Protokoll:
17015

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 17

  • date_rangeSitzungsnummer: 15

  • date_rangeDatum: 20. Januar 2010

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: None Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 18:36 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 17/15 DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hubertus Heil (Peine) (SPD) . . . . . . . . . . . Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Volker Kauder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Stefan Liebich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Volker Kauder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Frank-Walter Steinmeier (SPD) . . . . . . . . Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) (CDU/CSU) Hubertus Heil (Peine) (SPD) . . . . . . . . . . . . . Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) (CDU/CSU) Brigitte Zypries (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bernd Neumann, Staatsminister bei der Dr. Angelica Schwall-Düren (SPD) . . . . . . . . Thomas Silberhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Alexander Ulrich (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Gunther Krichbaum (CDU/CSU) . . . . . . . . . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Katrin Werner (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Einzelplan 14 Bundesministerium der Verteidigung . . . . Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg, 1267 D 1268 C 1270 B 1273 D 1277 B 1277 C 1278 A 1284 B 1287 B 1287 C 1287 D 1305 D 1307 D 000 A1309 C 1311 A 1312 A 1313 B 1314 B 1315 A Deutscher B Stenografisch 15. Sitz Berlin, Mittwoch, den I n h a l Tagesordnungspunkt 2 (Fortsetzung): Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2010 (Haushaltsge- setz 2010) (Drucksache 17/200) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einzelplan 04 Bundeskanzleramt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anton Schaaf (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Angela Merkel, Bundeskanzlerin . . . . . . . Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Birgit Homburger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ R A E A D D D M D D 1249 A 1249 B 1249 B 1250 D 1259 D 1264 B Bundeskanzlerin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE) . . . . . . 1289 A 1290 A undestag er Bericht ung 20. Januar 2010 t : einer Deutschmann (FDP) . . . . . . . . . . . . . . gnes Krumwiede (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . inzelplan 05 uswärtiges Amt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Guido Westerwelle, Bundesminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Rolf Mützenich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . r. Andreas Schockenhoff (CDU/CSU) . . . . ichael Leutert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . r. Frithjof Schmidt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Rainer Stinner (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . 1291 A 1292 B 1293 B 1293 B 1296 D 1299 B 1301 C 1302 C 1303 D Bundesminister BMVg . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Hans-Peter Bartels (SPD) . . . . . . . . . . . . 1315 A 1317 D II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 15. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. Januar 2010 Dr. h. c. Jürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . . . . Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE) . . . . . . . . . Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. h. c. Jürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bernhard Brinkmann (Hildesheim) (SPD) . . . Elke Hoff (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ullrich Meßmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus-Peter Willsch (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Einzelplan 23 Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung . . . . . . Dirk Niebel, Bundesminister BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Bärbel Kofler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Hartwig Fischer (Göttingen) (CDU/CSU) Holger Haibach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. h. c. Jürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . . . Dr. Sascha Raabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Lothar Binding (Heidelberg) (SPD) . . . . . . . . Dr. h. c. Jürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . Dagmar Wöhrl (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Dr. Barbara Hendricks (SPD) . . . . . . . . . . Niema Movassat (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Volkmar Klein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Sascha Raabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Barbara Hendricks (SPD) . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 1319 A 1320 C 1322 C 1323 C 1324 D 1326 D 1328 A 1329 C 1330 D 1332 A 1332 A 1333 C 1334 B 1335 C 1338 A 1339 B 1341 B 1342 C 1343 D 1345 B 1346 A 1346 B 1348 B 1349 C 1351 B 1352 A 1352 D 1351 A Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 15. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. Januar 2010 1249 (A) ) (B) ) 15. Sitz Berlin, Mittwoch, den Beginn: 9.0
  • folderAnlagen
    Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 15. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. Januar 2010 1353 (A) (C) (B) (D) Anlage zum Stenografischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bellmann, Veronika CDU/CSU 20.01.2010 Buschmann, Marco FDP 20.01.2010 Edathy, Sebastian SPD 20.01.2010 Ernst, Klaus DIE LINKE 20.01.2010 Dr. Fuchs, Michael CDU/CSU 20.01.2010 Günther (Plauen), Joachim FDP 20.01.2010 Jelpke, Ulla DIE LINKE 20.01.2010 L N V Z Z afontaine, Oskar DIE LINKE 20.01.2010 ešković, Wolfgang DIE LINKE 20.01.2010 ogel (Kleinsaara), Volkmar CDU/CSU 20.01.2010 apf, Uta SPD 20.01.2010 immermann, Sabine DIE LINKE 20.01.2010 15. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 20. Januar 2010 Inhalt: Redetext Anlage zum Stenografischen Bericht Anlage
Gesamtes Protokol
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1701500000

Die Sitzung ist eröffnet.

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir
setzen unsere Haushaltsberatungen – Tagesordnungs-
punkt 2 – fort:

Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die
Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das
Haushaltsjahr 2010

(Haushaltsgesetz 2010)


– Drucksache 17/200 –
Überweisungsvorschlag:
Haushaltsausschuss

Für die heutigen Beratungen haben wir gestern eine
Redezeit von achteinhalb Stunden beschlossen.

Wir beginnen mit dem Geschäftsbereich des Bundes-
kanzleramtes, Einzelplan 04.

Ich darf als erstem Redner dem Kollegen Anton
Schaaf für die SPD das Wort erteilen.


(Beifall bei der SPD)



Anton Schaaf (SPD):
Rede ID: ID1701500100


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Redet
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe
Kolleginnen und Kollegen! Gut 100 Tage ist die Bundes-
tagswahl her, knapp 100 Tage, meine Damen und Herren
von der Regierungskoalition, sind Sie im Amt. Für die-
ses Land, um das ganz vorneweg zu sagen, sind die
100 Tage, die Sie im Amt agieren bzw. nicht agieren,
100 verlorene Tage.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, Sie haben gesagt, Sie hät-
ten Koalitionsverhandlungen geführt. Na ja, am Ende
von Koalitionsverhandlungen steht ja ein Erge
eine Perspektive aufgezeigt, die den Mensc
nung und Zuversicht gibt. Ich sage Ihnen etw
ben nur einen Fahrplan für Koalitionsverh

(C (D ung 20. Januar 2010 1 Uhr ereinbart. Sie sind immer noch dabei, Koalitionsverandlungen zu führen. Ich befürchte, bei der Zerstritteneit dieser Koalition wird es noch 100, 200 oder 00 Tage dauern, bis Sie endlich einen Koalitionsvertrag nterschrieben haben. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Was sind die strittigen Punkte? Das Einzige, was im
oment wirklich absehbar ist, ist, dass Sie an Steuer-

enkungen festhalten wollen. Da wäre es ja nun wenigs-
ns redlich oder ehrlich, den Menschen zu sagen, wie
ie diese Steuersenkungen finanzieren wollen. Das, was
ie jetzt an Geschenken an die Reichen verteilt haben,
aben Sie durch Schulden finanziert, in der falschen An-
ahme, sie würden sich refinanzieren. Jeder Ökonom
agt Ihnen, dass das nicht funktioniert. Aber Sie wollen
iese verfehlte Politik der Entlastung der Reichen zulas-
n der Armen weitermachen, weil Sie sich davon Wirt-

chaftsimpulse erwarten. Sie haben jedoch überhaupt
eine Ahnung davon, wie Sie das Ganze gegenfinanzie-
n wollen. Das lässt der Haushalt auch nicht zu, weder
tzt noch in den nächsten Jahren. Sie halten aber trotz-
em daran fest.

ext
Wir sind in der schwersten Krise unseres Landes in
der Nachkriegszeit. Eigentlich erwartet man, dass da Im-
pulse für den Arbeitsmarkt und die Wirtschaft gesetzt
werden. Der Wirtschaftsminister aber setzt keine Im-
pulse, sondern kann nur noch zwei Worte. Auf jede
Frage, die man ihm stellt, lautet die immer gleiche Ant-
wort: Steuern senken! Arbeitslosigkeit? – Steuern sen-
ken! Wirtschaftswachstum? – Steuern senken! Ich be-
fürchte, dass er auch, wenn man ihn nach Afghanistan
fragt, sagt: Steuern senken. Er kann nichts anderes, als
sich selbst auf Steuersenkungen zu begrenzen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


irtschaftspolitik; vielmehr macht es deut-
ser Regierungskoalition gnadenlose Per-
herrscht.
bnis, wird
hen Hoff-
as: Sie ha-
andlungen

Das ist keine W
lich, dass in die
spektivlosigkeit






(A) )



(B) )


Anton Schaaf
Der Wahlkampf der Union war völlig inhaltsleer. Er
beschränkte sich auf eine Person: auf die Bundeskanzle-
rin. Sie haben keine Idee entwickelt, kein Thema besetzt.
So gingen Sie in vermeintliche Koalitionsverhandlungen
und wurden von der FDP marktliberal über den Tisch
gezogen. Genau das ist passiert, meine Damen und Her-
ren. In Ihrem sogenannten Koalitionsvertrag stehen nur
Forderungen der FDP, sonst steht dort nichts.


(Beifall bei der FDP – Lachen bei der SPD – Thomas Oppermann [SPD]: Da freuen sie sich!)


– In der Tat, so ist es.

Frau Bundeskanzlerin, an Ihrer Stelle würde ich noch
einmal sehr gründlich darüber nachdenken, was das zu
bedeuten hat. Sie haben die Kraft verloren, selber Im-
pulse zu setzen. Sie schaffen keine Perspektive für die
Menschen in diesem Land, aber das sehr konsequent.
Diese Konsequenz sieht so aus: Sie sagen den Menschen
in diesem Lande vor der Nordrhein-Westfalen-Wahl
nicht, wie Sie Ihre Steuerpolitik, Ihre Steuersenkungs-
politik, finanzieren wollen. Erst danach werden die so-
zialen Ungerechtigkeiten, die sozialen Grausamkeiten
von Ihnen formuliert. Sie wollen Rüttgers über den
Wahltermin im Mai retten. Das ist die Perspektive der
Koalition. Das sind weitere 100 verlorene Tage in die-
sem Land, in denen wir eigentlich Antworten und Per-
spektiven brauchten. Aber diese Regierung liefert sie
nicht, weil sie Rüttgers vor einer Wahlniederlage schüt-
zen will. Ich sage Ihnen: Das wird Ihnen nicht gelingen!


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Gegen wen soll denn der verlieren? Doch nicht gegen die SPD!)


Ich komme ja aus Nordrhein-Westfalen, und ich habe
bereits die Blaupause dafür, was Schwarz-Gelb bedeutet:
Da wird links geblinkt; da wird der gnadenlose Sozial-
politiker gegeben, allerdings ohne jede Initiative im
Bundesrat, ohne jede selbstgestaltete Initiative. Ganz im
Gegenteil: Wenn es beispielsweise um Arbeitnehmer-
rechte geht, ist Rüttgers ein Paradebeispiel. Mit der
Amtsübernahme von Schwarz-Gelb in Nordrhein-West-
falen wurden erst einmal das Landespersonalvertre-
tungsgesetz und die Mitbestimmung geschleift. Das ist
die Realität von Rüttgers und übrigens auch Ihre Reali-
tät. Sie werden im Mai dieses Jahres an die Sozialetats
herangehen, weil Sie überhaupt keine andere Wahl ha-
ben, wenn Sie Ihre Versprechen tatsächlich umsetzen
wollen. Das ist die Realität dieser Regierung.

Herr Westerwelle, Sie haben sich ja gestern bei dem
Thema Spenden sehr echauffiert. Es gab die eine oder
andere Forderung aus unseren Reihen, dass Sie die
Spende zurückgeben. Ich bin allerdings der festen Über-
zeugung, dass Sie sich diese Spende aufgrund dessen,
was Sie an Steuersenkungen für Reiche vereinbart ha-
ben, redlich verdient haben, meine Damen und Herren
von der FDP.


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE S c h h W S n E S s k D d n n u W S je m z d n w je fr lu h g m N s d D a u (C (D GRÜNEN – Sigmar Gabriel [SPD]: Dass sie billig sind, wussten wir schon länger!)


ie sind auch ziemlich skrupellos, was die entspre-
hende Benennung angeht.

Herr Koppelin, Sie waren jahrelang dafür zuständig,
ier Sparbücher vorzulegen. Dieses Sparbuch der FDP
abe ich in diesem Jahr vermisst. Das ist ja auch kein
under. Sie hätten es nur dann vorlegen können, wenn

ie zumindest die Seiten herausgerissen hätten, auf de-
en es um das Entwicklungshilfeministerium und die
insparung von Parlamentarischen Staatssekretären und
taatssekretären geht. Aber Sie wollten nicht mehr ein-
paren, weil Sie jetzt selbst an der Macht partizipieren
önnen. Es ist auch kein Wunder, dass das Thomas-
ehler-Haus, die FDP-Zentrale, kaum noch besetzt ist;
enn alle sind in der Regierung. Darum kommt der Ge-
eralsekretär, den Sie gesucht haben, jetzt aus NRW,
ämlich der Kollege Lindner.

Durch Herrn Lindner wird noch einmal sehr deutlich
nd offenbar, welches Staatsverständnis Sie haben.
enn Herr Lindner vom Staat als einem „teuren

chwächling“ spricht – ausgerechnet Herr Lindner, der
tzt 31 Jahre alt ist und schon mit 21 Jahren im Parla-
ent war, also bereits seit zehn Jahren von den Steuer-

ahlern bezahlt wird, stellt den Staat infrage! –, dann ist
as schon bezeichnend für das, was dahintersteckt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der FDP)


Wir haben ein grundsätzlich anderes Staatsverständ-
is, und das ist begründet. Ihre Klientel ist mitverant-
ortlich für die Wirtschafts- und Finanzkrise, die wir
tzt zu bewältigen haben. Wir Sozialdemokraten sind
oh, dass wir in den letzten Jahren einen starken, hand-
ngsfähigen Staat hatten, der das Schlimmste verhindert

at. Ohne einen starken Staat wäre dies nicht möglich
ewesen.

Übrigens gilt – das ist bei Ihnen noch nicht angekom-
en; mit dieser Feststellung werde ich schließen –:


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


ur die Reichen, also Ihre Klientel, können sich einen
chwachen Staat leisten. Die allermeisten Menschen in
iesem Lande brauchen einen handlungsfähigen Staat.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1701500200

Das Wort hat nun die Bundeskanzlerin, Frau

r. Angela Merkel.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Angela Merkel (CDU):
Rede ID: ID1701500300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das

lte Jahrzehnt endete mit einer internationalen Finanz-
nd Wirtschaftskrise und in der Bundesrepublik






(A) )



(B) )


Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel: Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel
Deutschland mit einem Einbruch der Wirtschaft von
5 Prozent – ein einmaliger Vorgang in der Geschichte
unseres Landes. Das neue Jahrzehnt beginnt hier im Par-
lament in der Tat mit der Debatte über einen Bundes-
haushalt mit der höchsten Neuverschuldung mit über
85 Milliarden Euro – auch das natürlich ein Vorgang von
großer Bedeutung. Ich sage Ihnen: Wer nicht sieht, dass
das eine mit dem anderen direkt verknüpft ist, wer nicht
sieht, dass eine Antwort auf minus 5 Prozent Wachstum,
die eine geringere Neuverschuldung mit sich bringen
würde, eine falsche Antwort im Geiste der 30er-Jahre
wäre und dass wir aus der Geschichte gelernt haben, der
braucht an dieser Debatte gar nicht weiter teilzunehmen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zu wem reden Sie?)


– Ich rede hier zu allen, Frau Künast, natürlich auch zu
Ihnen.


(Sigmar Gabriel [SPD]: Hört der Westerwelle auch zu? – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist eine Botschaft aus der Blindenschule!)


Ich sage Ihnen: Sosehr wir uns alle eine andere Situa-
tion wünschen würden, so sehr sind wir dazu verpflich-
tet, der Realität ins Auge zu sehen.


(Sigmar Gabriel [SPD]: Hört! Hört! – Weiterer Zuruf von der SPD: Dann machen Sie das!)


Die Welt hat 2008/2009 am Abgrund gestanden. Wir ha-
ben es geschafft – wenn ich „wir“ sage, dann meine ich
auch die, die damals in der Großen Koalition Mitverant-
wortung getragen haben, und dann meine ich auch die
FDP als damalige Opposition –, international und natio-
nal in diesem Hause die richtigen Lehren daraus zu zie-
hen, das Richtige zu tun und den Absturz in den Ab-
grund zu verhindern. Das war richtig, das war wichtig,
und das war ein Beitrag zur internationalen Stabilität.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Aber mit dem, was wir getan haben, ist die Krise noch
nicht vorbei. So wie wir klug den Abschwung gedämpft
haben, so geht es jetzt darum, klug aus dem Tal wieder
herauszukommen. Ich sage Ihnen: Das wird sicherlich
kontroverse Debatten hervorrufen. Aber es wird vor al-
len Dingen neues Denken erfordern.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Beides! – Thomas Oppermann [SPD]: Neustart! – Sigmar Gabriel [SPD]: Die geistigpolitische Wende, haben Sie gesagt!)


Das ist nicht etwas – auch das will ich gleich ankündigen –,
worüber wir nur im Januar des Jahres 2010 debattieren,
sondern dieser Wirtschaftseinbruch wird uns über weite
Teile dieser Legislaturperiode beschäftigen. Wenn wir
es geschafft haben – so besagen es jedenfalls die Pro-
gnosen –, im Jahr 2013 wieder das Vorkrisenniveau zu
erreichen, dann haben wir nach heutigem Stand gute Ar-
beit gemacht. Das ist die Dimension der Aufgabe, vor
der wir stehen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Wir haben uns vorgenommen, diese Krise nicht nur gendwie durchzustehen, sondern wir wollen, dass eutschland stärker aus dieser Krise herauskommt, als s in sie hineingegangen ist. Das ist der Anspruch der hristlich-liberalen Koalition. Dazu müssen wir uns anschauen, von welchen Enticklungen weltweit die Dinge bestimmt sind. Ich öchte drei Entwicklungen nennen: Es gibt einen welteiten Drang nach Freiheit und Selbstbestimmung, weit ber unseren Kontinent hinaus. Es gibt die Sehnsucht on immer mehr Menschen auf der ganzen Welt – ich age, das ist eine berechtigte Sehnsucht –, eigene Wege u gehen, Teilhabe zu erreichen, Wohlstand zu erwerben. ir befinden uns gleichzeitig in einem Informationszeit lter und haben völlig neue Kommunikationsmöglicheiten, durch die Wettbewerb, Arbeitsteilung und Ideenustausch massiv vorangetrieben werden. Es gibt eine zweite Entwicklung: Wir machen die Erhrung von Abhängigkeiten und Knappheiten von Res ourcen, von denen wir früher dachten, dass sie uns nendlich zur Verfügung stehen. Da geht es um Energieäger, um Rohstoffe, um stabile Klimaverhältnisse. (Zuruf von der SPD: Sind wir hier in der Volkshochschule? – Heiterkeit bei der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


ir sehen, dass andere Ressourcen, die wir in früheren
eiten für uns für reserviert hielten, zum Beispiel Infor-
ation und Wissen, heute mit allen geteilt werden müs-

en. Das bedeutet, dass kein Land mehr alleine seinen
ohlstand erhalten kann, dass kein Land mehr alleine

icherheit gewährleisten kann und dass wir in eine im-
er stärkere Abhängigkeit voneinander geraten.

Die dritte Entwicklung ist eine Suche nach Zusam-
enhalt und Schutz. Es gibt die Hoffnung der Men-

chen, dass der eigene Lebensentwurf im schnellen Wan-
el nicht umgeworfen wird,


(Sigmar Gabriel [SPD]: Diese Hoffnung treten Sie mit Füßen!)


ass Gemeinschaften zusammenbleiben, die Sehnsucht
ach Heimat, Vertrautheit und Sicherheit.

Wenn wir die richtigen Antworten auf diese Krise fin-
en wollen, wenn wir wirklich stärker aus dieser Krise
erauskommen wollen, dann müssen wir diese Entwick-
ngen nicht nur verstehen, sondern sie auch als Chance
r unser Land begreifen. Auf diesem Fundament ma-

hen wir unsere Politik.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dabei setzt die christlich-liberale Koalition auf Frei-
eit in Verantwortung. Unser Land ist durch Offenheit
nd Freiheit in seiner 60-jährigen Geschichte erfolgreich
eworden. Unser Land ist immer dann erfolgreich gewe-
en, wenn es Vertrauen in den Einzelnen gesetzt hat, in
eine Fähigkeiten, seine Fertigkeiten und seinen Willen,
twas zur Gemeinschaft beizutragen. Unser Land wurde
rfolgreich, weil es die Ordnung von Freiheit in Verant-
ortung in das Gesellschaftsmodell der sozialen Markt-
irtschaft umgesetzt hat.






(A) )



(B) )


Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel: Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel

(Sigmar Gabriel [SPD]: Warum machen Sie das jetzt kaputt?)


Das ist das Fundament des solidarischen Miteinanders in
unserer Gesellschaft.

Unsere Vorstellung von Freiheit und Verantwortung
hat uns in Bündnisse mit gemeinsamen Wertefundamen-
ten geführt, wie die Europäische Union und die NATO.
Sie machen unser Land in einer vernetzten Welt auch in
Zukunft erfolgreich.

Heute stehen wir vor der Aufgabe, in schwierigen
Zeiten und in neuen Zusammenhängen genau diese Stär-
ken weiterzuentwickeln und dabei das zu bewahren, was
uns stark gemacht hat, aber da zu erneuern, wo Erneue-
rung notwendig ist. Das ist die Aufgabe.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Caren Marks [SPD]: Hört! Hört!)


Ich möchte die Arbeit der christlich-liberalen Koali-
tion an Beispielen deutlich machen, da, wo wir erneuern
werden.


(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Fangt endlich mal an!)


Die christlich-liberale Koalition wird die Wirtschafts-
kraft unseres Landes


(Sigmar Gabriel [SPD]: Zerstören!)


erneuern


(Zurufe von der SPD: Oh!)


durch nachhaltiges Wachstum; genau darüber können
wir streiten. Aber wir werden das tun, und ich glaube,
wir werden es gut machen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Sigmar Gabriel [SPD]: Ausbaden müssen es andere!)


Meine Damen und Herren, das beginnt mit den So-
fortmaßnahmen in der Krise. Viele von ihnen haben wir
gemeinsam beschlossen. Aber wir haben in den ersten
Tagen unserer gemeinsamen neuen Regierung etwas da-
zugesetzt:


(Sigmar Gabriel [SPD]: Sie haben eine Mövenpick-Koalition! – Dr. Frank-Walter Steinmeier [SPD]: Das ist keine Rosinenpickerei, das ist Mövenpickerei!)


Wir haben das Wachstumsbeschleunigungsgesetz verab-
schiedet. Ich sage Ihnen: Das ist eine wichtige Ergän-
zung dessen, was wir an konjunkturpolitischen Maßnah-
men im vergangenen Jahr gemacht haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Sigmar Gabriel [SPD]: Mövenpick-Koalition, dazu sagen Sie nichts!)


Wir haben erstens wichtige Korrekturen an der Un-
ternehmensteuerreform vorgenommen, die nach der
Meinung jedes Fachmanns oder jeder Fachfrau – das
weiß die sozialdemokratische Bundestagsfraktion ganz
genau – prozyklische Effekte, also verstärkende krisen-
hafte Effekte, hatte. Diese wurden jetzt durch unsere

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(C (D aßnahme beseitigt. Deshalb muss man den Kommuen, wenn man ein wenig Redlichkeit hat, (Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Muss man denen erst mal alles wegnehmen!)


agen, dass durch diese Maßnahme keine Einnahmeaus-
lle stattfinden, sondern dass dadurch überhaupt die
rundlage dafür gelegt wird, dass in den Kommunen
ieder Gewerbesteuereinnahmen fließen können. Das
t die Wahrheit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Sigmar Gabriel [SPD]: Sie reden unter Ihren Möglichkeiten! Sie reden unter Ihrem Niveau! – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das erklären Sie mal dem Kämmerer einer Stadt! Das kurbelt die Konjunktur so richtig an!)


Wir haben zweitens Korrekturen bei der Erbschaft-
teuerreform vorgenommen. Wir sind uns, glaube ich,
inig, dass wir die kleinen und mittleren Unternehmen,
ie Familienunternehmen, in unserem Lande als das
ückgrat unserer Wirtschaft bezeichnen können.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Sigmar Gabriel [SPD]: Mövenpick wahrscheinlich!)


enn wir die gemeinsame Auffassung haben, dass der
bergang von einer Generation auf die andere bezüglich
er Erbschaftsteuer so gestaltet werden sollte, dass man
etrieben nicht mit Misstrauen, dass sie bestimmt nur
rbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer entlassen wollen,

ondern mit ein bisschen Vertrauen – das ist das Erfolgs-
zept der sozialen Marktwirtschaft – begegnet, dann
usste man die Änderungen in der Erbschaftsteuer so

estalten, wie wir es gemacht haben. Das haben wir ge-
n.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Als dritten Punkt will ich die Entlastung von Familien
ennen. Dass man im Steuerrecht aus steuersystemati-
chen Gründen Kinder wie Erwachsene behandeln
önnte, ich glaube, darüber sollte es keinen Streit geben.
ass jetzt aber die Maßnahmen zur Verbesserung der
aufkraft, die wir gemeinsam eingeleitet haben,


(Sigmar Gabriel [SPD]: Sie meinen das Betreuungsgeld?)


ie Erhöhung des Kindergeldes für Familien,


(Zuruf beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Doch nicht für alle!)


ei der Sozialdemokratie plötzlich mit dem Wechsel von
er Regierungsverantwortung in die Opposition sozusa-
en zu einer nicht vernünftigen Sache mutiert, damit
üssen Sie fertig werden und nicht wir. Wir haben etwas
r Familien getan, und das war notwendig.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Sigmar Gabriel [SPD]: Das Betreuungsgeld wollten wir nie! – Jürgen Trittin [BÜND Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel: Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel NIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie wissen, dass die ärmsten Kinder leer ausgehen!)





(A) )


(B) )


Was ist passiert? Wir hatten die Steuerschätzung im
Mai 2009, und wir hatten die Steuerschätzung im No-
vember 2009. Es ist dieser Bundesregierung gelungen,
einen Haushaltsentwurf vorzulegen, durch den das
Wachstumsbeschleunigungsgesetz verabschiedet werden
konnte, ohne dass die Neuverschuldung höher ist als das,
was wir in der Großen Koalition im Sommer miteinan-
der verabredet haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Sigmar Gabriel [SPD]: Weil Sie 10 Milliarden Euro mehr für Kredite aufgenommen haben als nötig! – Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: 10 Milliarden haben Sie verprasst!)


Warum ist das möglich gewesen? Das ist möglich ge-
wesen, weil genau das eingetreten ist, was wir wollten.
Wir haben gehandelt. Wir haben Konjunkturpakete
und Maßnahmen zum Kurzarbeitergeld verabschiedet
und Steuerveränderungen im Mittelstandsbereich veran-
lasst. Wir haben weitere Kaufkraftstimulierungen ange-
regt. Genau daraus ist eine bessere Wirtschaftsentwick-
lung bis November entstanden, so wie wir das wollten.


(Sigmar Gabriel [SPD]: Jetzt verprassen Sie das Geld für Geschenke, für Klientelpolitik!)


Die hat uns Spielräume eröffnet, den nächsten Impuls zu
setzen, um für die Steuerschätzung im Mai wieder eine
bessere Entwicklung zu haben. Das ist unsere Philoso-
phie. Wer diese Art, zu denken, nicht aufbringt, der muss
wirklich in sich gehen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Sigmar Gabriel [SPD]: Sie verprassen jetzt das Geld!)


Es ist notwendig, dass wir diesen Kurs fortsetzen, dass
wir weiter auf Wachstum setzen und uns gleichzeitig mit
der Haushaltskonsolidierung befassen.

Meine Damen und Herren, natürlich spiegelt dieser
Haushalt – ich habe es am Anfang gesagt – die Sondersi-
tuation wider. Wenn Sie sich einmal redlich die europäi-
schen Daten anschauen, dann merken Sie, dass für
Frankreich 2010 ein Defizit von minus 8,2 Prozent vo-
raussagt wird – so tut es jedenfalls die EU –, Großbritan-
nien 12,9 Prozent, Japan 8,9 Prozent und die USA
13 Prozent. Das, was wir hier zu bewältigen haben, ist
mit minus 5 Prozent nicht einfach, aber es zeigt auch,
dass wir gar nicht so schwach, sondern stark in diese
Krise hineingegangen sind und damit dieser Krise besser
trotzen können, wenn wir das Richtige tun.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wenn es um die Frage geht, wer wie mit Geld umge-
hen kann, möchte ich daran erinnern, dass wir, bevor wir
2005 als Union in die Regierungsverantwortung kamen,
drei Jahre hintereinander, also 2003, 2004 und 2005, die
Situation hatten, dass die rot-grüne Bundesregierung die
Stabilitätskriterien des Maastricht-Vertrages nicht einge-
halten hat. Bei minus 0,2 Prozent hatten Sie ein Defizit

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(C (D on über 4 Prozent. Das war die Wahrheit von Rot-Grün, nd nur durch den Regierungswechsel ist das wieder in olide Bahnen gekommen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir sichern mit unseren Maßnahmen die Grundla-
en des Aufschwungs. Wir haben die Regelung für die
urzarbeit verlängert. Wir lassen die automatischen Sta-
ilisatoren weiter wirken – im Übrigen einer der wich-
gsten Posten in diesem Haushalt. Wir sind von einem
arlehen für die Bundesagentur zu einem Zuschuss für
ie Bundesagentur übergegangen, was nichts anderes
eißt – damit das für die Bürgerinnen und Bürger klar
t –, als dass wir die Beitragszahler nicht mit den Fol-
en der Krise alleine lassen, sondern die Gesamtheit der
teuerzahler die Folgen dieser Krise trägt. Das ist rich-
g, das ist solidarisch, und deshalb haben wir das ge-
acht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


in Zuschuss von 16 Milliarden Euro für die Bundes-
gentur für Arbeit und knapp 4 Milliarden Euro für den
esundheitsbereich, das sind 20 Milliarden Euro zur
tabilisierung der sozialen Sicherungssysteme und eine
olidarische Maßnahme aller Steuerzahler zur Bekämp-
ng der Krise.


(Thomas Oppermann [SPD]: Schließen Sie denn Beitragserhöhungen aus?)


Wir führen die Kredit- und Bürgschaftsprogramme
eiter, die Investitionen ermöglichen. Wir wissen, dass
ie Versorgung der Wirtschaft, vor allem der kleinen und
ittleren Unternehmen, mit Krediten ein wichtiger, viel-
icht der existenzielle Punkt dieses Jahres sein wird, um
en Aufschwung auch wirklich in die richtigen Bahnen
u lenken. Wir haben dazu die staatlichen Warenkredit-
ersicherungen aufgestockt, das KfW-Sonderprogramm
exibilisiert und einen Kreditmediator eingesetzt.


(Sigmar Gabriel [SPD]: Sie brauchen einen Mediator in der Koalition!)


ir werden auch mit den Banken beständig im Gespräch
ein, um die Entwicklung weiterzuverfolgen und gege-
enenfalls weitere Maßnahmen durchzusetzen.

Mit unserem Haushaltsentwurf und unserer Koali-
onsvereinbarung haben wir vor allen Dingen deutlich
emacht, dass es notwendig ist, in die Zukunft zu inves-
eren, weil wir stärker aus der Krise hervorgehen wol-
n. Deshalb gehen wir wichtige Schritte hin zu einer
ildungsrepublik.


(Sigmar Gabriel [SPD]: Indem Sie die Länder ruinieren!)


ei aller Notwendigkeit, Ausgaben zu begrenzen, wer-
en wir in dieser Legislaturperiode 12 Milliarden Euro
usätzlich in Bildung und Forschung investieren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir sind davon überzeugt, dass das Ziel, 10 Prozent
es Bruttoinlandprodukts für Forschung und Bildung






(A) )



(B) )


Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel: Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel
auszugeben – 3 Prozent für Forschung und 7 Prozent für
Bildung –, richtig ist und über die Zukunft unseres Lan-
des entscheidet.


(Sigmar Gabriel [SPD]: Wenn Sie die Länder und Kommunen ruinieren, geht das nicht!)


Deshalb ist der Bund bereit – so haben wir es im Übri-
gen mit allen Ministerpräsidenten verabredet –, einen
größeren Anteil als den normalen Anteil zu zahlen, um
die Lücke zwischen den heutigen Bildungsausgaben und
den 7 Prozent zu füllen. Normalerweise beträgt der An-
teil des Bundes an den Bildungsausgaben 10 Prozent.
Wir haben gesagt: Wir sind bereit, bis zu 40 Prozent zu
geben, um die Lücke zu füllen. Wir werden bis zum
Sommer mit den Ländern darüber verhandeln, wie wir
das sinnvoll und vernünftig tun können.


(Sigmar Gabriel [SPD]: Sie haben sie gleichzeitig ruiniert!)


– Im Gegensatz zu Ihnen waren die Ministerpräsidenten
aller Bundesländer mit diesem Weg einverstanden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Sigmar Gabriel [SPD]: Sie haben ja bis heute kein Ergebnis!)


Ich habe von neuem Denken gesprochen. Das heißt
auch: Die Art unseres Wachstums wird sich ändern. Es
geht um nachhaltiges Wachstum.


(Sigmar Gabriel [SPD]: Atomkraftwerke!)


Dabei sage ich ausdrücklich: Deutschland muss an seine
Stärken anknüpfen. Das heißt, Deutschland wird seinen
Wohlstand nur sichern können, wenn es weiter eine
starke Exportnation bleibt. Alle Aussagen, wir brauchten
jetzt nicht mehr so viel zu exportieren, halte ich für
falsch. Vielmehr muss das, was unsere Stärken ausge-
macht hat – Chemie, Automobilindustrie, Medizintech-
nik, Verkehrstechnik –, weiterentwickelt und nachhalti-
ger gemacht werden, aber darf niemals aufgegeben
werden. Das ist unsere Philosophie.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Deshalb setzen wir vor allen Dingen in den Bereichen
Forschung und Innovation in Kombination mit unseren
klassischen Stärken auf die Informationsgesellschaft.
Wir werden die Breitbandstrategie zielstrebig umsetzen.
Dazu wird es noch vieler Anstrengungen bedürfen. Wir
werden den Bereich E-Government deutlich stärken. Wir
werden insbesondere darauf achten, dass die Freiheit
durch die neuen Möglichkeiten des Internets nicht einge-
schränkt wird. Arbeitnehmerdatenschutz, Stiftung Da-
tenschutz und Datenschutz-Audit, all das sind Stich-
punkte dazu.

Ein großer Schwerpunkt unserer Politik wird das
Thema Energie sein. Das ist ein Thema, bei dem es
ohne Kontroversen sicher nicht geht. Diese Frage muss
in einem Industriestandort aber notwendigerweise gelöst
werden. Wir brauchen ein in sich schlüssiges berechen-
bares Energiekonzept für die nächsten Jahre oder Jahr-
zehnte. Anders wird der Industriestandort Deutschland
nicht erhalten werden können.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Die christlich-liberale Koalition setzt darauf, dass wir
öglichst schnell das Zeitalter der regenerativen Ener-

ien erreichen.


(Sigmar Gabriel [SPD]: Wie viel hat die Kernenergie gespendet? Wie hoch waren die Spenden aus der Kernenergie?)


azu ist es dann aber auch notwendig, dass die dazu be-
ötigte Infrastruktur erzeugt wird. Dazu ist es notwen-
ig, dass wir die benötigten Brücken bauen, weil wir
icht von heute auf morgen unmittelbar zu einer aus-
chließlichen Versorgung durch regenerative Energien
ommen können, ohne dass sich die Preise so entwi-
keln, dass die Industrie aus Deutschland verschwindet.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Sigmar Gabriel [SPD]: Wie hoch waren die Spenden aus der Atomindustrie?)


as ist unsere Überzeugung. Genau das werden wir tun.

Für diese Brücken brauchen wir auch moderne Koh-
kraftwerke. Jeder, der behauptet, dass das nicht sein
uss, der sorgt dafür, dass die alten Kohlekraftwerke
eiterbetrieben werden, dass unsere EVUs Kohlekraft-
erke in Polen kaufen werden und dafür aus Deutsch-
nd verschwinden.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist einfach Unsinn!)


as kann nicht die Antwort sein. Wir setzen auf neue
ohlekraftwerke, und wir setzen darauf, dass das dann

uch ein Exportschlager in andere Teile der Welt werden
ann.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir werden im Sinne dieses in sich geschlossenen
nergiekonzepts darüber sprechen, ob wir verlängerte
aufzeiten – ich sage: ja, wir brauchen das – für Kern-
raftwerke brauchen,


(Sigmar Gabriel [SPD]: Wie viel haben die gespendet?)


atürlich unter Berücksichtigung aller Sicherheitsstan-
ards. Aber es hat keinen Sinn, dass wir hier nicht der
ahrheit ins Auge sehen.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In Neckarwestheim und Biblis!)


Wir werden ein neues Forschungsprogramm für er-
euerbare Energien entwickeln: Speichertechnologien,
telligente Netztechnik und Biokraftstoffe der zweiten
eneration.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Asse!)


ir wollen, dass Deutschland Leitmarkt für Elektromo-
ilität wird. Die Bundesregierung wird dazu am 3. Mai
ieses Jahres einen Gipfel durchführen


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Einen Gipfel! Das ist ja der Gipfel! – Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel: Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel Sigmar Gabriel [SPD]: Über allen Gipfeln ist Ruh!)





(A) )


(B) )


mit Vertretern der Wirtschaft, der Arbeitnehmer und der
Wissenschaft. Ich glaube, das ist richtig. Sie sollten mit
uns gemeinsam ein Interesse daran haben, dass wir hier
wieder führend sind, dass auch das Auto des 21. Jahr-
hunderts ein Auto ist, das in Deutschland gebaut wird, so
wie es mit den Autos des 20. Jahrhunderts war.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stinkt nach Opel!)


Nachhaltiges Wachstum heißt natürlich auch Fort-
schritte im internationalen Klimaschutz. Ich glaube, wir
sind uns einig, dass die Ergebnisse, die wir in Kopen-
hagen erreicht haben, enttäuschend waren. Deshalb sage
ich: Europa wird seine Vorreiterrolle weiterführen. Ich
sage auch: Deutschland hat sich bereits – das zeigt auch
die Koalitionsvereinbarung – entschlossen,


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In der Koalitionsvereinbarung? Hier im Bundestag!)


dass wir bis 2020 unsere CO2-Emissionen um 40 Pro-
zent reduzieren werden. Aber ich sage auch: Ich bin sehr
dafür, dass die Europäische Union auf 30 Prozent geht.
Das kann nur passieren, wenn andere europäische Mit-
gliedstaaten das 30-Prozent-Ziel genauso unterstützen,
wie die Bundesrepublik Deutschland das tut. Was ich
nicht zulassen werde – ich glaube, darüber sollten wir
uns einig sein –, ist, dass wir von 30 auf 40 Prozent ge-
hen, andere ihre Position nicht verändern und wir an-
schließend etwas versprechen sollen, was wir zum
Schluss realistischerweise nicht halten können. Deshalb
arbeiten wir daran, dass Europa sein Reduktionsangebot
von 30 Prozent gegebenenfalls, wenn die Mitgliedstaa-
ten mitmachen, dann auch ohne dass andere folgen, un-
terfüttern kann. Solange wir das nicht können, sage ich:
30 Prozent Reduktion für Europa ja, aber nur wenn an-
dere Teile der Welt genauso ambitionierte Verpflichtun-
gen eingehen. Alles andere hilft dem Klima auf der Welt
nicht weiter.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Kopenhagen hat ein viel schwierigeres Thema aufge-
worfen. Das werden Sie durch die Beschimpfung von
Regierungen allein nicht lösen. Dieses Thema heißt: Ist
es auf der Welt möglich, gibt es die Bereitschaft, dass
andere Länder bindende Vereinbarungen eingehen, so
wie wir das im Kioto-Protokoll getan haben? Wir, die
Europäische Union und auch andere entwickelte Indus-
trieländer – die Vereinigten Staaten haben es nicht ge-
macht –, sind bindende internationale Verpflichtungen
im Rahmen der Klimarahmenkonvention eingegangen.
Die eigentliche Enttäuschung in Kopenhagen war, dass
die Schwellenländer gesagt haben, dass sie sich zum ers-
ten Mal mit Verpflichtungen im Sinne der Verbesserung
der Energieeffizienz beschäftigen, aber unter keinen Be-
dingungen zustimmen, dass die Verpflichtungen bindend
im internationalen Sinne sind. Das hat das indische Par-
lament beschlossen. Das ist die starke Meinung von
China. Man ist nicht einmal bereit, eine internationale

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(C (D berwachung der nationalen Maßnahmen zuzulassen, ie Vergleichbarkeit bedeuten würde, weil diese Länder agen: Das ist ein Eingriff in unsere Souveränität. – Das ischt man nicht einfach weg, indem man sich gegenseig bezichtigt, schuld zu sein, sondern darüber muss geerell gesprochen werden. Das ist ein dickes Brett, das ir bohren müssen. Es weist uns auf den Kern globaler usammenarbeit hin. Ich bin überzeugt, wir sind übereugt: Es geht nur mit international verbindlichen Verflichtungen, aber dann für alle. Daran müssen wir areiten. as ist die Aufgabe dieses Jahres, bis hin zur nächsten onferenz in Bonn und zur Konferenz in Mexiko am nde des Jahres. Wir können und werden also unsere irtschaftskraft erneuern. Wir wollen ein Zweites tun. Die christlich-liberale oalition will das Verhältnis von Bürger und Staat ereuern: (Thomas Oppermann [SPD]: Sie? Bitte nicht! – Sigmar Gabriel [SPD]: Oh Gott! Jetzt kommt die geistig-politische Wende!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


urch Stärkung der Eigenverantwortung, damit Siche-
ng der Handlungsfähigkeit des Staates und dadurch
rhaltung der Solidarität in der Gesellschaft. Das ist der
usammenhang. Wer nicht auf die Eigenverantwortung
etzt, wird nur noch Mangel verwalten. Ohne Eigenver-
ntwortung werden wirkliche Solidarität und ein hand-
ngsfähiger Staat nicht möglich sein.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Deshalb setzen wir in allen Lebensbereichen darauf,
ass, wo immer das möglich ist, Entscheidungsfreiheit
esteht. Das beginnt bei der Familienpolitik. Wahlfrei-
eit ist das Credo. Wir schreiben den Menschen nicht
or, wie sie leben sollen.


(Zurufe von der SPD: Oh! Wie toll! – Wir auch nicht! – Wer macht denn das?)


eshalb wird der Bund weiter seiner Aufgabe nachkom-
en, den Ausbau der Betreuung von Kindern unter

rei Jahren fortzusetzen.


(Sigmar Gabriel [SPD]: Herdprämie!)


Ich sage, an die Kommunen gerichtet, allerdings
uch: Es ist nicht nachvollziehbar, wenn geäußert wird,
ass das vereinbarte Geld nicht ausreicht. Die Kommu-
en rechnen jetzt so, als würden sie den Rechtsanspruch
b dem ersten Lebensjahr für das erste und zweite Le-
ensjahr so auslegen, als wenn jedes Kind ganztägig in
iner Betreuungseinrichtung untergebracht wäre. Das er-
cheint uns nicht realistisch.


(Thomas Oppermann [SPD]: Wäre aber wünschenswert!)


ber wir werden darüber im Gespräch bleiben. Wir wol-
n das.

Jetzt ein Wort zum Betreuungsgeld. Ich sehe die Pro-
leme, die damit verbunden sind.






(A) )



(B) )


Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel: Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel

(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist die Frage! Ich glaube das nicht!)


Wir haben dieses Thema noch nicht abschließend behan-
delt. Wir wollen das Betreuungsgeld im Übrigen erst
2013 einführen.


(Sigmar Gabriel [SPD]: Davon wird es nicht besser!)


Aber dass aus der Bezuschussung der Betreuung von
Kleinkindern, die nicht zu Hause betreut werden, im
Sinne der Wahlfreiheit vielleicht auch der Gedanke er-
wächst, Familien zu unterstützen, die sich ganz selbstbe-
wusst für die Betreuung zu Hause entscheiden,


(Sigmar Gabriel [SPD]: Das Gegenteil ist der Fall!)


kann im Sinne der Wahlfreiheit nicht grundsätzlich
falsch sein.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Sigmar Gabriel [SPD]: Diskutieren Sie das mal mit den Städten! – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und wovon sollen die Familien, die Sie dadurch unterstützen wollen, leben? Etwa von der Wahlfreiheit?)


Deshalb werden wir einen Weg finden, der auf der einen
Seite falsche Effekte vermeidet


(Sigmar Gabriel [SPD]: Desintegration fördern Sie! – Caren Marks [SPD]: Reden Sie einmal mit Ihrer Ministerin!)


und auf der anderen Seite die Wahlfreiheit stärkt.


(Thomas Oppermann [SPD]: Das ist bildungsfeindlich, was Sie da machen! – Sigmar Gabriel [SPD]: Sie fördern die Desintegration!)


Im Verhältnis von Bürger und Staat spielt das Thema
Bürokratie eine zentrale Rolle.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh ja! Vor allem die Bürokratie bei der Übernachtungsabrechnung! Mit Frühstück oder ohne?)


Viele Menschen fühlen sich entmutigt. Deshalb werden
wir die Arbeit des Normenkontrollrates nicht nur fortset-
zen und nicht nur die Berichts- und Statistikpflichten um
25 Prozent reduzieren,


(Sigmar Gabriel [SPD]: Haben Sie das auch mit dem Baron besprochen, August von Finck?)


sondern wir werden auch in umfassenden Pilotprojekten
mit den Ländern bei Elterngeld und Wohngeld Erfahrun-
gen sammeln: Wie kann man Bürokratie, auch für die
Bürger fassbar, reduzieren? Dadurch werden wir auch
die Arbeit des Normenkontrollrates stärken.

Das Thema „Bürger und Staat“ wird natürlich ganz
wesentlich auch durch die Steuerpolitik bestimmt.

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(C (D (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihnen glaube ich das sofort! Die Bürger, von denen Sie sprechen, können sich den Staat jedenfalls leisten! – Thomas Oppermann [SPD]: Jetzt sind wir sehr gespannt!)


h finde, es ist eine sehr merkwürdige Entwicklung der
tzten drei Monate, dass der Steuerzahler – –


(Ingrid Arndt-Brauer [SPD]: Wir auch! – Weitere Zurufe von der SPD)


Nein. Dazu muss ich wirklich sagen: Die Wahl-
rogramme waren transparent.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie und transparent?)


Gegensatz zu den Sozialdemokraten, die das schon
eit zehn Jahren nicht mehr gemacht haben, halten wir
ns an unsere Wahlprogramme.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Sigmar Gabriel [SPD]: Wie bitte?)


eder wahlberechtigte Bürger in Deutschland konnte le-
en, was die Union vorhatte.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! Das konnte niemand lesen! – Sigmar Gabriel [SPD]: Der Bürger wusste aber nicht, wem die FDP gehört!)


Ich glaube, der Vorsitzende der SPD kommt sonst
icht oft zu Wort.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Sigmar Gabriel [SPD]: Wenn Ihnen das Wort nicht einfällt: Mövenpick!)


gendwie hat man den Eindruck, er hat in der SPD nicht
enug Möglichkeiten, zu reden.

Zu Ihrer großen Freude konnten Sie im Wahlkampf
ogar verfolgen, dass es leichte Differenzen zwischen
DU und CSU gab. Sie haben auch gesehen, dass sich
as FDP-Programm von den Programmen der Unions-
arteien unterschieden hat. Aber in allen Programmen
ar Steuersenkung ein Thema, und zwar nicht ir-
endeine Steuersenkung, sondern vor allen Dingen eine
teuerstrukturreform, verbunden mit einer einfacheren
estaltung unseres Steuersystems


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bei den Hotels! – Thomas Oppermann [SPD]: Es wird bürokratischer und teurer!)


nach 60 Jahren erkennbar kein so einfaches Unterfan-
en – und mit dem Willen, gerade die Ungerechtigkeiten
ei kleinen und mittleren Einkommen abzubauen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Thomas Oppermann [SPD]: Die kleinen Einkommen zahlen doch gar keine Steuern!)


h kann, ehrlich gesagt, nur schwer verstehen,


(Thomas Oppermann [SPD]: Frau Bundeskanzlerin, die kleinen Einkommen zahlen gar keine Steuern!)







(A) )



(B) )


Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel: Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel
dass Parteien, die sich allen Bereichen der Bevölkerung
verpflichtet fühlen, überhaupt nicht mehr darüber spre-
chen.


(Sigmar Gabriel [SPD]: Wir wissen, dass kleine Einkommen keine Steuern zahlen!)


Alles, was wir hier vereinbaren – ob wir die erneuer-
baren Energien fördern, ob wir das Rentensystem unter-
stützen, das Gesundheitssystem oder sonst etwas –, be-
ruht auf Steuereinnahmen des Staates. Deshalb brauchen
wir motivierte Bürgerinnen und Bürger, die wissen, wa-
rum sie Steuern zahlen, und die finden, dass es dabei ge-
recht zugeht. Davon bin ich zutiefst überzeugt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Es liegt in der Natur der Sache, dass man darüber
streitet. Wir sind jedenfalls davon überzeugt, dass es im
Einkommensteuersystem Ungerechtigkeiten gibt, die
beseitigt werden müssen, und dass Entlastungen möglich
sind, notwendig sind und sogar Wachstum schaffen. Das
ist unsere Überzeugung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist keine Überzeugung, das ist Ideologie!)


Wir werden zwischen November und Mai tun, was
wir zwischen dem letzten Mai und dem November getan
haben: Wir werden auf die Steuerschätzung warten.
Jetzt sagen manche: Wir wissen doch, was heraus-
kommt, wenn wir wissen, wie das Wachstum ist. – Das
ist, wenn man nur auf das Wachstum schaut, im Prinzip
richtig. Die Überraschung, die wir zwischen Mai und
November erlebt haben, kam gerade daher, dass keiner
in der Lage ist, bei einem Wachstum von minus
5 Prozent die Entwicklung des Arbeitsmarktes zu pro-
gnostizieren. 100 000 Arbeitslose mehr oder weniger be-
deuten für den Haushalt eine Differenz von 2 Milliarden
Euro. So können sich erhebliche Verschiebungen erge-
ben, die Veränderungen im Haushalt nach sich ziehen.
Die Wachstumsprognosen sind völlig klar, die Auswir-
kungen auf den Arbeitsmarkt, die Wirkung der automati-
schen Stabilisatoren und vieles andere aber nicht. Des-
halb warten wir die Steuerschätzung ab – sie findet
bekanntermaßen noch vor der NRW-Wahl statt –, und
dann werden wir den Gesetzentwurf für den Haushalt
2011 vorbereiten. Die Steuerstrukturreform bleibt weiter
auf der Tagesordnung.

Von der Entlastung im Umfang von 24 Milliarden
Euro, die wir vereinbart haben, haben wir mit dem
Wachstumsbeschleunigungsgesetz bereits einen Teil um-
gesetzt. Warten wir die Steuerschätzung ab; dann wissen
wir, was für Aufgaben noch vor uns liegen.

Ein weiterer Punkt – das müssen wir zusammenbrin-
gen; das ist das Schwierige an unserer Arbeit – ist, dass
das Verhältnis der Bürger zum Staat geprägt wird von
der Frage, ob wir nachhaltige, solide Finanzen haben.
Bei der Schuldenbremse war die Sozialdemokratie nun
wirklich nicht der Treiber – ich würde mal sagen, die
Treiber der Schuldenbremse sitzen eher hier bei uns –;

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(C (D uch wenn man sagen muss: Sie haben dankenswertereise mitgemacht, meine Damen und Herren. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Sigmar Gabriel [SPD]: Dafür sitzen jetzt die Treiber der Schulden auf der Regierungsbank!)


Der Schuldenbremse.

Wir haben – parteiübergreifend; sonst kann man in
eutschland die Verfassung nicht ändern – eine Schul-
enbremse in das Grundgesetz aufgenommen. Jeder, der
diesem Hause sitzt, weiß, dass man nicht sehenden
uges gegen ganz spezifische Festlegungen des Grund-
esetzes verstoßen kann. Das wissen wir alle; da brau-
hen Sie uns nicht zu verklagen. Die Schuldenbremse ist
o etwas wie eine Leitplanke unserer gesamten Arbeit.
ie Schuldenbremse beginnt 2011 zu wirken.


(Sigmar Gabriel [SPD]: Deshalb werden Sie sozialen Kahlschlag machen müssen!)


ie politische Kunst – zu dieser Art von Politik sind
ahrscheinlich nur wir fähig, so wie wir jetzt regieren –


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Lachen und Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Sigmar Gabriel [SPD]: Das ist ein guter Satz!)


esteht darin, Wachstum und solide Finanzen miteinan-
er zu vereinbaren. Das ist unsere Aufgabe. Diese Auf-
abe ist nicht einfach; aber wir werden sie lösen.

Die internationale Krise hat gezeigt, dass der Staat
erpflichtungen hat. Wenn Freiheit und Verantwortung
r die Bürgerinnen und Bürger erlebbar sein sollen,

ann bedarf es Regeln. Regeln haben auf den internatio-
alen Finanzmärkten gefehlt; da herrschte Freiheit
hne Verantwortung, das waren Exzesse. Deshalb geht
s jetzt darum, die Regeln, soweit sie im G-20-Prozess
ereinbart sind, in diesem Jahr umzusetzen. Einiges ist
Gang gekommen; Wolfgang Schäuble hat gestern da-
ber gesprochen. Es geht – das gilt insbesondere für die
-20-Treffen, die in Kanada und in Südkorea stattfinden
erden – darum, Wege zu finden, zu verhindern, dass
anken so groß sind oder so verflochten sind, dass sie
ns immer wieder sozusagen erpressen können. Es gibt
erschiedene Modelle. Auch Deutschland wird mit ei-
em Modell in die Debatte gehen. Wir müssen darauf
chten – das ist die größte Herausforderung bei der Be-
ältigung der Krise –, dass wir eine international abge-

timmte Exit-Strategie finden. Es nützt nichts, wenn
eutschland die Schuldenbremse hat, und es nützt im-
er noch nichts, wenn sich ganz Europa an den Stabili-
ts- und Wachstumspakt hält, wenn zugleich in den Ver-

inigten Staaten von Amerika, in Japan oder anderswo
ine völlig andere Politik betrieben wird. Was hat uns
ie Krise denn gezeigt? Sie ist nicht vorrangig von
uropa ausgegangen. Sie hat uns gezeigt: Wenn sich ein
roßer Spieler in dem globalen Wettbewerb nicht an Re-
eln hält, dann müssen alle für die Folgen aufkommen.
eshalb wird es eine der herausragenden Aufgaben sein,
icht nur mit der Europäischen Zentralbank und der
uropäischen Kommission eine Exit-Strategie zu verein-






(A) )



(B) )


Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel: Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel
baren und nicht nur das zu tun, was Deutschland einzig-
artig in seinem Grundgesetz verankert hat, sondern auch
dafür zu sorgen und alles daranzusetzen, so schwierig es
auch ist, dass andere dem folgen.

Ich nenne einen dritten Punkt, dem sich die christlich-
liberale Koalition verpflichtet fühlt.


(Sigmar Gabriel [SPD]: Mövenpick!)


Wir müssen den Zusammenhalt in unserer Gesell-
schaft erneuern: zwischen Jung und Alt, zwischen Kran-
ken und Gesunden,


(Thomas Oppermann [SPD]: Mit der Kopfpauschale?)


zwischen Ärmeren und Wohlhabenderen, zwischen Ein-
heimischen und Zugewanderten, zwischen Ost und
West. Auch geht es um den internationalen Zusammen-
halt in unseren Bündnissen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Sigmar Gabriel [SPD]: Fangen Sie mal in der Koalition an!)


Nur durch diesen Zusammenhalt ist Solidarität in unse-
rer Gesellschaft möglich.

Dazu gehört natürlich die Frage, wer Hilfe leistet und
wer der Hilfe bedarf.


(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Die Hotels!)


Da ist die Diskussion über die Frage natürlich essenziell,
wie wir das Arbeitslosengeld II, bekannter unter
Hartz IV, gestalten. Ich sage ganz deutlich: Ich glaube,
dass die rechtlichen Rahmenbedingungen, was den
Zwang, die Aufgabe oder die Notwendigkeit der Ar-
beitsaufnahme anbelangt, eindeutig ausreichend sind.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weiß das Herr Koch auch?)


Wer eine zumutbare Arbeit nicht annimmt, hat heute
Sanktionen zu befürchten.


(Sigmar Gabriel [SPD]: Mit Herrn Koch müssen Sie reden!)


– Heute rede ich hier, Herr Gabriel.

Die Frage, ob die Umsetzung unserer rechtlichen Re-
gelungen überall ausreichend erfolgt, muss man sich im-
mer wieder anschauen. Da gibt es zwei Aufgaben:

Die eine ist, möglichst viele Arbeitsangebote zur
Verfügung zu stellen. Da wird immer wieder über Optio-
nen diskutiert, zum Beispiel in vielen neuen Bundeslän-
dern über sogenannte Bürgerarbeit oder anderes. Diese
Diskussion werden wir fortsetzen. Aber es gelingt uns
heute noch nicht – das muss man ganz einfach sagen –,
jedem, der Arbeit sucht, wirklich eine Arbeit anzubieten.
Wir müssen dabei aber auch aufpassen, dass wir nicht in
eine Situation geraten, in der wir den mittelständischen
Unternehmen Arbeit wegnehmen, weil wir zu viel staat-
lich geförderte Arbeit anbieten. Auch diese Diskussion
muss geführt werden; wir führen sie ja auch schon seit
vielen Jahren.

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(C (D Die andere Aufgabe ist folgende: Die Anreize, Arbeit ufzunehmen, sind mit Sicherheit noch nicht optimal gegelt. Sie alle kennen die Meinung, dass man 100 Euro azuverdienen könne. Viele, die Arbeitslosengeld II beommen, sagen, mehr dürften sie ja nicht. Diese Frage er Hinzuverdienstmöglichkeiten muss so neu geregelt erden – dies werden wir in der ersten Hälfte dieses Jahs tun –, dass Anreize gesetzt werden, ohne Vollbe chäftigung zu schwächen, was wir auch nicht wollen. as ist eine ziemlich schwierige Aufgabe. (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann brauchen Sie aber auch einen Mindestlohn, gnädige Frau!)


Wir haben das Schonvermögen vergrößert; dies wird
tzt im Parlament debattiert werden. Ich glaube, das war

ine richtige Entscheidung, zu der viele sehr lange nicht
ereit waren. Wir müssen gerade auch für Alleinerzie-
ende durch Kinderbetreuung – –


(Petra Merkel [Berlin] [SPD]: Vermittlungsausschuss!)


Okay, dann muss ich vier Jahre nicht richtig hingehört
aben, wenn mich der tägliche Ruf aus der SPD nach der
rhöhung des Schonvermögens nicht erreicht hat. Dies
alte ich allerdings für relativ unwahrscheinlich.

Wir müssen darüber diskutieren, wenn es um Armut
unserem Lande geht, ob die Frage von gleichen Chan-

en immer eine Frage nur von Geld ist oder ob sie nicht
uch eine viel kompliziertere Frage ist. Ich sage Ihnen
anz eindeutig: Wir werden uns nicht damit abfinden – –


(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Ganz ohne Geld kann man seinen Lebensunterhalt nicht bestreiten!)


Es geht nicht ohne Geld; Geld ist sogar sehr wichtig.
ber wer glaubt, er könne das Problem nur mit Geld lö-

en und es gebe sonst kein anderes Problem zu lösen, der
rbeitet an der Aufgabe vorbei. So einfach ist das. Da-
ber brauchen wir uns auch gar nicht aufzuregen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich sage ganz eindeutig: Wir finden uns mit Arbeits-
sigkeit nicht ab. Wir wollen und glauben auch, dass es
öglich ist, im nächsten Jahrzehnt Vollbeschäftigung zu

rreichen.


(Lachen bei Abgeordneten der LINKEN – Thomas Oppermann [SPD]: Das haben Sie im Wahlkampf noch bestritten!)


ir wollen jedem eine Chance geben, weil sich die frei-
eitliche Entfaltung des Menschen durch selbstverdien-
s Geld viel besser vollziehen kann. Das wollen wir er-
ichen.

Wir wollen Solidarität in unserer Gesellschaft: im
entensystem, im Gesundheitssystem und in der Pflege.
ber wer an dem demografischen Wandel, an den Verän-
erungen des Altersaufbaus unserer Gesellschaft einfach
orbeisieht, wer so tut, als müsse und könne man die
ente mit 67 Jahren rückgängig machen, wer so tut, als
önne man die Lohnzusatzkosten einfach an die Arbeits-






(A) )



(B) )


Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel: Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel
kosten gekoppelt lassen, wer so tut, als brauche man
keine Kapitaldeckung in der Pflege, der lebt nicht im
Sinne eines nachhaltigen Lebens, sondern der lügt sich
in die Tasche. Das ist die Wahrheit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Deshalb werden wir sowohl das Thema der Kapital-
deckung in der Pflege angehen als auch uns die Frage
stellen, wie wir langfristig unser Gesundheitssystem
weiterentwickeln.


(Thomas Oppermann [SPD]: Davor haben die meisten Angst!)


Ich sage ganz deutlich: Diese christlich-liberale Koali-
tion steht dafür, dass es keine Zweiklassenmedizin gibt,


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Lachen bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Sigmar Gabriel [SPD]: Mensch, das glaubt doch heute schon keiner!)


dass jeder, der medizinische Leistungen braucht, sie
auch bekommt, aber in einer Art und Weise, die die Be-
schäftigungsmöglichkeiten in unserem Lande nicht un-
terminiert. Dieser Aufgabe stellen wir uns.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Wir werden sie lösen, so wie wir als Koalition aus Union
und FDP die großen Sozialsysteme dieses Landes auf
den Weg gebracht haben.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was? – Thomas Oppermann [SPD]: Mit der FDP?)


Auch das ist die Wahrheit. In dieser Tradition bewegen
wir uns.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir werden der Integration von Zugewanderten in un-
serem Lande weiter eine große Bedeutung zumessen.
Wir haben als eine der ersten Maßnahmen dafür gesorgt,
dass die Anerkennung von Berufsabschlüssen auslän-
discher Mitbürgerinnen und Mitbürger verbessert
wird, ein Thema, das schnell angegangen werden muss.
Wir werden im 20. Jahr der deutschen Einheit die Soli-
darität zwischen Ost und West weiterentwickeln.


(Beifall des Abg. Arnold Vaatz [CDU/CSU])


Der Solidarpakt gilt – ich sage das ausdrücklich –, weil
die strukturellen Probleme der neuen Bundesländer nach
wie vor andere sind als in den alten Bundesländern.

Wir werden natürlich auch den Zusammenhalt nicht
nur in unserer Gesellschaft, sondern insgesamt auch in
unserer Außen- und Sicherheitspolitik deutlich machen.
Ich werde nächste Woche in einer Regierungserklärung
zu Afghanistan darlegen, wie wir uns die nächste Etappe
des Afghanistan-Einsatzes vorstellen. Wir werden
schwierige Verhandlungen mit dem Iran führen, bei de-
nen es um Sanktionen gehen wird. Wir werden eine neue
Strategie der NATO auszuarbeiten haben. Aber wir wer-
den unseren Bündnisverpflichtungen gerecht werden.

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(C (D Die christlich-liberale Koalition will ein starkes eutschland, ein lebenswertes Deutschland und bei der enschlichen Gestaltung der Globalisierung an vordersr Stelle mitarbeiten. Deshalb erneuern wir unsere Wirt chaftskraft, das Verhältnis von Bürger und Staat und en Zusammenhalt unserer Gesellschaft. Vor zwei Jahrzehnten waren wir alle hier Zeugen ines unglaublichen Vorgangs, nämlich des Endes des alten Krieges, des Falls der Mauer und des Sieges der reiheit auf unserem Kontinent. Aus Gegnern wurden artner. Am 3. Oktober dieses Jahres werden wir 0 Jahre deutsche Einheit feiern. Man darf sagen: eutschland und Europa haben ihre Chance in der damagen historischen Situation genutzt. Vor zehn Jahren, im ersten Jahrzehnt unseres 1. Jahrhunderts, haben wir festgestellt, obwohl manche den 90er-Jahren schon vom Ende der Geschichte ge prochen haben, dass neue Bedrohungen, neue Herausrderungen auf uns zukommen. Der 11. September 001 war sicherlich das markanteste Beispiel für asymetrische Bedrohung, Terrorismus und religiösen Extreismus. Jetzt stehen wir an der Schwelle eines neuen Jahrehnts. In diesem neuen Jahrzehnt, im zweiten Jahrzehnt es 21. Jahrhunderts, wird sich entscheiden, wie unsere esellschaft mit diesen Bedrohungen und mit diesen Gehren umgeht. Ich finde, die Art und Weise, wie wir bis er durch die schwerste Wirtschaftskrise seit 60 Jahren ekommen sind, macht uns Mut, dass wir das schaffen önnen: urch neues Denken, durch interessante Vorschläge nd durch harte Debatten. Das befruchtet unsere Disussionskultur, aber es müssen ehrliche und vernünftige ebatten sein. Wenn wir das in Angriff nehmen, dann darf ich Ihnen denfalls heute Morgen mitteilen: Die christlich-liberale oalition stellt sich diesen Aufgaben mit Mut und Zuersicht, (Sigmar Gabriel [SPD]: Und Geld von Mövenpick!)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


nd wir glauben, wir können das schaffen.

Herzlichen Dank.


(Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1701500400

Nächster Redner ist der Kollege Dr. Gregor Gysi für

ie Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701500500

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe

stgestellt, dass Sie sich nach dem völligen Fehlstart der
undesregierung wirklich lange Beifall klatschen muss-
n, um sich aufzumuntern. Aber das ändert nichts daran.






(A) )



(B) )


Dr. Gregor Gysi
Fangen wir doch mit Ihrer Militäraußenpolitik an,
also mit Afghanistan. Was mich in den letzten Wochen
entsetzt hat, ist der Umgang mit der Vorsitzenden der
Evangelischen Kirche in Deutschland, Frau Käßmann.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der CDU/CSU)


Ich sage Ihnen auch, warum. Herr Klose hat gesagt,
wenn man die Truppen der NATO aus Afghanistan ab-
zöge, dann hätten neun Wochen später die Taliban wie-
der die Macht. Wenn das stimmt, lieber Herr Gabriel,
dann frage ich Sie, was Sie eigentlich neun Jahre lang
gemacht haben, wenn sich nichts geändert hat und nach
neun Wochen wieder die alten Kräfte die Macht hätten.
Wozu wurde dann neun Jahre dieser Krieg geführt? Das
ist doch skandalös.


(Beifall bei der LINKEN – Sigmar Gabriel [SPD]: Das ist ja wie bei euch in der Partei! Da haben auch die alten Kräfte wieder die Macht!)


Ein weiterer Punkt ist, dass Ralf Fücks von den Grü-
nen, Herr Robbe von der SPD und auch Unionsabgeord-
nete auf eine Art und Weise über Frau Käßmann herge-
fallen sind, wie ich es nicht für möglich gehalten hätte,
und zwar aus einem Grunde: Wenn sich nicht einmal
mehr eine führende Kraft einer christlichen Kirche für
den Frieden engagieren darf und Sie ihr vorwerfen, dass
sie nicht für Krieg ist, dann ist das ein einzigartiger
Skandal.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich verlange von einem christlichen Menschen, dass er
sich besonders für Frieden engagiert.

Im Übrigen kennen wir inzwischen den NATO-
Bericht vollständig. Herr zu Guttenberg, wenn Sie ihn
gelesen haben – den wollen Sie ja gelesen haben –, dann
ist mir völlig schleierhaft, wie Sie den Kunduz-Einsatz
jemals als angemessen bezeichnen konnten. Aus dem
Bericht geht ganz klar hervor, dass er völlig unangemes-
sen war, und zwar sowohl moralisch als auch völker-
rechtlich.


(Beifall bei der LINKEN)


Der Präsident von Afghanistan, Karzai, will eine poli-
tische Versöhnung selbst mit bestimmten Taliban. Er
will einen politischen Prozess. Ohne einen politischen
Prozess werden die Probleme in Afghanistan auch nicht
zu lösen sein. Ihre ewige Debatte darüber, die Zahl der
Soldaten aufzustocken, hilft Afghanistan nicht. Wir
brauchen endlich zivile Hilfe, und deshalb muss die Ar-
mee – das gilt für unsere wie auch für die anderen Ar-
meen – aus Afghanistan abziehen.


(Beifall bei der LINKEN)


Eines hat die Linke erreicht, nämlich dass jetzt alle
über den Abzug debattieren. Das war noch in der letzten
Legislaturperiode anders. Wenn Sie alle über einen Ab-
zug debattieren, dann muss man allerdings genau hinhö-
ren. Herr Bundesaußenminister Westerwelle, ich höre
Ihnen, wie Sie wissen, genau zu. Sie haben gesagt, dass

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(C (D dieser Legislaturperiode „eine Abzugsperspektive in icht kommen“ müsse. Darf ich das für die Bevölkerung bersetzen? Das heißt, Sie wollen bis 2013 wissen, ob nd wann der Abzug beginnt, also sagen wir mal 2020 der 2025. Das ist dann eine Perspektive. Nein, Herr Westerwelle, so kommen wir nicht weiter. iehen Sie die Bundeswehr ab, und zwar noch in diesem ahr 2010! Das wäre ein konkreter Schritt. Frau Bundeskanzlerin, Sie haben zu Recht darauf hinewiesen, dass wir in einer der schwersten Krisen seit 931/32 leben. Die Exporte sind eingebrochen. Der ückgang der Wirtschaftsleistung in Höhe von 5 Prozent t gigantisch. Das hatten wir noch nie in der Geschichte er Bundesrepublik Deutschland. Nun analysieren wir einmal, was mit der Beschäftiung in den Jahren zuvor und jetzt passiert ist. Es hanelt sich leider um ein Gemeinschaftswerk von SPD, rünen und Union sowie nun langsam auch von der DP. Warum? Was ist passiert? Es wird immer über Areitslose gesprochen und nicht über die Realitäten. Die ahl der Vollzeitbeschäftigten hat von 1999 bis 2008 m 1,4 Millionen abgenommen. Es sind also nicht etwa ehr geworden, sondern es sind 1,4 Millionen weniger eworden. Die Zahl der Teilzeitbeschäftigten hat in der leichen Zeit um 1,3 Millionen zugenommen. Sie liegt un bei 5 Millionen. Die Zahl der Minijobs hat in der leichen Zeit um 2,5 Millionen zugenommen. Sie liegt tzt bei 7,1 Millionen. Die Zahl der Mehrfachbeschäftiungen hat sich verdoppelt. Die Zahl der befristeten Bechäftigungsverhältnisse ist um 50 Prozent gestiegen. in Viertel aller abhängig Beschäftigten in Deutschland rbeitet im Niedriglohnsektor. Das ist prozentual der rößte Anteil im Vergleich zu allen anderen Industrielänern. Wir haben selbst die USA diesbezüglich überholt. h sage Ihnen: Das Ganze ist ein Skandal. Es löst nicht ie Probleme, sondern verschärft sie. Die OECD, keine linke Organisation, hat jetzt festgetellt, dass die Spaltung zwischen Vollbeschäftigten und rekär Beschäftigten nirgendwo so tief ist wie hier in eutschland. Was wir dringend brauchen – das verweiert Ihre Koalition –, ist ein flächendeckender gesetzliher Mindestlohn. enn die EU-Richtlinien hören auf zu wirken. Angeichts der vorhandenen Strukturen benötigen wir Minestgarantien im sozialen Bereich. Ich verstehe die FDP icht. Sie können doch selbst den Hoteliers mal erklären, ass wir Mindestlöhne in Deutschland brauchen. Warum eben Sie sich nicht einen Ruck und machen das, was 1 andere EU-Länder längst beschlossen haben? Nur in eutschland gibt es keinen flächendeckenden gesetzli hen Mindestlohn. Das ist ein Skandal. Nun komme ich zur Leiharbeit, eingeführt von SPD nd Grünen und nun von Ihnen ausgebaut. Sie wollen sie Dr. Gregor Gysi nicht abschaffen; das haben Sie gesagt, Frau Bundeskanzlerin Merkel. Darf ich Sie daran erinnern, was eigentlich bei Schlecker passiert ist? – Schlecker hat seine Leute entlassen und in eine Zeitarbeitsfirma gesteckt. Dort verdienen die Menschen viel weniger, obwohl sie die gleiche Arbeit leisten. Soll das die Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland werden, oder ist das ein Skandal? Wenn das ein Skandal ist: Warum stellen Sie sich dann nicht hierhin und sagen Schlecker, dass es ein Skandal ist und dass wir das nicht dulden können? Der SPD-Abgeordnete Brandner hat damals gesagt, man wolle die Leiharbeit aus der Schmuddelecke herausführen. Ich kann Ihnen nur sagen, Herr Steinmeier: Die Leiharbeit ist voll in der Schmuddelecke drin. Dafür haben Sie mit gesorgt. Jetzt gibt es aber eine Lösung. Frau Bundeskanzlerin, wenn Sie die Leiharbeit nicht abschaffen wollen, können wir uns durchaus verständigen. Machen wir es wie in Frankreich. Das ist kein sozialistisches Beispiel. Das müsste doch erträglich sein. Was macht man in Frankreich? In Frankreich sagt man einer kleinen Firma, deren Elektromeister erkrankt ist: Gut, ihr könnt euch einen Elektromeister ausleihen; aber dem müsst ihr dasselbe plus 10 Prozent zahlen. Es ist für euch teurer. – Weil es teurer ist, bekommt es den Charakter einer absoluten Ausnahme. Nur bei uns sparen die Unternehmen, wenn sie Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter beschäftigen. Dadurch kommt Missbrauch zustande und werden die Belegschaften so lange unter Druck gesetzt, bis sie einverstanden sind, die Löhne zu reduzieren. Genau das geht nicht. Dagegen werden wir strikt kämpfen, und zwar überall, auch im Landtagswahlkampf von NordrheinWestfalen, um das hier klar und deutlich zu sagen. Rot-Rot in Berlin hat übrigens etwas sehr Positives erreicht; darüber wird nicht gesprochen. Rot-Rot hat die sogenannten Christlichen Gewerkschaften verklagt, die sittenwidrige Tarifverträge gerade mit Zeitarbeitsfirmen abgeschlossen haben. Nun hat man erreicht, dass die Gerichte gesagt haben: Das geht nicht; das ist unzulässig. – Es steht allerdings noch die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts aus. Wenn das Bundesarbeitsgericht das aber bestätigt – das hoffe ich sehr –, dann stehen Sie, Frau Bundeskanzlerin Merkel, in der Verantwortung, das bundesweit zu überprüfen. Wenn man das Ganze bundesweit überprüfte und alle sittenwidrigen Verträge abschaffte, dann hätten nicht nur die Belegschaften etwas davon, weil sie mehr verdienten, sondern dann nähmen unsere Sozialkassen 500 Millionen Euro mehr ein, die ihnen zuvor durch die völlig sittenwidrigen Verträge, die dort abgeschlossen wurden, entzogen worden sind. In meiner Bürgerinnenund Bürgersprechstunde war ein Mann – es ist für Sie vielleicht interessant, sich das anzuhören, Frau Merkel und Herr Westerwelle –, der Hartz-IV-Empfänger ist. Bei ihm hat man jetzt eine Indi v M d le w d D s s a v A F n Z n d W a e w z ü L le la b g z ü a s H h K s a is h s E fa v R n v d (C (D idualmaßnahme beschlossen, die noch für 200 andere enschen gilt. Zu dieser Individualmaßnahme gehört, ass er fünf Monate unentgeltliche Praktikumsarbeit isten muss; da ist nichts mit Zuverdienst. Wissen Sie, as Sie da organisieren? – Sie organisieren damit, dass ie Unternehmer Arbeitskräfte kostenlos bekommen. as baut die Vollzeitbeschäftigung ab. Sie schaffen mit olchen Maßnahmen keine neuen Arbeitsplätze, sondern chaffen sie geradezu ab. Hören wir doch endlich damit uf! Die FDP schimpft immer gegen zu viel Staat und zu iele Subventionen. Ich wundere mich, wieso Sie bei der ufstockung nie schimpfen. Das ist doch die höchste orm fehlgeleiteter Subventionen. Aufstockung bedeutet ichts anderes, als dass Sie dem Unternehmer sagen: ahl so wenig Lohn, wie du willst, die Differenz überimmt der Staat. – Auch das finden Sie gut, Frau Buneskanzlerin Merkel. Ich finde, das ist ein Skandal. enn jemand Vollzeitarbeit leistet, dann hat er Anspruch uf einen Lohn, mit dem er in Würde leben kann, nicht inen Anspruch darauf, zum Sozialamt geschickt zu erden. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


Frau von der Leyen ist jetzt verpflichtet, die Rente ab 67
u überprüfen. Sie hat schon gesagt, sie wird sie zwar
berprüfen, aber es wird dabei bleiben. Frau von der
eyen, wenn Sie schon mit dem Ziel überprüfen, dass al-
s dabei bleibt, dann können Sie es auch gleich bleiben
ssen.


(Beifall bei der LINKEN – Sigmar Gabriel [SPD]: Das hat eine gewisse Logik!)


Es wird immer gesagt, die Älteren müssten länger ar-
eiten. Wissen Sie aber, wie viele der 63- bis 64-Jähri-
en heute beschäftigt sind? – 7,4 Prozent! Über 90 Pro-
ent sind ohne Beschäftigung. Und Sie sagen diesen
ber 90 Prozent, sie sollten gefälligst zwei Jahre länger
rbeiten. Das ist in einer leicht altersrassistischen Gesell-
chaft geradezu ein Hohn!


(Beifall bei der LINKEN)


Wir haben gerade eine Kindergelderhöhung erlebt.
err Schäuble hat sich sehr aufgeregt, als ich gesagt
abe, dass die Hartz-IV-empfangenden Eltern für ihre
inder nicht einen Cent mehr bekommen. Er hat gesagt,

ie bekämen einen anderen Kinderzuschlag. Man darf
ber nicht vergessen, dass dieser gar nicht erhöht worden
t. Wenn Sie das Kindergeld für alle erhöhen, warum er-
öhen Sie dann nicht wenigstens auch den Kinderzu-
chlag für Hartz-IV-Empfänger? Dazu habe ich keine
rklärung gehört. Das Ganze liegt jetzt beim Bundesver-
ssungsgericht. Ich hoffe und glaube, dass das Bundes-

erfassungsgericht Ihnen bescheinigen wird, dass die
egelsätze für Kinder von Hartz-IV-Empfängern zu
iedrig und daher verfassungswidrig sind. Sie sprechen
on Chancengleichheit für Kinder, sorgen aber dafür,
ass so viele Kinder in Armut aufwachsen, dass von






(A) )



(B) )


Dr. Gregor Gysi
Chancengleichheit nicht einmal im Ansatz die Rede sein
kann.


(Beifall bei der LINKEN)


Im Übrigen brauchen wir endlich die Rentenanglei-
chung zwischen Ost und West; dazu werde ich ein ande-
res Mal etwas sagen.

Frau Bundeskanzlerin, Sie haben erklärt, dass Sie
keine Zweiklassenmedizin wollen. Ich habe aber den
Eindruck, Sie wollen eine Dreiklassenmedizin. Was or-
ganisieren Sie eigentlich? – Sie wollen eine Kopfpau-
schale. Ich bitte Sie! Sie wollen, dass die Lidl-Verkäufe-
rinnen und Herr Ackermann den gleichen Betrag in die
Versicherung einzahlen. Ist Ihnen schon mal aufgefallen,
dass eine Lidl-Verkäuferin etwas weniger verdient als
Herr Ackermann und dass man das deshalb anders orga-
nisieren muss?


(Beifall bei der LINKEN)


Außerdem haben Sie über Bildung gesprochen. Sie
haben Recht, bei Bildung geht es nicht nur um Geld.
Aber uns fehlen jährlich 40 Milliarden Euro. Ihr Hin-
weis, die Kommunen sollten darauf hoffen, dass Sie ih-
nen jetzt das Geld wegnehmen, damit später etwas zu-
rückkommt, nutzt den Schülerinnen und Schülern
absolut gar nichts.

Wenn Sie es mit der Chancengleichheit, von der Sie
geredet haben, ernst meinen, muss endlich die soziale
Ausgrenzung bei der Bildung aufhören. Wer die Kinder,
wie zum Beispiel in Bayern, nach der vierten Klasse
trennt, der betreibt nicht anderes als soziale Ausgren-
zung. Wir kämpfen für Gemeinschaftsschulen, damit
alle Kinder in Deutschland eine Chance auf eine gute
Bildung haben.


(Beifall bei der LINKEN – Zuruf des Abg. Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP])


– Ich weiß, dass Sie das nicht wollen. Sie wollen immer
die Eliteförderung. Das Professorenkind soll ganz
schnell von dem Hartz-IV-Empfänger-Kind getrennt
werden. Wir wollen das nicht. Wir wollen, dass auch das
Hartz-IV-Empfänger-Kind eine Chance bekommt.


(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der CDU/CSU: So ein Blödsinn!)


Frau Bundeskanzlerin, Sie haben gesagt, dass Sie al-
les Notwendige gegen die Krise getan haben. Aber auch
Selbstüberschätzung muss doch Grenzen haben.


(Beifall bei der LINKEN)


Nicht eine einzige Regulierungsmaßnahme für die Fi-
nanzmärkte ist eingeführt worden. Der größte Skandal
in Ihrer Rede war, dass Sie gesagt haben, die Kosten der
Krise müssten von allen Steuerzahlerinnen und Steuer-
zahlern bezahlt werden, und dass Sie das gerecht finden.
Die Krise wurde aber von den Managern der Banken und
den verantwortlichen Politikern angerichtet. Und jetzt
sagen Sie der Lidl-Verkäuferin, sie solle dafür mit ihren
Steuern bezahlen. Das finde ich grob ungerecht, und da-
her schlagen wir andere Lösungen vor.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D Aber zurück zum Spendenthema von gestern. Herr esterwelle, 1,1 Millionen Euro von Baron von Finck on Mövenpick im Zusammenhang mit dem ermäßigten ehrwertsteuersatz bei Hotels – das werden Sie nicht s. Zudem gab es 820 000 Euro für die CSU. (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist immer noch besser als SED-Geld!)


Nun sagen Sie zu Recht: Auch andere Parteien kriegen
penden. – Die Allianz ist ein tolles Beispiel. Die
iester-Rente wurde eingeführt. Seitdem bekommen
DU, CSU, FDP, SPD und Grüne jährlich je 60 000 Euro
on der Allianz. Ich habe mich sehr über das geärgert,
as Herr Schäuble gestern gesagt hat. Das will ich be-
ründen. Er hat hier am Pult gesagt, dass er es als einen
kandal empfindet, dass wir das öffentlich machen, weil
ir damit die parlamentarische Demokratie gefährden.
as war seine Aussage. Ich sage Ihnen: Das ist eine Un-
erschämtheit. Die Spenden und die Annahme der Spen-
en gefährden die parlamentarische Demokratie, nicht
ie Tatsache, dass man etwas dagegen tut.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Politik gerät doch immer stärker in den Ruf, kor-
pt zu sein, käuflich zu sein. Wenn wir das nicht wol-
n, dann lassen Sie uns doch gemeinsam eine Verständi-
ung darüber herbeiführen, dass Spenden von größeren
nternehmen, von Versicherungen, von Banken und von
irtschaftsverbänden an die Parteien verboten sind. Lie-

er würde ich die staatlichen Mittel erhöhen,


(Zurufe von der FDP: Aha!)


ls von Spenden abhängig zu werden, wie Sie es inzwi-
chen sind, und dann die Politik derjenigen zu betreiben,
ie spenden.


(Beifall bei der LINKEN – Zuruf des Abg. Jörg van Essen [FDP])


Herr van Essen, wie soll das denn enden? Wollen wir
erträge schließen? Dann schließen wir Verträge mit be-
timmten Unternehmen und bringen anschließend ent-
prechende Anträge ein, und Sie machen dasselbe mit
nderen Unternehmen. Wo leben wir denn hier? Wir sind
ie Repräsentanten des Volkes und nicht die irgendwel-
her Lobbyisten. Das muss deutlich werden.


(Beifall bei der LINKEN)


Herr Bundesminister Rösler, auch Sie pflegen dies,
dem Sie einen Lobbyisten der privaten Krankenversi-

herungen einstellen, der Ihnen die Gesetze entwerfen
oll. Auch das kennen wir schon seit längerer Zeit. Was
oll denn eigentlich dabei herauskommen? Ich kenne
esetzentwürfe, die britische Anwaltskanzleien ge-

chrieben haben. Sie wissen noch, das war in der letzten
egislaturperiode. Wo soll denn das Ganze enden? Wozu
ezahlen wir eigentlich die Beamtinnen und Beamten,
enn sie nicht einmal mehr einen Gesetzentwurf schrei-
en dürfen? Ich sage Ihnen: So geht das nicht. Wenn wir
ie Demokratie diesbezüglich stärken wollen, müssen
ir hier andere Regelungen treffen. Es geht nicht darum,
ass der Einzelne annimmt oder nicht annimmt. Wir






(A) )



(B) )


Dr. Gregor Gysi
müssen das unterbinden. Anders werden wir nicht glaub-
würdig.


(Beifall bei der LINKEN)


Nun haben Sie gesagt, die Steuersenkungen seien so
wichtig und würden so viel bringen. Sie treiben die
Kommunen in die Pleite, das stimmt. Sie schaden insge-
samt der Binnenwirtschaft, weil Ihre Vorstellungen, be-
stimmte Steuern zu senken, dazu führen, dass Sie genau
diejenigen schwächen, auf die wir dringend angewiesen
sind, wenn wir zum Beispiel mehr Vollbeschäftigung or-
ganisieren wollen.

Lassen Sie mich zu einem Beispiel kommen, dem
Stufentarif. Das ist eine Lieblingsidee der FDP. 10 Pro-
zent, 25 Prozent und 35 Prozent Steuern je nach Höhe
des Einkommens, das ist Ihre Vorstellung. Ich stelle fest:
Für die unteren Steuerzahlerinnen und Steuerzahler be-
deutete das eine Einsparung von 1 Prozent, für die Top-
verdiener von 16,8 Prozent. Finden Sie das nicht ein biss-
chen ungerecht? Darf ich mal daran erinnern, dass der
Spitzensteuersatz bei der Einkommensteuer unter dem
Christdemokraten Kohl bei 53 Prozent lag, dass er vom
Sozialdemokraten Schröder auf 42 Prozent gesenkt und
von der Großen Koalition für die Spitzeneinkommen
wieder auf 45 Prozent erhöht wurde? Und jetzt wollen
Sie auf 35 Prozent runter? Sie können den Besserverdie-
nenden gleich sagen, sie sollten überhaupt keine Steuern
bezahlen. Wie wollen Sie denn auf dieser Basis jemals
Steuergerechtigkeit herstellen? Das ist doch überhaupt
nicht mehr nachzuempfinden.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Sie, Frau Bundeskanzlerin, haben von dem größten
Defizit in Höhe von 86 Milliarden Euro gesprochen. Das
verstößt natürlich gegen die Maastricht-Kriterien. Auch
mit der künftigen Schuldenbremse, die Sie fälschlicher-
weise beschlossen haben, hat das nichts zu tun.

Nun kommt eine Sache, die wir Ihnen nicht durchge-
hen lassen können. Sie sagen, was Sie vorhaben, könn-
ten Sie leider erst nach der Steuerschätzung im Mai
2010 erklären. Für wie doof halten Sie denn die Leute?
Die merken doch alle, dass Sie ihnen erst nach der
NRW-Wahl sagen werden, was auf sie zukommt. Das ist
ein Wahlbetrug mit Ansage. Das ist überhaupt nicht hin-
nehmbar.


(Beifall bei der LINKEN)


Alle Kernzahlen sind Ihnen, Frau Bundeskanzlerin, doch
bekannt. Sie müssen doch keine Steuerschätzung abwar-
ten, die im Übrigen sowieso noch nie gestimmt hat. Sie
können sich darauf gar nicht verlassen. Sie haben doch
jetzt alle Kernzahlen, um sagen zu können, was Sie ei-
gentlich vorhaben. Immerhin, Herr Schäuble hat es an-
gedeutet. Er sprach davon, dass kein Politikbereich aus-
genommen sei, dass es keine Besitzstandswahrung gebe,
dass Einschnitte in Leistungsgesetze zu erwarten seien.
Welche denn? Warum sagen Sie das den Leuten nicht?
Ich empfinde das als höchst unehrlich. Seien Sie so offen
und sagen Sie jetzt, was Sie vorhaben, damit wir uns im
Rahmen der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen da-

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(C (D it auseinandersetzen können. Kommen Sie nicht mit em Trick, zu sagen: Das erklären wir eine Woche nach er Wahl. – Das ist nicht hinnehmbar. Das ist indiskutael. Ich möchte wissen: Was haben Arbeitnehmerinnen nd Arbeitnehmer, was haben Hartz-IV-Empfängerinnen nd Hartz-IV-Empfänger, was haben Rentnerinnen und entner zu erwarten von den Plänen, die Sie schmieden, m die Neuverschuldung, die Sie mit Ihrem sogenannten achstumsbeschleunigungsgesetz gerade vergrößert ha en, abzubauen? Die anderen werden es bezahlen müsen. (Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der FDP: Eben nicht!)


Stichwort „Steuergerechtigkeit“: Wir können gerne
al über Steuergerechtigkeit diskutieren. Wir sind zum
eispiel dafür, dass diejenigen, die bis zu 6 000 Euro im
onat verdienen, in Zukunft weniger Steuern zahlen als

eute. Diejenigen, die mehr verdienen, sollen aber end-
ch mehr zahlen. Auch das gehört nämlich zur Steuerge-
chtigkeit.


(Beifall bei der LINKEN)


ir haben Ihnen gesagt: Wir wollen eine Börsenumsatz-
teuer, auch zur Eindämmung der Spekulationen. Wir
aben Ihnen gesagt: Wir wollen endlich eine Vermögen-
teuer als Millionärsabgabe. Was ist denn daran so
chlimm, dass jemand, der mehr als1 Million Euro Ver-
ögen hat, darauf eine Steuer zahlt? Warum verweigern
ie sich denn? Mein Gott, es gibt sogar eine Gruppe von
illionären, die fordern, endlich mal Steuern bezahlen

u können. Richten Sie sich nach denen und nicht nach
en anderen!


(Beifall bei der LINKEN)


Wir haben gesagt: Wir wollen eine höhere Erbschaft-
teuer bei großen Erbschaften und natürlich auch eine
erechte Körperschaftsteuer. Wie ich schon gesagt
abe, ist trotz der Finanzkrise so gut wie nichts passiert.
er amerikanische Präsident hat eine Idee, die ich Ihnen,
rau Bundeskanzlerin, einmal erläutern muss. Ich weiß
icht, wann Sie das letzte Mal mit ihm telefoniert haben.
h habe von seiner Idee gelesen. Sie scheinen sich da-
it zu wenig zu beschäftigen.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE])


Was hat Obama gemacht? Obama hat gesagt, er wolle
on den Banken etwa 120 Milliarden Dollar kassieren.
r wolle jeden Cent zurück, den die Banken dem ameri-
anischen Volk direkt oder indirekt schuldeten. „Direkt
der indirekt“, das ist sehr spannend. Eine solche Ab-
abe, nämlich die „Finanzkrisenverantwortungsgebühr“,
rdern wir, und zwar deshalb, weil die Banken inzwi-

chen wieder riesige Bonuszahlungen leisten; dagegen
aben Sie nichts unternommen. Die Deutsche Bank etwa
at darüber hinaus einen Gewinn von 10 Milliarden
uro angekündigt. Das ist doch der Gipfel! Wir zahlen
ier täglich riesige Summen, die Banken erwirtschaften
esige Gewinne, leisten Bonuszahlungen, und Sie zie-






(A) )



(B) )


Dr. Gregor Gysi
hen die Banken mit keiner einzigen Steuer zur Bezah-
lung des Ganzen heran.


(Beifall bei der LINKEN)


Um es klar zu sagen: Bei den direkten und indirekten
Zahlungen geht es, lieber Herr Kauder, um die Aufwen-
dungen der Steuerzahler zur Bankenrettung. Es geht um
den Ausgleich für Steuermindereinnahmen; durch Ab-
schreibungen ihrer Verluste haben die Banken nämlich
deutlich weniger Steuern gezahlt. Es geht darum, dass
wir für die Rettung der HRE 12,8 Milliarden Euro an
Forderungen gesichert haben. Wenn wir diese Forde-
rungen nicht mit staatlichen Mitteln gesichert hätten,
dann wären sie abgeschrieben worden. Damit wären
wieder Steuerverluste verbunden gewesen. Es geht also
auch – ich muss das ganz deutlich sagen – um indirekte
Verluste. Wenn der Präsident der Vereinigten Staaten
von Amerika den Mumm hat, seine Banken zur Kasse zu
bitten, dann erklären Sie mir, warum Ihnen hier in
Deutschland dieser Mumm fehlt.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir fordern doch nur genau das, was dort geschieht.

Im Übrigen planen auch Frankreich und Großbritan-
nien die Einführung einer solchen Abgabe; Sie nicht,
Frau Merkel. Ich bitte, dass Sie den Bürgerinnen und
Bürgern erklären, warum Sie immer nur die Banken
schonen, immer nur die Hoteliers schonen, immer nur
bestimmte Lobbygruppen schonen, während die anderen
– bis hin zu den Verkäuferinnen und Verkäufern, den
Rentnerinnen und Rentnern – das alles bezahlen müssen.
Ich finde das unerträglich.

Eines werden Sie verstehen, Frau Bundeskanzlerin – wir
haben hin und her diskutiert; es bleibt dabei –: Wir kön-
nen Ihrem Etat leider nicht zustimmen.


(Anhaltender Beifall bei der LINKEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Oh, das ist aber eine Überraschung! Überraschung am Morgen!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1701500600

Das Wort erhält nun die Kollegin Birgit Homburger

für die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Birgit Homburger (FDP):
Rede ID: ID1701500700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir

wollen den Wohlstand erhalten, Perspektiven eröffnen
und Zukunftsfähigkeit schaffen. Dabei setzen wir nicht
zuerst auf den Staat, sondern vor allen Dingen auf die
Bürgerinnen und Bürger in diesem Land. Deshalb wol-
len wir die Rahmenbedingungen schaffen, durch die es
ermöglicht wird, dass die Potenziale ausgeschöpft wer-
den, die in dieser Gesellschaft stecken. Wir wollen den
Ideenreichtum und die Kreativität der Menschen anre-
gen. Wir wollen die Leistungsbereitschaft fördern. Jeder
in diesem Land soll im Rahmen seiner Möglichkeiten
Verantwortung übernehmen dürfen und übernehmen
können.

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(C (D (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


afür haben wir auch einen klaren Wählerauftrag erhal-
n. Die Menschen wollen, dass sich etwas ändert. Sie
ollen vor allen Dingen ein neues Verhältnis des Staates

u seinen Bürgern.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die reichen Bürger dürfen sich den Staat kaufen!)


abei muss man insbesondere eines zur Kenntnis neh-
en, Herr Trittin: Die Bürgerinnen und Bürger wissen

ehr genau: Nicht der Staat finanziert seine Bürger,


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sondern der Herr Finck die FDP!)


ondern die Bürgerinnen und Bürger finanzieren mit den
rträgen aus ihrer harten Arbeit den Staat. So verhält es
ich. Deshalb wollen wir, dass in diesem Land endlich
ieder fair mit den Bürgern umgegangen wird.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Aus genau diesem Grunde haben wir das Wachs-
msbeschleunigungsgesetz gemacht. Wir haben damit

inen Impuls für Wachstum und Beschäftigung gesetzt,
nd wir haben eine Entlastung vorgesehen, und zwar
ine Entlastung vor allen Dingen für die unteren Ein-
ommensgruppen, insbesondere für die Familien mit
iedrigem Einkommen. Das zeigt sich allein daran, dass
ir für die Erhöhung des Kinderfreibetrages 400 Millio-
en Euro aufwenden, für das Kindergeld jedoch 4,2 Mil-
arden Euro.


(Zurufe von der SPD)


as sind die Realitäten. Das zeigt schon, dass diejenigen
rofitieren, die wenig Geld haben, nämlich Familien mit
indern in unteren Einkommensschichten.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Nun, Herr Gysi, unterhalten wir uns einmal über die
irklichkeit.


(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


s interessiert Sie wahrscheinlich nicht, aber ich werde
s Ihnen trotzdem vortragen. Schauen wir uns einmal
eispielhaft an, meine Damen und Herren, was das
achstumsbeschleunigungsgesetz für eine alleinste-

ende Krankenpflegerin mit einem Gehalt von ungefähr
300 Euro brutto im Monat bedeutet.


(Ulrich Maurer [DIE LINKE]: Wo gibt es die?)


ie hat 2010 deutlich weniger Steuern zu zahlen und da-
urch 360 Euro mehr. Oder nehmen Sie den Elektroge-
ellen,


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nehmen Sie doch mal die Hartz-IVEmpfänger! 1,8 Millionen Kinder!)







(A) )



(B) )


Birgit Homburger
mehrere Berufsjahre, verheiratet, zwei Kinder, ungefähr
25 000 Euro Einkommen im Jahr – das sind realistische
Zahlen –: Dieser musste bisher Steuern bezahlen, er
zahlt jetzt keine Steuern mehr.


(Ulrich Kelber [SPD]: Und Gebühren?)


Er hat 536 Euro im Jahr mehr, das heißt ungefähr
45 Euro mehr im Monat.


(Zurufe von der SPD)


– Jetzt schreien Sie nicht dazwischen! Das mag für Sie
wenig sein, weil Sie nur die Realität hier im Bundestag
kennen. Aber für diese Familien ist das viel Geld. Diese
Realität müssen Sie endlich mal zur Kenntnis nehmen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Zurufe des Abg. Ulrich Kelber [SPD])


– Herr Kelber, es nützt Ihnen nichts, wenn Sie nur
schreien; damit haben Sie noch kein Konzept.

Ich sage Ihnen ganz deutlich: All das, was diese
christlich-liberale Koalition jetzt macht, stand in unseren
Wahlprogrammen.


(Zuruf von der SPD: Dafür haben Sie aber Geld bekommen!)


All das war lange vor dem 27. September 2009 klar. Wir
haben dann einen klaren Wählerauftrag erhalten, nicht
trotz, sondern wegen unseres klaren politischen Kurses.
Genau den werden wir jetzt auch gemeinsam umsetzen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Anton Schaaf [SPD]: Gnadenlos! – Thomas Oppermann [SPD]: Koste es, was es wolle!)


Dann lesen wir allenthalben, dass Herr Gabriel, der
sich da hinten freundlich unterhält,


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist ja sein Recht! – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Soll er sich unfreundlich unterhalten?)


vor Wählerbetrug warnt. Herr Gabriel, mich wundert das
nicht. Schauen wir uns einmal an, was die SPD gemacht
hat: Vor der Wahl 2002 haben Sie gesagt, Sie wollten die
Steuern nicht erhöhen. Nach der Wahl haben Sie sie na-
türlich erhöht. Vor der Wahl 2005 haben Sie ganz klar
gesagt, niemals würden Sie einer Mehrwertsteuererhö-
hung zustimmen. Selbstverständlich wurde 2005 die
Mehrwertsteuer erhöht, und es folgten weitere 19 Steuer-
erhöhungen. Das ist die Realität. Wenn also jemand in
diesem Land Erfahrung mit Wählerbetrug hat, dann sind
es Sie, Herr Gabriel, und die SPD.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Thomas Oppermann [SPD]: Warum klatscht die Union da gar nicht? – Dr. Frank-Walter Steinmeier [SPD]: Die Union bleibt stumm! – Gegenruf des Abg. Volker Kauder [CDU/CSU]: Überhaupt nicht!)


Ich sage Ihnen: Es ticken nicht alle so wie Sie. Wir wer-
den weiter Wort halten.

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(C (D Schauen wir uns einmal die Einnahmesituation an: ie staatlichen Einnahmen sind in den letzten Jahren ge tiegen, die Verschuldung ebenso. In den elf Jahren Reierungszeit der SPD haben Sie es geschafft, 300 Milliaren Euro zusätzliche neue Schulden zu machen, nd Ihre Planung sah vor, weitere 350 Milliarden Euro chulden zu machen – und das, obwohl die Staatseinahmen weiter steigen. (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Gehen Sie doch ins Hotel!)


(Zurufe von der SPD)


as zeigt dreierlei: Erstens. In konjunkturell guten Zei-
n wurde nicht ausreichend gespart. Das lag in Ihrer
erantwortung, meine Damen und Herren.


(Beifall bei der FDP – Dr. Frank-Walter Steinmeier [SPD]: Aber das machen Sie jetzt? Wunderbar!)


Zweitens. Der Staat hat kein Einnahmeproblem, er hat
in Ausgabenproblem.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Thomas Oppermann [SPD])


Drittens. Der Glaube, man müsse nur mehr Einnah-
en haben, um den Haushalt in Ordnung bringen zu

önnen, hat sich nicht bewahrheitet. Deswegen werden
ir einen anderen Weg gehen, nämlich den eines fairen
mgangs mit den Bürgern. Wir werden Steuerentlastun-
en vornehmen und damit auch die Wirtschaft wieder
nkurbeln.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Thomas Oppermann [SPD]: Und das finanzieren Sie alles auf Pump! Sie haben doch gar kein Geld dafür!)


Auch das haben wir gerade klargestellt.

Entsprechend dem Koalitionsvertrag halten wir an der
roßen Steuerstrukturreform fest. Wir wollen auch
ine weitere Entlastungswirkung erreichen, und zwar
urch eine Verbesserung der Leistungsgerechtigkeit und
urch die Vereinfachung des Steuerrechts.


(Beifall des Abg. Carsten Schneider [Erfurt] [SPD])


ir wollen, dass ein Arbeitnehmer endlich wieder ver-
teht, was der Staat von ihm will, und dass er beurteilen
ann, ob das auch fair ist. Ich sage Ihnen: Wenn ein Ar-
eitnehmer mit 30 000 Euro brutto im Jahr von jedem
usätzlich verdienten Euro 52 Cent abgeben muss, dann
at das nichts mehr mit Fairness im Umgang mit den
ürgern zu tun, sondern dann ist das Abzocke. Das de-
otiviert die Leistungsbereiten, und deshalb werden wir

as im Sinne der Mitte dieser Gesellschaft beenden.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir wollen damit Impulse geben, um die Krise zu
berwinden, und Rahmenbedingungen so setzen, dass
ozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze erhalten und






(A) )



(B) )


Birgit Homburger
neue geschaffen werden können. Wir wollen einen Auf-
bruch für Deutschland.


(Zurufe von der SPD: Oh!)


Dazu ist es auch nötig, dass Einsparungen vorgenommen
werden.


(Thomas Oppermann [SPD]: Ja, wo denn?)


Das haben wir immer gesagt. Haushaltskonsolidierung
und Steuerentlastung gehen bei uns Hand in Hand.


(Thomas Oppermann [SPD]: Dann sagen Sie doch mal, wo!)


Fangen wir beim Haushalt 2010 an. Vielleicht hätten
Sie sich den einmal anschauen sollen, bevor Sie an die-
ser Debatte teilnehmen, meine Damen und Herren. Im
Haushalt 2010 ist es nämlich gelungen, mit einer gerin-
geren Neuverschuldung,


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Durch unsere Wachstumspolitik!)


als noch mit einem SPD-Finanzminister unter der alten
Regierung beschlossen, auszukommen, obwohl wir die
Bürgerinnen und Bürger und die Unternehmen zum
1. Januar dieses Jahres entlastet haben. Das zeigt: Es
geht, wenn man will.


(Beifall bei der FDP)


Nun zum Haushalt 2011. Natürlich werden wir die
Schuldengrenze einhalten.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Aha! Wie denn?)


Das ist eine pure Selbstverständlichkeit. Wir werden
trotzdem alles daransetzen, im Haushalt weitere Entlas-
tungsspielräume für die Bürgerinnen und Bürger zu erar-
beiten.


(Thomas Oppermann [SPD]: Sagen Sie mal, wo Sie sparen wollen!)


Dass das harte Arbeit ist, wissen wir. Deshalb werden
wir alle Subventionen auf den Prüfstand stellen.


(Thomas Oppermann [SPD]: Hotelsubvention!)


Deshalb werden wir dafür sorgen, dass der Staat endlich
effizienter arbeitet. Wenn ich mir die strukturellen Defi-
zite in diesem Haushalt anschaue, stelle ich fest, dass wir
hier erhebliche Einsparpotenziale haben.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo denn?)


Diese Einsparpotenziale werden wir heben und dem
Haushalt nachhaltig zur Verfügung stellen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Wo denn? Los, Beispiele!)


Außerdem werden wir den Bürokratieabbau voran-
treiben; denn das ist ein Konjunkturprogramm zum Null-
tarif. Auch das wird helfen. Wir werden dafür ein Ge-

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(C (D amtkonzept vorlegen, und zwar dann, wenn es orgelegt werden muss, nämlich zusammen mit dem aushalt 2011, (Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Blablabla!)


nd der wird wie immer planmäßig im September dieses
ahres in diesem Hohen Hause debattiert werden.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Nur heiße Luft! – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kein einziges Beispiel!)


Es ist schon bemerkenswert, dass vonseiten der Oppo-
ition die ganze Zeit hineingebrüllt wird. Ich habe von
nen noch kein einziges Konzept gesehen.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie man in den Wald reinruft, so schallt es wieder raus, Frau Homburger!)


Das geht an die Adresse der SPD, Herr Trittin. Ich
laube nicht, dass Sie die gerade verteidigen wollten.


(Dr. Frank-Walter Steinmeier [SPD]: Doch, der ist vernünftig!)


Das wird sich noch zeigen, Herr Steinmeier. – Es geht
n die Adresse der SPD, weil ich es bemerkenswert
nde, wie Sie sich neu aufstellen. Von Ihrer Klausurta-
ung wurde berichtet, dass Ihr Parteivorsitzender erklärt
abe, der Satz „Erst das Land, dann die Partei“ habe in
ieser Form für die SPD an Gültigkeit verloren.


(Zuruf von der FDP: Skandalös!)


as ist Ihre Antwort auf die Krise in diesem Land. Das
t ein Offenbarungseid für eine einst so stolze sozial-
emokratische Partei. Sie sind von den Wählern zu
echt in die Opposition geschickt worden.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bei Ihnen heißt es: „Erst die Lobby, dann die Partei“, oder wie? – Thomas Oppermann [SPD]: Erst Mövenpick und dann das Land!)


Ich sage Ihnen ganz deutlich: Wir werden auch die
ereinfachung des Steuersystems vorantreiben.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Bei Ihnen läuft ja alles wie geschmiert!)


ir haben in unserem Koalitionsvertrag bereits
9 konkrete Maßnahmen aufgeschrieben. Das kann man
achlesen; das brauche ich jetzt nicht vorzulesen. Wir
ind ja nicht hier, um Ihnen eine Vorlesung zu geben.

ir gehen davon aus, dass Sie lesen können. Wir können
nen gerne ein Exemplar des Koalitionsvertrages

chenken, wenn Sie noch keines haben.


(Dr. Frank-Walter Steinmeier [SPD]: Nein! Nein! Nein! – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Wir nehmen keine Spenden!)







(A) )



(B) )


Birgit Homburger
Ich sage Ihnen sehr deutlich – auch das steht im Ko-
alitionsvertrag –: Wir werden das komplizierte Mehr-
wertsteuersystem, das undurchschaubar ist,


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


insgesamt überarbeiten.


(Zuruf des Abg. Anton Schaaf [SPD])


Dazu wird eine Kommission eingesetzt; denn das Mehr-
wertsteuersystem muss vernünftig vom Kopf auf die
Füße gestellt werden, und zwar in der kompletten Breite.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha! Aber erst einmal der Hotellerie etwas schenken!)


Dafür braucht man Zeit und eine vernünftige Vorberei-
tung. Sie haben das in Ihrer Regierungszeit nicht getan.
Wir werden uns dieser Aufgabe jetzt annehmen.


(Beifall bei der FDP)


In der Gesundheitspolitik hat uns Ulla Schmidt nicht
nur ihren wiedergefundenen Dienstwagen hinterlassen,
sondern auch einen völlig maroden Gesundheitsfonds.


(Zurufe von der SPD: Oh!)


Der von der SPD durchgesetzte Gesundheitsfonds hat
keine Stabilität geliefert.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Für 2010, also bereits nach einem Jahr, haben wir einen
Fehlbetrag von 8 Milliarden Euro.


(Zuruf des Abg. Hubertus Heil [Peine] [SPD])


Die Hälfte muss jetzt durch Steuerzuschüsse ausgegli-
chen werden.

Wir wollen ein solidarisches Finanzierungssystem,
das nicht an der Beitragsbemessungsgrenze endet. Wir
wollen den Einstieg in einkommensunabhängige Arbeit-
nehmerbeiträge und einen Sozialausgleich durch das
Steuersystem, weil wir davon überzeugt sind, dass es ge-
rechter ist, dass es die Arbeit nicht immer teurer macht
und dass es vor allen Dingen zukunftsfest ist. Das wer-
den wir im Gesundheitswesen umsetzen.


(Beifall bei der FDP – Thomas Oppermann [SPD]: Wollen Sie dazu die Steuern erhöhen?)


Ich möchte nun auf das zurückkommen, was Herr
Gysi hier über Hartz IV gesagt hat, und halte zunächst
einmal fest, dass das Sozialste, was man einem Men-
schen geben kann, ein Arbeitsplatz ist.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Von dem er leben kann!)


Genau das wollen wir erreichen. Wir wollen, dass wie-
der mehr Menschen Chancen auf sozialversicherungs-
pflichtige Beschäftigung in Deutschland haben. Einigen,
die sich in den letzten Tagen an Diskussionen über
Hartz IV beteiligt haben, muss man sagen, dass man mit
Pauschalierungen der Situation der Menschen nicht ge-
recht wird. Aus unserer Sicht gibt es – das ist die Hal-
tung der kompletten Koalition – keinen Bedarf an ge-
setzlichen Änderungen bei den Zumutbarkeitskriterien.

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(C (D a ist allenfalls bei der Umsetzung an der einen oder aneren Stelle etwas zu optimieren. Wenn ich mir die Reaktion der SPD anschaue, dann uss ich feststellen, dass es völlig überzogene Verbalatcken gab. Es gab den Versuch, von Ihrer Konzeptionssigkeit und von Ihrer desaströsen Situation abzulen en. Wir wollen, dass zukünftig das Steuersystem mit em Sozialsystem besser verknüpft wird. Deswegen erden wir Änderungen bei Hartz IV vornehmen; es ibt sehr wohl Änderungsbedarf. Ein Punkt ist, dass wir ie Hinzuverdienstmöglichkeiten verbessern werden, eil wir der Meinung sind, dass derjenige, der arbeitet, ehr haben soll als derjenige, der nicht arbeitet. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1701500800

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage?


Birgit Homburger (FDP):
Rede ID: ID1701500900

Ich möchte den Gedanken erst noch zu Ende führen,

err Präsident.

Wir werden auch beim Schonvermögen etwas än-
ern. Wir werden das Schonvermögen von 250 auf
50 Euro pro Lebensjahr erhöhen, weil wir der Meinung
ind, dass jemand, der das getan hat, was wir ihm die
anze Zeit gepredigt haben, nämlich ein Leben lang vor-
usorgen, und der dann unverschuldet in Hartz IV gerät,
esser gestellt sein muss als derjenige, der in seinem Le-
en nicht vorgesorgt hat.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


azu fällt der SPD jetzt nach elf Jahren auf der Regie-
ngsbank ein, dass sie das eigentlich auch gern gemacht

ätte. Sie sind herzlich eingeladen, uns bei diesen Ände-
ngen zu unterstützen.


(Dr. Frank-Walter Steinmeier [SPD]: Sie haben doch von unserem Gesetzentwurf abgeschrieben!)


ie christlich-liberale Koalition wird die Fehler Ihrer
artz-IV-Reformen zum Wohle der Menschen in diesem
and endlich beseitigen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1701501000

Frau Kollegin Homburger, darf der Kollege Beck Ih-

en nun eine Zwischenfrage stellen?


Birgit Homburger (FDP):
Rede ID: ID1701501100

Bitte.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701501200

Frau Kollegin, Sie haben gerade die Solidarität im

rankenversicherungssystem angesprochen. Ich habe
azu eine Frage an Sie: Trifft es eigentlich zu, dass die






(A) )



(B) )


Volker Beck (Köln)

Mitglieder der FDP-Fraktion Sonderkonditionen bei der
DKV angeboten bekommen?


Birgit Homburger (FDP):
Rede ID: ID1701501300

Sehr verehrter Herr Beck, ich weiß nicht, wo es Son-

derkonditionen gibt. Fakt ist, dass jeder das Recht hat,
sich selbst zu versichern, und dass wir wollen, dass alle
in diesem Lande das Recht bekommen, ihre Kranken-
kasse frei zu wählen. Das haben Sie in der Vergangen-
heit verhindert. Wir wollen, dass die Menschen in die-
sem Land, die mehr entscheiden können, als Sie ihnen
zutrauen,


(Zuruf von der SPD: Was ist die Antwort?)


endlich die Möglichkeit erhalten, selbst zu entscheiden,
wo sie sich versichern, in welchem Umfang sie sich ver-
sichern und welche Zusatzversicherungen sie abschlie-
ßen. Dazu sind die Menschen selbst in der Lage, und ge-
nau das werden wir auch auf den Weg bringen, Herr
Beck.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Also, das bestreiten Sie nicht? – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Sie haben es nicht bestritten!)


Wir werden dieses Land zukunftsfest machen. Des-
halb werden wir 12 Milliarden Euro zusätzlich in Bil-
dung und Forschung investieren. Es ist uns ein ganz
zentrales Anliegen, dass zu Beginn von Bildungskarrie-
ren von Kindern investiert wird. Wir wollen Chancen-
gleichheit beim Start und nicht Ergebnisgleichheit am
Schluss. Wir wollen die Potenziale erschließen, die es
unabhängig von Herkunft, Schicht oder Geschlecht eines
Kindes gibt. Kein Kind darf in diesem Bildungssystem
verloren gehen. Das ist das Ziel. Deshalb werden wir uns
von Bundesseite engagieren. Wir werden ein Stipendien-
wesen aufbauen.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Und Studiengebühren einführen!)


Wir werden genauso Impulse setzen und bei den Län-
dern anregen, dass mehr in frühkindliche Bildung inves-
tiert wird,


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Und in das Betreuungsgeld!)


weil das der Schlüssel für soziale Gerechtigkeit ist.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)


Wir wollen Aufstiegschancen durch Bildung. Das
ist das Ziel. Deswegen müssen wir zur Kenntnis neh-
men, dass es Familien gibt, die ihrer Verantwortung ge-
recht werden, und dass es andere gibt, die das offensicht-
lich nicht tun und deren Kinder, wenn sie in die Schule
kommen, nicht in der Lage sind, lesen und schreiben zu
lernen. Diese Defizite müssen beseitigt werden, bei-
spielsweise dadurch, dass im vierten Lebensjahr eine
Sprachstandsdiagnose erhoben wird; in Baden-Württem-
berg ist das bereits flächendeckend der Fall. Wenn dann
Förderbedarf erkennbar ist, folgt zwingend eine Förder-

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(C (D aßnahme. Denn wir wollen, dass die Menschen, die Juendlichen und die Kinder in diesem Lande tatsächlich hancen haben. Dies könnten wir vonseiten der Bundesbene für das ganze Bundesgebiet anstoßen. (Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Deshalb ist das Betreuungsgeld so interessant? – Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Was sagen Sie zum Betreuungsgeld?)


Ich sage Ihnen ganz deutlich: Wir werden im Rahmen
es Prinzips „Fordern und Fördern“ nicht nur die Kinder
rdern, sondern müssen auch die Eltern in dieser Ge-

ellschaft fordern. Auch die Eltern müssen in diesem Zu-
ammenhang ihre Verantwortung wahrnehmen. Anders
ird das nicht machbar sein.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1701501400

Frau Kollegin Homburger, der Kollege Heil würde

erne eine Zwischenfrage stellen.


Birgit Homburger (FDP):
Rede ID: ID1701501500

Ja, bitte.


Hubertus Heil (SPD):
Rede ID: ID1701501600

Frau Kollegin Homburger, können Sie uns in dem Zu-

ammenhang, dass Sie Kinder früher und individueller
rdern wollen, einmal erklären, warum es eine gute Idee

ein soll, eine Prämie an die Eltern eines, sagen wir mal,
chlecht integrierten Kindes in Berlin-Neukölln zu zah-
n, damit das Kind bewusst nicht in die Kinderbetreu-
ng geht, wo es möglicherweise die Chance hätte, vor
er Schule die deutsche Sprache zu lernen? Warum wol-
n Sie als Liberale dieses Betreuungsgeld mit einfüh-
n, das alle Experten ablehnen, wenn Sie das wollen,
as Sie gerade gesagt haben, nämlich Aufstieg durch
ildung?


(Zuruf von der FDP: Es gibt auch gute Eltern! – Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)



Birgit Homburger (FDP):
Rede ID: ID1701501700

Zum Ersten. Es gilt auch hier, was ich vorhin zum

hema Hartz IV gesagt habe: Mit Pauschalierungen
erden Sie den Menschen in diesem Lande nicht ge-
cht. Diejenigen, die sich verantwortungsvoll verhalten,

aben es nicht verdient, von Ihnen so behandelt zu wer-
en.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Thomas Oppermann [SPD]: Antworten Sie doch mal auf die Frage! Das war eine konkrete Frage!)


Zum Zweiten. Wir werden – das habe ich gerade er-
utert – 12 Milliarden Euro zusätzlich in dieser Legisla-
rperiode in Bildung und Forschung investieren. Das

edeutet, dass wir für die Bildungschancen der jungen
eneration deutlich mehr tun, als Sie es in Ihrer Regie-
ngszeit getan haben.






(A) )



(B) )


Birgit Homburger

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Ich habe nach dem Betreuungsgeld gefragt!)


– Stellen wir doch einmal fest: Sie stellen die Fragen, ich
gebe die Antwort.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Zum Thema Betreuungsgeld, lieber Kollege, hat die
Frau Bundeskanzlerin gerade das Nötige gesagt.


(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Was denn?)


Man wird ein Konzept erarbeiten. Im Koalitionsvertrag
steht im Übrigen auch, dass das gegebenenfalls ein Gut-
scheinmodell werden kann.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


So wird das Problem, das Sie beschrieben haben, gar
nicht erst entstehen. Deswegen können Sie ganz gelas-
sen und sicher sein: Wir werden auch an diesem Punkt in
dieser Koalition eine gute Lösung finden, damit es für
mehr Menschen in diesem Land mehr Chancen gibt.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Schauen wir mal!)


Ich war gerade beim Thema Innovation und For-
schung. An dieser Stelle möchte ich unterstreichen, dass
das Energiekonzept für uns von besonderer Bedeutung
ist, dass wir das Zeitalter erneuerbarer Energien errei-
chen wollen und deshalb im Bereich Technologiepolitik
etwas tun und in Technologien investieren werden, bei-
spielsweise im Bereich der Speichertechnologie, was Sie
in der Forschungspolitik über lange Zeit verhindert ha-
ben, insbesondere unter Rot-Grün.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Erreicht den Hof mit Müh und Not; in seinen Armen das Kind war tot!)


Wir werden auch darauf setzen, dass es eine größere
Energieeffizienz, dezentrale Energieerzeugung und vir-
tuelle Kraftwerke gibt. Wir brauchen einen vernünftigen
Energiemix, einen tragfähigen Energiemix mit einem
höheren Anteil erneuerbarer Energien; erstens aus Kli-
magründen und zweitens, weil das großartige Ex-
portchancen für die deutsche Wirtschaft eröffnet.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Diese Koalition will Deutschland erneuern. Deswe-
gen werden wir auch Änderungen auf dem Finanzmarkt
herbeiführen.


(Klaus Hagemann [SPD]: Aha!)


Wir haben eine Finanzmarktkrise erlebt, die mehrere
Aspekte deutlich gemacht hat. Es gab bisher schon Re-
geln, aber wir haben feststellen müssen, dass diese Re-
geln an vielen Stellen leider nicht eingehalten wurden.
Das hat auch etwas damit zu tun, dass diese Regeln nicht
richtig überwacht werden.

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(C (D Nun komme ich zu der Frage, die Sie vorhin aufgeorfen haben: Brauchen wir einen starken Staat, oder rauchen wir einen schwachen Staat? Natürlich brauhen wir einen starken Staat. (Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie machen ihn doch schwach!)


nsere Definition eines starken Staates ist, dass er nur
ie Gesetze macht, die er wirklich braucht, und dann da-
r sorgt, dass die existierenden Gesetze durchgesetzt
erden. Das ist ein starker Staat.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Genau das werden wir tun. Wir werden die Aufsicht,
ie bisher zersplittert war, bei der unabhängigen Deut-
chen Bundesbank zusammenführen. Das ist ein Fort-
chritt, weil wir dann endlich eine Instanz haben, die da-
r zuständig ist, den Banken auf die Finger zu schauen.


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Finger reicht nicht!)


s ist wichtig, dass der Finanzmarkt sauber kontrolliert
ird.

Wir brauchen auch neue Regeln. Ich sage in aller
eutlichkeit: Dass es im Bereich Finanzmarkt Probleme
ab, lag auch daran, dass diejenigen, die Verantwortung
atten, nicht das Risiko getragen haben. Wir haben uns
ls FDP immer dafür eingesetzt – ich weiß, dass CDU/
SU das genauso sehen –, dass es einen unmittelbaren
usammenhang zwischen Risiko und Verantwortung
ibt. Den Fall haben wir beispielsweise bei Familienun-
rnehmen, wo ein Unternehmer jeden Tag mit seiner
xistenz und der Existenz seiner ganzen Familie dafür
teht, dass etwas funktioniert. Genau das müssen wir
uch im Finanzmarktbereich schaffen, nämlich dass wir
isiko und Verantwortung wieder zusammenbringen,
ass die Verantwortung von denjenigen übernommen
erden muss, die die Entscheidungsmöglichkeiten ha-
en. Das ist das Ziel. Wir brauchen ein verantwortliches
andeln in diesem Bereich. Das wird man nur dadurch

chaffen, dass wir wieder die Übernahme von Risiken
infordern.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ein letzter Punkt in diesem Zusammenhang. Ich bin
er Auffassung, dass bei den Banken, die damals zu
echt mit einem Bankenrettungsschirm versehen wor-
en sind, richtig gehandelt wurde. Das war zum damali-
en Zeitpunkt notwendig. Wir waren damals in der Op-
osition und haben trotzdem erkannt, dass die Situation
chwierig war und es notwendig war, dass gehandelt
urde. Wenn ich die getroffenen Entscheidungen be-
achte und die Tatsache berücksichtige, dass wir im
ückblick wissen, was alles passiert ist und was offen-

ichtlich an Fehlern gemacht worden ist, dann bin ich
er Meinung, dass auch die Frage einer zivilrechtlichen
aftung der Verantwortlichen geprüft werden muss.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach, auf einmal!)







(A) )



(B) )


Birgit Homburger
Das sind wir den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern in
diesem Land schuldig. Genau das werden die Verant-
wortlichen an den Stellen, an denen wir Einfluss haben,
auch tun.


(Beifall bei der FDP)


Alle Gesetzesänderungen, die zur Stärkung der Verant-
wortung nötig sind, alle Gesetze, die in elf Jahren sozial-
demokratischer Finanzminister nicht auf den Weg ge-
bracht worden sind, werden dank der neuen christlich-
liberalen Koalition jetzt kommen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Frank-Walter Steinmeier [SPD]: Das befürchten wir auch!)


Diese Koalition hat ein anderes Staatsverständnis.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Ja!)


Wir setzen zuerst auf den Bürger und dann auf den Staat.


(Beifall bei der FDP – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Erst auf Mövenpick und dann auf den Staat!)


Wir setzen auf die Schaffenskraft und den Ideenreichtum
der Bürgerinnen und Bürger. Diesem Ideenreichtum,
dieser Kreativität wollen wir wieder mehr Raum geben,
mehr Freiheit lassen.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Vor allen Dingen den Hotels!)


Diese Seite des Hauses, die christlich-liberale Koali-
tion, denkt den Staat vom Bürger her.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vom Bürger Finck in Thurgau!)


Diese Seite des Hauses, die Opposition, setzt viel zu viel
auf den Staat und bremst die Bürger aus.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das ist der zentrale Unterschied. Das macht den Zusam-
menhalt dieser Koalition aus. In genau diesem Sinne
werden wir Deutschland erneuern und mehr Chancen für
mehr Menschen in diesem Land schaffen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1701501800

Nächste Rednerin ist die Kollegin Renate Künast für

die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701501900

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau

Merkel, Sie haben uns viel von neuem Denken erzählt,
gesagt, jetzt müsse neu gedacht werden. Ich hätte mir ge-
wünscht, man hätte bei Ihrer Rede den Eindruck gehabt,
dass Sie tatsächlich gedacht haben, und zwar an alle
Menschen in diesem Land, an 1,8 Millionen arme Kin-
der in diesem Land, an die Frage, wo eigentlich morgen
die Arbeitsplätze für Junge und Alte in diesem Land ent-

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(C (D tehen bzw. wie sie erhalten werden können. Aber dazu aben Sie faktisch gar nichts gesagt. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


h hatte angesichts der Art Ihrer Rede das Gefühl, dass
an das Redepult für Sie demnächst in die Kuppel oder

ar in die Wolken hängen könnte. So ungefähr war Ihr
edebeitrag, Frau Merkel.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Wo waren Sie denn heute Morgen? – Norbert Barthle [CDU/ CSU]: „Frau Dr. Merkel“! So viel Zeit muss sein!)


Das Ganze wurde gekrönt von dem üblichen Kla-
auk eines Guido Westerwelle, der erst einmal der
absburger k. u. k. Schule entsprechend den Arm um
ie Kanzlerin legen muss, damit ihn auch jeder fotogra-
ert. Herr Merkel – –


(Lachen bei der CDU/CSU – Norbert Barthle [CDU/CSU]: Ganz schön konfus die Opposition!)


Na ja, Frau Merkel, Herr Westerwelle. – Sie brauchen
ar nicht zu gehen, Herr Westerwelle. Ich weiß, eine
18“ unter den Füßen ist nicht immer nur lustig. Dieses
and hat ernsthafte Probleme. Was wir brauchen, ist ein
eues Programm, ein Programm für den Aufbau dieses
andes, für eine Neuentwicklung. Dieses Programm
uss auch in dem Haushaltsentwurf, der vorgelegt wird,

einen Niederschlag finden. Ich stelle fest: Frau Merkel,
ie hatten schon einmal vier Jahre Regierungszeit. Sie
aben elf Jahre lang behauptet, wenn Sie nach dieser
erlobungszeit endlich mit Herrn Westerwelle regieren
önnten, würde alles gut. Aber Sie haben weder in den
ergangenen vier Jahren den Mumm gehabt, noch ha-
en Sie heute den Mut – das zeigt der Haushaltsentwurf
010 –, eine Strukturreform für dieses Land anzufas-
en. Dabei hätten wir das eigentlich nötig.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich muss einmal sagen: Wir haben in den ersten
00 Tagen, in der Schonfrist, in der man normalerweise
in bisschen zurückhaltend sein soll und Zeit geben soll,
in Programm umzusetzen, gedacht, Sie würden diese
00 Tage nutzen, etwas vorzulegen. Stattdessen haben
ir in den ersten 90 Tagen erlebt, wie sich kleine Möch-
gernhäuptlinge, Seehofer und Westerwelle, in den Vor-
ergrund stellen und streiten. Herr Westerwelle hat hier
inmal in seiner unnachahmlichen Art gesagt: Auf jedem
chiff, das dampft und segelt, gibt es einen, der das
anze regelt.


(Jörg van Essen [FDP]: Das hat er nicht hier gesagt, sondern auf dem Bundesparteitag in Düsseldorf!)


as würde ich an dieser Stelle gerne einmal sehen.

Stattdessen sehen wir drei Leute, die Häuptlinge sein
ollen, drei Parteivorsitzende, die sich, weil schon in
en ersten 100 Tagen nichts geht, bei Steak Tatar treffen.






(A) )



(B) )


Renate Künast
Ich habe mir die Augen gerieben, als ich das gesehen
habe. Ich muss wirklich sagen: So tief ist diese Wunsch-
koalition, Ihre Traumkoalition in den ersten 90 Tagen
schon gesunken, dass Sie auf archaische Sitten von
Stammesfürsten zurückgreifen müssen, nämlich den ge-
meinsamen rituellen Verzehr von rohem Fleisch. Aber
für dieses Land ist dabei schon wieder nichts herausge-
kommen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Volker Kauder [CDU/CSU]: Wäre es Ihnen lieber gewesen, sie hätten Gemüse gegessen? – Weitere Zurufe von der CDU/CSU: Müsli!)


Politik beginnt mit dem Betrachten der Wirklichkeit.
Frau Merkel, Sie haben hier gerade einen Versuch der
Betrachtung der Wirklichkeit unternommen: die Roh-
stoffpreise, die Energieknappheit, der wachsende Ener-
giehunger, der demografische Wandel, stärker belastete
Familien, Kinder ohne Bildungschancen, fehlendes
Fachpersonal in diesem Land und die große Enttäu-
schung nach Kopenhagen. Aber es reicht nicht, die
Wirklichkeit nur zu betrachten, Frau Merkel, man muss
dann auch anfangen, etwas zu tun. Die Wirklichkeit ver-
trägt jetzt keine Reaktion von mittelmäßigen, von sich
selbst begeisterten und kurzfristigen Lobbyinteressen
verpflichteten schwarz-gelben Regierungsmitgliedern.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Auch Ihre Autosuggestion hat uns nicht weiterge-
bracht. Das Betrachten der Realität heißt auch, auf die
Wirklichkeit zu reagieren. Das würde heißen: Schaffung
neuer Strukturen, zum Beispiel im Energiebereich,
Schaffung neuer Strukturen und Investitionen im Be-
reich Bildung, Schaffung einer neuen Verkehrsinfra-
struktur und ein Neuaufbruch bei der Wissenschaft. Aber
Sie sind diesen Herausforderungen faktisch mit Hasen-
füßigkeit, mit Klüngelpolitik und mit einer durchschau-
baren Notlüge begegnet. Diese durchschaubare Notlüge
heißt bei Ihnen, Frau Merkel, schweigen. Moderieren sei
eine ganz besondere perfide oder auch kreative politi-
sche Strategie. Davon haben wir nichts gemerkt. Ich
empfinde diese Bundesregierung nach 90 Tagen wie
folgt: Es ist eine Regierung ohne Werte, ohne Ziele,
ohne Plan und auch ohne Mut, auf die Herausforderun-
gen zu reagieren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Schauen wir uns Ihren Haushaltsentwurf einmal an.
Er wird nicht als Haushaltsentwurf 2010, sondern als
Haushaltsentwurf Rüttgers in die Geschichte der Repu-
blik eingehen. Das ist der Beweis: Sie können es nicht.
Sie haben angesichts der nun anstehenden Landtags-
wahl keinen Mut, jetzt endlich einmal das Zeitfenster
nach einem Jahr voller Wahlen – die Wahl in Hessen, die
Europa- und die Bundestagswahl – wieder zu schließen
und etwas anzupacken. Sie sagen, dass Sie auf die Steu-
erschätzung warten. Da kann ich nur Hermann Otto
Solms, sozusagen den Finanzfachmann dieser Regie-
rung, zitieren, der gestern gesagt hat:

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(C (D Ich erwarte von der Steuerschätzung keine besonderen neuen Erkenntnisse. Der Mann weiß Bescheid. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Sie müssen sich entscheiden, wie Sie Ihre 130 Mil-
arden Euro neue Schulden gegenfinanzieren wollen.
ahr ist: Es sind nicht 85, sondern 130 Milliarden Euro

chulden, wenn man all die Tricksereien dieser Koali-
on einbezieht. Sie sagen bei Ihren Steuersenkungsver-
prechen, zum Beispiel Mehrwertsteuer für die Hotelle-
e: Wort gehalten. Die FDP hat dies sogar plakatiert. Ich
age Ihnen: Dieser Haushalt drückt eines aus, nicht Wort
ehalten, sondern Hand aufgehalten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Dieser Haushalt drückt aus, dass bei der Mehrwert-
teuer, bei der Erbschaftsteuer mittlerweile Zahltag ist.
as Wort Gemeinwohl kommt in diesem Haushalt gar
icht vor. Wo sind die Sätze zur Gegenfinanzierung?
h sage Ihnen: Ich kann nicht akzeptieren, dass Herr
chäuble hier wie gestern immer in so einer netten Form
es Unbestimmten und umgeben von einer Nebelma-
chine warme Worte spricht und uns erzählt, dass wir
emnächst den Gürtel enger schnallen müssen.

Jetzt müssen Sie sagen, wie Sie Ihre Steuersenkungen
nd Ihre Neuverschuldung gegenfinanzieren wollen. Wo
ollen Sie den Leuten Geld streichen, welchen Unter-
ehmern, bei der Ökosteuer oder bei denen, die ökolo-
isch wirtschaften? Wollen Sie den Kindern Geld weg-
ehmen? Wollen Sie die Infrastruktur abbauen oder
as? Wen von denen, die Verursacher der Krise waren
nd daran noch verdienen, wollen Sie zur Kasse bitten?
ind Sie bereit, eine Vermögensabgabe einzuführen, um
amit anzufangen, die Schulden abzuzahlen? Das sind
ie Fragen und die Herausforderungen. Aber diese Re-
ierung hat keine Werte, keine Ziele, keinen Plan und
uch keinen Mumm. Sie können es nicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Was wir jetzt bräuchten, wäre ein grüner Zukunfts-
aushalt, der in Zeiten, in denen alle von Green Eco-
omy reden, tatsächlich eine Green Economy, Jobs und
innahmen generiert. Ein Haushalt, der verlässlich,
ansparent, wirklich nachhaltig und generationenge-
cht ist und die Schulden nicht einfach verschiebt. Ein
aushalt, der den Klimaschutz verankert und für sozia-
n Zusammenhalt, Daseinsvorsorge und Teilhabege-
chtigkeit Sorge trägt.

Meine Damen und Herren, Ihr Haushalt leistet nichts
avon. Sie predigen uns stattdessen Hoffnung nach dem
otto: Die Hoffnung stirbt immer zuletzt. Aber so geht

s nicht. Sie können nicht einfach einen undefinierten
achstumsbegriff in die Welt setzen und behaupten,
an könne so viel Wachstum generieren, dass man
chulden abzahlen oder Projekte der Zukunft finanzie-
n kann. So wird es nicht sein. Sie werden mit Staats-
itteln kein Wachstum forcieren. Außerdem sagen Sie






(A) )



(B) )


Renate Künast
nicht, welches Wachstum Sie eigentlich wollen. Jeder
Fachmann bestätigt, dass Staatsverschuldung nachweis-
lich wachstumsmindernd und nicht wachstumsfördernd
ist. Sie sollten einmal deutlich machen, wie es Ihrer Mei-
nung nach in Zukunft aussehen soll.

Frau Merkel sagt immer so schön: Wenn wir wieder
da sind, wo wir vor der Krise waren. – Das löst bei mir
meistens Unruhe aus. Wo waren wir denn vor der Krise?
Vor der Krise hatte unsere Wirtschaft strukturelle Defi-
zite. Wir waren umgeben von einem Wachstumsbe-
griff, der uns in genau diese Krise geführt hat. Sie schaf-
fen es nicht, den Wachstumsbegriff neu auszurichten,
sondern verbreiten weiter den Irrglauben, Wachstum
könne ein Allheilmittel sein. Das ist es aber nicht, im
Gegenteil.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich glaube, wir müssen den Mut haben, auszuspre-
chen, was in Zukunft geschehen muss: Es gibt Wirt-
schaftsbereiche, die massiv schrumpfen müssen, weil sie
nicht mehr zu begründen sind. Andere Wirtschaftsberei-
che brauchen eine Vielzahl von Maßnahmen, Kreativität
und einen Innovationsdruck, den auch der Staat unter-
stützen könnte, auch mit einer guten Haushaltspolitik.
Andere Wirtschaftsbereiche brauchen einen radikalen
Innovationsdruck, damit sie massiv wachsen.

Wahr ist: Wir müssen unsere Wirtschaftsweise verän-
dern. Wir dürfen nicht mehr auf Kosten anderer, nicht
mehr auf Kosten der Umwelt, nicht mehr auf Kosten von
Boden, Wasser und Artenvielfalt leben. Dafür muss man
allerdings die entsprechenden Stellschrauben im Haus-
halt verankern und darf nicht nur UN-Reden halten, Frau
Merkel.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Frau Merkel wurde in der letzten Legislaturperiode
zeitweise „Klimakanzlerin“ genannt. Schauen wir uns
einmal an, ob Sie die Themen Klima, Umgang mit Roh-
stoffen und mit Energie in diesem Haushalt berücksich-
tigt haben. Beginnen wir mit dem 40-Prozent-Ziel. Frau
Merkel, ich höre immer, wir – das ist ein diffuses „wir“ –
hätten bereits vereinbart, die CO2-Emissionen bis 2020
um 40 Prozent zu reduzieren. Meine Damen und Herren,
ich würde gern bei einer Abstimmung im Deutschen
Bundestag sehen, wie Sie dazu stehen. Sie können – wir
geben Ihnen mit einem Antrag die Gelegenheit dazu –
hier die Hand heben, wenn Sie zu dem Allgemeinplatz
stehen, dass Deutschland innerhalb von zehn Jahren
mindestens diese Minus-40-Prozent-Marge erreichen
wird. Das wäre die internationale Botschaft, dass wir
wirklich bereit dazu sind und alle politischen Maßnah-
men, auch jeden Bundeshaushalt, danach ausrichten.

Die Wahrheit ist: Da draußen erzählen Sie immer Net-
tes;


(Bettina Hagedorn [SPD]: Richtig!)


aber gerade eben haben Sie das Gegenteil gesagt, näm-
lich: Minus 30 Prozent in der EU, minus 40 Prozent in
Deutschland


(Bettina Hagedorn [SPD]: Wenn!)


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(C (D ur, wenn alle anderen das auch tun. – Das gerade eben ar der Zusammenbruch der Klimakanzlerin. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Hier wurden Chancen für unsere wirtschaftliche Ent-
icklung vertan. Ich bin davon überzeugt, dass das unse-
r wirtschaftlichen Entwicklung massiv schadet. An-

ere Länder – China, Indien, Japan, Südkorea –
vestieren horrende Summen in die technologische Ent-
icklung. Wenn China 40 Prozent seiner Konjunktur-
ittel investiert, ist das ein Vielfaches mehr als das, was
ir investieren. Selbst wenn die Chinesen noch Dreck-

chleudern von Kohlekraftwerken neu bauen, haben sie
en Vorteil der technologischen Entwicklung.

Ich sage Ihnen, Frau Merkel: Hasenfüßigkeit, keinen
lan haben, keinen Mut haben, das schadet der Wirt-
chaft in Deutschland und in Europa und verhindert,
ass wir diese Arbeitsplätze haben; die Arbeitsplätze
ntstehen dann woanders.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Sie hätten in Kopenhagen guten Willen zeigen kön-
en. Sie reden ständig darüber, wer wann wie wo vor-
ärts geht oder nicht und wer Bedingungen stellt. Sie
n so, als seien Sie selber bereit, die anderen aber nicht.

Sie haben Ihr eigenes perfides System: Als es um
00 Millionen Euro für Klimaschutzmaßnahmen in Ent-
icklungsländern ging, haben Sie nicht sofort gerufen:

a, wir sind bereit, weil wir unsere und eure Lebens-
rundlagen schützen wollen. – Den Hotels durch die Re-
uzierung des Mehrwertsteuersatzes 1 Milliarde Euro
interherzuwerfen, ging dagegen über Nacht. Für den
grardiesel 500 Millionen Euro lockerzumachen, ging

benso über Nacht. Nie haben Sie Bedingungen gestellt,
um Beispiel dass bei den Milchbauern etwas ankommt
der dass bestimmte Maßnahmen ergriffen werden, zum
eispiel dass die Hotels Mindestlöhne zahlen, oder dass
Umbauten, in Modernisierung, in neue Arbeitsplätze
vestiert wird. Frau Merkel, wir haben Ihr System ver-

tanden: Sie reden schön; aber am Ende ist es immer die
lte Klientelpolitik der CDU/CSU.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Volker Kauder [CDU/ CSU]: Ihnen fällt auch nichts anderes ein, Frau Künast! Immer derselbe Schrott!)


Die Antwort auf die Frage, wie es in der Energiepoli-
k weitergehen soll, haben Sie auf den Herbst verscho-
en. Das heißt, Sie lassen die Industrie und den Mittel-
tand bei Investitionen im wahrsten Sinne des Wortes
llein, auch insofern, als morgen Abend die Trickserei
it den Atomkraftwerksbetreibern losgeht. Das muss
an sich einmal auf der Zunge zergehen lassen: Ein Ge-

etz, das der Deutsche Bundestag in einem offenen und
ansparenten Verfahren beschlossen hat, wird jetzt vom
anzleramtschef unter der Ägide der Bundeskanzlerin
ermauschelt. Sie können täuschen, tarnen, tricksen –
ir wissen, um was es geht, wenn Bezugsrechte hin und






(A) )



(B) )


Renate Künast
her geschoben werden: Es geht Ihnen darum, einen trick-
reichen Weg zu finden, damit Sie den Deutschen Bun-
destag nicht mit einer Änderung dieses Gesetzes befas-
sen müssen.

Ich sage Ihnen, gerade angesichts der Asse: Die Be-
völkerung dieses Landes hat ein Anrecht darauf, dass es
in die Zukunft geht, in Richtung 100 Prozent erneuer-
bare Energien, und nicht in Richtung einer Absicherung
der Oligopole. Die Bevölkerung dieses Landes hat ein
Anrecht darauf, dass sich die Bundesregierung um die
körperliche Unversehrtheit und die Sicherheit der Bürger
kümmert. Dazu haben Sie bisher kein Wort gesagt, we-
der im Zusammenhang mit der Lagerung noch im Zu-
sammenhang mit der Laufzeitverlängerung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die Nutznießer Ihrer Politik sind die Atomwirtschaft
und die Aktieninhaber, sind die Konkurrenten unserer
Solarwirtschaft, die die Arbeitsplätze schaffen, die wir
hätten haben können. Das, meine Damen und Herren, ist
nicht Marktwirtschaft, die Sie ja immer beschwören; das
ist auch kein Wettbewerb, der ja der Kern der Marktwirt-
schaft ist; das ist eher Staatssozialismus alter Prägung:
Einige bestimmen das Geschäft.

Ich will Ihnen an dieser Stelle auch sagen, dass die
Laufzeitverlängerung, wenn sie käme, Ihrer Umwelt-
politik und Ihrem Bundesumweltminister wie ein Klotz
am Bein hängen würde. Sie können sich noch so anstren-
gen und schöne Reden halten, Herr Röttgen: Wenn Sie
diese Pläne nicht verhindern, können Sie es auch gleich
sein lassen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Eines geht nicht: immer schöne Reden halten und da-
nach das Gegenteil tun. Das können Sie ja weiterma-
chen: Herr Röttgen redet so, Frau Merkel wirft auch hin
und wieder Klimaschutzblasen, dann kommt Frau
Aigner und sagt: Wie viel Chemie auch immer die
Landwirtschaft in die Böden einträgt, wie viel fossile
Energie sie auch immer braucht, wir werden nichts än-
dern. – Herr Schäuble, Sie hätten doch sagen können:
Subventionen werden reduziert, wenn nicht ökologisch
gewirtschaftet wird. – Oder nehmen wir den Bundesver-
kehrsminister: Herr Röttgen oder Frau Merkel, Sie kön-
nen noch so viel erzählen, dieser Bundesverkehrsminis-
ter redet sich über Schienenverkehr besoffen, am Ende
geht aber das ganze Geld wieder in die Straße. So nicht!

Ich muss Ihnen sagen: Dieser Haushalt ist ein Ar-
mutszeugnis. Er ist auf dem Rücken der Familien und
der Kinder sowie auf dem Rücken der Kommunen ge-
macht, wo sich bestimmt, wie der Alltag der Menschen
aussieht. Schauen wir auf Nordrhein-Westfalen: Essen,
Kulturhauptstadt 2010, muss Grundschulen schließen,
Städte denken über die Reduzierung der Zahl der Kin-
derspielplätze nach, Wuppertal schließt das Theater.

In Magdeburg, in einem anderen Bundesland, werden
die monatlichen Kitagebühren um 30 Euro erhöht. Das
ist erst der Anfang. Meine Damen und Herren, Sie haben

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(C (D icht die Familien gestärkt. Vielmehr muss derjenige, er bei Ihnen 20 Euro mehr Kindergeld bekommt, anach 30 Euro Gebührenerhöhung bei den Kindergärn zahlen. Die Familie hat 10 Euro weniger und die artz-IV-Kinder haben gar nichts. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Fazit: Unter Schwarz-Gelb geht es einigen wenigen
esser, aber vielen schlechter. Die wahren Leistungsträger
ieser Gesellschaft, beispielsweise die unterbezahlten Er-
ieherinnen und unterbezahlten Pflegekräfte, brauchen
nktionierende Kommunen, einen funktionierenden So-

ialstaat. Aber diese Regierung hat keine Werte, keine
iele, keinen Plan.


(Norbert Barthle [CDU/CSU]: Wenn Sie weniger reden würden, hätten wir weniger CO2 in der Luft!)


diesem Haushaltsplan gibt es keine Erhöhung der Re-
elsätze, keine Einstellung von Mitteln für eine Neube-
chnung der Kinderregelsätze, keine Maßnahmen zur
tegration auf dem Arbeitsmarkt – sie werden einge-

ampft –, und die Mittel zur Integration von Migranten
erden nicht erhöht.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701502000

Frau Kollegin.


Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701502100

Ich komme zu meinem letzten Satz. – Meine Damen

nd Herren, dieser Haushalt weist uns nicht in die Zu-
unft, sondern rückwärts. An dieser Stelle können Sie
ich noch so viel beweihräuchern, dass Sie Geld in Bil-
ung investieren: Dieser Bildungshaushalt steigt weni-
er als der Gesamthaushalt. Dies ist bezeichnend.

Sie haben keine Antworten auf die Probleme, denken
ur an diejenigen, die die dicken Ellenbogen haben, an
ie Menschen, die Baron von Finck heißen, aber nicht an
ie Menschen, die Otto Normalverbraucher heißen. Am
. Mai haben die Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-
estfalen die Chance, Ihnen die rote Karte zu zeigen.
as haben Sie bitter nötig.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701502200

Das Wort hat der Kollege Volker Kauder für die

DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Thomas Oppermann [SPD]: Jetzt kommt der Neustart!)



Volker Kauder (CDU):
Rede ID: ID1701502300

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kolle-

en! Mit dem Haushalt 2010 legen wir einen Haushalt
or, der Wachstum bringt und die Konsolidierung ernst
immt, einen Haushalt, der das beinhaltet, was uns in






(A) )



(B) )


Volker Kauder
den nächsten Jahren immer wieder täglich ins Haus
steht: die richtige Balance zwischen dem Antreiben von
Wachstumskräften und der gleichzeitigen Zurückfüh-
rung der Verschuldung, des Staatsdefizits. Das ist eine
ambitionierte Aufgabe.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ich habe gestern und heute sehr genau zugehört, was
vonseiten der Opposition kam. Ich muss sagen: Zur
Frage, wie Perspektive, Zuversicht, Chancen und die Re-
duzierung des Staatsdefizits verbunden werden können,
habe ich von Ihnen nichts, aber auch gar nichts gehört,
meine sehr verehrten Damen und Herren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Thomas Oppermann [SPD]: Dann haben Sie nicht zugehört!)


Es verwundert ja auch nicht: Wir haben in der vergan-
genen Wahlperiode in der schärfsten Finanz- und Wirt-
schaftskrise miteinander in der Regierung und mit der
FDP in der Opposition Maßnahmen getroffen, für die
wir in ganz Europa und darüber hinaus bewundert wer-
den.


(Thomas Oppermann [SPD]: Auf Vorschlag der SPD!)


Das Ziel war vor allem, zu verhindern, dass die Wirt-
schaft zusammenbricht, dass Spareinlagen der Men-
schen gefährdet werden und dass aus der Finanz- und
Wirtschaftskrise eine gigantische Arbeitslosigkeit ent-
steht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren von der
SPD, dass Sie 2005 die Union brauchten, zeigt doch: Sie
haben eine gigantische Staatsverschuldung produziert.
Sie haben die größte Arbeitslosigkeit in Zeiten ohne Fi-
nanz- und Wirtschaftskrise verursacht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch bei der SPD)


2005 waren wir in einer Situation, in der wir heute trotz
Finanz- und Wirtschaftskrise nicht sind.


(Joachim Poß [SPD]: War 2002 denn keine Krise?)


Deswegen finde ich, dass weder Sie von der SPD noch
Sie von den Grünen ein Recht darauf haben, jetzt zu sa-
gen, wie es gehen soll.


(Joachim Poß [SPD]: 2001 und 2002 waren doch keine normalen Zeiten!)


Sie konnten es in normalen Zeiten nicht, in Krisenzeiten
können Sie es erst recht nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Joachim Poß [SPD]: So ein Stuss! Was war denn 2002 normal?)


Es kommt also darauf an, Wirtschaft und Wachstum
voranzubringen und neue Chancen zu schaffen.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Für Hotels!)


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(C (D ieser Haushalt zeigt sehr genau, dass es gelingen kann, as Staatsdefizit zurückzuführen. Der Haushalt 2005 atte ein strukturelles Defizit von 60 Milliarden Euro. ir hätten die Nettoneuverschuldung auf 6 Milliarden uro zurückgeführt, wenn nicht die Kosten der Krise daugekommen wären. Wissen Sie, was mich bei der SPD wundert? Ich habe en Eindruck, Sie haben wirklich den Verstand verloren. (Joachim Poß [SPD]: Was? – Thomas Oppermann [SPD]: Und ich habe den Eindruck, dass Sie keinen haben!)


(Thomas Oppermann [SPD]: Peer Steinbrück!)


nstatt ein bisschen stolz auf das zu sein, was wir in der
irtschaftskrise miteinander erreicht haben,


(Bettina Hagedorn [SPD]: Darauf sind wir stolz!)


n Sie so, als ob all das, was wir heute vorlegen, damit
ichts zu tun hätte. Der Haushalt ist der Beweis für die
rfolgreiche Bekämpfung der Finanz- und Wirtschafts-
rise.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Thomas Oppermann [SPD]: Sie waren auch schon mal besser! – Joachim Poß [SPD]: Sie bauen doch nur Pappkameraden auf!)


Es hat überhaupt keinen Sinn. Es ist ein Teil Ihres Pro-
lems, dass Sie nie gewusst haben, was Sie sein wollen:
egierung oder Opposition. Ich sage Ihnen: Sie sind
tzt Opposition, damit Sie das genau wissen.


(Thomas Oppermann [SPD]: Das haben Sie noch vor sich!)


rüher haben Sie sich nie entscheiden können, was Sie
igentlich wollten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Es geht jetzt darum, diesem neuen Jahrzehnt eine
eue Perspektive zu geben. Dies tun wir.


(Bettina Hagedorn [SPD]: Für Hoteliers!)


s geht darum, den Menschen zu sagen: Es gibt eine
eihe von Möglichkeiten, euer Leben erfolgreich zu ge-

talten. Wir wollen die Freiheit des Einzelnen


(Thomas Oppermann [SPD]: Und des Hotelgewerbes!)


die Solidarität der Gemeinschaft einbinden. Wir wol-
n, dass der Einzelne frei entscheiden kann, wie er sein
eben gestaltet.


(Joachim Poß [SPD]: Der einzelne Erbe vom Starnberger See!)


ber es gibt keine Freiheit ohne Verantwortung. Deshalb
ilt für diese christlich-liberale Koalition der Grundsatz:
ie Freiheit des Einzelnen eingebettet in die Solidarität
er Gemeinschaft.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)







(A) )



(B) )


Volker Kauder
Das heißt zunächst einmal, dass wir allen eine Chance
geben wollen und müssen, ihr Leben aus eigener Kraft
zu gestalten. Es ist für niemanden eine tolle Sache – ich
weiß aus Erfahrung, aus meinem früheren Beruf, wovon
ich rede –, wenn er jeden Tag zum Sozialamt oder zur
Hartz-IV-Behörde gehen muss, um sich dort sein Geld
zu holen.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Sagen Sie das mal Herrn Koch!)


Der Grundsatz „Die Freiheit des Einzelnen, eingebet-
tet in die Solidarität der Gemeinschaft“ heißt: Wir helfen
denen, die in Schwierigkeiten sind. Deswegen ist es rich-
tig, dass es solche Sozialsysteme gibt. Aber ich kann ei-
nes nicht akzeptieren, und das werden wir in der Koali-
tion auch nicht akzeptieren: Es geht nicht darum, mit
immer mehr Geld einen sozialen Status abzusichern. Es
geht vielmehr darum, Aufstiegschancen zu schaffen und
die Menschen aus der Abhängigkeit des Sozialstaates
herauszuholen, statt sie darin zu halten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Von Ihnen war nichts zu der Frage zu hören, wie wir
nach dem Grundsatz der Freiheit und Eingebundenheit
in die Gemeinschaft die Veränderungen gestalten, die bei
den Hartz-IV-Regelungen notwendig sind.


(Zuruf von der SPD: Wir haben nicht angekündigt! Wir haben gehandelt!)


Ich sage Ihnen dazu: Erstens ist der Grundsatz des For-
derns und Förderns richtig. Zweitens ist es richtig, dass
wir Maßnahmen getroffen haben, damit niemand wie
früher einfach in der Sozialhilfe bleibt. Stattdessen wird
den Menschen mit einem enormen Aufwand und auch
persönlicher Zuwendung in den kommunalen Beratungs-
stellen geholfen.

Jetzt kommt es vor allem darauf an, dass wir für Kin-
der Chancen schaffen.


(Zuruf der Abg. Caren Marks [SPD])


– Dazu komme ich jetzt. Ich denke dabei an dieses Ge-
rede: Wenn wir mehr Geld in die Hand von Familien gä-
ben – Herr Heil, es ist eine Unverschämtheit, welche
Fragen Sie hier stellen –, dann würden wir nur dafür sor-
gen, dass die Kinder nicht in die Schule oder in irgend-
welche Betreuungseinrichtungen kämen. – Ich will Ih-
nen sagen, was wir als Herausforderung sehen müssten:
Hier in Berlin, wo es noch kein Betreuungsgeld gibt,
lässt der rot-rote Senat zu, dass Hunderte von Kindern
nicht in die Schule kommen. Es wird nichts unternom-
men. Was in Neukölln passiert, ist ein Skandal. Dagegen
muss etwas gemacht werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch bei der SPD)


Ich habe mich informiert, und mir ist gesagt worden,
dass Familien ihre Kinder nicht in die Schule schicken.
Das ist doch keine Frage des Betreuungsgeldes; viel-
mehr muss man über geeignete Maßnahmen nachden-
ken, um dem entgegenzuwirken.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


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(C (D er duldet, dass Kinder nicht in die Schule gehen, und tenlos zuschaut, der versündigt sich an den Zukunfts hancen dieser Kinder. hancen müssen durch Bildung geschaffen werden. iese Bildungsangebote müssen auch angenommen erden. Dafür werden wir sorgen. Der Haushalt beinhaltet diese Chance, Frau Künast. ir werden in dieser Koalition 12 Milliarden Euro zu ätzlich zur Verfügung stellen, um Verbesserungen in der ildungspolitik voranzubringen. (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Man braucht 20!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


elbstverständlich werden wir mit den Ländern darüber
prechen, wie das umgesetzt werden soll. Aber eines
ann ich Ihnen sagen: Die 12 Milliarden Euro werden so
ingesetzt, dass sie den Kindern nutzen.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701502400

Herr Kauder, – –


Volker Kauder (CDU):
Rede ID: ID1701502500

Wenn wir vorankommen und erreichen wollen, dass

ieses neue Jahrzehnt ein Jahrzehnt neuer Chancen wird,
ann müssen wir auch dafür sorgen, dass Wachstum
öglich ist. Wir sind uns darüber einig – so habe ich Sie
der letzten Debatte verstanden –, dass wir das Niveau

er Wirtschaft nach der Schrumpfung um 5 Prozent
icht beibehalten, sondern wieder zu dem früheren Ni-
eau zurückkehren wollen.

Deswegen kann ich nicht verstehen, Frau Künast
wahrscheinlich haben Sie es nicht richtig kapiert –,
arum Sie die Bundeskanzlerin kritisieren, wenn sie

agt, dass wir 2013 wieder da sein wollen, wo wir 2008
ewesen sind. Das ist eine Perspektive, nicht das, was
ie gesagt haben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Wir wollen, dass dieses Land nicht auf dem Niveau
er Finanz- und Wirtschaftskrise stehen bleibt, sondern
ass es wieder nach vorne und nach oben kommt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701502600

Herr Kauder, der Herr Kollege Liebich würde Ihnen

erne eine Zwischenfrage stellen.


Volker Kauder (CDU):
Rede ID: ID1701502700

Dazu gehört auch, dass man die nötigen Vorausset-

ungen schafft. Ein Thema, das dafür von Bedeutung ist,
t die Energiepolitik, Frau Künast. Wir haben entschie-
en, dass wir noch in dieser Legislaturperiode ein Ener-
iegesamtkonzept vorlegen. Dieses Konzept wird der
instieg in das Zeitalter der erneuerbaren Energien sein.






(A) )



(B) )


Volker Kauder

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat schon längst angefangen!)


Aber das unterscheidet eine christlich-liberale Koali-
tion von Rot-Grün: Wir machen Politik unter realen Ge-
sichtspunkten. Wir betrachten die Wirklichkeit, schauen
uns an, was ist, und bringen dann die richtigen Lösungen
und betreiben keine Umsetzung nackter Ideologie, mit
der Sie im Grundsatz gescheitert sind.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wieso denn? 100 000 Arbeitsplätze!)


Wir werden unser Konzept der erneuerbaren Energien
umsetzen. Bis wir das erreicht haben, muss es auch noch
Kernkraftwerke als Brückentechnologie geben. Wir
brauchen ebenfalls noch Kohlekraftwerke. Wenn es aber
technisch möglich ist – ich bin sehr dafür –, bessere
Kohlekraftwerke als die alten zu betreiben, dann müssen
und werden wir das machen; denn das ist richtige Um-
weltpolitik.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wir betrachten die Wirklichkeit. In diesen Tagen ist
allenthalben gesagt worden: Wir brauchen noch Zeit, um
das Stromleitungssystem an die neue Zeit heranzufüh-
ren. Dafür werden gigantische Investitionen in Höhe von
20 Milliarden Euro notwendig sein. Dieses Geld werden
die Stromkonzerne aufwenden müssen. Das wird für
weiteres Wachstum sorgen. Aber eines werden wir nicht
machen, nämlich um der Ideologie willen Kraftwerke,
die günstig und sicher Strom erzeugen, abschalten und
so die Preise nach oben treiben. Was ist das denn für eine
heuchlerische Politik, hier zu jammern, dass die Men-
schen belastet werden, und sie dann mit einer aus purer
Ideologie betriebenen Energiepolitik zu belasten? Nicht
mit uns, Frau Künast!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir werden aus diesem neuen Jahrzehnt ein Jahrzehnt
der Chancen machen. Das heißt, der Zusammenhalt in
der Gesellschaft muss gefördert werden; das hat die
Bundeskanzlerin klar und deutlich gesagt. Deswegen ist
ein Schwerpunkt die Integration. Wir wollen, dass die
Menschen in diesem Land zusammenleben und gemein-
sam einen Beitrag für sich und dafür leisten, dass dieses
Land vorankommt. Integration stellt Anforderungen; da-
rüber haben wir mehrfach gesprochen. Das Beherrschen
der deutschen Sprache, der Besuch einer Schule und eine
Ausbildung sind wichtig, um voranzukommen. Man
muss auch akzeptieren, dass es hier in diesem Land tra-
dierte kulturelle Werte gibt, die weitergelebt werden sol-
len. Es gibt unsererseits auch Angebote. Selbstverständ-
lich soll jeder in diesem Land seine Religion leben
können. Wir von der Union setzen uns dafür ein, dass
Muslime in ihren Moscheen beten können. Aber ich er-
warte dann, dass die Muslime, die das Glück der Glau-
benstoleranz in diesem Land erfahren, mutig sagen: Wir
wollen, dass Glaubenstoleranz auch in unseren Heimat-
ländern gelebt wird.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D ir von der Union wollen, dass die Menschen mit Mirationshintergrund die Erfahrungen, die sie in unserem and machen, an ihre Heimat weitergeben. Wir wollen – das werden wir auch tun – neue Proukte fördern. Auch in Zukunft müssen die modernsten nd besten Autos der Welt hier in Deutschland gebaut erden. Deswegen steigen wir in die Elektromobilität in. (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Seit wann denn? Guten Morgen, Herr Kauder!)


Die Elektromobilität hat aber noch eine ganz andere
edeutung. Je besser es uns gelingt, Speichertechnolo-
ien zu entwickeln, desto leichter ist es, regional erneu-
rbare Energien an die Haushalte weiterzugeben. Sie
aben bisher keinen Beitrag dazu geleistet, eine solche
peichertechnologie zu entwickeln.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Es weht ein anderer Geist in dieser Koalition; das
abe ich klar und deutlich gesagt.


(Widerspruch bei der SPD – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist wahr! Der Geist der Käuflichkeit!)


ns ist die Freiheit des Einzelnen, eingebunden in die
olidarität der Gemeinschaft, wichtig. Wir nehmen auch
nsere Verantwortung in der Welt wahr. Die Kanzlerin
at eine Regierungserklärung zu Afghanistan mit an-
chließender Debatte für die nächste Woche angekün-
igt. Dann wird sich zeigen, ob wir alle bereit sind, Ver-
ntwortung zu übernehmen.

Es gibt den schönen Satz: Wer sich jemanden mit
ilfe zu eigen gemacht hat, der ist ihm auch verantwort-
ch. Wir können nicht einfach ohne Perspektive und
hne eine Konzeption von dort weggehen, wo wir ein-
al angefangen haben, Verantwortung zu übernehmen.
arüber sprechen wir nächste Woche.

Wir tragen mit unserer Entwicklungszusammenarbeit
uch Verantwortung dafür, dass Staaten in die Lage ver-
etzt werden, Aufgaben zu erfüllen. Ich bin dankbar für
ie große Spendenbereitschaft für Haiti. Das zeigt wie-
er einmal, zu welcher Solidarität die Menschen in die-
em Land fähig sind.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


as ist großartig. Herzlichen Dank dafür!

Aber wir müssen uns schon jetzt Gedanken darüber
achen, wie es weitergeht, nachdem die ärgsten Pro-

leme behoben sind. Die Menschen in Haiti dürfen nicht
ieder in die Situation geraten, in der sie vor dieser

chrecklichen Katastrophe waren. Wir tragen Verantwor-
ng dafür, dass auch sie ein menschenwürdigeres Leben
hren können als bisher. Dazu müssen wir einen Beitrag
isten.

Es erfüllt uns mit Sorge, wie viele Menschen auf die-
er Welt bedrängt, eingesperrt und verurteilt werden für
re demokratischen und ihre Glaubensüberzeugungen.
as darf uns nicht ruhen lassen. Es gibt Dinge, die den






(A) )



(B) )


Volker Kauder
ganzen Menschen und nicht nur Kompromisse fordern.
Die Menschenrechte sind unteilbar.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie der Abg. Brigitte Zypries [SPD])


Die bedrohteste Glaubensgruppe auf der ganzen Welt
sind die Christen, zum Beispiel im Irak, aber auch in
anderen Ländern. Gerade eine christlich-liberale Koali-
tion darf angesichts dessen nicht zur Tagesordnung über-
gehen. Wir müssen mit denjenigen solidarisch sein, die
nichts anderes wollen, als sich als Christen zu ihrem
Glauben zu bekennen. Da erwarte ich einen starken Bei-
trag der Bundesregierung sowie von denjenigen, die in
unserem Land die Erfahrung von Glaubenstoleranz ma-
chen können. Auch das wird ein Anspruch an diese Re-
gierungskoalition sein müssen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich freue mich, dass wir in dieser Koalition zusam-
mengefunden und uns vorgenommen haben, diesem
Jahrzehnt den Stempel von mehr Chancen und mehr Per-
spektiven aufzudrücken.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der wahre Christ kümmert sich um alles, Herr Kauder!)


Wir wollen den Menschen die Gelegenheit geben, für ihr
Leben zu sorgen. Die Freiheit des Einzelnen, eingebun-
den in die Solidarität der Gemeinschaft – das zeichnet
diese Koalition aus.


(Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Quatsch! – Joachim Poß [SPD]: Quatsch mit Soße!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701502800

Es gibt eine Kurzintervention des Kollegen Liebich.

Bitte schön.


Stefan Liebich (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701502900

Sehr geehrter Herr Kauder, da Sie auf meine Frage

nicht antworten wollten, muss ich mich auf diesem Wege
noch einmal melden. Sie haben Bezug genommen auf
die Bildungspolitik hier in der Hauptstadt, die bekannt-
lich von der SPD und unserer Partei Die Linke regiert
wird. Ich bin es zunehmend leid, die Propaganda, die
hier immer wieder geäußert wird, einfach so im Raum
stehen zu lassen.


(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Petra Merkel [Berlin] [SPD])


Die rot-rote Landesregierung hat trotz der Plünderung
der Haushaltskassen – auch durch die Politik, die mit
diesem Haushalt verfolgt wird –


(Zurufe von der CDU/CSU und der FDP: Oh!)


kostenfreie Kitaplätze für die Kinder von drei bis sechs
Jahren beschlossen.


(Beifall bei der LINKEN und der SPD – Birgit Homburger [FDP]: Bezahlt aus dem Länderfinanzausgleich!)


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(C (D Anders als in vielen anderen Bundesländern ist das tudieren im Land Berlin gebührenfrei. (Beifall bei der LINKEN und der SPD – Norbert Barthle [CDU/CSU]: Und wer bezahlt es?)


Wir haben die Hauptschule und damit das dreiglied-
ge Schulsystem abgeschafft.


(Beifall bei der LINKEN und der SPD – Christian Lindner [FDP]: Und die Plätze am Gymnasium werden verlost!)


ir würden gern – ich weiß, das finden Sie falsch, aber
h will es hier einmal angemerkt haben – in Berlin noch
iel mehr für die Bildungspolitik tun, wenn Sie mit Ihrer
olitik nicht die Hoteliers anstatt die Länder und Kom-
unen entlasten würden.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701503000

Ihre Antwort, Herr Kauder.


Volker Kauder (CDU):
Rede ID: ID1701503100

Herr Kollege, Sie haben zunächst einmal gar keine

rage stellen können, weil ich schon geahnt habe, in
elche Richtung Sie wollen. Ich kann Ihnen nur sagen:
ie haben mein Anliegen überhaupt nicht verstanden.
unächst einmal ging es mir gar nicht um die Qualität
es Bildungswesens in Berlin, wenngleich ich zur Quali-
t eines Bildungswesens, das die Frechheit besitzt,
enschen den Zugang zu einer bestimmten Schule zu

erweigern und Gymnasialplätze auszulosen, etwas sa-
en könnte. Das ist schon ein Superhammer im Umgang
it Bildungschancen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Keine Ahnung, mein Lieber!)


ber darauf wollte ich gar nicht eingehen.

Ich wollte nur sagen: Das hat überhaupt nichts, null
nd nichts mit Geld zu tun, sondern mit der Frage, wie
h konkret Politik umsetze. Dass Menschen ihre Kinder
icht in die Schule schicken und dieser Tatsache einfach
ugeschaut wird, ist ein Thema, das nichts mit Geld zu
n hat, sondern mit dem Willen, die richtige Politik zu
achen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


h sage Ihnen: Das darf nicht zugelassen werden. Kin-
er, die nicht in die Schule gehen, haben keine Lebens-
erspektive. Wenn Sie dafür keine Verantwortung tragen
ollen, dann frage ich mich, warum Sie überhaupt in
erlin regieren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Du sollst nicht falsches Zeugnis geben wider deinen Nächsten! Das steht schon in der Bibel!)







(A) )



(B) )


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701503200

Jetzt hat der Kollege Frank-Walter Steinmeier für die

SPD-Fraktion das Wort.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Frank-Walter Steinmeier (SPD):
Rede ID: ID1701503300

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Den zweiten Tag hören wir sehr intensiv den
Reden aus der Koalition zu. Ich werde einen Eindruck
nicht los: Ein bisschen klingen Ihre Reden wie eine Bitte
um Vergebung. Wer genau hinschaut, der sieht doch bei
den Rednern der Koalitionsfraktionen die roten Ohren.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Das wäre Ihnen recht, wenn wir rote Ohren hätten! Wir haben schwarz-gelbe!)


Sie wollen so tun, als seien die ersten 100 Tage dieser
Regierung so etwas wie Anfängerpech, alles nur ein
Ausrutscher. Das ist das durchgehende Motto dieser Re-
gierung. Aber seien Sie sicher: Niemand wird Ihnen das
glauben. Sie werden sich das Jahr über vor dem Zorn der
Bürger, den Sie hervorrufen, nicht verstecken können.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Millionen von Menschen sind in der Tat schon jetzt
enttäuscht, auch viele Anhänger der Union und der FDP.
Was diese schwarz-gelbe Regierung abliefert, ist nicht
nur ein Fehlstart, wie ich in den ersten Tagen dieser Re-
gierung gesagt habe, sondern – ich kann es nicht anders
nennen – politisches Totalversagen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sie reden die Lage schön, statt den Menschen zu sagen,
was ist. Wir stecken nach wie vor im tiefsten Wirt-
schaftseinbruch der Nachkriegszeit. Wir könnten wis-
sen, dass uns diese Krise nach wie vor fest im Griff hat.
Doch Sie machen denselben Fehler wie zu anderen Zei-
ten. Sie vertrauen auf die Nachrichten von den Aktien-
märkten, und Sie wollen nicht wissen, dass Aktienkurse
heute über die tatsächliche Lage in der Wirtschaft nichts
aussagen. Das ist und bleibt trügerischer Schein. Sie
klammern sich an den Schein, und Sie wollen nicht
wahrhaben, dass die wahre Krise, die Krise auf dem Ar-
beitsmarkt, erst jetzt auf uns zukommt.

Millionen von Menschen machen sich Sorgen um die
Zukunft. Sie fragen, ob der Wohlstand, den wir haben
und hatten, auch noch für ihre Kinder gesichert ist. Das
alles sind große Fragen an eine Regierung; aber diese
Regierung schwebt in den Wolken, faselt von bürgerli-
cher Mehrheit wie von einer messianischen Erlösung,
von einer geistig-politischen Wende, als ob bis jetzt der
Antichrist dieses Land im Würgegriff gehalten hätte. So
kann man inszenieren, sich präsentieren, aber regieren
kann man so nicht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Mit Verlaub, was ich sehe, ist eine Regierung, die
nicht regiert, die mit sich selbst beschäftigt ist, die sich

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(C (D einander verbeißt, statt sich um die wirklichen Proleme dieses Landes zu kümmern, die nichts geregelt riegt, die sich allenfalls am Sonntagabend in der neipe gut versteht. Deshalb kann ich verstehen, dass eier der Kommentatoren zu Ihren Treffen sagte: Prost ahlzeit! Union und FDP haben bislang keinen einzigen Ansatz r ein schlüssiges Zukunftskonzept vorgelegt. Deshalb ibt es in diesem Land – mich wundert das nicht – weit nd breit keine Spur von Aufbruchstimmung. Was uns nion und FDP tagtäglich bieten, das ist die ständige iederholung eines kleinkarierten Gezänks. Ich kann nen versichern – auch wir kommen herum –: Die Men chen sind das leid. Sie haben diese Regierung nicht geählt, um schlecht unterhalten zu werden, sondern um rdentlich regiert zu werden. Sie alle auf der Regiengsbank haben den Auftrag, zu regieren. Aber dann n Sie das auch! Fangen Sie endlich damit an! (Beifall bei der SPD – Christian Lindner [FDP]: Machen Sie erst mal Opposition, Mister 23 Prozent! – Zuruf von der CDU/CSU: Sagen Sie doch mal was zur Sache!)


(Beifall bei der SPD)


Was heißt „zur Sache“? Nicht wir, sondern Sie selbst
den doch von Neustart und Krisengipfel, wie ich gele-

en habe. Allerdings weiß ich eines: Einen Neustart
raucht man erst, wenn man weiß, dass das, was man be-
onnen hat, in Trümmern liegt.

Es stimmt: Das schwarz-gelbe Phantasialand, das Sie
ich gebaut haben – auf der einen Seite sollen die Men-
chen kaum noch Steuern zahlen, und auf der anderen
eite sollen sie besser leben –, hat sich doch in Wahrheit
kurzer Zeit in Luft aufgelöst; die Leute spüren das.
er Deutschland, das größte Land in Europa, ernsthaft
gieren will, der muss mehr bieten als solche Luft-

chlösser. Das sage ich insbesondere der FDP. Frau Bun-
eskanzlerin, da haben Sie recht: Niemand kann auf
auer gegen die Realität regieren. Sie haben heute Mor-
en gesagt: Macht die Augen auf vor dieser Realität! –
as ist aber nichts, was an dieses Parlament oder gar an
ie Oppositionsfraktionen adressiert werden sollte. Um
as zu sagen, brauchen Sie nicht den Deutschen Bundes-
g, Kameras und Mikrofone. Das müssen Sie der FDP

agen, und dafür haben Sie das Kabinett. Nutzen Sie
iese Möglichkeit!


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Herr Vizekanzler, was die Realität angeht, nützen am
nde keine markigen Sprüche. Wir bitten herzlich da-
m, Herr Westerwelle: Verschonen Sie uns mit all die-

en Ankündigungen von der geistig-politischen Wende!


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


aben Sie es nicht eine Nummer kleiner?

Wir wären ja schon froh über die Anwendung der
rundrechenarten; aber noch nicht einmal das funktio-
iert.






(A) )



(B) )


Dr. Frank-Walter Steinmeier

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sie wollen Steuersenkungen auf Pump, mal 15, mal 20,
mal 24 Milliarden Euro; genau wissen wir es noch nicht.
Sie wollen das, obwohl Sie wissen, dass kein Geld in der
Kasse ist – mehr als 300 Milliarden Euro werden bis
zum Jahr 2012 fehlen –, und obwohl Sie wissen, dass
nach den Umfragen die meisten Menschen in Deutsch-
land das nicht für vernünftig halten und sagen: Guido,
lass das sein! – Sogar die Mehrheit der FDP-Wähler ist
dieser Meinung.

Bisher, Herr Westerwelle, Frau Merkel, haben Sie mit
der falschen Vorstellung mancher in diesem Land ganz
gut gelebt, Schwarz-Gelb verstehe mehr von Finanzen
und Wirtschaft als andere. Das glaubt Ihnen nach den
ersten 100 Tagen im Amt in Deutschland niemand mehr,
und das zu Recht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Axel Troost [DIE LINKE])


Sie haben in den ersten 100 Tagen gezeigt: Sie ver-
schleudern das Geld, sodass es hinterher an allen Ecken
und Enden fehlt. Schon jetzt ist absehbar, dass die Län-
der arm gemacht werden. Die Frankfurter Oberbürger-
meisterin – sie gehört bekanntlich nicht der SPD an – hat
gesagt: Die Gemeinden werden in den Ruin geführt. –
Nie hat eine Regierung den finanz- und wirtschaftspoliti-
schen Vertrauensvorschuss, mit dem Sie vor 100 Tagen
gestartet sind, so schnell verspielt wie diese.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Die Opposition könnte sich darüber freuen; aber das ist
ein Drama für unser Land. Deshalb freut uns das nicht.
Aber wir werden Sie mit diesem Thema treiben, das
ganze Jahr hindurch. Wir werden Ihnen das nicht durch-
gehen lassen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Dieses Jahr machen Bund, Länder und Gemeinden
– Sie wissen das, Herr Schäuble, auch wenn Sie es ges-
tern nicht berichtet haben –


(Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister: Natürlich habe ich es gesagt!)


alles in allem 145 Milliarden Euro neue Schulden. Herr
Schäuble, mit jedem Euro in Ihrem Haushalt machen Sie
30 Cent Schulden, die obendrauf kommen. 30 Prozent
Ihres Haushaltes sind schuldenfinanziert. Das ist die
Lage. Schlimm genug, könnte man sagen. Zum Teil,
aber eben nur zum Teil, ist das Folge der Krise. Schlimm
ist jedoch: Sie machen das Problem nicht kleiner, son-
dern Sie machen es größer, indem Sie weitere Steuersen-
kungen auf Pump machen und damit weitere Schulden
obendrauf packen, indem Sie eine Kopfpauschale ein-
führen wollen – das ist ja der Vorschlag von Herrn
Rösler –, die anschließend notwendigerweise einen So-
zialausgleich nach sich zieht, der 35 Milliarden Euro zu-
sätzlich kostet. Sie, Herr Kauder, haben gesagt, die SPD
sei nicht bei Verstand. Ich sage Ihnen: Wenn Sie den

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(C (D euten erzählen, dass das alles möglich ist, sind Sie icht ganz bei Trost. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


as Stück, das jetzt gespielt wird – ich wage vorauszu-
agen: genau bis zur Landtagswahl in NRW –, hat den
itel: Im Himmel ist Jahrmarkt. Danach aber wird die
ühne umdekoriert. Dann kommt ein anderes Stück. Das
tück hat den Titel: Die Kassen sind leer.

Herr Schäuble, wir haben in der Regierung zusam-
engearbeitet. Ich schätze Sie und Ihre Arbeit. Sie ha-

en über 40 Jahre in der deutschen Politik zugebracht.
ie haben sich einen Ruf erarbeitet. Deshalb frage ich
ie: Warum machen Sie dieses Theater mit?


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


agen doch wenigstens Sie die Wahrheit, nämlich dass
s so nicht geht, und sagen Sie das jetzt und nicht erst im
uni dieses Jahres. Darauf kommt es an.

Frau Merkel und Herr Westerwelle, Sie versprechen
tzt einen Neustart. Ich frage mich: Wie soll das eigent-
ch gehen? Einen Neustart kann es doch nur geben,
enn man erkannt hat, warum man gegen die Wand ge-
hren ist. Einen Neustart kann es nur geben, wenn man

rkannt hat, dass die Richtung, die man eingeschlagen hat,
rundfalsch war. Ein Neustart kann doch nur funktionie-
n, wenn man auch die richtigen Leute dazu hat. Genau

as unterscheidet aber diese Koalition von der vorheri-
en. Vor gut einem Jahr hatten Sie, Frau Merkel, einen
eer Steinbrück, der Ihnen ein Konzept für die Banken-
anierung auf den Tisch gelegt hat.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt haben sie einen PKV-Mann in der Gesundheitspolitik!)


Dazu komme ich noch, Herr Trittin. Geduld, Geduld! –
or einem Jahr hatten Sie noch einen Arbeitsminister
laf Scholz, der Ihnen Konzepte für wirksame arbeits-
arktpolitische Instrumente auf den Tisch gelegt hat,


(Norbert Barthle [CDU/CSU]: Die viel Geld gekostet haben!)


ie dafür gesorgt haben, dass die Krise bei uns keine so
efen Spuren hinterlassen hat wie in den europäischen
achbarländern.


(Beifall bei der SPD)


nen fehlen nun solche Leistungsträger im Kabinett,
rau Merkel, die Vorschläge entwickeln, wie Konjunktur
nd Wachstum durch Innovation – genau das ist notwen-
ig – gestärkt werden können.

Ich sage Ihnen: Die Gefahren der Krise sind nicht ge-
annt, aber diesmal sitzt Frau Merkel hier im Bundestag
it leeren Händen,


(Norbert Barthle [CDU/CSU]: Wo sind Ihre Vorschläge?)







(A) )



(B) )


Dr. Frank-Walter Steinmeier
mit Achselzucken, ohne Idee, ohne Plan. Das ist der Un-
terschied zu damals, den die Leute sehr wohl wahrneh-
men. Sie merken auch, dass diese Regierung nichts zu
bieten hat.


(Beifall bei der SPD)


Aber dass das so ist, ist aus meiner Sicht kein Zufall;
dahinter steckt ein bisschen mehr.


(Florian Toncar [FDP]: Wählerwille!)


Das hat Gründe, die in der Architektur und in dem We-
sen der jetzigen Koalition liegen. Beides lässt sich – da
bin ich ganz sicher – nicht ohne weiteres durch bloße
Ankündigungen verändern. All das kann man auch nicht
– darauf haben andere schon hingewiesen – mit Prosecco
und Tatar zukleistern.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Igitt! – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Nein! Die haben Rotwein getrunken!)


Hier wird mit einer FDP regiert, die immer noch unter
Realitätsschock steht, die die Wirklichkeit nicht wahrha-
ben will, die trotz der tiefsten Krise seit 60 Jahren, seit
Beginn der Nachkriegszeit, immer noch daran glaubt,
dass die Politik gegen die Krise bereits in ihrem Partei-
programm aufgeschrieben sei. Ich habe mir das Partei-
programm der FDP angesehen. Dort steht nichts dazu.
Man vertraut ein bisschen auf Angebot und Nachfrage.
Hier ein Bonbon für die Hotelbesitzer, da ein Zucker-
stück für die Unternehmenserben. Dann kommen die
Apotheker dran und schließlich noch ein paar andere
Freunde. – So funktioniert Regieren nicht. Wer gut re-
gieren will, der muss das ganze Volk im Blick haben und
darf nicht nur einzelne Klientelgruppen bedienen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Noch nie in der Nachkriegsgeschichte, nach meiner
Erinnerung jedenfalls, hat eine Bundesregierung sich so
offensichtlich in den Dienst von Lobbyinteressen ge-
stellt, wie das jetzt der Fall ist.


(Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Und RotGrün 1998?)


– Nein. Wir haben von Ihnen etwas übernommen, was
damals zu Recht Bimbes-Politik und Bimbes-Republik
genannt wurde. Schützen Sie sich selbst davor, eine sol-
che Situation erneut herbeizuführen! Das hat Ihnen ge-
schadet, und es hat dem Land geschadet.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Norbert Barthle [CDU/ CSU]: Das sind doch Reden der 90er-Jahre! Das ist die Vergangenheit!)


– Zur CSU komme ich noch.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Da sind wir aber froh!)


Wir haben gestern über die Spende aus der Familie
von Finck, die Mövenpick-Spende, gestritten, und viele
haben sich verteidigt und gesagt, das sei doch alles in

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(C (D rdnung gewesen. Die FDP hat gesagt, das sei keine ankeschön-Spende; denn sie sei schon vorher bezahlt orden. (Lachen des Abg. Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ah! Die Korruption ist umgekehrt!)


ber das macht doch die Sache nicht besser. Was wollen
ie damit eigentlich sagen? War das sozusagen Vor-
asse?


(Beifall des Abg. Joachim Poß [SPD])


enn Sie so Politik machen, dann wird – das kann ich
nen garantieren – die Frage gestellt werden: Sind wir

ach 100 Tagen dieser Regierung schon wieder in der
imbes-Republik?

Mein dringender Rat und meine Empfehlung, damit
icht wir alle durch diese Spendenpraxis mit geschädigt
erden, ist: Vermeiden Sie auf jeden Fall den Eindruck,
ass Sie dahin zurückkehren wollen! Vermeiden Sie den
indruck, dass durch Spendeneinkommen auf die Ge-
etzgebung Einfluss genommen wird! Am besten wäre
s, Sie würden dieses Geld schnellstmöglich auf eines
er vielen Konten von Herrn von Finck zurücküberwei-
en. Aber das Mindeste ist, dass das Hotelkettenbegüns-
gungsgesetz schnellstmöglich wieder aufgehoben wird.
ie werden Gelegenheit bekommen, darüber abzustim-
en. Das ist der einzige Ausweg. Nutzen Sie ihn!


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Sie können ja mal Frau Hendricks fragen!)


Ja, die habe ich gefragt. Da können Sie sicher sein.
eshalb trete ich hier so selbstbewusst auf.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Da müssen wir auch mal über Ihre Medienholding reden, Herr Steinmeier!)


Ich will dazu gar nicht mehr sagen, weil die Spende
ereits im Mittelpunkt vieler Reden gestern und heute
estanden hat. Ich habe mir aber folgende Frage gestellt:
t das eigentlich das einzige Vorkommnis, das den Vor-
urf von Klientelpolitik in Ihre Richtung rechtfertigt?
us meiner Sicht jedenfalls ist genauso schlimm, dass in
urzer Zeit, innerhalb von wenigen Tagen, an vielen
tellen Cheflobbyisten aus deutschen Verbänden und
eutschen Unternehmen in Spitzenpositionen der Minis-
rien gerückt sind.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie der Abg. Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE])


Ich weiß nicht, ob Herr Röttgen da ist; ich sehe ihn im
ugenblick nicht. Aber aufgrund meiner Beschäftigung
it Energiepolitik in der Vergangenheit weiß ich, dass es
Deutschland eine ganze Reihe von unabhängigen Ener-

ieexperten gibt. Keinen von diesen hat Herr Röttgen in
ein Ministerium geholt.

Stattdessen hat er jemanden geholt, der seit Jahrzehn-
n aufseiten der Industrie für die Atomkraft gestritten






(A) )



(B) )


Dr. Frank-Walter Steinmeier
hat. Herr Hennenhöfer soll jetzt als Spitzenbeamter im
Bundesumweltministerium die Grundzüge der deutschen
Energiepolitik bestimmen. Herr Röttgen, was haben Sie
sich eigentlich dabei gedacht? Wenn es noch eines Bei-
spiels bedurft hätte: Das ist ein Musterbeispiel erfolg-
reichen Lobbyismus in dieser Bundesregierung. Des-
halb sage ich: Herr Röttgen, Sie werden sich am Ende
Ihr Energiekonzept von der deutschen Atomlobby dik-
tieren lassen.

Was dem Ganzen noch die Krone aufsetzt – ich habe
es ja nicht fassen können –, ist die Tatsache, dass dieser
Spitzenbeamte, den Sie sich eingekauft haben, in den
zentralen Genehmigungsentscheidungen, die demnächst
in Ihrem Hause anfallen werden, aus Rechtsgründen we-
gen Befangenheit nicht einmal mitwirken darf. Das ist
ein Skandal. Herr Röttgen muss der deutschen Öffent-
lichkeit erklären, welchen Sinn diese Personalentschei-
dung macht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Herr Rösler, was die grundsätzliche Aufgabe des Ge-
sundheitsministers angeht, nämlich dafür zu sorgen, dass
jeder in diesem Lande einen Anspruch auf bestmögliche
Versorgung hat, sind wir nicht im Streit. Es gibt da aber
ein paar Unterschiede, die auch mit dem unterschiedli-
chen Einkommen zusammenhängen. Diese drücken sich
in der Struktur der Versicherten aus. Wenn Sie wirklich
den Anspruch haben, bestmögliche Versorgung für jeden
zu garantieren, dann geht das nur, wenn Sie die gesetz-
lich Krankenversicherten gegen die Interessen von Lob-
byisten verteidigen. Dass das nicht einfach ist, können
Sie von Ulla Schmidt erfahren.


(Lachen bei der FDP – Zuruf von der FDP: Dienstwagen in Spanien!)


– Sie werden sich noch an meine Worte erinnern. Man
braucht ein breites Kreuz, um den täglichen Druck von
den Akteuren im Gesundheitswesen auszuhalten.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sie probieren noch nicht einmal, wie viel Druck Sie
aushalten, sondern holen sich gleich den Cheflobbyisten
der privaten Krankenversicherungen in die Grundsatzab-
teilung des Gesundheitsministeriums. Das ist nicht ver-
boten, werden Sie sagen. Aber in diesem Lande gibt es
70 Millionen gesetzlich Versicherte. Sie verstehen nicht,
dass die Mehrheit der Menschen in diesem Lande Angst
haben, weil sie befürchten, dass ihre Interessen durch
Ihre Personalentscheidung untergebuttert werden.


(Christian Lindner [FDP]: Quatsch!)


Herr Rösler, Sie nähren mit jeder öffentlichen Äußerung
diese Befürchtung der breiten Masse der Bevölkerung.
Deshalb sage ich Ihnen: Mit Ihrer Gesundheitspolitik
werden Sie in der eigenen Koalition noch viel Spaß be-
kommen. Den wünsche ich Ihnen. Ich wünsche aber den
Versicherten in diesem Lande, dass sie die Gesundheits-
versorgung behalten, die sie unter guter sozialdemokrati-
scher Führung der letzten Jahre gewohnt sind.

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(C (D (Beifall bei der SPD – Zurufe von der FDP: Oh!)


Ob die CSU Herrn Baron von Finck auch zu Dank
erpflichtet ist, wissen wir noch nicht ganz genau.


(Joachim Poß [SPD]: Seit Jahrzehnten!)


ahr ist jedenfalls, dass Herr Seehofer, wie wir gehört
aben, ebenfalls schon über Jahre für die Interessen der
otelbesitzer stramm gefochten hat. Seehofer ist derje-
ige, der bis vor kurzem noch gesagt hat, er sei Chef der
tzten wirklichen Volkspartei in Deutschland.


(Klaus-Peter Willsch [CDU/CSU]: Wo arbeitet der Herr Schröder jetzt?)


Herr Schröder hat sich da nie beworben, wenn ich das
chtig weiß.


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Aber bei Gazprom!)


Aber dann verstehe ich das Gezappel nicht, das ich im
ugenblick in der CSU sehe. Als wir noch in der Großen
oalition waren, habe ich immer gedacht, das habe et-
as mit den Sozis in der Koalition zu tun, weil die CSU
it denen besondere Schwierigkeiten habe. Aber das
ezappel geht ja weiter. Heute hü, morgen hott und
bermorgen eine ganz andere Meinung, so die tägliche
SU-Taktik ohne irgendein erkennbares politisches Ziel.
enn Sie mich fragen, dann ist die CSU auf der Suche

ach sich selbst statt auf der Suche nach Lösungen für
ieses Land. Wenn mich nicht alles täuscht, dann könnte,
enn ich nach Bayern schaue, Herr Seehofer der Ab-
ickler der ehemals stolzen bayerischen Staatspartei
erden. Herr Seehofer: „Wer zu spät kommt, den be-

traft das Leben“, würde Gorbatschow sagen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Ach, wie originell! Tolle Formulierung!)


Ich sage das nicht ohne Not. Ich gebe Ihnen jetzt eine
egründung dafür. Was die CSU-Politik in den letzten

ahren in Bayern mit Blick auf das große Börsenkasino
er Bayerischen Landesbank, bei dem 14 Milliarden
uro verzockt worden sind, angeht: Die CSU hat in Bay-
rn – das nehmen Sie hoffentlich ernst – ihre finanz- und
irtschaftspolitische Kompetenz auf Dauer verspielt.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Die Umfragen sagen das Gegenteil!)


h war am Dreikönigstag im Berchtesgadener Land.
err Ramsauer, das ist ganz sicher ein wunderschöner
ahlkreis; das will ich nicht bestreiten.


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Er hatte mehr Prozente als Sie!)


Ja, auch das. – Ich habe nach der Veranstaltung mit
ielen Leuten, auch mit CSU-Leuten, gesprochen. Sie
agen: Früher waren wir wirklich stolz auf unsere CSU
Bayern. Wir waren stolz, weil wir es besser konnten,

agen sie.






(A) )



(B) )


Dr. Frank-Walter Steinmeier

(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ja auch nicht stimmt!)


Dieser Stolz ist weg, sagen einige. Und: Ich schäme
mich dafür, was die bei der Landesbank mit unserem
Geld gemacht haben. Sie haben es einfach verzockt; weg
ist es.

Das Geld, das die kleinen Leute in Bayern erarbeitet
haben, ist bei der Bayerischen Landesbank verbrannt.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Sie sollten mal auf die WestLB schauen!)


Ich sage Ihnen voraus: Diese Erbsünde in Bayern wer-
den Sie so schnell nicht wieder los. Das ist bitter für die
CSU in Bayern. Aufgrund der Reden hier sage ich an die
CSU gerichtet: Seien Sie zwischendurch einfach mal et-
was weniger von oben herab, und zeigen Sie etwas mehr
Demut! Auch Sie, meine Damen und Herren von der
CSU, sind in der Realität Deutschlands angekommen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Nun tut die Bundeskanzlerin Frau Merkel so, als hätte
sie mit dem ganzen Gezeter der Männer links und rechts
um sich herum nichts zu tun.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Genau!)


Einige sagen sogar: Das ist geschickt.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Genau!)


Nur, wahr ist es nicht.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Doch!)


Frau Merkel, Sie haben Ihren aktiven Anteil an dem ak-
tuellen Desaster in der Koalition. Sie schauen nämlich
dem Treiben zwischen FDP auf der einen Seite und CSU
auf der anderen Seite einfach teilnahmslos zu. Sie halten
sich einerseits heraus und erklären das andererseits noch
zur Methode. Sie spielen Leute von der FDP und der
CSU ganz geschickt gegeneinander aus, schlagen sich
aber selbst in die Büsche. Beispiele dafür haben wir in
den letzten Tagen erlebt.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Steinbach!)


Die Steuersenkung ist ein Beispiel. Zur Steuersen-
kung haben Sie lange nicht das Geringste gesagt. Vor
der Wahl in Nordrhein-Westfalen wollen Sie nicht zuge-
ben, dass das alles leere Versprechungen sind. Darum
musste erst einmal Herr Schäuble ins Rennen.


(Joachim Poß [SPD]: Er hat aber auch nichts gesagt!)


Er musste erst einmal sagen: Das geht so nicht; es ist
kein Geld dafür da. – Als er dann einmal öffentlich ge-
sagt hatte, was notwendig zu sagen war, sind Sie ihm in
den Rücken gefallen


(Petra Merkel [Berlin] [SPD]: Zurückgepfiffen!)


und haben in einem Interview im Handelsblatt öffent-
lich erklärt – das haben dann einige zu einem Macht-
wort hochstilisiert –: Nein, Herr Schäuble, die FDP hat

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(C (D cht. – Es soll also doch Steuersenkungen in breitem mfang geben, obwohl kein Geld da ist. Es soll mögli herweise doch eine Reduzierung des Spitzensteuersates um 10 Prozent geben, und das alles trotz leerer Kasen. Anschließend haben Sie veranlasst, dass der inanzminister diese Pirouette wieder mitdreht. Meine amen und Herren, das ist keine seriöse Politik. Ich bin ir sicher: Das wird nicht belohnt werden, auch nicht ei der wichtigen Wahl, die in diesem Jahr stattfindet. Für das Heraushalten und Ausspielen von Teilen der oalition gegeneinander gibt es noch ein paar andere eispiele, unter anderem die Causa Steinbach. Es geht m die Frage, ob Frau Steinbach dem Stiftungsrat der tiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ angehön darf und soll. Ich vermute, Sie haben da eine Mei ung. Ich vermute, Sie wissen, dass Frau Steinbach dieem Stiftungsrat nicht angehören wird. Aber statt das zu agen, lassen Sie die FDP das Geschäft erledigen, so wie s früher in der Großen Koalition durch die SPD erledigt orden ist. Sie fürchten sich davor, den Vertriebenenveränden klipp und klar die Wahrheit zu sagen. Würde rau Steinbach dem Stiftungsrat angehören, wäre das ine Katastrophe für das deutsch-polnische Verhältnis. ber statt das selbst klar zu sagen, müssen das bei Ihnen mer die jeweiligen Koalitionspartner tun. Das ist nicht ir. Das ist nicht offen. Das ist keine Leitentscheidung er Kanzlerin. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der SPD)


Ich nenne als weiteres Beispiel Europa und die Tür-
ei. Im Koalitionsvertrag steht dazu auch nichts Ge-
aues, es wiederholen sich allenfalls die Formulierungen
us früheren Koalitionsverträgen. Herr Westerwelle sagt
ei seinem Türkeibesuch das eine, die CSU täglich das
ndere. Von der Kanzlerin hören wir kein klares Wort
azu, wie die Regierung mit dieser Frage umgehen will.

Frau Merkel, in Ihrem Kabinett darf nicht nur jeder
achen, was er will. Sie wollen sogar, dass jeder macht,
as er will. Das mag für Sie persönlich, vielleicht sogar
Augenblick für die Umfragewerte das Richtige sein

es ist jedenfalls nicht negativ –, es ist aber schlecht für
nser Land. Das ist Ihr Anteil am Schlamassel dieser
oalition und an dem Drama, das sich in Deutschland

bspielt.


(Beifall bei der SPD – Norbert Barthle [CDU/ CSU]: Sie müssen sich einen besseren Redenschreiber suchen!)


In einem haben Sie recht: In diesem Land ist Erneue-
ung notwendig. Neues Denken ist gefragt, und zwar
ringend. Ja, Frau Merkel, aber was tun Sie? Sie tun ge-
au das Gegenteil. Sie reichen altem Denken, ich sage
ogar uraltem Denken die Hand. Sie reichen die Hand ei-
er Politik, die schon bei Frau Thatcher und Herrn
eagan vor Jahrzehnten gescheitert ist. Müssen wir in
eutschland denn auch noch die Erfahrung machen,
ass die Verarmung des Staates keine Garantie für
achstum ist? Wenn Sie so weitermachen, dann be-
rchte ich, dass das der Fall sein wird.


(Beifall bei der SPD)







(A) )



(B) )


Dr. Frank-Walter Steinmeier
Dabei liegen die Themen für die Erneuerung dieses
Landes auf der Hand: grüne Revolution, die älter wer-
dende Gesellschaft, bessere Bildung, bessere Integra-
tion. Aber was hören wir heute Morgen in Ihrer Rede?
Wir hören wieder nur Ankündigungen, wieder nur Über-
schriften. Wo ist das Konzept dieser Regierung für eine
Modernisierung der Wirtschaft? Wo ist das Konzept die-
ser Regierung für die Arbeit von morgen? Gar nichts
höre ich dazu! Wo ist die Weichenstellung für Bildung,
Betreuung und Integration? Stattdessen – Sie haben eben
zugehört – gibt es wieder die Ankündigung von neuen
Gipfeln: wieder die Ankündigung eines Bildungsgipfels,
wieder die Ankündigung eines Integrationsgipfels. Ich
frage Sie: Was sollen all diese neuen Gipfel, wenn Län-
der und Gemeinden keine Kohle mehr in ihrer Kasse ha-
ben, um daraus Politik zu finanzieren? Wir wollen Taten
sehen. Wir wollen Ergebnisse sehen. Die haben Sie
nicht. Deshalb ist Ihre Politik folgenlos und schädlich
für unser Land.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Ist sie folgenlos oder nicht folgenlos? Beides geht nicht!)


Wer Erneuerung will, der braucht Geld. Deshalb sage
ich: Stecken Sie das Geld, das noch zur Verfügung steht
– es ist wenig genug –, in Innovation, Forschung und
Bildung. Dort wird es dringend gebraucht. Stattdessen
verplempern Sie mal eben knapp 10 Milliarden Euro mit
dem sogenannten Wachstumsbeschleunigungsgesetz. Sie
hätten damit die Bildungshaushalte des Bundes verdop-
peln können. Wenn jetzt noch 20 Milliarden Euro Steu-
ersenkung draufkommen,


(Norbert Barthle [CDU/CSU]: Das geht rein praktisch nicht!)


dann könnten Sie mit dem Geld, das Sie mit der Gieß-
kanne übers Land verstreuen, Ganztagsschulen bauen,
Studienplätze schaffen, Forscher einstellen, Labors aus-
statten und die Zahl der Patente nach oben treiben.


(Norbert Barthle [CDU/CSU]: Mal in den Haushaltsplan reinschauen!)


All das wäre möglich, wenn Sie nicht an dieser blödsin-
nigen, an dieser falschen Politik festhielten.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Norbert Barthle [CDU/CSU]: Da sträuben sich dem Haushälter die Nackenhaare!)


Mit dem, was Sie gegenwärtig auf den Weg bringen,
plündern Sie nicht nur die öffentlichen Kassen des Bun-
des, der Länder und der Gemeinden, sondern Sie schwä-
chen auch das, was gerade in der gegenwärtigen Situa-
tion in unserem Land so wichtig ist: die soziale
Sicherheit. Wir ahnen und wissen im Grunde genau
– einige aus der Koalition sagen es in Interviews ja auch
schon öffentlich –: Nach der NRW-Wahl wird der Rot-
stift angesetzt, natürlich bei den Schwachen und bei den
Normalverdienern. Wir hören schon die zynischen Be-
gleitkommentare von Roland Koch und anderen: Treibt
die faulen Säcke endlich einmal zur Arbeit! Der FDP-

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(C (D eneralsekretär bezeichnet den Staat als schwächlichen ichtsnutz. Das sagt jemand, der seinen Lebensunterhalt hrelang aus öffentlichen Kassen bestritten hat. Ich sage nen: Wer so borniert, wer so verächtlich über Arbeitsse und den notwendigen Schutz der Menschen daherdet, wer nicht lernt, dass wir nicht einfach zu den vereintlich sonnigen Zeiten vor der Krise zurückkehren önnen, der kann dieses Land nicht erneuern. Deshalb erden Sie scheitern, meine Damen und Herren von der undesregierung. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Diese Bundesregierung ist zu der Erneuerung, die sie
ich selbst vorgenommen hat, nicht in der Lage.
chwarz-Gelb kann das nicht. Schauen Sie auf Frau
erkel. Sie sitzt mit leeren Händen auf dem Kanzler-

tuhl.


(Beifall bei der CDU/CSU – Volker Kauder [CDU/CSU]: Und das ist gut so! – Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Das haben Sie wenigstens erkannt!)


Ich nehme zur Kenntnis, dass Sie zu den „leeren Hän-
en“ klatschen.


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Mit vollen Händen hat noch niemand geklatscht! Das geht gar nicht!)


o kann man vielleicht eine Zeit überstehen, aber Politik
r die Menschen in unserem Land kann man so nicht
achen.

Die Quittung dafür wird in diesem Jahr kommen. Das
ird für Sie eine bittere Erfahrung sein. Wenn die Men-

chen erkennen, dass sie von dieser Regierung getäuscht
orden sind, wenn sie erkennen, dass es nicht mehr
etto vom Brutto, sondern weniger Netto vom Brutto
eben wird, wenn sie erkennen, dass in den Städten und
emeinden überall gestrichen wird, dass die Gebühren
r Kindergärten, Wasser und Abfall erhöht werden,

ass, was in einigen Städten Nordrhein-Westfalens
chon jetzt erkennbar ist, Stadtteilbüchereien, Theater
nd Schwimmbäder geschlossen werden, wenn die Men-
chen erkennen – das hat Frau Künast eben richtig ge-
agt –, dass sie trotz einer Kindergelderhöhung nicht
ehr, sondern weniger Geld im Portemonnaie haben,

ann wird das Vertrauen in diese Regierung wegbrechen.
h sage Ihnen: Das, was Sie mit den Menschen treiben,
sbesondere vor den Wahlen, ist ein falsches Spiel. Das

eschädigt das Vertrauen in diese Regierung; da bin ich
ir sicher. Schlimmer aber ist, dass das auch das Ver-
auen in die politischen Institutionen beschädigt.


(Beifall der Abg. Brigitte Zypries [SPD])


arum ist das, was Sie in den ersten 100 Tagen Ihrer Re-
ierungszeit aufgeführt haben, kein schlechtes Lustspiel,
ondern bitterer Ernst.

Herr Schäuble, ich habe Ihnen gestern gut zugehört.
eine herzliche Bitte ist, dass Sie über einen Satz, den

ie gestern gesagt haben, noch einmal ganz ernsthaft
achdenken. Dieser Satz ist in Ihrer Rede im Zusam-






(A) )



(B) )


Dr. Frank-Walter Steinmeier
menhang mit der Diskussion über die Parteispenden
von Finck gefallen. Sie haben in der Debatte gestern ver-
sucht, Kritik an Ihrer Klientelpolitik unter Verweis auf
Weimar verstummen zu lassen. Wer sie kritisiert – ich
darf Sie einmal zitieren –, der stehe in den Traditionen
der „Radikalen von rechts und links“. So haben Sie das
gestern genannt. Herr Schäuble, überlegen Sie noch ein-
mal, ob das wirklich ein Satz ist, den Sie an die Adresse
der Sozialdemokraten richten wollen. Mit Blick auf die
Geschichte dieser Partei kann das kein ernstgemeinter
Satz sein.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701503400

Herr Steinmeier, kommen Sie bitte zum Ende.


Dr. Frank-Walter Steinmeier (SPD):
Rede ID: ID1701503500

Ich bin sofort fertig. – Ich halte dem entgegen: Demo-

kratie gefährdet nicht der, der Falsches falsch nennt. Die
wirkliche Gefahr für die Demokratie ist eine Politik, die
sich richtiger Einsicht verweigert,


(Beifall des Abg. Joachim Poß [SPD])


die das tut, was nur Einzelnen nützt, die das Gemein-
wohl aber vernachlässigt und die Kritik daran Majestäts-
beleidigung nennt. Das darf nicht sein.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701503600

Herr Steinmeier, kommen Sie bitte zum Ende.


Dr. Frank-Walter Steinmeier (SPD):
Rede ID: ID1701503700

Die Gefahr für unser Land sind nicht die Kritiker, das

sind Sie selbst. Machen Sie Schluss mit der Klientelpoli-
tik! Machen Sie Schluss mit der Politik sozialer Spal-
tung! Kehren Sie auf den Weg der Verantwortung zu-
rück!

Herzlichen Dank.


(Anhaltender Beifall bei der SPD – Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Auf Wiedersehen! – Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Und Tschüss!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701503800

Für die CDU/CSU-Fraktion hat jetzt der Kollege

Dr. Hans-Peter Friedrich das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Hans-Peter Friedrich (CSU):
Rede ID: ID1701503900

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Man konnte nach dieser Rede wirklich nicht da-
von ausgehen, dass so lange geklatscht wird.

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(C (D (Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Oh!)


iese Rede, Herr Steinmeier, war lang, laut und enttäu-
chend.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


iese Rhetorik, mit der man versucht, ein blutleeres
ammelsurium und Peinlichkeiten zu überspielen, liegt
nen einfach nicht.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Wissen Sie, letztes Jahr waren Sie eigentlich noch
anz vernünftig.


(Zurufe von der SPD: Ah!)


it „geistiger Wende“ haben wir nicht gemeint, dass Sie
ich jetzt in geistiges Unterholz begeben sollen.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ein, mit „geistiger Wende“ haben wir gemeint, dass wir
ehr Freiheit in diesem Land brauchen. Lieber Herr
teinmeier, Ihre Angriffe auf die Bundesregierung waren
ngerechtfertigt


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Nein!)


nd sie waren billig.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Nein! Ihre Politik ist billig, Herr Friedrich! Ich korrigiere mich: Sie ist teuer!)


ie sollten sich nicht auf dieses Niveau begeben. Viel-
icht hätten Sie, wenn es um die Verquickung von Poli-
k und wirtschaftlichen Interessen geht, auch über Ihren
reund Gerhard Schröder und Gazprom reden können.


(Zuruf von der FDP: Herr Müller!)


ber auf dieses Niveau möchte auch ich mich nicht be-
eben.

Ich beglückwünsche Sie, dass Sie bei Ihrem Urlaub in
ayern offensichtlich noch einige Sozis getroffen ha-
en.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


s gibt nicht mehr viele davon. Bei den Umfragen liegt
re Partei, wenn ich das sagen darf, bei 17 Prozent. In

er letzten Woche haben auf die Frage nach der Wirt-
chaftskompetenz der CSU 64 Prozent der bayerischen
evölkerung gesagt: Die CSU hat die Wirtschaftskom-
etenz. Das liegt nach allen Untersuchungen daran, dass
ayern die Region mit der größten wirtschaftlichen Frei-
eit in Europa ist.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Reden Sie doch einmal über die Bayern LB!)


eswegen gibt es auch die meisten Investitionen in die-
em Land. Darauf sind wir stolz.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Sehr gut! Jawohl!)







(A) )



(B) )


Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof)

Das ist die Kompetenz, auf die die CSU stolz sein kann.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Aber zu Deutschland gehören Sie schon noch, oder sind Sie schon ein extra Staat?)


Die christlich-liberale Koalition legt ihren ersten
Haushalt vor; aber es ist nicht der erste Haushalt in einer
Krise, sondern bereits der zweite. Den letzten, lieber
Herr Steinmeier, haben wir zusammen mit Ihnen verab-
schiedet. Wir haben festgestellt, dass die Wirtschafts-
krise kein Land in der Welt verschont, sondern überall
zuschlägt. Es gibt viele Länder, die am Rand des Erträg-
lichen, am Rand des Staatsbankrotts angelangt sind, ei-
nige mit Massenarbeitslosigkeit. Unser Land ist bisher
relativ verschont geblieben. Das liegt daran, dass
Deutschland, dass die deutsche Volkswirtschaft eine her-
vorragende Substanz hat.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Es liegt auch daran, dass vonseiten der deutschen Po-
litik, auch hier im Hohen Hause, rechtzeitig, schnell und
richtig reagiert wurde. Wir haben in der Großen Koali-
tion zusammen – vielleicht wollen Sie sich nicht mehr
daran erinnern; aber ich erinnere Sie daran – öffentliche
und private Investitionen angestoßen. Ich denke nur an
die Wärmesanierung von Gebäuden. Wir haben mit der
Kurzarbeit eine Brücke von der Krise hinüber in die
Normalzeiten gebaut. Hoffen wir, dass diese Brücke lang
genug sein wird. Wir haben gemeinsam, Sie von der
SPD und wir, im letzten Jahr Steuerentlastungen in Höhe
von 14, 15 Milliarden Euro beschlossen, die zum
1. Januar dieses Jahres in Kraft treten. Ich verstehe nicht,
wieso Sie sich jetzt von diesen Beschlüssen, die Sie
selbst mitgetragen bzw. vorangetrieben haben, verab-
schieden wollen.

Weil sich diese Krise im Haushalt widerspiegelt, hat
der ehemalige SPD-Bundesfinanzminister im Mai letz-
ten Jahres einen Haushaltsentwurf für 2010 vorgelegt, in
dem eine Erhöhung der Neuverschuldung um 86 Mil-
liarden Euro vorgesehen war;


(Joachim Poß [SPD]: Ja! Unter den damaligen Annahmen! Das wissen Sie doch genau!)


das ist die Wahrheit. Das ist das Spiegelbild der Krise.

Seit drei Monaten regiert eine christlich-liberale Ko-
alition,


(Joachim Poß [SPD]: Ja, leider!)


die die Politik der Krisenbewältigung des letzten Jah-
res weiterentwickelt hat, konsequent und logisch.


(Joachim Poß [SPD]: Das stimmt so nicht!)


Erstens stocken wir den Umfang der Steuerentlastungen,
die wir schon im letzten Jahr beschlossen haben, um
weitere 8,5 Milliarden Euro auf,


(Joachim Poß [SPD]: Ja! Aber für Unsinn!)


und zwar in allererster Linie – das ist der größte Bro-
cken – für Familien. Dazu stehen wir, weil es richtig ist.


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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Joachim Poß [SPD]: Um die Kindergeldkomponente geht es doch gar nicht!)


Herr Poß, der größte Teil der im Rahmen des Wachs-
msbeschleunigungsgesetzes vorgesehenen Steuersen-

ungen geht zugunsten der Familien,


(Joachim Poß [SPD]: Ja! Das ist richtig! Aber der Freibetrag war gar nicht nötig! – Gegenruf der Abg. Birgit Homburger [FDP]: Natürlich ist der nötig!)


er kleinere Teil dient der Entlastung der Unternehmen.

Haben Sie von der SPD etwa vergessen, dass die Un-
rnehmen die Grundlage für Arbeitsplätze in diesem
and sind


(Joachim Poß [SPD]: Als es um die zeitliche Befristung ging, haben wir ja auch mitgemacht!)


nd dass jede Erleichterung für die Unternehmen auch
ine Verbesserung im Hinblick auf die Wettbewerbsfä-
igkeit der Arbeitsplätze ist?


(Joachim Poß [SPD]: Noch einmal: Bei der zeitlichen Befristung haben wir mitgemacht!)


sofern ist auch diese zweite Komponente, wie ich
laube, von großer Bedeutung.

Trotz dieser neuen Impulse – wir stellen übrigens
50 Millionen Euro zusätzlich für Forschung und Bil-
ung bereit – sieht unser Haushaltsentwurf eine gerin-
ere Neuverschuldung als der damalige Entwurf des
PD-Bundesfinanzministers vor.


(Joachim Poß [SPD]: Die Grundlagen haben sich ja auch geändert! Sagen Sie das doch auch einmal! Das ist doch eine Täuschung! – Gegenruf des Abg. Dr. Michael Meister [CDU/ CSU]: Höchstens Selbsttäuschung, und zwar bei Ihnen!)


as zeigt, dass wir die Dinge solide angegangen sind.

Das Zweite ist – auch darauf möchte ich hinweisen –:
s gibt in diesem Lande nicht nur einen Schutzschirm
r Banken, sondern auch einen Schutzschirm für die
rbeitnehmer. Auch dies haben wir zusammen auf den
eg gebracht. In der jetzigen Krise ist es nämlich rich-

g, dafür zu sorgen, dass die Lohnnebenkosten nicht
teigen, weil dadurch Arbeitsplätze gefährdet werden
önnten,


(Joachim Poß [SPD]: Ja! Aber dafür haben wir die Substanz geliefert, nicht Sie!)


as vielleicht zur Folge hätte, dass Kurzarbeit in Ar-
eitslosigkeit umschlägt. Wir haben bei den Mitteln für
ie Bundesanstalt für Arbeit 16 Milliarden Euro draufge-
gt, die Mittel für die gesetzliche Krankenversicherung
m 4 Milliarden Euro erhöht und das Darlehen – ein Dar-
hen führt irgendwann zwangläufig dazu, dass die Bei-
agszahler dafür aufkommen müssen – in einen verlore-






(A) )



(B) )


Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof)

nen Bundeszuschuss umgewandelt. Auch das ist, wie ich
glaube, ein wichtiger Gesichtspunkt.

Der Verlauf dieses Jahres und der weitere Verlauf der
Wirtschaftskrise sind unsicher; darauf wurde zu Recht
hingewiesen.

Meine Damen und Herren, die Frau Bundeskanzlerin
hat heute gesagt: Der Wirtschaftseinbruch in Deutsch-
land betrug 5 Prozent. – Die Produktion in Deutschland
ist also um 5 Prozent eingebrochen. Ich möchte zu Ver-
gleichszwecken daran erinnern, dass wir beim sogenann-
ten Ölpreisschock in den 70er-Jahren einen Produktions-
rückgang um 0,9 Prozent zu verzeichnen hatten. Der
damalige Rückgang hat zu einer enorm hohen Arbeitslo-
sigkeit geführt. Insofern kann man im Vergleich zu da-
mals ermessen, was ein Rückgang um 5 Prozent bedeu-
tet und wie gut es uns gelungen ist, die Arbeitslosigkeit
im Zaum zu halten und sie nicht ausufern zu lassen.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701504000

Herr Kollege Friedrich, würden Sie eine Zwischen-

frage des Kollegen Heil zulassen?


Dr. Hans-Peter Friedrich (CSU):
Rede ID: ID1701504100

Keine Zwischenfragen, danke.


(Brigitte Zypries [SPD]: Sehr christliches Verhalten!)


Gefahren lauern allerdings auch in manchen unserer
Partnerländer, die finanziell und wirtschaftlich zum Teil
schwach auf der Brust sind; auch hier müssen wir uns
auf vieles einstellen. Wir wissen nicht, was dieses Jahr
bringt. Aber die christlich-liberale Koalition ist auf alle
Eventualitäten vorbereitet. Unsere Antwort auf die Krise
und auf die Herausforderungen ist die soziale Markt-
wirtschaft. Das unterscheidet uns von der rot-rot-grünen
Opposition.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Quatsch!)


Wir setzen auf die Freiheit der Marktwirtschaft.

Das wichtigste Kapital unseres Landes sind das
Selbstvertrauen der Menschen, ihr Optimismus, ihre
Leistungsbereitschaft und ihre Bereitschaft, Verantwor-
tung zu übernehmen. All dies sind Voraussetzungen da-
für, dass der Sozialstaat, den wir alle bewahren und ver-
bessern wollen, erhalten bleibt.

Die Generalsekretärin der SPD wurde dieser Tage in
einem Interview mit der Berliner Zeitung gefragt: Wo
würde die SPD denn sparen? Sie hat gesagt: Sparen
braucht man nicht, man muss nur die Steuern erhöhen.
Sie hat die Einführung eines neuen Soli und die Erhö-
hung von Steuersätzen vorgeschlagen.

Meine Damen und Herren, wir wissen, wie erfinde-
risch die Linken sind, wenn es um die Einführung neuer
Steuern geht. Ich erinnere an die rot-grüne Ökosteuer,
die mit dem Wohlfühlwort „Öko“ versehen wurde, aber
nichts weiter war als das Abkassieren von Menschen.

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(C (D (Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Schaffen Sie sie doch ab! Aber nein: Es gibt sie immer noch!)


elches Etikett auch immer Sie auf eine Steuer kleben:
m Ende müssen die Menschen zahlen. Lassen Sie also
as mit den Etiketten! Außerdem wissen Sie genau, dass
s wahnsinnig schwer ist, Steuern, die einmal eingeführt
ind, wieder abzuschaffen.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


eswegen sind wir bei solchen Vorschlägen – die von al-
n Seiten gemacht werden – sehr zurückhaltend.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Joachim Poß [SPD]: Frau Merkel ist doch für die Finanztransaktionsteuer! Herr Kauder ist doch für diese Steuer! Sind Sie nicht dafür? Sind Sie gegen die Finanztransaktionsteuer?)


Wir wollen, dass die Menschen fair behandelt wer-
en, die ihr Leben lang gearbeitet haben und zu einem
päten Zeitpunkt ihres Arbeitslebens unverschuldet ar-
eitslos geworden sind. Es muss ein Unterschied ge-
acht werden zwischen denen, die jahrzehntelang gear-

eitet haben und dann unverschuldet in Hartz IV
eraten, und denen, die noch nie gearbeitet haben. Des-
egen, aber auch, um den Leistungsgedanken zu beto-
en, war es uns wichtig, dass das Schonvermögen erhöht
ird. Die christlich-liberale Koalition hat diesen Schritt
etan. Ich glaube, dass diese Entscheidung richtig ist.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Wir werden bei unseren Überlegungen weiter darauf
chten, dass die Kommunen – das ist ein Anliegen, das
h als Vertreter der CSU besonders hervorheben will;
enn wir sind tief verwurzelt in den Kommunen – auch
der Zukunft ihre Aufgaben erfüllen können. Wir wer-

en auch vonseiten der Bundespolitik darauf achten,
ass die Kommunen in ihrer Wirtschaftsdynamik, in ih-
r Investitionskraft weiterhin gefestigt und gestärkt
erden. Das ist einer der wichtigsten Punkte, die wir uns

uf die Fahne geschrieben haben. Im Übrigen möchte
h darauf hinweisen, dass die Wachstumsdynamik, die
ir gemeinsam durch das Wachstumsbeschleunigungs-
esetz erhöht haben, auch den Kommunen zugute-
ommt.


(Joachim Poß [SPD]: Das ist ein Witz von Wachstumskonzept!)


ie Steuereinnahmen, die durch zusätzliches Wachstum
ntstehen, kommen nämlich auch bei den Kommunen
n.

Lassen Sie mich zum Schluss etwas zur Schulden-
remse sagen. Wir – FDP, SPD, CDU/CSU – haben die
chuldenbremse im vergangenen Jahr in Verantwortung
egenüber den nächsten Generationen gemeinsam ver-
bredet. Wir stehen zu dieser Verantwortung. Ich kann
ur immer wieder sagen: Weisen wir gemeinsam alle
ngriffe der Linken – sowohl derer, die sich die Linken
ennen, als auch der Linken in den Reihen anderer Par-
ien – auf die Schuldenbremse zurück! Freibier für alle






(A) )



(B) )


Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof)

und Schulden machen auf Teufel komm raus ist keine
verantwortliche Politik. Deswegen ist die Schulden-
bremse richtig.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch bei der SPD und der LINKEN – Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Ihr macht 100 Milliarden Euro Schulden, nicht wir!)


Diese christlich-liberale Regierung hat einen klaren
Auftrag: Wir werden Deutschland aus der Krise führen.
Wir werden das Land fitmachen für das neue Jahrzehnt,
und wir werden dafür sorgen, dass Deutschland in der
Welt an der Spitze steht.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Ich dachte, Bayern!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701504200

Der Kollege Heil zu einer Kurzintervention, bitte.


Hubertus Heil (SPD):
Rede ID: ID1701504300

Herr Kollege Friedrich, da Sie nicht den Mut gezeigt

haben, eine Zwischenfrage zuzulassen, möchte ich Ihnen
eine ganz einfache Frage stellen.

Aus der Koalition waren unterschiedliche Äußerun-
gen zu vernehmen, als es um die Erhöhung des Arbeits-
losenversicherungsbeitrages ging. Ich will Ihnen hier
und jetzt, in der Reaktion auf meine Kurzintervention,
die Gelegenheit geben, zu Protokoll zu geben, wie sich
das verhält.

Können Sie – auch für die Zeit nach der Landtags-
wahl in Nordrhein-Westfalen – definitiv ausschließen,
dass der Arbeitslosenversicherungsbeitrag in dieser Le-
gislaturperiode über das hinaus erhöht wird, was an Er-
höhung – auf 3 Prozent – zum nächsten Jahr ansteht?

Ich frage danach, weil das für die Planbarkeit im Hin-
blick auf Personal, für wirtschaftliche Investitionen, für
den Faktor Arbeit sehr wichtig ist. Meine Frage ist ganz
einfach – Sie müssen nicht lang antworten –: Ja oder
Nein? Wird diese Koalition, um ihre Steuergeschenke zu
finanzieren, den Arbeitslosenversicherungsbeitrag erhö-
hen und damit dafür sorgen, dass den Arbeitnehmern
weniger Netto vom Brutto bleibt?

Diese Frage ist offen, weil in der Koalition schon über
eine Erhöhung des Arbeitslosenversicherungsbeitrages
auf 4,5 Prozent diskutiert wird. Herr Friedrich, Ja oder
Nein: Werden Sie den Beitrag auf mehr als 3 Prozent er-
höhen? Sagen Sie: Read my lips!


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Sagen Sie uns: Wird Steinmeier nach der Wahl noch da sein?)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701504400

Herr Kollege Friedrich.

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(C (D Lieber Herr Heil, allein die Tatsache, dass Sie solche ragen stellen, zeigt, welche Verwirrung bei Ihnen errscht. ir wollen wirtschaftliche Dynamik in dieses Land ringen. Wir wollen, dass die Menschen arbeiten und ust an der Arbeit haben. Dazu gehört, dass wir ihnen ntfaltungsmöglichkeiten dadurch bieten, dass wir ihnen icht das ganze Geld wegnehmen, das sie verdienen, ondern ihnen mehr Netto vom Brutto lassen. Das ist uner Credo. Dass dazu natürlich auch gehört, dass wir ihen nicht auf der einen Seite steuerliche Entlastungen eben und auf der anderen Seite die Lohnnebenkosten rhöhen, ist doch selbstverständlich. (Joachim Poß [SPD]: Sagen Sie doch was zur Frage!)

Dr. Hans-Peter Friedrich (CSU):
Rede ID: ID1701504500

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


llein die Frage ist schon Unfug.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Natürlich ist dies eines der wichtigsten Ziele unserer
irtschaftspolitik überhaupt. Wir verstehen Wirtschafts-

olitik nicht wie andere, die Genossen der Bosse, als
lientelpolitik für die Großkonzerne. Unser Ansatz ist
irtschaftspolitik für die mittelständischen Unterneh-
en, für das Handwerk, für die landwirtschaftlichen Be-
iebe.


(Joachim Poß [SPD]: Für die Allianz!)


ort sind die Erhöhungen von Lohnnebenkosten schäd-
ch, und deswegen werden wir uns einer solchen Politik
er Erhöhung von Lohnnebenkosten entgegenstellen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Joachim Poß [SPD]: Keine Antwort! – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Wiedervorlage im Sommer, Herr Friedrich!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701504600

Nun hat Brigitte Zypries für die SPD-Fraktion das

ort.


(Beifall bei der SPD)



Brigitte Zypries (SPD):
Rede ID: ID1701504700

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten

amen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Der
aushalt des Beauftragten für Kultur und Medien sieht

uf den ersten Blick gut aus: Es gibt keine Kürzungen in
er Kultur- und Medienpolitik des Bundes. Ja, es gibt
ogar eine moderate Steigerung, die aber hoffentlich
icht nur an der tarifvertraglich bedingten Erhöhung der
ersonalkosten liegt.

Die schlechte Nachricht allerdings ist: In Wahrheit
ndet natürlich doch eine Kürzung bei den wichtigsten
kteuren der Kultur in unserem Lande statt, nämlich bei
en Kommunen. Dies liegt nun nicht am Haushalt des
KM, sondern an den sonstigen Entscheidungen, die
iese Regierungskoalition in den ersten hundert Tagen
ereits umgesetzt hat. Durch das sogenannte Wachs-






(A) )



(B) )


Brigitte Zypries
tumsbeschleunigungsgesetz werden den Kommunen
mindestens 1,6 Milliarden Euro pro Jahr in den Kassen
fehlen, und zwar zusätzlich zu den ohnehin schon vor-
handenen Mindereinnahmen aufgrund der Wirtschafts-
und Finanzkrise.

Deshalb können viele Kommunen heute schon nicht
mehr freiwillige Leistungen in dem Umfang anbieten,
wie sie es gern täten. Gerade die freiwilligen Ausgaben
prägen das Leben in der Kommune. Bibliotheken,
Schwimmbäder, Theater, freie Kulturszenen, all das ist
ein Stück Lebensqualität und ein Kernstück kommunaler
Selbstverwaltung.

Wenn Sie heute in die Feuilletons der Zeitungen se-
hen, finden Sie an jedem Tag Auflistungen zu den Über-
legungen der Kommunen, was künftig noch bei ihnen
eingespart werden kann. Diese Liste reicht von Theater-
schließungen – das markanteste Beispiel ist Wuppertal –
über zahlreiche Einschränkungen bei den kulturellen
Förderungen verschiedenster Art bis hin zur Schließung
von Musikschulen.


(Joachim Poß [SPD]: Hört! Hört!)


Dazu hat Otto Schily bei seiner Amtsübernahme 1998
gesagt:

Wer Musikschulen schließt, gefährdet die Innere Si-
cherheit.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Dr. Lukrezia Jochimsen [DIE LINKE])


Damit hat er exemplarisch deutlich gemacht, welche Be-
deutung die Kultur für unsere Gesellschaft hat. Es geht
eben nicht nur um das sogenannte Bildungsbürgertum,
das sich bei den Theaterpremieren der Stadt trifft. Nein,
es geht vor allen Dingen auch darum, dass man kleine,
alternative Kulturangebote in der Kommune machen
kann, die den Jugendlichen Alternativen zum Internet
und zum Fernsehen am Nachmittag aufzeigen.


(Beifall bei der SPD)


Es geht auch um Angebote, die ihnen deutlich ma-
chen, welche Bedeutung das Spielen eines Instruments
haben kann. Ich denke etwa an die wunderbare Initiative
„Ein Musikinstrument für jedes Kind“. Es geht auch um
die freien Theaterprojekte wie das Projekt der „Atriden“
in meinem Wahlkreis, bei dem 90 Menschen aus 14 ver-
schiedenen Nationen ein antikes Stück aufgeführt und
dabei gemeinsam gelernt haben, dass dieses Zusammen-
spielen viel mehr als „nur“ Theaterspielen ist. All diese
wichtigen Aufgaben von Kulturarbeit gehen verloren,
wenn wir die Kommunen finanziell ausbluten. Es wird
schwer sein, diese kulturelle Substanz wieder aufzu-
bauen. Auch deshalb ist das sogenannte Wachstumsbe-
schleunigungsgesetz in seinen Auswirkungen so verhee-
rend.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Diese Überlegungen zur Kultur sind ein Grund für die
SPD, sich für die Einführung eines Staatsziels Kultur
in die Verfassung einzusetzen. Dazu lesen wir leider im
Koalitionsvertrag nichts.

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(C (D (Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister: Sagen Sie mal Ihre persönliche Meinung!)


Es zeigt sich: Nicht nur in der Steuerpolitik gibt es für
ie Koalition nach knapp 100 Tagen im Amt ein verhee-
ndes Zeugnis. Auch in der Kultur- und Medienpolitik
t der Start missraten.


(Beifall bei der SPD)


h erinnere an den Fall Brender, Chefredakteur im ZDF.
err Staatsminister, hier hätten Sie die Unabhängigkeit
es Rundfunks achten und verteidigen müssen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU/CSU: Heuchelei! – Joachim Poß [SPD]: Dazu kann er ja was sagen!)


in anderes Beispiel ist das wirklich unwürdige Gescha-
here um die Stiftung „Flucht, Vertreibung, Versöh-
ung“. Das Verhalten des BdV und seiner Präsidentin
elastet das deutsch-polnische Verhältnis erheblich. Es
at inzwischen auch die Stiftung nachhaltig geschädigt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Klaus-Peter Willsch [CDU/CSU]: So ein Quatsch!)


Wir als Sozialdemokraten sehen in diesem Haushalt
inzelne Kritikpunkte in den einzelnen Titeln, die wir in
en Ausschussberatungen diskutieren werden. So sind
um Beispiel im Haushalt keine Mittel für die geplante
igitalisierung der Kinos vorgesehen. Wir wollen aber,
ass die kleinen Kinos unterstützt werden.

Wir alle wissen: Kunst ohne Künstler geht gar nicht.
eshalb ist die Förderung von Projekten und Program-
en durch die Kulturstiftung des Bundes sehr wichtig.
ir meinen, die Mittel dieser Stiftung sollten aufge-

tockt werden. Wir möchten gerne von Ihnen die Erklä-
ng, dass Sie bei der Künstlersozialversicherung nicht

en Weg der schwarz-gelben Landesregierung Baden-
ürttembergs einschlagen und diese Künstlersozialver-

icherung einstampfen wollen. Hier möchten wir gerne
larheit.

Ich komme zum Thema Internet. Der Vorschlag für
ie Einsetzung einer Enquete-Kommission ist zwar
rundsätzlich gut. Wir meinen aber, dass da noch we-
entliche Aspekte fehlen. Bei dieser Enquete-Kommis-
ion fehlt bisher zum Beispiel völlig die derzeitige
esellschaftliche Debatte um das Internet: Welche politi-
chen und welche soziologischen Auswirkungen hat
enn das Internet auf unsere Gesellschaft? Was hat sich

Denken geändert, seit wir das Internet benutzen?
iese Fragen, die jetzt auch in Amerika breit diskutiert
erden, müssen wir hier unbedingt erörtern.

In diesen Zusammenhang gehören die Stärkung der
edienkompetenz und der informationellen und kom-
unikativen Selbstbestimmung in den neuen sozialen
etzwerken ebenso wie die Frage der Sammlung und
erwertung von Daten durch Unternehmen wie Google.
azu gehört für uns auch die Debatte, ob es Sinn macht,

xtra eine Suchmaschine für Kinder zu finanzieren, oder






(A) )



(B) )


Brigitte Zypries
ob nicht Kinder im Rahmen der Stärkung von Medien-
kompetenz lernen sollten, mit den Angeboten des Inter-
nets umzugehen, statt dass man sie auf extra für sie ent-
worfene Suchmaschinen verweist.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701504800

Frau Zypries, bitte kommen Sie zum Schluss.


Brigitte Zypries (SPD):
Rede ID: ID1701504900

Das, Frau Präsidentin, waren meine Überlegungen.

Die SPD wird im Ausschuss konstruktiv mitdiskutieren
und zusehen, dass in unserem Sinne noch Veränderun-
gen stattfinden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701505000

Jetzt spricht für die Bundesregierung der Kollege

Bernd Neumann.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


B
Bernd Neumann (CDU):
Rede ID: ID1701505100


Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe
Frau Zypries, an sich ist es schade, dass Sie sich in Ihrer
Jungfernrede im Bereich der Kultur eigentlich gar nicht
dem Kulturhaushalt, den wir heute zu diskutieren haben,
zugewendet haben. Sie haben ihn kurz angesprochen,
damit meine ich: gelobt. Insofern gehe ich erst einmal
davon aus, dass die SPD-Opposition mit dem, was wir
hier vorgelegt haben, völlig einverstanden ist.


(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Völlig!)


Wir haben in der letzten Legislaturperiode die Ausga-
ben des Bundes für die Kultur Jahr für Jahr kontinuier-
lich erhöht.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Auch im vorliegenden Haushalt – Kollegin Zypries hat
darauf hingewiesen – hat die Bundesregierung eine mo-
derate Steigerung vorgesehen. Hinzu kommen die
Schritt für Schritt vorgenommene Realisierung des Son-
derinvestitionsprogramms zum Erhalt des kulturellen Er-
bes – in 2010 mehr als 50 Millionen Euro – sowie die
Mittel aus dem Konjunkturpaket II, wodurch wir bis
2011 die Chance haben, für die Verbesserung der Infra-
struktur in der Kultur bis zu 100 Millionen Euro auszu-
geben. Auch in der Finanz- und Wirtschaftskrise gilt:
Kulturförderung ist keine Subvention, sondern eine un-
verzichtbare Investition in die Zukunft unserer Ge-
sellschaft.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Damit aus der wirtschaftlichen Krise nicht auch noch
eine geistige wird, bedarf unsere Gesellschaft eines trag-
fähigen geistigen Fundaments. Dieses Fundament ist die
Kultur. Deshalb ist es aus gesellschaftspolitischer Sicht

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(C (D ontraproduktiv, mit Streichungen im Bereich der Kultur ie Haushalte sanieren zu wollen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und der LINKEN – Joachim Poß [SPD]: Sagen Sie das doch mal Ihrer Frau Merkel!)


enn Kultur ist leider keine gesetzlich verankerte
flichtaufgabe. Dennoch sollte es unsere Pflicht sein, sie
u schützen und ihre Rahmenbedingungen zu verbes-
ern.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Gerade im Bereich der kulturellen Bildung dürfen
ir nicht sparen. Im Gegenteil: Wir wollen mehr als bis-
er unsere Verantwortung für dieses Schlüsselthema der
ukunft wahrnehmen und mit gutem Beispiel vorange-
en.


(Joachim Poß [SPD]: Da sind wir aber gespannt!)


urch die Einrichtung eines neuen Fördertitels für kultu-
lle Vermittlung und weitere Schwerpunktsetzungen der
ulturstiftung des Bundes planen wir in diesem Jahr
ittel in Höhe von über 12,5 Millionen Euro für die kul-
relle Bildung ein. Außerdem wird eine Fülle von Maß-

ahmen über die von uns ohnehin geförderten Einrich-
ngen und Fonds initiiert und finanziert.

Für uns gilt: Der Zugang zur Kultur muss jedermann
öglich sein. Dort, wo es Barrieren gibt, sind sie abzu-

auen. Kulturelles Miteinander ist die beste Methode
ur Integration.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Es ist eine unserer wichtigsten Aufgaben, das kultu-
lle Erbe zu bewahren, wie dies in vielen vom Bund ge-
rderten Einrichtungen geschieht. Stellvertretend sei die

tiftung Preußischer Kulturbesitz genannt. Mit der
röffnung des Neuen Museums im Oktober 2009 sind
um ersten Mal seit 1939 alle Häuser auf der Museums-
sel wieder für das Publikum geöffnet. Die hohen Besu-

herzahlen bestätigen das große Interesse an diesem En-
emble.

Für das Jahr 2010 ist von der Bundesregierung im
aushaltsentwurf vorgesehen, die Betriebsmittel für die
tiftung Preußischer Kulturbesitz gemeinsam mit Berlin
m 5 Millionen Euro auf 138 Millionen Euro zu erhö-
en. Daneben stellen wir, der Bund, als alleiniger Finan-
ier bei Investitionen 92 Millionen Euro allein in 2010
ur Verfügung. Das heißt, wir tun etwas für den Erhalt
es kulturellen Erbes trotz finanziell schwerer Zeiten.


(Beifall der Abg. Petra Merkel [Berlin] [SPD])


Die Wiedererrichtung des Berliner Stadtschlosses mit
em Humboldt-Forum ist eine einmalige Chance für
ie Kulturnation Deutschland. Wir errichten im Herzen
er Hauptstadt ein Schaufenster der Weltkulturen und
chließen eine schmerzliche Lücke im Stadtbild. Zusam-
en mit der Museumsinsel entsteht ein Ensemble von






(A) )



(B) )


Staatsminister Bernd Neumann: Staatsminister Bernd Neumann
Ausstellungshäusern, das weltweit seinesgleichen su-
chen wird.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Die vom Deutschen Bundestag beschlossene Reali-
sierung des Freiheits- und Einheitsdenkmals in Berlin
wollen wir in dieser Legislaturperiode zügig fortsetzen.
Ein neuer internationaler Einladungswettbewerb mit ei-
nem vorgeschalteten offenen Bewerberverfahren soll im
Februar starten. Ich bin zuversichtlich, dass im
20. Jubiläumsjahr der deutschen Einheit die Jury einen
angemessenen und eindrucksvollen Entwurf nominiert,
der dann zügig realisiert wird.

Mir ist bewusst, dass wir uns auch haushaltsmäßig in
schwierigen Zeiten bewegen. Ich hoffe gleichwohl, dass
wie in der Vergangenheit auch zukünftig parteiübergrei-
fend der für die Kultur notwendige Konsens bestehen
bleibt.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701505200

Die Kollegin Dr. Lukrezia Jochimsen spricht jetzt für

die Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701505300

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die Kultur gehört in den Haushalt der Kanzlerin. Es ist
nicht ausgemacht, ob das für die Kultur gut oder schlecht
ist.


(Zuruf von der CDU/CSU: Bisher ist es immer gut gewesen!)


Einerseits wird dadurch auf die nationale Verantwortung
für die Kultur in unserem föderalen Staat hingewiesen.

Andererseits wird die Kultur dadurch zum kleinen
Anhängsel in der großen Haushaltsdebatte. Eine grund-
sätzliche Auseinandersetzung, wie wichtig Kultur für
dieses Land ist und wie bedroht sie gerade jetzt ist, lässt
sich in einer Anhängseldebatte zur Haushaltsdebatte lei-
der nicht führen.


(Beifall bei der LINKEN)


Hätten wir doch jetzt den Satz in unserer Verfassung:
Der Staat schützt und fördert die Kultur. Wenn wir die
Kultur als Staatsziel im Grundgesetz verankert hätten,
könnten wir gerade in dieser Zeit Signale setzen.

Staatsminister Neumann hat neulich im Ausschuss für
Kultur und Medien gesagt, man müsse sich der Verant-
wortung bewusst sein, die man auf nationaler Ebene
trage; der Bund habe Vorbildfunktion. Großartig gespro-
chen! Aber was heißt das konkret? Konkret heißt das,
dass diese Regierung ein Wachstumsbeschleunigungsge-
setz beschließt, das die Kommunen finanziell zuneh-
mend in den Ruin treibt, wohl wissend, dass es die Kom-
munen zusammen mit den Ländern sind, die die
Hauptkosten für die Kultureinrichtungen tragen. Des-

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(C (D alb braucht die Kultur in unserem Land gerade in dieser risenzeit nationalen Schutz. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wenn Sie schon nicht auf uns hören, verehrter Staats-
inister, dann hören Sie doch auf die Hilferufe der
tädte, des Städtetages und der Organisationen der Kul-
rschaffenden. Vom Kulturrat über den Bundesverband
ildender Künstlerinnen und Künstler bis zum Deut-

chen Bühnenverein, alle fordern jetzt einen Notfonds
es Bundes. Genau das fordert auch die Linke in dieser
aushaltsdebatte.


(Beifall bei der LINKEN)


a, wir fordern ein Hilfsprogramm zur Erhaltung der kul-
rellen Infrastruktur in unserem Land, einen Schutz-

chirm für die Kultur, 1 Milliarde Euro. Diesen Vor-
chlag bringen wir ein.


(Beifall bei der LINKEN)


ir wollen uns nicht damit begnügen, dass hier und da
in paar Symptome behandelt werden.

D
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1701505400
Bei Katastrophen sei es folgerichtig,
enn Bund, Land und Kommunen gemeinsam Hilfs-
nds für die Kultur einrichteten. Ich frage: Ist diese
rise keine Katastrophe, und ist die Krise plus Wachs-
msbeschleunigungsgesetz dieser Regierung nicht gera-

ezu eine doppelte Katastrophe für die Kultur?


(Beifall bei der LINKEN)


Die Kultur gehört in den Haushalt der Kanzlerin. Also
uss die Kanzlerin – sie ist leider nicht anwesend – auch

andeln. Sie wird dadurch Wachstum schaffen; denn
ultur- und Kreativwirtschaft sind eine Wachstumsbran-

he. Wenn man dieser Branche aber das Fundament
immt – die Orchester, die Theater, die Museen, die Bi-
liotheken und vor allem die kulturelle Bildung der Kin-
er –, dann wird diese Zukunftswirtschaft verkümmern
nd nicht wachsen. Schaffen Sie also einen Schutz-
chirm für die Kultur! Das ist nicht nur unsere Forde-
ng. Das ist die Forderung der Stunde.


(Beifall bei der LINKEN)


Nun noch ein paar Fragen zu den nationalen Prestige-
rojekten der Bundeskultur in Berlin. Das Stadtschloss
owie das Freiheits- und Einheitsdenkmal sind sehr um-
tritten, von Pannen begleitet und sehr teuer. Der Staats-
inister hat leider kein Wort zum Dokumentations-

entrum „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“
efunden. Dürfen wir einmal erfahren, lieber Staats-
inister, wie es weitergeht? Wird das Institut aus dem
istorischen Museum ausgegliedert? Wird der Bundes-
g mit einem neuen Stiftungsgesetz befasst? Verzichtet
ie Regierung auf das Berufungsrecht? Gibt es noch
ehr Stiftungsratsmitglieder des Bundes der Vertriebe-

en, wie es von Frau Steinbach gefordert wurde? Im De-
ember letzten Jahres ist der einzige polnische Vertreter

wissenschaftlichen Beraterkreis der Stiftung zurück-
etreten. Danach habe ich die Bundesregierung gefragt,
ie denn nun die polnische Sichtweise bezüglich der






(A) )



(B) )


Dr. Lukrezia Jochimsen
Nachkriegsaussiedlung der Deutschen in Polen in der
Stiftung gewährleistet werden soll. Die Antwort lautete:
Die Bundesregierung legt weiterhin großen Wert auf
eine polnische Beteiligung. – Sehr schön! Aber wie?
Gibt es einen Nachfolger für Professor Szarota? Sucht
man überhaupt einen? Sieht man denn nicht, dass die
Aufgabe der Versöhnung bei diesem Projekt zunehmend
in den Hintergrund tritt?

Kanzlerin, übernehmen Sie!


(Beifall bei der LINKEN)


Machen Sie Schluss mit dieser Art von Erinnerungskul-
tur in der Verantwortung der Bundesregierung! Das täte
der politischen Kultur in unserem Land gut. Geld ließe
sich dabei übrigens auch sparen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701505500

Jetzt hat der Kollege Reiner Deutschmann für die

FDP-Fraktion das Wort.


(Beifall bei der FDP)



Reiner Deutschmann (FDP):
Rede ID: ID1701505600

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten

Damen und Herren! Zu Recht schauen wir mit Stolz auf
die vielfältige Kulturlandschaft in Deutschland. Sie
weist eine hohe Dichte auf, ist durch öffentliches und
privates Engagement geprägt, und sie findet in den un-
terschiedlichsten Bereichen statt. Allein unsere Museen
werden jährlich von über 105 Millionen Menschen be-
sucht. Kultur hat in Deutschland zu Recht einen beson-
deren Stellenwert. Ich bin froh, dass auch wir vonseiten
des Bundes einen kleinen Teil dazu beitragen können
und dürfen, dass die Kulturlandschaft Deutschland
weiter blüht.

Zurzeit präsentiert sich Deutschland mit der Kultur-
hauptstadt Ruhr 2010 in besonderer Weise als Kultur-
nation. Diese Kulturhauptstadt steht für Kultur im Zei-
chen des Strukturwandels. Industriebrachen werden für
die Kultur neu entdeckt und für die Menschen erschlos-
sen. Dies zeigt, welche Kraft und Kreativität im Kultur-
sektor stecken. Dabei steht Kultur nicht nur für ideelle
Werte. Kulturförderung ist auch eine Investition in die
Zukunft. Viele Gutachten zeigen, dass jeder so inves-
tierte Euro als Kulturrendite im Wirtschaftskreislauf
bereits jetzt verdoppelt wird. Nicht umsonst spielt inzwi-
schen die Kultur- und Kreativwirtschaft in einer Liga mit
der Chemie- und Automobilindustrie.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU])


Ich glaube, dass wir darin übereinstimmen, dass die
Bedeutung der Kultur nicht stark genug betont werden
kann. Attraktive Kultureinrichtungen und Kulturange-
bote prägen entscheidend die Lebensqualität in unseren
Städten und Gemeinden. Sie sind damit identitätsstif-

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(C (D nd. Das gilt sowohl für die Hochund Breitenkultur als uch für die Pflege kultureller Traditionen oder die Enticklung alternativer Kunstprojekte. Besonders hohe Bedeutung kommt aber der kultureln Bildung zu. Darum haben wir im Koalitionsvertrag stgeschrieben – ich zitiere –: Wir wollen gemeinsam mit den Ländern den Zugang zu kulturellen Angeboten unabhängig von finanzieller Lage und sozialer Herkunft erleichtern und die Aktivitäten im Bereich der kulturellen Bildung verstärken; kulturelle Bildung ist auch ein Mittel der Integration. Durch entsprechende tägliche Nachrichten kann man en Eindruck gewinnen, dass unsere Gesellschaft zunehend verroht und gerade junge Menschen Identitätspro leme haben. Die Gewalt im Alltag nimmt ein immer rößeres Ausmaß an. Wir Liberale meinen, dass gerade ie kulturelle Bildung helfen kann, solche Tendenzen in er gesellschaftlichen Entwicklung zu stoppen. Kultulle Bildung ist für uns eine gemeinsame Zukunftsauf abe von höchster Priorität. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dem Bundesbeauftragten für Kultur und Medien,
taatsminister Bernd Neumann, ist es in den letzten Jah-
n, auch mit Unterstützung unserer Fraktion, gelungen,

en Stellenwert der Kulturförderung des Bundes in den
aushaltsberatungen deutlich herauszustellen und sogar
r einen Aufwuchs des Kulturetats zu sorgen. Dafür
öchte ich dem Kulturstaatsminister ausdrücklich dan-

en.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Nun befinden wir uns in der größten Finanz- und
irtschaftskrise, die dieses Land seit dem Ende des

weiten Weltkrieges erlebt hat. Geld muss gespart wer-
en. Erfahrungsgemäß wird der Rotstift in solchen Zei-
n gern bei den verhältnismäßig kleinen Kulturetats an-
esetzt. Gerade in den Ländern und Kommunen
eschieht dies, weil die Kultur nur als freiwillige Auf-
abe eingestuft ist. Pflichtaufgaben haben dann Vorrang.
ass es anders geht, zeigt zum Teil Sachsen. Dort ist
ulturförderung Pflichtaufgabe und im Kulturraumge-

etz geregelt. Darüber hinaus hat die Kultur durch
rt. 11 der Landesverfassung Verfassungsrang.


(Beifall des Abg. Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU])


er mit dem Kulturraumgesetz verbundene Solidaref-
kt schafft Planbarkeit und Sicherheit nicht nur für Kul-
rdezernenten, sondern durchaus auch für Vereine und

ndere Körperschaften. Allerdings muss die soziale
age vieler Künstlerinnen und Künstler noch viel stärker
ematisiert werden.

Ich will die Kultur nicht per se aus den Sparbemühun-
en ausschließen. Aber nach 18 Jahren als Beigeordneter
der kommunalen Kulturpolitik weiß ich, dass noch






(A) )



(B) )


Reiner Deutschmann
kein Haushalt durch Einsparungen im Kulturetat saniert
worden ist.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Aber schon so manches abgerissene Haus hat dauerhaft
eine hässliche Baulücke hinterlassen. Das darf uns im
Kulturbereich nicht passieren.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie Sie das in Wuppertal machen? Das Pina-Bausch-Theater abwickeln!)


– Dann sollen sie lieber das halbe Ordnungsamt schlie-
ßen, als bei der Kultur zu sparen. – Trotz der klar verteil-
ten Kompetenzen möchte ich den Ländern und Kommu-
nen von massiven Einschnitten abraten. Gerade in
Krisenzeiten sind Streichungen im Kulturbereich kontra-
produktiv.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wie gesagt, die Kompetenzen sind in Deutschland
klar verteilt. Kultur ist Ländersache. Die Bundesländer
sind gefordert, ihre jeweiligen Landesgesetze so zu ge-
stalten, dass die Kulturförderung auch in der Krise finan-
ziell abgesichert bleibt. Ich hoffe, dass die Kultur bald in
allen Bundesländern ganz selbstverständlich zu den
Pflichtaufgaben gehört.

Dabei wäre die Verankerung der Kultur als Staats-
ziel sehr hilfreich. Es wäre ein Zeichen dafür, was die
Kultur unserer Nation wirklich wert ist. Ich will aber En-
gagement nicht nur von den Ländern fordern, sondern
auch vom Bundestag. Ich stehe dazu, dass wir weiterhin
den Bundesbeauftragten für Kultur und Medien unter-
stützen, wenn es um die Kulturförderung vonseiten des
Bundes geht.

Danke schön.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701505700

Jetzt hat die Kollegin Agnes Krumwiede für die Frak-

tion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.


Agnes Krumwiede (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701505800

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Das Streben nach Leistung, Wachstum und
Wohlstand beherrscht unsere Gesellschaft. Ein Bild ma-
len, Theater spielen oder Musizieren ist bei uns keine
Leistung, sondern im besten Fall Talent, das in der Frei-
zeit gepflegt werden darf. Auch für die Kommunen ist
Kultur keine Pflicht, sondern Kür, eine freiwillige Leis-
tung. Es ist eine Tatsache, dass die sogenannten freiwilli-
gen Aufgaben den Kürzungen als Erstes zum Opfer fal-
len, wenn den Kommunen das Geld ausgeht. Die stehen
vor dem finanziellen Kollaps. Ihre verfehlte Steuerpoli-
tik mit großzügigen Geschenken an eine großzügige Kli-
entel wird die Situation noch verschlimmern.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


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(C (D er Flächenbrand im Kulturbetrieb hat gerade erst beonnen. Ein solcher Verlust kultureller Infrastruktur ann nicht wieder rückgängig gemacht werden. llen voran die kleineren Kultureinrichtungen, die freie zene, die Soziokultur und die Kinderund Jugendkultur rwartet eine düstere Zukunft. Ziehen wir die Konseuenzen: Besser früher als zu spät brauchen wir einen othilfefonds Kultur des Bundes. Darüber entscheidet inzig und allein der politische Wille. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


(Beifall des Abg. Joachim Poß [SPD])


er politische Wille konnte Banken retten. Für den Er-
alt kleiner kultureller Institutionen wäre nur ein Bruch-
il dieser Mittel notwendig. Die Rettung der Hypo Real
state hat so viel Geld verschlungen, wie der vierfache
etrag aller öffentlichen Kulturausgaben pro Jahr in
eutschland ausmacht. Im Haushaltsplan der Regierung
eht es in erster Linie um die Sicherung etablierter Aus-
ängeschilder. Aber, Herr Neumann, solange der Bund
icht gleichermaßen Verantwortung für die Förderung
leiner Projekte und Institutionen übernimmt, riskiert er
otzdem eine Verödung unserer Kulturlandschaft;


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


enn Generationengerechtigkeit bedeutet nicht nur, den
chuldenberg zu reduzieren und unser kulturelles Erbe
r nachfolgende Generationen zu bewahren, es ist ge-

auso wichtig, Kreativität zu fördern, die Entstehung
on Neuem zu fördern und die Fantasie zu fördern. Das
edeutet vor allem, die Rahmenbedingungen für kul-
relle Bildung zu verbessern.

Doch was macht die Bundesregierung? Sie kürzt die
uwendungen für die Kulturstiftung des Bundes. Wir
lle kennen die Bedeutung der Kulturstiftung im Bereich
er kulturellen Bildung. Neuerdings ist im Haushalts-
lan 1 Million Euro für „kulturelle Vermittlung“ vorge-
ehen. Mir kommt es sehr fragwürdig vor, Gelder für die
ulturstiftung zu kürzen und gleichzeitig in ein Phantom
it dem Namen „kulturelle Vermittlung“ zu investieren,

on dessen Existenz die Opposition zum ersten Mal
urch den Haushaltsplan erfahren hat.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


ir sind gespannt, welche inhaltlichen Konzepte sich
ahinter verbergen und helfen auch gerne mit Ideen.

Wir helfen auch gerne bei der Medienpolitik. Die
oalition hat groß angekündigt, die digitale Spaltung der
esellschaft verhindern zu wollen, aber es genügt nicht,
jedem Haushalt einen Breitbandzugang zu legen. Not-
endig sind mehr Projekte zur Förderung von Medien-
ompetenz. Entscheidend ist auch hier die Förderung der
leinen Initiativen, in denen Kindern, Jugendlichen und
rwachsenen die digitale Welt mit all ihren Chancen kri-
sch nähergebracht wird. Ich glaube, wir brauchen einen






(A) )



(B) )


Agnes Krumwiede
Paradigmenwechsel in unserer Gesellschaft. Einem
Wachstumsbeschleunigungsgesetz möchte ich die For-
derung nach Entschleunigung entgegensetzen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Alle, gerade Kinder und Jugendliche, sind auf Zeit zum
Wachsen und zum Spielen angewiesen. Geistige Ent-
wicklung braucht Zeit. Da lässt sich nichts beschleuni-
gen.

Wir müssen Abschied nehmen vom Leistungswahn
und in die Bildung investieren, Räume und Freiräume
schaffen für kreative Inhalte. Das Wohlergehen der Men-
schen in unserem Land hängt nicht ab von materiellem
Wachstum zugunsten einer privilegierten Schicht, son-
dern von lebensfreundlichen Bedingungen. Ein besseres
Leben für viele ist für uns Grüne wichtiger als mehr
Geld für wenige.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das heißt, es darf Ihnen als Regierung nicht in erster
Linie darum gehen, die schillernde Oberfläche unserer
Kulturnation zu polieren, Stichwort „Berliner Stadt-
schloss“. Wenn die Kommunen vor dem Aus stehen,
kann der Bund nicht tatenlos zusehen.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir dürfen unsere kommunalen Kultureinrichtungen
nicht dem Beschleunigungswahnsinn opfern.

Es ist unsere Pflicht, zukünftigen Generationen keine
geistige Verarmung zu hinterlassen. Der Weg zu einem
neuen Denken – wir meinen damit etwas anderes als
Frau Merkel –, zu einem besseren Leben ist ohne ein
neues Bewusstsein für kulturelle Werte nicht möglich.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701505900

Weitere Wortmeldungen zu diesem Einzelplan liegen

nicht vor.

Wir kommen zum Geschäftsbereich des Auswärtigen
Amtes, Einzelplan 05.

Als erster Redner hat das Wort der Kollege Dr. Guido
Westerwelle für die Bundesregierung.

Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Aus-
wärtigen:

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und
Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Deutsche Au-
ßenpolitik ist Friedenspolitik. Diese Kontinuität zu
wahren, das gehört nach Auffassung der christlich-libe-
ralen Bundesregierung zum Wertvollsten, was wir Deut-
sche an politischem Inventar zu bieten haben. Weil deut-
sche Außenpolitik Friedenspolitik ist, setzen wir auf
Abrüstung.

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(C (D Ich möchte auf eine Begegnung aufmerksam machen, ie in der Öffentlichkeit bisher vielleicht noch nicht die ötige Aufmerksamkeit gefunden hat. In zwei Wochen ommen hier in Berlin acht Persönlichkeiten zusammen: enry Kissinger, Richard von Weizsäcker, Sam Nunn, elmut Schmidt, William Perry, Egon Bahr, George hultz und Hans-Dietrich Genscher. Diese acht Männer aben jahrzehntelang für den Frieden gearbeitet. Sie haen Vertrauen gestiftet. Sie haben Konflikte überwunen, und sie sind ganz gewiss keine naiven Persönlicheiten. Heute eint diese acht erfahrenen Persönlichkeiten ie gemeinsame Überzeugung, dass eine nuklearwafnfreie Welt nötig und möglich ist. Auf diesem Wege ollen auch wir als christlich-liberale Bundesregierung ehen. Wir sind der Überzeugung: Nach dem Jahrzehnt er Aufrüstung brauchen wir jetzt ein Jahrzehnt der Abstung; Abrüstung ist das Gebot der Menschheit in die en Jahren. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Wer die Chancen der Globalisierung sieht, erkennt
atürlich auch die Gefahren. Ich will nicht, so wie ich
as früher in Generaldebatten vormittags oft getan habe,
ber die innenpolitischen, wirtschaftspolitischen und bil-
ungspolitischen Fragen der Globalisierung sprechen,
ondern über die außenpolitischen. Die Globalisierung
t chancenreich; aber sie hat auch Schattenseiten, zum
eispiel die Weiterverbreitung von Massenvernich-
ngswaffen. Der internationale Terrorismus, auch der
umpf von radikalen Ideologien in der Welt und nicht
ehr nur in Regionen, das Vernetzen von Fundamenta-
smus, Radikalismus, Menschenverachtung und Un-
enschlichkeit, all das ist natürlich eine Geißel unserer
eit, ein Ergebnis des technologischen Fortschritts und
er Globalisierung. Wer die Globalisierung mit realisti-
chem Optimismus begrüßt, der muss zugleich auf Ab-
stung setzen, um die globalisierte Welt sicherer zu ma-

hen.


(Beifall des Abg. Alexander Ulrich [DIE LINKE])


Der amerikanische Präsident Barack Obama hat inso-
rn ein Fenster der Gelegenheit, wie man es nennt, auf-

estoßen. Ich meine damit nicht in erster Linie seine
ede in Kairo – die auch –,


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die in Prag!)


ondern vor allen Dingen, Frau Kollegin Roth, seine
ede in Prag, eine Rede, die meiner Meinung nach viel
u wenig beachtet worden ist. Hier sehen wir, dass ehr-
eizige, visionäre Ziele formuliert werden können. Es ist
chtig, dass wir den amerikanischen Präsidenten beim
ort nehmen. Damit wir uns auch hier nicht missverste-

en: Wir wollen nukleare Abrüstung nicht, um leichter
onventionelle Kriege führen zu können, sondern für
ns als christlich-liberale Bundesregierung und, wie ich
offe, auch für das ganze Haus gehen nukleare Abrüs-
ng und konventionelle Abrüstung Hand in Hand. Das
üssen wir allen waffenreichen Regionen in der Welt
mer wieder ins Stammbuch schreiben.






(A) )



(B) )


Bundesminister Dr. Guido Westerwelle: Bundesminister Dr. Guido Westerwelle

(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD)


Wir sprechen mit unseren Partnern und Verbündeten
über Abrüstung. Das stand vielleicht bei den Berichten
über eine Reihe von Antrittsbesuchen auf meinen ersten
Auslandsreisen, die ich machen durfte, zum Teil ja auch
in Begleitung von Kolleginnen und Kollegen, nicht so-
fort ganz vorne auf den Titelseiten, aber es ist gleich-
wohl ein Kernanliegen unserer Politik. Wir wollen näm-
lich, dass auslaufende oder auch nie ratifizierte Verträge
über Rüstungskontrolle wirksam bleiben bzw. wirksam
werden. Wir sprechen also mit unseren Partnern und
Verbündeten über Abrüstung; das habe ich gerade erst
auch in Japan getan, wohin mich verschiedene Kollegen
nahezu aller Fraktionen dieses Hauses begleitet haben.

Wir wollen mit unseren Verbündeten auch darüber
sprechen, dass die letzten in Deutschland stationierten
Nuklearwaffen abgezogen werden.


(Beifall der Abg. Ulrike Flach [FDP] und Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE])


Wir setzen auf die Friedensdividende. 20 Jahre nach un-
serer Wiedervereinigung – dieses wunderbare Jubiläum
feiern wir ja dieses Jahr – ist es an der Zeit, dass wir uns
alle gemeinsam diese Friedensdividende politisch erar-
beiten. Die Welt friedlicher zu machen, das ist auch eine
Antwort auf die Globalisierung unserer Zeit.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Aber wir sind nicht naiv. Deswegen vergessen und
ignorieren wir nicht die Gefahren, die es gibt. Ich muss
den kundigen und interessierten Kolleginnen und Kolle-
gen dieses Hohen Hauses, die jetzt bei dieser Debatte da-
bei sind, nicht viel über die großen Herausforderungen
und Gefahren sagen. Wir hatten schon gestern Gelegen-
heit, darüber zu sprechen. Es gibt viele Sorgen. Denken
wir an den Jemen oder an Afghanistan. Darüber wurde
hier schon oft diskutiert. Wir alle wissen, was eine ato-
mare Bewaffnung des Iran an Destabilisierung insbe-
sondere für die Region, aber auch für die Welt bedeutet.
Natürlich wissen wir auch, dass wir beim Nahostkonflikt
neue Impulse brauchen, um Gesprächsfähigkeit wieder-
herzustellen. Deswegen drängen wir alle da, wo wir es
können, darauf, dass die Friedensgespräche wieder auf-
genommen werden.

Ich will hier aber genauso klar sagen, meine Damen
und Herren, weil das aus Sicht der Bundesregierung Teil
der Staatsräson ist: Zur Sicherung des Friedens gehört
ausdrücklich auch die Anerkennung des Existenzrechts
Israels als jüdischer Staat in sicheren Grenzen. Ich sage
das vor dem Hintergrund der gerade eben stattgefunde-
nen deutsch-israelischen Regierungskonsultationen, die
angesichts unserer eigenen Geschichte ein bemerkens-
wertes Ereignis waren. Man sollte bedenken, dass dieses
dunkelste und grausame Kapitel unserer Geschichte we-
niger als ein Menschenleben her ist. Es ist deswegen für
die Bundesregierung völlig klar – das möchte ich hier auch
ohne Wenn und Aber noch einmal festhalten –: Israel hat
das Recht auf eine sichere Existenz, auf Sicherheit der
eigenen Bürgerinnen und Bürger in sicheren Grenzen.

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(C (D er das mit antisemitischen Reden bestreitet, wie es um Beispiel die iranische Regierung tut, der muss wisen, dass wir alle, also alle Deutschen, dem stets entchiedenen Widerstand entgegensetzen werden. (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Dass wir für die Zweistaatenlösung werben, das muss
h, weil es auch Teil der Staatsräson ist und Politik der
tzten Regierungen war, eigentlich gar nicht erwähnen.
s versteht sich von selbst. Natürlich gehört zur Zwei-
taatenlösung zugleich das Recht der Palästinenser auf
inen eigenen lebensfähigen Staat.

Meine Damen und Herren, ich habe Ihnen all das des-
egen in großer Klarheit gesagt, weil ich nach meinen
ielen Gesprächen in den letzten Wochen und Monaten
efürchte, dass die Zeit der Entscheidung kommen wird,
nd zwar in den nächsten Wochen. Wir müssen uns ent-
cheiden, wie wir als Teil der Völkergemeinschaft auf
ie Gesprächsverweigerung des Iran reagieren.

Deswegen sage ich hier für die deutsche Bundesregie-
ng in großer Klarheit: Für uns ist eine atomare Bewaff-

ung des Iran in keiner Weise akzeptabel. Wenn der Iran
icht zu Gesprächsfähigkeit zurückfindet, wenn er nicht
ndlich wieder verhandelt, wenn er nicht seinen selbst
bernommenen internationalen Verpflichtungen wieder
ntspricht, dann werden wir notfalls auch bereit sein, in
er internationalen Gemeinschaft eine Ausweitung der
anktionen zu beschließen. Wir werden jedenfalls einer
tomaren Bewaffnung des Iran mit Sicherheit nicht zu-
chauen, ohne irgendetwas dagegenzusetzen. Niemand
diesem Hause könnte das verantworten.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Rolf Mützenich [SPD])


Wir werden in der nächsten Woche eine große De-
atte über Afghanistan führen. Erlauben Sie mir, weil
ir alle in Vorbereitung auf die Afghanistan-Konferenz

uch in den jeweiligen Fraktionen beraten und diskutie-
n, was zu tun ist, einige Worte dazu zu sagen. Wir wer-

en nächste Woche eine Regierungserklärung der Bun-
eskanzlerin hören. Das ist das selbstverständliche
echt des Parlaments. Zugleich ist es aber auch aus-
rücklich die Absicht und der Wunsch der Regierung;
enn wir haben ein Interesse an einer möglichst breiten
ehrheit in diesem Hause bezüglich der Afghanistan-

olitik. Ich rechne nicht mit jedem, aber ich setze auf
lle und ihre Vernunft.

Meine Damen und Herren, wir dürfen dem Terror in
fghanistan keinen neuen Rückzugsraum geben. Wir
ollen bitte nicht vergessen: Millionen Frauen und Män-
er in Afghanistan setzen auf uns. Sie haben etwas Frei-
eit erringen können, zum Beispiel für Mädchen und
rauen. Das ist der wahre Grund, warum wir in Afgha-
istan sind: um unsere eigene Gesellschaft vor Terroris-
us zu schützen, aber zugleich auch, um unserer mit-
enschlichen Verpflichtung nachzukommen, damit
rauen nicht ermordet werden, nur weil sie so leben
öchten, wie wir es bei uns als selbstverständlich anse-

en, damit Brunnen gebohrt werden können, damit es






(A) )



(B) )


Bundesminister Dr. Guido Westerwelle: Bundesminister Dr. Guido Westerwelle
eine Perspektive für dieses Land gibt. Die Völkerge-
meinschaft kann es sich nicht leisten, dass dieser Staat
strauchelt oder sogar fällt. Das ist eine Herausforderung
für die ganze Wertegemeinschaft und hat mit einer Mili-
tarisierung von Außenpolitik nichts, aber auch gar nichts
zu tun. Wer jetzt kopflos aus Afghanistan abziehen
würde, ließe Millionen Menschen im Stich und schickte
viele von ihnen in den sicheren Tod durch Taliban-Hen-
ker. Das muss einmal ausgesprochen werden.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Ich habe Anfang dieses Jahres dazu fünf Punkte vor-
geschlagen, die die breite politische Agenda in London
prägen sollen. Ich brauche das an dieser Stelle nicht
noch einmal vorzutragen. Nur so viel: Für uns ist völlig
klar – ich hoffe, dass wir im Deutschen Bundestag der-
selben Überzeugung sind –, dass wir zunächst einmal
über unsere Ziele in Afghanistan reden müssen, darüber,
was wir an Aufbau und Stabilisierung der guten Regie-
rungsführung schaffen wollen, darüber, wie wir wirt-
schaftliche und soziale Perspektiven für die Menschen
dort schaffen können und was wir tun können, um dem
Terrorismus den Boden zu entziehen. All das gilt es zu-
nächst einmal zu besprechen und zu diskutieren. Erst
dann kann es um Weiteres gehen.

Ich habe entgegen manchem Zeitungsbericht nie ge-
sagt, dass eine Aufstockung zum Beispiel unserer Aus-
bildungskapazitäten bei der Bundeswehr auf keinen Fall
infrage komme. Ich habe auch nie gesagt, dass wir das in
jedem Fall machen. Ich habe nur auf die Reihenfolge Wert
gelegt – dabei bleibe ich auch für die Bundesregierung; in
genau dieser Reihenfolge wollen wir das beraten –: Zu-
nächst einmal geht es um die Ziele, um die Perspektive
für Afghanistan; dann kommt lange nichts, und dann
geht es um den militärischen Schutz. So ist die Reihen-
folge: Strategie, dann Instrumente, und erst dann geht es
um die Frage der Truppen und des militärischen Schut-
zes. Das ist die richtige Reihenfolge. Deswegen bleiben
wir dabei. London muss einen breiten politischen Ansatz
haben und darf keine Truppenstellerkonferenz sein. Das
ist die Haltung der gesamten Bundesregierung.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und
Kollegen, wir setzen dabei natürlich auch auf die Stär-
kung der zivilen Institutionen. Wir haben – das ist gar
keine Frage – natürlich auch einen Dank auszusprechen;
das möchte ich an dieser Stelle tun. Ich möchte mich
– ich vermute, das gilt für das gesamte Hohe Haus – für
die Arbeit der zivilen Helfer überall auf der Welt, aber
auch ausdrücklich für die Arbeit der Frauen und Männer
der Bundeswehr herzlich bedanken. Wenn wir hier über
auswärtige Politik reden, dann ist dieser Dank des Ho-
hen Hauses angebracht. Wir sind stolz auf die Arbeit, die
geleistet wird, und wir sind dankbar dafür, dass Männer
und Frauen international tätig sind – sei es in Afghanis-
tan, auf dem Balkan oder an anderer Stelle. Herzlichen
Dank dafür!


(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D Meine Damen und Herren, natürlich ist das erfolgichste Friedensprojekt die Europäische Union. Wir etzen deswegen darauf, dass das Kooperationsmodell rtentwickelt wird. Das ist die Lehre aus unserer Ge chichte: nicht Konfrontation auf einem Kontinent der riege – das ist die europäische Geschichte –, sondern ooperation als Friedensantwort auf wirklich furchtbare ahre. Ich möchte all denen, die nach der Ratifizierung des issabon-Vertrages fragen, wie es weitergeht – er ist ja ine wirkliche Verbesserung –, und auch denen, die wie ir alle bei Europa vieles kritisch sehen, sagen: Am chluss sollte man sich immer wieder daran erinnern, arum wir das alles gemacht haben. Es ist nicht nur emacht worden für Wohlstand – auch –, nicht nur für eisefreiheit – auch –, zuallererst ist das alles gemacht orden für Frieden und Ausgleich. Wenn uns die Euroäische Union nicht mehr gebracht hätte als jahrzehntengen Frieden auf unserem Kontinent, schon das hätte ich für jeden Deutschen und auch für jeden anderen uropäischen Bürger gelohnt. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Deutsche Außenpolitik ist interessengeleitet und
erteorientiert. Deswegen sehen wir keinen Gegensatz
arin, dass wir uns einerseits Märkte eröffnen wollen
nd andererseits auf die Einhaltung von Menschenrech-
n drängen. Für uns ist das kein Widerspruch, sondern
r uns gehört dies zusammen. Interessengeleitet und
erteorientiert: Ich habe bei meinen Reisen nach China
nd in die arabische Region gesehen, dass das sehr wohl
iteinander vereinbar ist. Wir wollen unsere Wirt-

chaftsinteressen auch in anderen Ländern der Welt
ahrnehmen. Wie können wir sonst Exportweltmeister

ein und Wohlstand in unserem eigenen Lande schaffen?
ber wir werden deswegen zu keiner Zeit auf Werte, auf
enschenrechte, auf Bildung, auf Religionsfreiheit, auf

luralität und auf Minderheitenschutz verzichten. Wir
achen in der Sache der Menschenrechte keine Kom-

romisse. Denn wir wissen: Werteorientierung und Inte-
ssenleitung gehören beide zum Kompass einer guten

eutschen Außenpolitik.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Meine Damen und Herren, für diese Politik ist es na-
rlich auch wichtig, dass wir die auswärtige Kultur-
nd Bildungspolitik ausbauen. Darüber wird zwar
aum gesprochen. Aber etwa ein Viertel des Etats, den
ir heute beraten, geht in die auswärtige Kultur- und
ildungspolitik. Das ist übrigens etwas, das ich fortset-
en möchte. Denn da hat die Politik meines Amtsvor-
ängers aus unserer Sicht die Weichen richtig gestellt.
ir werden diese Politik fortführen. Die auswärtige Kul-
r- und Bildungspolitik wird also ein wichtiger Be-

tandteil unserer Außenpolitik sein.

Wir wollen einen engen Dialog mit allen Ländern in
er Welt, insbesondere mit unseren unmittelbaren Nach-
arn sowie mit Russland und mit China. Aber wir ver-
essen nicht die Balance, von der ich eben gesprochen
abe.






(A) )



(B) )


Bundesminister Dr. Guido Westerwelle: Bundesminister Dr. Guido Westerwelle
Wir kennen unsere fundamentalen eigenen Interessen.
Auch das darf nicht verschwiegen werden. Unsere Au-
ßenpolitik ist vor allen Dingen durch Werte geprägt, die
in unserer Verfassung stehen. Die Würde des Menschen
ist unantastbar: Das ist natürlich auch der Maßstab für
unsere Außenpolitik. Wir Deutsche sind verlässliche
Partner in der Welt. Ich sage dies nachdrücklich. Wir
halten Wort. Ich habe das gerade erst in der Türkei wie-
der deutlich gemacht.

Zur deutschen Außenpolitik zählt auch die transatlan-
tische Freundschaft. Die Vereinigten Staaten von Ame-
rika und uns verbindet eine enge Freundschaft und nicht
nur eine transatlantische Partnerschaft. Das hindert uns
aber nicht daran, auch andere Regionen stärker in den
außenpolitischen Fokus zu nehmen, als dies vielleicht
bisher der Fall gewesen ist. Wir werden in diesem Jahr
beginnen, ein besonderes Augenmerk auf Lateiname-
rika zu legen. Wir glauben, da liegt ein in den außen-
politischen und innenpolitischen Debatten enorm un-
terschätztes Potenzial. Natürlich gilt unsere Hilfe und
unsere Solidarität Afrika, nicht nur weil es unser Nach-
barkontinent ist, sondern auch, weil es natürlich unsere
mitmenschliche Verpflichtung ist.

Meine Damen und Herren, wir haben eine große Er-
folgsgeschichte in der deutschen Außenpolitik seit
Gründung der Republik, und zwar unabhängig davon,
wer regiert hat. Kontinuität ist in Wahrheit keine Ein-
fallslosigkeit, sondern ist etwas sehr Wertvolles, auch in
der Außenpolitik. Dazu zählt, dass wir natürlich auch in
Europa kooperativ handeln und arbeiten wollen. Dazu
zählen auch gute nachbarschaftliche Verhältnisse. Ich
sage das hier als jemand, der sich noch an Willy Brandt
und Walter Scheel erinnert. Ich sage das als jemand, der
vom Deutsch-Französischen Jugendwerk in Bad Honnef
geprägt ist. Ich bin im Rheinland groß geworden. Ich
sage das als jemand, der den Jugendaustausch als Schü-
ler noch als Mittel der Völkerfreundschaften begriffen
hat. So wie es uns gelungen ist, unsere tiefe Freundschaft
zu unseren westlichen Nachbarländern zu verankern, so
ist es die Aufgabe unserer Zeit, diese tiefe Freundschaft
zu unseren östlichen Nachbarländern zu schaffen. Wir
wollen daran arbeiten und das vollenden, was andere vor
uns begonnen haben.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Meine Damen und Herren, ich schließe mit einem
Dank – denn ich habe von Werteorientierung gespro-
chen – an die Mitmenschlichkeit unserer Bürgerinnen
und Bürger. Wir haben eine furchtbare Katastrophe ver-
folgen können. Wir haben sie gesehen; aber wir sehen
zugleich die enorme Solidarität unserer Bürgerinnen und
Bürger, nicht nur gestern Abend bei einer herausragend
erfolgreichen Spendengala im Zweiten Deutschen Fern-
sehen. Wir sehen sie auch bei vielen anderen Initiativen.
Dafür wollen wir uns bedanken.

Erlauben Sie mir, darauf hinzuweisen – denn ich habe
auch in Ihrem Namen sofort nach dem Erdbeben mit un-
seren deutschen Botschaftsangehörigen und unserem
deutschen Botschafter in Haiti telefoniert –, was diese
Menschen leisten. Sie sind mit dem Leben davongekom-

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(C (D en und sind nicht abgereist, sondern sie bleiben dort nd helfen jetzt. Das ist in meinen Augen so vorbildlich, ass man es auch einmal in diesem Hohen Hause sagen arf. Danke schön darf dieses Hohe Haus im Namen eutschlands denjenigen sagen, die das jetzt alles inneralb und außerhalb der Botschaft leisten. Ein Dankeschön geht natürlich auch an unsere Bürgennen und Bürger für ihre Mitmenschlichkeit. Es ist roßartig, was hier an Solidarität gezeigt wird. Das Elend ist furchtbar; wir wissen das alle. Ich habe oeben die Nachricht bekommen, dass es durch ein weires Nachbeben möglicherweise weitere Schwierigkein gibt. Mehr kann ich noch nicht sagen, weil ich noch ichts Genaueres weiß. Es ist natürlich eine unglaublihe Herausforderung, vor der wir stehen. Unsere Lehre us der Geschichte ist, dass wir uns als Deutsche in der ölkergemeinschaft eingebettet fühlen, auch in schwen Stunden, wenn Länder so etwas ertragen müssen. eshalb zeigt Deutschland in diesen Tagen, dass es ein and der Nächstenliebe ist, ein Land, das hilft, das Soliarität kennt und auch durch jeden Einzelnen zu Hause raktiziert. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall im ganzen Hause)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1701506000

Das Wort hat nun Kollege Rolf Mützenich für die

PD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Rolf Mützenich (SPD):
Rede ID: ID1701506100

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

err Außenminister, ich möchte für die SPD-Fraktion
as aufgreifen, was Sie zum Schluss gesagt haben. An-
sslich einer Diskussion über außenpolitische Heraus-
rderungen muss man sich immer vergegenwärtigen,
as Haiti zum jetzigen Zeitpunkt durchmacht – ein
and, das ohnehin größte Probleme hat. Ich glaube, dass
ngesichts dieser Katastrophe im Erdbebengebiet man-
hes, was wir hier in Überschriften über innere und äu-
ere Katastrophen beschreiben, etwas kleiner wird. Ich
laube, gerade anlässlich einer außenpolitischen Debatte
t das angemessen.

Ich bedanke mich ebenfalls für die große Spendenbe-
itschaft der Bundesbürger, aber ich danke auch denje-

igen Deutschen, die dorthin gereist sind und die noch
isen werden, die manchmal unbezahlten Urlaub neh-
en und dort helfen, Verschüttete zu finden und auch bei

er Aufbauhilfe tätig zu sein. Dies sind Dinge, für die
ir auch vonseiten des Deutschen Bundestages Dank sa-
en müssen an die einzelnen Helfer und insbesondere an
ie Organisationen, die diese Hilfe bündeln.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Dr. Rolf Mützenich
Ich glaube, es ist manchmal leicht, von hier aus ge-
genüber dem einen oder anderen Ressort Kritik an einer
schleppenden internationalen Aufbauhilfe zu äußern.
Dennoch glaube ich, dass man auch daran erinnern
muss, dass die Vereinten Nationen schreckliche Verluste
an Menschenleben, an Mitarbeiterinnen und Mitarbei-
tern – es sind mindestens 50, wahrscheinlich sogar bis zu
300 – erlitten haben. Die Vereinten Nationen sind jene
Organisation, die nach meinem Dafürhalten wieder die
internationale Aufbauarbeit wird leisten müssen. Natür-
lich können die USA das zum jetzigen Zeitpunkt schaf-
fen, aber es wäre gut, wenn wir uns auch vonseiten Euro-
pas darauf konzentrierten, dass insbesondere die
Vereinten Nationen als internationale Hilfsorganisation
daran mitwirken müssen, den notwendigen Aufbau
Haitis zu unterstützen. Deswegen noch einmal: Herr Au-
ßenminister, auch wir haben großen Respekt vor den
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Botschaft, vor ih-
rem unermüdlichen Einsatz vor Ort, gerade angesichts
der schrecklichen Bilder, die sie unmittelbar erlebt ha-
ben.

Umso mehr ist – wenn wir uns den außenpolitischen
Problemen stellen – ein Unterschied zu Haiti zu benen-
nen. Wir haben viele internationale Probleme zu lösen.
Aber wir können diese internationalen Probleme mit klu-
ger Politik und Vernunft regeln. Naturkatastrophen, wie
Haiti sie erlebt hat, sind nicht beherrschbar. Aber wir
können die internationalen Probleme mit einer klugen
Politik lösen. Wir vonseiten der sozialdemokratischen
Bundestagsfraktion, vonseiten der Opposition, wollen
daran mitwirken. Dies ist gar keine Frage.

Wo Kritik notwendig ist, wollen wir sie üben. Deswe-
gen würde ich gerne an dieser Stelle ein paar Punkte an-
sprechen. Herr Außenminister, Sie haben es erwähnt: In
der nächsten Woche werden wir im Deutschen Bundes-
tag noch einmal eine wichtige Afghanistan-Debatte füh-
ren. Ich bin dankbar, dass die Bundeskanzlerin für die
Bundesregierung etwas zur Afghanistan-Politik und zur
Konferenz in London sagen will. Es hat nach meinem
Dafürhalten lange gedauert, bis sie sich dazu bereit er-
klärt hat. Ich glaube, das hat auch etwas damit zu tun,
dass das gesamte Haus an die Bundesregierung appel-
liert hat, vor der Konferenz in London sehr deutlich zu
machen, in welche Richtung die Bundesregierung gehen
will. Vielleicht hat sie etwas zu lange gezögert, aber im-
merhin macht sie es.

Dennoch will ich zwei Punkte ansprechen, die aus
meiner Sicht notwendig sind. Wir vonseiten der SPD ha-
ben sehr frühzeitig über die Afghanistan-Politik gespro-
chen, nicht nur in der Regierung, sondern auch während
des Wahlkampfes. Frank-Walter Steinmeier hat als Kan-
didat für den 27. September ein sehr umfassendes Pro-
gramm vorgestellt. Wir werden am Freitag in einer hoch-
rangigen Afghanistan-Konferenz noch einmal darüber
beraten, wie notwendig dieser Weg ist.

Dennoch stellen sich aus meiner Sicht, wenn wir
nächste Woche darüber beraten, bereits heute zwei Fra-
gen. Der Verteidigungsminister hat uns in den vergange-
nen Tagen und Wochen immer wieder über Veröffentli-
chungen in Medien mitgeteilt, dass aus seiner Sicht die

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(C (D ternationale Rechtssicherheit für das Afghanistanandat nicht hergestellt ist. Er hat ausgeführt, dass wir arüber befinden müssen, dass es dort einen nichtinterationalen bewaffneten Konflikt gibt. Angeblich hat er weimal versucht, das im Kabinett unterzubringen. Es ist m offensichtlich nicht gelungen. Deswegen meine Fra en – ich bitte Sie, das in die Debatte über den inzelplan 14 aufzunehmen –: Haben wir in diesem Zuammenhang Rechtssicherheit? Hat die Bundesregieng im Dezember einen Antrag vorgelegt, der rechtssi her ist, damit der Bundestag möglicherweise zustimmt? der ist das nicht der Fall? Ich glaube, diese Diskussion trägt eher zur Verunsiherung bei, insbesondere das, was in den letzten Wohen immer wieder von Sprechern der einzelnen Resorts gesagt worden ist. Frank-Walter Steinmeier hat für nsere Seite erklärt, dass auch wir als Opposition die erantwortung für Afghanistan übernehmen, zwar nicht edingungslos, aber wir haben Kriterien formuliert, die ir in der nächsten Woche zur Diskussion stellen. Umso mehr war es gut, dass Frau Käßmann vonsein der Evangelischen Kirche diese Debatte unterstützt at. Ich habe manche Kritik vonseiten des Deutschen undestages überhaupt nicht verstanden und auch be timmte Vergleiche nicht; das muss ich sagen. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


er, wenn nicht die Kirche, muss über die Frage von
rieg und Frieden diskutieren? Das steht ihr gut zu Ge-

icht, aber dann muss sie es auch aushalten, wenn Fragen
estellt werden. Wenn Frau Käßmann zum Beispiel sagt:
Nichts ist gut in Afghanistan“, dann dürfen wir auch
agen: Was ist der Maßstab für diese Aussage?

Ich möchte in diesem Zusammenhang darauf hinwei-
en, dass die ARD bzw. die BBC vor etwa 14 Tagen die
rgebnisse einer interessanten Umfrage veröffentlicht
at, die ein sehr differenziertes Bild zutage brachte: Die
fghanen selbst haben gesagt, dass sie auf der einen
eite große Probleme haben, dass sie auf der anderen
eite aber einen besseren Zugang zu Strom, Wasser und
ielen anderen Dingen haben als vor einem Jahr. Das ist
eine Bestätigung für die Afghanistan-Politik, sondern
her eine Ermunterung, auf diesen Ansatz zu bauen.
ennoch müssen wir die Frage stellen: Welchen Maß-

tab legen wir an Afghanistan an? Deswegen noch ein-
al: Es ist gut, dass sich die Kirchen an dieser Debatte

eteiligen. Sie tun das sehr differenziert. Wir vom Deut-
chen Bundestag sollten uns darüber nicht beklagen,
ondern diese kritische Diskussion mit führen.

Wenn wir heute über den Einzelplan des Auswärtigen
mtes sprechen, lohnt es, dass wir uns zehn Jahre nach
er Jahrtausendwende vergewissern, in welche Richtung
iese Welt geht, nach welchen Rahmenbedingungen wir
ie internationale Politik werden aufbauen müssen. Ich
ill schlagwortartig auf ein paar Aspekte aufmerksam
achen, auf die sich die deutsche Außenpolitik, wie ich

laube, wird einstellen müssen:

Erstens. Die Weltfinanzkrise, über die wir hier aus in-
enpolitischen Gründen zu Recht immer wieder disku-






(A) )



(B) )


Dr. Rolf Mützenich
tieren – auch heute Morgen –, hat natürlich insbesondere
internationale Auswirkungen. Ich glaube, dass die Welt-
finanzkrise den Unterschied zwischen armen und rei-
chen Ländern, zwischen entwickelten, sich entwickeln-
den und den Ländern, in denen die Menschen in Armut
leben, noch verschärfen wird. Das wird eine große He-
rausforderung für die deutsche und die europäische Au-
ßenpolitik, aber auch für die einzelnen Ressorts der Bun-
desregierung sein.

Zweitens. Die Bedeutung der Schwellenländer wird
zunehmen. Die G 7 und die G 8 werden in Zukunft
wahrscheinlich nicht mehr der Rahmen für die Lösung
internationaler Probleme sein, sondern die G 20 oder an-
dere internationale Organisationen. Nach meinem Dafür-
halten muss aber auch die Bundesregierung auf diese
Frage Antworten finden. Insbesondere, wenn wir eine
vertrags-, normen- und regelgeleitete Politik machen
wollen, werden wir überlegen müssen, ob diese interna-
tionalen Organisationen legitimiert sind, ob wir ihnen
eine Legitimation verschaffen können und in welcher
Konkurrenz sie stehen.

Drittens. Der Klimawandel wird auch die Sicherheits-
fragen in der internationalen Politik verschärfen. Es ist
bitter, dass es in Kopenhagen nicht zu einer besseren Lö-
sung gekommen ist. Umso mehr große Herausforderun-
gen wird der Klimawandel, so glaube ich, für die inter-
nationale Gemeinschaft im Hinblick auf die Sicherung
der Lebensbedingungen in den vom Klimawandel be-
sonders betroffenen Ländern liefern.

Der vierte Punkt ist die Frage der Aufrüstung, den Sie
eben angesprochen haben, Herr Bundesaußenminister.
Ich nenne an dieser Stelle auch die Frage von Religion
und Politik. Ich glaube, das ist keine Leitidee der inter-
nationalen Politik. Wir dürfen diese Idee auch nicht im-
mer bedienen. Wir müssen aufpassen, dass wir uns nicht
immer wieder verleiten lassen, die Religion als Ursache
für internationale Konflikte anzusehen, da sie doch eher
als Instrument von dem einen oder anderen genutzt wird.

Ich glaube, gerade heute sollte man sagen: Kein Land
der Welt wird diese internationalen Herausforderungen
alleine bewältigen können, aber wir werden die USA zur
Regelung dieser Probleme brauchen. Dass Präsident
Obama mit seiner Demokratischen Partei eine entschei-
dende Niederlage erlitten hat, ist gar keine Frage. Ich
warne aber davor, auf Präsident Obama herumzureiten
und zu sagen: „Er löst das alles nicht“, auch wenn das in
der veröffentlichten Meinung zurzeit schick zu sein
scheint. Von dieser Stelle aus sage ich: Wir werden kei-
nen besseren amerikanischen Präsidenten bekommen. Er
geht die internationalen Probleme an, zum Beispiel
durch seine Reden in Kairo und Prag – Sie haben das ge-
sagt –, und versucht, die innenpolitischen Verhältnisse
zu verändern. Deswegen haben Deutschland und Europa
ein großes Interesse daran, die Politik dieses amerikani-
schen Präsidenten zu unterstützen. Ich glaube, die Bun-
desregierung ist dazu aufgerufen, dies nicht nur in den
Partnerschaften, die wir mit den USA entwickelt haben,
sondern auch im ganz konkreten Miteinander zu tun.

Nach meinem Dafürhalten ist aus Sicht der USA das
Verhältnis zu Russland das Thema, bei dem wir in

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(C (D uropa helfen können. Wir können helfen, dieses Verältnis zu verbessern und – so sage ich es einmal – zu ntkrampfen. So können wir auf diese Krise reagieren. eswegen lautet meine Bitte an die Bundesregierung, erade mit Russland über die Herausforderungen zu prechen. Das hat auch die Vorgängerregierung getan. Ich will auf eine Frage aufmerksam machen, die von er russischen Regierung vielleicht anders beantwortet ird: die Frage der Abrüstung und Rüstungskontrolle. er genau zugehört hat, als der russische Ministerpräsi ent gesagt hat: „Weil es die amerikanische Raketenabehr gibt, brauchen wir neue offensive Waffen“, der eiß, was die Stunde geschlagen hat für Abrüstung und üstungskontrolle. Das heißt, die Frage der Raketenabehr muss in der Abrüstung und Rüstungskontrolle in en nächsten Jahren einen Stellenwert bekommen. Es ist ein Appell an Sie, dies auf die internationale Agenda itzunehmen. Wir vonseiten der SPD haben Ihnen bezüglich der onventionellen Abrüstung und Rüstungskontrolle chon früh angeboten, dass der Deutsche Bundestag, enn Sie es wollen und für richtig halten, den sogenannn angepassten KSE-Vertrag ratifiziert. Ich glaube, das t notwendig und angemessen. Wir unterstützen das. err Bundesaußenminister, wir nehmen Sie beim Wort. enauso wie wir den amerikanischen Präsidenten bei er Lösung internationaler Probleme beim Wort nehmen, ehmen wir Sie beim Wort, die Abrüstung und Rüsngskontrolle voranzubringen. Sie haben unsere Unter tützung, wenn die letzten verbliebenen amerikanischen tomwaffen auf dem Verhandlungswege aus Deutschnd entfernt werden sollen. Das ist ein richtiger Punkt. ir vonseiten der SPD folgen Ihnen auf diesem Weg. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


(Beifall der Abg. Iris Gleicke [SPD])


Weil es nach meinem Dafürhalten gerade an dieser
telle der Debatte darum geht, andere Verantwortliche in
er internationalen Politik zu benennen, möchte ich noch
inmal auf China zu sprechen kommen. Die Volksrepu-
lik China wird das Land sein, das wir mehr und mehr
ur Regelung internationaler Konflikte brauchen. Des-
egen fanden wir es sehr angemessen und zeitgerecht,
ass Sie nach China und Japan gereist sind und dort auch
ie Frage der Menschenrechte angesprochen haben. Es
t immer richtig, Kritik zu üben; aber ich glaube, es ist
mso notwendiger, auch zu sagen, dass China Lehren
us der internationalen Politik zieht. Die Volksrepublik
hina wird mehr und mehr ein verlässlicher Akteur in
er internationalen Politik, insbesondere im asiatischen
aum. Deswegen ist es gut, wenn wir sagen: Ja, die
olksrepublik China muss Verantwortung übernehmen
nd nach Regeln und Normen der internationalen Politik
msetzen.

Zum Schluss. Wir sollten uns über die Rolle Europas
lar werden. Sie haben Europa eben als Friedensgemein-
chaft beschrieben, wo im Grunde genommen Krieg fern
den Gedankens ist. Das ist vollkommen richtig. Aber
ir sollten uns hier in Deutschland klarmachen, dass






(A) )



(B) )


Dr. Rolf Mützenich
sich Gemeinschaftsbildung, wie sie in Europa geschieht,
mittlerweile in der ganzen Welt entwickelt. Dort ist Ge-
meinschaftsbildung auf der regionalen Agenda. Ich habe
eben über Asien gesprochen; das betrifft auch viele an-
dere Regionen.

Umso wichtiger ist, dass wir Perspektiven für andere
Länder in Europa benennen, wenn es zur Stabilität
Europas beiträgt. Deswegen unterstützen wir Ihre Tür-
keipolitik. Wir fanden es gut, dass dieses Thema im
Koalitionsvertrag so aufgenommen worden ist wie da-
mals zu Zeiten der Großen Koalition. Ich sage gleichzei-
tig: Insbesondere dabei, dass Sie für Minderheitenrechte
in der Türkei plädieren, haben Sie unsere volle Unter-
stützung. Auch wir glauben, dass ohne die Türkei wich-
tige Herausforderungen in dieser Region nicht bewältigt
werden können.

Sie haben schließlich den Iran angesprochen. Wir
vonseiten der Opposition, vonseiten der SPD unterstüt-
zen Sie auch in der Iranpolitik. Ich glaube, ein solches
Land muss sich darüber klar werden, dass sich die Welt-
gemeinschaft, wenn es gegen internationale Normen
verstößt, auf friedliche internationale Sanktionen ver-
ständigt. Bitte sorgen Sie mit dafür, dass die internatio-
nale Gemeinschaft zusammenbleibt. Denn das ist,
glaube ich, die einzige Antwort, die der Iran versteht.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1701506200

Das Wort hat nun Kollege Andreas Schockenhoff,

CDU/CSU-Fraktion.


Dr. Andreas Schockenhoff (CDU):
Rede ID: ID1701506300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Lassen Sie mich mit einer ungewöhnlichen und deswe-
gen aufrüttelnden Anklage beginnen: „Die EU schadet
der Europa-Idee“. Das sagt kein Gegner der EU, sondern
kein Geringerer als der frühere Bundespräsident Roman
Herzog, ein Freund und Förderer eines Europas der Bür-
ger.


(Axel Schäfer [Bochum] [SPD]: Das bleibt trotzdem Unsinn!)


Die EU, so mahnt er, verliere an Akzeptanz, weil sie
über die Köpfe der Bürger hinweg immer mehr zentrale
Vorschriften für Dinge erlasse, die mindestens ebenso
gut lokal oder regional geregelt werden könnten. Er
nennt dafür zahlreiche Beispiele. Roman Herzog hat
recht. Gerade wir als Europafreunde müssen gegen eine
Aushöhlung des Subsidiaritätsprinzips Widerstand leis-
ten. Auch weil wir uns als Bundestag wichtige Gestal-
tungsmöglichkeiten erhalten müssen, haben wir eine be-
sondere Wächteraufgabe. Mit dem Begleitgesetz zum
Lissaboner Vertrag haben wir die dafür notwendigen In-
strumente geschaffen.

Eine entscheidende Kontroll- und Gestaltungsmög-
lichkeit ist das Recht zu einer Stellungnahme, ehe der

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(C (D ußenminister im Kreis seiner EU-Kollegen über die ufnahme von Beitrittsverhandlungen entscheidet. uch mit Blick auf die verfrühten Beitritte Bulgariens nd Rumäniens müssen wir erreichen, am Ende der Verandlungen über den Beitritt eines Kandidaten begrünet „Ja“ oder „Jetzt noch nicht“ sagen zu können. Wir ollen nicht noch einmal in die Situation kommen, am nde nur noch das Verhandlungsergebnis abnicken zu önnen. Dies erfordert, dass wir uns schon vor Verhandngsbeginn selbst ein genaues Bild über den Stand der orbereitungen des Kandidaten machen. Vor allem – das ist die entscheidende Aufgabe – müsen wir unsere Erwartungen an den Verhandlungsprozess rmulieren, insbesondere bei Problemthemen wie echtsstaatlichkeit oder Kriminalitätsund Korruptionsekämpfung, aber auch, wie im Falle Islands, mit Blick uf die Integrationsbereitschaft des Landes. Wenn wir erartige Benchmarks formulieren, dann haben wir eine rundlage, um hinterher begründet „Ja“ oder „Jetzt noch icht“ sagen und unsere Entscheidung auch unserer Beölkerung erklären zu können. Das gilt selbstverständlich auch für die Frage eines eitritts der Türkei. Um es in aller Klarheit zu sagen: ie Verhandlungen mit der Türkei sind mit dem Ziel es Beitritts aufgenommen worden, und sie sind ein erebnisoffener Prozess. Sollte die EU nicht in der Lage ein, die Türkei aufzunehmen, oder sollte die Türkei icht in der Lage sein, alle mit dem Beitritt verbundenen erpflichtungen voll und ganz zu erfüllen, muss eine öglichst enge Anbindung erreicht werden. Wir müssen aber auch sehen, dass die Türkei seit ehr als drei Jahren die Anwendung des Ankara-Proto olls verweigert. Die Beitrittsverhandlungen kommen icht voran. Das wirft die Frage auf, was die Türkei mit er EU will. Deshalb müssen wir uns schon jetzt unter trategischen Gesichtspunkten Gedanken machen, was ir dann tun wollen, wenn die Verhandlungen an einen ten Punkt kommen. (Dr. Frithjof Schmidt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Man kann ihn auch herbeireden!)


ie einfach im Sande verlaufen zu lassen, wäre unwür-
ig und entspräche nicht unserem besonderen Interesse
n einer Vertiefung der Beziehungen zur Türkei. Da die
odernisierung der Türkei in unserem Interesse liegt,

tellt sich für uns die Frage, ob dieser innere Modernisie-
ngsprozess bereits unumkehrbar ist und was wir gege-

enenfalls für seine Fortsetzung tun müssen.

Die Türkei spielt im Nahen und Mittleren Osten eine
mer wichtigere und immer konstruktivere Rolle – das

egt in unserem Sicherheitsinteresse –, doch in strategi-
cher Hinsicht ist diese Region für uns zu wichtig. Des-
alb stellt sich die Frage, wie wir am ehesten ein eng mit
er EU abgestimmtes Handeln der Türkei in dieser Re-
ion erreichen. Dazu gehört auch die uneingeschränkte
usammenarbeit mit der Türkei in Energiefragen; ich
enne nur das Stichwort Nabucco.

Nicht zuletzt: Wenn in der Türkei jetzt gelegentlich
ber die sogenannte Norwegen-Lösung gesprochen
ird, dann muss man das richtig verstehen. Gemeint ist






(A) )



(B) )


Dr. Andreas Schockenhoff
nicht nur eine enge Anbindung an die EU durch den eu-
ropäischen Wirtschaftsraum. Gemeint ist auch, dass es
Norwegen war, das Nein zur EU-Mitgliedschaft gesagt
hat, nicht die EU. All dies sind strategische Fragen des
weiteren Vorgehens, die wir nicht mit einfachen Formeln
beantworten können.

Lieber Herr Außenminister, ein wichtiger Schwer-
punkt Ihrer Rede war, den Abrüstungsbemühungen neue
Dynamik zu verleihen. Das gilt – Sie haben es gesagt –
insbesondere für die schwierige Frage, wie der Weiter-
verbreitung von Massenvernichtungswaffen wirksam
Einhalt geboten werden kann. Ich sage, auch für die
Union: Ein nuklear bewaffneter Iran würde unsere Si-
cherheit bedrohen und im Nahen und Mittleren Osten ei-
nen neuen atomaren Rüstungswettlauf mit katastropha-
len Folgen auslösen. Das muss verhindert werden.
Deswegen sind auch wir, wenn es notwendig ist, zu här-
teren gemeinsamen Sanktionsmaßnahmen bereit.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Um eine neue Dynamik der Rüstungskontroll- und
Abrüstungsvereinbarungen zu erreichen, unterstützen
wir Sie, Herr Außenminister, nachdrücklich in Ihren Be-
mühungen, eine internationale Abrüstungsinitiative auf
den Weg zu bringen. In diesem Zusammenhang werden
auch die in Deutschland stationierten amerikanischen
Nuklearwaffen eine wichtige Rolle spielen. Wir wollen
nicht nur auf weitere Abrüstungsschritte drängen, son-
dern einen konkreten Beitrag leisten – so wie wir es ge-
meinsam in unserer Koalitionsvereinbarung festgehalten
haben.

Konkret heißt das: Wir setzen uns für den Abzug dieser
Waffen ein. Dieser soll aber nicht einseitig geschehen,
sondern im Zusammenhang mit Abrüstungsvereinbarun-
gen; denn auch anderswo in Europa, beispielsweise in Ka-
liningrad, sollten taktische Atomwaffen abgerüstet wer-
den. Zudem soll dies im Zuge der Ausarbeitung des
neuen strategischen Konzepts der NATO geschehen;
denn auch in diesem Zusammenhang muss die künftige
Rolle der Nuklearwaffen geklärt werden. Nicht zuletzt
muss der Abzug dieser Waffen im Bündnis abgestimmt
werden. Mit anderen Worten: nicht einseitig, sondern im
Zusammenhang mit Abrüstung, im strategischen Kon-
zept der NATO und im Bündnis abgestimmt. Das ist der
Weg, um einen weiteren Schritt in Richtung einer nuklear-
waffenfreien Welt zu gehen und gleichzeitig Vertrauen
im Bündnis zu wahren.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Wir werden uns – das ist bereits gesagt worden – am
nächsten Mittwoch ausführlich mit der Londoner Afgha-
nistan-Konferenz befassen. Im Rahmen der Haushalts-
beratungen muss man jedoch ein Wort zu Afghanistan
sagen; denn Afghanistan ist nicht nur eine der größten
außenpolitischen Herausforderungen, der Afghanistan-
Einsatz ist auch einer der kostenintensivsten Posten in
dem Etat, über den wir diskutieren.

Eine der wichtigsten Aufgaben ist es, die Vorausset-
zungen dafür zu schaffen, dass im Laufe der nächsten

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(C (D wei bis drei Jahre mit der Übergabe der Verantwortung n die afghanischen Sicherheitskräfte und mit dem Abug der ersten Bundeswehrsoldaten begonnen werden ann. Je früher wir unser militärisches Engagement reuzieren und schließlich beenden können, desto besser. ber, um das ebenso deutlich zu sagen: Eine Übergabe er Verantwortung ist nur verantwortbar, wenn Afghaistan nach dem Abzug nicht erneut zur Basis von Terrnetzwerken wird oder in einen Bürgerkrieg zurückzullen droht. Das ist die Herausforderung, vor der wir tehen: Afghanistan darf nicht wieder zu einem gescheirten Staat werden, von dem aus Terroristen gegen uns gieren. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Was ist zu tun? Erstens. Neben der Aufgabe, weiter zu
tabilisieren, muss es darum gehen, die Ausbildung af-
hanischer Soldaten und Polizisten zu beschleunigen. Je
ehr Ausbilder wir nach Afghanistan schicken, desto

chneller ist die erforderliche Anzahl Soldaten und Poli-
isten ausgebildet und desto früher werden wir mit dem
bzug unserer Soldaten beginnen können. Der Leitge-
anke muss also lauten: Wer früher raus will, muss jetzt
ehr Ausbilder für Militär und Polizei entsenden. Wer

azu nicht bereit ist, trägt die Verantwortung dafür, wenn
ir länger bleiben müssen.


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Völliger Quatsch!)


ir wollen das nicht.

Zweitens muss es darum gehen, eine effektive Regie-
ungsführung zu erreichen. Dafür brauchen wir in Lon-
on klare Zusagen der afghanischen Regierung. Das
erden wir dem afghanischen Präsidenten Karzai
ächste Woche bei seinem Besuch in Berlin auch sagen.
ies gilt insbesondere für die Bekämpfung der Korrup-
on; wir brauchen aber auch eine bessere Balance zwi-
chen der Zentralmacht und den Regionen und eine brei-
re politische Partizipation in den Regionen.

Drittens muss es darum gehen, in unserem Verantwor-
ngsbereich, im Norden, mehr für den Wiederaufbau

u tun: Grundversorgung mit Energie und Trinkwasser,
ehr Infrastruktur im Transportbereich, mehr Schulen

nd Lehrer, mehr Arbeitsplätze.

Im Hinblick auf die Äußerungen von Herrn Gysi
eute Morgen – ich bin Ihnen dankbar, Herr Mützenich,
ass Sie darauf eingegangen sind – will ich zu den Äu-
erungen von Frau Käßmann sagen: Es geht auch da-
m, das viele Gute, das die Aufbauhelfer und Soldaten

ereits erreicht haben, auszubauen und zu vertiefen. Na-
rlich haben die Kirchen das Recht, sich an dieser Dis-

ussion zu beteiligen,


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Wie großzügig!)


ie müssen es sogar.

Ist aber wirklich nichts gut in Afghanistan? Nach ei-
er aktuellen BBC-Umfrage sehen 70 Prozent der
fghanen ihr Land auf einem guten Weg. 2001 gab es






(A) )



(B) )


Dr. Andreas Schockenhoff
fast keine Schulen mehr. Heute gehen in Afghanistan
Millionen Kinder in die Schule. 3 500 neue Schulge-
bäude wurden gebaut. 2001 gab es praktisch keine wei-
terführende Bildung mehr. Heute studieren 50 000 junge
Afghanen an Universitäten, weitere 10 000 besuchen
Berufsschulen. 2001 galten Frauen und Mädchen als
Menschen zweiter Klasse. Heute ist die Gleichberechti-
gung in der afghanischen Verfassung festgeschrieben,
können Mädchen wieder zur Schule gehen.

2001 gab es keine Gesundheitsversorgung mehr.
Heute hat der größte Teil der Bevölkerung Zugang zu
medizinischer Basisversorgung. 2001 gab es keine In-
frastruktur mehr. Heute sind in Afghanistan 14 000 Ki-
lometer Straße neu gebaut oder repariert worden.

Ist das alles wirklich nicht gut? Ist es nicht so, wie es
der Kölner Erzbischof Kardinal Meisner kürzlich ge-
sagt hat, dass der Einsatz der Bundeswehr einen Schutz-
schild bietet, um zivile Strukturen aufzubauen? Ist es
wirklich nicht gut, dass in Afghanistan aufgrund unserer
Stabilisierungsbemühungen das PRT Faizabad im Laufe
des zweiten Halbjahres 2010 an die afghanischen Sicher-
heitskräfte übergeben werden kann und sich die deut-
schen Sicherheitskräfte von dort zurückziehen können?

Ja, es ist richtig: Das alles reicht bei Weitem noch
nicht aus. Deshalb müssen wir unsere Anstrengungen
verstärken. Aber wer wie die EKD-Vorsitzende, und sei
es nur als Predigtkunstgriff, mit Überzeugung behauptet,
nichts sei gut in Afghanistan, der erweckt doch den Ein-
druck, als seien die bisherigen Aufbau- und Friedensan-
strengungen nicht der Rede wert. Dies ist falsch, und es
eröffnet dem Land keine Perspektiven.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Die Mahnung, mehr für den Aufbau zu tun und die
Art unseres Einsatzes zu überdenken, ist voll berechtigt,
und das müssen wir auch annehmen. Aber dabei darf
nicht ignoriert werden, was unsere Entwicklungshelfer,
die Soldaten der Bundeswehr, Polizisten und Diploma-
ten bereits erreicht haben. Sonst lässt man die Menschen
in Afghanistan allein, statt ihnen – gerade auch im seel-
sorgerischen Sinne – Mut zu machen. Daher will ich ne-
ben dem großen Dank, den der Außenminister zu Recht
denjenigen ausgesprochen hat, die sich jetzt unter so
schwierigen Umständen in Haiti einsetzen, erneut, wie
es in diesem Hause schon wiederholt geschehen ist, de-
nen danken, die dafür Sorge getragen haben und weiter-
hin dafür Sorge tragen, dass in Afghanistan vieles schon
besser geworden ist und Weiteres besser werden wird.
Sie haben unsere Unterstützung bei ihren Bemühungen,
dass Afghanistan so weit zur Stabilität kommt, dass es
dort auch ohne die ständige Präsenz von Militärs eine
selbsttragende Sicherheit gibt.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1701506400

Das Wort hat nun Michael Leutert für die Fraktion

Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! err Außenminister, in den letzten Tagen wurde viel ber eine ganz gewisse Spende diskutiert. Seit gestern bend – Sie haben es selbst angesprochen – gibt es eine pende, über die wir uns alle freuen können: 8 Millionen Euro für die Opfer in Haiti sind innerhalb eniger Stunden bei der ZDF-Spendengala zustande geommen. Allerdings halte ich es für etwas peinlich, dass ie Bundesregierung innerhalb einer Woche lediglich in er Lage war, 10 Millionen Euro zusammenzubringen. eines Erachtens kommt dies davon, dass man die ent prechenden Mittel gekürzt hat. Damit sind wir auch schon beim Haushalt. Ihnen steht icht wirklich viel Geld für die Außenpolitik zur Verfüung. Aber das wenige Geld, das Ihnen zur Verfügung teht, verteilen Sie auch noch falsch. Sie geben Ihr Geld itnichten nur für zivile Projekte aus, sondern folgen ehr und mehr der militärischen Logik derzeitiger Au enpolitik. Die Aufgabe des Auswärtigen Amtes ist aber – so achte ich zumindest immer – das Vertreten der Angeleenheiten Deutschlands im Ausland und die Pflege unser Beziehungen zu anderen Staaten und internationalen rganisationen. Dies sind Aufgaben rein zivilen Cha akters. Dafür stehen Ihnen 3 Milliarden Euro zur Vergung; das ist ungefähr 1 Prozent des Gesamthaushalts, on dem der Verteidigungsminister auch in diesem Jahr 0 Prozent abgreift. Wir hatten da schon einmal eine essere Situation. Von diesen 3 Milliarden Euro sind 0 Prozent von vornherein komplett gebunden, also eientlich nicht verhandelbar. Das sind Beiträge an interationale Organisationen und die Personalkosten. An vier Beispielen zeige ich nun, wie das wenige restche Geld nach unserer Auffassung auch noch falsch, ämlich im Sinne der militärischen Komponente deutcher Außenpolitik, verteilt wird: Erstes Beispiel ist der Titel „Stabilitätspakt Afghanisn“, der der Öffentlichkeit neben dem Militäreinsatz mer als zivile Hilfe verkauft wird. Aber allein von den 0 Millionen Euro, die dafür zur Verfügung gestellt weren, gehen wieder 50 Millionen Euro in den Aufbau der fghanischen Sicherheitskräfte. Das zweite Beispiel ist der Titel: „Demokratisierungsnd Ausstattungshilfe, Maßnahmen zur Förderung der enschenrechte“. Dafür stehen insgesamt 19 Millionen uro zur Verfügung. Aber allein davon gehen 11 Millioen Euro in die sogenannte Ausstattungshilfe für auslänische Streitkräfte. Letztendlich bleiben somit für die örderung der Menschenrechte nur 3 Millionen Euro übg. Das dritte Beispiel ist – Sie haben es hier ebenfalls ngesprochen – die sogenannte Afrika-Initiative, die mit 1 Millionen Euro im Haushalt steht. Auch hier fließen iederum 10 Millionen Euro direkt in den Aufbau der olizei. Nun ist klar: Als Europäer denkt man bei Polizei icht unbedingt sofort an etwas Schlechtes. Aber man uss sich einmal die Länder anschauen, in die diese ittel fließen. Das sind Kongo, Liberia, Elfenbeinküste, ierra Leone und Burundi. Michael Leutert (Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Das ist doch absolut okay!)

Michael Leutert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701506500




(A) )


(B) )


– Das kann okay sein, aber ich möchte gerne wissen,
über welche Polizeikräfte wir sprechen. Wir alle wissen,
dass in diesen Ländern Polizeikräfte zum Teil paramili-
tärischen Charakter haben. Ich gehe davon aus, dass wir
hier nicht bloß über Verkehrspolizisten sprechen.


(Beifall bei der LINKEN)


Noch deutlicher wird es beim vierten Beispiel – das
hat es im Etat des Auswärtigen Amtes so noch nicht ge-
geben, nämlich einen Titel mit direktem militärischem
Bezug, der ganz ungeschminkt so benannt wird –: „Un-
terstützung des Aufbaus afghanischer Sicherheitskräfte
durch die NATO“. Mit diesen Sicherheitskräften – das
kann man in der Erklärung nachlesen – ist ausschließlich
die afghanische Armee gemeint. Das hat in dem Haus-
halt des Auswärtigen Amtes überhaupt nichts zu suchen.
Ich kann schon jetzt ankündigen, dass wir die Streichung
dieses Titels fordern.


(Beifall bei der LINKEN)


Es ist völlig klar: Der Etat des Auswärtigen Amtes ist
eigentlich nicht der klassische Punkt, an dem man die
Kritik an der immer stärker werdenden Militarisierung
der Außenpolitik vorbringt.


(Karl-Georg Wellmann [CDU/CSU]: So ein Quatsch!)


Ich weiß im Übrigen auch aus vielen Gesprächen mit
vielen Mitarbeitern des Auswärtigen Amtes, dass sie
sich selber als Teil der zivilen Komponente der deut-
schen Außenpolitik verstehen. Aber die von mir hier
vorgetragenen Beispiele machen deutlich, dass sich der
Etat des Auswärtigen Amtes in dem Spannungsfeld von
ziviler und militärischer Komponente in der Außenpoli-
tik mehr und mehr in Richtung militärische Komponente
bewegt.

Im zivilen Bereich – ich kann dafür zwei Beispiele
nennen – sieht es nicht besser, sondern schlechter aus.
Dort werden nämlich die Mittel gestrichen. Die Mittel
für Maßnahmen zur Sicherung von Frieden und Stabili-
tät zum Beispiel werden um 14 Millionen Euro gekürzt.
Der sehr wichtige Titel „Für humanitäre Hilfsmaßnah-
men im Ausland“ – wir hatten eben das Thema Haiti –
wird um 7,5 Millionen Euro gestrichen.

Letztendlich bleibt nur Folgendes festzustellen: Die
schwarz-gelbe Bundesregierung ist de facto in der Logik
militärischer Außenpolitik. In Afghanistan, in der eige-
nen Logik des Krieges, ist sie gefangen. Es ist Fakt, dass
zivile Projekte, untersetzt durch den Haushalt, zu einem
Teil dieser militärischen Logik werden und immer mehr
an den Rand gedrängt werden. Das kann man in dem
vorgelegten Haushalt nachlesen. Das widerspricht allen
Erklärungen und Ankündigungen, dass man zum Bei-
spiel in Afghanistan mehr für den zivilen Wiederaufbau
tun möchte. Schon aus diesem Grund wird die Linke die-
sen Haushalt ablehnen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D Das Wort hat nun Frithjof Schmidt für die Fraktion ündnis 90/Die Grünen. Dr. Frithjof Schmidt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1701506600
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

err Außenminister, im November haben wir hier den
oalitionsvertrag diskutiert. Damals habe ich unserem
and gewünscht, dass das Handeln von Schwarz-Gelb
esser wird, als das der Text des Vertrages befürchten
sst. Diese Hoffnung hat sich bislang nicht erfüllt.

In den letzten Wochen standen große Zukunftsfragen
er Vereinten Nationen auf der Tagesordnung. Es ging
nd geht um einen Durchbruch beim Klimaschutz und
m die Bekämpfung von Hunger und Armut trotz Wirt-
chaftskrise. Es ging um Deutschlands Rolle bei der Lö-
ung der großen Menschheitsfragen. Es ging darum, vo-
nzugehen. Aber diese Regierung hat durch den Mangel

n politischen Initiativen viel Ansehen unseres Landes
ereits verspielt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die Konferenz von Kopenhagen ist ein Beispiel für
as Scheitern Ihrer Diplomatie.


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Das kann doch nicht wahr sein!)


ach dem Klimagipfel reicht es eben nicht, auf China
nd die USA zu zeigen. Sie tragen selbst Mitverantwor-
ng für eine falsche Verhandlungsstrategie der Europäi-

chen Union. Sie haben konkrete Finanzzusagen an die
ntwicklungsländer im Vorfeld der Konferenz genauso
itverhindert wie eine Erhöhung der europäischen Min-

erungsziele auf 30 Prozent.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sie haben an entscheidender Stelle vorher blockiert
tatt voranzugehen. Das ist – auch wenn Sie das nicht
erne hören – ein Versagen deutscher Außenpolitik, und
ann helfen danach auch alle schönen Worte des Um-
eltministers nichts.

Auch bei der internationalen Bekämpfung von Hun-
er und Armut wird diese Regierung zur Bremserin,
tatt eine Vorreiterrolle einzunehmen. Ban Ki-moon hat
erade wieder verstärkte Anstrengungen zur Erreichung
er Millenniumsziele eingefordert. Was ist die außen-
olitische Antwort Deutschlands? Sie kündigen mit die-
em Haushalt einseitig den Ausstieg Deutschlands aus
em europäischen Stufenplan zur Entwicklungsfinanzie-
ng an. Das ist keine nachgeordnete Frage der Entwick-
ngspolitik; es ist ein Affront gegen zentrale Vereinba-
ngen der UNO und der Europäischen Union.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Sie haben sich mit diesem Haushalt von den bisherigen
ternationalen Zusagen Deutschlands verabschiedet, ob-
ohl 2 Milliarden Menschen von weniger als 2 Dollar am
ag leben und über 1 Milliarde Menschen weltweit hun-
ern. Diese Regierung hat zwar 1 Milliarde Euro jährlich






(A) )



(B) )


Dr. Frithjof Schmidt
für Hotelbesitzer, findet aber nur 44 Millionen Euro
mehr, um die deutschen Versprechungen zur Bekämp-
fung von Hunger, Armut und Krankheit zu erfüllen. Das
ist eine Schande für unser Land.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Ich fordere Sie auf: Halten Sie die deutschen Ver-
pflichtungen international ein! Stehlen Sie sich nicht so
schäbig davon!

Der Mangel an politischen Initiativen zeigt sich auch
am Beispiel Afghanistan. Eine klare Strategie für Af-
ghanistan haben Sie uns wenige Tage vor der Afghanis-
tan-Konferenz immer noch nicht vorgelegt.

Wir fordern von Ihnen ein klares Konzept für einen
massiven Polizeiaufbau mit mindestens 500 deutschen
Polizisten, eine Aufbaustrategie, die endlich die wach-
sende Schere zwischen dem Hilfsbedarf einerseits und
den Umsetzungs- und Abflussproblemen bei der Mittel-
verwendung andererseits schließt, und ein konkretes
Konzept, um die Spirale der Gewalt im Norden Afgha-
nistans zu durchbrechen. Außerdem fordere ich Sie auf,
dem Bundestag einen verbindlichen Abzugsplan vorzu-
legen, der gemeinsam mit unseren Verbündeten abge-
stimmt und umgesetzt wird.

Bisher haben Sie auf diese zentralen Punkte keine
klaren Antworten, weil Sie in der Koalition keine Einig-
keit haben. Das ist der Grund, weshalb Sie uns heute
wieder nichts dazu gesagt haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Stattdessen versucht diese Regierung mit Haus-
haltstricks, der Öffentlichkeit Sand in die Augen zu
streuen. Es wird angekündigt, die Zahl der deutschen
Polizisten in Afghanistan solle verdoppelt werden. Die
Wahrheit ist aber: Damit lösen Sie nur das alte Planziel
der Großen Koalition ein. Das war schon viel zu wenig,
und es ist auch heute noch viel zu wenig.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die Entwicklungsfinanzierung soll angeblich ver-
doppelt werden. Ein Blick auf die Fakten zeigt aber, dass
Sie auch hier nur weitgehend die Versprechen von
Schwarz-Rot erfüllen. Auch das ist keine neue Leistung
Ihrer Regierung und Ihres Haushalts. Hören Sie auf zu
tricksen! Hören Sie auf mit der Verneblungstaktik, und
schaffen Sie Klarheit über den weiteren Kurs in Afgha-
nistan!

Wirklich beunruhigt haben mich in diesem Zusam-
menhang die Äußerungen von Herrn Niebel, der eine
enge Kooperation mit der Bundeswehr zur Bedingung
für die Mittelvergabe an Entwicklungsorganisationen
machen will.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Totaler Hammer! – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der hat halt keine Ahnung!)


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(C (D ier geht es um eine zentrale außenpolitische Frage der esamtstrategie in Afghanistan. Alle Experten sagen uns, dass es von zentraler Bedeung ist, eine komplementäre Wirkung von militäri chem Stabilisierungseinsatz und Entwicklungshilfe icht mit Vermischung zu verwechseln. Genau das acht Herr Niebel falsch. Sie, Herr Westerwelle, haben ie Federführung und lassen ihn gewähren. Das bedeutet ehr konkret, die zivilen Helfer in der Wahrnehmung vor rt zu militärischen Handlangern zu machen. Das würde ie Entwicklungshelfer vor Ort noch größeren Gefahren ussetzen, als es ohnehin schon der Fall ist. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Diese Äußerungen aus dem Kabinett zeigen generell
in hochproblematisches Verständnis deutscher Außen-
nd Entwicklungspolitik. Wir brauchen keine einseitige
erengung auf das Militär. Auslandseinsätze dürfen
ben auch nicht, wie das Herr zu Guttenberg Ende letz-
n Jahres gefordert hat, zur Selbstverständlichkeit wer-
en, ganz im Gegenteil. Nach mehr als zehn Jahren
rfahrung mit Auslandseinsätzen brauchen wir eine öf-
ntliche Debatte über deren Wirkungsmächtigkeit. Wir
üssen Fehler ehrlich analysieren, politische und zivile
lternativen ins Zentrum stellen und militärische Gewalt

ls Ultima Ratio und nicht als Selbstverständlichkeit ver-
tehen. Ich bin der Ratsvorsitzenden der Evangelischen
irche in Deutschland, Frau Käßmann, sehr dankbar,
ass sie diese Debatte mit einem Impuls deutlich in
ang gesetzt hat.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Meine Damen und Herren von der Koalition, Ihre
undesregierung hat mit ihrer Diplomatie beim Klima-
ipfel Schiffbruch erlitten. Sie ist bei der Bekämpfung
on Armut und Hunger wortbrüchig geworden, und sie
ndet keine klare Antwort auf die Situation in Afghanis-
n. Das ist die Bilanz von zwölf Wochen Schwarz-Gelb
der internationalen Politik. Bei einem solchen Start
ag man sich die nächsten Monate gar nicht ausmalen.

Danke.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1701506700

Ich erteile das Wort Kollegen Rainer Stinner für die

DP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Rainer Stinner (FDP):
Rede ID: ID1701506800

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Ich möchte zu Beginn etwas machen, was wir
onst bei anderen Debatten gerne tun, nämlich in diesem
all nicht den Soldaten, sondern den Diplomaten dan-
en. Das ist auch der Situation in Haiti geschuldet; der






(A) )



(B) )


Dr. Rainer Stinner
Minister hat darauf hingewiesen. Wir können mit Stolz
sagen, dass die Bundesrepublik Deutschland einen sehr
professionellen und sehr motivierten diplomatischen
Dienst hat. Zum Teil verrichten unsere Diplomaten ihren
Dienst im Ausland unter sehr schwierigen Bedingungen.
Es gibt nicht nur die Glamourbotschaften in Genf, Paris
und New York. In den meisten Hauptstädten dieser Welt
arbeiten unsere Diplomaten unter – auch persönlich –
sehr eingeschränkten Lebensbedingungen. Auch ange-
sichts der Situation in Haiti sind wir unseren Diplomaten
sehr zu Dank und Anerkennung verpflichtet.

Außenminister Westerwelle hat in seinen Reden seit
der Amtsübernahme zwei Dinge in den Vordergrund ge-
stellt. Erstens. Er sieht sich in der Kontinuität deutscher
Außen- und Sicherheitspolitik. Zweitens. Er wird eigene
Akzente setzen. Beides hat er in den letzten fast drei Mo-
naten sehr deutlich bewiesen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir als FDP-Fraktion stehen nicht an, zu sagen: Ja-
wohl, wir stehen in der guten Tradition deutscher Au-
ßen- und Sicherheitspolitik. Wir sind stolz auf unsere ei-
genen liberalen Außenminister. Gleichwohl sehen wir,
dass auch die nichtliberalen Außenminister – solche gab
es in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland –


(Lachen der Abg. Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


die Kontinuität in der deutschen Außenpolitik gewähr-
leistet haben; darauf möchten wir rekurrieren. Das wer-
den wir weiterhin so sehen.

Der Herr Außenminister hat deutlich gemacht – das
ist auch die Meinung meiner Fraktion –, dass uns sehr
daran gelegen ist, den Konsens der deutschen Außen-
und Sicherheitspolitik auch in Zukunft weitestgehend zu
erhalten.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Wir halten das für ein hohes Gut, sowohl innenpolitisch
als auch außenpolitisch. Wir kennen die Konfliktsitua-
tionen – auch inhaltlicher Art – und die parteipolitischen
Profilierungsnotwendigkeiten sehr genau. Aber es ist
wichtig, dass wir in Deutschland auf einer gemeinsamen
Werte- und Interessenbasis Außen- und Sicherheitspoli-
tik betreiben. Das wollen wir sehr gerne weiterhin tun.

Deshalb stehe ich nicht an, lieber Kollege Mützenich,
Ihnen für Ihre heutige Rede ganz herzlich zu danken. Ich
hoffe, es schadet Ihnen bei Ihren Parteigenossen nicht,
wenn ich als Liberaler so etwas sage. Aber das ist die
Art, wie wir gerne zusammenarbeiten würden. Sie ak-
zentuieren die Unterschiede völlig zu Recht. In manchen
Dingen geben Sie Ansatzpunkte zum Nachdenken. Aber
wir können erkennen, dass wir hier eine gemeinsame
Basis haben, auf der wir weiterhin zusammenarbeiten
wollen.

Ich sage im Namen meiner Fraktion ausdrücklich: Es
ist unser Ziel, in den nächsten Wochen diesen Konsens
bei dem uns allen wichtigen Thema Afghanistan so weit
wie möglich zu erhalten. Wir reichen die Hand auch Ih-

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(C (D en, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, m gemeinsam Verantwortung für Deutschland wahrzuehmen. Wir kennen Ihre Diskussionen und die Zerrisenheit Ihrer Fraktion. Wir wollen weiterhin versuchen, Interesse Deutschlands und Afghanistans gemeinsam u arbeiten. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Nun versucht man in den ersten Wochen der neuen
egierung krampfhaft, sich an Außenminister
esterwelle abzuarbeiten. Dieses Bemühen eint einige

ublikationen sowie einige Stimmen hier im Deutschen
undestag. Manche der innerhalb und außerhalb dieses
ohen Hauses geäußerten Kritikpunkte kann ich nur als
hrende Bemühungen bezeichnen; denn sie treffen ein-
ch nicht. Der Außenminister hat sehr klar gesagt, dass

r eigene Akzente setzen wird, und das hat er in den bis-
erigen knapp drei Monaten auch getan.

Schon in seinem Reiseplan hat er deutliche Akzente
esetzt: Warschau, Brüssel, dann Paris – und zwar ohne
de Verstimmung, ja sogar mit Zustimmung Frank-
ichs –, die Türkei, Tokio und China. Außerdem setzt er

eutliche Akzente bei seiner Art der parlamentarischen
usammenarbeit. Wir hatten gestern Abend im Rah-
en der Obleuterunde zum zweiten Mal das Vergnügen

ines gemeinsamen Essens mit dem Außenminister.


(Ute Kumpf [SPD]: Sie sollen nicht essen, sondern vernünftig regieren! – Zuruf von der SPD: Was gab es denn Gutes?)


ie können Ihre Kollegen, die dabei waren, fragen, und
ie werden Ihnen bestätigen, dass nicht nur das Essen,
ondern auch die Diskussion sehr gut war.

Außenminister Westerwelle gelingt es sehr gut, auf
er einen Seite die deutschen Interessen zu vertreten, auf
er anderen Seite aber nicht die deutliche, im Ton durch-
us moderate Benennung der Wertebasis, die wir mit der
eutschen Außenpolitik erhalten wollen, zu vernachläs-
igen. Das sind wichtige Akzente, die er in den ersten

onaten gesetzt hat. Daran ist auch beim schlechtesten
illen der Opposition nichts auszusetzen. Daher sollten

ie dem beschriebenen Verfahren zustimmen.


(Beifall bei der FDP)


Es gibt einige Themen, die die außenpolitische
genda in den nächsten Wochen und Monaten dominie-
n werden. Ich kann sie jetzt nicht alle abarbeiten; zu ei-

igen Punkten ist auch schon viel gesagt worden. Herr
ollege Schmidt, Ihre Kritik im Hinblick auf Afghanis-
n gleitet an uns ab, denn wir haben sehr für einen intel-
ktuell integren Prozess geworben. Wir haben gesagt,
ass die Konferenz in London wichtig ist und die deut-
che Bundesregierung mit eigenen Ideen in diese Konfe-
nz gehen muss. Diese werden nächste Woche von der
undeskanzlerin hier vorgetragen werden. Wir warten
ie Konferenz in London ab und gehen dann in der fol-
enden Reihenfolge vor: erst die Ziele festlegen, dann
ie Strategien und schließlich Maßnahmen und Ressour-
en zuordnen. In dieser Reihenfolge wird die Bundesre-






(A) )



(B) )


Dr. Rainer Stinner
gierung vorgehen, und dabei werden wir sie als FDP-
Fraktion kritisch, aber positiv begleiten.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Lassen Sie mich ganz kurz auf den Nahostkonflikt,
der uns alle beschäftigt, eingehen. Ich möchte für meine
Fraktion noch einmal betonen, welch unglaubliche histo-
rische Dimension die israelisch-deutschen Regierungs-
konsultationen haben. Sie haben eine symbolische Be-
deutung, die wir uns vor einigen Jahren nicht vorstellen
konnten. Deshalb ist es richtig und wichtig, dass wir als
Deutsche sagen, dass es uns auf der Basis der gefestigten
deutsch-israelischen Beziehungen als Freunden Israels
möglich ist, kritische Positionen offen anzusprechen,
zum Beispiel die Siedlungspolitik, die wohl alle im
Deutschen Bundestag mit einer gewissen Skepsis be-
trachten.

Wir als FDP-Bundestagsfraktion erwarten, dass die
Bundesregierung bei allen inhaltlichen Punkten der deut-
schen Außen- und Sicherheitspolitik deutsche Positionen
sehr deutlich definiert und international vorträgt.

Lassen Sie mich in der mir verbleibenden Minute
noch etwas zum Haushalt ausführen. Lieber Herr
Leutert, zu Ihnen kann ich nur sagen: Für jemanden, der
nur einen Hammer hat, sieht alles wie ein Nagel aus.


(Heiterkeit im ganzen Hause – Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war gut!)


Ihrer Kritik, es würde krampfhaft eine Militarisierung
hervorgerufen werden, kann ich nur mit einer gewissen
Belustigung begegnen. Bitte nehmen Sie zur Kenntnis,
dass sich ein Akzent des Außenministers, nämlich die
Abrüstung, in diesem Haushalt unmittelbar nieder-
schlägt. Die Mittel für die Abrüstung sind um 21 Prozent
gesteigert worden. Das entspricht der Akzentsetzung
dieses Außenministers.


(Beifall bei der FDP)


Wir müssen uns aber fragen – das ist mein abschlie-
ßender Gedanke, Herr Präsident –, ob die Mittelzuwei-
sungen an die Außenpolitik auf Dauer genügen. Ich
weise darauf hin, dass die auswärtigen Dienste ver-
gleichbar großer Länder wie Frankreich oder Großbri-
tannien wesentlich größer sind als unserer. Masse ist
nicht alles, aber es ist ein Indiz.

Ich sage Ihnen: Wir müssen uns auch Gedanken über
die Lebens- und Arbeitsbedingungen unserer Diploma-
ten und Diplomatinnen machen.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Eines interessiert uns dabei besonders, nämlich wie wir
den diplomatischen Dienst auch für Familien attraktiver
machen können. Wir haben hier ein Problem. Das ist
nicht Sozialpolitik im Interesse der Diplomaten, sondern
das ist Interessenpolitik; denn die Wirksamkeit und die
Schlagkraft des diplomatischen Dienstes hängen davon
ab, dass wir genügend fähige Leute finden, die auch ins
Ausland gehen können.

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(C (D Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss kommen. Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. – Die rundlagen deutscher und liberaler Außenpolitik bleien konstant. Wir wollen Frieden schaffen für unser and im Bündnis mit Europa und der Welt. Wir wollen ternationale Verantwortung übernehmen, in Haiti und uch woanders. Herr Kollege, Sie müssen bitte zum Schluss kommen. Wir wollen helfen, wo wir helfen können. Dafür ste en wir als FDP-Fraktion, und wir unterstützen dabei die undesregierung mit ganzer Kraft. Herzlichen Dank. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1701506900
Dr. Rainer Stinner (FDP):
Rede ID: ID1701507000
Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1701507100
Dr. Rainer Stinner (FDP):
Rede ID: ID1701507200


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1701507300

Das Wort hat nun Kollegin Angelica Schwall-Düren,

PD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Angelica Schwall-Düren (SPD):
Rede ID: ID1701507400

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen!

iebe Kollegen! Sehr geehrter Herr Außenminister! Der
issabonner Vertrag ist nun zum Glück in Kraft, und
ie institutionellen Debatten können ein Ende finden.
er Weg ist jetzt frei, wieder intensiver über die Gestal-
ng der Europäischen Union nachzudenken. Lieber
ollege Schockenhoff, Sie haben im Zusammenhang
it der Subsidiaritätskontrolle des Deutschen Bundes-
ges insbesondere das Thema der EU-Erweiterung um
ie Türkei angesprochen. Mich treibt die Sorge um, dass
anchmal eher der Versuch unternommen wird, hier

ine Verhinderungspolitik zu betreiben.

Heute wollen wir nicht über die zum Glück gestärkten
echte des Deutschen Bundestages sprechen, sondern
ber die Europapolitik der Bundesregierung; denn
eutschland hat eine ganz wichtige Rolle und vor allen
ingen eine große Verantwortung in Europa. Da frage
h doch, Herr Stinner, ob neben der Kontinuität, die ich
ahrnehme und sehr begrüße, die eigenen Akzente tat-

ächlich schon Wirklichkeit geworden sind. Ich habe
eute von Frau Bundeskanzlerin Merkel so gut wie
ichts zur Europapolitik gehört und leider auch von Ih-
en, Herr Westerwelle, wenig. Ich sehe ein, Ihre Rede-
eit war begrenzt;


(Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister: Das ist wahr! – Zuruf von der CDU/CSU: Unser aller Zeit ist begrenzt!)







(A) )



(B) )


Dr. Angelica Schwall-Düren
aber wir müssen schon erwarten, dass zu Beginn der
Amtszeit einer Regierung diese Dinge deutlich werden.
Da muss ich Ihnen sagen: Reisen allein genügt nicht. Es
geht, wenn es stimmt, dass wir eine Wertegemeinschaft
sind, um die Erarbeitung gemeinsamer Positionen; es
geht um die praktische Umsetzung dieser Werte; es geht
um konkrete Politik.

Was passiert gerade mit unseren Nachbarn? Ich
möchte als Erstes sagen, dass auch ich Ihnen, Herr
Westerwelle, sehr dankbar bin, dass Sie zunächst in
Polen waren und dass Sie Frankreich besucht haben.
Auch Frau Staatsministerin Pieper ist schon in Polen ge-
wesen. Dieses und auch die Äußerungen, die Sie dort ge-
tan haben, kann ich nur begrüßen. Ich freue mich sehr,
dass Premierminister Tusk der Karlspreis verliehen wird,
weil er in der Tat auf der polnischen Seite die Persön-
lichkeit ist, die sehr viel dazu beigetragen hat, dass die
deutsch-polnischen Beziehungen wieder verbessert wer-
den.

An dieser Stelle muss ich in Richtung der Frau Bun-
deskanzlerin sagen, vor allen Dingen weil ich ihre Ver-
antwortung sehe: Sie muss in diesem Feld einen Streit
aus der Welt schaffen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es geht nicht, dass die Frage Steinbach dieses Verhältnis
weiter belastet. Ich will mit aller Deutlichkeit sagen: Ich
habe keinerlei Verständnis dafür, dass man in der Koali-
tion meint, darüber Verhandlungen beginnen zu können.
Wir haben ein gültiges Gesetz, und es gibt niemanden,
der Bedingungen zu stellen hat, wie dieses Gesetz umge-
setzt werden soll. Das muss ich ganz klar und eindeutig
zurückweisen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Hier ist der Außenminister gefragt, damit wir in der be-
schworenen Kontinuität, Herr Westerwelle, fortsetzen
können, was für Willy Brandt ganz wichtig war: dass wir
ein Volk von guten Nachbarn sind.


(Beifall bei der SPD)


Wir haben gemeinsam mit Polen wichtige Fragen an-
zupacken. Ich verweise auf die östliche Partnerschaft; da
warte ich auf Initiativen.

Wir haben im Übrigen zusammen mit Frankreich
wichtige Initiativen zu ergreifen; ich denke etwa an die
Mittelmeerunion. Palästina, Israel, der Nahe Osten sind
angesprochen worden. Wenn wir hier nicht vorankom-
men, dann wird diese Union für das Mittelmeer nicht
von Erfolgen gekrönt sein, und dann werden auch die
positiven praktischen Initiativen ins Leere laufen. Viel-
leicht ist der Deutsch-Französische Tag, den wir in zwei
Tagen feiern, für Sie ein Anlass, die eine oder andere Ini-
tiative bekannt zu geben, Herr Außenminister.

Ich frage mich aber auch: Wo ist das stimmige Kon-
zept der Regierung in Bezug auf die Erweiterungspoli-
tik? Zu Kroatiens Beitritt sagt man Ja. Bezüglich der
westlichen Balkanstaaten wissen wir schon nicht, wie

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(C (D ie Position der Regierung ist. Man hört immer wieder, ass es dort Vorbehalte gibt. Wenn wir das ernst nehmen, as Sie, Herr Westerwelle, gesagt haben – dass die Eupäische Union vor allen Dingen ein friedensstabilisiender Faktor ist –, dann können wir diese Länder nicht uf Dauer als Insel innerhalb der Union mit Instabilität nd großen Problemen zurücklassen. Es geht eben auch arum, wie die Frage des Beitritts der Türkei entschieen wird. Auch hier, Herr Westerwelle, haben Sie unsere nterstützung, dass wir diesen wichtigen Partner auf em Weg in Richtung Europäische Union begleiten. Die laren Verhandlungsbedingungen muss man nicht wieerholen. Wir wollen, dass wir zu einem positiven Erebnis kommen. Wo sind die Ideen, die Konzepte für die Gemeinsame ußenund Sicherheitspolitik, für die Europäische Si herheitsund Verteidigungspolitik? Wo stehen wir in er Frage der Partnerschaft mit Russland? Auch hier üssen wir im Zusammenhang mit wichtigen Zukunftsagen vorankommen. Ich fordere Sie auf, schnell nachuliefern. Wo steht diese Regierungskoalition, wenn es darum eht, die Politiken der EU, sowohl die Inhalte als auch ie Instrumente und Methoden, an die Herausforderunen der Zeit anzupassen? Beispielsweise wird uns bald ie „Finanzielle Vorausschau“ vorgelegt. Wir hören von er Bundesregierung, man wolle keinen Cent zusätzlich eben. Man wolle auf der anderen Seite die Gemeinsame grarpolitik nicht verändern. Man wolle in der Strukturolitik natürlich dafür sorgen, dass der nötige Rückfluss ieder erfolgt. Aber gleichzeitig sollten neue Aufgaben rfüllt werden; ich erinnere hier an den Europäischen uswärtigen Dienst, ich erinnere an FRONTEX und ndere Aufgaben. So kann es also nicht weitergehen; daer frage ich Sie, ob Sie nicht auch einmal etwas koneptionell denken können wie beispielsweise der Luemburger Finanzminister, der neue Ideen in Bezug auf ine europäische Steuer, durch die die EU finanziert ird, auf die Tagesordnung gesetzt hat. Wo bleibt die konzeptionelle Kraft dieser „Traumreierung“ für wichtige europapolitische Felder? Der isserfolg in Kopenhagen in Fragen des Klimaschut es ist schon angesprochen worden. Auch ich bin der einung, dass ein wesentlicher Punkt die mangelnde uropäische Einigkeit gewesen ist. Wenn wir es nicht chaffen, die EU-Mitgliedstaaten, unsere Partner und artnerinnen, davon zu überzeugen, dass wir gemeinsam r dieses 30-Prozent-Ziel verbindlich stehen, dann wer en wir hier auf Dauer nicht vorankommen. as hängt auch davon ab, ob es uns gelingt, an der einen der anderen Stelle, Streitfragen aus der Welt zu schafn, ob es uns beispielsweise gelingt, unsere östlichen artner zu bewegen, ein Stück nach vorne zu gehen. Auch die Frage der Energieversorgungssicherheit t nur gemeinsam, nicht bilateral zu beantworten. Ich eiß, dass das schwierig ist. Umso wichtiger ist es desalb, dass wir innereuropäisch etwas für die Umsetzung Dr. Angelica Schwall-Düren des Energiebinnenmarktes tun, indem wir die Initiativen zur Schaffung einer gemeinsamen Infrastruktur – Stromnetze, Gasnetze, Interkonnektoren – voranbringen und regenerative Energien und Energieeffizienz befördern, statt uns auf den Standpunkt zu stellen, mit der Atomenergie könnten wir heute noch punkten, und damit eine Strategie nach dem Motto: „Rückwärts in die Steinzeit“ zu fahren. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will auch noch auf die Finanzund Wirtschaftskrise zu sprechen kommen. Sie ist nicht vorbei; das hat ja auch Frau Merkel gesagt. Von dem Richtigen, was wir in der Großen Koalition gemeinsam durchgesetzt haben, haben wir uns keineswegs, wie Herr Kauder, der leider nicht mehr hier ist, sagte, verabschiedet. Die Erfolge werden sich noch zeigen. Allerdings sind die Auswirkungen der Krise immer noch zu spüren; es besteht nach wie vor eine Rückfallgefahr; und erst recht ist es noch nicht gelungen, ihre Ursachen zu beseitigen. Auch hier müssen wir fragen: Was regelt die Regierung in der EU, damit in Zukunft keine Finanzblasen mehr entstehen, die beim Platzen zu einer verheerenden Explosion führen, welche mit einem Absturz von Sparern, Kleinanlegern und Beschäftigten verbunden ist? Herr Schäuble hat gestern gesagt, es seien Lehren aus der Krise gezogen worden. Wo bleibt aber eine konkrete Finanzmarktregulierung? Helmut Schmidt wird nicht müde, immer wieder darauf hinzuweisen, dass die EU hier große Spielräume und auch großen Einfluss auf die Weltmärkte für Geld und Kapital hat. Deshalb muss es darum gehen, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass mehr in Bezug auf Transparenz, Finanzaufsicht, Bonusregelungen und Besteuerung getan wird. Man kann sich dabei nicht damit herausreden, dass international noch nichts erreicht worden ist. Wenn man national nichts tut und auch nicht versucht, etwas europäisch voranzubringen, dann besitzt man in dieser Frage keine Glaubwürdigkeit auf der internationalen Ebene. Das ist insbesondere in Bezug auf ein wichtiges Thema in diesem Zusammenhang zu sagen, nämlich die Finanzmarkttransaktionsteuer. Die USA und China wird man nur ins Boot bekommen, wenn man Druck aufbaut und einheitlich agiert. Erlauben Sie mir, zu zitieren, was Helmut Schmidt hierzu gesagt hat: Die Regierung Merkel/Westerwelle ist erstaunlich vorsichtig und zurückhaltend auf dem Feld der Finanzaufsicht, die eigentlich im deutschen Interesse gestrafft werden müsste. Und nicht nur da: Es kommen keine Vorschläge an die Adresse der Amerikaner, es gibt kaum Vorschläge zu Afghanistan, keine zu Iran, keine zu Israel versus Palästinenser. In all diesen Feldern sollte Deutschland im Rahmen der EU stärker und selbstbewusster auftreten. (Hellmut Königshaus [FDP]: Und das Vakuum auffüllen, das Sie hinterlassen haben!)


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)





(A) )


(B) )


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der SPD)


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(C (D Wir müssen auch dafür sorgen, dass die Europäische nion in internationalen Gremien gemeinsam auftritt. uch hier möchte ich an eine neue Initiative des wiederewählten Vorsitzenden der Euro-Gruppe bei der G 20, ean-Claude Juncker, eines Christdemokraten und damit ines Parteifreundes von Ihnen, erinnern. Er fordert, dass ie Euro-Gruppe bei der G 20 einen gemeinsamen Sitz innimmt. Es ist völlig klar, dass Italien, Frankreich und eutschland dann auf dieser Ebene zurückstecken müssn, nach dem Motto: Geteilte Souveränität ist gesteierte Souveränität. Das heißt ja nicht, dass man nicht im orfeld entsprechend Einfluss ausüben kann und ausben muss. Aber man muss darauf hinweisen, dass der rfolg eher gegeben ist, wenn man gemeinsam auftritt. uch hierzu möchte ich ein Zitat bringen, diesmal aus er Financial Times Deutschland: Allerdings sprechen Erfahrungen der jüngsten Zeit für den Euro-Vorstoß. Bei den Kopenhagener Klimaverhandlungen führte der zersplitterte Auftritt der Europäer dazu, dass die USA das Endergebnis mit den Schwellenländern China, Indien, Brasilien und Südafrika aushandelten und die EU ignorierten. … Selbst in großen EU-Ländern reift die Einsicht, dass Europa Einfluss nur bewahren kann, wenn es geeint auftritt. h frage: Sollte Deutschland da eine Ausnahme sein? Liebe Kolleginnen und Kollegen, es wären noch viele elder anzusprechen, auf denen mehr Initiative erforderch wäre. Ich erinnere an die Lissabon-Plus-Strategie. ir wollen gerne mit Ihnen über diese Dinge diskutieren nd sind gespannt auf Ihre Konzepte, Herr Westerwelle. ines ist klar: Diese Koalition braucht Mut statt Kleinut. Sie braucht Kooperation statt Streit. Sie braucht emeinwohlorientierung statt Klientelpolitik und Eigenteresse. (Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Wir brauchen eine bessere Opposition in Deutschland! Die Opposition erzählt Märchen!)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


enn Sie dieser Linie in Ihrer Europapolitik folgen,
ann werden die Sozialdemokraten an Ihrer Seite sein.
enn – um mit Willy Brandt zu sprechen – wir wollen
ehr Europa und nicht weniger.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1701507500

Das Wort hat nun Thomas Silberhorn für die Fraktion

er CDU/CSU.


(Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Jetzt geht es vorwärts in die neue Zeit!)



Thomas Silberhorn (CSU):
Rede ID: ID1701507600

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir ste-

en nach dem Inkrafttreten des Lissabon-Vertrages und
or dem Beginn der Amtszeit einer neuen Kommission
n einem Punkt, an dem wir eine europapolitische Be-






(A) )



(B) )


Thomas Silberhorn
standsaufnahme machen sollten. Zwei Beobachtungen
geben aus meiner Sicht Anlass zu Schlussfolgerungen:

Einerseits sehen wir uns im Zuge der weltweiten Ver-
netzung, der Globalisierung, einem verschärften inter-
nationalen Wettbewerb ausgesetzt. Trotz ihrer Wirt-
schaftskraft findet die Europäische Union bei den
großen, grenzüberschreitenden Fragen – von der Klima-
politik über die Finanzmarktregulierung bis zur Welt-
handelsrunde – kein ausreichendes Gehör, wenn es ihr
nicht gelingt, mit einer Stimme zu sprechen. Hier sind
wir noch nicht am Ende unserer Möglichkeiten ange-
langt.

Andererseits müssen wir feststellen, dass die Bürger
der Europäischen Union, die eine Wertegemeinschaft ist,
sich zunehmend auf ihre lokale, regionale oder nationale
Verwurzelung konzentrieren. Das ist offenbar ein gegen-
läufiger Prozess zur Globalisierung.

Damit steht die Europäische Union in den nächsten
Jahren vor zwei zentralen Herausforderungen: Zum ei-
nen muss das Gewicht Europas nach außen gestärkt wer-
den. Zum anderen brauchen wir innerhalb der Europäi-
schen Union den Mut zu mehr Vielfalt und weniger
Gleichmacherei. Vieles ist in dieser Beziehung aus dem
Gleichgewicht geraten. Das ist wohl auch der Grund,
weshalb die europäische Integration für viele Bürger
ihren Reiz eingebüßt hat.

Bundespräsident Horst Köhler hat das vor gut vier
Wochen, am 20. Dezember 2009, anlässlich des 60. Jah-
restages des Karlspreises deutlich umschrieben, indem
er gesagt hat – ich zitiere –:

Die Bürger sollen schlicht die Erfahrung machen,
dass Europa ihnen dient. Zu oft erleben sie heute
das institutionelle Europa vor allem als Ärgernis.

Das ist ein Grund für das vielfach zu geringe Ver-
trauen, das der Europäischen Union und ihren Institutio-
nen entgegengebracht wird.

Was sind die Lehren für die aktuelle Politik? Was den
Klimaschutz angeht, hat die Europäische Union in Ko-
penhagen bei weitem nicht die Erwartungen unserer
Bürger und der internationalen Öffentlichkeit erfüllen
können. Stattdessen beschäftigt sich die Europäische
Kommission mit der Mobilität in Innenstädten, mit ei-
ner Frage also, für die bei uns die Kommunen zuständig
sind. Es ist ein eklatantes Missverhältnis, wenn sich die
Europäische Union mit Kleinigkeiten, mit Nebensäch-
lichkeiten befasst und einen erklecklichen Eifer in der
Bevormundung und Drangsalierung der Bürger entwi-
ckelt, aber dort, wo wir ein starkes Europa und die Vor-
reiterrolle der Europäischen Union in der internationalen
Klimaschutzpolitik bräuchten, nicht das erreicht, was sie
will.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Wolfgang Götzer [CDU/CSU]: Das musste mal gesagt werden!)


Meine Damen und Herren, hier müssen wir die Dinge
wieder vom Kopf auf die Füße stellen. Die Vorschläge
der Kommission zur Mobilität in den Innenstädten haben
überhaupt nichts mit grenzüberschreitenden Fragen zu

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(C (D n. Sie sind ein klarer Verstoß gegen das Subsidiaritätsrinzip. Die Kommission sollte davon schlicht Abstand ehmen und sich um die Fragen kümmern, für die sie rioritär zuständig ist. Die Verhandlungen in Kopenhaen sind von der Kommission geführt worden. Wir müsen uns jetzt darauf konzentrieren, dass wir bei den Folekonferenzen in diesem Jahr in Bonn und in Mexiko zu iner gemeinsamen Position der Europäischen Union in er Klimaschutzpolitik kommen. Ähnliches gilt in der Wirtschaftspolitik. Wir brauhen nach dieser etwas verkorksten Lissabon-Strategie inen Ansatz, wie wir in der Europäischen Union zu ehr Wettbewerbsfähigkeit kommen. Ich sehe mit einer ewissen Skepsis die Vorschläge, die von Spanien zu eginn der neuen Ratspräsidentschaft gemacht worden ind. Ich bin dafür zu gewinnen, dass wir uns Zielmaren setzen. Aber diese müssen wir, bitte schön, im Wettewerb miteinander erreichen und nicht durch eine wirtchaftspolitische Globalsteuerung aus Brüssel. Auch da ilt also: Wir müssen die großen Dinge gemeinsam und it den richtigen Instrumenten regeln, aber nicht mit leichmacherei und Harmonisierungsdruck aus Brüssel. Ähnliches gilt in der Finanzpolitik. Natürlich brauhen wir ein größeres Gewicht der Europäischen Union der internationalen Finanzpolitik. Wir müssen die orgaben mit setzen für die Regulierung und auch für ie Aufsicht der Finanzmärkte. Aber das darf nicht so eit gehen, dass auf europäischer Ebene auf ein Wei ungsrecht gegenüber nationalen Aufsichtsbehörden zuckgegriffen wird. Aufsicht funktioniert immer dann, enn möglichst viele Augen hinschauen. Deswegen ist s richtig, die Koordinierung, die wir in Europa brauhen, zu verbessern. Aber wir brauchen kein Weisungscht gegenüber nationalen Behörden. Lassen Sie mich diesen Punkt zusammenfassen. Wir rauchen nach meiner festen Überzeugung ein starkes uropa, wenn es um die großen Fragen, um die Zuunftsfragen für unseren Kontinent und für den ganzen lobus geht. Aber wir brauchen zugleich ein schlankes uropa, wenn es um die Alltagsfragen für unsere Bürger nd für die Unternehmen geht. Das ist die Balance, die ir finden müssen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Es gibt jährlich einen Subsidiaritätsbericht der
ommission. Ich denke, der bevorstehende Amtsantritt

er neuen Kommission wäre eine geeignete Gelegenheit,
lle laufenden Vorhaben neu zu bewerten und, bitte
chön, die Vorhaben zurückzuziehen, die bisher keine

ehrheit in Europa gefunden haben. Es wäre ein Beitrag
u mehr Demokratie und Bürgernähe, dass nicht alles in
en Schubladen verbleibt, bis irgendwann das Rad ein
tück weiter gedreht werden kann. Vorschläge, die keine
ehrheit finden, sollten auch einmal vom Tisch genom-
en werden.

Wir müssen unsere Rolle als Deutscher Bundestag in
iesen Fragen deutlich stärken. Wir haben während der
tzten Legislaturperiode alle Voraussetzungen dafür ge-

chaffen. Jetzt müssen wir dazu übergehen, europäische






(A) )



(B) )


Thomas Silberhorn
Vorhaben in unseren Ausschüssen nicht einfach nur zur
Kenntnis zu nehmen, sondern uns zu positionieren und
Stellung zu beziehen. Wir müssen uns auch auf europäi-
scher Ebene stärker mit den Kolleginnen und Kollegen
in den anderen nationalen Parlamenten vernetzen. Wir
werden früher oder später wohl auch die Gelegenheit be-
kommen, die Einhaltung des Subsidiaritätsgrundsatzes
durch den Europäischen Gerichtshof überprüfen zu las-
sen. Nach den Vorschlägen und Beschlüssen, die man
aus Brüssel bekommt, zu urteilen, wird das nicht lange
auf sich warten lassen. Ich freue mich darauf, dass der
Europäische Gerichtshof die Gelegenheit erhält, seine
neue Rolle als Wächter der Subsidiarität auszuüben.

Lassen Sie mich zum Thema der europäischen Au-
ßen- und Sicherheitspolitik einige Sätze sagen. Wir ha-
ben hier Spielraum für eine stärkere Rolle der Europäi-
schen Union. Wir haben deshalb ganz bewusst im
Koalitionsvertrag vereinbart, dass wir eigene Planungs-
und Führungsfähigkeiten der Europäischen Union in die-
sem Bereich haben wollen.

Wenn wir die Tragödie in Haiti betrachten, dann wird
augenfällig, dass wir in der Tat auch auf europäischer
Ebene besser zusammenarbeiten müssen. Es sind zwar
bereits beträchtliche Hilfen angelaufen. Aber es darf
nicht sein, dass bei einem Erdbeben dieses gewaltigen
Ausmaßes die Europäer zu einem guten Teil sozusagen
nebeneinander laufen. Hier sind Verbesserungen nötig.
Um in einer solchen Krise schnell helfen zu können, ist
die Koordinierung das Wichtigste. Die Bewältigung sol-
cher Krisen ist eine gigantische Koordinierungsaufgabe.
Wir sollten daher einen Teil der Koordinierung in der
Europäischen Union bewerkstelligen. Deswegen halte
ich den Vorschlag, den der neue ständige EU-Ratspräsi-
dent Van Rompuy gemacht hat, nämlich eine humanitäre
Eingreiftruppe der Europäischen Union zu schaffen, für
sehr überlegenswert. Ich denke, dass wir genau in dieser
Richtung weiterarbeiten müssen.

Meine Damen und Herren, im Rahmen der Außen-
und Sicherheitspolitik wird der Europäische Auswär-
tige Dienst in den nächsten Jahren eine große Rolle spie-
len. Die Außen- und Sicherheitspolitik bleibt zu weiten
Teilen eine Domäne der Mitgliedstaaten. Deswegen ist
es richtig, wenn die auswärtigen Dienste der Mitglied-
staaten in diesem Europäischen Auswärtigen Dienst
stark vertreten sind. Aber ich denke, dass dieser Europäi-
sche Auswärtige Dienst nur dann Sinn macht, wenn die
Synergieeffekte, die in einer gemeinsamen Arbeit auf
europäischer Ebene liegen, auch tatsächlich zum Tragen
kommen.


(Herbert Frankenhauser [CDU/CSU]: Das ist richtig!)


Es kann doch nicht sein, dass der Europäische Auswär-
tige Dienst auf die bestehenden nationalen Dienste ein-
fach obendraufgesattelt werden soll. Im Gegenteil: Da
besteht Potenzial für Personaleinsparungen auf europäi-
scher Ebene genauso wie auf nationaler Ebene. Ich rate
uns sehr, dieses Potenzial zu nutzen; denn sonst schaffen
wir Doppelstrukturen, die uns im Ergebnis nicht helfen,
sondern die Dinge eher komplizieren.

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(C (D Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit und freue ich, dass viele Kolleginnen und Kollegen nicht nur die ontinuität in der Außenpolitik betont haben, sondern uch die Bereitschaft zur Zusammenarbeit. Diese besteht uch auf unserer Seite. Herzlichen Dank. Das Wort hat nun Alexander Ulrich für die Fraktion ie Linke. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! err Außenminister, Sie haben heute sehr viel über eine erteorientierte Außenpolitik geredet. Letzte Woche onnte ich Sie nach Japan und China begleiten; es war ine sehr interessante Reise. Aber angesichts dessen, ass wir in dieser Woche auch über Werte in der deutchen Politik reden, sollten Sie sich natürlich ein bisshen daraufhin überprüfen lassen, dass Politik in eutschland nicht käuflich wird. (Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Das musste ja mal wieder gesagt werden!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1701507700

(Beifall bei der LINKEN)

Alexander Ulrich (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701507800

enn dann könnte man auch im Ausland noch stärker für
ine Werteorientierung werben. Ganz nebenbei, die FDP
önnte einen guten Zug machen – dann wäre die Werte-
rientierung wieder vorhanden –: Um von diesem
chlechten Beigeschmack wegzukommen, sollte sie die
pende in Höhe von 1,1 Millionen Euro an die FDP
ach Haiti weiterleiten.


(Beifall bei der LINKEN – Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Wir hätten gern die SED-Milliarden gesehen!)


Bei den Haushaltsberatungen im letzten Jahr befan-
en wir uns noch mitten in der Krise. Milliarden von
teuergeldern wurden zur Rettung von Banken ausgege-
en. Heute, ein Jahr später, ist die Krise noch lange nicht
orbei. Aber die Banken zocken schon wieder, als wäre
ichts passiert.

Was tun die Bundesregierung und die EU-Kommis-
ion, um diese hochriskanten und teilweise kriminellen
inanzgeschäfte zu unterbinden? Eigentlich nichts. Ein
erbot von Hedgefonds wie vor 2005 – Fehlanzeige.
anktionen gegen Steueroasen – Fehlanzeige. Ein
wang zur stärkeren Unterlegung von riskanten Invest-
ents mit Eigenkapital – Fehlanzeige. Eine Rückkehr

ur gesetzlichen Rente – Fehlanzeige. Auch bei der Fi-
anztransaktionsteuer versteckt sich die Regierung hin-
r dem Abwarten auf den IWF-Bericht, anstatt sich klar
r eine europaweite Einführung dieser Steuer auszu-

prechen.


(Dr. h. c. Jürgen Koppelin [FDP]: Haben Sie das falsche Redekonzept?)







(A) )



(B) )


Alexander Ulrich
Warum tut die Regierung angesichts der schwersten
Wirtschafts- und Finanzkrise seit den 30er-Jahren nichts
gegen kriminelle Finanzgeschäfte?


(Hellmut Königshaus [FDP]: Wir sind hier in der Außenpolitik!)


Nun, dafür gibt es zwei Erklärungen: Die Regierung
glaubt, die Finanzmärkte funktionieren; man müsse sie
nur besser beaufsichtigen. Stellen Sie sich vor: Eine
Bank öffnete nachts die Türen und den Tresor, aber in-
stallierte mehr Kameras in der Hoffnung, so Bankräuber
abzuhalten. So viel Naivität möchte selbst ich der Regie-
rung nicht unterstellen.

Oder die Regierung dient nicht der Bevölkerungs-
mehrheit, sondern Herrn Ackermann und seinen Freun-
den.


(Zuruf von der FDP: Zum Thema!)


Entscheiden Sie selbst!


(Beifall bei der LINKEN)


Die neue europäische Aufsicht wird kleinteilig und
damit machtlos. Es gibt eine für Wertpapiere und eine
für Versicherungen. Die EZB hat im Rat für Systemrisi-
ken den Hut auf. Dies alles findet natürlich hinter ver-
schlossenen Türen statt. Kein Parlamentarier, kein Bür-
ger wird erfahren, welche Risiken in der Wirtschaft
existieren und warum. Dabei geht es doch angeblich um
mehr Transparenz und das Wohl der Allgemeinheit.
Wann immer es an der Börse kracht, wird die EZB nicht
die Spekulanten an die Leine nehmen, sondern die Zin-
sen hochsetzen. Damit beendet man aber keine Spekula-
tion auf einzelnen Märkten, sondern würgt die komplette
Wirtschaft ab.

Verstehen Sie mich nicht falsch: Auch die regierungs-
nahe Aufsicht etwa der BaFin hat nicht funktioniert;
denn es fehlte erstens an Regeln, zweitens an Mitteln
und drittens am Willen. Finanzaufseher waren in
Deutschland so etwas wie Bankangestellte, sie waren
schlecht informiert und hatten nichts zu melden. Diese
Probleme werden nun aber nicht gelöst, sondern ver-
schleppt.

Das Gleiche gilt für die allgemeine Koordinierung
der Wirtschaftspolitik in der EU. Die bisherige Koor-
dination ging schief und die Antwort ist: mehr von den
alten falschen Rezepten. Mit der Lissabon-Strategie
sollte die EU bis 2010 zum wettbewerbsfähigsten Wirt-
schaftsraum der Welt werden, mit mehr und besseren Ar-
beitsplätzen und einem größeren sozialen Zusammen-
halt.

Diese Strategie ist grandios gescheitert. Wir befinden
uns im Jahr 2010, Herr Westerwelle, aber wir sind nicht
der wettbewerbsfähigste Wirtschaftsraum der Welt, und
wir haben auch nicht mehr Arbeitsplätze, sondern weni-
ger, bessere schon gar nicht. Wir haben im Jahr 2010
keinen größeren sozialen Zusammenhalt, sondern mehr
Armut und mehr soziale Ausgrenzung.


(Dr. h. c. Jürgen Koppelin [FDP]: Sie haben das falsche Manuskript!)


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(C (D azu hat in Deutschland ganz wesentlich die Umsetzung er Agenda 2010 beigetragen. Hartz IV, der Kern dieser genda, hat die Umverteilung von unten nach oben mas iv verstärkt, eine Politik, die die jetzige Bundesregieng nahtlos fortsetzt. (Dr. Andreas Schockenhoff [CDU/CSU]: Bei welchem Einzelplan sind wir gerade?)


Scheinbar kapieren Sie nicht, dass Europapolitik im-
er auch Innenpolitik ist. Das müssen wir auch der FDP

ndlich beibringen.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Lissabon-Strategie ist grandios gescheitert. Was
assiert? Denkt man darüber nach, was an der alten Stra-
gie falsch war? Denkt man darüber nach, ob Wettbe-
erbsfähigkeit alleine wirklich ein sinnvolles Ziel ist?
enkt man darüber nach, ob die Instrumente vielleicht

infach nicht geeignet waren? Die Antwort ist Nein. Die
ffentliche Konsultation der Kommission dauerte nicht
inmal acht Wochen, und auch die bisherigen Entwürfe
er neuen Agenda 2020 lassen nichts Gutes erwarten.

Es muss endlich Schluss sein mit der Politik der Dere-
ulierung, Flexibilisierung und Privatisierung. In der EU
uss endlich wieder der Mensch in den Mittelpunkt ge-

tellt werden und nicht die Rendite.


(Beifall bei der LINKEN)


s reicht nicht, wenn man dieses Jahr zum „Europäi-
chen Jahr gegen Armut und soziale Ausgrenzung“ aus-
ft. Herr Westerwelle, Sie haben sehr wenig zum
hema Europa gesagt. Sie haben auch wenig über dieses
Europäische Jahr gegen Armut und soziale Ausgren-
ung“ gesagt. Das passt auch; denn Armut und der
ampf gegen Armut ist kein Thema für die FDP.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Wir brauchen keine Sonntagsreden, wir brauchen Ta-
n. Das heißt: Wir brauchen dringend die soziale Fort-

chrittsklausel. Binnenmarktfreiheiten dürfen die er-
ämpften sozialen Grund- und Arbeitnehmerrechte in
en Mitgliedstaaten nicht aushebeln. Gewerkschaften zu
chadenersatz zu verklagen, wenn sie gegen Lohndum-
ing kämpfen – wie bisher fast unbemerkt infolge des
aval-Urteils geschehen –, ist absolut inakzeptabel.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir, Die Linke, werden weiterhin für eine solidari-
che, friedliche und nachhaltige EU kämpfen. Dies ist
brigens nicht antieuropäisch, sondern zutiefst euro-
äisch; denn wenn die Interessen der Arbeitnehmerinnen
nd Arbeitnehmer, der Bürgerinnen und Bürger nicht
ndlich ernst genommen werden, dann wird die europäi-
che Idee scheitern.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. h. c. Jürgen Koppelin [FDP]: Sie wollen nur mit Sahra Wagenknecht Hummer essen!)







(A) )



(B) )


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1701507900

Das Wort hat nun Gunther Krichbaum, CDU/CSU-

Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Gunther Krichbaum (CDU):
Rede ID: ID1701508000

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Herr Ulrich, ich bin Ihren Ausführungen gefolgt.


(Dr. h. c. Jürgen Koppelin [FDP]: Das war falsch!)


Es stellt sich die Frage, ob Sie im richtigen Film sind.


(Jan van Aken [DIE LINKE]: Sie haben es nicht verstanden!)


Wenn es eine Errungenschaft in Europa gibt, dann ist
es die des Friedens, aber auch der Freiheit. Erst in die-
sem Rahmen hat sich der wirtschaftliche und damit auch
der soziale Wohlstand entwickelt. Ohne den wirtschaftli-
chen Erfolg wären soziale Wohltaten gar nicht möglich.
Wie sehr sich dieses Europa zu einem sozialen Europa
wandelt, erkennen Sie, wenn Sie das Programm der spa-
nischen Präsidentschaft durchlesen.

Herr Außenminister Westerwelle, Sie haben zu Be-
ginn Ihrer Ausführungen darauf hingewiesen, dass
Europa mit dem Vertrag von Lissabon seine Handlungs-
fähigkeit zurückgewinnt. Nach den Turbulenzen der
letzten Tage kann man festhalten, dass auch die Kom-
mission handlungsfähig wird. Die Anhörungen neigen
sich dem Ende zu. Nebenbei ist zu bemerken, dass vor
allem der designierte deutsche Kommissar, Ministerprä-
sident Günther Oettinger, diese Anhörung mit Bravour
gemeistert hat.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das gibt auch zu erkennen, dass er die Aufgabe als deut-
scher Kommissar hervorragend ausfüllen und damit
auch ein Schwergewicht in der Kommission darstellen
wird, woran wir ein Interesse haben dürften. Lassen Sie
mich das an dieser Stelle erwähnen.

Ich erwähne es auch deswegen, weil Frau Kollegin
Schwall-Düren in ihrer Rede auf die Idee zu sprechen
kam, eigene Einnahmequellen für die EU zu schaffen.
Der designierte Haushaltskommissar, Herr Janusz
Lewandowski, wurde genau danach gefragt und hat die
EU-Steuer ins Spiel gebracht. Dieses Thema wird an Be-
deutung gewinnen, weil die neue Kommission die
Finanzielle Vorausschau für die Jahre 2014 bis 2020 vor-
legen wird. Ich kann Ihnen an dieser Stelle nur sagen:
Die Union und die FDP werden sich strikt dagegen wen-
den, dass die EU eine eigene Steuer einführt, weil das
nicht dazu geeignet ist, die Steuerlast der Bürger zu sen-
ken. Ganz im Gegenteil: Wer die Büchse der Pandora
aufmacht, der wird den Geist nicht zurückdrängen kön-
nen. Deswegen sage ich: Nein, das ist mit Deutschland
nicht zu machen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Ich darf noch einige Ausführungen zu den bevorsteenden bzw. gerade stattfindenden Beitrittsverhandngen machen, weil sie Auswirkungen auf unseren aushalt und den der Europäischen Union haben werden nd weil sie in anderen Reden angesprochen worden ind: Stichwort Kroatien: Ich glaube, dass Kroatien mittrweile auf einem guten Weg ist. Ob wir allerdings das visierte Beitrittsjahr 2011 halten können, das muss eher ezweifelt werden; denn das eigentlich schwierige Kapil „Justiz und Grundrechte“ steht noch zur Eröffnung n. Wir wissen, dass sich gegenwärtig andere Mitgliedtaaten dagegen wenden, dieses Kapitel schon jetzt aufumachen. Wir sind auf einem guten Weg, was die ichterausbildung angeht, und es gibt erfreuliche Fort chritte im Bereich Korruptionsbekämpfung. Aber man uss diesen Dingen mit Realismus begegnen. Deswegen ird ein Beitritt vor 2012 kaum machbar sein. Thema Island: Vielleicht sollte man auch gegenüber nseren isländischen Freunden bei allem Wohlwollen eutlich sagen – immerhin sind 75 Prozent des Gemeinchaftsrechts übernommen und gehört Island bereits zum WR und zum Schengen-Raum –, dass wir nach den ahren Motiven für einen Beitritt fragen müssen. Allein in Blick auf den Kontoauszug ist als Grund zu wenig. ir müssen nach den wahren Motiven fragen. Es wäre enig gewonnen, wenn Island eines Tages der Europäi chen Union beitritt, sich aber dann herauskristallisiert, ass die Liebe der Bürger zu Europa sehr schnell abühlt. Ich glaube, damit wäre wenig geholfen. Es ist uch eine Integrationswilligkeit des Staates vonnöten. Ein Wort zum Thema Türkei: Wir haben eine glaslare Regelung im Koalitionsvertrag, nämlich dass die erhandlungen ergebnisoffen geführt werden. Ich habe ie viele andere natürlich auch die Zeitung gelesen. An er einen oder anderen Stelle war auch ich verwundert; enn Außenminister Westerwelle hat in der Türkei gar ichts anderes gesagt, als dass dieser Prozess ergebnisofn ist; und das ist gut so. Wir sollten nicht so tun, als tünde das Ergebnis schon fest. (Dr. Angelica Schwall-Düren [SPD]: Aber Ihre Leute sagen doch immer etwas anderes, Herr Krichbaum!)


Nein, das ist ein Prozess, und es ist gut, dass das ein
rozess ist. Wenn das Ende schon feststünde, wo be-
tünde denn dann noch die Möglichkeit, durch Reformen
uf das Land einzuwirken? Deswegen macht es wenig
inn, das ständig infrage zu stellen.

Ich glaube, es ist gut – das kann man festhalten –,
ass sich die Türkei in vielen Bereichen auf die Europäi-
che Union zubewegt hat. Es gibt Bewegungen in der
urden-Frage, auch in der Armenien-Frage. Auf der an-
eren Seite muss man aber auch sagen, dass im Fall Tür-
ei noch vieles zu tun bleibt. Das betrifft zum einen na-
rlich die Frage der religiösen Minderheiten. Wir

rwarten eine Toleranz gegenüber den christlichen Kir-
hen. Zudem sind die Einschränkungen bei der Presse-
eiheit nicht tolerabel, nicht hinnehmbar.






(A) )



(B) )


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1701508100

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Montag?


Gunther Krichbaum (CDU):
Rede ID: ID1701508200

Ich gestatte die Zwischenfrage.


Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701508300

Ich danke Ihnen, Herr Kollege Krichbaum. Sie waren

in Ihrer Rede schon ein wenig weiter, aber ich konnte
mich nicht rechtzeitig beim Präsidium bemerkbar ma-
chen.

Ich will Sie etwas zu Ihren Ausführungen zur Türkei
fragen. Sie betonen, wie glasklar die Koalitionsvereinba-
rung sei, und dass darin stehe, dass die Verhandlungen
mit der Türkei ergebnisoffen geführt werden. Das ist
eine schiere Selbstverständlichkeit für alle Beitrittsver-
handlungen.


(Hellmut Königshaus [FDP]: Was ist die Frage?)


Es ist doch völlig klar, dass Verhandlungen begonnen
werden, egal wer den Beitritt wünscht, dass zum
Schluss, wenn sie beendet werden, das Ergebnis bewer-
tet und danach entschieden wird, ob die Kriterien erfüllt
sind oder nicht.

Verstehen Sie, dass viele Menschen sich fragen, wa-
rum das bei der Türkei immer so betont wird? Der Sub-
text ist doch das Problem. Verstehen Sie, dass sich viele
denken, dass etwas dahinterstecken muss? Mich würde
interessieren, was dahintersteckt, dass Sie das bei der
Türkei immer wieder so betonen.


Gunther Krichbaum (CDU):
Rede ID: ID1701508400

Herr Kollege Montag, es geht weniger um den Sub-

text als um den Kontext.


(Beifall des Abg. Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


Aufgrund der Erfahrungen aus den bisherigen Beitritts-
verhandlungen mit anderen Staaten muss man der Ehr-
lichkeit halber sagen, dass am Schluss der Verhandlun-
gen der politische Discount eine maßgebliche Rolle
gespielt hat. Wir wissen und freuen uns darüber, dass
heute auch Länder wie Bulgarien und Rumänien Mit-
gliedstaaten der Europäischen Union sind.


(Ute Kumpf [SPD]: Was ist das mit Discount?)


Es trägt auch in erheblichem Maß zur Stabilisierung ei-
ner ganzen Region bei. Deswegen sei, weil es in Zweifel
gezogen wurde, hier an dieser Stelle erwähnt, dass natür-
lich auch die Länder des westlichen Balkans eine Bei-
trittsperspektive zur Europäischen Union haben, allen
voran Serbien, und wir das unterstützen. Denn es geht
um die Stabilität.

Aber dieser politische Discount ist in Zukunft so nicht
mehr möglich. Wir haben es im Falle der Türkei immer-
hin mit einer Bevölkerung von 70 Millionen Menschen
zu tun. Die Demografie ist anders als bei uns; die Bevöl-
kerungszahl ist eher im Steigen begriffen. Deswegen ist

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(C (D s, um hier keine Illusionen aufkommen zu lassen, beonders wichtig, dass man sich ehrlich in die Augen ieht und seitens der Europäischen Union glasklare Erartungen formuliert. Die Türkei sollte aber auch wis en, worauf sie sich einlässt, zum Beispiel auf die Verflichtung, das Ankara-Protokoll zu implementieren. leichzeitig sollte man aber auch unseren zypriotischen reunden sagen, dass sie sich nicht mit aller Gelasseneit im Stuhl zurücklehnen können. Denn beide müssen ufeinander zugehen. Sonst wird sich in dieser Frage ichts bewegen. (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber es gibt keine Verpflichtung, nicht mehr zu wachsen?)


Entschuldigung, ich habe das akustisch nicht verstan-
en.


(Dr. h. c. Jürgen Koppelin [FDP]: War nicht notwendig! – Dr. Rainer Stinner [FDP]: Das war ein Scherz!)


Gut.

Eine weitere Verpflichtung der Türkei ist, die Presse-
eiheit zu respektieren. Ohne Pressefreiheit gibt es

eine Demokratie.


(Dr. h. c. Jürgen Koppelin [FDP]: So ist das!)


ie jüngsten Verschärfungen des Steuerstrafverfahrens
egen die Dogan-Gruppe lassen ernste Besorgnis auf-
ommen. Die Kommission hat dies im jüngsten Fort-
chrittsbericht thematisiert. Wir müssen ohne Schaum
or dem Mund darauf hinweisen, welche Erwartungen
ir an die Türkei haben. Die Respektierung der Presse-
eiheit gehört dazu. Es wäre ein verheerendes Signal für
otenzielle Investoren, die davon abgeschreckt werden,
der Türkei Investitionen vorzunehmen, wenn derart
illkürlich mit Steuerstrafverfahren agiert wird, um ein
edienunternehmen mit regierungskritischen Presse-

rganen letztlich mundtot zu machen. Das kann so nicht
Raum stehen bleiben und muss auch hier im Deut-

chen Bundestag für Widerstand sorgen.

Lassen Sie mich noch ein Wort zu unserem südlichen
itgliedstaat, zu Griechenland sagen. In der Tat – Kol-
ge Montag, ich gebe Ihnen an der Stelle recht – kon-

entrieren wir unsere Betrachtungen sehr häufig auf die
hematik der Türkei, ohne Griechenland in den Fokus
u nehmen. Das ist inakzeptabel, gerade wenn man auf
ie Stabilitätskriterien achtet.


(Dr. Rainer Stinner [FDP]: Sehr richtig!)


egenwärtig gibt es dort eine Staatsverschuldung, die
ei 125 Prozent liegt, und ein Defizit von 13 Prozent der
irtschaftleistung. Der Umstand, dass immer wieder ge-
lschte Zahlen an Brüssel weitergegeben werden, ist be-

orgniserregend. Das ist nicht akzeptabel.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Ich nähre nicht die Diskussion über den Ausschluss
on Mitgliedern aus der Euro-Gruppe, weil dies auch
chtlich zumindest fragwürdig, wenn nicht vielleicht






(A) )



(B) )


Gunther Krichbaum
sogar unmöglich wäre. Diese Diskussion sollte schnell
beendet werden. Gleichsam muss man aber darauf hin-
weisen: Wer Zahlen fälscht, begeht Betrug an den Bür-
gern der Europäischen Union. Wir haben nur diesen ei-
nen Euro, und dieser Euro hat gerade jetzt, in der Finanz-
und Wirtschaftskrise, eine sehr stabilisierende Wirkung.
Es ist wichtig, dass an dieser Stabilität nicht gerüttelt
wird. Griechenland muss interne Reformen durchführen,
die sicherlich schmerzlich sein werden.

Wenn ich manche Meldungen vom heutigen Tage,
beispielsweise in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung,
lese, muss ich sagen: Das kann so nicht weitergehen. Es
kann keine Lösung sein, bei der Statistikführungspflicht
einseitig Kompetenzen an Brüssel abzugeben; dagegen
wehren sich auch andere Mitgliedstaaten zu Recht. Da-
rüber müssen wir mit unseren griechischen Freunden
noch ein ernstes Wort reden.

Zum westlichen Balkan habe ich bereits Ausführun-
gen gemacht. Ich glaube, dass gerade wir, der Deutsche
Bundestag, in Anbetracht des Vertrages von Lissabon
und der Begleitgesetzgebung eine besondere Verantwor-
tung haben, diese Prozesse in der Zukunft aktiver zu be-
gleiten.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1701508500

Das Wort hat nun Manuel Sarrazin für das Bünd-

nis 90/Die Grünen.


Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701508600

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich

möchte den Ball, den die Kollegen Schockenhoff und
Silberhorn von der CDU/CSU in ihren Ausführungen
gespielt haben, aufnehmen.


(Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Das heißt eigentlich „den Ball im Spiel halten“!)


Wenn wir die Aussage, dass wir in einer neuen Zeit
leben, wirklich ernst nehmen, dann, so glaube ich, müs-
sen wir auch bereit sein, mit neuen Antworten in diese
Zeit zu gehen, uns neue Antworten zu überlegen. Die
Beiträge, die Roman Herzog zum europäischen Integra-
tionsprozess geleistet hat, sind unbestritten; er ist einer
der Väter der Europäischen Menschenrechtscharta. Aber
die Beiträge, die er zuletzt in der Auseinandersetzung
um die Frage: „Wie sollte das Verhältnis zwischen
EuGH und Bundesverfassungsgericht ausgestaltet sein?“
geleistet hat – Herr Schockenhoff, Sie haben ihn
zitiert –, habe ich nicht als Beiträge empfunden, die uns
weiterbringen, wenn wir über die Zukunft des neuen Eu-
ropas reden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Vielleicht kann man hier ansetzen: Wenn wir sagen,
dass uns der Vertrag von Lissabon und die Begleitgesetz-
gebung in eine neue Zeit geführt haben, dann sollten wir
von zwei grundlegenden Erkenntnissen unserer Politik
ausgehen.

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(C (D Erstens. Wir brauchen in der Europapolitik eine neue hrlichkeit, eine Ehrlichkeit, die sich sowohl auf die iele und Vorhaben der Europäischen Union bezieht hierzu hat uns das Bundesverfassungsgericht mit seien Sätzen zu Art. 146 des Grundgesetzes etwas ins tammbuch geschrieben – als auch – das richtet sich an ie Regierungsbank – deutlich machen muss: Wenn etas hierzulande nicht durchsetzbar ist, ganz egal von elcher Couleur, gehört es sich nicht, es heimlich und hne dass Politik und Bevölkerung es bemerken, über rüssel durchzusetzen. Wir müssen eine neue Kultur der eutschen Europapolitik etablieren, die deutlich macht: uropapolitik muss in allem, was wir tun, streitbar und achvollziehbar sein. Zweitens ist aus meiner Sicht wichtig, dass uns der ertrag von Lissabon vor neue Herausforderungen tellt, die bewältigt werden müssen. Ganz bewusst nenne h zuallererst die Frage: Wie ist das Verhältnis der Bürerinnen und Bürger als Staatsbürger der Europäischen nion zur EU? Ich glaube, wir alle in diesem Haus, die ir in der Vergangenheit immer gesagt haben, dass der ertrag von Lissabon das wichtigste Instrument ist, um ieses Verhältnis zu verbessern, müssen jetzt die Antort auf die Frage geben, wie wir mit dem Vertrag von issabon auch die politische Kultur so verändern könen, dass die Tendenz der Abneigung gegenüber Europa nd des Desinteresses an Europa umgekehrt wird. Für ie Bundesregierung wird es deswegen wichtig sein, ich für eine bürgerfreundliche Ausgestaltung der euroäischen Bürgerinitiative zu engagieren. Kollege Silberhorn, grundsätzlich stimmen wir beim hema Subsidiarität absolut darin überein, dass wir unere Kritik nicht immer nur an die bösen Bürokraten der uropäischen Kommission adressieren dürfen, ohne uch das Handeln unserer eigenen Bundesregierung in en Blick zu nehmen. So fallen mir beim Thema „Öfntlicher Personennahverkehr und Kommunen“ einige eispiele ein, die deutlich machen, dass das eigentliche roblem Änderungen von Straßenverkehrsvorschriften urch das Bundesverkehrsministerium sind, dass die ntstehung dieses Problems am Ende aber häufig der uropäischen Kommission zugeschrieben wird. Der zweite Themenbereich, der aus meiner Sicht von ntscheidender Bedeutung ist, wenn man über die neue eit, die Zeit nach dem Inkrafttreten des Vertrages von issabon, redet, ist das Versprechen, das den Bürgerinen und Bürgern mit dem Vertrag gemacht wurde: nämch dass die EU ein sozialeres Gesicht bekommt. Dieses ersprechen ist in dem Vertrag enthalten. Dieses Verprechen müssen wir einlösen. Wir werden es nicht einsen können, wenn wir, wie Sie es in Ihrem Koalitions ertrag gemacht haben, in eine nationalstaatsbezogene ozialstaatsdenke zurückfallen. Wir müssen versuchen, en Menschen zu zeigen: Ein Europa, das die Grenzen r die Wirtschaft öffnet, muss auch die Grenzen für enschen öffnen, die zum Beispiel Sozialleistungen in nspruch nehmen wollen, oder für Menschen, die möch Manuel Sarrazin ten, dass ihre Rechte als Arbeitnehmer von der EU geschützt werden. Genauso darf die Bundesregierung in der Frage der finanziellen Vorausschau nicht zum Neinsager werden. Die Äußerung, Sie lehnen es grundsätzlich ab, der EU einen Anteil an nationalen Steuern zuzubilligen, habe ich mit Interesse zur Kenntnis genommen. Schließlich bekommt die EU seit über 20 Jahren einen geregelten Anteil an den Einnahmen aus der Mehrwertsteuer. Ich weiß nicht, ob Sie die 15 Prozent des Gesamtbudgets der EU, die durch Einnahmen aus der Mehrwertsteuer erzielt werden, mit Ihrer Äußerung infrage stellen wollen oder ob ich das vielleicht falsch gelesen habe. Wichtig ist: Sie sind gefordert, mit Ideen für diese neue Zeit voranzugehen. Wie Frau Schwall-Düren sage ich: Was Sie in Polen gesagt haben, ist auch meine Meinung. Wir müssen aber auch bei harten Themen wie der europäischen Innenpolitik mit Ideen vorangehen und unseren Beitrag dazu leisten. Das gilt für den Schutz der Bürgerrechte – Stockholmer Programm –, das gilt für die neuen Möglichkeiten, die der Vertrag von Lissabon für die Justizund Innenpolitik bietet, das gilt für eine verantwortungsvolle Gestaltung der Erweiterung, das gilt für die Überlegung, den EAD mit einem europäischen Korpsgeist stark aufzustellen, das gilt für den Klimaschutz und für die Nachhaltigkeit. Der langen Rede kurzer Sinn: Wir warten darauf, dass Sie Parolen wie die von der Bürokratie in Brüssel unterlassen, dass Sie ein soziales Europa nicht länger als Unding hinstellen und dass Sie das Mantra, dass der EUHaushalt bei gut 1 Prozent des Bruttonationaleinkommens der Mitgliedstaaten gedeckelt werden muss, ablegen. Wir erwarten, dass Sie sich auf den Weg machen, uns mit interessanten, konstruktiven, neuen proeuropäischen Ideen zum Nachdenken zu bringen, wie wir die neue Zeit bewältigen können. Wenn diese Ideen interessant, gut und proeuropäisch sind, haben Sie uns auf Ihrer Seite. Wenn nicht, dann nicht. Danke. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)





(A) )


(B) )



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701508700

Die nächste Rednerin ist Katrin Werner für die Frak-

tion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Katrin Werner (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701508800

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen

und Herren! Die schwarz-gelbe Bundesregierung singt
in ihrem Koalitionsvertrag das Hohelied der Menschen-
rechte. Ihr Haushaltsentwurf spricht eine andere Spra-
che: Ausgerechnet bei den Menschenrechten kürzt sie
die ohnehin nicht üppigen Mittel von rund 22 Millionen
Euro auf nur noch 19 Millionen Euro – so viel, wie die
Bundesregierung für gerade einmal zehn Tage Krieg in
Afghanistan ausgibt. Das ist ein Skandal.

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(C (D ür ziviles Krisenmanagement der Vereinten Nationen nd die OSZE will sie sogar überhaupt nichts mehr auseben. Das spricht Bände. (Hellmut Königshaus [FDP]: Sie können die Haushaltspläne nicht lesen!)


(Beifall bei der LINKEN)


Dieser stiefmütterliche Umgang mit den Menschen-
chten ist nicht wirklich neu. Er zeigt sich nicht zuletzt
unserem eigenen Land: Die Bundesregierung lässt
inderjährige Roma-Flüchtlinge in den Kosovo abschie-

en, trotz der erschreckenden Verhältnisse dort. Sie
ollte sich Art. 1 des Grundgesetzes in Erinnerung rufen,
dem steht:

Die Würde des Menschen ist unantastbar.

lüchtlinge besitzen dieselben Menschenrechte; denn
ein Mensch ist illegal.


(Beifall bei der LINKEN)


Kaum besser ist es hierzulande um die sozialen Men-
chenrechte bestellt. Vielen Kindern bleibt seit der Ein-
hrung von Hartz IV nichts anderes übrig, als in eine

uppenküche zu gehen, wenn sie eine warme Mahlzeit
m Tag bekommen wollen. 2 Millionen Kinder leben in
rmut. Halten Sie dies für vereinbar mit Art. 25 der All-
emeinen Erklärung der Menschenrechte, dem Recht auf
inen gewissen Lebensstandard oder mit dem Grundge-
etz? Meine Damen und Herren, derartige Zustände in
uncto Menschenrechte sind für ein reiches Land wie die
undesrepublik Deutschland ein Armutszeugnis.


(Beifall bei der LINKEN)


Wer den Menschenrechten schon im eigenen Land so
enig Aufmerksamkeit schenkt, der wird auch im inter-
ationalen Maßstab hinterherhinken.

Die Herausforderungen sind riesig: Rund 1 Milliarde
enschen weltweit hungern. Circa 37 Millionen Men-

chen waren 2008 weltweit auf der Flucht. Ebenso ster-
en jährlich Millionen Menschen an eigentlich heilbaren
rankheiten. Die Pharmakonzerne stellen aus reinem
rofitinteresse lebenswichtige Medikamente nicht zu
ünstigeren Preisen zur Verfügung. Die Politik hat dies
leriert.

Die Linke sagt: Selbstverständlich müssen globale
erausforderungen auch durch die internationale Staa-
ngemeinschaft gemeistert werden. Fest steht jedoch,
ass die wohlhabenden Industrienationen, darunter auch
ie Bundesrepublik, hierzu einen größeren Beitrag leis-
n können und müssen.


(Beifall bei der LINKEN)


ieser Haushaltsentwurf der Bundesregierung wird dem
icht gerecht. Daher lehnt die Linke ihn ab.


(Beifall bei der LINKEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701508900

Frau Werner, das war Ihre erste Rede im Deutschen

undestag. Dazu gratuliere ich Ihnen im Namen des ge-
amten Hauses. Wir wünschen Ihnen viel Erfolg.


(Beifall)







(A) )



(B) )



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701509000
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
Zu diesem Geschäftsbereich liegen keine weiteren
Wortmeldungen vor.

Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundes-
ministeriums der Verteidigung, Einzelplan 14.

Ich gebe das Wort dem Bundesminister der Verteidi-
gung, Dr. Karl-Theodor zu Guttenberg.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg, Bun-
desminister der Verteidigung:

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und
Herren! Die Bundeswehr wird Tag für Tag mit vielfälti-
gen Erwartungen, aber auch mit einem sehr breiten Ein-
satzspektrum konfrontiert. Unsere Soldaten sind da,
wenn es bei Schnee und Eis zu größeren Katastrophen
kommt; gottlob sind wir heuer weitestgehend davon ver-
schont geblieben. Wir haben mit Blick auf Haiti unver-
züglich ein Angebot zur Unterstützung abgegeben. Un-
sere Soldaten sind da, wenn etwa, wie in Afghanistan,
nach Ausbildern gerufen wird.

An den Einsatz unserer Streitkräfte sind hohe Erwar-
tungen geknüpft, und der Einsatz ist gefährlich. Er ist ri-
sikobeladen, um etwas aufzugreifen, was heute Morgen
diskutiert wurde. Dies hat uns das Jahr 2009 auf
schmerzliche Weise gelehrt. Auch im vergangenen Jahr
hatten wir Gefallene und Verwundete zu beklagen. Das
ist die traurige Wahrheit. Gerade deshalb lasse ich es mir
nicht nehmen, diese Wahrheit offen anzusprechen.

Meine Damen und Herren, wir denken an ihre Fami-
lien, und wir ehren zu Recht unsere Soldaten. In diesem
Zusammenhang danke ich Franz Josef Jung von Herzen,
der für diese Ehrung Großes geleistet hat.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie des Abg. Rainer Arnold [SPD])


Wir brauchen gerade für die Ereignisse in den Ein-
satzgebieten, insbesondere für den in Afghanistan, eine
klare Sprache: eine Sprache, die die Menschen verste-
hen, und eine Sprache, die nicht allein taktisch geprägt
ist. Unsere Soldatinnen und Soldaten leisten ihren
Dienst. Sie erfüllen ihren gefährlichen, ja auch riskanten
Auftrag, und wir können uns auf sie verlassen. Das ist
ein leicht gesagtes Wort, aber trotzdem eines mit einer
tiefen Bedeutung.

Aber unsere Soldaten haben damit ein Anrecht darauf
erworben, dass sie sich auch auf uns verlassen können.
Dies muss miteinander in einem Wechselspiel stehen.
An dieser Stelle danke ich auch im Namen unserer Sol-
datinnen und Soldaten Ihnen, den Mitgliedern des Deut-
schen Bundestages, für Ihre große Unterstützung gerade
bei der Beschaffung des notwendigen Materials, insbe-
sondere geschützter Fahrzeuge, die zunehmend bedeut-
samer werden. Sie sind im wahrsten Sinne des Wortes
lebenswichtig, überlebenswichtig. Diesen Dank ver-
binde ich mit der Bitte, hierbei auch weiter auf Ihre Un-
terstützung zählen zu dürfen.

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(C (D Zur Verlässlichkeit gehört eine ausreichende Mittelusstattung. Gerade in der Haushaltsdebatte darf ich dieen Hinweis wagen. In diesem Jahr wollen wir für die undeswehr etwas über 31 Milliarden Euro ausgeben, in großer, ein hoher Betrag, aber gleichwohl gut invesertes Geld. Aufgabe politischer Führung ist es, durch en Einsatz dieser Mittel die Bundeswehr als Instrument nserer Sicherheitspolitik zu stärken. Auch hierfür eritte ich die Unterstützung des Deutschen Bundestages. In den vergangenen Wochen konnte ich ein facetteniches, ein sehr breites Bild von der Bundeswehr gewin en, von ihren Stärken, aber auch von Bereichen, in enen Nachsteuerungsbedarf besteht. Bei meinen esprächen und Besuchen habe ich viel von Herausforerungen und Handlungsfeldern gehört, von Optimiengspotenzial, von Effizienzsteigerung, von Entschei ungsbedarf, aber eben auch von Überbeanspruchung nd von Überforderung. Im Kern geht es um zwei prioritäre Aufgabenfelder, ie sehr eng miteinander verknüpft sind. Es sind dies um einen die Einsätze. Seit 1992 befindet sich die Buneswehr ununterbrochen im Auslandseinsatz. Zum anden ist es die konsequente Fortsetzung der Transformaon der Bundeswehr. Vergessen wir nicht: Mit unseren ntscheidungen sorgen wir dafür, dass Menschenleben eschützt und gerettet werden. Wir haben dafür zu soren, dass unsere Soldaten ihren Dienst wirksam so verehen können, dass ihr Leben im Einsatz möglichst weig gefährdet wird. Das ist unsere Aufgabe. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


In Afghanistan, wo derzeit rund 4 500 Frauen und
änner der Bundeswehr für unser Land in einer sehr

chwierigen Mission stehen, sehen wir gerade dies in be-
onderer Weise. Dort werden die drei zentralen Eigen-
chaften der Herausforderungen unserer Sicherheit von
eute deutlich: Das Erste ist das, was man mit Asymme-
ie umschreibt. Sie wird viel beschrieben, aber selten
orrekt. Das ist zum Zweiten die globale Natur der He-
usforderungen, die keinen Halt mehr vor Grenzen
acht, und zum Dritten die zwingende Notwendigkeit

ines umfassenden, ja, vernetzten Ansatzes aller Akteure
nd deren Mittel. Wie sehr wurde über Jahre über den
egriff „vernetzte Sicherheit“ gespottet, und wie wich-
g und wie bedeutsam ist gerade dieser Ansatz gewor-
en. Im Verständnis unserer Bündnispartner, aber auch
ieler anderer Partner auf dieser Erde hat er sich nieder-
eschlagen.

Auf der Afghanistan-Konferenz am Donnerstag der
ommenden Woche wollen wir die Strategie der interna-
onalen Gemeinschaft notwendigerweise gemeinsam
it unseren afghanischen Freunden anpassen. Im Mittel-

unkt der Diskussion stehen dabei die gemeinsamen
iele. In diesem Verständnis gilt es, mit der afghanischen
egierung die Anpassung an unsere gemeinsame Strate-
ie voranzubringen. Es versteht sich von selbst – das ge-
ört sich –, dass wir den Deutschen Bundestag mit den
egen und Mitteln des weiteren Engagements befassen.
h will noch einmal betonen – das habe ich in den ver-

angenen Wochen oft gesagt –: Wir dürfen uns nicht in






(A) )



(B) )


Bundesminister Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg Bundesminister Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg
einer intellektuell überschaubaren Diskussion, einer rei-
nen Truppenstellerdebatte, verlieren. Das würde den An-
forderungen nicht gerecht werden.

Zur Klarheit gehört ohnehin die Erkenntnis, dass
Soldaten allein den Frieden und die Sicherheit in Afgha-
nistan nicht wiederherstellen können. Der Schlüssel, ge-
rade im Bereich Sicherheit, liegt in der Ausbildung der
afghanischen Kräfte, der Armee, aber auch der Polizei,
die in den letzten Jahren stärker, wirksamer geworden
sind. Wir sind aber noch nicht an dem Ziel, das wir uns
vorstellen. Wir können dies nur gemeinsam auf einer
ressortübergreifenden Grundlage erreichen. Wir brau-
chen dafür klare Benchmarks, wie man das heute neu-
deutsch nennt. Wir brauchen aber auch klare Zeitlinien
und entsprechende Zeitfenster, um den Ausbildungser-
folg, aber auch den Aufbauerfolg messen zu können und
um daraus die notwendige Abzugsperspektive zu entwi-
ckeln. Wir wollen beim Thema Abzugsperspektive
nicht hinter anderen zurückstehen, die sich dazu bereits
geäußert haben.

Die afghanische Sicherheit braucht – das mag banal
klingen – ein afghanisches Gesicht. Wir würden einer Il-
lusion erliegen, wenn wir glaubten, dass die internatio-
nale Gemeinschaft das alleine erreichen kann. Dieses af-
ghanische Gesicht der Sicherheit muss klarer erkennbar
werden. Dem versuchen wir auch konzeptionell nachzu-
kommen. Gerade mit dem Konzept des sogenannten
Partnering wird bereits jetzt in Afghanistan mit unter-
schiedlicher Intensität dafür Sorge getragen, dass sich
die Voraussetzungen für die Sicherheit des Landes konti-
nuierlich fortentwickeln.

Kerngedanke ist, dass Ausbildung und Schutz zusam-
mengehören und untrennbar miteinander verbunden
sind. In dem Sinne heißt Partnering richtig verstanden
nicht entweder Sicherheit oder Ausbildung jeweils für
sich allein, sondern es bedeutet, dass beides einander be-
dingt und Teil eines Konzeptes sein soll und muss. Diese
Neuerung ist allerdings noch nicht überallhin durchge-
drungen. Es ist wichtig, dass wir offen darüber diskutie-
ren.

Afghanistan ist nur einer von gegenwärtig zehn Aus-
landseinsätzen. Auch darauf darf man immer wieder hin-
weisen. Die Bundeswehr ist heute ganz ohne Zweifel
eine Armee im Einsatz. Wir haben heute schon einmal
an dieser Stelle darüber gestritten, was das heißt. Ist das
etwas, was Routine werden darf? Mit Sicherheit nein.
Das soll und darf es nicht. Ist es aber Realität? Ja, und
dieser Realität haben wir uns zu stellen. Dafür haben wir
unsere Verpflichtungen zu erfüllen.

Wir stehen diesbezüglich auch zu unserer Verantwor-
tung, aber wir wollen keine Weltpolizei sein. Das könn-
ten wir auch nicht, weil es ebenso anmaßend wie uto-
pisch wäre.

Es bleibt sicherlich auch ein grundlegendes Dilemma
– diesen Ansatz sollten wir vielleicht noch etwas stärker
diskutieren –, dass wir, die Maßstäbe unseres Engage-
ments in Afghanistan zugrunde gelegt, uns leider nicht
in allen nahezu vergleichbaren Regionen dieser Erde en-
gagieren können. Das ist manchmal auch eine Gratwan-

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(C (D erung hin zum Zynismus. Diese Diskussion gilt es zu hren. Wir haben in diesem Hohen Haus oft von der Notendigkeit einer sehr breiten sicherheitspolitischen Deatte gesprochen und bisweilen beklagt, dass punktuelle reignisse zu überzogenen Reaktionen geführt haben ögen. Heute und im Zuge dieser Debatte bietet sich die hance zu einer vertieften Diskussion. Unsere Erfahrungen aus den internationalen Einsäten zeigen: Die Bundeswehr ist grundsätzlich leistungshig, jeder einzelne Soldat sicherlich auch. Von unseren nd 250 000 Soldatinnen und Soldaten sind gegenwär g rund 7 000 in den derzeit laufenden Einsätzen gebunen, darunter auch etwa 500 Reservisten. Hinzu ommen weitere 1 800 Soldaten, die wir für den kurzistigen Einsatz im Rahmen der NRF und der EUattle-Groups bereithalten. Diese Verpflichtungen steen im Hinblick auf Vorbereitung und Ausbildung einem insatz in nichts nach. Im internationalen Vergleich fällt dieser Anteil eher escheiden aus. Auch daran darf man gelegentlich erinern. Ihn zu vergrößern, heißt freilich nicht, die Bundesehr zu einer Interventionsarmee zu machen. Die Leisngsfähigkeit der Bundeswehr muss aber immer ieder aufs Neue bekräftigt und sichergestellt werden. uch das ist unser Auftrag. Aus dem, was wir heute „Denken vom Einsatz her“ ennen, gilt es dann auch die richtigen Konsequenzen zu iehen: für die Strukturen, die Fähigkeiten und am Ende uch für die konzeptionellen Grundlagen. Das ist eines er strategischen Ziele, an denen die Bundeswehr und siherlich auch die Bundesregierung sich werden messen ssen müssen. Mit den bisherigen Strukturen – das ist mein klarer efund – werden wir die Leistungsfähigkeit unserer undeswehr auf Dauer schwerlich sicherstellen können. ie Frauen und Männer unserer Bundeswehr können die orhandenen Schwächen zwar kompensieren, aber sie ollten es nicht müssen. Das erfährt man immer wieder besonderer Weise aus den Gesprächen mit den Soldannen und Soldaten und aus ihren Rückmeldungen. Deshalb müssen wir uns fragen: Haben wir die richtien Schlüsse aus diesen Entwicklungen gezogen? Wisen wir, worauf wir uns einstellen müssen? Sind wir auf ie schon genannten Herausforderungen richtig und umssend vorbereitet? Wir brauchen Strukturen, Prozesse und Verfahren, die em Ja zum Einsatz, dem Kontinuum des Einsatzes echnung tragen: von der Krisenfrüherkennung über die lanung, Mandatierung und Vorbereitung sowie die Fühng und Durchführung bis hin zur – was gelegentlich nterschätzt wird – Nachbereitung eines Einsatzes. Auch as wird in Afghanistan sicherlich noch eine gewichtige olle spielen müssen. Wir stehen diesbezüglich vor ereblichen Aufgaben. Ich habe deshalb mein Haus beauftragt, in einer schoungslosen Analyse auch die bestehenden Defizite zu Bundesminister Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg Bundesminister Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg benennen und Vorschläge zu erarbeiten. Dabei wird es keine Tabus geben dürfen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wann passiert denn etwas, Herr Guttenberg?)





(A) )


(B) )


Ich will in diesem Kontext letztlich nichts Geringeres,
als dass die Bundeswehr für eine stets erneuerte Kultur
der Offenheit und des Vertrauens steht. Wir brauchen
auch unkonventionelle Lösungen. Deshalb wird sich un-
mittelbar nach Vorliegen der Analyse eine Kommission
mit den Defiziten befassen, eine Kommission, die politi-
sche, militärische, administrative, wirtschaftliche und
rechtliche Expertise in sich vereinen wird.


(Ute Kumpf [SPD]: Wenn man nicht mehr weiter weiß, gründet man einen Arbeitskreis!)


Ihr Kernauftrag wird darin bestehen, zügig Vorschläge
zu einer effizienten und einsatzorientierten Spitzen-
struktur des Bundesministeriums der Verteidigung und
der Bundeswehr zu erarbeiten. Zur Überprüfung der
Strukturen durch die Kommission wird auch gehören,
sich Gedanken über die Rolle, die Funktion und auch
die Kompetenzen herausgehobener Spitzenpositionen zu
machen. Dazu gehört nicht nur der militärische, sondern
gerade auch der zivile Bereich. Der Einsatz ist Richt-
schnur, wenn wir dann Kompetenzen ressourcensparend
zusammenfassen, überlappende Zuständigkeiten beseiti-
gen und unnötige Redundanzen abbauen wollen.

Seit ihrer Gründung im Jahr 1955 hat sich die Bun-
deswehr oft solchen Anpassungsprozessen stellen müs-
sen. Dieser Transformationsprozess, der begonnen hat,
wird uns sehr fordern. Die bestehenden Strukturen sollen
Gegenstand der Betrachtung und nicht Grundlage sein.
Dabei wird auch das ambitionierte Ziel der Verkürzung
des Grundwehrdienstes auf sechs Monate eine gewich-
tige Rolle spielen. Wir müssen es schaffen, dass ein Ge-
fühl der Gerechtigkeit des Dienens entsteht und herrscht
und dass jeder einzelne Grundwehrdienstleistende das
Gefühl hat, gebraucht zu werden. Das muss weiterhin
der Maßstab sein, wenn wir dieses Ziel erreichen wollen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ich sehe der Debatte darüber und den Ergebnissen dieser
Debatte mit einer gewissen Spannung entgegen, insbe-
sondere weil ich alle Fraktionen des Bundestages an die-
ser Debatte beteiligen will. Ich bin sehr gespannt, welche
Vorschläge gemacht werden.

Die Bundeswehr muss ein attraktiver Arbeitsplatz
bleiben. Das hängt auch davon ab, inwieweit wir die
Vereinbarkeit von Familie und Dienst ermöglichen,
Handlungsfelder identifizieren und entsprechend han-
deln. Das reicht von Kinderbetreuungsmöglichkeiten bis
hin zu einem flexibleren Laufbahnrecht. Das sind ehr-
geizige und schwierig zu erreichende Ziele. Aber sie
sind richtig und wichtig.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Ich darf mit Blick auf unseren Haushalt einen anderen unkt nennen, der mir wichtig ist. Einsatzfähigkeit heißt uch, über modernes und leistungsfähiges Gerät zu vergen. Wir sind hier noch lange nicht am Ziel und haben inen teilweise harten und steinigen Weg zu gehen. Die inführung einiger Systeme wird nur mit einem enoren Kraftakt möglich sein. In vielen Bereichen haben ir noch Defizite zu verzeichnen. Die Gründe sind viel eitig; das ist bekannt. Ich hoffe und baue hier auf große emeinsamkeit und einen klaren Austausch über die inge. Nicht alles, was man vorfindet, ist erfreulich, um Beispiel wenn Vertragsstrukturen offenbar nicht die eltungskraft entfalten, die sie sollten. Hier ist das Mit inander von Regierung und Parlament von größter Beeutung. Insgesamt geht es um nichts Geringeres als um die ukunft der Bundeswehr; das wurde wahrscheinlich chon oft gesagt. Es geht damit auch um unsere Zukunft nd darum, dass unsere Kinder in Zukunft weiterhin in rieden und Freiheit leben können. Herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Rhetorisch brillant, inhaltlich dünn! Was hat er denn jetzt gesagt?)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701509100

Für die SPD-Fraktion hat der Kollege Dr. Hans-Peter

artels das Wort.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Hans-Peter Bartels (SPD):
Rede ID: ID1701509200

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassen

ie mich mit den Korrekturen des Bundesverteidigungs-
inisters beginnen. Nicht, dass Sie mich falsch verste-

en: Ich will den Minister nicht korrigieren, sondern
öchte darauf hinweisen, dass er sich selbst immer wie-

er korrigiert, und zwar ein bisschen oft, wie ich finde.
as ist nicht ehrenrührig, aber gewiss nicht optimal für
ie Bundeswehr und unser Land.


(Beifall bei der SPD – Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Die Fähigkeit zur Selbstkritik geht Ihnen ab!)


Als Kurt Beck vor zwei Jahren davon sprach, dass
an versuchen müsse, mit moderaten Taliban zu verhan-

eln, gab es Hohn und Spott, auch vom heutigen Vertei-
igungsminister.


(Karin Evers-Meyer [SPD]: Besonders lauten sogar!)


zwischen fordert er selber das. Willkommen in der
irklichkeit! Er sprach von kriegsähnlichen Zuständen
Afghanistan und hat den Eindruck erweckt – das
urde öffentlich so kommuniziert –: Da ist Krieg. Die-

em Eindruck ist er – zu Recht – sofort wieder entgegen-
etreten. Natürlich handelt es sich nicht um Krieg. Wir
aben noch nicht die richtige Begrifflichkeit dafür. Die
itiative, dass das Kabinett klären soll, worum es sich






(A) )



(B) )


Dr. Hans-Peter Bartels
handelt, hat offenbar noch nicht zu einem Ergebnis ge-
führt.

Als es um den Luftschlag bei Kunduz ging, hieß es
vonseiten des neuen Ministers erst, dieser Luftschlag
hätte unter allen Umständen erfolgen müssen. Vier Wo-
chen später hieß es: Das war nicht angemessen. – Herr
Guttenberg, Sie sagten, Sie seien an Aufklärung inte-
ressiert. Das sind wir auch. Aber Sie sind es doch, der
auf allen Akten und Informationen sitzt und keinen Be-
richt darüber abgibt, was tatsächlich geschehen ist. Die
Regierung ist im Vorteil und kann sagen, was in ihrem
Verantwortungsbereich geschehen ist. Sie müssen nicht
auf einen Untersuchungsausschuss verweisen, der in
anderthalb oder zwei Jahren einen Abschlussbericht vor-
legt und Ihnen erzählt, was in Ihrem Haus und in der
Bundeswehr, für die Sie Verantwortung tragen, vorge-
gangen ist.


(Beifall bei der SPD)


Die Bundeskanzlerin hat am 8. September 2009 lü-
ckenlose Aufklärung versprochen. Auch das Wort „scho-
nungslos“, das Sie eben verwendet haben, fiel in diesem
Zusammenhang. Geschehen ist aufseiten der Bundesre-
gierung bis heute nichts. Sie schieben das Thema vor
sich her und hoffen, dass es sich durch Zeitablauf erle-
digt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wenn ich an die nächsten Monate und den Untersu-
chungsausschuss denke, dann glaube ich, Sie werden
sich noch zwei weitere Male korrigieren müssen. Ers-
tens. Sie sagen, dass Sie den geheimen NATO-Bericht
vor Ihrer Pressekonferenz am 6. November 2009 zu dem
Luftschlag selbst gelesen haben. Dann mussten Sie aber
wissen, dass dieser Bericht zu dem Schluss kommt, die
Bombardierung habe nicht im Einklang mit der Wei-
sungslage und Absicht der NATO in Afghanistan gestan-
den. Entweder wussten Sie das und haben die Öffent-
lichkeit falsch unterrichtet, oder Sie haben den Bericht
gar nicht gelesen. Es ist Zeit für Korrekturen.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Völlig richtig!)


Zweitens. Sie haben die Schuld für Ihre Fehleinschät-
zung und die Falschinformation der Öffentlichkeit dem
Generalinspekteur Schneiderhan und dem Staatssekretär
Wichert gegeben. Das war nicht besonders honorig von
Ihnen. Das war ein Abschieben der Verantwortlichkeit,
und das werden Sie hoffentlich auch bald korrigieren.

Ich weiß nicht, ob es auch aus Ihrer Sicht Korrektur-
bedarf beim Haushalt gibt. Dass der Verteidigungsetat
real und nominal schrumpft, statt wenigstens die jährli-
chen Kostensteigerungen auszugleichen, hätte die Bun-
deswehr von Ihnen nicht erwartet. Da werden Steuerge-
schenke an Hoteliers und Firmenerben per Eilgesetz
durchgepaukt, und die Neuverschuldung treibt in unge-
ahnte Höhen, aber die Bundeswehr muss Geld abgeben.
Das ist die Schwerpunktsetzung Ihrer Koalition. Das
halten wir für falsch.

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(C (D (Beifall bei der SPD – Karin Evers-Meyer [SPD]: Das musste einmal gesagt werden!)


Es gibt vier Punkte, in denen wir im Interesse unseres
andes mit der Regierung übereinstimmen.

Wir Sozialdemokraten wollen den Erfolg in Afgha-
istan. Das heißt: mehr für den zivilen Aufbau und mehr
r die Armee- und Polizeiausbildung tun. Gehen Sie in

iese Richtung, und wir gehen mit! Wir haben Verant-
ortung übernommen, und wir bleiben dabei: Wir müs-

en das, was wir mit vielen Nationen gemeinsam begon-
en haben, gemeinsam anständig zu Ende bringen.

Wir Sozialdemokraten halten an der Wehrpflicht fest
nd freuen uns, dass Sie es auch tun. Aber wir wissen,
ass eine Ausmusterungsquote von beinahe 50 Prozent
bsurd ist. Deshalb wollen wir eine Reform, die neue
hancen der Freiwilligkeit mit den Grundlagen unserer
ehrpflicht verbindet. Das ist intelligenter als die

chlichte Verkürzung auf sechs Monate. Lassen Sie uns
och einmal – Sie haben das angeboten – über unser so-
ialdemokratisches Modell diskutieren.


(Beifall bei der SPD)


Wir wollen, dass der Dienst in unseren Streitkräften
ttraktiver wird. Das beginnt bei der Kasernenqualität
owie bei Besoldung und Zuschlägen, und es endet noch
icht bei der Familienfreundlichkeit, der Planbarkeit der
aufbahn und modernerer Ausrüstung. Da gibt es viel zu
n. Lassen Sie uns die Gemeinsamkeiten suchen.

Wir Sozialdemokraten haben Vorschläge für die Wei-
rentwicklung der Bundeswehrstruktur gemacht, und

war über das Ziel der Transformation 2010 hinaus. Die
undeswehr braucht mehr infanteristische Kräfte, mehr
edundanz und Reserven in der Truppe – nicht nur we-
en der Auslandseinsätze – und eine schlankere Füh-
ngsstruktur. Verzichten können wir auf die amerikani-

chen Atombomben in Deutschland und das Tornado-
eschwader zur nuklearen Teilhabe.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie der Abg. Agnes Malczak [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Gleichzeitig gehören uralte Standortentscheidungen
ielleicht noch einmal auf den Prüfstand. 1991 wurde
er Umzug des Marinefliegergeschwaders 5 von Kiel
ach Nordholz beschlossen. Jetzt schreiben wir das
ahr 2010, und das Geschwader ist nach 19 Jahren im-
er noch in Kiel, aber soll immer noch umziehen. Man
eiß manchmal gar nicht, wem man zurufen soll: Neh-
en Sie Vernunft an! – Staatssekretäre dürfen ja nichts

nnehmen, und im Moment haben wir ja auch keinen.

Wir Sozialdemokraten werden die anstehenden not-
endigen Reformen konstruktiv begleiten. Wenn Sie für
re drei angekündigten Reformkommissionen zur
ehrpflicht, zur Attraktivität und zur Struktur noch eine

entrale steuernde Superkommission brauchen, dann
ehmen Sie – Stichwort: Parlamentsarmee – den Vertei-
igungsausschuss. Da werden wir das diskutieren.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD)







(A) )



(B) )


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701509300

Das Wort hat der Kollege Jürgen Koppelin für die

FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1701509400

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wenn wir heute in erster Lesung den Verteidigungsetat
diskutieren, dann wünsche ich mir eigentlich, dass wir
uns alle mehr um das Herausstellen der Gemeinsamkei-
ten bemühen.


(Ute Kumpf [SPD]: Und mehr Ehrlichkeit, Herr Kollege! Das wäre auch nicht schlecht!)


Eben – Kollege Bartels, das muss ich leider sagen – war
mir das zu viel Kraut und Rüben. Vielleicht können die
nachfolgenden Redner der Sozialdemokraten das zu-
rechtrücken.

Ich denke, an die erste Stelle gehört bei einer solchen
Debatte, dass wir unseren Soldatinnen und Soldaten im
Ausland genauso wie denen hier in Deutschland unseren
Dank aussprechen. Ich möchte stellvertretend den Solda-
ten danken, die oben auf der Tribüne sitzen, und sie
herzlich im Deutschen Bundestag willkommen heißen.


(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wenn wir diesen Etat diskutieren, dann geht es doch
um die angemessene Finanzausstattung der Bundes-
wehr – da kann jeder seine Schwerpunkte setzen; darü-
ber können wir diskutieren –; denn die Bundeswehr ist –
das sollten wir gerade bei einer solchen Debatte heraus-
streichen – unsere Armee, sie ist eine Parlamentsarmee.
Wir sollten uns alle zusammen daher in erster Linie, ob
wir im Verteidigungsausschuss oder im Haushaltsaus-
schuss sind, aufgefordert fühlen, uns um den Zustand der
Bundeswehr zu kümmern, welche Aufgaben wir auch
immer sonst in diesem Parlament haben.

Wenn ich mir den Etat ansehe, dann weiß ich genau,
dass sich vieles um die Auslandseinsätze dreht. Der Mi-
nister hat es angesprochen; der Haushalt spiegelt das wi-
der. Ich will an dieser Stelle im Rahmen der Haushalts-
beratungen gerade für die FDP sagen: Wir werden alles
tun, damit unsere Soldaten, die im Ausland sind, das Ge-
fühl haben, dass der Bundestag zu ihnen steht, nachdem
der Beschluss zum Einsatz mit Mehrheit gefasst wurde,
und sie das beste Material bekommen, das zur Verfü-
gung steht. Dieses Gefühl müssen sie haben; sonst kön-
nen sie ihren Dienst nicht tun.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Sie müssen sich auf uns verlassen können.

Herr Minister, Sie haben Gott sei Dank die Einschrän-
kung gemacht, es gebe Nachsteuerungsbedarf. Den gibt
es wirklich in vielen Bereichen. Ich finde, dass manches
– dabei bleibe ich; das habe ich in der Opposition gesagt,
und das sage ich auch jetzt – viel zu schleppend läuft, bis
die Soldaten das beste Material bekommen. Ich bitte das
Ministerium, etwas zügiger zu verfahren und nicht zu

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(C (D ürokratisch vorzugehen, damit die Soldaten nicht zu nge auf das warten müssen, was für sie notwendig ist. Wir sollten vor allem an die Soldaten denken – darauf ollten wir zukünftig einen noch stärkeren Schwerpunkt gen –, die zurückkommen und in Afghanistan traumasche Erlebnisse hatten. Wir müssen die Betreuung vertärken. Das sind wir diesen Soldaten schuldig. Dazu ind wir verpflichtet. Dazu gehört auch – darum werden ir uns bei den Haushaltsberatungen kümmern –, dass re Familien, wenn sie wollen, in diese Betreuung ein eschlossen werden. Das halte ich für dringend erforderch. Das geschah in der Vergangenheit zu wenig. Wir sollten bei all den Auslandseinsätzen nicht unsere oldaten vergessen, die hier im Lande ihren Dienst tun. enn ich den Beruf des Soldaten attraktiv machen will, ann muss endlich Schluss mit maroder Infrastruktur nd mangelnden Beförderungschancen sein. Es muss chluss damit sein, dass alles oft schwerfällig läuft und ass Dienst und Familie oft genug nicht zusammengehrt werden. Wir müssen viel mehr tun. Wir werden nur ute Leute für unsere Bundeswehr bekommen können das ist meine Auffassung und die Auffassung der reien Demokraten –, wenn wir den Dienst in der Buneswehr attraktiv machen. Das reicht bis hin zur Besolung. Ich weiß, wie schwer das ist. Auch ich weiß, wie s in der Haushaltskasse aussieht. Wir werden aber über lles reden müssen. Sie haben erfreulicherweise die neuen Organisationstrukturen angesprochen. Ich füge hinzu: Straffung der erwaltungsstruktur. Ich sage Ihnen, Herr Minister: Viel eld kostet leider auch, dass wir bei der Bundeswehr mer noch die unglaublich große Planwirtschaft haben. as kostet uns sehr viel Geld. Hier könnten wir erheblihe Mittel sparen. (Beifall bei der FDP – Michael Groschek [SPD]: Am besten privatisieren!)


(Beifall bei der FDP)


Wir brauchen – davon sind wir überzeugt – eine leis-
ngsfähige nationale Wehrtechnik. Aber bei den gerin-

en Stückzahlen, die wir oft bestellen, ist die internatio-
ale Zusammenarbeit mit unseren Partnern, vor allem in
uropa, notwendig. Ich hoffe, dass es, wenn wir Auf-
äge vergeben, zu einer Zusammenarbeit in Europa
ommt. Bei der Gelegenheit will ich etwas sagen, weil
ir alle manchmal Briefe bekommen, die auf die Bestel-
ng von Flugzeugen und Schiffen Bezug nehmen. Ich
ill hier in aller Deutlichkeit zum Verteidigungsetat sa-
en – auch ich bin ein Freund der Marine, des Schiffbaus
nd der Werften –:


(Beifall des Abg. Dr. Hans-Peter Bartels [SPD])


er Bundesverteidigungsminister ist nicht für die Lö-
ung von strukturpolitischen Problemen zuständig. Auf-
äge kann er nur vergeben, weil es für die Bundeswehr
otwendig ist, ein bestimmtes Material zu bekommen.


(Beifall bei der FDP)







(A) )



(B) )


Dr. h. c. Jürgen Koppelin
Der Bundesverteidigungsminister ist nicht für Werften-
hilfe und auch nicht für Luft- und Raumfahrt zuständig;
das sind andere Häuser.

Wir Freien Demokraten werden das verwirklichen,
was wir in allen früheren Debatten gesagt haben: Wir
werden die großen Projekte auf den Prüfstand stellen.
Ich sage Ihnen: Es ist dringend erforderlich, MEADS zu
überprüfen. Wir Freien Demokraten haben dieses Pro-
jekt immer kritisch gesehen. Ich sage Ihnen auch: Das
Projekt „Herkules“, wie es sich im Augenblick darstellt
– inzwischen sind wir da bei fast 7 Milliarden Euro –, ist
so nicht mehr zu akzeptieren. Da muss wirklich mit dem
Besen durchgegangen werden.


(Ute Kumpf [SPD]: Mit der Kehrmaschine! Ein Besen reicht da gar nicht!)


Das ist Geld des Steuerzahlers, Herr Minister, und wir
achten sehr auf dieses Geld; denn die Bundeswehr
braucht es dringend für ihre Einsätze.

Herr Minister, Sie haben angeboten, mit dem Parla-
ment über den Airbus A400M zu sprechen. Ein solches
Gespräch können Sie sehr schnell bekommen. Das Par-
lament hat die Beschaffung des A400M beschlossen.
Wir als FDP haben, was die Stückzahl angeht, Kritik ge-
übt. Wir wissen, dass wir ein Transportflugzeug brau-
chen. Wir akzeptieren aber nicht, dass EADS uns in der
Öffentlichkeit droht und sagt, welchen Preis wir zu zah-
len hätten. Es ist ein Vertrag geschlossen worden. EADS
ist vertragsbrüchig geworden. Man könnte es auch so
formulieren: Der Vertrag ist ausgelaufen. Wir sind auf
der besseren Seite. Drohungen von EADS beeindrucken
mich überhaupt nicht.


(Beifall des Abg. Klaus-Peter Willsch [CDU/ CSU])


Wir haben das Geld der Steuerzahler sparsam einzuset-
zen. Diese Verträge müssen eingehalten werden. Mehr
Geld gibt es nicht. Suchen Sie das Gespräch mit dem
Parlament! Das Parlament hat diese Entscheidung ge-
troffen, und das Parlament wird Änderungen beschlie-
ßen, sofern es nicht die Entscheidung trifft, dieses Pro-
jekt zu beenden.

Meine letzte Bemerkung gilt dem, was in Afghanistan
geschehen ist; dazu hat der Kollege Bartels vorhin viel
gesagt. Ich verweise auf den Rückhalt durch dieses Par-
lament, den unsere Soldaten brauchen. Liebe Kollegin-
nen und Kollegen, es ist sehr einfach, hier in Berlin vor
laufenden Kameras Urteile abzugeben. Lassen Sie uns
diesen Untersuchungsausschuss durchführen, und las-
sen Sie uns in Ruhe untersuchen. Denken Sie aber im-
mer daran, dass in Afghanistan Soldaten sind, die
manchmal in kürzester Zeit Entscheidungen treffen müs-
sen. Ich weiß nicht, ob mancher von uns unbedingt mit
diesen Soldaten tauschen möchte.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701509500

Herr Koppelin, kommen Sie bitte zum Ende.

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(C (D Wahren Sie auch das Gesicht unserer Soldaten! Herzlichen Dank für Ihre Geduld. Als Nächster hat Paul Schäfer das Wort für die Frak on Die Linke. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In der at, wer über den Verteidigungshaushalt redet, muss ber die Auslandseinsätze der Bundeswehr reden. Insgeamt haben diese Einsätze von 2002 bis heute circa 0 Milliarden Euro gekostet; das ist kein Pappenstiel. ußerdem ist der Etat mehr und mehr auf diese Einsätze ugeschnitten. Durch diese Einsätze zeigen sich am einringlichsten die Folgen der hier beschlossenen Politik. as heißt, natürlich muss über Afghanistan gesprochen erden. Die Schlüsselfrage des Jahres 2010 lautet für uns eineutig: Wird die Bundeswehr in diesem Jahr aus Afghaistan abgezogen, oder werden noch mehr Soldatinnen nd Soldaten an den Hindukusch geschickt? (Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/ CSU)

Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1701509600

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701509700

(Beifall bei der LINKEN)

Paul Schäfer (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701509800

ie Bombennacht von Kunduz hat vielen endgültig die
ugen geöffnet. Der Minister hat gesagt, dass wir eine
lare Sprache brauchen: Dort sind über 100 Menschen
ezielt getötet worden. Der verantwortliche Offizier hat
ogar von „vernichten“ gesprochen. Dieses Ereignis hat
ezeigt: Dort wird Krieg geführt, und dort sind wir in ei-
er Gewaltspirale, aus der wir so schnell wie möglich
erausmüssen.


(Beifall bei der LINKEN)


Bischöfin Käßmann hat gewiss recht, wenn sie sagt,
ass es darum geht, nicht vor der Logik des Krieges zu
apitulieren, und dass das klare Zeugnis gegen Gewalt
nd Krieg nach Mut und Fantasie verlangt, wie Kon-
ikte anders als gewaltförmig gelöst werden können.
as ist die Aufgabe, die ansteht. Es reicht jetzt nicht, zu

agen: Gut, dass wir mal darüber gesprochen haben. –
as nun wirklich nicht geht, ist, dass jetzt alle über Ab-

ugsperspektiven sprechen, hier aber dann das Gegenteil
eschlossen oder befürwortet wird.

Wir werden nach der Konferenz in London erleben,
ass die Bundeswehr bei der Aufstockung der Truppen
dieser Prozess läuft woanders schon – nachzieht. Nein,
ir sagen: Abzug heißt Abzug! Und wir fordern: Abzug
och in diesem Jahr!


(Beifall bei der LINKEN – Elke Hoff [FDP]: Armes Afghanistan!)


ugleich muss in diesem Zeitrahmen ein innerafghani-
cher Aussöhnungsprozess befördert werden, um
chnellstmöglich zu einem Waffenstillstand zu kommen,






(A) )



(B) )


Paul Schäfer (Köln)

der ja erst die Bedingungen für den zivilen Wiederauf-
bau schafft.

Meine Damen und Herren, es geht nicht allein um ei-
nen Abzug aus Afghanistan. Leider ist der ganze Rüs-
tungsetat von der Idee durchdrungen, die Bundeswehr
für weitere Einsätze dieser Art fit zu machen. Deshalb
muss auch darüber gestritten werden, ob wir Streitkräfte
für globale militärische Interventionen vorhalten wol-
len oder nicht. Die Haltung der Linken ist eindeutig: Wir
wollen es nicht.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir haben die Umgestaltung der Bundeswehr zu einer
Armee im Einsatz immer abgelehnt und bleiben dabei.
Wenn man dem folgte, ließen sich viele Milliarden Euro
einsparen und für sozial nützlichere Dinge aufwenden.

Wenden wir uns jetzt einmal dem vorliegenden Haus-
haltsentwurf konkret zu. Es fällt auf, dass der Etat
scheinbar stagniert. Aber mein Mitleid mit dem Herrn
Minister hält sich an der Stelle in engen Grenzen.


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Das wundert uns nicht!)


Ich glaube, auch die Sammelbüchse kann im Schrank
bleiben. Erstens hatten wir in den letzten Jahren kräftige
Zuwächse; seit 2006 wurde der Rüstungsetat um mehr
als 3 Milliarden Euro erhöht. Zweitens liegt der Gesamt-
etat jetzt bei über 31 Milliarden Euro. Man hätte sich zu
Beginn der letzten Legislaturperiode überhaupt nicht
vorstellen können, dass man über die Schallmauer von
30 Milliarden Euro springt. Drittens sei nur am Rande
erwähnt: Selbst am Konjunkturpaket II durfte der Minis-
ter der Verteidigung mitnaschen. Einerseits wurden
250 Millionen Euro für die Sanierung von Liegenschaf-
ten bereitgestellt – das ist in Ordnung –, andererseits
aber auch 220 Millionen Euro für Beschaffungsprojekte.
Das war zwar eine schöne Finanzspritze für die Rüs-
tungskonzerne, aber volkswirtschaftlich war das eine
Fehlzündung. Rüstung gehört zu den Wirtschaftsberei-
chen, die nur eine geringe Sogwirkung entfalten.


(Sibylle Pfeiffer [CDU/CSU]: Da gibt es aber auch Arbeitsplätze!)


Mit anderen Worten: Für dasselbe Geld hätte man pro-
duktivere und nachhaltigere Arbeitsplätze schaffen kön-
nen, und dann hätte man Produkte, die keine Werte zer-
stören, sondern aufbauen. Deshalb sind wir dagegen.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Karl A. Lamers [Heidelberg] [CDU/CSU]: Das war eine Investition in die Sicherheit!)


Die Ausgaben für die Bundeswehr bleiben mit einem
Gesamtvolumen von über 31 Milliarden Euro – nach
NATO-Kriterien sind es 34 Milliarden Euro – auf be-
trächtlicher Höhe. Das ist immerhin ein Anteil von circa
10 Prozent des Gesamthaushaltes. Diese Aufblähung des
Wehretats ist die unabweisbare Folge des Umbaus der
Bundeswehr zu einer global einsetzbaren Interventions-
armee. Herr Minister, es tut mir leid, aber das, was dort
stattfindet, kann man als nichts anderes denn als militäri-
sche Interventionen bezeichnen.

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(C (D Die Alternative der Linken an dieser Stelle ist klar: ir möchten, dass die Bundesrepublik zu einer zivil ge rägten Außenund Sicherheitspolitik zurückkehrt. Wir rauchen statt der Fixierung auf althergebrachte Militärllianzen wie die NATO eine neue europäische Sichereitsarchitektur, die alle Länder des Kontinents umsst, die auf Vertrauensbildung, umfassender ooperation und Abrüstung beruht. Gerade hier sind eue Anstrengungen überfällig, und zwar nicht nur in ussland oder in China. Dass Sie für Abrüstung in die en Ländern sind, ist klar. Nein, hier spielt die Musik. ier müssen wir mit der Abrüstung beginnen. Zurück zum Verteidigungshaushalt. Mit Haushaltsahrheit und Haushaltsklarheit hat das, was uns hier räsentiert wird, wenig bis gar nichts zu tun. Da gibt es ie globale Minderausgabe von 250 Millionen Euro. ber Sie verraten uns natürlich nicht, wo Sie kürzen ollen. Eine Aussage dazu, wen es treffen wird, wird nlichst vermieden. Dann gibt es die Etatansätze für die Auslandseinätze. Offiziell veranschlagt sind 640 Millionen Euro. err Koppelin, Sie kennen sich ja aus: Addieren Sie einal die Beträge, die dieses Haus in seinen Mandaten für undeswehreinsätze verabschiedet hat. Es ist interes ant, welche Summe sich ergibt. Da kommt man nämlich uf 980 Millionen Euro. Das heißt, hier gibt es eine rieige Diskrepanz. Deshalb sage ich: Hier wird vertuscht; ier wird die Öffentlichkeit bewusst über die wahren osten der militärischen Interventionspolitik getäuscht. iese Vertuschung machen wir nicht mit. Wir fordern ie daher auf: Legen Sie endlich konkret vor, was die uslandseinsätze kosten, und stellen Sie endlich realisti che Zahlen in den Haushalt ein, damit die Öffentlicheit weiß, woran sie ist. Bei näherem Hinsehen wird auch schnell klar, dass es ei den Rüstungsausgaben nicht bei dem derzeitigen tillstand bleiben wird. Das Rad der militärischen Bechaffung dreht sich weiter; in der jüngsten Vergangeneit hat es sich schon erheblich gedreht. Wir hatten zu eginn der letzten Legislaturperiode 6 Milliarden Euro n investiven Ausgaben, jetzt sind wir bei 8 Milliarden uro. Das ist ein bemerkenswerter Zuwachs, ein sattes lus von fast 2 Milliarden Euro. Welcher Titel im Hausalt ist in dieser Weise aufgepeppt worden? Das wüsste h gerne. Wir werden bei einigen Großprojekten von durchaus weifelhaftem Rang in den nächsten Jahren zum Teil erebliche Zuwächse haben. Über diese Belastung haben ie überhaupt nicht gesprochen. Ich meine beispielseise den Schützenpanzer Puma. Ich meine die neue eneration der Kampfhubschrauber, neue Raketenabehrsysteme oder die Fregatte 125 – Kostenpunkt: napp 3 Milliarden Euro, Verwendungszweck: Untertützung von Militäreinsätzen rund um den Globus. lso: Landesverteidigung ade, große Weltpolitik ahoi! as ist mit uns nicht zu machen. Paul Schäfer Dann haben wir noch den A400M. 9,2 Milliarden Euro soll das Langstrecken-Transportflugzeug kosten, mit dem die Bundeswehr Kriegsgerät in Einsatzgebiete bringen will. Inzwischen ist klar, dass die Industrie den Leistungsvertrag nicht einhalten kann und der Flieger viel mehr kosten wird. Es ist die immer gleiche Story, die wir erleben: Das Militär hat bestimmte Wünsche. Die Rüstungswirtschaft will satte Gewinne machen. Die Regierung will diese Interessen bedienen und bringt das Parlament dazu, solche Projekte schnellstmöglich durchzuwinken; wir haben das am Ende der letzten Legislaturperiode erlebt. Dann geht die Sache erst richtig los: Die Preise steigen und steigen. Die Industrie stellt Nachforderungen. Nachbesserungen sind erforderlich; der Zeitplan verschiebt sich. – Es ist immer dieselbe Story. Aber selbst Beschaffungsvorhaben, die technisch und finanziell völlig aus dem Ruder laufen wie im Falle des A400M, werden von der Industrie dank ihrer Monopolstellung mit aller Macht durchgedrückt. Mir ist überhaupt rätselhaft, wie man auf die Größenordnung von 60 Maschinen kommt. Das haben mir selbst Befürworter dieses Projekts, die sich dafür aussprechen, dass die Transall ersetzt wird, noch nicht klarmachen können. Die Zeche, die jetzt bezahlt wird, ist außerordentlich hoch. Es sind bereits Nachforderungen in Höhe von 5 Milliarden Euro erhoben worden. Ich kann nur hoffen, dass Sie diesen Erpressungsversuchen der Rüstungsindustrie widerstehen. Wir fordern Sie auf: Stoppen Sie diesen Unsinn, und steigen Sie aus diesem Beschaffungsvorhaben aus! Meine Damen und Herren, wir können zusammenfassen: Sie machen mit diesem Haushalt Rekordschulden. Deshalb wollen Sie ab dem nächsten Jahr kräftig sparen. Was das für den Etat des Ministers der Verteidigung bedeuten wird, ist zwar keine geheime Verschlusssache, aber rätselhaft ist es dennoch. Die Erfahrung besagt, dass die Beschaffungstitel tabu sind. Im Gegenteil, sie werden noch steigen. Auch die Ausgaben für die Auslandseinsätze werden wahrscheinlich eher steigen. Möglicherweise besteht eine Kürzungsoption bei den Personalausgaben. Die Soldatinnen und Soldaten sind das schwächste Glied in der Kette, ebenso die zivilen Angestellten. Hier ist interessant, dass deren Tarifvertrag Ende dieses Jahres ausläuft. Es interessiert uns brennend, was daraus wird und ob für die Menschen schlechtere Bedingungen ausgehandelt werden, weil man sparen muss. Wir haben da andere Vorstellungen: Wir wollen, dass nicht bei den Menschen gespart wird, sondern bei den großen Waffensystemen. Wir wollen, dass die Auslandseinsätze der Bundeswehr nicht ständig ausgeweitet, sondern zurückgenommen werden. Damit könnte man zumindest einen Teil der Investitionen in die Zukunft finanzieren, die vordringlich sind: die Erneuerung des Sozialstaats, den ökologischen Umbau unserer Wirtschaft, die Bekämpfung von Armut und globaler Unterentwicklung weltweit. Haiti ist doch ein er s m d fe s ie tr d b ti D M d d In z p g A d a d g d A n Ic te d U d K g m k K k ta g (C (D chütterndes Beispiel dafür, wo etwas getan werden uss, wo international geholfen werden muss. Es gibt einige alte Slogans, die gerne verwendet weren. Sie wirken zwar unter Umständen etwas abgegrifn und angestaubt; das gebe ich zu. Manchmal aber sind olche Slogans, weil die Politik an der Stelle so kontinurlich und konservativ ist, doch noch brauchbar und effen ins Schwarze. Dies gilt auch für einen Slogan, en ich zum Schluss nennen möchte: Bildung statt Bomen. Bildung statt Bomben, das wäre eine zukunftsorienerte Politik. Danke. Jetzt hat Alexander Bonde das Wort für Bündnis 90/ ie Grünen. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! an kann es nicht an jedem Redebeitrag erkennen: Wir iskutieren den Haushaltsplan der Bundesregierung für as Jahr 2010. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701509900
Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701510000

Zeiten der Rekordverschuldung gilt es, für jeden Ein-
elplan eines Ministeriums die Ausgaben genau zu über-
rüfen und die Frage zu beantworten, ob mit möglichst
eringen Mitteln möglichst viel erreicht wird. Dieser
ufgabe müssen Sie sich, Herr Minister, der Sie einen
er größten Einzelhaushalte im Bundeshaushalt zu ver-
ntworten haben, stellen. Ihr Haushalt macht deutlich,
ass es an vielen Stellen grundsätzliche Strukturfragen
ibt, die wir angehen müssen, um diesen Haushalt wie-
er verträglich zu gestalten.

Ich verstehe, dass Sie in den ersten Monaten Ihrer
mtszeit vordringlich mit Selbstverteidigung und Perso-
alfragen beschäftigt waren.


(Zurufe von der CDU/CSU: Oh! – Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Du wolltest doch zum Haushalt reden! Du hast gut angefangen!)


h sage Ihnen ganz offen: Gehen Sie schnell in den Un-
rsuchungsausschuss, und beantworten Sie die Fragen,
ie auf dem Tisch liegen! Wenn die Belastung durch den
ntersuchungsausschuss der Grund dafür ist, dass Sie an
ie großen Strukturfragen im Moment nur in Form von
ommissionen heranrobben, dann muss ich Ihnen sa-
en: Schaffen Sie Klarheit, um sich dieser Fragen anneh-
en zu können.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Sie haben heute eine Kommission angekündigt; das
lang gut und sehr tiefgründig. Interessant ist, dass die
ommission im Ministeriumsspott als Abteilungsleiter-
ränzchen bezeichnet wird. Ich bin gespannt, was dabei
tsächlich herauskommt und wie viele Fragen aus dieser
rundsätzlichen Betrachtung ausgeklammert werden.






(A) )



(B) )


Alexander Bonde
Ich bin überzeugt, dass es richtig wäre, die Sicherheits-
politik und die Struktur der Bundeswehr endlich grund-
sätzlich zu diskutieren und angesichts der bestehenden
Einsätze an falsche Strukturen heranzugehen.

Die Realität sieht doch so aus: Die Bundeswehr befin-
det sich in Stabilisierungseinsätzen unter UN-Mandat.
Aber ein Großteil der Ressourcen an der Heimatfront ist
nach wie vor so ausgelegt, die Rote Armee zurück-
zuschlagen. Wir leisten uns eine Bundeswehr mit
350 000 Angehörigen, wenn ich die zivilen Mitarbeiter
und die Reservisten zu den 250 000 Militärs hinzu-
rechne, und stoßen bei den Auslands- und Stabilisie-
rungseinsätzen an eine Grenze, wenn wir 6 982 dieser
350 000 Bundeswehrangehörigen einsetzen.

Sie beschaffen auch in diesem Haushalt wieder teure
und schwere Waffensysteme für Konflikte, die wir zum
Glück seit Jahrzehnten nicht mehr erleben. Dies geht na-
türlich zulasten der Einsatzrealität; denn bei diesen Ein-
sätzen treffen wir nicht auf Gegner, die mit Panzern be-
waffnet sind und eine eigene Luftwaffe haben. Es geht
zulasten der Mechanismen der zivilen Konfliktlösung,
von denen wir alle wissen, dass sie nicht ausreichend
entwickelt sind. Es geht zulasten der Steuerzahlerinnen
und Steuerzahler und nicht zuletzt auch zulasten der Sol-
datinnen und Soldaten im Einsatz, denen mit diesen fal-
schen Strukturen zum Teil unlösbare Aufgaben mit auf
den Weg gegeben werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich will mich im Namen meiner Fraktion ausdrück-
lich bei all denjenigen bedanken, die trotz dieser fal-
schen Strukturen diese Aufgabe für uns und für unser
Land bewältigen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Sie verteidigen diese Strukturen. Ich bin gespannt, ob
Ihre Kommissions-Arie zum Schluss dazu führen wird,
die Bereitschaft zu entwickeln, den Anspruch aufzuge-
ben, die Bundeswehr solle grundsätzlich alles können,
was zu dem Resultat führt, dass sie von allem ein biss-
chen kann. Das wird immer unter dem schönen Bundes-
wehrbegriff „Anfangsbefähigung“ versteckt. Was soll
die Bundeswehr können, und welche Aufgaben soll sie
übernehmen? Das ist die zentrale Frage, über die wir
sprechen und diskutieren müssen. Weitere drängende
Fragen sind: Welche real existierenden Konflikte gibt es,
und welche Rolle spielt heute dabei das Militär? Was be-
deutet dies für die einzusetzenden Gerätschaften? Wie
kann man sich dabei um die kümmern, die im Rahmen
dieser Einsätze ihre Gesundheit und ihr Leben riskieren,
seien sie nun Militärs oder wie in vielen Konflikten zi-
vile Mitarbeiter, die wir dringend brauchen? Ich bin
überzeugt, wir wären besser aufgestellt mit einer Bun-
deswehr mit nur 200 000 Soldatinnen und Soldaten, die
sich aber gut ausgerüstet und ausgebildet auf die von uns
Politikern zu definierenden Aufgaben konzentrieren.

Übrigens machen Sie in der Frage der Wehrpflicht
einen Schritt, der es verhindert, in diese Richtung voran-
zukommen. Es ist ja eine interessante Situation: Die
FDP hat versprochen, die Wehrpflicht abzuschaffen oder

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(C (D uszusetzen. Sie sagte, es gebe keine Rechtfertigung, die reiheitsrechte junger Menschen, in diesem Fall junger änner, zu beschränken. Der Kompromiss dieser Koali on ist: Man verkürzt die Dauer des Wehrdienstes, soass die Freiheit von noch mehr jungen Männern bechränkt wird. Das ist einer der vielen Widersprüche, die ie FDP nicht auflösen kann. Ich muss allerdings sagen: Ihr Kompromiss macht iese Veranstaltung wesentlich teurer. Sie binden noch ehr Ressourcen für etwas, das für keines der beschrie enen Konfliktszenarien zusätzliches Potenzial birgt. ie Wehrpflicht bringt nichts bei der Stabilisierung, bei er Absicherung von humanitären Einsätzen und andem. Herr Bonde, möchten Sie eine Zwischenfrage des ollegen Koppelin zulassen? Aber gerne; ich freue mich. Bei seinem heutigen Bei ag habe ich ihn fast nicht wiedererkannt, verglichen it Oppositionszeiten. Bitte schön. Dabei helfe ich dir gerne. – Ich möchte eine Frage zur ehrpflicht stellen. Es gab hier Kritik an der FDP. Unere Haltung ist bekannt: Wir sind für die Aussetzung er Wehrpflicht; der Koalitionspartner wollte das nicht. ann hat man diesen Kompromiss gefunden. Ihr von en Grünen wart auch immer für die Aussetzung der ehrpflicht, sogar für die Abschaffung, die Sozialdemo raten aber nicht. Zu welchem Kompromiss seid ihr enn damals gekommen? (Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zu keinem unsinnigen!)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701510100
Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701510200
Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701510300
Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1701510400


Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701510500

Herr Kollege Koppelin, ich kenne die Situation,

ompromisse machen zu müssen. Ich sage Ihnen nur ei-
es: Es macht keinen Sinn, sich hinzustellen und zu sa-
en, man wolle, dass kein junger Mann einen Eingriff in
eine Freiheit erdulden muss, wenn hierdurch keine si-
herheitspolitische Kapazität geschaffen wird. Nachdem
ie gefordert haben, dass keiner mehr Wehrdienst leisten
uss, kommt nun ein Kompromiss heraus, der dafür

orgt, dass noch mehr Wehrpflichtige eingezogen wer-
en.


(Beifall der Abg. Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Dr. Hans-Peter Bartels [SPD])


ie sind da noch mehr umgefallen als die SPD, die sich
amals bei der Frage, ob die Mehrwertsteuer um 2 oder
Prozentpunkte angehoben werden soll, mit der Union
uf einen Aufschlag von 3 Prozentpunkten geeinigt hat.






(A) )



(B) )


Alexander Bonde
Herr Koppelin, bei Ihnen ist es jetzt wie damals bei der
Mehrwertsteuer:


(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Hellmut Königshaus [FDP]: Das ist ja albern!)


Dieser Kompromiss übertrifft selbst die Forderung des
Koalitionspartners und macht es noch schlechter. Das ist
eine weitere Wahrheit über die Liberalen in der Koali-
tion.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es steht eine Grundsatzentscheidung an. Wir sehen
schon heute an Afghanistan, dass die Frage ziviler Fä-
higkeiten dabei eine Rolle spielen muss. Wir haben
heute wieder viel über Polizisten und Ähnliches gehört.
Am 30. November vergangenen Jahres waren nach Aus-
kunft der Bundesregierung 29 deutsche Polizisten an der
EU-Mission beteiligt; an der nationalen Mission waren
113 Polizisten beteiligt. Spannend wird es, wenn man
nachfragt, wie viele davon wirklich praktische Polizei-
ausbildung betreiben: Das sind noch 73. Herzlichen
Glückwunsch! Wir sind gespannt, ob Sie in Bezug auf
den deutschen Beitrag mit ähnlich jämmerlichen Zusa-
gen aus London zurückkehren. Sie haben, was die Be-
deutung dieser Konferenz angeht, die Hürde hoch gelegt.
Wir werden Sie konkret daran messen, was für den Wie-
deraufbau, für Mechanismen der zivilen Konfliktbewäl-
tigung herauskommt, auch im Hinblick auf die Frage,
wie wir denjenigen, die vor Ort Hilfe leisten, und denje-
nigen, die vor Ort Unterstützung erhalten, eine konkrete
Perspektive aufzeigen können, die endlich vom militäri-
schen Weiter-so Abstand nimmt.

Ich habe bereits die finanziellen Realitäten und die
Dinosaurierstrukturen dieses Haushalts benannt. Es ist
übrigens spannend, dass der Verteidigungsminister, der
das Amt mit großem ordnungspolitischem Nimbus ange-
treten hat, zu einer brandaktuellen Frage überhaupt nicht
Stellung bezogen hat. Mich würde schon interessieren,
was der Marktwirtschaftler und Ordnungspolitiker Karl-
Theodor von und zu Guttenberg eigentlich dazu sagt,
dass die Bundesrepublik einen eindeutigen Vertrag mit
einem Rüstungshersteller geschlossen hat, der seit Wo-
chen massiv erklärt, weshalb Verträge für ihn nicht gel-
ten. Es geht um den A400M. Es ist unbekannt, welche
Zahl, welche Leistung und welcher Preis herauskommen
sollen.

Es ist schon interessant, wie dort agiert wird. Auf-
grund der Politik, die seit Jahren im Bereich des Bundes-
verteidigungsministeriums, des Einzelplans 14, betrie-
ben wird, ist es aber folgerichtig: Der A400M war
immer umstritten. Es gab Alternativen, die technolo-
gisch besser zu beherrschen gewesen wären.


(Dr. h. c. Jürgen Koppelin [FDP]: Aber doch nicht für die Grünen! Ihr habt doch mitbestellt!)


Diese Alternativen kamen deshalb nicht zum Zug, weil
die EADS dieses Angebot auf den Tisch gelegt hat, weil
sie zugesichert hat, dass es technisch beherrschbar ist,
weil sie zugesagt hat, dass diese Leistungen zum festge-

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(C (D gten Preis erhältlich sind. Wenn das jetzt wieder aufgechnürt wird, weiß ich nicht, wie die Bundeswehr ein eiteres Großprojekt steuern können soll, wenn am nde immer der den Wettbewerb gewinnt, der am meisn verspricht und zum Schluss die Hand aufhält, um och mehr zu kassieren, und dabei weniger liefert. (Dr. h. c. Jürgen Koppelin [FDP]: Das habt ihr doch getan! Ihr habt doch bestellt!)


usdruck der industriepolitischen Ausrichtung dieses
auses ist, dass die Themen Arbeitsplätze und Indus-
iepolitik wieder das Faustpfand dafür sind, um das
eld aus dem Etat des Ministeriums herauszuziehen,

tatt es in die Ausrüstung der Bundeswehr zu stecken.


(Dr. h. c. Jürgen Koppelin [FDP]: Ihr habt bestellt! Natürlich!)


Ich bin davon überzeugt, dass die Strategie, aus die-
em Etat Industrieförderung zu bezahlen und nicht das
u beschaffen, was die Bundeswehr braucht, nicht nur
en Steuerzahler Geld kostet, dem keine Leistung ge-
enübersteht, sondern auch Arbeitsplätze und die Inno-
ationsfähigkeit der für uns durchaus wichtigen Luft-
hrtindustrie massiv gefährdet. Das ist die Wahrheit

um Thema Arbeitsplätze, wenn es um die Auseinander-
etzung mit EADS geht.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Ich will Sie darin bestärken, Herr Minister, dass Ver-
ag Vertrag ist. Ich erwarte, dass die Bundesregierung
ine klare Haltung einnimmt. Es kann nicht darum ge-
en, mit dem Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzah-
r Beschaffungen für die Bundeswehr fortzusetzen, die
einem helfen, der für uns in Einsätze geht, die keine Si-
herheit schaffen, sondern die dazu dienen, bestimmte
dustriezweige zu subventionieren und künstlich jen-

eits des Bedarfes zu unterstützen.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701510600

Herr Kollege Bonde, achten Sie bitte auf die Zeit.


Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701510700

Das ist eine wichtige Fragestellung, wenn man be-

enkt, wie sich die Strukturen Ihres Haushaltes entwi-
keln. Wir schauen genau hin, ob Sie Ihren ordnungspo-
tischen und sicherheitspolitischen Ansprüchen gerecht
erden. Auch in dieser Hinsicht hat dieser Einzelplan
och einen weiten Weg vor sich.

Herzlichen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701510800

Das Wort hat der Kollege Ernst-Reinhard Beck für die

nionsfraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Ernst-Reinhard Beck (CDU):
Rede ID: ID1701510900

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolle-

innen und Kollegen! Der vorliegende Verteidigungs-






(A) )



(B) )


Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen)

haushalt ist der erste, den die christlich-liberale Koali-
tion im Deutschen Bundestag vorlegt. Die Botschaft ist
eindeutig: Wir halten Kurs. An der Sicherheit Deutsch-
lands und seiner Soldatinnen und Soldaten im Einsatz
wird nicht gespart. Die Bundeswehr ist auch nicht der
Finanzsteinbruch des Bundeshaushaltes.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Mit dem auf dem Vorjahresniveau konsolidierten
Etatansatz können alle wichtigen Zukunftsprojekte bei
Personal, Ausrüstung und Unterbringung realisiert wer-
den. Dies ist gerade vor dem Hintergrund der Weltwirt-
schaftskrise eine Kraftanstrengung, für die ich dem Ver-
teidigungsminister an dieser Stelle ausdrücklich danke.

Als Verteidigungspolitiker kommt es mir ganz beson-
ders darauf an, Leib und Leben unserer Soldatinnen
und Soldaten im Einsatz optimal zu schützen. Denn
wir Abgeordnete tragen ungeachtet aller Partei- und
Fraktionsgrenzen eine gemeinsame Verantwortung für
die Bundeswehr als Parlamentsarmee. Ich möchte an
dieser Stelle ausdrücklich daran erinnern.

Ich möchte auch daran erinnern, dass hinter all den
nüchternen fiskalischen Daten Menschen stehen, die in
unserem Auftrag und im Namen unseres Landes für Si-
cherheit und Frieden in der Welt kämpfen. Die Soldatin-
nen und Soldaten stehen mit ihrem Leben und ihrer Ge-
sundheit für diesen Auftrag, den wir ihnen erteilt haben,
ein.

Ich möchte die Gelegenheit nutzen – nicht nur, weil
auf der Tribüne Marinekameraden sitzen –, im Namen
meiner Fraktion unseren Soldatinnen und Soldaten, den
zivilen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Bundes-
wehr ein herzliches Dankeschön zu sagen. Sie erfüllen
ihren Einsatz unter gefährlichen Rahmenbedingungen
und stehen für die Sicherheit Deutschlands ein. Mein be-
sonderer Dank gilt auch den Familienangehörigen, die
den Soldatinnen und Soldaten bei der Aufgabenerfüllung
zur Seite stehen. Es ist sehr wohl klar, welch entschei-
denden Anteil diese daran haben. Ich bin auch der Auf-
fassung, dass sie von uns oft nicht in ausreichender
Weise gewürdigt werden.


(Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Michael Groschek [SPD])


Mir ist es unverständlich, dass einige versuchen, die-
sen Einsatz zu diskreditieren. Natürlich kann Militär al-
lein keinen staatlichen Aufbau gewährleisten – das sagt
eigentlich auch niemand, der seine sieben Sinne beiei-
nander hat –, aber Militär schafft einen notwendigen Si-
cherheitsschirm, unter dem ziviler Aufbau vorangetrie-
ben werden kann. Im Kosovo – das wird klar, wenn wir
uns die Dinge dort näher anschauen – führte genau die-
ses Vorgehen zum Erfolg. Darum unterstützen wir die
Bundesregierung und insbesondere den Verteidigungs-
minister zu Guttenberg in seinen Bemühungen, die af-
ghanische Regierung stärker in die Pflicht zu nehmen
und dem militärischen Mandat eine zeitliche Perspektive
zu geben.


(Zuruf von der SPD: Hört! Hört!)


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(C (D Ich verstehe diesen Haushaltsansatz im Einzelplan 14 Sinne der gemeinsamen sicherheitspolitischen Ver ntwortung. Herr Kollege Bonde, Sie sehen, dass ich ich an Ihre Vorgabe halte und zum Einzelplan 14 spre he. (Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gut!)


it rund 31,4 Milliarden Euro bleibt der Verteidigungs-
tat gegenüber dem Vorjahr nahezu stabil. Damit ist si-
hergestellt, dass die wichtigsten Projekte der Transfor-
ation und der materiellen Modernisierung fortgeführt
erden können.

Besonders hervorheben möchte ich die Anstrengun-
en im Bereich Vereinbarkeit von Familie und Beruf
der von Familie und Dienst. Die Bundeswehr steht in
er Mitte der Gesellschaft und darf von familienför-
ernden Maßnahmen nicht ausgeschlossen werden.
ieser Aspekt ist zunehmend wichtig für die Entschei-
ung junger Menschen bezüglich Familie und Soldaten-
eruf. Deshalb rege ich an, dass die Verantwortlichen der
undeswehr ihre Anstrengungen in diesem Bereich wei-
r steigern.

Eng mit der Attraktivität von Streitkräften verbunden
t auch eine gute Sanitätsversorgung. Deshalb muss
ie Lage im Einsatz und im klinischen Bereich auf ho-
em Niveau erhalten werden. Zu diesem Komplex der
ürsorge gehört auch die Erkennung und Behandlung
on posttraumatischen Belastungsstörungen. Hierbei
eht es nicht nur um die einsatznahe Nachbehandlung,
ondern auch um die Langzeitbehandlung und die Einbe-
iehung von Angehörigen in die Therapie. Ich bin daher
ankbar, dass CDU/CSU und FDP diese Problematik in
ieser Legislaturperiode schwerpunktmäßig angehen
ollen.

Erfreulich ist, dass die Personalkosten aufgrund des
bbaus bei zivilen Arbeitnehmern weiter leicht gesun-
en sind. Umso wichtiger bleibt es, dass die Bundes-
ehrangehörigen auch aufgabenbezogen bezahlt wer-
en. Die Schere zwischen Dienstposten auf der einen
nd Besoldung auf der anderen Seite muss schnellst-
öglich geschlossen werden. Ich bin zuversichtlich,

ass der vorliegende Haushaltsentwurf auch in diesem
ereich die nötigen Spielräume eröffnet.

Ebenso kann die dringend notwendige Renovierung
er Kasernen im Westen unserer Republik fortgesetzt
erden. Als attraktiver Arbeitgeber muss die Bundes-
ehr über zeitgemäße Infrastruktur verfügen. Das be-
ifft die Unterbringung ebenso wie den Zugang zu mo-
ernen Kommunikationsmitteln. Bei dieser Gelegenheit
arf ich vielleicht darauf hinweisen, dass auch die Unter-
ringung in den Einsatzländern deutlich verbessert wer-
en konnte. Der Standard unserer Feldlager gehört im
ternationalen Vergleich, wie ich meine, zur Spitzen-

ruppe.

Die Sicherheit unserer Soldatinnen und Soldaten im
insatz und damit die Attraktivität unserer Bundeswehr
ängen entscheidend von der Qualität und der Moderni-
t der Ausrüstung ab. Daher begrüße ich es ausdrück-
ch, dass trotz der geringen Abstriche im Bereich der in-






(A) )



(B) )


Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen)

vestiven Ausgaben die Beschaffung der wichtigen
Ausrüstung fortgeführt werden kann.

Das Heer als Hauptträger unserer Einsätze benötigt
weitere geschützte Fahrzeuge. Vertrauen in das eigene
Gerät ist Voraussetzung für die Auftragserfüllung durch
unsere Soldatinnen und Soldaten. Mit dem in diesem
Etat erstmalig veranschlagten Schützenpanzer Puma ver-
fügt das Heer in Zukunft über ein leistungsfähiges und
hochgeschütztes Gefechtsfahrzeug für den Einsatz in al-
len denkbaren Szenarien.

Eminent wichtig für die Einsatzfähigkeit der Bundes-
wehr ist und bleibt die strategische Lufttransportka-
pazität. Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, es ist
vorhin angesprochen worden: Wir brauchen dringend
das neue Transportflugzeug A400M im Einsatz. Es muss
deshalb im Schulterschluss mit unseren Partnern und der
Industrie ein für alle Seiten gangbarer Weg gefunden
werden, um dieses Projekt weiterzuführen und die ent-
sprechenden Fähigkeiten in absehbarer Zeit zu beschaf-
fen.

Die Marine wird mit der im Zulauf befindlichen
Korvette 130 die maritimen Einsätze zukünftig besser
schultern können. Diese modernen Schiffe werden eine
spürbare Entlastung des Personals im Einsatz zur Folge
haben und damit auch die Attraktivität des Soldatenbe-
rufs heben.

Was aber nützen Finanzmittel, wenn die Ausrüstung
nicht zeitgerecht geliefert wird? Hier wurde in der Ver-
gangenheit oft allzu optimistisch kalkuliert. Dies mag
vielleicht in Zeiten des Kalten Krieges noch hinnehmbar
gewesen sein, in Zeiten, in denen wir die Dinge im Ein-
satz dringend brauchen, ist dies jedoch nicht hinnehm-
bar. Die Bundeswehr muss sich auf die Beschaffungszu-
sagen der Industrie verlassen können. Die Soldatinnen
und Soldaten im Einsatz benötigen keine Perspektive auf
optimale, sondern auf einsatzbereite Ausrüstung.

Ein Wermutstropfen im Bereich der verteidigungsin-
vestiven Ausgaben sind die Abstriche bei Forschung
und Entwicklung. Zwar können die begonnenen Vorha-
ben fortgeführt werden, aber für neue Vorhaben stehen
nicht genügend Mittel zur Verfügung. Ich meine, dass
wir diesen Umstand schnellstmöglich beenden müssen.
Wir wollen nicht an der Zukunftsfähigkeit der Bundes-
wehr sparen.

Ein besonderes Augenmerk möchte ich auf die Aus-
gaben für internationale Einsätze lenken. Die zur Ver-
fügung stehenden Mittel sind um 25 Millionen Euro er-
höht worden; so weit, so gut. Dennoch sollten Ausgaben,
die aufgrund von sicherheitspolitischen und gesamtpoli-
tischen Vorgaben auf die Bundeswehr zukommen, künf-
tig von dem allgemeinen Haushalt, sprich dem
Einzelplan 60, getragen werden. Die Kosten für die Si-
cherheitsvorsorge Deutschlands dürfen nicht allein vom
Verteidigungshaushalt getragen werden müssen und da-
mit den finanziellen Spielraum der Bundeswehr massiv
einengen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


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(C (D enn zum Beispiel die Bundeswehr die Ausbildung der fghanischen Polizei betreibt – das ist wichtig und richg –, ist das nicht eine unmittelbar streitkräftespezifiche Aufgabe. Ich glaube, darüber sind wir uns im laren. Die zusätzlichen Fahrzeuge für die Ausbilungsteams der Bundeswehr müssen dann durch zusätzche Anstrengungen im Gesamthaushalt finanziert weren. Die Bundeswehr steht vor großen Aufgaben. Die euausrichtung und Transformation im laufenden Ein atz sowie eine Neugestaltung der Wehrpflicht sind nur inige Stichworte. Lassen Sie mich kurz ein paar Worte ur Wehrpflicht sagen. Herr Kollege Bonde, es geht icht darum, noch mehr Leute ungerecht zu behandeln, ondern es geht in diesem Zusammenhang um Wehrgechtigkeit. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


h sage es ganz offen: Ich bin froh, dass wir hier einen
ompromiss gefunden haben, der die Wehrpflicht im
rinzip erhält. Die Ausgestaltung mit den sechs Monaten
t eine Herausforderung an die Fantasie, den Dienst

innvoll und attraktiv zu gestalten.


(Zuruf von der SPD)


s geht auch darum, bestimmte Spielräume für Flexibili-
t – W 12, W 15, W 18 – zu eröffnen, auch für den Frei-
illigendienst. Das gilt übrigens auch für den Zivil-
ienst. Hier wird von den Hilfsorganisationen eine
rößere Flexibilität erwartet. Ich glaube, dass wir hier
on unseren jungen Leuten das entsprechende Engage-
ent erwarten können.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


inen Mix aus Pflicht- und Freiwilligendienst für diese
emeinschaft ist das, was wir brauchen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701511000

Das Wort hat der Kollege Bernhard Brinkmann für

ie SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Bernhard Brinkmann (SPD):
Rede ID: ID1701511100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
eine sehr verehrten Damen und Herren! Auf den ersten
lick erscheint der Regierungsentwurf des Verteidi-
ungshaushaltes 2010 stabil und solide.


(Dr. h. c. Jürgen Koppelin [FDP]: Und auf den zweiten Blick?)


ie Ausgaben bleiben gegenüber denen in 2009 nomi-
ell konstant, allerdings wird uns die mittelfristige Fi-
anzplanung, die im Rahmen der Haushaltsberatungen
icht neu vorgelegt worden ist, in den Jahren danach, ab
em Haushaltsjahr 2011, vor gewaltige Herausforderun-
en stellen.






(A) )



(B) )


Bernhard Brinkmann (Hildesheim)

Sehr geehrter Herr Minister zu Guttenberg, ich meine,
es gehört auch bei der ersten Lesung eines Bundeshaus-
haltes dazu, dass Sie hier im Parlament etwas zum Haus-
halt sagen und nicht nur Allgemeinplätze zum Ausdruck
bringen.


(Beifall bei der SPD)


Denn auch das haben die Soldatinnen und Soldaten und
die zivilen Kräfte der Bundeswehr mehr als verdient.
Auch ich will hier für meine Fraktion allen Soldatinnen
und Soldaten und den zivilen Kräften für ihren Einsatz
im Inland und im Ausland sehr herzlich danken. Auch
ich beziehe die Familienangehörigen ausdrücklich mit
ein.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Hier wird eine wichtige und wertvolle Arbeit für unser
Land geleistet, für die jede Soldatin, jeder Soldat und je-
der Zivilbeschäftigte nicht nur Dank, sondern auch Re-
spekt und Anerkennung verdient.

Wer sich den Umfang der Staatsverschuldung in
Höhe von 1 600 Milliarden Euro bzw. 1,6 Billionen
Euro vor Augen führt – ich sage das ohne Schuldzuwei-
sungen –, der wird in den nächsten Monaten – das gehört
zur Haushaltsklarheit und -wahrheit und zur Ehrlichkeit
dazu, und das wird sich nach der Steuerschätzung im
Mai dieses Jahres immer deutlicher herausstellen – nicht
umhinkommen, einzugestehen, dass sich auch der Ein-
zelplan 14 entsprechenden Sparmaßnahmen und Einspa-
rungen nicht entziehen kann.

Zu den Beschaffungsvorhaben, durch die mehr als
90 Prozent der Mittel gebunden sind, wurden bereits
Ausführungen gemacht. Das, was gesagt wurde, kann
ich im Wesentlichen ausdrücklich bestätigen. Der linken
Seite des Hauses sage ich aber auch: Es macht keinen
Sinn, aus dem Projekt A400M auszusteigen, weil unsere
Probleme dadurch noch viel größer würden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dann würden wir nämlich wieder bei null anfangen. Wer
sich regelmäßig mit Beschaffungsvorhaben der Bundes-
wehr beschäftigt, der weiß, dass wir dabei eigentlich
noch nie bzw. nur sehr selten auf der sicheren Seite wa-
ren. Letztlich waren die Kosten eines Beschaffungsvor-
habens immer höher als zu Beginn ermittelt.


(Paul Schäfer [Köln] [DIE LINKE]: Damit finden wir uns jetzt ab? Sehr schön!)


– Damit muss man sich nicht abfinden. Wenn Sie von
der linken Seite des Hauses aber solche Äußerungen ma-
chen, dann muss es erlaubt sein, auch auf die weiteren
Gefahren hinzuweisen. All das, was sich bei dieser Be-
schaffungsmaßnahme bis Ende des Monats noch klären
muss, ist heute zum Teil schon zum Ausdruck gebracht
worden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in den Haushaltsbe-
ratungen der nächsten Wochen, bis zur zweiten und drit-
ten Lesung, werden wir den Haushaltsentwurf auf Herz

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(C (D nd Nieren prüfen. Ich kann Ihnen an dieser Stelle auch agen, worauf es uns dabei ankommt. Wir haben immer esagt, dass wir alles tun, damit unsere Soldatinnen und oldaten bei ihren gefährlichen Auslandseinsätzen, peziell in Afghanistan, optimal ausgerüstet und gechützt sind; dazu stehen wir auch in der Opposition. eshalb müssen wir uns in den laufenden Haushaltsbetungen intensiv mit der Frage beschäftigen, ob und wo ich aufgrund der verschärften Sicherheitslage eventuell aterielle Engpässe bei der Schutzausrüstung abzeich en. Sollten solche Engpässe zu erwarten sein, ist ein chnelles Nachsteuern für uns selbstverständlich. Auch über die Personalausgaben ist schon gesprochen orden. Sie sollen um 172 Millionen Euro sinken. Dies ird im Wesentlichen mit dem Abbau des Zivilpersoals begründet. Ich will für meine Fraktion ausdrücklich rklären: Die Axt darf nicht nur bei den zivilen Stellen er Bundeswehr angelegt werden. (Zuruf von der CDU/CSU: Das hat Herr Struck doch damals so beschlossen!)


enn der Tarifvertrag im Jahr 2010 ausläuft, sollten wir
ns gemeinsam darum kümmern – Kollege Koppelin hat
ein hohes Maß an Gemeinsamkeiten gefordert –, dass

eine Geltungsdauer verlängert wird und, wenn über-
aupt, ein sozialverträglicher Abbau des zivilen Perso-
als stattfindet.


(Beifall bei der SPD)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, am 3. Februar die-
es Jahres werden wir das erste Berichterstattergespräch

Bendlerblock, im Verteidigungsministerium führen.
eute Morgen habe ich mir in Vorbereitung auf diese
ebatte die Spar- und Streichliste der FDP-Fraktion

ngeschaut. Ich meine jetzt nicht das Sparbuch der FDP.
as ist etwas völlig anderes; denn da ist etwas drauf, und

war ein Guthaben.


(Vereinzelt Heiterkeit)


h sage Ihnen voraus: In den nächsten Wochen, bis zur
weiten und dritten Lesung des Haushaltsentwurfs, wer-
en wir eine sehr spannende Auseinandersetzung erle-
en. Die Freien Demokraten haben 59 Einsparvor-
chläge gemacht.


(Dr. h. c. Jürgen Koppelin [FDP]: Schreibt ihr die jetzt alle ab?)


h bin gespannt, ob die FDP diese Vorschläge in den
aushaltsberatungen wiederholen wird oder ob sie, wie

ie es in den ersten Tagen ihrer Regierungsbeteiligung
etan hat, alles über Bord wirft, was sie in diesem Haus
lf Jahre lang stets in den Fokus der Debatte und der Öf-
ntlichkeit gestellt hat.


(Hellmut Königshaus [FDP]: Ihr fordert, was ihr bisher immer abgelehnt habt!)


Bei einem Sparvorschlag, Herr Kollege Koppelin, hat
inister zu Guttenberg Ihnen schon den Gefallen getan:

inen Staatssekretär nach Hause zu schicken, das war
in konkreter Einsparvorschlag. Die Begründung, wa-
m man das tun solle, lautete: die Bürger entlasten. Mal

chauen, ob Sie in den Haushaltsberatungen dazu kom-






(A) )



(B) )


Bernhard Brinkmann (Hildesheim)

men, dass die Bürger entlastet werden. Ich glaube, wir
werden uns in den nächsten Monaten vom Gegenteil
überzeugen können.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701511200

Das Wort hat die Kollegin Elke Hoff für die FDP-

Fraktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Elke Hoff (FDP):
Rede ID: ID1701511300

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen

und Kollegen! Wenn wir in den Angeboten, die die SPD
macht, Einsparvorschläge unserer Fraktion wiederfin-
den, werden wir unser Copyright geltend machen.


(Beifall des Abg. Dr. h. c. Jürgen Koppelin [FDP])


Wir werden sehen, wie sich das im Einzelnen darstellt.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ich bin froh,
dass sich die neue Bundesregierung in ihrem Koalitions-
vertrag auf ein sicherheitspolitisches Arbeitsprogramm
verständigt hat, das die Interessen unseres Landes abbil-
det und bei konsequenter Umsetzung auch für die Zu-
kunft sicherstellen wird, dass die Bundeswehr ein leis-
tungsfähiges Instrument deutscher Sicherheitspolitik
bleibt – unverzichtbar für den Schutz Deutschlands wie
für Krisenvorsorge und Krisenbewältigung auf interna-
tionaler Ebene.

Lieber Paul Schäfer, du hast eben mehr oder weniger
gegeißelt, dass die Bundeswehr in internationalen Ein-
sätzen tätig ist. Die zukünftigen Konflikte sind interna-
tionalisiert. Wenn wir uns den Einsatz der Bundeswehr
in maritimen Operationen anschauen, muss ich sagen:
Die Bundeswehr ist ein unverzichtbarer Bestandteil in-
ternationaler Kooperation. Ich glaube, dass die Bundes-
wehr schlecht beraten wäre, sich von solchen gemeinsa-
men Aktionen fernzuhalten.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich bin darüber hinaus der Meinung, dass die Solda-
ten der Bundeswehr, die im Ausland im Einsatz sind, ein
Aushängeschild der Bundesrepublik Deutschland dar-
stellen. Ich habe bei vielen Besuchen feststellen können,
dass die Präsenz unserer Soldatinnen und Soldaten in in-
ternationalen Strukturen das Ansehen unseres Landes
mehrt und unterstreicht. Darauf möchte ich ungern ver-
zichten.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Natürlich – ich denke, das ist überwiegend Konsens
in diesem Hause – benötigen die Soldatinnen und Solda-
ten für den gefährlichen Einsatz, in den sie gehen, die
bestmögliche Ausrüstung und Ausstattung. Ich bin

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(C (D oh, dass es uns in den vergangenen Jahren gemeinsam elungen ist, Weichen zu stellen. Ich erinnere mich noch ut an die etwas schwierige Diskussion über die Ausstatng der Bundeswehr mit IED-Schutz, mit Schutzvorchtungen gegen Sprengsätze. Wir wissen heute, dass prengsätze zu einer wesentlichen Gefährdung der Solatinnen und Soldaten geworden sind. Ich bin froh, dass ie Bundeswehr den Weg in die richtige Richtung geangen ist. Wir müssen die Beschaffung in Zukunft nach en für den Einsatz erforderlichen Fähigkeiten ausrichn. Der Haushalt ist belastet durch Investitionsentscheiungen, die in der Vergangenheit getroffen wurden. Wir önnen aus diesen Investitionen nicht von heute auf orgen aussteigen. Zum A400M hat die Koalition aber ine klare Vereinbarung gefasst: dass die Verträge einzualten sind. (Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU – Ernst-Reinhard Beck [Reutlingen] [CDU/CSU]: Das ist Wunschdenken! Da ist der Wunsch der Vater des Gedankens!)


h gehe davon aus, dass die Bundesregierung berück-
ichtigt, was die sie tragenden Fraktionen sinnvoller-
eise vereinbart haben.

Die Bundeswehr hat die Strukturanpassungen, die
folge der Machtverschiebungen nach dem Ende des
alten Krieges und angesichts der Bedrohung durch den
ternationalen Terrorismus notwendig geworden sind,
ider bis zum heutigen Tage nicht ausreichend vollzo-
en. Der eingeschlagene Transformationsprozess führte
isher nicht zu einer erfolgreichen Entwicklung und ge-
ießt in der Bundeswehr keinen besonders guten Ruf. In
iesem Bereich ist eine grundlegende Neuausrichtung
otwendig; denn die sicherheitspolitischen Herausforde-
ngen werden in Zukunft nicht enden.

Im Koalitionsvertrag ist vereinbart, dass eine Kom-
ission eingesetzt wird, die bis Ende 2010 die Eck-

unkte einer neuen Organisationsstruktur der Bun-
eswehr erarbeiten soll. Das ist nicht Ausdruck einer
ommissionitis des Verteidigungsministers, Kollege
onde, sondern das haben die Fraktionen miteinander
ereinbart. Auch das ist in der Vergangenheit in dieser
larheit und Form nicht gelungen. Ich gehe auch davon

us, Herr Verteidigungsminister zu Guttenberg, dass
iese Expertenrunde in den nächsten Monaten die Wei-
hen für diesen notwendigen Prozess stellen und es eine
elbstverständlichkeit sein wird, dass dies auch in enger
ooperation zwischen Ministerium und den Fraktionen

rfolgen wird, da eine breite Rückendeckung bei der
euausrichtung der Bundeswehr auch hier im Parlament
onnöten ist. Unsere Soldaten müssen wissen, dass der
eutsche Bundestag diese neuen Strukturausrichtungen
aller Breite mitträgt.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Wir haben eben zum gefundenen Kompromiss zur
ehrpflicht einige Einlassungen der Kolleginnen und
ollegen gehört. Nach unserer Auffassung ist eine Aus-

etzung der Wehrpflicht die richtige Zukunftsausrich-
ng; gleichzeitig haben wir aber auch immer betont,






(A) )



(B) )


Elke Hoff
dass es um Wehrgerechtigkeit geht. Insofern kann man
jetzt nicht der FDP den Vorwurf machen, wir würden die
Türe dafür öffnen, dass mehr Grundwehrdienstleistende
eingezogen werden. Vielmehr war dies ein Aspekt unse-
rer Vorstellungen zur Wehrpflicht. Ich glaube, dass der
gefundene Kompromiss einen Anreiz dafür bedeutet, die
bestehenden Einberufungsstrukturen auf den Prüfstand
zu stellen. Dadurch muss die Bundeswehr ihre Anstren-
gungen verstärken, sich so attraktiv zu machen, dass die
jungen Wehrpflichtigen sagen: Jawohl, hier will ich blei-
ben, hier habe ich eine berufliche Perspektive.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Der Bundesverteidigungsminister hat jetzt die Möglich-
keit, das Thema Wehrgerechtigkeit anzufassen. Diesen
Vorgang werden wir konstruktiv begleiten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Einsätze
der Bundeswehr sind in den letzten Jahren immer ge-
fährlicher geworden. Heute ist hier von vielen Kollegen
dankenswerterweise das wichtige Thema PTBS, post-
traumatische Belastungsstörungen, angesprochen
worden. Deswegen bin ich auch froh, dass es hier ge-
lungen ist, die Umsetzung des damals einstimmig ge-
fassten Beschlusses des Deutschen Bundestages in die
Koalitionsvereinbarung aufzunehmen. Herr Minister,
ich bin sehr zuversichtlich, dass Sie in Ihrem Hause sehr
rasch dafür sorgen werden, dass dieser einstimmig be-
schlossene Wunsch des Parlamentes für unsere Soldatin-
nen und Soldaten wirklich umgesetzt wird.

Der wichtigste Einsatz der Bundeswehr wird natür-
lich in den nächsten Monaten und Jahren absehbar die
ISAF-Mission in Afghanistan sein. Wir werden uns
auch im Deutschen Bundestag mit einer Neuausrichtung
der strategischen Überlegungen und Grundlagen für die-
sen Einsatz auseinandersetzen müssen.

Herr Minister, Sie haben den Begriff des Partnerings
heute hier im Deutschen Bundestag erwähnt. Ich halte
dies für einen sinnvollen Ansatz. Aber wir müssen auch
gleichzeitig die Frage stellen, ob die Bundeswehr in ih-
rer jetzigen Grundausrichtung dazu in der Lage ist, die
notwendigen Anforderungen des Partnerings zu erfüllen.
Ich gehe davon aus, dass wir uns, wenn dies zu einer
Grundlage für den zukünftigen Einsatz werden sollte,
sehr rechtzeitig über die notwendigen Strukturen unter-
halten. Für mich ist ein Thema – das mag zunächst etwas
banal klingen –, dass die Bundeswehr dann, wenn sie
beim Partnering mitmacht, in der Lage sein muss, mit
genügend Sprachmittlern diese Aufgabe für die Afghan
National Army zu erfüllen. Dies ist ein wichtiger Punkt,
den wir in unserer Verantwortung noch intern klären
müssen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir stehen in
den nächsten vier Jahren vor großen haushalterischen,
strukturellen und auch außenpolitischen Herausforde-
rungen, was die Ausrichtung der Bundeswehr angeht.
Ich hoffe, dass wir ihnen gemeinsam gerecht werden.
Die Signale, Herr Kollege Arnold, die heute von Ihnen
gekommen sind und die besagen, dass es einen mög-
lichst breiten Konsens über die weitere Entsendung der

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(C (D oldatinnen und Soldaten nach Afghanistan geben wird, ind wirklich der Maßstab für alle weiteren Entscheidunen in dieser Frage. Unsere Soldatinnen und Soldaten aben an dieser Stelle Klarheit und unsere Rückendekung verdient. Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit. Das Wort hat der Kollege Ulrich Meßmer für die PD-Fraktion. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ein aushalt in dieser Größenordnung bewegt eine Menge. an kann ja auch viel kritisieren und dies immer unter as Wort „Rüstung“ fassen. Aber hinter dem Wort „Rüsng“ stehen – zumindest nach meiner Einschätzung und rkenntnis – auch viele Menschen, die davon leben, den Existenz davon abhängt. Auch bei denen, die uns beefern – ich möchte das Stichwort „A400M“ aufgreifen –, tehen Menschen dahinter. Wenn ich das Handelsblatt on heute richtig gelesen habe, Herr Minister, dann ist ohl klar, dass die Verantwortlichkeit für die fehlenden illiarden weder bei der Vertragsgestaltung der Vorgän erregierung noch bei der Abwicklung im Ministerium u suchen ist, sondern eindeutig beim Management der ADS. Deshalb habe ich die herzliche Bitte: Wenn hier erhandelt wird, dann müssen die Interessen der Steuerahler gewahrt werden. Es dürfen nachher allerdings icht die Arbeitnehmer bei EADS die Leidtragenden ein. „Hart sein“ darf nicht bedeuten, dass die Menchen, die eine gute Arbeit für unsere Bundeswehr leisn, auch im fliegenden Bereich – davon kann man sich den Tag überzeugen –, nachher die Leidtragenden oder ie Opfer eines solchen Skandals sind. Ich habe die herzche Bitte, dies dabei zu berücksichtigen. Ich möchte ein aktuelles Ereignis ansprechen, weil ich die Bilder davon bewegen; ich weiß nicht, wie Ih en das geht. Ich habe im Fernsehen eben noch Bilder on Haiti jetzt nach dem neuen schweren Erdstoß geseen. Die Lage dort ist für die Menschen katastrophal: für ie Bevölkerung, für die internationalen Helfer, aber uch für alle anderen, die helfen wollen. Ich bin mehrch darauf angesprochen worden, ob es nicht mögli herweise auch seitens der Bundeswehr Unterstützung nd Hilfe geben kann, ähnlich wie sie bei dem Tsunami amals geleistet worden ist. Hier wäre sicherlich die rage etwa an die Marine zu richten, was geht. Ich bin igentlich sicher, dass man sich darüber schon Gedanken acht. Zügiges Handeln ist hierbei erforderlich. Ich glaube, dass beim Verteidigungshaushalt häufig icht gesehen wird, wie viele Menschen davon abhänen. Wir muten den Bediensteten, aber auch den Famien bei der Veränderung der Bundeswehr eine ganze enge zu; Frau Hoff, da gebe ich Ihnen durchaus recht. enn die Bundeswehr in Zukunft etwas bedeuten soll, Ullrich Meßmer dann muss sie auch ein attraktiver Arbeitgeber sein; ich will nicht sagen „werden“; das würde möglicherweise Widerspruch heraufbeschwören. Sie muss daran arbeiten, dass sie zukünftig ein attraktiver Arbeitgeber ist und als solcher auch erkennbar ist. Dafür muss noch eine ganze Menge getan werden. „Attraktivität“ heißt natürlich, dass Ausund Weiterbildung ins Zentrum einer beruflichen Entwicklung rücken müssen. Es muss berufliche Perspektiven geben. Es muss die Möglichkeit geben, wie in der Wirtschaft Karrieren zu gestalten – das bekomme ich immer mit –, Karrieren aber auch planbar zu machen. Ich meine, dass sich die Bundeswehr mehr noch auf die Bedürfnisse junger Menschen und junger Familien einstellen muss und mehr dafür tun muss, dass auch junge Familien ein Interesse daran haben, ihre Lebensplanung dort zu verwirklichen. Ich weiß, dass dies bei den besonderen Aufgaben sehr schwierig ist; das braucht mir niemand zu sagen. Es wäre spannend gewesen, in diesem Haushalt ein paar Antworten darauf zu finden. Ich glaube nämlich schon, dass dies Auswirkungen auf künftige Investitionen hat, ob das Wohnungen, Kinderbetreuungsmöglichkeiten oder Ähnliches betrifft. Es muss sich im Haushalt widerspiegeln, dass die notwendigen Investitionen getätigt werden. Es ist viel gedankt worden – dem schließen wir uns ausdrücklich an; meine Vorredner aus der Fraktion haben es schon gesagt –, aber Dank allein reicht nicht aus; es muss auch erkennbar werden, dass die Bundeswehr ein attraktiver Arbeitgeber ist. Das bedeutet, dass in den Fragen von Besoldung und Aufstieg eine ganze Menge getan werden muss. Vor dem Hintergrund der Diskussionen, die immer wieder geführt werden – ich habe sie auch im Fernsehen regelmäßig verfolgt –, muss klar sein: Wer eine Dienstoder Arbeitsstelle bei der Armee hat, braucht keine Angst vor der Zukunft oder vor dem Alter zu haben. Hierbei stellen sich sicherlich eine ganze Menge Fragen, auch was Gerechtigkeit und entsprechende Altersversorgung angeht. In diesem Zusammenhang sollte man vielleicht so ähnlich, wie es in der Wirtschaft der Fall ist, darüber nachdenken, ob nicht auch die Zeitsoldaten in den Genuss einer zusätzlichen Altersversorgung kommen sollten. Ich selber habe erlebt, wie sich in der Wirtschaft Veränderungen ergeben und wie viel bereits heute dafür getan wird, für die Menschen in Zukunft ein attraktiver Arbeitgeber zu sein. Wenn sich die Bundeswehr in diesem Bereich weiterentwickeln will, dann muss sie heute für junge Menschen attraktiv werden, damit sie auch in 20 Jahren kompetentes Personal hat, das gut ausgebildet und in der Lage ist, eigenständig notwendige Entscheidungen im Rahmen des jeweiligen Aufgabengebietes oder auch Einsatzgebietes zu übernehmen. Ich lobe ausdrücklich auch das zivile Engagement der Soldatinnen und Soldaten in der Öffentlichkeit, ohne das viele kulturelle, aber auch sportliche Ereignisse nicht möglich wären. (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. h. c. Jürgen Koppelin [FDP])


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701511400

(Beifall bei der SPD)

Ullrich Meßmer (SPD):
Rede ID: ID1701511500

(Beifall bei der SPD)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der SPD)


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(C (D h erlebe es regelmäßig im Bereich der Behindertenausildung, aus dem ich selbst komme, dass sich das Heesmusikkorps engagiert und Maßnahmen für behinderte enschen entsprechend unterstützt werden. Das Musik orps hat sich selbst in Bereichen der Gesellschaft, von enen man das vielleicht nicht vermutet, ungeheuer hohe nerkennung erworben. Wenn es um die Umsetzung von Maßnahmen geht, erden wir auf Ihr Angebot zurückkommen. Wir wollen ie Einrichtung eines Unterausschusses vorschlagen, um ie Modernisierungsmaßnahmen zu begleiten und zu unrstützen. Dabei wird sich zeigen, Herr Minister, ob ine Zusammenarbeit mit den übrigen Fraktionen des auses tatsächlich gewollt ist und ob Anregungen aufgeriffen werden. Wir sind jenseits der aktuellen aufgeregten Diskusion gerne dazu bereit. Wir werden sehen, wie sich das anze entwickelt. Ich bin sehr gespannt, wie die Anreungen auch meiner Fraktion aufgenommen werden. Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. Kollege Meßmer, das war Ihre erste Rede im Deut chen Bundestag. Wir wünschen Ihnen auch in Ihrer eiteren Arbeit viel Erfolg. Für die Unionsfraktion spricht nun der Kollege laus-Peter Willsch. Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und erren! Liebe Kollegen! Liebe Kameraden von der Mane! Wenn wir heute den Verteidigungshaushalt beraten, ann geht es um einen Bereich, der – schon in vordemoratischer Zeit – einen Kern staatlichen Handelns dartellte. Die Sicherstellung der inneren Sicherheit und rdnung und der Schutz der Bevölkerung vor äußerer edrohung oder vor Freiheitsgefährdung von außen geören zu den klassischen Aufgaben. Die Diskussionen über die Mandatierung von Einätzen zeigen, dass wir häufig sozusagen eine mediale elt gegen uns haben, mit der wir umgehen müssen. enn wir in den Wahlkreisen nach diesem Thema geagt werden – speziell denke ich an den Einsatz in Afhanistan –, dann merken wir, dass sich sehr viele dabei nwohl fühlen. Es ist kein Problem, die Unterstützung er Öffentlichkeit für die Bundeswehr zu finden, wenn s um die Vogelgrippe geht, wenn verendete Vögel einusammeln sind oder im Oderbruch Sandsäcke gechleppt werden müssen. Auch was die aktuelle Situation in Haiti angeht, ist eines Wissens bereits eine Übersicht über verfügbare apazitäten ans Auswärtige Amt übermittelt worden, amit dort zentral gesteuert werden kann, welche Buneswehrkapazitäten und Teileinheiten zum Einsatz komen können. Bei solchen Einsätzen ist es immer sehr infach, breite Sympathie für die Bundeswehr zu be Klaus-Peter Willsch kommen. Wenn es aber um Einsätze in ihrem eigentlichen Kernbereich geht, wird es schwierig, weil wir auf einmal in kriegerischen Situationen sind. Dass das nicht einfach ist, wissen wir alle. Deshalb ist es für mich wichtig, dass es in der Frage der Mandate eine breite Übereinstimmung in diesem Haus gibt. Wenn in diesem Haus ein Mandat erteilt wird, gehört es dazu, dass wir als Bundestag einen Beschluss über die erforderliche Ausstattung und Ausrüstung für dieses Mandat fassen. Das ist ein Gegenstand der Haushaltsdebatte über den Einzelplan der Verteidigung. Wir tun gut daran, wenn wir Einsätze wie den in Afghanistan nicht zu sehr überfrachten, zum Beispiel mit Forderungen nach Frauenbeauftragten in allen Provinzen sowie dem Errichten einer vorbildlichen rechtsstaatlichen Ordnung. Damit verheben wir uns in einem Land wie Afghanistan, das vielleicht noch nicht die Voraussetzungen dafür hat. Wir spiegeln dann etwas vor, was eigentlich nicht notwendig ist. Der Sinn des Einsatzes in Afghanistan ist, der Bedrohung, die aus der Tatsache herrührt, dass in diesem Land al-Qaida den Westen und unsere Art, zu leben, frontal angegriffen hat, entgegenzuwirken. Das steht für sich alleine. Das Militär ist dafür da, die Interessen unseres Landes notfalls auch im Ausland zu vertreten bzw. die Freiheit Deutschlands am Hindukusch zu verteidigen, wie es ein Amtsvorgänger von Herrn Guttenberg gesagt hat. – Richtig, die Sicherheit. – Ohne Überhöhungen und Illusionen wäre es viel leichter, die in der Außenpolitik vorhandenen Notwendigkeiten und auch die militärischen Einsätze rational zu begründen. Das ist wichtig im Blick auf die Soldaten, die wir dorthin schicken, und ihr Empfinden. Ich erlebe immer wieder, wie hier in Deutschland am Schneidetisch in Zeitlupe oder Zeitraffer und mit sieben Monitoren Situationen nachgestellt werden, in denen ein Soldat sofort handeln muss, wenn er nicht riskieren will, dass die ihm anvertrauten Soldaten bzw. seine Kameraden zu Schaden kommen oder dass der Auftrag nicht erfüllt wird. Es ist aber ungeheuer schwierig, am Schreibtisch die Situationen, in denen sich die Soldaten befinden, nachzuvollziehen; denn die Soldaten nehmen die Situationen ganz anders wahr. Es gab in der Welt am Sonntag einen Bericht eines deutschen Hauptmanns, der seit November den Alltag in der Region Kunduz erlebt. Er schreibt: In den Medien sind wir ja oft nur eine Randnotiz. Wenn’s nicht knallt, interessiert es keinen, was hier passiert. Als im Sommer die drei deutschen Soldaten gefallen sind, war das drei Tage lang in der Presse. Und dann ist Michael Jackson gestorben … Ich glaube, die Medien haben den Auftrag und die Verantwortung, sich um unsere Soldaten in positivem Sinn zu kümmern und Öffentlichkeit für sie herzustellen. Auch wir, die wir im Bundestag Debatten darüber führen, müssen das Unsere dazutun, indem wir im richtigen Ton darüber reden und unsere Verantwortung gegenüber den Soldaten, die wir in den Einsatz schicken, wahrnehmen. w g H B N d Z n W d g S s W in te te e A in n M te z S a h tr P je s E v H M k m E fe E g h re d V g d d h e d d g d tu (C (D Damit komme ich – ich kann das verkürzt darlegen, eil andere Kollegen die einzelnen Posten schon durchegangen sind – zu den Haushaltszahlen selbst. Der aushalt der Verteidigung ist durch die Einsätze der undeswehr geprägt. Wir erleben auch Neuerungen. ormalerweise geht die Verlaufskurve der einsatzbeingten Mehrkosten bei Einsätzen nach einer gewissen eit nach unten. Beim Einsatz in Afghanistan ist das icht der Fall. Hier geht die Kurve stetig nach oben. enn man mit Leuten spricht, die das Gerät unterhalten, as aus dem Einsatz zurückkommt, dann hört man folende Beschreibungen: Das Gerät wirkt, als ob es mit andpapier geschmirgelt worden wäre. – Es muss also ehr viel mehr für die Materialerhaltung getan werden. ir sorgen dafür, dass das möglich ist. Wir werden das haushaltspolitisch sehr schwieriger Zeit in den nächsn Jahren zu bewältigen haben. Ein schlichtes Festhaln am Plafond ist relativ wenig vor dem Hintergrund rstens einsatzbedingter Mehrausgaben und zweitens des nwachsens der Versorgungslasten, die wir seit 2004/05 den Einzelplänen berücksichtigen. Wir müssen uns üchtern bewusst machen, dass es notwendig sein wird, ittel entweder an anderer Stelle im Haushalt des Veridigungsministeriums selbst oder in anderen Bereichen u mobilisieren. Es kann kein Vertun geben: Wenn wir oldaten in Einsätze schicken, dann müssen wir sie so usrüsten, dass sie unter größtmöglichem Schutz und mit öchstmöglicher Wirksamkeit ihren gefährlichen Aufag erfüllen können. Das ist unsere Verantwortung als arlament. Dafür stehen wir ein. Lassen Sie mich noch kurz etwas zu den Großprokten sagen. Ich bin der Bundesregierung dankbar, dass ie in den Gesprächen, die jetzt geführt werden, auf die inhaltung von Verträgen pocht, denn das ist das Selbsterständlichste der Welt. Wir haben dieses Thema im aushaltsausschuss intensiv beraten. Auch ich kenne enschen, die bei Firmen arbeiten, die betroffen sein önnten, wenn der angedrohte Ausstieg aus dem Projekt ehr ist als Theaterdonner und Verhandlungsstrategie. s ist jedenfalls nicht klug, solche Verhandlungen in öfntlicher Debatte im Deutschen Bundestag zu führen. s ist notwendig, dass die Bundesregierung und die Reierungen der anderen Länder, die den A400M bestellt aben, die Verhandlungen eingedenk der Tatsache fühn, dass geschlossene Verträge einzuhalten sind und ass die Fähigkeiten, deren Fehlen zum Abschluss dieser erträge geführt hat, der Truppe trotzdem zur Verfügung estellt werden müssen; das erwartet das Parlament von er Regierung. Die Union ist ein treuer Partner der Bundeswehr, und ie christlich-liberale Regierungsmehrheit wird es auch ier im Parlament sein. Wir laden alle anderen herzlich in, den Soldaten gerade bei den zentralen Fragen, bei enen es um den Einsatz, die Tüchtigkeit des Materials afür und die richtigen Einsatzbedingungen geht, zu zeien, dass sie eine Parlamentsarmee, dass sie eine Armee es ganzen Parlaments sind. Ich wünsche uns gute Berangen für den Einzelplan 14. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. Weitere Wortmeldungen zu diesem Einzelplan liegen nicht vor. Wir kommen damit zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Einzelplan 23. Das Wort hat der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Dirk Niebel. Dirk Niebel, Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man den Schmerz und die Verzweiflung der Menschen in Haiti sieht, fällt es wohl keinem von uns leicht, einfach zur Tagesordnung überzugehen. Irgendjemand hat gesagt, die Zustände seien geradezu apokalyptisch. Ich glaube, das trifft es sehr gut. Deswegen bin ich mir sicher, dass alle Mitglieder dieses Hauses der Überzeugung sind, dass schnell, solidarisch und vor allem wirksam geholfen werden muss. (Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701511600

(Beifall)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Klaus-Peter Willsch (CDU):
Rede ID: ID1701511700




(A) )


(B) )


(Zuruf von der SPD: Die Sicherheit!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)





(A) )


(B) )

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701511800

(Beifall bei der FDP)


Aus diesem Grund bin ich nicht nur für den Applaus
auch der Opposition dankbar, sondern ich bin auch der
Bundesregierung dankbar, dass sie schnell reagiert hat.
Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammen-
arbeit und Entwicklung hat mittlerweile insgesamt
5 Millionen Euro für Nahrungsmittelsoforthilfe zur Ver-
fügung gestellt. Zusammen mit den Mitteln des Auswär-
tigen Amtes aus Nothilfetiteln sind es insgesamt
10 Millionen Euro für Maßnahmen der humanitären So-
fort- und Nothilfe. Wenn man unseren 20-prozentigen
Anteil an der EU-Hilfe hinzurechnet – das sind noch ein-
mal etwa 60 Millionen Euro –, sind wir in einem Bereich
von ungefähr 70 Millionen Euro Soforthilfe, mit denen
wir unsere Solidarität mit den Menschen in Haiti bei der
ersten Runde der Hilfestellung deutlich zum Ausdruck
gebracht haben.

Darüber hinaus werden wir uns auch mit dem Wieder-
aufbau beschäftigen. Das sollten wir allerdings interna-
tional abgestimmt im Rahmen einer gemeinsamen Ge-
berkonferenz tun.

Haiti zeigt wieder eines: Entwicklungspolitik muss
schnell sein, aber Entwicklungspolitik muss auch lang-
fristig wirken. Sie darf nicht nur Hilfe, sondern sie muss
auch Hilfe zur Selbsthilfe sein und die Selbsthilfekräfte
in unseren Partnerländern stärken. Unter diesem Ge-
sichtspunkt ist der heutige Entwurf für den Haushalt
2010 ein Entwurf mit einer klaren liberalen Handschrift.


(Beifall des Abg. Dr. h. c. Jürgen Koppelin [FDP])


Wir haben in diesem Haushalt einen Aufwuchs von
67 Millionen Euro im Vergleich zum Jahre 2009 oder
– anders formuliert – einen Aufwuchs von 44 Millionen
Euro gegenüber den Vorgaben des letzten, abgewählten
SPD-Finanzministers.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



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(C (D Wir haben also eine gute Kombination von Vorsorge r unsere internationalen Verpflichtungen einerseits und inem klar erkennbaren Sparwillen vor dem Hintergrund er schwersten Wirtschaftsund Finanzkrise, in der uner Land je gewesen ist, andererseits. Wir machen deutch, dass Entwicklungspolitik einen hohen Stellenwert r diese Bundesregierung hat; deswegen wächst der tat trotz aller schwierigen Rahmenbedingungen. Aber ir machen auch deutlich, dass wir in gesamtwirtschaftche Rahmenbedingungen eingebettet sind, die wir nicht ur Seite schieben können. Was unsere internationalen Verpflichtungen anbeifft, werden wir im Bereich des Klimaschutzes – unere Partnerländer sind vom Klimawandel weit überproortional betroffen – einiges an Leistungen zu erbringen aben, die heute noch nicht vollständig in den Hausaltsentwürfen abgebildet sein können, weil die Kopenagener Konferenz leider kein Ergebnis gebracht hat. ir werden auch vor dem Hintergrund dessen, was uns ie Afghanistan-Konferenz beschert und mit dem Wisen, dass diese Bundesregierung den Schwerpunkt des ukünftigen Engagements auf die zivile Aufbauarbeit leen möchte, noch einiges mehr tun, als im Moment im aushalt widergespiegelt sein kann, weil die Afghanisn-Konferenz noch nicht stattgefunden hat. Erlauben Sie mir, darauf hinzuweisen, dass wir auch ier schon einige Erfolge vorweisen können, insbesonere im Norden, wo wir auch Verantwortung für die Siherheit tragen. 75 Prozent der Menschen im Norden Afhanistans können mittlerweile durch Beschäftigung ein igenes Einkommen erzielen. 60 Prozent aller Kinder in ordafghanistan haben die Gelegenheit, eine Schule zu esuchen. Wir werden dafür sorgen, dass mit dem weiten entwicklungspolitischen Engagement der Bundesre ublik diese Friedensdividende weiter ausgeweitet ird. Unser Haushaltsentwurf ist eindeutig ein Aufbruchsignal, ein Signal, dass das Bundesministerium für wirtchaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung wieder as Schlüsselressort in Deutschland für die ODA werden uss. Wir stellen uns nicht zuerst die Frage, ob der aushalt zu groß oder zu klein ist; zuerst stellen wir uns ie Fragen: Ist unsere Entwicklungspolitik wirksam und ichtbar? Sind multilaterale Maßnahmen effektiver? erden privates Kapital und die private Wirtschaft zum ohle unserer Partnerländer ausreichend eingebunden? ird vor allem die Zivilgesellschaft gestärkt? Denn wir ollen, dass wirkliche Veränderungen aus der Mitte der esellschaft, also aus der Zivilgesellschaft heraus, ericht werden, und zwar nicht nur in Deutschland, son ern auch und vor allem in unseren Partnerländern. enn wir das mit der Frage kombinieren, ob wir mit un erer Politik mehr Freiheit und Eigenverantwortung rreichen, und diese Frage bejahen können, dann können ir sagen, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Man stellt fest, dass sowohl die mediale als auch die ppositionelle Aufgeregtheit etwas weniger wird. Die ustimmung wird etwas größer. Dass das BMZ Armut ekämpft, ist nicht falsch – richtig ist, dass private Wirt Bundesminister Dirk Niebel: Bundesminister Dirk Niebel schaftlichkeit Basis der Armutsbekämpfung ist. Budgethilfe ist nicht immer falsch, aber es ist richtig, sie kritisch zu überprüfen. China ist kein Entwicklungsland, aber es ist richtig, China an den Lösungen globaler Herausforderungen zu beteiligen. Multilaterale Ansätze sind nicht immer effizienter. Richtig ist es aber, die Effizienz bilateraler Arbeit zu stärken. Wir als Bundesregierung sind für Sie alle sehr leicht durchschaubar. Unsere Messlatte, an der wir uns messen lassen müssen, ist unser Koalitionsvertrag. Diesen werden wir in dieser Legislaturperiode unserem Handeln zugrunde legen. Wir haben schon einiges geschafft, wenn auch noch lange nicht alles. Wir sind noch nicht einmal 100 Tage im Amt, aber Schwerpunkte sind klar erkennbar. Wir haben die Wirksamkeit und Sichtbarkeit der deutschen Entwicklungspolitik gestärkt. Statt mangelnder Abstimmung haben wir eine bessere Kohärenz zwischen Entwicklungs-, Außenund Außenwirtschaftspolitik schon heute erreicht, und zwar dadurch, dass wir einfach etwas tun, was im zwischenmenschlichen Bereich üblich ist, nämlich indem wir miteinander reden. Wir haben die Schlagkraft und die Steuerungsfähigkeit des BMZ in den Blick genommen, und wir wollen beide in dieser Legislaturperiode durch eine Reform der Durchführungsorganisation erhöhen. In weniger als 100 Tagen nach der Amtsübernahme werden wir die ersten Vorschläge miteinander prüfen. In weniger als 200 Tagen nach der Amtsübernahme werden die ersten Vorschläge für eine Reorganisation im Kabinett beraten werden. Wir erhöhen unsere Anstrengungen für ländliche Entwicklung, Gesundheit und vor allem für Bildung, weil Bildung die Grundlage dafür ist, dass man ein selbstbestimmtes Leben in Freiheit und ohne Armutsrisiko führen kann. Das wird einer unserer Schwerpunkte sein. Auch die Zivilgesellschaft wird ausdrücklich gestärkt, was im Haushaltsentwurf sichtbar ist. Wir wollen ausdrücklich auf die Zivilgesellschaft, die Kirchen und insbesondere auf die politischen Stiftungen einen größeren Schwerpunkt legen, als das früher der Fall war. Die Kooperation mit der privaten Wirtschaft wird überproportional gestärkt. Auch das sehen Sie an einem zusätzlichen Haushaltsansatz von 10 Millionen Euro. Der Schwerpunkt auf Eigenfinanzierung unserer Partner durch Mikrofinanzkredite soll dazu führen, Grundlagen für ein selbstbestimmtes Leben zu schaffen. Wir werden das mit einer größeren Werteund Interessengebundenheit unserer Entwicklungspolitik kombinieren. Um allen Vorurteilen entgegenzuwirken: Schauen Sie sich an, was der erste Minister in diesem Amt, Walter Scheel, gemacht hat: Er hat für die Bundesrepublik Deutschland die Grundlagen für eine liberale internationale Entwicklungspolitik gelegt. Diese Regierung wird genau hier anknüpfen. F u d d s m h a s s s d Ic d lo J fa w D lo S E p Ic m g e s S le b h g m M e e (C (D Vielen herzlichen Dank. Das Wort hat die Kollegin Bärbel Kofler für die SPD raktion. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen nd Kollegen! Ich kann mich in einem einzigen Punkt en Ausführungen des Ministers anschließen: Es ist ringend nötig, dass den Menschen in Haiti sehr schnell, ehr unbürokratisch, sehr unkompliziert und sicher mit ehr als 10 Millionen Euro Notund Übergangshilfe ge olfen wird. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701511900

(Beifall bei der SPD)

Dr. Bärbel Kofler (SPD):
Rede ID: ID1701512000

Dann hören die Gemeinsamkeiten aber sehr schnell
uf. Ich muss sagen: Seit ich im Bundestag bin, habe ich
elten eine so uninspirierte und für das Thema leiden-
chaftslose Rede eines Ministers zu seinem eigenen Res-
orts gehört.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


In den letzten Jahren habe ich meine Haushaltsrede in
er Regel damit beginnen können, dass ich gesagt habe:
h freue mich über den Aufwuchs, den die Ministerin

urch Verhandlungen erreicht hat. Zur Erinnerung – es
hnt sich, Zahlen in Relation zu setzen –: Im letzten

ahr, das ebenfalls schwierig war, und in dem es eben-
lls eine Krise zu bewältigen galt, gab es einen Auf-
uchs um 12,4 Prozent, also um 600 Millionen Euro.
ieses Geld stand zur Bekämpfung von Armut, von öko-
gischem und sozialem Raubbau und zum Aufbau von
trukturen zur Verfügung. Darum geht es nämlich in der
ntwicklungspolitik: Entwicklungspolitik ist Struktur-
olitik.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


h wäre sehr dankbar, wenn das vom Ministerium ein-
al zur Kenntnis genommen würde.

Leider kann ich meine Rede dieses Jahr nicht so be-
innen. Wie hoch ist der Aufwuchs nämlich? Sie haben
s selbst erwähnt: 67 Millionen Euro. Man könnte fast
agen: Es ist ein Nullaufwuchs; es passiert nichts.


(Widerspruch bei der CDU/CSU)


ie zitieren immer wieder den Haushaltsentwurf von Juli
tzten Jahres. Sie wissen ganz genau: Im Juli ist ein Ka-
inettsentwurf ohne Ressortabstimmungen, ohne Ver-
andlungen vorgelegt worden. Eines kann ich Ihnen sa-
en: So einen mutlosen, so einen fantasielosen Entwurf
it einem Aufwuchs von 67 Millionen Euro hätte eine
inisterin Wieczorek-Zeul nie zugelassen. Sie hätte sich

rfolgreich für mehr Mittel für diesen wichtigen Bereich
ingesetzt.






(A) )



(B) )


Dr. Bärbel Kofler

(Beifall bei der SPD – Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Den Haushalt habt ihr doch mitbeschlossen! Der ist noch einmal erhöht worden!)


Sie haben sich nicht nur vom 0,51-Prozent-Ziel in
diesem Jahr, sondern auch von einer grundsätzlichen,
stetigen Aufbauarbeit in diesem Ressort – von der Errei-
chung des 0,7-Prozent-Ziels bis 2015 – verabschiedet.
Sie tragen immer wie eine Phalanx vor sich her, dass die
Erreichung des 0,7-Prozent-Ziels im Koalitionsvertrag
steht. Wenn man diesen Vertrag einmal genau nachliest,
stellt man aber fest, dass darin keine Jahreszahl steht.
Für den Einzelplan 23 sehen Sie für das Jahr 2011 ein
Minus von 0,7 Prozent vor; zu den folgenden Jahren äu-
ßern Sie sich nicht. Wir haben gestern gelernt, dass es
mit dieser Regierung keine mittelfristige Finanzplanung
geben kann, da im Mai in Nordrhein-Westfalen Land-
tagswahlen stattfinden. Man wird darauf warten müssen,
bis von Ihrer Seite vernünftige Angaben zu unserem Ein-
zelplan gemacht werden.

Gerade für unser Ressort ist es von großer Bedeutung,
dass man den Aufwuchs verstetigt. Diejenigen, die Sie
eben angesprochen haben – zivile Kräfte, Kirchen, Stif-
tungen und auch die Wirtschaft; ich habe gar nichts da-
gegen, dass sie mehr bekommen; im Gegenteil, dort wird
gute Arbeit geleistet –, brauchen nicht nur einen höheren
Barmittelansatz, sondern mehr über Verpflichtungser-
mächtigungen zugesagtes Geld, damit sie wissen, was
ihnen in den nächsten Jahren zur Verfügung stehen wird,
damit sie ihre gute Arbeit fortführen können und damit
sie gerade für die Zivilgesellschaft – Sie haben sie ange-
sprochen – etwas tun können.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701512100

Kollegin Kofler, gestatten Sie eine Zwischenfrage?


Dr. Bärbel Kofler (SPD):
Rede ID: ID1701512200

Aber selbstverständlich.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701512300

Herr Fischer, bitte.


Hartwig Fischer (CDU):
Rede ID: ID1701512400

Liebe Kollegin, ist Ihnen bekannt, dass die

65 Millionen Euro Aufwuchs in diesem Haushaltsplan
auf Grundlage des Haushalts beschlossen worden sind,
den Herr Steinbrück in der mittelfristigen Finanzplanung
vorgelegt hat?


(Dr. h. c. Jürgen Koppelin [FDP]: Der hat eine Ressortabstimmung gemacht!)



Dr. Bärbel Kofler (SPD):
Rede ID: ID1701512500

Sehr geehrter Herr Kollege Fischer, natürlich ist mir

das bekannt. Ich habe ja gerade ausgeführt, vor welchem
Hintergrund hier Verhandlungen über die Zukunft statt-
gefunden haben. Sie können gern das Gespräch mit der
Ministerin von damals suchen. Selbstverständlich wurde
vor der Wahl keine Abstimmung vorgenommen, was den
zukünftigen Aufwuchs anbelangt.

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(C (D (Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Falsch!)


Ich möchte Ihnen noch eines sagen: Im Zusammen-
ang mit diesem Haushalt hätte man auch einmal ein
aar Ausführungen dazu machen können, dass laut aktu-
ller Steuerschätzung in diesem Jahr 10 Milliarden Euro
ehr zur Verfügung stehen. Vielleicht wird gleich einer
einer Kollegen noch darauf eingehen. Man hätte also

twas von diesen 10 Milliarden Euro oder auch von der
Milliarde Euro, die nun den Hoteliers zugute kommt,
inige Mittel für den Einzelplan 23 verwenden können.


(Beifall bei der SPD – Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Sie haben sie doch schon in 13 anderen Ressorts verplant!)


Ich verteile sie aber hier. Sie haben sie nur an die Hote-
ers gegeben.

Schauen wir uns das ganze Trauerspiel um diesen
aushalt weiter an. Sie, Herr Minister, haben von großen
inien gesprochen. Ich erkenne keine einzige große Li-
ie in diesem Einzelplan. Das Einzige, was Sie getan ha-
en, ist, beim Globalen Fonds zur Bekämpfung von
ids, Tuberkulose und Malaria 58 Millionen Euro zu

treichen. Hierzu hätte ich gerne heute von Ihnen ein
lärendes Wort gehört. Es ist richtig, was in den Erläute-
ngen im Haushaltsentwurf zu diesem Titel steht, näm-

ch dass dieser Fonds ein bedeutendes „Finanzierungs-
strument in der internationalen Zusammenarbeit zur
ekämpfung von HIV/Aids, Tuberkulose und Malaria“
t. Gleichzeitig sagen Sie, dass Sie die zugesagten Mit-
l in Höhe von 200 Millionen Euro nicht in voller Höhe

bfließen lassen können, da Sie im Koalitionsvertrag
ine Verteilung der bilateralen und multilateralen deut-
chen Leistungen im Verhältnis von zwei Dritteln zu ei-
em Drittel vereinbart haben. Jetzt frage ich mich: Wo
t hier die große Linie?

Hier geht es um die Bekämpfung von Krankheiten
nd um Gesundheitsförderung gerade in ländlichen Ge-
ieten bei den Ärmsten der Armen. Man sollte nämlich
inmal zur Kenntnis nehmen, was durch den Globalen
onds seit 2002 erreicht wurde: 2,5 Millionen HIV-Er-
rankte haben Unterstützung bekommen, 104 Millionen
enschen haben Moskitonetze bekommen, Hunderttau-

ende Beschäftigte im Gesundheitsbereich wurden aus-
nd weitergebildet. Sie aber entziehen sich den Zusagen,
ie die Bundesrepublik Deutschland gemacht hat, und
efährden damit gleichzeitig diese sinnvolle Politik. Sie
etzen damit auch den Ruf unseres Landes als verlässli-
her Partner in diesem Bereich aufs Spiel.


(Dr. Barbara Hendricks [SPD]: So ist es!)


Auf eine Anfrage der Kollegin Roth vom Beginn die-
es Monats schreiben Sie, Frau Kopp – Sie haben es ja
elbst unterschrieben –, auch noch: Diese Kürzung um
8 Millionen Euro ist richtig und gewollt. Als sich dage-
en öffentlicher Protest regt, wird zurückgerudert. Im
aushaltsentwurf steht allerdings immer noch der An-

atz von 142 Millionen Euro. Ich hätte sehr gerne einmal
in paar Aussagen von Ihnen dazu, was nun passiert.
etzen Sie den Ansatz wieder auf 200 Millionen Euro,
ie es zugesagt war.






(A) )



(B) )


Dr. Bärbel Kofler
Die politische Halbwertszeit Ihrer Äußerungen ist al-
lerdings bezüglich der Finanzierung von Entwicklungs-
zusammenarbeit – das gilt auch für viele andere Dinge –
nicht sehr hoch. Im Dezember konnten wir lesen, dass
Sie gegen die Einführung einer Finanztransaktionsteuer
zur Finanzierung der Entwicklungszusammenarbeit
sind. Nach Ihrem Treffen mit Zoellick hört man von Ih-
nen, dass man dafür vielleicht doch noch Mittel einset-
zen könne; man wolle mal sehen, was beim G-20-Tref-
fen herauskomme. Ich höre gerne, dass das bei Ihnen
neuerdings ein Thema sein soll, Herr Niebel; ich be-
zweifle es nur. Vieles von dem, was Sie sagen, richtet
sich nur nach der politischen Tagesform und dem, was
gerade opportun ist. Wichtig ist, dass Sie einen Vor-
schlag vorlegen, wie Sie das von Ihnen erklärte Ziel ei-
ner ODA-Quote von 0,7 Prozent erreichen wollen. Es
gibt keine einzige Aussage zu den Finanzen von Ihnen,
die belastbar ist und belegt, dass Sie etwas tun, um die
ODA-Quote auf 0,7 Prozent zu erhöhen.

Eine Anmerkung zur grundsätzlichen Ausrichtung
von Struktur- und Entwicklungspolitik. Sie reden im-
mer nur davon, dass die Wirtschaft es richten soll. Das
ist Ihr Credo. Es wäre ganz schön, wenn Sie in den Län-
dern, in denen Sie unterwegs sind, genauer hinhören
würden. Auf der Konferenz in Accra hat, wie ich finde,
der ghanaische Präsident etwas sehr Vernünftiges gesagt.
Er hat gesagt: Entwicklungspolitik muss dazu beitragen,
dass in den Ländern administrative Strukturen aufgebaut
werden; diese sind nämlich Voraussetzung dafür, dass
überhaupt ökonomische Strukturen wachsen können.
Das ist die richtige Ausgangsposition. Hier muss Struk-
turpolitik ansetzen. Administrative, rechtliche, soziale
Infrastruktur muss aufgebaut werden, damit Investitio-
nen in diesen Ländern überhaupt stattfinden können und
sie sich entwickeln können. Schauen Sie sich einmal ei-
nen Großteil der Länder an. Glauben Sie, dass es zur Ar-
mutsbekämpfung ausreicht, dort ein deutsches mittel-
ständisches Unternehmen anzusiedeln?


(Harald Leibrecht [FDP]: Macht doch keiner!)


Das ist doch – ich sage es jetzt einmal höflich – völlig
naiv, was da zum Teil geäußert wird.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Das hat nichts mit verantwortungsbewusster Entwick-
lungs- und Stukturpolitik zu tun.

Ich denke, da unterscheidet sich grundsätzlich unser
Staatsverständnis. Das sieht man auch an dem, was die
FDP in diesem Land macht. Wir als Sozialdemokraten
haben ein anderes Staatsverständnis, nämlich dass der
Staat verantwortliche Aufgaben im Sinne des Gemein-
wesens und der Bevölkerung übernehmen muss, dass er
sie unterstützen und eine Basis bilden muss. Dazu benö-
tigt er auch finanzielle Mittel, damit die entsprechenden
Steuersysteme in manchen Ländern erst einmal aufge-
baut werden können. Sie waren ja gerade in Ruanda.
Dort hätten Sie lernen können, was man mit Budgethilfe
beim Aufbau von Staats- und Steuerstrukturen machen
kann, damit das eintritt, was Sie angesprochen haben,
nämlich dass die Länder sich selbst helfen können.

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(C (D Zusammengefasst kann man zu diesem Haushalt nur ines sagen: Er ist mutlos, was die Finanzierung anbengt, uninspiriert, was die Ideen anbelangt, und fanta ielos. Ich würde mir die Leidenschaft und das Engageent Ihrer Amtsvorgängerin für die Ärmsten der Armen uf dieser Erde wünschen. Tragen Sie zur nachhaltigen ekämpfung von Armut wirklich bei! Dann haben Sie nsere Unterstützung. Angesichts dessen, was Sie bis tzt vorgelegt haben, ist jede Kritik noch höflich. Danke. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Christian Ruck [CDU/ CSU]: Schmarren! – Dr. h. c. Jürgen Koppelin [FDP]: So ein Blödsinn!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1701512600

Das Wort hat der Kollege Holger Haibach von der

DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Holger Haibach (CDU):
Rede ID: ID1701512700

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

n! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Manchmal kann
an sogar jemanden wie mich, der schon acht Jahre im
eutschen Bundestag ist, überraschen. 2005, als das
nde von Rot-Grün da war und die Große Koalition be-
ann, war ich überrascht, wie schnell die Grünen sich
us der Regierungsverantwortung zurückgezogen haben.
amals habe ich gedacht, es gehe nicht noch schneller.
rau Kofler, Sie haben mir das Gegenteil bewiesen: So
chnell wie die SPD hat sich noch keine Partei aus der
egierungsverantwortung zurückgezogen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch bei der SPD)


ie haben völlig verkannt, wer eigentlich die Verantwor-
ng für die Politik in den letzten Jahren gehabt hat.


(Dr. Bärbel Kofler [SPD]: Es geht doch um diesen Haushalt!)


Ich würde gerne einmal versuchen, Ihre Zahlen ins
chtige Licht zu rücken. Wenn man schon mit Zahlen
antiert, dann muss man aufpassen, dass man richtig da-
it hantiert. Ich habe mir einmal einige Zahlen heraus-

uchen lassen: Von 1998 bis 2005 – wenn ich mich recht
rinnere, gab es damals schon die gleiche Ministerin, al-
rdings mit einer rot-grünen Mehrheit – ist die reale
ahl im Haushalt, der Anteil des Einzelplans 23, von et-
as über 4 auf etwas unter 4 Milliarden Euro gesunken.
inus 125 Millionen Euro – das ist Ihre rot-grüne Bi-
nz gewesen. Dass Sie uns vor diesem Hintergrund hier

inen Aufwuchs vorwerfen, finde ich sehr bemerkens-
ert.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zuruf der Abg. Dr. Bärbel Kofler [SPD])


Ich habe Ihnen zugehört; vielleicht hören Sie mir auch
inen Moment lang zu. Schreien ist immer ganz wichtig,
enn man nicht hören will, was andere sagen. Das ist

ber auch eine Frage von Stil und Höflichkeit.






(A) )



(B) )


Holger Haibach
Erst seitdem die CDU/CSU mitregiert, seit der Gro-
ßen Koalition, hat es den Aufwuchs von etwas unter
4 Milliarden Euro auf die jetzt vorhandenen circa
5,8 Milliarden Euro gegeben. Auch das würde ich gerne
in diesem Zusammenhang einmal festhalten: Der letzte
Haushalt hatte eine ODA-Quote von 0,36 Prozent. Wenn
alles so kommt, wie wir uns das vorstellen, werden wir
eine ODA-Quote von 0,40 Prozent haben. Das ist eine
gewaltige Steigerung gegenüber dem, was Sie zuletzt
vorgelegt haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Sascha Raabe [SPD]: Das ist absoluter Unsinn! Falsch gerechnet!)


Natürlich würden wir uns wünschen, dass wir den
Stufenplan einhalten können. Aber man muss – das hat
der Minister zu Recht gesagt – die Dinge im Fokus des-
sen sehen, was um uns herum geschieht und in welcher
Welt wir leben. Sie wissen ganz genau: Wenn wir die
Quote von 0,51 Prozent erreichen wollten, dann müssten
wir den Einzelplan 23 auf einen Schlag um 3,5 Milliar-
den Euro aufwachsen lassen. Sie glauben nicht, dass ir-
gendeine Regierung, egal wie sie politisch bestellt ist,
das zu dieser Zeit leisten könnte. Deswegen hören Sie
doch einfach auf mit diesem Unsinn und bleiben bzw.
werden Sie realistisch!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Frithjof Schmidt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vertragstreue ist kein Wert!)


Ich glaube, dass der Haushalt, den wir heute diskutie-
ren, eine angemessene Reaktion auf die Herausforderun-
gen, die in den kommenden Jahren vor uns liegen, bietet,
und dass er – das ist schon angeklungen – konsequent
das umsetzt, was wir uns im Koalitionsvertrag vorge-
nommen haben.

Ich will mit einem Punkt beginnen, der in der Debatte
sonst häufig unter den Teppich gekehrt wird. Wir sagen,
dass wir mehr für das Engagement der Kirchen und
mehr für das Engagement der politischen Stiftungen
bereitstellen. Das klingt für uns alle so selbstverständ-
lich, aber ich möchte Sie daran erinnern, dass das Sys-
tem der politischen Stiftungen, so wie wir es hier in
Deutschland kennen – mit Auslandsbüros, mit politi-
scher Förderung von Entwicklungszusammenarbeit, mit
Demokratieförderung, mit Verbreitung der Idee der so-
zialen Marktwirtschaft –, etwas ganz Einzigartiges ist.
Bei allem Streit, den es gibt, sollten wir uns in dem Ziel
einig sein, dass wir diesen Exportschlager, der ein All-
einstellungsmerkmal darstellt, stärken. Das tut dieser
Haushalt in ganz hervorragender Art und Weise.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Natürlich kommt heute keine Debatte – schon gar
keine entwicklungspolitische Debatte – ohne ein Wort
über Haiti aus. Was wir dort gesehen haben, ist eine Ka-
tastrophe selten gekannten Ausmaßes. Man soll nie
Menschenleben gegeneinander aufrechnen. Trotzdem
will ich sagen: Durch den Tsunami wurde eine Region
getroffen, die wesentlich stärker bevölkert ist, als es bei
Haiti der Fall ist. Wenn man die Zahl der Toten im Ver-
hältnis zur Einwohnerzahl vergleicht – in Haiti werden

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(C (D s 50 000 oder 200 000 Tote sein; ganz genau wird man as wahrscheinlich nie feststellen können –, dann sieht an, welche gewaltige Dimension diese Katastrophe at. Ich habe die Debatte den ganzen Tag über verfolgt. enn billig und platt behauptet wird, wir würden zu we ig Geld zur Verfügung stellen, dann muss ich sagen, ass das an der Realität vorbeigeht. Geld ist nicht das roblem. Die Frage ist: Wie schaffen wir die Hilfe zu en Menschen? Gibt es überhaupt eine vernünftige Inastruktur? Darum müssen wir uns kümmern. Dann ann man sich immer noch mit der Frage beschäftigen, b genügend Geld für die Hilfe vorhanden ist. Meine hese ist: Geld ist wahrscheinlich genügend vorhanden. orgen wir lieber dafür, eine entsprechende Infrastruktur u schaffen, damit wir die Hilfe zu den Menschen brinen können. Wir können uns auch über die Frage unterhalten – wir iskutieren hier den Etat für wirtschaftliche Zusammenrbeit und Entwicklung –, was eigentlich unsere Aufabe ist. Unsere Aufgabe fängt gerade erst an. Was wir Moment machen, ist Soforthilfe in Form von Katatrophenhilfe und humanitärer Hilfe. Wenn die chlimmsten Schäden beseitigt sind und die gröbsten chwierigkeiten überwunden sind, werden wir irgendann vor der Situation stehen, dass wir einen Beitrag azu leisten müssen, diesem Land wieder eine Chance u geben. Es wird immer sehr viel von Wiederaufbau gesprohen. Aber eigentlich ist es das nicht. Wenn Sie sich aiti vor der Katastrophe anschauen, dann können Sie ehen: Es war ein Land mit extrem schwachen staatlihen Strukturen, mit einer kaum vorhandenen Verwalng und mit extremen Schwierigkeiten, was fast alle rundlegenden Aufgaben des täglichen Lebens angeht. sofern geht es am Ende darum, dazu beizutragen, dass aiti ein Land wird, in dem zukünftig bessere Chancen xistieren als vor der Katastrophe. Das bedeutet, dass ir vielfältige Unterstützung leisten müssen. Das hat etas mit Geld zu tun. Aber wir müssen auch unser now-how zur Verfügung stellen, zum Beispiel wenn es arum geht, einigermaßen erdbebensicher zu bauen und ebauungspläne so aufzustellen, dass im Falle solcher atastrophen, die nicht zu verhindern sind, nicht noch ehr Menschen sterben. Die Regierung hat angemessen auf die Herausfordengen reagiert. Es geht aber um viel weitergehende Fra en. Bevor wir uns über die Frage den Kopf zerbrechen, b 10, 11 oder 12 Millionen Euro der angemessene Beag sind – es wird sicherlich wesentlich mehr werden üssen –, sollten wir uns eher Gedanken darüber ma hen, wie man Haiti langfristig eine Chance eröffnen ann. Das ist unsere eigentliche Aufgabe. Natürlich kann man keine Debatte, die sich mit Enticklungszusammenarbeit beschäftigt, führen, ohne ass man ein Wort über Afghanistan sagt. Dieses hema wird uns in der nächsten Woche noch sehr inteniv beschäftigen. Deswegen will ich dieses Thema nicht Holger Haibach weiter ausbreiten. Die Bundesregierung und die sie tragenden Fraktionen, die christlich-liberale Koalition, müssen ihren Auftrag dort sehr ernst nehmen. Wir haben dafür gesorgt, dass schon in diesem Haushaltsjahr Mittel für Afghanistan aufwachsen. Wir wollen uns das auch für die kommenden Jahre vornehmen. Ich halte das für goldrichtig. Geld ist auch an dieser Stelle nur ein Teil. Der andere Teil umfasst die Frage, wie wir genau helfen und was wir vor Ort wollen. Es gibt ein paar begrenzende Faktoren. Es gibt heute in fast jedem Land, das Truppen nach Afghanistan sendet, eine Diskussion über die Frage, an welchem Punkt eine Übergabe in Verantwortung möglich ist. Das macht auch für uns, die wir Entwicklungszusammenarbeit betreiben, die Dinge ein gutes Stück weiter vordringlich. Wir wissen nämlich, dass wir nur ein begrenztes Maß an Zeit haben. Wir wissen, dass unsere Arbeit, auch nachdem die Soldaten abgezogen sind, noch lange sehr notwendig sein wird. Deswegen glaube ich, dass neben der Beantwortung der Frage, wie viel Geld wir dort investieren, es auch wichtig ist, die richtigen Instrumente zu finden. Das bedeutet, wir müssen noch mehr hinein in die Provinz, und wir müssen noch mehr aufs Land. Außerdem müssen wir schauen, dass wir gerade bei einem Land wie Afghanistan, das in Provinzen aufgeteilt ist, das historisch gesehen keine starke Zentralgewalt, sondern nur starke Regionalkräfte kennt, die richtigen Strukturen schaffen und unsere finanziellen Möglichkeiten konzentrieren. Das halte ich für mindestens genauso wichtig wie die Frage: Wofür geben wir ansonsten Geld aus? Ich will an dieser Stelle eine Anmerkung machen. Vorhin, bei der Debatte zum Verteidigungsetat, hat es eine große Rolle gespielt, dass man sich um traumatisierte Bundeswehrangehörige und deren Familien kümmern muss. Ich will nur sagen, dass das zum Beispiel auch für Angehörige der Polizeikräfte gelten muss, die wir nach Afghanistan schicken und die dort auch großen Gefahren ausgesetzt sind. Hier muss dasselbe gelten: Eine entsprechende Nachsorge muss gewährleistet sein; denn auch die Polizisten leisten für uns einen wichtigen Beitrag. Wir sollten uns bei ihnen – wie bei allen, die unter diesen sehr schwierigen Umständen einen wichtigen Beitrag leisten – recht herzlich bedanken. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)





(A) )


(B) )


Ein weiteres ausgesprochen wichtiges Thema, das uns
in den nächsten Jahren intensiv beschäftigen wird, ist
mit der Frage verbunden: Was passiert nach Kopenha-
gen? Ich glaube, man kann auf jeden Fall ohne große
Übertreibung festhalten, dass die Konferenz in Kopen-
hagen kein Erfolg gewesen ist. Die Frage ist nur: Welche
Konsequenz ziehen wir daraus? Die Konsequenz kann
nicht sein, zu sagen: Der internationale Prozess ist dann
gescheitert. Er ist nämlich nicht gescheitert. Es gibt, was
Kopenhagen betrifft, klare Abmachungen, die wir ein-
halten müssen. Wir werden auch in der Entwicklungszu-
sammenarbeit unseren Beitrag leisten müssen.

In der Debatte, die wir vor Kopenhagen geführt ha-
ben, ist deutlich geworden, dass an dieser Stelle viel von

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(C (D er Entwicklungszusammenarbeit abhängt. Der wesentch größere Teil der Ausgaben für Klimaschutzprokte in Entwicklungsländern wird tatsächlich von un erem Etat geleistet, nämlich im Umfang von weit über Milliarde Euro. Damit setzen wir ein richtiges Zeihen: Wir nehmen unsere Verantwortung wahr, indem ir diesen Bereich aufwachsen lassen. Ich halte es für chtig und legitim, dass wir hier besonders diejenigen ntwicklungsländer in den Fokus nehmen, die in Kopenagen bereit waren, mit uns zu kooperieren. Wir sollten ns in besonderem Maße in diesen Ländern engagieren. enn nämlich jemand den Willen hat, uns bei der Überindung des Klimawandels zu helfen, dann sollten wir n nicht bestrafen, sondern ihn dadurch belohnen, dass ir besonders intensiv zusammenarbeiten. Dieser Haushalt wirft im Zusammenhang mit der eiterentwicklung unserer Entwicklungspolitik strukrelle Fragen auf, über die wir zu diskutieren haben. a geht es zum einen um die Vorfeldreform. Sie ist nicht anz einfach; wir haben hier ehrgeizige Ziele. Ich glaube ber, dass wir die Ziele so setzen, dass wir sie auch erreihen können. Am Ende des Tages steht also nicht das, as unter der letzten Ministerin passiert ist: Der Prozess t am Ende völlig ins Stocken geraten, weil man nicht ersucht hat, die Beteiligten wirklich mitzunehmen. Ich laube, das Ziel, eine kleine Vorfeldreform vernünftig urchzuführen, ist realistisch und kann am Ende des Taes erreicht werden. ir sollten uns nicht an Dingen verheben, für die wir, enn wir sie überhaupt irgendwann in Angriff nehmen ollen, wesentlich mehr Zeit brauchen. Gerade ist schon die Frage angeklungen: Gibt es rontstellungen zwischen Budgethilfe und Projektfinanierung auf der einen Seite sowie zwischen bilateraler nd multilateraler EZ auf der anderen Seite? Ich halte as ehrlich gesagt für einigermaßen konstruiert. (Dr. Bärbel Kofler [SPD]: Das steht in Ihrem Koalitionsvertrag! Schauen Sie da doch mal rein!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Zuruf der Abg. Dr. Barbara Hendricks [SPD])


Das steht nirgendwo im Koalitionsvertrag:


(Dr. Bärbel Kofler [SPD]: Doch! Es steht im Koalitionsvertrag drin!)


irgendwo steht, dass wir die Budgethilfe abschaffen
ollen und dass wir gegen multilaterale Zusammen-

rbeit sind. Wir sind nur der Meinung, dass alle Instru-
ente der Entwicklungszusammenarbeit genutzt werden

ollten. Man darf also nicht glauben, dass nur internatio-
ale, multilaterale Entwicklungszusammenarbeit oder
ur Budgethilfe richtig ist. Am Ende des Tages ist der
chtige Einsatz von Mitteln vielleicht wichtiger als der
ittelabfluss. Ich glaube, wir sollten uns allen den Ge-
llen tun, an dieser Stelle eine ehrliche und vernünftige
ebatte zu führen. Insofern freue ich mich auf die Haus-
altsberatungen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)







(A) )



(B) )


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1701512800

Das Wort hat jetzt die Kollegin Heike Hänsel von der

Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Heike Hänsel (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701512900

Danke schön. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen

und Kollegen! Das Leid der Menschen in Haiti hat uns
alle geschockt – viele Vorredner sind schon darauf ein-
gegangen –, zumal wir vom Entwicklungsausschuss vor
drei Jahren gemeinsam das Land besucht haben und sehr
herzlich und hoffnungsvoll von den Menschen dort emp-
fangen wurden. Es bedrückt einfach noch mehr, wenn
man das Land konkret kennengelernt hat.

In diesem Zusammenhang halte ich es schon für
wichtig, Herr Kollege Haibach, über Zahlen zu spre-
chen. Die 10 Millionen Euro Soforthilfe sind in unseren
Augen angesichts des Ausmaßes der Zerstörung, der
großen Spendenbereitschaft in der Bevölkerung und der
Soforthilfe anderer Länder viel zu gering. Wir sehen,
dass die Bundesregierung viel mehr Geld für Krieg und
Zerstörung ausgibt als für Aufbau und Entwicklung.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir haben uns schon vor Tagen dafür ausgesprochen,
dass die Soforthilfe massiv erhöht werden muss.

Es ist auch wichtig, dass wir langfristig zum Wieder-
aufbau Haitis beitragen. Deshalb setzen wir uns dafür
ein, dass die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit mit
Haiti, die leider unter Ministerin Wieczorek-Zeul ausge-
laufen ist, wieder aufgenommen wird. Wir sind der Mei-
nung, Haiti braucht sofort und für lange Zeit unsere Soli-
darität.


(Beifall bei der LINKEN)


Gleichzeitig teilen wir die Kritik der Vereinten Natio-
nen und der amerikanischen Friedensbewegung, die ein-
dringlich an die US-Politik appelliert, dass das jetzige
Machtvakuum Haitis nicht für eine neue Militärpräsenz
missbraucht werden darf. Die Menschen in Haiti brau-
chen jetzt keine Soldaten, sie brauchen Ärzte und Auf-
bauhelfer.


(Beifall bei der LINKEN – Harald Leibrecht [FDP]: Sie brauchen aber auch Sicherheit!)


Wir müssen uns natürlich auch die Frage stellen – das
wird viel zu wenig thematisiert –, warum dieses Land so
bitterarm ist. Vor zwei Jahren haben wir die Hungerre-
volten in Haiti miterlebt. Wir haben Berichte gehört,
dass Menschen aus Lehm Brot backen, um den Hunger
zu stillen. Diese Armut kommt natürlich nicht von unge-
fähr. Sie ist die Folge jahrhundertelanger Kolonialpoli-
tik, die sich bis heute auswirkt, und auch die Folge von
imperialer Politik, die mit Hilfe zahlreicher US-Mili-
tärinterventionen und der Unterstützung brutaler Dikta-
turen betrieben wurde. Auch eine neoliberale Freihan-
delspolitik wurde in Haiti angewandt.


(Dr. h. c. Jürgen Koppelin [FDP]: Endlich! Darauf habe ich gewartet!)


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(C (D s wurde eine Marktöffnung erzwungen und die Exisnz zahlreicher Kleinbauern zerstört, die jetzt von Nahngsmittelhilfen abhängig sind. Die bittere Armut hat ie Menschen dazu getrieben, fast den gesamten Waldestand in Haiti abzuholzen, was katastrophale ökologiche und klimatische Folgen für die gesamte Karibik hat. Diese Entwicklung erleben wir in vielen Ländern des üdens. Armut und Elend wachsen weltweit. Mehr als Milliarde Menschen hungern. Jean Ziegler, der ehemage UN-Sonderbotschafter für das Recht auf Nahrung, pricht in diesem Zusammenhang von einem „Imperium er Schande“. Wer ernsthaft Hunger, Armut und Umeltzerstörung bekämpfen will, der braucht nicht, Herr iebel, die Stärkung der deutschen Privatwirtschaft. ielmehr müssen wir uns für ein anderes Weltwirt chaftssystem einsetzen und uns gegen Militäreinsätze, ie für Wirtschaftsund Rohstoffinteressen geführt weren, wehren. Genau dasselbe erleben wir in Afghanistan. Nach ald neun Jahren sogenannter Aufbauhilfe, prich: Besatzung und Krieg, ist dieses Land das viertrmste Land der Erde. Deshalb muss das Jahr 2010 zum ahr des Abzugs der Bundeswehr aus Afghanistan geacht werden. ir wollen die jährlichen Ausgaben des Bundeswehrinsatzes in den zivilen Aufbau umwidmen. Die Bundesgierung gibt nach wie vor viermal mehr für das Militär ls für den zivilen Aufbau aus. Herr Niebel, wir teilen auch die Kritik zahlreicher ntwicklungsorganisationen an Ihrem Vorhaben, die ergabe von Entwicklungsgeldern in Afghanistan zuünftig an eine enge Kooperation mit der Bundeswehr or Ort zu koppeln. Das lehnen wir ganz klar ab. Auch Ihre Äußerung, dass die Bundeswehr in Afghaistan noch eine ganze Zeit lang zivil flankiert werden uss, zeigt deutlich: Sie sehen die Hilfsorganisationen ls Teil der militärischen Strategie der NATO. Das lehen wir ab. Wir fordern ein Ende der zivil-militärischen usammenarbeit. (Beifall bei der LINKEN – Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Wollen Sie ohne Schutz runterfahren? Wollen Sie das machen?)


(Beifall bei der LINKEN)


(Zuruf von der CDU/CSU: Unverschämtheit!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Pfui!)


(Beifall bei der LINKEN)


Während die deutschen Rüstungsausgaben für zu-
ünftige Militärinterventionen weiter steigen – davon
urde heute auch gesprochen – und Milliardenbeträge
r Banken bereitgestellt werden, schafft es die Bundes-
gierung in diesem Jahr nicht – und das ist Fakt –, das
inimalziel, einen Anteil von 0,51 Prozent des Brutto-

ationaleinkommens für Entwicklungsausgaben bereit-
ustellen, einzuhalten. Sie schaffen es nicht. Sie zahlen
icht die zugesagten 200 Millionen Euro in den Globa-






(A) )



(B) )


Heike Hänsel
len Fonds zur Bekämpfung von Krankheiten ein. Sie
sparen im Bereich Klimaschutzbekämpfung an dem An-
passungsfonds. Überall gibt es zu wenig Geld, aber bei
Rüstung und militärischen Investitionen haben Sie einen
Aufwuchs. Das lehnen wir ganz klar ab.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir wollen eine Finanztransaktionsteuer einführen.
Wir wollen sämtliche Rüstungsprojekte streichen. Dann
gäbe es genügend Geld für die Bekämpfung von Krank-
heiten. Es gäbe genügend Geld für den Klimaschutz, üb-
rigens auch für den Zivilen Friedensdienst, der nach wie
vor ein Nischendasein fristet. Wir wollen ihn zu einem
zentralen Instrument der Außenpolitik ausbauen. Der Zi-
vile Friedensdienst braucht eine Zukunft. Damit wäre
auch er finanzierbar.


(Beifall bei der LINKEN)


Herr Niebel, abschließend möchte ich Ihnen gerne
noch sagen: Sie wollen nicht, dass das Entwicklungshil-
feministerium zum Weltsozialamt wird. Wir hingegen
wollen nicht, dass dieses Ministerium zum Selbstbedie-
nungsladen für Wirtschaftslobbyisten wird.


(Beifall bei der LINKEN)


In diesem Zusammenhang sage ich – das gilt auch für
die Kollegen von der CSU –: Setzen Sie ein Zeichen.
Spenden Sie die Gelder, die Sie von der Hotellobby be-
kommen haben, für Haiti. Das wäre ein deutliches Zei-
chen. Damit könnten Sie zeigen, dass Sie es ernst mei-
nen mit dem Wiederaufbau in Haiti.

Danke.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. h. c. Jürgen Koppelin [FDP]: Das SED-Vermögen!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1701513000

Das Wort hat der Kollege Thilo Hoppe vom

Bündnis 90/Die Grünen, dem ich zu seinem heutigen
52. Geburtstag gratuliere.


(Beifall)



Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1701513100

Herr Präsident, danke schön für die Glückwünsche. –

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt in diesen
Haushaltsdebatten immer gewisse Rituale, die sich stän-
dig wiederholen, allerdings mit wechselnder Rollenver-
teilung. Ich erlebe dieses Stück jetzt in der dritten Fas-
sung. Mal spielten Rote und Grüne die Regierungsrolle,
dann Rote und Schwarze und jetzt Schwarze und Gelbe.
Die, die zusammen die Regierungsrolle spielen, stellen
sich hier hin und sagen: Seht, wie toll wir sind. Dann
kommen die anderen und sagen: Das stimmt doch gar
nicht, ihr macht viel zu wenig und gebt viel zu wenig
Geld für die Ärmsten der Armen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte Sie
heute einmal ermutigen, dieses alte Rollenspiel zu ver-
lassen und ehrlich miteinander umzugehen. Wer ehrlich
ist, der muss auch zur Selbstkritik bereit sein. Was würde
ein ehrlicher, aufgeklärter Politiker aus Afrika, Bangla-
desch oder Bolivien sagen, wenn er uns heute zuhören

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(C (D ürde, wenn er unsere Rituale in den Haushaltsdebatten eobachten würde? Ich glaube, er würde mit dem Kopf chütteln und sagen: Ihr habt sie nicht mehr alle. Und in er Tat haben wir sie nicht alle. Wir haben nicht alle uros zusammenbekommen. Wir haben nie die Euros usammenbekommen, die immer wieder von allen verprochen wurden. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ute Koczy [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr richtig!)


Unser Gast würde uns daran erinnern, dass im Deut-
chen Bundestag schon zur Zeit von Willy Brandt vom
,7-Prozent-Ziel gesprochen wurde. Jeder betont die
ichtigkeit dieses Versprechens, dieses Ziels, 0,7 Pro-

ent vom Bruttonationaleinkommen für Entwicklungs-
usammenarbeit und humanitäre Hilfe zur Verfügung zu
tellen. Regelmäßig kommen dann die Haushaltsbera-
ngen. Wenn wir ehrlich sind, dann müssen wir die
osen runterlassen und sagen – das wäre ganz offen-

ichtlich –, dass nichts eingehalten wird und niemals ein-
ehalten wurde von dem, was versprochen wurde. Das
t zu meinem großen Bedauern auch unter Rot-Grün so
ewesen. Das war unter Schwarz-Rot so, und heute, un-
r Schwarz-Gelb, erleben wir das Gleiche wieder.

Auch das gehört zu dem Ritual: Man hört die aben-
uerlichste Argumentationsakrobatik, mit der das Bre-

hen von Versprechen, das Nichteinhalten von Zusagen
chöngeredet werden soll. Das haben wir auch heute
ieder erlebt. Da wird mit ernster Miene auf die schwie-
ge Haushaltslage und auf die Wirtschaftskrise verwie-
en. Da wird sogar eine klitzekleine Steigerung – weit
eniger als das, was eigentlich hätte sein müssen – als
rfolg verkauft. Der Verweis auf die Kasse, auf die Wirt-
chaftslage ist aber eine faule Ausrede; denn es geht
icht um einen Fixbetrag, sondern um einen Anteil von
,51 Prozent, der jetzt hätte eingestellt werden müssen,
er zugesagt war. 0,7 Prozent sollen das 2015 sein. Ein
nteil ist ein Anteil ist ein Anteil. Er wird größer oder
leiner, je nachdem wie stark die Wirtschaftskraft ist.
ir hätten erwartet, dass es eine Lücke von 3 Milliarden

uro wird. Aufgrund der gesunkenen Wirtschaftszahlen
eträgt die Lücke jetzt 2,2 Milliarden Euro. Also ma-
hen Sie bitte keinen Hinweis auf die Wirtschaftskraft;
enn es ist ein flexibler Anteil.

Dann gibt es immer folgendes Argument – auch heute
ar es wieder bei einigen Rednern zu hören –: Meine
erren, lassen Sie uns doch realistisch bleiben – dann
ommt also Realismus ins Spiel –, 0,51 Prozent, da
hlten einfach noch 2,2 Milliarden Euro. Das sei ein-
ch nicht zu schaffen. Das sei doch unrealistisch. Welch

in Blödsinn. Erinnern wir uns doch daran, welche Sum-
en im letzten und vorletzten Jahr plötzlich realistisch
urden. Ich meine jetzt nicht Bürgschaften in dreistelli-
er Milliardenhöhe. Ich greife ein Beispiel von vielen
eraus. Hopplahopp, praktisch über Nacht wurden
Milliarden Euro für ein zweifelhaftes Projekt, eine Prä-
ie für das vorzeitige Wegwerfen von Autos, bereitge-

tellt. Das alles ist plötzlich realistisch.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Thilo Hoppe
Aber in der Entwicklungsdebatte fordern Sie: Lassen Sie
uns doch bitte realistisch bleiben.

In Ihrer Rede hat die Kanzlerin viel von Moral ge-
sprochen und das 0,7-Prozent-Ziel erneut bekräftigt.
Aber wenn ich die Kanzlerin jetzt wörtlich nehme, was
ich gerne tun will, und mir dann diesen Haushaltsent-
wurf ansehe – Sie haben gehört, dass ich genauso Kritik
an den Haushaltsentwürfen von Rot-Grün und der Gro-
ßen Koalition geübt habe –, dann muss ich diesen Haus-
haltsentwurf als unmoralisch bezeichnen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Norbert Barthle [CDU/CSU]: Seit wann sind Zahlen moralisch?)


Ich weiß, dass die Ministerin und viele engagierte
Entwicklungspolitikerinnen und Entwicklungspolitiker
in jeder Haushaltsrunde aufrecht und ernsthaft für mehr
Geld für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre
Hilfe gekämpft haben. Aber zur nüchternen Betrachtung
gehört auch, dass die anderen, der Finanzminister und
die Haushälter, in ihrer Mehrheit jedes Mal stärker wa-
ren und die Debatte dominiert haben. Daher ist die Ver-
pflichtung nie erfüllt worden. Ich glaube, wir sollten so
ehrlich sein, uns gegenseitig zuzugestehen, dass das so
ist. Was soll die Erbsenzählerei, die wir heute wieder er-
lebt haben, welche Koalition etwas mehr oder weniger
doll die Versprechen gebrochen hat? Insgesamt können
auch Mathematiker und gute Rhetoriker nicht darüber
hinwegtäuschen: Nie ist das Ziel eingehalten worden.

Jetzt kann man nicht mehr sagen, dass man Hoffnung
habe, diesmal konnte man es noch nicht schaffen, aber
man werde irgendwann den großen Endspurt beginnen
und dann ganz viel nachliefern. Das ist jetzt wirklich
vorbei. Jetzt ist Schluss mit lustig. Wir haben das Jahr
2010. Im Rahmen der Europäischen Union ist verspro-
chen worden, in diesem Jahr 0,51 Prozent in den Haus-
halt einzustellen; 2,2 Milliarden Euro fehlen einfach.
Darüber kann man nicht hinwegtäuschen.

Wir haben uns die Mühe gemacht – mit ganz vielen
Telefonaten, mit ganz viel Fleißarbeit –, in Absprache
mit den Haushältern einen Haushaltsentwurf vorzule-
gen, der genau diese 2,2 Milliarden Euro, die fehlen, ent-
hält. Jetzt gibt es natürlich die große Debatte über Quan-
tität und Qualität. Wir wollen keine Luftbuchungen, wie
sie manche hier machen, keine rein ideologischen Zah-
len, die man gar nicht umsetzen kann. Wir haben viel-
mehr bei der GTZ, bei der KfW, im bilateralen und mul-
tilateralen Bereich nachgefragt. Daher können wir jetzt
Titel für Titel einen Haushalt präsentieren, der sehr rea-
listisch ist, wo wir Geld in die Hand nehmen, das wirk-
lich absorbiert und umgesetzt werden kann, und den
Ärmsten der Armen helfen können.

Aber – das will ich auch sagen – ein solcher Haushalt
lässt sich bei Festhalten an der anachronistischen, veral-
teten Zweidrittel/Eindrittel-Regel nicht realistisch dar-
stellen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


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(C (D iese Regel, die in den 90er-Jahren von den Haushältern ereinbart wurde – es ist ja kein Gesetz –, sieht vor, dass ie bilateralen, also unsere deutschen Institutionen, imer doppelt so viel Geld bekommen sollen wie alle inter ationalen Organisationen zusammen. Wir werden in den inzelberatungen einen Entwurf vorlegen, der beides acht, der sowohl die Gelder für die bilaterale Entwickngszusammenarbeit steigert, GTZ, KfW, Kirchen, Stifngen und NGOs, als auch kräftige Erhöhungen der Mitl für die internationalen Organisationen vorsieht. Die Schwerpunkte sind: Klima – natürlich, das haben iele Vorredner schon gesagt –, ländliche Entwicklung nd Hungerbekämpfung. Die Zahl der Hungernden – ich abe das oft genug gesagt – steigt und hat eine historiche Rekordmarke erreicht. Außerdem fließt mehr Geld Bildung und Gesundheit. Zwei Länderschwerpunkte ind Afghanistan und aufgrund der traurigen aktuellen achrichten natürlich auch Haiti; für Haiti sollte es, ähnch wie nach der Tsunamikatastrophe, einen Sondertitel eben. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Natürlich wird immer auch die große Frage nach dem
ealismus gestellt: Können Sie das gegenfinanzieren? Wir
aben sehr detaillierte Gegenfinanzierungsvorschläge ge-
acht. Dazu gehören die Flugticketabgabe – sie macht

llerdings nur einen kleinen Betrag aus –, die Finanz-
ansaktionsteuer und die Streichung klimaschädlicher
ubventionen. Es ist auch eine Summe genannt worden:
enn man die Steuergeschenke für Hoteliers rückgängig
acht, dann hätte man schon die Hälfte der fehlenden

,2 Milliarden Euro beisammen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Um die ODA-Quote zu erreichen, soll es nicht nur im
inzelplan 23, also beim Entwicklungsministerium, Stei-
erungen geben, sondern auch in vielen anderen Ressorts.
h greife ein Ressort heraus: das Bundesministerium für
rnährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Hier
ollen die Kooperation mit der Welternährungsorganisa-
on der Vereinten Nationen, der FAO, und insbesondere
ie Reform des Komitees zur Ernährungssicherung aus-
ebaut werden. Auch in diesem Bereich soll es kräftige
ufwüchse geben.

Ich freue mich, dass auch die SPD einen Plan vorle-
en will, der das 0,51-Prozent-Versprechen ernst nimmt.


(Dr. Bärbel Kofler [SPD]: So ist es!)


h bitte Sie allerdings, Selbstkritik zu üben, wie auch
ir es tun. Auch der Haushaltsentwurf, der noch von
eer Steinbrück vorlegt wurde, hätte die 0,51-Pro-
ent-Messlatte ganz klar gerissen.


(Dr. Bärbel Kofler [SPD]: Ich habe erklärt, dass das nicht das letzte Wort war!)


s gehört zur Ehrlichkeit dazu, jetzt nicht einfach ganz
chnell die Rollen zu tauschen. Wir haben unsere Haus-
ufgaben bisher allesamt nicht erledigt. Jetzt stehen wir






(A) )



(B) )


Thilo Hoppe
vor der großen Aufgabe, endlich ehrlich zu sein und
diese Aufgaben gemeinsam anzupacken.

Den geschätzten Kolleginnen und Kollegen von der
jetzigen Koalition sage ich: Viele von Ihnen habe ich als
ehrliche Streiter für die Entwicklungspolitik erlebt. An-
gesichts des vorliegenden Haushaltsentwurfs fordere ich
Sie auf, jetzt ehrlich zu sein. Ich glaube, dass viele von
Ihnen es lieber gehabt hätten, wenn ein Haushaltsent-
wurf vorgelegt worden wäre, der das 0,51-Prozent-Ziel
erreicht. Wir zeigen Ihnen, dass das geht.

Ich fordere Sie auch auf, jetzt nicht den vorgegebenen
Argumentationsmustern zu folgen, sondern Rückgrat zu
beweisen und mit uns gemeinsam parteiübergreifend
kräftige Nachbesserungen zu fordern, sodass wir ge-
meinsam einen Haushalt erarbeiten können, den wir ei-
nem aufgeklärten Entwicklungspolitiker oder einem
Politiker aus Afrika, Bangladesch oder Bolivien vorle-
gen könnten, ohne rot werden zu müssen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Volkmar Klein [CDU/CSU]: Der darf aber kein Erinnerungsvermögen haben! Sonst haben Sie schlechte Karten!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1701513200

Das Wort hat der Kollege Jürgen Koppelin von der

FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1701513300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Herr Kollege Hoppe, ich bin mit Ihnen nicht in allen
Punkten einer Meinung. Trotzdem fand ich Ihre Rede
bemerkenswert. Wenn man will, dass die Fraktionen in
Sachen Entwicklungshilfe zusammenarbeiten, war das,
was Sie sagten, ein guter Ansatz, um zumindest mitei-
nander ins Gespräch zu kommen. Unsere Einladung
richtet sich auf jeden Fall auch an Ihre Fraktion. Natür-
lich wissen wir, dass es auch genügend Sozialdemokra-
ten gibt, die ein Interesse an diesem Thema haben und
nicht mit Schaum vor dem Mund hier stehen, wie wir es
heute erlebt haben,


(Dr. Bärbel Kofler [SPD]: Wie bitte?)


sondern sachlich argumentieren wollen.

Sie haben natürlich recht: Wir sind in der Vergangen-
heit bei jeder Haushaltsberatung unzufrieden gewesen;
das ist ganz klar.


(Dr. Bärbel Kofler [SPD]: Wann sollen wir denn sonst Emotionen haben, wenn nicht bei der Bekämpfung von Hunger und Armut?)


– Liebe Kollegin, versuchen Sie einmal, zwei Minuten
keine Zwischenrufe zu machen, damit ich ein paar Ideen
vortragen kann, mit denen Sie sich dann auseinanderset-
zen können. Schließlich will ich auch auf Ihre Rede ein-
gehen. Ich habe nämlich zumindest versucht, Ihnen zu-
zuhören. – Zu einer ehrlichen Bestandsaufnahme gehört

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(C (D ie Feststellung – hier hat der Kollege Hoppe recht –, ass die ODA-Quote im Jahre 2009 bei 0,36 lag. (Dr. Bärbel Kofler [SPD]: Ach! Das ist völlig falsch!)


as werfe ich niemandem vor.


(Dr. Bärbel Kofler [SPD]: Das ist die falsche Zahl!)


Ich wiederhole: Das ist kein Vorwurf.


(Dr. Sascha Raabe [SPD]: So ein Schwachsinn! Dass das auch noch ständig wiederholt wird! Das stimmt doch nicht!)


Zu Ihnen komme ich gleich noch, Herr Kollege.


(Dr. Sascha Raabe [SPD]: Ja, ja!)


Ich will Ihnen ganz klar sagen – da drücken wir uns
icht –: Wir mussten uns in den Koalitionsverhandlun-
en entscheiden: Soll dieses Ministerium erhalten blei-
en oder muss es aufgelöst werden? Darüber hat es eine
iskussion gegeben, auch in meiner Fraktion.


(Dr. Bärbel Kofler [SPD]: Hauptsächlich in Ihrer Fraktion!)


Frau Kollegin, geben Sie mir doch die Chance, meine
usführungen zu machen. Normalerweise wird hier eine
ede gehalten, und Sie haben die Möglichkeit, eine Zwi-

chenfrage zu stellen. Es ging darum – ich sage das in al-
r Deutlichkeit –, dass dieses Ministerium zum Schluss

in Marionettenministerium war, das innerhalb der Re-
ierung kaum noch Einfluss hatte. In diesem Ministe-
um wurde viel Geld hin und her geschoben. Ein Teil
avon versickerte in bürokratischen Strukturen.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Dazu sagt die SPD natürlich nichts.

Das ist übrigens nicht nur die Meinung eines Freien
emokraten, es war die taz, die im September letzten

ahres unter der Überschrift „Das Marionetten-Ministe-
um“ schrieb, dass die Sozialdemokraten mit der
eform der Entwicklungshilfe gescheitert seien. Ich

chließe mich dieser Meinung an. Ich stelle Ihnen gerne
en gesamten Artikel zur Verfügung; er ist sehr interes-
ant zu lesen. Was musste man erfahren? In diesem Mi-
isterium kontrollierte zum Schluss jeder jeden, und
anche spielten sich zu Kleinministern auf. Am Ende

inigte man sich in diesem Ministerium: Wir kontrollie-
n auf jeden Fall mit aller Macht und mit viel Geld die
TZ. Überhaupt keine Zusammenarbeit gab es mit dem
uswärtigen Amt.

Endlich gibt es wieder eine vernünftige Zusammenar-
eit mit dem Außenministerium. Das hat teilweise die
ritik der Sozialdemokraten bewirkt. Ich fand es übri-
ens unfair: Minister Niebel war noch nicht im Amt,
atte noch nicht auf seinem Stuhl Platz genommen, da
aben Sie ihn schon kritisiert.


(Dr. Frithjof Schmidt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihn haben seine Worte eingeholt! – Zurufe von der SPD)







(A) )



(B) )


Dr. h. c. Jürgen Koppelin
– Ich verstehe die Aufregung nicht. Ich kann nur sagen:
Sie haben es geschafft. Dieses Ministerium – das ist
auch unser Ziel gewesen – ist kräftig aufgewertet wor-
den, und es gibt eine gute Zusammenarbeit mit dem
Auswärtigen Amt.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Auf einen Aspekt lege ich Wert: In der Bezeichnung
des Ministeriums heißt es nicht nur „Entwicklungshilfe“,
sondern auch „wirtschaftliche Zusammenarbeit“. Ich
lege auch auf die wirtschaftliche Zusammenarbeit Wert;
das ist richtig so, und dabei bleibt es auch.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU – Frank Schwabe [SPD]: Außenwirtschaftsministerium, sonst gar nichts! – Zuruf der Abg. Dr. Barbara Hendricks [SPD])


– Haben Sie einen zu hohen Blutdruck? Ich weiß nicht,
warum Sie die ganze Zeit dazwischenrufen.


(Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Nein, mir geht’s gut!)


Ich will mit einem Lob beginnen. Ich will die ehema-
lige Ministerin Wieczorek-Zeul in einem Punkt aus-
drücklich loben, und zwar für ihr Engagement im
Kongo. Ich weiß aus vielen persönlichen Gesprächen,
dass sie sich dort persönlich engagiert hat. Ich finde es
gut, dass der neue Minister, Dirk Niebel, das fortsetzt
und in den Kongo gefahren ist. Das ist – bei allem, was
uns unterscheidet – Kontinuität, wie ich sie mir wün-
sche.

Erlauben Sie mir einige Bemerkungen als Haushälter.
Wir haben in der letzten Legislatur erlebt, dass sehr viel
Länderbudgethilfe gewährt wurde. Länderbudgethilfe
taucht auch jetzt wieder als Forderung auf. Als Haushäl-
ter habe ich allerdings zu berücksichtigen, dass der Bun-
desrechnungshof die Budgethilfe heftig kritisiert hat.
Das kann das Parlament nicht einfach abtun. Lesen Sie
den Bericht! Sie haben ihn wahrscheinlich nicht gelesen;
sonst würden Sie nicht den Kopf schütteln. Ich bin ganz
klar für Projektförderung – das machen wir, niemandem
wird etwas weggenommen –; Budgethilfe, die nicht kon-
trollierbar ist, müssen wir aber einstellen, weil der Bun-
desrechnungshof das von uns fordert.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)


Man sollte nicht immer sagen: Wir müssen draufsat-
teln, hier fehlt dieses, und da fehlt jenes. Ich wünsche
mir manchmal, dass wir als Haushälter, aber auch Sie als
Fachpolitiker mehr darauf achten, ob die Mittel effektiv
eingesetzt werden.


(Eduard Oswald [CDU/CSU]: Wohl wahr!)


Ich nenne Ihnen ein Beispiel: Nehmen Sie – das Haus
weiß, dass ich da persönlich engagiert bin, dass das ein
Steckenpferd von mir ist – die Asiatische Entwicklungs-
bank. Ich kann nicht einsehen, dass wir viel Geld für
diese Bank bereitstellen, wenn von denen fast das ganze
Budget von Kambodscha bezahlt wird, wo die Opposi-
tion, wo die Demokratie unterdrückt wird. Ich bin nicht
mehr bereit, aus deutschen Steuergeldern Mittel zur Ver-


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(C (D gung zu stellen. Man muss mit den Leuten reden und nen sagen: Schluss, aus, Geld gibt es erst wieder, wenn ei euch ein bisschen mehr Demokratie herrscht, wenn ie Opposition auch zu Wort kommt. Ein anderer Punkt, den wir uns genau anschauen weren, ist der Freiwilligendienst „weltwärts“. „weltärts“ – das habe ich immer kritisiert – ist der einzige reiwilligendienst, bei dem man weder sozialnoch rennversichert ist. Erlauben Sie eine Zwischenfrage des Kollegen ascha Raabe? Ich nehme die Zwischenfrage gerne an, weil sie eine Redezeit verlängert, die sonst zu Ende geht. Bitte schön, Herr Raabe. Sehr geehrter Herr Kollege Koppelin, die Unruhe, die ie bemängeln, kommt daher, dass Sie in Ihrer Rede so iele Unwahrheiten gesagt haben, dass ich sie in dieser wischenfrage gar nicht alle aufzählen kann. Ich will ur drei nennen: Erstens. Sie haben behauptet, Deutschlands ODAuote für 2009 liege bei 0,36. Sie müssten wissen, dass ie ODA-Quote im Nachhinein errechnet wird: Der entprechende Ausschuss der OECD, der DAC, muss erst ststellen, was 2009 tatsächlich ausgegeben worden ist. orher kann die ODA-Quote nicht ermittelt werden. Sie önnen also noch gar nicht wissen, wie hoch die ODAuote für 2009 ist. Zweitens ist es so, dass wir erwarten, dass die ODAuote für 2009 bei 0,41 liegt. Bevor Helmut Kohl regiert at, lag die ODA-Quote bei 0,47. Das ist heruntergeirtschaftet worden auf 0,26 im Jahr 1998. Unter Heidi ieczorek-Zeul haben wir die ODA-Quote von ,26 wieder auf fast 0,41 gesteigert. Wir hätten es gern eitergemacht; aber nun haben Sie uns mit Ihrem Hausaltsentwurf etwas vorgelegt, mit dem Sie das Versprehen brechen. Zweiter Punkt: Sie sagten, das Bundesministerium abe bei uns nicht Bundesministerium für wirtschaftche Zusammenarbeit geheißen, sondern nur Bundesinisterium für Entwicklung. Sie können nicht so tun, ls heiße es jetzt durch die FDP auf einmal Bundesinisterium für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Dies ar auch bei uns schon so. Dritter Punkt: Wir sind natürlich verwundert, wenn ie sagen, sie wollen die Budgethilfe einstellen, weil der undesrechnungshof fordere, dass sie eingestellt werden üsse. Das ist schlicht gelogen. Der Bundesrechnungs of sagt nicht, dass überall, wo sich Deutschland an udgethilfe beteiligt – multilateral, auf EU-Ebene, auf Dr. Sascha Raabe UN-Ebene –, die Budgethilfe eingestellt werden müsse. Sie können hier doch nicht eine Rede halten, in der Sie dem Bundesrechnungshof etwas unterstellen, was er nicht gesagt hat. Ich muss übrigens keine Frage stellen. Sie sollten sich einmal die Geschäftsordnung anschauen. Dann werden Sie sehen, dass ich hier auch Lügen richtigstellen darf. Wenn Sie hier einen solchen Unsinn erzählen, dann kann es einen nicht mehr auf dem Platz halten. (Norbert Barthle [CDU/CSU]: Das mit der Lüge ziehen Sie zurück! Das ist unparlamentarisch!)


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1701513400
Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1701513500
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1701513600
Dr. Sascha Raabe (SPD):
Rede ID: ID1701513700




(A) )


(B) )


Dann sollten Sie sich auch nicht darüber wundern, wenn
man sich darüber aufregt. Wenn Sie an einer sachlichen
Diskussion interessiert sind, dann bleiben Sie bitte sach-
lich und bei der Wahrheit, Herr Koppelin.


(Beifall bei der SPD)



Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1701513800

Herr Kollege, ich bin Ihnen ausgesprochen dankbar

für Ihre Fragen. – Habe ich Ihre Aufmerksamkeit? Ich
wollte Ihnen gern antworten. Aber es ist schon genau das
Problem, wie Sie sich heute geben: Sie können nicht ein-
mal zuhören. Sie stellen Fragen, können vielleicht aber
nicht die Antwort ertragen.

Herr Kollege, ich bin ausgesprochen dankbar für
diese Fragen, weil es erstens mein Urteil über Sie und
Ihre bisherige Politik voll bestätigt hat, was Sie in Ihren
Fragen zum Ausdruck gebracht haben. Ich fange mit der
Budgethilfe an.


(Dr. Sascha Raabe [SPD]: Oder mit der ODA-Quote!)


– Hören Sie doch einfach zu!

Ich habe mich als Berichterstatter für den Einzel-
plan 23 im Haushaltsausschuss wirklich oft – nicht nur
einmal und auch in Sondersitzungen – mit den Kollegin-
nen und Kollegen aller Fraktionen zusammensetzen
müssen, weil das Thema Budgethilfe eine große Rolle
gespielt hat. Zum Schluss gab es sogar das Problem,
dass die Union die Budgethilfe für Vietnam nicht wollte,
während Sie sie wollten. Ich habe so viele Sitzungen
dazu gehabt, dass ich diesen Bericht fast auswendig
kenne. Werfen Sie mir also bitte nicht vor, ich behaup-
tete hier Falsches. Sie haben anscheinend den Bericht
nie gelesen. Ich stelle ihn Ihnen aber gerne zur Verfü-
gung.


(Dr. Sascha Raabe [SPD]: Das hat der Rechnungshof nicht gesagt!)


Was die ODA-Abschlussquote angeht, habe ich Ih-
nen hier meine Meinung gesagt; Sie vertreten eine an-
dere. Ich mache den Vorschlag, dass ich mich mit Ihnen
darüber nicht streite. Wenn die endgültigen Zahlen da
sein werden, werden wir sehen, wer in der Sache recht
hatte.

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(C (D Die dritte Frage habe ich vergessen. Sie dürfen sie ern wiederholen. Aber sicherlich war sie auch nicht so edeutend. (Dr. Sascha Raabe [SPD]: Da ich eh keine qualifizierten Aussagen mache!)


Budgethilfe ist klar. Wir wollen sie effektiv einsetzen.

Nun nenne ich aus Zeitgründen nur noch einen Punkt,
err Minister, der mir persönlich ebenfalls wichtig ist.
h bitte Sie, dies sehr intensiv zu verfolgen. Die aktuelle
inanz- und Konjunkturkrise hat dazu geführt, dass es
uch in den Entwicklungsländern erhebliche Probleme
ibt. Nicht die Entwicklungsländer haben die Probleme
erursacht, sondern sie sind woanders entstanden, auch
ei uns. Diese Länder dürfen nicht darunter leiden. Die
olgen müssen mit unserer Hilfe gelindert werden.

Zu Afghanistan ist in der außenpolitischen Debatte
chon etwas gesagt worden.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1701513900

Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss kommen.


Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1701514000

Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. – Dieses
inisterium hat in den letzten Tagen wirklich viel Öf-
ntlichkeit erlebt, nicht zuletzt durch die massive Kritik

er Sozialdemokraten. Dies hat uns geholfen. Also kriti-
ieren Sie in dieser Form weiter! Wir werden unseren
urs weiter verfolgen. Ich bin Minister Niebel und der
taatssekretärin, der Kollegin Kopp, ausgesprochen
ankbar, dass sie dieses Ministerium aufgewertet haben,
odass es in der Öffentlichkeit endlich wieder eine Rolle
pielt.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1701514100

Das Wort hat der Kollege Lothar Binding von der

PD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Lothar Binding (SPD):
Rede ID: ID1701514200

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Sehr verehrte Damen und Herren! Zunächst
ache ich eine Bemerkung zu der Debatte, die eben
err Koppelin und zuvor schon Dirk Niebel angestoßen
aben. Ich glaube, dass nur sehr schwache Amtsinhaber
adurch stärker erscheinen wollen, dass sie ihre Vorgän-
er persönlich schlechtmachen. Das ist kein guter Stil,
nd dies trägt auch ein bisschen zu dem Aggressions-
otenzial bei, das man eben spüren konnte.


(Beifall bei der SPD)


Ich nehme ein Stichwort auf, das Thilo Hoppe benutzt
at und das auch ich gern benutze: das Ritual, das ei-
entlich niemand versteht, und das Maß der Selbstkritik.
h stimme Ihnen hundertprozentig zu. Aber es geht

och um einen anderen Begriff: das Maß der Anstren-
ung, mit der man seine Ziele erreicht. Das Maß der An-






(A) )



(B) )


Lothar Binding (Heidelberg)

strengung ist, wie man zeigen kann, in Bezug auf unser
ganz konkretes Ziel einer ODA-Quote von 0,7 Prozent
in Deutschland sehr unterschiedlich. Auf dieses Maß der
Anstrengung werde ich nachher zurückkommen.

Ich war gestern bei Amnesty International. Da gab es
eine Ausstellung von Bildern, die in Slums, in Favelas
gemacht wurden. Sie wurden dreidimensional aufgebaut.
Es ging dabei weniger um Armut an sich, weniger um
Lebens- und Wohnverhältnisse, als vielmehr darum, wie
es eigentlich Menschen gelingen kann, ihre Würde zu
wahren, obwohl sie so arm sind. Das gelingt sehr vielen
sehr gut.

Der Würdebegriff spielt in diesem Einzelplan eine
ganz besondere Rolle. Dabei geht es, wie ich meine,
auch sehr stark um Symbole, um Verhalten. Jetzt will ich
eine kleine paradoxe Intervention vorführen. Dass unser
Entwicklungsminister mit einem solchen Käppi, wie ich
es mir jetzt aufsetze, die Armen besucht – – Ich halte es
nicht lange aus; es ist auch nicht eingetragen.


(Zuruf von der FDP: Das ist das Vorgängermodell!)


– Sie kennen sich da gut aus. Ich bin Zivildienstleisten-
der im Krankenhaus gewesen. Ich musste es extra neu
beschaffen. – Was ich sagen wollte, ist einfach Folgen-
des: Wer diesen Würdebegriff ernst nimmt, muss sich so
etwas überlegen. Ich habe es dem Minister übel genom-
men, dass er in dieser Form in anderen Ländern aufge-
taucht ist und uns dort so repräsentiert hat. Darüber war
ich sehr enttäuscht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Das führt uns zu einem bestimmten Selbstverständ-
nis. In der Rhein-Neckar-Zeitung – das ist die Zeitung,
die in dem Wahlkreis wichtig ist, in dem Herr Dirk
Niebel früher zu Hause war – habe ich am 19. Januar
Folgendes gelesen –:

Wenn es jemand hinkriegt, dieses Amt so neu auf-
zustellen, dass es seinem Namen gerecht wird, dann
ich.


(Dr. h. c. Jürgen Koppelin [FDP]: Das stimmt!)


– Das habe ich mir gedacht. Ich glaube, dass es genau
dieses Verständnis ist, das uns irritiert.

Nehmen wir einfach einmal ein Beispiel: Im Novem-
ber hat Kollege Niebel forsch 300 Millionen Euro für
das Ministerium gefordert. Es wurden dann schließlich
44 oder 67 Millionen Euro; wie viel genau, ist egal, je-
denfalls sehr wenig.


(Zuruf von der FDP: Immerhin!)


Das heißt, die Forderung war schon fast um den Faktor
zehn zu niedrig. Das Ergebnis war fast um den Faktor 40
zu niedrig. Aber wen wundert’s? Wer etwas Falsches
fordert, kann keine richtigen Ergebnisse zeitigen.


(Beifall bei der SPD)


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(C (D Von dem Auf und Ab für den GFATM haben wir chon gehört. 200 Millionen Euro sollten es sein. Im ntwurf stehen viel weniger Mittel. Dann gab es in der ffentlichkeit ein Hin und Her. Vom Ministerium wurde rklärt, warum die 142 Millionen Euro doch korrekt eien. Anschließend haben wir in der Presse gehört, dass s doch 200 Millionen Euro hätten sein sollen und auch ein werden. Daran sieht man schon, dass auch mit dem arlament bestimmte Dinge über die Öffentlichkeit ausetragen werden. Ich glaube, dass man Empfängern von eistungen solche Wechselbäder nicht über die Presse umuten kann. Schauen wir einmal genauer darauf, was dieser Beriff „liberaler Haushalt“ eigentlich bedeutet! Sie von er FDP haben immer eine Geheimwaffe gehabt, mit der ie uns jährlich gequält haben – dicker als diese paar lätter hier. Das war das „Sparbuch“ der FDP. Es war Zentimeter dick, hatte 1 000 Seiten. Es war meist keine eheime Verschlusssache, wurde hier aber nie vorgetraen. (Dr. h. c. Jürgen Koppelin [FDP]: Früher habt ihr bestritten, dass ihr es überhaupt gelesen habt!)


(Beifall bei der SPD)


Ich habe es immer gelesen.

Die Einsparungen, die dort vorgeschlagen wurden,
uchen wir in diesem Haushalt allerdings vergeblich.
etzt vergleiche ich nicht die neue Regierung mit der al-
n, sondern ich vergleiche die FDP-Vorstellungen von
estern mit den FDP-Handlungen von heute, und das ist
rlaubt. Das haben Sie bei uns auch gemacht. Das halte
h für legitim.


(Dr. h. c. Jürgen Koppelin [FDP]: Wir haben doch noch gar keine Beratung gehabt!)


Minus 125 000 Euro bei den Bezügen für Bundes-
inister und Parlamentarische Staatssekretäre.


(Lachen des Abg. Jörn Wunderlich [DIE LINKE])


ehlanzeige! Davon kann man nicht viel finden, genau
enommen gar nichts.


(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Typisch FDP!)


Minus 500 000 Euro bei der Öffentlichkeitsarbeit. –
iese Streichung hätten wir uns gewünscht. Das war

ine super Idee, gegen die ich immer war. Aber diesmal
t davon nichts zu finden.

Minus 675 000 Euro bei Information und Kommuni-
ation. – Da wird ein bisschen gekürzt, aber bei weitem
eine 675 000 Euro.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1701514300

Herr Kollege Binding, erlauben Sie eine Zwischen-

age des Kollegen Koppelin?






(A) )



(B) )


Lothar Binding (SPD):
Rede ID: ID1701514400

Im Moment möchte ich noch vortragen, weil das so

eine schöne Liste ist. Ich glaube, dass es geschickter ist,
wenn ich die erst einmal zu Ende führe.

Minus 105 Millionen Euro für das Integrierte Klima-
und Energieprogramm: Fehlanzeige. Das habe ich im
Haushalt nicht gefunden. Sie klären mich sicherlich
nachher auf.

Minus 600 000 Euro für die Überprüfung der deut-
schen entwicklungspolitischen Zusammenarbeit. Auch
dazu habe ich nichts gefunden.

Minus 1,5 Millionen Euro für die Forschung. Im
Haushalt finde ich nichts.

Minus 4 Millionen Euro für die entwicklungspoliti-
sche Bildung. Darüber haben wir uns immer sehr aufge-
regt. Im Haushalt finde ich nichts – was ich heute gut
finde. Aber gemessen an dem, was sich die FDP vorge-
nommen hat, ist das nichts.

Jetzt komme ich zu zwei interessanten Punkten: Mi-
nus 2 Millionen Euro für die Förderung entwicklungs-
wichtiger Vorhaben privater deutscher Träger. Was aber
finden wir im jetzigen Haushalt? Plus 10 Millionen
Euro. Das ist interessant. Was hat diesen Wandel indu-
ziert?

Minus 30 Millionen Euro für den entwicklungspoliti-
schen Freiwilligendienst. Als Begründung hieß es, dass
das nicht Sache des Bundes sei. Gott sei Dank hat es sich
inzwischen bis zum Minister herumgesprochen, dass
man diese Kürzung nicht vornehmen sollte.

Ich komme zur ODA-Quote und zu einem Stichwort,
das vorhin genannt wurde.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1701514500

Herr Kollege Binding, – –


Lothar Binding (SPD):
Rede ID: ID1701514600

Wir machen es am Ende meiner Rede. Das ist besser

für meinen Redefluss.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1701514700

Nein, das gehört in die Rede hinein. Er hat sich in der

Rede gemeldet.


Lothar Binding (SPD):
Rede ID: ID1701514800

Okay, Sie dürfen Ihre Zwischenfrage stellen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1701514900

Bitte schön.


Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1701515000

Herr Kollege, vielen Dank. Sie nehmen wahrschein-

lich zum ersten Mal an Haushaltsberatungen, auch an
Beratungen zu diesem Etat teil. Deswegen können Sie
nicht wissen, dass in den Beratungen die Möglichkeit
besteht, Anträge einzubringen. Diese Gelegenheit haben
Sie auch.

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(C (D Ich habe vorhin versucht, den Grund für unsere Anäge darzulegen. Das ist anscheinend nicht richtig rüergekommen. Ich verweise noch einmal auf den Artikel der taz vom 21. September 2009 mit der Überschrift Das Marionetten-Ministerium“ – ich stelle Ihnen den rtikel auch gerne zur Verfügung – mit heftigster Kritik aran, dass dieses Ministerium null Einfluss hatte. Das aben wir genauso gesehen, und das war über Jahre hineg einer der Gründe dafür, dass wir entsprechende Anäge gestellt haben. (Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Lothar Binding (SPD):
Rede ID: ID1701515100

Wenn Sie jetzt stolz darauf sind, dass Sie den ach so

iesen Haushaltsansatz von 5,8 Milliarden Euro dieses
influsslosen Ministeriums, den unsere Ministerin sei-
erzeit im Parlament erreichen konnte, um 67 Millionen
uro überschreiten, dann gebührt dieser Stolz, glaube
h, doch zum überwiegenden Teil den Vorarbeiten Ihrer
orgängerin. Ich denke, das kann man lobend erwähnen.


(Beifall bei der SPD)


as ist eine sehr gelungene Basis, auf der Sie im We-
entlichen weiterarbeiten. Viele Ansätze sind völlig
leich geblieben.

Die Struktur ist minimal verändert worden, allerdings
n einer gefährlichen Stelle. Darauf will ich näher einge-
en. Lassen Sie mich ein paar nüchterne Zahlen nennen.
981 – Sie wissen sicherlich noch ungefähr, was damals
ar; es gab einen Regierungswechsel zu Schwarz-Gelb –
etrug die ODA-Quote 0,47 Prozent. Nicht schlecht.

Wie hoch war die ODA-Quote 1998 – nach einer ge-
issen Zeit der schwarz-gelben Regierung? Kann das je-
and raten? Sie hätte eigentlich steigen müssen. Davon
ar schließlich immer die Rede. Das meine ich mit An-

trengung. Sie war auf 0,26 Prozent gesunken.


(Dr. Barbara Hendricks [SPD]: 16 Jahre Schwarz-Gelb!)


as war das Minimum auf der gesamten Zeitachse, auf
ie wir zurückblicken.

Inzwischen beträgt die ODA-Quote ungefähr 0,40 Pro-
ent. Damit können wir nicht zufrieden sein. Deshalb
ollen wir mehr. Wir wollen die ODA-Quote erfüllen.
ber dafür ist gute Politik gefordert. Das wird unsere
esslatte für Sie sein.

Ich nenne einige Beispiele, was wir erwarten. Eines
önnen Sie sich schon denken. Selbstverständlich wer-
en wir bei unseren Deckungsvorschlägen von dem Be-
ag ausgehen, den die Senkung des Mehrwertsteuersat-
es für Hotels ausmacht. Das sind 1 Milliarde Euro nach
orsichtiger Schätzung. Sie können aber auch die Rück-
ahme der Sonderregelungen für internationale Kon-
erne in den Blick nehmen. Sie nennen das Krisenbewäl-
gung. Das muss offen gestanden falsch sein; denn die
rise wollen wir überwinden, sodass eine dauerhafte
ücknahme bestimmter Elemente der Unternehmensteu-
rreform 2008 keinen logischen Sinn ergibt.






(A) )



(B) )


Lothar Binding (Heidelberg)

Warum hat Minister Schäuble den Erlass zu den Steu-
eroasen ausgesetzt, als ob es keine Abwanderung in
Steueroasen mehr gäbe? Auch dazu haben wir einen De-
ckungsvorschlag.


(Beifall bei der SPD)


Hinzu kommen selbstverständlich der Erlös aus der
Versteigerung der Emissionszertifikate und Rückflüsse
aus der finanziellen Zusammenarbeit. Zu erwägen ist
auch, ob die Zahlungen an multilaterale Fonds nicht als
Zuschuss, sondern als zinssubventioniertes Darlehen ge-
währt werden können. Damit hätte man eine Hebelwir-
kung. Außerdem sind sie anrechnungsfähig.

Man könnte die ODA-Quote anheben und stabilisie-
ren. Ich glaube, das wäre mit der Weltbank zu verhan-
deln. Eventuell geht das sogar ohne Militärkäppi.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1701515200

Das Wort hat jetzt die Kollegin Dagmar Wöhrl von

der CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dagmar G. Wöhrl (CSU):
Rede ID: ID1701515300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!

Es ist interessant, Herr Binding, dass Sie uns mit Zahlen
konfrontieren, aber einen gewissen Zeitraum auslassen,
nämlich die Jahre 1998 bis 2005. Denn in dieser Zeit ist
das Volumen des Haushalts gesunken,


(Dr. Sascha Raabe [SPD]: Aber nicht die ODA-Quote!)


und zwar um fast 130 Millionen Euro. Das lag nicht an
Ihrer Ministerin – denn wie wir alle wissen, hat sie wirk-
lich darum gekämpft –, sondern es lag am Kanzler.


(Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Sie ist nicht gesunken!)


Wir müssen auch sehen, zu welcher Zeit es zu einem
stetigen, 50-prozentigen Aufwuchs gekommen ist. Das
war unter der Kanzlerschaft von Angela Merkel, weil es
für sie eine Herzensangelegenheit ist.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Die aktuelle Finanzmarktkrise wurde schon angespro-
chen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1701515400

Frau Kollegin Wöhrl, erlauben Sie eine Zwischen-

frage der Kollegin Hendricks?


Dagmar G. Wöhrl (CSU):
Rede ID: ID1701515500

Bitte, Frau Hendricks.


Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1701515600

Frau Kollegin Wöhrl, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu

nehmen, dass die Daten, die Herr Binding gerade ge-
nannt hat, die ODA-Quote betreffen? Ich wiederhole:
Im Jahr 1991 lag die ODA-Quote bei 0,47 Prozent.

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(C (D ach 16 Jahren schwarz-gelber Regierung war sie auf ,26 Prozent gesunken. In der Tat ist es richtig, dass das olumen des Haushalts des Ministeriums für wirtschaftche Zusammenarbeit und Entwicklung bis 2005 nicht ugenommen hat, sondern etwas gesunken ist. Allerings ist die ODA-Quote weiter gestiegen, weil aufrund unserer Initiative die Entschuldung der ärmsten änder der Welt – ich nenne als Beispiele die HIPC-Iniative, den Weltwirtschaftsgipfel in Köln im Jahr 1999 nd die Initiative der Bundesrepublik Deutschland unter erhard Schröder – begonnen hat. Dies wurde auf die DA-Quote zu Recht angerechnet. Sie dürfen nicht Äpl mit Birnen vergleichen und die ODA-Quote mit dem aushalt verwechseln. Frau Hendricks, ich gebe Ihnen folgende Antwort: as ist mir bekannt. Das ist aber nicht das Thema. Ich ollte darauf hinweisen, dass Herr Binding die Zahlen r den Zeitraum von 1998 bis 2005 explizit nicht erähnt hat. (Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Aber er hat die ODA-Quote erwähnt!)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Dagmar G. Wöhrl (CSU):
Rede ID: ID1701515700

ie haben durchaus recht: Er hat von der ODA-Quote
esprochen.


(Dr. Barbara Hendricks [SPD]: So ist es!)


ber er hat einen falschen Eindruck erweckt. Deshalb
abe ich darauf hingewiesen, dass das Volumen des hier
ur Diskussion stehenden Haushalts unter Rot-Grün ge-
unken ist und dass das – ich glaube, dafür dürfen Sie
ankbar sein – nicht an Ihrer Ministerin gelegen hat. Das
at man später gemerkt; denn unter Frau Wieczorek-
eul kam es dann zu einem großen Aufwuchs. Aber al-
s in allem haben wir das primär unserer Kanzlerin zu
erdanken. Das zeigen auch die Zahlen. Das war der
rund, warum ich das erwähnt habe.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Die Finanzmarktkrise wurde vorhin kurz angespro-
hen. Sie führt uns dramatisch vor Augen, wie sehr wir
lobal vernetzt sind und dass wir uns nicht abschotten
önnen. Ich erinnere daran, dass viele Experten gesagt
aben, die Entwicklungsländer würden von der Finanz-
arktkrise nicht so sehr betroffen sein, weil diese Län-

er nicht solche Bankensysteme und eine solche Infra-
truktur wie die Industrieländer hätten. Aber es ist ganz
nders gekommen. Die Finanzmarktkrise hat immens
roße Spuren hinterlassen und auch vor den Entwick-
ngsländern nicht haltgemacht. Das sieht man auch da-
n, dass mit 20 Millionen Armen mehr gerechnet wird,
enn das globale Wachstum um 1 Prozent abnimmt. Der
eltbankpräsident hat veröffentlicht, dass die Zahl der

rmsten Menschen aufgrund der Finanzmarktkrise um
4 Millionen gestiegen ist. Daran kann man die Auswir-
ungen dieser Krise erkennen. Die Herausforderungen,
ie auf Deutschland und die anderen Geberländer zu-
ommen werden, werden nicht geringer, sondern größer
erden. Das müssen wir uns vor Augen führen. Unsere






(A) )



(B) )


Dagmar Wöhrl
Solidarität muss zunehmen. Wir müssen mehr globale
Verantwortung übernehmen.

Nun geht es darum, wie wir die größere Verantwor-
tung, die zukünftig auf uns zukommt, ausgestalten wol-
len. Als Erstes heißt es immer, dass wir mehr Geld brau-
chen. Ich glaube nicht, dass man alle Probleme lösen
kann, indem man mehr Geld in die Hand nimmt. Quanti-
tät ist nicht gleich Qualität. Es ist ein falscher Ansatz,
den Problemen Geld hinterherzuwerfen. Dadurch ver-
schwinden die Probleme nicht. Wir müssen zukünftig
viel mehr darauf schauen, wofür und wie wir Geld aus-
geben. Wir müssen damit viel bewusster umgehen, auch
– schließlich sind wir in den Etatberatungen – mit Blick
auf unseren Haushalt. Es wird nicht mehr werden. Wir
müssen konsolidieren und die Vorgaben der Schulden-
bremse im Grundgesetz einhalten. Vor diesem Hinter-
grund wird es zukünftig eine wichtige Aufgabe sein, die
Gelder noch effizienter einzusetzen.

Nun zum Thema „50 Jahre Entwicklungspolitik in
Afrika“. Viele von Ihnen, die schon sehr lange – auch im
zuständigen Fachausschuss – aktiv sind, haben in den
letzten Jahren mit viel Herzblut und großer Intensität
beim Aufbau in Afrika mitgewirkt. Wenn wir aber ehr-
lich sind, können wir mit dem, was wir geschafft haben,
nicht zufrieden sein.


(Norbert Barthle [CDU/CSU]: Wohl wahr!)


Deswegen müssen wir auch in Zukunft kritisch bilanzie-
ren und hinterfragen.

Eine quantitative Erhöhung des Etats kann es nur ge-
ben, wenn sie mit einer Reform der entwicklungspoli-
tischen Instrumentarien einhergeht.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Der Minister hat bereits angesprochen, dass wir eine Re-
form der Durchführungsorganisationen brauchen. Das
wird nicht einfach werden. Am Anfang wirkt immer al-
les schön und gut, und man spricht von Synergieeffekten
und vielem mehr. Wenn es dann aber an die Umsetzung
geht, sieht das ganz anders aus; Frau Ministerin a. D.,
Sie wissen noch, wie das gewesen ist. Herr Minister, ich
wünsche Ihnen viel Erfolg. Unsere Unterstützung haben
Sie.

Die Gründe, weswegen man Entwicklungspolitik be-
treibt, sind sehr vielfältig. Natürlich gibt es humanitäre
Gründe. Wir sind uns alle einig, dass wir die Not und das
Elend der Menschen lindern wollen. Dann gibt es sicher-
heitspolitische Gründe. Wir wissen, dass die globalen
Risiken zunehmen. Wenn wir nicht aufpassen, haben wir
diese Risiken ganz schnell bei uns im Land. Deswegen
betreiben wir Krisenprävention.

Außerdem gibt es wirtschaftspolitische Gründe. Viele
von Ihnen, die viel gereist und vor Ort gewesen sind,
wissen, dass die Entwicklungsländer sich selbst nicht
gerne als Armutsländer sehen. Sie wollen nicht ewig
Empfängerländer bleiben, sondern haben ihren Stolz und
wollen unabhängig werden und in der Zukunft eigenver-
antwortlich handeln. Sie wissen, dass das nicht von

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(C (D eute auf morgen geht; das dauert eine gewisse Zeit. Sie ollen partnerschaftliche Zusammenarbeit, was natürch auch für die Wirtschaft, zum Beispiel den Energie-, ommunikationsoder Dienstleistungsbereich, gilt. Bei Afrika denkt man natürlich auch an die Energieersorgung, die vor allem im ländlichen Bereich ein iesenproblem ist. Man denkt an den Klimaschutz, die bholzung der Tropenwälder und die Energiegewinnung urch Holzkohle. Allerdings sollte man auch an unsere mwelttechnologien denken. Hier sind wir mit einem nteil von 30 Prozent Weltmarktführer. Warum kann an nicht zu einer Win-win-Situation kommen, indem an mit unseren Technologien hilft? Sie können in die en Ländern Entwicklungstreiber sein und sind es zum roßen Teil schon. Es gibt keinen besseren Weg, um die rmut zu lindern, den Klimawandel aufzuhalten und uch in Deutschland Arbeitsplätze zu schaffen. Wir brauchen auch Akzeptanz in der Öffentlichkeit afür, wie wir die Gelder einsetzen. Manchmal habe h das Gefühl, dass dafür noch ein bisschen zu wenig etan wird. Damit die Akzeptanz in unserer Bevölkeng – auch bei den Menschen, die keinen Arbeitsplatz aben – noch größer wird, ist es wichtig, darauf hinzueisen, dass unsere Wirtschaft vor Ort ist und dies auch rbeitsplätze bei uns sichert. Es ist wichtig und richtig, ie Eigenverantwortung und die Selbsthilfekräfte zu tärken. Das kann durch Handel und durch die Stärkung es privaten Sektors geschehen. Mikrofinanzkredite sind für mich ein unwahrscheinch wichtiges Instrument. In vielen Entwicklungslänern gibt es keinen Mittelstand, keine vielen kleinen Beiebe wie in Deutschland, die uns stark gemacht haben. (Dr. Bärbel Kofler [SPD]: Was ist das denn für ein Staatsverständnis?)


ür mich ist es hochinteressant, dass 50 Prozent dieser
ikrofinanzkredite von Frauen in Anspruch genommen
erden und es einen immens hohen Rückfluss von
5 Prozent gibt; das sind hervorragende Zahlen. Auf die-
es Instrument müssen wir in Zukunft noch viel mehr
etzen.

Wir dürfen die Entwicklungspolitik nicht nur als Ar-
utsbekämpfung sehen, sondern es gehören auch nach-

altige Wachstumsperspektiven dazu. In Zukunft müs-
en wir uns noch viel mehr auf gezielte Investitionen in
ie Bildung und das Wissen der Menschen konzentrie-
n. Herr Minister, ich bin froh, dass es im Haushaltsplan

u einem Aufwuchs bei den Mitteln für die Bildung ge-
ommen ist. Es gibt eine immense Bildungsarmut.
40 Millionen Kinder und Jugendliche besuchen keine
chule. Sie werden nie die Chance haben, aus der Armut
erauszukommen, auch wenn wir noch so viel Geld hin-
chicken. Das werden die verlorenen Generationen sein,
ie man irgendwann nicht mehr zurückholen und inte-
rieren kann. Weil die Bildungschancen, ähnlich wie
ahrung, ungleich in der Welt verteilt sind, ist es wich-
g, dass wir Hilfe leisten, und zwar auch in der berufli-
hen Bildung und im Tertiärbereich.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)







(A) )



(B) )


Dagmar Wöhrl
Der Einzelplan 23 ist der zweitgrößte Investitions-
haushalt. Das heißt für uns natürlich auch, dass wir eine
große Verantwortung tragen; denn es handelt sich um
Steuergelder. Ich sage immer – ich bin jetzt seit 15 Jah-
ren im Deutschen Bundestag –, dass wir nur der Treu-
händer sind. Das ist nicht unser Geld. Deswegen muss es
verantwortungsbewusst eingesetzt werden. Wir müssen
die Verwendung überprüfen, und es muss legitim sein,
dass die Gelder in deutschem Interesse verwendet wer-
den.

Wir dürfen auch keine Blankoschecks verteilen. Die
Budgethilfe ist angesprochen worden. Es ist in diesem
Saal viel über das Thema Budgethilfe diskutiert worden.
Es ist wichtig, Kontrolle auszuüben; aber es ist auch
wichtig, dass die Kriterien für die Budgethilfe, die auf-
gestellt worden sind, eingehalten werden. Ob es um
Rechtsetzung oder um Menschenrechte geht, ist egal.
Wir müssen einem Land auch einmal sagen: „Wir haben
die Hilfe überprüft, und wir haben angemahnt, dass Kri-
terien nicht eingehalten wurden“, und dann den Mut ha-
ben, darüber nachzudenken, ob wir einem solchen Ent-
wicklungsland weiter Budgethilfe geben. Dieses Recht
muss uns vorbehalten bleiben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ute Koczy [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch keine Frage! Der Hinweis ist überflüssig!)


Wenn wir unsere Entwicklungshilfe nicht als großzü-
gige Armutshilfe, sondern als zeitlich begrenzte Hilfe
zur Selbsthilfe verstehen – das gilt auch für unsere Part-
ner –, dann werden wir Erfolg haben. Es gibt das schöne
Beispiel – Sie alle kennen es – vom Offizier Martin, der
seinen Mantel mit einem Obdachlosen am Straßenrand
teilt. Er gibt dem Obdachlosen die Hälfte des Mantels,
was eine noble Geste ist. Was ist das Ergebnis dieser Ge-
schichte? Wir haben einen Heiligen mehr, aber wir ha-
ben keinen Armen weniger. Deshalb müssen wir die
Ethik des Teilens mit der Ethik des Mehrens verbinden.
Vielleicht habe ich es etwas überspitzt dargestellt. Aber
wenn wir es schaffen, dass einer eine kleine Firma auf-
macht, in der er Mäntel herstellt und vielleicht noch ei-
nen Obdachlosen einstellt, damit sich dieser in Zukunft
selber einen Mantel von seinem Geld kaufen kann, dann
haben wir das erreicht, was wir erreichen wollen. Wenn
wir unseren Haushalt nicht unter dem Aspekt der Ethik
des Teilens, sondern der Ethik des Mehrens sehen, dann
sind wir auf dem richtigen Weg.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1701515800

Das Wort hat jetzt der Kollege Niema Movassat von

der Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Niema Movassat (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1701515900

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

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(C (D Das faktische Nullwachstum des Entwicklungshaushalts ist enttäuschend und bricht das Versprechen an die Ärmsten der Welt. o die Deutsche Welthungerhilfe heute morgen. Deutschland hat sich international dazu verpflichtet, is 2015 bescheidene 0,7 Prozent des Bruttosozialprouktes für die Entwicklungszusammenarbeit auszugeen. Als Zwischenziel hatte die alte Bundesregierung, ie auch in der neuen vertreten ist, angekündigt, den Anil bis 2010 auf 0,51 Prozent anzuheben. Schwarz-Gelb at sich heute davon verabschiedet. Der jetzige Haushalt t ein klarer Wortbruch. (Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Beim genauen Hinsehen wird es noch schlimmer:
err Niebel rechnet jetzt auch Gelder für Klimaschutz-
aßnahmen in die Entwicklungszusammenarbeit ein.
as ist nicht hinnehmbar. Die Industrieländer tragen die
auptverantwortung für den Klimawandel. Die afrikani-

chen Staaten haben mit 3,5 Prozent des globalen Schad-
toffausstoßes kaum zum Klimawandel beigetragen, lei-
en aber am meisten unter den Folgen. Die Gelder sind
ine Wiedergutmachung und keine Entwicklungshilfe.
er das heute nicht begreift, dessen Politik ist schlicht

icht zukunftsfähig.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


udem werden derzeit sogar die Kosten für die Abschie-
ung von Asylbewerbern in die Entwicklungshilfe ein-
erechnet, ebenso die Baukosten für die Unterkünfte der
undeswehr in Afghanistan. Das muss man sich einmal
uf der Zunge zergehen lassen. Es grenzt schon fast an
ilanzfälschung, was im BMZ praktiziert wird.


(Beifall bei der LINKEN)


Herr Niebel hat bereits in seiner kurzen Amtszeit die
eichen für die Entwicklungspolitik falsch gestellt. Die

rste falsche Weichenstellung war die Ablehnung der Fi-
anztransaktionsteuer.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN und der SPD)


o sollen denn, bitte schön, die zusätzlichen Mittel her-
ommen, die Sie, Herr Niebel, richtigerweise für Ihr
essort fordern? Eine Börsenumsatzsteuer, wie sie von
er Linksfraktion gefordert wird, würde 70 Milliarden
uro Mehreinnahmen für den Bundeshaushalt schaffen


(Klaus-Peter Flosbach [CDU/CSU]: Das ist doch Quatsch!)


nd damit auch der Entwicklungszusammenarbeit zugu-
kommen.


(Beifall bei der LINKEN)


ir brauchen internationale Besteuerungsformen, mit
enen wir die großen transnationalen Konzerne stärker
ur Verantwortung ziehen; denn sie profitieren von nied-
gen Arbeitslöhnen, den fehlenden Sozialleistungen und






(A) )



(B) )


Niema Movassat
den niedrigen Umweltstandards in den Ländern des Sü-
dens.


(Beifall bei der LINKEN)


Damit komme ich zum nächsten Herzthema von
Herrn Niebel: dem Wirken der deutschen Wirtschaft
in Entwicklungsländern. Für den Entwicklungsminis-
ter lässt sich gute Entwicklungszusammenarbeit an der
Höhe der deutschen Investitionen im Ausland messen.
Die Stichworte „Hungerbekämpfung“ und „Armutsmin-
derung“ sind den Begriffen „deutsche Interessen“ und
„privatwirtschaftliche Initiativen“ gewichen. Wenn die
Entwicklungspolitik, wie von der Bundesregierung an-
gekündigt, stärker an Menschenrechten ausgerichtet
werden soll, dann muss das insbesondere für die Aktivi-
täten der deutschen Wirtschaft im Ausland gelten.


(Beifall bei der LINKEN)


Ein Negativbeispiel bietet ThyssenKrupp. Dieser
Konzern baut gerade ein Stahlwerk in einem geschützten
Mangrovengebiet an der Küste Brasiliens. Dadurch wird
40 000 Menschen der Weg zu Fischgründen abgeschnit-
ten, und dadurch werden die Mangrovenwälder von
Trassen verwüstet. Kritiker des Stahlwerkes werden von
Milizen mit dem Tode bedroht, sodass sogar der Schutz
des brasilianischen Menschenrechtsschutzprogramms
nötig ist. Das ist hoffentlich nicht die Art von Auslands-
investitionen, die Sie sich wünschen, Herr Niebel. Ich
hoffe, dass Sie dazu klar Position beziehen.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Abschließend zu nennen ist die Frage der ländlichen
Entwicklung – für den Entwicklungsminister nach eige-
ner Aussage ein Kernthema. 80 Prozent der Hungernden
weltweit leben auf dem Land. Dennoch wurde der Anteil
der Landwirtschaftsförderung an der Entwicklungshilfe
der Industrieländer in den letzten Jahrzehnten von circa
17 Prozent auf 3,7 Prozent zurückgefahren. Dabei kann
nur die Unterstützung einer kleinbäuerlichen Landwirt-
schaft die weltweite Hungerkrise eindämmen, unter der
mittlerweile 1 Milliarde Menschen leiden. Zu diesem Er-
gebnis kam auch der Weltagrarbericht.

Notwendig ist es auch, sich offensiv gegen illegale
Landnahmen einzusetzen, durch die der Bevölkerung
skrupellos die Ernährungsgrundlage entzogen wird. Herr
Niebel, Sie haben recht, wenn Sie die unfairen Handels-
beziehungen und die westliche Subventionspolitik für
das Scheitern der bisherigen Entwicklungspolitik mit-
verantwortlich machen. Aber dann muss sich die Bun-
desregierung für die sofortige Abschaffung der Agrar-
exportsubventionen einsetzen;


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


sonst ist Ihre Kritik unglaubwürdig. Hierbei geht es
schließlich auch um Menschenleben.

Entwicklungszusammenarbeit muss sich daran mes-
sen lassen, ob sie tatsächlich zur Verminderung der Ar-
mut und zur Friedenssicherung beiträgt und sich dabei

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(C (D uf die unbedingte Achtung von Völkerrecht und Menchenrechten stützt. Sie kann nur dann wirksam sein, enn ihre Bemühungen nicht von der Handelspolitik tändig null und nichtig gemacht werden. Strukturelle eränderungen im Sinne der Menschen des Südens beötigen vor allem politischen Willen. Ob Sie den haben erden, wird sich zeigen. Ich danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1701516000

Das Wort hat der Kollege Volkmar Klein von der

DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Volkmar Klein (CDU):
Rede ID: ID1701516100

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

n! Als neugewählter Abgeordneter dachte ich, dass es
uch innerhalb der Oppositionsfraktionen so etwas wie
ommunikation, vielleicht sogar innerfraktionelle Ab-

timmungen gebe; aber offenbar habe ich mich da ge-
uscht.


(Ute Koczy [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Als ob das im Landtag NRW der Fall wäre!)


den letzten beiden Tagen habe ich häufig die massive
ritik gehört, dass die Neuverschuldung viel zu hoch

ei. Gleichzeitig habe ich mittlerweile mehrfach die Kri-
k gehört, dass die Ausgaben an vielen Stellen und ge-
de beim Einzelplan 23 viel zu gering seien. Beides

asst aber nicht zusammen. Vielleicht ist es die Strategie
er Opposition, einfach erst einmal dagegen zu sein.
berlegen Sie bitte einmal, ob Sie gegen zu geringe
usgaben oder gegen zu hohe Schulden sind. Wenn Sie
leichzeitig gegen beides sind, dann werden Sie in der
ffentlichkeit unglaubwürdig.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Man muss doch einfach nur die Prioritäten richtig setzen!)


as ist einfach durchsichtig, und das werden wir Ihnen
icht durchgehen lassen.


(Zuruf des Abg. Lothar Binding [Heidelberg] [SPD])


Da ist das Geschrei von Herrn Binding eher als Bestä-
gung zu werten.

Tatsächlich ist Lob für den Haushalt des Ministeriums
r wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

ngesagt. Dieser Einzelplan hat ein Volumen von
,88 Milliarden Euro; das entspricht 1,8 Prozent unseres
aushaltes. Es sind 67 Millionen Euro mehr als im Vor-
hr veranschlagt. Das ist ein ordentlicher Aufwuchs ge-
enüber dem Jahr 2009.


(Zuruf der Abg. Dr. Bärbel Kofler [SPD])







(A) )



(B) )


Volkmar Klein
– All Ihr Geschrei mag seine Berechtigung haben. Noch
mehr zu fordern und noch mehr ausgeben zu wollen,
klingt zunächst einmal sehr sympathisch. Aber wenn ich
mich einmal so in deutschen Landen umschaue, dann
stelle ich fest: In vielen Teilen Deutschlands nennt man
Leute, die ständig lautstark etwas fordern, aber die Ver-
antwortung dafür weder tragen müssen noch wollen,
Maulhelden. Denen glaubt man nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wenn jemand obendrein selber in der Vergangenheit ent-
sprechende Verantwortung getragen und sie nicht ge-
nutzt hat, dann ist das noch viel schlimmer.

Wir haben jetzt schon ein paar Mal die Zahlen gehört.
Während der gesamten Zeit der rot-grünen Regierung ist
der Ansatz für den Einzelplan 23 um 125 Millionen Euro
auf 3,9 Milliarden gesunken. Das ist doch eindeutig.

Nun hat Frau Hendricks eben in einem, wie sie
meinte, genialen Schachzug versucht, das zu entschuldi-
gen.


(Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Nein!)


Sie hat nämlich darauf hingewiesen, dass aufgrund von
Maßnahmen zum Schuldenerlass, zum Beispiel der
HIPC-Initiative, die ODA-Quote viel höher gewesen sei.


(Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Ja, klar!)


– Liebe Frau Hendricks, ich bedanke mich dafür, dass
Sie das jetzt noch einmal bestätigen. Das macht Ihre de-
saströse Bilanz noch viel schlimmer. Sie haben nämlich
über die entsprechenden Initiativen Schulden für Darle-
hen, die zuvor von der Regierung Kohl gewährt wurden,
erlassen. Das heißt, Sie haben Zuwächse bei der ODA-
Quote geerntet, deren Grundlage zuvor von der Regie-
rung Kohl gelegt worden ist.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Lachen bei der SPD – Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Und das bei einer ersten Rede! – Weitere Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ganz abgesehen davon will ich in Erinnerung rufen,
dass der jetzt vorliegende Regierungsentwurf einen um
44 Millionen Euro höheren Ansatz aufweist als der von
der alten Regierung ursprünglich vorgesehene Entwurf.
Deswegen sollten sich all diejenigen, die den niedrigeren
Ansatz bereits befürwortet hatten, mit ihrem Geschrei
nicht so weit hervorwagen.

Ich möchte noch auf die Ausführungen des Kollegen
Hoppe eingehen, der das auf die ganz große moralische
Ebene gehoben hat.


(Thilo Hoppe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Selbstkritisch!)


Wir stehen zu unserer Verpflichtung, auch jenseits unse-
rer Grenzen Verantwortung zu übernehmen. Ich
möchte einmal eine Anleihe bei Albert Schweitzer ma-
chen, der Wort und Tat in großartiger Art und Weise mit-
einander verbunden hat. Er hat Moral bzw. Ethik – je
nachdem, ob man auf den lateinischen oder griechischen
Begriff zurückgreift – definiert, indem er gesagt hat:
Nicht nur das eigene Wohl, sondern auch das Wohl der

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(C (D nderen soll uns interessieren. – Unsere Verantwortung ndet also nicht an den Grenzen unseres Landes. Desalb gibt es auch eine Steigerung des Haushaltsansatzes. Unsere Verantwortung endet aber auch nicht an den renzen unserer Generation. Auch das muss berücksichgt werden. Auch die Frage der Staatsverschuldung ist ine ethische Frage. Ich würde sogar sagen, hierbei hanelt es sich um eine der zentralen ethischen Fragen unser Zeit. Es kann doch nicht richtig sein, dass wir auf osten der ganz schwachen anderen leben und die Zuunft derjenigen, die heute noch nicht einmal geboren ind, verfrühstücken. Das ist unethisch, das ist unmorasch. enn man heute so tut, als ob nur der moralisch handelt, er mehr Ausgaben fordert, und nicht auch der, der an ie Zukunft unseres Landes und unserer Kinder denkt dieser handelt doch eigentlich noch viel moralischer –, t das einfach nur grotesk. (Beifall bei der CDU/CSU – Norbert Barthle [CDU/CSU]: Da redet ein guter Haushälter!)


(Zuruf von der SPD: Unglaublich!)


Wir geben aber nicht nur mehr Geld aus, sondern
ollen dieses Geld auch effizienter ausgeben. Wir wol-
n eine Straffung und Neuorganisation der Durchfüh-
ngsorganisationen in Angriff nehmen; das wurde

chon gesagt. Wir wollen aber auch noch mehr auf nach-
altige Wirtschaftsentwicklung setzen und diese in
en Mittelpunkt rücken. Wirtschaftlich erfolgreiche
artnerländer sind auch gut für uns in Deutschland.

Drei Punkte möchte ich herausgreifen, die für mich
ichtige Schwerpunkte darstellen:

Erster Punkt ist der Bereich Klimaschutz. Allein in
iesem Einzelplan werden wir 170 Millionen Euro zu-
ätzlich für Klimaschutz ausgeben. Man kann formal sa-
en, das ist die Antwort auf eine internationale Zusage.
h würde aber sagen, dass uns dies auch inhaltlich
ichtig ist, weil es uns um den Schutz der Schöpfung
eht.

Zweiter Punkt, Afrika. Wir vergessen Afrika und die
m wenigsten entwickelten Länder nicht. Auf diese Part-
erländer entfallen 57 Prozent der Haushaltsmittel. Aber
ir wollen keine bloße Alimentierung der Armen, son-
ern Hilfe zur Selbsthilfe. Wir sind eben kein Welt-
ozialamt. Man sollte es noch einmal unterstreichen:
ilfe zur Selbsthilfe, das ist das, worauf wir setzen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Deshalb ist es so wichtig, Mikrokreditinitiativen in
en Mittelpunkt zu stellen. Der Friedensnobelpreisträger
on 2006, Muhammad Yunus, hat einmal gesagt: In je-
em Menschen steckt ein Unternehmer. – Ich bin nicht
anz so optimistisch; vielleicht stimmt das nicht ganz,
ber sicher doch weitgehend. Wenn es uns gelingt, in
ielen Menschen den Unternehmer zu wecken, dann
önnen wir auch in vielen Menschen den Arbeitgeber
ecken. Genau das brauchen wir in Afrika. Bisher ist
as an vielen Stellen leider nicht ausreichend gelungen.






(A) )



(B)


Volkmar Klein

(Ute Koczy [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach du dickes Ei!)


Dritter Punkt. Wir sollten weniger nur in staatlichen
Strukturen denken. Zu Hause, in unserer sozialen Markt-
wirtschaft, lassen wir den Staat doch auch nicht alles
machen. Aber sobald wir in Afrika helfen wollen, ver-
gessen wir oft unsere guten Erfahrungen und setzen viel
zu viel auf Staat und Plan.


(Dr. Bärbel Kofler [SPD]: Sie haben ein völlig falsches Staatsverständnis!)


Deshalb war es uns wichtig, in diesem Haushalt die Mit-
tel für die Förderung der entwicklungswichtigen Vorha-
ben der Kirchen, Stiftungen und anderer Nichtregie-
rungsorganisationen zu erhöhen.


(Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Aber wir brauchen dafür einen funktionierenden staatlichen Rahmen in den Ländern, mit denen wir zusammenarbeiten!)


Meine Damen und Herren, mit dem Haushalt werden
wir unserer Verantwortung gerecht. Aber angesichts des-
sen, wie wenig bisher in Afrika trotz horrender Summen
erreicht wurde, sind Fragen bezüglich der Effizienz der
bisherigen Hilfe und Instrumente sicherlich sehr berech-
tigt.


(Beifall des Abg. Dr. h. c. Jürgen Koppelin [FDP])


Deshalb ist es wichtig, mehr als bisher zu evaluieren,
wie erfolgreich wir eigentlich sind.

Ich denke, dass wir gemeinsam mit unseren Partner-
ländern in Zukunft erfolgreicher im Kampf gegen Armut
sein müssen, dass wir da wirklich engagiert sein müssen.
Ich finde es etwas schofel, wenn hier der heutigen Re-
gierung weniger Engagement für die Armen in Afrika
und in aller Welt unterstellt wurde. Das sollten Sie in
Ihre Mottenkiste zurückpacken. Wir wollen mit großem
Engagement unserer Verantwortung gerade für die Men-
schen in Afrika gerecht werden. Das verbindet uns nicht
nur mit dem Banker Muhammad Yunus in Bangladesch,
sondern ebenso mit dem Minister, und dem wird auch
unser Etat gerecht. In diesem Sinne sollten wir gemein-
sam erfolgreich arbeiten.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1701516200

Herr Kollege Klein, ich gratuliere Ihnen im Namen

des Hauses zu Ihrer ersten Rede im Deutschen Bundes-
tag.


(Beifall)

Als letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt hat

das Wort der Kollege Dr. Sascha Raabe von der SPD-
Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Sascha Raabe (SPD):
Rede ID: ID1701516300

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Herr Kollege Klein, da das Ihre erste Rede war,

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(C (D erde ich jetzt nicht weiter auf diese Rede eingehen, insesondere nicht darauf, wie Sie die Entschuldungsinitiave von Gerhard Schröder und Heidemarie Wieczorekeul irgendwie dem Vorgänger Kohl zugeordnet haben. as war schon ziemlich kabarettreif. Wir wollen es aber ufgrund Ihrer ersten Rede dabei belassen – Schwamm rüber. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich habe heute Vormittag einen Berliner Radiosender
ehört, der zu Spenden für die Erdbebenopfer in Haiti
ufgerufen hat. Da hat ein junger Mann angerufen und
esagt, er habe selbst genug Probleme und auch
eutschland habe genug Probleme; er halte es für einen
kandal, dass so viel Geld für Haiti gespendet werde und
o viele Steuergelder dorthin fließen würden. Ich habe
ich in diesem Zusammenhang daran erinnert, dass
irk Niebel wenige Monate zuvor ganz ähnlich argu-
entiert hat, als wir den ärmsten Ländern zur Milderung

er Folgen der Krise 100 Millionen Euro im Rahmen der
onjunkturpakete in Höhe von insgesamt 80 Milliarden
uro zur Verfügung stellen wollten. Damals hat Dirk
iebel gesagt, wir sollten mit dem Geld lieber
000 Lehrer in Deutschland einstellen, als es in Afrika
u verpulvern.

Ich bin stolz auf die Bürgerinnen und Bürger, die sich
urch solche Stammtischparolen nicht davon abhalten
ssen, zu spenden. Das ist eine hervorragende Haltung.


(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Herr Niebel, ich habe mich damals als Kollege für Sie
eschämt. Es wird Sie vielleicht wundern, wenn ich
age, dass ich über den Haushaltsentwurf, den Sie hier
orgelegt haben, nicht enttäuscht bin; denn ich habe
ichts anderes von Ihnen erwartet.

Enttäuscht bin ich aber von der Bundeskanzlerin, von
rau Merkel, die die Gesamtverantwortung für diesen
aushalt trägt; denn sie hat in den letzten Jahren immer
ieder versprochen, dass sie die Mittel für die Entwick-
ngszusammenarbeit gemäß dem im Jahr 2005 in der
uropäischen Union vereinbarten ODA-Stufenplan
teigern wird, sodass im Jahr 2010 0,51 Prozent des
ruttonationaleinkommens für die Entwicklungszusam-
enarbeit zur Verfügung stehen. Frau Merkel hat sich

afür auf Kirchentagen und bei Zusammentreffen mit
ünstlern wie Bono feiern lassen. Auch gestern auf der
DF-Spendengala hat sie ein entsprechendes Bild abge-
eben. Sie hat gönnerhaft 2,5 Millionen Euro für Haiti
ugesagt. Aber an der Stelle, auf die es ankommt, näm-
ch für die ärmsten Menschen der Welt – das sind 3 Mil-
arden Menschen, die in Armut leben, und 1 Milliarde
enschen, die hungern – im Haushalt eine Hilfe vorzu-

ehen, hat sie ihr Versprechen eiskalt gebrochen.

(Dr. h. c. Jürgen Koppelin [FDP]: Was ist das für eine Wortwahl?)

as dürfen wir ihr nicht durchgehen lassen.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1701516400

Herr Kollege Raabe, erlauben Sie eine Zwischenfrage

er Kollegin Hendricks?
)






(A) )



(B) )


Dr. Sascha Raabe (SPD):
Rede ID: ID1701516500

Ja, gerne.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1701516600

Bitte schön, Frau Hendricks.


Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1701516700

Herr Kollege Raabe, Sie haben gerade en passant mit-

geteilt, dass die Bundeskanzlerin die Erhöhung der Mit-
tel aus dem Bundeshaushalt zugunsten der Opfer in Haiti
von 7,5 Millionen Euro um 2,5 Millionen Euro auf nun-
mehr 10 Millionen Euro im Rahmen einer Spendengala
mitgeteilt hat. Wir haben vorhin schon einmal über
Würde gesprochen. Halten Sie es der Würde des Amtes
der Bundeskanzlerin für angemessen, dass sie dies bei
einer solchen Gelegenheit tat, bei der es doch eigentlich
darum ging,


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Ihr Geschwätz wird immer dümmlicher!)


Spenden von Privaten und Unternehmen zu generieren?
Wäre es nicht angemessener gewesen, wenn dies im
deutschen Parlament geschehen wäre?


Dr. Sascha Raabe (SPD):
Rede ID: ID1701516800

Frau Kollegin, ich würde mir wünschen, dass man im

Rahmen einer solchen Gala die privaten Spenden her-
vorhebt und nicht die Zusage von staatlichen Mitteln be-
kannt gibt. Sie haben vor allem dahin gehend recht, dass
es sich bei dieser ZDF-Gala um einen sehr späten Zeit-
punkt gehandelt hat, sich zu dieser Katastrophe zu
äußern. Als es die Tsunamikatastrophe gab, ist Bundes-
kanzler Gerhard Schröder gemeinsam mit der Entwick-
lungsministerin vorangeschritten und hat in vorbildlicher
Weise große Summen zur Verfügung gestellt. Er hat in
der Europäischen Union bei der Hilfe eine Führungsrolle
übernommen.

Ich muss schon sagen, dass das Krisenmanagement
der Bundesregierung einschließlich des Entwick-
lungsministers, was das Erdbeben auf Haiti angeht, sehr
zurückhaltend gewesen ist. Ich hätte mir das Engage-
ment gewünscht, das damals Gerhard Schröder und
Heidemarie Wieczorek-Zeul bei der Tsunamikatastrophe
an den Tag gelegt haben. Ich gebe Ihnen da vollkommen
recht.

Ich möchte auf das Versprechen der Bundeskanzlerin,
das sie immer wieder gegeben hat, zurückkommen. Da
sie heute in ihrer Rede nichts zur internationalen
Armutsbekämpfung gesagt hat, zitiere ich aus ihrer Re-
gierungserklärung vom 30. November 2005:

Wir haben uns deshalb dazu verpflichtet, … bis
2010 mindestens 0,51 Prozent … des Brutto-
inlandsproduktes für die öffentliche Entwicklungs-
arbeit aufzubringen. Ich weiß, was ich da sage.

Frau Merkel sagte am 30. Januar 2009 auf dem Welt-
wirtschaftsforum in Davos:

Wir dürfen die weltweite Armutsbekämpfung nicht
aus dem Blick verlieren. Deutschland hat auch für
das Haushaltsjahr 2009 – und das wird auch im
Haushaltsjahr 2010 so sein – Steigerungsraten
beträchtlicher Art bei den Ausgaben für Entwick-



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(C (D lungshilfe. Entwicklungszusammenarbeit jetzt einzuschränken, würde nicht nur politische Instabilitäten bedeuten, sondern vor allen Dingen auch ein weiteres Auseinanderklaffen der Entwicklung in der Welt; gar nicht zu sprechen jetzt hören Sie gut zu – von den Enttäuschungen in den Ländern, denen wir mit unseren Millenniumszielen viele Versprechungen und Zusagen gemacht haben. Auf den letzten Punkt möchte ich eingehen. Frau erkel hat in ihrer Rede heute in Bezug auf die Enticklungsländer nur eine negative Bemerkung gemacht. ie hat nämlich gesagt, dass der Klimagipfel in Kopenagen an Indien und anderen Entwicklungsländern gecheitert sei, weil diese Länder sich weigerten, ambitioierten Klimazielen zuzustimmen und die Ergebnisse berprüfen zu lassen. Aber es ist doch kein Wunder, dass ie Entwicklungsländer misstrauisch sind angesichts der atsache, dass unsere Bundeskanzlerin wenige Tage vor em Weltklimagipfel ein Versprechen gebrochen hat, das ie Europäische Union und Deutschland verbindlich geeben haben. Dann darf man sich nicht wundern, wenn ie Entwicklungsländer bei den Konferenzen der Weltandelsorganisation sagen: Wir glauben es euch schlichteg nicht mehr. Man darf sich auch nicht wundern, wenn ie Entwicklungsländer bei der Klimakonferenz sagen: ir lassen uns doch nicht wieder über den Tisch ziehen. rau Merkel hat also eine Mitschuld am Scheitern von openhagen, weil sie das Versprechen gebrochen hat. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir brauchen den ODA-Stufenplan, weil jeden Tag
5 000 Menschen an den Folgen von Hunger und Armut
terben. Das entspricht, auf zehn Tage gerechnet, einem
tillen Tsunami oder einem stillen Erdbeben in der Di-
ension der Katastrophe von Haiti. Insofern ist es un-

laubwürdig, wenn man sich jetzt herausredet und be-
auptet, dass man schon irgendwie bis zum Jahr 2015
ine ODA-Quote von 0,7 Prozent erreichen wird.

Es ist in der Tat peinlich, wenn sich ausgerechnet der
ntwicklungsminister gegen eine Finanztransaktionsteuer
ehrt. Eigentlich müsste er mit der Fahne voranschrei-
n und dafür werben, dass nicht die Entwicklungsländer
ie Misere ausbaden müssen, die ihnen Börsenzocker
ingebrockt haben. Die Entwicklungsländer könnten mit
em Geld ihre Not lindern. Herr Niebel schont aber Bör-
enzocker und lässt dafür die Ärmsten in der Welt im
tich. Das ist eine Schande. Das spiegelt auch der Haus-
altsentwurf wider.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1701516900

Wir sind am Schluss unserer heutigen Tagesordnung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
estages auf morgen, Donnerstag, den 21. Januar 2010,
Uhr, ein.

Die Sitzung ist geschlossen.