Gesamtes Protokol
Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! DieSitzung ist eröffnet.Die Fraktion der SPD hat mitgeteilt, dass der KollegeDirk Becker sein Amt als Schriftführer niedergelegthat. Als Nachfolger wird der Kollege Dr. RainerTabillion vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstanden? –Das ist offenkundig der Fall. Dann ist der KollegeDr. Rainer Tabillion zum Schriftführer gewählt.Interfraktionell ist vereinbart worden, die verbundeneTagesordnung um die in der Zusatzpunktliste aufge-führten Punkte zu erweitern:ZP 1 Weitere Überweisungen im vereinfachten Ver-fahren
a) Erste Beratung des von der Bundesregierungeingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zurAufhebung der Heimkehrerstiftung undzur Finanzierung der Stiftung für ehema-
– Drucksache 16/5845 –Überweisungsvorschlag:Innenausschuss
Haushaltsausschuss gemäß § 96 GOAsIsnRedetb) Beratung des Antrags der AbgeordnetenHans-Joachim Otto , ChristophWaitz, Dr. Karl Addicks, weiterer Abgeordne-ter und der Fraktion der FDPKlare Konzepte für den Bau des BerlinerSchlosses– Drucksache 16/5961 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Kultur und Medien
Ausschuss für Verkehr, Bau und StadtentwicklungHaushaltsausschussAußerdem mache ich auf eine nachträglichsung im Anhang zur Zusatzpunktliste aufmerin der 109. Sitzung des Deutschen Bundestagesene nachfolgende Gesetzentwurf soll zusä
Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung derTelekommunikationsüberwachung und ande-rer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowiezur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG– Drucksache 16/5846 –Überweisungsvorschlag:Rechtsausschuss
InnenausschussAusschuss für Wirtschaft und TechnologieAusschuss für Ernährung, Landwirtschaft undVerbraucherschutzAusschuss für Kultur und MedienSind Sie mit den Vereinbarungen einverstanden? –ch höre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlos-en.Wir setzen die Haushaltsberatungen – Tagesord-ungspunkt 2 – fort:a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-gebrachten Entwurfs eines Gesetzes über dieFeststellung des Bundeshaushaltsplans für dasHaushaltsjahr 2008
– Drucksache 16/6000 –extÜberweisungsvorschlag:Haushaltsausschussb) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesre-gierungFinanzplan des Bundes 2007 bis 2011– Drucksache 16/6001 –Überweisungsvorschlag:HaushaltsausschussAm Dienstag haben wir für die heutige Ausspracheeine Redezeit von insgesamt sieben Stunden vereinbart.Wir beginnen die heutige Beratung mit dem Ge-des Bundesministeriums für Arbeitnung, Einzelplan 11. Als erster Rednerinister Franz Müntefering das Wort. bei der SPD und der CDU/CSU)e Überwei-ksam: Ders überwie-tzlich demschäftsbereichund Sozialordhat der Bundesm
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Das muss die Große Koalition schon alleine machen,und wir wollen das auch.Wir wissen um die Verantwortung, die wir tragen. Indiesem Bewusstsein haben wir uns in Meseberg darüberabgestimmt, was in den beiden Jahren bis 2009 im We-sentlichen noch zu tun ist. Es geht um die Notwendig-keit, gemeinsam die Ziele zu beschreiben, um den Weg,der zu ihnen führt, zu finden: suchend, auch streitend– wir sollten uns, wo es nötig ist, nicht davon abhaltenlassen –, aber auch fähig zu Kompromissen, die kon-struktiv sind und in die richtige Richtung führen.Wir haben in Meseberg noch einmal gemeinsam fest-gestellt: Es geht darum, den Wohlstand in diesem Landdauerhaft auf hohem Niveau zu halten und ihn gerechtzu verteilen; alle sollen etwas davon haben. Das ist dasgemeinsame Ziel. Dieses beschreibend, muss man versu-chen, den Weg dahin zu finden. Dabei ist für alle im Ka-binett, für die Bundesregierung insgesamt, aber auch fürdie Große Koalition klar, dass das nur gelingen kann,wenn wir Ökonomie, Ökologie und Soziales gleichge-wichtig und miteinander abgestimmt zu einer guten Poli-tik harmonisieren. Alle drei Dinge gehören zusammen:Nur wenn wir ökonomisch erfolgreich sind, werden wirdie nötigen Grundlagen für ein hohes Niveau im sozialenBereich haben. Umgekehrt gilt aber auch: Nur wenn wirin diesem Lande im sozialen Bereich Stabilität haben– soziale Gerechtigkeit auf hohem Niveau –, könnenauch die Ökonomie und die Ökologie funktionieren.
Diese drei Dinge gehören unvermeidlich zueinander.Vor diesem Hintergrund will ich ein paar Punkte he-rausgreifen – alles kann ich nicht ansprechen –, über diewir in Meseberg geredet haben, die uns in den nächstenWochen und Monaten begleiten werden und die etwasmit dem Haushalt zu tun haben, über den wir jetzt bera-ten.Noch vor dem 1. November 2007 werden wir einewichtige Entscheidung in Bezug auf die Fachkräfte tref-fen. In den letzten Wochen und Monaten gab es Meldun-gen, dass uns Ingenieure – Maschinenbauingenieure undElektroingenieure – fehlen. Das ist auch offensichtlichsnUmnfSWzgluhPKdgadtktmsgDbJmSndgbblJisthsdggtdi
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Jedenfalls sollten Sie sich den Zusammenhang einmalein bisschen genauer angucken.
– Bleiben Sie gelassen!
– Sagen Sie es lauter, dann können das alle hören. – DieRegelungen zu den Fachkräften werden wir also zum1. November 2007 treffen.Wir werden in der nächsten Woche damit beginnen,den Mindestlohn im Postbereich zu realisieren. Dann ha-ben die Tarifparteien gestern den entsprechenden Antraggestellt. Damit ist das erfüllt, was wir gemeinsam verein-bart haben. Wir in der Bundesregierung möchten, dassnoch im Verlauf dieses Jahres für alle Postdienste Min-destlöhne zustande kommen.
Das werden wir im Kabinett und danach sicherlich auchin den Fraktionen und im Bundestag zu beraten haben.
Dann kommt im November, Dezember die Allgemein-verbindlichkeitserklärung zu den Dingen, die die Tarif-parteien miteinander vereinbart haben.Wir werden in diesem Herbst das Arbeitnehmer-Ent-sendegesetz und das Mindestarbeitsbedingungengesetzso weiterentwickeln, wie wir das vereinbart haben, undwerden dann im nächsten Jahr Branchen einladen, in Sa-chen Mindestlohn ihr Interesse anzumelden, um dannauch aufgenommen zu werden.Im Augenblick sprechen die verschiedenen Ministe-rien, die davon betroffen sind, über die Idee eines Er-werbstätigenzuschusses verbunden mit einer entspre-chenden Kinderkomponente. Das heißt, wir wollenversuchen, dass Menschen, die vollzeit- oder vollzeitnahbeschäftigt sind, die aber mit ihrem Einkommen trotz-dem angewiesen sind auf zusätzliches Arbeitslosen-geld II, Aufstocker, außerhalb des Arbeitslosengeldes IIverbleiben und deshalb auch nicht den Regeln desArbeitslosengeldes II unterliegen müssen.
Das ist die Idee des Kinderzuschlags, die seinerzeitentwickelt worden ist. Die wollen wir weiter ausbauen.Und wir wollen das verbinden zu einem Erwerbstätigen-zuschuss für alle, die in dieser entsprechenden Größen-ordnung betroffen sind, und diese dann in die Idee desErwerbstätigenzuschusses aufnehmen.
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Wir werden Anfang nächsten Jahres ein Konzept zurumanisierung der Arbeitswelt vorlegen. Da geht es umie Frage, wie wir altengerechte und altersgerechterbeit möglich machen – Initiative 50 plus hin aufem Weg zum Renteneintrittsalter 67. Dazu gehört die
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Bundesminister Franz MünteferingFrage, die wir uns alle stellen müssen: Was kann mantun, damit die Menschen leistungsfähig älter werden,und was kann man für die Humanisierung der Arbeits-welt tun?Wir haben es in Deutschland erreicht, die Anzahl derschweren Unfälle deutlich zu reduzieren. Da liegen wireuropaweit ganz weit vorn. Aber es ergeben sich neueKrankheitsbilder, die man anders angehen muss – Rücken,Augen, Haut, Psyche. Das sind Dinge, die man schwererpräventiv aufhalten kann als manche großen und schwe-ren Unfälle, mit denen wir früher zu tun gehabt haben.Man kann Maschinen sehr sicher machen. Aber dieMenschen immun zu machen gegen Erkrankungen derAugen, des Rückens und der Psyche – das ist schon et-was, das neue Herausforderungen mit sich bringt. Wirmüssen da Lösungen finden. Wir werden Anfang nächs-ten Jahres eine ausführliche Diskussion darüber führenmüssen, Arbeitgeber und Arbeitnehmer mit am Tisch.Wir werden Anfang nächsten Jahres in der Koalitionauch etwas entscheiden müssen zum Bereich Zeitarbeit.Außer dass Zeitarbeit-Arbeitgeber und -Arbeitnehmerauch gerne in die Mindestlohnregelung möchten, müs-sen wir prüfen – das ist auch Aufgabe von Meseberg –,dass die Ausbauchungen, die im Zeitarbeitsbereich statt-finden, in eine vernünftige Bahn gelenkt werden. Zeitar-beit ist inzwischen eine solide Branche geworden. Daswollen wir auch so. Wo aber Zeitarbeit zur Dauerarbeitwird, und zwar mit künstlich herbeigeführten niedrigenLöhnen, ist das nicht im Sinne der Erfinder. Wir müssenalle miteinander darüber sprechen, was man da verän-dern kann.
Außer über die soziale Situation in Deutschland ha-ben wir in Meseberg auch darüber gesprochen, was welt-weit stattfindet. Der Anspruch, der sich mit der europäi-schen Präsidentschaft und der G-8-Präsidentschaftverbindet, ist: dass wir ILO-Standards für menschenge-rechte Arbeit in der Welt unterstützen und versuchen,das umzusetzen; dass wir Mindeststandards geben, wasdie Lebensverhältnisse der Menschen in der Welt an-geht. Das ist nicht nur soziales Denken, das ist auch ei-nes, das vorbeugend ist für Konflikte und Kriege auf derWelt. Wir fühlen uns mitverantwortlich dafür, dass wirdiese Standards nicht nur bei uns im Lande, sondern– entsprechend deren Entwicklung – in den Ländernweltweit forcieren. Dass es Kinder- und Sklavenarbeitnicht geben darf, darin werden wir uns alle einig sein;dass es sie tatsächlich gibt, ist aber leider eine Wahrheit.Deshalb müssen wir in diesem, aber auch in anderenPunkten dazu beitragen, dass wir die Standards in derWelt so verändern, dass die Menschen menschenwürdigarbeiten können.
Wir haben zum 1. Januar des nächsten Jahres denStart in das persönliche Budget für behinderte Men-schen. Das ist eine Herausforderung, weil Deutschlanddas bisher nicht kannte. Das ist eine Sache, die in denskandinavischen Ländern üblich ist. Behinderte Men-schen werden sehr viel mehr als bisher das Geld, das wiraswEewhsewnm–PstWWsDbgtveWaL„ibvHlIjSn
s wird nicht leicht sein, das zu organisieren; es ist aberin richtiger Schritt. Wir müssen ihn begleiten und dafürerben. Wir müssen dafür sorgen, dass das gelingt. Be-inderte Menschen müssen in größtmöglichem Maßeouverän über das Geld, das ihnen zur Verfügung steht,ntscheiden können. Das wollen wir erreichen. Das Be-usstsein dafür wollen wir stärken. Da wollen wir imächsten Jahr eine ordentliche Bewegung haben.
Ein letztes Wort zur Bekämpfung von Rechtsextre-ismus und zur Vorbeugung. Wir haben in meinem Haus wenig besprochen, aber wirkungsvoll, meine ich – einrogramm laufen, das unter der Überschrift „Xenos“ich an junge Menschen richtet, an Kinder aus Migra-ionssituationen, aber auch an andere, in besonderereise an Kinder in Hauptschulen und Sonderschulen.ir versuchen, sie gegen Rechtstendenzen zu immuni-ieren und sie für die Demokratie zu gewinnen, vor alleningen aber ihnen eine eigene Lebensperspektive zuieten. Diese Sache bleibt eine gemeinsame, die, solaube ich, für alle in diesem Hause von großer Bedeu-ung ist. Wir müssen den jungen Menschen die Botschaftermitteln: Ihr habt die Chance. Wir wollen, dass ihrine Chance habt. Wir sorgen dafür. Wir helfen euch.ir fördern euch. Wir fordern euch heraus. Wir helfenlle miteinander, damit die Rechtsextremisten in diesemand keine Chance mehr haben.
Einige wichtige Aufgaben, die sich mit dem HaushaltArbeit und Soziales“ befassen! Das andere werden wirm Ausschuss noch einmal sicher mit größerer Intensitäteraten.Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Das Wort hat die Kollegin Dr. Claudia Winterstein
on der FDP-Fraktion.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen underren! Sehr verehrter Herr Minister, die positiven Zah-en, in denen Sie sich zurzeit sonnen, sind leider nichthr Verdienst. Vielmehr bringt die boomende Weltkon-unktur jetzt endlich auch den deutschen Arbeitsmarkt inchwung. Ihre Aufgabe wäre es nun, diese Entwicklungach Kräften zu fördern, indem Sie beispielsweise die
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Dr. Claudia WintersteinFlexibilisierung des Arbeitsmarktes vorantreiben. Beidieser Aufgabe versagen Sie jedoch völlig.
Sie tun vielmehr alles, um diese positive Entwicklungzu stoppen. Sie ziehen durch die Lande und reiten IhrSteckenpferd Mindestlohn. Der Mindestlohn ist für Siezum Allheilmittel geworden. Sogar Ihre Haushaltspro-bleme meinen Sie mit diesem populistischen Wahl-kampfschlager lösen zu können. Mit einem Mindestlohnkönnen Sie Ihren Haushalt aber nicht entlasten, Herr Mi-nister;
im Gegenteil: Mit einem Mindestlohn zerstören Sie dieArbeitsplätze, die es den Menschen jetzt erlauben, we-nigstens einen Teil ihres Lebensunterhalts selbst zu ver-dienen.
Aus Sicht des Haushalts wäre der Mindestlohn also ehermit Mehrkosten als mit Einspareffekten verbunden.Das beste Mittel zur Schaffung neuer Arbeitsplätze isteine Senkung der Lohnnebenkosten. Dafür tut die Regie-rung aber zu wenig. Die von Ihnen auf den Weg ge-brachte Absenkung des Beitrages zur Arbeitslosenversi-cherung ist längst überfällig. Eine Senkung auf3,9 Prozent ist allerdings nur ein Trippelschritt. EineSenkung auf 3,5 Prozent wäre ohne Weiteres sofortmöglich.
Die Beitragsgelder müssen denen zurückgegeben wer-den, die sie gezahlt haben. Stattdessen planen Sie weiter-hin eine Umleitung von Beitragsgeldern aus der Arbeits-losenversicherung in den Bundeshaushalt. So wie es derHaushaltsentwurf jetzt vorsieht, bereichert sich der Ar-beitsminister mit 5,5 Milliarden Euro aus den Taschender Beitragszahler.
Er verzichtet zwar endlich auf den jetzt auf 2 MilliardenEuro geschrumpften verfassungswidrigen Aussteue-rungsbetrag, will aber nun stattdessen von der Bundes-agentur einen Eingliederungsbeitrag in Höhe von5 Milliarden Euro kassieren.
Im Entwurf versteckt er dann noch eine weitere halbeMilliarde Euro, um die er seinen Haushalt auf Kostender Bundesagentur entlasten will.Unsere klare Forderung lautet: Beitragssenkung stattBeitragsklau. Die Überschüsse der Bundesagentur gehö-ren den Beitragszahlern. Lassen Sie endlich die Fingerdavon, Herr Minister!
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ichts davon ist geschehen. Im Gegenteil: Immer neuerogramme werden aufgelegt. In Meseberg haben Sieich nun wieder vorgenommen, die Instrumente zu straf-en. Wer soll Ihnen das jetzt eigentlich noch glauben?ie von der Regierung selbst in Auftrag gegebene Über-rüfung der Wirksamkeit hat für den größten Teil der Ar-eitsmarktinstrumente verheerende Ergebnisse gebracht.
s ist geradezu fahrlässig, dass Sie daraus bisher über-aupt keine Konsequenzen gezogen haben.
Vor kurzem berichtete die FAZ über eine neue Studieer Universität St. Gallen über den Erfolg der aktivenrbeitsmarktpolitik in Deutschland. Das traurige Ergeb-is lautet – ich zitiere –: Es wurde„keine Arbeitsmarktmaßnahme gefunden … die po-sitive Effekte hatte, dafür aber eine Menge vonMaßnahmen, die Arbeitslosigkeit eher verfestigen.“err Minister, eine schlechtere Bewertung Ihrer Maß-ahmen ist wohl kaum möglich.
wei Jahre lang hat die Koalition hier nichts bewirkt.acken Sie diese Aufgabe endlich an!Statt solide Arbeit zu leisten, betreiben Sie Volksver-ummung. Ich meine damit die Debatte über die soge-annten Aufstocker. Diese Menschen bekommen Ihrereinung nach nur deswegen ergänzend Arbeitslosen-eld II, weil es in Deutschland keinen allgemeinen Min-estlohn gibt. Ich finde diese Debatte unglaublich.
Dies betrifft vor allem die Beliebigkeit, mit der Zah-en verdreht werden. Angeblich geht es um,3 Millionen Beschäftigte, die neben ihrem Einkommenartz IV beziehen. Alle Minijobber sind da eingerech-et. Diese Zahl beweist also überhaupt nichts. Es gibtuch eine Zahl der Bundesagentur für Arbeit. Sie sprichtn ihrem jüngsten Monatsbericht von 502 000 Aufsto-kern, also Arbeitslosengeld-II-Beziehern mit einer so-ialversicherungspflichtigen Beschäftigung. Aber sozi-lversicherungspflichtig ist auch eine Teilzeitarbeit mit
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Dr. Claudia Wintersteineinem Verdienst von 401 Euro. Je nach Familiensitua-tion bleibt da Bedarf nach ergänzender Unterstützung.Auch diese Zahl kann Ihre Argumentation also nichtstützen.
Stützen könnte sich diese Debatte – wenn überhaupt –nur auf die Zahl der vollzeitbeschäftigten Alleinstehen-den,
die von ihrem Lohn den Lebensunterhalt nicht bestreitenkönnen und deshalb zusätzlich Hartz IV beziehen. Wis-sen Sie was? Das sind 47 000 Menschen.Ich finde es wichtig, hier einmal die Dimension klar-zumachen, die Herrn Müntefering veranlasst, für einenbundesweit einheitlichen Mindestlohn zu kämpfen.
Es geht in dieser Debatte über die Aufstocker nicht um1,3 Millionen oder 502 000, es geht um 47 000 Arbeit-nehmer. Hierbei handelt es sich vielfach um Menschen,die mit besonderen Problemen zu kämpfen haben, weilsie beispielsweise keine Berufsausbildung haben. Ihnenist mit einem Mindestlohn nicht geholfen, wenn sie alsKonsequenz ihren Arbeitsplatz verlieren.
Herr Minister, Ihre Argumentation, was die Aufsto-cker angeht, ist einfach falsch. Wenn Menschen, die bis-her gar nicht gearbeitet haben, eine Teilzeitarbeit auf-nehmen, dann erhöht sich selbstverständlich die Zahlderer, die teilunterstützt werden, also die der Aufstocker.Das bedeutet aber zugleich, dass mehr Menschen zumin-dest einen Teil ihres Lebensunterhalts selbst verdienen.Diese Entwicklung würgen Sie mit Ihrem Mindestlohnab.Der Entwurf des Haushalts des Arbeitsministeriumsfür das Jahr 2008 enthält, wie üblich, erhebliche Risiken.In der Debatte über den Haushalt 2007 haben Sie, HerrMinister, hier gestanden und versprochen: Wir kommen2007 mit dem Geld für Hartz IV aus. – Ihre Verspre-chungen waren falsch. Sie hätten es schon damals besserwissen müssen.
Trotzdem setzen Sie diesen Posten im Haushalt für dasJahr 2008 wieder unsolide an. Knapp 23 Milliarden Eurowerden in diesem Jahr voraussichtlich gebraucht; dassind ungefähr 1,5 Milliarden Euro mehr als imHaushalt 2007 vorgesehen. Im Haushaltsentwurf für2008 sind trotz dieser Entwicklung nur 21 Mil-liarden Euro veranschlagt. Die Lücke ist wieder abseh-bar.Meine Damen und Herren, im Vorfeld des Kabinetts-beschlusses zum Haushalt hat der Finanzminister ge-kAvnIzeCdaBweazAfebsLkaZnuDAenSttnDwtSn
deen zum Geldausgeben haben Sie reichlich. Das ist so-ialdemokratische Verteilungspolitik. Solide Politik ists jedenfalls nicht.Danke.
Das Wort hat die Kollegin Ilse Falk von der CDU/
SU-Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wirebattieren heute den Einzelplan des Bundeshaushalts,ngesichts dessen Volumen jeder zusammenzuckt: Deretrag von 129,5 Milliarden Euro ist nicht nur eine ge-altige Summe – 45 Prozent des Gesamtetats –, sondernr macht auch deutlich, dass sowohl unser Sozialsystemls auch der Arbeitsmarkt nach wie vor großer Unterstüt-ung bedürfen.Wir alle sind natürlich über die deutlich gesunkenenrbeitslosenzahlen froh. Wir freuen uns über jeden derast 1 Million Menschen, die wieder oder überhaupt zumrsten Mal eine Arbeit gefunden haben. Beschäftigungietet den Menschen nicht nur finanzielle Sicherheit,ondern stärkt auch das Selbstwertgefühl und gibt demeben einen Sinn.
Gut ist, dass allmählich Bewegung in die Bereicheommt, die uns besonders große Sorgen bereiten. So warllein in den letzten zwölf Monaten ein Rückgang derahl der Arbeitslosen um 666 000 Personen zu verzeich-en, unter denen 100 000 Jugendliche unter 25 Jahrennd 100 000 ältere Arbeitnehmer über 55 Jahren waren.as bedeutet, dass sich die Perspektiven für Jung undlt gleichermaßen verbessert haben. Hinzu kommt, dasss 355 000 Langzeitarbeitslose weniger gibt als vor ei-em Jahr. Das heißt, der Aufschwung erreicht auch dieockelarbeitslosigkeit.
Außerdem ist die Zahl der sozialversicherungspflich-igen Beschäftigungsverhältnisse im Vergleich zur Situa-ion vor einem Jahr um 526 000 gestiegen. Es sind alsoeue reguläre Beschäftigungsverhältnisse entstanden.adurch fließt wieder mehr Geld in die Sozialkassen,as zu deren Stabilisierung führt. Die Zahl der Erwerbs-ätigen erreicht mit 39,79 Millionen ein Rekordniveau.o hoch war diese Zahl seit der Wiedervereinigung nochie.
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Ilse FalkMit dem Dreiklang „Investieren, Sanieren, Refor-mieren“ haben wir frühzeitig massive Wachstumsim-pulse gesetzt und zukunftsorientierte Investitionen inForschung, Entwicklung und Bildung getätigt. Das zahltsich jetzt aus.Wir haben auch unpopuläre, angesichts der demogra-fischen Entwicklung aber notwendige Reformen auf denWeg gebracht, zum Beispiel die ab 2012 beginnendeschrittweise Anhebung der Rentenregelaltersgrenze umzwei Jahre, die Rente mit 67. Angesichts eines Bundes-zuschusses zur Rentenkasse in Höhe von 78,6 Milliar-den Euro und immer längerer Rentenbezugszeiten wärees unverantwortlich gegenüber der jungen Generationgewesen, hier nicht zu handeln.Das allein reicht aber noch nicht aus, um Sicherheitim Alter zu garantieren. Deshalb ist es unbedingt not-wendig, weiterhin Anreize zur betrieblichen und priva-ten Altersvorsorge zu bieten bzw. weitere Anreize zuschaffen. So wollen wir zum Beispiel die Beitragsfrei-heit der Entgeltumwandlung beibehalten sowie Verbes-serungen bei der Unverfallbarkeit von Anwartschaftendurch das Betriebsrenten-Förderungsgesetz erreichen.
Im Hinblick auf die private Altersvorsorge ist die ver-einbarte Erhöhung der Kinderzulage bei der Riester-Rente ab 1. Januar 2008 von 138 Euro auf 185 Eurobzw. auf 300 Euro für nach dem 1. Januar 2008 geboreneKinder ein wichtiger Baustein.Insgesamt haben wir die Lebensbedingungen inDeutschland mit einer Fülle von Maßnahmen verlässlichund nachhaltig verbessert. Jetzt gilt es, dies weiter zuverstetigen, neue Impulse für fortdauerndes Wachstumzu geben und die spürbare Teilhabe möglichst aller Men-schen daran zu ermöglichen.Das Ziel muss bleiben, möglichst jeden Menschen inArbeit zu bringen. Auch 3,7 Millionen Arbeitslose sindnoch entschieden zu viele. Die Politik kann keine Ar-beitsplätze schaffen – das ist eine Binsenweisheit –, abersie kann die Rahmenbedingungen für Wirtschaft und Be-schäftigung verbessern. Dazu gehört die weitere Sen-kung der Lohnnebenkosten. Dies ist im Rahmen unseresEinzelplanes, des Einzelplanes 11, durch die Senkungdes Beitragssatzes zur Arbeitslosenversicherungmöglich. Es ist der Union ein dringendes Anliegen, denBeitrag über das schon fest vereinbarte Ziel von3,9 Prozent hinaus um weitere 0,4 Prozentpunkte auf3,5 Prozent zu senken.
Angesichts der von der Bundesagentur für Arbeit vorge-legten Zahlen sollte dies machbar sein und die Wettbe-werbsfähigkeit der Wirtschaft weiter stärken.Neue Beschäftigungsimpulse können außerdem vonsteuerlichen Anreizen zur Stärkung der Rolle privaterHaushalte als Arbeitgeber ausgehen. Wer einen sozial-versicherungspflichtigen Arbeitsplatz schafft, sollte dieszu den gleichen Bedingungen können, wie sie für jedenBetrieb gelten. Davon profitieren die Arbeitnehmer, dieArbeitgeber und nicht zuletzt der Staat, weil wir Licht indgdzSgWtKcdAJstdfdcDdbrndztgfudeasEtbsdBhwsDrnd
ir haben deshalb beschlossen, die Förderung bestimm-er Personengruppen zu verstärken. Dazu gehört derombilohn zur Verbesserung der Beschäftigungschan-en für Menschen unter 25 Jahren. Ferner gehört das aufie Jugend abzielende Konzept Jugend, Ausbildung undrbeit der Bundesregierung dazu, das noch in diesemahr vorgelegt werden soll.Auch Langzeitarbeitslose mit multiplen, besonderschweren Vermittlungshemmnissen sollen mit einer in-ensiven persönlichen Betreuung schrittweise wieder anen Arbeitsmarkt herangeführt werden. Dafür ist eben-alls ein Kombilohn beschlossen worden.Das alles kostet viel Geld, aber wir sind überzeugt,ass es gute und wichtige Investitionen in Lebenschan-en für junge und schwer vermittelbare Menschen sind.as rechnet sich letztlich auch für den Staat.
Ein wichtiges Thema, das uns beschäftigen muss, istie Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Ar-eitsmarkt. Diesbezüglich gibt es noch erhebliche Bar-ieren,
icht nur in Bezug auf die Bereitschaft zur Anstellungieser Menschen, sondern auch hinsichtlich der Geset-eslage.Des Weiteren muss es uns gelingen, die Potenziale äl-erer Menschen – insbesondere angesichts des eben an-esprochenen Fachkräftebedarfs – stärker auszuschöp-en. Die Initiative 50 plus ist inzwischen auf Erfolgskursnd gibt älteren Arbeitssuchenden neuen Lebensmut. Iniesem Zusammenhang will ich darauf hinweisen, dasss uns besonders wichtig ist, jegliche Frühverrentungs-nreize vonseiten des Staates schnellstmöglich abzu-chaffen. Wir können angesichts der demografischenntwicklung überhaupt nicht auf die Erfahrung bewähr-er Arbeitskräfte verzichten.Auch die großen Potenziale von Frauen auf dem Ar-eitsmarkt könnten noch stärker genutzt werden. Inzwi-chen erreichen Frauen vergleichbare oder bessere Bil-ungsabschlüsse als Männer und möchten in ihremeruf arbeiten und gleichzeitig eine Familie haben. Mit-ilfe des Elterngeldes und des in Angriff genommeneneiteren Ausbaus der Kinderbetreuungsmöglichkeitenchafft die Bundesregierung erstmals echte Wahlfreiheit.abei ist mir eines wichtig: Frauen und Männer, die Be-uf und Familie vereinbaren möchten, sollen dies kön-en, ohne dass diejenigen, die sich vorübergehend oderauerhaft ausschließlich ihrer Familie widmen möchten,
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Ilse Falkdiskriminiert werden. Wir haben hohe Achtung vor ih-rem Engagement und sind uns ihrer Leistung wohlbe-wusst. In dieser Diskussion wünsche ich uns allen deut-lich mehr Gelassenheit.
Generell sind noch stärkere Bemühungen bei der Ak-tivierung und Integration der in den Bereich des SGB IIfallenden Arbeitslosen in den Arbeitsmarkt nötig. Hiergeht es vor allem um eine Verbesserung der Betreuung inden Jobcentern. Wir hören immer wieder Klagen übermangelnde Leistungsfähigkeit der neuen Behörde, überunfähige Mitarbeiter. Die mag es geben. Aber erstenszeigen uns neueste Umfragen, dass sich die Bewertungdeutlich bessert, und zweitens darf man nicht vergessen,welch gewaltigen Umstrukturierungsprozess die Ar-beitsverwaltung hinter sich hat und was den Mitarbeiternauf diesem Weg zum Teil zugemutet wurde. Deshalbwill ich an dieser Stelle ausdrücklich denjenigen danken,die unter oft schwierigen, nicht unbedingt vergnü-gungsteuerpflichtigen Bedingungen hervorragende Ar-beit leisten.
Wir könnten ihnen sicher helfen, wenn wir den Wild-wuchs von Maßnahmen konsequent lichteten und ihnenmehr Entscheidungskompetenz zutrauten. Die Unionfordert daher seit langem eine ehrliche Evaluation desarbeitsmarktpolitischen Instrumentariums im Hinblickauf Wirksamkeit und Kosten. Wir brauchen hier mehrTransparenz und eine Bündelung der erfolgreichen In-strumente für eine zielgenauere Handhabbarkeit. Maxi-mal zehn Instrumente sollten eine ausreichende Grund-lage sein. Das Ministerium und die Bundesagenturarbeiten daran. Wir hoffen, bald zu guten Ergebnissen zukommen.
Neben dem Aspekt des Förderns, der wichtig ist, darfdas Fordern nicht in den Hintergrund geraten. Es mussdas Ziel bleiben, jedem Menschen zu ermöglichen, sei-nen Lebensunterhalt durch eigene Arbeit zu bestreiten.Deshalb ist es wichtig, dass bei den Arbeitsvermittlernvor Ort der Gleichklang von Fordern und Fördern – bei-des – konsequent umgesetzt wird, bei offensichtlicherArbeitsverweigerung notfalls auch mit Druck. In denFällen, in denen deutlich wird, dass angebotene Mög-lichkeiten nicht wahrgenommen werden, muss gehandeltwerden. Der Kombination aus optimierter Arbeitszeitund staatlichem Zuschuss bei gleichzeitiger maximalerFreizeit für illegale Zusatztätigkeiten müssen wir einEnde bereiten. Wir brauchen deshalb Anreize für Voll-zeittätigkeit, unter anderem durch veränderte Hinzuver-dienstregelungen, wie von der Union bereits seit gerau-mer Zeit gefordert. Gleichzeitig müssen Schwarzarbeitund illegale Beschäftigung durch Kontrollen konsequen-ter verhindert und bekämpft werden.Eine angemessene Versorgung derer, die von Arbeits-losigkeit betroffen sind, muss selbstverständlich sein.OdswddlekzAstdutgLuavrümiMwsIPwraDdAedJd
uch das ist eine Frage der Menschenwürde. Dafür müs-en Arbeitgeber und Arbeitnehmer, Wirtschaft und Poli-ik ihre Kräfte bündeln zum Wohle unseres Landes under Menschen, die hier leben.Für den Einzelnen bedeutet Beschäftigung Sicherheitnd Lebensperspektive. Für den Staat bedeutet Beschäf-igung Wachstum und finanzielle Spielräume für diejeni-en, die der Hilfe bedürfen. Immer aber sollten sozialeeistungen als Hilfe zur Selbsthilfe verstanden werdennd unbegrenzt nur denen vorbehalten bleiben, die sichus eigener Kraft nicht helfen können.Danke für die Aufmerksamkeit.
Das Wort hat jetzt die Kollegin Dr. Gesine Lötzsch
on der Fraktion Die Linke.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-en! Es wurde schon gesagt: Der Arbeitsminister verfügtber fast die Hälfte des Bundeshaushaltes. Selbst wennan die Zuschüsse zu den Rentenkassen abzieht, sind esmmer noch etwa 45 Milliarden Euro, die Herrüntefering nächstes Jahr verteilen kann. Die SPD ver-eist gerne auf diese riesige Summe, um zu zeigen, wieozial ihre Haushaltspolitik sei. Doch das ist sie nicht.m Gegenteil: Es ist wirklich erschreckend, wie wenigositives dieses viele Geld auf dem Arbeitsmarkt be-irkt.Ich würde sogar weitergehen: Der Arbeitsministerichtet mit den Steuergeldern mehr Schaden als Nutzenn.
as liegt an der falschen Arbeitsmarkt- und Sozialpolitiker alten und der jetzigen Bundesregierung. Diegenda 2010 macht den Arbeitsmarkt kaputt und hatine verheerende Spirale des Lohndumpings ausgelöst,ie zu menschenunwürdigen Bedingungen geführt hat.
eder von uns – auch die Kollegen auf der rechten Seitees Hauses – kennt Unternehmen, die sozialversiche-
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Dr. Gesine Lötzschrungspflichtige Arbeitsplätze in Minijobs zerstückelt ha-ben. Jeder von uns kennt Unternehmen, die Leiharbeiterzu Hungerlöhnen beschäftigen und ihren Mitarbeitern sowenig zahlen, dass sie ihren Lohn durch das Sozialamtaufstocken lassen müssen.
Das ist nicht hinnehmbar.
Das Politikmagazin Fakt berichtete über folgendenVorfall: Ein Maurer, der 43 Jahre Berufserfahrung hatund gerade zwei Monate arbeitslos war, wurde von derArbeitsagentur zu einer Trainingsmaßnahme zur Eig-nungsfeststellung bestellt. Der Maurer durfte dort – ohneeinen Cent verdient zu haben – 14 Tage schuften. Dannwurde er gefeuert. Das ist eine unerträgliche Situation.
Die Politik der Agenda 2010 hat aus ArbeitnehmernFreiwild für skrupellose Unternehmen gemacht. DiesenMachenschaften muss endlich ein Riegel vorgeschobenwerden. Hier müssen Sie handeln, Herr Müntefering.
Mein persönlicher Wahlslogan 2005 lautete: „Von Ar-beit muss man leben können“. Man wirft uns gerne vor,wir seien populistisch.
Doch was ist an dieser Forderung populistisch? Eigent-lich müsste jeder Politiker – dazu zählen wir alle in die-sem Saal –, der für die sorgsame Verwendung von Steu-ergeldern Verantwortung trägt, mir zustimmen, dassdiese Forderung nicht nur human, sondern auch haus-haltspolitisch zwingend ist.
Wenn es so weitergeht, dass Unternehmen ihre Lohn-kosten senken und ihre Beschäftigten zum Sozialamtschicken, dann geht dieser Staat irgendwann Bankrott.
Immer mehr Menschen müssen zum Sozialamt gehenund Zuschüsse beantragen, weil ihr Lohn ihnen keinmenschenwürdiges Leben ermöglicht. Ihre Arbeits-marktpolitik ruiniert die Menschen und die Staatsfinan-zen.
Das beste Mittel, um die Selbstbedienungsmentalitätder Unternehmen zu stoppen, ist die Einführung des ge-setzlichen Mindestlohnes, und zwar nicht nur für ein-zelne Branchen, sondern flächendeckend ohne Aus-nahme, auch wenn es der rechten Seite des Hauses nichtgefällt. Bei dieser Forderung geht es nicht nur darum, dieArmut zu bekämpfen, sondern der Mindestlohn verhin-dpdeIUgshRddsInsbtnAskdDGIkznMBDUsB
ch denke, auch Sie können das nachrechnen.
Herr Kollege Müntefering, Sie haben öffentlich er-lärt, dass die zweite Hälfte der Legislaturperiode so-ialdemokratisch werden soll. Beweisen Sie es doch we-igstens in dieser Frage und setzen Sie den gesetzlichenindestlohn durch, und zwar nicht nur für einzelneranchen, sondern für alle!
ann tun Sie etwas Gutes, und dafür werden Sie unserenterstützung bekommen, aber nur, wenn Sie entschlos-en darangehen.Vielen Dank.
Das Wort hat jetzt die Kollegin Brigitte Pothmer vomündnis 90/Die Grünen.
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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Falk,Sie haben die drei Kombilohnmodelle, die Sie mit denletzten beiden Gesetzen eingeführt haben, sehr positivbewertet. Ein weiterer Kombilohn ist in Vorbereitung.Das heißt, innerhalb kürzester Zeit haben Sie vier neueInstrumente geschaffen. Gleichzeitig propagieren Sie,dass der Instrumentenkasten auf maximal zehn Instru-mente reduziert werden soll.
Ich glaube, Ihr Programm heißt: Mit Widersprüchen le-ben lernen. Arbeiten Sie daran, aber verschonen Sie dieGesellschaft bitte mit diesen Widersprüchen!
Ich möchte gern auf die Klausur von Meseberg zu-rückkommen; denn dort hat die Regierung festgelegt,was sie sich in den nächsten zwei Jahren vornehmenwill.
Die Überschrift lautet „Aufschwung, Teilhabe, Wohl-stand“ für alle. Ich finde, das ist ein überaus ehrgeizigesZiel. Das ist ein großes Versprechen. Parallel zu diesemgroßen Versprechen häufen sich die Meldungen überKinderarmut und die zunehmende Zahl an Suppenkü-chen. Herr Müntefering, ich kann im Haushalt nicht er-kennen, wie und mit welchen Instrumenten Sie diesesgroße Versprechen halten wollen.Ich will an die Adresse der CDU/CSU-Fraktion sa-gen: Wer sagt, wir wollen uns für Wohlstand für alle ein-setzen, sich dann aber noch nicht einmal für Mindest-löhne für alle einsetzt, der ist in dieser Frage nichtwirklich glaubwürdig.
Ich jedenfalls habe den Verdacht, dass das Versprechen„Wohlstand für alle“ ungefähr so wenig Substanz hatwie der Spruch von Helmut Kohl von den blühendenLandschaften. Beides ist Propaganda. Von beidem kön-nen sich die Menschen leider nicht viel kaufen.
Herr Müntefering, Sie haben heute auf den Erwerbs-tätigenzuschuss hingewiesen. Ich hätte mir gewünscht,dass Sie ein bisschen genauer erklärt hätten, was Sie sichvorstellen.
Nach welchen Kriterien soll der Erwerbstätigenzuschussgewährt werden? Unter dem Kinderzuschuss von Frauvon der Leyen kann ich mir noch etwas vorstellen. Aberein Erwerbstätigenzuschuss droht doch zu einem flä-chendeckenden Kombilohn zu werden. Wie Sie das ab-grenzen wollen, müssen Sie uns einmal erklären.mrtstdstaILgpQamabhbdDfdGrAsdfGdgGehdWWWb8dkkd
Lassen Sie mich zu einem anderen Versprechen kom-en: einen Ausbildungsplatz für jeden. In den Ausfüh-ungen von Meseberg lassen sich altbekannte Prüfauf-räge und Planspiele finden. Das neue Ausbildungsjahrteht vor der Tür. 160 000 junge Menschen suchen wei-erhin einen Ausbildungsplatz. Hinzu kommen 300 000,ie sich in Warteschleifen befinden. Wenn Sie Ihr Ver-prechen wirklich einlösen wollten, müssten Sie sich in-ensiver für die jungen Menschen einsetzen. Das tun Sieber leider nicht.Sie versprechen Aufstiegsmöglichkeiten für jeden.ch frage mich, wie diese für Geringqualifizierte undangzeitarbeitslose aussehen sollen. Sie wissen genausout wie ich: Der Schlüssel zum Aufstieg ist in dieser Re-ublik eine gute Qualifikation. Ihre vielbeschworeneualifizierungsoffensive besteht aber im Wesentlichenus Appellen an die Bundesländer. Das hat natürlich da-it zu tun, dass Sie durch die Föderalismusreform fastlle Kompetenzen – diese hätten Sie eigentlich behaltenzw. ausbauen müssen – an die Bundesländer abgegebenaben. Insofern sind das wohlfeile Versprechen.Dort, wo Sie selber Verantwortung tragen, nämlichei der Qualifizierung von Langzeitarbeitslosen, ist vonieser Offensive aber auch nicht viel zu spüren.
ie Ressourcen der Bundesagentur für Arbeit für Quali-izierung und Weiterbildung sind in den letzten Jahrenrastisch zurückgefahren worden. Der Anteil dereringqualifizierten an der Gruppe, die an Qualifizie-ungsmaßnahmen teilnehmen, liegt bei nur 27 Prozent.ber genau das ist die Gruppe, auf die wir uns im We-entlichen konzentrieren müssen. Wir schlagen Ihneneswegen vor, eine doppelte 50-Prozent-Quote einzu-ühren, also die Hälfte der Weiterbildungsangebote füreringqualifizierte zur Verfügung zu stellen und die an-ere Hälfte mit Berufsabschlüssen zu verbinden. Ichlaube, dann tun Sie wirklich etwas dafür, dass dieseruppe Aufstiegsmöglichkeiten hat. Sie täten aber nochtwas Weiteres: Sie würden einen echten Beitrag zur Be-ebung des Fachkräftemangels leisten.
Mit Ihrer Strategie der doppelten Weigerung, nämlicher Weigerung, echte Zuwanderung zuzulassen, und dereigerung, wirkliche Qualifizierung zu erreichen undeiterbildung zu verbessern, sind Sie auf dem besteneg, den Aufschwung abzuwürgen und damit das Pro-lem für die Arbeitslosen zu vergrößern.Solange Sie diese absurd hohe Hürde von4 000 Euro Einkommen aufrechterhalten, so lange wer-en Sie in Sachen Zuwanderung nicht wirklich voran-ommen und so lange werden die qualifizierten Fach-räfte ihre Fähigkeiten in anderen Ländern anbieten, inenen die Bedingungen für sie weitaus besser sind.
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 112. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. September 2007 11601
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Brigitte PothmerDas jedenfalls ist kein Konzept, um den Wettbewerb umdie besten Köpfe zu gewinnen. Legen Sie verdammtnoch einmal die ideologischen Scheuklappen ab! Ma-chen Sie eine vernünftige Zuwanderungspolitik mög-lich! Dann tun Sie wirklich etwas für die Arbeitslosenhier im Lande, die dann auch von der Zuwanderung pro-fitieren. Der Widerspruch, der immer behauptet wird,existiert nämlich nicht.Sie haben Wohlstand für alle versprochen. Zu Wohl-stand und Aufschwung gehört auch ein auskömmlicherLohn. Für viele heißt es aber leider: Armut trotz Arbeit.4 Millionen Vollzeitbeschäftigte arbeiten für Nied-riglöhne. Sie haben sich in der Koalition nach sehr zähenVerhandlungen darauf verständigt – wir alle konnten dasin den Medien verfolgen –, einzelne Branchen in dasArbeitnehmer-Entsendegesetz aufzunehmen, voraus-gesetzt dass sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer daraufverständigen und dass 50 Prozent der Beschäftigten die-ser Branche davon betroffen sind. Das sind genau dieBedingungen, die die Postdienstleistungsbranche jetzterfüllt hat. Nun denkt der geneigte Leser bzw. die ge-neigte Leserin, dass damit alles in trockenen Tüchernwäre. Weit gefehlt, der Streit geht weiter. Die Vereinba-rung, die Sie miteinander getroffen haben, ist ganz of-fensichtlich das Papier nicht wert, auf dem es geschrie-ben steht; denn sonst müssten Sie zu streiten aufhören.Das tun Sie aber nicht.
Meine Redezeit ist leider weitgehend abgelaufen.
– Auch ich finde das schade. Ich sehe, dass Sie mir gernezuhören.Herr Müntefering, Sie werden mit den Worten zitiert,das Kabinett werde sich jetzt verstärkt für den Ausgleichzwischen Wirtschaft und Sozialem einsetzen. Ich habeallerdings das Gefühl, dass es der Großen Koalition imWesentlichen um den Ausgleich zwischen Union undSPD geht. Nichts, aber auch gar nichts deutet darauf hin,dass das in Zukunft anders werden wird. Die Leidtragen-den sind die Arbeitslosen in diesem Land, die in diesemGerangel zerrieben werden.Ich danke Ihnen.
Das Wort hat jetzt die Kollegin Waltraud Lehn von
der SPD-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nein,
Tante Käthe gibt es heute nicht, heute gibt es Onkel Otto.
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igentlich wollte ich gar nicht so einsteigen, aber Ihre
usführungen haben mich wirklich dazu veranlasst, Sie
it Onkel Otto bekannt zu machen. Onkel Otto war kein
ensch, Onkel Otto war unser Hausschwein.
nkel Otto stand in einem Stall, und der Futtertrog be-
and sich in einem Stall daneben.
enn es Futter gab, klopfte meine Oma an den Futter-
rog, und das Schwein schoss durch die Tür an diesen
uttertrog heran.
us baulichen Gründen wurde diese Tür zugemacht, und
er Ausgang wurde an eine andere Stelle verlegt. Was
achte Onkel Otto? Onkel Otto raste ständig gegen die
and.
Genau das ist Ihr Problem: Sie stehen in einem Stall
it fünf Ausgängen. Was machen Sie? Sie knallen stän-
ig mit der Birne vor die Wand.
eine Güte, das muss doch wehtun. Ich kann die FDP
ur dringend auffordern, einmal zur Kenntnis zu neh-
en: Es gibt Türen.
Ich will auch etwas zur PDS sagen. Die PDS steht aus
einer Sicht im gleichen Stall und ist dabei, jede vor-
andene Öffnung zuzumauern.
an kann geradezu sehen, dass alle Ausgänge irgend-
ann zu sind und das Schwein verhungert.
Frau Kollegin Lehn, ich unterbreche Sie ungern. Aberer Kollege Meckelburg möchte gern eine Zwischen-rage stellen. Wie ich sehe, erlauben Sie das.Bitte, Herr Meckelburg.
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Frau Kollegin Lehn, Sie haben in der letzten Haus-
haltsberatung die Geschichte Ihrer Tante Käthe erzählt.
Nun kommen Sie mit Onkel Otto. Ist Ihre Verwandt-
schaft sehr groß,
und dürfen wir die Aufarbeitung Ihrer Familienge-
schichte auch in den nächsten Jahren erleben?
Herr Kollege, ich bin die Älteste von elf Kindern.
Wer wie die PDS allein in dem Bereich Arbeit undSoziales zusätzlich pro Jahr 26,4 Milliarden Euro ausge-ben will, wer den Rentenversicherungsbeitrag auf28 Prozent erhöhen will, der zieht nicht nur den Arbeit-nehmerinnen und Arbeitnehmern dieses Landes dasGeld aus der Tasche, sondern er erhöht auch fahrlässigdie jährliche Zinslast um mindestens 1 Milliarde Euro.
– Ich kann verstehen, dass Sie das irritiert.
Sie sind nicht nur Traumtänzer – würde man Sie so be-zeichnen, wäre das wirklich geschmeichelt –, sondernSie sind in dem, was Sie machen, absolut fahrlässig.
In den letzten 18 Monaten ist die Zahl der arbeitslo-sen Menschen in Deutschland um 1,3 Millionen zurück-gegangen. Die Zahl der sozialversicherungspflichtigBeschäftigten ist im Vergleich zum Vorjahr um einehalbe Million gestiegen. Diese Zahlen machen dochMut. Diese Zahlen sind doch der Lohn für Anstrengungund Arbeitsleistung der Menschen in diesem Land.Diese positive Entwicklung geht doch nicht nur auf dieWeltwirtschaft zurück.
Natürlich haben auch die weltwirtschaftliche Situa-tion und die Reformleistungen dieser Bundesregierungund die ihrer Vorgängerin dazu beigetragen.
Möglich gemacht haben das aber vor allen Dingen dieMenschen in diesem Land, die arbeiten, die sich aufma-cbnztrdMduRwbHnASzubsbPndweAHmsaazdiAubSgeMngswK
In dieser Situation dürfen wir uns nicht zurücklehnenach dem Motto: Auftrag erledigt. Die Menschen dürfenu Recht erwarten, dass wir weitere Anstrengungen un-ernehmen. Viel zu viele sind noch arbeitslos. Sie habenecht: Viel zu viele warten vergeblich auf einen Ausbil-ungsplatz. Ich glaube, dass da wirklich noch eine ganzeenge zu tun ist.In letzter Zeit wird viel darüber gesprochen, dass manen arbeitslosen Menschen mehr Geld zahlen muss. Ichnterstütze die Initiative von Franz Müntefering, denegelsatz objektiv zu überprüfen. Noch viel besser, nochirkungsvoller ist es aber, die Menschen in Arbeit zuringen.
ier sehe ich zwei Handlungsfelder: mehr und zielge-auere Förderung auf der einen Seite und eine erhöhtenpassungsfähigkeit des Sozialstaates auf der andereneite.Was heißt das nun? Ich sage: Die Maßnahmen müssenielgenauer sein. Ich verweise zum Beispiel auf das vonns beschlossene Programm, das direkt auf Langzeitar-eitslose und Jugendliche zielt. Das ist der richtige An-atz. Wir brauchen Instrumente, mit denen wir die Pro-lemgruppen direkt ansprechen; denn besondererobleme erfordern spezielle Lösungen.Deswegen ist es wichtig und richtig, dass vor Ort imächsten Jahr mehr Geld für Eingliederung, also für För-erung, zur Verfügung steht als jemals zuvor. Insgesamterden wir 6,4 Milliarden Euro in die Hand nehmen, umrwerbsfähige Empfänger und Empfängerinnen vonrbeitslosengeld II wieder in Arbeit zu bringen. Deraushalt des Ministeriums für Arbeit und Sozialesacht mit 124 Milliarden Euro – das haben wir heutechon mehrfach gehört – über 40 Prozent der Gesamt-usgaben des Bundes aus. Jeder zweite Euro, den wirusgeben, ist ein Euro für die Beschäftigungs- und So-ialpolitik. Es ist aber nicht die Höhe dieser Ausgaben,ie darüber entscheidet, wie die Qualität des Sozialstaatsst.Das bringt mich zu einem weiteren Punkt, zu dernpassungsfähigkeit des Sozialstaats. Wirtschaftlichend gesellschaftliche Veränderungen lassen soziale Pro-leme in den Hintergrund treten und neue entstehen. Einozialstaat ist umso besser, je mehr, aber vor allen Din-en auch je schneller er sich auf veränderte Bedürfnisseinstellt. Insgesamt arbeiten derzeit mehr als 1 Millionenschen, ohne dadurch ihren Bedarf decken zu kön-en. Deswegen erhalten sie ergänzend Arbeitslosen-eld II; sie sind – so der Fachbegriff – sogenannte Auf-tocker.Dieser Begriff verschleiert jedoch die Realität. Hieranird deutlich – das sage ich auch in Richtung unseresoalitionspartners –, dass eine schlechte Bezahlung
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Waltraud Lehnnicht nur den Beschäftigten, sondern auch dem Staat, dasheißt dem Steuerzahler, teuer zu stehen kommt.
Unternehmen profitieren hier nahezu verdeckt und uner-kannt, klammheimlich bis sittenwidrig.
Der geplante Erwerbstätigenzuschuss ist für die Be-troffenen ein richtiger Schritt.
Er soll verhindern, dass Menschen ergänzendArbeitslosengeld II erhalten müssen, wenn ihr Lohn dasExistenzminimum nicht sichert.
Aber das Problem selbst kann auch dieses Instrumentnicht lösen. Wo Sozialpartner keine existenzsicherndenLöhne vereinbaren, da sind wir als Gesetzgeber gefragt.Wenn Unternehmen nicht bereit sind, die Beschäftig-ten trotz steigender Gewinne anständig zu bezahlen,werden sie zu Schwarzfahrern unserer Gesellschaft. Sienutzen staatliche Maßnahmen – Steuersenkungen, Infra-strukturmaßnahmen, Bildungsstandards – aus, ohne sichan den Kosten zu beteiligen.
Deswegen wollen wir den Mindestlohn, und wir werdenuns auch weiter dafür einsetzen.
Lassen Sie mich zum Schluss etwas zu einem anderenThema sagen, das, glaube ich, viele von uns sehr be-schäftigt. Mit großer Sorge haben wir in den letzten Wo-chen die Zahlen über Kinderarmut in Deutschland le-sen müssen. Zunächst einmal möchte ich feststellen,dass es in unserem Land Kinderarmut ausgeprägt schonlange gibt, allerdings in sehr verdeckter Form.
Als es noch die Trennung zwischen Sozialhilfe undArbeitslosengeld II gab, wurde über diese Zahlen nichtin dem Maße geredet, wie ich mir das manchmal ge-wünscht hätte; es ist eben verdeckt gewesen. Heute, auchdank der Reformen, ist transparent, wer unter diesen Be-dingungen lebt. Das ist deswegen gut, weil es unszwingt, weil es mehr Menschen zwingt, darüber nachzu-denken, was man tun kann.Wir von der SPD-Fraktion unterstützen ausdrücklichdie Überlegung der Bundesregierung, Unterstützungs-leistungen für Kinder im System der Grundsicherung an-zupassen. Es muss uns gelingen, hierfür schnell wirk-sufnWdkkwcwmpuntG–wwkuMvvrdBst
enn sie alles erhalten, was sie zum Schulbesuch brau-hen, also eine echte Lernmittelfreiheit,
enn sie ein gesundes Frühstück bekommen, wenn Fa-ilienhelfer dazu beitragen, dass Kinder regelmäßig undünktlich zur Schule gehen, wenn Schulveranstaltungennd Klassenfahrten kostenfrei sind oder wenn das Erler-en eines Instruments oder der Sport nicht am Geldbeu-el der Eltern scheitern.
Klar ist: Für viele dieser Fragen sind die Städte, dieemeinden, die Länder, aber auch die Gesellschaftzum Beispiel die Vereine – insgesamt zuständig. Des-egen müssen Lösungen auch gemeinsam vereinbarterden. Wer Kinderarmut wirklich wirkungsvoll be-ämpfen will, der muss vernetzt denken und handeln,nd Zuständigkeiten müssen geklärt werden.
Die Entwicklung des Arbeitsmarktes ist gut für dieenschen in unserem Land. Dennoch liegen Aufgabenor uns, die wir entschlossen anpacken müssen. Mit demorliegenden Haushaltsentwurf schaffen wir diese Vo-aussetzungen. Ich bitte Sie alle um Ihre Unterstützung.Vielen Dank.
Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Heinrich Kolb von
er FDP-Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Der bisherige Aufschwung ist nicht der Auf-schwung der Bundesregierung.
evor Sie sich aufregen, Frau Nahles: Dieser Satztammt nicht von mir, auch wenn ich ihn inhaltlich volleile, sondern von Jürgen Thumann, dem Präsidenten des
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Dr. Heinrich L. KolbBundesverbandes der Deutschen Industrie. Thumannsagt weiter:... insgesamt jedoch hat die Bundesregierung ausden verbesserten Wirtschaftsperspektiven zu wenigReformkapital geschlagen.Dann kommt er zu dem Ergebnis:Wesentliche Strukturreformen liegen noch vor uns.Das Reformtempo muss nicht gedrosselt, sondernerhöht werden, der Rückenwind der guten Kon-junktur muss konsequent genutzt werden. Dass imZuge des konjunkturellen Aufschwungs auch dieZuversicht und das Zukunftsvertrauen der Bürgerdeutlich gestiegen sind, ist dabei die Chance derPolitik.
Das ist ein klar umrissenes Bild der Handlungsnot-wendigkeiten zur Mitte der Legislaturperiode. Es gilt, indie Hände zu spucken und nicht die Hände in den Schoßzu legen.
Im krassen Gegensatz dazu stehen die Ankündigun-gen aus der Koalition, insbesondere der SPD, die nichteine Fortsetzung der Reformen, sondern das Ende derReformpolitik nahelegen. Kurt Beck, nicht der OnkelOtto, sondern eher der Problembär der SPD, hat es soformuliert: Die Zeit der großen Zumutungen muss ersteinmal vorbei sein.
Noch krasser geht Ottmar Schreiner mit den Ergebnissender Großen Koalition ins Gericht: Wir brauchen keinWeiter so, sondern einen Bruch mit einer gescheitertenPolitik. Wen wundert es angesichts derart schwindendenMutes noch,
dass das Wort Reform in dem Abschlusspapier der Re-gierungsklausur von Meseberg mit ganz wenigen Aus-nahmen keine Rolle mehr spielt?
Das haben Sie offensichtlich übersehen. Auch wennSie eine Große Koalition der kleinen Schritte sein wol-len, die Füße müssen Sie schon noch heben. Das habeich in Meseberg vermisst.
Um es auf den Punkt zu bringen: Die schwarz-roteBundesregierung, die sich von Koalitionsrunde zuKoalitionsrunde und von faulem Kompromiss zu faulemKompromiss quält, will sich offensichtlich in den kom-menden zwei Jahren auf die Verteilung der konjunkturel-len Windfall-Profits beschränken, anstatt den Rücken-wind der wirtschaftlichen Erholung für weitereReformen zu nutzen.
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Vielen Dank, Herr Kollege. – Sie haben ja gerade diepielräume für Beitragssenkungen bei der Arbeitslo-enversicherung beschrieben. Ich würde mich freuen,enn Sie mir erklären könnten, ob ich das richtig in Er-nnerung habe,
ass die CDU im Bundestagswahlkampf gesagt hat, sieolle die Mehrwertsteuer um 2 Prozentpunkte erhöhennd das dadurch eingenommene Geld zu 100 Prozent inie Senkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherungtecken.
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Dirk NiebelHerr Müntefering sagte, die Merkel-Steuer würde teuer,und wollte das verhindern. Er hat dann aber einer Mehr-wertsteuererhöhung um 3 Prozentpunkte zugestimmt,wobei dann die Einnahmen in Höhe von 1 Prozentpunktzur Senkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherungverwendet werden sollten.
Nun hat das Bundeskabinett ein Gesetz beschlossen
– die Frage habe ich am Anfang gestellt, Herr Fuchtel –,durch das die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung auf3,9 Prozent gesenkt wurden. Daraufhin wurde aber auchbeschlossen,
die der Arbeitslosenversicherung zugeflossenen Mehr-einnahmen aus dem 1 Prozentpunkt bei der Mehrwert-steuer in den Haushalt von Herrn Steinbrück umzulen-ken.
Habe ich es also richtig verstanden, dass von den ur-sprünglich für die Arbeitslosenversicherung vorgesehe-nen Einnahmen aus der Mehrwertsteuererhöhung, die jazur Senkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherunggenutzt werden sollten, bei der Arbeitslosenversicherungnichts mehr verblieben ist?
Das haben Sie nach meiner Kenntnis richtig verstan-den, Herr Kollege Niebel. Das ist so.
Deswegen sagte ich ja, das, was hier zutage tritt, entspre-che der Manier eines Hütchenspielers.Was mich in diesem Zusammenhang auch sehr stört,ist, dass sich die Koalition offensichtlich nicht mehr andie eigenen Festlegungen im Koalitionsvertrag gebun-den fühlt. Der Gesamtbeitrag zur Sozialversicherungsollte dauerhaft auf unter 40 Prozent gesenkt werden.
Wir stehen heute bei 40,9 Prozent. Deswegen wäre ge-nau jetzt der Zeitpunkt für eine größtmögliche Beitrags-senkung auch in der Arbeitslosenversicherung.
Nehmen wir die Arbeitsmarktpolitik: Volker Kauderhat gestern an dieser Stelle gesagt, jetzt gehe es darum,zu handeln und das Land voranzubringen. Ich frage michnun, wie sich mit dieser Absichtserklärung die skurrileDebatte um einen Mindestlohn, die jedenfalls aus Sichtder SPD rein wahltaktisch begründet ist, vereinbarenlddsdmMsgdsVdMbdMvFPMDnhldgTzdKejddDmeuFMbsmdd
an kann es auch so formulieren: Die Einführung eineson der Post bestimmten Mindestlohns bei gleichzeitigerortführung der Mehrwertsteuerbefreiung der Deutschenost ist die Fortführung des Postmonopols mit anderenitteln. Das schadet unserem Land.
ie Kunden, die eine solche Dienstleistung in Anspruchehmen wollen, werden am Ende die Zeche zu zahlenaben. Herr Kauder, es geht Ihnen hier wie dem Zauber-ehrling in Goethes gleichnamigem Gedicht: Die Geister,ie ich rief, die werd’ ich nicht mehr los!Ich sage Ihnen voraus, liebe Kolleginnen und Kolle-en von der Union, Sie werden von der SPD beimhema Mindestlohn Stück für Stück über den Tisch ge-ogen werden. Es war eine Schnapsidee, anzunehmen,er ordnungspolitische Sündenfall, den Sie schon imoalitionsvertrag zugelassen haben, könne begrenzt undingedämmt werden.Besonders pikant wird das Ganze – das richtet sichetzt an die Adresse der SPD –, wenn man weiß, dass beier Vergabe der Versendung der Berliner Behördenpostie luxemburgische PIN Group, die deutlich unter dereutschen Post entlohnt, den Zuschlag des – wohlge-erkt: rot-roten – Berliner Senats für ein weiteres Jahrrhalten hat. Dazu kann ich nur sagen: Das ist verlogennd erinnert mich in fataler Weise daran, dass die SPD-raktion, obwohl sie längst Forderungen nach einemindestlohn von 7,50 Euro erhoben hatte, eigene Mitar-eiter deutlich schlechter bezahlte. So geht das nicht.
Aber es geht noch weiter: In den letzten Tagen habenich die DGB-Gewerkschaften zunehmend auf die boo-ende Zeitarbeit eingeschossen. Anstatt sich zu freuen,ass allein im letzten Jahr fast 180 000 Menschen, vonenen viele zuvor arbeitslos waren, über Zeitarbeit eine
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11606 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 112. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. September 2007
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Dr. Heinrich L. Kolbneue Beschäftigung gefunden haben, werden nun Forde-rungen erhoben, den rechtlichen Rahmen für die Zeitar-beit wieder enger zu fassen und die Einstellung vonLeiharbeitern überhaupt von der Zustimmung des Be-triebsrates abhängig zu machen. Das ist absurd und ver-kennt eindeutig Ursache und Wirkung.Ich sage Ihnen: Wer nicht bereit ist, beim Kündi-gungsschutz die Weichen neu zu stellen, darf sich amEnde nicht wundern, wenn die Unternehmen in einemerfreulichen, aber sicher auch endlichen Konjunkturhochin die Zeitarbeit ausweichen. Was ist denn die Alterna-tive? Für mich gilt: Ein Arbeitsplatz in einem Zeitar-beitsunternehmen ist allemal besser als Arbeitslosigkeit.Für mich steht außer Zweifel, dass alle Betroffenen, dievor genau dieser Alternative stehen, das ebenso sehen.
Ein Letztes. Seit einiger Zeit wird eine Debatte übersogenannte gute Arbeit geführt. Hier muss sich derDGB fragen lassen, ob er nicht pharisäerhaft handelt. Esist nicht nachzuvollziehen, dass die Gewerkschaften, diemit ihren Forderungen nach Arbeitszeitverkürzung beivollem Lohnausgleich ganz maßgebend zu einem An-stieg des Arbeits- und Zeitdrucks in den Unternehmenbeigetragen haben, diesen Umstand scheinheilig bekla-gen. Ich meine, solange in Deutschland 3,7 MillionenMenschen ohne jede Arbeit sind, sollten wir keine Dis-kussion über sogenannte gute Arbeit beginnen. Dennwas ist denn die Konsequenz, wenn jemand keine guteArbeit hat? Ist sie dann unzumutbar? Besteht für denje-nigen, der unverschuldet keine gute Arbeit hat, An-spruch auf staatliche Unterstützung? Der Grundton die-ser Diskussion erinnert mich an Pippi Langstrumpf: Ichmach’ mir die Welt, wie sie mir gefällt. – Mit der Reali-tät einer Volkswirtschaft in einer globalisierten Welt hatdiese Diskussion nichts, aber auch wirklich nichts zutun.
Fazit: Zur Mitte der Legislaturperiode präsentiert sichdie Große Koalition als Verein zur Verhinderung einesdauerhaften Aufschwungs und zur nachhaltigen Reform-verweigerung. Wichtige Reformbaustellen werden nichtbearbeitet. Dort, wo es Bewegung gibt, geht sie in diefalsche Richtung. Aber mit Selbstgefälligkeit allein wer-den Sie und wird unser Land die Zukunft nicht gewinnenkönnen.Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Ralf Brauksiepe
von der CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Knapp 130 Milliarden Euro umfasst der Haushalt desBundesministeriums für Arbeit und Soziales. Wenn mandddmBsebSzDhdJdJvdFdDmffnhnadhsKf6rZzr7eCfrW
er größte Fachkräftemangel besteht bei den Arbeits-arktpolitikern Ihrer Fraktion; das muss man einmaleststellen. Dort gibt es einen Fachkräftemangel.
Die Wahrheit ist doch: Politik ist, was die Bekämp-ung der Arbeitslosigkeit angeht, nicht allmächtig undicht ohnmächtig. Wenn die Politik keinen Einflussätte, wäre es unsinnig, dass wir uns bei den Wählerin-en und Wählern um ein Mandat bewerben. Wahr istuch: Wir haben nie für uns in Anspruch genommen,ass wir das, was geschafft worden ist, alleine geschafftaben. Das ist eine große Gemeinschaftsleistung in die-em Land, an dem diese Bundesregierung und die Großeoalition ihren Anteil haben.Ich möchte die Zahlen noch einmal in Erinnerung ru-en: 666 000 Arbeitslose weniger als vor einem Jahr,33 000 Erwerbstätige mehr, 526 000 sozialversiche-ungspflichtig Beschäftigte mehr. Ich möchte auch denweijahresvergleich nennen: Verglichen mit der Zeit vorwei Jahren, als die Grünen noch in der Regierung wa-en, haben wir 1 023 000 Arbeitslose weniger und02 000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte mehr,twa die Hälfte in Vollzeitstellen.Dazu sage ich Ihnen, Herr Kollege Kolb: Wir, dieDU/CSU, sind stolz auf diese Bilanz. Im Übrigenreuen wir uns über jeden zusätzlichen sozialversiche-ungspflichtigen Arbeitsplatz, egal in welcher Branche.
ir sind stolz auf die erreichte Entwicklung.
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Dr. Ralf BrauksiepeWir haben über 1 Million offene Stellen in Deutsch-land; das sind 185 000 mehr als vor einem Jahr. Deswe-gen ist es richtig, dass wir die Politik des Förderns undForderns fortsetzen; denn 1 Million Stellen sind immernoch zu wenig für 3,7 Millionen Arbeitslose. Es gibtaber erhebliche Potenziale, die Menschen zu den offenenStellen zu bringen. Deswegen ist Fördern und Fordernweiterhin das richtige Konzept.
In der Diskussion darüber, wie weit wir den Beitragzur Arbeitslosenversicherung senken, ist zu unseren For-derungen hier das Nötige gesagt worden. Wenn wir dieseDebatte führen, müssen wir immer sehen: Es ist eine ab-solute Luxusdiskussion, die wir hier führen können. Esgeht nämlich um die Frage: Wohin mit den Überschüs-sen?Was hat denn über Jahre hier die Diskussion be-stimmt? Da ging es doch um die Frage: Wie stopfen wirneue Löcher, die sich ergeben haben? Unter dieser Bun-desregierung wird solide kalkuliert, werden Erwartun-gen im positiven Sinne übertroffen.
Es gehört auch zur Wahrheit, dass wir die Lohnzu-satzkosten schon jetzt unter 40 Prozent gesenkt haben.Wenn wir es schaffen, einen Arbeitslosenversicherungs-beitrag von 3,5 Prozent zu erreichen, dann führt das überdie Jahre der Großen Koalition zu einer Gesamtentlas-tung der Beitragszahler um über 20 Milliarden Euro.
Den größten Teil des Weges dorthin sind wir schon ge-gangen. Das ist genau die richtige Botschaft für die Ar-beitnehmerinnen und Arbeitnehmer, für die Unterneh-merinnen und Unternehmer in Deutschland.
Herr Kollege Brauksiepe, erlauben Sie eine Zwi-
schenfrage des Kollegen Kolb?
Bitte schön, Herr Kolb.
Bitte schön.
Herr Kollege Brauksiepe, können Sie mir das einmal
vorrechnen? Ich komme für das Jahr 2007 auf einen Ge-
samtsozialversicherungsbeitrag – da lasse ich die Unfall-
versicherung sogar außen vor – von 40,9 Prozent. Für
das Jahr 2008, nach Senkung des Arbeitslosenversiche-
rungsbeitrags und Anhebung des Pflegeversicherungs-
beitrags – das ist ja der Sinn der Übung –, komme ich
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enn Sie die Beiträge zur Rentenversicherung, die
urchschnittlichen Beiträge zur Krankenversicherung,
en Beitrag zur Arbeitslosenversicherung und zur Pfle-
eversicherung zusammennehmen, dann kommen Sie,
nsbesondere was den Arbeitgeberbeitrag angeht – da-
um geht es Ihnen ja insbesondere, dieser liegt Ihnen be-
onders am Herzen –, auf klar unter 20 Prozent. Wir
erden diesen Weg der Senkung der Sozialversiche-
ungsbeiträge weitergehen.
Diese Regierung senkt die Sozialversicherungsbei-
räge. Sie können zwar immer sagen, das reiche Ihnen al-
es nicht; aber Sie sollten zumindest zur Kenntnis neh-
en, dass dies unser Weg ist: Wir senken die
bgabenbelastung; wir haben das schon getan und wir
erden das auch weiterhin tun.
Erlauben Sie eine Nachfrage des Kollegen Kolb?
Ja, wenn es nicht die gleiche Frage ist, dann bin ich
azu bereit.
Es geht nicht um die gleiche Frage. Herr Kollege
rauksiepe, Sie müssen schon davon ausgehen, dass wir
hren Koalitionsvertrag gelesen haben. Da ist die Rede
avon, dass der Gesamtbeitrag zur Sozialversicherung
auerhaft unter 40 Prozent gesenkt werden soll; da ist
icht die Rede davon, dass der Arbeitgeberanteil zur So-
ialversicherung dauerhaft unter 20 Prozent gesenkt
erden soll. Die Menschen, die in der Krankenversiche-
ung mit einem Zusatzbeitrag von 0,9 Prozent belastet
erden, müssen diesen sehr wohl zahlen. Wir reden hier
icht über Luft, sondern über konkrete Belastungen der
enschen. Insgesamt liegen die Sozialversicherungsbei-
räge deutlich über 40 Prozent. Deswegen ist jetzt jeder
pielraum für Beitragssenkungen auszunutzen. Stimmen
ie mir zu?
Herr Kollege Kolb, ich stimme Ihnen nicht zu. Wirind hinsichtlich des Ziels, die Beiträge zu senken, aufem richtigen Weg; wir haben da auch schon etwas er-eicht. Ich stimme Ihnen in einem Aspekt zu: Wir wer-en, soweit es Spielräume dafür gibt, das seriös zu finan-
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11608 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 112. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. September 2007
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Dr. Ralf Brauksiepezieren, den Beitrag zur Arbeitslosenversicherung weitersenken. Ich bitte, das doch auch einmal zur Kenntnis zunehmen. Wir reden doch nicht über das Ob, also nichtüber die Frage, ob wir den Beitrag zur Arbeitslosenversi-cherung senken, sondern wir reden nur noch über dieFrage, in welchem Ausmaß wir den Beitrag zur Arbeits-losenversicherung über das hinaus senken, was im Ko-alitionsvertrag steht.
Dort stehen 4,5 Prozent. Wir sind bei 4,2 Prozent undwerden mindestens auf 3,9 Prozent heruntergehen. Wirwollen ihn aber noch weiter senken.
Diesen Weg sollten Sie eigentlich anerkennen, Herr Kol-lege Kolb.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wissen natür-lich, dass der Aufschwung die verschiedenen Gruppenam Arbeitsmarkt bisher unterschiedlich erreicht hat.Diejenigen, die gut qualifiziert und erst kurze Zeit ar-beitslos sind, sind schneller wieder in Arbeit zu vermit-teln, als Menschen, die langzeitarbeitslos sind. Deswe-gen sage ich hier auch ganz deutlich: Wir werden dasarbeitsmarktpolitische Instrumentarium weiter durch-forsten. Wir werden es übersichtlicher gestalten und dieZahl der Instrumente reduzieren; das ist richtig. Wir ha-ben das beispielsweise bei der Förderung von Existenz-gründungen aus Arbeitslosigkeit auch schon getan. Wirhaben Ihre Ich-AG abgeschafft und aus zweien eins ge-macht. Wir werden den Weg weitergehen.Wir bekennen uns aber auch dazu, dass wir für dieGruppen, die besondere Probleme am Arbeitsmarkt ha-ben und durch die Marktkräfte allein nicht in Beschäfti-gung gebracht werden können, etwas tun. Deswegen ha-ben wir besonders für Jugendliche und für besondersarbeitsmarktferne Langzeitarbeitslose neue, zusätzlicheMaßnahmen ergriffen, die in diesen Tagen, so denke ich,auch Zustimmung im Bundesrat finden werden und dannin Kraft treten. Das sind Programme für Menschen, dieweiterhin unsere Hilfe brauchen. Dafür schämen wir unsnicht. Es ist richtig, dass wir als Große Koalition dies ge-tan haben.
Wir werden die geschlossenen Vereinbarungen – auchzu den tariflichen Mindestlöhnen – umsetzen.
Sie werden durch die Ausweitung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes und die Modernisierung des Gesetzesüber die Festsetzung von Mindestarbeitsbedingungen imGesetzgebungsverfahren konkretisiert. Ich sage Ihnenvoraus: Dies wird auch ein wichtiger Beitrag dafür sein,dass dort, wo es die Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-mer selbst wollen und vereinbaren, auf tarifliche Weiseverhindert wird, dass es Armutslöhne in DeutschlandgdaDwsSadvbvwbEeSueHsi
Bitte schön.
Herr Brauksiepe, habe ich Sie richtig verstanden, dass
ie mit Ihrer Aussage den Arbeitsminister Müntefering
uffordern, dem Antrag, den die Postgewerkschaft und
ie Postdienstleister gestellt haben, nämlich ihren Tarif-
ertrag für allgemeinverbindlich zu erklären, stattzuge-
en?
Frau Kollegin Pothmer, Sie haben mich dann richtig
erstanden, wenn Sie verstanden haben, dass das gilt,
as die Koalition vereinbart hat und was auch in Mese-
erg vereinbart worden ist.
s wird zu prüfen sein, inwieweit die Voraussetzungen
rfüllt sind. Diese Prüfung nehmen wir vor.
eien Sie sich ganz sicher: Das werden wir sorgfältig
nd gleichzeitig zügig tun.
Auch die Frau Kollegin Pothmer würde gerne noch
ine Nachfrage stellen. Erlauben Sie das?
Ja.
Bitte schön.
Sind Sie der Auffassung, dass die Behauptung vonerrn Kauder, dass diese Vereinbarung nicht dem ent-pricht, was in Meseberg besprochen worden ist, falschst?
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 112. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. September 2007 11609
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Frau Kollegin Pothmer, es ist unsere gemeinsame
Auffassung in der Großen Koalition, dass wir das tun,
was in Meseberg vereinbart worden ist. Dort wurde ver-
einbart, dass die Postdienstleistungen noch in diesem
Jahr ins Arbeitnehmer-Entsendegesetz aufgenommen
werden, wenn die dort genannten Voraussetzungen er-
füllt sind. Das ist unsere gemeinsame Auffassung.
Sie sind natürlich wie immer ein bisschen schlauer.
Sie haben die Prüfung schon abgeschlossen; das ist klar.
Wir prüfen im Gegensatz zu Ihnen sorgfältig. Darum
wird es noch ein paar Wochen dauern. Dann werden wir
dieses Problem gelöst haben.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, nach zweijähriger
Amtszeit der Großen Koalition möchte ich auch noch et-
was zu den sozialen Sicherungssystemen – insbesondere
auch zur Rentenversicherung – sagen; denn wir haben
gerade in diesen zwei Jahren gemerkt: Die beste Sozial-
politik ist eine gute Arbeitsmarktpolitik und eine gute
Wirtschaftspolitik. Die wirtschaftliche Dynamik, die in
diesem Land wieder entfaltet worden ist, hat positive
Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und die sozialen Si-
cherungssysteme.
Erinnern wir uns an den Herbst des Jahres 2005, als
die Wählerinnen und Wähler die Grünen zur kleinsten
Fraktion in diesem Hause gemacht haben. Im November
2005 gab es ein Loch in der Rentenkasse in Höhe von
636 Millionen Euro. Erstmalig in ihrer Geschichte
brauchte die Rentenversicherung ein Darlehen des
Finanzministers.
Sie von den Grünen waren mit Ihrer Politik maßgeblich
daran beteiligt, dass es bei der Rente zu ständigen
Finanzkrisen, zu Nullrunden für die Rentner und gleich-
zeitig zu einem Abbau der Rentenrücklage kam.
Sie haben allein zwischen 2002 und 2005 die Rücklage
um 12 Milliarden Euro abgebaut. Das ist das Gegenteil
von nachhaltiger und generationengerechter Politik. Da-
für können Sie sich heute noch schämen, liebe Kollegin-
nen und Kollegen von Grünen.
Wir haben in der Großen Koalition den gegenteiligen
Weg beschritten. Die Rentnerinnen und Rentner nehmen
wieder am wirtschaftlichen Aufschwung teil.
Auch hier stellt man fest, dass die Bundesregierung eher
vorsichtiger kalkuliert, als sie es nach den vorliegenden
Zahlen eigentlich müsste. Wir konnten noch im Renten-
bericht 2006 nicht davon ausgehen, dass vor dem Jahr
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Ich bedanke mich für das forsche Ja.
Herr Kollege Brauksiepe, Sie haben die Rente mit 67
und dankenswerterweise auch das Konzept der FDP an-
gesprochen. Ja, wir wollen einen flexiblen Übergang
vom Erwerbsleben in den Ruhestand, der ab 60 beginnen
soll, bei Wegfall der Zuverdienstgrenzen, die heute viele
Rentner davon abhalten, aus eigener Kraft sich ihren Le-
bensstandard zu sichern. Wir wollen Zuschläge für den-
jenigen, der länger arbeitet, und wir wollen keine, wie es
heute der Fall ist, Abschläge, die heute von einem Ren-
teneintrittsalter von 65 Jahren und künftig von 67 Jahren
ausgehend berechnet werden. Das ist der entscheidende
Punkt.
Wir haben in der Vergangenheit ältere Menschen aus
dem Erwerbsleben regelrecht herausgedrängt. Sie tragen
da eine maßgebliche Verantwortung.
Wir wollen, dass Menschen auf der Basis dessen, was sie
sich individuell für das Alter erarbeitet haben, bestim-
men können, wie sie den Übergang gestalten.
Meine Frage lautet: Stimmen Sie mir zu, dass das
FDP-Konzept das viel intelligentere und modernere
Konzept ist als die starre Anhebung einer Regelalters-
grenze?
Herr Kollege Kolb, wir machen keine Politik, die
Frühverrentungsanreize setzt. Wir setzen klare Rahmen-
bedingungen in der Rentenpolitik. Ich will die Schwam-
migkeit Ihres Konzepts nur an dem von Ihnen angespro-
chenen Thema Hinzuverdienste deutlich machen. Jeder,
der im gesetzlichen Rentenalter ist, kann in Deutschland
zu der Rente so viel hinzuverdienen, wie er will.
Grenzen bei den Hinzuverdienstmöglichkeiten bestehen
nur für diejenigen, die in Frührente sind. In Ihrem Kon-
zept müssten Sie erst einmal definieren, wer Frührentner
ist. Ist der 60-Jährige nach Ihrer Definition gar kein
Frührentner mehr, weil man ja mit 60 in Rente gehen
kann? Ist in Zukunft der 65-Jährige noch Frührentner,
weil das Renteneintrittsalter bei 67 liegt, oder nicht? Sie
haben diese Frage überhaupt nicht beantwortet.
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ch finde, wir können stolz auf das sein, was wir in der
roßen Koalition auf diesem Gebiet geleistet haben.
Herzlichen Dank.
Das Wort hat die Kollegin Katja Kipping von der
raktion Die Linke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In diesemommer haben verschiedene Politiker für eine Erhöhunger Hartz-IV-Regelsätze geworben, und zwar insbeson-ere aufgrund der gestiegenen Lebensmittelpreise. Ichinde es sehr erfreulich, dass auch in den Reihen vonDU und SPD die Erkenntnis angekommen ist, dass47 Euro im Monat einfach viel zu wenig sind, um anieser Gesellschaft teilhaben zu können.
rgerlich ist aber, dass die Bundesregierung mit demorliegenden Haushaltsentwurf den bisherigen Kurs vonartz IV zementiert. Damit zementiert die Bundesregie-ung Verarmung, Verelendung und Entmündigung.
Frau Lehn, Sie haben uns Fahrlässigkeit vorgeworfen,aben aber selbst kostenfreie Schulspeisungen, Klassen-ahrten und Kitas gefordert. Ich würde mich freuen,enn wir tatsächlich gemeinsam für kostenfreie Schul-peisungen, Klassenfahrten und Kitas kämpfen könnten.n dieser Debatte drängt sich einem aber der Verdachtuf, dass das für Sie nur ein Ablenkungsmanöver ist;enn erst haben Sie mit Ihrer Steuerpolitik für eine Ver-rmung der Kommunen gesorgt,
ann haben Sie im Rahmen der Föderalismusreform da-ür gesorgt, dass sich der Bund an den laufenden Kostenür Kindertagesstätten und Schulen überhaupt nichtehr beteiligen kann, und jetzt stellen Sie sich hier hinnd fordern lieber kostenfreie Kitas, anstatt die Regel-ätze zu erhöhen. Leider können wir jetzt nicht frei da-über reden, was die Kommunen besser machen könn-en.
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 112. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. September 2007 11611
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Katja Kipping– Liebe Frau Lehn, Sie stimmen mir doch sicherlich zu,dass die Tagesordnung die Debatte über den Entwurf desBundeshaushaltes ausweist und wir hier nicht darübersprechen, was die Kommunen anders machen könnten.Deswegen müssen wir jetzt über die Höhe der Regel-sätze reden.
Verarmt, verunsichert, ausgegrenzt und ohne Perspek-tive – das ist das Fazit einer aktuellen Studie zu den Aus-wirkungen von Hartz IV. Im Auftrag der EvangelischenKirche in Hessen und Nassau hat die Sozialwissen-schaftlerin Anne Ames die Auswirkungen von Hartz IVuntersucht. Das zentrale Ergebnis dieser Studie ist, dass85 Prozent aller Befragten ihre sozialen Beziehungen alsbelastet erleben. Für die Pflege von sozialen Kontaktenfehlt schlicht und ergreifend das Geld. Von Arbeits-losengeld II leben zu müssen, bedeutet leider für vieleein Leben in Isolation und Einsamkeit.Wenn wir uns ernsthaft mit der Höhe des Regelsatzesbeschäftigen, dann müssen wir Folgendes zur Kenntnisnehmen: Der Regelsatz reicht noch nicht einmal für einegesunde Ernährung von Kindern und Jugendlichen.
Wollen Sie wirklich, dass das so bleibt?
– Auch Ihre Zwischenrufe ändern nichts an dieser Er-kenntnis.Ich möchte in diesem Zusammenhang auf eine Unter-suchung des Institutes für Kinderernährung der Univer-sität Bonn verweisen – das Folgende hat sich nichtmeine Fraktion ausgedacht, sondern das ist die Erkennt-nis der Universität Bonn –: Der gegenwärtige Regelsatzweist für 14- bis 18-Jährige pro Tag nur 3,42 Euro fürNahrung und Getränke aus. Für eine ausgewogene Er-nährung eines Teenagers sind pro Tag jedoch mindestens4,68 Euro notwendig, und das auch nur unter der Vo-raussetzung, dass man ausschließlich bei Billigdiscoun-tern einkauft. Deswegen fordert die Linke, dass die Re-gelsätze von Hartz IV umgehend erhöht werden, undzwar auf mindestens 435 Euro.
Das wäre im Übrigen auch finanzierbar. Sie müssten nurauf einige Steuergeschenke an die Unternehmen im Rah-men der Unternehmensteuerreform verzichten.
Die Linke kritisiert aber nicht nur die Höhe des Re-gelsatzes, sondern fordert auch: Die Sanktionen und die1-Euro-Jobs müssen weg. Wir können die Augen dochnicht davor verschließen, dass 1-Euro-Jobs zunehmendreguläre Arbeitsplätze verdrängen.
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11612 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 112. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. September 2007
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Ich hoffe sehr, dass sich das diejenigen merken, die,wenn es ein bisschen schlechter geht, behaupten, daserste Rezept zur Verbesserung der Arbeitsmarktsituationsei der Abbau von Arbeitnehmerrechten. Genau diesenIrrweg machen wir nicht mit.
Interessant ist auch – das will ich an dieser Stelle sa-gen –, welche Bedeutung dem Flächentarifvertrag wie-der zukommt. Viele, die noch gestern nach dem Ausstieggerufen und betriebliche Bündnisse als das Wunderwerk,mit dem man Tarifverträge unterlaufen könne, prokla-miert oder die Mitgliedschaften in Arbeitgeberverbän-den ohne tarifliche Bindung forciert haben, erkennenzwischenzeitlich den Wert des Flächentarifvertrags an-gesichts stärkerer Bedeutung von Berufsverbänden wieCockpit, Ärztevereinigungen oder auch den Lokführer-verbänden ganz neu. Selbst BDA-Präsident Hundt er-wartet von uns, dass wir die Unternehmen vor der neuenGefahr schützen und sogar gesetzlich eingreifen, um ge-nau das, wonach man vorher gerufen hat, möglichstschnell zu verhindern. Für uns – das will ich hier deut-lich sagen – hat der Flächentarifvertrag eine große Be-deutung für Wachstum und Beschäftigung, für die Ver-lässlichkeit der Arbeitsbeziehungen und für den sozialenFrieden in unserem Land.
Unsere Politik ist gut für die Menschen, für dasWachstum und die Beschäftigung in unserem Land undauch für die Sozialkassen. Die Senkung der Sozialversi-cherungsbeiträge bei der Bundesagentur für Arbeit um2,6 Prozentpunkte und die Vorziehung der Fälligkeit derZahlbeträge haben allein in diesem Jahr eine Entlastungum 20 Milliarden Euro mit sich gebracht. Das ist ein we-sentliches Konjunkturprogramm, durch das die Kauf-kraft der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und dieInvestitionskraft der Unternehmen nachhaltig gestärktwerden.Nun zur Frage: Ist eine weitere Senkung möglich, undhat sie Priorität? Ich sage ganz deutlich: Unsere oberstePgtutodeLkbrMfBchhgtNkaDicgAvgzqbws1Dw
Ich finde, hier und heute muss der deutliche Akzentesetzt werden, dass wir nicht prinzipiell gegen Bei-ragssatzsenkungen sind.
ein, wir werden jeden Spielraum für Beitragssatzsen-ungen nutzen. Wichtig ist aber, dass zuerst die Inhaltebgearbeitet werden.
ie Menschen haben einen Anspruch darauf, dass wirhnen den Wiedereinstieg in das Arbeitsleben ermögli-hen.
Meine Damen und Herren, unser Ziel ist nicht „Billi-er“, sondern „Mehr Qualität“. Wir wollen keine Billig-rbeitslosenversicherung. Wir wollen eine Arbeitslosen-ersicherung, die nachhaltig dabei hilft, die Beschäfti-ungssituation zu stärken. Das ist in erster Linie dadurchu erreichen, dass unsere Wettbewerbsfähigkeit durchualifizierte Mitarbeiter gesteigert wird.
Wir müssen besser statt billiger werden. Wir brauchenessere Produkte und besseren Service. Damit könnenir punkten, aber nicht, wenn wir der Mär Glaubenchenken, dass eine Senkung des Beitragssatzes umProzentpunkt 100 000 zusätzliche Arbeitsplätze bringt.as würde nämlich auch den Schluss zulassen, dass wir,enn wir die Arbeitslosenversicherung auf null herun-
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 112. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. September 2007 11613
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Klaus Brandnerterfahren würden, 400 000 Arbeitslose weniger hätten,dann aber nichts mehr für die 3,3 Millionen Arbeitslosentun könnten, die es dann immer noch gäbe. Dadurchwürden wir gerade denen unsere Hilfe entziehen, die siebrauchen. Deshalb sollten wir solchen Automatismus-formeln nicht anhängen, sondern sehr gezielt prüfen,wohin das Geld fließt und wofür es verwendet wird.Die positive finanzielle Entwicklung bei der Bun-desagentur für Arbeit ist eine große Chance für mehrQualität in der Beratung und Vermittlung und für mehrQualität in der Weiterbildung insbesondere derjenigen,die eine besondere Chance brauchen. Dafür ist nunSpielraum vorhanden, den wir jetzt offensiv nutzen soll-ten.Wir wollen Chancen für alle, erst recht in einer Situa-tion, in der die Konjunktur dies erleichtert. Wir wollenuns nicht damit abfinden, dass die positive wirtschaftli-che Entwicklung an einem Teil der Menschen vorbei-geht. Deshalb hat Minister Müntefering im Haushalt desBundesministeriums für Arbeit und Soziales für den Ein-gliederungstitel Mittel in Höhe von 6,4 Milliarden Eurobereitgestellt, und das ohne Sperrvermerk.Das ist das Entscheidende, meine Damen und Herren:Wir haben 1 Milliarde Euro mehr zur Verfügung, undzwar ohne Sperrvermerk.
Es gibt also keine Unsicherheiten mehr. Insofern ist auchfür die Arbeit der Fallmanager vor Ort Planungssicher-heit gewährleistet. Das ist das klare Signal, dass wirmehr Weiterbildung fördern, indem wir für das Fördernumfangreiche Mittel zur Verfügung stellen. Für uns warimmer klar: Druck auf die Arbeitslosen auszuüben, dasallein reicht nicht aus. Für uns gilt: An erster Stelle stehtdas Fördern, und das Fördern ist die Legitimation für dasFordern. Jetzt stehen für bestimmte Gruppen genug Mit-tel zur Verfügung.
Herr Kollege Brandner, erlauben Sie eine Zwischen-
frage der Kollegin Pothmer?
Bitte.
Bitte schön, Frau Pothmer.
Herr Brandner, ist Ihnen bekannt – das ist auch ein
Hinweis an Frau Lehn –, dass auch im Haushalt für 2007
für diesen Bereich Mittel in Höhe von 6,4 Milliar-
den Euro zur Verfügung gestellt worden sind und dass,
als die Einbringungsreden gehalten wurden, damals von
einem Sperrvermerk weit und breit nichts zu hören war?
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Aber nicht bei der Einbringung des Haushalts.
Natürlich.
Sie versichern uns jetzt, dass das, was an dieser Stelle
eschlossen wird, tatsächlich für die Arbeitslosen zur
erfügung gestellt wird. Habe ich Sie da richtig verstan-
en?
Frau Pothmer, nehmen Sie uns doch einfach beimort! Ich habe gesagt, dass 6,4 Milliarden Euro im Wie-ereingliederungstitel ohne Sperrvermerk zur Verfügungtehen werden. Das ist es, was wir vertreten und was wiruch in der zweiten Lesung vertreten werden. Sagen Sieas den Arbeitsgemeinschaften und Optionskommunenraußen im Land, damit sie sich auf diese Situation ein-tellen können!
Sie können ruhig stehen bleiben, wenn ich Ihnen ant-orte. – Ganz besonders liegt mir das Steckenpferd derPD am Herzen – leider haben die Linken dem nicht zu-estimmt; Sie haben das kritisch begleitet –, die „Job-erspektive“.
Die „JobPerspektive“ braucht diesen finanziellenpielraum. Die Leute vor Ort brauchen Planungssicher-eit dergestalt, dass für Personen mit erheblichen Ver-ittlungshemmnissen – das sind diejenigen, die trotz gu-er arbeitsmarktpolitischer Fördermaßnahmen keinehance auf eine dauerhafte Integration in den ersten Ar-eitsmarkt haben – künftig genügend finanzielle Mittelur Verfügung gestellt werden. Genau das sieht deraushalt vor. Insofern: Seien Sie mit die Botschafterinafür, dass vor Ort die Vorbereitungen für sinnvolle Be-chäftigungsmaßnahmen getroffen werden! Damit habenir für einen besonderen Personenkreis etwas Gutes ge-an.
Wir brauchen insbesondere einen Mentalitätswechsel,enn es darum geht, Ältere wieder stärker in die Ar-eitswelt einzugliedern. Als große Koalition haben wiressere Rahmenbedingungen dafür vorgesehen. DiePD-Initiative für altersgerechtes Arbeiten ist ein wei-eres Stichwort, auf das ich verweisen möchte. Es gehtns im Kern darum, die Bedingungen zum Erreichen derente durch altersgerechtes Arbeiten zu verbessern. Woas nicht gleich möglich ist, wollen wir gleitende Über-änge organisieren, und zwar durch eine echte Altersteil-eit und nicht vorrangig durch verblockte Zeit, durchine bessere Teilrente. Darüber ist in den letzten Tagen
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11614 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 112. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. September 2007
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Klaus Brandnersehr viel geschrieben worden, und ich freue mich aus-drücklich, dass der ZDH, der DIHK und der DGB diePläne, die wir dazu diskutieren, ausdrücklich begrüßenund für richtig befinden. Deshalb gilt es, die Teilrente zumodernisieren,
bessere Hinzuverdienstmöglichkeiten zu schaffen unddamit ein flexibles Element des Übergangs vom Arbeits-leben in den nächsten Lebensabschnitt zu organisieren.
Wir stellen damit keineswegs – das will ich klar sagen –das notwendige Projekt der Anhebung der Lebensar-beitszeit – die Rente mit 67 – insgesamt infrage. Viel-mehr müssen wir die Bedingungen verbessern, damit dieMenschen in Würde ein höheres Renteneintrittsalter er-reichen können. Das ist unser Ziel; denn diese Verände-rungen sind zwingend und notwendig.
Es ist wichtig, dass wir uns der Ausbildungssituationstärker widmen. Der Ausbildungspakt zeigt allmählichpositive Wirkungen.
Wir haben ein deutliches Plus bei den gemeldeten Aus-bildungsstellen. Ich will Ihnen aber klar sagen, dass derAnstieg in erster Linie aufgrund öffentlich geförderterAusbildungsstellen zu verzeichnen ist. Es gibt nur12 900 zusätzliche betriebliche Ausbildungsplätze. DasKlagen einiger Unternehmen über den Fachkräftemangelmuss in Schall und Rauch aufgehen, wenn sie nichtselbst genug für die Ausbildung in den Betrieben tun,wenn sie sich selbst nicht den Erfordernissen der Weiter-bildung stellen.Die Bundesagentur für Arbeit muss – solange die fi-nanziellen Mittel in der gegenwärtigen Größenordnungzur Verfügung stehen – zuerst dabei helfen, jungen Men-schen eine Perspektive zu geben. Wichtig und richtig istaber – das soll hier deutlich gesagt werden –: Die Verant-wortung bleibt bei den Unternehmen. Wir dürfen ihnendiese Verantwortung langfristig nicht abnehmen.
Bei der Weiterbildung gibt es in Deutschland großeSchwächen. Die Zahl der Unternehmen, die sich den He-rausforderungen der betrieblichen Weiterbildung stellen,ist weiter zurückgegangen. Dass die Unternehmen diesesThema in einer Situation so sträflich vernachlässigen, inder unsere wichtigsten Ressourcen Qualifikation, Wei-terbildung und die Fähigkeit, sich auf neue Herausforde-rungen einzustellen, sind, ist nicht zu verzeihen.Es ist für uns als Bundesregierung, die Initiativen zumBeispiel zur Förderung der Techniker- und Meisteraus-bildung gestartet hat, nicht verzeihlich, dass diese gutausgebildeten Kräfte in Betrieben sehr häufig an Ar-bknmnstTlbmznZhEwpniZOdwbBbBmHfmdsSszmdmk
Das Wort hat jetzt der Kollege Markus Kurth von
ündnis 90/Die Grünen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lie-er Klaus Brandner, der Versuch, die Wirklichkeit und dieeschreibung derselben in Übereinstimmung zu bringen,uss nicht immer glücken. Es ist ja richtig, dass Sie imaushalt wieder 6,4 Milliarden Euro für die Förderung,ür die aktive Arbeitsmarktpolitik vorsehen. Aber einesuss man schon zur Kenntnis nehmen: Wir sind jetzt imritten Jahr – am Anfang hat das noch Rot-Grün beschlos-en –, in dem für die Förderung im Bereich Hartz IV bzw.ozialgesetzbuch II 6,4 Milliarden Euro zur Verfügungtehen. Im dritten Jahr werden wir es nicht erreichen, dieur Verfügung gestellten Mittel auszuschöpfen. Das mussan auch einmal sagen, anstatt es schon für etwas Beson-eres zu halten, dass die Leistungen jetzt ohne Sperrver-erk zur Verfügung gestellt werden. Dass Sie schon soleine Brötchen backen, ist bezeichnend.
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 112. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. September 2007 11615
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Markus KurthHerr Brauksiepe, Sie haben der Opposition, insbeson-dere uns als Grünen, vorgeworfen, wir hätten Scheuklap-pen auf, seien verzweifelt. Verzweifelt bin ich eigentlichnur, wenn Sie versuchen, vorzurechnen, wie man beimGesamtsozialversicherungsbeitrag auf unter 40 Prozentkommt, wenn er bei 41 Prozent liegt.
Das mit den Scheuklappen fällt also auf Sie zurück.Wir leugnen gar nicht, dass der Aufschwung positiveFolgen hat. Ich halte es da mit unserem VorsitzendenFritz Kuhn, der ja gestern ganz offen gesagt hat: Sie ha-ben bestimmte günstige Rahmenbedingungen. – Daswollen wir durchaus zur Kenntnis nehmen, und wir se-hen auch die günstige Perspektive für die Politik inDeutschland. Aber gerade wenn man günstige Rahmen-bedingungen und einen guten konjunkturellen Hinter-grund hat, muss man in den Bereichen etwas tun, bei de-nen man sich Sorgen machen muss, und dort dieScheuklappen abnehmen. Wenn ich mir als sozialpoliti-scher Sprecher meiner Fraktion über etwas Sorgen ma-che, dann sind das die Kinder, die dauerhaft in Armutleben und deren Zahl trotz des Aufschwungs weiterwächst.
Ich muss Ihren Fraktionsvorsitzenden Kauder ernst neh-men können, wenn er sagt: Jeder soll beim Aufschwungmitgenommen werden. Doch er geht mit keinem Wortauf die Zahl der Kinder ein, die von Leistungen nachSGB II, Arbeitslosengeld II, leben. Ihre Zahl hat imApril 2007 den Höchststand von 1,9 Millionen erreicht.Nach den vorläufigen Zahlen für August 2007 sind esweiterhin 1,8 Millionen Kinder. Wenn wir noch diejeni-gen berücksichtigen,
die sich verdeckt, ohne das Geld zu beantragen, auf ähn-lichem materiellen Niveau befinden, sind wir bei über2,5 Millionen Kindern. Wenn wir dann noch auf dieGroßstädte fokussieren, insbesondere auf Berlin, dasRuhrgebiet, die Ballungsräume, stellen wir fest, dass inBerlin 40 Prozent der Kinder und Jugendlichen unter15 Jahren in Haushalten leben, die Arbeitslosengeld IIbeziehen. Wenn von den 25 000 Kindern, die Ende Au-gust in Berlin eingeschult wurden, 40 Prozent in Haus-halten leben, die Arbeitslosengeld II erhalten, dann heißtdas, es gibt Schulklassen, in denen über die Hälfte derKinder vom Arbeitslosengeld II lebt. Das müssen wireinmal zur Kenntnis nehmen!Vor diesem Hintergrund ist eine Regelsatzdebattemehr als überfällig und absolut gerechtfertigt.
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Auch wenn ich vieles an Herrn Laumann kritisierenann, gefällt mir sein von der Lebenswelt geprägter Zu-ang zur Politik in diesem Zusammenhang durchaus.
Er hat auch Konsequenzen gezogen – dafür muss manhn loben –,
ndem er eine unabhängige Kommission eingerichtetat, die die Legitimität der Regelsätze überprüfen soll.ch wünsche mir, dass wir das auch auf Bundesebeneachen und unabhängig von mathematischen Rechen-odellen überprüfen, ob mit dem Betrag von 208 Euroür unter 14-Jährige ein vernünftiges Leben überhauptarstellbar ist.
Das alles, was dieser Landesminister oder auch Mi-isterpräsidenten wie Herr Althaus und Herr Stoiber ma-hen – der als Abschiedsgruß festgestellt hat, dass deregelsatz für Kinder erhöht werden muss –, wird aller-ings zur Heuchelei, wenn die Ministerpräsidenten deränder Wohltaten fordern, was Sie dann aber auf Bun-esebene ignorieren. Auf diese Weise führen Sie dieürgerinnen und Bürger hinters Licht.Sie sollten sich einmal mit den Folgen der Kinderar-ut befassen. Erst gestern hat der Präsident der größtenrankenkasse dargelegt, dass 22 Prozent der Kinder psy-hische Verhaltensauffälligkeiten zeigen, die bei ärmerenindern konzentriert auftreten. Die größte Krankenkasseibt jährlich 50 Millionen Euro für psychotherapeutischeehandlungen aus. Weitere 25 Millionen Euro – auchas konzentriert sich bei den Ärmeren – werden für lo-opädische Behandlungen erstattet. Diese Folgekostenuss man in die Gesamtberechnung einbeziehen. Daraufabe ich schon mehrfach hingewiesen. Das wird aberachhaltig ignoriert.Stattdessen lassen Sie sich einen Kinderzuschlag ein-allen, der nur die Erwerbstätigen erfasst und diejenigenusschließt, die dauerhaft arbeitslos sind.
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11616 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 112. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. September 2007
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Markus Kurth
Ich bitte um Nachsicht, aber ich folge dem Finale Ih-
rer Rede mit gespanntem Interesse.
Es hatte sich eine Zwischenfrage ergeben, die wahr-
scheinlich beim Präsidentenwechsel untergegangen ist.
Noch kann es keine Zwischenfrage gegeben haben.
Sie kann allenfalls angemeldet worden sein. Aber ich
verstehe Ihren dezenten Hinweis als das ausgeprägte In-
teresse, durch Zulassung dieser Zwischenfrage Ihre Re-
dezeit zu verlängern. – Bitte schön, Frau Falk.
Herr Kollege Kurth, Sie glauben doch nicht im Ernst,
dass eine Anhebung des Regelsatzes für Kinder die ge-
schilderten Probleme löst. Sie müssen doch einerseits
den Hintergrund sehen, warum Kinder in die Situation
kommen, Transferleistungen zu beziehen. Der Hinter-
grund besteht darin, dass Eltern aus Gründen, die ich
jetzt nicht zu bewerten habe, in Arbeitslosigkeit geraten
sind und selber von der Transferleistung abhängig sind.
Die Leistungen, die sie für ihre Kinder bekommen, soll-
ten in aller Regel ausreichen. Wenn das nicht der Fall ist,
liegt die Ursache häufig darin, dass Eltern nicht in der
Lage sind, mit dem Geld umzugehen und ihren Kindern
zu Hause die richtigen Rahmenbedingungen zu bieten,
damit sie aufwachsen können, ohne psychisch belastet
zu werden und psychische Defizite zu entwickeln, wie es
vielfach der Fall ist.
Wir müssen in die Familien hineingehen und ihnen
helfen.
Sie hatten sich zu einer Zwischenfrage gemeldet, Frau
Kollegin.
Das hängt alles zusammen. Ich will nur deutlich ma-
chen, dass die Frage darauf abzielt, dass die finanzielle
Leistung alleine nicht ausschlaggebend sein kann, son-
dern dass viele andere Hilfen nötig sind. Sind Sie mit
mir dieser Meinung?
Ich bin mit Ihnen der Meinung, dass es speziell für
Kinderarmut – wie auch für Armut im Allgemeinen –
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rundlage ist die materielle Sicherheit, auf der andere
ilfen und zusätzliche Unterstützung aufbauen können.
Ich möchte noch kurz auf Ihren Hinweis eingehen,
ass das nicht reiche. Das Ergebnis einer von Margot
ünnich für das Statistische Bundesamt erhobenen Stu-
ie über die Einkommensverhältnisse armer Familien
st, dass Eltern in der Regel alles tun, um ihre Kinder vor
rmut zu bewahren, und zuerst bei ihren Ausgaben spa-
en, bevor sie bei den Kindern sparen.
s wird behauptet, die Hilfen kämen oft nicht bei den
indern an, oder die Eltern seien daran schuld, dass die
nterstützung nicht den Kindern zugute komme. Das
ag in bestimmten Fällen so sein. Aber das ist keines-
egs empirisch belegt.
Ich komme zum Schluss. Von dem Kinderzuschlag,
en Sie vorschlagen, profitieren nur diejenigen, die be-
eits arbeiten. Aber wir müssen für die 2,2 Millionen, die
rotz aller Unterstützungsmaßnahmen leider mehr oder
inder dauerhaft Arbeitslosengeld II beziehen, Lösun-
en finden. Dazu gehören eine Erhöhung des Regelsat-
es und natürlich auch ergänzende Hilfen für Essen und
ernmittel, Frau Lehn. Wir vom Bündnis 90/Die Grünen
aben in der Vergangenheit zwei Anträge gestellt mit der
orderung, den Jobcentern im Rahmen einer Kannbe-
timmung zumindest die Möglichkeit zu eröffnen, Essen,
ernmittel und Fahrtkosten zu bezuschussen.
ber Sie haben das abgelehnt. Bevor Sie wohlfeile For-
erungen an Länder und Kommunen stellen, sollten Sie
ich an die eigene Nase fassen und die gesetzlichen Vo-
aussetzungen dafür schaffen. Wir können dies tun. Wir
ollten keine Sonntagsreden halten und Forderungen
tellen, die wir schon längst hätten erfüllen können.
Vielen Dank.
Hans-Joachim Fuchtel ist der nächste Redner für dieDU/CSU-Fraktion.
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 112. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. September 2007 11617
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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als lang-
jähriger Haushälter verrate ich Ihnen:
Wenn es dem Einzelplan 11 gut geht, dann geht es dem
gesamten Bundeshaushalt gut.
Ich habe heute von niemandem gehört, dass sich die Si-
tuation nicht stabilisiert habe. Die Wahrheit ist, dass wir
erste Entlastungstendenzen verspüren. Dies ist insge-
samt gut für dieses Land.
Verehrte Frau Kollegin Dr. Winterstein, Sie haben
vorhin manches gesagt, was ich mittragen kann. In ei-
nem Punkt muss ich Ihnen aber deutlich widersprechen.
Die Entlastung ist nicht nur das Ergebnis der guten Kon-
junktur. Sie kommt vielmehr auch durch die strukturel-
len Veränderungen, die durch die Gesetzgebung bewirkt
wurden.
Sonst führte die SPD beispielsweise nicht eine Diskus-
sion über die Agenda 2010.
Es geht darum, wie wir die Gestaltungsräume nutzen.
Ich darf die Prioritäten kurz skizzieren: erstens weitere
Entlastung der Beitragszahler – ich bin mir ganz sicher,
dass wir hierüber noch ins Gespräch kommen –, zwei-
tens Fortsetzung der Konsolidierung und drittens die
Stabilisierung der sozialen Sicherungssysteme. Dazu ist
heute sehr wenig gesagt worden. Aber wer eine nach-
haltige Sozialpolitik gestalten möchte, muss auch Re-
serven für die Stabilisierung schaffen. Am Ende des
Jahres werden wir Reserven in Höhe von circa
16 Milliarden Euro in der Arbeitslosenversicherung und
der Rentenversicherung aufgebaut haben. Hier sollten
Sie von den Grünen einmal gut zuhören. Als Sie aus der
Regierung ausgeschieden sind, gab es null Reserven.
Das ist der Unterschied.
Schwarz-Rot erfüllt das, was Rot-Grün versprochen hat.
Der Aufbau der Reserven ist ein Beispiel dafür, dass die
Stabilisierung gelungen ist.
Das vierte wichtige Projekt, das wir in der jetzigen
guten Situation voranbringen müssen, damit Deutsch-
land ein moderner Sozialstaat bleibt, ist der weitere
Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit. Es ist natürlich
ein sehr wichtiger Punkt, wenn 7,3 Millionen Menschen
von Hartz IV betroffen sind. Diese Zahl müssen wir re-
duzieren. Dem wird Priorität eingeräumt.
Die Union wird in den nächsten Monaten einige Im-
pulse geben. Zunächst einmal wollen wir nicht mit dem
Kopf durch die Wand, aber wenn es die Herbstzahlen zu-
lassen, dann reden wir – da sind wir mit dem Minister ei-
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ir hoffen, dass wir nicht in ideologische Diskussionenerfallen, sondern dass wir die Chancen nutzen. Ich per-önlich denke, dass man auf eine Obergrenze von mo-atlich 2 500 Euro inklusive Sachbezüge kommen kann,enn man alle Instrumente zusammenführt. Dann wer-en wir eine große Zahl zusätzlicher Arbeitsplätze schaf-en, was den Arbeitsmarkt entlasten wird. Wir rechnenurzeit nach und werden konkrete Vorschläge machen.as möchte ich hier ankündigen.Diese Zeit ist auch die Stunde einer verstärktenekämpfung der Schwarzarbeit. Auch das ist heuteoch nicht angesprochen worden. Während die Politesseeutzutage den Parksünder mit digitalen Geräten ver-olgt und ihm Strafzettel ausstellt, kämpfen unsere tapfe-
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Hans-Joachim Fuchtelren Beamten der Finanzverwaltung gegen die Schwarz-arbeit in unserem Hightechland mit der Hand am Arman. Wir müssen auch hier digitale Instrumente einführenund unsere Ressourcen nutzen. Das ist im Interesse derKultur der sozialen Marktwirtschaft, des regulären Ar-beitsmarkts und der öffentlichen Kassen.
Das Thema der privaten und betrieblichen Alters-vorsorge ist ganz kurz angesprochen worden. Für unsintern war die Entscheidung über die Entgeltumwand-lung sehr schwierig. Wir reden hier nicht von kleinenBrötchen, sondern von richtig großen Broten. Wir schät-zen, dass wir einen Beitragsausfall in Höhe von bis zu2,4 Milliarden Euro haben werden, wenn wir die bishe-rige Form der Freistellung von der Sozialversicherungs-pflicht beibehalten. Das aber ist für die junge Generationein Angebot. Deswegen machen wir das.
Die Union wird am Investivlohn dranbleiben. Part-nerschaft in der globalen Wirtschaft braucht eine stär-kere Arbeitnehmerbindung an den Betrieb. Vermögens-bildung muss konkret sein und darf nicht in anonymenFonds stattfinden. Mich als Haushälter hat am meistendas Schuler-Modell überzeugt. Das kostet den Staat we-nig und bringt dem Einzelnen viel. All diese Zukunfts-projekte stehen natürlich unter dem Signum äußersterSparsamkeit; denn die guten Arbeitslosenzahlen bietenkeinen Anlass zur Euphorie. Eines muss man nämlichhervorheben: Allein der Bund gibt über 35 MilliardenEuro für die Grundsicherung aus. Hinzu kommen8 Milliarden Euro, die die Länder für den Wohnungsbe-reich zur Verfügung stellen. Insgesamt bringt der Staatalso 43 Milliarden Euro auf, und dann kommen Sie undmachen das schlecht. Sie sollten froh sein, dass der deut-sche Steuerzahler die Kraft hat, so viel Geld für dieseAufgabe einzusetzen.
Weder SPD noch Union brauchen Nachhilfeunterrichtüber die Zusammensetzung des Kreises der Empfängervon Mitteln nach dem Sozialgesetzbuch II. Bei allen Be-mühungen um eine Vereinfachung der Instrumente istklar, dass wir die Situation mit konkreten Programmen– sie sind bereits dargestellt worden – noch differenzier-ter angehen. Als Haushälter sage ich: Ideenreichtum istgefragt. Er darf allerdings nicht mehr als insgesamt6,4 Milliarden Euro kosten.Zur Rentenversicherung brauche ich nicht viel zu sa-gen. Hier ist eine Entlastung und Entspannung eingetre-ten. Der Koalition ist es nach so vielen turbulenten Jah-ren Gott sei Dank gelungen, auf diesem Gebiet fürStabilität zu sorgen. Das ist ganz wichtig.Zum Schluss möchte ich sagen: Die Arbeitsmarkt-und Sozialpolitik ist sicher nicht unbedingt die Hauptge-meinsamkeit dieser Koalition.
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Letzter Redner in der Aussprache zu diesem Einzel-
lan ist der Kollege Stefan Müller für die CDU/CSU-
raktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!err Dr. Kolb hat mich gerade aufgefordert, etwas übereine Verwandtschaft zu erzählen. Mein Vater hat achteschwister; ich habe das gerade schon eingeworfen.ch wüsste jetzt gar nicht, wo ich da anfangen soll; aberch behalte mir das einmal vor. Ich kann jedenfalls nochiele Haushaltsberatungen mit Anmerkungen zu Onkelnnd Tanten bestreiten.Wenn man diese Debatte verfolgt, zumindest die Re-en der Opposition, dann hat man ein bisschen den Ein-ruck, als hätte man das alles schon einmal gehört.
Frau Lehn gehört zwar nicht der Opposition an, hatber immerhin etwas Neues gebracht: Sie hat von Onkeltto erzählt. Im letzten Jahr hat sie noch über Tanteäthe berichtet. Liebe Kolleginnen und Kollegen ausen Oppositionsfraktionen, viel Neues kam von Ihnenicht.Die FDP sagt: Das ist ja alles schön und gut; aber derufschwung ist nicht der Aufschwung der Großenoalition. Die Grünen sagen: Das ist alles schön undut; aber es ist alles noch nicht ausreichend. Die Linkeagt: Alles ist schlecht; Hartz IV muss im Übrigen so-ieso weg.Herr Kolb, Sie haben diverse Wünsche geäußert. Ichill darauf gern eingehen. Ich möchte aus Ihrer Haus-altsrede vom vergangenen Jahr zitieren. Sie haben da-als als Kronzeugen Ihrer Aussagen den Wirtschafts-achverständigen Gustav Horn angeführt. Sie haben ihnitiert: Der negative Impuls, der sich aus der saldiertenirkung von Mehrwertsteuererhöhung und Änderunger Beitragssätze ergebe, führe zu einem Wachstumsver-ust von über 1 Prozent.
ie Sie vorgerechnet haben, müsste es im Jahr 2007 zuinem Wachstum von 1,5 Prozent minus X kommen.
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Stefan Müller
Herr Kolb, ich stelle fest, dass die Wirtschaftssach-verständigen in diesem Jahr davon ausgehen, dass unserWirtschaftswachstum nicht bei 1,5 minus X, sondernbei 2 Prozent plus X liegt; 2,3 Prozent sind prognosti-ziert worden.
Ich empfehle Ihnen, meine sehr verehrten Damen undHerren von der FDP, sehr, sich als Kronzeugen für das,was Sie in Ihren Reden behaupten, bessere Sachverstän-dige zu suchen.
Sie haben weiterhin darauf verwiesen, dass die posi-tive Entwicklung, insbesondere bei den sozialversiche-rungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen, imVerlauf des Jahres 2007 sich wieder umkehren werdeund dass wir unterm Strich weniger hätten. Die Zahlenbrauche ich hier nicht mehr vorzutragen. Wenn die letz-ten Arbeitsmarktdaten, die ich gesehen habe, richtigsind, dann hatten wir zwischen August 2006 undAugust 2007 einen Zuwachs von weit über 600 000 sozial-versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen.
Ich hätte mir gewünscht, Sie hätten wenigstens einmalIhrer Freude darüber Ausdruck verliehen, dass die Men-schen, die letztes Jahr arbeitslos waren, in diesem Jahrwieder eine Beschäftigung haben.
Der Kollege Kolb hat sich zu einer Zwischenfrage ge-
meldet. – Bitte schön.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Lieber Kollege
Müller, wenn Sie mir aufmerksam zugehört haben,
konnten Sie unter anderem feststellen, dass ich mich
sehr darüber gefreut habe, dass 180 000 Menschen, die
zuvor arbeitslos waren, einen Arbeitsplatz in der Leihar-
beit gefunden haben. Ich freue mich auch sonst über je-
den, der einen sicheren und gut entlohnten Arbeitsplatz
gefunden hat.
Nun sagen Sie, die Opposition habe in der Vergangen-
heit die Dinge schlechtgeredet. Nein, wir mahnen – das
ist unsere Aufgabe –, und wir mahnen auch jetzt: In der
Zeit, in der wir eine wirklich gute konjunkturelle Ent-
wicklung und hohe Beitragseinnahmen haben, ist es
wichtig, Vorsorge für den Fall zu betreiben, dass dieses
Konjunkturhoch wieder zu einem Ende kommt. Das
wird passieren. Ich will mich hier jetzt nicht als Kas-
sandra betätigen, aber jeder Konjunkturzyklus hat ir-
gendwann ein Ende. Die Frage ist, welches Niveau an
Sockelarbeitslosigkeit dann zurückbleibt.
Der Aufschwung könnte stärker sein, wenn Sie nicht
diesen negativen Impuls in die Volkswirtschaft gegeben
hätten. Deutschland liegt im EU-Vergleich deutlich unter
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ch würde mir wünschen, dass Sie sich hier hinstellennd das einfach einmal zugeben würden.Der Herr Kollege Kurth hat uns immerhin zugebilligt,ass es Verbesserungen gegeben hat. Ich billige Ihneniederum zu, dass Sie sagen: Als Opposition muss manuch mahnen. – Der Auffassung kann man durchausein. Aber tun Sie doch nicht so, als wäre hier in denetzten zwei Jahren nichts passiert, um die Rahmenbe-ingungen auch für Arbeitsplätze in Deutschland zu ver-essern!
ie müssen einfach zugeben, dass wir heute sehr vielesser dastehen als noch vor einigen Jahren.
Die Frau Kollegin Pothmer hat das Thema Fachkräf-emangel angesprochen. Ich will dazu gern etwas sagen,eil ich mich über die Debatte, die in den letzten Wo-hen und Monaten geführt worden ist – das Thema hatuch heute bereits eine Rolle gespielt –, schon etwasundere. Das Problem ist unbestritten: Wir haben einenedarf an qualifizierten Fachkräften. Die Bundesregie-ung hat bei ihrer Klausurtagung das eine oder andereazu auf den Weg gebracht bzw. sie will es noch auf deneg bringen. Sie können sagen, das alles sei nicht aus-eichend.Klar ist: Wir wollen Zuwanderung von hochqualifi-ierten Arbeitskräften aus dem Ausland. Ich persönlichann mir, ehrlich gesagt, aber nicht vorstellen, dass wirngesichts von 3,7 Millionen Arbeitslosen in Deutsch-and darauf angewiesen sind, Fachkräfte aus dem Aus-and in einer hohen Anzahl nach Deutschland zu holen.
evor wir auf ausländische Fachkräfte zugreifen, mussunächst einmal – der Meinung bin ich – das Arbeits-räftepotenzial in Deutschland ausgeschöpft werden.
s geht darum, dass Geringqualifizierte qualifiziert wer-en müssen. Es geht darum, dass wir Ältere länger imrwerbsleben halten. Es geht darum, dass die jüngeren
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Stefan Müller
Menschen in unserem Land eine Chance haben müssen,ausgebildet zu werden.
Der beste Schutz vor Fachkräftemangel ist, den eigenenFachkräftenachwuchs heute selbst auszubilden.
Wer heute nicht ausbildet, darf sich morgen nicht da-rüber beklagen, dass es einen Fachkräftemangel gibt,dass man keine qualifizierten Leute findet.Nun will ich nicht bestreiten, dass wir auf demArbeitsmarkt – das zeigen die Zahlen – eine zweige-teilte Entwicklung haben; das ist auch schon angespro-chen worden. Wer heute neu arbeitslos wird, aber überentsprechende Qualifikationen verfügt, hat in aller Regelkeine Probleme, auch wieder eine neue Beschäftigungzu finden. Das hat etwas damit zu tun, dass in den ver-gangenen Jahren Einstellungshemmnisse abgebaut wor-den sind. Das hat auch etwas damit zu tun, dass die Ver-mittlungsarbeit der Bundesagentur für Arbeit bessergeworden ist. Das hat aber auch damit zu tun, dass dieUnternehmen in diesem Land in den letzten Jahren wie-der dazu übergegangen sind, Arbeitsplätze zur Verfü-gung zu stellen und Investitionen zu tätigen. Der Stand-ort ist nicht so schlecht, wie er in den vergangenenJahren dargestellt worden ist; er ist immer wiederschlechtgeredet worden, insbesondere von der Opposi-tion. Es hat auch etwas damit zu tun, dass die Arbeitneh-merinnen und Arbeitnehmer durch Lohnverzicht in denvergangenen Jahren ihrerseits dazu beigetragen haben,dass Arbeitsplätze wieder wettbewerbsfähig sind. Dassollte man bei einer solchen Debatte auch einmal würdi-gen.
Unbestritten ist, dass wir ein Problem bei denen ha-ben, die schon lange arbeitslos sind, die vielleicht überzu geringe Qualifikationen verfügen. Aber auch dort gibtes einen Rückgang. Es ist falsch, zu behaupten, dass esdort keine Entwicklung, keinen Abbau gegeben hätte. Eshat dort einen Abbau gegeben. Auch da tut sich etwas.Wir haben die politische Aussage, dass wir uns ge-rade um diejenigen, die schon seit langem arbeitslossind, besonders kümmern wollen. Es ist nicht so, dasswir in der Hinsicht nichts getan hätten. Ich erinnere anall das, was wir in den letzten zwei Jahren für ältereLangzeitarbeitslose zu einem Kombilohn für Schwerver-mittelbare, zu verschiedenen Sonderprogrammen derBundesagentur für Arbeit oder auch – was noch ansteht –zu einem Kombilohn für Regionen mit einer besondershohen Arbeitslosigkeit beschlossen haben.Im Übrigen ist eine solche zweigeteilte Entwicklungkeine Überraschung. Es ist völlig normal, dass in einemsolchen Konjunkturverlauf diejenigen als Erste davonprofitieren, die leichter in den Arbeitsmarkt vermittelbarsind, und erst dann diejenigen, die über geringere Quali-fikationen verfügen.skgAggfbpaSsShimwmSheDdvVlnmammgubsnn
Natürlich haben Sie recht: Wenn ich auf der eineneite Arbeitsmarktinstrumente zurückführen will oderinnvoll zusammenfassen möchte und auf der andereneite neue einführe, dann müssen wir uns genau anse-en, was kommt. Ich kann Sie aber beruhigen: Es gibtntensive Gespräche über das Thema, wie wir die Instru-ente der Bundesagentur weiter verbessern können. Wirerden die BA auf dem Weg unterstützen, die Instru-ente genauer auszurichten.Es ist im Übrigen schon einiges passiert. Das bitte ichie zur Kenntnis zu nehmen. Der Kollege Brauksiepeat bereits den Gründungszuschuss erwähnt, der seit gutinem Jahr in Kraft ist.
ort haben wir zwei Instrumente zusammengeführt, wo-urch wir heute mit weniger Geld Existenzgründungenon Arbeitslosen noch besser fördern können. Das ist einorbild für das, was noch in diesem Herbst ansteht, näm-ich dass wir die arbeitsmarktpolitischen Instrumenteoch besser ausrichten, indem wir bestehende Instru-ente verbessern und auch – was der Kollege Fuchtelngekündigt hat – indem wir wirkungslose Arbeits-arktinstrumente abschaffen werden.Insgesamt geht es darum, diese Arbeitsmarktinstru-ente wirkungsvoller und effizienter auszugestalten. Eseht um mehr Transparenz,
m Deregulierung und auch um eine bessere Vermittel-arkeit und Handhabbarkeit bei den Vermittlern vor Ortowie bei denjenigen, die diese Instrumente in Anspruchehmen sollen.Ich sage bei der Gelegenheit ausdrücklich: Es gehticht – jedenfalls mir nicht – darum, dass wir in einem
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Stefan Müller
hohen Ausmaß versuchen, Gelder einzusparen. Darumgeht es ausdrücklich nicht. Es geht nicht um eine mas-sive Kosteneinsparung, sondern um eine bessere Hand-habbarkeit. Seien Sie gespannt, was da noch auf Sie zu-kommt; wir werden das Richtige auf den Weg bringen.
Lassen Sie mich abschließend noch etwas zum Haus-halt der Bundesagentur für Arbeit sagen, weil dasheute auch eine Rolle gespielt hat: Wir haben in den letz-ten zwei Jahren die finanziellen Spielräume genutzt, umden Beitrag zur Arbeitslosenversicherung von 6,5 auf4,2 Prozent zu senken; eine weitere Senkung auf3,9 Prozent ist verabredet. Wir wünschen uns noch etwasmehr, und es ist sehr wahrscheinlich, dass wir auf bis zu3,5 Prozent hinunterkommen.Das wird einen Impuls für weitere und mehr Beschäf-tigung in unserem Land setzen. Wir werden damit Ein-stellungshemmnisse abbauen. Das sorgt letztlich dafür,dass bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmernmehr übrig bleibt, dass der Aufschwung endlich bei denLeuten, vor allem bei den Arbeitnehmern, ankommt.Unser Problem ist doch heute, dass zwischen dem, wasoben auf dem Gehaltszettel steht, und dem, was untennetto herauskommt, eine zu große Differenz besteht.
Das ist ein Problem, weswegen wir in Deutschland mitSchwarzarbeit zu kämpfen haben.Wir haben einige spannende Wochen an Haushaltsbe-ratungen vor uns. Ich will nur abschließend daran erin-nern, dass wir das alles nicht zum Selbstzweck machen,sondern der Haushalt letztendlich das unterstützen soll,was wir politisch auf den Weg bringen wollen. Wir ha-ben uns für 2008 einiges vorgenommen. Wir wollen er-reichen, dass die Arbeitslosigkeit weiter sinkt. Wir wol-len, dass endlich auch die in Arbeit kommen, die heutenoch keine Arbeit haben und schon lange arbeitslos sind.Wir wollen also, dass der Aufschwung bei allen an-kommt. Ich würde mir wünschen, dass nicht nur die Ko-alitionsfraktionen mit der Regierung an diesem Ziel ar-beiten, sondern uns auch die Opposition dabei nachKräften unterstützt.Herzlichen Dank.
Weitere Wortmeldungen zu diesem Einzelplan liegennicht vor.Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundes-ministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Ju-gend, Einzelplan 17.Ich eröffne die Aussprache zu diesem Einzelplan underteile das Wort zunächst der BundesministerinDr. Ursula von der Leyen.ngFHwjfEJ4tgFawItniZZndldTdGsmkwEdimDpwdtvKmdswA
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Bundesministerin Dr. Ursula von der LeyenWir wollen mit dem Kinderzuschlag etwa eine halbeMillion Kinder erreichen. Dazu muss das Antragsverfah-ren deutlich verbessert und entbürokratisiert werden,und die entsprechenden Regelungen müssen flexibili-siert werden. Das zentrale Thema – das war schon in derDebatte zuvor ein spannendes Thema –, den Menschenunbürokratisch und flexibel mit dem richtigen Arbeits-anreiz zu helfen, damit sie wieder gewiss sein können,dass sich Arbeit überhaupt und dass sich auch mehr Ar-beit lohnt, betrifft den gesamten Niedriglohnsektor. ImEinzelplan 17 sind die Mittel für den Kinderzuschlag aufBasis der heutigen Rechtslage zwar noch mit 150 Millio-nen Euro veranschlagt. Ich bin aber mit dem Bundesar-beitsminister in sehr guten Gesprächen darüber, wie wireinen verbesserten, flexibleren und entbürokratisiertenKinderzuschlag im Rahmen eines Gesamtkonzeptes fürden Niedriglohnsektor ermöglichen können. Ich denke,es ist ein lohnendes Ziel, das in diesen Wochen dingfestzu machen.Kinderarmut ist eines der beschämendsten Problemein unserem Land.
Das Entscheidende ist, was man dagegen tut. Wir müs-sen vor allem auf drei Feldern tätig werden: Der ersteBaustein ist die bessere Teilhabe der Familien am Kon-junkturaufschwung, das heißt am Arbeitsmarkt. Derzweite wichtige Baustein sind bessere Chancen auf früheBildung von Kindern, also die Schaffung einer entspre-chenden Infrastruktur, damit der Teufelskreis der übermehrere Generationen vererbten sogenannten Bildungs-armut durchbrochen wird.Der dritte Baustein ist eine deutlich bessere Verein-barkeit von Beruf und Familie für Väter und Mütter; dashilft vor allen Dingen den Alleinerziehenden.Dazu braucht es eine gute und flexible Kinderbe-treuung. Die maßgeblichen Weichen sind jetzt gestellt.Der Beitrag von 4 Milliarden Euro, den die Bundesregie-rung für den Ausbau der Betreuung von unter Dreijähri-gen bereitstellt, ist nicht im Einzelplan 17 etatisiert.Dennoch gehört der Ausbau der Kinderbetreuung mit zuden zukunftsentscheidenden Investitionen für Familien,Kinder und Bildung. Das ist ein großer Schritt, den dieseGroße Koalition gemeinsam geschafft hat.
Mein Dank geht deshalb vor allem an all diejenigenhier im Raum, aber auch in den Ländern und Kommu-nen, die dies mit politischer Kraft und mit Leidenschaftfür die Realisierung unserer familienpolitischen Zielemöglich gemacht haben. Von Herzen Dank für diesengemeinsamen Einsatz, in relativ kurzer Zeit so etwas aufdie Beine zu stellen! Wir werden damit endlich ein be-darfsgerechtes Angebot schaffen und bei der Betreuungvon Kindern unter drei Jahren zum europäischen Durch-schnitt aufschließen.Wir haben vereinbart, dass ab 2013 ein Rechtsan-spruch auf Kinderbetreuung besteht und ein Betreu-ungsgeld eingeführt wird. Es ist wichtig, dass sich El-tKmzDtadvnDgeonvmadkZmultwFf6mRb9llwKwnkddmgA
as Entscheidende ist: Wir dürfen die Eltern nicht spal-en. Wir dürfen nicht die eine Wahl der Eltern gegen diendere ausspielen, sondern müssen gemeinsam hinterem Bemühen der Eltern stehen, ihr Lebensmodell inerschiedenen Phasen auch wirklich umsetzen zu kön-en.
Ich denke, es ist wichtig, uns vor Augen zu führen:ie allermeisten Eltern wollen ihre Kinder so gut wie ir-end möglich ins Leben hinausbegleiten. Ob die Elterninen Monat, ein Jahr oder zehn Jahre zu Hause bleibender ob sie nach einem Monat, nach einem Jahr oderach zehn Jahren wieder Beruf und Familie miteinanderereinbaren wollen: Wir müssen ihnen dabei helfen. Wirüssen ihren Einsatz noch sehr viel mehr wertschätzen,ls das bisher der Fall gewesen ist. Ich bin sicher: Auchies wird die Große Koalition schaffen.
Lassen Sie mich zum Einzelplan 17 für 2008 zurück-ommen. Wir bündeln in der Titelgruppe Stärkung derivilgesellschaft verschiedene Initiativen und Maßnah-en im Bereich des bürgerschaftlichen Engagementsnd machen sie dadurch im Haushalt sichtbar. Wir wol-en die Jugendfreiwilligendienste flexibler und attrak-iver gestalten und die generationenübergreifenden Frei-illigendienste weiterentwickeln.Wir bekämpfen nachhaltig und konsequent jedeorm von Extremismus, Antisemitismus und Fremden-eindlichkeit. Das wird daran deutlich, dass es in0 Kommunen lokale Aktionspläne gibt und dass wirit 30 Modellprojekten bereits jetzt dichte Netze gegenechtsextremismus und Gewalt geflochten haben. Wirauen dieses Programm in den nächsten Monaten auf0 lokale Aktionspläne und 90 Modellprojekte aus. Hieriegt der Schwerpunkt vor allem auf den neuen Bundes-ändern, die seit Juli dieses Jahres über Beratungsnetz-erke und mobile Interventionsteams verfügen.Ich möchte ganz deutlich sagen: Wir nehmen denampf gegen den Rechtsextremismus sehr ernst. Wirerden die Mittel für die neuen Programme dauerhaft fi-anzieren; wir haben sie in der Finanzplanung für dieommenden Jahre fortgeschrieben. Damit setzen wir eineutliches Signal gegen den Rechtsextremismus und fürie Nachhaltigkeit unseres Einsatzes.
Mit dem Haushalt 2008 haben wir ein Zeichen für Fa-ilien gesetzt. Die Familienpolitik ist für die Zukunftut aufgestellt. Dazu haben alle hier im Saal mit ihrerrbeit beigetragen. Vielen Dank für diesen Einsatz.
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Das Wort hat nun die Kollegin Ina Lenke für die FDP-
Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau vonder Leyen, es ist Ihr Verdienst, dass bundesweit über Fa-milienpolitik diskutiert wird. Auch in der CDU/CSU ge-hört es jetzt zum guten Ton, sich für eine außerhäuslicheBetreuung für Kinder unter drei Jahren einzusetzen.
Die FDP möchte, dass die 145 familienbezogenenLeistungen analysiert werden, ehe eine weitere Sozial-leistung versprochen wird. In Norwegen hat das Betreu-ungsgeld zu dem geführt, was die FDP befürchtet: In derBetreuung ist der Anteil der Kinder nichtwestlicher Ein-wanderer, die sprachlich weitergebildet werden müssen,konstant geblieben; die Bildungs- und Betreuungsange-bote sind nicht vermehrt in Anspruch genommen wor-den, aber das Geld.Die Ausgaben im Haushalt des Familienministeriumshaben sich durch die Einführung des Elterngeldes er-höht. Den Systemwechsel hin zu einer lohnbezogenenLeistung trägt die FDP grundsätzlich mit. Aber bereitsim ersten Jahr des Elterngeldes zeigen sich Fehler imGesetz: Warum erhält eine Frau, die sich mit einemSchreibbüro selbstständig macht und über 30 Stundenarbeitet, kein Elterngeld, wohl aber die ALG-II-Empfän-gerin 300 Euro Elterngeld monatlich? Das Gesetz ist insich nicht schlüssig.Auch Frauen in Steuerklasse V werden von der Koali-tion unfair behandelt. Erwerbstätige Ehefrauen inSteuerklasse V mit einem Verdienst von 2 000 Eurobrutto müssen beim Elterngeld im Vergleich zurSteuerklasse III Verluste in Höhe von 390 Euro monat-lich hinnehmen. Es ist schon erstaunlich, dass es vonsei-ten der SPD dazu keinen Protest gibt.Sie haben sich endlich auf eine Finanzierung derKleinkindbetreuung geeinigt. Bei den vorangegange-nen Verhandlungen saßen die Kommunen nicht einmalam Katzentisch, und das, obwohl sie schließlich für dieUmsetzung vor Ort verantwortlich sind. Bis 2013 wollenSie 4 Milliarden Euro für die Betreuung von Kindern un-ter drei Jahren einsetzen. Das ist auch gut so; da stimmenwir mit Ihnen überein.
Herr Singhammer, meine Frage an Sie: Wie viel von die-sem Geld wird denn für das Jahr 2008 ausgeschüttet?Lediglich 400 Millionen Euro für Investitionen.
Das ist eine lächerlich kleine Summe. Dabei sollte esdoch im nächsten Jahr so richtig losgehen.Die FDP hat Ihnen einen besseren, unbürokratischenund verfassungsgemäßen Vorschlag zur FinanzierungüdmcfwsbhmgstbdddFslsch1DnAeZlnnJzllWhfdrftc6d
Die Politiker der Großen Koalition – das stelle ich im-er wieder fest – machen das ganze Jahr über Verspre-hungen, die sich mit keinem Cent im Haushalt wieder-inden: kostenfreie Kitaplätze, Familiensplitting oder,ie von Herrn Pofalla gefordert, 7 Prozent Mehrwert-teuer auf Pampers. Die Vorschläge sind gut. Aber woleibt nach der Pressemitteilung der konkrete Vorschlagier im Bundestag?
Nun will die Bundesregierung die Ausweitung desissglückten Kinderzuschlages. Die Ministerin hat ver-essen, zu erwähnen, dass nur 12 Prozent der Antrag-teller Geld aus dem Topf erhalten. Alle anderen An-räge werden abgewiesen. Der Verwaltungsaufwandeläuft sich auf 18 Prozent der Gesamtkosten – das hatie Ministerin ja gesagt –
er Antrag auf Kinderzuschlag umfasst 27 Seiten. Kin-erarmut wird durch den Kinderzuschlag nicht beseitigt.rau Ministerin nannte es einen Baustein. Das mag jaein. Aufgrund dieser Zahlen sollten Sie sich aber über-egen, ob Sie nicht nach einem neuen Konzept suchenollten.
Um den Familien zielgenauer helfen zu können, brau-hen wir die Wirkungsanalyse des Kompetenzzentrumsinsichtlich der 145 familienbezogenen Leistungen mit85 Milliarden Euro an Ausgaben, die immer noch fehlt.ie Opposition will endlich erste Ergebnisse sehen. Ei-es steht aber schon fest: Durch die größte Steuer- undbgabenerhöhung aller Zeiten sind die Familien erstinmal auf der Verliererstraße.Der Einzelplan 17 beinhaltet auch Ausgaben fürivildienst und Freiwilligendienste. Das Entwick-ungshilfeministerium hat dafür eben mal 25 Millio-en Euro und für das darauffolgende Jahr 70 Millio-en Euro bereitgestellt. Sie schaffen es nicht einmal, dieugendfreiwilligendienste im Inland kontinuierlich aus-ubauen. Die überfraktionelle Einigung in der 14. Legis-aturperiode haben Sie bisher noch nicht umgesetzt.Die SPD bereitet sich mit dem Vorschlag der freiwil-igen Wehrpflicht faktisch auf den Ausstieg aus demehrdienst und damit aus dem Zivildienst vor. Ich willier für meine Fraktion ganz deutlich sagen: Die FDPordert die Aussetzung der Wehrpflicht. Sie wollen inieser Legislaturperiode mehr Wehr- und Zivildienstge-echtigkeit. Gleichzeitig reduzieren Sie den Soldansatzür den Zivildienst und verschärfen die Wehrungerech-igkeit damit noch einmal. Nur 17 Prozent aller taugli-hen jungen Männer leisten den Wehrdienst ab, knapp0 Prozent leisten weder Wehr- noch Zivildienst. Nurie CDU/CSU klammert sich noch an den Pflichtdienst.
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11624 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 112. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. September 2007
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Ina LenkeIch komme zum Schluss. Mein Kollege Otto Frickewird sich zu weiteren Ungereimtheiten in diesemEinzelplan 17 äußern. Die Gruppe der FDP-Abgeordne-ten im Familienausschuss wird die Arbeit der Regierungmit Augenmaß und Sinn für Realität wie immer kon-struktiv und kritisch begleiten.
Nächste Rednerin ist die Kollegin Nicolette Kressl für
die SPD-Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Frau Lenke, ich weiß ja, dass in einer Haushaltsdebatteimmer Kritik geübt werden soll.
So ist Parlamentarismus angelegt. Angesichts der Situa-tion, in der wir uns heute befinden, nämlich dass es eine,wie ich finde, herausragende Einigung zwischen Bundund Ländern zum Ausbau der Betreuung der unter Drei-jährigen gibt, sollten aber eigentlich alle Herz zeigenund sagen: Das ist ein richtig großer Schritt zur Verbes-serung der gesellschaftlichen und der bildungspoliti-schen Situation in Deutschland. Das wäre eigentlichauch Aufgabe der Opposition.
Was zwar nicht in diesem Haushalt vereinbart wurde,aber seinen Niederschlag im Nachtragshaushalt findenwird, ist, dass wir den Ausbau der Kinderbetreuung inein rundes und stimmiges Konzept fassen, wodurch so-wohl den Eltern als auch den Kommunen und dem BundSicherheit gegeben wird. Ich bin davon überzeugt, dasswir dadurch im Verbund der europäischen Staaten, wo esbildungspolitisch und hinsichtlich der Vereinbarkeit vonFamilie und Beruf noch Defizite gibt, einen Riesen-sprung nach vorne machen. Dieser Schritt wird uns öko-nomisch helfen, bildungspolitisch weiterbringen und dieVereinbarkeit von Familie und Beruf sehr stark verbes-sern.
Ich will deutlich machen: Es ist aus Sicht der Kinder einstimmiges Konzept. Uns ist ganz wichtig, dass es nichtum die Sicht der Eltern, sondern um die Sicht der Kindergeht.
Mit dem Ausbau der Kinderbetreuung werden wir da-für sorgen, dass bereits Kleinkinder – insbesondere inüberforderten Familien, aber nicht nur in diesen Fällen –bezüglich Integration und Vermittlung von sozialen Fä-hmbtBFnddamesnslDhBRwüWdkEeddIsmfgpDAsgszavAKud4
m Gegenteil: Wir schaffen jetzt die Möglichkeit, dassich die Eltern gemeinsam für ein bestimmtes Lebens-odell entscheiden können.Es ist für mich auch deshalb ein stimmiges Konzeptür Eltern, weil wir damit nicht allein an die Symptomeehen, sondern das Armutsproblem auch an der Wurzelacken. Wir wissen aus allen Armutsberichten, dass ineutschland die Alleinerziehenden am meisten vonrmut betroffen sind. Wer glaubt, dass man allein – ichage ausdrücklich: allein – durch höhere Transferleistun-en Abhilfe schaffen könne, der täuscht sich. Eine bes-ere Kinderbetreuung ist die entscheidende Vorausset-ung dafür, dass Frauen eine angebotene Arbeitnnehmen können. Damit sorgen wir dafür, dass Armutermieden wird. – Man sieht, es gibt verschiedenespekte, warum der von uns vereinbarte Ausbau derinderbetreuung so wichtig und so entscheidend ist.
Das vereinbarte Konzept ist auch für Bund, Ländernd Kommunen stimmig. Der Bund – Frau Lenke, iniesem Punkt täuschen Sie sich – stellt nicht nurMilliarden Euro bis zum Jahre 2013 als Aufbaufinan-
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Nicolette Kresslzierung bereit. Es ist nämlich noch vereinbart, dass ab2013 der Bund über einen Umsatzsteuervorwegabzugdauerhaft 770 Millionen Euro pro Jahr über die Länderan die Kommunen gibt. Wir sollten also nicht nur die4 Milliarden Euro zur Aufbaufinanzierung im Kopf ha-ben, sondern auch die Tatsache, dass der Bund die Län-der und die Kommunen in diesem Bereich dauerhaft un-terstützt.
Ich halte diese Maßnahme für gerechtfertigt: Wennder Bund will, dass es einheitliche Lebensverhältnissegibt, dann hat er sich an entsprechenden Maßnahmenfinanziell zu beteiligen. Ich betone noch einmal: Was wirjetzt auf den Weg gebracht haben, ist ein rundes undstimmiges Finanzierungskonzept, zu dem wir aus-drücklich stehen. Ich sage nicht ohne Stolz: Dieses Kon-zept kommt dem, was die sozialdemokratische Bundes-tagsfraktion frühzeitig vorgeschlagen hatte, sehr nahe.Darüber freuen wir uns.
Das Konzept ist auch aus Sicht der Kommunen stim-mig.
Wir haben immer auf die Kombination mit dem Rechts-anspruch auf Kinderbetreuung bestanden. Inzwischen istfolgende Situation entstanden: Die Länder erhalten einenTeil des Umsatzsteueraufkommens, und zwar in Formeines Vorwegabzugs, aber das ist mit dem Rechtsan-spruch gekoppelt. Dadurch ist geklärt, dass dieses Geldzwar frei verwendet werden kann, aber in den Ausbauder Kinderbetreuung gehen muss. Außerdem ist zu be-rücksichtigen, dass die Länderverfassungen inzwischenein Konnexitätsprinzip enthalten. Das heißt, die Ländermüssen den Rechtsanspruch umsetzen und die Mittel andie Kommunen weiterleiten. Ich gehe davon aus, dass inallen Ländern so früh wie möglich zwischen den Lan-desregierungen, den Parlamenten und den KommunenGespräche stattfinden werden.
Es handelt sich also um ein schlüssiges Prinzip.
– Sie haben offensichtlich noch nichts über das Konnexi-tätsprinzip in Verfassungen gelesen.Das Konzept, das wir jetzt gemeinsam vereinbart ha-ben, wird so zügig wie möglich umgesetzt, und zwar invier Schritten – Frau Lenke, weil Sie immer nach kon-kreten Schritten rufen, will ich das noch einmal deutlichmachen – : Der erste konkrete Schritt ist der Aufbau desSondervermögens, in das die 2,15 Milliarden Euro fürdie Investitionskosten fließen werden; das ist bereits aufdem Weg. Der zweite Schritt ist die Formulierung einerVerwaltungsvereinbarung, die dafür sorgen wird, dassdwglSgaLdesEgdwbwsvuifslwtnrsusKnuasdPVJvFd
Diese Vereinbarung bringt uns im europäischen Ver-leich endlich voran. Während der Haushaltsdebatte inen letzten Tagen ist immer wieder darauf hingewiesenorden, dass Deutschland sich auf ökonomischem Ge-iet gut entwickelt hat. Ich finde, es zeugt von einemunderbaren Gleichschritt, dass wir jetzt auch im gesell-chaftspolitischen Bereich einen großen Schritt nachorne machen. Es ist immer gut, wenn sich Ökonomiend Gesellschaftspolitik im Gleichschritt bewegen. Esst auch gut, dass wir auf diese Art und Weise den Wegür starke Eltern, für starke Kinder und damit für einetarke Gesellschaft bahnen. Wir freuen uns, dass dies ge-ungen ist. Es wäre schön, wenn Sie sich mit uns freuenürden.Vielen Dank.
Ich erteile das Wort der Kollegin Diana Golze, Frak-
ion Die Linke.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegin-en und Kollegen! Der Haushalt des Bundes soll laut Ih-er Aussage, Frau Ministerin, ein Zeichen für Familienetzen. Schauen wir uns also an, welche Pläne Unionnd SPD im Bereich Ihres Ministeriums haben und wieie auf die Situation im Land reagieren wollen.Wie sieht sie aus, die Situation im Herbst 2007? Dieinderarmut in der Bundesrepublik steigt auf Rekord-iveau. Mehr als 2,5 Millionen Kinder und Jugendlichenter 18 Jahren leben in Deutschland in Familien, dieuf das Arbeitslosengeld II angewiesen sind. Im sächsi-chen Mügeln wurden im August indische Mitbürgerurch die Stadt gejagt und mit ausländerfeindlichenarolen bedroht. Der FDP-Bürgermeister durfte daserhalten auf diesem Fest in den Medien – bis hin zurungen Freiheit – als normalen Stammtischjargon relati-ieren und verharmlosen. Gleichzeitig mehren sich dieorderungen nach einer besseren Integration von Kin-ern mit Migrationshintergrund im Bildungswesen. All
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Diana Golzedas sind Bereiche, die im Einzelplan 17 des Bundeshaus-haltes Widerhall finden müssten.In dieser Situation und vor allem vor dem Hinter-grund der medienwirksamen und vollmundigen Verspre-chungen der Familienministerin von der Leyen ist derEinzelplan 17 entweder eine Umkehrung der Realitätoder er zeugt davon, welchen Stellenwert Kinder-, Ju-gend- und Familienpolitik in der Bundesrepublik wirk-lich haben.
Im Entwurf ist aus meiner Sicht keinerlei Widerspie-gelung dessen zu finden, was jede Bürgerin und jederBürger mit einem normalen Informationsstand ausPresse und Fernsehen täglich sehen kann. Die Bundesre-gierung beweist vielmehr einmal mehr, dass sie keineAntworten auf die Fragen hat, die die Bürgerinnen undBürger stellen. Stattdessen feiern Mann und Frau auf dergroßen Regierungsklausur Dinge, die entweder schonGesetzgebung sind, wie der schon vor Jahren beschlos-sene Kindertagesstättenausbau, oder Dinge, die aus demeigenen Aufgabenkatalog – Koalitionsvertrag genannt –stammen, nämlich die Evaluierung des Kinderzuschla-ges.Beides findet sich jedoch im vorgelegten Haushalts-entwurf gar nicht wieder. Der Ausbau der Kita-Plätze fürKinder unter drei Jahren soll über ein erst noch zu schaf-fendes Sondervermögen finanziert werden.
Zum Kinderzuschlag findet sich folgende Aussage imBeipackzettel zum Einzelplan 17:Die im Koalitionsvertrag vereinbarte Weiterent-wicklung konnte wegen fehlender Etatreife nochnicht berücksichtigt werden.
Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungs-bank, das ist für mich eher eine politische Ohrfeige alsdie Erfüllung Ihres Koalitionsvertrags.
Wie viele Studien, Erhebungen und Analysen braucht eseigentlich noch, um Sie endlich aufzurütteln? Ich kannIhnen diese Lektüre nur empfehlen. Denn sie machtdeutlich, wie verfehlt Ihre Sozialpolitik in den vergange-nen zwei Jahren gewesen ist. Geschönt durch die über-fällige Angleichung des Ostregelsatzes beim ALG II wa-ren Sie es, die die Situation der betroffenen Familienweiter verschärft haben.Die Kinderarmut in Deutschland ist hausgemacht.Der Haushaltsansatz für das kommende Jahr bietet aberwieder keine Lösungen. Die vagen Ankündigungen derMinisterin von der Leyen zur eben genannten Evaluie-rung des Kinderzuschlags lassen mich zwar hoffen, abervon diesen Ankündigungen sind in den vergangenenMHmLtgdwSfdf5DbSlzgIlEddsdwcbnzdzVhatskdsuknimhS
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Wenn man dann noch in Betracht zieht, dass Sie dieostdeutschen Länder immer deshalb lobend erwähnen,weil die Betreuungsquote dort zum Glück noch hoch ist,ist zu befürchten, dass genau diese Länder mit den Auf-gaben, die mit dem Erhalt der Kindertagesstätten ver-bunden sind, in Zukunft ziemlich allein dastehen könn-ten
oder dass diese Länder die Ausbildung der dringend be-nötigten qualifizierten Erzieherinnen und Erzieher schul-tern müssen, von einer angemessenen Bezahlung derFachkräfte – ob in den Kitas oder in der Tagespflege –ganz zu schweigen.
Frau Kollegin Golze, gestatten Sie eine Zwischen-
frage der Kollegin Kressl?
Natürlich.
Bitte schön.
Frau Kollegin, bevor sich hier Unwahrheiten festset-
zen: Sie sollten eigentlich gelesen bzw. gerade von mir
gehört haben, dass wir es sehr bewusst nicht nur über die
Investitionskosten, sondern auch – das ist ganz beson-
ders im Interesse der neuen Bundesländer – über den
Anteil an der Umsatzsteuer ermöglichen, dass die Quali-
fikation, die Erhaltung, die Sicherung und die Beteili-
gung an den laufenden Betriebskosten vom Bund mitfi-
nanziert werden. Ich bitte Sie dringend, solche Aussagen
wie die, die Sie gerade gemacht haben, nicht zu verbreiten,
da wir es in einem durchaus schwierigen Prozess – auch im
Gespräch mit dem Finanzminister – erreicht haben, dass
diese Mittel frei verfügbar sind und dadurch insbeson-
dere für die neuen Bundesländer Sicherheit gewährleis-
tet ist.
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Jetzt bin ich dran. Ich habe das Wort.
Zweitens hat die Bundesregierung in ihrer Antwort
uf die Kleine Anfrage meiner Fraktion nicht einmal an-
rkannt, dass es hier Handlungsbedarf gibt, was zum
eispiel den Fachkräftebedarf und die Bezahlung der in
iesem Bereich beschäftigten Personen betrifft. Das neh-
en Sie überhaupt nicht zur Kenntnis.
Ich bin immer noch bei der Beantwortung Ihrer nicht
estellten Frage.
Sie haben ja keine Frage gestellt. Was soll ich denn da
achen?
Entschuldigung, Herr Präsident. Ich bin immer noch
ei der Beantwortung dieser Anregung.
Nachdem Sie gerade erläutert haben, dass Sie bei der
eantwortung einer nicht gestellten Frage sind, können
ir uns vielleicht gemeinsam darauf verständigen, dass
ie schlicht mit Ihrer Rede fortfahren.
Dann möchte ich, dass geprüft wird, wie lange hierach der Geschäftsordnung Fragen beantwortet bzw.nregungen gegeben werden dürfen.
Ich möchte auf die Qualität der Ausbildung der Fach-räfte zurückkommen. Ich bin der festen Überzeugung,
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Diana Golzedass das Gelingen des Ausbaus der Kindertagesbetreu-ung von der Qualität der Ausbildung abhängt. Die Linkewird dem Ausbau der Kindertagesbetreuung nur dannzustimmen, wenn unter anderem auch Tagesmütter undTagesväter endlich eine Absicherung durch eine zertifi-zierte Ausbildung erhalten, wenn dazu bundesweit gel-tende rechtliche Regelungen geschaffen werden undwenn sie eine angemessene Entlohnung bekommen.
Einer Billigvariante des geplanten Ausbaus der Kinder-betreuung werden wir nicht zustimmen.Sehr geehrte Damen und Herren, ich bin gespannt, obbzw. wie die Bundesregierung in den kommenden Mo-naten das wachsende Problem der Ausländerfeindlich-keit und des Rechtsextremismus auf die Tagesordnungbringt. Es wird wohl nicht ausreichen, in die Schlagzei-len gekommene Kommunen und ihre Bürgermeisterletztlich doch in das entsprechende Bundesprogrammaufzunehmen. Ich bin mir nicht sicher, ob der GemeindeMügeln dies allein helfen wird.Die Politik der Bundesregierung sollte sich vielmehrdarauf konzentrieren, die Träger der freien Jugendhilfe,die Vereine und Verbände zu stärken, sodass dort ein gu-tes Freizeit- und Bildungsangebot für junge Menschenentsteht. Denn das ist die Grundvoraussetzung für dasGelingen eines solchen Bundesprogramms.Abschließend ein paar Worte zu einem Politikfeld,das zumindest noch in der Bezeichnung des Ministe-riums eine Rolle spielt. Beim Lesen des Haushaltsent-wurfs fragt man sich allerdings, ob dieses Themengebietdort überhaupt noch beackert wird. Die Ministerin gibtnämlich gern viel Geld für Öffentlichkeitsarbeit aus. Eingutes Beispiel ist die PR-Aktion zu den Mehrgeneratio-nenhäusern. Was aber das Politikfeld Frauen betrifft,gibt der Haushaltsentwurf sehr zu denken. In den nächs-ten vier Jahren möchte Frau Ministerin jährlich392 000 Euro für Infobörsen für Frauen ausgeben. Dasist für mich Selbstbeweihräucherung, die die Bundesre-publik gleichstellungspolitisch keinen Deut weiterbringt.
Warum finanzieren Sie mit dem Geld nicht ein Projektzur Förderung von Berufsrückkehrerinnen nach der El-ternzeit?
Ein bisschen weniger Show und ein bisschen mehr Han-deln würden nicht nur diesem Haushalt guttun.Vielen Dank.
Nächste Rednerin ist die Kollegin Britta Haßelmann
von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
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as erhoffe ich mir bei Ihnen in vielen familienpoliti-chen Fragen.Ich fange mit dem an, was an Ihrem Etat zu begrüßenst. Uns als Familienpolitikerinnen und Familienpolitikerann es sicherlich freuen, dass der Etat von 5,2 Milliar-en Euro auf 6,2 Milliarden Euro gestiegen ist.
as ist gut so. Denn die vielen strukturellen Problemem Hinblick auf eine verlässliche Kinderbetreuung, dieerausforderungen des demografischen Wandels, eineukunftsfähige Altenpolitik, eine konsequente Frauen-olitik, die mehr bedeuten muss als die Vereinbarkeiton Familie und Beruf, und eine konzeptionell fundierteugendpolitik brauchen ein solides Fundament. Da ha-en Sie reihenweise Nachholbedarf.Aber, Frau Ministerin, Sie können von uns nicht er-arten, dass wir Sie allein dafür besonders loben, dassie in der Familienpolitik richtige und notwendigechlussfolgerungen ziehen,
bwohl Sie von der familienpolitisch lernverzögertenDU kommen. Von der CSU rede ich erst gar nicht.
ir nehmen uns die Freiheit, Ihre Politik schlicht und er-reifend anhand von Fakten zu beurteilen.
ch sage an Sie persönlich gerichtet – nicht nur an dierogrammatischen Grundlagen der CDU/CSU –,
ass längst nicht alles Gold ist, was glänzt und sich öf-entlich wunderbar in Geschenktüten verpacken lässt.
Ich möchte nun die Zahlen bewerten: Die hohe Stei-erung des Gesamtetats geht zu einem Großteil auf dasonto des Elterngeldes; das haben Sie eingangs selbstetont.
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Britta HaßelmannEin Elterngeld macht familienpolitisch aus meiner Sichterst dann Sinn, wenn nach der Elternzeit auch wirklicheine Anschlussbetreuung gewährleistet ist.
Frau Ministerin, selbst wenn wir noch so viel Geld in Ih-ren Etat pumpen, hilft das nichts, wenn Sie Ihre Fami-lienpolitik nicht konzeptionell unterlegen,
sodass eine Maßnahme in die andere greift und im Er-gebnis schlüssig ist. Es gilt die Erkenntnis: Geld alleinmacht nicht glücklich. Wir brauchen nicht nur eine no-minale Erhöhung des Etats des Familienressorts, wirbrauchen auch eine qualitative Steigerung Ihrer Politikin den verschiedenen Ressorts; ich denke vor allen Din-gen an die Jugendpolitik.Von Ihren zahlreichen öffentlichen Erklärungen, dasswir mehr Kinderbetreuungsplätze in unserem Landbrauchen, ist noch kein einziger Kinderbetreuungsplatzfür Kinder unter drei Jahren vor Ort eingerichtet worden.Liebe Nicolette Kressl, Sie können so wütend sein, wieSie wollen, aber es ist schlicht ein Fakt, dass die Kom-munen, nachdem sie sich diesen wunderbaren Kompro-miss angesehen haben, merken, dass die Länder längstnicht all das nachvollziehen, was auf Bundesebene ver-einbart worden ist. Es gibt in den Kommunen jedeMenge Widerstand, weil man Angst hat, dass die Kostenfür die Umsetzung des Rechtsanspruchs bei ihnen hän-gen bleiben werden.
Es war nun zu hören, dass das Bundeskabinett sicham 28. August mit den Ländern geeinigt hat. Die Zahlensind im Hinblick auf Investitionskosten und Betriebskos-tenzuschüsse klar. Ab 2014 sollen die laufenden Kostenin Höhe von 770 Millionen Euro von Bundesseite mitfi-nanziert werden. Das ist gut so. Haushaltsrechtlich istaus meiner Sicht allerdings Kritik angebracht.
Nennen Sie mir doch einen sachlichen Grund dafür,bereits jetzt für Ausgaben in den Jahren 2008 bis 2013Geldabflüsse in ein Sondervermögen auf den Weg zubringen. Es sind ja genügend Haushälter da, die gleichnoch reden werden. Auf die Auflösung bin ich gespannt.
Eltern brauchen Sicherheit, sie müssen mit verlässlicherUnterstützung rechnen können, und zwar schon bald; siewollen nicht bis 2013 auf die Realisierung warten. Waswollen Sie denn denjenigen Familien sagen, die Sie jetztmit dem Elterngeld beglücken? „Seht her, ihr bekommtdas Elterngeld; einen Rechtsanspruch auf Betreuung gibtes aber erst ab 2013“? „Eure Enkelkinder haben einenBetreuungsplatz sicher“?
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Frau Kollegin Haßelmann, darf Ihnen der Kollege
ampeter kurz vor Schluss noch eine Zwischenfrage
tellen?
Lassen Sie mich gerade zur Herdprämie zu Ende
prechen; dann kann Herr Kampeter fragen.
Nein, das kann er eben nicht; denn dann ist Ihre Rede-
eit vorbei.
Herr Kampeter, bitte.
Frau Kollegin, Sie haben noch einmal die Finanzie-ung der Investitionskosten angesprochen und deutlichemacht, dass Sie das noch nicht verstanden haben. Des-alb bitte ich Sie, Folgendes zur Kenntnis zu nehmen:it der Einbringung dieses materiellen Teils ist verbun-en, dass wir 2,15 Milliarden Euro möglichst nah an dieemeinden bringen wollen.Sie haben in Nordrhein-Westfalen an der Umsetzunges TAG politisch mitgewirkt. Als Sie aus der politi-chen Verantwortung ausgeschieden sind, war die Aus-tattung für die Betreuung der unter Dreijährigen relativchlecht.
m Zusammenhang mit dem jetzigen Gesetzgebungsver-ahren geht es auch um die nahezu vor dem Abschlusstehende Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund undändern, über die wir hier im Parlament im Oktober rin-en werden. Anders als beim TAG soll es – dazu dieseerwaltungsvereinbarung – Erfolgskontrollen und eineückzahlungsoption geben für den Fall, dass die Länderas Geld nicht in den Ausbau der Betreuung der unterreijährigen stecken. Das ist ein qualitativer Unter-chied gegenüber allen bisherigen Fördermaßnahmen.ch bedanke mich ausdrücklich bei Peer Steinbrück, dassr eine solch ambitionierte Verwaltungsvereinbarung miten Ländern ausgehandelt hat.Meine Frage lautet: Wann sind Sie endlich bereit, diesur Kenntnis zu nehmen?
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Herr Kampeter, um Ihre Frage zu beantworten: Ich
habe verstanden, dass wir mit unseren finanziellen Res-
sourcen sehr verantwortungsvoll umgehen müssen. Des-
halb halte ich Ihre Idee des Betreuungsgeldes für beson-
ders fahrlässig: Milliardengeschenke für die CSU, nur
um ihre ideologischen familienpolitischen Vorstellungen
durchzusetzen.
Ich frage die sozialdemokratischen Kolleginnen und
Kollegen: Warum sagen Sie da eigentlich nicht: „Das
läuft mit uns nicht!“? Nach meiner Information ist im
Begründungsteil des Gesetzentwurfs ein Sollbetrag für
das Betreuungsgeld vorgesehen. Sind Sie ernsthaft ge-
willt, so etwas mitzumachen, während Sie öffentlich
über das Betreuungsgeld reden?
Zu dem zweiten Teil Ihrer Frage, Herr Kampeter: Ich
habe sehr wohl verstanden, was Sie mit dem Sonderver-
mögen vorhaben. Deshalb frage ich auch, wie Sie das
haushalterisch erläutern wollen.
Zuletzt zum Thema Kinderarmut. Beim Thema Kin-
derarmut machen Sie den Leuten etwas vor. Seit Wochen
und Monaten wird öffentlich darüber geredet, dass es
Kinderarmut in Deutschland gibt, dass 2,5 Millionen
Kinder davon betroffen sind. Ich bitte Sie: Im Rahmen
des Haushaltes – sowohl bei Arbeit und Sozialem als
auch bei Familie – können Sie unter Beweis stellen, dass
Sie das, was Kurt Beck, was Ihre Familienpolitikerin-
nen, was CDU-Politikerinnen und -Politiker sagen, ernst
meinen. Unterlegen Sie das mit einer finanziellen Aus-
stattung, anstatt es bei der Ankündigung, gegen Kinder-
armut in diesem Land etwas zu tun, zu belassen!
Vielen Dank.
Nun erhält der Kollege Dr. Ole Schröder für die
CDU/CSU-Fraktion das Wort,
bevor der Kollege Fricke nach zwei gescheiterten Versu-
chen, nach Ablauf der Redezeit des jeweiligen Redners
noch eine Zwischenfrage zu stellen, seine Ausführungen
nun in seiner eigenen knappen Redezeit unterbringen
muss.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Die Debatte zeigt ja langsam, dass Schwung indie familienpolitische Diskussion gekommen ist.
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Das gleiche Ziel verfolgen wir auch mit dem Ausbauer Betreuungsplätze für unter Dreijährige. Mit derinigung zur Finanzierung mit den Ländern und Kom-unen ist nun der Weg frei, dass wir die Anzahl der Be-reuungsplätze für unter Dreijährige auf 750 000 verdrei-achen. Das Sondervermögen ist wichtig, damit wir denittelabfluss direkt an die Kommunen zielgenau organi-ieren können, sodass das Geld nicht bei den Finanzmi-istern, sondern bei den Kommunen vor Ort und den Fa-ilien landet.
ir vergessen auch nicht die Eltern, die ihr Kind selbstetreuen wollen und dafür auf ihre Berufstätigkeit ver-ichten. Die Familienpolitik hat die Aufgabe, auch dieseltern besser zu unterstützen.Ein weiteres zentrales Ziel der Unionsfraktion ist dieessere Bekämpfung der Kinderarmut. Es freut mich
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Dr. Ole Schröderdaher, dass sich die Familienministerin dieser Aufgabestellt und das Instrument des Kinderzuschlags
endlich so ausgestaltet, dass mehr Familien davon pro-fitieren. Besonders wichtig ist mir schon aus haushalts-politischen Gründen, dass wir die unterschiedlichenfamilienpolitischen Maßnahmen besser aufeinander ab-stimmen, damit das Geld bei den Eltern und Familienankommt, statt in der Förderbürokratie zu versickern.
Herr Kollege Schröder, gestatten Sie eine Zwischen-
frage der Kollegin Lührmann?
Bitte schön.
Herr Kollege, ich möchte Ihnen eine Frage zu dem
Sondervermögen stellen, das Sie eben als sehr gut be-
zeichnet haben.
Inwieweit können Sie das mit Ihrer Vorstellung von Ge-
nerationengerechtigkeit verbinden? Nach meiner Auf-
fassung hat das Sondervermögen vor allem den einen
Zweck, die Nettokreditaufnahme in diesem Jahr mög-
lichst hoch zu halten, um sie in den nächsten Jahren
langsam zu senken.
Ich führe dafür als Beleg ein Zitat aus dem Handelsblatt
aus der vergangenen Woche an:
Steinbrück will unter allen Umständen vermeiden,
dass die Nettokreditaufnahme in diesem Jahr unter
die Planzahl von 12,9 Milliarden Euro für das
nächste Jahr rutscht. „Das wäre politisch problema-
tisch. Die Neuverschuldung sollte besser Schritt für
Schritt abgebaut werden“, sagte Steinbrücks Spre-
cher.
Deshalb frage ich noch einmal: Ist das Sondervermö-
gen nicht vielmehr ein Haushaltstrick, um die Nettokre-
ditaufnahme möglichst hoch zu halten?
Überhaupt nicht. Wir sichern mit dem Sondervermö-
gen, dass die Mittel dann zielgenau an die Kommunen
fließen können, wenn die Kommunen es benötigen, und
nicht abhängig von der Haushaltslage.
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Bitte schön.
Herr Kollege, meinen Sie, dass das Konzept des Kin-
erzuschlags richtig ist, wenn Sie sehen – ich meine das
rnst; das hat mit Parteipolitik nichts zu tun –, dass es
otwendig ist, 27 Seiten auszufüllen, um den Zuschlag
u erhalten, dass 18 Prozent der Mittel zur Deckung der
esamtkosten für Bürokratie draufgehen, dass nur
2 Prozent der Anträge genehmigt werden und dass über
0 Prozent der Bürgerinnen und Bürger, bei denen Sie
roße Erwartungen erwecken, enttäuscht sein werden,
enn sie den Kinderzuschlag, der bis zu 150 Euro betra-
en kann – das können in manchen Fällen auch nur
0 oder 20 Euro sein –, nicht erhalten? Meine Frage ist
olgende: Fällt Ihnen nichts Besseres ein als dieser miss-
lückte Vorschlag, der auf dem alten Kinderzuschlag
ufbaut? Ich bitte Sie herzlich, andere Antworten zu fin-
en. Wir von der Opposition werden das dann nicht aus-
chlachten.
Frau Lenke, Sie haben völlig recht: Die bisherige Re-elung des Kinderzuschlags ist viel zu bürokratisch; dasst ein bürokratisches Monstrum. Ich habe in den letztenaushaltsdebatten immer wieder angesprochen und an-emahnt, dass wir diese Regelung unbedingt reformie-en müssen.
ch habe daher eben positiv erwähnt, dass wir das nunachen. Wir sollten in den Beratungen gemeinsam da-auf achten, dass wir den Kinderzuschlag nicht nur erhö-en und dafür sorgen, dass mehr Eltern davon profitie-en, sondern dass wir ihn auch entbürokratisieren. Sieaben völlig recht: Es ist unzumutbar, dass so viele An-räge – ich habe in Erinnerung: neun von zehn – abge-ehnt werden. Wir brauchen dringend schlankere Organi-ationsformen, um den Eltern und Kindern tatsächlich zuelfen.
as Geld soll schließlich bei den Eltern und Kindern an-ommen und nicht in der Förderbürokratie versickern.
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Dr. Ole SchröderUm sich der Veränderung der Altersstruktur um-fassend zu stellen, sind bessere Rahmenbedingungen fürKinder und Eltern nur eine Seite der Medaille. Genausowichtig ist es, die Alterung der Gesellschaft positiv auf-zunehmen und die Politik auf einen höheren Anteil anSenioren auszurichten. Genau dies geschieht mit Maß-nahmen zum Thema „Wirtschaftsfaktor Alter“, der Ini-tiative „Erfahrung ist Zukunft“ oder mit der Förderungvon Seniorenorganisationen, um nur wenige Beispieleaus dem Haushalt zu nennen. Auch die im Einzelplan 17geförderten Mehrgenerationenhäuser sind ein wichtigesProjekt. Sie helfen die Bindungen zu stärken, die die Ge-sellschaft zusammenhalten. Ältere Menschen könnenhier ihre Kompetenzen und Erfahrungen besser einbrin-gen. Die Vielfalt an Umsetzungen, die wir vor Ort erle-ben, zeigt, dass wir hier auf einem richtigen Weg sind.
Darüber hinaus müssen wir aber auch an die älterenMenschen denken, die nicht mehr so aktiv am gesell-schaftlichen Leben teilnehmen können. Es bleibt unsereAufgabe, für die steigende Zahl pflegebedürftigerMenschen eine bessere Politik zu betreiben. Die von derBundesregierung geplante Pflegereform ist hierzu einerster Schritt. In vielen Einrichtungen herrschen nachwie vor unbefriedigende Zustände. Hauptursache hierfürist vor allem in der Dementenbetreuung fehlendes Perso-nal. Daher haben wir, die wir heute über denEinzelplan 17 diskutieren, die Aufgabe, uns Gedankenüber die Zukunft des Zivildienstes machen. Zivildienst-leistende übernehmen wichtige Betreuungsaufgaben. Siehelfen älteren Menschen beim Essen. Sie gehen mit De-menzkranken spazieren. Sie übernehmen Fahrdienste.Das sind sehr wertvolle Dienste, die bei der gegebenenFinanzausstattung zurzeit nicht allein von regulär Be-schäftigten übernommen werden können. Auch wennich die Wehrpflicht nicht mit dem Zivildienst begründenmöchte, möchte ich anmerken, dass die CDU/CSU-Frak-tion in diesem Haus die einzige politische Kraft ist, diean der Wehrpflicht und damit auch am Zivildienst fest-hält.
Jeder, der diese Dienste abschaffen will, muss sich da-rüber Gedanken machen, wie er die dann entstehendenBetreuungslücken schließen und das finanzieren will.
Bei allen wichtigen Investitionen in eine gute Fa-milienpolitik dürfen wir ein zentrales Ziel nicht aus denAugen lassen, das für die Handlungsfähigkeit der jungenGeneration von entscheidender Bedeutung ist: Das istdie Haushaltssanierung. Wir müssen daher so schnellwie möglich zu einem ausgeglichenen Haushalt kom-men. Der jetzige Finanzplan setzt ein positives Signal,aber angesichts des enormen Schuldenbergs des Bundesvon über 900 Milliarden Euro dürfen wir diesen Pfad derSanierung auf gar keinen Fall verlassen.
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Nun hat der Kollege Otto Fricke für die FDP-Fraktion
as Wort.
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-en! Ja, ja – nein, nein, so könnte man diesen Haushalt,edenfalls was dieses Ministerium angeht, zusammenfas-en. Wir haben an vielen Stellen richtige Entwicklungen.s war auch dringend Zeit. Ich muss immer wiederagen, dass die „Entwicklungshilfeministerin“ von dereyen bei der CDU/CSU sehr viel erreicht hat.
ber es reicht nicht, das Elterngeld einzuführen, und eseicht nicht, die Betreuung der unter Dreijährigen stärkeruszubauen.
as sind richtige Dinge, aber man muss das alles aufauer richtig machen. Da fällt mir eines auf: Wir wissenetzt seit mehreren Jahren, dass wir über 180 Milliardenuro – es gibt dazu unterschiedliche Angaben – füramilienleistungen im weitesten Sinne ausgeben.rgendwann muss man doch sagen: Okay, wir braucheneue Leistungen. Wir hinken da hinterher, weil meineartei etwas länger gebraucht hat. – Man muss sich aberuch fragen, welche der Leistungen falsch ist, wenn maneststellt, wie hoch die Kinderarmut bei uns ist.
rau Ministerin, ich erwarte von Ihnen spätestens nochm Laufe dieses Jahres eine klare Identifizierung dereistungen, die Sie für falsch halten, weil sie nicht beien Betroffenen ankommen.
azu sind Sie – ich bleibe dabei – verpflichtet; denn Sieind es, die die Kinder davor schützen muss, dass dieje-igen, die heute Leistungen bekommen, später für dieseeistungen doppelt und dreifach bezahlen. Sie müssenhren Kabinettskollegen sagen: Hört auf, mehr zu for-ern! Das müssen sonst die Kinder, denen ich zu helfenersuche, damit sie in der Zukunft weitere Chancen ha-en, bezahlen, wenn sie erwachsen sind. –
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 112. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. September 2007 11633
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Otto FrickeIch bleibe dabei, dass die Konstruktion des Elterngeldesnicht zu Hartz IV passt. Da gibt es so viele Widersprü-che, dass wir uns damit sicher noch einmal befassenmüssen.Zum Sondervermögen. Der Kollege Kampeter hatsehr geschickt zu vermeiden versucht, zu sagen, warumman das 2007 macht. Das ist – die Kollegin Lührmannhat recht – ein schlichter Trick. Man will lieber in die-sem Jahr etwas mehr ausgeben, damit man im nächstenJahr und im folgenden Jahr behaupten kann, etwas weni-ger ausgegeben zu haben.
Es wird eine Geschichte fortgeschrieben, anstatt dasGanze so schnell wie möglich abzuschreiben. KollegeSchröder sagt, er wolle das schon jetzt machen. Viel-leicht hat die Koalition Angst, dass ihr in den nächstenJahren das Geld nicht mehr zur Verfügung steht, und si-chert es deswegen lieber in diesem Jahr ab. Notwendigwäre das nicht gewesen. Es wäre besser gewesen, wennman den Kommunen das Geld direkt gegeben hätte.
– Erzählen Sie doch keine Geschichten, die nicht stim-men! – Das hätte man auch über das Finanzausgleichs-gesetz machen können. Es sind den Kommunen dochschon wiederholt Umsatzsteuerpunkte gegeben worden.Sie haben die Finanzierung deswegen über die Länderorganisiert – das ist kein Vorwurf an die Koalitionsfrak-tionen –, weil die Länder ihre klebrigen Finger daranhalten wollen und weil die Länder die Kommunen kon-trollieren wollen. Es ist doch nichts anderes.
Ich finde es dennoch gut, dass sich die Regierung dazuentschlossen hat, das Ganze in einem Nachtragshaushaltzu regeln. Ich bin gespannt, in welcher Weise wir dannhier über den Nachtragshaushalt debattieren werden. In-sofern ist wenigstens das Parlament als Haushaltsgesetz-geber geachtet worden.Ich will zu der sogenannten Herdprämie nur einessagen.
– Sie wird so genannt, und man muss sich überlegen,warum sich der Begriff hält. – Es wird viel darüber dis-kutiert. Die SPD bestreitet, dass sie kommt, die CSU be-hauptet, sie vereinbart zu haben.
Für die Bürger draußen: In einer Formulierungshilfe derBundesregierung steht in der Begründung, dass man soetwas in Zukunft vorhabe. In der Begründung könnteauch stehen, dass Angela Merkel im Jahre 2013 nochBbCreaKsbuKnmukddhnDKL„ddf„sDhandesBsgdcidle
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage Ihrer
ollegin Pieper?
Aber selbstverständlich.
Herr Kollege Fricke, geben Sie mir recht, dass insbe-
ondere die Liberalen bemüht sind, Bildung mit Kinder-
etreuung und frühkindlicher Erziehung zu verbinden
nd dass das mit der „Herdprämie“ nichts zu tun hat?
önnen Sie mir einmal erklären, warum es gerade in den
euen Bundesländern seit der deutschen Einheit einen
it Bildung verknüpften Rechtsanspruch auf Krippen-
nd Kindergartenplätze gibt, obwohl der Bund damals
eine größeren Zuschüsse gegeben hat? Nach der Wie-
ervereinigung, als der Rechtsanspruch auf einen Kin-
ergartenplatz für Kinder ab drei Jahre eingeführt wurde,
aben die neuen Länder den Kommunen übrigens kei-
erlei Einnahmen aus der Umsatzsteuer weitergereicht.
iese Regierungskoalition will den Rechtsanspruch auf
rippenplätze erst 2013, also erst in der übernächsten
egislaturperiode, verwirklichen. Für mich ist das eine
Vergackeierung“ der Wähler.
Frau Kollegin Pieper, ein Grundproblem der gesamt-eutschen Gesellschaft ist, dass der westliche Teil ge-acht hat, dass alles, was aus der DDR kommt, schlichtalsch ist, und das wiederum war falsch. Über die FrageAb wann setzt Bildung ein?“ hat die westliche Gesell-chaft unseres Landes lange nachgedacht. Wenn man iniskussionen bei uns zu Hause vor zehn Jahren gesagtat: „Bildung fängt schon bei den unter Dreijährigenn“, dann wurde man angeschaut, als wäre man von ei-em anderen Planeten. Insofern können die neuen Bun-esländer stolz sein, dass sie im vereinigten Deutschlandine Vorreiterrolle bezüglich der Frage der vorschuli-chen Bildung spielen.Die neuen Bundesländer hätten sich – gerade weil dieundeskanzlerin aus den neuen Ländern kommt –chneller durchsetzen können. Wenn ich mir den Kolle-en Kampeter anschaue, dann bin ich sicher, dass er miter Bundeskanzlerin noch darüber reden wird, an wel-her anderen Stelle man einsparen kann, um für so etwasn Zukunft mehr und vor allen Dingen schneller Geld inie Hände zu nehmen. Oder Kollege Kampeter?Ich komme zum letzten Punkt, weil meine Redezeitangsam zu Ende geht. In der Debatte über Kinder, aberben auch über Soziales hat der Kollege Kurth von den
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Otto FrickeGrünen gesagt, man müsse die Hartz-IV-Regelsätze er-höhen. Es geht immer wieder um Geld. Der Präsident– er ist leider nicht mehr anwesend – hat gestern Abendbei einer Veranstaltung mit jungen Christen gesagt: Derchristliche Wert der Nächstenliebe ist in der Politik sehrwichtig. Er hat aber auch gesagt, dass wir Politiker vielzu oft meinen, Nächstenliebe sei nur etwas, was wirdurch mehr soziale Leistungen zustande bringen kön-nen.
Ich warne ausdrücklich davor, diesem Gedanken zufolgen. Es ist schön, wenn es durch finanzielle Leistun-gen zu einem gerüttelt Maß an zusätzlicher Freiheit undzu mehr, was die Kinder erreicht, kommt. Wir dürfenaber nicht glauben, dass wir dadurch, dass wir mehrfinanzielle Mittel zur Verfügung stellen, auch mehrNächstenliebe geben.
Durch das, was Pastor Bernd Siggelkow – er arbeitet beider Arche – in dem Buch Deutschlands vergessene Kin-der geschrieben hat, habe ich gelernt: Wir werden überfinanzielle Leistungen niemals dafür sorgen können,dass wir bei dem Thema Kinderbetreuung in irgendeinerWeise Ruhe bekommen, sodass wir sagen können: Wirhaben genug getan.Wir müssen uns in der nächsten Zeit – Frau Ministe-rin, ich würde mich freuen, wenn Sie dabei einenSchwerpunkt setzten – mit der Frage „Liebe, Zuneigung,Nähe“ viel mehr beschäftigen, und wir dürfen uns nichtnur mit abstrakten Fragen wie „finanzielle Mittel“ befas-sen.Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Ich gebe das Wort der Kollegin Christel Humme,
SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Liebe Kollegin-nen! Ein bisschen verwundert mich diese Debatte schon.
Vor einem Jahr habe ich hier gestanden und gefordert:Wenn der bedarfsgerechte Ausbau von Betreuungsplät-zen für unter Dreijährige bis 2010 nicht kommt, dannmuss es einen Rechtsanspruch geben. Heute, nur ein Jahrspäter, stehe ich hier und kann sagen: Dieser Rechtsan-spruch kommt, und das nicht 2010, sondern wir regelnihn jetzt. Deshalb bitte ich Sie von der Opposition, sichmit uns zu freuen. Erkennen Sie an, dass wir dank desEngagements von Peer Steinbrück und Frau von derLeyen neue Wege gehen.
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Wir wollen damit natürlich den Ausbau etwas be-chleunigen. Da gebe ich Ihnen von der Oppositionecht: Das Ganze geht in der Tat nur im Schneckentempooran. Wir brauchen das Betreuungsangebot aberchnell. Am 1. Januar 2008 wird unser Elterngeld einahr alt. Alle, die nach einem Jahr Elternzeit wieder ihreerufstätigkeit aufnehmen wollen, müssen natürlich ei-en adäquaten Betreuungsplatz haben. Mit unserenaßnahmen helfen wir diesen Vätern und Müttern. Sierauchen mehr Wahlfreiheit, was Familie und Beruf an-eht; Frau Kressl hat das vorhin schon gesagt. Wahlfrei-eit haben sie – das ist entscheidend – heute nämlichicht. Diese Ungerechtigkeit müssen wir so schnell wieöglich aus der Welt schaffen. Deshalb gebe ich deranzlerin recht, die gesagt hat: Unsere erste Priorität ist,is 2013 mit einem finanziellen Kraftakt von2 Milliarden Euro – das sage ich noch einmal ganzeutlich – 750 000 Betreuungsplätze zu schaffen.
Auch in den ersten Tagen der Haushaltsdebatte hatich wieder gezeigt, dass wir keine Gelegenheit auslas-en, zu sagen: Gute Deutschkenntnisse sind eine wich-ige Voraussetzung für eine erfolgreiche Integration. Da-um müssen wir die richtigen Konsequenzen ziehen.llein Sprachtests, ohne vorher eine Förderung zu orga-isieren, machen wenig Sinn. Fehlende Bildungsinte-ration ist nicht nur ein Problem der Kinder mit Migra-ionshintergrund, sondern auch zunehmend ein Problemeutscher Kinder. Allen Kindern müssen wir die größt-ögliche Förderung zukommen lassen – und das vonnfang an. Das ist unsere zentrale Aufgabe.Das Projekt „Die 2. Chance“ des Familienministe-iums zur Unterstützung Jugendlicher ohne Schulab-chluss ist zurzeit notwendig und richtig und wird vonns ausdrücklich begrüßt. Zusammen mit den in Mese-erg verabschiedeten Einstiegsprogrammen für mehrusbildung sind das heute die richtigen Ansätze, umungen Menschen eine Perspektive zu bieten. Für die Zu-unft heißt das aber auch: Wir dürfen gar nicht erst zu-assen, dass es Schulabbrecher gibt, wie das heute derall ist.
uch das ist nur mit einem qualitativ guten Bildungs-nd Betreuungsangebot von Anfang an zu erreichen. –as sind unsere Vorstellungen von Chancengleichheit.
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Christel HummeZu diesen Vorstellungen von Chancengleichheit ge-hört natürlich auch, dass Bildung von Anfang an kosten-frei gestellt werden muss – das ist unser langfristigesZiel –; denn nur so erreichen wir, dass alle Kinder diegleichen Bildungschancen haben, ob arm oder reich,Deutsche oder Ausländer.
Chancengleichheit, das schließt auch ein – wir habendas heute an vielen verschiedenen Stellen gehört –, dasswir unsere Anstrengungen zur Armutsprävention fort-setzen müssen. Wir haben gehört, dass es in der Tat Fa-milien gibt, die ein so geringes Einkommen haben, dasses nicht ausreicht, den Unterhalt der Kinder zu decken.Ihnen helfen wir zurzeit mit dem von der SPD am1. Januar 2005 eingeführten Kinderzuschlag. Ich gebeallen recht, die gesagt haben: Das muss reformiert wer-den, weil es viel zu kompliziert und bürokratisch ist.
Ich gebe allen recht, die sagen: Das System muss verein-facht werden. Genau deshalb ist in Meseberg beschlos-sen worden, ein Gesamtkonzept für Familien mit Kin-dern vorzulegen, um sie dann zu unterstützen, wenn ihrEinkommen nicht ausreicht, für ihre Kinder zu sorgen.Das wollen wir, weil wir im Vergleich zu heute mehr alsdoppelt so viele Kinder aus der Armut holen wollen. Dasist ein wichtiges Ziel, das wir verfolgen müssen.
Aber ich sage auch: Wer es mit der Bekämpfung vonKinderarmut wirklich ernst meint, der muss sich derFrage stellen, wie wir erreichen, dass existenzsicherndeLöhne gezahlt, dass gesetzliche Mindestlöhne auf denWeg gebracht werden; denn gesetzliche Mindestlöhnebekämpfen meiner Ansicht nach wirkungsvoll Kinderar-mut.
Ich bleibe dabei: Die bessere Vereinbarkeit von Fami-lie und Beruf durch mehr gute Betreuungsplätze und diedamit verbundene Erhöhung der Frauenerwerbsquotesind die besten Instrumente, Familienarmut zu verhin-dern.Wir haben uns zum Ziel gesetzt, die Frauenerwerbs-quote zu erhöhen. Auch hier muss das Prinzip der fairenEntlohnung gelten, nämlich: gleicher Lohn bei gleicherArbeit. Ich wünsche mir, dass die Antidiskriminierungs-stelle des Bundes, im Familienministerium angesiedelt,ihr Augenmerk auch darauf richtet. Wir haben für dieseStelle gekämpft, damit endlich auch in Deutschland dieAkzeptanz von Vielfalt selbstverständlich wird.Für diese wichtige Arbeit muss die Stelle voll arbeits-fähig sein. Dafür sind im Gleichbehandlungsgesetz5,6 Millionen Euro vorgesehen, bisher sind im Haushaltaber lediglich 2,8 Millionen Euro eingestellt. Darübermüssen wir noch reden, da müssen wir noch nachjustie-ren.Die Stelle hat einen ambitionierten Auftrag: Sie sollunter anderem über Öffentlichkeitsarbeit ein Bewusst-sein für Toleranz und gegen Ausgrenzung schaffen. Aus-ghdsFKu–npPE–wvszgüvkpsndnIagnlfdDKKt
Ich kenne die Debatte sehr gut, Herr Kampeter. – Wirollten mit den zusätzlichen 5 Millionen Euro die Arbeiton mobilen Beratungsteams und Opferberatungsstellenichern.Frau von der Leyen, wir müssen jetzt alles daranset-en, dass die Programme gegen rechts konsequent fort-eführt werden können; denn wir sind zutiefst davonberzeugt, dass es mehr zivilgesellschaftlicher Initiati-en bedarf, wenn Rechtsextremismus erfolgreich be-ämpft werden soll.
Ich freue mich auf die Debatte über den Haushalts-lan 2008; denn er zeigt eindeutig, Frau Lührmann – istie noch da? –, dass beides geht: auf der einen Seite dieiedrigste Nettoneuverschuldung und damit die Konsoli-ierung des Haushalts, auf der anderen Seite Investitio-en in die Zukunft über Bildung. Beides machen wir imnteresse der Familien, der Senioren, der Kinder unduch der Enkelkinder.
Frau Kollegin, darf ich Sie an Ihre Redezeit erinnern.
Ich höre sofort auf. – Zum Abschluss möchte ich sa-
en: Der wichtige Bereich der Seniorenpolitik ist in mei-
er Rede, der Zeit geschuldet, zu kurz gekommen. Ich
ade Sie alle ein: In der nächsten Woche gibt es eine aus-
ührliche Debatte zum Fünften Altenbericht. Dort wer-
en wir das Ganze noch einmal aufrollen.
Das Wort hat die Kollegin Monika Lazar, Bündnis 90/ie Grünen. Bevor ich Ihnen aber das Wort gebe, Frauollegin, gratuliere ich im Namen aller Kolleginnen undollegen in diesem Hohen Hause zu Ihrem 40. Geburts-ag.
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Vielen Dank! – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen
und Kollegen! Seit einigen Wochen kennt hier wahr-
scheinlich fast jeder – meine Vorrednerin ist auch schon
darauf eingegangen – die sächsische Kleinstadt Mügeln.
Mitte August ereignete sich ein Vorfall auf dem Stadt-
fest: Acht Inder flohen vor einer Gruppe von Deutschen
in eine zum Glück nahegelegene Pizzeria. Rufe wie
„Ausländer raus!“ begleiteten den Übergriff. Es gab Ver-
letzungen, die Opfer waren traumatisiert. Die mediale
Empörung war groß – und kurz. Dies ist leider beispiel-
haft für den beschämenden Umgang mit rassistischen
Übergriffen in unserem Land.
Die immer wieder zu beobachtende Strategie heißt:
Leugnen und Beschwichtigen. Es sei gar kein rechts-
extremer Übergriff gewesen, meinte sogar der Bürger-
meister Deuse aus Mügeln. Er verstieg sich gar zu Aus-
sagen wie: „Solche Parolen können jedem mal über die
Lippen kommen.“
– Doch! – Dazu kann ich nur sagen: Für solch eine Äu-
ßerung habe ich kein Verständnis.
Wer so etwas nie denkt, dem kommt es auch nicht über
die Lippen, egal ob nüchtern oder betrunken.
Dass der Mügelner Bürgermeister seine Relativierungen
ausgerechnet in einem Interview mit der rechtslastigen
Zeitung Junge Freiheit wiederholte, ist ein Beispiel für
den alltäglichen Rassismus in der Mitte der Gesellschaft.
Warum gehört das alles nun zur Debatte über den Fa-
milienhaushalt? Weil es dort die beiden Bundespro-
gramme Vielfalt tut gut und Förderung von Beratungs-
netzwerken – –
– Der ist von der FDP. Ich bin extra nicht darauf einge-
gangen. Also lassen Sie mich bitte fortfahren.
– Ja, jeder weiß es. Aber sind Sie darauf stolz? Ich hoffe,
nicht. Die sächsische FDP hat sich somit nicht mit Ruhm
bekleckert.
– Nein, das habe ich nicht behauptet. Ich bin darauf nicht
eingegangen. Deshalb können Sie sich beruhigen. Sie
haben schon gesprochen. Das ist doch okay.
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Herr Mücke, bitte!
An beiden Programmen gibt es Kritik von uns. Am
eispiel Mügeln lässt sich das gut verdeutlichen. Eta-
lierte Initiativen können sich um längerfristige Förde-
ung nicht selbst bewerben. Nur noch Kommunen und
andkreise dürfen Anträge stellen. Was aber, wie wieder
as Beispiel Mügeln zeigt, wenn die Bürgermeister
elbst Teil des Problems sind? Der Landkreis Torgau-
schatz, in dem Mügeln liegt, beantragte Mittel für ei-
en lokalen Aktionsplan, erhielt sie aber nicht, weil es in
achsen wie in anderen Ländern mehr Anträge gab, als
ewilligt werden konnten.
Nach den blutigen Auseinandersetzungen will Frau
inisterin von der Leyen plötzlich doch noch Förder-
ittel freigeben. Makaber, dass erst Menschen verletzt
erden müssen, damit die Arbeit gegen Rassismus un-
erstützt wird.
ch hoffe, der Landkreis bezieht nun die Initiativen vor
rt mit ein. Einen offiziellen Anspruch darauf haben sie
icht. Das muss sich ändern. Das Programm muss um-
trukturiert werden, damit zivilgesellschaftliche Projekte
ieder selbst Gelder beantragen können.
ch fordere die Große Koalition auf: Blockieren Sie die
emokratischen Projekte vor Ort nicht länger! Ändern
ie jetzt in diesem Haushaltsverfahren die Förderrichtli-
ien. In diesem Jahr gab es genügend negative Beispiele.
In den Tagen nach dem Mügelner Vorfall gab es etli-
he Stimmen, auch vonseiten der SPD, die forderten, die
ittel für die Bundesprogramme zu erhöhen. Denen
chließen wir uns an: Liebe Kolleginnen und Kollegen
on der SPD, hier haben Sie uns auf Ihrer Seite. Lassen
ie uns in den nächsten Wochen gemeinsam darum
ämpfen, dass der Haushaltsansatz erhöht wird, damit
pfer, Aussteiger aus der Naziszene, überforderte Eltern
nd ratlose Lehrer in Ost und West im nächsten Jahr
ehr Beratungsangebote bekommen.
Vielen Dank.
Nächster Redner ist der Kollege Johannes
inghammer, CDU/CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen underren! Wer im Februar dieses Jahres 2007 behauptetätte, dass im September dieses Jahres 4 Milliarden Euro
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Johannes Singhammerin Berlin für den Ausbau der Kinderbetreuung abholbe-reit liegen, der wäre als Märchenerzähler verspottet wor-den. Heute liegt das Geld bereit. Diese Bundesregierung,diese Ministerin, diese Große Koalition, diese Fraktionder CDU/CSU haben es geschafft, was Millionen vonMenschen und insbesondere Eltern sehnsüchtig erwartethaben: ein größeres Angebot an Kinderbetreuung mit ei-ner gesicherten finanziellen Zukunft.
Wir haben die Sorge um die Zukunft der Familienvom Gedöns hin zu einem politischen Spitzenthema be-fördert. Vom ersten Tag in der Großen Koalition an wares unser fester Wille, mit Siebenmeilenstiefeln bessereBedingungen für Familien in Deutschland zu schaffen.
Denn nichts wird die Entwicklung unseres Landes nach-haltiger bestimmen, Frau Kollegin Kressl, als das Wohl-ergehen der Familien.
Deshalb haben wir als Allererstes das Elterngelddurchgesetzt. Im Haushaltsjahr 2008 wird das Elterngelderstmals voll zum Tragen kommen. Mit gut 4 MilliardenEuro jährlich unterstützen wir Eltern im ersten Lebens-jahr ihres Kindes, und zwar alle Eltern, die das wün-schen. Gegen zunächst erhebliche Widerstände habenwir durchgesetzt, dass ein sogenanntes Mindesteltern-geld, ein Sockelelterngeld, von 300 Euro pro Monat ge-zahlt wird. Siehe da, die ersten nachprüfbaren Zahlenzeigen: Das Sockelelterngeld, das Mindestelterngeld, istder Renner des Jahres. 54 Prozent der Mütter und Vätererhalten diese 300 Euro im Monat. Das sind nicht weni-ger als derzeit 108 000 Eltern. Die meisten hätten nacheinem früheren Entwurf keinen einzigen Cent gesehen.Dieses Elterngeld fördert die Vereinbarkeit von Fami-lie und Beruf; das ist unser Ziel. Es unterstützt aber auchdie Alleinverdienerfamilie, junge Studenten
und Erwerbslose, die nach der ursprünglichen Fassungleer ausgegangen wären. Ich sage das deshalb, weil da-mit der rote Faden der Unionspolitik deutlich wird. Wirwollen den Familien keine Vorschriften machen, wie siezu leben haben. Wir wollen alle Familien und damit dieVielfalt der Lebensmodelle unterstützen und ihnen mehrund nicht weniger Wahlfreiheit geben.
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der
Kollegin Lenke?
Sehr gerne.
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Echte Wahlfreiheit bedeutet – jetzt komme ich aufen entscheidenden Punkt zu sprechen –, dass mehr Kin-erbetreuungsplätze vorgehalten werden. Denn wereine Chance hat, eine qualitativ hochwertige Kinderbe-reuung zu finden, kann auch keine Wahl treffen. Des-alb wollen wir, wie versprochen, die Verdreifachunges Angebots an Kleinkinderbetreuung. Daher haben wirine entsprechende Finanzierung auf den Weg gebracht.Wir sagen aber auch, dass parallel dazu ab dem Jahr013 ein Betreuungsgeld eingeführt werden soll.Manchmal wird der Eindruck erweckt, Kinder zuause zu erziehen, sei eine vergleichsweise bequemengelegenheit, die man in der Hängematte erledigenönne. Doch Familienmanagerin oder Familienmanageru sein, hat wenig mit Freizeit und Erholung zu tun, aberiel mit täglichem Stress und täglicher Arbeit. Ichöchte heute hier meinen Respekt, meine Hochachtungnd meine Dankbarkeit gegenüber denjenigen Mütternnd Vätern zum Ausdruck bringen, die diese schwierige,ber sicher auch wunderschöne Arbeit tagtäglich bewäl-igen.
Respekt und Schulterklopfen genügt jedoch für dieeisten dieser Familien nicht; sie brauchen auch Bares,inanzielle Unterstützung. Das Betreuungsgeld hat einiel: den Familien mehr Raum, mehr Entfaltungsmög-ichkeiten und mehr Freiheit zu geben, ihr Familienmo-ell zu leben und zu gestalten.
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Johannes SinghammerIn der Diskussion werden immer wieder Bedenkenvorgebracht, das Betreuungsgeld werde möglicherweisenicht zum Wohl der Kinder eingesetzt. Dazu sage ich: Ja,es stimmt, dass es bei Steuergeldern leider immer wiedervorkommt, dass sie nicht bestimmungsgemäß eingesetztwerden. Es stimmt, dass uns immer wieder Meldungenvon spektakulären Kindesvernachlässigungen oder garKindesmisshandlungen erreichen. Es stimmt, dass esProblemfamilien gibt. Es stimmt auch, dass es Einwan-dererfamilien guttut, wenn ihre Kinder in Kinderbetreu-ungseinrichtungen möglichst rasch Deutsch lernen.Es wäre aber verhängnisvoll, wenn wir den Blick nurauf Problemfamilien, auf Schwierigkeiten richten wür-den und die Millionen von Familien aus dem Blick näh-men, die sich darum bemühen, ihre Kinder sorgfältigund mit Liebe zu erziehen, die oft viel mehr Geld einset-zen, als sie überhaupt aufbringen können, die sich jedenTag krumm machen, damit sie es finanziell einigerma-ßen packen. Für diese Millionen von Familien ist dasBetreuungsgeld eine echte Erleichterung.
Es ist nichts Unrechtes, wenn man Vertrauen in die El-tern setzt; denn sie wissen am besten, was ihre Kinderbrauchen.
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage? Mir
ist nur gerade der Name der Kollegin nicht eingefallen.
Entschuldigung.
Kollegin Gruß. – Bitte sehr.
Schönen Gruß an dieser Stelle. – Sehr geehrter Herr
Kollege Singhammer, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu
nehmen, dass jede Familie aufgrund anderer von der
Großen Koalition beschlossener Reformen bereits seit
einigen Monaten 136 Euro mehr im Monat zu zahlen
hat? Wären Sie also geneigt, darüber nachzudenken, wie
sich Reformen, die Sie in anderen Politikbereichen voll-
ziehen, auf Familien auswirken, bevor Sie ein Betreu-
ungsgeld planen, das letzten Endes wahrscheinlich nicht
bei den Kindern ankommt, obwohl dies wünschenswert
wäre?
Frau Kollegin Gruß, es freut mich, dass Sie die Er-
folge der Bundesregierung loben und zu Recht konstatie-
ren, dass hier vieles getan worden ist. Ich meine, dass
wir diesen Weg fortsetzen müssen.
Sie haben gerade wieder die Bedenken angesprochen,
die Eltern würden gerade das geplante Betreuungsgeld
möglicherweise missbräuchlich einsetzen. Deshalb
möchte ich noch einmal darauf eingehen.
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Gleich! – Wir diskutieren heute in dieser Debatte auch
ber die Frage des Kinderzuschlags in Höhe von
40 Euro. Beim Betreuungsgeld ist ein Betrag von
50 Euro in der Diskussion. Jetzt bitte ich Sie, meinem
edankengang zu folgen: Die Argumentation, beim Kin-
erzuschlag sei das Risiko gering, dass ein Euro miss-
räuchlich – möglicherweise für Alkohol oder Flach-
ildschirme – verwendet und nicht zum Wohl der Kinder
ingesetzt werde, während dieses Risiko beim Betreu-
ngsgeld ungeheuer groß sei, kann man nicht als seriös
etrachten. Das ist eine Unterstellung.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist jeden-
alls richtig, dass wir die Kinderbetreuung in dem vorge-
chriebenen Tempo ausbauen und dass das Betreuungs-
eld zeitgleich mit dem Rechtsanspruch im Jahre 2013
ixiert wird. Darauf wartet auch die Mehrheit der Eltern.
Mit unserer Familienpolitik verfolgen wir zwei Ziele:
ir wollen es den Familien in Deutschland leichter ma-
hen, mit ihren Kindern zu leben und sich für Kinder zu
ntscheiden, und wir wollen in der Politik Rahmenbe-
ingungen dafür schaffen, dass die Vielfalt der Familien
nd der unterschiedlichen Lebensentscheidungen von
amilien nicht eingeengt wird, sondern dass sie neuen
reiraum gewinnen.
Letzte Rednerin in dieser Debatte ist die Kollegin
etra Hinz, SPD-Fraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen undollegen! Vor fast einem Jahr hat die Ministerin, Frauon der Leyen, die erste Lesung des Haushalts damit be-onnen: Geld ist zwar nicht alles, aber im Rahmen deraushaltsberatung redet man auch über Geld. – Genauas werde ich jetzt tun.Viele von Ihnen haben einzelne Positionen im Haus-alt des Familienministeriums aufgeführt. Ich möchteich auf einige wenige beschränken. Wer sich im Wahl-reis umtut – ich gehe davon aus, dass wir alle uns inen sitzungsfreien Wochen im Wahlkreis bewegen –,ird sicherlich oft gefragt: Was habe ich eigentlich vonem, was ihr in den Haushaltsberatungen beschließt? –ch finde es legitim, dass die Menschen, die uns in diesesarlament geschickt haben, uns das fragen.Die Maßnahmen und Projekte, die im Haushalt desamilienministeriums aufgeführt sind, erreichen dieenschen unterschiedlicher Generationen sofort und un-ittelbar, weil die Menschen die Förderung – sei es inezug auf die Kindergartenplätze oder die Mehrgenera-ionenhäuser, um nur zwei Beispiele herauszugreifen –
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Petra Hinz
in ihren Familien unmittelbar erleben. Das Ministeriumist erlebbar, und die Menschen erfahren sofort Unterstüt-zung oder Ablehnung.Wir haben uns in der Großen Koalition als großes ge-sellschaftliches Ziel vorgenommen, mehr für Familien-förderung und Chancengleichheit in Bildung und Ent-wicklung der Kinder, der jungen Erwachsenen, derMänner und Frauen, der Migranten, kurz: der Familien,zu investieren. Dies muss allerdings eine gemeinsameAnstrengung von Bund, Ländern und Kommunen sein.Ich widerspreche meiner Kollegin Nicolette Kressl ei-gentlich sehr ungern.
Ich komme aus Nordrhein-Westfalen und habe bei derjetzigen Landesregierung sehr wohl einen anderen Ein-druck, nämlich dass der Ministerpräsident bei den Gel-dern, die an die Kommunen weitergeleitet werden sol-len, in der Tat sehr klebrige Finger hat. Dort werden seit2005 insbesondere im Bereich der Kinderbetreuung– gerade im Sozialbereich; wir diskutieren jetzt über denBereich Kibiz – Kürzungen vorgenommen. Das meineich mit einer gemeinsamen Anstrengung. Ob Bund,Land oder Kommune: Wir müssen ein Ziel verfolgen,nämlich die Förderung der Familien und der Kinder.
Es ist schon viel darüber gesagt worden, welche An-sätze und Rahmenbedingungen wir in unserem Ministe-rium für den Haushalt 2008 vorfinden. Ich möchte alsHaushälterin auf eines aufmerksam machen – das ist un-sere Aufgabe; so verstehe ich meine Aufgabe als Haus-hälterin –: Das, was die Fachpolitikerinnen und Fachpo-litiker in den Gremien beschlossen und auf den Weggebracht haben, wird von der Regierungsbank insgesamt– auch von unserer Ministerin – umgesetzt.
Ich greife ein Projekt heraus: das Mehrgeneratio-nenhaus. Herr Schröder, Sie haben zu Recht darauf auf-merksam gemacht – deswegen will ich hier gar nicht insDetail gehen –, wie wichtig gerade dieses Projekt ist.Durch Mehrgenerationenhäuser wird eine Verbindung,eine Brücke zwischen Jung und Alt gebaut, zwischenMenschen, die im Arbeitsprozess stehen, und anderen,die diesen hinter sich haben, sich aber noch einbringenkönnen. Dieses Projekt wird in diesem Jahr wie auch imVorjahr, also unverändert, mit 20,5 Millionen Euro ge-fördert. Insgesamt stehen für dieses Projekt 98 Millio-nen Euro zur Verfügung. 200 Anträge liegen zur Bewil-ligung vor. 157 sind bereits bearbeitet worden.Frau Ministerin, ich weiß nicht, ob Sie sich darüberim Klaren sind, dass von den 98 Millionen Euro10 Millionen Euro an externe Unternehmen gehen. Rund10 Prozent des operativen Etats werden also von IhremHaus für PR, Imagekampagnen und Öffentlichkeitsarbeitausgegeben.
ind das vielleicht verdeckte Personalkosten? Wir kön-en uns gerne im Rahmen der Haushaltsberatungen da-it beschäftigen. Mit diesen 10 Millionen Euro könntenir 30 bis 50 weitere Projekte unterstützen.Dieses Vorhaben soll ein Beispiel dafür sein, dassittel, die für sinnvolle Förderprogramme bereitgestellterden, auch zu hundert Prozent sachbezogen ausgege-en werden sollten. Es darf im Rahmen der Haushaltsbe-atung kein Tabu geben. Ich sage es noch einmal: Dierioritäten, die das Parlament setzt und die im Fachaus-chuss beraten werden, müssen von dem Ministeriumeachtet werden.Jung und Alt, Migranten, Frauen und Männer, Senio-innen und Senioren müssen sich insgesamt wiederfin-en. Sie müssen eine Antwort auf die Frage bekommen ich habe sie eingangs erwähnt –, was sie von denaushaltsberatungen haben. Dann werden die Menschenraußen erkennen, was wir im Parlament für sie im Rah-en der Projektförderung auf den Weg bringen.Ich freue mich auf die Haushaltsberatungen und aufie Debatte.Vielen Dank.
Weitere Wortmeldungen zu diesem Einzelplan liegenicht vor.Ich rufe die Tagesordnungspunkte 4 a bis 4 c sowieie Zusatzpunkte 1 a und 1 b auf:4 a) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachtenEntwurfs eines Gesetzes zur Änderung des All-gemeinen Eisenbahngesetzes– Drucksache 16/5725 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
InnenausschussAusschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugendb) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-gebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zurÄnderung des Strahlenschutzvorsorgegesetzes– Drucksache 16/6232 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Innenausschussc) Beratung des Antrags der Abgeordneten Hans-Joachim Otto , Christoph Waitz,Dr. Karl Addicks, weiterer Abgeordneter und derFraktion der FDPKlare Rahmenbedingungen für den dualenRundfunk im multimedialen Zeitalter– Drucksache 16/5959 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Kultur und Medien
Haushaltsausschuss
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Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne KastnerZP 1 a)Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhe-bung der Heimkehrerstiftung und zur Finan-zierung der Stiftung für ehemalige politische
– Drucksache 16/5845 –Überweisungsvorschlag:Innenausschuss
Haushaltsausschuss gemäß § 96 GOb) Beratung des Antrags der Abgeordneten Hans-Joachim Otto , Christoph Waitz,Dr. Karl Addicks, weiterer Abgeordneter und derFraktion der FDPKlare Konzepte für den Bau des BerlinerSchlosses– Drucksache 16/5961 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Kultur und Medien
Ausschuss für Verkehr, Bau und StadtentwicklungHaushaltsausschussEs handelt sich um Überweisungen im vereinfachtenVerfahren ohne Debatte.Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlagen andie in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zuüberweisen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist derFall. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.Ich rufe den Tagesordnungspunkt 5 auf:Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
Dr. Werner Hoyer, Jürgen Koppelin, Dr. KarlAddicks, weiterer Abgeordneter und der Fraktionder FDPDen Auswärtigen Dienst für die Aufgaben derDiplomatie des 21. Jahrhunderts stärken– Drucksachen 16/3018, 16/5543 –Berichterstattung:Abgeordnete Dr. Karl-Theodor Freiherr zuGuttenbergDr. Rolf MützenichDr. Werner HoyerDr. Norman PaechKerstin Müller
Es handelt sich um eine Beschlussfassung zu einerVorlage, zu der keine Aussprache vorgesehen ist.Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusseszu dem Antrag der Fraktion der FDP mit dem Titel DenAuswärtigen Dienst für die Aufgaben der Diplomatie des21. Jahrhundert stärken.Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh-lung auf Drucksache 16/5543, den Antrag der Fraktionder FDP auf Drucksache 16/3018 abzulehnen. Werstimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmtdagegen? – Enthaltungen? – Die BeschlussempfehlungimdSLislsggedgsGkSiwsshnfutdawddsgsäkdKhbmV
Vor allen Dingen lieb, hoffe ich. – Frau Präsidentin!iebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn Sie heute einenm Ausland tätigen Arzt fragen, wo er im Falle einerchweren Erkrankung behandelt werden möchte, dannautet die Antwort unisono: in Deutschland selbstver-tändlich. Das ist kein Zufall, sondern dafür gibt es einenuten Grund.Bei allen Problemen, die es sicherlich im Einzelfalleben kann, können wir sagen, dass wir in Deutschlandin gutes Gesundheitswesen haben, das einen umfassen-en Gesundheitsschutz für seine Bürgerinnen und Bür-er bereithält. Wir sorgen dafür, dass in Zukunft in die-em Land niemand ohne Versicherungsschutz ist. Unsereesundheitsreform enthält für alle die Pflicht, sich kran-enzuversichern. Ich glaube, dass dies ein wichtigerchritt im Rahmen der Reformpolitik der letzten Jahrest.Eines ist klar: Wer unser Gesundheitswesen erhaltenill, der muss Reformen auf den Weg bringen. Ziel un-erer Reformpolitik ist die Teilhabe aller am medizini-chen Fortschritt. Dazu gehören auch der Bereich derumanen Pflege und die Unterstützung für die betroffe-en Familien. Dazu bedarf es aber einer Politik, die da-ür sorgt, dass das alles bezahlbar bleibt. Es handelt sichm zwei Seiten einer Medaille.
Unser Gesundheitswesen basiert auf dem Solidari-ätsprinzip, auf der Solidarität des Einzelnen, der füriejenigen zahlt, die Hilfe brauchen, wohl wissend, dassuch er eines Tages auf die Solidarität der anderen ange-iesen sein kann. Solidarität setzt aber voraus, dass je-er das Gefühl haben muss, dass jeder Euro zielgenauort eingesetzt wird, wo er gebraucht wird. Das ent-pricht unserer Reformpolitik. Diesen Weg müssen wirehen. Wir müssen immer wieder neu bestimmen, wasich hinsichtlich Organisation und Zusammenarbeit ver-ndern muss, damit diese Zielgenauigkeit erreicht wird.Darum haben wir im Rahmen der Gesundheitsreformonsequent mehr in den Bereich Prävention investiert,as heißt, in Maßnahmen, die der Vermeidung vonrankheiten dienen. Darum haben wir das Prinzip „Re-abilitation vor Pflege“ konsequent verfolgt. Darum ha-en wir den Akteuren im Gesundheitswesen die Instru-ente an die Hand gegeben, die es ihnen ermöglichen,erträge zu schließen, die eine gute medizinische Ver-
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Bundesministerin Ulla Schmidtsorgung der kranken Menschen gewährleisten. DieseVersorgung soll möglichst optimal, aber auch bezahlbarsein.In diesem Jahr werden die gesetzlichen Krankenkas-sen ihren Haushalt voraussichtlich zum vierten Mal mitÜberschuss abschließen. Spätestens im nächsten Jahrkann die notwendige Entschuldung der Kassen erfolg-reich abgeschlossen werden.
Ich würde das nicht unterschätzen. In den letzten Jahrensind 8,3 Milliarden Euro Schulden abgetragen worden.Wenn die Kassen mit einem ausgeglichenen Haushaltohne Zinslasten starten können, bedeutet das, dass dieBeiträge komplett für die Versorgung eingesetzt werdenkönnen. Damit haben alle gesetzlichen Krankenkasseneine gute Möglichkeit, ihre Aufgabe wahrnehmen zukönnen.Mit dem Start des Gesundheitsfonds im Jahr 2009wird sichergestellt, dass alle Kassen zu gleichen und fai-ren Bedingungen Geld für die Versorgung der Versicher-ten erhalten. Auf dieser Grundlage wird sich ein fairerWettbewerb um die beste Qualität entwickeln können.Die Kassen können all ihre Instrumente einsetzen, damitjeder Euro da hingelenkt wird, wo er am nötigsten ge-braucht wird.Aus dem Bundeshaushalt erhalten die Kassen imnächsten Jahr insgesamt 2,5 Milliarden Euro für die Ab-geltung gesamtgesellschaftlicher Aufgaben.
Dieser Zuschuss wird in den Folgejahren um jeweils1,5 Milliarden Euro bis zu einer Gesamthöhe von14 Milliarden Euro steigen.
Das hat einen Grund: Die gesetzliche Krankenversiche-rung übernimmt, anders als alle anderen Systeme, eineRiesenaufgabe im Bereich familienpolitischer Leistun-gen. Ich nenne hier nur die beitragsfreie Mitversicherungvon Familienmitgliedern, Leistungen im Bereich derSchwangerenfürsorge oder des Mutterschutzes. Es gibtnoch vieles andere mehr. Das sind aber keine Aufgabender gesetzlich Versicherten allein; das sind vielmehr ge-samtgesellschaftliche Aufgaben. Deshalb ist es richtig,diese über Steuern zu finanzieren.
Selbstverständlich muss ein entsprechendes Steuerauf-kommen vorhanden sein, damit das umgesetzt werdenkann.Das ist eine Entlastung des Faktors Arbeit. Ökono-misch macht es Sinn, die Lohnnebenkosten nicht weiterzu erhöhen, sondern einen Teil der Kosten über Steuernzu finanzieren. In Zukunft werden immerhin rund1KtHswgpndskzrgwgepeAKldDdDSWak
Das Entscheidende ist, dass diese gesamtgesellschaft-iche Aufgabe heute nur diejenigen wahrnehmen, die iner gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind.
enn dort zahlen diejenigen, die keine Kinder haben, füriejenigen mit, die Kinder haben.
eshalb haben wir gesagt: Diese Aufgaben sollen überteuern finanziert werden.
enn wir eines Tages so weit wären – so weit sind wirber noch nicht; der Bereich umfasst bei den Kranken-assen 25 Milliarden Euro –,
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Bundesministerin Ulla Schmidtdass man Beiträge für Kinder über Steuern in die gesetz-liche Krankenversicherung zahlt, dann müsste man – dahaben Sie recht –
auch die Beiträge für die Kinder zahlen, die in der priva-ten Krankenversicherung sind. Aber das machen wir hiernicht. Das ist eine pauschale Abgeltung für gesamtge-sellschaftliche Aufgaben. Dazu gehört unter anderem diebeitragsfreie Mitversicherung. Darum geht es erst ein-mal. Die Menschen in der privaten Krankenversiche-rung, die keine Kinder haben, zahlen dafür keinen Cent;die anderen, die Kinder haben, müssen ihre Beiträgezahlen. Das ist der Unterschied.
Frau Ministerin, der Herr Kollege Schily würde gerne
noch eine Zwischenfrage stellen.
Ja, bitte.
Frau Ministerin, habe ich richtig verstanden, dass Sie
gesagt haben, dass Privatversicherte in der Regel keine
Kinder haben?
Das habe ich nicht gesagt. Da haben Sie mich völligfalsch verstanden. Ich habe gesagt: Nur in der gesetzli-chen Krankenversicherung zahlen die Kinderlosen dieLeistungen für diejenigen, die Kinder haben, mit.
In der privaten Krankenversicherung zahlt jeder für sichund damit die Eltern für ihre eigenen Kinder. Das ist einganz anderes System.
– So ist es. Für Kinder muss man einen Beitrag zahlen;wenn man keine Kinder hat, muss man nicht zahlen. Dasist der Unterschied.
Ich bin sehr froh, dass wir im kommenden Jahr für dieBekämpfung von Aids erneut mehr Geld zur Verfügunghaben, insgesamt 15,8 Millionen Euro. Darin werden1,5 Millionen Euro enthalten sein, die für die Zusam-menarbeit mit Osteuropa eingesetzt werden. Das ist einganz wichtiger Bereich. Das hat auch die HIV/Aids-Konferenz in Bremen gezeigt, die neue Impulse gesetzthat.Wir führen derzeit gute Gespräche, um die Vereinba-rung mit der pharmazeutischen Industrie umzusetzen,dass auch die Menschen in ärmeren Ländern, in ärmerenMnhtdszÜTIgKshs4bbHdEdjzadsgsdmtlMdrDsKbIHddüVdHwnz
Mit der vorgesehenen Stärkung des Robert-Koch-nstituts schaffen wir die heute notwendigen Bedingun-en, um auf das mögliche Auftreten alter und neuerrankheiten und auf neue gesundheitliche Bedrohungenchnell und kompetent reagieren zu können. Deshalb er-ält das Robert-Koch-Institut im Rahmen eines umfas-enden Gesamtkonzeptes bereits im ersten Schritt9 neue Stellen und die entsprechenden Sachmittel. Ichedanke mich ganz herzlich bei all denjenigen, die dazueigetragen haben, dass wir diese neuen Aufgaben imaushalt berücksichtigen werden.Mein Ministerium wird bis zum Jahresende, wie iner Kabinettsklausur von Meseberg beschlossen, denntwurf eines Präventionsgesetzes vorlegen. Ziel ist,en Flickenteppich, der heute aus vielen unzähligen Pro-ekten besteht, zusammenzufassen und uns in die Lageu versetzen, eine solide, breite Struktur in Deutschlandufzubauen, damit Prävention, Gesundheitsvorsorge undie Übernahme von Verantwortung für die eigene Ge-undheit wirklich eine nationale Aufgabe werden.Dabei werden wir dorthin gehen müssen, wo diejeni-en leben, die wir heute nicht erreichen. Denn die Men-chen, die an individuellen Maßnahmen, auch an denen,ie von den Krankenkassen angeboten werden, teilneh-en, sind meist diejenigen, die ohnehin etwas für sichun, gesund leben und Verantwortung übernehmen wol-en.Wir brauchen Instrumente, die geeignet sind, um dieenschen in ihren Lebenswelten zu erreichen: in Kin-ergärten, Schulen, Stadtteilen, Betrieben, Seniorenein-ichtungen usw. Das wollen wir auf den Weg bringen.enn eines wissen wir schon heute: Diejenigen, die ausozial schwächeren Familien kommen – das gilt auch fürinder –, und Menschen mit Migrationshintergrund ha-en häufig schlechtere gesundheitliche Voraussetzungen.ch hoffe auf die Unterstützung des gesamten Hohenauses, wenn wir diesen Weg gehen und dafür sorgen,ass das Geld dort ankommt, wo es gebraucht wird.Ein wichtiger Aspekt in diesem Zusammenhang ister Aktionsplan „Gesunde Ernährung und Bewegung“,ber den mein Ministerium derzeit gemeinsam mit demerbraucherschutzministerium mit allen Ebenen – voner Kommune bis zum Bund – diskutiert und für den imaushalt 5 Millionen Euro veranschlagt sind. Ich glaube,enn wir auf Bewegung, gesunde Ernährung und denun mehr und mehr verbesserten Nichtraucherschutz set-en, dann haben wir uns drei wichtiger Themen ange-
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Bundesministerin Ulla Schmidtnommen, die unter dem Gesichtspunkt der Präventionvon entscheidender Bedeutung sind.
Ein weiterer Schwerpunkt, den die Bundesregierungund die Koalitionsfraktionen setzen, ist die Pflegere-form. Uns kommt es darauf an, eine Reform auf denWeg zu bringen, durch die die Menschenwürde der älte-ren Generation, der Pflegebedürftigen in die Mitte derGesellschaft getragen wird. Dabei geht es zunächst da-rum, den Angehörigen altersverwirrter und pflegebe-dürftiger Menschen, die bei der Pflege Unendliches leis-ten, mehr Hilfen anzubieten. Deshalb besteht unserHauptziel darin, den Grundsatz „ambulant vor stationär“zu stärken
und dafür zu sorgen, dass diejenigen, die diese Arbeittäglich leisten, wirklich die Unterstützung erhalten, dieihnen der Staat im Rahmen der Pflegeversicherung ge-ben kann.
Deswegen haben wir vor, die Leistungen im Bereichder häuslichen Pflege zu verbessern. Dabei geht es zumBeispiel um die Höhe des Pflegegeldes, aber auch umden Umfang von Sachleistungen. Diese Leistungen wer-den erhöht und dynamisiert, mit dem Ziel, dass diejeni-gen, die professionell pflegen, besser entlohnt werdenkönnen. Denn zu der Debatte über die Qualität gehörtauch die Frage, unter welchen Arbeitsbedingungen diePflege stattfinden muss. Wir hoffen, dass die Erhöhungdes Umfangs der Leistungen von den professionellenEinrichtungen weitergegeben wird. Wir werden entbüro-kratisieren und neue Anreize für eine bessere Organisa-tion der Pflege schaffen.Ob in der Stadt oder auf dem Land: Alles soll untereinem Dach stattfinden. Die Pflegestützpunkte sindneue Anlaufstellen. Sie haben keine neue Bürokratie zurFolge. Vielmehr werden in den Pflegestützpunkten Leis-tungen und Informationen angeboten, die sich die Men-schen sonst, wenn ein Pflegefall eintritt, erst mühsam zu-sammensuchen müssen, was viel Zeit kostet.Zu diesen Leistungen gehört unter anderem dieBetreuung von Menschen mit eingeschränkter Alltags-kompetenz. Es werden zusätzliche Möglichkeiten ge-schaffen, neue Wohnformen zu fördern. Die Pflegebe-dürftigen können die Leistungen auch „poolen“
und zum Beispiel den Einsatz einer Pflegekraft gemein-sam organisieren. Dadurch kann dem Einzelnen mehrZeit und mehr Zuwendung gewidmet werden. Zu denneuen Angeboten gehören viele weitere Punkte, zumBeispiel auch die professionelle Pflegebegleitung.Ich glaube, diese Angebote werden dazu beitragen,dass wir eine gute Pflege gewährleisten können, einePflege, in deren Rahmen man auf die Menschen zugehtund mit deren Angeboten die Betroffenen, die in dieserSdZsaztnW8mstkd2sbPgzhlLbusmdtbnJsDRghDnbb
Frau Ministerin, der Kollege Seifert würde gerne eine
wischenfrage stellen.
Ja.
Frau Ministerin, niemand wird bestreiten, dass es
innvoll und notwendig ist, denjenigen, die auf Pflege
ngewiesen sind, und ihren Angehörigen mehr Beratung
ukommen zu lassen.
Ihre hochgelobten Pflegestützpunkte, die Sie einrich-
en wollen, erinnern mich in fataler Weise an die soge-
annten gemeinsamen Servicestellen nach dem SGB IX.
enn man diese schließen würde, würde das in
0 Prozent der Fälle überhaupt keiner merken, nicht ein-
al diejenigen, die dort arbeiten. Wie wollen Sie dafür
orgen, dass dies bei Ihren Pflegestützpunkten nicht ein-
ritt, abgesehen davon, dass die Finanzierung nicht ge-
lärt ist?
Wir wollen das sicherstellen, Herr Kollege Seifert, in-em die Pflegekassen verpflichtet werden, für jeweils0 000 Einwohner und Einwohnerinnen einen Pflege-tützpunkt vor Ort zu organisieren. Man muss dabei aufewährte Strukturen zurückgreifen. Die professionelleflegebegleitung wird in diesen Pflegestützpunkten an-esiedelt sein, und zwar mit dem Ziel, dass das, was Sieu Recht kritisieren, nicht passiert. Altenhilfe, Kranken-ilfe, Pflegehilfe, Behindertenhilfe sowie die Vermitt-ung von Angeboten zur Betreuung oder zu andereneistungen sollen für die Menschen im Stadtteil erreich-ar sein. Die Menschen sollen wissen, wo sie hingehennd Hilfe erhalten können und wo diese Dinge organi-iert werden. Dies ist das Ziel. Ich rate Ihnen, sich ein-al die Einrichtungen in den Niederlanden anzusehen,ie wohnortnah, auf dem Land wie in der Stadt, eine Be-reuung für die Menschen organisieren und nicht schoneim ersten Schritt eine Hürde darstellen.Die Freistellung derjenigen, die pflegen – ich redeicht nur von der Freistellung von bis zu einem halbenahr, sondern auch von kurzfristigen Freistellungen –, istehr wichtig.
enn wenn ein Pflegefall auftritt, hat man dann Zeit, inuhe zu organisieren und anhand der Veröffentlichun-en der Qualitätsberichte zu entscheiden, wo man hinge-en möchte. Diese Zeit ist notwendig, wenn wir aufauer eine gute und qualitativ hochwertige Pflege orga-isieren möchten. Wir müssen den Menschen Zeit ge-en. So, wie die Eltern Zeit für ihre Kinder brauchen,rauchen die Kinder auch Zeit für ihre Eltern, damit sie
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Bundesministerin Ulla Schmidtdas organisieren können, was in der Familie gebrauchtwird.
Wir werden darüber noch lange diskutieren.
Ich bitte Sie diesbezüglich um Ihre Unterstützung.
– Dies ist nicht wie bei der Gesundheitsreform, HerrBahr. Von Ihnen ist ja noch gar kein Vorschlag dazu ge-kommen, wie man die Pflege organisieren könnte.
Sie können sicher sein, dass die Koalition sich von ei-nem Ziel leiten lassen wird: Wir wollen, dass die Men-schen, die pflegebedürftig sind, die Hilfe erhalten, diemöglich ist.
Wir wollen diejenigen, die diese Arbeit verrichten – obin der Familie oder professionell –, unterstützen, soweites uns möglich ist, und damit die Würde älterer und pfle-gebedürftiger Menschen in den Mittelpunkt dieser Ge-sellschaft rücken und sie nicht am Rande stehen lassen.Danke schön.
Ich gebe das Wort der Kollegin Dr. Claudia
Winterstein, FDP-Fraktion.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!Sehr geehrte Frau Ministerin, Sie haben in Ihrer Redeeben wieder einmal bewiesen, dass Sie eine große Meis-terin im Schönreden sind.
Denn zum Beispiel die erste Bilanz der Gesundheitsre-form ist mehr als enttäuschend. Die Beiträge zur Kran-kenversicherung sind mit durchschnittlich 14,8 Prozentauf einem Rekordhoch,
von Wettbewerb zwischen den Kassen findet sich keineSpur, und mit dem Gesundheitsfonds und dem Einheits-verband der Krankenkassen liegt das größte Übel erstnoch vor uns.Das gleiche Spiel erleben wir in diesem Jahr mit derPflegeversicherung. Wir alle wissen, dass wir dringendeine Reform brauchen. Außerdem wollen wir langfristigein menschenwürdiges Altern und ein angemessenes Ni-vJiSPLcGznJwcwgdlbrDUlPdAgRdsdwgvkMtwgpdK
us der Sicht der Haushaltspolitiker sei noch darauf hin-ewiesen: Der Verzicht darauf, in den Sozialsystemenücklagen zu bilden, treibt die verdeckte Staatsverschul-ung weiter nach oben.
Die Regierung wird zum Jahresanfang den Arbeitslo-enversicherungsbeitrag senken – ein richtiger Schritt. Je-och nützt er wenig, wenn an anderer Stelle weiter erhöhtird. Dieser Verschiebebahnhof im Sozialsystem – Pfle-ebeiträge rauf, Arbeitslosenversicherungsbeitrag runter –erdeutlicht auf traurige Weise die Kopf- und Planlosig-eit dieser Regierung.
ehrwertsteuererhöhung, höhere Krankenkassenbei-räge, höhere Pflegeversicherungsbeiträge – der Bürgerird weiter belastet, und es wird ihm Sand in die Augenestreut.
Nach jeder Ihrer sogenannten Reformen ist alles kom-lizierter und undurchsichtiger. Ein Paradebeispiel istas Hickhack um den Steuerzuschuss zur gesetzlichenrankenversicherung, der Jahr für Jahr um 1,5 Mil-
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Dr. Claudia Wintersteinliarden Euro wachsen soll. Bis zum Jahr 2016 wird erauf insgesamt 76,5 Milliarden Euro wachsen. VerratenSie endlich, woher dieses Geld kommen soll! Dazu ha-ben Sie wieder nichts gesagt. Sie schüren weiter die An-sprüche der Bürger an den Sozialstaat, ohne die Leistun-gen, die Sie versprechen, solide zu finanzieren. DerBürger braucht Transparenz. Das Prinzip von Leistungund Gegenleistung muss für jeden Steuer- und Beitrags-zahler wieder klar erkennbar werden.
Sie müssen den Bürgern reinen Wein einschenken. So-ziale Leistungen lassen sich nicht dauerhaft allein mit öf-fentlichen Mitteln finanzieren – die Menschen müssenstärker selbst vorsorgen. Hören Sie also auf, den Bürgerfür dumm zu verkaufen, und trauen Sie den Menschenendlich zu, für ihre Zukunft selbst Verantwortung zuübernehmen!
Dass ihr Vertrauen in die Menschen nicht sonderlichgroß ist, beweist diese Regierung auch mit den unzähli-gen Kampagnen zur Erziehung der Bürger. Mal rauchenwir zu viel, dann essen wir schlecht und sind bewe-gungsfaul, und zu dick sind wir auch.
In der Welt ist das in einem Kommentar zu HerrnSeehofers Regierungserklärung vom 10. Mai zu gesun-der Ernährung und Bewegung auf den Punkt gebrachtworden:Statt uns endlich von einem offenkundig dysfunk-tionalen und kollektivistischen Gesundheitssystemzu befreien, werden wir ständig mit millionenteurenKampagnen ermahnt, diesem nicht zu sehr zur Lastzu fallen.In der Tat, die beiden Oberlehrer Horst Seehofer undUlla Schmidt haben zur gesundheitlichen Präventionden Aktionsplan Gesunde Ernährung und Bewegungausgetüftelt. Hier soll das Geld nach dem Gießkannen-prinzip auf alle möglichen Bereiche verteilt werden.Eine konsequente Präventionsstrategie ist nicht zu erken-nen. Allein im Haushalt des Gesundheitsministeriumswerden 5 Millionen Euro bereitgestellt. Dazu kommt diePräventionskampagne mit 2,5 Millionen Euro, im Übri-gen immer noch ohne Präventionsgesetz. Ferner steigendie Mittel für die Öffentlichkeitsarbeit auf satte 6,3 Mil-lionen Euro. Also viel Geld für Kampagnen, aber wenigEffektivität.
Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
Kollegen Lauterbach?
Nein, ich möchte jetzt zum Schluss kommen.
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Grüß Gott, Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen!iebe Kollegen! Vor einem Jahr haben wir das Gesund-eitsreformgesetz beraten. Ich habe schon damals fest-estellt, dass dieses Gesetz viel besser ist, als von vielenritikern behauptet wurde. Wenn wir heute in Gesprä-hen mit den Beteiligten feststellen, dass sie ihre Chan-en erkennen, die in diesem Gesetz liegen, sind wir froh,ass sich unsere Aussage bewahrheitet.In diesem Zusammenhang sei mir eine Anmerkungrlaubt. Die zum Teil negative Einstellung der Bürger zuer Reform ist vielleicht auch darauf zurückzuführen,ass man den Menschen immer wieder eingeredet hat,pitzenmedizin für alle sei zum Nulltarif zu erhalten.ualität hat aber ihren Preis.
Das Gesetz ist – darauf habe ich damals bereits hinge-iesen – erstens gut für die Patienten. Die neuenflichtleistungen der gesetzlichen Krankenversicherungie die Palliativersorgung, Vater/Mutter-Kind-Kuren,eriatrische Rehabilitation und Impfungen sind bereitsm ersten Halbjahr vermehrt von den Kassen gewährtnd von den Patienten in Anspruch genommen worden.es Weiteren konnte durch die wachsende Zahl zuzah-ungsbefreiter Arzneimittel die Entlastung der Patien-en erreicht werden. Inzwischen gibt es über 12 000 Arz-eimittel ohne jegliche Zuzahlung. Wer hätte das vor ei-em Jahr gedacht? Damals wurden wir in diesem Hausür diese Maßnahme belächelt.Zweitens ist das Gesetz gut für die Versicherten. Alleichtversicherten haben einen Anspruch darauf, wiedern die gesetzliche oder private Krankenversicherung auf-enommen zu werden. Damit muss niemand mehr ohneersicherungsschutz bleiben. Allerdings stimmen dieisher bekannten Zahlen von etwa 43 000 Rückkehrernn die gesetzliche und 3 000 in die private Krankenver-icherung nachdenklich.
enn die von der Bundesregierung genannte Zahl vonis zu 400 000 Nichtversicherten zutrifft, dann bestehtier noch ein erheblicher Nachholbedarf. Ich wünscheir, dass die Krankenkassen und die privaten Kranken-ersicherungen stärker als bisher auf die Möglichkeit deriederaufnahme hinweisen.
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Wolfgang ZöllerDarüber hinaus haben die Versicherten neben diesenRückkehrrechten eine Vielzahl neuer Wahlrechte erhal-ten. Hier beobachten wir noch einen etwas verhaltenenStart. Aber das liegt vielleicht auch daran, dass die Kas-sen erst neue Wahltarife entwickeln und diese den Versi-cherten noch ausreichend bekannt gemacht werden müs-sen. Ich glaube, dass wir in den nächsten Jahren einesehr gute Ausweitung des Angebots erfahren können.Eine kritische Anmerkung von unserer Seite beziehtsich darauf, dass zum Beispiel eine gesetzliche Kranken-kasse einen Wahltarif für stationäre Wahlleistungen an-bietet. Hier stellt sich die Frage, ob die gesetzliche Kran-kenkasse bei Anbietung privater Leistungen ihren Statusals Körperschaft des öffentlichen Rechts verlierenkönnte und damit eine Vielzahl von Privilegien wie dieSteuerfreiheit zur Disposition stünde.
Dies sollten wir im Interesse der Krankenversichertennicht riskieren.
Drittens wird das Gesetz zu mehr Wettbewerb füh-ren. Die Krankenkassen haben durch das Gesetz neueMöglichkeiten erhalten, mit Arzneimittelherstellern zumBeispiel Rabattverträge abzuschließen. Dieses Instru-ment ist erstaunlich schnell, vielleicht zum Teil auchüberstürzt umgesetzt worden. Etwa ein Viertel des Ge-samtumsatzes der gesetzlichen Krankenversicherung fürArzneimittel ist durch Rabattverträge abgedeckt.Dies alles hat bereits zu deutlichen Marktverschie-bungen hin zu Herstellern mit rabattierten Arzneimittelngeführt. Hierin liegt ein Problem, das, wie ich meine,von einigen Krankenkassen noch nicht zufriedenstellendgelöst wurde. Denn einige der vertraglich gebundenenHersteller sind nicht in der Lage, die Arzneimittel in aus-reichender Menge und angemessener Zeit zu liefern.Diese Entwicklung sehe ich mit Sorge. Wenn es zu Lie-ferengpässen bei Arzneimitteln kommt, kann es nichtsein, dass das Problem auf die Apotheker und Patientenabgewälzt wird. Die Krankenkassen müssen dieses Pro-blem schnellstmöglich lösen oder zumindest dafür sor-gen, dass die Apotheken bei Lieferengpässen auch inden nächsten Monaten noch nicht rabattierte Arzneimit-tel an die Patienten abgeben können.
Lassen Sie mich auf einen weiteren Punkt zu spre-chen kommen, für den ich persönlich vom Hausärztever-band in meiner bayerischen Heimat heftig kritisiertwurde. Wir haben im Gesetz die Möglichkeit verbessert,Verträge zur hausarztzentrierten Versorgung zu ge-stalten.
Daneben gibt es die Möglichkeit, diese Verträge im Auf-trag der Hausärzte durch die Kassenärztlichen Vereini-ghoFüAdbgBÄmectfZdDdsitDgPVwssEPklvbssdguWwb
Gerade die Berichte über die Pflegequalität in denetzten Wochen haben gezeigt, dass wir dringend moti-iertes und qualifiziertes Personal für die Pflege vor Ortrauchen.
Diese Menschen, die einen sehr anspruchsvollen undchwierigen Dienst an den Pflegebedürftigen leisten,ollen wissen, dass wir ihre Arbeit schätzen.Pflegeheime, die qualitativ gute Arbeit leisten, wer-en sich nicht vor Prüfungen fürchten müssen. Prüfun-en sind notwendig, um schlechte Pflege festzustellennd Defizite zu beseitigen.
ir dürfen aber die Pflegenden nicht alle in einen Topferfen und nicht mit überzogenen Prüfvorschriften undürokratischen Auflagen gängeln. Hier müssen wir den
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Wolfgang Zöllerrichtigen Weg zu einer effizienten und dauerhaft wirksa-men Qualitätskontrolle finden. Es geht also nicht um einMehr an Vorschriften und Kontrollen, sondern um dierichtige Anwendung.
An dieser Stelle möchte ich im Namen meiner Frak-tion einen ausdrücklichen Dank und Anerkennung denPflegenden, die aufopferungsvolle Arbeit leisten, ob zuHause oder in den Heimen, aussprechen.
Bei der Pflegeversicherung werden wir nicht langedamit warten können, den Umstieg auf eine nachhaltigeund demografiefeste Finanzierung hinzubekommen.Das ist bedauerlicherweise bei den Verhandlungen überdie Eckpunkte noch nicht gelungen. Gerade in der Pfle-geversicherung wäre aber die möglichst rasche Einfüh-rung kapitalgedeckter Elemente sinnvoll und notwendig.
Eines der anstehenden Projekte ist das Präventionsge-setz.
Unser Gesundheitssystem ist in vielen Bereichen außer-ordentlich erfolgreich. Die Lebenserwartung von Män-nern und Frauen ist kontinuierlich gestiegen und wirdweiter steigen. Jedoch leidet ein zunehmend großerAnteil der Bevölkerung an den sogenannten Volkskrank-heiten: Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs, Diabetesmellitus, Allergien, Erkrankungen des Stütz- und Bewe-gungsapparats und Übergewicht. Im letzten Jahr habeich noch gesagt, Sie brauchten sich an mir kein Beispielzu nehmen. Jetzt habe ich 15 Kilogramm weniger. Jetztkönnen Sie sich ein Beispiel an mir nehmen.
Ein erheblicher Teil dieser Erkrankungen wäre ver-meidbar. Wir kennen die Risikofaktoren, die für Entste-hung und Verlauf dieser Krankheiten verantwortlichsind. Sie beruhen zum Teil auf externen Einflüssen undzum Teil auf individuellem Fehlverhalten. Damit sindStaat und Gesellschaft, aber vor allem jeder Einzelne ge-fordert. Staatliches und gesellschaftliches Handeln kanndabei aber nur unterstützend mitwirken, Präventions-maßnahmen zu initiieren und im Bewusstsein der Men-schen zu verankern. Wir müssen Wege aufzeigen, wiePrävention im Denken und Handeln der Menschen ver-ankert und gefördert werden kann. Prävention und Ge-sundheitsförderung sind zur Vermeidung von Krankhei-ten und zur Erhaltung der Gesundheit eine lohnendeInvestition in die Zukunft unseres Gesundheitswesensund deshalb unabdingbar. Dazu brauchen wir keineneuen Institutionen, keine zusätzliche Bürokratie, son-dern effektive Maßnahmen, die bei den Bürgern ankom-men.
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Im Haushalt des Bundesgesundheitsministeriums fin-en sich viele sinnvolle und notwendige Projekte. Dieseeichen von der Aidsaufklärung über Modellprojekteum Drogenausstieg und über das Leuchtturmprojektemenz bis hin zur Ernährungs- und Bewegungspräven-ion. Trotzdem muss ich sagen: Das Ganze sieht ein biss-hen wie schöne, bunt bepflanzte Blumenkästen vor denenstern eines Hauses aus, dem ein solides Fundamentnd tragfähige Wände fehlen. Wo ist das politische undiskalische Fundament einer stringenten Gesundheits-olitik dieser Koalition? Ich kann es nicht erkennen.
Drei Beispiele. Der Zuschuss zur gesetzlichenrankenversicherung – er beträgt in diesem Jahr,5 Milliarden Euro; Sie loben sich selbst dafür; ich willar nicht mehr darauf hinweisen, wie lange das um-ämpft war – soll, so lautet Ihr Versprechen, einen Auf-uchs auf 14 Milliarden Euro erfahren. Was ist das,enn nicht eine Luftbuchung? Es findet sich nirgendsine Gegenfinanzierung.
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Birgitt BenderZur Pflege: Gewiss liegt jetzt ein Referentenentwurfvor. Ich will nicht groß darauf eingehen, dass Sie darübernoch streiten. Was aber eine nachhaltige Finanzierungangeht, schweigen Sie alle beide, und das besondersnachhaltig.Ein Präventionsgesetz existiert – das haben wir ebenwieder gehört – in Ankündigungen. Wie schön! Aber woist denn in diesem Fall der Referentenentwurf, auf denSie sich verständigt haben?Im Gesundheitsministerium gibt es einen großen undsteigenden Etat für die Öffentlichkeitsarbeit. Das istnicht per se etwas Obszönes. Ich sehe aber, dass dasGeld vor allem in die Finanzierung der Gesunden Zei-tung geht, in der laut Spiegel nur Gutes über die Ministe-rin geschrieben wird.
Deshalb mache ich einen Vorschlag: Geben Sie docheinmal Geld aus, damit die Leute verstehen, welche Ver-besserung im Gesundheitswesen etwa die elektronischeGesundheitskarte bewirken kann! Es gibt jede MengeResolutionen und Boykottaufrufe gegen die elektroni-sche Gesundheitskarte. Vielleicht hat das auch etwas da-mit zu tun, dass eine Aufklärungs- und Öffentlichkeits-arbeit vonseiten des Ministeriums dazu nicht existiert.
Wer tatsächlich will, dass Transparenz und Vernet-zung zu einem besseren Gesundheitswesen beitragenund wer dazu die elektronische Gesundheitskarte einset-zen will, muss als Ministerin auch etwas dafür tun, dassdie Patientinnen und Patienten, deren Zustimmung Vo-raussetzung für die Speicherung von Informationen ist,nicht durch falsche Behauptungen verunsichert werden.Da wäre Geld für die Öffentlichkeitsarbeit wahrlich guteingesetzt.
Ich komme zur Prävention; das Stichwort ist schongefallen. Ich sehe kein Gesetz; ich sehe einen Aktionsplanzum Thema „Ernährung und Bewegung“. Das ist durch-aus wichtig. Ich hoffe, dass es hierbei nicht nur um PRgeht. Deswegen sollten Sie beherzigen, Frau Ministerin,was Ihnen der Sachverständigenrat im Gesundheitswesenneulich zum Thema Sinnhaftigkeit von Kampagnen insStammbuch geschrieben hat. Eine PR-Kampagne wie diezu den 3 000 Schritten macht keinen Sinn. Sinn machteine Kampagne dann, wenn sie gezielt und abgestimmtist, das heißt wenn sie die Betroffenen erreicht und diesedort abgeholt werden, wo sie sind; in dem Fall könnteman auch sagen: wo sie sitzen. Eine solche Kampagnekann es geben, soll es geben. Sie muss auf die vielen gu-ten Projekte Bezug nehmen, die es schon gibt, und zu ih-rer Vernetzung beitragen. Wenn sie das tut, dann ist sierichtig.Trotzdem: Wir brauchen ein Präventionsgesetz alsgroßen Rahmen. Es ist eine verbindliche Zusammen-arbeit von Bund und Ländern, von Kassen und Kommu-nSfBedGkcwSbKngdgPiIFudlslüpVsguEVisFpaRsh
eim Thema Gesundheit ist sie es jedenfalls nicht. Ist sies bei der Prävention, oder werden beide Parteien wiederarauf verweisen, dass es am Ende der Amtszeit derroßen Koalition zu einer politischen Morgenröteommt und dann alle Reformen mit dem Originalabzei-hen der eigenen Partei gemacht werden? Das werdenir Ihnen nicht durchgehen lassen.Wir brauchen einen klaren Rahmen und verbindlichetrukturen für die Prävention. Wenn wir diese nicht ha-en, nur über Verbesserungen in der Versorgung vonranken reden – das ist auch notwendig –, aber immerur den Reparaturbetrieb befördern, dann rennen wir denesellschaftlichen Problemen im Gesundheitsbereich le-iglich hinterher. Das können wir nicht machen. Deswe-en verspreche ich als Grüne Ihnen: Wir werden beidenarteien der Koalition im Nacken sitzen, damit nicht nurm Aktionsplan Bewegung stattfindet, sondern auch inhrer Politik.Danke schön.
Nächster Redner ist der Kollege Ewald Schurer, SPD-
raktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnennd Kollegen! Jede Haushaltsdebatte ist Anlass, die Be-eutung von Gesundheit für die Menschen ganz persön-ich, aber auch für die Gesellschaft in den Mittelpunkt zutellen. Das hohe Gut Gesundheit ist für die Lebensqua-ität von uns allen unerlässlich. Das ist eine Erkenntnis,ber die Konsens bestehen müsste und der auch die Op-osition nur schwer widersprechen kann.Herr Spieth, was Sie an Ergebnissen zum Stichwortertrauen vorgetragen haben, widerspricht meinenämtlichen Erkenntnissen aus der Sozialforschung. Esibt in Deutschland gegenüber den wichtigen Instanzennd Akteuren des Gesundheitswesens trotz kritischerinlassungen nach wie vor insgesamt ein sehr hohesertrauen. Das ist etwas, was auch die Sozialforschungmmer wieder ausweist. Die Frau Ministerin hat darge-tellt, dass das selbst bei dem Berufsstand der Ärzte derall ist. Das gilt für Krankenhäuser und Kliniken, Arzt-raxen, Apotheken, Kassen und Pflegeeinrichtungen,ber auch für Einrichtungen der Prävention und dereha. Das sollte eigentlich auch – darüber sind wir unsicherlich einig – für die politischen Prozesse Gültigkeitaben.
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Ewald SchurerWir wissen, dass die gesellschaftlichen Veränderun-gen hinsichtlich ihrer Wirkung auf die Dynamik im Ge-sundheitswesen von großer Bedeutung sind. Ich nennehier die Veränderungen in der Arbeitswelt – wie Men-schen leben und arbeiten, hat eine enorm hohe Auswir-kung auf deren gesundheitliche Konstitution –, dieveränderten Lebensgewohnheiten der Menschen – Er-nährung ist schon genannt worden –, das Mobilitätsver-halten der Menschen, das in einer arbeitsteiligen Gesell-schaft immer mehr gestiegen ist, aber auch dieGrundeinstellungen, Werte und Bewusstseinsstrukturender Menschen, wie sie mit sich selbst, soweit sie darüberverfügen können, umgehen. Das sind wichtige Kompo-nenten. Man darf auch nicht vergessen, dass sich unseregesundheitliche Versorgungslandschaft in den letzten 10,20 Jahren so stark verändert hat, dass heute im techni-schen, diagnostischen und therapeutischen Bereich An-gebote vorgehalten werden, die noch vor 10, 15 Jahrennur erahnt werden konnten.Das bringt mich zum nächsten Punkt, zur Gesund-heitsökonomie: Die letzte Gesundheitsreform und auchdie vorherigen haben gezeigt, dass es eine gewaltige He-rausforderung ist, mit diesen Anforderungen gesund-heitsökonomisch wie medizinisch Schritt zu halten undsie zu bewältigen, wenn wir solche Veränderungen in derGesellschaft, im Leistungsspektrum erleben.Wiewohl wir in der internationalen Beurteilung unse-res Gesundheitssystems – das war die Eingangsbemer-kung der Frau Ministerin – gute Noten bekommen – dasdarf man nicht negieren, Herr Spieth –, wiewohl auchdie Forschung sagt, dass die sogenannte Volksgesund-heit bei uns im europäischen und internationalen Ver-gleich relativ gut und auch die Altersentwicklung als sol-che eine positive Errungenschaft der Gesellschaft ist– das muss man einmal wertfrei betrachten –, haben wir– das darf man nicht leugnen – teilweise dramatischeEntwicklungstendenzen in dieser Gesellschaft, mit dersich der Haushalt in seinen Titeln und Kapiteln ausei-nanderzusetzen hat, da er Entsprechungen für solcheEntwicklungen vorhalten und darauf entsprechend rea-gieren muss.Es ist Fakt, dass mittlerweile 6 Millionen Menschenin Deutschland an Diabetes leiden; die Tendenz steigt.Schätzungen zufolge leiden bereits fast 1 Million Men-schen an Alzheimer oder Demenz; die Tendenz iststeigend. Über die Jahre hat der Bedarf an Pflegeleis-tungen zugenommen, deutlich über 2 Millionen Men-schen nehmen diese in Anspruch. Die Kollegin FrauDr. Winterstein hat darauf verwiesen, dass sich das ent-sprechend entwickeln wird.Ich darf die Notwendigkeit für den Ausbau vonPrävention betonen. Die Rehaleistungen wurden bei derjüngsten Reform in den GKV-Reformkatalog als Pflicht-leistung der Kassen aufgenommen – eine wahrlich wich-tige Komponente. Man darf auch nicht vergessen, dassdie Zahl der seelischen und psychischen Erkrankungenin dieser Gesellschaft leider sehr stark zunimmt. Dasdarf man nicht tabuisieren, sondern muss es aktiv imKontext der Gesundheitspolitik aufgreifen.mssDrrhANwwhtMBgmmüdgsG2thMnPwmElFzIssDwssw
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Das Wort hat der Kollege Heinz Lanfermann, FDP-
Fraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen undHerren! Ich möchte zunächst einmal dem Versuch derGeschichtsklitterung entgegentreten, den die Gesund-heitsministerin unternommen hat, als sie sagte, von derFDP sei zur Pflege in den letzten Jahren nichts gekom-men.
Wir werden Ihnen also alle unsere Anträge noch einmalzusenden. Wir werden Sie auch insbesondere an unserenAntrag zur Entbürokratisierung erinnern. Darin findenSie eine Menge Handlungsanweisungen, um die Sie sichübrigens vor drei Jahren, als der damalige Prüfberichtnoch schlimmere Mängel als der jetzige aufwies, auchschon hätten kümmern können. Wo waren Sie denn da-mals? Was haben Sie eigentlich damals gemacht?
Sie sind jetzt fünf Jahre im Amt. Auch mit StimmenIhrer Fraktion wurden schon vor Jahren unsere Vor-schläge zur Durchführung unangemeldeter Kontrollenabgelehnt. Jetzt tun Sie so, als hätten Sie das Rad neu er-funden.Erst nach fünf Jahren im Amt ist Ihnen nun endlicheinmal eingefallen, eine Kommission einzusetzen, dieden Begriff der Pflegebedürftigkeit neu definiert. Dasschafft diese Kommission aber natürlich nicht vor No-vember 2008. Das hat zur Folge, dass Sie jetzt im GesetzLeistungsverschiebungen vornehmen, ohne wirklich ei-nen neuen Begriff an der Hand zu haben. Nachdem IhreBstWidHSgWBihDsNvsZwIdvrdnSbfsbn
Die Bundeskanzlerin hat gestern die Gesundheitspoli-ik in ihrer Rede völlig ausgespart. Das war sehr klug.er reitet denn schon gerne freiwillig in den Sumpf? Inhren Aussagen zur Pflege hat sie sich darauf beschränkt,en Pflegekräften zu danken. Das tun wir alle in diesemause, nicht nur für die eigene Fraktion, wie Herr Zöller.ie, Herr Kollege Zöller, wirkten mir übrigens früher ir-endwie authentischer; aber das ist eine andere Frage.
ir alle in diesem Hause danken also den Pflegekräften.Selbstverständlich haben wir auch bemerkt, dass dieundeskanzlerin ein Eigenlob vorgenommen hat, dasch aufgrund des Zusammenhangs mit der Pflegepolitikier zitieren möchte. Es lautete:Der Erfolg dieser Bundesregierung besteht darin,dass wir nichts versprochen haben, was wir nichthalten konnten, und die Dinge so gemacht haben,dass sie am Ende im Zweifel besser waren.a denkt man natürlich an den Koalitionsvertrag, in demteht:Um angesichts der demografischen Entwicklungsicherzustellen, dass die Pflegebedürftigen auch inZukunft die Pflegeleistungen erhalten, die sie füreine ausreichende und angemessene Pflege zu ei-nem bezahlbaren Preis brauchen, ist die Ergänzungdes Umlageverfahrens durch kapitalgedeckte Ele-mente als Demografiereserve notwendig.
ichts davon findet sich in den Eckpunkten, nichts da-on im Referentenentwurf, nichts davon in den Be-chlüssen von Meseberg für die restliche Zeit derwangsehe dieser Großen Koalition. Sie haben schlicht-eg versagt.Wenn Sie wissen wollen, wie es geht, empfehle ichhnen, den Beschluss zu lesen, der vom Bundesparteitager FDP in Stuttgart im Juni dieses Jahres einstimmigerabschiedet worden ist. Da steht sowohl zur Finanzie-ung als auch zu allen anderen Fragen der Pflege dasrin, was Sie umsetzen könnten, damit aus Ihnen dochoch eine erfolgreiche Ministerin wird, liebe Frauchmidt.
An jedem einzelnen Tage, an dem das Umlagesystemeibehalten wird, wird – hieran werden dessen massiveinanziellen Auswirkungen deutlich – eine Zukunfts-chuld von fast 50 Cent pro Betroffenen und Tag aufge-aut; es wird dann alles umso teurer für die jüngeren Ge-erationen.
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Heinz LanfermannWenn Sie das einmal nachrechnen, kommen Sie bei ei-ner mittleren Bevölkerungsentwicklung pro Tag auf ei-nen Betrag von 29 Millionen Euro. Wenn Sie das mit365 multiplizieren – Frau Ferner, Sie hatten es schon dasletzte Mal nicht verstanden –, dann kommen Sie aufmehr als 10 Milliarden Euro im Jahr.
Wenn die Umstellung auf ein kapitalgedecktes und prä-mienfinanziertes System, wie wir es vorschlagen, stattAnfang 2008 frühestens 2011 stattfindet, dann kommtman auf eine Summe von 30 Milliarden Euro. Das sindSchulden. Das ist die wahre Bilanz dieser Koalition undder Gesundheitsministerin. Wenn ich „Schulden“ sage,dann klingt das nicht nur wie Schuld. Die junge Genera-tion wird dies auch so empfinden.
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
Kollegen Lauterbach?
Aber selbstverständlich.
– Natürlich auch dann, wenn er heute keine Fliege trägt.
Herr Lanfermann, glauben Sie, dass sich die wirt-
schaftlichen Probleme des Umlagesystems, die Sie hier
beklagen, leichter lösen lassen, wenn man Ihren Vor-
schlägen folgt, wenn, wie Sie es für richtig halten, keine
Steuermittel in dieses System fließen und sich die Ein-
kommensstärksten an diesem System nicht beteiligen,
oder sind Sie mit mir der Meinung, dass Sie die Pro-
bleme, die Sie hier beklagen, selbst verursachen,
indem Sie sich dagegen sperren, dass Steuermittel in das
System fließen, und indem Sie dafür sorgen, dass sich
die 10 Prozent der Bevölkerung, die die höchsten Ein-
kommen haben und über 30 Prozent des Gesamteinkom-
mens und 50 Prozent des Gesamtvermögens verfügen,
an diesem Solidarsystem nicht beteiligen?
Sie sind es doch, die das Solidarsystem schwächen und
dann dessen Schwäche beklagen. Sie verurteilen die Op-
fer Ihrer eigenen Politik.
Herr Kollege, Sie müssen bitte stehen bleiben.
Lieber Kollege Lauterbach, erstens einmal sind IhreZahlen völlig falsch, weil die Beamten, die überwiegendgcrwzwtzgDhsUwgcwsrDrmlgZksWswgdsgSssnütPdrTLazs
as ist kein wirtschaftliches Problem, wie Sie behauptetaben. Das ist ein demografisches Problem und lässtich leicht ausrechnen.Es geht hier um die grundsätzliche Frage, ob man einmlagesystem will – auch eine Bürgerversicherungäre nur ein Umlagesystem – oder ob man ein kapital-edecktes System einführt, bei dem das Geld mündelsi-her angelegt wird – um auch diese Frage mitzubeant-orten –, damit im Prinzip jeder Mensch auf Dauer füreine eigenen Pflegekosten im Rahmen einer Versiche-ung aufkommen kann.
abei muss natürlich der Beitrag der sozial Schwäche-en finanziert werden.Es stimmt auch nicht, dass wir dagegen seien, Steuer-ittel in das System fließen zu lassen. Bei einer sinnvol-en Umstellung auf ein kapitalgedecktes System, die we-en der Größe des Projekts nur über einen längereneitraum, also innerhalb von 20 bis 30 Jahren, erfolgenann – denn die Generationen müssen hineinwachsen –,ind auch Steuermittel nötig; das wissen wir sehr wohl.elchen Umfang diese haben müssen, wird auch ange-ichts der Frage zu verhandeln sein, welche Beiträgeelchen Jahrgängen unter Beachtung der Rückstellun-en und der Zukunftsvorsorge zuzumuten sind. Das istas Zukunftsweisende an diesem System. – Dankechön.
Im Referentenentwurf ist völlig unklar, wie die Pfle-estützpunkte gestaltet werden sollen. Das ist ein neueschlagwort; es wird verkauft wie das Paradies. Escheint manchmal aber eher wie eine Fata Morgana zuein. Die Finanzierung liegt völlig im Nebel. Wenn Sieicht aufpassen, dann ist das die Keimzelle einer neuenberbordenden Bürokratie: Jeder berät jeden; jeder kon-rolliert jeden. Aber wer kümmert sich am Ende um dieflegebedürftigen?
Ich habe den Verdacht: Das wird eher zum Bermuda-reieck als zum Paradies. Sie haben hier einige Forde-ungen an die Pflegekassen und Krankenkassen, an dieräger von Alten- und Sozialeinrichtungen sowie an dieänder und Kommunen gestellt. Da steht dann, dass siengesprochen werden sollen, sich an der Finanzierungu beteiligen. In diesem Entwurf und in der Begründungtehen völlig naive Sätze, als hätte es die Föderalismus-
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Heinz Lanfermannreform nicht gegeben und als lebten wir im französi-schen Zentralstaat. Sie können doch nicht einfach be-haupten, die Länder und Kommunen würden sich dannmit riesig hohen Millionenbeträgen – am Ende werdenes hunderte Millionen sein – beteiligen.Ein Letztes. Eine Vorratsbeitragserhebung ist nicht imSinne eines Umlagesystems. Anderswo versuchen Sie,die Beiträge zu drücken; hier nehmen Sie 0,25 Prozent-punkte mehr, als Sie brauchen, um in den nächsten zweibis drei Jahren praktisch auf Vorrat Geld anzuhäufen, da-mit die nächste Reform erst 2013 oder 2014 notwendigsein wird; das kann ich mathematisch nachvollziehen. Esist aber nicht redlich und auch nicht im Sinne des Geset-zes. Wenn die Große Koalition damit das Ziel verfolgt,auch durch die übernächste Wahl zu kommen, dannmacht die Aktion natürlich Sinn.Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Nächster Redner ist der Kollege Norbert Barthle,
CDU/CSU-Fraktion.
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnenund Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren!Es wurde schon mehrfach gesagt, aber ich möchte esnoch einmal betonen – Frau Ministerin, Sie haben voll-kommen recht –: In Deutschland organisieren wir einesder besten Gesundheitssysteme der Welt, vielleicht sogardas beste.Ich möchte die Gelegenheit nutzen, an dieser Stelleallen herzlich zu danken, die daran beteiligt sind: denKassen, der Pharmaindustrie und allen Übrigen. Insbe-sondere möchte ich einmal den LeistungserbringernDanke sagen: den viel geschmähten Ärzten, den Kran-kenschwestern, den Apothekern und den Physiothera-peuten. Sie leisten tagtäglich hervorragende Arbeit. Ih-nen geht es nicht immer nur um den eigenen Geldbeutel,sondern es wird mit viel Berufsethos gearbeitet. Dafürherzlichen Dank.
Ich will aber auch erwähnen, dass viele Bürgerinnenund Bürger bereits heute viel für die eigene Gesund-heitsvorsorge tun, indem sie sich für eine gesunde Le-bensweise entscheiden. Dazu gibt es ein wunderschönesZitat des bekannten Gesundheitspfarrers SebastianKneipp, der einmal gesagt hat:Wer nicht jeden Tag etwas Zeit für seine Gesund-heit aufbringt, muss eines Tages sehr viel Zeit fürdie Krankheit opfern.Mir gefällt dieses Zitat so gut, weil es sich wunderbarauf unsere Beratung in dieser Woche in diesem HohenHause übertragen lässt: Wer nicht jedes Jahr ernsthaftum einen soliden Haushalt ringt, der muss eines TagessLzddvEj1tzshcdJtAeAmdwimsdRzle2San2gztrDeiSh
Wir haben vorhin über die Familienförderung disku-iert. Wenn wir in einzelnen Bereichen Ausgaben-uwächse wollen, dann müssen wir in anderen Etatsorgsam bemüht sein, unseren Konsolidierungskurs zualten; dies gilt auch für den Gesundheitsetat.Ich habe bereits vom Zuschuss an die GKV gespro-hen. Dieser Zuschuss in Höhe von 2,5 Milliarden Euro,er in den kommenden Jahren Zug um Zug, Jahr fürahr, bis auf 14 Milliarden Euro anwachsen wird, berei-et uns Haushältern ein lachendes und ein weinendesuge:
in lachendes Auge, weil es durchaus richtig ist, dieusgaben für gesamtgesellschaftliche Aufgaben zuneh-end aus Steuermitteln zu bestreiten – das liegt ganz aufer Linie unserer Fraktion –, ein weinendes Auge, weilir in den kommenden Jahren die Finanzierung diesesmmer größer werdenden Postens im Haushalt leistenüssen.Damit wächst der Anteil der Sozialausgaben an un-erem Gesamthaushalt erheblich. Ich möchte mich anie Linke wenden – ich habe die gestrige unsäglicheede des Herrn Lafontaine noch im Ohr – und kurz auf-eigen, wie sich diese Ausgaben entwickelt haben. 1989ag die Sozialausgabenquote bei 33,7 Prozent; das wartwa ein Drittel des Haushalts. 2007 geben wir von rund70 Milliarden Euro etwa 140 Milliarden Euro allein füroziales aus; das ist mehr als die Hälfte. Es gab also beibnehmender Investitionsquote einen Aufwuchs von ei-em Drittel auf mehr als die Hälfte des Gesamthaushalts.008 wird sich dieser Trend weiter verfestigen. Wer an-esichts dessen von sozialer Kälte, vom Abbau des So-ialstaats spricht, der verkennt die Wirklichkeit, der be-eibt bewusst Desinformation. Das nenne ich schändlich.
Lassen Sie mich zum Einzelplan 15 zurückkommen.er größte Posten in diesem Haushalt ist der Personal-tat mit 119 Millionen Euro. Wir Haushälter schauenmmer sorgsam auf die Personaletats. Ich muss an diesertelle feststellen, dass wir in den vergangenen Jahreninsichtlich der Sparbemühungen auf diesem Feld Gro-
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Norbert Barthleßes geleistet haben, inzwischen aber an die Grenze des-sen gestoßen sind, was noch möglich ist. Wir Haushältertragen deshalb den Regierungskurs mit, dass die pau-schale Kürzung auf 0,75 Prozent zurückgenommen wer-den soll.Frau Ministerin, das Gesundheitsressort ist ein Para-debeispiel dafür, dass man hier nicht nur pauschal vorge-hen darf, sondern dies gezielt und differenziert tun muss;denn gerade im Gesundheitsbereich – im Gesundheits-ministerium und in nachgeordneten Behörden –
sind viele hochspezialisierte Fachleute beschäftigt. Ei-nen Arzt, eine Ärztin, einen Apotheker, einen Chemikeroder eine Labormitarbeiterin kann man nicht einfachdurch einen Juristen oder eine Verwaltungssachbearbei-terin ersetzen. Deshalb sind wir dort an Grenzen ange-langt und tragen auch den beim RKI vorgesehenen Per-sonalaufwuchs mit. Im Koalitionsvertrag steht, dass wirdieses Institut als das zentrale öffentliche Gesundheitsin-stitut stärken wollen, daher müssen wir auch etwas dafürtun und dafür an anderer Stelle Personal einsparen.
Lassen Sie mich noch einen weiteren Bereich anspre-chen, den mein Kollege Ewald Schurer bereits genannthat – wir sind uns hinsichtlich des roten Fadens unsererGesundheitspolitik meistens weitestgehend einig –,nämlich die Überführung des BfArM in die sogenannteDAMA, die Deutsche Arzneimittel- und Medizinpro-dukteagentur. Ich denke, auf dem Weg hin zu dieserAgentur sind noch viele offene Fragen zu klären. DasGesetzesvorhaben muss an bestimmten Stellen noch ab-gestimmt werden.Unsere Fachpolitikerinnen und Fachpolitiker will ichan dieser Stelle nochmals ermuntern, sich von zwei Leit-linien leiten zu lassen: Einerseits muss aus der Umfor-mung mittelfristig ein Gewinn für den Haushalt resultie-ren – es muss also ein Einsparvolumen geben –,
andererseits muss die Leistung besser werden.
Wenn sich hinterher keine besseren Leistungen ergeben,dann braucht man auch nichts umzubauen.Deshalb unterstützen wir die Ministerin darin, dasssie mit diesem Vorhaben versucht, Deutschland wiederdahin zu bringen, wo es einmal war, nämlich sozusagendie Apotheke der Welt zu sein. Das müssen wir wiedererreichen, das müssen wir schaffen; denn das ist ein Be-standteil unseres guten Gesundheitswesens. Deshalb un-terstützen wir sie darin. Ihre Kollegin Annette Schavanmacht mit ihrer Pharma-Forschungsinitiative ebenfallseinen Schritt in die gleiche Richtung. Das passt gut zu-sammen.GITdndssdedgPeEhtbgneele–swncSkduJIDs
enn wir versprechen uns von der elektronischen Ge-undheitskarte enorme Effizienzgewinne. Ich bin zuver-ichtlich, dass sich die Bedenkenträger und Verhinderer,ie in diesem Lande unterwegs sind, dem guten Ganzenines Tages beugen und ihre Widerstände aufgeben.In diesem Sinne herzlichen Dank.
Ich gebe dem Kollege Ilja Seifert, Fraktion Die Linke,
as Wort.
Frau Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-en! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn ich mir dieflegesituation ansehe, dann komme ich mir vor wie ininer schizophrenen Lage.
inerseits ist die Not so groß, dass man sofort radikalelfen muss. Wenn mehr als ein Drittel der pflegebedürf-igen Menschen Hunger und Durst haben muss – amtlichestätigt – und noch mehr an Dekubitus, also an Druck-eschwüren, erkranken, wodurch nicht wenige von ih-en unter großen Schmerzen sterben, dann muss soforttwas getan werden. Andererseits weiß jeder, der sichin bisschen damit befasst, dass eigentlich eine ganzangfristige und vernünftige Konzeption bzw. Strategierforderlich ist.Was tut die Bundesregierung? – Flickschusterei.
Ich würde gerne einmal wissen, wo da eine Strategieein soll. Wenn sie eine Strategie hätte und ich wüsste, inelche Richtung es geht, dann könnte ich mich immeroch darüber beklagen, dass die Schritte in die entspre-hende Richtung zu kurz sind. Aber momentan machenie irgendwelche Schritte in irgendeine Richtung, undeiner weiß, wohin sie führen. Das ist das Problem, vorem wir stehen.Sie sagen, wir machen ein wenig für Demenzkrankend richten Pflegestützpunkte ein. Aber erst nächstesahr wollen Sie sagen, was für Sie Pflege eigentlich ist.ch hätte gerne die Definition von Pflege und nicht dieefinition von Pflegebedürftigkeit. Ich will also nur wis-en, was Sie unter Pflege verstehen.
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Dr. Ilja SeifertIch sage Ihnen: Pflege ist gar nicht so schwer zu defi-nieren. Was wir brauchen, ist die Ermöglichung einerassistierten Teilhabe. Es muss auch dann eine Teilhabemöglich sein, wenn man inkontinent ist oder wenn manständig auf Begleitung und auf Assistenz angewiesen ist.Das muss das Ziel einer vernünftigen Pflegepolitik sein.Deswegen rede ich sehr gerne über Assistenz.Wenn Sie diese Richtung nicht vorgeben, dann kannnatürlich niemand von Ihren Beamtinnen und Beamtenetwas Vernünftiges dazu aufschreiben; denn er bzw. siewissen ja nicht, in welche Richtung es gehen soll. Wirbrauchen deshalb eine vernünftige Konzeption. Ich habeschon die Ermöglichung einer assistierten Teilhabe er-wähnt. Danach müssen wir noch über die notwendigenSchritte reden.Sie haben nun die Pflegestützpunkte sowie die Funk-tion der Pflegebegleiterin und Pflegebegleiter erfunden.Ein Lob möchte ich Ihnen gerne aussprechen: Es istschön, dass Sie wenigstens ein deutsches Wort gefundenhaben. Das ist immer noch besser als Fremdwörter wieCase-Manager. Wenn ich aber höre, was diese alles ma-chen sollen, dann kommen sie mir wie Vormünder vor.Das möchte ich nun ganz und gar nicht. Ich möchte – dasist ganz wichtig – die Ermöglichung einer selbstbe-stimmten assistierten Teilhabe. Das ist etwas anderes.
Lassen Sie uns darüber reden, wie wir die jetzt vor-handenen Strukturen viel besser nutzen können. Wirmüssen die Selbsthilfeorganisationen in die Lage verset-zen, beispielsweise die Menschen beraten zu können,deren Angehörige plötzlich auf Pflege und Assistenz an-gewiesen sind. Es gibt hervorragend arbeitende Selbst-hilfeorganisationen mit viel Erfahrung, die das alles fürquasi nichts am Küchentisch machen. Drücken Sie de-nen ein paar Euro dreißig in die Hand, damit sie ihre Te-lefonkosten bezahlen können und die Möglichkeit ha-ben, jemanden zu Hause aufzusuchen und zu beraten!Unterstützen Sie diese Organisationen auf Dauer und er-finden Sie keine neuen Strukturen, die zwar unheimlichgut klingen, aber nur eine neue Bürokratie werden! Siesind, wie bereits vorhin angedeutet, genauso überflüssigwie die sogenannten gemeinsamen Servicestellen nachSGB IX.Es wird sich erweisen, dass pflegende Assistenz Teil-habe so ermöglicht, wie es der Würdebegriff des Grund-gesetzes gebietet. Lassen Sie uns daran arbeiten! Wenndann eines Tages im Haushalt des Einzelplans, über denwir jetzt reden, etwas zum Stichwort Pflege enthaltensein sollte, dann würde ich das nicht schlecht finden.Vielen Dank.
Nächste Rednerin ist die Kollegin Jella Teuchner,
SPD-Fraktion.
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– Ja. Wir tauschen uns da aus. Auch in anderen Bundes-ländern gibt es schöne Kurbeherbergungsbetriebe. Damitsollten jetzt alle genannt worden sein.
Ich bin sehr dafür, dass wir diesen Bereich ausbauen.Wenn wir den Präventionsbereich nicht ausbauen, stehtzu befürchten, dass die gesundheitlichen, sozialen undvolkswirtschaftlichen Schäden ungleich schwerer wer-den als angenommen. Ich bin fest davon überzeugt, dasswir uns auf einem guten Weg befinden, dass Prävention,Behandlung, Rehabilitation und Pflege künftig gleich-rangig nebeneinander stehen können.Neben der Prävention liegt mir die Aufklärungs-arbeit am Herzen. Wie unverzichtbar diese Arbeit ist,kann man an der Entwicklung von HIV/Aids sehen. Imletzten Jahr sind hierzulande so viele neue Aidsinfektio-nen registriert worden wie noch nie seit 1993. Die Zahlder HIV-Neudiagnosen stieg 2006 um 4 Prozent auf2 611, so neue Zahlen des Robert-Koch-Instituts. Ichmeine, dass Aids für zu viele der nachwachsenden Gene-rationen nur noch eine Krankheit der Dritten Welt ist,weil sie die erfolgreichen Aufklärungskampagnen der90er-Jahre nicht mitbekommen haben. Das macht mirSorgen. Wir müssen daher weiterhin in diesen Bereichinvestieren. Prävention ist das einzige Mittel, das wirk-lich hilft. Bisher gibt es keine Heilung dieser tödlichenKrankheit, sondern nur ein Überleben mit vielen Medi-kamenten. Für den Kampf gegen Aids stehen daher mehrMittel als im Vorjahr zur Verfügung. Dieses Problemwird von uns nach wie vor ernst genommen.
Ähnliches gilt für den Drogen- und Suchtbereich.Hier muss die erfolgreiche Politik fortgesetzt werden.Zur Bekämpfung des Drogen- und Suchtmittelmiss-brauchs werden Mittel auf dem hohen Vorjahresniveauveranschlagt: Für Aufklärungsarbeit stehen 9,2 Millio-nen Euro zur Verfügung, und für Modellmaßnahmen imBereich Drogen- und Suchtmittelmissbrauch stehen3,8 Millionen Euro zur Verfügung. Ein großer Teil da-von entfällt auf die erfolgreichen Aufklärungsmaßnah-men der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung,die sich vor allen Dingen an junge Menschen wenden,um bei ihnen eine Verhaltensänderung zu erreichen.DsdnluudgubssSNlfnsWPOgIPwsdhbMhu
Nächste Rednerin ist die Kollegin Elisabethcharfenberg, Bündnis 90/Grünen.
Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Sehr geehrte Kol-eginnen und Kollegen! Seit ein paar Tagen liegt ein Re-erentenentwurf zur Pflegereform vor. Sie werden esicht glauben, Frau Ministerin, ich finde in Ihrem Ge-etzentwurf einige wirklich gute Ansätze.
ir Grünen haben unsere Vorschläge zur Reform derflegeversicherung schon im September 2006 vorgelegt.ffensichtlich haben Sie unsere grünen Vorschläge sehrut und aufmerksam gelesen. Denn einiges finden wir inhrem Entwurf wieder. Vielen Dank dafür.
Ich erkenne Ihre Bemühungen zur Verbesserung derflegequalität ausdrücklich an. Ich verstehe nur nicht,arum noch in monatelangen Verfahren und Kommis-ionen Standards und Qualitätskriterien entwickelt wer-en müssen. Das kann und muss schneller gehen. Wiraben kein Erkenntnisproblem, Frau Ministerin, wir ha-en ein Umsetzungsproblem.
Lieber Kollege Zylajew und liebe Frau Widmann-auz, ich höre schon Ihre mahnenden Stimmen, dasätte Rot-Grün in den sieben Regierungsjahren dochmsetzen können.
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Elisabeth ScharfenbergEs stimmt – das muss ich hier sagen –: Es gab unter Rot-Grün keine Pflegereform. Trotzdem werden wir uns wei-ter an der Debatte beteiligen. Sie wissen: Es reicht nicht,den Finger nur in rot-grüne Wunden zu legen. Jetzt ha-ben wir die Halbzeit der Großen Koalition, und Sie sinddran, nicht nur zu meckern, sondern zu zeigen, was Siedraufhaben.
Apropos draufhaben, liebe Fachkolleginnen undFachkollegen im Bereich Pflege: Bitte bringen Sie Ihremjungen Gesundheitspolitiker Spahn das kleine Einmal-eins der Pflegepolitik bei!
Dann müssen wir uns zukünftig nicht mehr die schnöse-ligen und unqualifizierten Kommentare von HerrnSpahn
zu Leistungen, Finanzierung und Pflegeurlaub, wie wirsie heute im Tagesspiegel lesen konnten, antun.Frau Ministerin, zurück zu Ihrem Entwurf. Gute Re-formansätze im Sinne der Pflegebedürftigen und ihrerAngehörigen – darum geht es doch eigentlich bei derPflegereform, oder irre ich mich? Das Gemeckere derUnionspolitiker in den letzten Tagen lässt mich aller-dings etwas daran zweifeln. Von der Union höre ich nur:Da ist zu viel Bürokratie, das ist zu teuer, und bloß dieFinger weg von der privaten Pflegeversicherung. Da fra-gen wir Grünen uns, und, ich glaube, auch einige von derSPD hier im Haus sich,
wessen Interessen Sie denn eigentlich vertreten. SchauenSie sich lieber einmal Ihren Gesetzentwurf an und sor-gen Sie dafür, dass einige der durchaus guten Ansätze imSinne der Betroffenen umgesetzt werden – und das bitteschnell.
Ich will Ihnen am Beispiel der Pflegezeit deutlichmachen, was ich damit meine. Auch wir wollen eine ge-setzliche Pflegezeit. Sie wollen damit die Übernahmevon Pflege durch nahe Angehörige erleichtern. DieseZielsetzung halten wir für grundsätzlich falsch. Wennwir die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf fördern wol-len, müssen wir Angehörige dabei unterstützen, Pflegezu organisieren, nicht, sie zu übernehmen.
Sonst besteht die Gefahr, dass die Angehörigen aus derPflegezeit dauerhaft in die Pflege hineinrutschen. Bei Ih-nen wird die Pflegezeit zum Einstieg in den Berufsaus-stieg;
dSüAuezBWzDSudtgBBuVrbfdhHSeDwrdfzued
ber ein zehntägiger Pflegeurlaub ist einfach zu wenig,m gute Pflege zu organisieren. Das reicht gerade fürine erste Bestandsaufnahme der Situation. Eine unbe-ahlte Pflegezeit von sechs Monaten können sich nuresserverdienende leisten. Wer kann es sich schon ohneeiteres erlauben, bis zu sechs Monate auf sein Gehaltu verzichten und zu Hause zu bleiben?
a frage ich mich wirklich: In welcher Realität lebenie?Wir Grünen sagen: Drei Monate Pflegezeit reichen,m eine gute Pflege zu organisieren. In dieser Zeit sollenie Beschäftigten eine steuerfinanzierte Lohnersatzleis-ung von bis zu 1 000 Euro pro Monat erhalten.
Zu den geplanten Pflegestützpunkten und Pflegebe-leitern. Ich finde den Grundgedanken wirklich gut. Dieetroffenen brauchen die Möglichkeit der individuellenegleitung und Beratung. Das können nur unabhängigend neutrale Personen leisten. Es geht hierbei um einertrauensverhältnis, das tief in die Privatsphäre hinein-eicht.Laut Ihrem Entwurf sollen die Pflegebegleiter Mitar-eiterinnen und Mitarbeiter der Pflegekassen sein. Ichrage Sie: Wie sollen diese Mitarbeiter als Angestellteer Kassen im Sinne der Betroffenen neutral und unab-ängig handeln? Dieser Spagat kann nicht funktionieren.ier müssen Sie sich eine andere Lösung überlegen.
onst verkommt dieser gute und innovative Ansatz zuinem reinen Kontroll- und Kostensparinstrument.Zum Schluss noch ein Wort zu einem anderen Thema.ass Sie bei der Finanzreform komplett versagt haben,issen Sie selbst am besten. All Ihre Leistungsverbesse-ungen, ob sinnvoll oder nicht, sind und bleiben unge-eckte Schecks. Weder wird die angekündigte Demogra-iereserve eingeführt, noch wird der Finanzausgleichwischen sozialer und privater Pflegeversicherungmgesetzt – nicht einmal ansatzweise. Es geht hier umine Pflegereform, nicht um die Verschlimmbesserunger jetzigen Situation.
Frau Kollegin, schauen Sie bitte einmal auf die Uhr.
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Ja. – Es gibt gute Ansätze. Setzen Sie also Ihre ideo-logischen Scheuklappen ab und handeln Sie jetzt imSinne der Betroffenen!Vielen Dank.
Letzter Redner in der Debatte zu diesem Haushalt ist
der Kollege Jens Spahn, CDU/CSU.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Ich möchte auf das eine oder andere, was gesagt worden
ist, eingehen. Lieber Kollege Spieth, als ich Ihnen zuge-
hört habe, habe ich mich gefragt: Ist denn schon Weih-
nachten? Sie haben gesagt, dass Sie einen zusätzlichen
Steuerzuschuss von 1,7 Milliarden Euro für die Kran-
kenversicherung und 1 Milliarde Euro für die Prävention
wollen. Außerdem haben Sie uns aufgefordert, mehr in
die Krankenhäuser zu investieren und Zuzahlungen zu
streichen. Allerdings haben Sie nicht ein Wort darüber
verloren, wie Sie das bezahlen wollen.
Falls Ihr Fraktionsvorsitzender bei seinen Ausflügen
zu seinen kommunistischen Freunden auf Kuba einen
Schatz gefunden hat, mit dem Sie all das bezahlen kön-
nen, lassen Sie uns das wissen. Aber allen alles zu
versprechen – nach dem Motto: Freibier für alle! –, ohne
zu sagen, wie das bezahlt werden soll, das ist ein biss-
chen billig.
Zu den einzelnen Positionen des Haushalts wurde
schon vieles gesagt. Mir ist wichtig, dass der Haushalts-
ansatz für die Bekämpfung von HIV/Aids im Bereich
der Prävention weiterhin auf dem hohen Niveau von
12 Millionen Euro verbleibt. Damit stellen wir uns den
Herausforderungen steigender Infektionsraten. Zugleich
aber – deswegen bin ich froh, dass Bundesministerin
Schavan schon hier ist – zeigt sich unser Schwerpunkt
hier daran, dass wir auf dem Gebiet der Gesundheitsfor-
schung zusätzliche Anstrengungen unternehmen. Wir
stärken also die Kompetenzen, die wir bei der Bekämp-
fung von HIV/Aids, aber auch in anderen Bereichen ha-
ben.
Insbesondere im Zusammenhang mit Demenz werden
wir uns mehr als bisher im Forschungsbereich engagie-
ren; das ist unser Plan für die Zukunft. Dadurch kann es
gelingen, dass wir einen Großteil der prognostizierten
Kosten, die infolge demenzieller Erkrankungen auf un-
sere Gesellschaft zukommen werden, und – das ist noch
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Bitte schön.
Herr Kollege Spahn, auf Kuba spielt nicht so sehr
ier eine Rolle, sondern eher Rum; das gebe ich Ihnen
unächst einmal zu bedenken.
Nun zu meiner Frage. Würden Sie mir recht geben,
ass Investitionen in die Krankenhäuser – in den letzten
5 Jahren haben sie nicht stattgefunden – getätigt wer-
en müssen, wenn die Krankenhäuser in einem erträgli-
hen Zustand erhalten werden sollen, und würden Sie
ir bitte sagen, von wem? Ich habe die Forderung auf-
estellt, dass der Bund einen Teil dazu beitragen soll.
Geben Sie mir recht, dass die Arbeitgeber dadurch,
ass nur die Versicherten ihren Beitrag zahlen müssen,
ntlastet worden sind
nd dass alle anderen Forderungen, die ich erhoben
abe, locker bezahlt werden könnten, wenn die Arbeit-
eber ihren Teil paritätisch in die Krankenversicherung
inzahlen würden?
Dass wir mit Blick auf die Krankenhäuser zusätzlichenvestitionen brauchen, ist völlig unbestritten.
s werden zum Beispiel Diskussionen über die Ände-ung der Fallpauschalen geführt, übrigens auch mit denändern. In dem einen oder anderen Land regiert Ihreartei mit, wenn mich nicht alles täuscht.
uch dort sieht es, was Investitionen in die Krankenhäu-er angeht, nicht sehr rosig aus.
Wir müssen gemeinsam überlegen, was zu tun ist, umie notwendigen Mittel bereitstellen zu können. Herrpieth, ich habe gesagt: Indem Sie sich hier hingestellt
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Jens Spahnund allen alles versprochen und viele Milliarden Euro inden Raum gestellt haben, haben Sie es sich etwas zu ein-fach gemacht. Ich weiß, dass es einfach ist, in der Oppo-sition zu sein. Aber ab und zu muss man auch einmal sa-gen, wie das Ganze bezahlt werden soll.
Jetzt möchte ich, da wir im Moment auch eine ArtPflegedebatte führen, einiges zur Pflegereform sagen.Grundsätzlich stellen die Eckpunkte der Regierung so-wie der Gesetzentwurf für uns als Unions-Bundestags-fraktion eine gute Basis für die weitere Debatte dar. Siehalten sich im Rahmen dessen, was momentan mit denpolitischen Mehrheiten im Deutschen Bundestag mög-lich ist. Ich will nur die bessere finanzielle Ausstattungder Betreuung an Demenz erkrankter Menschen nennen.Außerdem werden wir den ambulanten Sektor stärken.Wir werden jenseits der Kategorien Heim, ambulanteund stationäre Behandlung mehr Zwischenstufen mög-lich machen, Herr Seifert. Dazu gibt es Modellprojekte,in denen Leistungen gepoolt werden können und bei de-nen es um die Kombination von Tages- und Nachtpflegegeht. Mit Blick auf diese Modelle müssen wir gemein-sam schauen, wie wir in einer älter werdenden Gesell-schaft eigentlich leben werden. Meine Generation wirddiejenige sein, die 2050 70 Jahre und 2060 80 Jahre altsein wird. Wir müssen uns fragen, wie dann die Men-schen über 60 Jahre, immerhin ein Drittel der Bevölke-rung in Deutschland – vielleicht noch zusammen mit Ih-nen Herr Tauss –, leben werden.
Es geht um die Frage, wie diese ältere Gesellschaft lebenwird. Genau dieser Frage wollen wir mit diesen Modell-projekten nachgehen.Außerdem ist das Thema Transparenz sehr wichtig;das merkt man auch in Gesprächen in den Wahlkreisen.Diese Debatte ist notwendig, richtig und wichtig undwurde durch den jüngsten Bericht des MedizinischenDienstes neu angestoßen. Die Debatte über Transparenzund Qualitätssicherung müssen wir im Übrigen auch imSinne der gut arbeitenden Einrichtungen führen. Nurwenn wir transparent machen, wer gut und wer schlechtarbeitet, können sich die gut arbeitenden Einrichtungen,wo mit viel Engagement und viel Einsatz der Pflege-kräfte viel Gutes getan wird, gegen pauschale Verun-glimpfungen, wie wir sie aus manchen Zeitungen ken-nen, wehren.
Jetzt, Herr Kollege Spahn, würde der Kollege Seifert
gern eine Zwischenfrage stellen.
Bitte schön.
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Die letzte für heute.
Herr Kollege Spahn, stimmen Sie mir darin zu, dasss etwas verwirrend ist, wenn Sie sich sehr positiv überie Eckpunkte des Referentenentwurfes zur Pflegere-orm äußern, dann aber heute Morgen im Tagesspiegelolgende Äußerung von Ihnen zu lesen ist:Wir sollten nicht neue Leistungen einführen, wennwir Probleme haben, die bestehenden zu bezahlen.
timmen Sie mir ferner zu, dass es etwas verwirrend ist,ass gerade die Union eine breite Finanzierungsbasisurch die Einbeziehung der privaten Pflegeversicherungerhindert?
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Zuerst, Frau Kollegin Scharfenberg, bin ich Ihnen
dankbar, dass Sie mir für das, was ich ohnehin sagen
wollte, noch mehr Zeit geben.
Nach den von mir gerade genannten Dingen, die uns
richtig und wichtig erscheinen, sind nämlich jetzt die
Punkte anzusprechen, bei denen es noch Beratungsbe-
darf gibt. Dazu gehören auch neue Leistungen, zum Bei-
spiel für die Finanzierung der Freistellung von zehn Ta-
gen. Ich stehe zu meiner Aussage, unabhängig davon, ob
Sie meinen, dass ich rechnen kann oder nicht.
Wenn nahe Angehörige im plötzlichen Pflegefall der ei-
genen Eltern zum Beispiel – wenn auch nicht jeder Pfle-
gefall plötzlich eintritt – drei oder vier Tage ihres eige-
nen Urlaubs aufwenden müssen, um eine Unterkunft für
sie zu finden, finde ich das zumutbar. Ich finde, familiä-
rer Zusammenhalt sollte beinhalten, dass so etwas ohne
gesetzliche Regelungen möglich ist.
Ein weiterer Punkt ist die Frage der Beratungsstruk-
turen, die aufgebaut werden sollen. Wir stimmen mit
dem Referentenentwurf und dem Vorschlag überein,
dass wir eine besser vernetzte Angebots- und Beratungs-
struktur brauchen. Wogegen wir uns allerdings wehren
würden – deswegen müssen wir darüber noch diskutie-
ren –, wäre, wenn dafür eine Beratungsbürokratie mit
4 000 Beratungsstellen quer über das Land und, Hoch-
rechnungen zufolge, bis zu 13 000 neuen sogenannten
Fallmanagern aufgebaut werden sollte. Da müssen wir
genau schauen, Frau Ministerin, dass wir auf vorhandene
Strukturen aufsetzen und diese bündeln, anstatt neue
Strukturen zu schaffen – damit das Geld am Bett der
Pflegebedürftigen und nicht am Schreibtisch von irgend-
welchen Beratern ankommt.
Deswegen ist das eine wichtige Stelle, über die noch zu
diskutieren ist.
Was wir im Rahmen dessen, was momentan eine par-
lamentarische Mehrheit findet, beschlossen haben, ist
eine gute Basis. Dennoch wird die Rücklage im nächsten
Jahrzehnt wieder in Anspruch genommen werden müs-
sen. Deshalb muss ich sagen: Die Unionsfraktion bedau-
ert es, dass es nicht gelungen ist, additiv eine Kapitalde-
ckung einzuführen. Ich würde mich freuen, wenn es
möglichst bald parlamentarische Mehrheiten dafür gäbe.
Abschließend ganz kurz zur Gesundheitsreform. Der
Kollege Zöller hat es schon gesagt: Die Gesundheitsre-
form ist wesentlich besser als ihr Ruf. Wir sehen, wie die
Akteure die Möglichkeiten, die wir ihnen gegeben haben
– Verträge schließen, Wettbewerb um Qualität und Preis –,
nutzen. Von daher, Frau Kollegin Bender: Es ist richtig,
wenn Sie von der Opposition uns im Nacken sitzen und
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enn auch davon gibt es eine ganze Menge.
Danke schön.
Ich schließe die Aussprache.Wir kommen jetzt zum Geschäftsbereich des Bundes-inisteriums für Bildung und Forschung, Einzel-lan 30.Das Wort hat die Bundesministerin Dr. Annettechavan.
Dr. Annette Schavan, Bundesministerin für Bil-ung und Forschung:Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!eine Damen und Herren! Die Bundeskanzlerin hat ges-ern die Leitlinien der Politik der Bundesregierungormuliert: Wir wollen Teilhabe verbreitern und neueuellen des Wohlstands erschließen. – Bildung und Aus-ildung, Wissenschaft und Forschung legen in besonde-er Weise das Fundament dafür, Teilhabe für alle zu er-öglichen und die Quellen des künftigen Fortschritts zurschließen. Deutlich höhere Finanzinvestitionen, neueonzepte und strukturelle Weiterentwicklung kenn-eichnen unsere Bildungs- und Forschungspolitik. Wirtellen die Weichen in Deutschland so, dass jeder Ju-endliche Chancen hat und unser Land zu einem der at-raktivsten Forschungsstandorte wird. Die Investitionenür Forschung und Entwicklung im Einzelplan 30 stei-en um rund 580 Millionen Euro. Insgesamt wächst derlafond um 7,85 Prozent auf fast 9,2 Milliarden Euro;as ist ein Plus von 670 Millionen Euro.
Das neue Konzept der Hightechstrategie wirkt außer-rdentlich positiv auf die Entwicklung der FuE-Ausga-en der Unternehmen. Das war ja die zentrale Frageei der Arbeit an der Hightechstrategie: Wird es gelin-en, durch die Erhöhung der öffentlichen Mittel zu errei-hen, dass auch die Unternehmen ihre Mittel für For-chung und Entwicklung steigern? Die Zahlen destifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft belegen:llein im Zeitraum zwischen 2005 und 2007 sind dieusgaben der Unternehmen für Forschung und Entwick-ung den Schätzungen zufolge um 8 Prozent gestiegen,on 38 auf knapp 42 Milliarden Euro. Die Rechnungeht auf. Ich nenne in diesem Zusammenhang die For-chungsprämie, die Förderinitiative KMU-innovativ unden Spitzenclusterwettbewerb. Die Mittel für die Pro-ektförderung sind deutlich erhöht worden und belaufen
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Bundesministerin Dr. Annette Schavansich inzwischen auf 3 Milliarden Euro. Dies entsprichteinem Plus von 18 Prozent. Das alles sind Beispiele fürwirksame Signale, dass das Ziel der Lissabon-Strategieerreicht wird.
Am Forschungsstandort Deutschland herrscht Aufbruch-stimmung. Auch in den Unternehmen herrscht Auf-bruchstimmung in dem Bewusstsein dafür, wo die Quel-len künftigen Wohlstands liegen.Über die Investitionen hinaus ist es wichtig, dass wirSchwerpunkte setzen. Einige Schwerpunkte sind schonim Laufe des Tages genannt worden. Frau KolleginSchmidt hat auf die Erhöhung der Mittel für die Gesund-heitsforschung in ihrem Haus im Hinblick auf konkreteProjekte hingewiesen. In Meseberg wurde hinsichtlichder Gesundheitsforschung mit dem Vorhaben, ein natio-nales Forschungszentrum zur Bekämpfung von Alzhei-mer und anderen neurodegenerativen Erkrankungen zugründen, ein wichtiges Zeichen gesetzt. Das ist nicht nurhinsichtlich der Investitionen, sondern auch bezüglichder Strukturen in der Gesundheitsforschung eine wich-tige Initiative. Alles, was in diesen Bereich fällt, hat inder Gesundheitsforschung der Zukunft höchste Priorität.
Ein weiterer Schwerpunkt liegt im gesamten BereichKlima und Energie, in dem ebenfalls eine Erhöhungder Mittel um 16 Prozent zu verzeichnen ist. Im Oktoberwird die Hightechstrategie für den Klimaschutz vorge-stellt. Auch hier gibt es eine gute Zusammenarbeit mitdem Bundesumweltministerium als zuständigem Fachres-sort; denn bei all diesen Fragen ist es wichtig, dass dieStrategien gebündelt und abgestimmt und Schwerpunktegesetzt werden. Ich bin davon überzeugt, dass beim Kli-maschutz die Forschung im Hinblick auf mittel- undlangfristige Entwicklungen eine zentrale Rolle spielenwird.
Des Weiteren modernisieren wir das Wissenschafts-system. Die Exzellenzinitiative gehört genauso dazu wieder Pakt für Forschung und Innovation. Dazu gehört aberauch der zweite wichtige Punkt, der in Meseberg beschlos-sen worden, ein sogenanntes Wissenschaftsfreiheitsgesetzzu erarbeiten, das wir im kommenden Jahr vorlegen wer-den und das unseren Forschungsorganisationen mehrSpielraum, mehr Selbstständigkeit und mehr Möglichkei-ten bietet, Spitzenwissenschaftler nach Deutschland zu-rückzuholen. Die neuen modernen Spielregeln werdenunsere international hoch angesehenen Forschungsinsti-tutionen im internationalen Wettbewerb stärken.Was den Hochschulpakt angeht, sind uns nicht nurdie 90 000 zusätzlichen Studienplätze wichtig, sondernauch die Stärkung der universitären Forschung durch dieProgrammkostenpauschale. Das ist ebenfalls ein deutli-ches Zeichen auch an die junge Generation, dass es unswichtig ist, das im Koalitionsvertrag vereinbarte Ziel zuerreichen, den Anteil derjenigen eines Jahrgangs, die einHhshF4hgMdh–E–wwaDeprDdabuDdfüdnPtitegvmfsBItzg
Mit Verlaub, das CDU-geführte Ministerium hat dierhöhung beantragt. Insofern ist das ziemlich klar.
Herr Rossmann, Sie können die von uns angeblich ge-ollte Abschaffung des BAföGs so lange behaupten,ie Sie wollen. Sie wissen aber, dass ich damals etwasnderes gesagt habe. Ich habe gesagt: Wir brauchen ineutschland ein neues System der Bildungs- und Studi-nfinanzierung. Dazu gehören die dritte Säule der Sti-endien und eine elternunabhängige Ausbildungsförde-ung.
arüber wurde damals eine Diskussion geführt. Dass Siearauf noch zehn Jahre zurückgreifen, verstehe ich zwar,ber es ändert nichts daran, dass die vom Ministeriumeantragte BAföG-Erhöhung nicht dem entspricht, wasns bewilligt worden ist. Deshalb sehe ich der weiterenebatte mit Spannung entgegen.
Wir stärken die Internationalisierung; auch das ist Teiles Koalitionsvertrages. Wir schaffen neue Instrumenteür die internationale Kooperation. Ich bin davonberzeugt, dass in diesem Zusammenhang die Stärkunger Rolle von Wissenschaft und Forschung in der inter-ationalen Entwicklungszusammenarbeit ein wichtigerunkt sein wird. Hier können wir auf exzellente interna-onale Kooperationen zurückgreifen. Wenn es um die in-rnationale Entwicklungszusammenarbeit der Zukunfteht, dann gilt, dass die in Wissenschaft und Forschungorhandenen Möglichkeiten noch besser genutzt werdenüssen.Zur Modernisierung des Wissenschaftssystems gehörtür mich auch, die Situation der Frauen in der Wissen-chaft zu verbessern. Hier haben wir zusammen mit denundesländern und den Forschungsorganisationen einenitiative ergriffen, die dazu dient, im Laufe des nächs-en Jahres ein gemeinsames bundesweites Signal zu set-en.Wir kümmern uns um die Zukunftschancen der jun-en Generation: Bildung, Ausbildung, Qualifizierung.
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Bundesministerin Dr. Annette Schavan2,6 Milliarden Euro im Haushalt werden in Qualifizie-rung und die Verbesserung der Leistungsfähigkeit desBildungssystems investiert. Es gibt zudem neue Pro-gramme für Jugendliche im Übergang von der Schulezur Berufsausbildung und eine Pilotinitiative zur Nach-qualifizierung, sodass 12 500 Altbewerbern – dieseGruppe hat in der Diskussion schon eine große Rolle ge-spielt – in der ersten Phase mit einem Konzept der Aus-bildungsbausteine die Chance auf einen Berufsabschlussgegeben wird. Jeder Jugendliche braucht eine Chancezur Qualifizierung. Das ist das Ziel der Nationalen Qua-lifizierungsinitiative, das wir bis zum Ende der Legisla-turperiode erreichen wollen.
Frau Ministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage der
Kollegin Pieper?
Dr. Annette Schavan, Bundesministerin für Bil-
dung und Forschung:
Bitte schön.
Frau Ministerin, vielen Dank, dass Sie meine Fragezulassen. – Nach allen Ihren Lobgesängen zu den Bud-getaufwüchsen bei Bildung und Forschung möchte ichIhnen an dieser Stelle in Erinnerung rufen, dass bei ei-nem Gesamthaushalt mit einem Volumen von283 Milliarden Euro der Haushalt für Bildung und For-schung ein Volumen von lediglich 9,2 Milliarden Eurohat. Das sind 3,2 Prozent des Bundeshaushalts. GlaubenSie wirklich, dass Sie damit Ihren Anspruch mit derWirklichkeit in Einklang bringen können? Ist das ange-sichts dessen, was China – die Kanzlerin war neulicherst dort – und andere asiatische Staaten sowie unsereeuropäischen Nachbarn und die Vereinigten Staaten inBildung und Forschung investieren, nicht eher eineMücke und kein Elefant, der mit Ihrem Haushalt gebo-ren wird? So können wir den globalen Wettbewerb inBildung und Forschung aus meiner Sicht nicht gewin-nen.
Dr. Annette Schavan, Bundesministerin für Bil-dung und Forschung:Das war weniger eine Frage als eine Feststellung Ih-rerseits. Dazu haben Sie ohnehin noch die Chance, wennFrau Flach gleich reden wird und vermutlich Ähnlichessagen wird. Ich gehe jetzt nicht auf Mücke und Elefantein. Das Tierreich lasse ich weg.Ich kann Ihnen nur raten, sich die Entwicklung in denletzten 20 Jahren anzuschauen. Dann wird es ziemlichklar. Von 1987 bis 2000 sind die Ausgaben für For-schung und Entwicklung kontinuierlich gesunken.
– Nein, bis 2000. Das Statistische Bundesamt ist keineCDU-Geschäftsstelle. Wir reden über die Investitionendl–IU2ngKsecdkJwngnunlnsBSKzSdrdCfttsriWt„stequag
Es geht um die FuE-Quote von Bund, Ländern undnternehmen von 1987 bis 2000 sowie von 2000 bis005. Hier gibt es verschiedene Kurven. Die erste gingach unten. Die nächste zeigt, dass die Ausgaben aufleichem Niveau geblieben sind. Nach 2005 zeigt dieurve nach oben.Eine Forschungsministerin wird nie so bescheuertein, zu sagen: Das reicht. – Das ist doch klar. Ich finde,s ist eine erhebliche Anstrengung. Es gibt einen deutli-hen Aufwärtstrend. Wir liegen unter den 27 Mitglie-ern der Europäischen Union in der Spitzengruppe. Sieönnen in vielen Bereichen den Vergleich mit China undapan anstellen, aber dieser Vergleich ist immer irgend-ie schräg. Ich finde, Sie, Frau Pieper, sollten anerken-en, dass diese Regierung das einlöst, was sie sich vor-enommen hat und was im Koalitionsvertrag steht,ämlich das 3-Prozent-Ziel zu erreichen. Bund, Ländernd die Unternehmen in Deutschland haben darüber ei-en Konsens, und die Aufbruchstimmung ist erreicht.
Ich komme zum Schluss. Wenn wir von der Nationa-en Qualifizierungsinitiative sprechen, dann geht esicht nur um diese oder jene Phase im Bildungssystem,ondern letztlich darum, dass wir auf allen Stufen derildungsbiografie Verbesserungen brauchen. Derchlüssel liegt in der frühkindlichen Bildung, die Frauollegin von der Leyen schon angesprochen hat. Derweite wichtige Akzent liegt auf dem Übergang von derchule zur Berufsausbildung. Wir werden die Zahl derer,ie ohne Schulabschluss die Schule verlassen, deutlicheduzieren müssen. Wir müssen dahin kommen, dass je-er Jugendliche einen Abschluss erreicht und auch diehance bekommt, einen qualifizierten Beruf zu ergrei-en. Wir wollen die Quote derer, die an Weiterbildungeilnehmen, auf 50 Prozent erhöhen. Hier liegen wir un-er dem europäischen Schnitt. Wir wissen, dass es ange-ichts der technologischen Entwicklung und angesichtsasanter Veränderungen in der Arbeitswelt notwendigst, dass Weiterbildung Teil der Bildungsbiografie wird.eiterbildungssparen ist ein Einstieg. Die weitere Ver-iefung, Konkretisierung und Ausweitung des KonzeptsLernende Regionen“ mit Kooperation aller Bildungsin-titutionen vor Ort ist ein anderer wichtiger Akzent. Wei-ere werden folgen.In Meseberg wurde auch der Beschluss gefasst, dasss ein Konzept für die dauerhafte Zuwanderung hoch-ualifizierter Fachkräfte geben wird. Auch das ist fürnseren Bereich eine wichtige Entscheidung. Es ist einendere Art von Zuwanderungsdebatte als in der Vergan-enheit.
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Bundesministerin Dr. Annette SchavanEs geht darum, dass Deutschland für die Talente aus al-ler Welt attraktiv wird. Das betrifft die Wissenschaftebenso wie unsere Unternehmen. Aber klar ist auch: Esgibt nicht die Alternative Bildung, Ausbildung, Qualifi-zierung einerseits, Zuwanderung andererseits. Wir müs-sen beides tun, und den Vorrang haben alle Bemühungenim Bereich von Bildung und Ausbildung.
Letzter Satz: Ich danke den Regierungsfraktionen, ichdanke den Kolleginnen und Kollegen im Parlament fürihre Unterstützung und dafür, dass dieser Haushalt somöglich ist. Ich bin davon überzeugt, dass er nicht nurden Konsens zeigt, sondern auch die Entschlossenheitder Großen Koalition, die Zukunftschancen der jungenGeneration zu mehren und die Aufbruchstimmung amForschungsstandort Deutschland weiterzuentwickeln.Vielen Dank.
Nun hat die Kollegin Ulrike Flach für die FDP-Frak-
tion das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sie allehier in diesem Raum wissen, dass für uns Liberale dasThema Bildung und Forschung immer eines der Schwer-punktthemen unseres politischen Wirkens gewesen ist.
– Herr Tauss, wir haben das in unserer gemeinsamenZeit in all den letzten Jahren immer mit den entsprechen-den Haushaltsanträgen begleitet.
Ich will an dieser Stelle deutlich und klar sagen: Wirstehen nach wie vor – das ist eben durch die Frage vonFrau Pieper deutlich geworden – zu dem Ziel, 3 Prozentdes BIP für FuE auszugeben.
Wir stellen allerdings fest, dass Sie, liebe Frau Ministe-rin, sich diesem Ziel nicht in der nötigen Geschwindig-keit, die wir erhoffen, nähern. Sie sind auch in diesemJahr – die Kanzlerin sprach gestern von 2,8 Prozent –nach wie vor ein ganzes Stück von diesem Ziel entfernt.Es wäre besser gewesen, wenn dieses Ziel zügiger er-reicht werden würde, vor allen Dingen da wir erkennen,dass die Wirtschaft einen höheren Anteil an den Steige-rungsraten hat als Sie.
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reifen Sie doch einmal tief in die Taschen der Ministe-in und veranschlagen Sie genau die Milliarden, die sieigentlich braucht, um das BAföG so zukunftssicher undor allem elternunabhängig auszugestalten, wie es dieDP seit vielen Jahren fordert.
Frau Ministerin, hinzu kommt, dass der Einsatz Ihrerittel nach wie vor sehr widersprüchlich ausfällt.
ie reden zwar von Hightech; aber auch in diesem Haus-alt sparen Sie bei den Hightechmitteln – das machenie nicht anders als Frau Bulmahn –, und zwar an Stel-en, über die man sich schon Gedanken machen muss.ür die optischen Technologien sind 79 Millionen Eurongesetzt. Das ist kein Aufwuchs, obwohl die Förderungieser Technologien angeblich ein sehr wichtiges Ele-ent Ihrer Hightechstrategie ist. Bei der Mikrosystem-echnik sehen Sie sogar eine Absenkung der Mittel umMillionen Euro auf dann 54 Millionen Euro vor. Auchie Mittel für neue Werkstoffe und Nanomaterialien sol-en sinken, und zwar von 95 Millionen Euro auf 93 Mil-ionen Euro.Da, wo es um die Anwendung von Technologien geht dadurch muss dieses Land unserer Meinung nach soichtig nach vorne gebracht werden –, haben Sie es inen vergangenen zwei Jahren nicht geschafft, die Wider-prüche Ihrer Großen Koalition aufzulösen.
ch verweise auf das Dilemma mit dem Transrapid, mitem Sie es zurzeit wieder zu tun haben.
Ja, eben. Ich sage das, gerade weil es alte Kamellenind, Herr Tauss.
er Transrapid hätte sein Ziel längst erreicht haben müs-en. Auch diese Koalition schafft es offensichtlich nicht,ber die Fundamentalkritiker in ihren eigenen Reiheninwegzuspringen.
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Ulrike FlachÜber das Thema Gentechnik möchte ich an dieserStelle wirklich nur noch ungern reden. Was das, wasHerr Seehofer uns da vorgelegt hat, angeht: Ich hätte mirnoch nicht einmal in den schlimmsten Träumen vorstel-len können, dass ein Minister dieser Regierung, der derCSU angehört, so etwas plant.
Ich erinnere mich noch sehr genau an das, was wir ge-meinsam in diesem Hause in der letzten Legislaturpe-riode pro Grüne Gentechnik gesagt haben.
Schauen Sie sich an, wie Sie mit den Mitteln umge-hen. Herr Hagemann, weitere Haushälter und ich habenuns mit diesem Thema in den letzten Wochen intensivbefasst. Frau Schavan, Sie haben einen an und für sichbemerkenswerten Etat: 9,18 Milliarden Euro, das istschon etwas,
auch wenn diese Summe im Vergleich zu den entspre-chenden Zahlen der Konkurrenzländer verschwindendgering ist. Aber eine Aufgabe des Haushälters ist es nuneinmal, zu schauen, was bei einer Sache herauskommt.Entscheidend ist, wie effizient und wie sinnvoll Sie dieeingesetzten Mittel verwenden.Damit komme ich auf Ihren zweiten Schwachpunktzu sprechen. Die Ergebnisse der bisherigen Anstrengun-gen lassen sich nun einmal nicht quantifizieren, auchnicht mithilfe dessen, was Sie eben gesagt haben. Natür-lich sind Exzellenzinitiative, Hochschulpakt und auchdie Hightechstrategie im Grundsatz richtig, und sie wer-den auch von uns ausdrücklich anerkannt.
Ob diese Maßnahmen aber zur Folge haben, dass bei unsschneller Produkte und Arbeitsplätze entstehen, ist em-pirisch nicht nachvollziehbar. Sie können Ihre in denRaum gestellte Zahl von 1,5 Millionen zusätzlichen Ar-beitsplätzen nicht belegen. Das Schöne ist: Wir habendas inzwischen auch schriftlich, und zwar aus IhremHause. Für die Opposition ist es immer gut, zu erkennen,dass ein Minister schon zur Halbzeit seines Wirkens klarsagen muss: Ich stecke zwar viel Geld hinein; aber ichweiß nicht, was dabei im Endeffekt herauskommt. Dasheißt: Obwohl Sie sehr viel Geld bereitgestellt haben – Siehaben zum Beispiel die Forschungsprämie eingeführt –,stochern Sie nach wie vor im Nebel. Frau Ministerin, dieZeit rennt Ihnen davon.Wir leben nicht auf einer Insel.
Deutschland steht mit anderen Forschungsnationen imWettbewerb. Wo wir stehen und wie unsere Mittel effi-zient eingesetzt werden können, muss durch ein klaresSystem von Projekt- und Prozesskontrolle, durch Ziel-vereinbarungen und durch Benchmarking definiert wer-den.HAdstckDmluhMnlaKEMebZaRbSpg
er Weg, den Sie gehen müssen, Frau Schavan – manuss wirklich sagen: Sie müssen ihn gehen; denn eigent-ich wollten Sie ihn viel weiter gehen, Sie wollten ihn innserem Sinne gehen –, ist nicht hilfreich. Ich habeeute Morgen mit Interesse gehört, dass Herrüntefering angekündigt hat, für Elektro- und Maschi-enbauingenieure einen erleichterten Zugang zu ermög-ichen. Ehrlich gesagt: Das kann doch nur ein Tropfenuf einen heißen Stein sein. Wie soll denn bei dieserleinstlösung ein wirklich gutes, für uns alle tragbaresrgebnis herauskommen?Ich komme aus einem Bundesland, in dem der jetzigeinisterpräsident einmal eine Wahl verloren hat, indemr gesagt hat: Kinder statt Inder. – Was Sie jetzt betrei-en, erinnert mich fatal an diesen Weg.
Ich will einmal vorlesen, was die taz – das ist eineeitung, die ein Liberaler eigentlich sehr selten zitiert,ber ab und zu sollte man es tun – dazu sagt:Die Meseberger Beschlüsse lesen sich wie ein Auf-ruf an die Reservearmee des Arbeitsmarkts: Schulab-brecher sollen künftig eine zweite Chance erhalten,ältere Arbeitnehmer sich fortbilden, Handwerks-meister und Nichtabiturienten studieren … Grund-schulen und Kindergärten zu „Bildungshäusern“ zuverbinden.
Keine Frage, das sind alles sinnvolle bildungspoliti-sche Reformen – nur lässt sich mit ihnen dieschmerzliche Ingenieurslücke schwerlich schließen.Die deutschen Global Player können nicht warten,bis Vierjährige in „Bildungshäusern“ zu kleinenGenies herangereift sind.
echt hat die taz.90 Prozent der Unternehmen in NRW zum Beispieleklagen sich über Fachkräftemangel.
ie werden – das ist sozusagen mein entschiedener Ap-ell an die rechte Seite des Hauses – um eine Punktere-elung für den Fachkräftezuzug nicht herumkommen.
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Ulrike Flach
Kommen Sie doch endlich einmal auf die Süssmuth-Kommission zurück! Setzen Sie doch endlich einmalum, was Leute in Ihren eigenen Reihen gesagt haben!Wir werden nur auf diese Art und Weise ein innovations-treibendes Land sein. Ich will auch an dieser Stelle wie-der an unsere Gespräche mit Herrn Professor Störmer,immerhin Nobelpreisträger, erinnern. Auf unsere Frage:„Warum ist Amerika innovativ?“, hat er klar geantwor-tet: wegen der Einwanderer. – Das ist das treibende Ele-ment. Wir erwarten von der Bundesregierung, dass siehier endlich einen Schritt nach vorn geht und uns hilft,aus einer Falle herauszukommen, in der wir sonst gefan-gen bleiben.
Frau Schavan, man könnte vieles über die letzten Wo-chen sagen. Sie haben – das ist gerade für jemanden, derschon eine Weile in diesem Haus tätig ist, erkennbar –eine erstaunliche Wandlung vollzogen. Ich denke an IhreReden zum Thema: Wie zentral soll eigentlich Schulpo-litik werden? Ich habe mit Erstaunen gesehen, wieschnell das von Ihren Länderkollegen wieder eingesam-melt wurde. Aber auch Sie werden sich, genau wie IhreVorgängerin, daran gewöhnen müssen, dass nach der Fö-deralismusreform von uns hier oben nichts mehr zu re-geln ist.Ich möchte Sie an dieser Stelle auch daran erinnern,wem wir diese Regelung eigentlich zu verdanken haben.Nicht zuletzt Ihnen, Frau Schavan!
Sie selbst haben die Weichen dafür gestellt, dass in die-sem Haus nichts mehr für die Bildungspolitik inDeutschland getan werden kann. Jetzt müssen Sie damitleben.
Es wäre schön, wenn Sie das offen und ehrlich angingen.Dann könnte man leichter damit umgehen.
Lassen Sie mich zum Abschluss Folgendes sagen:Frau Schavan, Sie haben mehr Geld zur Verfügung
und einen deutlich stärkeren Rückenwind durch IhreKanzlerin,
als Ihre Vorgängerin sie entsprechend hatte.
Aber Sie werden dadurch natürlich auch mit deutlich hö-heren Erwartungen konfrontiert als Frau Bulmahn.
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ber wir wollen natürlich sehen, dass dabei etwas he-auskommt. Wir werden uns im Herbst darüber noch ein-al unterhalten. Unsere Unterstützung dafür, bessereildungs- und Forschungspolitik zu betreiben, habenie. Ich hoffe, wir kommen gemeinsam voran.
Nächster Redner ist nun der Kollege Klaus
agemann, SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen underren! Liebe Frau Flach, an Ihren letzten Gedanken an-chließend: Stimmen Sie doch dann, wenn wir im No-ember die Schlussabstimmung haben, dem Einzel-lan 30 zu. Die Voraussetzungen sind gut.
as ist der richtige Weg, dem Sie folgen können; dennoch nie, Frau Pieper, Frau Flach, wurde so viel Geld fürildung und Forschung ausgegeben wie jetzt.
och nie hat es so viele Studierende gegeben wie jetzt.ir erinnern uns an die 90er-Jahre, als Herr Rüttgersier noch die Verantwortung unter einer schwarz-gelbenoalition getragen hat: Damals sind die Mittel nach un-en gefahren worden, und die Studierendenzahlen wa-en so weit unten wie noch nie. Auch daran wollen wirmmer wieder erinnern.
Der Einzelplan 30, über den wir heute beraten, ent-pricht der Haushaltspolitik der Großen Koalition, dennr passt sehr gut in den Dreiklang Sanieren, Reformierennd Investieren.
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Klaus HagemannDie Finanzspielräume werden voll für Zukunftsinvesti-tionen, für Bildung und Forschung genutzt. Es wurdedarauf hingewiesen, dass die Mittel und die Ausgabenum 7,8 Prozent gesteigert wurden. Das trägt mit dazubei, die Konkurrenzfähigkeit unseres Landes zu steigern,aber auch – ich komme nachher noch einmal auf dasBAföG zu sprechen – die Chancengerechtigkeit für vielejunge Menschen zu steigern und zu fördern.
Wir nutzen den Aufschwung und die Steuermehreinnah-men dazu, sie über Bildung und Forschung wieder mehrMenschen zukommen zu lassen. Hier sind wir auf einemsehr guten Weg.Die Zahlen wurden genannt, aber ich will sie nocheinmal deutlich machen: Eine Steigerung um670 Millionen Euro auf 9,2 Milliarden Euro, das ist vielGeld. Wenn ich die 500 Millionen Euro Ganztagsschul-programm, die in der Zeit unter Frau Bulmahn erkämpftwurden, und die Forschungsmittel in anderen Einzelplä-nen zu unserem Einzelplan hinzurechne, dann kommenwir immerhin auf eine Summe von rund 13,5 MilliardenEuro für Forschung und Bildung. Das kann sich sehenlassen.Frau Flach hat es bereits mehrfach angesprochen: Wirbeide waren zusammen als Berichterstatter für denEinzelplan 30 in Kanada und in den USA. Unsere For-schungspolitik hat in den Gesprächen dort Anerkennunggefunden. Die Exzellenzinitiative wurde besonders he-rausgestellt – auch eine Sache, die unter Frau Bulmahnund der rot-grünen Koalition eingeführt worden ist. Dasmuss man sehr positiv herausstellen.
Das findet Anerkennung, und es ist gut, dass man dasfeststellt. Das haben Sie leider nicht dazu gesagt, FrauFlach.
Die 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, die wir alsZiel für Forschung und Entwicklung vorgesehen haben,wurden bereits angesprochen. Auch hier sind wir auf ei-nem guten Weg. Die Zahlen wurden genannt: 2,7 Pro-zent in diesem Jahr, 2,8 Prozent können im Jahre 2009erwartet werden.Jetzt müssen auch die Bundesländer beweisen, dasssie ihren Anteil mit 0,5 Prozent am Bruttoinlandsprodukterbringen. Ich bin mir noch nicht sicher, ob die Wirt-schaft ihre 2 Prozent erreichen wird. Wir alle zusammenmüssen noch viel Druck machen, Frau Ministerin, damitdiese Mittel zur Verfügung gestellt werden.
Ich sprach von 13,5 Milliarden Euro, die in diesemJahr für Forschung zur Verfügung stehen. Wichtig ist,dass das umgesetzt wird, dass die Gelder abgerufen wer-dEdmfdsFnvEhEVkIEzEdzhmddsmessVnidbHUmghgicddlSKkd
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Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Siemich zum Bildungsbereich kommen. Sehr erfreulich wa-ren die mit Zahlen untermauerten Ausführungen zumBundesausbildungsförderungsgesetz, das sich anSchüler und Studenten richtet. Die Erhöhungen sindganz in unserem Sinne. Wir meinen aber, nach siebenJahren wäre es notwendig, einen deutlich größerenSchritt nach vorne zu machen. Unser Fraktionsvorsitzen-der Peter Struck hat darauf hingewiesen, dass die För-derleistungen um 10 Prozent angehoben werden solltenund die Freibeträge, damit mehr die Möglichkeit haben,BAföG zu beantragen, um 8 Prozent hochgesetzt werdensollten.
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as geht nicht; denn gerade der DAAD hat in diesemereich eine wichtige Aufgabe. Wir meinen, dass wirie Mittelansätze, so wie es die Koalition bereits für dasaufende Jahr getan hat, Herr Kollege Willsch, gerade iniesem Bereich wieder anheben sollten. Ich denke, dassir wieder in dieser Richtung handeln sollten.
ewährt hat sich schon ein Wissenschaftspreis. Das ister Kovalevskaja-Preis, der sehr viel Positives ausgelöstat. Dies könnte ein richtiger Weg sein. Wie ich gehörtabe, soll der neue Preis der am höchsten dotierte Wis-enschaftspreis der Welt sein. Hoffen wir, dass dannuch die entsprechenden Reaktionen kommen.Wir haben von der Regierung einen guten Haushalts-ntwurf vorgelegt bekommen.
Jawohl, das verdient Applaus. – Durch unsere Bera-ungen, die wir jetzt im Haushaltsausschuss führen wer-en, durch die Fragen, die wir stellen werden, und dienträge, die wir einbringen werden, wollen wir dazueitragen, diesen guten Entwurf noch ein bisschen bes-er zu machen, damit wir zum Schluss eine sehr guteorlage haben, um vielleicht einen Gathering Storm, wieie Amerikaner ihr Forschungsprogramm nennen, auslö-en zu können. Dass wir dies erreichen, davon sind wirberzeugt. Das sind die Ziele, die sich die SPD vorge-ommen hat.In diesem Sinne: Herzlichen Dank für die Aufmerk-amkeit.
Nächste Rednerin ist nun die Kollegin Petra Sitte fürie Fraktion Die Linke.
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11668 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 112. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. September 2007
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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sie wer-den sich denken können, dass ich ein bisschen Wasser inIhre Freudenfeuer gießen muss.
Ich werde mich vor allem dem zweiten Teil des zurDiskussion stehenden Ressorts widmen, nämlich derBildung. Für mich hat die ganze Bildungsdebatte etwasbeklemmend Entlarvendes. Schlagworte wie „Fach-kräfte- und Akademikermangel als Innovations- undWachstumshemmnis“, „Rekrutierung ausländischer Ex-perten“ und „Geringqualifizierte als Prellbock der Job-lokomotive“ gehören jetzt zur Alltagssprache der Me-dien und der Politik.
Entlarvend daran ist für mich aus linker Sicht vor allem,dass Bildung in einen rein funktionalen Zusammenhangzur Wirtschaft gestellt wird. Das halte ich für sehr pro-blematisch.
Dabei werden nämlich die eigentlichen Bildungsdefiziteund deren Ursachen nicht thematisiert. Man muss ebeneinfach einmal zur Kenntnis nehmen, dass 50 Prozentder Kinder und Jugendlichen keinen höheren Bildungs-abschluss erlangen, geschweige denn, dass sie jemals inden Höhen von Wissenschaft und Forschung ankommen.Für mich ist schon bezeichnend, dass ausgerechnet dieBildungsministerin das Problem dieser Bildungsunge-rechtigkeit so wenig thematisiert.
Die Zahl armer Kinder – wir haben es bereits gesterngehört – hat in der deutschen Geschichte eine Rekord-höhe von 2,6 Millionen erreicht. In meiner Heimatstadt,in Halle an der Saale, leben 34,6 Prozent der Kinder aufSozialhilfeniveau. Genau diese Kinder sind es, die in un-serem Bildungswesen ausgegrenzt bleiben. In keinemanderen Land in Europa entscheidet der soziale Hinter-grund von Kindern und Jugendlichen so maßgeblichüber ihre Bildungs- und natürlich damit auch über ihreLebenschancen.
Dabei ist kaum ein anderes Land reicher als Deutsch-land.Wenn die Zahl armer Kinder sogar in Zeiten guterKonjunktur zunimmt, dann muss man sich doch vor Au-gen halten, dass sich an dem Bildungsmangel nachwach-sender Generationen nichts ändern wird, sondern dasssich die Situation weiter verschärft. Das allein wäreschon Skandal genug; aber er findet seine Fortsetzung inder älteren Generation. Die Zahl langzeitarbeitsloserMenschen verfestigt sich ebenso in dramatischer Höhe.Dabei wären viele Langzeitarbeitslose verdammt froh,ihr Wissen endlich über eine geeignete Weiterbildung zuatstestfdBsgzhevAsdwhvgeBWsggltcPvdnMaarbmCitL
ildung ist Demokratie von unten.
ir, die Linke, sagen Ihnen: Diese Politik stellt die ge-ellschafts- und sozialpolitische Kompetenz dieser Re-ierung grundsätzlich infrage.Die Regierung wird nicht müde – wir haben esehört –, die vielen Milliarden zu feiern, die in Exzel-enzwettbewerben, im Pakt für Forschung und Innova-ion, in der Hightechstrategie und nun auch im Spitzen-luster-Wettbewerb sowie in vielen anderen elitärenrojekten versenkt werden. Wirtschafts- und Interessen-erbände reiben sich die Hände; sie fordern weitere Gel-er, diesmal eben für Fachkräfte.Schon als ich das erste Mal die Bezeichnung „natio-ale Qualifizierungsoffensive“ hörte, habe ich gestutzt:an verwendet das Wort „national“, obwohl es umusländische Fachkräfte geht. Das ist ein bisschen eigen-rtig. Alles andere, was man zurzeit von der Qualifizie-ungsoffensive sehen kann, sind Versatzstücke: Vorha-en, deren Umsetzung Sie noch mit den Ländern klärenüssen. Das heißt, all das hat noch rein appellativenharakter. Demzufolge wird sich an der Bildungsmiseren absehbarer Zeit nicht wirklich etwas ändern.
Ich will das an zwei weiteren Beispielen belegen. Ers-ens: der Hochschulpakt. Er wurde zwischen Bund undändern geschlossen. Bis 2010 sollen etwa 90 000 zu-
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Dr. Petra Sittesätzliche Studienplätze entstehen. Rechnerisch würdenfür jeden neuen Studienplatz 22 000 Euro ausgegeben,verteilt auf vier Jahre. Die Hälfte davon soll jeweils dasBundesland aufbringen; das ist auch in Ordnung. In mei-nem Land, in Sachsen-Anhalt, will man nun 2 000 Stu-dienplätze halten, die man ursprünglich abbauen wollte;es werden also keine neuen Studienplätze geschaffen.Wissen Sie, wie hoch der Anteil des Landes ist? Er be-trägt 600 Euro. Das ist kein Einzelfall. Mit solchen An-sätzen löst man das Problem nicht. Was lernen wir ausdiesem konkreten Beispiel? Hochschulen bleiben drama-tisch unterfinanziert. Auf einen Studienplatz kommenbundesweit immer noch zwei Studierende.Die geplante Anhebung des BAföG, die Sie hier ge-rade feiern, ist aus sozialer Sicht bei weitem unzurei-chend; denn sie ist überhaupt nicht bedarfsdeckend.
Dazu muss man sagen, dass die Erhöhung allein durchdie Studiengebühren, die heute schon in sieben Bundes-ländern eingeführt worden sind, aufgefressen wird. Ausdiesem Grund ist die 10-prozentige Erhöhung wenigerals ein Nachholen.
– Wir werden sehen, wer mehr Angst hat.Mein zweites Beispiel: die Weiterbildung, zum einenim Zuständigkeitsbereich der Bildungsministerin, zumanderen im Zuständigkeitsbereich der Bundesagentur fürArbeit. Auch hier entdecken wir höchst Widersprüchli-ches.Derzeit kommen auf einen Arbeitnehmer bzw. eineArbeitnehmerin in Deutschland nur zehn Weiterbil-dungsstunden im Jahr. Im Jahre 2001 waren noch etwa350 000 Menschen in Weiterbildung. 2006 waren es nurnoch 120 000, die Weiterbildungsmaßnahmen durchlau-fen haben. Das ist im europäischen Vergleich eine ganzmiserable Bilanz. Aber was macht Frau Schavan? Sieveranstaltet erst einmal eine Pressekonferenz. Dort ver-spricht sie die bereits erwähnte Qualifizierungsoffensive.Haushaltsposten bekommen neue Namen. Unter derneuen Überschrift „Stärkung des Lernens im Lebens-lauf“ reduziert sie die Mittel für Weiterbildung von40 Millionen Euro auf 25 Millionen Euro. Wenn dasnicht absurd ist, was eigentlich dann?
Wie sieht es mit der Weiterbildung seitens der Bun-desagentur für Arbeit aus? Da die Konjunktur brummt,könnte man annehmen, dass Weiterbildung angesagt ist.Die Leute werden auf dem Arbeitsmarkt gebraucht, alsokann man ihnen entsprechende Maßnahmen zur Verfü-gung stellen. Schaut man aber genauer hin, sieht man,dass nichts dergleichen geschieht: weder im Haushaltnoch in den Jobcentern vor Ort. Im Gegenteil: In mei-nem Bundesland ist die Zahl der Weiterbildungsmaßnah-men im April weiter heruntergegangen, und zwar um13 Prozent, in den anderen Ländern – wir haben das ge-pbfüvfFdsdbBzFNBfdHbSbFzgabdfSnGhwtrSCRs
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dieseundesregierung hat eine nationale Qualifizierungsof-ensive beschlossen. Das ist eine große Ankündigung,ie aber leider weder durch reale Politik noch durchaushaltsmittel unterfüttert ist. Das ist ein Riesenpro-lem.Die Ministerin hat jetzt endlich begriffen, dass es imchulbereich eine gesamtstaatliche Verantwortung ge-en muss. Dieser Reifeprozess kommt leider zu spät,rau Schavan. Sie können nicht einmal ein Programmur Migrantenförderung in die Wege leiten, um die Er-ebnisse des Integrationsgipfels umzusetzen. Sie könnenuch kein eigenes Projekt zur Halbierung der Schulab-recherquote, welches Sie immer propagiert haben, inen Haushalt aufnehmen; denn mit der Föderalismusre-orm haben Sie sich alle Chancen genommen. Frauchavan, damit bleiben Sie in diesem Bereich eine Mi-isterin der warmen Worte.
leiches gilt für den Bereich der Ausbildung.Frau Sitte, Ausbildung ist für die individuelle Teil-abe am gesellschaftlichen Leben und am Berufslebenichtig. Wir müssen aber durchaus auch den Fachkräf-emangel im Blick haben. Ich finde es gar nicht ehren-ührig, darüber zu reden.
Die Ministerin könnte auf diesem Gebiet etwas tun.eit zwei Jahren kündigt sie das Projekt der zweitenhance an. Bis heute ist nichts passiert. Eine strukturelleeform ist trotz vieler Sitzungen ihres Innovationskrei-es bis heute nicht in Sicht.
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Priska Hinz
Seit Beginn dieser Wahlperiode fordern wir, dassWarteschleifen endlich in Ausbildungsbausteine umge-wandelt werden; denn Warteschleifen dequalifizieren.Die Zersplitterung der Berufe muss beendet werden. Vorallen Dingen muss die Fähigkeit des Anschlusses an dieakademische Bildung und Weiterbildung hergestelltwerden. Wir vermissen bei Ihnen die Entschiedenheit,diese Schritte tatsächlich zu gehen.
Bei der Weiterbildung fällt Ihnen nichts anderes einals Bildungssparen, und das im wörtlichen Sinne; FrauSitte hat darauf hingewiesen. Mit Ihrem Modell des Bil-dungssparens schieben Sie die Verantwortung für Wei-terbildung einseitig auf die Beschäftigten. Zudem ist IhrModellprojekt haushaltsneutral ausgestaltet. Das heißt,Ihnen ist Weiterbildung im wahrsten Sinne des Wortesnichts wert, nicht einmal einen Euro in Ihrem Haushalt.
Die von Ihnen als wichtig benannten Zielgruppen derGeringqualifizierten, der Älteren und der Frauen werdenmit einem solchen Modell überhaupt nicht erreicht. Le-gen Sie doch bitte ein Konzept für die Weiterentwick-lung des Meister-BAföGs vor, verändern Sie das Bil-dungssparen zielgruppengerecht und fördern Sie eineunabhängige Bildungsberatung! Kurz gesagt: NehmenSie die Vorschläge der Grünen an.
Dann bekommen wir ein tolles Konzept für die Weiter-bildung, und dann schaffen wir international den An-schluss.
Durch die Forschungspolitik der Großen Koalitionsoll das 3-Prozent-Ziel für Forschung und Entwicklungerreicht werden. Das wird von uns ausdrücklich unter-stützt. Doch schauen wir uns einmal Ihren Haushalt da-raufhin an. Es ist schon fraglich, ob dieses Ziel erreichtwerden kann, weil die Ausgaben nicht an die konjunktu-relle Entwicklung angepasst werden. Wenn das Bruttoin-landsprodukt schneller steigt, muss mehr Geld aufge-wandt werden, um die 3 Prozent zu erreichen.
Eine entsprechende Überlegung gibt es bei Ihnen aberderzeit nicht.
Das ist ein Fall für die Nationale Qualifizierungsinitia-tive: Mathematik Sekundarstufe I.
Es reicht auch nicht, wenn das 6-Milliarden-Euro-Pro-gramm dreimal verkauft wird. Daraus werden keine18 Milliarden Euro.Frau Schavan, ich habe nichts gegen Leuchttürme.Aber schauen wir doch einmal, was sich genau dahinterverbirgt.nMtkmmsmGsgdaSusSmknkeeDNssCMksetmpes
Wir werden entsprechende Anträge zum Haushalt
tellen und hoffen sehr, dass Sie diesen mit uns gemein-
am zustimmen.
Danke schön.
Nun hat der Kollege Klaus-Peter Willsch für die
DU/CSU-Fraktion das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Sehr geehrte Frauinisterin! Der Verlauf dieser Debatte zeigt: Die Er-enntnis, dass Bildung und Forschung eine Schlüsselres-ource für Deutschland sind, wenn wir unsere Position ininer an Wettbewerbsintensität zunehmenden Welt hal-en oder sogar ausbauen wollen, ist inzwischen Allge-eingut geworden. Das ist gut so. Die Vertreter der Op-osition tun mir ein wenig leid. Man kennt das ja ausigener Erfahrung: Man muss etwas Regierungskriti-ches sagen,
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Klaus-Peter Willschobwohl man in das Lob einstimmen möchte, das allent-halben von Vertretern der Großen Koalition vorgetragenwird. Aber das sehen wir Ihnen nach, weil wir wissen,dass Sie etwas Negatives finden müssen. Wenn zu vielGeld vorhanden ist, dann fließt zu wenig ab, und wennzu wenig Geld vorhanden ist, muss umgeschichtet wer-den. Irgendeinen Kritikpunkt findet man immer, wennman lange genug im Haushalt sucht. Diesbezüglich ge-ben Sie sich große Mühe. Ich weiß aber, dass Sie imGrunde genommen bei uns sind und anerkennen, dasswir es richtig machen.
Das ist auch verständlich, weil wir in der Zielbeschrei-bung immer übereinstimmen und mit den Indikatorenund Zahlen nachgewiesen werden kann, dass wir aufdem richtigen Weg sind.
Auf Ebene der EU gibt es das 7. Forschungsrah-menprogramm mit einem Volumen von 54,5 MilliardenEuro – das ist ein Zuwachs von 60 Prozent – für dieJahre 2007 bis 2013. Das gibt ebenso wichtige Impulsefür die Forschungslandschaft wie unsere Arbeit hier. Esist erfreulich, feststellen zu können, dass die deutscheWissenschaft intensiv an diesem Rahmenprogramm teil-nimmt. Deutsche Forscher spielen hier eine wichtigeRolle. 80 Prozent aller Projekte finden mit Beteiligungdeutscher Forscher statt. Das kann uns ein Stück weitstolz machen.Es ist mir ein ganz wichtiges Anliegen, die internatio-nale Zusammenarbeit weiter auszubauen. Ich freue michin diesem Zusammenhang, dass wir eine Delegation un-ter Führung des kroatischen Staatssekretärs für Wirt-schaft, Herrn Špančić, zu Besuch haben. Wir warenheute Morgen zusammen im Fraunhofer-Institut und ha-ben Wissenschaftsprojekte im Bereich der Sicherheits-forschung besprochen. Herzlich Willkommen! Auf einegute Zusammenarbeit!
Wir haben den Ländern durch Aufhebung des Hoch-schulrahmengesetzes die Möglichkeit gegeben, dieHochschulen aus der staatlichen Detailsteuerung zu ent-lassen. Mit dem Hochschulpakt haben wir die Voraus-setzung dafür geschaffen – es ist wichtig, das zu erwäh-nen, wenn wir darüber sprechen, wie man Potenzialeausschöpfen kann –, 90 000 zusätzliche Studienplätzeeinzurichten.Es ist schon mehrfach angesprochen worden – auchdie Bundeskanzlerin hat das im Rahmen der Generalde-batte angesprochen –, dass wir auf einem guten Wegsind, das 3-Prozent-Ziel zu erreichen. 3 Prozent desBruttoinlandproduktes sollen für Bildung und Forschungausgegeben werden. Das ist in einer schrumpfenden Ge-sellschaft wie der unseren dringend notwendig.Hsgsld11WfJ2adägvwdAKdBdkgmwIhsdiniemmGmdgdCem
ir müssen sie fördern. Nur wenn man in der Spitze för-ert, wird es auch in der Breite einen entsprechendenufwuchs geben. Deshalb ist es wichtig, dies zu tun. Derurs, den die Bundesregierung, insbesondere die Bil-ungs- und Forschungsministerin, einschlägt, ist richtig.Wir haben eben festgestellt, dass wir uns beimAföG einig sind. Wir wollen das BAföG erhöhen undie Bemessungsgrenze anheben. Wir denken, dass eslug ist, es so zu machen, wie es der Finanzminister vor-eschlagen hat, und zwar in zwei Schritten, um unser ge-einsames Ziel zu erreichen. Über die Details werdenir in den Berichterstattergesprächen reden.
ch glaube in der Tat, dass wir es rechtfertigen können,ier von unserer Grundregel, nicht verstärkt in den kon-umtiven Bereich zu investieren, abzuweichen, weil anieser Front sehr lange, seit 2001, nichts getan wordenst.
Wir müssen ein bisschen weiter denken und dürfenicht glauben, das sei alles eine Frage des Geldes. Wennch es in den sogenannten Wahlkreiswochen irgendwieinrichten kann, bringe ich meine Anna und meine Klaraorgens selber in den Kindergarten. Bei der Gelegenheiterke ich oft, dass Bildung nicht unbedingt etwas miteld zu tun haben muss. Bei der Gelegenheit bekommtan ja einen flüchtigen Eindruck von den anderen Kin-ern. Man stellt fest, dass einige viel reden und einenroßen Wortschatz haben, und man merkt, dass andere,ie zu Hause weniger Ansprache erfahren, schlechterehancen haben.Wir haben die Durchlässigkeit des Systems ja schonrheblich verbessert. In den 80er-Jahren war es sechs-al wahrscheinlicher, als Beamtensohn oder Beamten-
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Klaus-Peter Willschtochter ein Studium zu beginnen, denn als Arbeitersohnoder -tochter. Heute ist es nur noch 3,6-mal wahrschein-licher. Insofern ist hier in unserer Gesellschaft schon ei-niges in Bewegung gekommen.Ich glaube aber, wir müssen weiter ausholen. Der Bil-dungs- und Erziehungsplan in Hessen fand viel Beach-tung. Wir sehen die Phase zwischen der Geburt und demzehnten Lebensjahr als Einheit an, weil das die inten-sivste Prägephase ist. Dadurch können die Kinder zumBeispiel variabel eingeschult werden.Das können wirauf der Bundesebene nicht leisten. Dieser Aufgabe müs-sen sich die Länder stellen.Ich habe mich jetzt in den Bildungsfragen so verloren,dass ich für den Forschungsbereich voll auf Ilse Aignersetzen muss. Liebe Ilse, du wirst das sicher in deiner Re-dezeit ansprechen und entsprechend würdigen. Ichglaube, wir setzen mit der Hightechstrategie die richti-gen Impulse. Wir gehen mit neuen Instrumenten zuWerk, zum Beispiel mit der Forschungsprämie. KlausHagemann, wir haben die Frage, wie viel abfließt undwie viel umgesetzt wird, auch an alle anderen gerichtet.Wir sollten da mitarbeiten. Die Pferde müssen auch sau-fen wollen. Dabei können wir helfen. Wir müssen in un-seren Wahlkreisen in die Firmen und in die Forschungs-einrichtungen gehen und ihnen sagen: Bitte, wir habenneue Möglichkeiten geschaffen, setzt sie um und nutztsie. Dann kann das ganze Werk gelingen.Ich will zum Schluss kommen – hier blinkt es schonbedrohlich – und noch einen Satz aufnehmen, der dieseWoche – ich glaube, es war vorgestern – gefallen ist.Dem Finanzminister wurden für den Fall, dass er schonvor 2010 einen ausgeglichenen Haushalt zustandebringt, mehrere Flaschen Saint-Émilion angeboten. Dasist sicherlich ein guter Wein. Zu meinem Wahlkreis ge-hört das obere Mittelrheinthal; es ist eine Stätte desWeltkulturerbes.
Wir haben heute Abend eine schöne Feier dazu. Ich legeeine Kiste Rheingauer Riesling und einen schönen Rü-desheimer oder Assmannshäuser Spätburgunder dazu,wenn wir das Ziel früher erreichen. Das können wir danngemeinsam – das ist ein Ansporn für die Haushälter – inder Haushälterrunde miteinander trinken, wenn die Ar-beit getan ist. Das wird uns sicher gut bekommen.Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Nächster Redner ist nun der Kollege Kai Gehring für
die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Die Sonntagsreden der Großkoalitionäre können michnicht überzeugen.
hr Haushalt offenbart die ganze werktägliche Wahrheithrer Bildungspolitik. Schöne Worte gibt es bei Ihnenenug; schöne Zahlen leider kaum.
Nehmen wir das Beispiel nationale Qualifizierungsof-ensive. Wer eine Offensive braucht, ist offensichtlich inie Defensive geraten. Denn Sie haben zwei Jahre langeim Fachkräftemangel geschlafen.
as Sie in Meseberg veranstaltet haben, kommt schonast einer nationalen Täuschungsoffensive gleich. Dennie Zahl der Studienanfänger ist unter Bundesbildungs-inisterin Schavan Semester für Semester gesunkennstatt gestiegen. Die Zugangshürden vor den Hörsaal-üren werden immer höher aufgetürmt anstatt abgesenkt.ie Arbeitsmarktzugänge und Aufenthaltsbestimmun-en ausländischer Spitzenkräfte, Studierender und Aka-emiker wurden noch vor der Sommerpause durch dieroße Koalition verschlechtert statt verbessert.
Frau Schavan, ich finde, es ist auch ein starkes Stück,ass Sie als Waffe zur Bekämpfung des Fachkräfteman-els ein freiwilliges technisches Jahr einführen. Was sollenn das bitte schön sein? In Wirklichkeit ist es dochichts anderes als ein staatlich gefördertes Langzeitprak-ikum und damit für die Jugendlichen eine weitere War-eschleife zwischen Schule und Ausbildung. Das ist inef-ektiv, demotivierend und letztlich dequalifizierend. Dasst ein schöner Begriff, aber ein falsches Konzept.
Uns ist klar: Mit Ausbildungsmisere und Studien-latzmangel ist die Fachkräftelücke nicht zu schließen.egen das Fachkräftetief wirkt auf Dauer nur ein Studie-endenhoch. Aber was machen Sie? 2007 wollen Sie imochschulpakt nur 35 Millionen Euro für die Schaffungon mehr Studienplätzen ausgeben. Das sind gerade ein-al 4 Promille des Bildungshaushaltes. Angesichtsehntausender junger Menschen, die zusätzlich an dieochschulen strömen könnten, fordern wir für diesenaushaltstitel, für den Hochschulpakt, eine Quantifizie-ungsoffensive. Denn für einen wirksamen Hochschul-akt müssten Sie laut Prognosen allein im kommendenahr 300 Millionen Euro für zusätzliche Studienplätzerauflegen. Im Übrigen müssen Sie auch die Planungssi-herheit für die Zeit nach 2010 schaffen.
ur dann schaffen Sie qualitativ hochwertige Studien-lätze in ausreichender Zahl und können den Fachkräfte-angel bekämpfen.Mehr Studienplätze allein bringen jedoch wenig,enn sich junge Menschen ein Studium nicht mehr leis-en können. Wir Grüne wollen – anders als zum Beispielie FDP in NRW und die Union in vielen Bundesländern –
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Kai Gehringkein Studieren auf Pump. Wir wollen kein Bezahlstu-dium an den Universitäten. Wir wollen eine Studien-finanzierung, die gerade hochschulfernen Schichtenden Weg an die Unis öffnet.
Deshalb muss das BAföG erhöht werden, und zwar so-fort und um mindestens 10 Prozent.Ich muss Ihnen sagen: Ihr monatelanger BAföG-Zickzackkurs müsste Ihnen eigentlich selbst peinlichsein.
Noch im Frühjahr dieses Jahres wollten Union und SPDgemeinsam eisern an einer BAföG-Nullrunde festhalten.
– Das haben Sie zusammen im Januar sogar noch in Ih-rem Koalitionsantrag zum BAföG festgeschrieben.
– Ja. Ich freue mich, dass wir heute hier im Parlamentnicht mehr über das Ob einer BAföG-Erhöhung streiten,sondern darüber, wie hoch sie ausfallen soll;
das ist etwas anderes. Das ist in erster Linie der vernich-tenden Kritik der Opposition,
der Wissenschaftsorganisationen, der Experten, die sichin der Anhörung geäußert haben, und der Studierendenzu verdanken, nicht etwa allein der Großen Koalition.
Es ist öffentlich Druck gemacht worden, um eine ordent-liche BAföG-Erhöhung zu erreichen. Die Studierendenin diesem Land würden von Ihnen gerne schon heute dasSignal bekommen, welchen Umfang die BAföG-Erhö-hung haben wird.
Die Große Koalition musste zum Jagen getragen wer-den, anstatt von Anfang an ein starker Anwalt der Stu-dierenden zu sein. Ich finde, gerade in Zeiten des Auf-schwungs sollte man bei der BAföG-Erhöhung klotzenund nicht kleckern. Das ist ein wichtiger Punkt. Die Ko-alition sollte über die goldenen Brücken gehen, die ihrder Finanzminister am Dienstag dieser Woche hier imPlenum gebaut hat, als er sagte, dass er die Bemühungendes Parlaments beim Thema BAföG respektvoll zurKuDtAgscRthQIdsRLSkSssGHnhdwmBJsdgDuwt
amit würden Sie den Empfehlungen des BAföG-Beira-es gerecht werden.Wenn Sie wollen, dass wir Ihre Sonntagsreden vomufbruch in die Wissensgesellschaft und vom Kampfegen den Fachkräftemangel ernst nehmen, dann müs-en Sie diese Bemühungen auch im Haushalt in ausrei-hendem Maße finanziell unterlegen. Eine wichtigeolle spielt dabei der Ausbau der Zahl der ausfinanzier-en Studienplätze, die Durchführung einer BAföG-Erhö-ung um mindestens 10 Prozent und die Einleitung einerualifizierungsoffensive, die diesen Namen verdient.ch wünsche Ihnen gute Haushaltsberatungen und hoffe,ass Ihre Nacharbeiten noch zu einigen guten Ergebnis-en führen werden.Vielen Dank.
Nun hat das Wort der Kollege Dr. Ernst Dieter
ossmann für die SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!ieber Kollege Gehring, wie ist das mit der politischenouveränität? Dazu gehört auch, dass man anerkennenönnen sollte, wenn etwas wirklich besser geworden ist.
ie und ich wissen, dass SPD und Grüne gemeinsamtolz darauf sein können – ich sage ausdrücklich: stolzein können –, was in unserer Regierungszeit in Sachenanztagsschule, Förderung der frühkindlichen Bildung,ochschulpakt und Ausbildungspakt erreicht wurde.Da ich nicht nur Sie, Kollege Gehring, in den Blickehmen möchte, sage ich: Souveränität kann auch vonöchster Stelle, nämlich von der Regierung, geübt wer-en. Frau Ministerin Schavan, ich glaube, manchmalürde es zur Entspannung beitragen, wenn wir auch ein-al von Ihnen hören würden, dass der Aufschwung imereich von Bildung und Forschung nicht erst imahre 2005 begonnen hat, sondern dass in dieser Hin-icht ein kontinuierliches Bemühen stattgefunden hat,as jetzt unter glücklichen Umständen eine Beschleuni-ung erfährt.
as würde vieles leichter machen, wäre kooperativernd letztlich auch produktiver. Für diese Souveränitäterben wir, und zwar in die eine wie in die andere Rich-ung.
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Dr. Ernst Dieter RossmannDenn nur dann, wenn man diese Souveränität an den Taglegt, kann man Menschen und auch Institutionen mitneh-men.Frau Sitte, es wird Sie nicht wundern, dass ich vieles,was Sie gesagt haben, nicht positiv bewerte. Aber einesfinde ich richtig: Es muss das Bewusstsein wachsen,dass es um eine Bildungs- und Wissensgesellschaft fürdie Zukunft geht, nicht vorrangig um ökonomische Ver-wertbarkeit. In der Bildungs- und Wissensgesellschaftsteht das Menschenrecht auf Bildung – von Anfang anund ein Leben lang – im Mittelpunkt, ebenso der klugeGedanke, dass eine wissensbasierte Ökonomie aufge-baut werden sollte, weil sie gesünder und fortschrittli-cher ist und auch den Ländern, die sich in ökonomischerHinsicht bisher nicht so weit entwickeln konnten, neueChancen eröffnet. So weit zum Allgemeinen.Nun knüpfe ich an die Erfolge an, die wir gemeinsamerzielt haben. Unter anderem haben wir das Thema „le-benslanges Lernen“ im ersten nationalen Bildungsbe-richt in sehr positiver Weise in den Blick genommen. Ichwill nicht nur Kritik äußern, sondern auch souverän zu-geben, dass wir es sehr gut finden, wie diese Regierungsich insbesondere im nationalen Bildungsbericht um dieIntegration gekümmert hat.
Sie haben zum Beispiel in Bezug auf die Alphabetisie-rung Initiativen ergriffen, die wir vorher noch nicht er-griffen haben und ergreifen konnten. Auch das möchteich ausdrücklich anerkennen.
In diesem Sinne aber müssen von den diese Regie-rung tragenden Fraktionen und der Regierung selbst bitteauch an anderen Stellen Signale ausgehen, dass wir diePrioritäten richtig setzen. Im Sommer hätte es darum ge-hen können und müssen, nicht nur eine nationale High-techstrategie, sondern auch eine nationale Bildungsstra-tegie aufzubauen. Dennoch war die unschöne undablenkende Debatte um die Einführung eines Zentralabi-turs in ganz Deutschland fast das bestimmende Thema.Aus dem, was wir erarbeitet haben und weiter erarbeitenwollen, geht stattdessen doch vielmehr hervor, dass wireine nationale Grundbildungsstrategie sowie eine natio-nale Qualifizierungsstrategie brauchen und wollen.Die Punkte in Bezug auf Altbewerber und den berufli-chen Bereich müssen abgearbeitet werden. Alle dieseMenschen müssen eine Chance bekommen. Wir müssenferner eine nationale akademische Bildungsstrategie ent-werfen. Das müssen die Botschaften sein. Wir müssenuns dafür einsetzen, dass Bund und Länder an diesenStellen entschieden mitarbeiten. Ich werbe darum, dieAkzente richtig zu setzen.Wir müssen dies auch auf dem Feld tun, das unsdurch die Föderalismusreform neu zuwächst. Es ist aner-kannt, dass diese Regierung bei der Bildungsforschungsehr viel mehr macht und machen kann. Die zentralenForschungsfragen müssen hier erkannt und umgesetztwerden. Konkret: Der Rechtsanspruch auf einen Krip-pkasmuzcwdskHiistfteSzabdn–wQskHfSvWgShASsSgfddduwHdv
ir, SPD und CDU/CSU, können jetzt zusammen bele-en, dass es keine populistische Sommeroffensive derPD war, sondern dass wir es zusammen hinbekommenaben.
ber dann muss es auch einen Blumenstrauß für Petertruck geben, und zwar nicht nur von den Studierenden,ondern vielleicht auch von Ihnen.Schließlich stoße ich mich noch daran, dass Sie, Frauchavan, gesagt haben, Sie wollten eine elternunabhän-ige Förderung und wollten das BAföG nicht abschaf-en. Rhetorik ist das eine. Wenn das aber bedeuten soll,ass es für alle nur noch Kredite gibt – ich frage ja nur –,ann wäre das die Abschaffung des BAföG. Denn Zieles BAföG ist es, denjenigen teilweise eine Darlehens-nd Schuldenlast zu ersparen, die es sozial nötig haben,eil sie keinen großzügigen finanziellen Hintergrund zuause besitzen. Dies geschieht durch Zuschüsse, dieank der großen BAföG-Reform, die wir in einer derergangenen Legislaturperioden gemeinsam machen
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 112. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. September 2007 11675
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Dr. Ernst Dieter Rossmannkonnten, gestiegen sind, und es geschieht durch Darle-hen, die wir deckeln konnten, damit die Schulden nichtzu hoch werden. Wir wollen daran festhalten. Ich sagedas auch an diejenigen gerichtet, die jetzt wieder den el-ternunabhängigen Teil betonen, Frau Flach.Uns ist im Zweifelsfall soziale Partizipation wichtigerals individuelle Emanzipation.
Wir müssen verhindern, dass ganze gesellschaftlicheGruppen von akademischer Bildung ferngehalten wer-den. Wenn wir diese Proportion wahren, will ich für dieSozialdemokratie gerne hinzufügen: Der große BruderBAföG hat immer eine kleine Schwester gehabt: dasMeister-BAföG. Wenn wir diese beiden zusammenhal-ten wollen, müssen wir uns auch für das Meister-BAföGetwas überlegen. Denn das gehört in eine nationale Stra-tegie zur Qualifizierung von Fachkräften hinein.
Wir werden daran arbeiten, und wir werden Initiativenergreifen, damit dieses nicht erst in einer nächsten Legis-laturperiode kommt. Im Übrigen hat sich damit dann diekleine Schwester vom großen Bruder emanzipiert.Frau Schavan, es hat uns gefreut, dass Sie nicht nurdas Ziel der 3 Prozent des BIP für Forschung und Ent-wicklung ansprachen, sondern auch die Bildungsfinan-zierung. Lassen Sie uns gemeinsam dafür streiten, dasswir 3 Prozent des BIP für Forschung und Entwicklungund 7 Prozent des BIP für Bildung aufwenden. Jederzehnte Wert, der in Deutschland geschaffen wird, für dieZukunft in Form von Bildung und Forschung – das wäreein gutes gemeinsames Ziel.Danke schön.
Nun hat das Wort die Kollegin Ilse Aigner für die
CDU/CSU-Fraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen undKollegen! Über den Etat des Bundesministeriums fürBildung und Forschung zu reden, müsste eigentlich fürjeden und jede hier im Haus eine wahre Freude sein. Lei-der habe ich das in der letzten Stunde nicht von allen ge-hört, stattdessen manchmal nur hilflosen Neid. Sehr be-dauerlich!
Allein von 2006 auf 2008 wird der Etat dieses Bun-desministeriums um 1,2 Milliarden Euro erhöht. Dassind 15 Prozent mehr für Bildung und Forschung, dassind 15 Prozent mehr für unsere Zukunft.Nu2glsemcIabihgtjgmNzsetwsEtsn3uIuFzhbthIPUFUzd
ie zuvor wurde im Bundeshaushalt so viel für Bildungnd Forschung eingestellt. Bis 2011 legen wir gegenüber006 fast 7 Milliarden Euro drauf. Das ist praktisch einanzer Jahresetat zusätzlich. Wenn das keine Spitzen-eistung ist, weiß ich auch nicht, was wir noch machenollen.
Mehr Geld ist allerdings nicht alles. Entscheidend ists, Neues anzustoßen. Wir hätten es uns relativ einfachachen können, indem wir die bisherigen Titel aufsto-ken. Doch wir haben uns dafür entschieden, zusätzlichenstrumente einzuführen. Der Grundgedanke ist: Nichtlles vorgeben, sondern Kreativität nutzen und Leistungelohnen. Ein Teil der Mittel dient deshalb dem Einstiegn die Vollkostenfinanzierung, besser bekannt als Over-ead für Forschungsmittel. Dafür haben wir jahrelangekämpft. Zwei Beispiele, was das in der Praxis bedeu-et: Im Land Berlin haben die Forscher 2005 und 2006ährlich Mittel in der Höhe von 125 Millionen Euro ein-eworben. Wenn sie auch 2008 so fleißig sind, bekom-en sie 25 Millionen Euro obendrauf. Die Forscher inordrhein-Westfalen bekämen sogar 56 Millionen Eurousätzlich. Damit wird Spitzenforschung auch wirklichpitze belohnt.
Die Stärkung der Grundlagenforschung ist aber nurin Element auf dem Weg zu einem besseren Innova-ionssystem. Mindestens ebenso kräftig muss in die an-endungsnahe Forschung und Entwicklung in der Wirt-chaft investiert werden, aber auch mit der Wirtschaft.ntscheidend ist der Pakt für Forschung und Innova-ion, den wir mit unseren fünf weltweit anerkannten For-chungseinrichtungen verabredet haben. Wir haben ih-en die verlässliche Zusage gegeben, dass sie jedes JahrProzent mehr Mittel bekommen. Das sichert Planungnd eröffnet neue Gestaltungsspielräume.
m Gegenzug unterstützen die Forschungseinrichtungennsere Ziele: verstärkte Nachwuchsförderung, verstärkteörderung von Wissenschaftlerinnen, verstärkte Vernet-ung mit der Wirtschaft in Forschungsverbünden. Auchierzu ein Beispiel: Die Fraunhofer-Gesellschaft hat sie-en Innovationscluster gegründet.Sie hat gezielt das Wissen und Können aller kompe-enten Partner – Wirtschaft, Hochschulen und die Fraun-ofer-Institute selbst – in einer Region gebündelt. Dernnovationscluster Optische Technologien in Jena ist einaradebeispiel dafür: Zwei Fraunhofer-Institute, zweiniversitäten, eine Fachhochschule und zwei weitereorschungsinstitute arbeiten mit über einem Dutzendnternehmen zusammen. Sie bündeln ihre Kompeten-en zur Entwicklung mikrooptischer Systeme und setzenie Forschungsergebnisse zügig in marktfähige Produkte
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Ilse Aignerum. Beispielsweise wurde ein Verfahren zur Entspiege-lung von Plastikoberflächen entwickelt. Dabei werdensogenannte Mottenaugenstrukturen erzeugt. Es könntesein, dass Sie ein Produkt dieser Entwicklung in der Ta-sche haben, weil es bei den neuen Handykameras schoneingesetzt werden kann.So werden öffentliche Mittel nicht nur nachhaltig ein-gesetzt, sondern sie aktivieren zusätzlich private Mittelfür die Forschung. Auf diese Weise ist eins plus einsdann mehr als zwei. Das ist innovative Mathematik.
Diese positive Erfahrung mit Forschungsclustern be-grüßen wir sehr. Deshalb werden 2008 erhebliche Mittelfür einen Wettbewerb von Spitzenclustern bereitge-stellt. Mir ist übrigens immer noch kein passendes deut-sches Wort für „Cluster“ eingefallen. Der treffendste Be-griff ist wohl immer noch „Verbund“. Ihnen ist ja auchnichts wesentlich Besseres eingefallen. Vielleicht solltenwir auch dazu einen Wettbewerb ausschreiben.
– Das ist sehr innovativ.Der Spitzencluster-Wettbewerb hat vor zwei Wochenbegonnen; er ist ganz aktuell. Nach dem Grundsatz„Stärken stärken!“ sollen bereits vorhandene Cluster aufdem Weg in eine internationale Spitzengruppe unter-stützt werden. Diese Spitzencluster werden die gesamteInnovationskette von der Idee bis zum Produkt abde-cken.
Ich freue mich besonders, dass bei diesem Wettbewerbkeine thematischen Eingrenzungen stattfinden. JederTechnologiebereich hat eine Chance. Ausgewählt wer-den die Kandidaten mit den besten Konzepten für dieMärkte der Zukunft.
Unsere Grundüberzeugung ist: Unsere Wissenschaft-ler sind nicht auf unsere Ideen angewiesen. Anders he-rum wird ein Schuh daraus: Wir brauchen die gutenIdeen und die Kreativität unserer Wissenschaftler.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, dieser Etathat ein neues Gesicht. Ich begrüße ausdrücklich die neueStruktur. Sie verdeutlicht unsere drei strategischenLeitlinien:Erstens: Leistungsfähigkeit des Bildungswesen undder Nachwuchsförderung. Das ist das Fundament füreine innovative Gesellschaft und Volkswirtschaft. Dasist Zukunft pur.Zweitens: Wettbewerbsfähigkeit des Wissenschafts-und Innovationssystems durch die Steigerung der Kon-ktfGsWMadtgdgPAsknwBshnnemsbabgsndfsDRWsgrRBsd
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Bildung und Betreuung im frühkindlichen Bereichind genau aus diesem Grund so unglaublich wichtig.as ist auch einer der Gründe, warum wir in der letztenegierung das Tagesbetreuungsausbaugesetz auf deneg gebracht haben und nun weitere Initiativen in die-em Bereich ergreifen. Rheinland-Pfalz will die Kinder-artengebühren abschaffen und nimmt damit eine Vor-eiterrolle für viele andere Bundesländer ein. Dabei istheinland-Pfalz nicht das reichste Bundesland. Kurteck kokettiert immer damit und sagt: Unter den Armenind wir die Reichsten. – Das ist okay. Aber dieses Bun-esland macht reicheren Bundesländern vor, wie man
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Jörg Taussmit Kindergartengebühren zu verfahren hat. Das eröffnetallen Kindern Chancen.
Wir brauchen nicht darum herumzureden: Wir brauchenin diesem Bereich eine verbesserte Förderung.Es gibt tolle Projekte. Kürzlich haben wir beim Helm-holtz-Frühstück über kleine Forscherinnen und Forscherin Kindergärten diskutiert. Dieses Projekt wird nicht mitMitteln aus einem staatlichen Programm, sondern mitMitteln der Forschungsorganisationen finanziert. Dashalte ich für den besseren Weg, liebe Frau KolleginFlach, als den amerikanischen, den Sie gehen wollen.Natürlich habe ich auf meinen Reisen in Amerika vielBeeindruckendes kennengelernt. Sie sagen, kümmerteuch nicht um Vierjährige – ich wundere mich nun nichtmehr darüber, warum es auf eurem Parteitag einen sogroßen Krach um die Kindergartengebühren gegebenhat –, sondern um die Zuwanderung. Aber genau dannwäre der amerikanische Weg falsch. Wir müssen viel-mehr beides tun. Wir brauchen ein Punktesystem, umdort, wo es notwendig ist, qualifizierte Zuwanderer zubekommen. Gleichzeitig dürfen wir die Bildung vondenjenigen, die unten sind, bis hin zu den Studierendennicht vernachlässigen. Aber das haben die Amerikanerin den letzten Jahren versäumt. Das wird sie einholen.
Das amerikanische Bildungssystem ist in der Substanzverrottet. Schon breite Mittelstandsschichten haben dortkeine guten Bildungschancen, sodass die Probleme überZuwanderung gelöst werden müssen.
– Wenn Sie mir nun bestätigen, dass das nicht das FDP-Konzept ist, bin ich einigermaßen erleichtert. Aber IhreWorte haben etwas anderes vermuten lassen.Sie haben behauptet, wir hätten nicht genügend Mittelfür die angesprochenen Qualifizierungsinitiativen imHerbst eingestellt. Ich weiß nicht, wie Sie zu dieser Kri-tik kommen. Ich bin jedenfalls dankbar, dass FrauSchavan und Franz Müntefering diese Initiativen ge-meinsam voranbringen. Wir sind Franz Müntefering au-ßerordentlich dankbar, dass er einen Ausbildungsbonuszum Thema gemacht hat.
Natürlich müssen wir hier Geld in die Hand nehmen unddas auch mit Beitragsmitteln der Bundesagentur für Ar-beit gegenfinanzieren. Ich halte es für wichtiger, mit denÜberschüssen der Bundesagentur für Arbeit sinnvolleMaßnahmen zu fördern, als sie für Beitragssenkungen zuverwenden; das wäre plump. Für uns ist das völlig klar.Allerdings besteht hier noch Diskussionsbedarf.
Liebe Frau Flach, Ihre tränenreichen Ausführungenüber die armen Studierenden nehme ich Ihnen nicht ab.Wo Sie regieren, ob in Baden-Württemberg, Niedersach-sen oder Nordrhein-Westfalen – das gilt auch für Bayern –,wzdLeKdSmsG3tWdlgdmbskdknuevNrddW–i
assen Sie uns den Unfug mit den Studiengebühren be-nden!
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der
ollegin Flach?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Dafür wäre ich sehr dankbar, weil mir die Zeit
avonrennt. – Liebe Frau Kollegin Flach, vielen Dank.
tellen Sie eine Frage, bei deren Beantwortung ich noch
öglichst viel ansprechen kann.
Frau Kollegin Flach, bitte sehr.
Lieber Kollege Tauss, das Land Nordrhein-Westfalen
tellt sehr viele neue Professoren ein, weil es nicht nur
elder aus dem Hochschulpakt hat, sondern auch
00 Millionen Euro aus dem Studiengebührentopf. Ver-
reter der Universität Bochum werden mit den schönen
orten zitiert, sie hätten Angst, dass die SPD wieder an
ie Macht komme; denn die Gelder aus diesem Topf fie-
en dann weg. Wie stehen Sie denn dazu?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich bin Mitglied des Kuratoriums eines sehr wichti-en Instituts an der Universität Bochum. Insofern bin ichort sehr oft. Aber einen solchen Unfug hat mir dort nie-and erzählt.
Frau Kollegin Flach, Sie sprechen ein ernstes Pro-lem an. Der entscheidende Punkt ist in der Tat: Hoch-chulen sind unterfinanziert. Die Gesamtgesellschaftommt ihrem Auftrag, Bildung und Forschung so zu för-ern, wie es notwendig wäre, nicht nach, und dannommt es zur Individualisierung. Ihr Minister hat von ei-em Freiheitsgesetz gesprochen – das ist die Freiheit,nter Brücken zu schlafen –, aber er hat die Hochschulenrpresst, indem er sagte, sie müssten diesen Kampf indi-iduell austragen. Es gibt noch mutige Hochschulen inordrhein-Westfalen, die dies zugunsten ihrer Studie-enden nicht gemacht haben. Vielleicht können wir unsarauf einigen, Frau Kollegin Flach, dass wir angesichtses Rückgangs der Studierendenzahlen in Nordrhein-estfalen
das wollen wir einmal festhalten –, der problematischst, gemeinsam über den Unfug der Studiengebühren
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Jörg Taussnachdenken und den Ländern einen Weg weisen. Daswäre hilfreich. Ich bin stolz darauf: Wo Sozialdemokra-ten regieren, gibt es keine Studiengebühren. Das ist einPunkt, den wir an dieser Stelle festhalten wollen.
Wir haben heute schon eine Reihe von Themen ange-sprochen. Ich will gerne noch auf einige Details einge-hen, die im Zusammenhang mit einer Haushaltsberatungwichtig sind. Neue Instrumente in der Forschungspolitik– die Ministerin und andere haben es angesprochen –sind auf den Weg gebracht worden. Ich nenne das Stich-wort „Forschungsprämie“. Ein wichtiger Erfolg ist aufeuropäischer Ebene dadurch erreicht worden, dass diegemeinnützigen Forschungseinrichtungen in den Kreisderer, die eine Forschungsprämie erhalten können, auf-genommen wurden. Ich kann jetzt nur an die Universitä-ten appellieren – Frau Flach, dazu können auch Sie einenBeitrag leisten, wenn Sie in Nordrhein-Westfalen durchdie Gegend touren –, dass sie dieses Instrument nochstärker in Anspruch nehmen und die Mittel abrufen. Hiergeht es um die Kooperation mit dem Mittelstand, umkleine und mittlere Unternehmen stärker zu fördern. Wirsollten gemeinsam dafür werben, dass sie dies tun.Ich sage den Haushältern, lieber Kollege Hagemann– den Kollegen Willsch sehe ich gerade nicht –, aus-drücklich: Uns geht es nicht nur darum, Geld einzuneh-men. Es ist vielmehr unsere Aufgabe, gemeinsam mitdem ganzen Haus zu schauen, ob die Instrumente, dieneu eingeführt worden sind, eine entsprechende Wir-kung entfalten oder ob wir möglicherweise in dem einenoder anderen Bereich, wenn sie nicht funktionieren, einanderes Instrument brauchen.Kollegin Flach hat natürlich recht, wenn sie sagt, dasswir immer noch ein Problem haben. Das Ganze ist nichtein Problem der Bundesregierung, sondern ein Problemder deutschen Wirtschaft, der es gelegentlich an Innova-tionskraft und Ideen mangelt. Ich nenne als StichworteFax, Mikrowelle, MP3-Player usw. In diesen Fällen hatdie Wirtschaft eben nicht Erkenntnisse der Grundlagen-forschung in Produkte umgesetzt, obwohl sie vorhandenwaren. Wir müssen über diese Transferlücke diskutieren,zumal wir wissen, dass in der Grundlagenforschung dasRisiko für Ausgründungen und potenzielle Kapitalgeberin der Frühphase noch relativ groß ist. Wir sollten über-legen, ob es hier eines ergänzenden Instruments bedarf.Es gibt dazu Vorschläge. Ich nenne das Stichwort „Inno-vationsforen“. Darüber sollten wir unvoreingenommendiskutieren.Was Frau Hinz – ich sehe die Kollegin im Momentnicht; berichten Sie es ihr bitte – zum Bruttoinlandspro-dukt gesagt hat, war schlicht falsch. Selbstverständlichist es so, dass wir aufgrund der erfreulichen Tatsache,dass das Bruttoinlandsprodukt wächst, unsere Mittel auf-stocken, wenn wir das Ziel haben, 3 Prozent des Brutto-inlandsprodukts für Forschung und Entwicklung auszu-geben. Das ist eines der zentralen Ergebnisse derKlausurtagung. Wir werden im nächsten Jahr mit 2,7 Pro-zent einen Schritt nach vorne machen und im Jahr 20092,8 Prozent erreichen.zddkduldudwAHPwGGderkDvvKEmlm
Dafür wird die Zeit nicht mehr reichen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich weiß nicht, wie wir das hinbekommen sollen. Aus
iesem Grund ein klares Bekenntnis: Im Bereich der Bil-
ung müssen wir uns um die bildungsfernen Schichten
ümmern. Im Bereich der Forschung müssen wir uns um
ie kümmern, die Spitzenforschung betreiben, aber nicht
m diese allein. Wir müssen die Forschung in Deutsch-
and in der Breite aufrechterhalten. Die berufliche Bil-
ung ist ganz wichtig; ich sage das ausdrücklich. Es geht
nter anderem um die Qualifizierungsbausteine, ferner
arum, was wir mit den Jugendlichen machen und wie
ir die Mittel einsetzen, die von der Bundesagentur für
rbeit zur Verfügung gestellt werden. Das sind unsere
erausforderungen.
Mit diesem Haushaltsentwurf sind wir in all diesen
unkten auf einem richtigen Weg. Das halte ich für das
ichtige Signal dieser Haushaltsberatungen. Wir haben
eld für Zukunftsinvestitionen in Deutschland. Auf den
ebieten Bildung, Wissenschaft und Forschung setzt
iese Regierung – lieber Kollege Rossmann, Sie haben
s angemahnt – den erfolgreichen Weg, den Vorgänger-
egierungen eingeschlagen haben, kontinuierlich fort.
Sie schauen so entsetzt, Kollegin Aigner.
Herr Kollege, jetzt müssen Sie aber zum Schluss
ommen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das war praktisch der Schluss, Frau Präsidentin. –
ie Kollegin Aigner schaut immer so entsetzt, wenn ich
on Kontinuität spreche. Ich wollte das jetzt gar nicht
ertiefen.
Das können Sie anschließend gern vertiefen, Herr
ollege.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Vielen Dank, Frau Präsidentin.
Damit sind wir am Ende der Aussprache zu dieseminzelplan.Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes-inisteriums für Verkehr, Bau und Stadtentwick-ung, Einzelplan 12.Als erstem Redner erteile ich das Wort Herrn Bundes-inister Wolfgang Tiefensee.
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Wolfgang Tiefensee, Bundesminister für Verkehr,Bau und Stadtentwicklung:Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrtenDamen und Herren Abgeordnete! Liebe Gäste! DerEinzelplan 12 in nüchternen Zahlen ist wiederum dergrößte Investitionshaushalt des Bundes. Es ist nicht nurder größte Investitionshaushalt, sondern, verglichen mitden Etats aller anderen Ministerien, auch der viertgrößteEinzelhaushalt.Wir schlagen vor, in diesem Jahr 13 Milliarden Eurofür Investitionen auszugeben. Damit stärken wir dasRückgrat der Wirtschaft und ermöglichen, dass die Wirt-schaft in den Bereichen Verkehr, Bau und Stadtentwick-lung floriert. Das kommt bei den Menschen an. Dasbrauchen wir, damit der Aufschwung, den wir in diesemJahr konstatieren, sich in der nächsten Zeit kräftig fort-setzt.
13 Milliarden Euro Investitionen, das bedeutet, dasswir im Einzelplan 12 im investiven Bereich aufstocken,während wir im konsumtiven Bereich zurückfahren.Sollte im Redemanuskript eines Oppositionspolitikersstehen, dass der Haushalt insgesamt um 1,8 Prozentsinkt, dann streichen Sie das gleich. Wir arbeiten näm-lich vorbildlich: Wir schnallen den Gürtel enger hin-sichtlich der konsumtiven Ausgaben – minus 450 Mil-lionen Euro –, während wir andernorts um über300 Millionen Euro aufstocken, weil wir glauben, dasswir stärker investieren müssen, wenn wir Deutschlandvoranbringen wollen.
Diese Zahlen allein genügen aber nicht. Was verlangtwerden kann, ist eine strategische Ausrichtung. Wo wol-len wir mit diesen Geldern eigentlich Akzente setzen?Wir kümmern uns um einen sogenannten MasterplanGüterverkehr und Logistik, der die strategische Ausrich-tung im Verkehr in Bezug auf die Gütermassen, die wirbewältigen müssen, aufzeigt und gleichermaßen den Kli-maschutz im Blick behält. Darüber hinaus werden wirdafür Sorge tragen, dass Menschen, egal wie viel sie imPortemonnaie haben, auf den Transport, auf die Mobili-tät zurückgreifen können.Das Gleiche gilt für den Städtebau und das Bauen all-gemein. Auch hier setzen wir strategische Akzente, dieüber das Jahr 2008 hinausweisen und Deutschland imKlimaschutz, aber auch bei der Entlastung der Mieterin-nen und Mieter voranbringen sollen. Das ist eine klugePolitik, eine strategische Linie, die auch beim Bürger an-kommt. So wollen wir das auch im Jahre 2008 halten.
Lassen Sie mich jetzt ganz kurz einige Stichworte ausden Einzeletats aufgreifen.Zum Verkehrsbereich. Wir verstetigen und lassenaufwachsen die Investitionen für die drei Verkehrsträger:die Straße, die Schiene und die Binnenwasserstraße. Wirinvestieren stabil in die Straße: 4,6 bzw. 4,7 Mil-ldMdSNnsNdEhwafdunStwBesnlsnvtdadwemsHtPiwddgbassS
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Wir stecken Geld in den städtebaulichen Denkmal-schutz und wollen im Jahr 2009 aus dem Ostprogrammein Programm für Ost und West machen, weil wir wis-sen, dass auch im Westen investiert werden muss.Im Städtebau also nicht nur Verstetigung, sondernauch Aufwuchs, sowohl in den Investitionen als auch inden Pilotprojekten. Wir sind stolz darauf, dass wir einernegativen Tendenz der Stadtentwicklung, einem Ausein-anderdriften von Stadtteilen und Städten entgegenwirkenkönnen.Natürlich bewegt in diesen Tagen ein besonderesThema die Medien, die Bevölkerung und nicht zuletztauch den Bundestag mit seinen Fraktionen: die Teilpri-vatisierung der Deutschen Bahn AG. Wenn wir überKlimaschutz reden und darüber, wie wir die gigantischenHerausforderungen bei der Bewältigung der Güterver-kehre in der Zukunft gewährleisten wollen, kommen wirum eine Neuausrichtung und eine Stärkung unserer DBAG nicht herum.
Deshalb bin ich froh, dass die Koalitionsfraktionen ineiner Entschließung im November noch einmal bekräf-tigt haben, welche Ziele wir verfolgen. Wir wollen mehrVerkehr von der Straße auf die Schiene bringen. Wir wol-len dieses effiziente und klimaschonende Verkehrsmittelweiter ausbauen. Wir wollen uns in Europa stark aufstel-len, wollen aber natürlich auch in Deutschland unserenVerpflichtungen als Dienstleister gerecht werden. DieTaktfrequenzen in der Fläche sollen genauso stabilbleiben – vielleicht sogar noch verbessert werden – wiedie Investitionen in die Fernverkehre. Wir wollen denGüterverkehr in Deutschland genauso im Blick behaltenwie die Herausforderungen in Europa.
Darüber hinaus wollen wir die Investitionen, die derBund tätigen kann und tätigen muss, begrenzen. Wir ha-ben nicht genug Steuergelder. Wir haben nicht genug öf-fentliches Geld, um diesen Auftrag mit der DB AG er-füllen zu können. Aus diesem Grund werden wir uns mitPrivaten verbinden, um Geld frei zu machen, die Deut-sche Bahn AG zu einem Dienstleister im Inland und imAusland voranzubringen.Ich bin den Kollegen Fischer und Beckmeyer dank-bar, dass wir in der Vergangenheit sehr konstruktiv andiesem Thema gearbeitet haben, das wie kein zweites inder öffentlichen Aufmerksamkeit steht. Lassen Sie unsalle Möglichkeiten nutzen, deutlich zu machen, dass wireinen starken, integrierten Konzern haben wollen, derdem Wettbewerb standhält, dass das Eigentum an den In-frastrukturunternehmen, an Netz und Stationen beimVolk, beim Bund bleibt, die Arbeitsplätze sicher sinduadtdwnmepWHwdDHaswcsPrgtMdeSsfde
ollen Sie die Bahn lieber heute als morgen zu Geld ma-hen. Für uns Haushälter und für den Steuerzahler stelltich die Situation allerdings deutlich anders dar: Ihreläne zur Privatisierung der Bahn bedeuten vor allem einiskantes und teures Spiel auf Kosten der Bahnversor-ung und der Steuerzahler.
Rund 5 Milliarden Euro soll der Verkauf von Bahnan-eilen einbringen.
indestens 8 Milliarden Euro würde der Bund aber füren Rückkauf in 15 Jahren bezahlen müssen –
in völlig absurder Plan.
ie wollen öffentliches Eigentum zum Spottpreis ver-chleudern, das später teuer zurückgekauft werden muss,alls sich in 15 Jahren überhaupt ein Finanzminister aufieses Spiel einlässt. Ansonsten würde sich der Bundndgültig vom Schienennetz verabschieden.
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Dr. Claudia WintersteinDoch nicht nur haushaltspolitisch, sondern auch ord-nungspolitisch führt Ihre geplante Privatisierung an denErfordernissen einer leistungsfähigen Bahn vorbei. Sub-ventioniert durch Steuergelder stärken Sie die Bahn AGals Monopolisten auf der Schiene,
der über Trassenpreise und Nutzungsbedingungen seinerKonkurrenten bestimmen darf. Das ist so, als würde mandie Verantwortung über die Autobahnen an VW überge-ben, und VW verlangt dann Gebühren von den Fahrernanderer Automarken, damit sie überhaupt auf der Auto-bahn fahren dürfen.
Die FDP ist grundsätzlich für eine Privatisierung derBahn; das wissen Sie. Nur, das Netz muss vollständigbeim Bund bleiben, sonst schaffen Sie Milliardenrisikenfür den Bundeshaushalt, gefährden die Versorgung undverhindern den Wettbewerb.
Wettbewerb ist nur möglich, wenn das Netz vollständigin der Verantwortung des Bundes bleibt.
Nur dann ist ein fairer Zugang für alle Eisenbahnunter-nehmen zur Schiene möglich, nur dann wird Bahnfahrengünstig, nur dann ist eine flächendeckende Versorgungdurch die Schiene gewährleistet.Bei all den Argumenten gegen Ihr Privatisierungskon-zept ist es kein Wunder, dass Sie außer Ihrem ehrgeizi-gen Mitstreiter Hartmut Mehdorn kaum Freunde für IhrProjekt gewinnen können. Dass sich fast alle Länderre-gierungen, große Teile Ihres Koalitionspartners und so-gar große Teile Ihrer eigenen Fraktion im DeutschenBundestag hartnäckig gegen das Gesetz wehren, sollteIhnen ernsthaft zu denken geben, Herr Minister.
Während Sie in Sachen Bahnprivatisierung dabeisind, Milliardenbeträge zu verschleudern, fehlen dieGelder an anderer Stelle: Das Straßennetz behandelnSie wie ein ungeliebtes Stiefkind. Trotz des wirtschaftli-chen Aufschwungs und steigender Mobilität stellen Siewieder weniger Geld für die Straße zur Verfügung – we-niger und nicht mehr, Herr Tiefensee!
Sie haben eben dargelegt, dass die Ausgaben für die Ver-kehrsinvestitionen im Haushaltsentwurf 2008 gegenüberdem Haushalt des Jahres 2007 steigen. Das ist richtig,auch wenn nur minimale 216 Millionen Euro dabei he-rauskommen. Gemäß der Finanzplanung bis 2011 aberwollen Sie weniger investieren, und darunter leidet al-lein die Straße. Was sollen also die Märchen, die Sie unseben erzählt haben?
Bereits in der Planung für 2008 senken Sie die Stra-ßeninvestitionen auf 4,7 Milliarden Euro ab, bis 2011 so-gZ5SDdwBmBWDdvwK2ishss2Hd14sFmmsD
iese Koalition steht fest und eng zusammen.
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Dr. Hans-Peter Friedrich
Wenn Sie sich Hoffnung auf eine Regierungsbeteiligungmachen, muss ich Sie leider bis 2009 vertrösten. SeienSie sicher, wir werden auch in der Frage der Bahnre-form eine gute, den Interessen der Menschen, der Steu-erzahler, der Wirtschafts-, Ordnungs- und Verkehrspoli-tiker angemessene Lösung finden.
Ich kann Sie da beruhigen. Ab nächster Woche beginntdarüber die Diskussion hier im Hohen Haus.Wenn Experten gefragt werden, was denn die Grund-lagen des wirtschaftlichen Aufschwungs und der Wett-bewerbsfähigkeit Deutschlands sind, dann nennen sie imWesentlichen zwei entscheidende:Eine Grundlage bilden – darüber wurde schon in dervorigen Debatte gesprochen – gut ausgebildete, moti-vierte und fleißige Menschen. Dass wir die brauchen, istinzwischen in den Köpfen der Menschen angekommen.Als zweite Grundlage für die derzeitige und zukünf-tige wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland werdendie gute Infrastruktur, die Versorgung mit Energie unddie Kommunikationsnetze genannt. All dies ermöglichtMobilität und logistische Höchstleistungen. Das scheintallerdings bei vielen noch nicht so richtig angekommenzu sein.
Deswegen ist es, wie ich glaube, Aufgabe auch derPolitik, deutlich zu machen, wie wichtig Investitionen inden Infrastrukturbereich sind. Erst wenn Streiks am Ho-rizont erscheinen, wie beispielsweise vor einigen Wo-chen der Streik der GDL, entsteht große Aufregung. Erstdann erkennt man, wie wichtig Logistik und Mobilitätfür die wirtschaftliche Entwicklung sind. Sie stellen so-zusagen den Lebenssaft der Wirtschaft dar.Meine Damen und Herren, die Zunahme des Güter-verkehrs in Deutschland – sie ist auch im Jahr 2007 dra-matisch; es ist die stärkste Zunahme seit derWiedervereinigung – ist nicht nur darauf zurückzufüh-ren, dass wir in Deutschland und Europa einen wirt-schaftlichen Aufschwung haben, sondern auch darauf,dass es zu einer verstärkten Einbindung Deutschlandsund Europas in die globalisierte, immer feingliedrigerwerdende Arbeitsteilung kommt. Darin liegt eineHerausforderung – denn als Transitland müssen wir ent-sprechende Korridore schaffen –, darin liegt aber aucheine Chance, die große Chance, dass in Deutschland imLogistik- und Mobilitätsbereich, der schon heute nichtunterschätzt werden darf, durch Wertschöpfung Arbeits-plätze geschaffen werden können.Lassen Sie uns, wie die Bundeskanzlerin gestern inihrer Rede gesagt hat, diese Chancen nicht nur erkennen,sondern auch ergreifen. Wir werden Sie, Herr Minister,in den nächsten Wochen bei Ihren Bemühungen unter-stützen, die Mittel im Verkehrsbereich zu verstärken. Siehaben uns, die Verkehrspolitiker, in dieser Frage an IhrerSeite.cldbggInkaHTesjDfEkAcsLsgarnzuiacibadbbmbfdsmkw
Ich bin überzeugt: Mein Kollege und Namensvetterorst Friedrich von der FDP würde Ihnen, wenn dasransrapidprojekt gescheitert wäre, vorwerfen, das seiine persönliche Niederlage. Mit dem gleichen Rechtage ich: Es ist Ihr persönlicher Erfolg, dass dieses Pro-ekt durchgesetzt wird.
eutschland beweist in dieser Frage seine Innovations-ähigkeit.
s gibt zwar eine kleine Finanzierungslücke; aber Sieennen den Spruch: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.uch wenn es zusätzliche Risiken geben mag, bin ich si-her, dass wir ein partnerschaftliches Miteinander zwi-chen Bund und Freistaat Bayern erleben werden.Herr Minister, Sie haben das Thema Masterplanogistik angesprochen. Auch dazu gibt es erste Zwi-chenergebnisse. Interessante Teilaspekte wurden bereitsenannt. Ich nenne die Entmischung der Güterverkehreuf Schiene und Straße. Dies ist ein interessanter Be-eich, über den wir verstärkt diskutieren sollten. Es mussicht immer alles so bleiben, wie es in den letzten Jahr-ehnten war. Die Bestanderhaltung unserer Fernstraßennd Schienen ist ein wichtiger Aspekt, der immer mehrn das Blickfeld gerät, vor allem dann, wenn man sichnschaut, welche Mittel notwendig sind, um das Stre-kennetz zu erhalten. Ein weiterer wichtiger Teilaspektst die Parkplatzsituation der Lkws an den Bundesauto-ahnen.Wir sollten uns aber davor hüten, ein Sammelsuriumn Teilaspekten aufzuhäufen und nach dem Motto „Gut,ass wir darüber gesprochen haben“ abzuheften. Wirrauchen ein Gesamtkonzept; jetzt wird dafür die Vorar-eit geleistet. Bestimmte Dinge müssen vor die Klam-er gezogen werden: beispielsweise die wichtigleibende Frage der Beschleunigung von Planungsver-ahren. Die Wettbewerbsfähigkeit der Logistik hängt voner Geschwindigkeit ab. Deswegen ist es gerade in die-em Bereich notwendig, Logistikeinrichtungen jeder Artöglichst schnell, möglichst beschleunigt realisieren zuönnen. Ich halte das für ganz wichtig.Ich nenne den Bereich des Lärmschutzes; diesurde schon angesprochen. Mobilität und Verkehr benö-
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 112. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. September 2007 11683
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Dr. Hans-Peter Friedrich
tigen die Akzeptanz der Bevölkerung. Deswegen müs-sen wir nicht nur bei den Lärmschutzeinrichtungen anSchienen und Straßen, sondern auch beim Lärmschutzdurch technische Neuerungen an den Fahrzeugen etwastun, und zwar nicht nur einseitig zulasten der deutschenUnternehmen, etwa der deutschen Eisenbahnunterneh-men. Vielmehr müssen auch diejenigen Europäer, diedurch Deutschland fahren wollen, in die Pflicht genom-men werden.Wer wie in allen Bereichen mit knappen Mitteln um-geht, muss Prioritäten setzen. Wir haben das nach derdeutschen Wiedervereinigung getan. Damals ging es da-rum, möglichst rasch die neuen Länder mit Verkehrsleis-tungen zu versorgen, mit Autobahnen und Fernstraßen.Wenn ich heute von hier in meinen Wahlkreis fahre, überLeipzig bis nach Hof, dann freue ich mich immer überden guten Zustand der Autobahnen in den neuen Län-dern. Die Freude wird aber getrübt, wenn ich über dieAutobahnen in den alten Bundesländern fahre und auffehlende Lückenschlüsse, schlechte Fahrbahnbeläge undBrückenbauwerke treffe, denen man schon ansieht, dasssie eigentlich zu alt sind und dringend erneuert werdenmüssten.Ich halte es für notwendig, dass wir jetzt einmal über-legen, wie wir mit diesem Zustand umgehen. Wenn ich– auch in den neuen Ländern – mit den Menschen rede,stelle ich fest: Sie verstehen, dass man die Qualität derBundes- und Fernstraßen sowie der Autobahnen in denalten Ländern an den hohen Standard, den wir in denneuen Ländern erreicht haben, angleichen muss. Des-wegen unterstütze ich ausdrücklich die Forderung desbayerischen Innenministers Beckstein, ein Anglei-chungsprogramm sozusagen vor die Klammer zu zie-hen, wie wir es bei den Verkehrsprojekten DeutscheEinheit gemacht haben, oder die VIFG mit Kreditfähig-keit auszustatten, jedenfalls ein mehrjähriges Programmzur Ertüchtigung und zur Erneuerung der Fernstraßen inden alten Ländern aufzulegen.
Lassen Sie mich einige Worte zum Thema Umweltsagen, das, meine Herren Minister,
bei Ihrer Klausur in Meseberg eine wesentliche Rollespielte. Fast zwei Drittel des Energieverbrauchs fallenin den Bereichen des Verkehrs und der Gebäude an. Des-wegen ist es richtig, dass wir da etwas tun. Das CO2-Ge-bäudesanierungsprogramm ist eine Erfolgsgeschichte.Wenn die mir vorliegenden Zahlen richtig sind, wurdenallein im Jahr 2006 die Sanierungen von 265 000 Woh-nungen mit diesem Programm unterstützt. Dieses Pro-gramm ist heute viermal so hoch wie im Jahr 2005– dem Zeitpunkt des Eintritts der CDU/CSU in die Re-gierung – ausgestattet. Man erkennt also die klare Hand-schrift unserer Partei im Bereich der Ökologie.
ch denke, die Vervierfachung der Investitionen im Ge-äudebereich kann sich sehen lassen.Jetzt muss es darum gehen, Stück für Stück die Sanie-ung des Gebäudebestandes nach dem Stand der Technikorzunehmen. Ich warne aber dringend vor Verunsiche-ung. Wir brauchen bei diesem Unternehmen die Part-erschaft der Bürger. Wir wollen zusammen mit denürgern, den Vermietern und den Hauseigentümern ei-en neuen, hohen Standard erreichen. Da macht es rela-iv wenig Sinn, wenn der Bundesumweltminister mittarken Sprüchen Mieter und Vermieter polarisiert.
Wir haben die große Chance, eine Gewinnersituationür die Eigentümer, die Mieter und die Umwelt zu erzeu-en. Wir dürfen diese Chance nicht verspielen, indeminzelne versuchen, sich links zu profilieren. Vielmehrollten wir alle uns dem Ziel verschreiben und der Sacheienen. Zwangsmaßnahmen sind dabei nicht notwendig.Lieber Herr Tiefensee, nachdem Sie beim Transrapidrfolgreich ein Machtwort gesprochen haben, bitte ichie, auch in einer anderen Frage ein Machtwort zu spre-hen, nämlich bei der Einbeziehung des Wohneigen-ums in die staatliche Förderung. Aus ideologischenründen wird hier leider immer noch blockiert. Wirrauchen eine solche Förderung aber dringend: In die-em Jahr gab es allein in den ersten sechs Monaten einenückgang des Wohnungsbaus um 38 Prozent. Das kanno nicht weitergehen. Es muss ein Signal für den Woh-ungsbau gesetzt werden, auch in der Frage der staatli-hen Förderung des Wohnungsbaus, und zwar ohne An-asten der Wohnungsbauprämie.Im Übrigen denke ich, dass wir auf einem guten Wegind. Ich wünsche Ihnen, lieber Herr Minister, und denollegen, die im Haushaltsausschuss an der Front ste-en, alles Gute bei den weiteren Beratungen in denächsten Wochen.
Vielen Dank.
Das Wort hat nun der Kollege Roland Claus für die
raktion Die Linke.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen underren! Herr Bundesminister! Wir reden hier in der Tatber den bedeutendsten Investitionshaushalt des Bundes.arin steht sehr viel Vernünftiges, das die Unterstützungeiner Fraktion erfahren wird. Das sagt aber natürlichoch nichts über die Arbeit Ihres Ministeriums.
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11684 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 112. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. September 2007
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Roland ClausSchließlich reden wir hier über Steuergelder, und die ha-ben Sie ja nicht mit dem Cello eingespielt, Herr Bundes-minister – bei allem Respekt. Solange Sie über diegrößte Gießkanne dieser Republik verfügen, müssen Siesich von uns und der Öffentlichkeit natürlich über dasWachstum der Pflanzen befragen lassen. Das ist alles an-dere als Majestätsbeleidigung.Deutschland, sagte die Bundeskanzlerin gestern, habeGrund zur Zuversicht. Ihr Ostbeauftragter bestätigte dashier. Ich will Ihnen zunächst sagen: Für sehr vieleMenschen – gerade in den neuen Bundesländern, abernicht nur dort – ist die Lebenswirklichkeit eine andere.Solange es im Osten eine verstetigt doppelt so hohe Ar-beitslosigkeit wie im Westen gibt, sich die Abwanderung– vor allem junger qualifizierter Frauen – fortsetzt undLöhne, Gehälter und Renten zum Teil unter dem Exis-tenzminimum gezahlt werden, ist dort kein sozialer Frie-den in Sicht.Minister Tiefensee meint nun – das ist gewisserma-ßen sein erklärtes Erfolgsrezept –, dem Osten zu nutzen,indem er den Wessis die Sorgen, die sie mit den Ostdeut-schen haben, weglächelt. „Don’t worry, be happy“ vonFestvortrag zu Festvortrag. Manche meinen, Tiefenseemacht dabei eine gute Figur. Die Ostdeutschen fragensich allerdings, warum er nicht lieber etwas für sie tut.
Deshalb komme ich jetzt zu einigen Haushaltspostenim Einzelnen. Ein entscheidendes Kapitel in diesem Etatheißt – ich hoffe, das wird noch eine Weile so bleiben –:„Eisenbahnen des Bundes“. Wir geben hier viele Steuer-gelder für die Bahn aus. Durch das Kapitel „Eisenbah-nen des Bundes“ wird aber die Frage aufgeworfen, werhier der Bund ist. Inzwischen redet eine Volkspartei,nämlich die SPD, von Volksaktien bei der Bahn. Neben-her gesagt: Diese Volkspartei wird in der Heimat vonWolfgang Tiefensee inzwischen bei 8 Prozent gehandelt.Herr Minister, Sie meinen immer noch, das als einekluge Politik verkaufen zu können, die bei den Leutenankommt. Ich habe hier doch meine Zweifel.Wenn jetzt also über Volksaktien nachgedacht wird,dann muss doch die Frage gestattet sein, warum das VolkAktien für Sachen kaufen soll, die ihm ohnehin gehören.Warum sollte das einen Sinn machen?
Statt über Volksaktien zu debattieren, sollten wir dieBahn lieber beim Volk, also beim Bund, belassen unduns um mehr Qualität kümmern, also beispielsweiseauch den Zustand der Bahnhöfe verbessern.
Im nächsten Jahr sollen die Würfel in Sachen Bahn-privatisierung fallen. Die Börse soll es richten. WennIhnen die Ereignisse um die IKB und die SächsischeLandesbank noch nicht die Augen geöffnet haben, dannmuss man es wohl noch einmal sagen: Wer die Bahnheute den Hedgefonds aussetzt, der treibt sie in ein sol-ches Fahrwasser wie das, in dem auch die Landesbank inSachsen untergegangen ist.–SwldwssMddSbVHeSbVsdFdtdaTNDwvIAwm
Seitdem Ihnen Herr Müntefering hilfreicherweise denpruch mit den Heuschrecken zugedacht hat, denken Sieohl, dass Sie aus dem Problem herauskommen. Natür-ich wird eine solche Privatisierung, wie Sie sie ange-acht haben, all die Probleme mit sich bringen. Davorarnen wir ausdrücklich.
Dabei gibt es im Hause Tiefensee doch auch blitzge-cheite Erkenntnisse. Er hat es gegenwärtig mit einemehr peinlichen Vorgang zu tun: Der Neubau seinesinisteriums muss saniert werden. Der oberste Bauherres Landes sitzt in einem schon wieder sanierungsbe-ürftigen Haus.
ie haben seinerzeit die Bauaufsicht aus der Hand gege-en, und die Versicherung zahlt nur einen Teil.Nun lese ich im Bericht des Ministeriums über diesenorgang wörtlich:Dieses Modell einer sehr weitgehenden Verlage-rung der Bauherrenaufgaben von der staatlichenBauverwaltung auf private Büros hat sich nicht be-währt.err Bundesminister, wenn sich ein solches Vorgehen,ine solche Privatisierung, nicht bewährt hat, könntenie nun die richtige Lehre ziehen und diese Logik auchei der Bahn anwenden. Stattdessen haben Sie einenerkauf unter Wert vor. Mit Aurelius haben Sie das jetztchon vollzogen. Die Risiken sollen beim Staat bleiben,ie Gewinne werden privatisiert.Jetzt ist vielleicht – ich weiß, dass nicht nur in meinerraktion so gedacht wird – die letzte Chance, den Zugieser Zwangsprivatisierung der DB AG noch anzuhal-en. Nutzen wir diese Chance!
Stichwort Transrapid. Als Ingenieur bin ich immeren Verlockungen der neuen Technik ausgesetzt. Wennber heute – wir leben nicht im 19. Jahrhundert – eineechnologie 30 Jahre lang im Angebot ist und keineachfrage erfährt, dann stimmt damit etwas nicht.
ann haben wir es mit einer Sackgasse zu tun, aus derir herauskommen sollten, bevor wir 1 Milliarde Euroerpulvern.
ch würde mir natürlich wünschen, dass das noch in dermtszeit von Edmund Stoiber geschieht, weil er dasahrscheinlich wieder in unnachahmlicher Weise kom-entieren würde.
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Roland ClausStichwort Maut. Es ist schon vergessen, dass demBund bei der Einführung etliche Milliarden Euro entgan-gen sind. Wir reden jetzt über Schiedsverfahren. ImHaushalt 2008 ist aber noch immer kein Geld eingestellt,das als Ergebnis aus diesen Schiedsverfahren erwartetwird.
Das Mindeste an dieser Stelle wäre, dass der Bund dieKonsequenzen zieht und diejenigen Unternehmen, dieam Schiedsverfahren beteiligt sind, von Zuwendungendes Bundes im Jahre 2008 ausnimmt. Das könnten wirsehr wohl tun.Stichwort Galileo. Dieses Projekt wird hier vomMinister gefeiert. Ich sehe aber wirklich keinen Grunddafür. Wie staatsnahe Monopolisten mit Regierung undParlament umgehen, hat – nebenbei gesagt – mit Markt-wirtschaft nichts zu tun.
Es ist schon reichlich obskur, dass Ihnen ein Sozialistdas dauernd erklären muss.Stichwort Gebäudesanierungsprogramm. Hier ste-hen wir mit vielen Kolleginnen und Kollegen nicht aufder Bremse, sondern auf dem Gaspedal. Seit 2006 for-dern wir eine Erhöhung der Mittel für dieses Programm.Sie haben unsere Anträge im Parlament immer abge-lehnt.
Aber hinterher haben Sie sie doch umgesetzt, indem Siedie Mittel für das Gebäudesanierungsprogramm erhöhthaben. Wenn es den kleinen und mittelständischen Un-ternehmen und der Umwelt nützt, können wir mit die-sem Verfahren gerne so weitermachen.Noch einige Worte zur Lage in den neuen Bundeslän-dern. Es naht wieder der 3. Oktober, und es nahen dieFestreden. Fakt ist: Die Prognos AG – das ist nun wirk-lich keine linke Filiale – hat einen Zukunftsatlas 2007erstellt; das ist ein Ranking aller Landkreise und kreis-freien Städte der gesamten Republik. Unter den138 Städten und Kreisen, die beste bis gute Zukunfts-chancen haben, kommen nur vier aus dem Osten.
Auf der anderen Seite befinden sich unter den 49 Städtenund Kreisen, für die ein hohes Risiko festgestellt wird,48 aus dem Osten.Zu diesem Punkt hat damals im Auftrag der Bundes-regierung die Dohnanyi-Kommission Vorschläge ge-macht. Diese Vorschläge finden offenbar beim für denAufbau Ost zuständigen Minister kein Interesse mehr.Sie liegen quasi brach.Ein letzter Punkt, Herr Minister. Ich glaube, wir wer-den hier noch gemeinsam die Situation erleben, dass wiruns endlich entschließen, die Bundesregierung komplettin Berlin tätig werden zu lassen. Auch Ihre Beschäftig-t5hStlnVHHzdlnzBvdssMtkzmnTi3SwncddesdCnb
enn ich habe in den nächsten zwei Monaten noch reich-ich Gelegenheit dazu. Aber meine Kollegin wird dazuoch ein paar Anmerkungen machen.Ich will mich auf den Anspruch des Ministers kon-entrieren. Herr Tiefensee, Sie haben Ihre Rede mit deremerkung begonnen, dass es das Ministerium für In-estitionen sei. Das ist richtig. Sie haben ferner gesagt,ass es darauf ankomme, einen strategischen Politikan-atz zu wählen und strategisch etwas für den Klima-chutz zu tun. Daran will ich Sie messen. Ich bin dereinung, dass Sie, gerade weil Sie so viele Möglichkei-en haben, in besonderer Weise gefordert sind, einen zu-unftsfähigen und klimaschutzorientierten Haushalt vor-ulegen. Wir haben erhebliche Zweifel daran, dass Sieit dem, was Sie hier vorgestellt haben, tatsächlich ei-en solchen Schwerpunkt setzen.
Die Regierung hat beschlossen, den Ausstoß anreibhausgasen bis 2020 um 40 Prozent zu reduzieren;n den Bereichen Verkehr und Wohnen sollen es 30 oder5 Prozent sein. Wenn man strategisch ansetzt, müsstenie sagen, mit welchen Maßnahmen Sie das erreichenollen. Genau dazu erfährt man in Ihrem Haushalt aberichts. Auch in Ihrer Rede haben Sie es nicht klarma-hen können.Sie tun zwar etwas; ich bin aber der Meinung, dassas zu wenig und zu wenig strategisch ist. Ich will Ihnenas an einigen Beispielen deutlich machen:Erstes Beispiel: Autopolitik. Es ist doch offenkundigin Problem, dass es zu viele Autos gibt, die zu viel Spritchlucken. Es wird höchste Zeit, dass der Automobilin-ustrie und den Kundinnen und Kunden über eine neueO2-orientierte Kfz-Steuer signalisiert wird, dass derje-ige, der ein spritfressendes Auto fährt, in Zukunft mehrezahlen muss als derjenige, der ein klimafreundliches
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Winfried HermannAuto fährt. Jetzt müsste endlich einmal ein Konzept vor-gelegt werden. Sie geben zwar Interviews, legen aberkein Konzept vor. Legen Sie es endlich vor!
Zweiter Punkt: Grenzwerte. Die Automobilindustriekämpft auf europäischer Ebene gegen die neuen, hohenGrenzwerte. Sie will, dass sie nicht ab 2012, sondern erstab 2015 gelten. Ein durchschnittlicher Ausstoß von120 Gramm CO2 pro Kilometer ist ihnen außerdem zuniedrig. Sie sollten einmal auf die IAA gehen; ichkomme heute von der Messe. Sie werden verblüfft sein,wie viele Autos schon heute die Grenzwerte von über-morgen einhalten können und wie viele Autos angekün-digt werden, die bereits im nächsten oder übernächstenJahr all diese Grenzwerte einhalten können.
Fazit: Die Automobilindustrie macht eine „grüne Wo-che“ in Frankfurt, in Brüssel bremst sie bei grün. Hiermuss die Politik eingreifen und sagen: Wir stehen dazu.Wir wollen, dass der neue Grenzwert ab 2012 gültig ist.Wir haben ambitionierte Ziele.
Wir sind der Meinung, dass ein Förderprogramm not-wendig ist, mit dem neue Antriebstechnologien, die so-genannten Nullemissionstechnologien – beispielsweiseHybridfahrzeuge und Elektrofahrzeuge – stärker unter-stützt werden können. Analog zu anderen Bereichen,zum Beispiel der Energiewirtschaft, muss im BereichVerkehr mehr getan werden.Dritter Punkt: Güterverkehr. Sie haben ihn ange-sprochen. Die Schienenverkehrsanschlüsse für Betriebesind ein schönes Beispiel und eine gute Sache. Sie habengesagt, dass im Bereich „kombinierter Verkehr“ schonjetzt 110 Millionen Euro investiert werden. Es ist er-staunlich, dass Ihnen nicht aufgefallen ist, dass das einbisschen lächerlich ist. Allein die Kosten für eine durch-schnittliche Umgehungsstraße belaufen sich nämlichschon auf 110 Millionen Euro. Es ist ein Zehntel dessen,was Sie in den Transrapid investieren wollen, wohlge-merkt: für eine Nahverkehrsstrecke, deren praktischerWert darin liegt, dass Sie, nachdem Sie lange gebrauchthaben, um zum Hauptbahnhof zu fahren, dann in einemschnellen Zug zum Flughafen rausfahren können. Nichtsgewonnen, aber 2 Milliarden Euro ausgegeben. Das istkeine strategische Politik. Das nützt der Verlagerung desGüterverkehrs auf die Schiene nicht. Das nützt übrigensnicht einmal der Verlagerung des Personenverkehrs aufdie Schiene. Sie sollten das einmal kritischer beurteilenund sich nicht immer dem Technikwahn anschließen.
Viertens möchte ich kurz ansprechen, dass es richtigist, dass dank der Ökopartei CSU endlich ein Altbausa-nierungsprogramm auf den Weg gebracht wurde. Sie ha-ben den Mittelansatz deutlich erhöht. Da sind Sie besserals die Grünen einst unter Rot-Grün; das haben wir amü-siert zur Kenntnis genommen. Interessant ist aber, dassdieses Programm zu einer energetischen Sanierungs-quote von weniger als 1 Prozent pro Jahr geführt hat.Wdssiaghrdnsn–nwDadsBwBdsheisuwMCiiBgwgfmC
Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. – Nun sind wirieder in der Haushaltsdebatte und bei einem wichtigenereich, in dem sich abbildet, was in dieser Republik inen letzten Jahren stattgefunden hat. Es gab eine wirt-chaftliche Erholung. Die Bedeutung des Verkehrshaus-altes für das, was wir in dieser Republik ökonomischrlebt haben, ist nicht zu unterschätzen. Das ist, denkech, nachgewiesen.Wir haben hier eben einige Beiträge zur klimapoliti-chen Bedeutung des Verkehrs, der Stadtentwicklungnd des Städtebaus gehört. Ich denke, wir sind gar nichteit auseinander, wenn wir sagen, dass eine nachhaltigeobilitätspolitik für Deutschland und eine zeitgemäßeO2-Minderungspolitik für unsere Gebäude genau dasst, was wir brauchen. Das gehört zusammen. Es hat sichn Deutschland herumgesprochen, dass das von dieserundesregierung und den sie tragenden Fraktionen mitroßem Nachdruck vorangetrieben wird.Dass dabei auch konjunkturpolitisch etwas bewirktird und sich das in den letzten Jahren ganz hervorra-end mit diesem Programm verknüpft hat, ist wichtigestgehalten zu werden. Allein an dem Darlehensvolu-en in Höhe von über 5 Milliarden Euro, das über dasO2-Minderungsprogramm in der Bundesrepublik durch
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Uwe BeckmeyerPrivatpersonen abgerufen worden ist, erkennt man dieökonomische Entwicklung und den konjunkturpoliti-schen Effekt. Ich glaube, inzwischen sind weit über310 000 Wohnungen in Deutschland auf diese Art undWeise im Sinne der Energiepolitik saniert worden. Ichdenke, das ist ein großer Erfolg, den man deutlich aus-sprechen muss.
Hier ist vorhin das Wort Akzeptanzerhöhung gefallen.Ich glaube, das ist wichtig. Wir müssen feststellen:Durch Verkehr – gerade da, wo er ausgebaut wird, wofür mehr Mobilität gesorgt werden soll – fühlen sichviele Menschen belästigt, besonders durch Lärm unddurch den Ausbau insgesamt. Die Politik, wir alle hiermüssen dazu beitragen, dass die Akzeptanz für Verkehrs-projekte, für Mobilität in Deutschland erhöht wird. Ichdenke, das ist ein wichtiger Teil der Verkehrshaushalts-debatte. Wir sorgen für mehr Akzeptanz, wenn wir überLärmsanierung, zum Beispiel an Schienenwegen, spre-chen und diese fördern, wenn wir für die Lärmminde-rung an Straßen, Bundesstraßen und Autobahnen Haus-haltsmittel zur Verfügung stellen. Das ist der richtigeWeg.Aber wir müssen dafür sorgen, dass auch die Investo-ren, die Schienenfahrzeuge bestellen, herangezogen wer-den. Sie müssen zum Beispiel dazu beitragen, dass inDeutschland zukünftig nur noch Waggons mit K-Sohleangeschafft werden. Wir selbst müssen dann unserenBeitrag dazu leisten, indem wir solche K-Sohlen, alsoKunststoffbremsen, zukünftig im Rahmen eines Lärm-minderungsprogramms fördern. Da müssen wir zusam-men mit den Investoren etwas tun. Ich glaube, das ist un-ser beider Anliegen.
So weit, so gut. Verkehr, der nicht fließt, der im Stausteht, und Güter, die nicht transportiert werden, sind Giftfür unser Klima. Wir wissen, dass es in einigen Berei-chen zu Emissionskonzentrationen kommt und dass wirauch an volkswirtschaftlichem Wert viel verlieren, wennGüter und Personen nicht zügig transportiert werden. Ichglaube, das alles zeigt, dass wir, wenn wir das Ganzenicht beschleunigen, Probleme bei der Konjunktur, beimWirtschaftswachstum und damit auch auf dem Arbeits-markt bekommen. Das bedeutet: Jeder investierte Euroin eine Beschleunigung und Verbesserung des Verkehrs-flusses ist eine ökonomisch und volkswirtschaftlichsinnvolle Investition. Wir müssen Wert darauf legen,dass uns in Zukunft für solche Investitionen in Deutsch-land ein möglichst hoher Betrag zur Verfügung steht.Wie wir wissen, gibt es in diesem Bereich einen nichtunbedingt gut dotierten Finanzplan. Wir Verkehrspoliti-ker machen uns gerade mit gewisser Befriedigung, abernoch nicht mit sehr großem Enthusiasmus Gedankendarüber, wie wir mit dem aktuellen Entwurf des Ver-kehrshaushaltes umgehen sollten. An dieser Stelle sageich Ihnen: Wir haben noch Wünsche. Diese Wünschewerden wir formulieren. Wir hoffen, dass wir sie im Pro-zkmnvrAbiaedagagMeDBlDIdsWisadsvliirtfHltggASM
Ein zweites Beispiel sind die A- und F-Modelle. Ichlaube, wir sollten im Hinblick auf Investitionen in F-odelle dafür sorgen, dass die Industrie, die sich privatngagiert, interessiert bleibt. Hier müssen wir aufpassen.enn wir haben festgestellt, dass sich die interessierteauindustrie bei Investitionen in F-Modelle in zwei Fäl-en vergaloppiert hat.
arum müssen wir uns bemühen, dass das Interesse derndustrie aufrechterhalten bleibt; denn wir braucheniese Projekte. Die Querspange in Hamburg zum Bei-piel ist verkehrspolitisch unabdingbar.
enn es sie nicht gäbe, würde eine gesamte Großstadtm Stau stehen. Das ist ein Thema, mit dem wir uns be-chäftigen müssen.Meine Fraktion ist der Meinung – ich hoffe, dass wiruch unseren Koalitionspartner dafür gewinnen können –,ass wir versuchen sollten, durch eine Erhöhung der An-chubfinanzierung ein größeres Interesse bei Privatin-estoren zu wecken. Zu diesem Zweck sollten wir über-egen, die Anschubfinanzierung von derzeit 20 Prozentn Richtung 30 oder sogar 33 Prozent zu steigern.In der heutigen ersten Lesung dieses Haushalts machech ganz bewusst solche Vorschläge. Denn die Bevölke-ung soll zur Kenntnis nehmen, dass die Haushaltsbera-ungen gerade erst beginnen und wir noch ganz am An-ang dieser Debatte stehen. Es ist wichtig, das zu sagen.Jetzt noch ein Wort zur strategischen Politik. Herrermann, ich glaube, Verkehrspolitik und Städtebaupo-itik haben eine strategische Bedeutung. Wir wollen allesun, um die Belastung von Mensch und Natur zu verrin-ern. Ein paar Beispiele: Als es um die Klimapolitiking, haben wir über das Ziel der Verringerung des CO2-usstoßes gesprochen. Wir sind dabei, die Höhe derchadstoffemissionen zu reduzieren. Zur Senkung desineralölverbrauchs unterstützen wir die Entwicklung
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Uwe Beckmeyermoderner Antriebsalternativen. Außerdem sind wir beimThema Lärm auf dem richtigen Weg.Ich denke, wir müssen umweltfreundliche Ver-kehrsträger unterstützen. Damit bin ich beim ThemaBahn. Die Bahn wickelt in ganz Europa Transporte ab,und zwar mehr als in der Vergangenheit. Sie ist unterökonomischen Gesichtspunkten sogar in der Lage, nochmehr zu tun und auch neue Logistikkonzepte zu realisie-ren. Sie könnte nicht nur die Durchführung von Trans-porten von A nach B bewerkstelligen, sondern auch Lo-gistikketten anbieten. Das ist unser Thema. Denn indiesem Fall benötigen wir privates Geld, das auch bei In-frastrukturinvestitionen gebraucht wird.Herr Claus, Sie haben vorhin erneut gesagt, wir woll-ten Volksvermögen verscherbeln. Das ist falsch.
Die Bahn bleibt im Besitz des deutschen Volkes bzw. derBundesrepublik Deutschland, und zwar zu 100 Prozent.
Kein Investor wird daran beteiligt. Sie müssen sich end-lich einmal mit unserem Gesetzentwurf auseinanderset-zen.
Dann werden auch Sie feststellen, dass Sie ein Argumentanführen, das nichts taugt. Dieses Thema ist bereits be-setzt. Die klare politische Aussage unseres Gesetzent-wurfes ist eine andere. Bitte nehmen auch Sie das zurKenntnis.
Herr Kollege!
Ich komme zum Schluss. – Einen Punkt möchte ich
noch ansprechen.
Achten Sie aber bitte auf Ihre Redezeit. Sie ist schon
abgelaufen.
Ja. – All die Investitionen, die angesprochen worden
sind, müssen auch getätigt werden. Das ist eine Frage
des Personals. Wir müssen das Personal bei den ver-
schiedenen Behörden des Bundes im Auge behalten. Wir
brauchen gute Ingenieure bei der WSD und beim Luft-
fahrt-Bundesamt. Wir brauchen Menschen, die uns hel-
fen, diese Politik umzusetzen.
Herzlichen Dank.
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Es reicht eben nicht, wenn wir das Augenmerk nurdarauf legen, den Bestand zu sichern. Das wird auf kei-nen Fall reichen. Wir wissen schon heute – das ent-spricht den Aussagen aus Ihrem eigenen Haus –, dasswir den Transportbedarf, der im Bundesverkehrswege-plan für das Jahr 2015 angesetzt ist, schon im Jahr 2009erreichen werden. Einige Initiativen, wie zum BeispielPro Mobilität e. V., gehen davon aus, dass wir diese Be-lastungen unserer Infrastruktur schon in diesem Jahr er-reicht haben. Wir werden bis zum Jahr 2050 einen An-stieg der Güterverkehrsleistung von 600 MilliardenTonnenkilometer auf das Doppelte, auf 1 200 MilliardenTonnenkilometer, verzeichnen. Schon die Gesetze derLogik verbieten, dass wir bei gleichbleibenden Investi-tionshaushalten mehr Infrastrukturvorhaben verwirkli-chen können. Wir müssen in diesem Bereich mehr inves-tieren.
Auch aus ökologischen Gründen werden wir darumnicht herumkommen; denn wir müssen ja unseren CO2-Ausstoß reduzieren. Selbstverständlich sind auch wirdafür. Die FDP-Bundestagsfraktion hat eine Anfrage ge-stellt, wie hoch der volkswirtschaftliche Schaden ist, derjedes Jahr dadurch entsteht, dass es Stau in Deutschlandgibt. Nach einer Schätzung der EU-Kommission beläuftsich der Schaden, der durch Stau entsteht, auf giganti-sche 0,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Das heißt,dass wir bezogen auf Deutschland über einen Betragzwischen 10 und 12 Milliarden Euro im Jahr reden.Wenn wir es aber ernst meinen mit der CO2-Reduzie-rung, dann müssen wir doch auch sehen, dass der Stau,der tagtäglich auf deutschen Fernstraßen herrscht, einengigantischen CO2-Ausstoß verursacht, der vermeidbarwäre, wenn wir eine ordentliche Verkehrsinfrastrukturhätten.Deshalb halten wir es für dringend erforderlich, dassdiese Investitionen verstetigt werden und langfristig auf-wachsen. Dafür gibt es auch einen objektiven Maßstab:Die Pellmann-Kommission hat festgestellt, dass wir al-lein im Bereich der Straße jährlich mindestens6 Milliarden Euro investieren müssen. Die Straße ist nuneinmal nach wie vor der Hauptträger unserer Logistik.Mir ist völlig klar, dass Sie das nicht von einem Tag aufden anderen erreichen können; das verlangt die Opposi-tion auch nicht. Aber wir müssen es erreichen, dass wirin einem überschaubaren Zeitraum auf dieses Mindest-maß an Investitionen kommen.
Ein letzter Gedanke.mcdwduSdfKtDtBrgddB6Dkdk3DSDS
ie Hälfte davon soll die DB AG für Investitionen be-ommen, die andere Hälfte, also maximal 4 Milliar-en Euro, sollen in den Bundeshaushalt fließen. Wir ver-aufen die Hälfte der DB AG einschließlich der97 Tochtergesellschaften. – Sie gucken, Herr Mücke?as ist wie bei Karl V.: In Mehdorns Reich geht dieonne nicht unter.
ie sind zusammen 20 Milliarden Euro wert: Stinnes/chenker rund 6 Milliarden Euro; Aurelis wird jetzt, wie
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Norbert KönigshofenSie gelesen haben, für 1,64 Milliarden Euro an Hochtiefverkauft.
Die Infrastruktur wird rechtlich Eigentum des Bun-des bleiben, aber wirtschaftlich der Bahn überlassen.
Der Wert der Infrastruktur beträgt übrigens 126 Mil-liarden Euro.
– Nur das Netz. Die Schätzungen gehen etwas auseinan-der; sie liegen zwischen 100 Milliarden und 200 Mil-liarden Euro, wenn man alles einbezieht. Die Zahl126 Milliarden haben wir vom Ministerium übernom-men.
Wir werden 15 plus 3 Jahre lang der Bahn jährlich2,5 Milliarden Euro für die Unterhaltung des Netzeszahlen. Hinzu kommen – der Herr Minister hat daraufhingewiesen; dieses Jahr werden es 1,2 Milliarden Eurosein – Baukostenzuschüsse für den Neu- und Ausbau inHöhe von 1 Milliarde bis 1,5 Milliarden Euro jährlich.4 Milliarden Euro mal 18 sind 72 Milliarden Euro.Hinzu kommen – das wird leicht übersehen – noch dieRegionalisierungsmittel. Davon fallen ungefähr 4,5 Mil-liarden Euro an die DB Regio.
– Richtig, Herr Hermann: pro Jahr.
Außerdem haben wir eine Rückholoption. Dabei müs-sen wir einen Wertausgleich zahlen, der zurzeit bei7,5 Milliarden Euro liegt.
Das bedeutet im Klartext: Wir verkaufen die Hälftevon allem für 8 Milliarden Euro, von denen 4 Milliar-den Euro dem Haushalt zufließen, und investieren in dennächsten 18 Jahren über 70 Milliarden Euro. Wenn wirdas Netz zurückholen müssen – beispielsweise weil dasauf europäischer Ebene verlangt wird –, zahlen wir min-destens 7,5 Milliarden Euro.
Das ist schwer zu vermitteln.
MnfgK–gvdnZSSlwdw–fdEbsWSl4DGkGd
Wir wollen nicht das Kind mit dem Bade ausschütten.Rechtsprofessoren haben große Zweifel an der Ver-assungskonformität des Gesetzentwurfs.
Nun fragen wir, wie gesagt: Warum tun wir das? Zu-em ist noch nicht klar, wer dann die 49 Prozent kauft.s gibt einen interessanten Vorschlag, Volksaktien anzu-ieten. In der Presse wurde berichtet, dass sich die russi-che Staatsbahn dafür interessiert. Nur zur Information:ir können uns als Ausländer nicht an der russischentaatsbahn beteiligen.Die Bahn braucht Geld. Vielleicht wird sie 4 Mil-iarden Euro bekommen. Was machen wir, wenn dieMilliarden Euro verbraucht sind?
ie nächste – viel wichtigere – Frage ist, wofür die Bahneld braucht. Braucht sie Geld für das Netz? Daraufönnte man kommen. Wenn man den Artikel Brüchigeleise im Spiegel liest, gewinnt man sofort den Ein-ruck, dass die Bahn dafür Geld braucht. Aber die Un-
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Norbert Königshofenterhaltung wird vom Bund und aus Trassenerlösen finan-ziert.Zu befürchten ist, dass die Bahn Geld für weltweiteLogistikunternehmen braucht.
– Für den Zukauf. Dann werden aus 397 vielleicht500 Tochtergesellschaften.Vor kurzem war der Presse ein Hinweis zu entneh-men, worum es geht: Stichwort Slowenien. Wir lesen,dass sich die Deutsche Bahn AG an der slowenischenStaatsbahn und an den Häfen in Slowenien beteiligenwill. Sie soll dafür im Gegenzug bis zum Jahr 20209 Milliarden Euro in das slowenische Netz investieren,das im Übrigen Eigentum des Staates bleibt. Ich willdeutlich sagen: Wir sind dafür, dass sich deutsche Unter-nehmen international aufstellen und sich dort engagie-ren; je mehr, desto besser. Aber es stellt sich die Frage– das müssen wir prüfen –, ob das Staatsunternehmensein müssen.
Muss das ein Unternehmen sein, das dem Steuerzahlergehört und das der Steuerzahler finanziert?
Das ist die entscheidende Frage: Brauchen wir eineDeutsche Bahn AG, die uns zu 51 Prozent gehört und dieGeld braucht, um in der Welt weiter zuzukaufen?
Darüber werden wir diskutieren müssen.Ich freue mich auf die Diskussionen in den nächstenWochen und vor allen Dingen auf dem SPD-Parteitag.
Nächste Rednerin ist nun die Kollegin Anna
Lührmann für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen undKollegen! Alle Welt redet vom Klimawandel. Nur dieBundesregierung ist dabei, das klimafreundliche Ver-kehrsmittel Nummer eins, die Bahn, kaputtzumachen.Denn eines ist klar: Wenn der Börsengang in der geplan-ten Form kommt, bedeutet das nicht mehr Verkehr aufder Schiene, sondern viel Profit für Wenige.
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Zusammengefasst: 130 Milliarden Euro gezahlt, min-estens 37,5 Milliarden Euro Ausgaben in der Zukunft,Milliarden Euro bleiben übrig.
as hat doch mit solider Haushaltsführung nichts, aberuch gar nichts zu tun.
Langfristig bleibt es noch nicht einmal bei diesenMilliarden Euro Einnahmen. Vielmehr muss der Bundangfristig noch etwas drauflegen. Das liegt an Ihremomplizierten Eigentumssicherungsmodell. Wie im-er, wenn sich die Große Koalition nicht auf ein trans-arentes und einfaches Modell einigen kann, kommt einauler Kompromiss heraus.
enn der Bund kann nach 15 bis 18 Jahren das Netz voner DB wieder zurücknehmen; das will die CDU/CSU.ber dafür müssen wir mindestens 7,5 Milliarden Eurols Wertausgleich auf den Tisch legen. Das steht in dereantwortung der Bundesregierung der Kleinen Anfrageast wörtlich.Ich will das einmal mit einem Beispiel, das vor kur-em im Stern zu lesen war, illustrieren. Herr Tiefensee,amit verhält es sich genauso, als ob Sie mir Ihr Hausiehen, ich dann wirtschaftlicher Eigentümer Ihres Hau-es wäre, Ihnen keine Miete zahlte, sondern Sie zahltenir jeden Monat eine gehörige Summe für Reparaturnd Instandhaltung.
enn Sie wieder in Ihr Haus zurückwollten, müssten Sieir noch Geld dafür zahlen. Dabei wüssten Sie vorheroch nicht einmal, wie viel Geld Sie mir dafür zahlenüssten. Als Privatmann würden Sie einen solch krum-en Deal nie im Leben machen.
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11692 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 112. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. September 2007
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Anna Lührmann
Um das auf Börsendeutsch zu wiederholen: Wie vielder Bund am Ende zahlt, hängt von der Höhe des bilan-ziellen Eigenkapitals – des Netzes – ab. Die DB AGbzw. die Heuschrecke – um die SPD-Sprache zu benut-zen –, die sich dann dort eingekauft hat, will natürlichdas Eigenkapital so viel wie möglich erhöhen, damit sieam Ende für das Netz vom Bund so viel Geld wie mög-lich bekommt.
– Ich kann sehr gut verstehen, dass Sie, Herr Beckmeyer,sehr aufgeregt sind, weil ich hier das wiederhole, was dieallermeisten Ihrer Genossinnen und Genossen in IhrerPartei denken. Die werden auf Ihrem Parteitag wahr-scheinlich die gleiche Rede halten, die ich jetzt geradehalte. Ich kann das alles mit sehr seriösen Zahlen bele-gen, die die Regierung selber zur Verfügung gestellt hat.
Denken Sie lieber darüber nach, ob Sie nicht zu einersinnvolleren Lösung kommen können.Zurück zu der Frage, was passieren wird und wie dieInvestoren das Eigenkapital erhöhen können, damit siezum Schluss mehr Geld vom Bund erhalten. Eigenkapi-tal erhöht man, indem man erstens mit weniger Leutendas gleiche Ergebnis erzielt, also Leute rausschmeißt,zweitens, indem man stille Reserven hebt, also Immobi-lien verscherbelt, drittens, indem man Strecken stilllegt,die nicht rentabel sind.
Das sind die Wege, wie man Eigenkapital erhöhen kann.
– Wir reden jetzt über das Netz. Wir reden gar nicht überdie Holding. Mit dem Börsengang, den Sie beschließen – deswe-gen regen Sie sich so auf –, beschließen Sie unkalkulier-bare Risiken für den Bundeshaushalt. In Ihrem Ent-schließungsantrag, den Sie im letzten Herbst hierbeschlossen haben, haben Sie festgestellt, es gebe fürden Haushalt keine unkalkulierbaren Risiken. Diese gibtes jetzt aber. Sie setzen Anreize für Streckenstilllegun-gen, was falsch ist, und dazu darf es nicht kommen.
Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen von derGroßen Koalition, schließe ich mich dem Appell vonHerrn Königshofen an: Schauen Sie bei den Haushalts-bsskdMHiThfldudLg–HssTnmkglDnpdSmdtsI
Nun hat die Kollegin Petra Weis für die SPD-Fraktion
as Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!eine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrtererr Minister! Wenn ich gewusst hätte, dass wir heutem Vorgriff auf spätere Debatten eine Debatte über dieeilprivatisierung der Deutschen Bahn AG führen, dannätte ich mich ganz anders vorbereitet. Alle, die zwei-eln, können sicher sein, dass der SPD-Parteitag wie bis-ang auch schon das Thema mit großem Sachverstandiskutieren wird
nd eine hohe politische Verantwortung für die Zukunfter Deutschen Bahn AG und die Mobilität in unseremand zeigen wird. So viel will ich an dieser Stelle dochesagt haben.
Da haben Sie noch einmal Glück gehabt, Kollegeermann, das denke auch ich.Ich will mich von der Versuchung nicht verleiten las-en,
ondern in den kommenden Minuten einige Takte zumhema Stadtentwicklung sagen, und zwar in der An-ahme, dass wir über dieses Thema mit viel Enthusias-us, aber mit weniger negativen Emotionen diskutierenönnen.Angesichts der erfreulich stabilen Konjunktur und deruten Vorzeichen in diesem Jahr geht man doch vieleichteren Herzens in die Haushaltsberatungen 2008.as sage ich jetzt nicht im Widerspruch zum Finanzmi-ister und seinem legitimen Interesse an Haushaltsdiszi-lin und Haushaltskonsolidierung; ich möchte vielmehrarauf hinweisen, dass es der Bereich Verkehr, Bau undtadtentwicklung ist, der maßgeblich am Zustandekom-en dieser guten Zahlen beteiligt ist. Ich freue mich,ass wir nicht nur wiederholt über den größten Investi-ionshaushalt des Bundes diskutieren – der Minister hatchon darauf hingewiesen –, sondern dass wir diesenvestitionen 2008 auch um beinahe 300 Millionen Euro
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Petra Weissteigern können. Das ist ein gutes Signal an die Bauwirt-schaft.
Die guten Zahlen sind aber kein Grund, sich nun zu-rückzulehnen und sich nicht weiter zu bemühen, die Pro-gramme im Bau- und Stadtentwicklungsbereich weiterzu optimieren und einer Qualitätskontrolle zu unterzie-hen. Wir haben selbstverständlich auch den Anspruch,sie finanziell entsprechend abzusichern. Moderne Stadt-entwicklungspolitik verlangt nach integrativen Ansät-zen, die den jeweiligen lokalen Bedingungen angepasstwerden müssen. Wir haben bereits in den vergangenenJahren die Weichen gestellt, weil wir wissen, dass Stadt-entwicklungspolitik über die Zukunftsfähigkeit des Lan-des in entscheidendem Maß mitbestimmt. Das sage ichauch angesichts der Tatsache, dass wir bei den vorheri-gen Beratungen über den Bereich Bildung und For-schung Vergleichbares gehört haben.Wir müssen stärker über Fachgrenzen hinwegdenken,und wir müssen die Zukunftsaufgabe Stadtentwicklungs-politik im öffentlichen Bewusstsein stärker positionie-ren. Dazu dient auch der nationale Strategieplan für eineintegrierte Stadtentwicklungspolitik. Es ist nur folgerich-tig, dass wir in diesem Haushalt einen Verpflichtungs-rahmen in einer Höhe von 5 Millionen Euro veran-schlagt haben.Ich werde natürlich einige wenige Worte zu unseremProgramm Soziale Stadt sagen. Ich bin sehr froh, dasssich auch in diesem Entwurf unsere Absicht widerspie-gelt, die Investitionen stärker mit sozialen Maßnahmenin den betroffenen Quartieren zu verzahnen. Ich halte esfür ausgesprochen klug und folgerichtig, dass wir20 Millionen Euro für Modellvorhaben mit erweitertenFördermöglichkeiten insbesondere im Bereich der Ju-gend- und Bildungspolitik sowie auf dem Gebiet der lo-kalen Ökonomie vorsehen.
Für uns hat das Thema Stadtumbau natürlich weiter-hin Priorität. Der Stadtumbau Ost hat in diesem Zusam-menhang eine Vorreiterrolle gespielt. Die Zwischenbi-lanz nach fünf Jahren Stadtumbau Ost macht deutlich,dass die Umsetzung der definierten Ziele sicherlich mehrZeit braucht als bis zum Jahr 2009. Wie wir wissen, wares nur eine Frage der Zeit, bis auch westdeutsche Städtemit derartigen Herausforderungen – wenn auch in abge-schwächter Form – konfrontiert sein werden. Der Stadt-umbau West war insoweit eine logische Konsequenz.Wir müssen ihm in den kommenden Jahren sicherlichverstärkt unsere Aufmerksamkeit widmen, nicht zuletztdeshalb, weil wir hier die Chance haben, eine voraus-schauende Politik zu betreiben. Diese Chance sollten wirmeines Erachtens nicht vergeben.Auch das neue Programm zur Innenentwicklung derStädte und Gemeinden mit einem Verpflichtungsrahmenvon 40 Millionen Euro ist eine logische Konsequenz un-serer bisherigen Politik. Dazu zähle ich auch das Themastädtebaulicher Denkmalschutz West.RKfiwldgksgznrdwawkewdhRwgkzmIdaeZLRWgmsfidgts
ch denke, sie werden konstruktiv verlaufen. Ich hoffe,ass wir sie gemeinsam in der Überzeugung führen,uch mit diesem Haushalt effektive Bedingungen fürine nachhaltige Stadtentwicklung zu schaffen. Unseriel sollte sein, die Städte so zu fördern, dass sie in derage sind, auch für die Region und für die ländlichenäume um sie herum Verantwortung zu übernehmen,achstum und Innovation ebenso zu verkörpern wieute Wohn- und Lebensqualität sowie sozialen Zusam-enhalt und nicht zuletzt aufseiten ihrer Bewohner-chaft aktive und engagierte Partnerinnen und Partner zuinden.Es ist beinahe schon ein geflügeltes Wort – ich weißm Augenblick gar nicht, von wem es stammt –: Wenn esen Städten gut geht, dann geht es auch den Menschenut. Diesem Anspruch fühlt sich zumindest meine Frak-ion verpflichtet, auch und gerade was den Entwurf die-es Einzelplans angeht.Danke für die Aufmerksamkeit.
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Letzter Redner in dieser Debatte ist nun der Kollege
Georg Brunnhuber für die CDU/CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kolle-gen! Ich könnte natürlich etwas zur Bahn sagen; schließ-lich sind wir alle Eigentümer, und alle Eigentümer habeneine gewisse Verpflichtung, ihr Unternehmen nichtschlechtzureden. Das möchte ich hier einmal deutlichmachen.
Aber darüber reden wir ja intensiv in den nächsten Wo-chen. Deshalb möchte ich darauf heute nicht weiter ein-gehen. Vielleicht noch ein Satz. Alle, die über die Bahnund die Zukunft der Bahn reden, sollten sich mindes-tens eines gelegentlich auch hier im Hohen Hause vorAugen führen: Dort sind 240 000 Menschen,
die 24 Stunden, rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr dafürsorgen, dass der Zug fährt.
Ihnen sollte man einmal ein Dankeschön sagen; mansollte sie nicht ständig nur kritisieren.
Bei den Reden aus der Opposition ist mir etwas in denSinn gekommen. Wir haben von allen Rednern der Op-position in diesen Tagen gehört: Ihr müsst mehr sparen,ihr müsst schneller zur Nullverschuldung kommen, ambesten schon im nächsten Jahr Rücklagen bilden undSchulden tilgen. – Aber bei jedem Einzelplan – ich habedas verfolgt – haben alle noch eine Idee, wo man nochmehr Geld ausgeben müsste; man fordert und fordertund fordert. Das geht so nicht.Ich sage hier in aller Offenheit: Wer vor zwei Jahrendie Erwartung geäußert hätte, dass wir in 2008 einensolch enormen Investitionsrahmenplan für unserenVerkehrsbereich vorlegen können,
der hätte mit Sicherheit Gelächter ausgelöst. Heute istdas eine Tatsache. Das ist einmalig. Da kann man sichdoch wirklich nur dafür bedanken, dass wir als GroßeKoalition es fertiggebracht haben, die Investitionen aufeinem so hohen Niveau zu halten. Herzlichen Dank alsoallen Beteiligten!
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as ist etwas, was wir herausstellen müssen. Ich findeas großartig. Wir als Koalitionsfraktionen sollten unsicht auch noch dafür entschuldigen, dass wir so vieleld für die Verkehrsinfrastruktur ausgeben.
Dass wir in der Unionsfraktion Überlegungen mitem Ziel anstellen, mehr privates Kapital für die Ver-ehrsinfrastruktur, insbesondere im Straßenbau, zu nut-en, ist kein Geheimnis. Wir haben dies in der Koali-ionsvereinbarung Gott sei Dank festgeschrieben. Wirind uns einig.Wir werden in diesen Haushaltsberatungen sicherlichberlegen, wie wir mehr A-Modelle, mehr Projekte or-anisieren können, ob nun über die VIFG oder anders.uf jeden Fall ist es so, dass wir mit mehr privatem Ka-ital auch beim Bundesverkehrswegeplan schneller nachorn kommen. Das Ministerium hat hierfür Bereitschaftezeigt und bereitet auch einiges vor. Wenn sich dieaushälter und Finanzpolitiker – einige sind ja auchier – einen Ruck geben könnten, das zu unterstützen,
ann – daraus will ich keinen Hehl machen – würden wiroch schneller vorwärtskommen. Wir werden alles un-erstützen, was das Ministerium hierzu vorlegt, weil wirn die gleiche Richtung marschieren. Es wäre für die In-rastruktur auf jeden Fall von Vorteil.Ich möchte noch einen Punkt zum Thema Logistiknd Logistikstandort nennen. Die Bundesrepublikeutschland und viele Unternehmen der Wirtschaft ha-en erkannt: Wir sind ein idealer Standort für Logistik.ie Logistikbranche boomt. Sie wird nicht nur ein Jahroomen, sie wird auch danach wachsen. Von daher ist esehr intelligent, dass die Bahn AG in diesen Markt in-estiert, weil dort Arbeitsplätze geschaffen werden undeld verdient wird.Wenn wir Logistikstandort sein wollen, ist vor alleningen ein Projekt – Herr Minister, darauf möchte ichie persönlich ansprechen – von entscheidender Bedeu-ung. Wir konnten während unserer Präsidentschaft deretzten sechs Monate durchsetzen, dass das Projekt zur
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Georg Brunnhubersatellitengestützten Navigation, Galileo, nicht hintenrunter gefallen ist,
Sie haben dafür gesorgt, dass dieses Projekt bei allenLändern weiter im Rennen ist und wir unter der jetzigenPräsidentschaft vielleicht einen Schritt weiterkommen.Ich sage es in aller Offenheit – das ist nicht mit mei-ner Fraktion und Arbeitsgruppe abgestimmt –: DiesesProjekt ist für den Standort Deutschland so wichtig, dasswir es im Zweifelsfall, wenn wir es nicht allein schaffenkönnen, mit einer kleineren Gruppe von Ländern schul-tern müssen. In diesem Sektor werden jetzt jährlich25 Milliarden Euro Umsatz gemacht. Alle Wissenschaft-ler erklären: In zehn Jahren sind es bereits 400 Milliar-den Euro.Wenn wir mit dabei sind und
dieses System installiert ist, dann hat nicht nur die Lo-gistikwirtschaft, sondern die Gesamtwirtschaft den größ-ten Vorteil. Hier sagen wir als Unionsfraktion: HerrMinister, da haben Sie klasse verhandelt. Wenn das soweitergeht, werden wir Arbeitsplätze schaffen und dieTechnologieführerschaft für Deutschland erreichen.Diese haben wir in vielen Bereichen und dann auch imVerkehr. Wir machen eine ordentliche Politik. Die Koali-tionsfraktionen machen eine Verkehrspolitik, wie wir sievorher selten hatten.In die Zukunft geblickt: Wenn wir zusammenhalten,werden wir bis 2009 noch einiges zustande bringen, vondem die Opposition noch nicht einmal gedacht hat, dassman es machen könnte.Herzlichen Dank.
Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen zu diesem
Einzelplan mehr vor. Damit sind wir am Ende unserer
heutigen Sitzung.
Wir werden die Beratungen zum Haushaltsplan mor-
gen, am Freitag, den 14. September 2007, um 9 Uhr fort-
setzen.
Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend und schließe
die Sitzung.