das ist eine ungerechte undkeine nachhaltige Politik. Wir werden das zu verhindernwissen. Letztlich ist das, was Sie ankündigen, HerrRösler, weder nachhaltig noch solidarisch, geschweigedenn gerecht.
Die Kollegin Stefanie Vogelsang ist nun die nächste
Rednerin für die CDU/CSU-Fraktion.
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Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen underren Kollegen! Ich möchte in den letzten Minuten, dieir noch haben, nicht über das Arzneimittelmarktneu-rdnungsgesetz oder über das GKV-Finanzierungsgesetzprechen, sondern ich möchte versuchen, einen Bogenom Einzelplan 15, vom Haushalt des Gesundheitsmi-isteriums, zum Haushalt des Bundesministeriums fürorschung, dem vorherigen Tagesordnungspunkt, zuchlagen. Schauen wir uns einmal an, in welchen Berei-hen der Gesundheitsforschung Schwerpunkte gesetztnd Veränderungen vorgenommen worden sind. Ichinde, dass Entwicklungen stattgefunden haben, die zwaricht im Licht der Öffentlichkeit stehen, einen aber sehrroh und optimistisch stimmen können.Wir haben auf der einen Seite das Wirtschaftsminis-erium, das stark auf Forschung setzt, um Unternehmenu fördern. Auf der anderen Seite steht das Forschungs-inisterium, vertreten durch Frau Ministerin Schavan.rau Schavan hat hervorgehoben, dass die Forschungs-örderung für den Bildungsstandort Deutschland eineroße Bedeutung hat. Schließlich gibt es die Ressortfor-chung des Bundesministeriums für Gesundheit. Ichtelle fest, dass es eine Übereinkunft zwischen den dreiinisterien gibt, zunehmend Titel gemeinsam zu bewirt-chaften, zunehmend gemeinsam Ziele zu definieren undunehmend gemeinsam Verantwortung für die Haus-altsmittel zu übernehmen, um speziell für die Bundes-epublik Deutschland definierte Ziele zu erreichen. Dasst, so finde ich, der richtige Weg. Das Ganze steckt nochn den Kinderschuhen, und man könnte sich noch mehrnstrengen. Aber bis 2014, dem Zeitpunkt, bis zu demie mittelfristige Finanzplanung reicht, ist noch etwaseit, diesen guten Ansatz zu verstärken.
Der Kollege Schurer hat eben gesagt, es würden An-ätze, zum Beispiel im Bereich der Präventionsausga-en, reduziert. Wir sollten uns aber auf der anderen Seiteie Ansätze für die Versorgungsforschung anschauen.bsicht der Ministerien ist es, nach der Zielgenauigkeiton Ausgaben für Präventionsmaßnahmen zu fragen.as ist der richtige Weg.Wir haben intensiv über die Organspende diskutiert.ir müssen sinnvolle Maßnahmen ergreifen, um die Be-eitschaft der Bevölkerung zu erhöhen, in stärkeremaße Organe zu spenden. Dies wurde in der Vergangen-eit durch Plakatwände und Schalten von ganzseitigennzeigen in Zeitungen zu erreichen versucht. Dieseaßnahmen waren gut gemeint – ich werfe das nieman-em vor –, aber sie haben die Bereitschaft zur Organ-pende nicht nennenswert erhöht. Deswegen müssen wirns jetzt darum kümmern, wie wir dieses Ziel in Zukunftrreichen.Die am meisten verbreiteten Krankheiten in Deutsch-and sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Ein Viertelller Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung
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Stefanie Vogelsang
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entfällt auf die Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkran-kungen. Es ist nachhaltige Haushaltspolitik – schauenwir uns doch die Entwicklung des Haushalts, des Sozial-ausgleichs oder der Zuschüsse für die GKV in dennächsten Jahren an –, wichtig und notwendig, dass wiruns bei der Forschungsförderung im Bereich der Herz-Kreislauf-Erkrankungen ein Ziel setzen. Herr Bundes-minister, ich möchte Sie herzlich bitten, darüber nachzu-denken, ob wir nicht das nationale Ziel formulierenkönnten, zunächst einmal die Rate der Reinfarkte zu sen-ken. Unsere Anstrengungen im Bereich der Forschung,der Vorsorge und der Präventionsmaßnahmen solltensich darauf konzentrieren, die Reinfarktquote in derBundesrepublik Deutschland um 50 Prozent zu senken.Wir sollten einen Zeitraum von fünf Jahren anvisierenund nach fünf Jahren überprüfen, was wir erreicht haben.Das wäre nachhaltige Haushaltspolitik, nachhaltige Ge-sundheitspolitik und im Interesse von uns allen.Ich danke Ihnen.
Zu diesem Einzelplan liegen keine weiteren Wortmel-dungen mehr vor.Damit kommen wir zu dem Geschäftsbereich desBundesministeriums für Umwelt, Naturschutz undReaktorsicherheit, Einzelplan 16.Als erstem Redner erteile ich das Wort dem Bundes-minister Dr. Norbert Röttgen.
Jetzt dürfte die Aufmerksamkeit gesichert sein. HerrMinister, Sie haben das Wort.Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister für Umwelt,Naturschutz und Reaktorsicherheit:Besten Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnenund Kollegen! Ich habe an dieser Stelle bereits häufigergesagt: Diese Legislaturperiode ist eine Legislaturpe-riode von energiepolitischen Grundsatzdebatten undauch energiepolitischen Grundsatzentscheidungen. Dasist gut und richtig so; denn die Energieversorgung isteine Lebensader moderner Gesellschaften. Energiever-sorgung, Energiepolitik, das zählt zu den echten Anfor-derungen an Zukunftssicherung und Zukunftsgestaltung.Weil das so ist, brauchen wir ein langfristiges Konzeptfür Zukunftssicherung und Zukunftsgestaltung. Ein sol-ches haben wir in der Koalition beschlossen und vorge-legt.Ich möchte die Gelegenheit der Haushaltsdebatte nut-zen, um zu dieser zentralen Frage von Zukunft und Zu-kunftssicherung durch langfristige Energiepolitik Stel-lung zu nehmen. Wenn man Energiepolitik als wichtigenBereich von Zukunftssicherung und Zukunftsgestaltungversteht,
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Um das zu erreichen – Energieeffizienz, eine der effi-ientesten und klimafreundlichsten Gesellschaften undolkswirtschaften weltweit –, braucht man ein langfristi-es Konzept;
enn Technologien entwickeln sich nur, wenn man einenerlässlichen Rahmen setzt.
ir werden nur dann erfolgreich sein, wenn wir auch-ärkte in Deutschland entwickeln. Wir brauchen Tech-ologieentwicklung und Marktentwicklung in Deutsch-nd; ansonsten werden sich weder Technologien ent-ickeln, noch werden Investitionen, die notwendig sind,n unserem Land getätigt werden.
it diesem langfristigen Konzept erfüllen wir einen An-pruch, den sich meine beiden Amtsvorgänger nochicht einmal gestellt haben, geschweige denn, dass sie sotwas erreicht haben.
Was macht dieses Energiekonzept aus?
ieses Energiekonzept ist deshalb glaubwürdig, weil esrei Elemente hat: Es ist erstens langfristig, weil es eineneithorizont bis 2050 beschreibt und konkrete Zeitetap-en, in denen wir bestimmte Ziele erreichen wollen underden. Es ist zweitens handfest mit ganz konkretenaßnahmen ausgefüllt.
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Bundesminister Dr. Norbert Röttgen
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Es sind über 60 konkrete Maßnahmen, um die Ziele zuerreichen. Nicht nur große Ziele, sondern auch die Maß-nahmen, die dazu gehören, sind in diesem Konzept ent-halten. Drittens ist dieses Konzept verlässlich langfristigfinanziert. Sie mögen Wolkenschiebereien und Träume-reien machen; wir machen erstens ein langfristiges Kon-zept, wir machen zweitens ein konkretes Konzept, wirmachen drittens ein seriös langfristig finanziertes Kon-zept.
– Einen Moment könnten Sie vielleicht mal zuhören.
Darum sage ich: Dieses Energiekonzept ist das an-spruchsvollste, konsequenteste, umfassendste Energie-und Umweltkonzept, was es in Deutschland je gegebenhat, und es ist weltweit einmalig.
– Herr Trittin, ich weiß gar nicht, warum Sie so herum-schreien.
Beteiligen Sie sich doch an der Debatte! Vielleicht liegtder Grund darin, Herr Trittin: Sie haben versucht, denAusstieg aus der Kernenergie zu machen; wir machenden Einstieg
in erneuerbare Energien und Energieeffizienz. Das istunser Ziel.
Sie wollen ein Ausstiegskonzept machen.
Wir machen ein energiepolitisches Einstiegskonzept inerneuerbare Energien und Energieeffizienz. Das ist derUnterschied.
Aussteigen ist einfach. Einsteigen ist schon etwas an-spruchsvoller.
– Wir zeigen es Ihnen. Wir machen das auch, Frau Kol-legin. Sie mögen davon reden, wir setzen ein entspre-chendes Konzept um. Noch einmal: Wir machen etwas,was Sie für sich noch nicht einmal in Anspruch genom-men haben.bif2RBEzWEügfBOgdizKcbeFNdggEsdswd
ei der Stromproduktion soll der Anteil erneuerbarernergien 2030 bei 50 Prozent liegen und 2050 bei 80 Pro-ent.
ir haben langfristige Ziele. Ihr Erreichen werden wir intappen immer wieder überprüfen. Wir setzen uns Ziele,berwachen aber auch deren Einhaltung. Darum ist eslaubwürdig, was wir machen.
Zweitens: erneuerbare Energien. Unser Konzept siehtür alle Sektoren konkrete Instrumente vor. Ich nenne eineispiel zum Ausbau der erneuerbaren Energien: Dieffshore-Windenergie, bei der man während der rot-rünen Regierungszeit nicht vorangekommen ist, wer-en wir voranbringen. Mit einem KfW-Sonderprogrammn Höhe von 5 Milliarden Euro werden wir die erstenehn Windparks auf hoher See realisieren. Eine solcheapitalmobilisierung haben Sie nicht geschafft. Wir ma-hen das, weil wir der Offshore-Windenergie zum Durch-ruch verhelfen wollen, und wir werden dieses Ziel auchrreichen.
Herr Minister, darf ich Sie unterbrechen? Der Kollege
ell möchte gerne eine Zwischenfrage stellen.
Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister für Umwelt,
aturschutz und Reaktorsicherheit:
Ja, bitte.
Bitte sehr.
Herr Minister Röttgen, Sie haben gerade gesagt, dassie Bundesregierung den Ausbau der erneuerbaren Ener-ien vorantreiben will. Ich frage Sie: Legt die Bundesre-ierung die Daten zugrunde, die im Gutachten vonWI und Prognos dargestellt wurden, nämlich dass bei-pielsweise der Ausbau der Fotovoltaik in den kommen-en zehn Jahren auf nur noch ein Viertel des Ausbau-tands von 2010 sinken wird und sich ab 2020 nocheiter reduzieren wird, dass bei der Windkraft an Lander Ausbau auf ein Drittel des derzeitigen Ausbaustands
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010 5981
Hans-Josef Fell
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sinken wird? Das wird nach unserer Meinung zu hohenArbeitsplatzverlusten in den betroffenen Branchen undzu Konkursen führen. Können Sie bestätigen, dass dieBundesregierung in ihrem Energieszenario die gleichenZahlen zugrunde legen wird wie das Gutachten, das vonIhnen als Grundlage für Ihre Maßnahmen in Auftrag ge-geben wurde?Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister für Umwelt,Naturschutz und Reaktorsicherheit:Herr Kollege Fell, ich danke Ihnen für diese Frage,weil mir das die Gelegenheit gibt, ein bei Ihnen und viel-leicht auch bei anderen bestehendes grundlegendesMissverständnis auszuräumen. Den Energieszenariensind bestimmte Annahmen zugrunde gelegt worden. Aufder Basis dieser Annahmen sind dann Berechnungen an-gestellt worden. Beim energiepolitischen Konzept derBundesregierung handelt es sich nicht um eine Berech-nung, sondern um eine Bekundung dessen, was wir poli-tisch erreichen wollen. Darauf abgestimmt werden dannMaßnahmen und Finanzierung. Das ist etwas grundle-gend anderes.
Darum sage ich Ihnen: Bei dem, was ich eben referierthabe, habe ich die Ziele formuliert, die unsere Koalitionmit bestimmten Maßnahmen erreichen will und mit die-sen Maßnahmen auch erreichen kann.
Ich will Ihnen ein Beispiel nennen, das auch Sie ange-sprochen haben, nämlich die Fotovoltaik. Wir habenhier ja eine Debatte über die Kürzung der Fotovoltaik-vergütungen geführt. Ich habe gesagt, dass weder diePhotovoltaik noch andere im Erneuerbare-Energien-Ge-setz genannte Energieformen zu einem Dauersubven-tionsgegenstand werden dürfen, sondern es hierbei umeine Hilfe zu deren Markteinführung geht. Wenn sich dieMarktposition dann erfolgreich entwickelt, muss derStaat seine Förderung zurücknehmen. Es wurde hier kri-tisiert, das werde zum Untergang führen. Ich nenne Ih-nen die für 2010 prognostizierten Zahlen, nachdem wirerst dieses Jahr die Kürzung beschlossen haben: Bis2009 einschließlich wurde eine Kapazität von 9 800 Me-gawatt Photovoltaikstrom in Deutschland aufgebaut. Indiesem Jahr wird die Kapazität in Deutschland noch ein-mal um mehr als zwei Drittel gesteigert – allein in einemJahr! Auch nach der Kürzung der Förderung werden wirweiterhin 4 000 bis 5 000 Megawatt Aufwuchs haben.Das heißt, unsere marktorientierte Politik zur Förderungerneuerbarer Energien ist erfolgreich. Wir werden siekonsequent in der Form fortsetzen, wie wir es auch andieser Stelle gemacht haben.
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5982 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010
Bundesminister Dr. Norbert Röttgen
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Das beschreibt unsere Ziele. Ich habe nicht alle60 Maßnahmen vorgetragen, die dazu gehören, sondernhabe konkret einige Beispiele genannt.Ich möchte noch auf zwei weitere Punkte eingehen:die Finanzierung und die Sicherheit. All jene, denen et-was an Energieeffizienz, erneuerbaren Energien, Ener-gieforschung und übrigens nationalem und internationa-lem Klimaschutz liegt und die nicht parteiisch denken,müssten sich freuen, dass es uns, die wir dieses Ziel er-reichen wollen, gelungen ist, eine verlässliche und seri-öse Finanzierung für die Zukunft zu erreichen. Das istabsoluter Fortschritt.
– Wir können über alles streiten, aber wenn wir für diegemeinsame Sache Erfolg haben, dann können wir unsalle darüber freuen. – Ich möchte einmal etwas darstel-len, worüber wir uns alle freuen können, weil es ein Er-folg in der Sache ist: Wir haben mit dem Bundesfinanz-minister in dieser Koalition verabredet, dass 100 Prozentder zu erwartenden Zusatzerlöse aus dem CO2-Zertifi-katehandel für internationalen und nationalen Klima-schutz, für erneuerbare Energien und für Energieeffi-zienz verwendet werden. Es handelt sich dabei imVergleich zu den bisherigen Erlösen um Zusatzerlöse imUmfang von 2,5 Milliarden Euro. Selbst wenn es sehrkonservativ beim bisherigen Preis pro Tonne bleibt – erkönnte sich durchaus noch erhöhen –, sind es 100 Pro-zent. Das hat es überhaupt noch nie gegeben, dass dieseBereiche auf Jahre und darüber hinaus verlässlich finan-ziert sind. Damit können wir jetzt Klimaschutzpolitikund Energiepolitik machen und sind nicht mehr in derDefensive. Wir müssen nicht mehr sagen: Wir könnenviel beschließen, aber wir haben das Geld nicht. Das istein Riesenfortschritt, der hier erreicht worden ist. Dasmöchte ich gerade in der Haushaltsberatung betonen.
Nun komme ich zu einem weiteren Aspekt der Finan-zierung. Zusätzlich gibt es noch die Beiträge der Kern-energiewirtschaft, die insgesamt einen zweistelligenMilliardenbetrag ausmachen. Wir werden ab 2013 fürden Bereich Klima- und Energiepolitik rund 3 Milliar-den Euro pro Jahr zur Verfügung haben. Das war nochnie da und ist ein Erfolg, von dem alle profitieren wer-den.
Ich komme zu einem letzten Punkt: zur Sicherheit.Ich schlage vor, dass wir auch mit diesem Thema sehrsachlich und seriös umgehen.
Auch hier gibt es Veränderungen gegenüber der bis-herigen Politik. Ich betone an dieser Stelle: Es ist ein an-derer, ein besserer Kurs für mehr erneuerbare Energienund für mehr Sicherheit bei den Kernkraftwerken, als esbggwrvShAwVmsdwtikEDdmita„EbdnSBdn
Bei der Atomgesetznovelle, die ich einbringen werde,ird selbstverständlich der bisherige technische undechtliche Stand der Anforderungen an die Sicherheiton Kernkraftwerken uneingeschränkt erhalten bleiben.
elbstverständlich bleibt es uneingeschränkt bei der Er-altung des gegenwärtigen Sicherheitsstandes.
ber wir werden uns damit nicht begnügen, sondern wirerden technisch – das haben wir schon – in konkretenerabredungen mit den Ländern zusätzliche Maßnah-en durchsetzen. Wir werden weiter eine ganz neue zu-ätzliche Sicherheitsstufe in das Atomgesetz aufnehmen,urch die endlich Konsequenzen gezogen werden: Dann,enn sich der Stand von Wissenschaft und Technik wei-erentwickelt, muss sich das auch in neuen zusätzlichennhaltlichen Anforderungen an die Sicherheit von Kern-raftwerken niederschlagen. Das muss dann auch iminzelfall konkret durch die Aufsicht durchsetzbar sein.
as ist eine neue zusätzliche Stufe in der Sicherheit, aufie wir stolz sind; denn das, was technisch an Sicherheitöglich ist, muss auch rechtlich umgesetzt werden. Dasst unsere Philosophie.
Das ist eine komplett andere Philosophie – jetzt soll-en Sie einmal einen Moment zuhören, Herr Trittin –
ls die, zu der Sie sich, Herr Trittin, in der rot-grünenVereinbarung zwischen der Bundesregierung und dennergieversorgungsunternehmen vom 14. Juni 2000“ekannt haben. Dort ist nämlich damals von Ihnen – an-ers als jetzt – Sicherheit verhandelt worden. Ich habeicht über Sicherheit verhandelt.
icherheit ist die Vorbedingung für den wirtschaftlichenetrieb eines Kernkraftwerkes. Sicherheit ist unverhan-elbar. Das ist die Bedingung, das hat Priorität und isticht verhandelbar. Anders bei Herrn Trittin.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010 5983
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Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage der
Frau Kollegin Kotting-Uhl?
Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit:
Ja.
Bitte sehr.
Herr Minister, um das einmal konkret werden zu las-
sen.
Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit:
Ja, genau, ich werde jetzt konkret.
Was planen Sie konkret an Maßnahmen, an Sicher-
heitsauflagen gegen Flugzeugabstürze auf Atomkraft-
werke?
Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit:
Ich werde das gerne ausführen. Wir haben im Kon-
kreten neue technische Maßnahmen zur Sicherheit ver-
abredet,
und wir werden das Atomgesetz so verändern, dass dy-
namische Sicherheitsanforderungen im Gesetz abgebil-
det werden.
Das heißt, dass, so wie sich Wissenschaft und Technik
weiterentwickeln, diese Weiterentwicklung eine inhaltli-
che Anforderung an die Sicherheit von Kernkraftwerken
ist und damit auch rechtlich durchgesetzt werden kann.
Das ist ein Unterschied – ich möchte die Frage beant-
worten – zu dem, was Herr Trittin, als er Umweltminis-
ter war, verabredet hat. Herr Trittin hat im Unterschied
zu uns eine Verabredung über Sicherheit getroffen.
Er hat auch einen konkreten Inhalt vereinbart. Er hat
nämlich im Jahre 2000 Folgendes verabredet – wenn ich
Ihnen das noch zu Gehör bringen darf; ich zitiere aus
dem Vertrag –:
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Das ist ein grundsätzlicher Unterschied im Staatsver-
tändnis und im Verständnis von Sicherheit; das unter-
cheidet uns. Wir sagen, wenn sich die Möglichkeiten
on Sicherheit erweitern, dann werden wir sie auch
urchsetzen.
ie haben über Sicherheit verhandelt, und Sie haben zu-
esichert, dass bei der Sicherheit nichts passiert. Darum
st das, was die Konkretheit der erneuerbaren Energien,
er Energieeffizienz, der Finanzierung und der Sicher-
eit angeht, ein grundlegender Unterschied, ein richtiger
ortschritt, den diese Koalition macht.
ass Ihnen der parteipolitisch nicht gefällt, kann ich ver-
tehen. Aber in der Sache sollten Sie sich darüber sehr
reuen.
Nächster Redner ist der Kollege Dr. Matthias Miersch
ür die SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!ehr verehrter Herr Bundesminister Röttgen, ich kannir vorstellen, es ist für Sie in diesen Wochen nicht ein-ach. Insofern nehme ich Ihnen ab, dass Sie hier sicher-ich erregt sind. Ich finde es aber schon spannend, wieie es hinbekommen, über 2050 und 2040 zu reden,
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Dr. Matthias Miersch
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ohne mit einem Wort zu erwähnen, dass im aktuellenHaushaltsentwurf genau das Gegenteil von dem passiert,was Sie hier proklamieren:
nichts an Gebäudesanierung, Kürzung beim Marktan-reizprogramm, Streichung von Mitteln für den interna-tionalen Klimaschutz. Nichts von dem, was Sie hier ge-sagt haben, haben Sie tatsächlich umgesetzt. Das müssendie Menschen draußen im Lande einmal wissen.
Wenn Sie sagen, es gehe um Grundsatzentscheidun-gen und um Glaubwürdigkeit, so will ich diese Situationnutzen, um nun Ihre eigenen Ansagen, die Sie vor weni-gen Wochen gemacht haben, an Ihren Taten zu messen.Fangen wir einfach damit an, dass Sie den hohen An-spruch hatten, die Verlängerung der Laufzeiten der Kern-kraftwerke an wissenschaftliche Studien zu koppeln.Ich zitiere aus Ihrem Interview mit dem Spiegel:In wenigen Tagen liegt uns der wissenschaftlicheRat vor, um zu entscheiden, auf welchem Weg wirbis 2050 zur Versorgung mit erneuerbaren Energienkommen.Nun lag der „wissenschaftliche Rat“ vor; wir wollenan dieser Stelle nicht fragen, inwieweit das Gutachtenunabhängig war. Nachdem es aber vorlag, gab Ihr eige-nes Haus Stellungnahmen heraus, in denen es zum einenheißt:Die Gutachter betrachten nicht ausreichend die tat-sächlichen Kosten für die Verbraucher und ignorie-ren … den Nutzen einer ambitionierten Klimapoli-tik und der Entwicklung von zukunftsorientiertenEnergierversorgungsstrukturen.Zum anderen heißt es:Das Gutachten zu den Energieszenarien bedarf da-her aus den o. g. Gründen noch einer Reihe vonNachberechnungen und der Berücksichtigung feh-lender zentraler Aspekte, die auch Teil des Auftragswaren.Herr Minister, was haben Sie getan, um diesen Emp-fehlungen Ihres Hauses gerecht zu werden? Sie habennichts getan. Ich fordere Sie auf, morgen in der Sonder-sitzung des Umweltausschusses Stellung zu nehmen:Welche wissenschaftliche Fundierung hat Ihr Vorschlag,eine Verlängerung der Laufzeiten der Kernkraftwerkevon zwölf Jahren festzulegen? Ich behaupte: keine.
Sie setzen sich mit keinem Wort mit den Stellungnah-men des Gutachtens Ihres eigenen Sachverständigenra-tes auseinander, mit keinem Wort mit dem Gutachten desUmweltbundesamtes. Herr Minister, warum verlassenSie den gesellschaftlichen Konsens, der 2000 gefundenwSagdBddASsmütKGWidqzmsIdEzPw
Es geht weiter. Im Spiegel vom 23. August führen Sieus:Die Politik muss mächtige Unternehmen geradeauch im Steuerrecht so wie die normalen Bürger be-handeln. …
Deshalb darf der Staat grundsätzlich nicht mit ein-zelnen Unternehmen einen Deal machen.
Was haben Sie vor gut zwei Wochen am Wochenendeemacht? Jetzt ist mir klar, warum Sie in keiner Weiseiesen Geheimvertrag erwähnt haben, als Sie mit Herrnrüderle in die Kameras lächelten. Das hat nämlich fun-amental gegen Ihre Grundsätze verstoßen, Herr Bun-esminister.
ber es gehört zu einer glaubwürdigen Politik, dazutellung zu nehmen, warum dieser Vertrag mit Ihrer Zu-timmung geschlossen worden ist.
Herr Minister, auch Sie sind Jurist. Insofern freue ichich, in den nächsten Wochen und Monaten mit Ihnenber die juristische Grundkonzeption des Geheimver-rags zu streiten. Was ist das eigentlich? Es ist ein Quasi-aufvertrag für längere Laufzeiten, mit der maximalenewährleistung für vier große Konzerne, nichts anderes.enn ich mir die einzelnen Bestimmungen ansehe, fragech mich: Mit welchen Einnahmen rechnen Sie? Durchen Energiefonds, den Sie mit den ganzen Kreuz-und-uer-Regelungen aufgenommen haben, wird es zu nichts,u gar nichts kommen. Im Gegenteil: Sie verbinden auseiner Sicht verfassungsrechtswidrig Sicherheitsinteres-en mit Vorauszahlungen, lieber Herr Bundesminister.hre verfassungsrechtlichen Zweifel konnten wir, zumin-est in Ansätzen, zur Kenntnis nehmen.
s geht noch weiter. Sie greifen aus meiner Sicht in un-ulässiger Art und Weise in das Budgetrecht künftigerarlamente und Regierungen ein. Auch damit werdenir uns auseinandersetzen.Ich zitiere aus Ihrer Rede vom 19. Mai:Unser Selbstverständnis als Gesetzgeber muss sein,verfassungskonforme Gesetzgebung zu machen,nicht aber, Risiken einzugehen und dann zu warten,ob man von Karlsruhe korrigiert wird.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010 5985
Dr. Matthias Miersch
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Herr Bundesminister, was machen Sie hier? Es ist span-nend – man liest es in den Medien –, dass Sie manchemAbgeordneten in NRW einen Maulkorb verpasst habensollen. Nun berufen Sie sich auf das Innenministerium,auf das Innenressort. Ich kann Ihnen nur sagen: Sie ha-ben den Eid auf die deutsche Verfassung geschworen.Wenn Sie davon überzeugt sind, dass das verfassungs-widrig ist, was hier passiert, dann müssen Sie deutlichdazu Stellung nehmen. Dazu haben Sie heute nichts ge-sagt. Ich hätte das aber von Ihnen erwartet.
Sie gerieren sich als jemand, der endlich Verantwor-tung übernimmt, was Ihre Vorgänger alle nicht gemachthaben, Stichwort Endlagersuche.
Wenn sich das im Jahr 2015 entscheiden wird, sind Siewahrscheinlich Oppositionsführer in NRW, sodass dasfür Sie überhaupt kein Problem mehr ist.
Aber eines ist doch wohl richtig: Wer heute auf Gorlebensetzt, der riskiert, dass wir im Jahr 2015 mit nichts daste-hen. Vielleicht glauben Sie nicht mir, aber selbst Ihr ei-gener CDU-Ministerpräsident in Niedersachsen fordertvon Ihnen, dass Sie alternative Standorte in Deutschlandsuchen. Hören Sie bitte auf ihn, weil die Endlagerfrage– das zeigt der Haushalt – diesen Haushalt zu einemAtomhaushalt macht. Er katapultiert die Kosten nachoben, die Sie mit Ihrer Brennelementesteuer – abzüglichdessen, was an Körperschaftsteuer fehlt – abdecken wol-len, die aber für die Asse-Sanierung und Morsleben etc.draufgehen wird. Dann haben Sie nichts mehr für IhrenFonds, Herr Kollege Röttgen. Insofern glaube ich, dasGanze ist eine Totgeburt.Den Konzernen, die auf die Absprachen, die getroffenworden sind, setzen, sage ich knallhart: Es bleibt beimAtomausstieg. Wenn es einen Regierungswechsel gibt,können sich diese Konzerne nicht auf Vertrauensschutzberufen. Ich sage es abschließend mit Ihren Worten ausder Süddeutschen Zeitung vom 29. Juli:Dabei sollte Energiepolitik zu den Bereichen gehö-ren, über die ein breiter ökonomischer, politischerund gesellschaftlicher Konsens herrscht. Das istkein Thema, wo sich bei jeder Bundestagswahl derKurs um 180 Grad drehen sollte.Ja, Herr Bundesminister, wir sollten die nächsten Wo-chen dafür nutzen, das zu verhindern; denn Sie habenvor, den Kurs zu drehen. Wir werden das durch Protesteauf der Straße, aber auch hier im Parlament verhindern.Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
PDMiUIIbdoMpgisFdKDtiweEDrhDDsDMsmzn
Zu den Zahlen. Es heißt, 1,64 Milliarden Euro stehenn diesem Haushalt als Soll. Das sind ja nur 0,5 Prozent,erden einige sagen. Von diesen 1,64 Milliarden Eurontfallen auf den Endlagerbereich rund 500 Millionenuro und auf den Stammhaushalt 1,14 Milliarden Euro.as untergliedert sich wiederum in den Verwaltungsbe-eich mit 273 Millionen Euro und in den Programmhaus-alt mit 884 Millionen Euro.
as sind 9,6 Prozent weniger als im letzten Haushalt.och das ist nicht alles; denn das ist kein Einzelhaushalt,ondern es handelt sich um eine Querschnittsaufgabe.aher werde ich noch einige Positionen aus andereninisterien nennen, die diesem Haushalt zuzurechnenind.Da sind zunächst aus dem Haushalt des Wirtschafts-inisteriums fast 450 Millionen Euro, die zum Beispielur Förderung der rationellen und sparsamen Energie-utzung
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Heinz-Peter Haustein
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oder für neue Technologien zur Konsolidierung der Koh-lendioxidspeicherung eingestellt werden.Im Haushalt des BMZ, dem Ministerium für wirt-schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, werden1,3 Milliarden Euro für Umweltschutz eingestellt. Auchviele Projekte im Ausland müssen gefördert werden;denn es gibt nur eine Welt, nur eine Erde. Auch dort wer-den wir unsere Prämissen setzen:
Der Waldschutz gehört dazu, ebenso der Wasser- undGewässerschutz. Beim Ministerium für Verkehr, Bauund Stadtentwicklung steht das CO2-Gebäudesanie-rungsprogramm im Haushalt, und zwar nach wie vor miteinem sehr hohen Betrag. Die Elektromobilität gehörtebenfalls zu diesem Haushalt. Wir haben das BMF, dasFinanzministerium. Da gibt es noch die Sanierung deralten Braunkohlestandorte im ehemaligen DDR-Gebiet.Auch das muss zu Ende gebracht werden. Dafür werdenimmerhin 259 Millionen Euro eingestellt. Nicht zu ver-gessen ist der Bereich Forschung und Bildung. Alles inallem sind 827 Millionen Euro für Grundlagenforschungim Umweltbereich vorgesehen. Dazu kommen nochKredite aus KfW- oder ERP-Programmen in Höhe vonungefähr 2,5 Milliarden Euro.Alles in allem sind das 6,5 Milliarden Euro. Das sind200 Millionen Euro mehr für den Umweltbereich als imletzten Haushaltsjahr.
Deshalb stimmt es nicht, wenn Sie sagen, wir würden imUmweltbereich nichts tun und kein Geld ausgeben. Dasist fundiert und solide. Das ist Herzenssache unserer Ko-alition.
Liebe Freunde, dieses Jahr gibt es eine Wende in un-serer Politik in Deutschland. Es wird gespart, der Haus-halt wird konsolidiert, und es wird nach vorne geschaut.Schulden machen auf Kosten unserer Kinder, das ist vor-bei.
Leider ist das in der Vergangenheit so gewesen. Über300 Milliarden Euro sind allein von Rot-Grün aufge-nommen worden. Das geht zulasten unserer Kinder. Wirmachen das nicht. Auch wenn wir dafür angegriffenwerden, dass manche Subventionen hier und da zurück-geführt werden, sagen wir: Subventionen auf Kosten un-serer Kinder sind nicht zu verantworten.
Ich komme noch einmal kurz zum Marktanreizpro-gramm. 448 Millionen Euro waren es für dieses Jahr. ImAnsatz für das nächste Jahr befinden sich 380 MillionenErDmnGssntNauhdHrgdnlhcshwDbdlwA
as ist okay. Das ist ausreichend. Wir sagen: Auch dortüssen Innovationen weiterentwickelt werden. Es bringtichts, den Status quo zu halten und immer das gleicheeld einzubringen. Man muss leicht herunterdrehen undagen: Kommt, lasst euch etwas Neues einfallen. Daheragen wir, dass diese 380 Millionen Euro in diesem ei-en Programm ausreichend und genug sind.Zum Schluss: Wir machen eine solide Haushaltspoli-ik und eine solide Finanzpolitik. Das, was Rot-Grün inRW macht, nämlich 9 Milliarden Euro neue Schuldenufnehmen, das ist unverantwortlich. Liebe Freunde, beins ist Umweltpolitik Herzenssache. In diesem Sinne einerzliches Glückauf aus dem Erzgebirge!
Nächster Redner ist der Kollege Michael Leutert für
ie Fraktion Die Linke.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!err Minister, vor einem Jahr, während der Haushaltsbe-atungen 2010, haben Sie uns die Grundzüge Ihrer Ener-iepolitik hier schmackhaft machen wollen. Sie habenamals den Papst bemüht und ihn zitiert. Ich möchte Ih-en heute einmal ein Zitat aus der Berliner Zeitung vor-esen:Wenn nichts mehr hilft, dann vielleicht die Bibel.„An ihren Taten, nicht an ihren Worten sollte ihr sieerkennen“, empfiehlt sie – das fällt angesichts derschwarz-gelben Umweltpolitik selbst dem tapfers-ten Atheisten ein.
Herr Minister, in Ihrer Rede vor einem halben Jahraben Sie hier von entschlossenem Klimaschutz gespro-hen. Sie haben mit Blick auf den erfolglosen Klima-chutzgipfel in Kopenhagen gesagt: Jetzt erst recht. Sieaben auch davon gesprochen, in die Offensive gehen zuollen und nicht unbedingt alte Strukturen zu erhalten.as waren zumindest Ihre Worte. Nun, im September,eraten wir den Haushalt 2011 und müssen feststellen,ass Sie von Ihren Ministerkollegen und von der Atom-obby, insbesondere von Herrn Brüderle – er ist jetzteg; er hat aufgepasst, dass Sie hier alles richtig sagen;ufgabe erfüllt –,
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Michael Leutert
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an der Nase herumgeführt wurden, dass Sie in der Öf-fentlichkeit vorgeführt wurden. Nicht Ihr Energiekon-zept ist in Deutschland einmalig, sondern dass ein Um-weltminister von seinen eigenen Kollegen so vorgeführtworden ist.
Ein Blick in die Zahlen zeigt das ganz klar und deut-lich. Seit Ihrem Amtsantritt wurden in Ihrem Ministe-rium die Gelder für erneuerbare Energien um 124 Mil-lionen Euro – das sind minus 25 Prozent – gekürzt.Allerdings wurden in Ihrem Ministerium die Gelder fürKernenergie seit Ihrem Amtsantritt um 236 Millionenaufgestockt; das ist ein Plus von 77 Prozent.
Wenn man sich die Ausgaben für Reaktorsicherheit,Strahlenschutz und Kernenergie im Gesamthaushalt an-schaut, dann sieht man, dass man mittlerweile fast an derGrenze von 1 Milliarde Euro angekommen ist. Das kos-tet uns die Kernenergie. Darin sind noch nicht einmal diederzeit noch nicht abschätzbaren Folgekosten – Asse istschon erwähnt worden – enthalten. Das hat sich imHaushalt noch nicht niedergeschlagen. Uns ereilen im-mer wieder neue Hiobsbotschaften. Wir wissen mittler-weile, dass zehnmal mehr Atommüll in der Asse abge-kippt worden ist als bisher bekannt. Bisher nicht bekanntsind Pläne, wie die Probleme gelöst werden sollen. Auchnicht bekannt – Sie sprachen von seriöser Ausfinanzie-rung dieser Energiepolitik – ist, wie zum Beispiel dasProblem Asse gelöst werden soll. Das sind – im Gegen-satz zu Ihren schönen Worten – die Taten, die ErgebnisseIhrer Politik, an denen wir Sie messen müssen.Im Energiekonzept finden Sie ebenfalls schöneWorte. Davon in die Tat umgesetzt sind bisher zwei Sa-chen: erstens die radikale Kürzung der Solarförderung,zweitens die Verlängerung der Laufzeiten für Kernkraft-werke. Sie haben einen Deal mit der Atomlobby ge-schlossen – das ist hier schon angesprochen worden –,einen Vertrag, der im Übrigen nur bekannt gewordenist, weil sich ein Vertreter von RWE gegenüber Presse-vertretern versprochen hat. Das zeigt im Übrigen dasDemokratieverständnis dieser Regierung.
Sie wissen ganz genau, dass die Mehrheit der Bevölke-rung gegen die Nutzung der Atomenergie ist, und weilSie das wissen, machen Sie die Deals abseits des Parla-ments hinter verschlossenen Türen, um die Öffentlich-keit in die Irre zu führen.
Dieser Vertrag zeigt vor allem eines: Die Bezeich-nung, die Sie Anfang des Jahres für die Kernkrafttechnikeingeführt haben, nämlich „Brückentechnologie“, isteine Irreführung. In Wahrheit ist die Kernenergie derKstiJnEddzeNEAustsardPvlhdsK–ddcdüauIwfzvkf
Das ist kein schwarzer Humor. Das ist die Aufzählunger Fakten.Das Ergebnis der von Ihnen mitgetragenen Politik ist,ass die Gewinner die Atomkonzerne sind, die zusätzli-he Profite abschöpfen. Die Verlierer dieser Politik sindie Bürgerinnen und Bürger, die zum einen die Kostenber ihre Steuergelder zu tragen haben und zum anderenuch noch die Gefahren tragen müssen.
Ich habe in einer Rede gesagt, dass Sie die Kostennd Konsequenzen Ihrer Politik nicht im Griff haben.ch hätte nicht gedacht, dass dies so schnell bestätigtird.Ich kann Sie heute nur noch einmal auffordern: Be-reien Sie sich von der Atomlobby, und kehren Sieurück zu einer Politik der Vernunft! Lassen Sie Ihrenollmundigen Ankündigungen endlich Taten folgen, undümmern Sie sich tatsächlich um den Klimaschutz!Danke.
Das Wort hat nun der Kollege Sven-Christian Kindlerür die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damenund Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ange-sichts der Entwicklungen der vergangenen Wochenstelle ich mir zunehmend die Frage: Wer regiert eigent-lich in diesem Land, bzw. für wen wird hier regiert?Schwarz-Gelb kürzt brutal bei Arbeitslosen und armenFamilien. Das ist auch klar; denn diese Menschen habenkeine finanzstarke Lobby und finden deshalb bei dieserRegierung kein Gehör.Stattdessen können die Atomkonzerne millionen-schwere Anzeigenkampagnen auflegen. 40 ältere Män-ner stehen mit ihrem Namen hierfür bereit. Großmannund Co. gehen ein und aus im Kanzleramt, und die Re-gierung springt nachts aus dem Bett, wenn um 5.23 Uhrdie Atomlobby in Geheimverträgen ihre Bedingungendiktieren will.
Die Frage ist also: Wer regiert in diesem Land? Ange-sichts dieser skandalösen Vorgänge ist doch offensicht-lich, dass Merkel, Westerwelle und Röttgen nur dieProfitinteressen der Atomkonzerne durchsetzen. DieseRegierung ist nicht mehr als ein Marionettenkabinett imDienste der Atomkonzerne.
Herr Röttgen hat betont, sein Energiekonzept unddiese Vereinbarungen seien eine grandiose Förderungerneuerbarer Energien. Wenn man aber die Betreiber er-neuerbarer Energien befragt, dann sagen diese: Das isteine Katastrophe für den Weiterbetrieb und für den Aus-bau erneuerbarer Energien. Auch die Stadtwerke habendas scharf kritisiert. Die Betreiber erneuerbarer Energienhaben diesen Ablassfonds als ein vergiftetes Geschenkbezeichnet, weil damit Milliardeninvestitionen in er-neuerbare Energien verhindert werden. Zudem wird dieMarktmacht der vier großen Energiekonzerne zementiertund Wettbewerb verhindert. Für die Betreiber erneuerba-rer Energien ist langfristige Investitionssicherheit extremwichtig, die jetzt aber massiv gefährdet ist, weil derhochsubventionierte Atomstrom die Netze vollstopft.So wird die Energiewende von Schwarz-Gelb verhin-dert. Wir haben damals unter Rot-Grün die Energierevo-lution für erneuerbare Energien eingeleitet, und zwar mitdem Atomkonsens und mit dem EEG. Jetzt geht es aberzurück, zurück in die nuklearen 80er-Jahre, zurück zuKohl. Was wir derzeit erleben, ist eine Konterrevolutionim Dienste des Atomkapitals und gegen die erneuerba-ren Energien.
– Das Wort „Revolution“, Herr Kauch, habe nicht ichbenutzt, sondern hat die Kanzlerin benutzt, die dieseKtUaliwMiKnuFDGKWDgmiGwiedRRtwH–krrGSUsBlBRI
Stattdessen wächst im Umwelthaushalt vor allen Din-en der Atomendlagerbereich an. Dieser wächst umehr als 35 Prozent an. Mit knapp 500 Millionen Eurost dies fast ein Drittel des gesamten Umweltetats. Dieelder zum Beispiel für den Schwarzbau in Gorlebenerden sogar verdoppelt. Parallel dazu ist jetzt geplant,n Gorleben atomkritische Landwirte und Eigentümer zunteignen. Dies halte ich für besonders bemerkenswert,a diese Maßnahme von einer angeblich bürgerlichenegierung geplant wird. Das alles nur, weil Sie, Herröttgen, sich nicht trauen, in anderen Regionen nach al-ernativen Standorten und Endlagermedien zu suchen,eil Sie sich nicht trauen, sich mit Herrn Mappus underrn Seehofer anzulegen.
Vor Herrn Brüderle hat er natürlich auch Angst; daann er sich auch nicht durchsetzen.Stattdessen wollen Sie den ungeeigneten und unsiche-en Standort in Gorleben gegen den Willen der Bevölke-ung und gegen die Expertise der wissenschaftlichenutachten durchboxen. Das zeigt deutlich: Herr Röttgen,ie sind ein eiskalter Atompolitiker und bauen diesenmwelthaushalt schleichend zum Atometat um.
Doch das lassen wir uns nicht gefallen. Das lassenich die Stadtwerke nicht gefallen, das lassen sich dieetreiber erneuerbarer Energien nicht gefallen, und dasässt sich vor allen Dingen die sehr große Mehrheit derevölkerung nicht gefallen. Deswegen werden wir dasegierungsviertel am nächsten Samstag umzingeln undhnen mit Zehntausenden Menschen klarmachen, dass
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010 5989
Sven-Christian Kindler
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wir diesen Atomwahnsinn ablehnen. Deswegen werdenwir auch im November wieder auf die Straße gehen unduns gegen ein Atomklo in Gorleben querstellen. Wirwollen so schnell wie möglich eine erneuerbare Zukunftund keine strahlende Zukunft. 100 Prozent erneuerbareEnergien sind möglich, und das geht ohne Kohle undAtom.Vielen Dank.
Nächste Rednerin ist die Kollegin Marie-Luise Dött
für die CDU/CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Ge-samtvolumen des Haushaltsansatzes des BMU ist um3,1 Prozent höher als im Jahr 2010. Richtig ist, dass derProgrammhaushalt des BMU um 9,6 Prozent gesunkenist; Herr Haustein hat schon darauf hingewiesen. Das istunserem zentralen Ziel, der Haushaltskonsolidierung,geschuldet. Hierzu müssen alle Ministerien ihren Beitragleisten, auch das BMU.Richtig ist aber auch, dass zusätzliche Mittel in denEndlagerbereich fließen. Nach Aufhebung des Erkun-dungsmoratoriums setzen wir die Erkundungsarbeitenam potenziellen Endlager Gorleben fort. Die Zeit desverantwortungslosen rot-grünen Aussitzens eines drän-genden Problems ist vorbei. Wir übernehmen Verant-wortung und stellen uns dieser Aufgabe. Wir überlassensie nicht kommenden Generationen.
Meine Damen und Herren, wir übernehmen Verant-wortung für unser Land, wir übernehmen Verantwortungfür Klimaschutz, für eine sichere, bezahlbare Energie-versorgung, für Arbeitsplätze und Wohlstand. Wir habenim Koalitionsvertrag eindeutige und sehr konkrete Aus-sagen zur Klima- und Energiepolitik gemacht. Klima-schutz, Energiemix, erneuerbare Energien, Energieeffi-zienz, Gebäudesanierung, Kohle und CCS, Kernenergie,Energieinfrastruktur und Energieforschung sind dieHandlungsfelder, die im Koalitionsvertrag erwähnt sind.Genau diese Themen sind, untersetzt mit über 60 Einzel-maßnahmen, im Energiekonzept der Bundesregierungenthalten. Diese Maßnahmen werden wir Schritt fürSchritt umsetzen. Das Konzept sichert das Erreichen un-serer sehr ambitionierten Klimaziele. Das Konzept be-rücksichtigt aber auch, dass Energieversorgung mehr istals Klimapolitik. Es geht auch um den Wirtschaftsstand-ort und um Arbeitsplätze.
Wir wollen den Umbau unserer Energieversorgungmöglichst wirtschaftlich erreichen, gerade um bezahlba-ren Strom für alle sicherzustellen. Energieeffizienz istein zentraler Ansatz unserer Politik. Wir stärken die er-neuerbaren Energien. Die Kernenergie ist eine Brücke,dwWvbSdsnPnsanEavSrKnUodmdtEWdeLn
ir setzen auf Forschung und Technologieoffenheit.
Meine Damen und Herren von der Opposition, icherstehe Ihre Aufgeregtheit und Ihre zum Teil unrichtigeis unsachliche Diskussion. Es ist natürlich ein harterchlag,
ass diese Bundesregierung ein klima-, wirtschafts- undozialverträgliches Energiekonzept vorlegt. Das ist Ih-en nie gelungen.Das ist und bleibt der Unterschied zwischen unserenolitikansätzen: Sie wissen vor allen Dingen, was Sieicht wollen. Sie drücken sich vor Antworten aufchwierige Fragen. Sie haben nie Antworten gegebenuf die wichtigen Fragen der Energie- und Klimapolitik,icht auf die Herausforderungen der Entwicklung dernergieeffizienz, nicht auf die Erfordernisse des Netz-usbaus, nicht auf die Frage der Endlagerung radioakti-er Abfälle, nicht auf die erforderliche Entwicklung vonpeicherkapazitäten und nicht auf die komplexen He-ausforderungen zur Sicherung des Erreichens unsererlimaziele.
Sie versuchen, den Bürgern weiszumachen, dass er-euerbare Energien umsonst zu haben sind und dass dermstieg auf erneuerbare Energien von heute auf morgenhne Probleme machbar ist. Das ist keine Realpolitik,as ist eine Mischung aus Wunschdenken, Opportunis-us und Klientelpolitik.Es ist Wunschdenken, weil Sie weder Lösungen fürie Netzanbindung noch für die Speicherung des fluk-uierenden Stroms aus Erneuerbaren haben.
s ist Opportunismus mit Blick auf die potenziellenähler in den Bürgerbewegungen vor Ort, wenn es umie Verhinderung des Netzausbaus zum Anschluss derrneuerbaren Energien geht.
ast, but not least ist es Klientelpolitik für die gutverdie-ende Lobby der erneuerbaren Energien in Ihren eigenen
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5990 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010
Marie-Luise Dött
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Reihen, wenn es um möglichst hohe Vergütungen fürden Solarstrom geht, die die Bürger zu bezahlen haben.
Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage der
Kollegin Bulling-Schröter?
Jederzeit.
Bitte sehr.
Vielen Dank, Frau Dött. – Ich habe jetzt die Anschul-
digungen gehört und so aufgefasst, dass Sie die ganze
Opposition damit meinten. Jetzt frage ich Sie – Sie wa-
ren ja in der letzten Legislatur gemeinsam mit der SPD
an der Regierung –: Konnten Sie sich hier denn nicht
durchsetzen?
Waren die so schlecht, oder haben Sie sich von uns nicht
unterstützt gefühlt? Ich für meine Fraktion kann sagen,
dass wir uns wirklich sehr darum bemüht haben, die
CO2-Reduzierung um 40 Prozent bis 2020 und um
90 Prozent bis 2040 durchzusetzen. Ich denke, auch
beim Verkauf der CO2-Klimazertifikate ist uns gemein-
sam etwas gelungen.
Ich verstehe jetzt diese Anschuldigungen nicht; denn
Sie waren ja wirklich gemeinsam in der Regierung.
Vielen Dank für diese Frage, Frau Bulling-Schröter,weil ich jetzt auch der Öffentlichkeit erklären kann, dassman Regierungspolitik in einer Koalition nur gemeinsammachen kann. In unserer Großen Koalition waren die In-teressen genau in diesem Bereich sehr, sehr unterschied-lich, sodass wir alles nur auf dem kleinsten gemeinsa-men Nenner verwirklichen konnten.
Ich bin sehr froh, dass wir jetzt eine Koalition mit derFDP haben; denn in dieser christlich-liberalen Koalitionkönnen wir unsere Ziele verwirklichen.
Meine Damen und Herren Oppositionspolitiker, ichahre fort. Ich finde es absolut unakzeptabel, dass Ihrrust über Ihr eigenes politisches Versagen jetzt darinündet, dass Sie die Bürger gegen das Energiekonzepter Bundesregierung und gegen eine rationale Klima-nd Energiepolitik förmlich aufhetzen.
urch eine Rhetorik mit Begriffen wie „heißer Herbst“nd „schmutziger Deal“
eigen Sie, wo Sie geistig angekommen sind. Hier findetine verbale Hetze statt, die abstoßend ist.
Eine politische Auseinandersetzung wollen Sie garicht. Sie wollen die Politik vom Parlament auf dietraße tragen. Passen Sie auf, wen Sie dort treffen under plötzlich Ihre Verbündeten sind!
Noch eines, Herr Trittin – dort hinten sitzen Sie –:hre Meinungswandlung ist ja schon sagenhaft. Im Jahr001 haben Sie als Bundesumweltminister Ihre eigenenarteimitglieder schriftlich dazu aufgerufen, sich nichtn Protesten gegen Castortransporte zu beteiligen. Heuteehören Sie erneut zu den Scharfmachern, die die Ener-iepolitik auf die Straße bringen wollen.
err Trittin, vor der Regierungsverantwortung rauf aufie Straße gegen Atom, als Umweltminister runter voner Straße und jetzt wieder rauf auf die Straße.
ls Mitglied Ihrer Partei muss man da wirklich höllischufpassen, um nicht den Anschluss zu verlieren.
Meine Damen und Herren, für eine Reihe der Maß-ahmen gemäß dem Energiekonzept braucht man Zeitür die Umsetzung, wie etwa für das EEG, dessen No-elle erst im nächsten Jahr ansteht. Auch die Maßnah-en zur Entwicklung der Netzinfrastruktur und -spei-her brauchen sicher noch einen Vorlauf. Umsoichtiger ist es, dass wir dort, wo es möglich ist, schnellit konkreten Initiativen und Gesetzesvorhaben starten.eispielsweise sollte eine Aufstockung der Mittel für)
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010 5991
Marie-Luise Dött
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das Gebäudesanierungsprogramm, die nationale Klima-schutzinitiative, mit dem Marktanreizprogramm erfol-gen. Das ist nicht nur sachlich geboten. Die Bürger er-warten zu Recht, dass Teile der Gewinne aus derLaufzeitverlängerung für solche Maßnahmen eingesetztwerden.
Meine Damen und Herren, auch im Bereich der Ener-gieeffizienz bei Unternehmen können wir schnell han-deln. Die aufgrund von Haushaltskonsolidierungsmaß-nahmen vorgesehenen Kürzungen der Energie- undStromsteuerausnahmen für die energieintensiven Unter-nehmen sind, so wie sie jetzt konzipiert sind, allerdingsnicht der richtige Weg.
Es ist richtig, sogenannte Schein-Contracting-Lösun-gen nicht mehr zu belohnen. Es ist auch richtig, unge-rechtfertigte Steuernachlässe für Unternehmen abzustel-len. Es ist aber auch zu prüfen – das werden wir tun –,welche Wirkungen die Kürzungen auf das wichtige In-strument des Energiespar-Contracting, auch im Wärme-bereich, haben. Eine undifferenzierte Kürzung der Steu-ernachlässe ist nicht nur angesichts der Bedeutungenergieintensiver Unternehmen für Wachstum und Be-schäftigung in Deutschland sehr genau zu prüfen, sondernauch hinsichtlich der Wirkungen für Klima und Umwelt.
Recycling von Abfällen ist eine wichtige Rohstoff-quelle für unsere Volkswirtschaft, und es ist umweltpoli-tisch höchst sinnvoll. Um das Recycling weiter zu stärken,werden wir das Kreislaufwirtschaftsgesetz novellieren.Wir müssen aber auch sicherstellen, dass wir die Recyc-lingunternehmen zum Beispiel bei der Rückgewinnungvon Metallen durch den Wegfall der Strom- und Energie-steuerausnahmen nicht in wettbewerbliche Schwierigkei-ten bringen. Wir müssen aufpassen, dass es nicht zu Pro-duktionsverlagerungen ins Ausland kommt, wo bei sehrviel niedrigeren Umweltstandards Anlagen betriebenwerden müssen.
Meine Damen und Herren, wir wollen auch, dass dasCCS-Gesetz schnell kommt. Hier geht es nicht nur umdie Kohleverstromung, sondern vor allem auch um dieNutzung von CCS für die energieintensive Industrie. Esgibt also eine Reihe von Maßnahmen aus dem Energie-konzept, die schnell angegangen werden können undmüssen.Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Nächster Redner ist der Kollege Ulrich Kelber für die
SPD-Fraktion.
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Das gleiche ZDF-Politbarometer hat ergeben, dass5 Prozent der deutschen Bevölkerung das Energiekon-ept für eine einseitige Bevorzugung der Atomkonzernealten, übrigens auch die Mehrheit der Anhängerinnennd Anhänger von Schwarz-Gelb. Die Menschen spürenoch, dass das eine Reihe darstellt: Mit den Hotelsteuer-rmäßigungen hat es angefangen. Jetzt kommt die Be-ienung der Atomlobby. Die ersten Menschen habenitbekommen, dass in dem Windschatten der Atomlob-ybedienung jetzt auch versucht werden soll, die Phar-akonzerne und die Versicherungskonzerne durch Herrnösler zu bedienen.
Was für ein Verständnis parlamentarischer Demokra-ie hat eine Regierung, bei der zwei Beamte unter Mit-irkung von vier Konzernen, unter Ausschaltung ihrerachabteilungen, unter Ausschaltung der Zivilgesellschaft,nter Ausschaltung selbst der Abgeordneten der eigenenoalition, zementiert durch eine Geheimvereinbarung,in Energiekonzept festschreiben sollen, von dem einmalollmundig versprochen wurde, es solle bis zum Jahr050 halten?
chwarz-Gelb treibt damit immer mehr Bürgerinnen undürger in Demokratiemüdigkeit.Vorhin hat der Kollege der Grünen gesagt, das seieine Revolution, sondern eine Konterrevolution gewe-en. Falsch, das war ein Putsch. Es war ein Putsch gegen
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5992 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010
Ulrich Kelber
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Wettbewerb, indem die vier großen Energiekonzerneihre Monopole zementiert bekommen, obwohl wir ei-gentlich Stadtwerke und neue Wettbewerber fördernmüssten.Es ist ein Putsch gegen den Ausbau der erneuerba-ren Energien. Herr Fell hat das vorhin schon angespro-chen. Aber du hättest noch die nächste Stufe nennen sol-len, Hans-Josef. Denn in den Gutachten, die Sie selberals wissenschaftliche Grundlage für Ihr Energiekonzeptausgewiesen haben – man muss schließlich zu dem ste-hen, was man sagt –, wird für das Jahr 2020 ein Rück-gang des Ausbaus der Windenergie gegenüber heute von98 Prozent und der Fotovoltaik von 94 Prozent als Folgeder Maßnahmen vorausgesagt, die Sie im Energiekon-zept ergreifen wollen. Sie wollen also den Ausbau dererneuerbaren Energie deutlich verlangsamen. Auch daskann man in Ihren eigenen Unterlagen nachlesen.Es ist ein Putsch gegen die Sicherheit in der Atom-energie. Wie kann man alte Atomkraftwerke mit ihrenSicherheitsdefiziten noch jahrelang weiterlaufen lassen?Wir sind gespannt auf den Inhalt der Atomgesetznovelle,wenn wir hören, dass darin Atomkraftwerken, die nurnoch acht Jahre länger laufen sollen, eine Nachrüstfristvon zehn Jahren eingeräumt werden soll.Es ist zuletzt ein Putsch gegen den gesellschaftlichenKonsens. Wenn Sie nicht auf die Opposition hören, dannhören Sie doch zum Beispiel auf die Kritik der Gewerk-schaft der Polizei, die sich in den letzten Tagen dazu ge-äußert hat.Herr Röttgen – Frau Dött, Sie haben es wiederholt –,Sie haben gefragt: Warum sind die anderen nie mit ei-nem solchen Energiekonzept gekommen? Wir hätten unsnicht getraut, mit so etwas, das Sie gemeinsam mit denEnergiekonzernen entwickelt haben, vor die Öffentlich-keit zu treten. Das ist der Grund, warum wir so etwas nievorgelegt haben.
Zum Atomdeal selbst: Sie versuchen, den Bundesratzu umgehen. Darum ging es bei der gesamten Operation:Was kann man maximal versuchen, um den Bundesratnicht beteiligen zu müssen?
Wie kann eine Bundesregierung erwarten, dass sich dieBürgerinnen und Bürger im Land gesetzestreu verhalten,wenn sie selber versucht, die Gesetze zu umgehen?Wenn der ehemalige Präsident des Bundesverfas-sungsgerichtes Herr Papier, CSU-Mitglied, sagt: „Das istverfassungswidrig“, dann greift ihn der CDU/CSU-Frak-tionsvorsitzende Kauder in unerträglicher Weise persön-lich an, weil hier einer offengelegt hat, wie Sie handeln.
Die Geheimniskrämerei war eindeutig. Sie wolltendas Ganze nicht veröffentlichen. Dann hat sich HerrSdtjnhKrSMgBshPtthAwltuwKdAbafl5KlBd5FSskWSDpmnUIm
er gefährliche Kraftwerke betreibt, muss alleine für dieicherheit zahlen, nicht die Öffentlichkeit.Die Gutachten wurden verschleppt und manipuliert.ie Gutachter wurden selektiert und am Ende missinter-retiert. Das steht selbst in den Vermerken des Umwelt-inisteriums. Sie lassen sehr viele Menschen desillusio-iert über die parlamentarische Demokratie zurück.nsere Aufgabe wird nicht nur sein, uns politisch gegenhre Ziele zu stellen; die Aufgabe der Opposition ist auch,öglichst viele dieser Menschen wieder für die parla-
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010 5993
Ulrich Kelber
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mentarische Demokratie zurückzugewinnen. Das gibtuns Kraft für die nächsten Monate.Vielen Dank.
Für die FDP-Fraktion spricht nun der Kollege
Michael Kauch.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dieser
Bundeshaushalt stellt neben der viel diskutierten Ener-
giepolitik einen großen Fortschritt dar, der hier erwähnt
werden sollte; denn Umweltpolitik ist mehr als nur Ener-
giepolitik. Wir haben als christlich-liberale Koalition ein
Anliegen im Bereich des Naturschutzes. Wir haben im
Verkehrshaushalt Mittel zur Wiedervernetzung von Bio-
topen bereitgestellt. Wir haben im Umwelthaushalt 15 Mil-
lionen Euro zusätzlich für das Bundesprogramm für die
biologische Vielfalt und den Naturschutz im nächsten
Jahr eingestellt. Wir geben insgesamt 14 Milliarden Euro
für Naturschutzgroßprojekte aus. Das heißt, wir verdop-
peln die Projektmittel für den Naturschutz. Unsere Poli-
tik dient der biologischen Vielfalt. Wir haben die Haus-
aufgaben für die Konferenz für biologische Vielfalt
gemacht und setzen das nun um.
Wenn wir über das Energiekonzept sprechen, dann
dürfen wir nicht vergessen, dass es gleichzeitig um eine
Festlegung der Klimapolitik in Deutschland geht. Mit
unserer Klimapolitik sind wir vorbildlich für die interna-
tionalen Verhandlungen. Erstmals besagt das Energie-
konzept – damit setzen wir die Koalitionsvereinbarung
um –, auf welchen Zwischenstufen wir bis 2050 Stück
für Stück zu einer Einsparung bei den klimaschädlichen
Gasen um mindestens 80 Prozent kommen wollen. Im
Jahr 2020 sollen es bereits 40 Prozent sein. Das Ziel
wird mit planbaren und nachprüfbaren Schritten erreicht.
Darauf kann sich jeder einstellen: die Industrie, die Ver-
braucher und die Hausbesitzer. Niemand kann mehr sa-
gen, er wusste nicht, was wir wollen. Wir machen eine
klare Politik für das Klima, planbar für alle Beteiligten.
Wir haben das alles durchgerechnet und zeigen: Das ist
kein Wunschdenken irgendwelcher Grünen. Vielmehr
werden Maßnahmen beschlossen.
Das Kontrastprogramm ist das, was die rot-grüne
Minderheitsregierung in Nordrhein-Westfalen macht.
Wir haben im Bund eine Minderung der CO2-Emissio-
nen um 40 Prozent bis 2020 beschlossen.
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Meine Damen und Herren, das alles ist aber kein
under; denn wenn man gegen jeden Kraftwerksneubau
st, dann werden die Dreckschleudern in Nordrhein-
estfalen weiter betrieben. Das bedeutet doch nichts an-
eres, als dass Sie sich einen schlanken Fuß machen.
ine Reduzierung um nur 25 Prozent in Nordrhein-
estfalen bedeutet, dass die anderen Bundesländer etwa
0 Prozent erreichen müssen. Das ist zutiefst unsolida-
isch. Ich schäme mich, dass die Regierung meines Bun-
eslandes so mit dem Bund und den anderen Ländern
mgeht.
Herr Kollege Kauch, gestatten Sie eine Zwischen-
rage der Kollegin Höhn?
Gerne.
Bitte sehr, Frau Höhn.
Herr Kollege Kauch, können Sie bestätigen, dass ein
nterschied zwischen Zielen und Taten besteht und dass
chwarz-Gelb in Nordrhein-Westfalen zwar hohe Klima-
chutzziele gesetzt hat, aber gleichzeitig eine Politik ge-
acht hat, die zur Genehmigung neuer Kohlekraftwerke
ührte – das reichte bis zur Änderung des Landespla-
ungsrechts, damit in Datteln gebaut werden konnte –,
as zur Folge hat, dass mehr CO2 ausgestoßen wird als
uvor? Die Taten bedeuten also mehr CO2, egal welche
iele Sie sich setzen; denn diese können Sie nie und nim-
er erreichen. Können Sie bestätigen, dass das Landes-
lanungsrecht geändert worden ist, damit weiterhin Koh-
ekraftwerke in Nordrhein-Westfalen gebaut werden
önnen?
Liebe Frau Kollegin Höhn, Sie haben es offensicht-ich bis heute nicht verstanden.
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5994 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010
Michael Kauch
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Herr Gabriel, der nun SPD-Vorsitzender ist, hat Ihnen alsUmweltminister auf die gleichen Einwürfe immer wie-der erklärt, wie der Emissionshandel in Europa funktio-niert. Wir haben bis 2020 ein festgelegtes Emissionsbud-get. Das heißt, ein neues Kohlekraftwerk erhöht dieCO2-Emissionen nicht.Im Übrigen sage ich Ihnen ganz klar: Mir ist einhocheffizientes Kohlekraftwerk in Datteln lieber als eineDreckschleuder wie die Braunkohlekraftwerke von vor-gestern. Sie sorgen dafür, dass diese Dreckschleudernweiterlaufen werden.
Herr Kollege Kauch, nun möchte der Herr Kelber
auch eine Zwischenfrage stellen.
Ich möchte mich jetzt nicht mehr mit der Vergangen-heit beschäftigen, sondern in die Zukunft schauen.
Deshalb schauen wir jetzt in das Zeitalter der erneuer-baren Energien, denn dorthin gehen wir als christlich-liberale Koalition. Noch nie hat eine Bundesregierung indiesem Land so hohe Erneuerbare-Energien-Ziele be-schlossen, und zwar verbindlich und mit Perspektiven:Beim Strom sind es 80 Prozent, bei der Primärenergiesind es 50 Prozent. Das sind keine Wolkenkuckucks-heime, sondern wir haben das durchgerechnet.
Das geht ohne unangemessene Belastungen der Verbrau-cher. Es geht ohne Einbußen beim Bruttoinlandsprodukt,aber eben nur dann, wenn man es klug macht und nichtIhren ideologischen Wegen folgt.
Meine Damen und Herren, Sie reden, wir handeln.Wir gehen den notwendigen Umbau im Energiebereichan. Wir gehen den Netzausbau innerhalb unseres Landesund an den Kuppelstellen zu den anderen Ländern an.Frau Höhn, ich sehe schon, Sie werden die Erste sein,die die Bürgerinitiativen gegen den Bau der Netze fürdie Weiterleitung von Strom aus erneuerbaren Energienunterstützt. Sie sind bei jeder Bürgerinitiative: gegenKernkraft, gegen Kohle, gegen Biogasanlagen und jetztwahrscheinlich auch gegen die Netze. Das ist Ihre Poli-tik: Immer das Kirchturmdenken vorantreiben.
Meine Damen und Herren, wir werden in die Spei-hertechnologien investieren, und wir werden die Ge-äudesanierung vorantreiben. Das sind nicht nur schöneorte, sondern die Maßnahmen, die der Herr Umwelt-inister eben vorgetragen hat, sind auch seriös finan-iert. Das ist das, was Ihnen immer gefehlt hat. Sieussten immer beim Finanzminister betteln gehen. Dermweltminister muss das künftig nicht mehr tun,
enn wir werden ein Sondervermögen schaffen, durchas das Wirtschafts- und das Umweltministerium ihrerojekte entsprechend durchführen können.Wir belasten die Konzerne.
as rot-grüne Atomgesetz sieht in § 18 vor, dass dieachrüstung von Sicherheitstechnik nur gegen Ent-chädigung möglich ist. Das bedeutet, dass wir demteuerzahler aufgrund der 500-Millionen-Euro-Grenze,is zu der die Konzerne keinen Abzug bei der Gewinn-bschöpfung geltend machen können, 8,5 Milliardenuro ersparen. Wir schöpfen zusätzlich etwa 16 Milliar-en Euro an Gewinnen ab. Zusätzlich dazu schöpfen wirtwa 15 Milliarden Euro durch die Brennstoffsteuer ab.ie können noch so sehr behaupten, wir würden deneneschenke machen: Wir kassieren die mehr ab, als Sieich das jemals getraut haben.
Das, was Sie auch hier wieder vorgetragen haben, istichts anderes als Verhetzung. Herr Kelber, wenn Sie sa-en, das sei ein Putsch, dann sage ich Ihnen, dass das an-idemokratische Rhetorik ist.
ie Opfer von Putschen in Griechenland, in Argentiniennd in Chile werden sich angesichts der Rhetorik, dieie gegen eine demokratisch gewählte Regierung fahren,m Grabe umdrehen. Wir haben vor der Wahl gesagt,as wir nach der Wahl tun; denn wir setzen unser Wahl-rogramm um. Das wusste jeder, wir haben das vorheruf jedem Marktplatz gesagt.
Meine Damen und Herren, Sie werfen uns vor, dassir einen Deal machen.
ot-Grün hat einen Vertrag mit den Energiekonzerneneschlossen. War das kein Deal? Sie sagen, wir dealen
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010 5995
Michael Kauch
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Sicherheit weg. Ich sage, wir erhöhen mit unserem Ver-trag und mit gesetzlichen Maßnahmen die Sicherheit.Wir machen es per Gesetz erforderlich, Nachrüsttechnikeinzusetzen, und wir begrenzen das nicht auf irgendeineSumme, während Sie zur Durchsetzung Ihres Atomkom-promisses dafür gesorgt haben, dass es keine Steuern fürdie Konzerne, keine Steuern auf die Brennstoffe undkeine zusätzliche Sicherheit sowie Nachrüsttechnik nurgegen Entschädigung gibt. Sie hätten sich für den Ver-trag schämen sollen und nicht wir.
Meine Damen und Herren, ich sage ganz klar: Wirsorgen für ein Endlager.
Als Sie für die Atomaufsicht verantwortlich waren, ha-ben Sie die Betreiber der Asse zehn Jahre lang gewährenlassen und geschlampt. Sie haben zehn Jahre die Händein den Schoß gelegt und in Gorleben nichts gemacht,weil Sie Angst vor Ihrer Klientel hatten. Sie habenKlientelpolitik betrieben, weil Sie Angst vor der nächs-ten Wahl hatten.
Wir betreiben verantwortliche Politik für künftige Gene-rationen, weil wir endlich eine Lösung für die Atom-brennstäbe finden, die längst schon in Deutschland pro-duziert worden sind.Vielen Dank.
Das Wort zu einer Kurzintervention hat nun der Kol-
lege Kelber.
Herr Kollege Kauch, Sie haben die neue nordrhein-
westfälische Landesregierung angegriffen und auf die
Nachfrage nicht reagiert. Sie haben gesagt, die alte
schwarz-gelbe Landesregierung habe weitreichende Kli-
maschutzplanungen für NRW gehabt und den CO2-Aus-
stoß um 33 Prozent verringern wollen. Die Quelle für
folgende Zahl ist übrigens die Westdeutsche Allgemeine
Zeitung, die sich wiederum auf den Umweltbericht der
schwarz-gelben Landesregierung bezieht: Der CO2-Aus-
stoß in der Zeit der schwarz-gelben Landesregierung ist
in NRW von 280 Millionen Tonnen auf 290 Millionen
Tonnen gestiegen. – Ist Ihnen die Zahl bekannt? Wie
wollten Sie die nächsten 150 Millionen Tonnen einspa-
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Nun hat die Kollegin Dorothée Menzner für die Frak-
ion Die Linke das Wort.
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen!eit rund einem Jahr wird uns das Energiekonzept ange-riesen, aber bisher wurden wir vertröstet. Jetzt liegt esor. Je genauer man es sich anschaut, desto mehr ent-uppt es sich als Scheinriese. Je näher man hinschaut,esto mickriger stellt es sich dar. Es ist unambitioniert inezug auf die CO2-Reduktion. Sie bleiben weit hinterem zurück, was Ihre eigenen Wissenschaftler für mög-ich halten. Es gibt keinen Fahrplan, keine Zwischen-iele, keine Richtlinienvorschläge, keine Ansätze für einonitoring und keine konkreten Gesetzesvorschläge.as Konzept ist eine Aneinanderreihung von Floskeln,nd Sie erzählen hier wieder das Märchen von derelbstverpflichtung.Den Geist, den dieses Konzept ausatmet, erkenntan, wenn man das Konzept nach sprachlichen Krite-ien untersucht. Ich habe mir die Mühe gemacht und dieörter gezählt. Der Wortstamm „Markt“ kommt 80-malor, der Wortstamm „Klima“ noch 30-mal und der Wort-tamm „Umwelt“ nur noch 20-mal. Daran wird deutlich,ass das ganze Papier offensichtlich nur die Petersilie fürie Laufzeitverlängerung sein soll.Bleiben wir beim Stichwort Brennelementesteuer.s sollen zukünftig 145 Euro je Gramm Plutonium oderran befristet auf sechs Jahre gezahlt werden. Die Zah-ungen sind als Betriebsausgabe abzugsfähig, was be-eutet, dass das zulasten der Länder und der Kommuneneht. In einem Geheimvertrag wird den Energieversor-ern ausdrücklich die Klagemöglichkeit zugestanden.etztendlich werden die Konzerne höchstwahrscheinlichlagen und längere Laufzeiten realisieren können – undas Ganze zum Nulltarif.
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5996 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010
Dorothée Menzner
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Stichwort Energiefonds, für den ab 2017 Zahlungenzu leisten sind. Es sind 9 Euro je Megawattstunde vorge-sehen. Gekoppelt ist das an den Index der allgemeinenVerbraucherpreise. Was ist das denn für ein Bezug? Estut mir herzlich leid, aber das erschließt sich mir über-haupt nicht. Dieser Fonds soll helfen, Maßnahmen zurFörderung erneuerbarer Energien zu finanzieren. Son-derprogramm Offshore-Windenergie. Was wird da ge-fördert? Da werden nicht dezentrale erneuerbare Ener-gien gefördert, sondern wieder Großprojekte. DieKonzerne, die jetzt Atomkraftwerke betreiben, habensich die Baugenehmigung für genau diese Offshore-Windparks gesichert. Sie sponsern oder unterstützen dasozusagen sich selber.Stichwort Nachrüstung der AKWs. In einemSonderparagrafen 7 d des Atomgesetzes senken Sie dieSicherheitsanforderungen deutlich. Für wesentliche si-cherheitsrelevante Bereiche werden demnach keineNachrüstungen mehr gefordert, die dem Stand von Wis-senschaft und Technik genügen. Sie führen das Wort derSorgepflicht ein. „Sorgepflicht“ ist aber sehr viel weni-ger als das, was bisher Stand der Gesetze ist.
Anträge zur Wiederaufnahme des Betriebs der Pan-nenreaktoren Krümmel und Brunsbüttel sind angekün-digt. Da bleibt abzuwarten, was passiert. Ich ahneSchlimmes.Sie haben mehrfach davon gesprochen, es sei doch sotoll, dass Sie endlich in Netzausbau investieren würdenund da vorankämen. Zu welchem Preis denn bitte schön?Sie wollen die Beteiligungsrechte der Bürger einschrän-ken. Sie wollen Planungsverfahren beschränken. Sie be-schränken Möglichkeiten, die in Ländergesetzen gege-ben sind.Es ist insgesamt ein abenteuerliches Konzept, dessenDetails sich auch im Haushalt ablesen lassen. Ein Dritteldes Umweltetats von 1,6 Milliarden Euro sind Kostenfür Atomkraftnutzung. Eine weitere Milliarde findet sichnoch in anderen Haushalten. Für Natur-, Umwelt- undKlimaschutz: minus ein Zehntel. 2009 haben Sie in Ko-penhagen Mittel für den globalen Klimaschutz zugesagt.Im neuen Haushalt findet sich nicht eine Rate davon.Sie führen das Parlament und die Öffentlichkeit ander Nase herum.
Ungeniert schanzen Sie den Atomkonzernen Milliarden-gewinne zu. Damit nicht genug: Sie lassen sich von de-nen auch noch die Verträge und die Gesetze schreiben –unter Umgehung des Parlaments, unter Umgehung derÖffentlichkeit, ohne demokratisch legitimierte Entschei-dung und Transparenz, die die Bürger aber mit Fug undRecht erwarten können.Ich sage mit vielen Tausenden am kommenden Sams-tag: „Atomkraft: Schluss jetzt!“ Ich bin sehr sicher, dassdas nicht die letzte Aktion sein wird, wenn Sie so weiter-mzdWsgVehhtVmhDb6slPRK
Nächste Rednerin ist die Kollegin Bärbel Höhn für
ie Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
ir haben von Herrn Kauch heute ein seltsames Schau-
piel erlebt. Er hat Lautstärke statt Argumente vorgetra-
en.
om Umweltminister haben wir ein trauriges Schauspiel
rlebt. Wir haben die Rede eines Umweltministers ge-
ört, der vor der Atomlobby eingeknickt ist und jetzt
ier wider besseres Wissen einen schmutzigen Deal ver-
ritt und schönredet.
Herr Röttgen, ich schätze Sie persönlich, aber einen
orwurf muss ich Ihnen nach diesem Geheimdeal leider
achen, und der Vorwurf lautet: Sie haben die Sicher-
eit der Bevölkerung verraten und verkauft.
as ist ein harter Vorwurf, und deshalb will ich ihn gern
elegen.
Sie haben in der Süddeutschen Zeitung vom
. Februar gesagt:
Der Wunsch, staatliche Einnahmen zu erzielen,
kann kein tragender Gedanke eines energiepoliti-
schen Konzeptes sein. Das wäre eine Form von
Deal-Politik, die ich ablehne.
Was haben Sie gemacht? Genau diesen Deal, einen
chmutzigen Deal, einen heimlichen Deal, einen gefähr-
ichen Deal, tragen Sie mit und verteidigen Sie hier im
arlament. Das ist die Politik, die Sie hier machen, Herr
öttgen.
Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage desollegen Kauch?
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010 5997
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Aber gern, sicher.
Der Minister hat sich gerade auf einen Abgeordneten-
platz gesetzt. Da hätte ich mich gar nicht zu einer Zwi-
schenfrage melden müssen. Aber ich stelle die Frage
jetzt trotzdem: Sind Sie bereit, das zur Kenntnis zu neh-
men, was beispielsweise der Kollege Kelber richtiger-
weise dargestellt hat, dass es nämlich keine Begrenzung
zur Höhe der Nachrüstung pro Kernkraftwerk durch ir-
gendwelche vertraglichen oder gesetzlichen Regelungen
gibt,
dass nach dem Entwurf des Vertrages ausschließlich die
Gewinnabschöpfung reduziert wird, wenn eine be-
stimmte Schwelle überschritten wird?
Im Atomgesetz werden wir eine unlimitierte Risiko-
vorsorge vorsehen, und ich weise nochmals darauf hin,
dass nach dem geltenden § 18 des Atomgesetzes, den
Rot-Grün zu verantworten hat, jede nachträgliche Auf-
lage eine Pflicht zur Entschädigung durch das Bundes-
land auslöst, das diese Auflage erlässt. Deshalb ist es in
dieser Republik noch nie dazu gekommen, dass einem
Kernkraftwerk eine technische Nachrüstung auferlegt
wurde. Sind Sie bereit, diese Fakten aus dem Atomrecht
zur Kenntnis zu nehmen?
Herr Kauch, ich bin bereit, die Zahlen, die der Minis-
ter selbst genannt hat, zur Kenntnis zu nehmen. Der
Minister sagte vor den Verhandlungen mit den Atom-
konzernen, dass eine zwölfjährige Laufzeitverlängerung
– das war ja seine Vorgabe an die Studien – Nachrüs-
tungskosten in Höhe von 20 Milliarden Euro nach sich
zieht. Der geheime Deal, der jetzt vereinbart wurde, hat
zur Folge, dass bei Kosten für Nachrüstungen, die über
500 Millionen Euro pro Kraftwerk hinausgehen – bei
17 Kraftwerken macht das 8,5 Milliarden Euro –,
der Minister bei seinem Finanzminister betteln gehen
muss, um für die Sicherheit weitere Millionen, die an-
sonsten für andere Dinge vorgesehen werden könnten,
zu bekommen. Das ist die Folge der Vereinbarung mit
den Atomkonzernen. Das ist nichts anderes als ein Deal
„Sicherheit gegen Geld“ bzw. ein Verkauf von Sicher-
heit.
Ich will noch ein Zitat des Ministers anführen. Gegen-
über dem Kölner Stadt-Anzeiger hat er am 20. Februar
dieses Jahres gesagt:
Es darf nicht einmal der Verdacht aufkommen, dass
der Staat in einen Konflikt geraten könnte zwischen
dem Interesse, Gewinne zu erzielen, und jenem, Si-
cherheit zu gewährleisten.
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Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
ollegen Röttgen?
Ja, bitte.
Wir haben ja bei einer solchen Frage auch eine Ver-
flichtung, hier sachlich und seriös zu debattieren und
larheit über den Sachverhalt zu erreichen.
ewerten können wir ihn dann unterschiedlich. Wenn es
ber um Sicherheit geht, stehen wir alle in der Verpflich-
ung, nicht für Verwirrung, sondern für Klarheit zu sor-
en.
In diesem Sinne möchte ich an Sie die Frage stellen,
b Sie meiner Behauptung zustimmen, dass in der rot-
rünen Vereinbarung vom Jahre 2000 die Zusage, dass
ie Sicherheitsanforderungen nicht erhöht werden, di-
ekt im Vertrag mit der Kernenergiewirtschaft geregelt
urde, und dass das in der Vereinbarung, die jetzt vorab
eschlossen wurde, nicht der Fall ist – das ist eine reine
egelung zur Gewinnabschöpfung. Stimmen Sie mir
uch zu, dass sich die Notwendigkeit der Erfüllung zu-
ätzlicher Sicherheitsanforderungen alleine aus dem Ge-
etz ergibt und diese nicht limitiert sind? Wenn aber Si-
herheit mehr Geld kostet, und zwar mehr Geld, als
alkuliert worden ist, dann mindert das den Gewinn und
eduziert auch die Gewinnabschöpfung. Das ist ein kla-
er Mechanismus, der immer dann greift, wenn von Ge-
innabschöpfung ausgegangen wird. Aber all das drückt
eradezu aus, dass es einen Vorrang, und zwar einen rein
esetzlichen, für Sicherheit gibt, anders als in dem Ver-
rag von Rot-Grün. Können Sie es also bestätigen, dass
s jetzt einen im Gesetz verankerten Vorrang von Sicher-
eit gegenüber vertraglich geregelten Gewinnabschöp-
ungen gibt?
Herr Kollege – das muss ich ja in diesem Fall sagen –öttgen, vielen Dank, dass Sie mir die Möglichkeit ge-en, genau aus diesem Vertrag noch einmal zu zitieren.
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5998 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010
Bärbel Höhn
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– Nein, nein, wenn Sie zitieren – das haben Sie ja vorhingemacht –, dann zitieren Sie bitte alles. Das, was Sie zi-tiert haben, war der Satz:die Bundesregierung wird keine Initiative ergreifen,um diesen Sicherheitsstandard und die diesem zu-grunde liegende Sicherheitsphilosophie zu ändern.Genau diesen Satz haben Sie zitiert. Nun müssen Sie miraber einmal sagen: Was ist der Sicherheitsstandard?Dieser wird danach definiert. Dieser ist keineswegs sostatisch, wie Sie ihn darzustellen versucht haben. Viel-mehr steht im Vertrag auch drin, dass Sicherheitsüber-prüfungen stattfinden. Da wird aufgelistet, dass alle zehnJahre Sicherheitsüberprüfungen gemacht werden müs-sen.
Und außerdem wird ein neues technisches Regelwerkentwickelt. Dieses neue technische Regelwerk, dasJürgen Trittin auf den Weg gebracht hat, könnten Sie miteinem Federstrich in Kraft setzen. Dann hätten wir mehrSicherheit. Aber Sie tun es nicht. Deshalb sage ich: Siebieten weniger Sicherheit.
Im Übrigen, Herr Minister Röttgen: Die beste Sicher-heit für alte Pannenreaktoren ist, sie abzuschalten.
Einige der problematischsten AKW würden abgeschal-tet, wenn Sie ihnen nicht acht Jahre mehr Laufzeit gebenwürden. Sie machen die Sicherheit gerade kaputt.
Frau Kollegin Höhn, der Kollege Kauch möchte noch
einmal fragen.
Bitte.
Frau Kollegin Höhn, hier geht es um Fragen, die für
die Bürgerinnen und Bürger wirklich von existenzieller
Bedeutung sind.
Die Bürgerinnen und Bürger haben es verdient, dass man
hier nicht bewusst Dinge miteinander vermengt. Es ist
so, dass das geltende Atomgesetz den Kraftwerksbetrei-
bern auferlegt, ihre genehmigten Systeme nach dem
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Herr Trittin, Sie müssten es eigentlich besser wissen.
ie Volksverdummung, die Sie hier betreiben, ist wirk-
ich unerträglich.
Was das Atomgesetz heute nicht regelt, ist beispiels-
eise die Frage des Vorgehens in einzelnen Kraftwer-
en. Wenn Block I drei Kühlsysteme und Block II vier
ühlsysteme als Redundanz hat, dann fällt die Anord-
ung des vierten Kühlsystems auch für den ersten Block
nter Nachrüsttechnik. Das können Sie heute nur gegen
ntschädigung durch die Bundesländer anordnen. Das
st der Punkt, über den wir hier reden. Eine weitere Ver-
ingerung der Wahrscheinlichkeit von irgendwelchen
törfällen bedeutet zusätzliche Sicherheit.
Ich muss Ihnen schon sagen: Wenn Sie von Pannen-
eaktoren sprechen, die abgeschaltet werden müssen,
ann frage ich mich, warum die rot-grüne Regierung un-
er einem Umweltminister Trittin sie nicht von heute auf
orgen abgeschaltet hat, wenn sie sie doch für so ge-
ährlich hielt. Ich frage mich, warum zum Beispiel der
tomreaktor Krümmel, der mittlerweile seit zwei Jahren
tillsteht, nach Ihren Plänen ohne jede weitere Sicher-
eitsmaßnahme noch bis 2018 hätte laufen dürfen.
Herr Kauch, ich habe hier einige Teile aus der Verein-arung der rot-grünen Regierung zitiert. Dahinter kom-en weitere Passagen. Da geht es zum Beispiel umiblis A. Da wird genau festgelegt, wie ein Nachrüstpro-ramm für Biblis A aussehen soll. Interessanterweiseteht darin, dass es natürlich zum Verhältnis der Restnut-ung angemessen sein muss. Sie aber packen noch achtahre drauf. Damals waren es zehn Jahre. Die sind jetztbgelaufen.
Damals – vor dem 11. September – wusste man aberoch gar nichts von der Gefahr gezielter Flugzeugab-türze durch Terroristen. Selbst atompolitische Hardlinern der CDU wie Koch und Oettinger haben nach derundestagswahl von der Kanzlerin eine bauliche Nach-üstung gefordert, um die Reaktoren vor Terrorangrif-en zu schützen. Was aber machen Sie? Diese Forderun-en sind in der Vereinbarung nicht zu finden. Frauotting-Uhl hat doch gefragt: Was machen Sie denn,err Umweltminister? Was machen Sie mit Biblis A?
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010 5999
Bärbel Höhn
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Was machen Sie mit den anderen Reaktoren? SchützenSie sie gegen Terrorangriffe aus der Luft? Ja oder Nein?Das wollen wir heute hier wissen. Die Bevölkerung hatdas Recht, noch heute zu erfahren, wann und mit wel-chen Methoden dies geschehen soll.
Wir haben eben über die Sicherheit geredet. Es gibtaber noch andere Sachen, die hier unter die Räder kom-men. Dazu gehört zum Beispiel das Ziel des Wettbe-werbs. Auch hierzu zitiere ich den Bundesumweltminis-ter. Im Handelsblatt vom 16. März 2010 hat er von der„Dominanz der Großen“ gesprochen. Er sagte, dass dasein Grund dafür ist, warum wir so hohe Preise haben.Die Dominanz der Großen ist gegen den Wettbewerb ge-richtet, und das führt zu überhöhten Strompreisen. Ge-nau diese Dominanz der Großen ist aber in Ihrer Verein-barung festgelegt und zementiert worden. Das heißt: DerBundesumweltminister macht jetzt genau das, was er vorder Vereinbarung beklagt hat. Genau dem stimmt er zu.Am Ende werden es die Verbraucher sein, die dafür dieZeche zu zahlen haben. Das wollen wir nicht. Deshalbwerden wir gegen die Vereinbarung, die Sie gemacht ha-ben, ankämpfen.Ein drittes Opfer dieser Atompolitik ist das Grundge-setz. Herr Röttgen, ich will gar nicht darüber spekulie-ren, was Sie da in Nordrhein-Westfalen gesagt haben. Esist ja schon genug darüber geredet worden. Ich will garnicht fragen: Was haben Sie Ihren Kollegen da wirklichgesagt? Gibt es da wirklich einen Maulkorb? Was wardas für eine Rechtsauffassung?Ich will hier nur zwei Gutachter zitieren, die IhrMinisterium beauftragt hat, die Frage einer Beteiligungdes Bundesrates zu untersuchen. Professor Papierkommt zu dem Ergebnis, dass man den Bundesrat nichtnur beteiligen muss, sondern dass Laufzeitverlängerun-gen zustimmungspflichtig sind. Macht man das nicht, istes verfassungswidrig. Professor Wieland kommt zu ge-nau derselben Position. Professor Wieland sagt heute so-gar in der Zeitung, es wäre ein fahrlässiger Umgang mitdem Grundgesetz, würde man Laufzeitverlängerungenam Bundesrat vorbei beschließen. Das sind zwei Profes-soren, zwei Gutachter, die von Ihnen, von Ihrem Haus,beauftragt worden sind. Das interessiert Sie jedoch über-haupt nicht. Das heißt, Sie begehen sehenden Auges ei-nen Verfassungsbruch. Das werfen wir Ihnen vor.
Aber, meine Damen und Herren, Sie werden damitnicht durchkommen; denn die Mehrheit der Bevölkerungteilt Ihre Position nicht. Die Opposition ist geschlossendagegen, und auch das Grundgesetz haben Sie gegensich. Deshalb werden wir hier im Parlament und auf derStraße, auch am 18. September, also am kommendenSamstag, Widerstand leisten. Wir werden vor das Bun-desverfassungsgericht ziehen, wenn Sie den Bundesratnicht beteiligen. Wir sind sehr sicher und sehr optimis-tpmfskwpezKsisnDDdsEiwHsmeGsgBhFK
Nächster Redner ist der Kollege Dr. Georg Nüßlein
ür die CDU/CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine Damen! Meine Herren! Wir
ind mit der klaren Aussage in den Bundestagswahl-
ampf gezogen, dass wir die Laufzeiten der Kernkraft-
erke verlängern müssen, um die Wende in der Energie-
olitik gegenfinanzieren zu können, um die Nutzung
rneuerbarer Energien, deren Ausbau teuer ist, ausbauen
u können. Genau das setzen wir jetzt um. Geschätzter
ollege Kelber, da kommt es nicht auf die Umfragen an,
ondern auf das, was von den Bürgerinnen und Bürgern
n Wahlen entschieden wird. Ich würde mir nur wün-
chen, dass diejenigen, die hier mit uns diskutieren, we-
igstens bei der Wahrheit bleiben.
Liebe Frau Höhn, Sie haben von einem geheimen
eal gesprochen.
as wird schon dadurch widerlegt, dass wir hier darüber
iskutieren. Dadurch wird klar, dass das nicht geheim
ein kann.
s steht ja auch im Internet, was da vereinbart worden
st. Das widerspricht dem komplett.
Andererseits entspricht es komplett der Absicht, die
ir vorher hatten, nämlich zu sagen: Wir schöpfen die
älfte der durch die Laufzeitverlängerung erzielten Zu-
atzgewinne im Sinne einer Ökodividende ab. Jetzt kom-
en welche, die sagen, es sei ganz ungewöhnlich, dass
s da eine Anrechnung gibt. Ja, Entschuldigung, diese
ewinne muss man doch berechnen. Auch die vielge-
choltenen Versorger können einen Euro nur einmal aus-
eben. Wenn an der Steuerschraube gedreht wird und die
rennelementesteuer von einer Nachfolgeregierung er-
öht wird, dann muss das, was anschließend in den
onds eingezahlt wird, auch angerechnet werden.
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage derollegin Höhn?
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6000 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010
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Ja, gern.
Herr Kollege Nüßlein, können Sie bestätigen, dass
dieser Vertrag, bevor er ins Internet gestellt wurde, über-
haupt nicht bekannt war,
sondern dass er erst bekannt geworden ist, weil ein Vor-
standsmitglied von RWE auf einer Veranstaltung in
München auf die Frage von Herrn Münchmeyer von
Greenpeace gesagt hat: Im Übrigen haben wir um
5.28 Uhr oder 5.23 Uhr noch einen Vertrag paraphiert,
und der Staatsminister des Umweltministeriums musste
dafür noch aus dem Bett geholt werden? Erst danach ha-
ben wir angefragt, was das für ein Vertrag ist. Erst da-
nach haben wir die Kanzlerin und die Bundesregierung
gebeten, uns diesen Vertrag zur Verfügung zu stellen.
Erst danach haben wir diesen Vertrag erhalten. Erst jetzt
steht der Vertrag in der Tat im Internet, nachdem wir auf-
grund der Frage von Herrn Münchmeyer von Green-
peace diesen angefordert haben. Was ist das anderes als
geheim?
Liebe Frau Höhn, Sie bestätigen damit doch nur, dass
Sie die Energiepolitik dieser Regierung nicht mitverfolgt
haben.
Wir haben im Vorfeld und auch bei den Verhandlungen
klipp und klar gesagt,
dass wir im Sinne dessen, was auch Sie unter Rot-Grün
gemacht haben, eine Vereinbarung mit den Versorgern
schließen wollen, in der steht, dass wir mindestens die
Hälfte der Zusatzgewinne abschöpfen werden. Was soll
denn an diesem Vertrag geheim sein? Er musste natür-
lich erst einmal erstellt werden und auf den Tisch kom-
men; dann kann man darüber diskutieren. Das ist doch
ganz klar.
Letztendlich haben wir damit auf Punkt und Komma das
eingehalten, wovon wir vorher gesagt haben, dass wir es
tun wollen. Mir erschließt sich überhaupt nicht, warum
das verwerflich sein soll.
Ich weiß natürlich, dass Sie ein Interesse daran haben,
von dem abzulenken, was Sie seinerzeit vereinbart ha-
ben; der Minister hat Ihnen das heute eindrucksvoll vor-
geführt. Ich sage ganz offen, dass ich mir dieselbe Stelle
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as ist nämlich spannend, insbesondere weil Sie vor der
amaligen Bundestagswahl durch die Lande gezogen
ind und gesagt haben, Kernenergie sei unverantwort-
ich, die Sicherheit könne nicht gewährleistet werden.
ann gehen Sie her, schreiben eine Vereinbarung auf Pa-
ier, paraphieren das Ganze und sprechen von den hohen
ternationalen Sicherheitsstandards der deutschen Kern-
nergie. Das ist doch ein Widerspruch. Sie hätten da-
als, nachdem Sie bis 1998 vom sofortigen Ausstieg aus
ieser nicht zu verantwortenden Technologie gesprochen
atten, in der Tat sofort aussteigen können. Da waren Ih-
en offenbar der Dienstwagen und das Amt wichtiger als
iese existenzielle Frage.
Technologien, die angeblich so unverantwortlich sind,
uss man aufgeben. Man kann doch nicht sagen: Na ja,
s ist nicht zu verantworten; aber die nächsten 20 Jahre
önnen wir das in Kauf nehmen. Ich sage Ihnen ganz of-
en: Wer wie Sie im Glashaus sitzt, sollte mit etwas klei-
eren Steinen werfen. Seien Sie an dieser Stelle vorsich-
ig. Wir werden Ihnen das immer wieder vorhalten, weil
in unglaublich großer Widerspruch zwischen dem be-
teht, was Sie damals, als Sie in die Wahlen gezogen
ind, behauptet haben, und dem, was Sie am Ende des
ages realisiert haben.
Ich will noch auf ein paar andere Verlogenheiten ein-
ehen, die in dieser Debatte immer wieder auftauchen.
Erstens. Herr Kindler weiß jetzt schon, dass Gorleben
ls Endlager nicht geeignet ist. Ich empfehle ihm, sich
inmal mit den Experten auseinanderzusetzen, die etwas
nderes sagen.
Zweitens. Es kommt dann immer der Hinweis, die
ostenbeteiligung der Konzerne sei nicht gegeben. Ich
öchte an der Stelle deutlich sagen, dass sich die Ver-
orger am Schacht Konrad mit 64,4 Prozent und in Gor-
eben mit 96,5 Prozent beteiligen. Auch das muss man
inmal ehrlich feststellen.
Drittens. Kollege Kelber hat heute wieder einmal die
är vorgetragen, die Kernenergie blockiere die erneuer-
aren Energien.
Herr Kollege Nüßlein, der Kollege Lenkert würde Ih-
en gerne eine Zwischenfrage stellen. Sind Sie einver-
tanden?
Ja, gern.
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010 6001
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Bitte schön.
Herr Kollege Nüßlein, Sie haben gerade die Frage der
Endlager angesprochen. Ist Ihnen bekannt, dass 3 Kilo-
meter nördlich von dem Salzstock, der das Endlager in
Gorleben beherbergen soll, Erdgas gefunden worden ist,
das explodiert ist, was bei einem Atommüllendlager ge-
wisse Risiken hervorrufen könnte?
Des Weiteren ist die Entsorgungsfrage an die Be-
triebserlaubnis der Kernkraftwerke gekoppelt. Würden
Sie mir zustimmen, wenn ich sage, dass die Bundeslän-
der, die Verlängerungen der Laufzeiten von Kernkraft-
werken wünschen, in ihrem Territorium Endlagerkapazi-
täten zur Verfügung stellen sollten?
Ich möchte an der Stelle feststellen, dass eine Vorgän-
gerregierung dafür verantwortlich war, dass die Erfor-
schung in Gorleben zehn Jahre lang nicht weiterging.
Das ist kein Beitrag zur Lösung einer politischen Auf-
gabe, die wir unabhängig von der Frage, ob man für oder
gegen Kernenergie ist, national lösen müssen.
Ich unterstreiche aber auch, dass ich mir im Unter-
schied zu etlichen Kolleginnen und Kollegen hier nicht
anmaße – ich habe das vorhin gesagt –, ein Experten-
urteil über die Frage der Geeignetheit abzugeben.
Ich würde Sie bitten, das der Erforschung zu überlassen.
So viel Mut muss man an dieser Stelle haben.
Sie haben offenkundig die Sorge, dass der von Ihnen
viel gescholtene Flieger ohne Landebahn irgendwann
eine Landebahn bekommt und dass dieses Thema wei-
terhin auf der Tagesordnung steht. Ich kann Ihnen offen
sagen: Das wird nicht der Fall sein. Uns geht es wirklich
darum, eine Brückentechnologie zu nutzen, um den Aus-
bau der erneuerbaren Energien voranzubringen.
Zur Thematik Blockade der erneuerbaren Energien:
Ich bin ein glühender Verfechter der erneuerbaren Ener-
gien; das wissen Sie. Ich würde Sie bitten, mit ein biss-
chen mehr Mut und Zuversicht an dieses Thema heran-
zugehen und nicht so zu argumentieren, dass man die
Atomkraftwerke abschalten muss, weil der Strompreis
höher werden muss, mit der Folge, dass die erneuerbaren
Energien konkurrenzfähig sind. Das ist eigentlich der
Kern Ihrer Argumentation.
Von einer Blockade kann nicht die Rede sein. Wir för-
dern in dieser Republik nichts so sehr wie die erneuerba-
ren Energien. Im Jahr 2009 betrugen die Differenzkosten
5,3 Milliarden Euro. Das heißt, jeder Durchschnittshaus-
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Sie sprechen so nett vom Rückgang des Zubaus. Imrunde sagen Sie: Das Wachstum, das wir zu Beginnatten und das in der Tat sehr steil war, wird flacher wer-en. Das ist nichts, was unmittelbar mit der Politik zuun hat. Vielmehr hat bereits in den letzten Jahren derubau bei der Windkraft standortbedingt nicht in sol-hem Umfang zugenommen, wie das der eine oder an-ere erwartet hat. Diese Kurve wird nun einmal flacher,eil wir bei den erneuerbaren Energien bestimmte Vo-aussetzungen zu erfüllen haben: Man braucht windrei-he Standorte. Bei der Wasserkraft – sie ist ein guteseispiel – braucht man die Möglichkeit, in die Wasser-äufe bzw. das Gefälle einzugreifen. Bei der Solarenergietehen Sie vor der Problematik, dass man an verschiede-en Stellen allmählich Akzeptanzprobleme bekommt.ch erhalte im Übrigen vielfach Post von grüner Seite.arin steht: Man verschandelt mir meine Gemeinde mitlächen aus Fotovoltaik usw. All das sind hochspan-ende Themen. Es geht auch darum, die Vorhaben all-ählich umzusetzen.Was das Zitat von Herrn Röttgen angeht, so kann ichazu unmittelbar nur so viel sagen: Es muss unsere Auf-abe sein, die beiden Energiearten ökonomisch mitei-ander zu vereinen. Lieber Herr Kollege Kelber, wir
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6002 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010
Dr. Georg Nüßlein
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bringen an dieser Stelle den Beweis, dass die Nutzungder Kernenergie uns in die Lage versetzt, die erneuerba-ren Energien doppelt gegenzufinanzieren, nämlich zumeinen durch die preisdämpfenden Effekte am Markt undzum anderen dadurch, dass wir einen Fonds auflegen,durch den in Forschung und Entwicklung erneuerbarerEnergien und Speichertechnologien investiert wird. Da-mit leisten wir zu dem eigentlichen Thema – Engpassbeim Ausbau der Netze und bei der Speicherung – einenBeitrag.
Herr Kollege Nüßlein, nun möchte gerne auch der
Kollege Fell eine Zwischenfrage stellen. Erstens ist das
die letzte Zwischenfrage bei Ihrer Rede, und zweitens ist
Ihre Redezeit schon abgelaufen. Sie könnten also gleich
zum Ende kommen.
Wunderbar. Dann lasse ich die Zwischenfrage des
Kollegen Fell noch zu.
Herr Kollege Nüßlein, Sie haben gerade behauptet,
dass der Ausbau erneuerbarer Energien geringfügig ver-
ändert auf hohem Niveau weitergeht. So habe ich Ihre
Aussage interpretiert. Ich möchte Ihnen anhand der Zah-
len aus dem Gutachten, das Ihrem Energiekonzept zu-
grunde liegt, deutlich machen, dass es sich nicht um eine
geringfügige Veränderung, sondern um einen drasti-
schen Einbruch der Neuinvestition in erneuerbare Ener-
gien handelt. 2009 wurden in Deutschland gut 1,8 Giga-
watt Windkraft installiert. Nach EWI sollen in den
kommenden Jahren nur noch 0,6 Gigawatt Windkraft in-
stalliert werden. Das ist nur ein Drittel des heutigen Aus-
baus. Das heißt, allein in der Windenergiebranche und
bei den Zuliefererbetrieben wird es massive Arbeits-
platzverluste und Konkurse geben.
Bei der Fotovoltaik sieht es noch viel schlimmer aus.
Wir werden in diesem Jahr im Bereich Fotovoltaik einen
Zuwachs von 6 bis 7 Gigawatt haben. Laut EWI sollen
es im nächsten Jahr und in den Folgejahren nur noch
1,6 Gigawatt sein. Wie können Sie angesichts dessen
von einem geringfügigen Rückgang reden?
Ich war am letzten Dienstag auf der Konferenz des
VKU, des Verbandes kommunaler Unternehmen. Dort
hat man das bestätigt und ganz klar gesagt, dass sie die
Investitionen mit einem Volumen von 10 Milliarden
Euro, die sie für die nächsten Jahre in den Bereichen er-
neuerbare Energien und Kraft-Wärme-Kopplung geplant
haben, bei dieser Laufzeitverlängerung nicht tätigen
können. Wie können Sie behaupten, dass es nur einen
marginalen Einschnitt gäbe? Sie sorgen für einen drama-
tischen Einbruch zum Schaden dieser Branche. Sie wer-
den diesen großen Erfolg in der Wirtschaftsgeschichte
Deutschlands mit der Laufzeitverlängerung beenden.
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aran können Sie sich vermutlich noch erinnern. Wenn
nter dem Umstand höherer Vergütungssätze der jährli-
he Ausbau und Zuwachs im Bereich der Windkraft
chon jetzt zurückgeht, wie Sie es gerade beschrieben
aben, dann kann das weder an der Laufzeitverlänge-
ung liegen – die kommt erst 2017 – noch an irgendwel-
hen Veränderungen, die wir am EEG vorgenommen ha-
en.
as ist ein Beleg dafür, dass es auf die Standorte ankom-
en wird und dass die Potenziale, von denen hier ge-
prochen wird, in der Realität nicht in der Form existie-
en, wie Sie es sich in Ihrem Wolkenkuckucksheim
mmer wieder einbilden. Das muss ich an dieser Stelle
lipp und klar sagen. Der Vorrang der erneuerbaren
nergien bleibt so, wie wir ihn gemeinsam im EEG defi-
iert und beschlossen haben, erhalten. Deshalb gibt es
einen Grund, die Dinge in unzulässiger Weise zu ver-
nüpfen.
Vielen herzlichen Dank.
Das Wort hat jetzt die Kollegin Dr. Bärbel Kofler von
er SPD-Fraktion.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!ch habe geglaubt, ich müsste die E-Mail, die ich heuteon einem Bürger bekommen habe, nicht mehr vorlesen.s geht um die Frage radioaktiver Abfälle. Ich habe ge-acht: Ich bin die vorletzte Rednerin, irgendeine ge-chätzte Kollegin oder irgendein geschätzter Kollege,ielleicht sogar der Umweltminister wird diese einfacherage in ihrem oder seinem Beitrag beantworten.Nach dem Beitrag des Kollegen Nüßlein, der auf eineonkrete Nachfrage zu dem Thema Endlager ebenfallsichts gesagt hat – übrigens auch nicht zu einem Endla-er in Bayern; unter uns Bayern wollen wir doch ehrlichiskutieren –, möchte ich diese Frage doch einmal vorle-en. Vielleicht kann der Kollege von der Union, der alsetzter Redner spricht, eine Antwort darauf geben. Einürger aus meinem Wahlkreis schrieb mir: Mit jedem
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010 6003
Dr. Bärbel Kofler
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Tag Verlängerung der Laufzeit von Atomkraftwerkenvergrößert sich die Menge der radioaktiven Abfälle. Fra-gen Sie doch bitte die CDU/CSU und die FDP im Bun-destag, wo es ein sicheres Endlager gibt. Ab wann undwo werden welche Mengen strahlendes Material sichereingelagert? – Dann möchte der Bürger noch gerne wis-sen, wie und von wem die Kosten für diese Endlagerübernommen werden.
Ich würde diese einfache Frage eines Bürgers hiergerne einmal beantwortet haben. Wir wollen keine Lauf-zeitverlängerung für die Atomkraftwerke.
Sie wollen das. Sie machen das. Sie haben das in denletzten Tagen in einem Deal eingefädelt. BeantwortenSie bitte auch die Fragen der Bürger zu diesem Thema.
Heute führen wir eine Haushaltsdebatte. Wenn mandie blumigen Ausführungen über die vielen Ausgaben,die man in Zukunft im Bereich erneuerbarer Energien tä-tigen möchte, und die vielen tollen Programme zur CO2-Einsparung, die man in Zukunft umsetzen möchte, hört,dann stellt man fest: Es lohnt sich, den Haushaltsentwurffür 2011, über den wir heute beraten, anzuschauen. Einerder Kollegen hat es gesagt: An ihren Taten sollt ihr sieerkennen. Ja, das ist wohl wahr: An ihren Taten sollt ihrsie erkennen. Die Folgekosten der Atomenergie – Stich-wort „Atommüll“ – steigen um 35 Prozent – dabei ist dieLaufzeitverlängerung noch nicht eingerechnet –, und dasErneuerbare-Energien-Programm wird um knapp 10 Pro-zent gekürzt. Das soll mit diesem Haushalt beschlossenwerden.
Frau Kollegin Kofler, erlauben Sie eine Zwischen-
frage der Kollegin Flachsbarth?
Ja, gerne.
Frau Kollegin, könnten Sie mir bitte zustimmen, dass
die Debatte, die wir hier über Endlager führen, eine ge-
wisse Scheinheiligkeit in sich trägt? Könnten Sie mir zu-
stimmen, dass die Suche nach einem Endlager in der
Realität betrieben werden muss, wenn man denn eines
finden will? Könnten Sie mir zustimmen, dass das Mora-
torium allerspätestens 2005 hätte ausgelaufen sein kön-
nen, als der Synthesebericht des BfS vorgelegt worden
ist? Könnten Sie mir zustimmen, dass die Union in der
Großen Koalition alles, aber auch alles – leider vergeb-
lich – unternommen hat, dieses Moratorium zu beenden?
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Ja, das ist mir schon klar. – Ich glaube, zum Themacheinheiligkeit kann man auch aus bayerischer Sicht aner Stelle einiges sagen. Wenn die CSU in Bayern durchie Lande zieht, für die Verlängerung der Laufzeiten dertomkraftwerke wirbt und gleichzeitig sagt: „Heiligerankt Florian, verschon‘ mein Haus, zünd‘ andre an“,ann nenne ich das scheinheilig.
Ich wollte aber auch etwas zu diesem Haushaltsent-urf sagen. Wir befinden uns ja in der Haushaltsdebatte;er Haushalt wird eingebracht. Ich habe einige Kollegenehört, die zum Thema „erneuerbare Energien“, die sieoranbringen wollen, etwas gesagt haben, die die Herzener Menschen mit diesem Haushalt erreichen wollten,
ie aber suggerieren, es gehe leider nicht mehr, sie hät-en so gern mehr in erneuerbare Energien investiert, aberie böse Wirtschaftskrise verhindere das. Wenn man sichicht ernsthaft damit auseinandersetzt, wie man zu Ein-ahmeverbesserungen in diesem Haushalt insgesamt,ber auch für den Umwelthaushalt kommt, wenn manich nicht ernsthaft damit auseinandersetzt, wie manber Investitionen in ökologisch sinnvolle Maßnahmenu mehr Beschäftigung, mehr Steuereinnahmen und we-iger Sozialversicherungsausfällen kommt, dann, findech, hat man das Recht verwirkt, über die angeblich sochwierigen wirtschaftlichen Zeiten zu jammern.
Wenn Frau Dött insbesondere beklagt, dass der Pro-rammhaushalt um 94 Millionen Euro – die zitierten0 Prozent – sinkt, aber leider nicht mehr drin gewesenei, das müsse doch auch die Opposition kapieren, dannuss ich schon sagen: Wenn über Nacht über Verrech-
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6004 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010
Dr. Bärbel Kofler
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nungen von Steuermöglichkeiten, zum Beispiel im Zu-sammenhang mit der Gewerbesteuer, Pi mal Daumen800 Millionen Euro dem Haushalt einfach entzogen wer-den, dann frage ich mich, warum ein Zehntel dieserSumme ein großes Problem für diesen Bundeshaushaltdarstellt. Das ist mir völlig schleierhaft.
Sie haben in diesem Haushalt wesentliche Pro-gramme, die einen Beitrag zum Klimaschutz auf natio-naler und internationaler Ebene leisten, gekürzt. Alles,was wir heute über die hehren Einsparziele gehört ha-ben, findet sich in diesem Haushalt nicht wieder. Ichnenne das Marktanreizprogramm. Ich glaube, das istheute zu Unrecht etwas zu kurz gekommen. Dies ist einProgramm, das wirklich in Effizienz investiert, das inEnergieeinsparung investiert, das im Bereich derWärme, in dem wir großen Nachholbedarf für die Zu-kunft haben, wichtige Anreize setzt. Da sind wir nochnicht weit. Was höre ich dann bei den Klimazielen?Schöne Worte! Aber genau hier werden in diesem Haus-halt 68 Millionen Euro gekürzt. Das ist völlig unver-ständlich. Es ist ökologisch unverständlich und – ichsage es noch einmal – ökonomisch unverständlich.Ich habe am 1. Juli dieses Jahres in der Fragestundeder Bundesregierung die Frage gestellt, was volkswirt-schaftlich damit erreicht werden soll, wie denn die volks-wirtschaftlichen Wirkungen dieser Kürzungen sind. Wiralle kennen die Proteste aus dem Handwerk, aus den Re-gionen, der Verbände, der Bürger und der Kirchen.Es gibt ein Schreiben der evangelischen Kirchen, diehänderingend um den Erhalt dieses Programms aufentsprechendem Niveau bitten. Die Antwort von Staats-sekretärin Reiche war, Zahlen über volkswirtschaftlicheZusammenhänge lägen ihr nicht vor. Sie sagte, die Be-rechnungen des Ifo-Instituts, wonach der Einsatz von1 Euro zu 8 Euro Umsatz führe, seien ihr nicht bekannt.Ich sage es noch einmal: Das war am 1. Juli. MeinesWissens wurde am 8. Juli der Haushalt ins Kabinett ein-gebracht. Auf welcher Basis wurde dieser Haushalt indas Kabinett eingebracht? Diese Frage möchte ich andieser Stelle einmal beantwortet haben.
Ähnliches gilt für den Bereich der CO2-Gebäudesa-nierung. Ich weiß, das betrifft ein anderes Ressort. Ichweiß, hierfür ist das Verkehrsministerium zuständig.Beim Kürzen sind sich die verschiedenen Ressorts indiesem Kabinett offensichtlich einig, auch wenn sie sichansonsten weniger einig sind.Heute habe ich mit großer Freude gehört, diese Kür-zungen würden eventuell zurückgenommen. Noch stehtfür mich die Hälfte der CO2-Gebäudesanierungspro-gramme zur Kürzung an. Dies ist genauso wie bei denMarktanreizprogrammen ökologisch und ökonomischsinnlos.wDtmk2hgnFdliHgrnlhbdAgtbEdnslFged
Wer in der Welt 1,2 Milliarden Euro zusagt, um dieolgen des Klimawandels für die ärmsten Länder abmil-ern zu können, wer in drei Haushalten jeweils 420 Mil-ionen Euro jährlich verspricht, wer 70 Millionen Euron den Haushalt 2010 einstellt, diese Mittel für denaushalt 2011 streicht und dann irgendwelche zinsver-ünstigten Darlehen, die auf dieser Welt herumschwir-en, als die Rettung des Weltklimas bezeichnet, der isticht von dieser Welt und hat Vertrauen auf internationa-er Ebene völlig verspielt.
Kommen Sie bitte zum Schluss.
Ich komme zum Schluss.
Zusammenfassend kann man sagen: Dieser Haushalt
at Vertrauen bei den Bürgern verspielt, die in erneuer-
are Energien investieren wollten. Er hat Vertrauen bei
en Handwerkern verspielt, die ihre Kalkulationen und
ngebote in diesem Bereich im Vertrauen auf die Zusa-
en dieser Regierung ausgerichtet haben. Er hat Ver-
rauen bei internationalen Partnern verspielt, die sich
isher auf die Zusagen der Regierung verlassen konnten.
r hat Vertrauen bei allen verspielt, nur nicht bei denen,
ie am vergangenen Sonntag den schönen Deal mit Ih-
en ausgemacht haben. Die Energiekonzerne konnten
ich auf Ihre Milliardengeschenke verlassen.
Herzlichen Dank.
Als letzter Redner zu diesem Einzelplan hat der Kol-
ege Bernhard Schulte-Drüggelte von der CDU/CSU-
raktion das Wort.
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-en! Vorab möchte ich sagen, dass es sich hierbei um einmotionales Thema handelt. Man kann sich wunderbararüber aufregen. Es ist schön, dass Sie am Schluss noch
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010 6005
Bernhard Schulte-Drüggelte
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einmal den Begriff „Haushalt“ eingeführt und daraufhingewiesen haben, dass wir eine Haushaltsdebatte füh-ren. Ich würde mich freuen, wenn es möglich wäre, dieAuseinandersetzung einigermaßen sachlich zu führen.Den ersten Vertrag hat Rot-Grün geschlossen. Zumzweiten Vertrag muss man sagen, dass die Sicherheit anallererster Stelle steht, und zwar ohne Kompromisse.
Zudem ist zu sagen, dass die Sicherheitskonzeptiondynamisch ist, angepasst an künftige technische Ent-wicklungen. Ich finde, das ist der höchste Standard, denman erreichen kann. Das ist etwas, was ich persönlichfür richtig halte. Wenn ein fachlich begründeter Zweifel– Frau Höhn hat auch sonst Zweifel – an der Sicherheiteines Kernkraftwerkes besteht, dann gibt es doch nur ei-nen Weg: Dann wird dieses Kraftwerk abgeschaltet, undzwar sofort.
Ich habe gesagt: Wenn ein sachlich begründeter Zwei-fel besteht. Das ist ein kleiner Unterschied, auch nachder emotionalen Debatte, die hier gerade stattgefundenhat.Als Mitglied des Haushaltsausschusses möchte ichauch etwas zum Haushalt sagen. Erst einmal freue ichmich darüber, dass die Mittel dieses Haushalts auf1,6 Milliarden Euro steigen. Das zeigt, dass die Regie-rung wichtige Vorhaben voranbringt.Ich möchte einen Punkt ansprechen, der in der Debattegerade schon erwähnt wurde: den Schacht Konrad. Erist ein ehemaliges Eisenerzbergwerk, das seit 2007 in einEndlager für radioaktive Abfälle umgebaut wird, undzwar für radioaktive Abfälle mit vernachlässigbarer Wär-meentwicklung. Das war ein wichtiger Schritt, den dieGroße Koalition gemacht hat; das muss man einmal fest-halten. Beim Schacht Konrad gehen die Umrüstungsar-beiten weiter. Dabei geht es nicht nur um Planungs- undGenehmigungsverfahren, sondern es wird auch gebaut,zum Beispiel an Gebäudezufahrten, und die Anlage wirdgesichert. Das ist der Grund für die Erhöhung der Mittelin diesem Haushalt um 100 Millionen Euro.Da diese Frage vorhin gestellt wurde – gleich kommeich auch auf Gorleben zu sprechen –, sage ich: Das sindrefinanzierte Mittel, es ist eine gute Maßnahme, und dieFertigstellung dieses Endlagers ist für 2014 geplant. Dasist erfreulich.Für das Projekt Gorleben – Frau Dr. Kofler, Sie hat-ten danach gefragt – waren bisher 21 Millionen Euro be-reitgestellt. Diese Mittel werden auf 47 Millionen Euroerhöht. Die Erkundung des Salzstockes soll ergebnisof-fen fortgesetzt werden. Die Frage in der von Ihnen er-wähnten E-Mail war: Warum wird das gemacht?
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Meine Antwort auf die zweite Frage, die der Absen-er der E-Mail gestellt hat, lautet: Das wird genauso re-inanziert wie der Schacht Konrad.Das waren meine Antworten auf die beiden Fragen.ch habe mich bemüht, sie einigermaßen sachlich zu be-ntworten.
Was steckt dahinter? Dahinter steckt doch, dass dieseegierung entschlossen ist, das Problem der Endlage-ung, auch der hochradioaktiven Stoffe, zu lösen und dieösung dieses Problems nicht auf die nächste Genera-ion zu verlagern. Ich meine, das ist eine wirklich verant-ortungsvolle Maßnahme und Zielsetzung dieser Regie-ung.
Der Kollege Kauch hat vorhin angesprochen, dassuch im Naturschutz besondere Maßnahmen geförderterden. Dabei geht es insbesondere um das Bundespro-ramm Biologische Vielfalt; auch dies ist eine sehr sinn-olle Maßnahme. In diesem Rahmen sind jährlich 15 Mil-ionen Euro für Demonstrationsmaßnahmen vorgesehen.Aber eines sollte man in der gesamten Diskussion,uch in dieser Haushaltsdebatte, nicht vergessen: dassie oberste Priorität der Koalition die nachhaltige Kon-olidierung des Haushaltes ist;
as ist doch völlig klar. Es geht um die dauerhafte Si-herstellung der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzenuch in Deutschland.
ir müssen sicherstellen, dass wir nicht in die gleichenchwierigkeiten kommen, wie es anderen Ländern inuropa passiert ist. Dieser Konsolidierung kann sich na-ürlich auch das Umweltministerium nicht entziehen; dasst völlig klar.
Ich will Ihnen ein Beispiel nennen. Der Anteil des Ver-altungshaushalts des Ministeriums am Einzelplan 16eträgt im Jahre 2011 nur noch 16,7 Prozent. Im Jah-e 2005 lag er noch bei 28 Prozent.
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Bernhard Schulte-Drüggelte
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Auch das ist eine Leistung, die deutlich macht, wie manvernünftig vorgehen kann.Es gibt auch andere Bereiche, in denen eine Mittel-verstärkung zu verzeichnen ist, zum Beispiel bei For-schung und Entwicklung.Auch bei den erneuerbaren Energien kommt es zueiner Steigerung. Im Haushalt 2010 werden die Mittel um10 Millionen Euro und 2011 um weitere 8,5 MillionenEuro erhöht. Für das kommende Jahr stehen insgesamt129 Millionen Euro zur Verfügung. Das sind Maßnah-men, die zeigen, dass ein großes Interesse an erneuerba-ren Energien besteht und ihr Ausbau eine klare Zielset-zung ist.
Die Umweltforschungsmittel werden gesteigert. DieNaturschutzforschungsmittel werden ebenfalls gestei-gert. Minister Röttgen hat es ganz klar auf den Punkt ge-bracht: Die Forschungsförderung ist der Schlüssel fürden Markterfolg von morgen. Das zeigt, wie zukunftsge-wandt diese Regierung arbeitet und wie erfolgreich wirin Zukunft sein werden. Im Energiemix der Zukunft sol-len die erneuerbaren Energien die Hauptrolle spielenbzw. den größten Anteil ausmachen.Jetzt komme ich zu dem, was vorhin zum Thema Gut-achten gesagt wurde. Herr Fell, es geht nicht nur umGutachten.
Der Minister hat vorhin ganz klar gesagt: Es geht auchum den politischen Willen, den man hat. Dieser politi-sche Wille ist vorhin ganz eindeutig dargestellt worden:vom Minister, von den Kollegen der CDU/CSU und vonden Kollegen der FDP. Das war ein deutliches Signal.
– Nein, du hast es ja gerade gehört.
Ich möchte eben noch einen Punkt ansprechen – ichhabe noch drei Sekunden –, den mein Kollege Hausteinvorhin dargestellt hat, nämlich das Marktanreizpro-gramm.
Das war 2010 ja auch umstritten. Ich meine, trotz derAbsenkung ist es ein Erfolg, und zwar deshalb, weil esjetzt losgelöst von den Emissionserlösen ist. Das ist das,was der Kollege Kelber vorher auch immer gefordert hat– alle haben das gefordert –: Es soll zu einer Versteti-gung kommen. Diese Verstetigung ist jetzt für die nächs-ten Jahre gegeben,zRtehE–HgdrEzndVA–wbwPsbwKrngwdmknal
war auf einem niedrigen Niveau, aber mit einer klarenichtung. Jeder Marktbeteiligte kann sich daran ausrich-en, um zu sehen, wie es in Zukunft weitergeht. Das istine sehr gute Entwicklung, der ich klar zugestimmtabe.
Zum Schluss möchte ich sagen, dass die erneuerbarennergien durch diesen Haushalt gefördert werden, aberder Minister hat es gerade gesagt – auch außerhalb desaushaltes. Der Minister hat die Fonds und die KfW an-esprochen, die das mit unterstützen sollen. Das Ziel,as wir damit erreichen wollen, nämlich die erneuerba-en Energien zu einer tragenden Säule der künftigennergieversorgung zu machen, kann mit diesem Kon-ept erreicht werden.Herzlichen Dank.
Weitere Wortmeldungen zu diesem Einzelplan liegenicht vor.Wir kommen deshalb zum Geschäftsbereich des Bun-esministeriums für Ernährung, Landwirtschaft underbraucherschutz, Einzelplan 10.Als erste Rednerin hat die Bundesministerin Ilseigner das Wort.
Ich bitte die Kollegen, die dieser Aussprache nicht bei-ohnen wollen, den Saal zu verlassen, damit wir zügigeginnen können; denn viele haben heute Abend nocheitere Termine. – Wenn der Herr Kollege Goldmannlatz genommen hat, dann können wir anfangen; dannitzen die wichtigsten Leute. – Frau Aigner, bitte, Sie ha-en das Wort.Ilse Aigner, Bundesministerin für Ernährung, Land-irtschaft und Verbraucherschutz:Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen undollegen! Auch mein Haus, das Ministerium für Ernäh-ung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, leistet sei-en Beitrag zur Konsolidierung des Haushaltes. An deremeinsamen Kraftanstrengung arbeiten wir aktiv mit,eil wir wissen, dass die Schulden und Zinsen von heuteie Steuern von morgen sind.
Ich persönlich bin der festen Überzeugung, dass wirit der Schuldenbremse das richtige Instrument veran-ert haben. Die Neuverschuldung zu reduzieren ist nichtur eine rechtliche Verpflichtung, sondern vor allemuch eine moralische Verpflichtung.Das Prinzip der Nachhaltigkeit kommt, wie Sie viel-eicht wissen, aus der Forstwirtschaft. Deshalb ist es
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Bundesministerin Ilse Aigner
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auch nicht verwunderlich, dass gerade mein Haus dasnachhaltige Regierungshandeln ganz extrem unterstützt.
Der Haushaltsentwurf für 2011 ist mit erheblichenEinsparungen verbunden. Wir haben im Einzelplan 10Ausgaben in Höhe von 5,48 Milliarden Euro veran-schlagt. Das sind 354 Millionen Euro weniger als in die-sem Jahr. Ich sage ganz offen und ehrlich: Das ist unsnicht leichtgefallen, und das tut natürlich auch weh.Doch zugleich bin ich mir sicher: Wenn wir die richtigenSchwerpunkte setzen, dann haben wir weiterhin eine so-lide Basis für eine zuverlässige Ernährungs-, Agrar- undVerbraucherpolitik.Ich danke den Koalitionsfraktionen ganz herzlich fürihre konstruktive Mitarbeit; denn wir sind zu Einsparun-gen gezwungen. Dies trifft die Gemeinschaftsaufgabe„Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschut-zes“ besonders hart, für die im nächsten Jahr 600 Millio-nen Euro veranschlagt sind. Das sind 100 MillionenEuro weniger als 2010. Wir, der Bund und die Länder,stehen nun gemeinsam vor der Herausforderung, dieMaßnahmen der GAK zu überdenken, damit wir auchkünftig wichtige Prioritätensetzungen zugunsten einernachhaltigen Bewirtschaftung, einer wettbewerbsfähi-gen Landwirtschaft und zugleich von Arbeitsplätzen imländlichen Raum vornehmen können.Auch andere Bereiche sind leider betroffen, etwa diezinsverbilligten Kredite zur Liquiditätssicherung. Das istaber meines Erachtens im Moment vertretbar, weil dasZinsniveau extrem niedrig ist.Mit dem Regierungsentwurf haben wir vieles erreicht.Der Koalitionsvertrag hat die Richtung vorgegeben, undwir setzen diesen Koalitionsvertrag um, Punkt für Punkt.
Vier wesentliche Punkte will ich Ihnen nennen, mit de-nen wir Akzente gesetzt haben:Erstens. In der Agrarsozialpolitik setzen wir auf Ver-lässlichkeit. Sie ist und bleibt der Schwerpunkt in unse-rem Haushalt. Das ist die Unterstützung, die direkt vorOrt bei den Arbeitskräften ankommt.Zweitens: Verlässlichkeit beim SonderprogrammLandwirtschaft. Der Zuschuss für die landwirtschaftli-che Unfallversicherung wird in 2011 noch einmal er-höht, und zwar von 100 auf 200 Millionen Euro. Daranwird nicht gerüttelt. Auch das ist Verlässlichkeit.Drittens: Verlässlichkeit beim Agrardiesel. DenSelbstbehalt von 350 Euro pro Betrieb und die Ober-grenze von 10 000 Litern haben wir nun auf Dauer ge-strichen; denn unsere Landwirte stehen im Wettbewerbauch über die Grenzen unseres Landes hinweg. Deshalbwar dies ein wichtiger Schritt in Richtung Angleichungder Wettbewerbsbedingungen.
Viertens nenne ich den Bereich Forschung und Inno-vation. Da wir an die Zukunft denken, sind rund1lhBbabAwddWwirbdWtnesdfmdwbsfsmMubassbgmtf
Sogar mehr Forschungsmittel kommen den nach-achsenden Rohstoffen und der Innovationsförderung iniesem Bereich zugute. Im Haushaltsentwurf haben wirie Mittel dafür erhöht. Das kommt der biobasiertenirtschaft zugute, deren Grundlage die Land- und Forst-irtschaft ist. Konzentration auf biobasierte Wirtschaftst wichtig, um die Klimaschutzziele der Bundesregie-ung zu erreichen, um erneuerbare Energien voranzu-ringen und nicht zuletzt, um dem Nachhaltigkeitsge-anken Rechnung zu tragen. Damit ist eines ganz klar:ir sparen nicht an der Zukunft.
Im Frühjahr wurde in meinem Haus eine Organisa-ionsreform durchgeführt. Die Struktur wurde an deneuen Herausforderungen ausgerichtet. Ich habe extraine Abteilung für die biobasierte Wirtschaft etabliert.Außerdem habe ich die Verbraucherpolitik weiter ge-tärkt. Auch das war mir ein persönliches Anliegen;enn Politik für die Verbraucher ist Politik unmittelbarür die Bürgerinnen und Bürger. Verbraucherpolitik istehr als nur Verbraucherschutz. Verbraucherpolitik be-eutet auch Information des Verbrauchers – hierzu istissenschaftlicher Sachverstand erforderlich, der dasegleitet – und ebenso Verbraucherbildung. Mit insge-amt 150 Millionen Euro schafft der Haushalt 2011 da-ür die Voraussetzungen. Damit ist die finanzielle Basistabil. Auch das ist Verlässlichkeit.Ich will Verbraucherpolitik gestalten, nicht bevor-undend und nicht überregulierend. Mein Leitsatz ist:oderne Verbraucherpolitik gewährleistet Sicherheitnd Selbstbestimmung.
In unserer komplexen Wirtschaftswelt sollen die Ver-raucherinnen und Verbraucher ihren Konsum eigenver-ntwortlich gestalten können. Deshalb mache ich michtark für Sicherheit, für Transparenz und für die Ent-cheidungskompetenz der Verbraucherinnen und Ver-raucher – soweit es geht, im Dialog, und wenn es nichteht, auch mit Druck.
Ich möchte Ihnen einige Beispiele nennen: Im Rah-en der Qualitätsoffensive Verbraucherfinanzen bie-en wir den Verbrauchern nutzvolle Hilfestellungen. Wirühren einen Dialog mit allen beteiligten Kreisen und er-
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arbeiten Lösungen, die wir Schritt für Schritt umsetzen.Wir sind mittendrin.Zweitens. Wir stärken auch die Rechte der Verbrau-cher im Internet. Dabei gilt es, die richtige Balancezwischen den neuen Technologien einerseits, die auchvielen Verbraucherinnen und Verbrauchern nutzen, unddem Schutz der Privatsphäre des Einzelnen andererseitszu finden. Das betrifft auch, aber eben nicht nur GoogleStreet View.
Deshalb werden wir die Diskussion über notwendigeRechtsänderungen bei den Geodaten in einem größerenZusammenhang führen müssen, als es der Bundesrat zu-letzt vorgeschlagen hat.
Drittens. Zum Schutz vor Kostenfallen im Internetbrauchen wir eine europäische Regelung. Vor Abschlusseines Vertrages muss über einen Button deutlich auf denPreis hingewiesen werden.
Wenn die EU nicht, wie angekündigt, handelt, werdenwir auch hier national tätig werden. Aber erst einmalwerden wir auf europäischer Ebene darauf drängen.
Viertens. Wir werden das Problem der belästigendenund unerlaubten Telefonwerbung angehen. Die im letz-ten Jahr in Kraft getretenen Verbesserungen werden wirbis zum Ende dieses Jahres evaluieren.
Wenn sich daraus Nachbesserungsbedarf ergibt, werdenwir auch handeln.Fünftens. Die Evaluierung des Verbraucherinforma-tionsgesetzes werden wir zum Abschluss bringen. Diederzeit laufende Anhörung wird intensiv genutzt. Es sindschon viele konstruktive Vorschläge bei uns eingegan-gen.
Im Winter werden wir Vorschläge zu einer Verbesserungder Verbraucherinformation in Deutschland vorlegen.Sechstens. Ich werde im Frühjahr eine Initiative„Klarheit und Wahrheit“ starten. Damit will ich das Ver-ständnis und die Verständlichkeit der Kennzeichnungund Aufmachung von Lebensmitteln weiter fördern.Kern ist, den Dialog zwischen Verbraucherinnen undVerbrauchern und der Wirtschaft zu fördern und dort, woes nötig ist, Verbesserungen durchzusetzen.
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Ganz oben auf unserer Liste steht, dass wir auf der ei-en Seite den Markt im Blick haben, aber auf der ande-en Seite auch die Ressourcen schonen. Außerdem ha-en wir drei klare Ziele im Blick:Erstens. Unsere Landwirte stehen im Wettbewerb.enn wir mehr von ihnen verlangen als international üb-ich, dann brauchen sie auch Unterstützung. Wir wollenine angemessene finanzielle Ausstattung, die die Leis-ungen widerspiegelt, die unsere Landwirte für uns er-ringen.Zweitens. Bis 2013 werden bei uns die letzten Prä-ien komplett von der Produktion entkoppelt sein. Wirind damit Vorreiter, und wir erwarten, dass unsere Part-er in Europa auch die Zielsetzung aus 2003 jetzt umset-en.
Drittens. Wir wollen sicherstellen, dass Landwirt-chaft bei uns auch künftig flächendeckend betriebenerden kann, nicht nur auf Gunstlagen.Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein deutscher Al-eingang in den Verhandlungen – das weiß jeder – kannicht erfolgreich sein. Ich bin deshalb ständig in Gesprä-hen. Ich besuche gerade in diesem Jahr viele der kleine-en Mitgliedstaaten. Es ist aber auch wichtig, den Schul-erschluss zwischen Deutschland und Frankreich zuuchen. Wir sind uns einig: Wir brauchen eine starke Ge-einsame Agrarpolitik. Genau vor zwei Stunden habenir dazu eine gemeinsame Position der deutschen undranzösischen Regierung unterzeichnet.
Differenzierte Direktzahlungen und die ländliche Ent-icklung müssen zentrale Elemente der europäischengrarpolitik bleiben, und das alles, nebenbei bemerkt, inerbindung mit der Daueraufgabe Bürokratieabbau.Darüber hinaus teilen Deutschland und Frankreich dieorge um Lebensmittelspekulationen. Dabei wollen wiricht zu den alten Marktregulierungen zurückkehren;ber es geht auch nicht an, dass Nahrungsmittel zu rei-en Spekulationsobjekten werden, während 1 Milliardeenschen auf der Welt hungern.Der Haushaltsentwurf für das Jahr 2011 macht deut-ich: Wir übernehmen Verantwortung und erbringen un-eren Beitrag zur Konsolidierung des Haushalts. Wir
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Bundesministerin Ilse Aigner
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übernehmen Verantwortung und stehen unseren Land-wirten verlässlich zur Seite. Wir übernehmen Verantwor-tung und bieten den Verbraucherinnen und Verbrauchernwichtige Orientierung. Schließlich übernehmen wir Ver-antwortung und investieren weiter in die Forschung unddie Zukunft. Wir stehen in den nächsten Jahren vor gro-ßen Herausforderungen. Wir werden uns nach der Deckestrecken müssen, um unsere Ziele zu erreichen. Werhoch hinauswill, braucht immer ein festes Fundament.Aber ich bin mir sicher: Mit diesem Haushaltsentwurfhaben wir ein gutes Fundament.Herzlichen Dank.
Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Wilhelm
Priesmeier von der SPD-Fraktion.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Verehrte Frau Ministerin, im Haushalt ist einwenig Licht, aber auch viel Schatten. Selbstlob ist nichtimmer angezeigt. Zu loben ist: Sie bekennen sich zumBestand der agrarsozialen Sicherung, genauso wie wir.Das ist immer ein Kernthema der deutschen Agrarpolitikgewesen. Ich glaube, in diesem Bereich gibt es keine an-dere Themensetzung. Die entscheidende Frage ist aber,ob das, was Sie der Unfallversicherung zuführen, wirk-lich so nachhaltig ist. Ich glaube, das Heulen und Zähne-klappern kommt spätestens 2012, wenn die Bescheideauf dem Tisch liegen.Ich freue mich über die positive wirtschaftliche Ent-wicklung unserer Agrar- und Landwirtschaft. Die deut-schen Agrarexporte boomen wieder. Im ersten Halbjahrhatten sie ein Volumen von insgesamt 24,5 MilliardenEuro. Wenn das so weitergeht, werden wir vermutlich2010 das bisherige Spitzenjahr 2008 übertreffen.
– Das ist mit Sicherheit die Leistung all derer, die imlandwirtschaftlichen Bereich tätig sind, also der vielenBauern und Bäuerinnen, und weniger die Leistung dieserBundesregierung.
Ich kann eher eine rückwärtsgewandte als eine vor-wärtsgewandte, an der Zukunft orientierte Politik erken-nen. Das Instrumentarium, das im letzten Haushalt ausder Mottenkiste der Agrarpolitik aus den 60er-Jahren desletzten Jahrhunderts geholt wurde, nämlich schuldenfi-nanzierte Zahlungen und Subventionen, wird weiter an-gewendet. Nichts anderes steckt hinter dem 750-Milli-onen-Euro-Paket. Das kommt bisher nur in Teilen an.Ein großer Teil ist noch gar nicht da. Trotzdem geht esmmvdiPkedSLunndsdDflgafdhwigSbzrwßbD––vßdwnaud
Wollen Sie eine Zwischenfrage stellen? – Nicht?
Ja, der Durchschnittsbetrieb hat 16 000 Liter Dieselerbraucht. In diesem Zusammenhang hat aber der grö-ere Agrar- und Ackerbaubetrieb erheblich mehr vonieser Subvention als der kleine Milchviehbetrieb. Demerden Sie doch wohl nicht widersprechen. Ich will jetzticht den größeren Betrieb in den neuen Bundesländernls Beispiel nehmen. Ein Betrieb mit 1 000 Hektar hatngefähr 20 000 Euro mehr. Okay, ich gönne es ihm. Obas aber zielgerichtet ist, stelle ich hier sehr infrage.
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Dr. Wilhelm Priesmeier
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Ebenso stelle ich infrage, ob das Strukturen sind, die wirin der gegenwärtigen Situation, in der die Agrarrohstoff-preise steigen, in besonderer Weise durch entsprechendeFörderungen zu unterstützen haben. Sie müssen einmalklar und deutlich sagen, wie Sie das dem deutschenSteuerbürger vermitteln wollen.
Als teilweise Gegenfinanzierung brechen Sie aus derGemeinschaftsaufgabe 100 Millionen Euro hinaus. Dasist keine Heldentat, das ist ein Armutszeugnis.
In diesem Zusammenhang bleiben all die Bekenntnissezum ländlichen Raum Lippenbekenntnisse. Den Bundes-wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ – das ist ein schö-ner Wettbewerb – haben Sie damit eröffnet, dass das Le-ben auf dem Dorf nicht rückständig sei und schon garnicht konventionell. Darin kann ich Ihnen zustimmen.Sie präsentieren sich als Sachwalterin des ländlichenRaumes, aber letztendlich bleiben das Lippenbekennt-nisse; dafür sorgen Sie durch die entscheidende Schwä-chung der GAK und auch durch andere Maßnahmen indiesem Haushalt. Die Städtebauförderung wird gekürzt;auch das wirkt sich unmittelbar auf den ländlichen Raumaus. Sie beginnen eine Diskussion über die Frage derGewerbesteuer; auch das wirkt sich nicht positiv auf denländlichen Raum aus. All das sind Faktoren, die letzt-endlich die Politik für den ländlichen Raum mitbestim-men und die man mitberücksichtigen müsste. Normaler-weise müssten Sie am Kabinettstisch sofort Ihr Veto fürden ländlichen Raum einlegen; aber das tun Sie nicht.
In dem Brief, den der Kommissar Ciolos zusammenmit drei anderen Kommissaren an Herrn Barroso ge-schrieben hat, wird deutlich, welche Strukturveränderun-gen in den großen Töpfen im Bereich der Agrar-, der Re-gional- und der Kohäsionspolitik demnächst anstehen.Dort wird ganz klar gesagt, dass man diese Töpfe in ei-nen gemeinsamen strategischen Rahmen einbinden will.Machen Sie doch endlich den Versuch, aus der GAKeine Gemeinschaftsaufgabe für den ländlichen Raum zuentwickeln! Das wäre ein positiver Ansatz, der auchdazu dienen würde, dieser Politik das notwendige Kofi-nanzierungsinstrument zu geben. Ich fordere Sie dazuauf. Unsere Unterstützung dafür haben Sie.Ich glaube, dass wir auch in anderen Bereichen ent-sprechende Regionalisierungen und Kofinanzierungsins-trumente schaffen müssen. Dafür muss die Gemein-schaftsaufgabe „Ländlicher Raum“ nach den Vorstellun-gen der Sozialdemokraten und nach meinen Vorstellun-gen die entsprechenden Kofinanzierungsinstrumente lie-fern. Dadurch wird eine Agrarpolitik der Zukunft unter-stützt. In diesem Sinne kann ich Sie nur auffordern:Handeln Sie, und erweisen Sie der deutschen Landwirt-schaft keinen Bärendienst wie mit diesem Haushalt!Vielen Dank.
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Es ist nicht recht, immer nur über Hartz-IV-Sätze zusprechen. Man muss auch einmal fragen, woher das Geldkommen soll.Von diesen 5,4 Milliarden Euro entfallen 74,5 Millio-nen Euro auf die Verwaltung. Es bleiben nur 1,66 Mil-liarden Euro für die Gestaltung, für Programme. Es be-darf schon einer dynamischen Ministerin, einer gutenRegierung und einer ordentlichen Koalition, um aus die-sen 1,66 Milliarden Euro etwas zu machen. Wir tun es.
Ich möchte einige wenige Beispiele herausgreifen.Ich freue mich ganz besonders, dass es uns gelungen ist,den Zuschuss für den Agrardiesel zu erhalten.
Agrardiesel ist der Treibstoff, den die Landwirte undForstleute für ihre Arbeit brauchen. Wir haben den Zu-schuss von 21,48 Cent pro Liter erhalten; denn ein Land-wirt ist auch Unternehmer, der sich dem Wettbewerbstellen muss, und das weltweit. Wir haben mit den Zu-schüssen zu den Sozialsystemen die Lohnnebenkostenkonstant gehalten und den Agrardiesel bezuschusst, da-mit die Landwirte wettbewerbsfähig bleiben.
Ein weiterer kleiner Beitrag: Dieses Jahr ist das vonder UNESCO proklamierte Jahr des Waldes. Für dieWälder stellen wir 2 Millionen Euro zur Verfügung. Aufden Ökolandbau entfallen 16 Millionen Euro, auf dieExportförderung 5 Millionen Euro. Sie sehen: In die Be-reiche, auf die es ankommt, stecken wir Geld hinein. Esist ein guter Haushalt, der solide finanziert ist.Liebe Freunde, die Landwirte sind bei unserer Koali-tion gut aufgehoben;
denn Bauernstand ist Ehrenstand.In diesem Sinne ein herzliches Glückauf aus dem Erz-gebirge.
Das Wort hat jetzt der Kollege Roland Claus von der
Fraktion Die Linke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Linkesteht für eine Agrar- und Verbraucherschutzpolitik, dieden Konsumenten eine gesunde und bezahlbare Ernäh-rung und den Produzenten ein nachhaltiges und angst-freies Wirtschaften sichert.
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Die Frau Ministerin hat in ihrer Rede Probleme weit-ehend ausgeblendet. Deshalb muss ich einige hier nen-en:Gemeinsame Agrarpolitik der Europäischennion ab 2013. Die Haltung der Bundesregierung istrotz der Beschwörungen, zu Lösungen kommen zu wol-en, eine völlig diffuse. Sie sondern ständig widersprüch-iche Nachrichten ab, und das bringt keine Zukunftssi-herheit für Agrarunternehmen.Die Linke wird ein eigenes Konzept zur Gemein-amen Agrarpolitik vorlegen und demnächst hier imundestag vorstellen. Der Kerngedanke ist dabei dieindung der Fördermittelzahlungen an soziale und öko-ogische Kriterien.
Wir haben diesen Ansatz im Juni bei einer umfangrei-hen Agrartour in Thüringen und Sachsen-Anhalt einmaletestet. Wir waren durchaus auf Widerspruch gefasst,ber wir können sagen: Dieser Ansatz hat den Praxistestei den Genossenschaften und den anderen Agrarbetrie-en bestanden.Das nächste Problem: Gemeinschaftsaufgabe „Ver-esserung der Agrarstruktur und des Küstenschut-es“, 100 Millionen Euro weniger als in diesem Haus-altsjahr. Das ist die falsche Politik. Das sind keineege aus der Krise, zumal im nächsten Jahr die Sonder-rogramme auslaufen.Sie können mir nicht dauernd damit kommen, das seiin Beitrag zur Konsolidierung, und Sie würden diechulden bremsen. Herrgott noch mal, mit diesem Haus-alt sparen Sie etwas über 10 Milliarden Euro. Amreitag der vergangenen Woche haben Sie 40 Milliardenuro an Garantien für die kaputte HRE nachgeschossen,
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Roland Claus
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übrigens auch zum Entsetzen der Kolleginnen und Kol-legen aus der Union.Ich will ein Wort zu den Agrarbetrieben im Osten sa-gen, und das im 20. Jahr der deutschen Einheit, weil esnur wenige wirtschaftliche Sektoren in der Bundesrepu-blik gibt, wo die Art des Wirtschaftens in Ost und Westnoch so unterschiedlich ist. Jetzt kann man darüber kla-gen oder irgendwelche Angleichungen versuchen; unserAnsatz ist ein anderer. Wir meinen: Die Agrarunterneh-men im Osten haben inzwischen einen Erfahrungsvor-sprung bei der Bewältigung wirtschaftlicher und gesell-schaftlicher Umbrüche. Wenn wir in dieser Republiketwas Gescheites machen wollen, dann nutzen wir die-sen Erfahrungsvorsprung bundesweit, um die Landwirt-schaft zukunftsfähiger zu machen. Das wäre ein Weg,liebe Kolleginnen und Kollegen.
Nächstes Problem: weitergehende Verkäufe von Bo-den und Seen im Osten. Nun haben Sie mit den Länderngewissermaßen einen Kompromiss geschlossen unddiese einigermaßen ruhiggestellt, aber das Grundpro-blem bleibt. Die Linke will langfristige Pachtverträgestatt weiterer Privatisierung. Privatisierung brauchen wirüberhaupt nicht.
Nächstes Problem. Uns wird seit langem vorgeschla-gen, eine steuerfreie Risikorücklage für Agrarbetriebeeinzuführen.
Das ist eine Forderung des Bauernverbandes, die Sie allekennen. Das wäre ein Weg in eine zukunftssichere undangstfreie Unternehmensentwicklung. Warum setzt sichdie Ministerin nicht dafür ein?Das nächste Problem: die Exportorientierung, dieSie hier zum Teil abfeiern. Ich will mich nicht damit ab-finden,
dass Schweine nach Asien verkauft werden, die vorherin Deutschland mit amerikanischem Futter gemästetwurden. Das ist antiökologisch. Das ist antisozial. Dasist einfach Unsinn, den wir überwinden müssen.
Was die Spekulation mit Nahrungsgütern anbetrifft,Frau Ministerin, reicht es nicht aus, hier – folgenlos – zuklagen. Es muss etwas getan werden, um diese Spekula-tion zu unterbinden. Hier wirken die internationalenAgrarrohstoffbörsen in den ärmsten Ländern der Weltwirklich lebensbedrohend. Ich finde das pervers. Das istein Zustand, den sich diese Welt nicht leisten sollte.
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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Diese Ko-lition hat in einem Jahr schwarz-gelber Agrarpolitikichts zustande gebracht.
um Glück möchte man sagen, angesichts des ideologi-chen Eifers, mit dem einige von Ihnen an die Agrarpolitikerangegangen sind: Deutschland als Billigfleischwelt-eister und die gentechnische Zwangsbeglückung dermmer noch uneinsichtigen Deutschen – so lautet Ihranzes Programm.
um Glück hat Sie Ihre eigene Regierungsunfähigkeitislang davon abgehalten, das in die Tat umzusetzen.ber angesichts der Lage der Bäuerinnen und Bauern,er Ernährung, des Klimas und der natürlichen Umweltst Ihr Nichtstun unverantwortlich und sind Ihre privatenoogle-Scheingefechte zu wenig, Frau Aigner.
Haben Sie eigentlich noch mehr zum Klimaschutzuf Lager als die stereotype Verweigerungshaltung,enn es um den Beitrag der Landwirtschaft geht? Woleiben zum Beispiel Ihre Maßnahmen zur Verbesserunger Humusbilanz wie die Festmistwirtschaft?Ist von Ihnen bei der anstehenden Reform der ge-einsamen EU-Agrarpolitik noch etwas Schlaueres zurwarten als Ihre derzeitige Wir-machen-einfach-gar-ichts-Strategie?
eben Sie doch endlich zu, was in den Nonpapers Ihresauses längst überall zu lesen ist: Der einzige Ausweg,as Agrarbudget zu halten, ist die ökologische Qualifi-
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Friedrich Ostendorff
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zierung der Zahlungen. – Wer sich diesem Schritt ver-weigert, wird den harten Kampf um die EU-Gelder ver-lieren.Haben Sie, Frau Ministerin, zu dem heftigen Wider-stand der ländlichen Bevölkerung gegen immer größereMassentierhaltungsanlagen mit Millionen gequälterKreaturen noch mehr beizutragen als das, was Sie unsschriftlich mitgeteilt haben, nämlich dass Sie auf dieseEntwicklungen keinen Einfluss nehmen wollen?
Da ist Ihre niedersächsische Kollegin Grotelüschen we-niger zurückhaltend, die in dem Geschäft ja bekannter-weise kräftig mitmischt, auch wenn sie das eine oder an-dere Detail schon mal vergisst.
Frau Ministerin, haben Sie eigentlich vor, im derzeiti-gen Internationalen Jahr der biologischen Vielfalt wirk-same Maßnahmen zu ergreifen, um das Artensterben zustoppen, oder wollen Sie es bei ein paar Broschüren be-wenden lassen?Selbst die Initiative zur Eindämmung der exzessivenSpekulationen an den Agrarmärkten kam wieder einmalnicht aus Berlin, sondern aus Paris. Wo sind denn Ihrekonkreten Vorschläge für mehr Transparenz, die klarenRegeln für Warenterminmärkte, Frau Aigner? Wo sindsie?Sind Sie wirklich der Meinung, Frau Aigner, dass diebäuerliche Milcherzeugung in Deutschland gerettet seinwird, nachdem Sie Ihr letztes Strohfeuer gezündet undden Rest der Kuhschwanzprämie verjubelt haben?
Kommt noch irgendetwas von Ihnen, um die Pioniereunter den BDM-Milchbäuerinnen und -Milchbauern zuunterstützen, die sich mit ihrer fairen Milch einen Marktaufbauen wollen?
Zu all dem kommt von Ihnen bisher herzlich wenig,und das ist ein Skandal, Frau Ministerin. Im Einzel-plan 10 müssen wir schon lange suchen, bis man An-sätze von Aktivität findet.Wenn man den Verlautbarungen des Ministeriumsfolgt, dann ist das wichtigste Vorhaben derzeit dieExportstrategie,
vom eigens ernannten Exportbeauftragten betrieben undim Haushalt 2011 mit immerhin 5 Millionen Euro ausge-stattet.
Man kann doch nicht ernsthaft von einer Strategie spre-chen, wenn Staatssekretär Müller monatelang für vielGdfEgIdMEoDShlgaRNFEkwgTSaImdswzsWwssenussrB
ch nenne es peinlich dünn und eine Frechheit gegenüberem Parlament, was Sie hier vorgelegt haben, Herrüller.
ntweder reisen Sie auf blauen Dunst durch die Weltder Sie verheimlichen uns die Zahlen. Herrr. Exportbeauftragter, Sie wollen von uns als Parlamentteuergelder für ein Fleischexportprogramm genehmigtaben, sind aber nicht einmal in der Lage, uns mitzutei-en, welche wirtschaftspolitische Logik Sie damit verfol-en, einen boomenden Markt mit Steuergeldern weiternzuheizen.
Es ist ja putzig, zu erfahren, dass Sie in den Ferien imahmen des Projektes „Deutsche Küche in Indien“ ineu Delhi aufgetreten sind; aber wir hätten doch gerneakten statt Anekdoten, Herr Staatssekretär.Es ist auch keine Strategie, wenn man einerseits denxport und damit die Produktion von Fleisch bei uns an-urbeln will, auf der anderen Seite aber schon jetzt nichteiß, wie man ein EU-Vertragsverletzungsverfahren we-en Überschreitung der Ammoniakemissionen aus derierhaltung verhindern soll, Frau Ministerin. Was wollenie denn Ende dieses Monats der Kommission in Brüsseluf den blauen Brief antworten, der ja schon lange beihnen auf dem Tisch liegt und den Sie uns hier im Parla-ent verheimlicht haben? Stehen Sie doch endlich zuen Konsequenzen dieser Politik. Sagen Sie den Men-chen auf dem Land, wie viele zusätzliche Mastfabriken,ie viele Gülleseen, welche Emissionen und wie vieleusammengepferchte Tiere Ihre Exportstrategie nachich zieht.
ährend Sie noch „Unser-Dorf-hat-Zukunft“-Wettbe-erbe ausrufen, läuft doch längst der von Ihrem Staats-ekretär angeführte Wettbewerb „Wie versauen wir un-ere Dörfer am schnellsten“.
Der Haushalt ist der Spiegel des Gestaltungswillensiner Regierung. Wer wie Sie es fertigbringt, ausgerech-et sein wichtigstes Gestaltungsinstrument, die GAK,m 100 Millionen Euro zu kürzen, nur um den Agrardie-elverbrauch weiter zu subventionieren, hat keinen Ge-taltungswillen. Wir könnten ja über sinnvolle Einspa-ungen bei der GAK sprechen, Frau Aigner. Zumeispiel könnten wir über die überfällige Streichung der
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6014 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010
Friedrich Ostendorff
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Investitionszuschüsse von bis zu 40 Prozent aus Steuer-mitteln für Großstallbauten reden. So ließe sich in derGAK viel Geld sparen und gleichzeitig Tierschutz be-treiben.
Diese Fehlinvestitionen wollen Sie sogar noch verstär-ken und stellen sich damit wieder auf die Seite derAgrarindustrie und gegen die bäuerliche Landwirtschaft.Sie haben in Brüssel bei der High Level Group onMilk für die eigenen Milchbauern nichts erreicht undsind mit leeren Händen nach Hause gekommen, wollenaber 2011 erneut mit vollen Händen 200 Millionen EuroKuhschwanzprämie ausschütten. Dumm zahlen stattklug verhandeln: Das ist das Motto Ihrer Agrarpolitik.
Es ist an der Zeit, Frau Ministerin, Farbe zu beken-nen, Antworten zu geben, Verantwortung zu überneh-men. Weisen Sie Ihren gelben Koalitionspartner in dieSchranken. Verhindern Sie, dass Herr Bleser wie im letz-ten Jahr wieder versucht, das Bundesprogramm Ökolo-gischer Landbau zu schleifen, um die globale Minder-ausgabe von 50 Millionen Euro zusammenzukriegen.Hören Sie auf mit den halben Sachen und vertreten Sieendlich konsequent in Berlin das, was Sie in Bayern solauthals verkünden: keine Gentechnik in der Landwirt-schaft, Erhalt und Förderung der bäuerlichen Landwirt-schaft, Unterstützung von Regionalität und Qualität,Schluss mit der Tierquälerei in der Massentierhaltung.Schönen Dank.
Das Wort hat jetzt der Kollege Peter Bleser von der
CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fü-gung hat es gewollt, dass ich nach Friedrich Ostendorffsprechen darf. Es ist kein krasserer Gegensatz möglich.Ich kann nur sagen: Lieber Kollege, was Sie hier gebo-ten haben, ist rückwärtsgerichtet, wirklichkeitsfremdund Nostalgie.
Herr Kollege, Sie verkennen die Wirklichkeit. Sie le-ben in einer agrarpolitischen Traumwelt, die in der Re-alität nirgendwo vermittelbar ist. Mich wundert es, dassdie Fraktionen auf der linken Seite dieses Hauses immerwieder versuchen, sich an Sie anzudocken. Das hilft denGrünen, aber nicht den anderen Fraktionen. Das solltenSie, lieber Herr Kollege Priesmeier, auch einmal beden-ken.skdbhE1tvgAmdmwMOdhmskkwDSsL–mkznnwggkkgsRus
Die Haushaltsdebatte ist für uns natürlich auch einpiegelbild der an unseren Werten und unserem Men-chenbild orientierten langfristigen Strategie in derandwirtschafts- und Verbraucherpolitik.
Ich habe mir Mühe gegeben, und es ist mir gelungen.Wir haben in den letzten Jahren zwei Grundsätze im-er als unabdingbar angesehen. Das ist erstens die Stär-ung der Wettbewerbsfähigkeit unserer Betriebe undweitens die wissenschaftsbasierte Bewertung neuer in-ovativer Technologien. Das hört sich banal an. Aberur dann, wenn wir diese beiden Grundsätze beherzigen,erden wir in der Lage sein, nach unseren Vorstellungenesunde Lebensmittel zu erzeugen; wir haben eine ei-ene Produktion, die dort auch die Maßstäbe setzenann. Nur dann, wenn wir die Wirtschaftlichkeit in Zu-unft erhalten und verbessern, werden wir die von unsewünschten Tierschutz- und Umweltstandards und un-ere Wünsche in Bezug auf die Kulturlandschaft in derealität umsetzen können.
Nur dann, wenn wir die Wirtschaftlichkeit erhaltennd stärken, werden wir auch einen Beitrag zum Klima-chutz und zur Welternährung leisten können. Ohne
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010 6015
Peter Bleser
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diese Basis, Herr Kollege Ostendorff, werden wir aufDauer keinen Erfolg haben können; denn die Gesell-schaft wird nicht bereit sein, auf Dauer immer höhereSubventionen zum Erhalt der Landwirtschaft aufzubrin-gen. Das ist eine Realität, die wir nicht aus den Augenverlieren dürfen.
Deswegen wollen wir nicht beim Status quo stehen blei-ben, sondern die Landwirtschaft stärken und die Ernäh-rungswirtschaft insgesamt nach vorne bringen.Meine Damen und Herren, ich muss hier noch einmalfeststellen: Wir haben vor einem Jahr, vor zwei JahrenKurs gehalten, als wir uns in der Weltfinanz- und Wirt-schaftskrise hier in diesem Raum Zweifel an der sozialenMarktwirtschaft anhören mussten. Da haben wir gestan-den bei stürmischer See und im harten Wind. Wir habenuns nicht den Versuchungen derjenigen hingegeben, diemeinten, man müsse eine staatliche Regulierung, insbe-sondere im Milchmarkt, auf den Weg bringen. Wir sindgegen härtesten Widerstand draußen bei unserer Positiongeblieben.
Deswegen – da bin ich sehr froh – können wir heuteauch den Erfolg für uns in Anspruch nehmen. Wir habenGott sei Dank wieder einen Milchpreis, der die 30-Cent-Grenze übersteigt. Das ist nicht unser Verdienst.
Es ist das Verdienst der Bauern, der am Milchmarkt Be-teiligten und auch der Marktsituation. Wir können aberfür uns in Anspruch nehmen, dass wir die Produktion inDeutschland nicht zurückgefahren haben, wie viele eswollten.
Die Wertschöpfung ist so wesentlich höher. Es warenneidvolle Blicke aus den mit uns befreundeten europäi-schen Staaten auf uns gerichtet, die unseren Produk-tionsanstieg in einer Zeit, in der andere zurückgefallensind, gerne auch für sich gesehen hätten. Das ist ein Er-folg unserer Politik. Deswegen, Frau Ministerin, könnenwir uns glücklich schätzen, dass wir auf einem gutenWeg sind. Wir sind noch längst nicht am Ziel. Ich sageallen in der Koalition ein Dankeschön, dass wir hier inschwieriger Zeit zusammengestanden haben. Wir habendie Betroffenen in dieser schwierigen Zeit nicht im Stichgelassen; denn wir haben mit dem Milchhilfsfonds, dernicht nur für die Milcherzeuger gegolten hat, in derschwierigen Zeit ein Zeichen der Solidarität dieser Ge-sellschaft gesetzt. Das hat seine Wirkung gehabt.
Man kann auch ruhig zugeben, dass die Liquiditäts-hilfe in Höhe von 25 Millionen Euro nicht die Ziel-genauigkeit erreicht hat, die wir erreichen wollten. Des-wegen ist es auch keine Schande einzugestehen, dass wirdie zweite Tranche gestoppt haben, weil die Notwendig-keit dafür einfach nicht mehr gegeben war. Wir habendamit auch einen Teil der von uns doch noch durchge-srrfKgunlLWapL–sWhjWwAdDradLDksusdbILUGab
Du hast sie nicht kritisiert, Entschuldigung. Du hast sieogar als Erfolg dargestellt; das ist korrekt.
ir haben sie zusammen auf den Weg gebracht: 2005aben wir die Exportinitiative ergriffen; wir führen sieetzt verstärkt fort.Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass wir in derirtschaftskrise beim Export im Agrarbereich am aller-enigsten zurückgefallen sind. Deshalb ist der relativenstieg im ersten Halbjahr um 7 Prozent noch bedeuten-er, als er im Verhältnis zu anderen Branchen erscheint.as ist ein Riesenerfolg. Die Ursache dafür liegt in unse-er verstärkten Wettbewerbsfähigkeit, vor allem aberuch, liebe Frau Ministerin, in den großen Aktivitätenes Staatssekretärs Dr. Müller, der sich hier für unsereandwirtschaft verdient macht. Das will ich hier in allereutlichkeit sagen.
Ich will das Verbraucherschutzthema nicht zu kurzommen lassen. Vorher noch einige Sätze zu den Tier-chützern. Lieber Kollege Ostendorff, es gibt solchend solche Tierschutzverbände. Ich möchte den Deut-chen Tierschutzbund und die Stiftung Vier Pfoten aus-rücklich ausnehmen. Es gibt aber einen Verband, derei der Wahl seiner Mittel vor nichts zurückscheut.
ch will das hier in aller Deutlichkeit ansprechen: Dieandwirtschaft lebt mit den Tieren und von den Tieren.ns braucht niemand zu erklären, was Tierschutz ist.erade die Investitionen der letzten Jahre in neue Stall-nlagen haben hier eine erhebliche Verbesserung ge-racht.
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elle Geflügelhaltung nicht von Bauern gemachtwird!)Das, was dort einige zur Requirierung von Spenden auf-bieten, ist für diese Gesellschaft nicht hinnehmbar. Ichbitte uns alle, gemeinsam dagegen anzugehen.
Herr Präsident, das Blinklicht leuchtet schon wieder.Ich hätte noch viel zu sagen. Ich will aber nur einigeSätze zum Verbraucherschutz loswerden. Frau Aignerhat es zu Recht angesprochen: Wir werden dafür sorgen– das ist nur ein Aspekt –, dass wir wieder ein sauberesTelefon bekommen.
Ich werde mit meinen Kollegen dafür kämpfen, dass dieAbzocke am Telefon endlich beendet wird.
– Frau Kollegin Wolff, dazu nur ein Satz: Wir hättenbeim Telefonwerbeverbot gern die schriftliche Bestäti-gung als eine Regelung ins Gesetz aufgenommen, Sievon der SPD haben das damals verhindert.
Wir werden es jetzt verbessern.
Ich will zum Schluss kommen. Die Koalition hat guteArbeit geleistet. Die Kritik der Opposition ist pflichtge-mäß; sie ist eine Bestätigung.Herzlichen Dank.
Das Wort hat der Kollege Rolf Schwanitz von der
SPD-Fraktion.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Ich möchte mich bei meiner Rede in der erstenLesung auf die nach meinem Empfinden drei größtenSchwachstellen im Einzelplan 10, dem Haushalt desBundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft undVerbraucherschutz, konzentrieren.Die erste Schwachstelle dieses Einzelplanes: Der Ein-zelplan 10 mutiert unter Frau Ministerin Aigner immermehr zu einem Haushalt dauerhafter Subventionen. Icherinnere mich noch sehr gut – ich denke, viele andereauch – an die Debatte zum Haushalt 2010. Dort wurdenunter Hinweis auf die Krisenhilfe für die Milchbauern in2zzmMnrwsEdzeJvEssdEmi2DmwAg–SSFvDnd–l
rneut gibt es hier eine Gießkannenförderung, anstattort, wo Hilfen notwendig sind, gezielt und problembe-ogen unter die Arme zu greifen. Erneut wird der Markt-ntwicklung, die sich heute anders als noch vor einemahr darstellt, rein konsumtiv und passiv hinterhersub-entioniert, und das im Jahr der allgemeinen Kürzungen.s handelt sich um Mehrausgaben für ein Weiter-so, an-tatt gezielte Programme für eine nachhaltige Landwirt-chaft aufzulegen. Das ist ein schweres Versäumnis iniesem Einzelplan.
Damit natürlich nicht genug: Zu den 300 Millionenuro sollen ab 2011 neue Dauersubventionen hinzukom-en. Es geht um die bisher befristeten Erleichterungenm Bereich Agrardiesel, die in diesem Einzelplan ab011 zur Dauersubvention werden.
as sind 260 Millionen Euro – man darf das noch ein-al sagen –, die erneut mit der Gießkanne ausgeteilterden. Alles in allem werden 560 Millionen Euro angrarsubventionen auf diesen Einzelhaushalt obendraufepackt.
Ich weiß, es tut weh, und das in einer Zeit, in derchwarz-Gelb in diesem Bundeshaushalt an anderertelle die schwersten Belastungen austeilt, zulasten vonamilien, Kindern und Arbeitslosen. Das ist ein Miss-erhältnis, das man der Öffentlichkeit mitteilen muss.
ass die Bauern das differenziert sehen, ist übrigensachzulesen. In der letzten Woche hat der Chef des Bun-esverbandes Deutscher Milchviehhalter klargemachtich zitiere –: „Das ist viel Geld … Aber es war das völ-ig falsche Signal.“ Recht hat der Mann.
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Rolf Schwanitz
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Die zweite große Schwachstelle dieser Subventions-strategie ist, dass sie in Wahrheit den Interessen derLandwirtschaft und der Bauern zuwiderläuft. Sie dientnicht deren Interessen, das sieht man nicht zuletzt an derGegenfinanzierung, die vorgenommen werden muss.Das ist verschiedentlich angesprochen worden; denn die260 Millionen Euro, die im Bereich Agrardiesel zusätz-lich vorgesehen sind, gibt es nicht zum Nulltarif. Viel-mehr erwartet das Bundesministerium der Finanzen da-für Kürzungen im Einzelplan 10 in der Größenordnungvon 170 Millionen Euro. Frau Aigner kürzt die Ausga-ben für die Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur undKüstenschutz um 100 Millionen Euro, und sie streichtdas Liquiditätshilfeprogramm in Höhe von 25 MillionenEuro. Das war übrigens das Einzige, was in seinerGrundstruktur wirklich problemorientiert gewesen ist.Es wird eine globale Minderausgabe in der Größenord-nung von 50 Millionen Euro in den Einzelplan einge-stellt, um dann beim Haushaltsvollzug am Parlamentvorbei, also ohne parlamentarische Kontrolle, die 50 Mil-lionen Euro nach Hause zu bringen.
Ich erinnere mich: Als Sie vor sechs Monaten ange-fangen haben, den Umfang der GemeinschaftsaufgabeAgrarstruktur und Küstenschutz zu kürzen, haben Siegesagt: Das alles ist nicht so schlimm, es ist eine großeNichtausschöpfung der Mittel beim Titelansatz vorgese-hen. Ich will ausdrücklich darauf hinweisen: Was Siejetzt machen, bewegt sich insbesondere im Investitions-bereich tief unter dem Niveau der Ist-Zahlen des Jahres2009. Diese Begründung können Sie also nicht mehrbringen. Damit schlagen Sie, Frau Ministerin Aigner, Ih-ren Kollegen Agrarministern der 16 Bundesländer dieFüße weg; denn dass sie in den Haushaltsberatungen ih-rer Landeshaushalte keine Argumente mehr haben, wennder Bund die Kofinanzierung streicht, ist völlig klar.
Die Mittelkürzung, die bei der GemeinschaftsaufgabeAgrar- und Küstenschutz vorgesehen ist, macht 100 Mil-lionen Euro aus, dazu kommt die Kürzung bei den Lan-desmitteln in Höhe von 65 Millionen. Wir reden alsovon Kürzungen in Höhe von 165 Millionen Euro.Im Rahmenplan sind Maßnahmen für den Bereich desKüstenschutzes in Höhe von 123 Millionen Euro vorge-sehen. In diesem Zusammenhang fällt mir ein, dass imPaul-Löbe-Haus eine wunderbare Ausstellung zu demThema Klimaschutz und Ozeane zu sehen ist. FrauAigner, ich weiß nicht, ob Sie die Ausstellung schon be-sucht haben. Ich kann sie nur empfehlen. Es ist eine sehrgute Ausstellung. Wenn sie sich der eine oder andereeinmal anschauen würde, würden vielleicht auch andereVorschläge gemacht werden.
Zum Schluss möchte ich zwei Bemerkungen zur Ver-braucherpolitik machen.fmgfdkgEhveWz–kwsidüiSLSmcsibDhu
Frau Kollegin, ich würde gerne zum Schluss kom-
en. – Dort ist nichts von einer Stiftung für unabhän-
ige Verbraucherarbeit zu finden. Dort ist nichts zu
inden von einer Stiftung, die sich verursachergemäß aus
en zusätzlichen Belastungen finanziert, die das Bundes-
artellamt bei der Industrie einsammelt. Das war übri-
ens einmal Ihr Vorschlag.
s würde mich interessieren, ob Sie das bei der Haus-
altsaufstellung gegenüber dem Finanzminister nicht
orgeschlagen oder nicht durchgebracht haben. Es wäre
infach wichtig, das zu hören.
Auch die Erhöhung des Stiftungskapitals der Stiftung
arentest entpuppt sich nach nur einem Jahr als Kür-
ung des Bundeszuschusses. Wir haben damals immer
leider als einzige Fraktion – davor gewarnt. Nun
ommt an dieser Stelle eine klare Kürzung. Das ist et-
as, was man in der Verbraucherpolitik normalerweise
chlicht und einfach als Mogelpackung bezeichnet. Dies
st allerdings keine Mogelpackung der Industrie, sondern
er Verbraucherschutzministerin selbst. Darüber und
ber vieles andere mehr werden wir in den Ausschüssen
ntensiv zu reden haben.
Herzlichen Dank.
Das Wort hat jetzt der Kollege Professor Dr. Erik
chweickert von der FDP-Fraktion.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!iebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich freue mich,ie alle nach der Sommerpause hier wieder frisch undunter zu sehen. Wir widmen uns einer wichtigen Sa-he, nämlich dem Haushalt für Ernährung, Landwirt-chaft und Verbraucherschutz. Wir alle wissen, dass wirn fast jeder Lebenssituation Verbraucher sind. Uns Li-eralen ist klar: Verbraucherschutz ist Bürgerrecht.eshalb hat die Verbraucherpolitik bei uns einen sehrohen Stellenwert.
Dieser Stellenwert wird auch im Haushalt deutlich,nd zwar, indem wir sinnvoll sparen;
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Dr. Erik Schweickert
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denn auf dem Schuldenberg, den wir aufhäufen, werdendie Kinder nicht spielen können.
– Hören Sie genau zu! – Wir sparen nicht bei der Ver-braucherpolitik. Wir setzen ganz klare Schwerpunkte.Trotz einer schwierigen Finanzlage haben wir die Mittelin diesem Bereich erhöht, weil wir uns sicher sind, dassdiese Mittel gut angelegt sind.
Statt eine Politik zu betreiben, bei der das Geld mit demFüllhorn ausgeschüttet wird, wie die rot-grüne Landes-regierung in Nordrhein-Westfalen das macht, setzen wirganz klare Akzente und hinterlassen keine Schulden-berge.
Wir leisten uns mehr, zum Beispiel mehr Sicherheitfür die Verbraucher durch erhöhte Zuweisungen an dasBundesinstitut für Risikobewertung. Wir schaffen auchmehr Transparenz und Information, indem wir das Stif-tungskapital der Stiftung Warentest erhöhen, KollegeSchwanitz. Wenn wir sagen, dass wir eine unabhängigeInstitution wollen, die den Finger in die Wunde legt,dann müssen wir sie auch unabhängig machen. Aus die-sem Grund haben wir das Stiftungskapital erhöht. Dasssie danach nicht länger am Tropf des Staates hängen soll,war abgemacht. Das war das Ziel. Wir verfolgen strin-gent diesen Weg. Ich bin mir sicher, dass er in anderenBereichen genauso richtig wäre.
Nur ein informierter Verbraucher kann seine Rechtewahrnehmen. Ich bin mir sicher, dass wir die richtigenEckpunkte setzen, auch ohne dass es viel Geld kostet.Das haben wir bereits bewiesen, auch wenn es der Oppo-sition vielleicht wehtut, dass die christlich-liberale Ko-alition bei diesem Thema nicht streitet, sondern an ei-nem Strang zieht.
Wir haben klar gezeigt, wo der Hase läuft.
Bezüglich der Abzocke mit den Telefonwarteschlei-fen möchte ich das, was Kollege Bleser gesagt hat, er-gänzen: Wir werden verhindern, dass in Zukunft weitermit Telefonwarteschleifen abgezockt wird. Die Antwortauf die Frage der Kollegin Wolff, die uns leider schon ver-lassen hat – ich hätte ihr die Antwort gerne gegeben –, istganz einfach: Wir machen das, indem wir das Telekom-mwpseldRumzmhdwdWn2dmdddilbgDHMVSzSeVdbKg
ier müssen wir herausgehen. Dann wird auch diesearktverzerrung abgebaut werden.
Sie sehen, die christlich-liberale Koalition bringt denerbraucherschutz voran. Wir machen das mit mehrchutz, mit mehr Rechten, ohne den Verbraucher dabeiu bevormunden oder mit Bürokratie zu überfrachten.ie sehen also: Christlich-liberale Verbraucherpolitik istffiziente Verbraucherpolitik.
on daher freue ich mich auf die Debatten mit Ihnen inen Ausschüssen und auf den Kampf um die beste Ver-raucherpolitik für Deutschland, für die uns so wichtigelientel, die Verbraucher, die uns allen am Herzen lie-en sollten.Vielen Dank, meine Damen und Herren.
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Zu einer Kurzintervention erteile ich das Wort dem
Kollegen Ulrich Kelber von der SPD-Fraktion.
Man muss als Redner aufpassen, wenn man aus Ba-
den-Württemberg kommt und versucht, Geschichtsklit-
terung über Nordrhein-Westfalen zu machen. Sie haben
ja von einigen Ihrer Kollegen die Aussage abgeschrie-
ben, die böse rot-grüne Minderheitsregierung in Nord-
rhein-Westfalen würde das Gegenteil von Sparen, würde
neue Schulden machen. Seien Sie doch so freundlich,
wenn Sie das öffentlich im Plenum sagen, jetzt in Ihrer
Erwiderung auf meine Kurzintervention ein Beispiel aus
dem Nachtragshaushalt 2010 zu nennen, der auf eine Ini-
tiative von Rot-Grün zurückgeht und nicht die Finanzie-
rung von Projekten ist, die die schwarz-gelbe Landesre-
gierung begonnen hat, für die sie aber nicht genug Geld
in den Haushalt eingestellt hat, zum Beispiel die Sanie-
rung der WestLB. Ein Beispiel reicht mir. Haben Sie ei-
nes?
Zur Erwiderung, Herr Schweickert.
Herr Kollege, ich finde es schon interessant, dass Sie
sich als Mitglied einer Partei, die sich nicht innerhalb
weniger Wochen, sondern innerhalb weniger Tage aus
der Regierungsverantwortung verabschiedet hat und mit
alledem, was sie vorher beschlossen hat, nichts mehr zu
tun haben wollte,
hier hinstellen und sagen, wie es in dem Einzelplan eines
Landes aussieht. Kommen Sie her, und wir zeigen Ihnen,
was Sie vorgelegt haben und was wir jetzt für Sie ausba-
den müssen. Dann können wir die Diskussion hier im
Bundestag führen. Wir sollten sie aber nicht über das
führen, was im Landtag in Nordrhein-Westfalen in Ein-
zelplänen steht. Das Wichtige ist, dass wir hier im Deut-
schen Bundestag dafür sorgen, dass der Schuldenberg
verringert wird. Hier kann ich damit anfangen. Ich finde
es falsch, dass im Land Nordrhein-Westfalen der andere
Weg gegangen wird.
Entschuldigen Sie. – Das Wort hat jetzt – –
Das Wort hat jetzt die Kollegin Caren Lay von der
raktion Die Linke.
Das Wort hat jetzt die Kollegin Lay. Bitte schön.
Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr verehrtenamen und Herren! Den überaus geringen Stellenwert,en die Verbraucherpolitik bei der Koalition hat, kön-en wir sehr schön an dieser Debatte ablesen.
er Kollege Bleser von der CDU/CSU-Fraktion sprichteun Minuten zur Landwirtschaft und sagt dann, nach-em die Redezeit abgelaufen ist, zur Verbraucherpolitikoch wenige Sätze.
Ich bin sehr gespannt, ob noch etwas nachkommt. Dasäre ja auch notwendig, auch beim Haushalt.
Dieser Ansatz hat sich beim Haushalt – über diesenprechen wir heute – durchgesetzt. Von dem Gesamtvo-umen, das wir im Haushalt dieses Ministeriums haben,ind gerade einmal 3 Prozent für die Verbraucherpolitikorgesehen.
enn wir berücksichtigen, dass ein Großteil der Mittelm Grunde für Bundeseinrichtungen fest gebunden ist,ann bleibt gerade einmal 1 Prozent übrig, das für dienmittelbare Verbraucherarbeit ausgegeben werdenann.
Die FDP hat sich offensichtlich zum Ziel gesetzt: Ver-raucherpolitik ist gut, darf aber nichts kosten. Sie ist
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6020 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010
Caren Lay
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dann effektiv, wenn die Mittel dafür besonders geringsind.
– So habe ich Sie verstanden. – Damit haben Sie sich imPrinzip durchgesetzt; denn es bleiben gerade einmalschlappe 50 Millionen Euro für verbraucherpolitischeMaßnahmen und die Förderung der Verbraucherorgani-sationen. 50 Millionen Euro stehen in gar keinem Ver-hältnis zu den Milliarden, die Sie ganz schnell lockerma-chen können, wenn es darum geht, Bürgschaften zurBankenrettung auszusprechen.
Ich sage Ihnen ganz klar: Das ist ein Missverhältnis. Daswollen wir angehen. Das können wir als Linke so auchnicht stehen lassen. Jeder Euro, den Sie an der falschenStelle sparen, müssen die Verbraucherinnen und Ver-braucher in Milliardenhöhe bezahlen.Die Verbraucherinnen und Verbraucher verlieren proJahr 20 bis 30 Milliarden Euro alleine durch Falschbera-tung in der Geldanlage. Das sollte für uns Anlass sein,endlich für eine bessere Finanzberatung einzutreten. Wirals Linke fordern seit langem Mittel für den Ausbau derfinanziellen Verbraucherberatung. Das ist in der Tatnotwendig, und das wäre auch gut eingesetztes Geld.
Frau Ministerin Aigner, ich muss Ihnen leider sagen:Ihren Ruf als Ankündigungsministerin werden Sie mitdieser Rede und auch mit diesem Haushalt leider nichtloswerden.
Die Frage ist, wann Ihren ganzen Ankündigungen, Ih-ren ganzen Sprechblasen nun endlich Taten folgen wer-den. Sie wollten beispielsweise die Bundesanstalt fürFinanzdienstleistungsaufsicht zur Verbraucherschutzbe-hörde ausbauen.
Damit haben Sie sogar Wahlkampf gemacht. Das ist üb-rigens eine Forderung, der wir uns als Linke anschließenkönnen. Es müsste aber irgendwann auch etwas darauswerden. Zwei Jahre nach der Lehman-Pleite kann mandoch wohl erwarten, dass endlich die Finanzmärkte imInteresse der Verbraucherinnen und Verbraucher regu-liert werden.Ein anderes Beispiel. Sie wollten durch die Verhän-gung von Kartellstrafen vereinnahmte Mittel für denAufbau einer Stiftung für Verbraucherarbeit verwenden.Im März stimmte jedoch im Haushaltsausschuss Ihre ei-gene Partei dagegen. Da fragt man sich natürlich, ob dieKolleginnen und Kollegen der CDU die Pressemitteilun-gen der eigenen Ministerin lesen. Ansonsten könnte mansich nämlich diesen Widerspruch in der Tat nicht erklä-ren.
smesVrlrLPKtGinvlBldhhIEt–hhijuVWntunAFkagbldh
Die Expertinnen und Experten sind dafür. Auch dieinderärzte haben sich dafür ausgesprochen. Die Indus-rie möchte das aber nicht. Deswegen macht es Schwarz-elb nicht.Nehmen wir als ein weiteres Beispiel das Verbraucher-formationsgesetz. Auch in diesem Fall liegt ein Miss-erhältnis vor. Dieses Gesetz schützt letztendlich an vie-en Stellen eher die Industrie vor den Nachfragen derürgerinnen und Bürger, als dass es Nachfragen ermög-icht. Ich bin sehr gespannt, wann Sie einen entsprechen-en Gesetzentwurf hierzu vorlegen und ob Sie den Mutaben, das endlich umzukehren. Die Vorlage des Haus-alts hätte die Möglichkeit geboten, eine entsprechendenformationskampagne durchzuführen.Medienpräsenz allein macht noch keine gute Politik.s wäre wichtig gewesen, auch die Themen, Frau Minis-erin, die Ihnen offensichtlich am Herzen liegenGoogle Street View, Facebook etc. –, in diesem Haus-alt zu verankern. Ein entsprechender Gesetzentwurfierzu ist notwendig. Wenn man sich das nicht traut, sost zumindest eine Aufklärungskampagne geboten, damitunge und alte Internetnutzer lernen können, wie sie sichnd ihre Daten bei Facebook und Co. schützen können.Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss.erbraucherpolitik können wir nicht nur im Interesse derohlhabenden machen. Wir sollten insbesondere dieje-igen in den Blick nehmen, die sich keinen Anwalt leis-en können und für die beispielsweise eine unabhängigend kostenfreie Beratung viel wert ist.
Wenn jeder Haushalt nur ein einziges Mal eine fi-anzpolitische Beratung in den Verbraucherzentralen innspruch nehmen wollte, würde es nach der bisherigeninanzausstattung 30 Jahre dauern, bis er an die Reiheommt. Das ist eine Situation, die wir nicht längerkzeptieren können. In diesem Bereich müssen wir drin-end nachbessern. Wir brauchen mehr Geld für die Ver-raucherpolitik und insbesondere auch für den finanziel-en Verbraucherschutz. Das werden wir im Ausschussiskutieren. Ich bin sehr gespannt, wie Sie sich dazu ver-alten werden.Vielen Dank.
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Das Wort hat jetzt die Kollegin Nicole Maisch von
den Grünen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der
Haushalt 2011 bietet in Sachen Verbraucherschutz leider
wenig Neues. Wie schon in den vergangenen Jahren ver-
harren die Mittel auf niedrigem Niveau. Wenn man sich
den Gesamtetat von über 5 Milliarden Euro anschaut,
dann muss man sagen: 150 Millionen Euro für die Ver-
braucherarbeit sind doch recht wenig.
Während im Landwirtschaftsbereich genug Mittel für
Wohltaten zugunsten der konventionellen Agrarlobby
vorhanden sind,
hinkt die Verbraucherpolitik insbesondere beim wichti-
gen wirtschaftlichen Verbraucherschutz immer noch
hinterher. Dabei besteht gerade hier großer Handlungs-
bedarf. Herr Schweickert hat darauf hingewiesen: Auf
den Finanzmärkten werden die Kunden immer noch ab-
gezockt. Mit überhöhten Dispozinsen, mit unpassenden
Finanzprodukten, mit überhöhten EC-Karten-Abhebege-
bühren werden sie über den Tisch gezogen. Wir finden,
dass hier dringend Maßnahmen notwendig sind.
Trotzdem sind für diesen Bereich des Verbraucherschut-
zes nur 5,1 Millionen Euro in den Haushalt eingestellt.
Ich will Ihnen ein Beispiel nennen, das besonders deut-
lich zeigt, wie das Missverhältnis zwischen Lobbybedie-
nung und Verbraucherarbeit ist. Der Bereich Finanzdienst-
leistungen ist Ihnen 200 000 Euro wert, die Ausrichtung
der Welt-Schweinefleisch-Konferenz 400 000 Euro. Ich
finde, wem die Wohlfahrt des deutschen Koteletts so viel
wert ist, der sollte auch bei den Anlegerinnen und Anle-
gern etwas zubuttern.
Im Ernährungsbereich fördern Sie eine Reihe teurer
Programme. Einige davon sind sicher sinnvoll. Aber wir
fordern schon seit langer Zeit auch ein Bundesprogramm
zur finanziellen Verbraucherbildung.
Genauso wie im letzten Jahr stagnieren die Mittel für
die Förderung des nachhaltigen Konsums. Gerade noch
eine halbe Million Euro ist Ihnen dieses Thema wert.
Unter Rot-Grün waren es noch 2,75 Millionen Euro.
In der Umweltdebatte haben wir vorhin sehr viel von
Nachhaltigkeit gehört. Ohne die Nachfragemacht der
Verbraucherinnen und Verbraucher werden die Märkte
nicht ökologischer und gerechter. Ohne die Konsumenten
können Sie jede Nachhaltigkeitsstrategie von politi-
s
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ber dafür braucht man die notwendigen Mittel im
aushalt und auch Leidenschaft für das Thema. Bei Ih-
en bleibt neben dem zusammengestrichenen Haushalts-
itel leider nur die Überschrift. Unter dieser Überschrift
teht nämlich kein einziges Projekt, keine einzige Kam-
agne.
Zur Ausstattung der Verbraucherarbeit. Hier vermis-
en wir zum Beispiel eine Erhöhung der Mittel für die
erbrauchervertretungen auf europäischer Ebene. Wir
enken, dass das meiste bzw. sehr viel von dem, was wir
n Deutschland an Verbraucherpolitik machen, auf euro-
äischer Ebene vorbestimmt oder mitbestimmt wird.
eshalb ist es wichtig, dass die deutschen Verbraucher
uch auf europäischer Ebene präsent sind.
Meine Damen und Herren, viele Probleme im Ver-
raucherschutz lassen sich ohne Geld lösen, durch ver-
ünftige Regulierungen und durch hartes Durchgreifen
egenüber schwarzen Schafen. Aber dazu müssten Sie
hren Ankündigungen auch Taten folgen lassen. Presse-
itteilungen sind zwar preisgünstig, aber keine beson-
ers effektiven Mittel des Verbraucherschutzes.
Man muss auch wissen: Aufklärung, Information und
eratungsangebote gibt es nicht zum Nulltarif. In den
aushaltsberatungen können Sie jetzt zeigen, dass Sie
ehr können, als Lobbyinteressen zu bedienen, und dass
hnen auch gut funktionierende Märkte und starke Ver-
raucherinnen und Verbraucher wichtig sind.
Das Wort hat jetzt die Kollegin Julia Klöckner von
er CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Verehrte Ministerin! Kollege Gerdüller! Liebe Kolleginnen und Kollegen und alle, diens heute zuschauen und Gäste sind! Es ist sehr einfach,eld auszugeben. Deshalb macht die Opposition nurorschläge, wie man Geld ausgeben kann.
s ist schwieriger – hier geht es auch darum, wer die Re-ierungsverantwortung hat –, Geld einzusparen und ein
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6022 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010
Julia Klöckner
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solides Konzept vorzulegen; denn es geht um die Zu-kunft.
Es geht nicht nur um unsere Zukunft, sondern es gehtauch um die Zukunft unserer Kinder und um die Nach-haltigkeit unseres Landes. Das kann man letztlich auchals Schöpfungsbewahrung oder Landbewirtschaftungbezeichnen.Ich wundere mich sehr, liebe Frau Lay, dass Sie demKollegen Bleser vorgeworfen haben, seine Rede sei un-ausgewogen gewesen und er habe nur über Landwirt-schaft und nicht über Verbraucherschutz geredet. Er zu-mindest hat über Verbraucherschutz geredet. Aber Siehaben nicht ein einziges Wort zum Thema Landwirt-schaft gesagt. Ihnen sind die Bauern in Deutschlandnämlich gar nichts wert.
Ich möchte die vielen redlich wirtschaftenden Land-wirte, Bauern und Winzer vor diesen pauschalen Be-schimpfungen der Opposition in Schutz nehmen, wo-nach das alles eine geldgierige Agrarlobby sei. Wir sindan der Seite der bäuerlichen Landwirtschaft, das heißtredlich wirtschaftender Familien in verschiedenen Re-gionen in Deutschland. Sie sind für unsere Kulturland-schaft zuständig.
Ich lasse nicht zu, dass diejenigen, die nicht IhremBild oder Ihren Lobbyinteressen entsprechen, hier be-schimpft werden. Sie sorgen für unsere täglichen Nah-rungsmittel, für gesunde Nahrungsmittel und für eineverlässliche Produktion. Sie haben die Unterstützung derCDU, der CSU und der FDP auf ihrer Seite – auch in Zu-kunft. Das heißt Nachhaltigkeit.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich ei-nes noch einmal verdeutlichen: Es geht in solchen De-batten natürlich immer heiß her. Es ist klar, dass Opposi-tion und Koalition unterschiedliche Standpunkte haben,aber man sollte schon zumindest bei den Fakten bleiben,wenn man Zwischenrufe macht oder versucht, die Re-gierung zu attackieren. Ich helfe Ihnen ja auch gerne undnenne noch einmal zwei, drei Punkte.Stichwort GAK-Mittel. Von der SPD wurde hiermehrfach kritisiert, dass die GAK-Mittel gekürzt wür-den. Jetzt schaue ich mir das kurz an und frage mich,warum Rot-Rot in Brandenburg über 20 Millionen Euroan GAK-Mitteln nicht abgerufen hat.
Es scheint denen auch nicht wehzutun.Als Nächstes schaue ich mir Rot-Grün an. Der Kol-lege von den Grünen sagte uns gerade, wir würden dasGanze dramatisch auf 600 Millionen Euro kürzen. IchhwSndwhZLsbdvHAbRHspsHd„ganbgSwag–VtlDT
uperministerin Frau Künast. Sie hat das Ganze ohne Fi-anzkrise auf 615 Millionen Euro gekürzt. Wir habenas danach sofort erhöht. Dafür haben wir keine Glück-unschschreiben von Ihnen bekommen. Sie suchen sichalt nur das heraus, was Sie gerade brauchen.
ur Ehrlichkeit gehört dazu, zu sagen: Wir haben dieandwirtschaft und den ländlichen Raum erst wieder ge-tärkt. Er wurde unter Rot-Grün ausgetrocknet.
Lassen Sie mich noch eines sagen: Auch beim Themaiologische Vielfalt wurden wir hier kritisiert. Ich greifeas deshalb auf, weil das auch ein Schlag ins Gesicht derielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei uns imaus, im BMELV, ist. Sie arbeiten redlich und mit gutennsätzen, guten Ideen und guten Ergebnissen. Wenn Sieehaupten, die biologische Vielfalt würde bei uns keineolle spielen, dann schauen Sie bitte einmal in denaushaltsplan. Weil wir hier vorangehen und Vorbildind, haben wir über 2 Millionen Euro für ein Modell-rojekt ausgegeben, das andere Länder kopieren, weil eso gut ist.Wir sind für die biologische Vielfalt. Wir in unseremaus und CDU, CSU und auch FDP legen Wert darauf,ass bei den Themen „Bewahrung der Schöpfung“ undBiopatente“ ganz klar ist: Die Natur, die Schöpfung,ehört allen Menschen, Tieren und Pflanzen. – Auf diesechten wir, sodass Biopatente auf europäischer Ebeneicht für Individualinteressen verramscht und verscher-elt werden. Dazu habe ich von Ihnen kein einziges Wortehört.
Zum Thema Telefonwerbung. Die Kollegin von derPD hat einige Zwischenrufe gemacht. Ich weiß, es tuteh. Deshalb sind gerade von der SPD – und übrigensuch von den Grünen – viele über dieses Thema hinweg-ehuscht.
Herr Kelber, das ist nicht ganz gut für den Blutdruck.ielleicht ärgert es Sie noch immer, dass Sie kein Minis-er in Nordrhein-Westfalen geworden sind; in Rhein-and-Pfalz werden Sie es wahrscheinlich auch nicht.
as ärgert ihn wahrscheinlich, und deshalb bekommt eremperatur, wenn es um NRW geht.Lieber Herr Kelber, Sie selber waren mit dabei,
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010 6023
Julia Klöckner
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und viele andere waren auch mit dabei.
Sie und ich wissen, dass die Bestätigungslösung hin-sichtlich der Telefonwerbung damals an Ihrer Ministe-rin, Frau Zypries, gescheitert ist, und zwar mit dem ba-nalen Argument, sonst müsse sie ja, wenn sie sich einePizza bestellt, vorher schriftlich unterschreiben.
Es war die SPD, die das verhindert hat, und Sie selbstwissen auch: Die Telekom sitzt bei Frau Zypries inDarmstadt, und das war nicht ganz hilfreich, weil die Te-lekom gegen eine Bestätigungslösung war. Auch das ge-hört zur Wahrheit. Wir setzen uns für saubere Telefoneein.
Erlauben Sie eine Zwischenfrage des Kollegen
Kelber?
Ja, auch wenn das wahrscheinlich eher ein Zwischen-
schrei wird, aber bitte.
Machen wir doch eine kurze Frage und eine kurze
Antwort: Können Sie bestätigen, dass der Wirtschafts-
flügel der CDU jede Form einer Bestätigungslösung ab-
gelehnt hat und Sie damit zu mir gekommen sind?
Das kann ich nicht bestätigen. Ich kann Ihnen aller-
dings bestätigen, dass Ihre Ministerin, Frau Zypries, als
ich zusammen mit Frau Aigner und dem agrarpolitischen
Sprecher, Herrn Bleser, bei ihr war, ganz klar gesagt hat,
sie mache es nicht. Das kann ich Ihnen bestätigen.
– Ich habe Ihnen gerade eine Antwort zu Ihrer Partei ge-
geben.
Lassen Sie mich noch auf zwei, drei Aspekte einge-
hen, die für die Verbraucherinnen und Verbraucher wich-
tig sind: In den Supermarktregalen in Stadt und Land
gibt es eine große Auswahl. Die Herausforderung ist
aber, dass wir Verbraucherinnen und Verbraucher bei ih-
rer Auswahl und bei der Möglichkeit begleiten, sich sou-
verän zu verhalten. Deshalb werden wir – lassen Sie
mich das abschließend sagen – ganz klar beim Daten-
schutz, bei der Verbraucherbildung und bei der Souverä-
nität Flagge zeigen, wenn es darum geht, Verträge abzu-
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ir haben Pflegeheime auf der Internetseite www.heim
erzeichnis.de nach Lebensqualität bewertet. Uns geht
s nicht darum, populistische Forderungen zu stellen,
ondern wir wollen das Leben lebenswert machen und
en Bürgerinnen und Bürgern nicht Angst machen, sie
ürden ständig vergiftet oder über den Tisch gezogen.
ie Mehrheit der Deutschen lebt gerne in unserem Land.
ieses Gefühl will ich ihnen nicht nehmen. Ich will eine
lächendeckende Landwirtschaft.
Frau Klöckner, bitte kommen Sie zum Schluss.
Ich möchte zufriedene, souveräne Verbraucherinnen
nd Verbraucher und keine Hetze der Opposition.
Frau Klöckner.
Deshalb bin ich sehr dankbar, dass wir das gemein-
am geschafft haben.
Das Wort hat die Kollegin Elvira Drobinski-Weiß von
er SPD-Fraktion.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen undollegen! Ich meine, das Wahlkampfgetöse sollten wiretzt beiseiteschieben und wieder sachlicher werden.In der letzten Woche hat der Bioökonomierat seinutachten zur künftigen Agrarforschung vorgelegt.
Nein, der war noch nicht dran. – Es soll die Grundlageilden für eine neue Forschungsstrategie der Bundesre-ierung. Es ist abzusehen, dass sowohl das BMBF alsuch Frau Ministerin Aigner in Zukunft noch mehr Geld Sie werden es ahnen – in die Gentechnik stecken wol-en.
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6024 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010
Elvira Drobinski-Weiß
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Hunger und Klimawandel sind keine rein technologi-schen Probleme, sondern haben mit vielen verschiede-nen Faktoren zu tun, nämlich mit der Verteilungsunge-rechtigkeit, mit dem verschwenderischen Umgang mitnatürlichen Ressourcen, mit dem Lebensstil in den In-dustrienationen und mit Landnutzungskonflikten.Wir fordern die Bundesregierung auf, sich endlichvon rein technologiefixierten Ansätzen zu verabschiedenund Forschung und Förderung auf Lösungen auszurich-ten. Wir fordern stattdessen die Bereitstellung von Mit-teln für die Fortführung des Weltagrarberichts.
Ich weiß, dass das hier etlichen nicht passt, dennoch for-dere ich es; denn gerade der Weltagrarbericht sucht aufbreiter gesellschaftlicher Basis unter Einbeziehung derBetroffenen in einem transparenten und nicht an der Ge-winnoptimierung Einzelner orientierten Prozess nachLösungen.Noch einmal zur Agrogentechnik. Frau Aigner, wirfordern, dass die zugesagte Informationskampagne zurOhne-Gentechnik-Kennzeichnung endlich realisiert wirdund die entsprechenden Mittel bereitgestellt werden.
Immer wieder betreiben gerade auch die Mitglieder derKoalitionsfraktionen gezielte Desinformation. Die Bun-desregierung steht hier im Wort und in der Verantwor-tung.
In den nächsten Jahren wird die Bundesregierung dieAusgaben für Forschung und Bildung stark ausweiten.In 2012 sollen hierfür zusätzlich 22 Millionen Euro imEinzelplan 10 ausgegeben werden. Das hört sich gut an.Wir, die SPD, wollen, dass auch die Verbraucherpolitikdavon profitiert. Wir fordern ein Gesamtkonzept – ichbetone: ein Gesamtkonzept – zum Ausbau der modernenverbraucherbezogenen Forschung. Neue wissenschaftli-che Ansätze in der Verhaltensökonomik sollten aufge-griffen werden. Es sollte systematisch erforscht werden,wie das tatsächliche Verhalten von Verbrauchern durchgesetzliche Regelungen beeinflusst wird.
Denn durch die Liberalisierung von Märkten, den tech-nologischen Fortschritt und eine zunehmende Innova-tionsgeschwindigkeit hat sich die Verbraucherwelt starkverändert. Die Wahlmöglichkeiten haben zugenommen.Gleichzeitig sind Tarifstrukturen und Angebotsbedin-gungen komplexer und schier unüberschaubar gewor-den. Möglicherweise versteht das der Herr KollegeBleser nicht; deswegen muss er quatschen. Ich will esihm gerne in einem Privatissimum erklären.
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ie sind von dem vielfältigen Angebot überfordert undreffen aus dieser Überforderung heraus auch oft gareine Entscheidungen, zum Beispiel wenn es darumeht, ausreichend für ihr Alter vorzusorgen.Die Verbraucherpolitik der Bundesregierung ist nichtn der Realität der Verbraucher ausgerichtet, auch wennas heute schon mehrfach gesagt wurde. Sie reagiert aufrobleme wie die Marktstörungen im Bereich der Geld-nlage meist nur mit zusätzlichen Informationsangebo-en. Aber sind die zur Verfügung gestellten Informa-ionen überhaupt verständlich? Verstehen das dieerbraucherinnen und Verbraucher? Haben sie die Zeit,ie Informationsflut zu verarbeiten? Woran orientierenich Verbraucherinnen und Verbraucher bei ihren Ent-cheidungen tatsächlich? Bisher bleiben solche Fragenei den Vorhaben der Bundesregierung völlig unberück-ichtigt.Wenn sich Informationspflichten nicht an den Bedürf-issen der Verbraucher orientieren, wird die Wirtschaftöglicherweise mit Verpflichtungen belastet, die Ver-rauchern gar nicht helfen. Wenn aber die Nachfrage-eite in einer Volkswirtschaft nicht funktioniert, kannas ganze System Schaden nehmen. Die Finanzkrise, diem Kern mit einer unverantwortlichen Kreditvergabe anS-Verbraucher begonnen hat, hat das deutlich gezeigt.Die SPD fordert daher den Ausbau der verbrau-herbezogenen Forschung. Unsere Fraktion hat dazuereits im Juli einen Antrag verabschiedet. Wenn wirute Gesetze machen wollen, brauchen wir mehr empiri-ches Wissen über das tatsächliche Verhalten der Ver-raucher. Die Verhaltensökonomie hat gezeigt, dass sieierzu einen Beitrag leisten kann. Wir fordern die Ein-ührung eines wissenschaftsbasierten Verbraucherchecksei der Gesetzgebung. Davon würden nicht nur Verbrau-her profitieren, sondern auch Regulierungen würdennsgesamt effektiver werden.
Wir wollen Informationen und Kennzeichnungen, dielltagstauglich sind und Verbrauchern wirklich nutzen.ir wollen zum Beispiel die Smiley-Kennzeichnungür Gastronomie und Lebensmittelbetriebe, die Ver-raucher auf einen Blick und vor Ort zeigen, wo Hy-iene stattfindet und wo nicht.
ei CDU/CSU stieß dies bisher auf taube Ohren. Nun si-nalisieren einige Offenheit,
nd Frau Ministerin Aigner kündigt in den Medien an,ass sie sich für eine Smiley-Kennzeichnung einsetzenill. Wir sind da misstrauisch. Zu oft haben wir Frau
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010 6025
Elvira Drobinski-Weiß
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Ministerin Aigner als Ankündigungsministerin erlebt:viel versprochen, nichts erreicht.Wo sind die Mittel für die Deutsche Stiftung Ver-braucherschutz? Danach wurde heute schon einmal ge-fragt. Angekündigt hatte Frau Aigner hierfür die Ver-wendung von Kartellbußgeldern; Kollege Schwanitz hatdarauf hingewiesen. Wir fordern Finanzmittel für dieStiftung und für einen Marktwächter Finanzen.Ein anderes Beispiel ist die Stiftung Warentest. FrauAigner lässt sich für zusätzliches Stiftungskapital feiern;auch darauf hat Herr Schwanitz hingewiesen. Tatsäch-lich stehen der Stiftung aber in diesem Haushaltsjahr realweniger Mittel zur Verfügung.Eine schwache Leistung sind auch die Beipackzettelfür Finanzprodukte. Ein verbindliches Muster, das dieAngebote unterschiedlicher Kreditinstitute für den Ver-braucher vergleichbar macht, fehlt.Zum Schutz von Verbraucherdaten hatte FrauAigner vor der Sommerpause ein Eckpunktepapier ange-kündigt. Leider Fehlanzeige, da von Minister de Maizièreausgebremst.Den Referentenentwurf zum Telekommunika-tionsgesetz hatte Frau Aigner wiederum bis zur Som-merpause angekündigt; das scheint ein beliebter Zeit-punkt zu sein. – Ich komme zum Schluss, HerrPräsident. – Warteschleifen endlich kostenlos und einePreisansagepflicht bei Call-by-call-Anrufen, aber wannbitte kommt der Entwurf? Vielleicht zur nächsten Som-merpause?Genug der Beispiele! Genug des Wartens! Wir for-dern Taten statt Worte.Vielen Dank.
Jetzt hat das Wort der Kollege Rainer Erdel von der
FDP-Fraktion.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau
Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor knapp
einem Jahr haben wir über den Haushalt 2010 beraten.
Damals hatten wir ganz andere Ausgangsvoraussetzun-
gen. Wir waren damit befasst, über eine Krise hinwegzu-
kommen. Deswegen haben wir damals das Sofortpro-
gramm „Landwirtschaft“ beschlossen. Es hat Wirkung
gezeigt.
Heute stehen wir vor einer anderen Herausforderung.
Heute sind wir gefordert, den Haushalt zu konsolidieren
und zu sparen. Ich bedanke mich ganz besonders bei
Ihnen, Frau Ministerin, für den Entwurf des Einzel-
plans 10; denn Ihnen ist es gelungen, ein intelligente Lö-
sung zu entwickeln, aufbauend auf dem Spardruck. Sie
ist sozial ausgewogen, richtungsweisend – ich verweise
nur auf die Mittel für Bildung, Innovation und For-
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ondern die Biomasse. Da sie zum landwirtschaftlichen
ereich gehört, fordern wir liberale Agrarpolitiker einen
nteil aus dem Fonds, der nun aufgrund des neuen Atom-
esetzes aus den Erlösen gebildet wird, für die Erfor-
chung und die Förderung der erneuerbaren Energien;
enn mit den nachwachsenden Rohstoffen in der Land-
irtschaft wird es uns gelingen, eine zusätzliche Ein-
ommensmöglichkeit für unsere deutsche Landwirtschaft
u schaffen.
Herr Erdel, kommen Sie bitte zum Schluss.
Ja, vielen Dank, Herr Präsident.Heute wurde schon vieles gesagt, nur noch nicht vonedem.
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6026 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010
Rainer Erdel
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Deshalb gebe ich jetzt dem Kollegen Schirmbeck dasWort.
Sie sehen an meinen Äußerungen, dass wir in der Koali-tion sehr eng zusammenarbeiten.Vielen Dank.
Ich erteile dem Kollegen Georg Schirmbeck von der
CDU/CSU-Fraktion das Wort.
Ich will nur den Kollegen Erdel darauf hinweisen,
dass der Präsident das Wort erteilt und nicht der Vorred-
ner.
Bitte schön, Herr Schirmbeck.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-ren! Als Nachhut in der heutigen Debatte habe ich esganz gut. Es kann einem nicht mehr widersprochen wer-den; man kann fast alles behaupten.
Ich finde es gut, dass hier heute so große Tafeln sind.Wir sollten in Zukunft weitere Tafeln hinzufügen. Wennjemand spricht, dann sollten wir immer deutlich machen,welcher Lobbyist oder Oberlobbyist gerade spricht.Wenn Herr Kelber spricht, sollte man auch noch dieEuro-Beträge dazuschreiben.
Ich betrachte mich als Anwalt oder, wenn Sie so wollen,als Lobbyist des ländlichen Raumes, aber ich habe dafürnoch keinen Euro bekommen, auch nicht 100 000 Eurovon der Solarindustrie. Andere hier als Lobbyisten abzu-qualifizieren, selber aber still und heimlich zu kassieren,ist zumindest unredlich. Wenn die FDP und andere im-mer beschimpft werden, dann darf man das in dieseRichtung auch einmal sagen.
Viel nicht vorhandenes Geld auf Kosten zukünftigerGenerationen mit vollen Händen wenig zielgerichtetausgeben, das kann jeder. Das vorhandene Geld zu-kunftsgerichtet für zukünftige Generationen ausgeben,das können nur wenige. Deshalb hat das Volk gesagt:Wir sind die Regierung, und ihr seid die Opposition.
Sie können es nachlesen, oder vielleicht haben Sieauch in Erinnerung, was wir bei der zweiten und drittenBgeGwddkhWnepnmsbbhsmsgADnAwwmWhddldrdomuKus
ber was habe ich da eben gehört? Verehrte Kolleginrobinski-Weiß, Sie sind ja ansonsten eine sehr ange-ehme Frau.
ber welches Menschenbild haben Sie eigentlich? Sieollen den Verbraucher erforschen. Was wollen Sie be-irken? Soll der Bürger bei den unterschiedlichen Infor-ationen, die er hat, selber entscheiden können?
ir haben heute doch nicht zu wenig Informationen. Wiraben eine Informationsflut. Es ist die Pflicht eines je-en Bürgers, sich zu informieren und sich zu entschei-en. Das kann der Staat doch nicht vorgeben. Was wol-en Sie mit diesem Bürger machen?
Meine Damen und Herren, ich glaube, wir sind aufem richtigen Weg, und wir werden uns auch nicht beir-en lassen. Politik fängt im Übrigen dort an, wo wir überie Wirklichkeit reden. Ich habe gesagt, dass ich Abge-rdneter des ländlichen Raums bin. Wenn ich durcheine Dörfer gehe, dann sehe ich blitzblanke Dörfer. Innserem Bereich wird investiert wie niemals vorher; derollege Holzenkamp wird das bestätigen. Dort gibt esnternehmerische Landwirtschaft, und unternehmeri-che Landwirtschaft etwas unternehmen zu lassen und
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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 57. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 14. September 2010 6027
Georg Schirmbeck
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nicht zu gängeln, ist Aufgabe des Deutschen Bundesta-ges.
Frau Ministerin, ich möchte mich ganz herzlich beiIhnen dafür bedanken, dass Sie sich zusammen mit Ih-rem Staatssekretär Dr. Gerd Müller um die Absatzför-derung kümmern. Ich bin der Letzte, der alles nurschwarz oder weiß malt. Ich sehe auch die Schwachstel-len einer gewissen Entwicklung. Wir haben ein Urteildes Bundesverfassungsgerichts, das ich jetzt scharf kriti-sieren könnte, was die Situation aber nicht ändernwürde. Es verbietet zukünftig eine gesetzliche Absatz-förderung. Das heißt, dass für die Absatzförderung deut-chenbekämpfung. Davon spricht hier keiner, aber dasdient der Sicherung der Zukunft jedes einzelnen Be-triebs. Die Arbeit, die dort geleistet wird, ist auch für dieGesundheit unserer Bevölkerung von ganz entscheiden-der Bedeutung.Sie hingegen sprechen von peb, Plattform Ernährungund Bewegung. Jeder weiß, dass man weniger essen undtrinken und sich mehr bewegen soll. Braucht man dafürGeld? Wir müssen dem Bürger sagen, dass wir nicht füralles zuständig sind und dass der Bürger Eigenverant-wortung hat. Wenn er sich vor den Spiegel stellt undMängel bei sich feststellt, dann möge er diese Mängelabstellen.scher Produkte aus Land- und Forstwirtschaft oder demGartenbau – wie immer Sie wollen – keine Mittel mehrzur Verfügung stehen. Eigentlich ist die Wirtschaft auf-gefordert, hier ein eigenes System aufzubauen.Wir stellen aber fest, dass die Egoismen in der Wirt-schaft – die sind einfach vorhanden, und über die mussman sprechen – eine Lösung in nennenswerter Größen-ordnung verhindern. Ich kann an dieser Stelle die Wirt-schaft nur auffordern, ihre Pflicht zu tun und ihrer Ver-antwortung gerecht zu werden. Wenn sie das aber trotzaller Appelle nicht tut, dann müssen wir uns fragen, obwir als Staat nicht eine Gesamtverantwortung haben.Herr Staatssekretär Müller, die Absatzförderung, für dieSie sich persönlich engagieren, ist unterstützenswert.Wir werden diese Unterstützung im Haushalt mit Zahlendokumentieren. Wir müssen diese Absatzförderung ge-gebenenfalls weiter ausbauen. Wenn ein Betrieb ausRussland bei uns 1 000 schwarzbunte Kühe kauft odersonstige Betriebe in der Welt bei uns Nahrungsmittelkaufen, dann kann man davon ausgehen, dass in diesenProdukten eine hohe Wertschöpfung ist. Diese Wert-schöpfung kommt dem ländlichen Raum zugute. Daherist es von zentraler Bedeutung, dass Wirtschaft und Poli-tik in Zukunft für eine neue Absatzförderung sorgen.
Eines ist hier noch nicht angesprochen worden, wo-rüber ich mich wundere. Man darf doch hier auch überDinge sprechen, bei denen wir weltklasse sind. Ichnenne die Lebensmittelkontrolle und die Tiergesund-heitsforschung. Was wir auf der Insel Riems machen,ist absolut klasse. Die ganze Welt staunt über das, waswir dort machen. Dafür nehmen wir 300 Millionen Euroin die Hand. Diese Insel ist quasi der Olymp der Seu-fcRllhkisMdreAKod2(D
Gehen Sie davon aus, dass wir die Mittel für das, wasür den ländlichen Raum notwendig ist, was den ländli-hen Raum zukunftsfähig macht, was im ländlichenaum Wertschöpfung schafft und was das Leben imändlichen Raum lebenswert macht, zur Verfügung stel-en. Wir werden das wenige Geld, das wir zur Verfügungaben, sinnvoll ausgeben. Unsere Aufgabe ist es, zu-unftsfähige Investitionen zu tätigen. Mein lieber Peter,ch bin ganz sicher, dass wir mit Unterstützung der zu-tändigen Leute aus dem Haushaltsausschuss und deministerium in der zweiten und dritten Lesung einen or-entlichen Einzelplan vorlegen werden.Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Her-en, ich entschuldige mich dafür, dass ich Ihre Abendzeittwas gestört habe. Ich wünsche uns allen einen schönenbend, vielleicht auf der Geburtstagsfeier eines FDP-ollegen.Herzlichen Dank.
Das war die letzte Rede zu diesem Einzelplan.
Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-
rdnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
estages auf morgen, Mittwoch, den 15. September
010, 9 Uhr, ein.
Die Sitzung ist geschlossen.