Gesamtes Protokol
Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 130. Sitzung des Deutschen Bundestags.
Ich bitte um Ihre Aufmerksamkeit für die Bekanntgabe der Namen der entschuldigten Abgeordneten.
Entschuldigt sind die Abgeordneten Kalbitzer und Dr. Baade. Der Präsident hat Urlaub erteilt für zwei Tage den Abgeordneten Dr. Nölting, Dr. Mücke, Rische, Neumann, Dr. Bucerius, Dr. Pünder und Ewers. Für längere Zeit suchen um Urlaub nach der Abgeordnete Dr. Frey für zehn Tage wegen Krankheit, Abgeordneter Dr. Suhr für vier Wochen wegen dienstlicher Inanspruchnahme.
Meine Damen und Herren, ich darf annehmen, daß Sie mit den Beurlaubungen, soweit sie über eine Woche hinausgehen, einverstanden sind. -
Zur heutigen Tagesordnung habe ich Ihnen vorzuschlagen, die Punkte 7 c) und d) - Einzelplan XXIV des Bundeshaushaltsplans für 1950 - Haushalt der Besatzungskosten und Auftragsausgaben und Einzelplan XXV - Haushalt der Besatzungskosten und Auftragsausgaben der Auslaufzeit 1949 und die damit verbundene Beratung des Antrags der Fraktion der Bayernpartei betreffend Erhöhung der Besatzungskosten, Nr. 2080 der Drucksachen - auf die morgige Tagesordnung zu setzen und mit den entsprechenden Punkten der morgigen Beratung des Haushaltsplans zu verbinden.
Die heutige Tagesordnung wird um den gestern abgesetzten Punkt: Einzelplan XVI des Bundeshaushaltsplans für 1950 - Haushalt des Bundesministeriums für gesamtdeutsche Fragen - ergänzt. Demzufolge erscheint der bisher als Punkt '7 b vorgesehene Punkt der heutigen Tagesordnung - Einzelplan XXII - Haushalt der finanziellen Hilfe für Berlin als Punkt 7 c.
Im übrigen hat sich der Herr Abgeordnete Dr. Nöll von der Nahmer zur Geschäftsordnung gemeldet. Bitte, Herr Abgeordneter!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine Damen und Herren! Meine Fraktion ist der Ansicht, der sich auch andere Fraktionen nach den Vorbesprechungen angeschlossen haben, daß über die lebenswichtige Frage des Besatzungshaushalts noch vor der zweiten Lesung interfraktionelle Besprechungen stattfinden müssen. Wir halten es deshalb nicht für möglich, über diesen Punkt, der ja heute abgesetzt werden soll, schon morgen zu verhandeln, sondern wir bitten darum, die Punkte 7 c) und d) der Tagesordnung in dieser Woche nicht mehr zu behandeln, um zunächst den Fraktionen noch einmal die Möglichkeit zu interfraktionellen Vereinbarungen zu geben.
Weiter haben wir die Bitte, daß auch über den Punkt '7 a) - Haushalt der Bundesschuld - heute noch nicht verhandelt wird. Der Ausschuß für Geld und Kredit hat bereits eine im Entwurf vorliegende Stellungnahme zu unserem großen Antrag über die Zinsen der Ausgleichsforderungen ausgearbeitet. Wir sind auch der Ansicht, daß diese ganze Frage im Zusammenhang mit dem § 8 des Mantelgesetzes behandelt werden muß. Deshalb möchten wir empfehlen, den Haushalt der Bundesschuld gemeinsam mit dem Mantelgesetz zu beraten, wenn wir zur zweiten Lesung dieses Gesetzes kommen, zumal wir hoffen, daß bis dahin auch der Gesetzentwurf vorliegt, der die Frage regelt, wie die in Aussicht gestellten 80 Millionen von der Bank deutscher Länder aus ihrem diesjährigen Gewinn an den Bund abgeführt werden sollen. Es dürfte zweckmäßig sein, diesen ganzen Komplex gemeinsam in einer Sitzung zu behandeln. Eine irgendwie nachteilige Verzögerung tritt dadurch nicht ein, weil wir ja das Mantelgesetz sowieso erst einmal in der zweiten Lesung haben müssen und wir uns außerdem ja auch noch mit dem Bericht des Ausschusses für Geld und Kredit beschäftigen müssen.
Ich darf um Ihre Zustimmung zu diesen Vertagungsanträgen bitten.
Meine Damen und Herren, der erste von Herrn Abgeordneten Dr. Nöll von der Nahmer gestellte Antrag bedeutet also, daß beschlossen werden soll, die heute abzusetzenden Punkte 7 c) und d) nicht auf die Tagesordnung von morgen, sondern auf die Tagesordnung eines Tages der nächsten Woche zu setzen. Darf ich annehmen, daß das Haus damit einverstanden ist?
Das ist der Fall. Wir werden uns darüber verständigen, an welchem Tage diese Punkte zweckmäßig unterzubringen sind.
Weiterhin ist der Antrag gestellt worden, den Punkt 7 a) - Haushalt der Bundesschuld - abzusetzen, wahrscheinlich ebenfalls mit dem Ziel, die
Behandlung des Punktes auf einen Tag der nächsten Woche zu verlegen. Darf ich annehmen, daß das Haus auch damit einverstanden ist?
— Das ist ebenfalls der Fall. Dann ist also auch der Punkt '7 a) abgesetzt, und es bleiben nur noch die Haushaltspläne der finanziellen Hilfe für Berlin und des Bundesministeriums für gesamtdeutsche Fragen zur heutigen Beratung übrig.
— Richtig, auch der Haushalt des Bundesministeriums der Justiz unter Ziffer 7 e) der heutigen Tagesordnung wird heute beraten.
Weiter hat das Wort zur Geschäftsordnung der. Herr Abgeordnete Dr. Wuermeling.
Meine Damen und Herren! Beim Ausschuß für Beamtenrecht, dessen großer Gesetzentwurf zu Art. 131 ja heute auf der Tagesordnung steht, besteht der dringliche Wunsch, daß dieses Gesetzeswerk doch so schnell wie nur irgend möglich verabschiedet werde. Deswegen möchten wir uns die Anregung erlauben, die dritte Lesung dieses Gesetzentwurfs vorsorglich doch heute auch noch mit auf die Tagesordnung zu setzen, in der Hoffnung, daß wir vielleicht die zweite Lesung in einer Form zum Abschluß bringen, die es nicht erforderlich erscheinen läßt, die dritte Lesung zu vertagen.
Ich möchte also den Antrag stellen, die dritte Lesung noch auf die Tagesordnung zu setzen mit dem Vorbehalt, daß wir ja später, wenn sich die Notwendigkeit ergibt, anderweitig beschließen können.
Meine Damen und Herren! Ich wollte Ihnen — es liegen noch Wortmeldungen zur Geschäftsordnung vor — eigentlich den Vorschlag machen, die Entscheidung über diesen von Herrn Abgeordneten Dr. Wuermeling gestellten Antrag erst dann zu treffen, wenn die zweite Beratung abgeschlossen ist und ein Überblick über das Ergebnis der zweiten Beratung besteht.
— Herr Abgeordneter Dr. Wuermeling ist einverstanden. Wir brauchen also im Augenblick über diesen Antrag nicht zu entscheiden.
Ich darf dann in die Tagesordnung eintreten. Ich rufe auf Punkt 1 der Tagesordnung:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes über den Entwurf eines Gesetzes zur Verlängerung der Wahlperiode der Landtage der Länder Baden und Württemberg-Hohenzollern (Nm. 2057, 2071, 2088 der Drucksachen).
Berichterstatter für den Vermittlungsausschuß ist der Herr Bürgermeister Dr. Nevermann. Ich bitte ihn, das Wort zu nehmen.
Dr. Nevermann, Bürgermeister von Hamburg, Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bundestag hat am 15. März 1951 das Gesetz über die Verlängerung der Wahlperiode der Landtage Baden und Württemberg-Hohenzollern beschlossen. Der Sinn dieses Gesetzes war, in diesen Ländern eine besondere Volksabstimmung über die Verlängerung der Legislaturperioden unnötig zu machen. Darüber hinaus war das Land Württemberg-Hohenzollern landesrechtlich noch in einer besonders unangenehmen Lage, weil es kein gültiges Landeswahlgesetz besitzt. Die Hohe Kommission hat ein Veto gegen das jetzt vorhandene Landtagswahlgesetz eingelegt. Die Volksabstimmung, die ohne Bundesgesetz notwendig werden würde, soll deswegen vermieden werden, weil in diesen Ländern eine Häufung von Wahltätigkeit der Bevölkerung eintreten würde. Demnächst wird eine weitere Volksabstimmung wegen der Neugliederung selbst notwendig werden. Anschließend wird wieder die Wahl für das zu erwartende gemeinsame Parlament stattfinden müssen. Deswegen sind gerade aus den beteiligten Ländern praktische, auch Kostengesichtspunkte sowie staatspolitische Gründe für die Vermeidung einer solchen besonderen Volksabstimmung vorgetragen worden. Es ist deswegen mit Recht der Gedanke an ein Bundesgesetz gemäß Art. 118 aufgetaucht. Alle Beteiligten — auch diejenigen, die staatsrechtliche Bedenken haben — sind sich auch darüber klar, daß das in diesem Hohen Hause beschlossene Gesetz sehr praktisch und wünschenswert sei. In der Diskussion ist einmal gesagt worden, das Gesetz sei „zu schön, um juristisch wahr zu sein".
Der Bundesrat hat dann auch nach sehr ernsthaften Überlegungen aus verfassungsrechtlichen Gründen den Vermittlungsausschuß angerufen, weil „das Gesetz keine Stütze im Art. 118 habe". Es handelt sich, wie der Vermittlungsausschuß anerkennen mußte, um sehr beachtliche Gründe. Denn alle Beteiligten sind sich selbstverständlich darüber klar, daß die Zweckmäßigkeit allein noch nicht genügt, um das Gesetz staatsrechtlich möglich zu machen. Die Frage der Übereinstimmung mit dem Grundgesetz ist im Vermittlungsausschuß sehr eingehend erörtert worden. Die Mehrheit des Vermittlungsausschusses — 12 zu 4 Stimmen — hat geglaubt, die Vereinbarkeit des Gesetzes — allerdings in abgeänderter Form, wie es Ihnen heute vorgeschlagen wird — mit dem Grundgesetz bejahen zu können.
Ich darf ganz kurz die wichtigsten Gesichtspunkte, die den Vermittlungsausschuß zu diesem Votum geführt haben, vortragen.
Es ist selbstverständlich im Grundgesetz keine Rechtsgrundlage für ein selbständiges Gesetz über irgendeine Verlängerung der Legislaturperiode irgendeines Landtages gegeben. Ein solch genereller Eingriff in die Organtätigkeit der Länder wäre ein unzulässiger Eingriff. Eingriffe in Länderorgane sind generell nur auf dem Wege über Art. 29 des Grundgesetzes möglich. Ebenso klar ist aber auch, daß der Art. 118 gegenüber der generellen Regelung in Art. 29 eine lex specialis darstellt. Die Länder, für die er gilt, sind ausdrücklich in ihm aufgeführt worden, und es heißt ferner in Art. 118 ausdrücklich, daß der dort vorgesehene Weg für dieses Neuordnungsgebiet „abweichend von Art. 29" gegangen werden könne und solle.
Nun ist richtig, daß auch Art. 118 nicht ausdrücklich etwas über die Möglichkeit, Legislaturperioden der Landtage zu verlängern, sagt. Er spricht nur über ein Gesetz über die „Neugliederung" des Südwestgebiets. Der Inhalt eines Gesetzes, das der Bundestag auf Grund des Art. 118 verabschieden will, muß also der dem Bund übertragenen Materie der Neugliederung angehören; er muß ein Teil dieser Neugliederungsmaterie sein. Nach Meinung des Vermittlungsausschusses ist es die entscheidende staatsrechtliche Frage, ob das vorliegende Gesetz diese Voraussetzung erfüllt..
Die Rechtslage würde ganz klar sein, wenn die
Verlängerung der Landtagslegislaturperioden in dem endgültigen Neugliederungsgesetz enthalten sein würde. Die Tatsache, daß in diesem Falle niemand staatsrechtliche Bedenken hätte, zeigt doch, daß im Rahmen der Neughederungsmaterie auch eine Verlängerung der Legislaturperioden der Landtage möglich ist. Es ist ja auch versucht worden, im Neugliederungsgesetz diese Frage zu regeln, aber die Zeit reichte dazu nicht aus. Die Verlängerung der Landtagslegislaturperioden war auch in der vorgesehenen freien Vereinbarung der Länder enthalten. Nun also ist die Frage, die der Vermittlungsausschuß bejaht hat, die, ob dieses Gesetz als Teil der Neugliederungsmaterie im Sinne des Art. 118 anzusprechen sei.
Die. Neugliederungsmaterie ist bereits vor der Tätigkeit des Bundes durch die Länderverhandlungen in Angriff genommen worden, die ja ausdrücklich als Teil des Art. 118 im Grundgesetz vorgesehen sind und die sogar die Voraussetzung dazu bilden, daß der Bund auf diesem Gebiet tätig werden kann. Erst nach Scheitern dieses Neugliederungsversuchs der Länder und nach Eingang der offiziellen Mitteilung des Staatspräsidenten Müller bei der Bundesregierung ist der Bund tätig geworden, und erst da konnte der Bund auf diesem Gebiet tätig werden. Das uns vorliegende Gesetz ist also schon wegen dieser Entwicklung keine Vorwegnahme an sich, sondern es ist schon der zweite Akt des Art. 118. Ich glaube, das ist verfassungsrechtlich beachtlich. Das Gesetz ist zwischen dem freien Akt der Länder, der von Mißerfolg begleitet war, und dem endgültigen Neugliederungsgesetz zwischengeschaltet. Es ist also keine völlig isolierte Materie, die wir hier behandeln, sondern es ist ein Teil der Neugliederungsmaterie.
Art. 118 schreibt, was ebenfalls unstreitig war, nicht vor, daß die ganze Neugliederung in einem Bundesgesetz geregelt sein müsse. Das ist auch praktisch gar nicht möglich, weil nach der Zusammenlegung der Gebiete ja erst nur e i n Element des neuen Staates vorhanden ist, nämlich das Staatsgebiet, und dann erst die Staatsorgane geschaffen werden müssen. Die Neugliederungsmaterie — darüber war sich der Vermittlungsausschuß einig — kann in mehreren Gesetzen geregelt werden. Es muß sich eben nur bei jedem Gesetz um einen Teil der Materie handeln.
In der vom Vermittlungsausschuß vorgeschriebenen Änderung des § 1 wird wegen dieser Gedankengänge das Gesetz stärker auf die Materie des Art. 118 abgestellt. Der erste Entwurf des Bundestags sah in bezug auf die Verlängerung der Landtags-Legislaturperioden keine Fristen vor. Die Verlängerung ist jetzt bis zum 31. März 1952 befristet. Sollte also auf Grund des Bundesgesetzes und der Volksabstimmung eine Neugliederung nicht beschlossen werden, laufen die Legislaturperioden der Landtage am 31. März des nächsten Jahres ab. Die nach Landesrecht notwendigen Neuwahlen sind also von der Neugliederung abhängig gemacht worden. Der Vermittlungsausschuß ist der Überzeugung, daß damit deutlich ein weiterer Teil der Neugliederungsmaterie geregelt worden ist. In diesem Zusammenhang gewinnt bei der jetzigen Formulierung des § 1 auch das vielerörterte argumentum a maiore ad minus doch an Gültigkeit.
Ich glaube, wir können uns auch ferner darüber klar sein, daß ein Gesetz, wenn es die Neugliederungsmaterie zum Teil regelt, dann auch mehr regeln kann als nur das Notwendige, daß es dann auch etwas Wünschenswertes und Praktisches regeln kann. Die Tatsache, daß der Gesetzgeber über das absolut Notwendige der Neugliederung hinausgeht, bedeutet nicht, daß eine solche Bestimmung dem Grundgesetz widerspräche.
Um diesen materiell-rechtlichen Bezug des § 1 auch äußerlich deutlicher zu kennzeichnen, schlägt der Vermittlungsausschuß ferner die Änderung des Titels vor und bittet, zu beschließen, das Gesetz zu benennen „Erstes Gesetz zur Neugliederung in dem die Länder Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern umfassenden Gebiet gemäß Artikel 118".
Meine Damen und Herren, wegen der speziellen Materie des Art. 118 und wegen der nunmehr im Text und in der Überschrift deutlichen Verbindung zu dem, speziellen, nur bei diesen drei Ländern vorgesehenen System der Neugliederung bestehen nach Auffassung des Vermittlungsausschusses keine Gefahren der Verallgemeinerung dieses Weges für andere Länder, und es besteht auch nicht die Gefahr von Präjudizien. Natürlich bleibt die Entscheidung dieser Frage eine Auslegungssache. Aber nach systemlogischer Auslegung hält die Mehrheit des Vermittlungsausschusses das Gesetz für verfassungsgemäß.
Meine Damen und Herren, ich danke dem Herrn Berichterstatter. Die Mehrheit des Vermittlungsausschusses unterscheidet sich offenbar von der Mehrheit der Bundesregierung.
Das Wort hat der Herr Bundesinnenminister.
Herr Präsident! Meine verehrten Damen und Herren! Die Materie ist, wie Sie aus den Vorverhandlungen wissen und auch eben aus dem Munde des Herrn Berichterstatters gehört haben, zweifelhaft. Eine starke Mehrheit im Bundestag hat das Gesetz beschlossen. Ebenso hat eine starke Mehrheit im Vermittlungsausschuß das Gesetz mit einigen Änderungen gutgeheißen. Dann ist die Angelegenheit in das Kabinett gekommen. Ich bin da in einer etwas schwierigen Lage. Ich selbst habe den Standpunkt vertreten, den das Hohe Haus eingenommen hat,
und habe auch im Kabinett meine Auffassung vertreten. Aber die Abstimmung ergab 6 zu 5; die eine Stimme Mehrheit war auf der andern Seite. Ich bin deshalb verpflichtet, hier die Meinung des Kabinetts vorzutragen. Aber ich kann das nur in der Weise tun, daß ich auf die guten Gründe sowohl der einen wie der anderen Seite hinweise, um nicht in die Versuchung zu kommen, ein einseitiges Bild darzustellen.
-Meine Damen und Herren, Sie wissen, daß nach Art. 29 unseres Grundgesetzes die Vorschriften genau festgestellt sind, wie man unter Berücksichtigung der landsmannschaftlichen Verbundenheit, der geschichtlichen und kulturellen Zusammenhänge, der wirtschaftlichen Zweckmäßigkeit und des sozialen Gefüges durch Bundesgesetz das Bundesgebiet neu gliedern kann. Das ist die Lex generalis. Wir haben aber im Art. 118 eine Lex specialis vor uns, die allerdings auf einen ganz bestimmten Zweck gerichtet ist, nämlich auf die Neugliederung in den Ländern Baden, Württemberg-Baden, Württemberg-Hohenzollern.
In der Gesamtauffassung, die wohl auch in den Worten des Herrn Berichterstatters anklang, ist man zweifellos in diesem Hohen Hause bewogen
gewesen, zu bedenken, daß ein so vielfacher Gang zur Wahlurne, wie er sich unter Umständen ergeben könnte, wenn man die Zuständigkeit der Landtage nicht verlängert, doch ein außerordentlich unerfreuliches Bild ist und letzten Endes die Gefahr heraufbeschwört, daß sich bei dieser oder jener Abstimmung Zufallsmehrheiten oder -minderheiten ergeben. Die Tendenz dieses Hohen Hauses lag also durchaus im Sinne des Art. 118, nämlich in der Neugliederung auf dem unkompliziertesten und schnellsten Wege voranzukommen. Immerhin, die Bedenken bestehen, und ich möchte ihnen diese Frage kurz so vortragen, wie sie sich im Kabinett gezeigt haben.
Die verfassungsrechtliche Prüfung im Sinne des Vermittlungsausschusses konzentriert sich letzten Endes auf drei Fragen. Erstens: Inwieweit sind im Rahmen des Art. 118 Einbrüche des Bundesgesetzgebers in die Verfassungsautonomie der Länder zulässig? Grundsätzlich ist es in dieser Frage — da sind wir wohl alle einer Meinung — nicht zulässig, daß der Bund irgendwie in die Verfassung der Länder eingreifen kann. Die einzige Vorschrift, die hier zu beachten ist und besteht, ist im Art. 28 ler Verfassung aufgeführt. Es muß nämlich die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern den Grundsätzen des republikanisch-demokratischen und sozialen Rechtsstaats im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. Entspricht die Verfassung der Länder diesen Grundsätzen des Art. 28, so hat sich der Bund jedes Eingriffs in die Länderverfassungen zu enthalten. Aber eine besondere Ausnahme ist in dem speziellen Gesetz des Art. 118 gegeben, nämlich zu dem ausschließlichen Zweck der Neugliederung für die hier ausdrücklich genannten Gebietsteile. In diesem Umfang hat der Bund die volle Hoheit, alles zu tun, was zum Ziel der Neugliederung erforderlich ist. In dem Augenblick, als die Herren Ministerpräsidenten der beteiligten Länder dem Bundeskanzler mitteilten, daß sie sich nicht hätten einigen können, war die verfassungsmäßige Zuständigkeit des Art. 118, waren die Voraussetzungen für ein Eingreifen gegeben. Nunmehr waren der Bund und sein Gesetzgebungsapparat dafür zuständig, alles zu tun, was zum Zweck der Neugliederung notwendig war.
Die zweite Frage, die zu erledigen ist, geht dain: Kann der Bundesgesetzgeber eine Neugliederung im Sinne des Art. 118 des Grundgesetzes stufenweise mit Hilfe einer Mehrzahl von Bundesgesetzen vollziehen? Meine Damen und Herren, es ist ja ganz klar, daß dieses Gesetz neben gewissen vorbereitenden Maßnahmen wahrscheinlich auch eine Reihe von Gesetzgebungsakten notwendig macht, die man gleich zu Anfang nicht übersehen kann. Auf jeden Fall erinnere ich daran, daß er als Oberleitungsmaßnahme eine konstituierende Versammlung vorsehen wird, er wird auch eine vorläufige Regierung vorsehen, damit irgendwelche Organe vorhanden sind, die handeln können, bis das endgültige Gesetz durch die neuen Landtage oder den neuen Landtag geschaffen ist. Kurz und gut: es kommt eine Reihe von Stufen, und es ist in keiner Form einzusehen, weshalb das alles uno actu, in einer einzigen Gesetzeshandlung vollzogen werden muß, warum nicht eine Reihe von aufeinander folgenden und aufeinander abgestimmten Gesetzen, die immer wieder die Neugliederung zum Ziel haben müssen, möglich sein soll.
Auch sonst, wenn durch Bundesgesetz der Bund
ermächtigt ist, irgendeine Materie zu regeln, ist
nirgendwo gesagt oder vorgeschrieben, daß das nun in e in e m Gesetz erfolgen müsse, sondern das Hohe Haus ist durchaus souverän in der Reihenfolge seiner Gesetzesbeschlüsse.
Ich möchte deshalb auch diese zweite Frage bejahen,
daß also eine Reihenfolge von Gesetzen zulässig ist.
Wenn nun diese Frage bejaht wird, bleibt zu prüfen, welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, damit von einem Neugliederungsgesetz im Sinne des Art. 118 des Grundgesetzes gesprochen werden kann. Meine Damerr und Herren, jetzt fangen die großen Schwierigkeiten eigentlich erst an.
Was ich Ihnen eben vorgetragen habe, waren ja nur leichte Vorgenüsse. Eine Neugliederung im Sinne des Art. 118 ist etwas anderes als eine sonstige Änderung des Gebietsbestandes der Länder etwa im Sinne des Art. 29 Abs. 7 des Grundgesetzes. Während es sich im letzen Falle nur um Grenzkorrekturen handelt, liegt im Begriff der Neugliederung, daß durch sie der juristische Bestand der bisherigen Länder in Mitleidenschaft gezogen und im Zweifel sogar ein neues Land gebildet wird. In diesem Sinne berührt jede Neugliederung die Existenz und damit zwangsläufig auch die Verfassungsorganisation des betreffenden Landes oder der betreffenden Länder. Der Auftrag des Art. 118 kann daher ohne einen Eingriff in das bisherige Landesverfassungsrecht überhaupt nicht vollzogen werden,
und es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob das Grundgesetz die zuständigen Landesorgane für den Fall des Abschlusses einer Vereinbarung im Sinne des Art. 118 mit besonderen Vollmachten außerhalb der Landesverfassungen ausstatten wollte. Der Gesetzgeber hat auf jeden Fall die Vollmacht erhalten, gestützt auf Art. 118, im Interesse der Bildung neuer und der Liquidation der alten Länder alle verfassungsrechtlichen Maßnahmen zu treffen. Daher bleibt auch für die neugebildeten Länder nur noch der Grundsatz des Art. 28 der Verfassung in Wirksamkeit, daß die Maßnahmen, die dieses Hohe Haus zum Zweck der Neugliederung beschließen wird, die Voraussetzungen für eine Verfassung überhaupt erfüllen, d. h. daß hier ein demokratisch-republikanisch-sozialer Staat beschlossen wird. Wenn aber diese Voraussetzungen erfüllt sind, dann kann der Bund nun nach seiner Meinung das Überleitungsgesetz schaffen.
Von diesen Gedanken ausgehend, komme ich zu den letzten Schlüssen. Wenn der Auftrag des Bundes gemäß Art. 118 unter Eingriff in die Verfassungen der Länder und in Stufen vollzogen werden kann, dann muß allerdings jedes dieser neuen Gesetze die Neugliederung zum Ziel haben, und dieser Zusammenhang kann nicht allein durch gesetzgeberische Motivation geschaffen werden, indem der Bundesgesetzgeber etwa alles regeln könnte, was ihm zum Zweck der Neugliederung subjektiv dienlich erscheint. Das gilt insbesondere für alle der eigentlichen Neugliederung vorausgehenden Maßnahmen, die ihrem objektiven Gehalt nach noch nicht als Teil der Neugliederung ausgesprochen werden können. Meine Herren, mit diesen letzten Sätzen habe ich Ihnen ausdrücklich die Auffassung der Mehrheit im Kabinett vorgetragen.
— Nicht meine, nein, aber die Meinung der sechs Stimmen Mehrheit.
Ein solcher objektiver Zusammenhang zwischen dem umstrittenen Gesetzentwurf und der Neugliederung gemäß Art. 118 soll aus der Tatsache entnommen werden, daß die Möglichkeit des Abschlusses einer Ländervereinbarung förmlich gescheitert ist und daß sich der Bundestag bereits mit einem Initiativantrag zu Art. 118 des Grundgesetzes beschäftigt. Nun ist ganz zweifelsfrei, daß alles ganz unbedenklich wäre, wenn im Rahmen des eindeutig die Neugliederung selbst zum Gegenstand habenden Gesetzes im Sinne des ursprünglichen Initiativantrages der Abgeordneten Gengler und Genossen auf Drucksache Nr. 1849 verfahren und die Legislaturperiode damit in einen förmlichen Liquidationsprozeß einbezogen worden wäre; dann wäre der objektive Zusammenhang mit der Neugliederung nämlich völlig eindeutig gewesen. Die Vorwegnahme einer einzelnen Vorschrift, die ähnlich auch bei anderen Bestimmungen denkbar wäre, zerreißt nach der Meinung der Mehrheit im Kabinett diesen objektiven Zusammenhang, so daß die Legitimation des Bundesgesetzgebers nur noch über das subjektive Kriterium des gesetzgeberischen Motivs gegeben sein würde. Dieses Junktim hält die Mehrheit für unzureichend, und dieses Junktim kann auch nicht in der Weise verstärkt werden, daß nun das Gesetz im Sinne der Beschlüsse des Vermittlungsausschusses die Überschrift „Erstes Überleitungsgesetz" enthält, zumal eine Überschrift nicht rechtserheblich ist.
Ich muß, um meinem Auftrag gerecht zu werden, dann noch einmal betonen, daß am Beginn einer sich etappenweise vollziehenden Neugliederung gemäß Art. 118 nicht irgendeine gesetzgeberische Maßnahme stehen kann, die nach dem subjektiven Ermessen des Bundesgesetzgebers der Erreichung des Endzieles irgendwie dienlich ist, sondern nur eine Maßnahme, die mit dem Ziel der Neugliederung in den Bestand der Länder des Südwestraumes insgesamt eingreift. Ist dieses Stadium der Liquidation erst einmal eingeleitet, so bleibt es dem Bundesgesetzgeber unbenommen, später alle diejenigen Gesetze nachzuschieben, die sich zur Erreichung des Endzieles als notwendig erweisen. Diese Liquidation ist nach Auffassung der Mehrheit durch den umstrittenen Gesetzentwurf offenbar noch nicht eingeleitet, so daß es sich um eine reine Vorbereitungsmaßnahme handelt, für die der Art. 118 keine Handhabe bietet.
Damit habe ich meinen Auftrag erfüllt.
Meine Damen und Herren! Das Verfahren der Bundesregierung bringt uns in eine gewisse Schwierigkeit, da nach § 9 der Geschäftsordnung des Vermittlungsausschusses vor der Abstimmung über den Antrag des Vermittlungsausschusses Erklärungen abgegeben werden können. Der Bundestag hat das bisher immer so ausgelegt, daß eine Aussprache über den Antrag des Vermittlungsausschusses nicht zulässig sein soll. Die Tätsache, daß die Bundesregierung eine Erklärung abgegeben hat, rechtfertigt naturgemäß, daß in gleicher Weise Erklärungen aus dem Haus oder vom Bundesrat abgegeben werden.
Für den Bundesrat hat zunächst ums Wort gebeten der Herr Innenminister des Landes Württemberg-Hohenzollern, Herr Renner. Ich bitte ihn, das Wort zu nehmen.
Renner, Innenminister des Landes WüttembergHohenzollern: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Land Württemberg-Hohenzollern, für das ich spreche, hat den Vorschlag gemacht, die Legislaturperiode der Landtage in Tübingen und Freiburg zu verlängern. Nach den Ausführungen. des Herrn Bundesinnenministers haben drei Fragen im Kabinett zur Erörterung gestanden, von denen zwei bejaht worden sind und die dritte verneint worden ist.
Die erste Frage: Sind Einbrüche in die Verfassung möglich? wurde bejaht. Das ist auch ganz selbstverständlich, denn Art. 118 bestimmt, daß der Bund die Neuregelung vornehmen kann, wenn eine Ländervereinbarung nicht zustande kommt. Die Ländervereinbarung ist nur dadurch möglich, daß die Regierungen der einzelnen Länder ihre Verfassungen wahren, so daß also die Einigung der drei Länder daran scheitern kann, daß sie nicht in verfassungsmäßiger Weise vollzogen werden kann. Wenn das ein Grund der Unmöglichkeit ist, dann muß tatsächlich der Bund, der Bundestag in dieser Frage über die Verfassungen der Länder hinweggehen können.
Die zweite Frage, ob eine stufenweise Regelung möglich ist, hat der Herr Bundesinnenminister ebenfalls bejaht, und sie ist auch zu bejahen. Es ist allerdings ein gewisser Widerspruch, wenn man diese zweite Frage bejaht und dann die dritte verneint. Bei der dritten Frage ging es darum, daß jedes Gesetz die Neugliederung zum Ziele haben müsse. Das kann ich ohne weiteres unterschreiben. Ich behaupte aber, daß dieses erste Gesetz die Neugliederung zum Ziele hat; denn die Regelung einer Neugliederung besteht ja nicht nur darin, daß man die Neugliederung vornimmt, sondern sie besteht auch darin, daß man zunächst alle Hindernisse, die ihr im Wege stehen, aus dem Wege räumt.
.
'Da eine Häufung der Abstimmungen dem demokratischen Gedanken abträglich sein kann, unter bestimmten Umständen sogar abträglich sein muß und eine Neuregelung erschwert, das dürfte außer Frage stehen. Ich behaupte also, daß dieses Gesetz den von der Bundesregierung verlangten Zweck erfüllt. Es hat die Neugliederung insofern zum Ziele, als es wesentliche Hindernisse, die dieser Neugliederung entgegenstehen, ausräumen will.
Wenn nun noch behauptet wird, diese Regelung müsse ihrem objektiven Gehalt nach ein Teil der Neugliederung sein, so ist das gleichbedeutend mit der Frage: Kann der Bund nur das Notwendige oder darf er auch das Zweckmäßige tun? Und, meine Damen und Herren, im Gesetz ist ein solcher Unterschied überhaupt nicht gemacht. Das Gesetz berechtigt nicht dazu zu sagen: er darf nur das Notwendige tun und muß das Zweckmäßige unterlassen. Wenn man diese Frage richtig beantworten will, so muß man davon ausgehen, wie diese Verfassungen zustande gekommen sind. Die Bildung dieser Länder entsprach keineswegs dem Willen der Bevölkerung, .
sondern diese Länder sind unter dem Zwang der damaligen Verhältnisse entstanden.
Als man die Verfassungen beschloß, haben die Abgeordneten aller drei Länder schon den Gedanken gehabt, diese Regelung bei der ersten besten Gelegenheit wieder zu ändern,
und sie haben bei dem Beschluß über ihre Verfassungen nie daran gedacht, daß die Verfassungsbestimmungen einer solchen schnellen Regelung im Wege stehen sollten. Württemberg-Baden war in der Lage, eine Bestimmung in seine Verfassung aufzunehmen, die diesen Zusammenschluß wieder erleichterte. Die Länder der französischen Zone konnten das nicht; sie hätten es gern getan — wenigstens unser Landtag in Württemberg-Hohenzollern —, wenn es damals möglich gewesen wäre.
Wenn man von diesem Gedanken ausgeht, dann muß man fordern, daß die Bestimmungen unserer Verfassung und des Grundgesetzes so ausgelegt werden, daß dem Wunsche der Bevölkerung im ganzen Südwestraum nach einer Neuregelung keine Hindernisse in den Weg gelegt werden, sondern daß diese Regelung erleichtert wird.
Es sei mir gestattet anzudeuten, daß bei manchen Gegnern dieser Regelung wohl im Unterbewußtsein nicht die juristischen Gründe das Wesentliche sind, sondern politische Momente.
Ich möchte allerdings ausdrücklich sagen: ich glaube, daß das nur im Unterbewußtsein der Fall ist und daß das nicht ins Bewußtsein heraufgehoben wurde.
— Nein, von Sünde ist keine Rede. Aber es ist falsch, und man soll solchen Regungen nicht nachgeben. Man soll in diesen Dingen überhaupt nicht so juristisch vorgehen, als ob — das darf ich als Tübinger wohl sagen — der bekannte Rechtsgelehrte Philipp Heck, der Vater der Interessenjurisprudenz, nicht gelebt hätte. Man macht ja häufig die Erfahrung, daß gerade im öffentlichen Recht die Begriffsjurisprudenz noch viel größere Triumphe feiert als im Zivilrecht. Und davon sollte man absehen. Ich glaube, man hat diese juristischen Bedenken, die jetzt vorgetragen werden, bei dem Beschluß des Gesetzes nicht so sehr berücksichtigt, so daß es vielleicht gerechtfertigt ist, wenn ich das Verfahren mit dem Satz charakterisiere: Ein guter Mensch in seinem dunklen Drange ist sich des rechten Weges stets bewußt.
Meine Damen und Herren, Sie waren auf dem rechten Weg, und ich bitte Sie, sich nicht durch die grellen juristischen Scheinwerfer blenden und von diesem rechten Weg abbringen zu lassen. Bleiben Sie bei dem Gesetz!
Meine Damen und Herren, es wird nötig werden, daß wir uns über den sachlichen Unterschied zwischen einer Aussprache und der Abgabe von Erklärungen gelegentlich einmal Gedanken machen. Im Augenblick hören wir Erklärungen. Ich stelle das ausdrücklich fest.
Zu einer weiteren Erklärung hat das Wort Herr Abgeordneter Dr. Schmid.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich ergreife das Wort nicht zu einer Er klär u n g, sondern in einer A u s s p r a c h e über die eben abgegebene Erklärung der Bundesregierung.
Ich glaube, s o ist die geschäftsordnungsmäßige Situation. Jedesmal, wenn die Bundesregierung eine Erklärung abgibt, hat dieses Haus das Recht, diese Erklärung zu diskutieren.
Wir diskutieren nicht und debattieren nicht über die Vorteile oder Nachteile des Vorschlags des Vermittlungsausschusses, sondern über den Grad der Wohlbegründetheit der Erklärung, die der Herr Bundesinnenminister soeben im Auftrag der Bundesregierung abgegeben hat.
Wenn ich an den letzten Satz in der Rede meines Freundes, des Herrn Innenministers von Württemberg-Hohenzollern, anknüpfen darf: Wir wollen uns durch die Scheinwerfer der Jurisprudenz nicht blenden lassen, — nein! Wir wollen aber mit ihren Scheinwerfern den Tatbestand erhellen, so daß wir die Dinge klarer erkennen. Wir werden dann sehen, daß sie sehr viel einfacher liegen, als es offenbar die Meinung der Justitiare der Bundesregierung ist.
Es kann kein Zweifel bestehen: Unser Grundgesetz steht auf dem Standpunkt der Verfassungsautonomie der Länder. Der Bund hat den Ländern keine Verfassungen zu machen. Er hat ihnen ihre Verfassungen auch nicht zu genehmigen. Die Schranken für die Verfassungsautonomie der Länder sind in Art. 28 des Grundgesetzes erschöpfend aufgezählt. Wenn ein Land sich eine Verfassung gibt, die diesem Artikel widerspricht, dann gilt diese eben insoweit nicht, als sie diesem Art. 28 widerspricht. Auf der anderen Seite: wenn der Bund im Rahmen seiner grundgesetzlichen Zuständigkeit ein Gesetz erläßt, dann gilt dieses Gesetz in den Ländern und für die Länder auch dann, wenn eine Landesverfassung diesem Gesetz entgegenstehen sollte. Insoweit bricht Bundesrecht Landesrecht, auch Landesverfassungsrecht.
Nun ist die Frage, ob Art. 118 des Grundgesetzes dem Bund eine solche Zuständigkeit gibt. Der Bund hat nach Art. 118 die Zuständigkeit erhalten, die staatliche Neugliederung im Südwestraum durch ein Bundesgesetz vorzunehmen. Der Bund ist in den Maßnahmen, die er dafür für erforderlich hält, völlig frei. Die einzige Vorschrift, an die er durch das Grundgesetz gebunden ist, ist, daß das Neugliederungsgesetz eine Volksbefragung vorsehen muß. Das Grundgesetz schreibt nicht einmal vor, in welcher Weise dem Ergebnis dieser Volksbefragung Rechnung zu tragen ist.
In dem Bundesgesetz über die Neugliederung ist natürlich auch das Verfahren dieser Neugliederung zu regeln, und zu dieser Verfahrensregelung gehört die Schaffung der Institutionen, die der Bundesgesetzgeber für erforderlich hält, um die Neugliederung gesetzmäßig und zweckmäßig durchführen zu können. Es kann keinem Zweifel unterliegen — und wenn ich recht verstanden habe, steht dies auch für das Kabinett außer Zweifel —, daß es z. B. zur Durchführung der Neugliederung gehört, zu bestimmen, ob und in welcher Weise die Organe der jetzigen Länder in der Übergangszeit
— und die Übergangszeit beginnt mit dem Erlaß des Neugliederungsgesetzes — zu funktionieren haben. Es kann auch keinem Zweifel unterliegen, daß das Neugliederungsgesetz von sich aus in den drei Ländern bestimmte neue Organe für die Interimszeit schaffen könnte. Es hat es auch getan: der Ministerrat und anderes darin Vorgesehenes sind ja Länderorgane, die in den Länderverfassungen nicht vorgesehen sind. Und daß es sich um eine Interims zeit handelt, ist doch ganz offenkundig; denn unter gar keinen Umständen werden, nachdem der Mechanismus des Neugliederungsgesetzes abgelaufen ist, die Länder WürttembergBaden, Baden und Württemberg-Hohenzollern weiter bestehen. Entweder wird es den Südweststaat geben oder Württemberg im alten Sinne mit Hohenzollern und Baden im alten Sinne. Auf jeden Fall also ist der Zustand der drei Länder vom Erlaß des Neugliederungsgesetzes ab bis zu seiner Abwicklung ein Interimszustand. Mit dem Erlaß des Neugliederungsgesetzes steht somit fest, daß innerhalb der darin vorgesehenen Fristen die heutigen Länder Württemberg-Baden, WürttembergHohenzollern und Baden in ihrer heutigen Gestalt und mit ihren heutigen Verfassungen untergehen werden.
— Auch in den Verfassungen, meine ich. Aber wir können uns über die Frage von Form und Materie heute nicht ausgiebig genug unterhalten, Herr Kollege.
Wenn es aber dem Bund möglich ist, auf Grund des Art. 118 einmal diese drei Länder untergehen zu lassen und dann die Organe zu bestimmen, die vom Erlaß des Neugliederungsgesetzes ab bis zur Durchführung der Neugliederung in den heutigen Ländern wirken sollen, dann kann es keinem Zweifel unterliegen, daß das Neugliederungsgesetz — und damit sachlich zusammenhängende Rechtsvorschriften — auch die Legislaturperioden der Landtage von Württemberg-Hohenzollern und Baden verlängern könnte. Eine solche Maßnahme ginge ja doch nicht weiter, als wenn das Neugliederungsgesetz bestimmt hätte — was es ja tun könnte —, daß von seiner Verkündung ab an die Stelle gewisser verfassungsmäßig vorgesehener Einrichtungen in den drei Ländern andere Einrichtungen treten sollten.
Das Neugliederungsgesetz hätte doch zweifellos bestimmen können: Die Landtage hören auf, an ihre Stelle tritt ein anderes Organ, das allerdings den Voraussetzungen des Art. 28 zu entsprechen hätte. Die Verlängerung der Legislaturperioden der Landtage bedeutet aber nichts anderes, als daß in Ausführung des Art. 118 die jetzigen Landtage die Funktion der Gesetzgebung und der Regierungskontrolle für diese Übergangszeit und zeitlich begrenzt ausüben sollen. Wenn es möglich gewesen wäre, hierfür neue Organe zu schaffen, dann ist es doch erst recht möglich, die jetzt schon bestehenden Einrichtungen in ihrer Wirksamkeit zu verlängern. -
Nun wird gesagt: Schön, das ist richtig, aber es besteht kein innerer Zusammenhang zwischen dem sogenannten Blitzgesetz und der in Art. 118 vorgesehenen Operation. Meine Damen und Herren, ich gestehe, daß ich soviel juristischem Scharfsinn zu folgen außerstande bin. Zu welchem anderen Zweck hat man denn dieses Gesetz erlassen als zu dem Zweck, den Art. 118 durchzuführen? Es kann doch nicht von irgendwelcher Bedeutung sein, ob diese Bestimmungen in zwei Gesetzen stehen oder ob man sie redaktionell in einem Gesetz zusammenfaßt. Das sind doch keine juristischen Argumente mehr!
Auf der anderen Seite muß ich mich dagegen wehren, wenn gesagt wird, daß die Überschrift eines Gesetzes ohne Rechtserheblichkeit sei. Warum stimmen wir denn dann hier immer über Einleitung und Überschrift eines Gesetzes ab?
Die Überschrift ist ein Teil des Gesetzes, sie qualifiziert das Gesetz, und das Gesetz ist unter Umständen von seiner Überschrift aus auszulegen; es bekommt möglicherweise erst durch sie seinen Sinn und wird erst dadurch verwendbar.
Die Regelung, die das Haus beschlossen hat und die der Vermittlungsausschuß vorschlägt, ist vernünftig. Sie wird auch von den Beteiligten gewollt; sie ist auch von unserem badischen Kollegen im Ausschuß gewollt worden; auch er ist für diese Regelung eingetreten. Der Landtag von Württemberg-Hohenzollern hat sie nachträglich ausdrücklich bestätigt. Weswegen der Herr badische Staatspräsident noch Bedenken gefunden hat, weiß ich nicht.
Es wäre vollkommen sinnlos, zwei Volksabstimmungen und eine Wahl binnen drei Monaten durchzuführen. Ich glaube, damit würden wir dem Ansehen des demokratisch-parlamentarischen Systems nur schaden können. Wahlbeteiligungen von 10 und 5 °/o, die wir dann bekämen, trügen doch sicher nicht zur Steigerung des Ansehens unseres parlamentarischen Systems bei.
Ich stelle hier fest: Niemand will, daß Bundesmacht den Ländern gegenüber mißbräuchlich angewandt wird, und jeder weiß, daß hier nichts anderes gewollt wird als etwas Vernünftiges, zu dem das Grundgesetz uns die Möglichkeit gibt. Will man denn unbedingt Vernunft zu Unsinn werden lassen?
Und nun noch zwei Dinge. Man hat mir gesagt — der Herr, der es mir sagte, 'sollte es eigentlich wissen —, im Kabinett werde die Auffassung vertreten, es bestehe die Möglichkeit, daß der Herr Bundeskanzler dem von uns etwa zu beschließenden Gesetz die Gegenzeichnung verweigert oder gar daß man sich weigern könnte, den Gesetzesbeschluß an den Herrn Bundespräsidenten zur Ausfertigung weiterzuleiten.
Meine Damen und Herren, wenn solches beabsichtigt sein sollte, müßte dieses Haus dagegen energisch protestieren!
Der Herr Bundeskanzler hat gegenzuzeichnen, wenn festgestellt ist, daß das im Grundgesetz für die Gesetzgebung vorgesehene Verfahren getreulich eingehalten worden ist. Dasselbe gilt für die Ausfertigung durch den Herrn Bundespräsidenten. Weder der Herr Bundeskanzler noch der Herr Bundespräsident sind etwas wie Organe eines Vorverfahrens, das etwa einem Verfassungsgerichtshofverfahren vorgeschaltet wäre; sie haben nicht die Möglichkeit zu sagen: Dieses Gesetz erachten wir materiell für verfassungswidrig, also zeichnen wir nicht gegen und fertigen wir nicht aus. Sie haben zu prüfen, ob alles geschehen ist, was das Grundgesetz für einen Gesetzesbeschluß vorschreibt. Und
daß das vorgeschriebene Verfahren hier eingehalten worden ist, darüber kann doch kein Zweifel bestehen!
Meine Damen und Herren, bevor ich dem nächsten Redner das Wort gebe, weise ich auf Bitte des Herrn Vorsitzenden des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität darauf hin, daß dieser Ausschuß um 15 Uhr eine Sitzung im Zimmer 104 abhält.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Euler als Vorsitzender des Ausschusses für innergebietliche Neuordnung.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Entscheidung des Kabinetts in dieser Frage ist in einer Stunde gefallen, die offensichtlich unter dem Unstern schlechtester Formaljurisprudenz stand;
denn es ist bezeichnend für schlechte Formaljurisprudenz, daß spitzfindige Unterschiede gemacht werden, die sachlich nicht gerechtfertigt sind.
Zu diesen sachlich nicht gerechtfertigten Unterscheidungen gehört die zwischen dem „objektiven Gehalt der Neugliederung", sofern sie stufenweise vollzogen wird, und dem „subjektiven Zusammenhang lediglich aus der Motivation des Gesetzgebers" heraus. Diese Unterscheidung ist deswegen falsch, weil ja der Inhalt des sogenannten Blitzgesetzes, wie wir es damals gleich in drei Lesungen verabschiedet haben, nach seinem objektiven Inhalt keinen Zweifel daran läßt, daß dieses Gesetz das erste Gesetz zur Durchführung des Art. 118 Satz 2 sein sollte. Das war nicht nur in der Überschrift, sondern auch in der Präambel ausgesprochen, in der es hieß:
Zur Durchführung der Neugliederung in den die Länder Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern umfassenden Gebieten durch Bundesgesetz gemäß Art. 118 Satz 2 des Grundgesetzes hat der Bundestag folgendes Gesetz beschlossen.
Es ist also der Zusammenhang durch den Inhalt des Gesetzes selbst ausgewiesen.
Ich darf im übrigen darauf hinweisen, daß für die Beurteilung des objektiven Zusammenhangs nicht nur der Inhalt eines Gesetzes, sondern auch die Motive des Gesetzgebers wesentlich sind. Wir haben dem Gesetzentwurf von vornherein eine Begründung beigefügt, die Ihnen auch gedruckt vorliegt. In dieser Begründung waren die einzelnen Tatsachen zusammengetragen, die die absolute Sicherheit dafür geben, daß der Zusammenhang objektiv besteht und nicht willkürlich subjektiv nur behauptet wird. Es war in der Begründung gesagt, daß in den Ländern Württemberg-Hohenzollern und Baden am 8. April nur deshalb Volksabstimmungen durchgeführt werden müssen, weil durch Landesgesetze die Legislaturperioden der Landtage verlängert werden sollen, diese Gesetze der beiden Länder verfassungändernden Inhalt haben und deshalb nach den Verfassungen der beiden Länder der Bestätigung durch Volksabstimmung bedürfen. Um mit Rücksicht auf die Vorbereitung der innergebietlichen Neuordnung nach Art. 118 Satz 2 diese Volksabstimmung zu vermeiden — so war weiter gesagt —, machen wir ein Bundesgesetz, das eben die Notwendigkeit zweier Volksabstimmungen ausschließen soll, die nicht nur
Geld, sondern vor allem auch demokratisches Ansehen kosten, weil, wie auch die beteiligten Länderregierungen sagten, diese Volksabstimmungen nur unter Teilnahme eines ganz kleinen Teils der Bevölkerung stattfinden würden. Aus dieser Motivation ergibt sich zusätzlich die Gewähr dafür, daß uns nicht Willkür bewegt hat, sondern daß ein objektiver Zusammenhang besteht.
Lassen Sie mich noch auf folgendes hinweisen. Bei der Beschlußfassung über das Gesetz haben damals nicht nur die südbadischen Abgeordneten, sondern auch zwei der beteiligten Länderregierungen erklärt, sie seien ohne weiteres mit dem Gesetz einverstanden, während die dritte es zwar als problematisch, aber vom Zwecke her gesehen auch als wünschenswert bezeichnete. Auch diese Tatsachen waren für die Bundesregierung erfahrbar.
Zum dritten muß noch auf folgenden, ebenfalls in objektiven Tatsachen dokumentierten Zusammenhang hingewiesen werden. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Blitzgesetz wurde im Ausschuß für innergebietliche Neuordnung an demselben Tag erledigt, an dem wir das eigentliche Gesetz über die innergebietliche Neuordnung im Südwestraum verabschiedet hatten, und die Regelung, die Gegenstand des Blitzgesetzes geworden ist, sollte ja Bestandteil dieses umfassenden Gesetzes sein. Wir haben bedauert, dieses eigentliche Neugliederungsgesetz nicht so rechtzeitig fertigstellen zu können, um noch die beiden Volksabstimmungen vom 8. April vermeiden zu können. Es ergibt sich also auch hieraus: es ist die nächste der Stufen zur Verwirklichung der Neugliederung bereits insofern objektiv gegeben, als wir den maßgebenden Gesetzesentwurf jedenfalls in einem der beteiligten Ausschüsse fertiggestellt haben. Er liegt jetzt im Rechtsausschuß, und ich möchte diese Gelegenheit benutzen, um an den Rechtsausschuß zu appellieren, daß das eigentliche Gesetz über die Neugliederung im Südwestraum, das dann also den Titel „Zweites Gesetz über die Neugliederung" führen würde, möglichst schnell im Rechtsausschuß fertiggestellt wird, damit es in das Plenum gelangt.
Das Wort hat der Abgeordnete Fisch.
Meine Damen und Herren! Wenn es eines Beweises bedurft hätte, daß Verfassungsfragen Machtfragen sind und dementsprechend von der jeweiligen machthabenden Gewalt gedreht und gewendet werden, wie es gewünscht wird, so wäre der Beweis hier erbracht.
Ich denke, man sollte dieses Problem seines ganzen schöngeistigen Beiwerks entkleiden und es auf das zurückführen, was es in Wirklichkeit ist. Dazu muß man hier klar aussprechen, aus welchen Motiven heraus der Streit um die beiden Auffassungen überhaupt entstanden ist. In den beiden Landtagen der Länder Württemberg-Hohenzollern und Baden gab es in den letzten vier Jahren eine absolute Mehrheit der CDU.
— Jawohl, stimmt; wissen Sie es nicht, Herr Expräsident?
In diesen beiden Ländern, wo die CDU bisher die
absolute Mehrheit in den Landtagen hatte, stellen
wir nun das Bestreben dieser Partei fest, ihre
Machtposition dort zu erweitern, und dazu hat man in beiden Ländern Wahlgesetze geschaffen, die der CDU erlauben, auch dann, wenn sie nicht über die Mehrheit der Stimmen verfügt, auf jeden Fall die Mehrheit der Sitze in den kommenden Landtagen einzunehmen.
Diese beiden Wahlgesetze liegen vor. Die CDU möchte gern, daß diese beiden Wahlgesetze auch zum Tragen kommen, damit sie in der kommenden Zeit dort unten in den beiden Ländern noch besser nach ihren eigenen Gelüsten und ohne Rücksicht auf die wirklichen Mehrheitsverhältnisse unter der Bevölkerung regieren kann. Dem steht die Auffassung der beiden anderen Parteien entgegen, der. SPD und der FDP, die glauben, sie müßten heute schon eine Vorleistung auf den künftigen SüdwestStaat machen.
Der Südwest-Staat ist bekanntlich eine amerikanische Erfindung.
Der Südwest-Staat ist eine amerikanische Erfindung. Dem steht nicht die Tatsache entgegen, daß es einige Politiker gibt, die ehemals in Tübingen beheimatet waren und die sich nun diese amerikanische Auffassung zu eigen gemacht haben.
Die Amerikaner möchten den Südwest-Staat, weil
sie" in einem solchen Staatsgebilde auch ihren
direkten Einfluß auf jene Gebiete besser ausüben könnten, die heute noch unter dem erstrangigen Einfluß der französischen Besatzungsmacht stehen. Meine Damen und Herren, zwei Seelen wohnen in der einen Brust der großen Koalition, die sich vor unseren Augen hier über die Frage streitet, ob die Legislaturperiode der beiden Landtage in Baliagen und in Freiburg entgegen den bestehenden Verfassungen
verlängert werden oder nicht.
— Aber Ihr Landtag wohnt doch auf dem Dorf, Herr Kollege Schmid, nicht in Tübingen.
Meine Damen und Herren! Um nun diese beiden Standpunkte mit dem Glorienschein verfassungsrechtlicher Herkunft zu umgeben, streiten sich hier, wie Sie gehört haben, die Leute und wollen, jeder für sich, die Bundesverfassung für die Unterstützung ihres eigenen Standpunktes in Anspruch nehmen. Es wird aber beiden Parteien nicht gelingen, zu verheimlichen und zu vertuschen, daß das, was nun die Mehrheit des Hauses zu tun im Begriff ist, nichts anderes ist als ein glatter Verfassungsbruch.
Die Verfassung in den beiden Ländern schreibt
vor, daß die Legislaturperiode vier Jahre umfaßt.
Diesen Verfassungstext kann man nicht ändern,
auch nicht unter Berufung auf das Grundgesetz, auch nicht unter Berufung auf den Art. 118 des Grundgesetzes.
Sie sagen, Herr Minister Renner, Einbrüche in die Verfassung des Landes Württemberg-Hohenzollern und des Landes Baden seien darum zulässig, weil der Art. 118 den Bund dazu berechtige, eine Regelung der Südwest-Frage herbeizuführen, und zwar dann, wenn die betreffenden Länder selbst nicht dazu in der Lage sind. Der Herr Kollege Schmid wird noch etwas stärker und erklärt, ja, hier erweise sich der Grundsatz, daß das Bundesrecht Landesrecht bricht.
— Aber ich erinnere daran, daß der Art. 118 nur Vorschriften über die Regelung der Ländergrenzen bzw. über die Neuschaffung von Ländern im südwestdeutschen Raum enthält. Im Art. 118 gibt es aber keine Vorschrift darüber, daß die Legislaturperiode der beiden Landtage willkürlich verlängert werden kann. Sie machen sich die Sache einfach, Herr Kollege Schmid, indem Sie sagen: Was wir hier vorhaben, nämlich die willkürlicht Verlängerung der Legislaturperiode der beiden Landtage, das geschieht mit . dem Ziel der Regelung der Südwest-Frage, liegt also in der Linie der Absichten des Art. 118. Das ist reine Phantasie. Der Bund hätte, wenn er wollte, die Möglichkeit, auf Grund des Art. 118 des Grundgesetzes eine Regelung der Ländergrenzen durch Gesetz herbeizuführen. Er hat aber nicht das Recht, die Legislaturperiode der beiden Landtage willkürlich zu verlängern. Ich widerspreche ganz entschieden der Behauptung, daß das sogenannte Blitzgesetz und das, was dahintersteht, mit dem Grundgesetz bzw. mit dem Art. 118 des Grundgesetzes in Einklang zu bringen ist.
Meine Damen und Herren, in der Begründung wurde noch etwas anderes angeführt: die drei Länder im Südwesten verdanken ihre Existenz nicht dem Willen der deutschen Bevölkerung, sondern den Beschlüssen und den Direktiven militärischer, politischer und wirtschaftlicher Art der Besatzungsmächte. Das ist richtig. Aber es ist kühn zu behaupten, daß das, was Sie jetzt hier über den Willen der Bevölkerung in diesen beiden Ländern hinweg dekretieren wollen, eher dem Willen der Bevölkerung entspreche als die künstliche Ziehung der Zonengrenzen im Jahre 1945.
Ich möchte deshalb erklären: erstens: es ist richtig, daß jene Länder im Südwesten Deutschlands einem Willkürakt der Besatzungsmächte ihr Dasein verdanken.
— Das hat mit dem Potsdamer Abkommen gar nichts zu tun. Es ist richtig, daß die künstliche Grenzziehung im Südwestraum Westdeutschlands nicht dem Willen der Bevölkerung entspricht und darum sobald als möglich abgeändert werden sollte.
Zweitens: Der Plan des Südweststaates, der von gewisser Seite als Nachfolgelösung empfohlen wird, entspricht ebensowenig dem Willen der Bevölkerung. Dieser Plan verdankt sein Dasein gleichfalls den Intentionen der Besatzungsmächte.
Die Bevölkerung in diesen Ländern hat ein Interesse daran, daß die alten Länder Baden und Württemberg wieder in der Form erstehen, wie sie der
historischen und wirtschaftlichen Tradition entspricht.
Aber sie glaubt, daß dies mit der Wiederherstellung der Einheit Deutschlands verbunden sein muß. In einem geeinten Deutschland haben die wiederhergestellten alten Länder Württemberg und Baden ihren Platz.
Drittens: Wir sind der Auffassung, daß die willkürliche Verlängerung der Legislaturperiode in den beiden Ländern einen Verfassungsbruch darstellt. Diesen Verfassungsbruch muß man auf das schärfste zurückweisen. Wenn man eine Erklärung sucht, dann ist sie vielleicht darin zu finden, daß es Leute gibt, die im gegenwärtigen Zeitpunkt überhaupt keine Wahlen wollen, weil sie befürchten, daß die Menschen in den Wahlversammlungen andere Fragen in den Mittelpunkt stellen als die Frage der neuen Grenzziehung, nämlich die Frage der Remilitarisierung und der Kriegswirtschaft, unter der wir zu leiden haben.
Herr Abgeordneter Fisch, wollen Sie bitte zur Sache sprechen!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Aus diesem Grunde lehnt meine Fraktion sowohl den Gesetzentwurf, der hier schon einmal behandelt wurde, wie auch die Neuregelung, wie sie hier von Regierungsseite und von seiten des Berichterstatters des Ausschusses vorgetragen wurde, ab, weil sie mit dem Willen der Bevölkerung nicht in Einklang zu bringen sind, weil sie dem Willen der Bevölkerung widersprechen und weil sie einen Akt des Verfassungsbruchs darstellen.
Meine Damen und Herren, ich habe den Eindruck, als ob auf unser Blitzgesetz ein sehr lange nachhallender Donner gefolgt ist.
Ich darf die beiden noch gemeldeten Redner, Dr. Becker und Kiesinger, bitten, das Donnern möglichst bald zu Ende kommen zu lassen.
Herr Abgeordneter Dr. Becker!
Meine Damen und Herren! Eine gewisse Legitimation, hier eine Erklärung über meine heutige Abstimmung abzugeben, habe ich dadurch, daß ich bei dem Blitzgesetz, dessen Beratungen in drei Lesungen damals in fünf Minuten vor sich gingen, als einziger Bedenken geäußert habe, die aber nur zu einer Enthaltsamkeit geführt hatten.
Nun sind Bedenken heute von der Regierung mit dem Ergebnis vorgetragen, daß dort nicht Enthaltsamkeit geübt worden ist, sondern daß das Kabinett mit 6 zu 5 Stimmen eine andere Auffassung vertreten hat. Ich könnte also, wenn ich die heutige Debatte überschaue, beinahe zu dem Gedanken kommen, ich sei das Karnickel, das angefangen hätte. Aber ich glaube sagen zu dürfen, daß ich von Anfang an die Erwartung hatte, daß vom hohen Kapitol des Bundesrates auch in dieser Beziehung Warnrufe ertönen würden. Diese sind auch gekommen und haben dann zu der Verhandlung im Vermittlungsausschuß geführt. Ich will Ihnen heute nur sagen, daß die Bedenken, die ich damals
— als in fünf Minuten abgestimmt wurde — auch I in einem gewissen dunklen Drange hatte, behoben sind; sie sind durch die Verhandlungen im Vermittlungsausschuß beseitigt. Ich will Ihnen mit ganz wenigen Worten sagen, warum, weil ich annehme, daß, wenn jemand etwa nachträglich noch Bedenken bekommen hatte, daß er sich vielleicht an meinen Erwagungen ein Beispiel nehmen könnte. Tatsache ist einfach die: die formale Zuständigkeit der Bundesgesetzgebung beruht auf dem Art. 118. Art. 118 sieht zwei Stadien des Werdens eines Südweststaates voraus. Das erste Stadium, die Verhandlungen der Länder untereinander, ist höchstoffiziell dadurch abgeschlossen, daß Herr Staatspräsident Müller im Auftrag der drei Landerregierungen dem Bund mitgeteilt hat: Wir kommen nicht überein. Damit war nunmehr die formale Zuständigkeit des Bundes und des Bundesgesetzgebers in jeder Form gegeben. Die materielle Zuständigkeit, d. h. die Verfassungsmäßigkeit für dieses Gesetz ergibt sich dann, wenn man dieses Gesetz als zeitlich und inhaltlich mit dem Werden des Südweststaates zusammenfallend anzusehen hat. Denn sonst, wenn das nicht gilt, muß die Grundregel gelten, die mich damals zu meinen Bedenken geführt hatte, daß der Bund selbstverständlich nicht in die Verfassungsautonomie der Länder eingreifen darf. Aber die zeitliche und inhaltliche Verbindung ist gegeben. Stellen Sie sich nur vor, es würde nur ein einheitliches Gesetzgebungswerk geschaffen; in dem einheitlichen Gesetzgebungswerk stände drin, der Südweststaat werde am 1. August Wirklichkeit, und-die beiden Landtage würden am 1. Mai eigentlich schon das Zeitliche gesegnet haben. Dann würde in diesem Gesetz auch stehen: die Legislaturperiode dieser Landtage wird bis zum 1. August verlängert. Es macht nun keinen Unterschied, ob das in zwei Gesetze zerlegt wird oder in einem geschieht. Denn Art. 118 des Grundgesetzes spricht nicht von einem Gesetz in dem Sinne, daß es nur eins sein dürfte, sondern er meint, ein Gesetzgebungswerk und meint damit die Form des Gesetzes.
Also meine Bedenken sind beseitigt. Ich habe im Vermittlungsausschuß für diesen Vorschlag gestimmt. Ich werde hier auch dafür stimmen. Ich möchte annehmen, daß vielleicht im Bundeskabinett der eine oder andere Saulus vielleicht nun auch zum Paulus wird.
Herr Abgeordneter Dr. Becker, im Interesse des Verhältnisses zum Bundesrat danke ich Ihnen, daß Sie den Vergleich des Bundesrats mit dem Kapitol nicht bis zur Zitierung der dort ansässigen Tiere ausgedehnt haben.
Die Wortmeldung des Herrn Abgeordneten Kiesinger ist erledigt.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag des Vermittlungsausschusses auf Drucksache Nr. 2088. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag des Vermittlungsausschusses, den Herr Bürgermeister Dr. Nevermann vorgetragen hat, zustimmen wollen, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Gegen wenige Stimmen bei einigen Enthaltungen angenommen.
4958 Deutscher Bundestag — 130 _Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 5. April 1951
Ich rufe auf Punkt 2 der Tagesordnung — —
Zur Geschäftsordnung hat das Wort der Herr
Abgeordnete Loritz.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wurde mir soeben mitgeteilt -- und ich konnte mich von der Wahrheit dessen persönlich überzeugen —, daß es uns Abgeordneten des Deutschen Bundestags heute seit Beginn der Sitzung unmöglich gemacht worden ist — durch Anordnung von irgendeiner Stelle; ich weiß nicht, von welcher —, daß Staatsbürger oder Wähler, die uns heute einzeln sprechen wollen, uns besuchen können —, um uns Informationen irgendwelcher Art zu geben, an uns Fragen zu stellen usw., und zwar werden sie im gesamten Bundestag heute überhaupt nicht zugelassen.
Das ist eine Beeinträchtigung der Rechte sämtlicher Abgeordneter, gegen die sich das ganze Parlament mit aller Schärfe und Entschiedenheit wenden müßte.
Denn es ist eine der wichtigsten Prärogativen der Abgeordneten des Parlaments, stets von jedermann im Lande besucht werden zu dürfen. Bekanntlich sind die Verhandlungen öffentlich. Jeder einzelne Abgeordnete bekommt laufend Tag für Tag, wie Sie alle wissen, Besuche von hier und aus der Provinz, die er zu verbescheiden und denen er zur Verfügung zu stehen hat.
Ich weiß selbstverständlich, daß das kein Freibrief für Demonstrationen sein darf. Ich habe also jetzt nicht gesprochen für den Fall, daß da draußen Leute mit Fahnen und Trompeten und allem möglichem stünden.
Davon habe ich nicht gesprochen. Nirgends kann man heute irgendeinen solchen Auflauf der Bevölkerung feststellen, sondern es handelt sich jetzt darum, daß es einzelnen Personen, die Abgeordnete in diesem Hause informieren möchten, wozu sie das Recht haben, nicht möglich ist, hier an Abgeordnete zu gelangen. Damit werden unsere Rechte, die Rechte des Bundestags, schwersten beeinträchtigt. Es werden sogar alle Personen, die nichtsahnend die Straße herkommen, mit Gewalt davor zurückgehalten, diese Straße vor dem Bundeshaus auch nur zu betreten. Und das passierte auch mir, als ich mich heute zu dieser Sitzung begeben wollte.
Und andern auch. — „Bravo!" rufen Sie! Sie sind ein „guter" Demokrat, Herr Zwischenrufer! Vielleicht passiert es Ihnen demnächst auch! Dann werden Sie nicht „Bravo!" schreien, sondern werden sich mit Recht dagegen wenden. — Erst als ich meine Legimitationskarte vorwies, konnte ich weiter des Weges ziehen.
Ich bin nicht gewillt, mich als deutscher Staatsbürger in Bonn irgendwie auf der Straße anhalten
zu lassen. Und ich glaube, das sollten sich auch die
anderen Herren Abgeordneten nicht gefallen
lassen. Eines steht jedenfalls fest, meine sehr verehrten Damen und Herren: Wenn Sie hier zustimmen würden, schaffen Sie ein Präjudizium, das
sich sehr übel gegen jeden einzelnen gerade auch
von Ihnen in Zukunft auswirken könnte. Der Abgeordnete muß das Recht haben,
— ich wiederhole: der Abgeordnete muß das Recht haben, stets und zu jeder Stunde von jedem anständigen Staatsbürger in diesem Lande angegangen zu werden und mit ihm sprechen zu können. Dieses Recht ist durch die Maßnahme, von der ich nicht weiß, von welcher Seite sie kommt
— ich will gar keine Beschuldigung aussprechen, es wird festzustellen sein, von welcher Seite die Anordnung getroffen worden ist —, verletzt worden. Das Recht des Parlaments muß gerade im Interesse der deutschen Demokratie sichergestellt werden.
Meine Damen und Herren! Ich habe zu den temperamentvollen Ausführungen I des Herrn Abgeordneten Loritz folgendes zu sagen. Eine Anordnung, daß irgend jemand, der in geordneter Weise dieses Haus betreten will, um einen Abgeordneten zu sprechen, der Eintritt verwehrt wird, könnte nur von m i r ergangen sein. Sie ist aber von mir nicht -ergangen. Ich gedenke niemals, jemand zu verwehren, einen Abgeordneten zu sprechen.
— Bitte?
— Herr Abgeordneter Loritz, auch Ihnen ist bekannt, daß die Möglichkeiten der Einflußnahme dieses Hauses und seines Präsidenten nicht auf die Straße reichen. Solange kein Bannmeilengesetz beschlossen ist, habe ich die Möglichkeit nicht und kann sie auch nicht ausnutzen.
— Herr Abgeordneter Dr. Arndt, bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Beschwerde des Herrn Kollegen Loritz ist absolut berechtigt.
Die Straße draußen ist abgesperrt. Auch ich habe den Zugang zum Bundeshaus nur dadurch bekommen können, daß ich mich einer Polizeistreife gegenüber auswies, wer ich sei.
Es ist unerhört, daß irgend jemand sich einfallen
läßt, hier derartige Polizeimaßnahmen zu treffen.
Ich bin der Auffassung, daß das Präsidium des Bundestags dagegen unsere schärfste Verwahrung einlegen sollte.
Meine Damen und Herren, ich bin der gleichen Auffassung wie der Herr Ab-
geordnete Arndt. Ich werde das Entsprechende veranlassen,
weise aber nochmals darauf hin, daß weder von mir eine solche Anordnung noch auch nur eine Bitte ausgesprochen worden ist. Ich werde das Entsprechende veranlassen.
— Herr Abgeordneter Renner zur Geschäftsordnung.
Meine Damen und Herren! Ich bezweifle zu keiner Minute die Richtigkeit dessen, was der Herr Bundestagspräsident soeben hier gesagt hat. Ich glaube, daß die Tatsache, daß hier in einer Entfernung von mehr als hundert Metern vom Bundeshaus die Polizei sowohl die Abgeordneten als auch die Bürger, die Abgeordnete besuchen wollen, anhält, auf ihre Papiere hin überprüft und sie erst dann, wenn sie sich als Abgeordnete legitimieren, hereinläßt, nichts mit dem Herrn Bundestagspräsidenten zu tun hat. Aber irgend jemand muß doch der Polizei diese Anordnung gegeben haben,
und ich bin der Meinung, daß das geklärt werden muß.
Ich bin also der Auffassung, daß wir den Herrn Bundesinnenminister hierher zitieren sollten, der fluchtartig den Raum verlassen hat, als die Frage hier auftauchte,
und daß wir von ihm Aufklärung verlangen müssen,
ob er hinter dieser Maßnahme steht und, wenn nein, was er zu tun gedenkt, um den Verantwortlichen für diese Anordnung zurechtzuweisen und diese Anordnung rückgängig zu machen. So steht doch die Frage! Haben Sie doch Achtung vor Ihrer eigenen Würde als Bundestagsabgeordnete!
Oder ist Ihre „Sehnsucht", mit dem Volk zusammenzustoßen, so groß, daß Sie zwischen sich und das Volk den Polizeikordon des Herrn Bundesinnenministers stellen?
— Ich habe also den Antrag gestellt, der Bundestag möge beschließen, den Herrn Bundesminister des Innern sofort hierher zu zitieren, um Antwort auf die von mir gestellte Frage zu geben.
— Sie können ja den Antrag ablehnen!
Meine Damen und Herren, es ist die Frage, ob wir uns über die verfassungsrechtliche Zuständigkeit des Herrn Bundesinnenministers in Polizeifragen hier unterhalten sollen. sollen.
Ich werde feststellen, von wem diese Anordnung ausgegangen ist. Daß ich diese Anordnung nicht billige, habe ich bereits ausgesprochen.
— Herr Abgeordneter Eickhoff zur Geschäftsordnung!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor einer Viertelstunde habe ich mich draußen bei der Polizei erkundigt, weil ich meine Tochter zu Besuch erwarte.
Die Polizei hat mir geantwortet, daß jede Person, die einen Abgeordneten besuchen will, unbedingt auch hierher kommen kann.
Herr Abgeordneter Loritz zur Geschäftsordnung!
Ich muß Ihnen, Herr Kollege, der Sie gerade vor mir sprachen, widersprechen. Ich habe die Namen von Personen eigens aufgeschrieben, die mich und meine Freunde hier aufsuchen wollten. Die Wachtmeister Laufenberg und Hoppe haben diese Herren verhindert, hierherzukommen,
obgleich sie sich auf mich berufen haben.
Meine Damen und Herren, der Herr Abgeordnete Renner hat den Antrag gestellt, den Hern Bundesminister des Innern herbeizurufen. Wünscht das Haus, diesem Antrag zuzustimmen?
— Das ist nicht der Fall.
Ich werde das Haus, nachdem ich festgestellt habe, wie diese Vorfälle zustande gekommen sind, sofort darüber unterrichten.
— Herr Abgeordneter Renner, ich habe eine Vermutung, daß die Maßnahmen der Polizei mit bestimmten Vorkommnissen von gestern in Zusammenhang stehen, die jedenfalls der Mehrheit dieses Hauses nicht so unmittelbar verbunden sind wie einigen anderen Abgeordneten dieses Hauses.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Wackerzapp zur Begründung des Antrags zu Punkt 2 der Tagesordnung:
Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umstellung der Reichsmarksparguthaben heimatvertriebener Sparer
.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag der CDU/CSU Drucksache Nr. 2015 betreffend Entwurf eines Gesetzes zur Umstellung der Reichsmarkguthaben heimatvertriebener Sparer liegt Ihnen vor. Es ist begreiflich, daß nach den temperamentvollen Ausführungen, die wir soeben gehört haben, dieses äußerlich sehr viel weniger sensationelle Thema bei Ihnen zunächst kein bereit-
williges Ohr finden wird. Dennoch aber glaube ich, darauf hinweisen zu dürfen, daß es sich hier um eine Angelegenheit von großer Breitenwirkung handelt.
Es geht um die Heimatvertriebenen, die bei der grausamen Austreibung in ihrem kümmerlichen Gepäck, das sie auf der Flucht mitnehmen durften, in aller Regel auch ihr Sparbuch, oft unter Lebensgefahr, untergebracht hatten. Sie haben es gehütet wie ihren Augapfel, weil sie glaubten, in diesem Dokument die verbriefte Urkunde zu besitzen, daß sie an den Spargroschen herankönnen, den sie in langen Jahren vorher durch Konsumverzicht aufgespart haben, um in Zeiten der Sorge und der Not einen Rückhalt zu besitzen. Als sie nun hier im Westen ankamen und ihre Sparbücher bei den heimischen Sparkassen zur Einlösung präsentierten, erfuhren sie eine grausame Enttäuschung. Denn es wurde ihnen nichts darauf ausgezahlt, mit der Begründung, man könne das nicht tun, denn wie solle man die Auslagen und Vorschüsse jemals wieder zurückbekommen, nachdem die östlichen Finanzinstitute ihr Vermögen verloren haben. So ist viel Kummer und Elend in diese Kreise gekommen. Sie haben in der Reichsmarkzeit nicht die Möglichkeit gehabt, auch nur die geringsten zusätzlichen Anschaffungen zu machen; auch die Aussicht, eine Existenz zu gründen, war ihnen außerordentlich erschwert.
Dann kam die Währungsreform, und auch hierbei sind sie wieder vollkommen unberücksichtigt geblieben, während die heimischen Sparguthaben bekanntlich mit 6,5 % in DM aufgewertet worden sind. Nur der Postsparkasse ist es gelungen, ihre östlichen Postsparer ebenso wie die heimischen zu behandeln — aus besonderen Verhältnissen heraus. Aber Hundertausende von Ostsparern, die bei ihren heimischen Sparkassen, Privatbanken, Genossenschaft en und Volksbanken oft ein Leben lang gespart haben, standen abseits, und niemand kümmerte sich um sie. Man vertröstete sie auf den allgemeinen Lastenausgleich, der damals ja gerade in dämmerigen Umrissen am Horizont erschien. Aber das System des allgemeinen Lastenausgleichs — das ergab sich mit immer größerer Schärfe — ist nicht geeignet, ihnen zu helfen. Denn die Prinzipien des Währungsumstellungsgesetzes, die absolut auf individuelle Ansprüche und rein quotale Lösungen abgestellt waren, können mit den sozialen Entschädigungsgrundsätzen des allgemeinen Lastenausgleichs kaum in Einklang gebracht werden. Wir danken es daher dem Regierungsentwurf zum allgemeinen Lastenausgleichsgesetz, insbesondere dem Herrn Bundesfinanzminister, daß er auf unsere Anregungen hin den § 259 aufgenommen hat, wonach die Sparer aus dem Osten bezüglich ihrer Ansprüche gegenüber den östlichen Geldinstituten nach Möglichkeit ebenso wie die heimischen gestellt werden sollen. und daß ein besonderes Gesetz Art, Umfang und Durchführung zu regeln hat.
Es ist nun der Sinn und Zweck unserer Gesetzesvorlage, dieses Spezialgesetz, das der Finanzminister erst als Folge und nach Inkraftsetzung des allgemeinen Lastenausgleichsgesetzes bringen will, jetzt vorzuziehen, damit nicht wiederum kostbare Zeit verlorengeht. Sonst müßten wir mit der Regelung dieser Spezialmaterie wiederum warten, bis das allgemeine Lastenausgleichsgesetz fertiggestellt worden ist, und wir alle wissen, daß dieses gewaltige Gesetzeswerk, auch beim besten Willen aller Beteiligten, nicht schnell fertiggestellt werden kann.
Zum allgemeinen Inhalt unseres Gesetzentwurfes ist folgendes zu sagen. Wir beschränken uns zunächst einmal auf diejenigen Sparguthaben, die durch Sparbücher und sonstige Urkunden nachweisbar sind. Wir wollen damit aber keineswegs grundsätzlich etwa die Inhaber von Giro- und Kontokorrentkonten von der Aufwertung ausschließen. Es waren im wesentlichen nur praktische Erwägungen, die uns bewogen haben, die Sparer bevorzugt zu behandeln. Einmal war es die volkswirtschaftliche Erwägung, daß die Spareinlagen ja im Gegensatz zu den sonstigen Einlagen den Charakter von langfristigen Anlagen tragen, daß sie nicht dem Zahlungsverkehr dienen, sondern die Grundlage für langfristige Investitionen bilden. Wir alle erinnern uns daran, wieviel Segen aus dem Sparschatz des deutschen Volkes in der Vergangenheit geschaffen werden konnte; deswegen sollten wir uns jetzt dringend darum kümmern, daß sich dieser zerstörte und nur langsam im Aufbau befindliche Sparschatz wieder anreichem möchte.
Ein weiteres Moment, das uns bestimmt hat, gerade die Sparguthaben vorzuziehen, ist der Umstand, daß der Anspruch urkundlich auf Heller und Pfennig nachgewiesen werden kann, weil eben das Sparbuch die Unterlage und den Beweis für den jeweiligen, endgültigen Stand des Guthabens erbringt. Dies ist bei sonstigen Guthaben sehr viel schwerer möglich und insbesondere dann mit großen Schwierigkeiten verbunden, wenn die östlichen Finanzinstitute nicht in der Lage waren, ihre Geschäftsbücher und sonstigen Unterlagen ins Bundesgebiet zu retten.
Eine Besonderheit, die in der Öffentlichkeit bereits diskutiert worden ist, ist die Vorschrift, daß die Aufwertung nur für Sparguthaben stattfinden soll, die über 100 RM lauten, wobei also eine Aufwertung mindestens auf 6,5 DM herauskommen würde. Diese Begrenzung war auf die Erwägung gegründet, daß man die Verwaltungsarbeit nicht ins Ungemessene anschwellen lassen wollte. Aber wir sind der Meinung, daß es durchaus diskutabel und der Erörterung wert und würdig ist, zu prüfen, ob es nicht doch zweckmäßiger ist, die Grenze niedriger zu halten. Denn auch die kleinen Beträge spielen bei den Heimatvertriebenen, die oft kaum das Existenzminimum haben, eine Rolle, was ein Fernstehender kaum zu begreifen in der Lage ist.
Ich darf weiter darauf hinweisen, daß wir in unserem Gesetzentwurf gewisse Sicherheiten einbauen mußten, damit nicht angesichts der besonderen Rechtsnatur des Sparkassenbuchs als eines „hinkenden" Inhaberpapiers Mißbrauch getrieben wird. Vor allem aber darf ich eine Besonderheit hervorheben, wodurch unsere Ostsparer nach unserem Willen eine gewisse Bevorzugung gegenüber den heimischen Sparern insofern erlangen sollen, als nämlich die Anrechnung der Kopfquote, die bei der Umrechnung und Umstellung der Geldguthaben der heimischen Sparer erfolgte, bei den Ostsparern nicht stattfinden soll. Jeder, der mit der Angelegenheit zu tun hatte — und es sind ja unendlich viele Sparer davon betroffen worden — weiß, daß die Anrechnung der Kopfquote eine der unsozialsten und' unbegreiflichsten Vorschriften war, für die allerdings keine deutsche Stelle die Verantwortung trägt, sondern lediglich die Militärregierung, nach deren Befehl ja die Währungsumstellung durchgeführt werden mußte. Durch die Anrechnung der Kopfquote sind die Sparguthaben von Hunderttausenden ehrlichen Sparern, insbesondere kinderreichen Familien vollkommen ausge-
löscht worden. Eine außerordentliche Verbitterung weiter Kreise war die Folge, mit der Rückwirkung, daß der Spargedanke als solcher in Verruf kam, aus der Anschauung heraus: Um uns kleine Sparer kümmert sich ja doch niemand, wir sind verlassen, und das Sparen hat keinen Sinn und keine Bedeutung mehr.
Die Anrechnung der Kopfquote wollen wir also unseren Ostvertriebenen ersparen, denn dieses Unrecht soll sich bei ihnen nicht wiederholen. Weil wir ihnen auf diese Weise einen kleinen Vorzug zubilligen, der hoffentlich auch den heimischen Sparern noch in irgendeiner Form nachträglich erwirkt werden kann, sahen wir es andererseits für tragbar an, unseren ostvertriebenen Sparern eine kleine Gebühr zur Deckung der Verwaltungskosten aufzuerlegen, wenn die Umrechnung ihres RM-Sparguthabens in DM erfolgt.
Ein weiterer Vorzug unseres Antrags ist der, daß wir in weitestgehendem Ausmaß die vorhandene Bankenorganisation in den Dienst unserer Aufgabe stellen wollen. Wir brauchen deswegen keinen neuen behördlichen Verwaltungsapparat, sondern es ist alles vorhanden. Es handelt sich um Aufgaben, die dem Bankenapparat durchaus geläufig sind. Wir haben ja schon seit Jahren Erfahrungen, wie unsere Geldinstitute, die öffentlichen sowohl wie die privaten Banken, die Sparkassen und die Kreditgenossenschaften durchaus in der Lage sind, auch schwieriger Verwaltungsaufgaben Herr zu werden. Ich hebe die Tätigkeit im Devisensektor hervor, erinnere aber vor allem auch an die verdienstvolle Mitarbeit im Zuge der Wertpapierbereinigung, wo eine stille, mühselige, von der Öffentlichkeit kaum beachtete Arbeit geleistet worden ist, die auch einmal rühmlich anerkannt werden sollte, weil sie sehr dazu beigetragen hat, wieder Ordnung in die wirtschaftlichen Verhältnisse zu bringen und vielen privaten Besitzern von Wertpapieren wieder zu ihrem Recht zu verhelfen.
Dieser Bankenapparat, den wir in all seinen Sparten einspannen wollen, wird in erster Linie berufen sein, die Sparguthaben der Ostvertriebenen wieder aufleben zu lassen. Als Gegengewicht dafür soll er Deckungsforderungen gegenüber dem Lastenausgleichsstock analog den Ausgleichsforderungen bei der allgemeinen Währungsumstellung bekommen. Gefahren für die Währung sind nicht zu besorgen. Der Betrag, um den es gçht, ist — seiner absoluten Höhe nach — verhältnismäßig gering. Die Breitenstreuung der ganzen Aktion ist allerdings enorm. Es handelt siçh nicht um Tausende oder Zehntausende von Interessenten, also Inhabern von Ostsparbüchern, sondern um Hunderttausende, ja, die Zahl geht weit über eine Million hinaus. Dennoch ist der auszuzahlende Betrag nicht so ungeheuerlich. Wenn man das Guthaben auf einem Sparbuch im allgemeinen mit 1500 Mark schätzt, kommt ein Umstellungsbetrag von 3 Milliarden heraus, der mit 6,5 % umgerechnet etwa 200 Millionen DM ausmachen würde. Das ist kein Betrag, der währungspolitisch irgendwie ins Gewicht fallen kann. Hinzu kommt weiter, daß diese 200 Millionen ja nicht durch Kreditschöpfung der Notenbank geschaffen werden müßten; sie werden vielmehr dem Lastenausgleichsfonds entnommen, der seinerseits die Mittel aus den Leistungen der Abgabepflichtigen erhält. Wenn bei den Ostsparern eine Vermehrung der Kaufkraft eintritt, so ist auf seiten der Abgabepflichtigen eine ebenso große Verminderung der Kaufkraft zu verzeichnen, so daß der tatsächliche Umlauf an Geldmitteln nicht größer wird.
Eine Beeinträchtigung der Währung ist durch unser Gesetz also in keiner Weise zu befürchten, zumal die technische Durchführung ja nicht von heute auf morgen geschehen kann, sondern nur allmählich. Dies bedeutet aber einen großen Vorzug etwa gegenüber der Ausschüttung der nachträglichen Kopfquote, die mit dem riesigen Betrage von 900 Millionen DM mit einem Schlage in die Wirtschaft hineingepumpt wurde, wodurch natürlich wirtschaftliche Störungen unvermeidlich waren. Solche Gefahren entstehen bei Annahme unseres Entwurfes nicht.
Die Aktion, die wir Ihnen vorschlagen, steht auch keineswegs im Widerspruch zu dem verdienstlichen Antrag, den vor einigen Wochen die Zentrumsfraktion in der Drucksache Nr. 1874 eingereicht hat, der sich mit dem allgemeinen Problem der Aufwertung der Altspareinlagen befaßt. Der Gesetzentwurf, den wir Ihnen jetzt vorschlagen, soll sozusagen eine vorbereitende Handlung darstellen. Wir wollen unsere ostvertriebenen Sparer zunächst einmal auf die Ebene hinaufziehen, auf der sich die heimischen Sparer schon seit der Währungsreform befinden. Wenn wir diesen Stand erreicht haben, dann soll die im Zuge der Aufwertung der Altspareinlagen sich ergebende Verbesserung selbstverständlich auch für unsere Ostsparer Geltung erlangen.
Ich darf zusammenfassen: Wir nehmen für unseren Antrag in Anspruch, daß er sowohl einem Gebot der formalen Gerechtigkeit entspricht als auch einer sittlichen Verpflichtung. Es ist nicht einzusehen, warum die Heimatvertriebenen, die so viel gelitten haben, nun auch noch in ihrer Eigenschaft als Sparer beeinträchtigt werden sollen. Eine Störung der Systematik des allgemeinen Lastenausgleichs findet nicht statt, weil beide Aktionen sich harmonisch aufeinander abstimmen lassen. Die Mittel stehen zur Verfügung; denn der Herr Finanzminister hat für diesen Zweck bereits 250 Millionen in Anschlag gebracht, auszuzahlen in Jahresraten von je 50 Millionen. Ein nach Hunderttausenden zählender Kreis von Interessenten würde Nutznießer werden. Daß wir nicht allen gerecht werden können, insbesondere denjenigen nicht, die nicht in der Lage sind, ihre Ansprüche urkundlich nachzuweisen, ist ein schmerzlicher Mangel, den wir bedauern. Aber damit müssen wir Heimatvertriebenen ja immer rechnen, daß wir allen anderen Bevölkerungskreisen gegenüber dadurch im Nachteil sind, daß die Beweispflicht, die jedem von uns für den Nachweis der Existenz seiner Ansprüche auferlegt ist, in vielen Fällen mit außerordentlichen Schwierigkeiten verbunden ist. Wenn auch keine hundertprozentige Gerechtigkeit erzielt werden kann, so wäre es dennoch falsch, auf eine Aktion verzichten zu wollen, die einem großen Kreise — in absoluten Zahlen gerechnet etwa 1,5 Millionen Ostvertriebenen — helfen könnte und sie in den Besitz von zusätzlichen Mitteln setzen würde. die sie jetzt so schmerzlich entbehren müssen. Weiter käme hinzu, daß wir mit einer solchen Aktion bei den Vertriebenen nicht nur das Gefühl der gerechten Behandlung, der Gleichberechtigung mit den Einheimischen stärken würden, sondern darüber hinaus würde auch der allgemeine Spargedanke gefestigt werden. Denn die Bevölkerung im ganzen würde wieder die Überzeugung erlangen, daß der Staat gewillt ist, sich der so lange vernachlässigten Sparer energisch anzunehmen. Es wäre sehr zu wünschen, wenn auf diese Weise wieder ein Auftrieb, eine Beflügelung und eine Ermunterung des Spargedankens einträte; denn
wir wissen alle, was es bedeutet und was für wirtschaftliche Schwierigkeiten entstehen, wenn der Sparer sozusagen in den Streik tritt und seine traditionelle Pflicht nicht mehr erfüllt.
Aus diesem Grunde bitten wir Sie, unseren Antrag, der in Einzelheiten noch weitgehender Verfeinerungen und Verbesserungen fähig ist, an den dafür zuständigen Lastenausgleichsausschuß zu überweisen, dem auch der Gesetzentwurf über die Aufwertung der Altsparguthaben überwiesen worden ist. Der Lastenausgleichsausschuß wird sich bei allen währungspolitischen und geldtechnischen Fragen der sachverständigen Mitwirkung des Ausschusses für Geld und Kredit bedienen.
Meine Damen und Herren, Sie haben die Begründung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU gehört.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache der ersten Beratung. Ich schlage Ihnen im Einvernehmen mit dem Ältestenrat eine Aussprachezeit von 120 Minuten vor. — Das Haus ist damit einverstanden.
Als erster hat das Wort Herr Abgeordneter Tichi.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als die Militärregierungen seinerzeit die Verordnungen über die Währungsreform schufen, sind im Zusammenhang damit zwei Fehler unterlaufen, die heute nicht mehr gutgemacht werden können. Die im Entwurf bereits vorbereitete Verordnung über einen Lastenausgleich, der damals unter ganz anderen Voraussetzungen möglich gewesen wäre, als es heute der Fall ist, unterblieb. Genau so war es falsch und ein Unrecht, daß man in die Währungsreform nicht die Umstellung der Reichsmarkguthaben heimatvertriebener Sparer aus dem Osten einbezogen hat. Wir haben dies wiederholt bedauert, nicht nur im Interesse der heimatvertriebenen Sparer, die schwer geschädigt wurden, sondern auch im Interesse der deutschen Volkswirtschaft selbst. Wenn man damals unsere heimatvertriebenen Sparer miteinbezogen hätte, dann hätte man Zehntausenden Heimatvertriebenen die Möglichkeit gegeben, wirtschaftlich Fuß zu fassen und sich in ihrer jetzigen Heimat eine neue Existenz zu schaffen. Staat und Länder hätte man in der öffentlichen Fürsorge bedeutend entlastet. Heute muß wohl erwogen werden, ob man das beantragte Gesetz zur Befriedigung heimatvertriebener Sparer vor dem Lastenausgleichsgesetz schaffen soll oder erst nach dessen Erledigung. Der Gesetzentwurf sieht keine allgemeine Entschädigung von Währungsschäden vor, die im Entwurf des Lastenausgleichsgesetzes nur bei alten und erwerbsunfähigen Personen als Kriegsschadenrente vergütet werden. Hier müßte Klarheit geschaffen werden. Wir legen großen Wert darauf, die Handhabung des § 1 des Entwurfes so festzulegen, daß auch die Sparguthaben der Deutschen im Protektorat Böhmen und Mähren einbezogen werden. Ebenso wird es wichtig sein, daß man auch auf die Sparguthaben unserer Heimatvertriebenen aus Ungarn, Jugoslawien usw. Rücksicht nimmt. Es kann nicht bestritten werden, daß das sogenannte Protektorat Böhmen und Mähren vorübergehend, bis zum Zusammenbruch im Jahre 1945, in das Deutsche Reich eingegliedert war. Deshalb müßte der § 1 dieses Entwurfes auch so ausgelegt werden. Wir haben eine Analogie in dem heute zur Behandlung kommenden Gesetz 131, in das alle deutschen Staatsangehörigen, die in einer staatlichen oder kommunalen Dienststelle im ehemaligen Protektorat Böhmen und Mähren tätig waren, einbezogen sind. Deutsche Staatsangehörige, die heute in Westdeutschland als Heimatvertriebene in Not leben, haben ihre Sparguthaben nicht nur bei-deutschen, sondern auch bei tschechischen Geldinstituten angelegt und müßten heute entweder durch den Lastenausgleich oder durch dieses Gesetz befriedigt werden. Wir gauben auch, daß eine liberale Handhabung des gedachten Gesetzes insofern dringend geboten erscheint, weil viele Heimatvertriebene — darüber sprach bereits Herr Kollege Wackerzapp — ihre Sparbücher, Kontoauszüge und andere Beweisstücke bei der Austreibung und auf der Flucht verloren haben.
Eines muß noch gesagt werden. Der Deutsche Bundestag hat, vor einiger Zeit den Antrag des Zentrums angenommen, wonach die heimatvertriebenen Sparer mit 20 % befriedigt werden sollen
— ja, auch die Heimatvertriebenen! —, während in diesem Gesetz
— jawohl, ich habe es selbst gelesen! — von einer Befriedigung mit 61/2 % die Rede ist. Wir begrüßen deshalb grundsätzlich den Antrag der CDU/CSU auf Schaffung eines Gesetzes und werden für ihn stimmen.
Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich die Beratung mit einer Mitteilung über die vorhin gerügten Absperrungsmaßnahmen für einen Augenblick unterbrechen. Die Maßnahmen hinsichtlich dieser Absperrung sind vom Chef der Polizei in Bonn angeordnet worden. Meine Damen und Herren, ich würdige durchaus das Bemühen der Polizei, den Bundestag vor Demonstrationen, wie sie gestern stattgefunden haben, zu schützen, meine aber, daß die getroffene Anordnung angesichts der heute vorhandenen Lage nicht das geeignete Mittel ist.
Ich habe den Herrn Chef der Polizei bitten lassen, die Absperrungsmaßnahmen sofort aufzuheben. Das ist geschehen. Ich hoffe, daß die Angelegenheit damit erledigt ist.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Trischler.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine politischen Freunde und ich begrüßen die Gesetzesvorlage, weil sie die Möglichkeit bietet, dieses seit langem in Kreisen der Heimatvertriebenen behandelte Problem nun einer Lösung zuzuführen. Die heimatvertriebenen Sparer sollen mit den Einheimischen gleichgestellt und so wie diese bei der Währungsumstellung behandelt werden.. Man kann diesen Fragenkomplex als Teilgebiet entweder des gesamten Lastenausgleichs oder all der Schäden und Benachteiligungen im Zuge der Währungsumstellung ansehen. Wir wissen genau: wenn wir uns auf den zweiten Weg verlegen und sagen würden, daß wir das als einen Teil der Währungsschäden betrachten, die hier in irgendeiner Form wieder gutgemacht würden, dann würde das ein Präjudiz bedeuten und eine ganze Reihe von anderen Maßnahmen bei Gruppen, die sich ebenso mit Recht als benachteiligt und geschädigt ansehen können, notwendig machen.
Es scheint uns also richtig zu sein, daß man den Fragenkomplex mit demjenigen des gesamten Lastenausgleichs verbindet. Daraus ergeben sich
) auch die Wege, auf denen es möglich ist, 0. as Problem zu lösen. Woher sollen die Mittel genommen werden? Der Entwurf hat sich dafür entschieden, daß der Lastenausgleichfonds dazu herhalten soll. Selbstverständlich würden es die Heimatvertriebenen oder die anderen berechtigten Empfänger aus dem Lastenausgleich wahrscheinlich lieber sehen, wenn man diese Mittel irgendwelchen anderen Quellen entnehmen könnte; aber aus dem vorher Gesagten geht hervor, daß das nicht sehr wahrscheinlich erscheint..
Man könnte sich auf den Standpunkt stellen, daß für die Betroffenen auf die Behandlung, die in diesem Gesetzentwurf vorgesehen ist, ein formeller Rechtsanspruch nicht besteht. Es ist richtig: auf einen formellen Rechtsanspruch können sie sich nicht berufen. Aber wir wissen ja, daß man in der heutigen Zeit der großen Not und all der Ereignisse infolge der letzten zehn Jahre, die hinter uns liegen, mit dem Rechtsanspruch auch auf anderen Gebieten nicht viel anfangen kann. Man könnte dann auch den Rechtsanspruch im Rahmen des Lastenausgleichs selbst anzweifeln. Also ohne Rücksicht auf diese formelle Frage sprechen wir uns dafür aus, daß das Problem gelöst werden soll.
Bezüglich des Personenkreises haben wir allerdings auch unsere eigenen Bedenken, und zwar gerade im Sinne all der Empfangsberechtigten aus dem Lastenausgleich. Hier sollen Angehörige einer gewissen Gruppe der Berechtigten gesondert bendelt werden, die zufällig in der Lage sind, durch das Sparbuch oder andere Urkunden nachzuweisen, daß sie eine Spareinlage in dieser oder jener Höhe gehabt haben. Wir vertreten bei allen Fragen, die die Lösung von Flüchtlingsproblemen betreffen, den Standpunkt, daß wir die Betroffenen möglichst gleichmäßig und gerecht behandelt sehen wollen. Auch unter diesen selbst wollen wir von einem eigenen Lastenausgleich sprechen. Wir sagen daher, daß sich die Regelung nicht nur auf die Gruppen der Ostvertriebenen beschränken darf, die zufällig im Besitz des Sparbuches oder sonstiger Urkunden sind, sondern sich auch auf alle anderen Flüchtlingsgruppen beziehen muß.
Mein Vorredner, Herr Tichi, hat bereits hervorgehoben, daß die Sudetendeutschen, die im Sudetengebiet gewohnt haben, erfaßt sein würden, während z. B. die Sudetendeutschen, die im Protektoratsgebiet gewohnt haben, nicht erfaßt wären. Dort gab es noch Doppelkonten; entweder konnte man R-Mark-Konten oder eventuell noch alte Tschechenkronen-Konten haben. Aber denken Sie jetzt an die anderen Vertriebenen des Westens, die nicht erfaßt sind, oder denken Sie an alle die, die bei uns jetzt nach den bestehenden Gesetzen und auch nach dem kommenden Bundesflüchtlingsgesetz wahrscheinlich als Flüchtlinge angesehen werden. Denken Sie an die sonstigen Auslandsdeutschen, an die deutschen Flüchtlinge, die irgendwo in der Welt gelebt haben und die auch Sparbücher gehabt haben. Denken Sie an die Gruppe der Volksdeutschen, die in den verschiedensten Staaten, angefangen vom Baltikum bis herunter an die Adria, in Ost- und Südosteuropa, beheimatet waren. Auch diese gehören zu unseren Heimatvertriebenen, und wir würden es für gerecht und richtig erachten, wenn man sie alle entsprechend berücksichtigen könnte.
Dabei erhebt sich natürlich die Frage, ob nur die R-Mark-Einlagen oder evtl. auch Spareinlagen in fremder Währung zu berücksichtigen sind. Tatsache ist, daß z. B. gerade auch Volksdeutsche im
Laufe der letzten zwei Jahre des Krieges größere Reichsmarkeinlagen über ihre Volksgruppen getätigt haben. Sie haben aus freiem Willen in vollem Vertrauen zu den deutschen Stellen über ihre Volksgruppen größere Beträge zur Verfügung gestellt, die dann im Reich über die volksdeutsche Mittelstelle entsprechend verwandt wurden. Man hat ihnen zugesagt, daß sie auf ein entsprechendes Sperrkonto in RM Mer im Bundesgebiet, damals im Reichsgebiet gutgebucht werden. Zum Teil sind solche Gutschriften auf Sparkonten noch erfolgt, auch wieder nicht nur im Bundesgebiet, sondern auch in der Ostzone und insbesondere in Wien, in Österreich, zum Teil sind sie aber auch nicht mehr erfolgt. Also auch dieser Fragenkomplex gehört zweifellos hier herein. Aus dem Ausgeführten ergibt sich naturnotwendig, daß man nicht nur die im Gesetzesantrag genannten Bankinstitute berücksichtigen dürfte, sondern eben auch die anderen in den verschiedenen Gebieten, wo die Möglichkeit von Spareinlagen bestand.
Die beiden Ausschüsse, denen der Gesetzentwurf zugeleitet wird, werden zu entscheiden haben, was sie mit der Frage anfangen wollen, ob nur diejenigen berücksichtigt werden sollen, die auf Grund von vorhandenen Sparbüchern oder Urkunden den Nachwie s erbringen können, oder ob man nicht Mittel und Wege suchen muß, hier irgendwie auch die anderen zu erfassen. Es ist bekannt, daß z. B. die Sudetendeutschen ihre Sparbücher einfach nicht mitnehmen durften; das hätte ihren Tod bedeutet, oder wenn man das Sparbuch bei den anderen gefunden hat, hat man es einfach weggenommen.
Ferner: Im vergangenen Jahr fand die Aktion statt, in deren Verlauf Sparbücher aus der Ostzone zur Bankkommission nach Berlin eingesandt wurden mit allen möglichen Versprechungen. Was ist der Erfolg? Die Sparbücher liegen heute dort, und ihre Inhaber haben sie nicht in der Hand. Wohl ist für diese vorgesehen, daß sie berücksichtigt werden können, wenn sie ihre Ansprüche, die sie dort eventuell erreichen können, hier an den Lastenausgleichsfonds abtreten. Wieweit sie die Bestätigungen dafür haben, ob die Höhe der Sparsumme in diesen Bestätigungen enthalten ist, ist mir nicht bekannt. Ich glaube es nicht ohne weiteres. Was wird mit diesen geschehen? Es wird also sehr ernstlich zu überlegen sein, was man mit diesem Nachweis anfangen und ob man nicht eventuell hier andere Wege gehen soll.
Auf der anderen Seite, wenn man den großen Kreis der Berechtigten aus dem Lastenausgleich betrachtet, wird wahrscheinlich auch der Gedanke auftauchen, daß man sagt: Bitte, diese Spareinlagen sind genau so wie die anderen Konten, Bankkonten, Kontokorrentkonten usw. oder wie andere Werte, Wertpapiere, Pfandbriefe usw. ein Teil des verlorenen Vermögens; sie können und sollen im Zuge der Schadensfeststellung mit erfaßt werden und dann vielleicht bei der endgültigen Entschädigung — nach unserer Ansicht auf dem quotalen Wege — entsprechende Berücksichtigung finden. Die beiden Ausschüsse werden die Aufgabe haben, auch über diesen Fragenkomplex dem Plenum endgültige Vorschläge zu unterbreiten.
Auch wir sind einverstanden damit, daß der Gesetzentwurf an den Ausschuß für den Lastenausgleich und an den Ausschuß für Geld und Kredit geht. Wir würden aber bezüglich der Zeitfolge vorschlagen, daß dieses Gesetz vorher verabschiedet wird. Es ist dem Hause ja bekannt, daß wir
seinerzeit auch das Gesetz über die Schadensfeststellung eingereicht haben, und auch dort vertreten wir nach wie vor den Standpunkt, daß wir es für richtig erachten würden, um Zeit zu gewinnen, das Schadensfeststellungsgesetz noch vor Verabschiedung des endgültigen Lastenausgleichsgesetzes zu verabschieden. Genau dasselbe halten wir auch bezüglich dieses Gesetzes für richtig. Ich weiß, daß es verschiedene Bedenken gibt, im Hause und in eingeweihten Kreisen, bei Besprechungen darüber, ob man die Schäden feststellen kann, wenn nicht einwandfreie Nachweise geliefert werden. Ich habe das Bedenken nicht. Wir haben uns in verschiedenen Unterausschüssen des Lastenausgleichsausschusses und des Heimatvertriebenenausschusses mit diesem Problem eingehend befaßt. Es liegen formulierte Anträge vor, wie das gehen kann. Ich möchte nur auf einen einzigen Satz aufmerksam machen, den ich gern in den Formularen sehen möchte, die die einzelnen Auszufüllen haben. Wenn da in geeigneter Form ein Satz steht, wonach ein jeder zur Kenntnis nimmt, daß er seinen gesamten Anspruch aus dem Lastenausgleich verliert, wenn er wissentlich oder grobfahrlässig irgendwelche falsche Angaben bezüglich der Höhe der Vermögenswerte oder bezüglich des Verschweigens von Schulden macht, dann, so bin ich überzeugt, kann man schon weitgehend alle Schwindeleien auch bei der Feststellung der Höhe von Spareinlagen ohne Nachweise ausschalten., Außerdem habe ich das Vertrauen in die landsmannschaftlichen Organisationen, daß sie durchaus in der Lage sind, aus jedem Gebiet, aus jeder Gemeinde, auch aus jeder Stadt entsprechende Leute herauszustellen, die nach bestem Wissen und Gewissen aus der Vergangenheit in der Lage sind, zu beurteilen, wieweit die Angaben der einzelnen sehr wahrscheinlich sind oder nicht.
Das Wort hat der Abgeordnete Kuntscher.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Weite Kreise der Heimatvertriebenen werden den Gesetzentwurf zur Umstellung von Reichsmarksparguthaben heimatvertriebener Sparer mit Freude begrüßen. Der Entwurf weist endlich einen gangbaren Weg, wie dieses Problem gelöst werden kann; denn es ist ein Problem, das mit dem Jahre 1945 begann und das seine Fortsetzung am Tage der Währungsreform fand. Damals war es eine ganz bittere Enttäuschung, daß der Besitz von Sparguthaben, auch der rechtliche Nachweis von Sparguthaben der Heimatvertriebenen so behandelt wurde, als wären diese Sparguthaben überhaupt nicht vorhanden. Eine Realisierung dieser Werte war nicht möglich. Die zuständigen Bankinstitute, Sparkassen oder anderen Geldinstitute waren verloren gegangen, und niemand fand sich, der irgendwelche Deckung übernahm, um auch den Heimatvertriebenen eine Umwertung ihrer Sparguthaben gewährleisten zu können. Alle Bemühungen und alle Versuche, neue Träger zu finden oder neue Träger zu schaffen, waren ergebnislos. So sind Tausende von heimatvertriebenen Sparern bis heute so gestellt, daß ihre Sparguthaben ein wertloser Besitz sind.
Kollege Wackerzapp hat in seiner Begründung den materiellen Inhalt der Gesetzesvorlage bereits eingehend erörtert. Der wesentliche Kernsatz in diesem Gesetzentwurf ist, daß die urkundlich nachgewiesenen Sparguthaben im Verhältnis 100 zu 6,5 in fünf gleichen Jahresraten, beginnend mit dem 1. Januar 1952, aus Lastenausgleichsmitteln honoriert werden sollen, d. h. die Realisierung soll erfolgen, ohne daß der Bundeshaushalt oder andere öffentliche Haushalte irgendwie belastet werden.
Ich möchte in diesem Zusammenhang bemerken, daß ja auch bereits im Gesetzentwurf zum „Allgemeinen Lastenausgleich" für diese Sparguthaben der Ostvertriebenen in § 259 eine Regelung vorgesehen ist. Es heißt in dieser Textfassung, daß eine möglichst gleichmäßige Behandlung früherer Guthaben von Vertriebenen bei Geldinstituten in den Gebieten ihrer Herkunftsprovinzen sichergestellt werden soll. Um die Durchführung dieser Bestimmung zu ermöglichen, werden aus dem Lastenausgleichsfonds auf die Dauer von fünf Jahren jährlich 50 Millionen DM zur Verfügung gestellt. Abs. 2 dieses § 259 besagt, daß Art, Umfang und Durchführung dieser Maßnahmen durch ein besonderes Gesetz geregelt werden sollen. Nach Meinung der Fachleute werden diese 250 Millionen DM ausreichen, um die urkundlich nachgewiesenen Ansprüche heimatvertriebener Sparer im Verhältnis 100 zu 6,5 erfüllen zu können.
Zweifellos sind berechtigte Bedenken vorhanden, die gegen eine Vorausbehandlung des Gesetzes bestehen. Sie sind wahrhaftig ernster Natur, und es ist auch eine verantwortungsbewußte Prüfung dieser Bedenken gerechtfertigt. Ich denke hier zunächst an jene Heimatvertriebenen, die nicht zeitgerecht flüchteten, die der alten Heimat bis zum letzten die Treue hielten, die die Okkupation durch die Russen, Polen und Tschechen über sich ergehen ließen und dann ausgewiesen wurden. Als Beispiel dieses Dramas führe ich hier die sudetendeutschen Verhältnisse an. Ich kann wohl sagen, meine sudetendeutschen Landsleute werden nur zu einem ganz verschwindend kleinen Prozentsatz einen urkundlichen Nachweis über gehabte Spareinlagen erbringen können; denn die Situation im Sudetenland war so, daß die Tschechen sofort eine Währungsumstellung von Reichsmark auf Tschechen-kronen vornahmen, daß im Zuge dieser Umstellung alle Sparbücher abgegeben werden mußten und daß übrigens durch das Schanddekret der Benesch-Regierung von Kaschau jedweder Besitz der Sudetendeutschen zugunsten des tschechoslowakischen Staates konfisziert wurde. Auf Grund dieses Kaschauer Dekretes waren diese sudetendeutschen Sparer nicht mehr Herr ihrer Spareinlagen. Dann kam die Anordnung, daß bei der Aussiedlung kein Sudetendeutscher irgendeinen urkundlichen Nachweis über seinen enteigneten Besitz mitnehmen durfte. Die Kontrollen in den Durchgangslägern waren äußerst scharf. Und wurde doch der eine oder andere mit einem derartigen urkundlichen Nachweis über irgendeinen Besitz betroffen, so erhielt er zunächst eine ganz maßlose Prügelstrafe, und dann galt als Mindeststrafe eine sechsmonatige Einweisung in irgendein Arbeitslager. Aus diesem Grunde werden gerade die Anehörigen dieser Volksgruppe den urkundlichen Nachweis sehr schwer erbringen können.
Ein zweites Bedenken, das gewisse Hemmungen auferlegt, besteht darin, daß die Weiterberatung im Lastenausgleichsausschuß vielleicht eine Verzögerung erfahren könnte. Auch begegnet man dem Einwand, daß die anderen anspruchsberechtigten Gruppen, d. h. die Kriegssachgeschädigten, vielleicht in einer Vorausbehandlung dieses Gesetzes die Bevorzugung einer Gruppe von Geschädigten sehen könnten. Ich glaube, alle diese Bedenken sind einer Beachtung wert. Trotz dieser Bedenken
glaube ich, daß eine Vorausbehandlung dieses Gesetzentwurfs sehr notwendig wäre. Denn so bitter und so schmerzlich ist es, daß Tausende keinen urkundlichen Nachweis über ihre früheren Spareinlagen besitzen, so wird sich mit einer späteren Regelung daran doch nichts ändern; denn der Nachweis, der heute nicht zu erbringen ist, kann auch morgen nicht beschafft werden.
Es wird sehr ernster Beratungen und Erwägungen im Ausschuß bedürfen, um allzugroße Härten zu mildern und um neues Unrecht zu vermeiden. Der Einwand, daß eine Gruppe bevorzugt behandelt wird, ist damit zu widerlegen, daß die Kriegssachgeschädigten ihre Sparguthaben, die sie bei Geldinstituten im Bundesgebiet besaßen, am Währungsstichtag in der Relation 100 zu 6,5 umgewertet erhielten.
Das letzte Bedenken, das dahin ausklingt, daß die Mittel für eine Realisierung des Vorausgesetzes erst nach dem Inkrafttreten des Lastenausgleichsgesetzes zur Verfügung stehen, möchte ich dahingehend beantworten, daß die Zeit bis zu einer möglichen Realisierung dazu verwandt werden soll, alle technischen Vorbereitungen zu treffen, damit bei inkrafttreten des Lastenausgleichsgesetzes die in diesem Vorausgesetz vorgesehene Realisierung der Sparguthaben heimatvertriebener Sparer sofort erfolgen kann.
Es darf nicht unerwähnt bleiben, welche große wirtschaftliche Hilfe vielen unserer Vertriebenen bei einer schnellen Durchführung gewährt wird. Mit dem Vertriebenensparbuch wird Tausenden von Vertriebenen ein wirklicher beleihungsfähiger Wert in die Hand gegeben, der ein sicheres Pfand bei der Kreditbeschaffung bedeutet. Wir wollen eines bedenken: Wieviele Existenzgründungen sind daran gescheitert, weil die notwendigen Kredite nicht zu beschaffen waren! Wieviele Kredite konnten nicht gegeben werden, weil wiederum keine entsprechende Bürgschaft gestellt werden konnte! Und schließlich: Wieviele neugegründete Existenzen kamen trotz günstigem Start nicht vorwärts, weil es eben an den notwendigen Betriebsmitteln fehlte!
In diesem Zusammenhang möchte ich nicht verabsäumen, auch noch darauf aufmerksam zu machen, daß viele zu 90 % von der öffentlichen liand verbürgte oder bewilligte Kredite nicht flüssig gemacht werden konnten, weil die zuständige Hausbank die restlichen 10 % als Bürgschaft nicht übernahm und damit der Kreditsuchende, der nach monatelangem Leidensweg diese 90 %ige Landes-oder Bundesbürgschaft oder die Kreditbewilligung durch Bundesmittel erkämpft und errungen hatte, trotzdem den Kredit nicht erhielt, da er die restlichen 10 % nicht verbürgen konnte. Wäre es deshalb nicht schon ein bedeutender Vorteil, wenn so mancher durch ein Vertriebenensparbuch in die Möglichkeit versetzt würde, diese restlichen 10 % aus eigenem Guthaben zu sichern?
Zum Schluß soll auch noch jener alten und arbeitsunfähigen Heimatvertriebenen gedacht werden, die in besonderen Notfällen und bei kleineren Gläubigerrechten den ganzen Betrag ihres bescheidenen Spartguthabens realisieren können, um sich damit vielleicht wieder ein Stück Hausrat, Wäsche oder Kleidung anzuschaffen.
Diese Umstände bestimmen meine politischen Freunde und mich, das Hohe Haus zu bitten, diesen Gesetzentwurf dem Lastenausgleichsausschuß mit dem dringenden Ersuchen zu überweisen, ihn als Vorausmaßnahme so schnell wie möglich zu behandeln, damit er in seiner endgültigen Fassung
sehr bald im Plenum verabschiedet werden kann.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Leuchtgens.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine Damen und Herren! Tm Auftrag meiner politischen Freunde bringe ich hier zum Ausdruck, daß wir dem Entwurf des Gesetzes zur Umstellung der Reichsmarksparguthaben heimatvertriebener Sparer zustimmen und ihn in der Arbeit der Ausschüsse in jeder Weise fördern werden.
Zur Begründung brauche ich nur sehr wenig anzufügen, denn was zur Begründung zu sagen ist, haben die Herren Vorredner mehr oder weniger nachdrücklich bereits ausgeführt. Es dreht sich erstens darum, daß die heimatvertriebenen Sparer in den Besitz ihrer Sparguthaben kommen, und zweitens darum, daß diese Sparguthaben auch aufgewertet werden. Der größte Wert ist neben der Aufwertung darauf zu legen, daß diese Sparguthaben überhaupt wieder zurückgegeben werden, daß die Banken, die seinerzeit die Spargroschen in Empfang genommen haben, auch bereit sind bzw. veranlaßt werden, die Gelder zurückzuzahlen. Die Vorschläge, die der Gesetzentwurf hierzu macht, scheinen mir vom geldpolitischen und bankpolitischen Gesichtspunkt aus durchaus tragbar und richtig zu sein. Aber einige Dinge möchte ich doch noch anfügen.
Es ist nicht damit getan, daß die Leute, die Sparbücher besessen haben, ihr Geld zurückbekommen, sondern es müssen auch diejenigen, die in anderer Weise gespart haben, wieder in den Besitz ihrer Spargroschen kommen. Dabei denke ich vor allen Dingen an die Inhaber von Kontokorrentkonten. Auch sie müssen, wenn der Nachweis geführt werden kann, daß sie ein Kontokorrentguthaben bei einer fremden, heute im Osten liegenden Bank gehabt haben, das Geld zurückbekommen. Weiterhin möchte ich anregen — auch davon ist schon gesprochen worden —, daß die Sparsummen. die sich etwa aus dem Ankauf von Effekten, Hypotheken, Pfandbriefen, Aktien oder Obligationen ergeben, den Besitzern dieser Effekten wieder zugute kommen, damit sie sie auf dem westdeutschen Geldmarkt verwerten können. Es wird Aufgabe der beiden Ausschüsse, die sich damit zu befassen haben, sein, dafür zu sorgen, daß auch diese Ersparnisse, die in anderer Form als durch Sparguthaben gemacht worden sind, in irgendwelcher Weise flüssig gemacht werden können. Auf alle Fälle müssen diejenigen, die in irgendeiner Form gespart haben und die heute ihre Spargelder so dringend brauchen. so rasch wie' möglich in den Besitz und in die Verfügungsgewalt über ihre Ersparnisse kommen.
Ich bitte also, den Entwurf an die beiden Ausschüsse zu überweisen und dafür Sorge zu tragen, daß er dort bald seine Erledigung findet.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Bertram.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir noch einige wenige Sätze zur Ergänzung des bisher Vorgetragenen.
Zunächst möchte ich auf folgenden Gesichtspunkt hinweisen. Die Frage der Aufwertung der Altspar-
guthaben ist so schwierig, daß sie in unserem Gesetzentwurf im einzelnen behandelt worden ist. Gerade auch die Frage des Kreises der Berechtigten, die in der Debatte wiederholt angeschnitten worden ist, hat zu den allergrößten Schwierigkeiten geführt und uns auch in unserem Gesetzentwurf zu umfangreichen Vorschlägen veranlaßt. Wenn man nur die Sparbuchinhaber als Berechtigte aufführt, besteht die Gefahr, daß der Kreis der Berechtigten tatsächlich zu eng und aus einer beabsichtigten Gerechtigkeit eine Ungerechtigkeit wird; denn es werden eben allzu viele, denen man materiell dieses Recht geben möchte, ausgeschlossen, weil sie die Sparbücher nicht mehr in der Hand haben.
Eine zweite Sorge, die wir bei diesem Gesetzentwurf haben, ist folgende. Es wird vorgeschlagen, diese Beträge in fünf gleichen Jahresraten auszuzahlen. Der durchschnittliche Sparbetrag pro Sparbuch hat 1939 600 Mark betragen. Bei einer Aufwertung von 61/2 % insgesamt, wie sie hier vorgesehen ist, ergibt sich eine Jahresrate von 8 DM, wenn wir den Durchschnitt des Sparbuchbetrages zugrunde legen. Was soll mit einer Ausschüttung von 8 DM pro Jahr und Kopf erreicht werden?! Ich fürchte also, daß diese Art der Ausschüttung weniger günstig ist als die, die der Vorschlag vorsieht, daß diese Beträge grundsätzlich langfristig angelegt werden, daß aber in Härte-und Notfällen größere Beträge ausgeschüttet werden können. Ich glaube, damit würde man dem Grundgedanken eher gerecht werden als mit dieser mechanischen Ausschüttung, die bei den kleinen Beträgen doch zu großen Schwierigkeiten führen dürfte.
Sodann scheint es mir nicht richtig zu sein, für diese Verwaltungsarbeit eine Gebühr zu erheben. Ich glaube, die Vielzahl neuer kleiner Sparkonten, die da geschaffen werden, sollte den Sparkassen so viel wert sein, daß sie diese kleinen Pfennigbeträge, die als Gebühren in Frage kämen, als Werbungskosten abschreiben; denn der werbende Gedanke, der in dem Neuaufleben dieser Sparbücher liegt, ist ja auch von großer Bedeutung.
Die Sorgen, die wir wegen der Art der Ausschüttung haben, , wenn diese rein mechanisch durchgeführt wird, sind recht groß. Wenn wir aber so vorgehen, daß wir nur in Härtefällen das Geld ausschütten, haben wir die Möglichkeit, auch die jeweilige Kapitalmarktlage zu berücksichtigen. Die großen Bedenken sind bekannt, die heute dagegen bestehen, daß Gelder, die für produktive Zwecke, für Investierungszwecke zu verwenden wären, dem Konsum zugeführt werden. Zweifellos würde ja hier eine starke Zuführung von Geldern an den Konsum stattfinden. Diese Gefahr könnte man nicht beheben, wenn eine solche Ausschüttung in festen Jahresraten durchgeführt würde.
Wir sind damit einverstanden, daß dieses Gesetz dem Lastenausgleichsausschuß zugewiesen wird, glauben aber nicht, daß eine Verabschiedung vor dem allgemeinen Altsparergesetz möglich sein wird, weil es sich hier tatsächlich um einen Teil des Gesamtproblems handelt. Aus den Ausführungen aller Redner ergab sich doch, daß man nicht damit einverstanden war, die Berechtigung an den Besitz der Urkunde zu knüpfen. Sobald man aber den Kreis der Urkundenbesitzer verläßt und den Kreis zu erweitern versucht, hat man die gesamte Problematik des Altsparergesetzes vor sich liegen, und dann kann man mit dem gleichen Federstrich das gesamte Altsparergesetz erledigen. Es ist gar kein Grund vorhanden, einen Teil der
Berechtigten vorweg dranzunehmen. Ich bin deshalb der Ansicht, man sollte im Lastenausgleichsausschuß das Gesamtproblem vorziehen und möglichst schnell erledigen und auf diese Art und Weise die durchaus berechtigten Ansprüche der heimatvertriebenen Sparer berücksichtigen.
Das Wort hat der Abgeordnete Seuffert.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich beabsichtige nicht, in dieser ersten Lesung die Überlegungen zu vertiefen, die sich an diesen Gesetzesvorschlag anknüpfen lassen. Einiges, was für dieses Gesetz gesagt worden ist, ist auf den ersten Blick vielleicht recht einleuchtend. Ebenso einleuchtend ist allerdings auf der andern Seite, daß man die Frage stellen kann, ob man bei den Entschädigungen, bei den Leistungen aus dem Lastenausgleich — um nichts anderes handelt es sich hier —, soweit sie an das verlorene Vermögen überhaupt anknüpfen sollen, einen Unterschied zu machen hat, welcher Art dieses verlorene Vermögen gewesen ist, ob es ein Sparkassenbuchguthaben oder ein anderes Guthaben oder irgendein anderer Vermögenswert gewesen ist, und ob man außerdem einen Unterschied zu machen hat je nach dem, ob, was außerordentlich vom Zufall abhängig ist, Sparkassenbücher oder Kontenblätter usw. erhalten geblieben sind oder nicht. Es sind ja auch in der Diskussion zugunsten des Gesetzes eine ganze Reihe von kritischen Bemerkungen über die Abgrenzung der Fälle gemacht worden, die in dieses Gesetz einbezogen werden sollen. Es sind eine ganze Reihe von Fällen angedeutet worden, die auch einbezogen werden könnten oder sollten. Diese Überlegungen können letzten Endes zu keinem anderen Ergebnis führen, als daß man erkennt, daß es sich hier um einen mehr oder weniger willkürlich herausgeschnittenen Teil aus dem allgemeinen Problem der Leistungen aus dem Lastenausgleich handelt, einen Teil, für dessen Abgrenzung sich in der Tat so oder so kaum eine überzeugende Rechtfertigung finden lassen wird.
Es ist selbstverständlich, daß eine Reihe von technischen Fragen mit dem Gesetz zusammenhängen. Es muß auch unter dem Gesichtspunkt der Währung betrachtet werden. Die Frage der Anrechnung der Kopfquote und die Frage der verlagerten Institute werden Schwierigkeiten machen, wenn man sich die Dinge näher ansieht, — ganz abgesehen von der Frage, ob man, wenn man auf der einen Seite nun Forderungen gegen gewisse Geldinstitute wieder aufbaut, nicht auch die Verbindlichkeiten bei diesen Instituten wieder aufbauen müßte.
Meine Damen und Herren! Die Regierung — bzw. der Herr Bundesfinanzminister —, die sich aus mir leicht verständlichen Gründen der Vorsicht zu diesem Gesetz nicht äußert, hat in ihrem Gesetzentwurf sich nicht imstande erklärt, dieses Problem in einer solchen Art und Weise zu lösen, wie es in diesem Antrage vorgesehen ist, sondern sie hat an dieser Stelle nur einen Fonds für Härtefälle vorgesehen. Ich nehme an, daß sie nach sorgfältiger Prüfung Gründe dafür gehabt hat
— Sondergesetze, die aber eben offenbar nicht fertiggestellt werden konnten! —, ich nehme jedenfalls an, daß sie nach sorgfältiger Prüfung Gründe dafür gehabt hat und daß sie uns diese Gründe im
Ausschuß vortragen wird. Das Fazit ist, daß diese Sache auf jeden Fall im allgemeinen Rahmen des Lastenausgleichs behandelt werden muß. Ebensowenig wie die Regierung eine vorzeitige oder auch bloß gleichzeitige Lösung dieses Problems für möglich hielt, sondern allenfalls auf ein nachträgliches Sondergesetz verweisen zu müssen glaubte, ebensowenig bin ich allerdings der Ansicht, daß eine vordringliche Behandlung dieser Einzelfrage vor der Gesamtregelung des Lastenausgleichs möglich und zweckmäßig ist. Wenn man das wollte, so würde sich mit aller Härte die Frage ergeben, ob, wenn derjenige, der etwa sein Handwerkszeug verloren hat, selbst nach der Meinung jener, die ihm am meisten Hoffnung machen wollen, noch fünf Jahre zu warten hat, bis er irgend etwas bekommen kann, ob und warum dann demjenigen, der sehr glücklicherweise, vielleicht aber auch sehr seltenerweise ein Sparkassenbuch durch die Flucht gerettet hat oder es vielleicht auch schon rechtzeitig, früher oder schon 1943 herübergebracht hat, ein solches Guthaben vordringlich ausgezahlt werden soll. Ich glaube, eine solche unterschiedliche Behandlung wird nicht möglich sein. Es wird aber notwendig sein — und wenn ich recht verstanden habe, befinde ich mich insoweit in Übereinstimmung mit den anderen Redner der Debatte —, das Gesetz dem Ausschuß für den Lastenausgleich zu überweisen. Er wird sich wegen der technischen Fragen des Ausschusses für Geld und Kredit bedienen müssen. Ich frage mich, ob nicht — wie das in anderen Fällen schon geschehen ist — die alleinige Überweisung an den Lastenausgleichs-ausschuß genügen sollte.
Jedenfalls — und das ist wohl klar — sollte der Lastenausgleichsausschuß federführend sein.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Besold.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch der hier vorliegende Antrag zur Umstellung der Reichsmarksparguthaben heimatvertriebener Sparer ist wie der Initiativgesetzentwurf des Zentrums zur Aufwertung der Altsparguthaben ein Teil des umfassenden Antrages der Bayernpartei, den diese schon im Jahre 1949 hier im Bundestag gestellt hat. Aus den Ausschußverhandlungen über den Antrag der Bayernpartei wissen wir, wie schwierig gerade das Problem der Aufwertung dieser Sparguthaben und dessen Lösung ist. Insbesondere wissen wir dies auch aus einem umfassenden Gutachten, das durch den Ausschuß für Geld und Kredit eingeholt worden ist und in dem alle diese Probleme erörtert worden sind. Die Lösung dieser Frage wird deshalb nicht hier in der Debatte stattfinden können. Ich möchte aber im Auftrage meiner Fraktion, der Bayern-Fraktion, erklären, daß wir uns bei den Ausschußberatungen zur Lösung des Problems der Umstellung der Reichsmarksparguthaben der heimatvertriebenen Sparer positiv und unterstützend zur Verfügung stellen werden.
Das Wort hat der Abgeordnete Loritz.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein Gesetz zur Aufwertung der Sparguthaben sowohl für die Heimatvertriebenen wie auch für die Einheimischen ist eine dringende Notwendigkeit. Wenn uns hier der Entwurf für die Heimatvertriebenen vorliegt, so unterstützen wir ihn von ganzem Herzen. Schon lange hätte ein solches Gesetz erlassen werden müssen.
Wir haben gegen den § 9 des vorliegenden Gesetzentwurfs unsere stärksten Bedenken anzumelden. Einer der Vorredner, Herr Dr. Bertram, hat bereits darauf hingewiesen: diese Gliederung der auszuzahlenden Beträge in fünf Jahresraten ist — das kann man hier mit aller Betonung sagen — ein Nonsens!
Meine Damen und Herren! Herr Dr. Bertram hat dann vorgeschlagen, man solle hier in besonderen Härtefällen eine andere Regelung eintreten lassen. Ich frage Sie: Sind es nicht alles Härtefälle, diese Ansprüche der armen, heimatvertriebenen Sparer? Nur ganz selten wird ein Fall vorliegen, wo man der Auffassung sein könnte, daß hier kein besonderer Härtefall gegeben sei. Wir sind deshalb dafür, den § 9 in dieser Form überhaupt fallen zu lassen. Wenn man schon Raten einführen will, dann, bitte, um Gottes Willen nicht Raten auf fünf Jahre hinaus; meinetwegen zwei Raten, obgleich ich — ich mache aus meinem Herzen hier keine Mördergrube — befürworte, diese Beträge sofort oder innerhalb der nächsten Monate zur Auszahlung zu bringen. Die Summen, um die es sich hier dreht, sind keineswegs so gigantisch hoch im Vergleich zu den Geldern, die der Bund für alle möglichen anderen Zwecke zur Verfügung hat und ausgibt,
als daß man sie hier nicht zur Verfügung stellen könnte. Wenn Raten festgesetzt werden sollen, dann bitte ich, sie nicht auf fünf Raten festzusetzen. Diesen Standpunkt werden wir auch bei der Ausschußberatung mit aller Schärfe zu betonen haben. Helfen Sie bitte rasch den armen heimatvertriebenen Altsparern, bevor die Leute durch die drückende Notlage, in der sie sich befinden, noch mehr gesundheitlich herunterkommen!
Meine Damen und Herren, die Rednerliste ist erschöpft. Keine weiteren Wortmeldungen. Die Aussprache ist geschlossen.
Es ist der Antrag gestellt, diesen Antrag an den Ausschuß für Lastenausgleich und an den Ausschuß für Geld und Kredit zu überweisen. Ich glaube, man wird der Sache nützen, wenn man sich auf eine Überweisung an den Ausschuß für Lastenausgleich beschränkt. Denn nur dann werden wir Aussicht haben, daß die Sache rasch zurückkommt. Ich schlage Ihnen vor, es bei dieser einen Überweisung zu belassen. Ist das Haus einverstanden?
— Es ist so beschlossen.
Ich rufe auf Punkt 3 der Tagesordnung:
Erste Beratung des von der Fraktion der
FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Aufhebung überholter steuerrechtlicher
Vorschriften .
Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, nach der Begründung, nach der Einbringung auf eine Aussprache zu verzichten und den Antrag sogleich an den Ausschuß zu überweisen. — Das Haus ist einverstanden.
Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Nöll von der Nahmer.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Zur Begründung sind nur wenige Worte zu sagen. Wir haben den Entwurf eingebracht, weil wir der Überzeugung sind, daß ein obsolet gewordenes Recht auch formell nicht weiter bestehen soll, vielmehr dann eine Art „Flurbereinigung" der Gesetzbücher geboten ist. Die in der Drucksache Nr. 2054 im einzelnen angegebenen steuerrechtlichen Vorschriften sind in letzter Zeit praktisch nicht mehr zur Anwendung gekommen. Auch unser Bundeshaushalt sieht ja Einnahmen aus dieser Steuer nicht mehr vor. Aber man weiß natürlich nie, ob nicht plötzlich irgendeine Finanzbehörde Lust hat, bei irgendeinem Fall einer Auswanderung doch wieder auf eine solche alte gesetzliche Bestimmung zurückzugreifen. Wie gesagt, ein Recht, das obsolet geworden ist, soll man auch formell aufheben und nicht gewissermaßen als „Reserve" im Hintergrund lassen.
Daß unsere Zeit, die von dem Europagedanken beherrscht wird, eine solche Einengung der Freizügigkeit, wie sie die Fluchtsteuer tatsächlich bewirkt, nicht mehr dulden kann, darüber ist, glaube ich, kein Zweifel möglich. Es ist nicht ohne Reiz, sich einmal ganz kurz wenigstens etwas in die historische ,Entwicklung der Dinge zu vertiefen. — Solche Fluchtsteuern waren bis zur Wiener Bundesakte von 1815 gang und gäbe. Damals erst ist das Recht der Potentaten und Landesfürsten in unserem Vaterlande durch den Art. XVIII der deutschen Bundesakte beseitigt worden, wonach sie bei Übersiedlung ihrer Untertanen in ein anderes Territorium von deren Vermögen einen mehr oder minder großen Teil einfach für sich behalten konnten.
— Sie spielen, Herr Schoettle, auf das Problem der Kapitalflucht an, eine Frage, die in der letzten Zeit oft im Zusammenhang mit dieser Vorlage an mich gestellt worden ist. Wenn die Aufhebung dieses Gesetzes irgendwie die Kapitalflucht begünstigte, würde ich den Vorschlag nicht gemacht haben, dieses mittelalterliche Recht zu beseitigen. Nein, die Sache liegt so: Die Verhinderung der Kapitalflucht — soweit sie zu verhindern ist — ist Aufgabe des Devisenrechts und der Devisenbewirtschaftung. Aber bei der Fluchtsteuer handelt es sich nicht um die Frage, ob eine Geldsumme zu transferieren erlaubt ist oder nicht — das regelt das Devisenrecht —, sondern, wie unendlich viele jüdische Mitbürger in den dreißiger Jahren zu ihrem Leidwesen erfahren mußten, um etwas ganz anderes. Auch wenn nach dem Devisenrecht keine Transfermöglichkeit besteht, so nimmt der Staat nach der Reichspräsidentenverordnung 25 % des Vermögens fort. Es ist eben, wie gesagt, die mittelalterliche „gabella emigrationis", die hier 1931 fröhliche Urständ feierte. Wir wollen nicht an diese furchtbaren Jahre erinnern, die Jahre des wirtschaftlichen Verfalls, wo die wirtschaftliche Vernunft abgemeldet war, wo, wie wir uns noch alle schaudernd erinnern, man die Deflation durch eine unsinnige Wirtschaftspolitik immer noch weiter steigerte. In dieser trostlosen Zeit hat man diese finanzpolitische Unmöglichkeit begangen und damit vieles, was das 19. Jahrhundert an Freizügigkeit gebracht hatte, aufgegeben. Man war zurückgekehrt in die Zeiten des Mittelalters, als der Landesherr sich das Recht anmaßte, von seinen abwandernden Staatsbürgern eine entsprechende
Vermögensabgabe zu fordern! Wir wollen mit dieser Gesetzesvorlage dokumentieren, daß wir die Freiheit und die Freizügigkeit als ein Grundrecht des Menschen anerkennen. Dem Staate können wir nicht das Recht zuerkennen, dem Auswanderer die Freizügigkeit dadurch zu beschränken oder zu erschweren, daß er ihm einen erheblichen Teil seines Vermögens wegnimmt. Dabei betone ich nochmals: eine ganz andere Frage ist die der Transferierbarkeit von Auswanderervermögen. Wir können heute in einem solchen Falle keine Kapitalien ins Ausland transferieren. Aber das ist durch das Devisenrecht geregelt, das durch den vorliegenden Antrag gar nicht berührt wird.
Meine Damen und Herren, ich glaube nicht, daß dieses Gesetz irgendwelche Schwierigkeiten macht. Der ganze Vorschlag ist, wie gesagt, nicht von überragender Bedeutung, außer daß er eben ein Bekenntnis zur Freizügigkeit darstellt. Das war für uns der Anlaß für den Vorschlag, das überholte Recht der Fluchtsteuer, die der Nationalsozialismus so furchtbar ausgenutzt hat, durch einen formellen Gesetzgebungsakt aufzuheben. Ich darf bitten, den Entwurf dem Ausschuß für Finanzen und Steuern zu überweisen.
Wortmeldungen liegen nicht vor. Ist das Haus mit der Uberweisung an den Ausschuß für Finanzen und Steuern einverstanden? — Es ist so beschlossen.
Ich rufe auf Punkt 4 der Tagesordnung:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes
über eine Bundesbürgschaft für Kredite zur
Finanzierung der Lebensmittelbevorratung
.
Meine Damen und Herren! Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, auf eine ausdrückliche Begründung des Gesetzentwurfs durch die Regierung zu verzichten, ebenso auf eine Aussprache, und den Entwurf sofort an den Haushaltsausschuß sowie an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu überweisen, wobei federführend der Haushaltsausschuß sein soll. Ist das Haus damit einverstanden?
— Das ist der Fall. Dann ist so beschlossen.
Wir kommen zu Punkt 5 der Tagesordnung: Fortsetzung der zweiten und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur vorlaufigen Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts für ver- drängte Angehörige des öffentlichen Dienstes ;
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Beamtenrecht (Nr. 1996 [neu] der Drucksachen).
Diese Angelegenheit hat schon einmal in zweiter Lesung zur Beratung gestanden. Das Haus hat die zweite Lesung bis einschließlich § 18 durchgeführt. Es bleiben für die zweite Lesung noch die §§ 19 bis 35.
Ich erteile das Wort zur Berichterstattung dem Herrn Abgeordneten Kühn.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie der Herr Präsident eben schon hervorhob, ist der Gesetzentwurf in der 118. Sitzung des Bundestages bereits in zweiter Lesung bis zum § 18 beraten worden. Es wurde dann der Antrag gestellt, daß der Gesetzentwurf
noch einmal an den Ausschuß zurückverwiesen werden sollte, und zwar deshalb, weil eine Reihe von Anträgen gestellt worden war, deren Bedeutung man im Augenblick noch nicht übersehen konnte. Der Ausschuß hat sich dann mit diesen Abänderungsanträgen im einzelnen beschäftigt und hat gleichzeitig Gelegenheit genommen, noch eine Reihe anderer Anregungen zu beraten.
Ich darf jetzt die Ergebnisse der Beratungen des Ausschusses von § 19 ab vortragen.
1. In § 19 Abs. 2 sollen, wie aus der Drucksache Nr. 1996 hervorgeht, die Worte „ein Land" durch die Worte „das Land" ersetzt werden, und zwar zur Klarstellung.
2. In § 20 Abs. 1 sind die Worte „die §§ 9, 10 Absatz 1, §§ 11 bis 19" durch die Worte „§ 9 Absätze 1, 2, § 10 Absatz 1 sowie die §§ 11, 13 bis 19" zu ersetzen. Auch das ist nur redaktionell. Im übrigen soll in Nr. 2 als zweiter Satz angefügt werden:
Die Festsetzung des Besoldungsdienstalters in den Besoldungsgruppen der Besoldungsordnung A bestimmt sich nach den für Beamte geltenden Vorschriften des Reichsbesoldungsgesetzes; die Ausführung regeln die Bundesminister des Innern und der Finanzen durch Rechtsverordnung.
Die Notwendigkeit der Hinzufügung dieses Satzes ergab sich aus der Regelung, die in dem Gesetz nach Art. 131 des Grundgesetzes getroffen ist.
3. In § 21 Abs. 3 Satz 1 heißt es „sollen unter sinngemäßer Anwendung des § 9 Absatz 2 Satz 2 nachträglich in das Beamtenverhältnis übergeführt werden". Dafür soll gesagt werden „s i n d unter sinngemäßer Anwendung des § 9 Absatz 2 Satz 2 nachträglich in das Beamtenverhältnis überzuführen". Es ist klar, daß hier nur das Wort „sollen" durch das Wort „sind" ersetzt worden ist.
Zu dem § 22 darf ich noch hervorheben, daß in der Durchführungsverordnung zum Gesetz klargestellt werden soll, daß unter § 22 Abs. 2 auch die Fälle fallen, in denen die Maßnahme selbst durch eine Dienststrafkammer getroffen worden ist.
4. § 25 wird § 25 Abs. 1 und erhält folgenden Absatz 2:
Oberste Dienstbehörde ist für die Geschädigten der früheren Reichsverwaltungen, deren Aufgaben von Dienststellen bundeseigener Verwaltungen weitergeführt werden, die entsprechende oberste Bundesbehörde. Für die übrigen Fälle, in denen der Bund wiedergutmachungspflichtig ist, bestimmt der Bundesminister des Innern, welche Behörde als oberste Dienstbehörde gelten soll.
Auch dieser Zusatz dient der Klarstellung.
5. In § 31 Abs. 2 ist die Zahl „25" in „26" zu berichtigen.
6. § 32 Abs. 1 letzter Halbsatz erhält folgende Fassung:
Erlaß, Aufhebung oder Änderung derartiger Bestimmungen bleibt der Landesgesetzgebung überlassen.
Der Ausschuß wollte mit dieser Änderung den Ländern der britischen Zone insbesondere den Erlaß günstigerer gesetzlicher Bestimmungen zur Frage der Nachzahlung ermöglichen.
7. § 32 Abs. 3 ist zu streichen. § 32 Abs. 3 enthielt die Bestimmung, daß, wenn ein entlassener oder vorzeitig in den Ruhestand versetzter Beamter, also ein geschädigter Beamter auf Lebenszeit, nach dem 8. Mai 1945 mindestens ein Jahr in einem Amt mit höheren als den sich aus § 9 Abs. 2 ergebenden Dienstbezügen verwendet worden ist, ihm die höheren Dienstbezüge auch bei Wiederanstellung in einer Planstelle mit geringerem Endgrundgehalt zu gewähren sind. Entsprechendes sollte für die Bemessung des Endgrundgehaltes gelten. Der Ausschuß hat sich mit überwiegender Mehrheit auf den Standpunkt gestellt, daß ein Teil von Beamtenstellen besonders kurz nach 1945 in der Turbulenz der damaligen Zeit besetzt worden ist, nur um sie überhaupt zu besetzen, zum Teil auch durch die Besatzungsmacht. Im Ausschuß hat man es überwiegend für richtig gehalten, diese Dinge nicht in das Gesetz aufzunehmen, zumal ja ein sehr großer Teil von Beamten und Angestellten in der damaligen Zeit eingesetzt wurden. weil andere nicht da waren, später aber wieder in andere Posten gebracht werden mußten.
8. „§ 34 erhält folgende Fassung: ..." Ich möchte sie nicht im einzelnen verlesen. Ich darf darauf verweisen, daß es sich hierbei um die Einbeziehung von Berlin-West handelt.
Das sind die Änderungen, die Ihnen der Ausschuß vorschlägt. Ich habe dazu noch ganz kurz folgendes zu sagen. In der letzten Sitzung des Ausschusses haben wir uns darüber unterhalten, ob nicht auch Personen, die nach 1945 in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis gekommen sind, die aber vorher, als sie noch nicht im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis waren, durch die nazistischen Machthaber geschädigt worden sind, unter dieses Gesetz fallen könnten. Der Ausschuß hat sich eingehend mit dieser Frage befaßt; er hat sich aber schließlich auf den Standpunkt stellen müssen, daß dieser Gesetzentwurf, der hier vorliegt, ein Gesetzentwurf zur Regelung der Wiedergutmachung na- i tionalsozialistischen Unrechts für verdrängte Angehörige des öffentlichen Dienstes ist, d. h. also aus einer Zeit, die vor 1945 liegt. Wir haben daher den Vorschlag gemacht, diese Fragen, die ich eben andeutete, in einem besonderen Wiedergutmachungsgesetz zu regeln, das die allgemeine Wiedergutmachung betrifft. Man könnte auch erwägen, ob nicht diese Dinge in dem zukünftigen Bundesbeamtengesetz, das dann als Rahmengesetz auch für die Länder gilt, geregelt werden könnten. Es ist also immer die Möglichkeit gegeben, nachdem sie in diesem Gesetz nach überwiegender Meinung des Ausschusses nicht besteht, in besonderen Gesetzen auch diese Frage einer Regelung zuzuführen.
Ein zweiter Punkt noch, der auch erörtert wurde und den ich hier erwähnen möchte. Uns ist aus den Kreisen der geschädigten öffentlich-rechtlichen Bediensteten die sehr stark vertretene Anschauung nahegebracht worden, daß man für die sogenannten Nazigeschädigten die Grenze der 65 Jahre doch fallenlassen sollte. Man sollte sogenannte Nazigeschädigte solange im Dienst lassen, wie sie wollten. Meine Damen und Herren, mir scheint — und auch dem Ausschuß schien es so —, daß man schon aus grundsätzlichen Erwägungen die 65-Jahresgrenze beibehalten soll. Es ist deshalb im Ausschuß auch überwiegend die Meinung vertreten worden, daß man diesen Wünschen nicht Rechnung tragen kann.
Abschließend darf ich noch folgendes sagen. Der Ausschuß bittet darum, diesem Entwurf in der von ihm erarbeiteten Fassung zuzustimmen. Dann aber möchte ich besonders darauf hinweisen, daß im Ausschußantrag Drucksache Nr. 1882 auch noch
ein zweiter Vorschlag steht, nämlich einer Entschließung zu dem § 4 des Gesetzentwurfs zuzustimmen, nach dem die Wiedergutmachung für Geschädigte, die ihren Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt im Ausland haben, besonderer Regelung vorbehalten bleiben soll. Deshalb ist hier unter Ziffer 2 diese Entschließung vorgeschlagen, die der Bundesregierung zugeleitet werden soll. Schließlich sollen noch — das ist die Ziffer 3 — die zu diesem Gesetzentwurf eingegangenen Petitionen für erledigt erklärt werden.
Ich bitte, diesen Vorschlägen zuzustimmen.
Meine Damen und Herren, in der zweiten Beratung, in der wir fortfahren, rufe ich § 19 auf. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Es ist so beschlossen.
§ 20. Hier ist eine Abänderung im Ausschuß vorgenommen worden, die Sie wahrscheinlich zugestellt bekommen haben.
— Sie ist zugestellt worden, da brauche ich sie nicht besonders zu verlesen.
Wer für § 20 in der jetzigen Fassung ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Angenommen.
Ich bitte, mir zu gestatten, die nächsten Paragraphen der Reihe nach aufzurufen, ohne bei jedem Paragraphen abstimmen zu lassen: §§ 21, — 22, —23, — 24, — 25, — 26. — Auch hier darf ich darauf aufmerksam machen, daß der Ausschuß eine Abänderung vorgenommen hat. — §§ 27, — 28, —29, — 30, — 31, — 32. -
— Zu welchem Paragraphen?
— Dann gestatten Sie zunächst, daß ich abstimmen lasse. Wer für die Annahme der bisher aufgerufenen Paragraphen einschließlich des § 31 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Es ist so beschlossen.
Herr Abgeordneter Arnholz, Sie haben das Wort zu § 32.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Berichterstatter hat beim Hinweis auf die Ziffer 7 der Änderungsvorlage davon gesprochen, daß der Ausschuß der Auffassung gewesen ist, daß die Bestimmung des § 32 Abs. 3 nicht aufzunehmen sei. Er hat ferner darauf hingewiesen, daß eine Anzahl von solchen Bediensteten, die in den öffentlichen Dienst, wie er sagte, „in den turbulenten Zeiten nach 1945" eingetreten seien, inzwischen wieder hätten entlassen werden müssen. Daraus ergibt sich umgekehrt — und ich möchte das feststellen —, daß diejenigen, die nunmehr seit vier bis sechs Jahren ein Amt im öffentlichen Dienst ausüben, endlich als Beamte auf Lebenszeit eingestellt werden müßten. Ich darf unterstellen, daß das die Absicht des Ausschusses gewesen ist.
Wird das Wort weiter gewünscht?
Dann lasse ich abstimmen über die §§ 32, — 33, —34, —35. — Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Angenommen.
Einleitung und Überschrift. — Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! —
Angenommen. Damit ist die zweite Beratung abgeschlossen.
Ich eröffne die
dritte Beratung,
zunächst die allgemeine Aussprache in der dritten Beratung. Wird das Wort gewünscht? — Herr Abgeordneter Wackerzapp hat das Wort.
Ich habe die Ehre, einen gemeinsamen Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP und DP kurz zu begründen. Er ist im Umdruck Nr. 92 niedergelegt. Es handelt sich im wesentlichen um redaktionelle Änderungen, die sich bei der genauen Durchsicht des Gesetzes als notwendig erwiesen haben.
Es soll im § 3 des Abs. 1 noch folgenden zweiten Satz erhalten:
Als Heimkehr aus fremden Staaten ist es nur anzusehen, wenn Personen in das Bundesgebiet zurückkehren, die vor dem 8. Mai 1945 ihren Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt im Reichsgebiet nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 hatten und vor diesem Zeitpunkt von dort aus in das Ausland verzogen waren.
Dieser Zusatz wird deswegen empfohlen, weil er sich mit einer entsprechenden Vorschrift im Gesetz nach Art. 131 deckt. Das hat sich nach den Erfahrungen als notwendig erwiesen, um Schiebungen und mißbräuchliche Anwendung von formalen Gesetzesbestimmungen auszuschließen.
Eine rein formale Änderung: in § 6 Nr. 3 ist vor der Zahl „72" auch noch die Zahl „71," einzufügen. Das war übersehen worden.
Der § 7 handelt davon, daß, wenn ein Geschädigter mit seiner Zurücksetzung einverstanden war, dieses Einverständnis ihn aber nun nicht hin-dern solle, seine Ansprüche auf Grund dieses Gesetzes geltend zu machen. Der § 7 enthält aber eine Einschränkung, daß nämlich das Einverständnis einer Wiedergutmachung nur dann nicht entgegenstehen soll, wenn es durch Drohung oder andere Umstände veranlaßt war. Diese Bedingung halten wir für überflüssig und vielleicht auch irreführend, sie soll deswegen gestrichen werden.
Für § 8 Abs. 1 wird ebenfalls eine Neufassung vorgeschlagen. Hier wird das etwas schwierige Kapitel behandelt, daß auch Beamte, die formell der NSDAP angehört haben, nun unter Umständen wegen ihres späteren Konfliktes mit der Partei in den Kreis der Wiedergutmachungsberechtigten einbezogen werden wollen. Aus erklärlichen Gründen ist das natürlich nur möglich, wenn besondere Bedingungen erfüllt und Voraussetzungen gegeben sind. Diese Voraussetzungen waren zunächst im § 8 Abs. 1 des Gesetzes im letzten Satz angeführt. Nun schlagen wir Ihnen eine klarere Fassung vor, die den Gedanken inhaltlich besser präzisieren soll. Die Fassung lautet:
Bei lediglich nomineller Mitgliedschaft in der NSDAP oder einer ihrer Gliederungen kann ausnahmsweise Wiedergutmachung gewährt werden, wenn die Mitgliedschaft durch vorausgegangene nationalsozialistische Verfolgungs- oder Unterdrückungsmaßnahmen bedingt war, oder wenn der Geschädigte trotz der Mitgliedschaft den Nationalsozialismus aktiv bekämpft hat und deswegen verfolgt worden ist.
Schließlich wird beantragt, im § 13 noch eine formale Änderung insofern vorzunehmen, daß die
Worte „den §§ 10 bis 12" ersetzt werden durch die Worte „§ 10 Absatz 1 sowie den §§ 11 und 12".
Weitere Wortmeldungen zur allgemeinen Aussprache liegen nicht vor. Ich schließe die allgemeine Aussprache.
— Wozu wollen Sie sprechen?
— Zur allgemeinen Aussprache oder zu einem bestimmten Paragraphen?
— Nun habe ich die allgemeine Aussprache schon geschlossen.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Arnholz.
Meine Damen und Herren! Obwohl mancherlei an sich berechtigte Forderungen der Geschädigten des Nationalsozialismus durch den vorliegenden Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung für die Angehörigen des öffentlichen Dienstes unerfüllt geblieben sind und obwohl der Entwurf in der jetzt vorliegenden Fassung nur eine beschränkte Wiedergutmachung bringt,
wird die Fraktion der Sozialdemokratischen Partei diesem Entwurf zustimmen.
Selbstverständliche Ehrenpflicht der Bundesrepublik Deutschland, meine Damen und Herren, hätte es insbesondere sein müssen, den Angehörigen des öffentlichen Dienstes volle Wiedergutmachung zu gewähren, die vom Nationalsozialismus verfolgt und geschädigt worden sind, weil sie als aufrechte und standhafte Anhänger der freien Demokratie nicht bereit waren, ihren der Weimarer Republik geleisteten Eid zu brechen. Dasselbe gilt aber auch für alle übrigen politisch Verfolgten und diejenigen, die wegen ihrer Weltanschauung, wegen ihrer religiösen Überzeugung oder wegen ihrer Rasse verfolgt wurden. Wenn sich die ziemlich deutlich abzeichnenden Entwicklungen mit dem Ziel einer gewissen Restauration weiter fortsetzen sollten, könnte das allerdings ein Grund mehr werden, zu gegebener Zeit weitere Anträge zu stellen. Zur Zeit sieht die sozialdemokratische Fraktion davon ab, damit dieser Entwurf endlich Gesetz wird, da er immerhin einige bisher bestehende Lücken schließt und einige Fortschritte bringt. Viel kommt jedoch auf die Auslegung und Handhabung des Gesetzes an. Ich glaube, in der Annahme nicht fehlzugehen, daß die Vertreter aller Parteien im Ausschuß für Beamtenrecht in der Erwartung übereinstimmten, daß bei der Anwendung des Gesetzes nicht engherzig und kleinlich verfahren werden darf.
Wie sehr nicht nur wir, sondern gerade auch den Regierungsparteien nahestehende Organisationen gewissen Organen der Verwaltung in manchen Dingen mißtrauen, zeigen die in einer mir vorliegenden Eingabe enthaltenen Forderungen: erstens, bei der Vorbereitung und Verkündung jeder Entscheidung in Wiedergutmachungsangelegenheiten nur im amtlichen Verfahren anerkannte Verfolgte mitwirken zu lassen; ferner zweitens, daß der Antragsteller vor der Entscheidung zu hören ist. Meine politischen Freunde und ich nehmen an, daß — vielleicht mit wenigen Ausnahmen — alle Mitglieder dieses Hohen Hauses darin übereinstimmen, daß die Erfüllung der letzterwähnten Forderung als selbstverständliche Pflicht in den Fällen angesehen wird, in denen die Verwaltung die Absicht hat, von den gestellten Anträgen auf Wiedergutmachung abzuweichen. Der ersten Anregung liegen bestimmte Erfahrungen zugrunde, die in der ersten Lesung zu diesem Gesetzentwurf auch der Herr Kollege Dr. Weber anklingen ließ. Nachdem ich seinerzeit mit den Kollegen des Beamtenrechtsausschusses, die den drei Regierungsparteien angehören, Rücksprache genommen habe und ihre Übereinstimmung feststellen konnte, spreche ich die bestimmte Erwartung aus, daß die Verwaltungen aus Gründen des Takts entsprechend der eben erwähnten ersten Forderung verfahren.
Das Mißtrauen geht soweit, daß auf Grund von Erfahrungen die Organisation eine mißbräuchliche Auslegung des § 8 Abs. 2 fürchtet. Im Ausschuß herrschte mit den Regierungsvertretern Einmütigkeit darüber, daß Wiedergutmachung nur ausgeschlossen ist, wenn eine Maßnahme der in Rede stehenden Art auch ohne die Herrschaft des Nationalsozialismus aus beamten- oder tarifrechtlichen Gründen hätte getroffen werden müssen, und daß ein Verhalten eines öffentlichen Bediensteten, das die Folge seiner Gegnerschaft gegen den Nationalsozialismus und seines aktiven Widerstandes gegen das Nazisystem und seine typischen Äußerungen und Maßnahmen war, die Wiedergutmachung nicht ausschließt, auch wenn es formell mit beamten- oder tarifrechtlichen Vorschriften, insbesondere im Sinne der nationalsozialistischen Auffassung, nicht im Einklang stand.
Ebenso hat es keinem Zweifel unterlegen, daß der Anspruch gemäß § 9 Abs. 1 auf bevorzugte Wiedereinstellung besteht, wenn" der Geschädigte im Zeitpunkt der Wiedereinstellung die sonstigen allgemeinen Voraussetzungen für die Berufung in das Beamtenverhältnis erfüllt: es dürfen also NS-Vorwürfe, die gegen einen Wiedergutmachungsberechtigten erhoben wurden, und gleichfalls NS-Maßnahmen nicht fortgesetzt, d. h. äußerlich sozusagen entnazifiziert werden, und es darf ihnen keine Dauergültigkeit verliehen werden.
Als besonders bedrückend und verletzend wird, wie aus einer Reihe von mehr oder weniger temperamentvollen Zuschriften hervorgeht, von den Geschädigten empfunden, daß sie, die als wahre Demokraten aufrecht und standhaft waren und wegen ihrer Treue zu dem der Weimarer Republik geleisteten Eid nicht befördert oder wegen ihres offenen Widerstandes gegen das national sozialistische System aus ihrem Amt verjagt wurden, jetzt auch noch dafür geradezu bestraft und diffamiert würden dadurch, daß im Gegensatz dazu diejenigen, die rechtzeitig, wie Ratten das sinkende Schiff verlassen, bei den Nazis „mitgelaufen" sind, nicht nur die ganze Zeit im Amt geblieben sind, sondern mehrmals befördert wurden. Hier hat erfreulicherweise § 9 Abs. 2 Abhilfe geschaffen, auch, wie ich mit Rücksicht auf die verschiedenen mir zugegangenen Proteste hinzufügen möchte, für diejenigen, die bereits vor der sogenannten Machtübernahme die Spitzenstellung ihrer Dienstlaufbahn erreicht hatten. Das ist in der letzten Sitzung des Beamtenrechtsausschusses auf meinen Hinweis durch den Regierungsvertreter mit der Erklärung festgelegt worden, daß in Fällen, in denen Beförderungen in die nächsthöhere Laufbahn erfolgt
4972 Deutscher Bundestag — 13b. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 5. April 1951
sind, der § 9 Abs. 2 Satz 1 auch auf solche Geschädigte anzuwenden ist, die bereits vor dem 30. Januar 1933 die sogenannte Spitzenstellung ihrer Dienstlaufbahn erreicht hatten, natürlich nur, soweit die sachlichen Voraussetzungen für ihre Beförderung vorlagen.
Nicht unerwähnt bleibe im Zusammenhang mit unserem Antrag zu § 19 Abs. 2, den wir zur zweiten Lesung gestellt hatten, daß im Beamtenrechtsausschuß mit den Regierungsvertretern Übereinstimmung ebenfalls darüber bestanden hat, daß die Absicht unseres Antrags, den Ländern die Möglichkeit zu geben, durch Landesrecht günstigere Vorschriften hinsichtlich der Abgeltung der durch die Maßnahmen der Nationalsozialisten entstandenen Schädigungen von Personen des öffentlichen Dienstes zu erlassen, voll durch die vom Ausschuß vorgeschlagene Ergänzung in § 32 Abs. 1 letzter Halbsatz, wie sie soeben in zweiter Lesung gemäß der Drucksache Nr. 1996 Ziffer 6 beschlossen worden ist, erreicht wird.
Wenn der vorliegende Gesetzentwurf einige Fortschritte auf dem Wege zur Wiedergutmachung bringt, so ist dabei nicht zu verkennen, daß er nur in beschränktem Maße und nur für Angehörige des öffentlichen Dienstes, also auf einem Teilgebiet, die Wiedergutmachung regelt. Noch immer aber fehlt z. B. auch die Wiedergutmachung für die von den Nationalsozialisten verfolgten Angestellten von Vereinigungen, die den Nationalsozialisten mißliebig waren, von sozialen Organisationen, von Gewerkschaften und von politischen Parteien. In drückender Notlage befinden sich beispielsweise die früheren Mitglieder des Vereins Arbeiterpresse, die dort durch hohe Beiträge Vorsorge für ihr Alter getroffen hatten, desgleichen ihre Hinterbliebenen. Der Herr Bundesarbeitsminister hat kürzlich von dieser Stelle aus dem Sinne nach gefordert, daß der Wille der Versorgungsberechtigten, der in rechtzeitiger Vorsorge durch Versicherungen dargetan ist, durch Rentenleistungen anzuerkennen ist, insbesondere auch unter Berücksichtigung der Höhe der geleisteten Beiträge. Die Mitglieder des Vereins 'Arbeiterpresse haben freiwillig sehr hohe Beiträge gezahlt. Es ist also endlich an der Zeit, daß auch Ihnen gegenüber im Wege der Wiedergutmachung der Grundsatz des Herrn Bundesarbeitsministers zur Anwendung gebracht wird. Wir fordern daher erneut im Zusammenhang mit dem vorgelegten Gesetzentwurf, daß die Bundesregierung unverzüglich den Entwurf eines umfassenden Wiedergutmachungsgesetzes vorlegt und sich nicht der Gefahr des Vorwurfs aussetzt, sie zögere mit einer solchen Vorlage so lange, bis die meisten Wiedergutmachungsberechtigten verstorben seien.
In Ergänzung der zur Zeit allmählich zur Durchführung . kommenden Rückgabe von Vermögenswerten, die in der Nazizeit den schon erwähnten Organisationen weggenommen wurden, muß endlich und beschleunigt Ersatz für die nicht mehr vorhandenen entzogenen Vermögenswerte geleistet werden. Wir fordern, daß auch hierzu unverzüglich von der Bundesregierung ein Entwurf vorgelegt wird. Die Zeit der Verzögerung und des Hinhaltens mit unverbindlichen schönen Worten muß auch auf diesem weiteren Gebiet in Kürze abgeschlossen sein.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit ist die allgemeine Aussprache geschlossen.
Meine Damen und Herren, ich schlage Ihnen vor, so zu verfahren: zunächst stimmen wir ab über die Abänderungsanträge in dem interfraktionellen Antrag Umdruck Nr. 92 , dann bringen wir in Bausch und Bogen die anderen Paragraphen zur Abstimmung. Der erste Abänderungsantrag ist gestellt zu § 3 Abs. 1. Es ist dies Ziffer 1 des Umdrucks Nr. 92 (neu). Wer für die Änderung ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Angenommen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
In § 6 Nr. 3 ist vor der Zahl „72" die Zahl „71," einzufügen.
Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Angenommen.
Ziffer 3 desselben Umdrucks:
In § 7 ist der Halbsatz, „wenn es durch Drohung oder andere Umstände veranlaßt war" zu streichen.
Wer für die Streichung ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Es ist so beschlossen. Ziffer 4:
§ 8 Abs. 1 letzter Satz erhält folgende Fassung: usw. Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Angenommen.
Ziffer 5:
In § 13 sind die Worte „den §§ 10 bis 12" durch „§ 10 Absatz 1 sowie den §§ 11 und 12" zu ersetzen.
Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Angenommen.
Nunmehr, meine Damen und Herren, zur Abstimmung über die übrigen Paragraphen.
Ich rufe auf: Abschnitt I, — Abschnitt II, — Abschnitt III, — Abschnitt IV, — Abschnitt V, — Abschnitt VI, — Abschnitt VII, — Einleitung und Überschrift. Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Einstimmig angenommen.
Wer in der Schlußabstimmung für die Annahme des Gesetzes im ganzen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Einstimmig angenommen.
Wir haben nunmehr noch abzustimmen über Ziffer 2 des Antrags Drucksache Nr. 1882, über eine Entschließung zu § 4 des Gesetzentwurfes, ebenso über Ziffer 3 derselben Drucksache. Wer für die Annahme dieser beiden Ziffern des Ausschußantrags ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Auch dies ist einstimmig angenommen.
Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.
Meine Damen und Herren, der Herr Bundeskanzler möchte gern eine Erklärung zu Punkt 6 der Tagesordnung abgeben. Er glaubt, um 18 Uhr hier sein zu können, und hat gebeten, Punkt 6 der Tagesordnung so lange zurückzustellen. Ist das Haus damit einverstanden?
Dann rufe ich auf Punkt 7, und zwar den neuen Punkt 7 b:
Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1950 .
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Einzelplan XVI — Haushalt des Bundesministeriums für gesamtdeutsche Fragen .
Unmittelbar anschließend wird aufgerufen der Einzelplan XXII — Haushalt der finanziellen Hilfe für Berlin.
Das Wort hat der Abgeordnete Heiland als Berichterstatter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu Anfang habe ich eine Berichtigung bekanntzugeben. Auf der ersten Seite der Drucksache Nr. 1917 muß es richtig heißen:
Der Bundestag wolle beschließen, den Haushalt des Bundesministeriums für gesamtdeutsche Fragen für das Rechnungsjahr 1950 mit den aus der nachstehenden Zusammenstellung ersichtlichen Änderungen und den sich daraus ergebenden Änderungen der Abschlußsummen, im übrigen unverändert nach der Vorlage anzunehmen.
Meine Damen und Herren! Der Ausschuß hat sich mit dem Haushalt des Ministeriums für gesamtdeutsche Fragen beschäftigt, und er ist von der Mehrheit des Ausschusses im wesentlichen so angenommen worden, wie er vorgelegt wurde. Die Opposition hatte gegen den Haushalt Bedenken grundsätzlicher Art, weil es kein echtes Ministerium ist und weil die Aufgaben dieses Ministeriums ganz gut im Innenministerium hätten miterledigt werden können. Die Opposition hat auch Stellung dagegen genommen, daß der Stellenplan ausgeweitet und eine Anzahl von Stellen ge- hoben wurden. Bei der Position „Persänlicher Referent des Staatssekretärs" hat der Ausschuß .beschlossen, die Stelle nicht als Beamtenstelle, sondern als eine Stelle nach TOA III auszuweisen. Für das Referat ZA 1 bei der Zentralabteilung hat das Ministerium beantragt, für die Rechnungsvorprüfung zusätzlich eine Stelle der Besoldungsgruppe A 2 d zu genehmigen. Es wurde beantragt, diese Stelle, da nicht notwendig, zu streichen. Man vertrat die Auffassung, die Rechnungsvorprüfung könne bei dem Umfang der vorzunehmenden Rechnungsprüfungen weiterhin mit dem vorhandenen Personal erledigt werden. Auf Anfrage aus dem Ausschuß an einen Vertreter des Rechnungshofes wurde aber mitgeteilt, daß der Rechnungshof die Stelle für notwendig halte. Daraufhin wurde die Stelle mit Mehrheit als Stelle nach A 3 b beschlossen. Die Umwandlung einer im Stellenplan bei Abteilung I Referat 1 enthaltenen Stelle der Vergütungsgruppe TOA II in eine Stelle der Besoldungsgruppe A 2 c 2 erfolgte auf Antrag eines Abgeordneten, der eine solche Beamtenstelle bei der Bedeutung des Referats für notwendig erklärte. Es wurde -noch ein Antrag gestellt, die Stelle TOA II in eine solche nach TOA III umzuwandeln. Der Antrag wurde aber abgelehnt.
Bei Referat 5 der Abteilung I wurde beantragt, eine Stelle nach A4 b1 und eine Stelle der Vergütungsgruppe V b zu streichen, da die karteimäßige Erfassung der politischen Flüchtlinge keineswegs die vorgesehene Anzahl von Stellen erfordere. Das Ministerium war dagegen der Auffassung, daß gerade die Karteiführung eine außerordentliche Arbeit darstelle, deren Umfang sich ständig vergrößere. Der Antrag wurde mit 7 gegen 6 Stimmen abgelehnt; man hat es also bei der Stelle nach A4 b1 belassen.
Bei der Abteilung II — Vertretung des Ministeriums in Berlin — kam es zu einer längeren Auseinandersetzung, weil gerade in diesem Plan die Zahl der Stellen erheblich vermehrt worden ist. Das Kabinett hatte sich entgegen der Auffassung des Haushaltsausschusses nicht dazu durchringen können, diese Stellen bei einem Ministerium zu etatisieren. So sind die Stellen des gehobenen Dienstes bis zur Vergütungsgruppe IV TOA bei den Fachressorts und die unteren Gruppen für die Gesamtvertretung Berlin bei dem Ministerium für gesamtdeutsche Fragen angesetzt. Infolgedessen ist auch der Stellenplan bei dieser Position im Etat dieses Ministeriums außerordentlich umfangreich, weil die gesamten unteren Dienste für die Berliner Vertretung der Bundesregierung bei diesem Ministerium etatisiert sind. Von der Opposition wurde die Meinung vertreten, daß die einheitliche Etatisierung bei diesem einen Ministerium erfolgen sollte, da hierdurch weitere Einsparungsmöglichkeiten gegeben seien. Auch von einem Abgeordneten der Regierungsparteien wurde diese Stellungnahme unterstützt. Trotzdem wurde der Beschluß des Kabinetts durch den Beschluß des Haushaltsausschusses sanktioniert und die von mir schon bekanntgegebene Einstellung beschlossen. Der Ausschuß hat sich diesem Bedürfnis nicht verschlossen und der Stellenvermehrung zugestimmt. Es handelt sich um zwei Stellen der Vergütungsgruppe V b, um vier Stellen der Gruppe VI und fünf Stellen der Gruppe VII, während eine Stelle der Vergütungsgruppe VIII entfallen ist. Das wäre das Wesentliche zum Stellenplan des Ministeriums.
Im Haushaltsplan sind einige Änderungen vorgenommen worden, die aus der Drucksache Nr.1917 erkennbar sind. Die Änderungen beruhen auf den bisherigen Ist-Ergebnissen bei den Ausgaben. Eine wesentliche • Änderung ist in der Erhöhung des Tit. 31 eingetreten, und zwar von 10 Millionen auf 11,5 Millionen. Die Erhöhung erklärt sich daraus, daß für Zwecke der Durchführung des Bundesjugendplans in Berlin ein Betrag von 1,5 Millionen eingesetzt werden mußte.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter und eröffne die Aussprache.
Ich erteile das Wort dem Herrn Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich halte es für am besten, wenn ich im Anschluß an den Bericht des Berichterstatters über die Angelegenheiten des mir anvertrauten Ministeriums gleich selbst einige Bemerkungen mache. Es geht mir dabei nicht darum, zu diesem oder jenem finanziellen oder technischen Punkt des Haushaltsplans des Ministeriums etwas zu sagen.
Sollte jemand der Meinung sein, uns den Vorwurf einer zu expansiven Personalpolitik machen zu müssen, so will ich dazu nur bemerken: Die gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnende Stellenvermehrung ist darauf zurückzuführen, daß mit Wirkung vom 1. April 1950 die Berliner Abteilung des Ministeriums für sämtliche übrigen dort vorhandenen ministeriellen Vertretungen die gemeinsamen Organisations- und Verwaltungsangelegenheiten zentral zu bearbeiten hat. Diese Regelung wurde seinerzeit auf Veranlassung des Haushaltsausschusses aus Gründen der Verwaltungsökonomie getroffen. Das erforderte für das Ministerium,
insbesondere für die Berliner Vertretung, die Verstärkung um eine Anzahl Stellen.
Sonst, meine Damen und Herren, will ich nur bemerken, daß der Stellenplan nach meiner festen Überzeugung nach Gesichtspunkten größter Sparsamkeit aufgestellt worden ist. Das Ministerium selbst hat nach Wesen und Ziel vorübergehenden Charakter; so hoffen wir wenigstens. Deshalb haben wir darauf geachtet, und zwar mit größter Sorgfalt darauf geachtet, daß im wesentlichen nur Angestelltenstellen im Bereich des Organisationsplanes vorgesehen sind. Beamtenstellen wurden nur in solchen Fällen beantragt, in denen hoheitliche Funktionen oder weitreichende fiskalische Interessen des Bundes wahrzunehmen sind. Dabei ist der finanziellen Notlage des Bundes bis an die Grenzen des Möglichen Rechnung getragen worden.
Ich habe mich, meine Damen und Herren, auch nicht zu Wort gemeldet, um große programmatische Ausführungen zu machen. Gestatten Sie mir nur einige Bemerkungen.
Das hinter uns liegende Jahr hat ganz zweifellos in jedem Deutschen zwei Erkenntnisse vertieft und in den Vordergrund gerückt. Erstens: die Einheit unseres Landes muß wiederhergestellt werden. Das ist für die Zukunft unseres Volkes eine psychologische, eine politische und eine wirtschaftliche Notwendigkeit. Ich brauche darüber vor Ihnen keine weiteren Ausführungen zu machen und brauche das vor Ihnen nicht zu begründen. Zweitens: diese Einheit kann nicht die von den Sowjets und ihren deutschen Beauftragten propagierte Einheit sein. Denn daß es sich bei dieser propagierten Einheit um nichts anderes als um eine kommunistische Einheit handeln würde, brauche ich hier ebenfalls nicht mehr zu begründen.
Die Grotewohl-Aktion und alle mit ihr in Verbindung stehenden offiziellen Erklärungen, Verlautbarungen und Appelle östlichen Ursprungs — auch die gestern Nachmittag durchgeführte Frauendemonstration vor dem Bundeshaus — haben das neben den in der Sowjetzone geschaffenen Tatsachen längst für jeden urteilsfähigen Deutschen begründet und klargemacht.
Diese Klarheit kann nur dann mit größter Wirkung gefestigt werden
— darauf komme ich gleich zu sprechen —, wenn sich auch staatlicherseits eine weithin sichtbare zentrale Stelle
darum kümmert
und die notwendigen Mittel zur Verfügung stellt. Denn — ich will ehrlich sein: Es gab auch in der Bundesrepublik manche psychologischen Hemmungen gegenüber einer aktiven Berlin- und einer aktiven Ost-Politik zu überwinden.
Die Wiederherstellung der deutschen Einheit ist ein politisches, wirtschaftliches und institutionelles Problem. Die Lösung dieses vielseitigen Problems, meine Damen und Herren, hängt leider nicht von uns, von den Deutschen allein ab. Aber wir dürfen wohl in Übereinstimmung miteinander sagen: Fester, entschlossener Wille unseres Volkes zur Einheit ist zweifelsohne das entscheidende Moment für die Erreichung der Einheit unseres Vaterlandes.
Einen solchen Willen kann und wird die Welt auf die Dauer nicht ignorieren. Seine Stärkung im freiheitlichen Sinne ist dabei zunächst ein propagandistisches Problem, das soll heißen: ein Problem der politischen Aufklärung und der ständigen Aufrüttelung unseres Volkes.
Das ist um so mehr der Fall, als vom Osten her
das Mittel der Propaganda skrupellos angesetzt
wird, um eine kommunistische Einheit Deutschlands zu erreichen. Damit soll aber nicht gesagt
werden, daß das Ministerium für gesamtdeutsche
Fragen etwa ein Propagandaministerium sein soll
Ich sage das gegenüber denen, die immer wieder hören lassen: Um Himmels willen, doch kein Propagandaministerium! Ihnen zur Beruhigung sei gesagt: Wir haben niemals die Absicht gehabt und haben sie auch heute nicht, Goebbelsche oder Eislersche Propagandamethoden zu imitieren;
sie würden ja der demokratischen Intelligenz und Kritik gar nicht standhalten können. Deshalb bemüht sich gerade auch mein Ministerium um exakte und sachliche Aufklärung. •
Ich darf das wohl für alle die zahlreichen Veröffentlichungen und Publikationen des Ministeriums in Anspruch nehmen.
Hauptsorge des Ministeriums war uns ist es, Anreger und Helfer für alle Parteien, Verbände, Organisationen und Institutionen zu sein, die berufen und die bereit sind, ihre Tagesarbeit unter das dominierende Gesetz der neu zu schaffenden Einheit Deutschlands und der Zurückweisung des Kommunismus zu stellen. Ihnen haben wir in großem Umfange das notwendige Rüstzeug zur Verfügung gestellt.
Wenn wir dabei nicht an die Papierflut des Ostens heranzureichen vermögen — wir wollen das auch nicht —, wird das jedermann zu würdigen wissen. Diese Papierflut ist ja schließlich schon Makulatur, ehe sie die Zonengrenze passiert hat.
Gut wäre es dabei, wenn wir zu einem noch sinnvolleren Zusammenwirken aller Vereinigungen und aller Kräfte kommen könnten,
die in besonderer Weise verpflichtet und berufen sind, dem Kommunismus entgegenzutreten. Schließlich steht ja auf der Gegenseite entschlossenste Koordination im Kampf gegen die Bundesrepublik. Was dort, was in der Sowjetzone unter Zwang besteht, müßte bei uns aus freiester Einsicht geschehen.
Dieser und jener Kritik gegenüber glaube ich sagen zu dürfen, daß die Aktivierung unsères Vol-
kes für die deutsche Einheit und für die Abwehr des Kommunismus, die sich in den vergangenen Monaten gezeigt hat, nicht zuletzt auch der Arbeit des Ministeriums für gesamtdeutsche Fragen zugeschrieben werden darf.
Aber auch die Bevölkerung in der Sowjetzone spürt mehr und mehr, daß wir uns in der Bundesrepublik um ihr Schicksal kümmern, daß wir ihr bestmöglich zu helfen versuchen. Die Klage, daß wir die Ostzone abgeschrieben hätten, ist mehr und mehr verstummt. Erfreulicherweise bestätigen uns auch die Sowjetzonenmachthaber in Presse und Rundfunk immer wieder die Wirkung dieser unserer Arbeit. Das Ministerium für gesamtdeutsche Fragen ist, bei ihnen die am meisten gehaßte und geschmähte Bundesbehörde. Dabei sind allerdings die Räubergeschichten,
die sie über die Arbeiten des Ministeriums deklamieren, nur ein Widerklang dessen, was sie selbst zu tun pflegen.
In diesem Zusammenhang will ich darauf hinweisen, daß, je mehr sich der Eiserne Vorhang verdichtet, der Rundfunk heute im Grund die dominierende Möglichkeit bietet, um die Bevölkerung in der Sowjetzone regelmäßig und gut zu informieren
und ihr damit einen wirklich inneren Halt zu geben. Ich appelliere deshalb auch von hier aus noch einmal eindringlich an die Intendanten, an die Kommentatoren und an die Nachrichtenredakteure der deutschen Rundfunkgesellschaften, mehr noch als bisher die Situation der Bevölkerung in der Sowjetzone zu berücksichtigen.
Ich kann nur sagen, daß die Bevölkerung in der Sowjetzone darauf wartet und dafür dankbar ist. Am besten wäre es natürlich, wenn wir für die gemeinschaftliche Aufgabe in der Sowjetzone eine besondere Welle erhalten würden.
Das Ministerium hat die Pläne der Rundfunkintendanten in dieser Beziehung nachdrücklich unterstützt. Die Hauptschwierigkeit hierbei ist der Kopenhagener Wellenplan, der erstaunlicherweise dem Osten besondere Vorteile eingeräumt hat. Um so wichtiger ist es, daß die Sender im Bundesgebiet ihre gesamtdeutsche Aufgabe voll erkennen und in steigendem Maße erfüllen.
Daß die Sorge des Ministeriums nicht zuletzt auch der geistigen Betreuung der Heimatvertriebenen, den politischen Flüchtlingen sowie den Landsmannschaften der Heimatvertriebenen gilt, ist der Öffentlichkeit und besonders Ihnen bekannt.
Die vom Ministerium geschaffene, zunächst in Berlin und augenblicklich in Düsseldorf gezeigte Ausstellung „Deutsche Heimat im Osten" wird im weiteren Verlauf des Jahres Hunderttausenden ron Deutschen den Gedanken der Verbundenheit nit dem deutschen Osten noch näher bringen, ihn
wachhalten und pflegen. Die Ausstellung wird von Düsseldorf zunächst nach Stuttgart und von dort nach München wandern.
Ich weiß nun, meine Damen und Herren, daß gerade an der aufklärenden Wirksamkeit des Ministeriums noch manche Kritik geübt wird. Jedem von Ihnen wird wohl genau wie mir bekannt sein, daß alle diejenigen, die sich auf das Gebiet der Aufklärung begeben, stets in reichlichem Maße kritisiert werden. Ich selbst betrachte dabei Kritik, ob sie berechtigt oder ob sie unberechtigt ist, stets als fördernd und anregend. Zudem liegt es auch im Wesen gerade dieses Ministeriums, daß es den Erfolg seiner Arbeit nicht darin sehen kann, daß diese seine Arbeit und ihre Wirkung in aller Öffentlichkeit voll anerkannt und gepriesen werden. Manches, was geschieht, kann nun einmal nicht renommistisch vermerkt werden. Das gilt nicht zuletzt auch für die ideelle und für die wirtschaftliche Stärkung der Bevölkerung bestimmter Grenzgebiete im Bereiche der Bundesrepublik. Das ist eine Aufgabe, der wir im sinnvollen Zusammenwirken mit den Ländern im Rahmen der Möglichkeiten, die uns gegeben sind, zu dienen suchen.
Eine wesentliche Aufgabe des Ministeriums ist es, die deutsche Wiedervereinigung so vorbereiten zu helfen, daß die Zusammenfügung der getrennten Teile zur gegebenen und hoffentlich nicht mehr allzufernen Zeit ohne allzu große Erschütterungen vor sich gehen kann, d. h. auch, daß die Zusammenfügung so vor sich gehen kann, daß nicht noch nachträglich der Kommunismus in Deutschland zum Erfolg kommt.
Das kann allerdings gewiß nicht so geschehen — darüber müssen wir uns im klaren sein —, daß man westdeutsche Verhältnisse mechanisch auf die frei gewordene Sowjetzone überträgt. Wir wer- den mit sehr viel Verständnis und mit sehr großer Sorgfalt darangehen müssen, um der Bevölkerung dort die Angleichung nicht unnötig zu erschweren. Wir werden vor neuen Problemen des Lastenausgleichs stehen, vor denen uns aber nicht bange werden soll und auch nicht bange wird. Es kann in der Zeit dieses Geschehens nur einen gesunden und einen vernünftigen Ausgleich geben. Das Gefühl der Zusammengehörigkeit der Deutschen wird entscheidend dazu beitragen, daß die getrennten Teile auch wirtschaftlich rasch wieder zusammenwachsen. Hier wird wieder unsere Verantwortung sichtbar, dieses Gefühl der Zusammengehörigkeit unseres Gesamtvolkes stetig zu pflegen und wachzuhalten, aber auch die wirtschaftliche und soziale Angleichung so sorgsam wie nur möglich vorzubereiten. Auch darin sieht das Ministerium eine seiner wesentlichsten Verpflichtungen. Dabei kann das Ministerium beileibe nicht alles selbst tun. Es ist auf weitestgehende Mitarbeit und Mithilfe privater Kreise und Organisationen angewiesen.
Das alles, meine Damen und Herren, sind nun Aufgaben, die sich erst in der Zukunft auswirken werden. Vordringliches Ziel der Arbeit unseres Ministeriums ist und bleibt es, dem aggressiven Vordringen des Kommunismus Einhalt zu gebieten und durch politische, wirtschaftliche und soziale Stärkung und Sicherheit den Boden für die end- gültige Wiedervereinigung Deutschlands vorzubereiten. Wir werden das nach meiner festen Überzeugung nur erreichen, wenn in diesen entscheidungsvollen Fragen Regierungsparteien und
Opposition zusammenhalten und zusammengehen, wie es zuletzt noch am 9. März in so eindrucksvoller Weise geschehen ist. Es haben uns viele Berichte aus der Sowjetzone erreicht, die gerade in dieser Tatsache eine große Ermutigung für die Bevölkerung in der Sowjetzone sehen. Deshalb, meine Damen und Herren, wird es auch immer das Ziel des Ministeriums bleiben, um dieses Zusammenwirken mitbesorgt zu sein.
Das Wort hat der Abgeordnete Wehner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Ministerium für gesamtdeutsche Fragen, dessen Haushalt heute beraten wird, müßte allgegenwärtig sein, wenn es seine Aufgaben erfüllen wollte, oder es müßte sich sozusagen um eine Art Überministerium handeln, denn jede Handlung der Regierung oder ihrer Teile müßte ja unter dem Gesichtspunkt gesamtdeutscher Verpflichtung stehen und geschehen. Was von der Regierung getan oder was von ihr unterlassen wird, hat in dieser oder jener Richtung gesamtdeutsche Auswirkung.
Die behelfsmäßige Konstruktion, die das Kabinett in Gestalt des Ministeriums für gesamtdeutsche Fragen geschaffen hat, wird den Anforderungen, die an das Gesamtkabinett und an jedes einzelne Ministerium in dieser Hinsicht gestellt werden müssen, nicht gerecht. Dieses Ministerium ist — darauf hat meine Fraktion schon bei der Regierungsbildung hingewiesen — eine Fehlkonstruktion. Selbst wenn die Mitarbeiter dieses Ministeriums ,wesentlich höhere Ansprüche zu erfüllen imstande wären, als es bei der jetzigen Zusammensetzung der Fall ist, würden damit nicht die Nachteile dieser Fehlkonstruktion aufgehoben. Es ist eben eine Fehlkonstruktion an sich, denn dieses Ministerium ist ein Abstellgleis geworden für Angelegenheiten, die man in der täglichen Arbeit des Gesamtkabinetts oder der Ressortministerien nicht erledigt oder zum Teil nur mit Verspätung und allzuhäufig auch nur deklamatorisch behandelt.
Daß diese Fehlkonstruktion an sich auch eine Fehlkonstruktion in sich selbst ist, ergänzt nur dieses Bild. Man kann nicht aus der Not eine Tugend machen. Aus der Not des schmerzlich empfundenen Fehlens einer gesamtdeutschen Konzeption und Politik der Regierung kann nicht durch die Massenproduktion von Reden, Schriften und Traktätchen eine Tugend gemacht werden. Dieses Ministerium ist belastet und leidet leider auch durch seine Verkoppelung mit Grenzlandfragen, für die seine Abteilung III zuständig ist.
Es hat mit seiner Abteilung II, der Vertretung des Bundesministeriums in Berlin, weniger als nur eine halbe Lösung produziert. Wenn es im Vorwort zum Haushalt heißt, den besonderen Erfordernissen der Stadt Berlin sei durch die Errichtung einer Abteilung des Bundesministeriums in Berlin Rechnung getragen worden, so steht diese Behauptung mit den Erfahrungen leider im Widerspruch. Das Verhältnis der Bundesrepublik zu Berlin hat sich im Grunde genommen nur unbefriedigend verbessert, denn nach wie vor muß um die Festlegung des Sitzes s einer jeden Bundesbehörde gestritten werden. Wir sind leider noch weit davon entfernt, Berlin in allen Angelegenheiten als 12. Land der
Bundesrepublik zu behandeln. Gestern fiel hier an dieser Stelle das Wort von der Staatsräson. Es war der Herr Bundesminister für das Post- un d Fernmeldewesen, der es gebrauchte, um zu erklären, warum er, der seinerzeit gegen die Bestimmung Bonns als vorläufige Hauptstadt war, sich nun mit ziemlich kostspieligen Bauprojekten in Bonn befaßt. Er sagte, aus Gründen der Staatsräson habe er diesen Standpunkt geändert. Hoffentlich greift der Herr Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen nicht zu einer ähnlichen Erklärung, wenn er gefragt wird, wie es kommt, daß der Widerspruch zwischen Erklärungen aus Kreisen der alliierten Oberkommissare und Erklärungen aus Kreisen der Bundesregierung noch keine befriedigende Aufklärung gefunden hat, ein Widerspruch, der darin besteht, daß von alliierter Seite wiederholt gesagt worden ist, es bestünden keine unübersteigbaren Hindernisse mehr, daß Berlin auch de jure 12. Land werde, sofern dieser Wunsch von der Bundesregierung ausdrücklich und nachdrücklich erhoben werde. Die maßgehenden Stellen der Bundesregierung sind wiederholt darauf angesprochen worden. Es gibt keine unmißverständliche Darlegung der Gesichtspunkte und Handlungen in dieser Beziehung.
An der Spitze einer Aufzählung seiner Aufgaben führt das Ministerium für gesamtdeutsche Fragen die Vorbereitung aller Maßnahmen auf, die der Wiederherstellung der deutschen Einheit dienen. Aber nachdem die Bundesregierung in der bekannten Erklärung vom 21. Oktober 1949 zur Bildung der Sowjetzonenregierung Stellung genommen hatte, verstrichen fünf Monate, bis der Bundeskanzler in einer Presseverlautbarung den Vorschlag für allgemeine, freie Wahlen in sämtlichen Besatzungszonen öffentlich machte. Leider geschah das nur in der wenig verbindlichen Form einer Presseverlautbarung und leider erst nach einem vorausgegangenen Schritt des amerikanischen Oberkommissars McCloy.
Dann aber bedurfte es erst wieder des Druckes der Tatsache der sowjetzonalen Terrorwahlen vom 15. Oktober vergangenen Jahres, ehe der Initiative Dr. Schumachers entsprochen wurde, den Wiedervereinigungswillen, das stärkste Moment in unserer politischen Wirklichkeit, im deutschen Volk offensiv werden zu lassen. Sehen Sie, meine Damen und Herren, da ist ein Punkt: fehlende Initiative. Dazu mögen einige Hinweise gestattet sein. Nachdem es möglich war, der Bevölkerung der sowjetischen Besatzungszone im Zusammenhang mit den Terrorwahlen zu zeigen, daß wir mit ihr fühlen und zu ihr stehen und — etwas mehr noch als das — wie wir politisch denken, war damit diese Aktion zunächst einmal wieder abgeschlossen. Nach der sogenannten Außenministerkonferenz von Prag bedurfte es erst der Auswertung der Prager Beschlüsse durch die sowjetzonalen Behörden und durch eine Partei, die außerhalb des Gebietes besteht und agiert, in dem das Grundgesetz gilt, bevor man sich hier mit dieser Frage und mit den Konsequenzen der Prager Beschlüsse für die deutsche Politik befaßte.
Meine Damen und Herren, es kommt aber noch schlimmer. Die Erklärung, die dieses Haus am 14. September vorigen Jahres einstimmig angenommen hat, enthält unter anderem zwei Punkte. In dem einen wurde von der Regierung verlangt, daß sie Gesetzesvorlagen unterbreitet, damit man gegen solche Personen und Kreise gesetzlich vorgehen kann,
die sich an den Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der sowjetischen Besatzungszone beteiligen.
In dem zweiten Punkt wurden Gesetzesvorlagen
refordert, damit man gegen solche Personen und reise gesetzlich vorgehen kann, die die damaligen schlüsse des dritten Parteitags der sogenannten SED und des kommunistischen Nationalkongresses, die im sogenannten nationalen Widerstand gipfelten, vertreten wollen. Wir haben bis heute die damals geforderten Vorlagen nicht gesehen. Niemand wird behaupten können, daß die Wirklichkeit solche gesetzlichen Maßnahmen nicht erfordere. Das Haus hat damals ja schließlich nicht umsonst solche Beschlüsse gefaßt. Gewiß ist es nicht allein Sache des Ministeriums für gesamtdeutsche Fragen; aber hier sehen Sie doch, daß es nicht überspitzt war, wenn ich am Anfang sagte: dies ist leider eine Fehlkonstruktion und bietet keinen Ersatz für eine Koordinierung der Maßnahmen, die eigentlich auf allen Gebieten mit derselben Blickrichtung zu treffen wären. Wenn man sich hier nun darauf berufen wird, daß das Justizministerium die Vorlagen hätte einreichen müssen, so wird für uns bei dieser unglücklichen Fehlkonstruktion doch immer wieder das Ministerium für gesamtdeutsche Fragen dasjenige sein, an das wir uns halten müssen, das wir fragen müssen, das wir in diesem Fall fragen müssen, was es getan hat, um endlich diese Gesetzesvorlagen zu veranlassen.
, Es gibt viele Gebiete, auf denen sich vor allem die Gegner der deutschen Wiedervereinigung, die Akteure für die Errichtung einer Diktatur in diesem Teil Deutschlands und für die Umwandlung Deutschlands in eine sowjetische Provinz austoben können, ohne daß das zum Schutze der Einwohner Notwendige geschieht, ohne daß etwas geschieht, sie davor zu bewahren, auf den Leim zu gehen, wenn sie im einzelnen nicht beurteilen können, was ihnen vorgespiegelt wird. Auf dem Gebiet des illegalen Interzonenhandels merkten wir wenig von einer wirklichen Initiative, von einem wirklichen Handlungswillen seitens der Organe, obwohl im Sommer von diesem Hause mit großer Mehrheit entsprechende Beschlüsse gefaßt worden sind.
Oder nehmen wir ein anderes, vielleicht unwesentlich erscheinendes Beispiel. Die Bevölkerung wird im unklaren darüber gelassen, welche Bedeutung es hat, wenn sich z. B. irgendeine sowjetzonale Stelle an eine große Zahl von Einwohnern dieses Teiles Deutschlands wendet und sie auffordert, bei irgendeiner Bank Uraltkonten anzumelden. Dann kriegen diese Leute plötzlich Propagandamaterial von dieser Bank, von der wahrscheinlich viele nicht gewußt haben, daß sie eine sowjetzonale Bank ist. Es wird ihnen dann — ich könnte es Ihnen vorlesen, aber die Redezeit ist zu beschränkt — vorgesetzt, wie bedeutsam diese sowjetzonale Republik sei, und wie hoch man das in sie gesetzte Vertrauen einschätze. Keiner von denen, die an die Bank geschrieben hatten, hat damit ein Vertrauen zu dieser sowjetzonalen Pseudorepublik bekunden wollen; aber es wird so ausgenutzt. Das Ministerium hätte es vorher wissen und sagen müssen, was man tun kann und was man nicht tun soll, damit der Bürger etwas hat, an das er sich in solchen Fragen halten kann.
Auf Grund dieses Mangels an Initiative und Handlungsfreudigkeit können sich auf diesem Gebiet anonyme und halbanonyme Organisationen ausbreiten, deren Tätigkeit wir mit Unruhe beobachten. Man weiß von diesen Organisationen nicht, wer eigentlich hinter ihnen steht, wer sie finanziert, wem sie in letzter Instanz verantwortlich sind. Es sind Organisationen, die sich nicht einreihen wollen und wahrscheinlich auch gar nicht einmal in eine gemeinsame Arbeit der legitimen demokratischen Organisationen dieses Volkes einreihen können im Kampf um seine Wiedervereinigung. Diese Organisationen arbeiten sozusagen desperadomäßig. Ich denke dabei an die Verbreitung von Pamphletsendungen mit dem Kopf „Deutsche Freiheitsliga", von der niemand weiß, wer sie eigentlich ist, und die manchmal Parolen ausgibt, mit denen sich, wenn man die großen demokratischen Parteien dieses Hauses oder andere große demokratische Organisationen fragt, niemand einverstanden erklären kann. So hat diese „Deutsche Freiheitsliga" kürzlich eine Losung ausgegeben, die einmal der kommunistische Rotfrontkämpferbund erfunden hat, nur leicht retuschiert: „Schlagt die Stalinisten, wo ihr sie trefft!". Wir können aber keine Rotfrontkämpferlosungen gebrauchen, auch nicht in solcher Retusche; wir wollen sie nicht haben in der Politik.
Aus Mangel an Initiative und aus Mangel an Koordination seitens der Stelle, über die wir heute hier sprechen müssen, kommen die großen Organisationen leider in viel zu geringem Maße zu einer fruchtbaren Zusammenarbeit, und wir haben dann das Wirken von Elementen zu verzeichnen, die aus undurchsichtigen Kanälen gespeist werden. Nehmen wir z. B. den sogenannten Bund Deutscher Jugend, eine Organisation mit einigen hundert Mitgliedern, die über unerhörte Geldmittel zu verfügen scheint, und die auch zu jeder ihr genehm erscheinenden Zeit mit politischen Losungen kommt, mit denen die legitimen demokratischen Jugendorganisationen in der Regel nicht viel oder gar nichts zu tun haben wollen; aber sie tobt sich auf diesem Gebiet aus.
Oder nehmen wir, was eine ganz besonders üble Zeiterscheinung ist, diese grünen Listen eines angeblichen „Aktionskomitees gegen die fünfte Kolonne", deren Verfasser ausdrücklich erklären, sie wollen anonym bleiben um jeden Preis, weil sie sich den Stalinisten nicht zeigen wollen.
Wenn nun in diesen Listen, in denen Namen angeblicher Agenten kommunistischer Tarnorganisationen „sorgfältig geprüft" wiedergegeben werden, bei der Prüfung durch ehrenwerte Leute — wie es in einem der vielen mir zugegangenen Briefe steht — eine Menge Unrichtigkeiten, ein ziemlich hoher Prozentsatz grober Unrichtigkeiten gefunden wird, dann muß man vor dem Tun und Treiben solcher Organisationen warnen., Denn diese Organisationen— lassen Sie mich das sagen — machen mit umgekehrtem Vorzeichen das, was die Masse von halbanonymen kommunistischen Tarnorganisationen tut: Sie zersetzen die Demokratie, sie diskreditieren deren legitime Organe und deren legitime Organisationen.
Wir haben weder Lust noch Zeit dazu, diese unsere Demokratie auch noch von einer anderen Seite annagen und zersetzen zu lassen und in dieser Beziehung einen Zwei-Fronten-Kampf führen zu müssen.
Es wäre eigentlich meine Pflicht — ich bin ja Vorsitzender des Ausschusses für gesamtdeutsche
Fragen —, einen der Briefe, den ein hoher Funktionär einer Gewerkschaft der Bundesrepublik mir gegeben hat, vorzulesen, mit dem er versuchte, einige Leute zu rehabilitieren, die in diesen grünen Berichten unwiderruflich als „Agenten" bezeichnet worden sind. Der Brief ist zurückgekommen. Die Deckadressen, die jedesmal wechseln, sind einfach nicht verbindlich. Auf diesem Brief steht „nicht abgefordert". Man kann also heute in Deutschland, genau so wie von der kommunistischen Seite aus sogenannte Steckbriefe verbreitet werden, in denen Mordhetze gegen Deutsche betrieben wird, auch von anderen Seiten eine Art von Diskriminierung betreiben, ohne daß offenbar die entsprechenden Stellen die Kraft haben, etwas dagegen zu unternehmen.
— Mit den Vertretern der Partei der Mörder in diesem Lande diskutieren wir über diese Fragen nicht.
Wir sprechen hier darüber, wie wir es verhindern können, daß in diesem Teile Deutschlands ebenfalls Zustände herbeigeführt werden, die durch Waldheim, durch Bautzen und durch die Massenhinrichtungen und Massenquälereien von Menschen gekennzeichnet sind; darüber sprechen wir!
Solchen Organisationen, deren Herkunft kaum festzustellen, bestenfalls zu erraten oder mit sehr mühseligen Untersuchungen zu ermitteln ist, müßte doch das Wasser abgegraben werden dadurch, daß das in Frage stehende Ministerium auf diesem Gebiet nicht nur die Ermittlungsarbeit leistet und die Bekämpfung solcher undemokratischen Umtriebe leitet, sondern daß es das Wesentlichste tut: nämlich den Organisationen, die gesund sind — den gewerkschaftlichen Organisationen, den Zusammenschlüssen von jungen Menschen, von Frauen und anderen —, ohne sie gleichschalten zu wollen, das notwendige Informationsmaterial über das gibt, was in der sowjetischen Besatzungszone geschieht. Das würde dazu beitragen, daß sie freiwillig, von sich aus etwas mit tun im Kampf um die Wiedervereinigung Deutschlands und im Kampf um die Beseitigung der Zustände, wie sie heute in der sowjetischen Besatzungszone unserem Volke aufgezwungen sind, um die Beseitigung von Bautzen mit seinen 6000 politischen Gefangenen, von denen über 1000 tuberkulös sind, ohne daß ihnen ärztliche Hilfe zuteil wird,
von Waldheim, wo man 38 Menschen hingerichtet hat, ohne daß sich — das lege ich dem Ministerium nicht zur Last, aber man muß es in diesem Zusammenhang sagen — dieser Teil Deutschlands darüber besonders erregt hätte.
— Es ist ein Trauerspiel, daß diese Leute, die die Vertreter der Mörderpartei in Deutschland sind, hier erklären können, es sei Schwindel, wenn man sage, es würden in Deutschland Menschen gemordet.
Von den Insassen der sowjetischen Konzentrationslager sind nach deren formeller Auflösung 3500
Mann nach Waldheim gekommen und dort in summarischem Verfahren abgeurteilt worden. Davon sind 38 am Ende des Jahres 1950 hingerichtet worden.
Wenn wir uns jetzt einmal fragen, und zwar ohne irgendwelchen propagandistischen Beigeschmack, was wir eigentlich dazu getan haben, damit dies jeder einzelne weiß, so müssen wir alle zusammen wahrscheinlich antworten: wir haben viel zu wenig getan. Aber im Zusammenhang mit der Behandlung des Etats dieses Ministeriums muß es noch einmal gesagt werden.
Der Herr Minister hat vorhin darauf hingewiesen, daß sein Ministerium die Bestrebungen unterstütze, eine eigene Welle für die Sendestationen der Bundesrepublik zu bekommen, über die man den deutschen Standpunkt zur Wiedervereinigung unseres Landes durch freie Wahlei nach der sowjetischen Zone und auch anderswohin wirklich vermitteln kann. Während ein solches Ansuchen — ein legitimes Ansuchen, kann man wohl sagen — von seiten der Rundfunkintendanten seit geraumer Zeit vorliegt, ohne daß bisher eine positive Entscheidung gefällt worden ist, gibt es auf diesem Gebiet eigentümliche Erscheinungen, sogenannte Schwarzsender, Geheimsender von Organisationen, die ich vorhin angedeutet habe. Wir können eines Tages gar nicht wissen, was für Provokationen man in diesen Geheimsendungen zusammengeschwätzt hat. Es ist unmöglich, daß sich das eine Regierung bzw. ein Ministerium, das zu diesem Zweck gebildet worden ist, länger mit-ansieht;
es muß etwas in dieser Beziehung tun.
Ich muß zum Schluß kommen. Wenn das Ministerium den Versuch gemacht hat, aktiv zu werden, indem es eine Fülle von Aufklärungsschriften herausgegeben hat, so möchten wir darauf hinweisen — nicht etwa, damit das Ministerium wieder inaktiv, sondern damit es in der richtigen Richtung aktiv werde —, daß es nicht Sache des Ministeriums sein kann, eine Massenproduktion von Schriften, Broschüren, Plakaten usw. zu betreiben, sondern daß es seine Aufgabe darin erblicken müßte, alles zu wissen und alles zu erfahren, was mit den Menschen aller Berufsschichten in der sowjetischen Besatzungszone geschieht, um es den Menschen in den großen demokratischen Organisationen und im letzten Haus hier in diesem Teile Deutschlands zu vermitteln. Dies geschieht am besten durch die Transmission der großen demokratischen Organisationen, damit diese nicht lediglich — in dieser Gefahr stehen sie jetzt — Briefträger für die vom Ministerium produzierte Literatur sind, sondern damit sie, selbst angeregt, die große Kraft, die diesen demokratischen Organisationen doch innewohnt, in voller Breite im Kampf um die Wiedervereinigung entwickeln können. Aber das Ministerium hat in dieser Beziehung leider eine unglückliche Hand. Ich will nicht sagen, es habe es darauf angelegt — aber man hat manchmal den Eindruck, als ob es so sei —, sich gerade mit den Organisationen schlecht zu stellen, ohne die man sich den Kampf um die Wiedervereinigung und den Kampf gegen die Zersetzung durch die sowjetische Infiltration schlechterdings nicht vorstellen kann. Ich denke etwa an solche Broschüren „Rote Flut" und ähnliche Geschmacklosigkeiten, die in diesem Falle im Titel und im Mangel einer Vorstellung von der psychologischen Wirkung liegen. Das sollte bei dieser Gelegenheit gesagt werden, damit die Arbeit
verbessert werde, selbst wenn sie auf dem Boden einer Fehlkonstruktion entwickelt werden muß. Ein großer Teil dieser Arbeit muß gemeinsam getan werden, damit sie verbessert wird; und sie muß wesentlich verbessert werden, wenn wir den Erfordernissen gerecht werden wollen.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Fisch.
Meine Damen und Herren! Mein Vorredner möge nicht erwarten, daß ich auf seine Ausführungen hier eingehe.
Ich möchte nur ein Wort sagen. Wenn es der Fraktion der SPD mit den Fragen, die hier vorgetragen worden sind, ernst ist, dann möge sie nur zur nächsten Debatte einen anderen Redner vorschicken, einen Redner, der über den Vorwurf erhaben ist, er müsse alle schmutzigen Geschäfte darum tun, weil er ein Renegat ist. Der Herr Vorredner möge etwas vorsichtig sein. Es könnte sonst passieren, daß meine Fraktion gezwungen ist, einige Akten über seine Vergangenheit zu öffnen.
Es könnte dazu führen — ich sage das mit aller Deutlichkeit —, daß sich alle anständigen Menschen hier in diesem Hause mit Ekel von diesem Menschen abwenden werden.
Herr Abgeordneter Fisch, Ihre Ausführungen beinhalten eine Beleidigung des Herrn Abgeordneten Wehner. Ich rufe Sie zur Ordnung.
Meine Damen und Herren, im Vorwort zum Haushaltsplan des Ministeriums für gesamtdeutsche Fragen wird die Aufgabe des Ministeriums damit umschrieben, daß gesagt wird, es befasse sich mit den Vorbereitungen aller Maßnahmen, die der Wiederherstellung der deutschen Einheit dienen. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Die Erfahrungen der vergangenen eineinhalb Jahre beweisen, daß es sich um das Ministerium zur Verhinderung der deutschen Einheit handelt.
Seitdem es besteht, hat es alles getan, um die Spannungen zwischen den Deutschen in Ost und West zu verschärfen, alles getan, um jeden sich anbahnenden Verständigungsversuch zu unterbinden, alles getan, um die Spaltung Deutschlands zu vertiefen und sie womöglich definitiv zu machen.
Es hat sich dabei Methoden bedient, die allzu deutlich an eine nicht weit zurückliegende Vergangenheit erinnern. Es ist nicht ein kommunistisches Blatt, sondern eine Zeitschrift der CDU, die vor kurzem erklärte, bei dem Ministerium Kaiser handele es sich um ein Anti-Ost-Propagandaministerium.
Es wird gesagt, es unterstütze die sogenannte, „Widerstandsbewegung".
— Das ist „Hier und Heute". Sie können es nachlesen.
Darüber, wie sich das Ministerium die Lösung dieser Aufgaben vorstellt, gibt der Etat selbst Auskunft. Auf Seite 8 des Haushaltsplans werden unter Tit. 31 drei Zeilen dem größten Posten des Etats gewidmet. Sie lauten: „Zuschüsse an Forschungsinstitute für kultur- und volkspolitische Zwecke und ähnliche Einrichtungen sowie für allgemeine kulturelle Zwecke". 10 Millionen DM fir diesen Posten werden, wie wir gehört haben, auf 111/2 Millionen DM erhöht. Man muß also feststellen, daß sich die Summe, die hier eingesetzt ist,
gegenüber der Summe des vorangehenden Etatsjahres verdoppelt hat. Wir werden noch sehen, wozu die Verdoppelung erfolgt ist.
Meine Damen und Herren, in der Begründung für die Erhöhung des Postens um 11/2 Millionen DM heißt es, man brauche diese 11/2 Millionen, um in Berlin den Zwecken des Bundesjugendplans dienlich zu sein. Das sagt man zur selben Zeit, da bekannt wird, daß die allgemeinen Mittel des Bundesjugendplans von 53 auf 131/2 Millionen DM reduziert worden sind.
Aber wenn jemand glaubt, wir hätten im Etat Anhaltspunkte, in welcher Weise diese 111/2 Millionen DM verwendet werden sollen, der täuscht sich.
— Ach, Herr Mayer, was sind Sie für ein kluger Demokrat! Es geht den Bundestag also nichts an, wofür die Gelder verwendet werden, die Sie hier ausgeben wollen.
Sie haben in diesem Haushaltsplan mit bürokratischer Genauigkeit angegeben, wieviel Schreibmaschinen — mit langen und kurzen Wagen — in Berlin angeschafft werden, wie teuer die Müllabfuhr für das Berliner Ministerialgebäude ist. Aber Sie haben kein Wort der Erklärung dafür gefunden, wofür 12 Millionen DM ausgegeben werden. Nicht ein einziges Wort!
Diese Summe, die unter der Geheimklausel steht,
macht nicht weniger als 87 % des gesamten ordentlichen Haushalts des Ministeriums aus. Ich meine,
wenn der Herr Minister auf diese Weise seinen
Etat dem Lichte der Offentlichkeit entzieht und
über die Einzelposten den Mantel der Verschwiegenheit deckt, kann er sich nicht darüber beklagen,
daß man zu seinem Ministerium sagt, es habe geheime Angelegenheiten zu verwalten, und es deshalb als ein Ministerium der Organisation der
Spionage bezeichnet. Wenn der Minister mit seinem Ministerium Propaganda, saubere, kluge und
einleuchtende Propaganda machen wollte, warum
legt er die Abrechnung dafür nicht vor? Warum
bedient er sich solcher Methoden wie dieser hier?
Möge der Herr Minister hierhertreten und sagen, ob er es wagt, die Urheberschaft oder die Mitwirkung an diesem schmutzigen Machwerk zu bestreiten. Möge der Herr Minister erklären, aus welchem Grund diese Schrift anonym erscheint, aus welchem Grund erst auf gerichtlichem Wege festgestellt werden muß, daß die Hintermänner dieser Schrift im Ministerium des Herrn Jakob Kaiser sitzen.
Was wird darin von den „Demokraten" in Westdeutschland verlangt? „Sie mögen in kleineren Städten mit dem Einsatz von Fotografen arbeiten, die von jedem Teilnehmer einer kommunistischen Versammlung Schnappschüsse zu machen versuchen. Das soll auf die Teilnehmer abschreckend wirken." Hier haben wir die offene Bedrohung der Sicherheit der Persönlichkeit,
die Methode der Einschüchterung. Es ist ein interessantes Zeichen für Sie, daß Sie offensichtlich dieser Methode Ihre Zustimmung erteilen. Bekennen Sie sich bitte Mien zu dieser Methode! Sie tun damit der Aufklärung einen großen Dienst.
In der Begründung zu Titel 32 des Etats heißt es, daß der gegenüber dem Vorjahr verdoppelte Betrag, nämlich 500 000 DM, für „Überwachungsstellen in den Flüchtlingslagern sowie zur Förderung der Hilfsarbeit von Flüchtlingsorganisationen" verwendet wird. Meint der Herr Minister damit eventuell den sogenannten „Deutschen Bund", den „Deutschen Bund", über den es nun wirklich genug Dokumente gibt, die seine obskuren geschäftlichen Gebarungen beweisen? Ist es notwendi 0, hier die Dokumente über die sogenannte Aktion „Brüder in Not", über den Kerzenschwindel anzuführen, um zu beweisen, daß der Herr Minister sich ohne Bedenken der dunkelsten Elemente zur Hilfe bedient, wenn er nur sicher ist, daß sie gut antikommunistisch, daß sie gut im alten Goebbels-Sinne sind, daß sie in die Schule der „Anti-Komintern" des Herrn Erth gegangen sind?
Vielleicht kann der Herr Minister dem Hause darüber Auskunft geben, wohin dieser Weg, der durch einen solchen Etat und durch eine solche Regierungspraxis dokumentiert wird, führen soll. Was wollen Sie, Herr Minister, was wollen die Leute, die hinter Ihnen stehen, damit, daß sie nichts anderes tun, als Haß zu organisieren? Was wollen Sie, wenn Sie heute das besudeln, was Sie gestern angebetet haben? Was wollen Sie, wenn Sie heute Ihre eigenen Worte, die Sie noch vor drei Jahren gesprochen haben, beschimpfen und nicht mehr zu dem stehen wollen, was Sie einst gesagt haben?
Ihre Redezeit ist abgelaufen.
Ich bin sofort fertig. — Ich weiß, daß Sie, Herr Minister, auch unter Ihren eigenen Ministerkollegen, nicht einmal bei Ihrem eigenen Chef für Ihre Handlungen die volle Anerkennung und Autorität finden. Aber man braucht einen solchen Mann wie Sie, der bis zum Sommer 1947 für einen Gesamtdeutschen Konstituierenden Rat eingetreten ist und der dann, als er von der Exkursion zu Herrn Murphy zurückgekommen ist, plötzlich anderer Gesinnung wurde. Man braucht einen solchen Menschen, weil man weiß, für einen solchen Mann wie Sie gibt es kein Zurück auf dem Wege, den Sie bisher geschritten sind.
Ich bitte Sie, zum Schluß zu kommen.
Darum meine ich, wenn es dem Hause wirklich um die Verständigung zwischen den Deutschen, um die Überbrückung der bestehenden Kluft zu tun ist und wenn Sie die amerikanische Politik von sich weisen wollen, dann fassen Sie den ersten und einzig richtigen Beschluß, der im Interesse der friedlichen Lösung aller gesamtdeutschen Probleme erforderlich ist, nämlich: Herr Kaiser möge zurücktreten, er möge verschwinden, damit niemand mehr in Deutschland von ihm hört und von ihm spricht.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. von Merkatz.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Redner der Opposition, Herr Abgeordneter Wehner, hat ausgeführt, daß das Ministerium für gesamtdeutsche Fragen eine Fehlkonstruktion sei. Diese Behauptung hat er wie folgt begründet: wenn die dem Ministerium obliegenden Aufgaben wirklich erfüllt werden sollten, müßte es ein Überministerium sein. Abgeordneter Wehner hat darauf hingewiesen, daß in allen Ressorts gesamtdeutsche Politik getrieben werden müsse. Diese Ausgangsbasis seiner Darlegungen kann ich nur unterstreichen. In allen Ressorts hat der Geist einer gesamtdeutschen Politik zu herrschen. Ja, unser gesamtes Verhalten hier in der Bundesrepublik sollte davon durchdrungen sein, daß die oberste unverzichtbare nationale Aufgabe die Wiederherstellung unserer staatlichen Gemeinschaft in den historischen Grenzen Deutschlands ist. Aber aus dieser Tatsache folgern zu wollen, es handle sich bei diesem Ministerium um eine Fehlkonstruktion, geht viel zu weit. Die Aufgabe des Ministeriums für gesamtdeutsche Fragen wird es sein, die Gesichtspunkte zu koordinieren, die in allen Ressorts auftreten. Es ist nun einmal eine Folge der Niederlage, daß wir eine Reihe von neuen Aufgaben haben. Ich glaube, wer die Tätigkeit des Ministeriums, für dessen Errichtung die Fraktion der Deutschen Partei nachdrücklich eingetreten ist, gerecht beurteilt, wird zugeben müssen, daß man sich sehr bemüht hat, dieser Aufgabe eine klare und deutliche Kontur zu geben.
Die Aufgabe ist schwer, und es ist notwendig, hierzu neue Wege zu beschreiten. Ich unterstreiche die Worte des Herrn Abgeordneten Wehner, daß wir eine klare gesamtdeutsche Konzeption brauchen. Aber haben wir nicht und hat nicht die Bundesregierung in allen Akten und in jedem Schritt auf der Grundlage dieser gesamtdeutschen Konzeption gehandelt? Was war denn überhaupt der Sinn, nach dem diese Bundesrepublik errichtet worden ist? Den Kern und Ausgangspunkt zu finden, um den gemeinsamen Staat wiederherzustellen, den ein bitteres Geschick der deutschen
Nation zerschlagen hat! Ich glaube, wer die Dinge gerecht beurteilt, wird zugeben müssen, daß man den Weg im Ministerium für gesamtdeutsche Fragen ohne allzu starkes Experimentieren gegangen ist, daß man in vielen Punkten Bescheidenheit gegenüber der Größe der Aufgabe, die diesem Ministerium gestellt ist, hat walten lassen. Unser gemeinsames Bemühen — ich möchte hier sagen: das Bemühen der Koalition und der Opposition, aller wirklich aufbauenden Kräfte — muß darauf gerichtet sein, daß die Tätigkeit dieses Ministeriums in der kommenden Zeit — sie möge so kurz wie nur irgend möglich bemessen sein — immer mehr Kontur, immer mehr Wirksamkeit erfährt. Ich glaube deshalb, daß man sich ernsthaft Gedanken darüber machen muß, ob der Etat des Jahres 1951 für die Ausstattung des Ministeriums genügt oder ob man hier nicht doch mit einer Großzügigkeit, die der Größe der Aufgabe angemessen ist, etwas mehr tun sollte.
Dabei bin ich persönlich der Auffassung, daß zwar Propaganda in einem modernen Staat von außerordentlicher Wichtigkeit ist, daß aber allein aus dem Propagandistischen, aus der reinen Deklamation, aus den bloßen Protesten heraus die gesamtdeutschen Aufgaben nicht zu lösen sind. Wir haben insbesondere den Zusammenhang mit allen Bevölkerungsteilen Deutschlands, die nicht zum Hoheitsbereich der Bundesrepublik gehören, ganz konkret zu pflegen. Es müssen Methoden wirklich praktischer Hilfeleistung und Unterstützung entwickelt werden, damit in sämtlichen Teilen Deutschlands, vor allem in den Gebieten Mitteldeutschlands, die man fälschlicherweise die Ostzone nennt, aber auch bei den verstreuten Deutschen östlich der Oder-Neiße-Linie stets das Gefühl und das Bewußtsein vorhanden sind, daß diese von uns nicht nur nicht vergessen sind, sondern daß der ganze Sinn unserer Politik darauf gerichtet sein wird, ihnen zu helfen, sie wieder mit uns zusammenzuführen und zu vereinigen. Das gilt auch für die Bevölkerung an der Saar.
Ich bin auch der Auffassung, daß es wesentlich Aufgabe dieses Ministeriums ist, ein genaues Bild von den Vorgängen in ganz Deutschland zu erarbeiten und die anderen Ressorts in allen Einzelheiten zu beraten. wie sich diese oder jene Maßnahme auswirkt. Wir haben die Hand am Puls zu halten in allen Gebieten Deutschlands; denn für jeden Deutschen ist dieses eine große Ziel einer deutschen Politik unverzichtbar, die Einheit unseres Vaterlandes in der Freiheit wiederherzustellen.
Dabei haben wir eine klare Konzeption unserer Stellung in der Welt festzuhalten und zu begründen. Meine Partei hat bereits durch ihren Vorsitzenden am Vorabend der Londoner Konferenz von 1947 diesem Gedanken klar Ausdruck gegeben. Deutschland in seiner Gänze muß ein Teil sein, muß eingegliedert sein der Welt der freien Völker, und wenn gerade unsere Nation dazu ausersehen ist, daß durch unser Land der Gegensatz zweier Welten geht, dann sollten wir in der Zukunft in allen Ressorts, koordiniert durch dieses Ministerium für gesamtdeutsche Fragen, noch weit mehr Energie dareinsetzen, daß dieses Ringen in unserem eigenen Bereich mit einem eindeutigen Sieg der Freiheit endet.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Brookmann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu dem vorliegenden Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1950 — Haushalt des Ministeriums für gesamtdeutsche Fragen — möchte ich kurz folgendes ausführen. Meine Fraktion wird diesem Haushaltsplan deswegen zustimmen, weil er in seinen Positionen äußerst bescheiden gehalten, weil er in allen Kapiteln äußerst sparsam ist und weil wir die Bedeutung dieses Ministeriums von Anfang an anerkannt haben. Meine Damen und Herren, das Ministerium ist in seinen Räumen am Bottlerplatz äußerst beengt untergebracht. Jeder kann sich davon überzeugen, daß seine Einrichtung sehr bescheiden ist. Wenn Sie in den Stellenplan gerade dieses Ministeriums hineinsehen, werden Sie feststellen, daß er mager ist und in der Stellenbewertung zum Teil weit hinter der anderer Ministerien zurücksteht.
Lassen Sie mich jetzt auf die Rede des Herrn Abgeordneten Wehner eingehen. Es kann doch wohl keinem Zweifel unterliegen, wie auch Herr Abgeordneter von Merkatz schon betont hat, daß die Bundesregierung von Anfang an eine gesamtdeutsch ausgerichtete Politik getrieben hat, begonnen mit der Regierungserklärung, mit zahllosen ihr folgenden anderen Erklärungen und nicht zuletzt durch Taten, wobei ich wohl nur an die Bundeshilfe für Berlin zu erinnern brauche, den sichtbarsten Ausdruck dafür, daß die Bundesregierung ihre gesamtdeutsche Verantwortung voll und ganz erkannt hat. Wenn die Bundesregierung sich seinerzeit dennoch entschloß, ein besonderes Ministerium für gesamtdeutsche Fragen einzurichten, so deshalb, weil sie der Auffassung war, daß hier ein Fragenkomplex, eine Aufgabe von ungeheuer weittragender und entscheidender Bedeutung gegeben war. Es war nicht die Absicht der Bundesregierung — meine Fraktion stimmt mir in diesem Falle jedenfalls vollkommen zu —, das Thema „gesamtdeutsche Fragen", wie wir es sehen, etwa irgendwo in einem Winkel, in einer Abteilung eines anderen Ministeriums abgestellt zu wissen. Ich habe es deshalb bedauert, daß der Kollege Wehner von einer behelfsmäßigen, ja sogar von einer Fehlkonstruktion gesprochen hat. Ich habe dabei ein wehes Gefühl gehabt, nämlich das, welche Wirkung eine solche Erklärung wohl in Berlin haben oder sogar welchen Schock sie in der Ostzone unter den 18 Millionen deutscher Brüder und Schwestern auslösen könnte. Denn eines ist doch wohl auch gerade heute wieder durch die Ausführungen des kommunistischen Abgeordneten Fisch klar geworden: wenn eines der Ministerien außer den sogenannten ' klassischen eine gewaltige Bedeutung für die temporären sowjetzonalen Machthaber besitzt, dann ist es gerade dieses Ministerium, und der Schluß der Rede des Abgeordneten Fisch sollte zur Genüge beweisen, wie sehr man die Tätigkeit dieses Ministeriums in der Ostzone haßt und verachtet. Meine Damen und Herren, das sollte uns Anlaß genug sein, immer wieder — da schließe ich mich durchaus den Ausführungen des Herrn von Merkatz an — dafür zu sorgen, daß dieses Ministerium im Haushaltsjahr 1951 reichlicher ausgestattet wird, um es noch schlagkräftiger zu machen, als es bisher war.
Herr Abgeordneter Wehner hat sich über die geringe Initiative dieses Ministeriums beklagt. Auch da bin ich wesentlich anderer Auffassung. Ver-
gessen Sie nicht, daß dieses Ministerium, als es eingerichtet wurde, vor einem völligen Neuland stand, daß es Aufgaben von einer derartigen Fülle übernahm, daß es gar nicht wußte, wo es zuerst anfangen sollte. Vergessen Sie doch bitte nicht, daß diesem Ministerium im Vergleich zu den Hunderten von Millionen, die die Ostzone für ihre Propaganda auszuwerfen in der Lage ist, lächerliche Summen zur Verfügung stehen. Wenn man schon von Initiative spricht, dann soll man auch so gerecht sein, einmal hier deutlich genug zu sagen, daß es an dieser Inititiave seitens des Ministeriums nicht gefehlt hat. Wenn sie nicht ausreichte, dann wird das auch seine Gründe gehabt haben.
Den Herren won der Sozialdemokratie sei noch folgendes gesagt: Sie selbst sind ja so große Freunde von Initiativanträgen und Initiativgesetzen; warum haben Sie, wenn Sie glaubten, daß diese Initiative nicht stark genug war, nicht von sich aus die Initiative ergriffen?
Das Erfreuliche — das weiß ich ja aus dem Ausschuß für gesamtdeutsche Fragen — ist, daß wir uns von der Opposition bis zur Rechten in dem Ziel einig sind, und darauf kommt es an. Wenn auch vielleicht manchmal Kritik an dem Ministerium für gesamtdeutsche Fragen berechtigt ist — und das ist es vielleicht hier und da, weil manches nicht so gebracht wurde, wie wir es uns gedacht und gewünscht hatten —, so sollten wir alle uns doch hier im Deutschen Bundestag dazu bereit finden, mit unseren Ideen und unserer Mitarbeit dem Ministerium weitgehend unter die Arme zu greifen. Ich glaube, dann kommen wir dem Ziele, dem wir alle nachstreben: ein einiges Gesamtdeutschland wiederherzustellen, ein Deutschland aber in Freiheit, viel eher nahe, als wenn wir an dieser oder jener Maßnahme nutzlos kleinliche Kritik üben.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Reif.
Meine Damen und Herren! Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, daß wieder einmal wie so oft alle meine Herren Vorredner recht haben. Recht hat der Herr Wehner, wenn er mit uns allen der Meinung ist, daß die Dinge, die durch das Ministerium für gesamtdeutsche Fragen geleistet werden, noch viel besser geleistet werden müßten. Aber ich glaube, wir sind uns auch mit den Herren von der Sozialdemokratischen Partei in dem Willen einig, daß wir über den Ausschuß für gesamtdeutsche Fragen und über den Berlin-Ausschuß dem Ministerium helfen wollen, soweit es in unseren Kräften steht, dafür zu sorgen, daß die Arbeit, von der man vor einem Jahre fast noch nichts spürte und die doch etwa seit einem halben Jahr sehr deutlich spürbar wird — jedenfalls nach Osten hin —, noch intensiver und noch wirksamer gestaltet werden kann.
Recht hat auch Herr Fisch, wenn er sich über diese Arbeit ärgert,
erstens weil er dadurch z. B. Herrn Wehner widerlegt hat und zweitens weil es wirklich so ist — Herr Fisch, ich weiß das aus sehr guter Quelle —, daß nicht nur Sie, sondern auch einige andere Leute allmählich anfangen, die Nerven zu verlieren.
Diese Tatsache ist nicht etwa die Folge irgend-
welcher Bedrohung oder irgendwelcher Spionage
oder wie Sie das sonst immer nennen mögen, sondern es ist einfach die Tatsache, daß es in der letzten Zeit möglich war, zu den gesamtdeutschen Fragen eine sehr klare und deutliche Haltung einzunehmen.
— Herr Renner hat auch etwas Richtiges gesagt,
wenn er sagt, daß das Volk anders darüber denke.
Damit komme ich zum zweiten und letzten Teil meiner Ausführungen. Das Ministerium Kaiser hat. nach drei Richtungen zu arbeiten. Über die eine haben wir eben gesprochen. Die zweite Richtung ist die Aufklärung hier in Westdeutschland. Ich muß leider mit Bekümmernis sagen, daß man, wenn man in Westdeutschland in Versammlungen, in der Eisenbahn, in der Straßenbahn und wo auch sonst immer mit Volksgenossen spricht, doch feststellen muß, daß diese Volksgenossen von denen, die in Ost- und Mitteldeutschland leiden, sehr, sehr wenig wissen. Es ist nicht notwendig, wie hier behauptet wurde, dick aufzutragen, es ist nur notwendig, die Wahrheit zu sagen, denn sie ist erschütternd; aber es ist notwendig, — und ich glaube, da müßte wirklich mehr geschehen —
diese Wahrheit in unserem Volk zu verbreiten.
Die dritte Arbeitsrichtung dieses Ministeriums — das hat Herr Wehner mit Recht erwähnt — ist nun in der Tat das Kabinett. Auch hier wollen wir ganz offen zum Ausdruck bringen, daß wir manchmal die Rücksichtnahme auf die möglichen Wirkungen irgendeiner Gesetzesvorlage im anderen Teil Deutschlands bisher vermissen mußten. Wir haben, als der Ausschuß für gesamtdeutsche Fragen in Berlin war, über einige außerordentlich wichtige Angelegenheiten der Polizei und der Justiz gesprochen, Angelegenheiten, die alle von hier erledigt werden müssen. Ich denke nur daran, daß uns in den letzten Tagen eine Vorlage über richterliche Vertragshilfe zugegangen ist, die offenbar noch gar nichts davon weiß, daß richterliche Vertragshilfe mit den Gerichten drüben unter Umständen etwas ganz anderes bedeutet als richterliche Vertragshilfe in einem demokratischen Land. Es ist nicht nur eine Frage der Persönlichkeit des Herrn Ministers für gesamtdeutsche Angelegenheiten, es ist wirklich auch eine Frage der inneren Bereitschaft der übrigen Mitglieder des Kabinetts und des Herrn Bundeskanzlers, bei allen Beratungen im Kabinett, bei allen Vorlagen, welcher Art sie auch immer sein mögen, die gesamtdeutsche Wirkung ins Auge zu fassen. Das ist bei manchen Fragen eine Angelegenheit des Takts, bei manchen Fragen eine Angelegenheit eines sehr sorgfältig zu erwerbenden Wissens. Dieses Wissen soll das Ministerium Kaiser repräsentieren. Dafür geben wir nun zwölf oder etwas mehr Millionen Mark aus, eine Summe, die in bezug auf die Aufgaben, die man diesem Ministerium gestellt hat, beinahe peinlich wirkt.
Ich bin nicht der Meinung, daß viel Geldausgeben ein Beweis von Tüchtigkeit ist, aber eines sollten wir hier begreifen, daß ohne Geld diese Dinge auch dicht zu machen sind.
Ich möchte mit einer kurzen Bemerkung über meine Erfahrungen in der Bundesvertretung in BerlIn schließen. Ich sehe beinahe täglich, daß
wichtige Dinge wegen der Knappheit der Mittel nicht erledigt werden können. Das ist die einzige wirklich scharfe Kritik, die ich an Herrn Minister Kaiser zu üben habe, daß er diesem Hause einen so kleinen Etat vorgelegt hat.
Meine Damen und Herren, der Abgeordnete Mellies wünscht noch kurz das Wort zu nehmen. — Ich weise darauf hin, daß der Abgeordnete Hamacher liebenswürdigerweise im Interesse der Beschleunigung unserer Verhandlungen und der Inangriffnahme des Gesetzes gemäß Art. 131 darauf verzichtet hat, das Wort zu nehmen, obwohl er sich zum Wort gemeldet hatte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu der temperamentvollen Aufforderung des Kollegen Brookmann an die Initiative der sozialdemokratischen Fraktion möchte ich nur feststellen: Wenn alle politischen Kräfte in Deutschland in den letzten Jahren eine derartige Initiative und Tatkraft in der Politik gegenüber dem Osten wie die sozialdemokratische Fraktion entfaltet hätten, dann würde das politische Bild in Deutschland heute wesentlich anders sein.
Ich habe mich nur zum Wort gemeldet, um ein paar kurze Bemerkungen zu den Ausführungen von Herrn Fisch zu machen. Herr Fisch hat, nach der beliebten Methode dieser Partei, die schweren Anklagen des Abgeordneten Wehner gegen die kommunistische Bewegung dadurch zu entkräften versucht, daß er schwere Verdächtigungen aussprach, ohne sich auch nur die Mühe zu geben, den geringsten Beweis dafür anzutreten.
Ich möchte zunächst feststellen, daß auch diese Stelle heute keinen Schutz mehr bietet gegen verleumderische Beleidigungen, nachdem wir in Art. 46 des Grundgesetzes entsprechende Bestimmungen haben. Zweitens aber nimmt der kommunistischen Fraktion niemand in diesem Hause diese Bemerkung ab, denn eine politische Bewegung, die sich keinen Augenblick scheut, Menschen physisch zu vernichten, wenn es in ihrem Interesse liegt. würde sich ebenso wenig scheuen, jemand moralisch zu vernichten, wenn sie dazu die Möglichkeit hätte.
Drittens, meine Damen und Herren, können wir von der sozialdemokratischen Fraktion nur sagen: wenn Sie Akten haben, dann öffnen Sie diese Akten. Aber öffnen Sie gleichzeitig auch die Kerker, in denen die Zehntausende sitzen, die noch einen Sinn für Freiheit und für aufrechte Haltung haben.
Meine Damen und Herren, ich schließe die Aussprache und komme zur Abstimmung. Es liegt Ihnen vor Drucksache Nr. 1917, Antrag des Haushaltsausschusses, den Haushalt des Bundesministeriums für gesamtdeutsche Fragen für das Rechnungsjahr 1950 mit den aus der Zusammenstellung der Drucksache ersichtlichen Änderungen der Abschlußsummen, im übrigen nach der Vorlage zu genehmigen. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag des Ausschusses zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das erste war die Mehrheit. Der Antrag des Ausschusses ist angenommen.
Ich rufe auf Punkt 6:
Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen ;
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Beamtenrecht (Nr. 2075 der Drucksachen, Umdruck Nr. 108).
Zunächst wünscht der Herr Bundeskanzler das Wort zu nehmen. — Das Wort hat der Herr Bundeskanzler.
Meine Damen, meine Herren! Ich benutze die Gelegenheit, bei der Beratung dieses Gesetzes einige Ausführungen über die Vorgänge der letzten Tage zu machen. Sie wissen, daß General von Falkenhausen und diejenigen, die in dem gleichen Prozeß wie er verurteilt worden sind, von der belgischen Regierung, sobald ihr die gesetzliche Möglichkeit dazu gegeben war, freigelassen worden sind. Nach der belgischen Gesetzgebung war es der belgischen Regierung unmöglich, früher etwas in dieser Angelegenheit zu tun. Ich bin der Auffassung, wir schulden der belgischen Regierung Dank dafür, daß sie alles getan hat, was sie in dieser Angelegenheit tun konnte.
Nun hat General von Falkenhausen nach seiner Freilassung einige Äußerungen gemacht, die nach meiner Auffassung besser unterblieben wären.
Aber, meine Damen und Herren,
ich meine, man sollte bei der Würdigung dieser Äußerungen auch an die psychische Reaktion denken, der Herr von Falkenhausen nach all dem, was er mitgemacht hat, naturgemäß unterlegen war.
Ich bin der Auffassung, daß auch die belgische Presse aus diesem einzelnen Vorkommnis keine Verallgemeinerungen ziehen sollte.
bas Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und unserem Nachbarlande Belgien ist Gott sei Dank sehr gut; es darf und soll nicht getrübt werden.
Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang auch ein Wort zu der Verurteilung des Generals Ramcke sagen. Ein Bericht über diesen Prozeß liegt mir vor. Einer der deutschen Rechtsanwälte, der in diesem Prozeß als Verteidiger aufgetreten ist, hat mir auch mündlich darüber Bericht erstattet. General Ramcke ist, wie Sie alle wissen, freiwillig zurückgekehrt. Seine Verurteilung ist unerwartet.
Ich möchte mich in diesem Augenblick aller weiteren Bemerkungen enthalten.
Bei dieser Frage wie auch bei der Frage nach dem Los deutscher Gefangenen in anderen Ländern spielen psychologische Dinge auch auf der anderen Seite eine sehr große, manchmal sogar eine entscheidende Rolle.
Ich bitte diese Gefangenen, und zwar alle, und ihre Angehörigen, davon überzeugt zu sein, daß die deutsche Bundesregierung alles tut, was in ihrer Kraft steht, um das Los der Gefangenen zu erleichtern und ihnen baldmöglichst die Freiheit wiederzuverschaffen.
Aber in diesen Dingen kommt man viel weiter, wenn man nicht zu viel darüber redet.
Damit kein falscher Eindruck, auch nicht im Ausland, entsteht, möchte ich folgendes hinzufügen: Die Kriegsverbrecher, diejenigen, die wider die Gesetze der Menschlichkeit oder gegen die Regeln der Kriegführung verstoßen haben, verdienen nicht unser Mitleid und unsere Gnade.
daß — das möchte ich auch in diesem Zusammenhang sagen — damit der Ehre der früheren deutschen Wehrmacht kein Abbruch geschieht.
Ich möchte weiter diese Gelegenheit benützen, meine Damen und Herren, um hier in aller Öffentlichkeit festzustellen, daß der amerikanische Hohe Kommissar McCloy bei der Nachprüfung der Urteile in Landsberg, wie ich persönlich weiß — und ich habe oft mit ihm darüber gesprochen —, mit der größten Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit zu Werk gegangen ist. Ich habe ihm dafür gedankt und ich möchte namentlich im Hinblick darauf, was über ihn in der Öffentlichkeit gesagt worden ist, diesen Dank auch an dieser Stelle wiederholen.
Und nun noch ein Wort an die Angehörigen deß früheren Wehrmacht! Mit der Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Art. 131 des Grundgesetzes fallenden Personen in dem zu verabschiedenden Gesetz wird auch äußerlich dokumentiert sein, daß keinerlei Diskriminierung dieser Personengruppe gegenüber den einheimischen Beamten und Pensionären besteht. Das Gefühl einer solchen Diskriminierung hat bisher neben den finanziellen Nöten eine psychologisch unheilvolle Rolle gespielt. Dies gilt insbesondere für die Berufssoldaten der früheren Wehrmacht, die in der Zeit nach dem Zusammenbruch durch Sondermaßnahmen wie das Kontrollratsgesetz Nr. 34 betroffen waren und ganz zu Unrecht in ihrer Gesamtheit für den verlorenen Krieg verantwortlich gemacht wurden, obgleich sie zumeist nur ihre Pflicht erfüllt haben. Niemand darf die Berufssoldaten wegen ihrer früheren Tätigkeit tadeln und sie, soweit sie im öffentlichen Dienst unterzubringen sind, bei gleicher persönlicher und fachlicher Eignung hinter anderen Bewerbern zurücksetzen. Das Kapitel der Kollektivschuld der Militaristen neben den Aktivisten und Nutznießern des nationalsozialistischen Regimes muß ein für allemal beendet sein.
Meine Damen und Herren! Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Dr. Kleindinst. Der Abgeordnete Kleindinst hat mir vorgeschlagen — und ich bitte, damit einverstanden zu sein —, daß er zunächst eine allgemeine Berichterstattung über die Arbeit des Ausschusses vornimmt und dann kapitelweise berichtet, damit die Dinge übersichtlich bleiben. Wir würden also eine Berichterstattung über die einzelnen Kapitel haben, dann die Einzelberatung und Abstimmung vornehmen und anschließend den Übergang zum nächsten Kapitel wiederum mit einer Berichterstattung einleiten. Ist das Haus damit einverstanden? — Das ist der Fall.
Ich bitte Herrn Abgeordneten Dr. Kleindinst, das Wort zu nehmen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Ausschuß 25 für Beamtenrecht legt den Entwurf des Gesetzes zur Ausführung des Art. 131 des Grundgesetzes in der von ihm beschlossenen Fassung vor, dessen Beratung ihm der Bundestag durch Beschluß vom 13. September 1950 übertragen hat. Es handelt sich um die Drucksachen Nr. 1306 und Nr. 2075.
Die Dauer der Beratungen vom 21. September 1950 bis zum 15. März 1951 war durch die Vielgestaltigkeit und Schwierigkeit der Aufgabe bedingt, für die es kein Vorbild und nur eine sehr begrenzte Erfahrung in der deutschen Verwaltungs- und in der deutschen Wehrgeschichte gegeben hat; denn die Wiederverwendung und Versorgung der öffentlichen Bediensteten aus den abgetretenen Gebieten nach dem ersten Weltkrieg läßt sich mit der Aufgabe des Jahres 1951 nicht vergleichen. Nur Österreich hat nach 1919 eine ähnliche Aufgabe, aber unter noch größeren finanziellen Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Beendigung der Inflation und mit einer äußeren Anleihe leisten müssen. Der Ausschuß mußte bei seinen Beschlüssen die großen Veränderungen im Aufbau der Verwaltung zwischen 1933 und 1945, in den Ländern zwischen 1945 und 1949 und im Bund nach 1949 würdigen, ferner die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse der ehemaligen Wehrmacht, des früheren Reichsnährstandes und des einstigen Reichsarbeitsdienstes. Er hatte die Beziehungen zu den Reichsbeamtengesetzen von 1907 und 1937, zu dem vorläufigen Bundesbeamtengesetz von 1950 und zu dem zukünftigen endgültigen Bundesbeamtengesetz in Betracht zu ziehen. Wegen der öffentlichen Angestellten und Arbeiter und der Tätigkeit von Beamten und Angehörigen der Wehrmacht in versicherungspflichtiger Beschäftigung nach 1945 standen Fragen der Sozialversicherung zur Beschlußfassung. Die Erfassung von Beamten und Angestellten von Nichtgebietskörperschaften machte die Prüfung der Eingaben
von 118 Körperschaften, Verbänden und Vereinigungen zur Notwendigkeit. Außerdem waren die Einbeziehung der Stadt Berlin-West sowie die Festlegung ihrer Voraussetzungen und die Rückwirkung auf die Ostzone in Betracht zu ziehen. Wiederholt standen verfassungs- und völkerrechtliche Fragen zur Beantwortung. Vor allem mußten auch die finanziellen Wirkungen der Beschlüsse erwogen werden.
Neben dem Gesetzentwurf kamen zur Beratung die Richtlinien für die Überbrückungshilfe und als politische Voraussetzung des Gesetzes zu Art. 131 die Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts im öffentlichen Dienst, die der Bundestag ja heute in zweiter und dritter Lesung verabschiedet hat.
Der Ausschuß hat bei seinen Beratungen auch die Rechtsfragen gewürdigt, die in der öffentlichen Erörterung der Aufgabe besonders im Schrifttum, in Denkschriften und in Gutachten Gegenstand der Auseinandersetzung und der Klärung gewesen sind, so die Frage der Identität von Bund und Reich, der Rechtsnachfolge des Bundes gegenüber dem Reich, der Fortgeltung des Versorgungsrechtes aufgelöster Einrichtungen und Körperschaften wie der ehemaligen Wehrmacht, des Reichsarbeitsdienstes und des Reichsnährstands, der Rechtswirkung der beamtenrechtlichen Staatsakte der ehemaligen nationalsozialistischen Reichsregierung und der deklaratorischen oder konstitutiven Aufgabe des Art. 131 des Grundgesetzes.
Der Ausschuß hat jedoch die Stellungnahme zu diesen Rechtsfragen nicht als ausschließliche Grundlage für seine Beschlüsse nehmen können. Dieser Verzicht war um so mehr geboten, als die Entscheidung der zum Teil stark umstrittenen Fragen allein die praktische Lösung der gestellten gesetzgeberischen Aufgabe nicht ermöglicht hätte. Denn die Bejahung der Identität von Bund und Reich löst die gestellten Fragen nicht unbedingt hinsichtlich der öffentlichen Bediensteten der Restverwaltungen des Landes Preußen, der Gemeinden, Gemeindeverbände und der Nichtgebietskörperschaften, und sie trägt nichts bei zu den Folgerungen, die sich für die Wiederverwendung und die Übernahme der finanziellen Lasten durch die Veränderungen in der Zuständigkeit durch das Grundgesetz ergaben. Die immer wieder hervorgehobene Rechtsnachfolge des Bundes in bezug auf das ehemalige Reichsvermögen ist auch für die Länder zu bejahen wie die in diesem Zusammenhang noch wichtigere Nachfolge in wesentlichen Verwaltungsbefugnissen. Das Besoldungs- und Versorgungsrecht ist für die personellen Voraussetzungen eines regelmäßigen und geordneten Ablaufs der staatlichen Aufgaben vorgesehen, nicht aber für den Verlust von Verwaltungsgebieten, Dienstherren und Behörden größten Ausmaßes und für die Folgen des Unterganges großer Einrichtungen und Körperschaften. Die Beurteilung der rechtlichen Folgen von Staatsakten einer Diktatur auf dem Gebiete des Personalwesens, besonders in den Jahren des Krieges und der beginnenden Katastrophe, ist mit den Maßstäben des Verfassungs-und Rechtsstaates von heute nur mehr bedingt möglich.
Der Ausschuß ist deshalb von dem Auftrag des Art. 131 des Grundgesetzes ausgegangen, der die Bundesgesetzgebung über die Gesetzgebungsbefugnisse der Art. 73 Ziffer 8 und Art. 75 Ziffer 1 des Grundgesetzeshinaus verpflichtet und damit berechtigt, die Rechtsverhältnisse der Bediensteten einschließlich der Flüchtlinge und Vertriebenen sowie der versorgungsberechtigten Personen zu regeln, die am 8. Mai 1945 im öffentlichen Dienst standen oder versorgungsberechtigt waren und aus anderen als beamten- und tarifrechtlichen Gründen ausgeschieden sind und bisher nicht oder nicht ihrer früheren Stellung entsprechend verwendet werden oder keine entsprechende Versorgung mehr erhalten. Der Art. 131 des Grundgesetzes umfaßt die Beamten, die Angestellten und Arbeiter einschließlich der vertriebenen Personen des öffentlichen Dienstes, die noch außer entsprechender Verwendung stehenden einheimischen erfolgreich politisch beurteilten öffentlichen Bediensteten und die Angehörigen der ehemaligen Wehrmacht mit Einschluß der versorgungsberechtigten Personen. Der Art. 131 des Grundgesetzes erkennt nach seinem Wortlaut und nach den Verhandlungen des Parlamentarischen Rates das Fortbestehen von Rechtsverhältnissen der in Frage kommenden Personen des öffentlichen Dienstes und ihrer versorgungsberechtigten Hinterbliebenen an und hat insofern eine deklaratorische Bedeutung. Soweit er aber verpflichtet, die durch die umgestaltenden Ereignisse der Jahre 1945 und 1946 unklar oder zweifelhaft gewordenen Rechtsverhältnisse und die aus ihnen hervorgehenden Ansprüche und Verpflichtungen zu regeln, stellt er der Gesetzgebung ohne Zweifel eine rechtsgestaltende Aufgabe.
Der Ausschuß hat sich dieser Verpflichtung wie der Gesetzentwurf der Bundesregierung in möglichster Angleichung an die am 8. Mai 1945 bestehenden Rechtsverhältnisse unterzogen. Bei dem starken Gegensatz, der zwischen der großen Zahl wiederzuverwendender oder zu versorgender öffentlicher Bediensteter und den durch die Folgen der Katastrophe von 1945 ohnedies überlasteten finanziellen Kräften der Bundesrepublik besteht, ist eine volle Erfüllung der durch die nationalsozialistische Regierung für ganz andere politische und wirtschaftliche Voraussetzungen und Hoffnungen begründeten Ansprüche oder verheißenen Leistungen nicht möglich. Es bestand aber für den Gesetzentwurf der Bundesregierung wie für den Ausschuß kein Zweifel, daß es sich bei der Regelung der Rechtsverhältnisse zwischen öffentlichen Dienstherren und öffentlichen Bediensteten nicht nur um die Regelung der Versorgung handeln kann, eine Anschauung, die außerhalb des Bundestags bei der Stellungsnahme zu dem Gesetz über Sofortmaßnahmen hervorgetreten ist. Vielmehr steht die Wiederverwendung der öffentlichen Bediensteten an erster Stelle der Aufgabe. Denn die Verwertung der Kenntnisse, Erfahrungen und Arbeitskräfte neben den inzwischen angelernten und ausgebildeten Kräften ist für den Wiederaufbau des Rechtsstaates und für die Erfüllung größter schöpferischer Aufgaben notwendig. Die dadurch erzielte Einsparung an Versorgungsausgaben ist staatswirtschaftlich dringend geboten. Die Ansprüche und Erwartungen der arbeitsfähigen öffentlichen Bediensteten sind nicht auf Versorgung, sondern auf die Wiederverwendung im öffentlichen Dienst gerichtet. Die Versorgung soll nur als Übergangsmaßnahme und für dienstunfähig gewordene und in das Alter des Ruhestands gekommene Bedienstete sowie für die Hinterbliebenen eintreten. Diesen Weg sind auch alle Staaten in der Zeit großer gebietlicher Veränderungen — insbesondere nach 1803 und 1815 — gegangen.
Der Gesetzentwurf verwirklicht folgende Grundsätze, die im Entwurf der Bundesregierung bereits enthalten waren oder durch die Beratungen dep
Ausschusses eine Verbessung erfuhren- oder erst Aufnahme gefunden haben.
Der Gesetzentwurf führt die Gleichstellung der vertriebenen Angehörigen des öffentlichen Dienstes, der einheimischen öffentlichen Bediensteten und der Angehörigen der ehemaligen Wehrmacht und des aufgelösten Reichsarbeitsdienstes in bezug auf Unterbringung und Versorgung durch, soweit es die verschiedenen Dienstverhältnisse und Dienstlaufbahnen überhaupt ermöglichen.
Die Bestimungen des endgültigen Deutschen Beamtengesetzes, das bald zur Beratung kommen soll, werden auch für dieses Gesetz zur Anwendung kommen, wie einzelne Bestimmungen dieses Gesetzes bereits in den Entwurf des künftigen endgültigen Beamtengesetzes eingearbeitet sind. Die Gleichstellung der Gruppen der öffentlichen Bediensteten wird daher weiterhin durchgeführt werden.
Der Gesetzentwurf erkennt das Fortbestehen der Rechtsverhältnisse an der Beamten mit einer Dienstzeit von mindestens 10 Jahren, der Angestellten und Arbeiter, die versorgungsberechtigt oder unkündbar sind, der Berufsoffiziere mit einer Dienstzeit von 10 und mehr Jahren mit Beginn vor dem 8. Mai 1935 und der Berufsunteroffiziere mit einer Dienstzeit von mindestens 12 und 18 Jahren. Die Grundlage für die Unterbringung und Versorgung bilden die am 8. Mai 1945 erdienten Ansprüche. Der Gesetzentwurf sieht für die öffentlichen Dienstherren die Pflicht zur Unterbringung vor und stellt fest und gestaltet für die öffentlichen Bediensteten Ansprüche auf Versorgung.
Die Regelung der Rechtsverhältnisse fördert in erster Linie die Unterbringung der noch nicht verwendeten öffentlichen Bediensteten. Die Bezeichnung „außer Dienst gestellt" für Beamte, Angestellte und Arbeiter ist durch die Bezeichnung „zur Wiederverwendung" ersetzt, die Bezeichnung der Bezüge als „Unterhaltsgelder" durch die Bezeichnung „Übergangsgehälter".
Die obersten Dienstherren erhalten die Ermächtigung zur neuen Ordnung von Rechtsverhältnissen, wenn bei Ernennungen, Beförderungen und Verbesserungen des Besoldungsdienstalters und der ruhegehaltsfähigen Dienstzeit beamtenrechtliche Vorschriften verletzt worden sind, oder wenn sie überwiegend auf die Verbindunng zum Nationalsozialismus zurückgehen.
Der Gesetzentwurf erkennt die Rechtswirkung der Bescheide der Entnazifizierungs- und Spruchkammern an, die auf die Beendigung der Dienst-und Arbeitsverhältnisse, auf Einschränkungen oder auf den Verlust von Versorgungsrechten lauten.
Die Verpflichtung zur Unterbringung und Versorgung der Bediensteten von Nichtgebietskörperschaften belastet in erster Linie die entsprechenden Nichtgebietskörperschaften und nicht den Bund.
Die Übergangsgehälter können mit dem Fortschreiten der Unterbringung und der Entlastung des Haushalts des Bundes bis zur Erreichung der vollen Ruhegehälter erhöht werden. Für die er-dienten Ruhegehälter sind Kürzungen nicht mehr vorgesehen.
Die öffentlichen Bediensteten in Berlin-West und des Landes Berlin im Bundesgebiet selbst sind in das Gesetz unter der Voraussetzung einbezogen, daß das Land Berlin die vorgesehenen und vereinbarten Vorbedingungen erfüllt.
Die Freizügigkeit der öffentlichen Bediensteten im Bundesgebiet ist durch die Regelung der Bezüge und ihre Auszahlung nicht mehr erschwert.
Der Schutz der öffentlichen Bediensteten ist dadurch gesichert, daß der Erlaß von Rechtsverordnungen, die Aufsichtsbeschwerde, die Klage im Verwaltungsrechtswege gegen einzelne Entscheidungen, die Befassung der Dienststrafgerichte und die Möglichkeit der Beschreitung des ordentlichen Rechtsweges vorgesehen sind.
Die vorgelegte Fassung des Gesetzes geht nicht nur auf Beschlüsse sogar sehr wechselnder Mehrheiten zurück. Die meisten Beschlüsse von grundsätzlicher Bedeutung hat der Ausschuß einstimmig gefaßt.
Auch die Vorlage des Gesetzentwurfs im ganzen kann sich auf einen einstimmigen Beschluß des Ausschusses stützen.
Wichtig ist nun, daß die Belastung des Bundes, die zuletzt auf 600 Millionen berechnet war und sich dann noch um weitere 150 Millionen erhöhte, nicht etwa neue Ansprüche umfaßt, sondern vielfach Ruhegehälter und Gehälter, die bereits vor dem Jahre 1945 die Etats belastet haben — zum Teil sogar Gehälter der alten Wehrmacht vor 1918 oder der Reichswehr —, deren Fortgang nur durch die Intervention, durch den Eingriff der Besatzungsmacht, unterbrochen worden ist. Das darf bei der Würdigung der Ausgaben nicht übersehen werden.
Hinsichtlich der ziffernmäßigen Stärke des Kreises der einbezogenen öffentlichen Bediensteten haben natürlich Vorerhebungen stattgefunden, und zwar im Januar 1950 für alle Kreise einschließlich der Wehrmacht. Diese Ziffern wurden der Sicherheit halber mit einem Zuschlag von 25 °/o versehen. Im August fand dann eine neue Meldung statt, aber nur für die Kreise der Beamten, Angestellten und Arbeiter, die noch nicht irgendwie im öffentlichen Dienst wiederverwendet waren. Diese Erhebung hat ergeben, daß die Ziffern vom Januar ohne den Zuschlag von 25 % ziemlich exakt gewesen sind. Seit dem August 1950 hat jedoch die Zahl derer, die unter den Art. 131 fallen und weder wiederverwendet noch versorgt sind, weiter abgenommen. Deshalb sind die Zahlen, die sowohl hinsichtlich der Veranschlagung der Mittel wie hinsichtlich der Unterbringung vorliegen, wahrscheinlich niedriger als die vom August des vorigen Jahres. Das hat uns auch eine gewisse Bewegungsfreiheit in bezug auf unsere finanzielle Verantwortung gestattet. Ich möchte es deshalb vermeiden, diese Ziffern hier mitzuteilen, weil sie zweifellos bereits überholt sind und einen falschen Eindruck vermitteln würden.
Der Vollzug des Gesetzes wird dann die endgültigen und genauen Ziffern bringen und uns wohl auch die Möglichkeit eröffnen, unter der veranschlagten Summe der Ausgaben zu bleiben.
Zu den Kapiteln und Abschnitten des Gesetzentwurfes ist im einzelnen folgendes zu berichten — und nun darf ich gleich die Abänderungen bei dem ersten Paragraphen vortragen und begründen —:
Zu § 1 Abs. 1 a): Als Stichtag, bis zu dem Aufgaben weggefallener Dienststellen des Reiches nicht ganz oder überwiegend von einer anderen deutschen Dienststelle übernommen worden sind, ist der 23. Mai 1949 als Tag des Inkrafttretens des Grundgesetzes eingefügt worden. Der Gesetzentwurf geht davon aus, daß bis zu diesem Tage die Verwaltung in den Ländern wieder aufgebaut war und ihre Befugnisse durch das Grundgesetz festgelegt worden sind. Es handelt sich bei dieser Be-
stimmung lediglich darum, daß die Obliegenheiten überhaupt von einer Dienststelle übernommen oder nicht übernommen sind. Nur wenn diese Übernahme der Aufgaben bis zum 23. Mai 1949 nicht erfolgt ist, fallen die Beamten, Angestellten und Arbeiter der weggefallenen Dienststelle unter den Art. 131 des Grundgesetzes und damit unter den Gesetzentwurf. Um Zweifel an der Übernahme von Aufgaben durch Dienststellen im vorhinein auszuschließen, sieht Abs. 2 des § 1 die Entscheidung durch die Bundesminister des Innern und der Finanzen vor.
Zu § 1 Abs. 1 c): Die deutschen Bediensteten bei einer staatlichen oder kommunalen Dienststelle der autonomen Verwaltung des ehemaligen Protektorates Böhmen und Mähren sind auf dringenden Antrag der Flüchtlingsvertreter im Ausschuß mit einbezogen worden. Ebenso sind unter d) die volksdeutschen Beamten fremder Staaten, insbesondere der südöstlichen Staaten, auf Antrag der Flüchtlingsvertreter im Bundestag in den § 1 aufgenommen worden, während § 51 des Regierungsentwurfs sie nur für den Bezug von laufenden Unterstützungen vorgesehen hatte. Durch die Einbeziehung in den § 1 werden ihnen nunmehr Ansprüche verliehen.
Zu § 1 Abs. 1 Ziffer 4 ist hervorzuheben: Die berufsmäßigen Angehörigen des früheren Reichsarbeitsdienstes hat der Bundestag durch seinen Beschluß vom 14. Dezember 1950 in den Gesetzentwurf über Sofortmaßnahmen einbezogen, so daß der Ausschuß nur die Folgerung aus dem damaligen Beschluß zu ziehen hatte.
Zu § 2: Die Bestimmungen über die Bediensteten der Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechtes, also der Nichtgebietskörperschaften, und der öffentlich-rechtlichen Verbände von Gebietskörperschaften hat der Ausschuß ergänzt. Für die Berücksichtigung der Bediensteten der Nichtgebietskörperschaften war der Grundsatz maßgebend, daß diese am 30. Januar 1933 bereits Körperschaftsrechte und damit Dienstherrnfähigkeit haben müssen oder mußten. Eine Einbeziehung aller jener Einrichtungen, welchen die nationalsozialistische Regierung Körperschaftsrechte verliehen hat, mußte unterbleiben. Gegenüber dem Regierungsentwurf führt § 2 in der Anlage A die Körperschaften auf, deren Bedienstete dem Personenkreis gleichgestellt werden, dessen Rechte das Gesetz anerkennt. Die Bundesregierung wird jedoch ermächtigt, dieses Verzeichnis durch Rechtsverordnung zu ergänzen. Unter den in der Anlage A aufgeführten Körperschaften sind auch diejenigen sudetendeutschen Körperschaften, namentlich der Sozialversicherung, aufgeführt, die unseren deutschen Anstalten der Sozialversicherung entsprechen.
In § 3 ist die Aufzählung der öffentlichen Bediensteten, die aus diesem Gesetz keine Rechte herleiten können, durch den Ausschuß in der Weise ergänzt worden, daß Personen, die am 8. Mai 1945 bei einer Dienststelle der früheren Geheimen Staatspolizei oder bei dem früheren Forschungsamt des Reichsluftfahrtministeriums in einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis standen oder auf Grund eines solchen Dienstverhältnisses versorgungsberechtigt waren, ausgeschlossen sind. Jedoch gibt § 73 b in besonderen Ausnahmefällen die Möglichkeit der Berücksichtigung von Beamten und Berufssoldaten, die von Amts wegen an diese Dienststelle versetzt worden sind und sich irgendwelche Verbrechen nicht haben zuschulden kommen lassen.
Zu § 4 ist noch hervorzuheben: Die Bestimmung, daß von dem Gesetz Personen berücksichtigt werden können, die zur Abwendung einer ihnen unverschuldet drohenden unmittelbaren Gefahr für Leib und Leben oder für die pdrsönliche Freiheit in das Bundesgebiet geflüchtet sind und nach dem 23. Mai 1949 hier ihren Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt befugt genommen haben, ist dem Notaufnahmegesetz vom 22. August 1950 entnommen. Der Ausschuß war der Anschauung, daß es sich bei der Unmittelbarkeit der Gefahr für Leib und Leben oder für die persönliche Freiheit eines öffentlichen Bediensteten im Sinne dieses Gesetzes um eine konkrete und individuelle Gefahr handeln müsse.
Damit sind die für den Abschnitt I in Frage kommenden Änderungen begründet. Ich darf nunmehr meine weiteren Ausführungen zurückstellen, bis der Abschnitt II zur Beratung aufgerufen wird.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Wie vereinbart, kommen wir also jetzt zur Einzelbesprechung der zweiten Beratung des Gesetzes.
Ich rufe zunächst auf § 1. Vor Beginn der Diskussion möchte der Herr Bundesminister des Innern noch sprechen. Bitte schön, Herr Bundesminister!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn das Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Art. 131 fallenden Personen erst heute, zwei Jahre nach Inkrafttreten des Grundgesetzes, zur Verabschiedung gelangt, so bedauert das niemand mehr als die Bundesregierung selbst. Sie ist sich der Bedeutung dieses Gesetzes für die Wiederherstellung klarer Rechtsverhältnisse auf dem durch den Zusammenbruch besonders stark in Mitleidenschaft gezogenen Gebiet und damit der inneren Befriedung voll bewußt. Diese gesetzgeberischen Arbeiten konnten ja auch erst in Angriff genommen werden, nachdem die Wahlen zum ersten Bundestag stattgefunden hatten, nachdem zunächst einmal eine Bundesregierung gebildet und das mit der Federführung beauftragte Ministerium so besetzt und organisiert worden war, daß es arbeitsfähig war.
Welche Schwierigkeiten bei der Behandlung des Stoffes zu bewältigen waren, ist in der Öffentlichkeit und selbst bei uns in diesem Hause vielfach verkannt worden. Auch Abgeordnete unseres Hauses waren geneigt, die Bundesregierung zu tadeln, weil sie den Gesetzentwurf erst im Juli 1950 vorgelegt hat.
Welche Problematik in diesem Gesetz gesteckt hat, das haben die langen Beratungen in dem mit großem Fleiß und unermüdlichem Einsatz arbeitenden Ausschuß gezeigt. Die Fragen, die im Beamtenrechtsausschuß bewältigt werden mußten, waren rechtlicher, sozialpolitischer und finanzpolitischer Art. Sie mußten kritisch durchgeprüft werden. Schließlich kam als außerordentlich erschwerend hinzu, daß unsere Unterlagen sehr lückenhaft waren. Wir hatten keinen Anmeldezwang, und die statistischen Erhebungen wiesen erhebliche Lücken auf. Wir mußten alle diese Unterlagen in bezug auf die vielgestaltigen Berechnungen gewissenhaft auswerten. Die Höhe der durch das Gesetz entstehenden Ausgaben bei den verschiedenen Lösungsversuchen, die in Vorschlag gebracht wurden,
mußte sorgfältig ermittelt werden. Schließlich mußte das Gesamtergebnis auf die Möglichkeit der praktischen Ausführung im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Bundes selbst überprüft werden.
Eins kann ich Ihnen aber zur Beruhigung sagen. Diese lange Dauer der Überprüfung hat nicht zu einer Benachteiligung der unter das Gesetz Fallenden geführt, sondern die Ausschußarbeiten haben im Gegenteil in bezug auf die endgültige Lösung eine erhebliche Verbesserung gebracht. So mögen sich die schmerzlich auf das Gesetz Wartenden, die sich in der Übergangszeit mit schmalen Bezügen der vorläufigen Zuwendungen der Länder begnügen mußten, damit trösten, daß diese Übergangszeit nicht vergeblich gewesen ist.
Nach dem Beschluß des Bundestags vom 2. Dezember 1949 über die Gleichstellung in den Pensionsbezügen hatte sich die Gleichstellung auf die Gruppe der heimatvertriebenen Pensionäre beschränkt. Jetzt empfiehlt Ihnen der Beamtenrechtsausschuß in seinem Bericht, die Gleichstellung auf alle unter den Art. 131 des Grundgesetzes fallenden Pensionäre auszudehnen. Auch die Übergangsgelder, die die noch dienstfähigen Beamten auf Lebenszeit und die ihnen gleichzubehandelnden Angehörigen des öffentlichen Dienstes bis zu ihrer Wiederverwendung erhalten, konnten gegenüber den Sätzen der Regierungsvorlage wesentlich erhöht werden, nachdem inzwischen die Zahl der zu betreuenden Personen infolge der Unterbringung erheblich zurückgegangen war. Ob weitere Erhöhungen möglich sind, wird davon abhängen, wie sich nach der Regierungsvorlage die Ausgaben an Pensionen und Bezügen noch vermindern werden. Die künftige Entwicklung können wir heute noch nicht voraussehen; aber man kann sagen, daß die Regelung, auf die sich der Beamtenrechtsausschuß einmütig geeinigt hat, in finanzieller Hinsicht wirklich das äußerste darstellt, was der Bund leisten kann und was bei der gegenwärtigen wirtschaftlichen Lage zu verantworten ist.
Meine Damen und Herren, Sie dürfen bei Ihren Beschlüssen auch die Zusammenhänge mit den beiden andern großen Kriegsfolgelasten regelnden Gesetzen, dem Gesetz über die Opfer des Krieges und dem Gesetz über den Lastenausgleich, nicht übersehen. Nur bei Anspannung aller Kräfte wird es gelingen, die für die Durchführung des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse _der unter Art. 131 des Grundgesetzes fallenden Personen erforderlichen Mittel im Bundeshaushalt bereitzustellen. Diese Mittel machen schätzungsweise das Zweieinhalbfache dessen aus, was die Länder bisher auf diesem Gebiet als Übergangsgeld aufgewendet haben. Was dieses Zweieinhalbfache der Aufwendungen der Länder jetzt bei der beschränkten Steuerkraft des Bundes bedeutet, meine verehrten Damen und Herren, brauche ich hier wohl nicht im einzelnen auszuführen. Dabei hat es sich ja noch nicht einmal ermöglichen lassen, in dem Personenkreis des Gesetzes auch die im Ausland lebenden früheren Angehörigen des öffentlichen Dienstes und ihre Hinterbliebenen zu berücksichtigen. Das ist ein sehr bedauernswerter Kreis von Personen, die damals gezwungen wurden, in das Ausland zu gehen, und denen nun die Heimkehr versagt ist. Unsere auswärtigen diplomatischen und konsularischen Vertretungen werden sich dieser Armen anzunehmen haben. Ob es möglich ist, weitere Wünsche zu erfüllen, bleibt ebenfalls der Entwicklung vorbehalten.
Aber trotz dieser finanziell bedingten Einschränkungen wird mit der Regelung durch dieses von
Ihnen hoffentlich einstimmig zu verabschiedende Gesetz immerhin ein Ziel erstrebt, das auch die Regierungsvorlage von Anfang an verfolgte, nämlich die Schaffung einer festen Rechtsgrundlage für die rechtlichen Beziehungen des betroffenen Personenkreises. Die Ansprüche, die das Gesetz verleiht, sind echte Rechtsansprüche, die im Klagewege verfolgt werden können; und selbst dort, wo keine solchen Ansprüche bestehen, z. B. bei der Unterbringungspflicht der öffentlich-rechtlichen Dienstherren, wird es sich um die Erfüllung genau umschriebener rechtlicher Verbindlichkeiten handeln und nicht um bloße Akte der Liberalität. Die rechtlichen Beziehungen sind für die verschiedenen Personengruppen des Art. 131 unter Berücksichtigung des Rechtsstandes vom 8. Mai 1945 grundsätzlich einheitlich gestaltet worden. Das Gesetz macht keinen Unterschied zwischen den Verdrängten, ob sie im Dienste des Reiches oder einer anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaft gestanden haben. Jedenfalls behandelt das Gesetz auch die Berufssoldaten der früheren Wehrmacht und die Angehörigen des früheren Reichsarbeitsdienstes, soweit es sie einbezieht, nach beamtenrechtlichen Grundsätzen. Die nur im Hinblick auf den aktiven Beruf geschaffene Sonderstellung dieser Bediensteten ist dem Zweck des Gesetzes entsprechend ebenso beseitigt worden wie die mit diesem nicht zu vereinbarenden Prärogativen gewisser Beamtenkategorien. Während das Recht der Unterbringung und der an der Unterbringung teilnehmenden Personen mangels eines Vorbildes im sonstigen Beamtenrecht neu gestaltet werden mußte, ist als Versorgungsrecht das Bundesbeamtenversorgungsrecht zugrunde gelegt worden. Dabei haben wir schon verschiedene für dieses Bundesbeamtenversorgungsrecht in Aussicht genommene Verbesserungen und Neuerungen — wie die zehnjährige Wartezeit und die damit in Zusammenhang stehende Änderung der Pensionsskala — gleich mitberücksichtigt. Im übrigen ist vorgesehen, daß die versorgungsrechtlichen Vorschriften des Gesetzes zu Art. 131 dem vor der Einbringung stehenden endgültigen Bundesbeamtengesetz angepaßt werden. Darin liegt eine wirksame Sicherung der Gleichstellung der Pensionäre des Personenkreises des Art. 131 mit den sonstigen Pensionären.
Ich darf zum Schluß noch folgendes ausführen. Die Bundesregierung hofft, daß die Bedenken, die bei der ersten Lesung des Gesetzentwurfs von den einzelnen Fraktionen geäußert worden sind, durch die Ergebnisse der Ausschußberatung beseitigt sind und daß das Gesetz vom Plenum des Bundestages heute einstimmig oder mit ganz großer Mehrheit angenommen wird. Eine solche einstimmige Annahme würde auch ihren Eindruck auf den Bundesrat nicht verfehlen und ihn veranlassen, auch seinerseits dem Gesetz zuzustimmen. Wenn eine Anrufung des Vermittlungsausschusses unterbleibt, was die Bundesregierung hofft, dann kann das Gesetz noch im April, also noch im Laufe dieses Monats, verkündet werden; und damit hätten wir bei allem unserem Mühen um eine frühzeitige Inkraftsetzung des Gesetzes uns nicht allzuweit von dem ursprünglich vorgesehenen Zeitpunkt, dem 1. April 1951, entfernt. Die Bundesregierung — das darf ich Ihnen noch versichern — wird alles tun, um die Durchführung dieses wertvollen Gesetzes zu beschleunigen.
Das Wort hat der Herr Bundesminister für die Vertriebenen.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn ich auch nicht federführend für dieses Gesetz bin, so bin ich doch der am meisten Betroffene, weil gerade bei dem Kreise der von mir zu Betreuenden die größte wirtschaftliche Not herrscht; denn wenn die verdrängten Beamten auch alle gelitten haben, so haben doch die vertriebenen Beamten noch mehr gelitten, weil, sie neben ihrer Lebensstellung auch die Heimat verloren haben.
Es ist für mich eine besondere Freude, Ihnen, dem Bundestag, und insbesondere dem Ausschuß für Beamtenrecht, von ganzem Herzen für diese große Mühe zu danken, die Sie bei der Lösung der schwierigsten Probleme aufgewendet haben. Ich darf wohl sagen, daß gerade in den Kreisen der Vertriebenen die Annahme dieses Gesetzes große Befriedigung auslösen wird.
Ich möchte von mir aus auch keine Zahlen nennen. Der Herr Berichterstatter hat mit Recht darauf hingewiesen, daß diese Zahlen noch nicht absolut sicher sind; aber für die Vertriebenen möchte ich doch des Verständnisses wegen die wohl ungefähr oder mit nur kleinen Abweichungen richtigen Zahlen nennen, um die Bedeutung gerade dieses Gesetzes hervorzuheben. Wir haben an Beamten, Angestellten und Arbeitern ungefähr '76 000 Heimatvertriebene, und aus der Wehrmacht und dem RAD haben wir ungefähr 65 bis 70 000 Vertriebene zu rechnen. Wenn wir also hier annehmen, daß nunmehr rund 150 000 Familienväter ihre Existenz wiederfinden, so bedeutet das für einen Personenkreis von etwa 250 000 Menschen entweder die volle Existenz oder die erneute Startmöglichkeit.
Man kann damit rechnen, daß etwa 40 % den von mir betreuten Kreis angehen. Ich darf sagen, daß es eine ganz große gesamtdeutsche Auffassung war, die den Bundestag veranlaßt hat, so entscheidend und gut zu all den Problemen Stellung zu nehmen. Insoweit bin ich wirklich der am meisten Betroffene und — wenn ich mir auch in dieser oder einer anderen Frage eine bessere Lösung sehr gewünscht hätte — aufrichtig dankbar und beglückt.
Vielleicht ist die Frage der — wie wir früher gesagt haben — Wartestandsbeamten, also der Wiederverwendungsbeamten nicht ganz glücklich gelöst. Aber das lag an den finanziellen Verhältnissen. Wenn im Etat eine Summe von 750 Millionen DM jährlich festgelegt werden muß, so weiß man, was das bedeutet. Aber diese Wiederverwendungsbeamten haben eine Startmöglichkeit bekommen; denn bei ihnen steht nicht die Versorgung, sondern die Wiedereingliederung im' Vordergrund. Deshalb dieses Sperrgesetz und die Bestimmung für alle öffentlichen Körperschaften auf Übernahme von 20 %. Ich bitte, an diesem Grundsatz auch in den Verhandlungen des Plenums nicht allzu sehr zu rütteln. Ich weiß selbst, daß bei den kleineren Kommunalverwaltungen Schwierigkeiten eintreten können. Aber da ist ja auch eine Billigkeitsbestimmung eingefügt. Ich würde bitten, sie nicht ganz herauszulassen, und zwar nicht deshalb, weil ich nicht anerkennen will oder anerkennen muß, daß dort Schwierigkeiten vorliegen, sondern deshalb, weil damit der moralische Grundsatz, die
Verpflichtung zur Wiederverwendung eingeführt wird.
— Ich weiß es, Herr Mellies; aber vielleicht darf ich darauf hinweisen, daß ich vor einem Jahr, als wir uns über die Dinge unterhielten, der erste war, der in Vorschlag brachte, die Einhaltung dieser Bestimmung durch eine Aufsichtsbehörde überwachen zu lassen.
Das ist mein Standpunkt, den ich in dieser entscheidenden Frage der sittlichen Verpflichtung des Wiedereinbaues doch hier betonen möchte.
Meine Damen und Herren, ich rufe auf die Überschrift des Kap. I, des Abschnittes I und den § 1 des Gesetzes. Wird dazu das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Ich komme zur Abstimmung über § 1 des Gesetzes und die Überschrift von Kap. I und von Abschnitt I. Ich bitte die Damen und Herren, die diesen Bestimmungen zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das ist angenommen.
Ich rufe § 2 auf und darf Sie darauf hinweisen, daß die Ausschußfassung dieses Paragraphen sich auf den Seiten 7 und 8 der Drucksache befindet. Wünscht jemand zu § 2 das Wort zu nehmen? —
Herr Abgeordneter Dannemann!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Anlage A zu § 2 Abs. 1 sind die Dienststellen und Körperschaften aufgeführt, auf die sich das vorliegende Gesetz erstreckt. Unter Ziffer 5 ist ebenfalls der Reichsnährstand aufgeführt. Das kann auch auf Grund der Struktur und der Funktion als öffentliche Körperschaft gar nicht anders sein. Nun hat man bei dieser Organisation im Gegensatz zu sämtlichen übrigen aufgeführten 36 Dienststellen die Einschränkung gemacht, daß nur die Beamten betroffen werden sollen, die der Hauptabteilung II angehört habei. Ich weiß nicht, wie es zu dieser Fassung gekommen ist. Rechtlich stellt sie jedenfalls eine Unmöglichkeit dar. Das würde z. B. zur Folge haben, daß die Beamten, die in der Verwaltungsabteilung tätig gewesen sind und damit die verwaltungsmäßige Betreuung der Hauptabteilung II vorgenommen haben, keine Berücksichtigung finden. Ebenfalls würden die Beamten ausfallen, die bei der Bildeng des Reichsnährstandes als Nachfolgeorganisation der Landwirtschaftskammern vielfach ohne ihre Zustimmung in die Hauptabteilung I oder III versetzt worden sind. Der Reichsnährstand war eine Einheit, die sich in drei Hauptabteilungen aufgliederte. Die weitaus größte Mehrheit der Beamten war zwar bei der Hauptabteilung II, der technischen Abteilung, und nur ein kleiner Teil der Beamten war in der Hauptabteilung I und III. Das darf doch nicht dazu führen, daß man diese Kategorie von Beamten einfach streicht. Ich nehme an, daß diese Fassung lediglich infolge ungenügender Unterrichtung über den tatsächlichen Aufbau des Reichsnährstandes zustande gekommen ist, und möchte daher beantragen, unter Ziffer 5 die Worte „Hauptabteilung II" zu streichen.
4900 t eutscher Dundestag — 130. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 5. April 1951
Meine Damen und Herren! Sie haben den Antrag des Herrn Abgeordneten Dannemann gehört. Dazu wünscht das Wort zunächst Herr Abgeordneter Dr. Kleindinst.
Meine Damen und Herren! Als Berichterstatter muß ich sagen, daß dieser Antrag großenteils auf einem Mißverständnis beruht. In der Anlage A ist nicht nur „Reichsnährstand, Hauptabteilung II" aufgeführt, sondern unter Ziffer 6 sind auch Landwirtschaftskammern und Bauernkammern aufgeführt. Diese zwei Ziffern müssen im Zusammenhang gesehen und gelesen werden. Ausgefallen sind lediglich diejenigen Angestellten des Reichsnährstandes, die auf Privatdienstvertrag bei irgendwelchen Bauernvereinen, landwirtschaftlichen Vereinen usw. beschäftigt waren. Es ist unmöglich, die Gesamtheit der Angestellten des Reichsnährstandes hereinzunehmen. Soweit sie aber als öffentliche Beamte bei Landwirtschaftskammern oder Bauernkammern in den Reichsnährstand übergegangen sind, sind sie mit einbezogen. Weiter können wir nicht gehen. Deshalb muß ich namens des Ausschusses darauf Gewicht legen, daß hier diese Grenze gezogen bleibt. Sonst würde nur eine Überlastung des Bundes, der Länder oder der Nachfolgeorganisationen eintreten, als die ja auch die Landwirtschaftskammern und Bauernkammern in Betracht kommen.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Richter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß dem Antrag des Herrn Abgeordneten Dannemann in keiner Weise widersprochen werden kann,
weil sich in anderen Hauptabteilungen des Reichsniihrstandes Beamte befunden haben, die in dem vollen Recht ihrer Beamteneigenschaft belassen werden müssen. Wenn man wie soeben der Herr Kollege Kleindinst auf gewisse landwirtschaftliche Institutionen hinweist, so könnte die Bürokratie das unter Umständen zum Anlaß nehmen, die Beamteneigenschaft von Beamten beispielsweise der Hauptabteilung I abzustreiten, obwohl dort Leute saßen, die sich im wesentlichen etwa mit Siedlungs- oder Rechtsfragen befaßt haben. Ich glaube, in diesem Sinne ist auch der Antrag- des Kollegen Dannemann zu verstehen. Deshalb bitte ich, dem Antrag zuzustimmen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Wuermeling.
Meine Damen und Herren! Es wird sich im Laufe der Beratungen wahrscheinlich noch dieses oder jenes Mitglied des Hauses finden, das während der Ausschußberatungen nicht das geringste Interesse an den in Rede stehenden Problemen gezeigt hat, aber jetzt plötzlich Anträge stellt.
Ich glaube, daß wir sachlich zu den Ausführungen von solchen völlig unorientierten Abgeordneten nicht Stellung zu nehmen brauchen. Ich bitte um Ablehnung.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Ich komme zur Abstimmung über den Abänderungsantrag des Herrn Abgeordneten Dannemann. Der Antrag geht dahin, in der Anlage A zu § 2, über die also gleichzeitig abgestimmt wird, unter Ziffer 5 die Worte „Hauptabteilung II" zu streichen. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das letztere ist zweifellos die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über § 2 in der Ausschußfassung einschließlich der Anlage. Ich bitte die Damen und Herren, die dem § 2 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei einigen Enthaltungen angenommen.
Ich rufe § 3 des Gesetzes auf und mache darauf aufmerksam, daß Herr Abgeordneter von Thadden in dem Umdruck Nr. 125 Ziffer 1 a und b zu § 3 zwei Anträge gestellt hat.
Das Wort wünscht der Herr Abgeordnete von Thadden.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Von meinem Abänderungsantrag ziehe ich die Ziffer a, worin die Streichung von Ziffer 5 des § 3 beantragt wird, zurück. Unter Ziffer 1 b des Umdrucks Nr. 125 beantrage ich einen Zusatz zu § 3 dahingehend, daß die in den Nrn. 1, 2 und 3 aufgeführten Beschränkungen, die sich mit der Entnazifizierung befassen, nur dann Geltung haben sollen, wenn es sich um Einstufungen in die Kategorien I und II handelt. Es gibt einen ganz erheblichen Personenkreis, dem seinerzeit, als die Entnazifizierung noch hoch im Kurse stand, die Beamtenrechte auch bei Einstufungen in niedere Kategorien entzogen wurden. Diesem Zustand kann man durch die Annahme meines Antrages abhelfen.
Ich darf gleich darauf hinweisen — und auf eine Begründung nachher verzichten —, daß ich zu § 8 einen analogen Zusatz beantragt habe.
Das Wort wünscht der Abgeordnete Dr. Richter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was den § 3 Ziffer 4 anlangt, -der sich mit der früheren Geheimen Staatspolizei und dem früheren Forschungsamt des Reichsluftfahrtministeriums befaßt, so hat hierzu entweder der Herr Bundesinnenminister oder der Herr Berichterstatter — das kann ich jetzt nicht mehr genau sagen — bereits erklärt, daß Ausnahmen hiervon für diejenigen gelten sollen, die von Amts wegen in eines dieser Amter versetzt worden sind. Ich bin der Meinung, man sollte bei der Beschränkung der Beamtenrechte nicht so weit gehen.
Bei dem Forschungsamt des Reichsluftfahrtministeriums handelt es sich um eine reine Forschungsstelle,
die über kurz oder lang, wahrscheinlich auch, meine Herren von der SPD, bei Ihrer Volksarmee, die Sie ja beantragt haben, eine entscheidende Rolle spielen könnte. Was zweitens die Geheime Staatspolizei angeht, so wird mir, glaube ich, der
Herr Bundesinnenminister darin recht geben, daß die Staaten, die heute Wert darauf legen, ihre Freiheit zu verteidigen, auf eine, sagen wir, ähnliche Institution gar nicht verzichten können. In diesem Zusammenhang möchte ich gleich betonen, daß ich niemals ein Wort für Menschen verwendet habe, die sich irgendeines Verbrechens schuldig gemacht haben. Aber diese Einrichtungen haben wir bei allen Staaten auf dieser Erde, angefangen von Rußland bis hinüber zu England, bis zu den Demokratien des Westens.
Deshalb glaube ich, man sollte in diesem Punkt großzügiger sein.
Zu dem Antrag des Herrn Abgeordneten von Thadden möchte ich folgendes sagen. Dieser Antrag widerspricht dem Völkerrecht, und zwar aus dem einfachen Grund, weil er überhaupt die Kategorisierung der deutschen Staatsbürger anerkennt. Ob es sich um Gruppe I, II, III, IV oder V handelt, spielt dabei gar keine Rolle.
Dieser Antrag widerspricht sowohl der Haager Landkriegsordnung als auch den Beschlüssen, die die UNO zum Teil unter Mitwirkung östlicher Staaten gefaßt hat. Ich glaube, man kann diesem Antrag schon deshalb nicht zustimmen, weil man sich nicht eines Völkerrechtsbruches schuldig machen darf.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Farke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist tief bedauerlich, daß hier Anträge von Abgeordneten gestellt werden, die die schwielige Arbeit -- das ist vom Kollegen Wuermeling schon einmal festgestellt worden — im Ausschuß und in Sonderverhandlungen überhaupt nicht mitgemacht haben und hier durch ihre Anträge bewirken, daß Verschlechterungen herbeigeführt werden können. Wenn Herr Kollege von Thadden meint, daß er eine Verbesserung bringt, so möchte ich darauf aufmerksam machen, daß die Kategorisierungsziffern in den einzelnen Zonen, wie sie bestanden haben, verschieden liegen, daß man hier also deshalb nicht einfach sagen kann: „I und II". I und II bedeuten in der britischen Zone natürlich Hauptschuldige, aber II bedeutet in der amerikanischen Zone dasselbe wie bei uns III! Sie erzielen eine Verschlechterung für diese Menschen, und ich möchte darum bitten, daß der Paragraph so angenommen wird, wie er hier in Mühe und Not und mit Überlegung herausgearbeitet worden ist.
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Einzelbesprechung zu § 3.
Ich lasse zunächst über den unter Ziffer 1 b des Umdrucks Nr. 125 vorliegenden Antrag des Herrn Abgeordneten von Thadden abstimmen. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Zusatz zu dem Schluß des § 3 entsprechend diesem Antrag zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. -- Enthaltungen? — Dieser Antrag ist gegen die Stimme des Antragstellers abgelehnt.
Meine Damen und Herren, einen Antrag von dem Herrn Abgeordneten Dr. Richter habe ich nicht bekommen. Anträge müssen schriftlich eingereicht werden. Ich kann über den Antrag nicht abstimmen lassen.
Ich bitte nunmehr die Damen und Herren, die dem § 3 in der Ausschußfassung zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Soweit ich sehe, ist der Paragraph einstimmig angenommen.
Ich rufe auf § 4.
— Zu § 4 hat das i Wort der Herr Abgeordnete Dr. Trischler.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zu diesem Paragraphen einen kurzen Abänderungsantrag stellen. s handelt sich dabei um die volksdeutschen Umsiedler. Es gibt Umsiedler, die ohne eigenes Verschulden keine Möglichkeit hatten, bis zum 23. Mai 1949 in das Bundesgebiet zu kommen. Ich will vorweg betonen, daß es sich nur um ganz wenige Dutzend handelt. Hauptsächlich sind es Buchenländer, die in Osterreich steckengeblieben sind und sich seit Jahren darum bemühen, daß sie hierher umsiedeln können. Einen Zuzug haben sie aber nicht erhalten. Die Kirchenkonferenz in Salzburg hat sich mit diesem Problem befaßt, und es haben auch zwischenstaatliche Verhandlungen stattgefunden.
Die Betreffenden haben in den verschiedenen Staaten regelmäßig in ihre Pensionskassen eingezahlt. In § 14 des deutsch-rumänischen Umsiedlungsübereinkommens vom 22. 10. 40 steht z. B.:
Laufende Pensionen sowie Zahlungen von Sozialversicherungsanstalten an Umsiedler sind
von der königlich rumänischen Regierung zu
kapitalisieren. Die entsprechenden Beträge
werden zu der Schuld des rumänischen Staates
an das Deutsche Reich zugezählt.
Diese Beträge sind auch zugezählt worden. Das Reich hat die Beträge einkassiert. Diejenigen Angehörigen des in Frage stehenden Personenkreises, die im Bundesgebiet sind, sind in § 46 erfaßt; diejenigen aber, die in Osterreich hängen geblieben sind, erhalten keinen Pfennig. Auf Grund der in den letzten Monaten ergangenen Entscheidungen, daß sie als deutsche Staatsbürger anerkannt werden — denn die Staatsbürgerschaft derer, die auf Grund von Einzeleinbürgerungsurkunden diese erworben haben, wird nicht angezweifelt —, haben sie jetzt die Möglichkeit, in das Bundesgebiet zu kommen. Sie würden herüberkommen und würden keinen Pfennig bekommen.
Ich beantrage daher, zu § 4 einen Abs. 3 folgenden Inhalts hinzuzufügen:
Pensionsberechtigte volksdeutsche Umsiedler die auf Grund von einzelnen Einbürgerungsurkunden die deutsche Staatsbürgerschaft erworben hatten und nicht durch eigenes Verschulden erst nach dem 23. Mai 1949 im Bundesgebiet Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt befugt genommen haben, werden wie Umsiedler nach § 46 dieses Gesetzes behandelt.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Kleindinst.
Meine Damen und Herren! Die volksdeutschen Umsiedler sind nach dem Gesetzentwurf unterstützungsfähig, und sie sollen nach dem Antrag des Herrn Vorredner s anspruchsberechtigt werden. Auch die Gruppe de volksdeutschen Beamten aus Südosten — das hal e ich bereits bei der Einführung zum ersten Kapitel hervorgehoben — ist nach dem Gesetzentwurf unterstützungsfähig gewesen, und zwar deshalb, weil ihre Angehörigen niemals in einem Dienstverhältnis zum Deutschen Staat gestanden sind. Bei Annahme des Antrags des Herrn Vorredners würden die volksdeutschen Beamten namentlich dieser südöstlichen Staaten anspruchsberechtigt. Ich glaube aber, wir können hier nicht weiter gehen und den Kreis der Anspruchsberechtigten noch größer ziehen.
Namens des Ausschusses bitte ich deshalb, es bei dem Ausschußantrag zu belassen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung.
Es liegt zunächst vor ein Abänderungsantrag des Abgeordneten Trischler, den er soeben mündlich vorgetragen hat. Da er im Umdruck nicht verbreitet ist, lese ich ihn nochmals vor:
- Zu § 4 ist ein neuer Abs. 3 folgenden Inhalts zuzufügen: Pensionsberechtigte volksdeutsche Umsiedler, die auf Grund von einzelnen Einbürgerungsurkunden die deutsche Staatsbürgerschaft erworben hatten und nicht durch eigenes Verschulden erst nach dem 23. Mai 1949 im Bundesgebiet Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt befugt genommen haben, werden wie Umsiedler nach § 46 dieses Gesetzes behandelt.
Ich lasse zunächst über diesen Abänderungsantrag abstimmen. Ich bitte diejenigen, die dem Abänderungsantrag zustimmen, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das letztere ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Wir kommen nun zur Abstimmung über § 4 in der Fassung der Ausschußvorlage. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu erheben. —, Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei einer Enthaltung angenommen.
,Wir kommen nun zu Abschnitt II. Dazu hat zunächst das Wort als Berichterstatter Herr Abgeordneter Dr. Kleindinst.
Bei Abschnitt II ist in § 5 Abs. 2 die Bezeichnung „Beamte außer Dienst gestellt" durch die Bezeichnung „Beamte zur Wiederverwendung" ersetzt, worauf ich bereits vorhin in meinem einleitenden Bericht higewiesen habe.
Im § 7, der die Ernennungen, Beförderungen sowie die Verbesserungen des Besoldungsdienstalters und der ruhegehaltfähigen Dienstzeit unberücksichtigt läßt, die beamtenrechtlichen Vorschriften widersprechen oder überwiegend mit Rücksicht auf die Verbindung zum Nationalsozialismus vorgenommen worden sind, ist die Entscheidung der obersten Dienstbehörde übertragen und zur Gewährung eines Rechtsschutzes die Anrufung der Verwaltungsgerichte im Klagewege eröffnet. Der Ausschuß betrachtet die Beurteilung dieser Vergünstigungen keineswegs als eine Maßnahme der weiteren Entnazifizierung, sondern als Behebung von nicht selten schweren Fehlern, die durch die Einflüsse der ehemaligen NSDAP auf die Personalverwaltungen entstanden sind. Die Folgen dieser Fehler des Personalwesens und ihre finanziellen Lasten können nicht verantwortet werden.
Im § 9 ist die Einleitung und Durchführung des Dienststrafverfahrens mit dem Ziel der Aberkennung der Rechte aus diesem Gesetz ermöglicht gegen Beamte zur Wiederverwendung, gegen Ruhestandsbeamte oder gegen frühere Beamte, die vor oder nach dem 8. Mai 1945 ein Dienstvergehen oder eine als Dienstvergehen geltende Handlung im Sinne des § 22 des Deutschen Beamtengesetzes begangen haben — so die schuldhafte Verletzung der obliegenden Pflichten, die Verletzung der Amtsverschwiegenheit oder die Annahme von Belohnungen oder Geschenken. Die Unterstellung dieser Gruppen von Beamten unter das Dienststrafrecht ist eine Folge der Anerkennung des Fortbestandes der Beamtenrechtsverhältnisse, der Verpflichtung der Dienstherren zur Wiederverwendung und der Anerkennung und Gewährung von Versorgungsrechten. Neu ist die Behandlung der Betätigung gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung als Dienstvergehen. Die Fassung der Bestimmung ist dem Art. 18 des Grundgesetzes entnommen, der von der Verwirkung der Grundrechte handelt, wenn sie zum Kampfe gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung mißbraucht werden. Der Art. 18 des Grundgesetzes gibt deshalb einen Teil der Tatbestände für dieses neue Dienstvergehen, neben denen aber auch noch andere Tatbestände denkbar sind, die mit jenen des § 22 des Deutschen Beamtengesetzes zusammenfallen können.
Der Abs. 3 des § 9 bestimmt die entsprechende Anwendung der §§ 53 bis 56 des Deutschen Beamtengesetzes, die die Folgen der gerichtlichen Verurteilung festlegen.
Da der Abs. 1 des 9 auch Dienstvergehen oder Handlungen einbezieht, die vor dem 8. Mai 1945 begangen worden sind, legt der Ausschuß für Beamtenrecht auf die Feststellung Gewicht, daß diese vor dem 8. Mai 1945 begangenen Vergehen und Handlungen nicht nach den damals geltenden Anschauungen, sondern nach dem Recht und nach den Grundsätzen des neuen Verfassungs- und Rechtsstaates zu behandeln sind. Wenn die Ergänzung dieser Bestimmungen die Betätigung gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung als Dienstvergehen festlegt, so zieht sie aus den Erfahrungen nach 1919 ebenso beamtenrechtliche Folgerungen, wie der Art. 18 des Grundgesetzes die verfassungsrechtlichen Folgerungen gezogen hat. Der neue Staat kann es nicht dulden, daß öffentliche Bedienstete, deren Rechte das neue Gesetz anerkennt oder einräumt, diese Rechtsstellung zum Kampf gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung mißbrauchen.
Zu Ziffer ,2: Unterbringungspflicht, §§ 12 bis 17. Die Vorlage des Ausschusses hat die Bestimmungen des Gesetzentwurfs der Bundesregierung grundsätzlich nicht geändert. Hinsichtlich des § 13, der die Aufwendungen für die Beschäftigung der an der Unterbringung teilnehmenden Personen auf mindestens 20 v. H. des gesamten Besoldungsaufwandes der Dienstherren festlegt, sind Zweifel entstanden, ob der Besoldungsaufwand nur reine Besoldungen oder auch die Ruhegehälter und die Hinterbliebenenversorgung umfaßt. Zur Behebung dieser Zweifel wird festgestellt, daß unter dem Besoldungsaufwand nach dem Wortlaut der Bestimmungen nur die Ausgaben für Besoldung und Hilfsleistungen, nicht aber die Ausgaben für
Ruhegehälter und die Hinterbliebenenversorgung zu verstehen sind.
Der Ausgleichsbetrag, der zu bezahlen ist, soweit nach Ablauf von drei Monaten seit dem Inkrafttreten des Gesetzes der Pflichtanteil des Besoldungsaufwands von 20 v. H. nicht erreicht ist, wurde aufrechterhalten, weil die Mehrheit des Ausschusses in dieser Bestimmung die einzige Möglichkeit gesehen hat, die Erfüllung der Unterbringungspflicht sicherzustellen. Diese Überzeugung ist durch die Erfahrungen bestärkt worden, daß in Stadt- und Landkreisen während und nach der Beratung des Gesetzes über Sofortmaßnahmen Planstellen vergeben worden sind, um die Erfüllung des Gesetzes auf lange Zeit hinauszuschieben. Für die zu einem Landkreis gehörenden Gemeinden mit nicht mehr als 3000 Einwohnern, in deren Dienst am 1. Januar 1950 weniger als 5 Beamte und Angestellte standen, gilt die Bestimmung über den Ausgleichsbetrag nur insoweit, als sie in ihrer Gesamtheit hinter dem Pflichtanteil des Besoldungsaufwandes zurückbleiben. Die kommunale Aufsichtsbehörde setzt den Anteil der einzelnen Gemeinden an dem sich ergebenden Ausgleichsbetrag fest. Durch diese Bestimmung hat der Ausschuß den kleinen Gemeinden die Aufbringung des Ausgleichsbetrages wesentlich erleichtert. Die Grundsätze für die Vergebung der freien, frei werdenden oder neu zu schaffenden Planstellen innerhalb des Ausmaßes von 20 v. H. der Gesamtzahl der Planstellen sind dem Gesetz über Sofortmaßnahmen entnommen und bereits vom Bundestag am 14. Dezember 1950 beschlossen worden.
In § 16 a Abs. 3 Ziffer 5 Buchstabe d sind die Richter der Gerichte der Länder, bei deren Einstellung ein Richterwahlausschuß mitwirkt, nicht einbezogen. Da die Planstellenauswahl für die Richter der Gerichte der Länder es den Justizministern der Lander ermöglicht, ohne Wahlausschüsse die richtige Auswahl unter den vertriebenen Richtern zu treffen, mußte auf diese Bestimmung verzichtet werden. Dagegen rechtfertigen die besonderen Anforderungen an die Richter des Bundesverfassungsgerichtes und der oberen Bundesgerichte die anderweitige Vergebung der Planstellen auch dann, wenn der Pflichtanteil des § 14 des Gesetzes noch nicht zu einem Drittel erreicht ist. Da die Justizverwaltungen der Länder über die Planstellen auch der Amtsgerichte und Landgerichte verfügen, sind sie in der Lage, für die Planstellen der Oberlandesgerichte und anderer oberer Gerichte die notwendige Auswahl unter den unterzubringenden Richtern zu treffen.
Hinsichtlich der Art der Unterbringung — §§ 18 bis 24 -- ist folgendes hervorzuheben. Die Bestimmungen des Entwurfs der Bundesregierung haben keine grundsätzliche Änderung erfahren. In § 18 ist jedoch die Beschränkung der Beförderungen zur Richtigstellung übertriebener Beförderungen in der Weise eingearbeitet, daß bei Beförderungen aus der Zeit vom 30. Januar 1933 bis zum 8. Mai 1945 für je 6 abgeleistete Dienstiahre seit der planmäßigen Anstellung oder seit der letzten Beförderung vor dem 30. Januar 1933 höchstens eine Beförderung berücksichtigt wird. soweit sie der regelmäßigen Dienstlaufbahn entspricht.
Der § 19 verpflichtet vor der endgültigen Unterbringung zur Übernahme auch eines Amtes mit geringerem Endgrundgehalt oder einer Beschäftigung als Angestellter oder Arbeiter im öffentlichen Dienst, nimmt dabei jedoch auf die Berufsausbildung, das Alter und den Gesundheitszustand der Beamten zur Wiederverwendung Rücksicht.
Bei der Regelung der Unterbringung hat der Ausschuß die Wiederverwendung der Hochschullehrer und des wissenschaftlichen und künstlerischen Nachwuchses der Hochschulen nicht einbezogen. Die Art der Berufung dieser Kräfte, die Bedeutung der individuellen Leistung und ihre Anerkennung, die überlieferte Pflege bestimmter Fachgebiete an einzelnen Hochschulen, die Verhältnisse an den wissenschaftlichen Instituten und vor allem die Zuständigkeit der Länder für die Gesetzgebung und Verwaltung des Hochschulwesens lassen eine gesetzliche Regelung dieser Aufgabe nicht zu. Sie ist vor allem eine Obliegenheit der aktiven Verwaltung der Länder. Der Ausschuß hat aber die Anschauung vertreten, daß die Autonomie der Hochschulen die gestellten großen Aufgaben nicht erschweren darf. Die Wiederverwendung der Hochschullehrer und des wissenschaftlichen Nachwuchses ist eine Aufgabe großen Ranges, die die gesamte deutsche Wissenschaft und Kunstpflege betrifft. Zu ihrer Lösung sind an den Ausschuß Eingaben und Denkschriften herangetragen worden. Der Ausschuß darf sich der Würdigung dieser Aufgabe nicht entziehen und wird die Aufgabe in einer der nächsten Beratungen vornehmen.
Zur Unterbringung ist noch hervorzuheben, daß der Gesetzentwurf die Errichtung der Bundesausgleichsstelle vorsieht. Diese Bundesstelle wurde nicht als eine Bundesvermittlungsstelle vorgesehen. sondern als eine Ausgleichsstelle. Das hat die Bedeutung, daß nicht eine zentrale Stelle einer Fachvermittlung für. öffentliche Dienstkräfte errichtet werden soll, sondern eine Stelle, die die Initiative für die Unterbringung entwickelt, mit den zuständigen Länderministerien zusammenarbeitet und ihre Maßnahmen zusammenfaßt, einen Ausgleich zwischen Flüchtlingsländern und den übrigen Ländern herbeiführt und die Unterbringung nach den sich ergebenden Erfahrungen weiterentwickelt. Die Aufgabe dieser Ausgleichsstelle ist demnach ebenfalls eine Angelegenheit der aktiven oder schöpferischen Verwaltung. Die Stelle soll nicht als eine obere Bundesbehörde unter dem Bundesministerium des Innern, sondern als eine Stelle bei dem Bundesminister des Innern errichtet werden, deren Leiter dem Bundesinnenministerium angehört und im Auftrage und im Namen des Bundesministers des Innern tätig wird.
Zu Ziffer 3, Versorgung, §§ 29 bis 40, ist zu berichten, daß an die Stelle der gekürzten Ruhegehälter, die der Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgesehen hatte, nunmehr die vollen gesetzlichen Ruhegehälter treten. Zur Erleichterung der Unterbringung jüngerer Beamter soll die Versetzung in den Ruhestand entsprechend dem § 70 des Beamtengesetzes bereits nach Vollendung des 62. Lebensjahres, jedoch nur auf Antrag, möglich sein. Der Grund für diese Regelung liegt in dem Erfordernis der Gleichstellung der vertriebenen Beamten mit den im Dienst oder bereits im Ruhestand befindlichen Beamten. Auch für die Berechnung des Ruhegehaltes gelten die gleichen Beschränkungen wie bei der Unterbringung. Die Bestimmungen über das Ruhen dieser Bezüge und über die Anrechnung von Arbeitseinkünften entsprechen teils dem Deutschen Beamtengesetz und sind andernteils im Entwurf des künftigen Beamtengesetzes vorgesehen.
Die ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge der versorgungsberechtigten volksdeutschen Vertriebenen bemessen sich nach den entsprechenden Dienstbezügen, die ihnen in ihrem Herkunftsland bei dem Eintritt des Versorgungsfalles oder am 8. Mai
1945 zugestanden haben, und sie werden in Deutsche Mark umgerechnet. Bei diesen vertriebenen volksdeutschen Beamten handelt es sich um diejenigen, von denen ich vorhin gesprochen habe, denen bereits Ansprüche zuerkannt worden sind, im Gegensatz zu den Umsiedlern aus anderen Ländern. Sie können also nicht günstiger gestellt werden, als es in ihrem Herkunftsland der Fall gewesen wäre.
Die Bestimmungen des Entwurfs der Bundesregierung über die Übergangsgehälter, die bis zur Wiederverwendung oder bis zur Erreichung des Ruhestandes vorgeschlagen sind, haben durch die Beschlüsse des Ausschusses eine zweifache Verbesserung erfahren. Sie sind erstens einmal von einer Altersgrenze unabhängig gemacht worden, und zwar deshalb, weil es sonst dem Beamtenrecht widersprochen hätte und weil es gegen die Gleichstellung erfolgt wäre. Außerdem kennen die Richtlinien für die Überbrückungshilfe keine Altersgrenze. Endlich ist zu beachten, daß auch der Bezug der Übergangsgehälter vom Nachweis einer Dienstzeit von 10 Jahren abhängig ist. Auf die Übergangsgehälter werden Arbeitseinkünfte angerechnet, soweit sie den Betrag von 100 DM monatlich übersteigen, und voll, soweit sie aus öffentlichem Dienst stammen. Für die Bestimmungen über das Ruhen der Versorgungsbezüge und über die Anrechnung von Arbeitseinkünften gilt der allgemeine und bereits besonders berichtete Vorbehalt, daß sie nach dem endgültigen Bundesbeamtengesetz geändert werden, wenn dieses andere Bestimmungen vorsehen würde. Diesen Grundsätzen und Bestimmungen des Deutschen Beamtengesetzes entsprechend ist auch die Versorgung der Hinterbliebenen geordnet. Besondere Bestimmungen sind noch zugunsten der schuldlos geschiedenen Ehefrauen eingefügt worden.
Wenn ein Beamter zur Wiederverwendung von einem anderen Dienstherrn als dem Bund in Dienst gestellt wird, so beteiligt sich der Bund an der Versorgung aus dem neuen Beamtenverhältnis. Wird jedoch der zur Wiederverwendung Stehende in einem neuen Dienstverhältnis keine Versorgungsbezüge erlangen, so hat sich der neue Dienstherr an der Versorgung durch den Bund zu beteiligen. Nach dem Vorschlag des Bundesrats gilt dies auch für die Vergangenheit. Es ist recht und billig, daß die Versorgung der bereits seit Jahren untergebrachten Beamten in den Ländern bei dieser Entlastung in diesem engeren Ausgleich mitberücksichtigt wird, weil diese Länder bereits Vorleistungen erfüllt haben, die andere Länder erst bewirken müssen.
Zu Ziffer 4 — Kapitalabfindung — §§ 41 bis 41 c, ist folgendes auszuführen. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung hat nach dem Vorbild des Bundesversorgungsgesetzes die Möglichkeit einer teilweisen Kapitalabfindung der Übergangs- oder Ruhegehälter zur Beschaffung einer Wohnstätte vorgeschlagen. Der zu kapitalisierende Teil der Bezüge darf die Hälfte des zur Zeit der Abfindung zahlbaren jährlichen Übergangs- oder Ruhegehaltes und 1000 DM nicht übersteigen. Kinderzuschläge dürfen nicht kapitalisiert werden. Den Bezugsberechtigten muß ein jährlicher Betrag von 1200 DM von seinem Übergangs- oder Ruhegehalt verbleiben. Die Zweckmäßigkeit der Kapitalisierung der Übergangs- und Ruhegehälter war im Ausschuß deshalb längere Zeit in Zweifel gezogen, weil die Beamten nach sechs Jahren zum Teil einen großen Nachholbedarf haben, zum Teil verschuldet sind und bei der Wiederverwendung mit dem Wechsel des Wohnsitzes rechnen müssen. Die vertriebenen Beamten haben trotzdem auf die Kapitalabfindung großes Gewicht gelegt, und die Bauwirtschaft hat sich bereits auf die Möglichkeit dieser Kapitalabfindung eingerichtet. Insbesondere kann sie auch zur Schaffung eines Wohnungseigentums im Sinne des Gesetzes vom 5. März 1951 beitragen. Aus diesem Grunde hat sich schließlich die überwiegende Mehrheit des Ausschusses für die Beibehaltung der Bestimmungen über die Kapitalabfindung ausgesprochen und schlägt dem Bundestag die nun in der Fassung verbesserten Bestimmungen , ebenfalls zur Annahme vor.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Ich rufe auf § 5. Dazu hat Herr Abgeordneter Dr. Richter das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was zu § 5 gesagt werden muß, ,gilt eigentlich auch für die §§ 12, 48 und 49. Es ist nicht gerecht, Offiziere mit weniger als 10 und Unteroffiziere mit weniger als 12 Dienstjahren praktisch unberücksichtigt ausgehen zu lassen. Es ist bisher üblich gewesen,
und darauf beruhte an sich ja auch der Dienstvertrag, — —
— Doch, es hat mit § 5 etwas zu tun!
— Es hängt inhaltlich letzten Endes damit zusammen!
— Es spielt ja keine Rolle, ob wir diese ganze Materie mit einemmal behandeln oder nicht. Ich glaube, wir gewinnen Zeit, wenn wir es mit einem Schlage durchziehen.
Gleichzeitig möchte ich auch noch auf folgendes hinweisen: In diesem ganzen Gesetz ist nicht berücksichtigt, daß es bisher bei Beamten üblich war, die Pensionsberechtigung vom 27. Lebensjahr an gelten zu lassen, wobei 10 Dienstjahre als abgeleistet galten, wenn das vollendete 27. Lebensjahr festgestellt werden konnte.
Ich bitte das Hohe Haus, diesen Gesichtspunkten bei der Beratung der in Frage kommenden Bestimmungen Rechnung tragen zu wollen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Herr Abgeordneter Dr. Richter, Sie haben mir ein Blatt heraufgereicht. Dazu ist mir gesagt worden, das solle ein Abänderungsantrag zu § 5 sein. Trifft das zu? Es steht nämlich nicht drauf.
Ja! Ich habe erklärt, daß der Passus ersetzt werden soll,
Zu welchem Paragraphen soll das ein Abänderungsantrag sein?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Zu § 5.
Aber das kann doch gar nicht zu § 5 sein; denn hier haben Sie geschrieben: „Der Bundestag wolle beschließen: Nichtberücksichtigung von ehemaligen Berufssoldaten " — das Weitere ist nicht ganz lesbar — „ist zu streichen." Die Worte, die Sie hier gestrichen haben wollen, stehen überhaupt nicht in dem Paragraphen.
Also wenn Sie schon einen Abänderungsantrag einreichen, dann darf nicht eine Tendenz bekundet werden, sondern Sie müssen den Text, den Sie wünschen, oder die Worte, die Sie gestrichen haben wollen, genau umreißen, vorausgesetzt, daß die Worte aber auch da stehen, wo sie gestrichen werden sollen.
Ich kann also über den Antrag unter diesen Umständen nicht abstimmen lassen.
Es liegt kein Abänderungsantrag mehr zu § 5 vor. Ich bitte diejenigen, die § 5 in der Fassung der Ausschußvorlage zustimmen, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Der Antrag ist bei wenigen Enthaltungen angenommen.
Ich rufe auf § 6. Dazu liegt kein Abänderungsantrag vor. — Keine Wortmeldungen. Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte diejenigen, die § 6 in der Fassung der Ausschußvorlage zustimmen, die Hand zu erheben. — Das ist zweifellos die Mehrheit. Es ist so beschlossen.
Ich rufe auf § '7. Dazu liegen zwei Abänderungsanträge vor: ein Abänderungsantrag der FDP auf Umdruck Nr. 121 Ziffer 1 und ein Abänderungsantrag der CDU/CSU, FDP, DP auf Umdruck Nr. 119 Ziffer 1.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Miessner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir kommen bei § 7 des Gesetzes zum erstenmal an einen Punkt, der bei den Ausschußberatungen am Schluß der monatelangen Arbeit noch strittig war. Dieser § 7 hat zwar mit Mehrheit die Fassung erhalten, die jetzt vorliegt; aber die FDP hat dieser Fassung nicht zugestimmt. § 7 Abs. 1 lautet:
Ernennungen und Beförderungen, die beamtenrechtlichen Vorschriften widersprechen oder überwiegend mit Rücksicht auf die Verbindung zum Nationalsozialismus vorgenommen worden sind, bleiben unberücksichtigt. Das gleiche gilt für Verbesserungen des Besoldungsdienstalters und der ruhegehaltsfähigen Dienstzeit.
Namens der FDP-Fraktion beantrage ich die Streichung der Worte „oder überwiegend mit Rücksicht auf die Verbindung zum Nationalsozialismus vorgenommen worden sind", so daß der erste Satz lediglich lautet: „Ernennungen und Beförderungen, die beamtenrechtlichen Vorschriften widersprechen, bleiben unberücksichtigt". Damit sind immerhin auch eventuelle Ernennungen oder Beförderungen zunichte gemacht, die ganz ohne jede beamtenmäßige Vorbildung erfolgt sein sollten.
Die FDP-Fraktion stellt den Antrag deshalb, weil sie der Ansicht ist, daß hier in § 7 eine Art zweiter Entnazifizierung zum Vorschein kommt, die wir nicht wollen. Die FDP-Fraktion ist damit konsequent entsprechend ihrer Haltung zu Anfang des Jahres im Bundestag, als sie für die radikale Beendigung der Entnazifizierung eingetreten ist.
Ich verweise zur Begründung auch noch auf § 3 des Gesetzes, aus dem hervorgeht, daß diejenigen, denen etwa durch Entnazifizierungsbescheid, also in dem dafür nun einmal zuständigen Verfahren, ihr Dienstrang aberkannt worden ist, ja gar nicht mehr unter dieses Gesetz fallen. Es kann also — das möchte ich den Überängstlichen hier im Hause sagen — gar nichts passieren, wenn wir bei § 7 diese zweite Entnazifizierung streichen. Die Berichtigung war leider im Ausschuß nicht möglich, weil die Mehrheit dem FDP-Antrag nicht zustimmte.
Ich muß die CDU jetzt aber doch mal an Schleswig-Holstein erinnern. Soeben hat der Schleswig-Holsteinische Landtag mit den Stimmen der CDU, FDP, DP und des BHE einen Schlußstrich unter die Entnazifizierung gezogen, und es erscheint kaum faßbar, daß im gleichen Zeitpunkt, in dem das in Schleswig-Holstein geschieht, heute abend mit den Stimmen der CDU, vielleicht im Verein mit der SPD,
in einem Bundesgesetz eine neue Entnazifizierung eingeleitet wird,
und zwar nur gegenüber den unter Art. 131 des Grundgesetzes fallenden Beamten, und dies obwohl vor kurzem der Bund selber seine Kompetenz für Maßnahmen der Entnazifizierung verneint hat!
§ 7 verstößt außerdem gegen eine Anzahl von Bestimmungen des Grundgesetzes. Er verstößt vor allem gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 des Grundgesetzes, da er nur einen Teil der ursprünglich vom Befreiungsgesetz Betroffenen, nämlich die Beamten und von diesen auch nur die unter Art. 131 fallenden, einer neuen Entnazifizierung unterwirft.
Er mißachtet die Rechtskraft der Spruchkammerentscheidungen und den Grundsatz ne bis in idem.
— Die Unruhe links und in der Mitte ist mir durchaus verständlich; ich habe es auch nicht anders erwartet. —
Die Klausel „überwiegend mit Rücksicht auf die Verbindung zum Nationalsozialismus" öffnet übQ,rdies — wie die vorliegenden Erfahrungen bereits zeigen — der Willkür Tür und Tor. Diese Klausel umschließt im übrigen keinen Tatbestand, der konkret faßbar, abgrenzbar oder beweisbar ist. Rechtlich ist es also eine Art „Kautschukparagraph", wie man das in der Juristensprache zu nennen pflegt.
Ich weiß, daß dieser FDP-Antrag, bei dem wir nun zum erstenmal an einen gewissen Brennpunkt dieses Gesetzes kommen, von der gesamten Rechten des Hauses, insbesondere auch der DP, unterstützt wird. Ich bitte aber auch die CDU inständigst, jetzt einmal kühn über ihren eigenen Schatten zu springen und den Antrag auf Streichung dieser erneuten Entnazifizierungsbestimmung zu unterstützen.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Wuermeling.
Meine Damen und Herren! Ich habe vorhin eine allgemein gehaltene Bemerkung gegenüber dem Herrn Kollegen Richter gemacht, deren Richtigkeit sich im weiteren Verlauf der Debatte ja wohl bestätigt hat. Ich möchte ausdrücklich erklären, daß diese Bemerkung sich selbstverständlich nicht gegen Herrn Kollegen Dannemann richtete, der zuvor gesprochen hatte und der uns allen durch seine intensive Mitarbeit in diesem Hause bestens bekannt ist. Meine Damen und Herren, meine Bemerkung war gegen diejenigen Kollegen von ganz rechts und von ganz links gerichtet, die in aus früheren Zeiten bekannter gemeinsamer Linie die sachliche Arbeit demokratischer Parlamente zu stören sich bemühen.
Zu § 7 darf ich folgendes bemerken: Wir haben seitens der Regierungsparteien auf Umdruck Nr. 119 einen Abänderungsantrag zu § 7 Abs. 1 gestellt, der einer schärferen Klarstellung des Tatbestandes, der hier getroffen werden soll, dienen soll. Selbstverständlich denkt niemand von uns daran, eine neue Entnazifizierung durch diese Vorschrift einzuführen.
Im übrigen haben wir im Gegenteil doch jeden nur denkbaren Rechtsschutz in diesem Zusammenhang gesetzlich statuiert,
indem in Abs. 2 festgelegt ist, daß die Entscheidung wegen dieser den beamtenrechtlichen Vorschriften widersprechenden Beförderungen pp. die oberste Dienstbehörde trifft, und daß gegen deren Entscheidung die Klage im Verwaltungsrechtsweg, also vor den unabhängigen Verwaltungsgerichten, zulässig ist.
Damit dürfte hundertprozentig sichergestellt sein, daß niemandem etwa unter Mißbrauch dieses Paragraphen Unrecht geschehen kann.
Nun hat Herr Kollege Miessner soeben einen Antrag begründet, hier eine Abänderung des § 7 vorzunehmen. Ich habe vor mir liegen die Umdrucke Nm. 119 und 121. Unter Nr. 119 — dem Antrag der Regierungsparteien — steht „Euler und Fraktion", und unter Nr. 121 steht auch „Euler und Fraktion".
Immerhin kann man mit einer gewissen Beruhigung feststellen, daß der eine Antrag vom 4. April und der andere vom 5. April ist.
Aber darf ich einmal meine geschätzten Koalitionskollegen fragen: Was ist denn nur heute nacht eigentlich passiert?
Ich habe so etwas den Eindruck, daß der Antrag von gestern für drinnen und der Antrag von heute für draußen bestimmt ist.
Meine verehrten Kollegen, so was sollte man nicht tun!
Das Wort hat der Abgeordnete Freiherr von Aretin.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Anträge für draußen und Anträge für drinnen haben fraglos ihre Berechtigung, speziell dann, wenn die Unterschiede hervorgehoben werden.
Ich glaube aber, daß der Antrag des Kollegen Miessner sowohl für drinnen als auch für draußen seine Berechtigung hat, nämlich deshalb, weil es wirklich an der Zeit ist, an den Stellen, an denen man einen Hinweis auf den Nationalsozialismus mit seinen verhängnisvollen Folgen und auch auf die Entnazifizierungspolitik vermeiden kann, ihn auch vermeidet.
Meine Herren, fest steht eines — —
— Meine Herren, ich gebe Ihnen gern Gelegenheit, anschließend zu meinen Ausführungen Stellung zu nehmen. Aber ich erlaube mir den Hinweis: Ernennungen und Beförderungen, die beamtenrechtlichen Vorschriften widersprechen, haben wir bereits kritisiert und ausgeschlossen. Das ist an sich der Oberbegriff, und der Unterbegriff kritisiert dann die Verbindung zum Nationalsozialismus. Ich glaube also, man kann dem Antrag des Kollegen Miessner zustimmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Miessner.
Meine Damen und Herren! Es gibt bekanntlich so etwas wie einen Eventual-antrag.
Für jeden Juristen ist das völlig klar.
Dasselbe ist aber auch im parlamentarischen Leben bekannt. Auch auf der parlamentarischen Ebene ist es üblich, daß man dann, wenn man mit seinem eigenen weitergehenden Antrag etwa nicht durchdringt, dem etwas weniger weitgehenden Antrag zustimmt; und so ist auch hier die Lage. Wir waren sehr im Zweifel, hatten aber gewisse Hoffnungen — möchte ich sagen — auf die CDU gesetzt. Wir wissen ja noch nicht, wie sie stimmt.
Die Haltung der CDU war auch im Ausschuß nicht immer ganz einheitlich; ich muß das jetzt eben auch einmal sagen. Es sind doch Teile da, die möchten unserem Antrage ganz gern folgen. Vielleicht wird unser Antrag, der im Ausschuß nicht durchkam, heute angenommen. Wenn er aber nicht angenommen wird, so sind wir selbstverständlich gewillt, den nächstbesseren Antrag zu unterstützen. So ist die gleichzeitige Unterschrift der Fraktion unter dem weniger weitgehenden Koalitionsantrag zu verstehen; sie erklärt sich also ganz harmlos.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Wir kommen zur Abstimmung. Es liegt zunächst ein Abänderungsantrag des Abgeordneten Dr. Richter vor:
Der Bundestag wolle beschließen: Beförderungen wegen außergewöhnlicher Leistungen in Krieg und Frieden werden anerkannt.
Das kann eigentlich nur ein neuer Absatz zu diesem Paragraphen sein. — Ich bitte diejenigen, die diesem Antrag zustimmen, die Hand zu erheben.
— Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen?
— Der Antrag ist gegen die Stimme des Abgeordneten Dr. Richter abgelehnt.
— Meine Damen und Herren, es ist möglich, daß ich wirklich mal eine Einzelerscheinung übersehe. Dann bedarf es aber, glaube ich, nicht langer Erörterungen.
— Wir sind jetzt in der Abstimmung.
Der weitestgehende Antrag ist der Antrag der FDP auf Umdruck Nr. 121 Ziffer 1. Ich bitte diejenigen, die für diesen Antrag sind, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das letztere ist die Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.
Wir kommen nun zum Antrag der CDU/CSU auf Umdruck Nr. 119 Ziffer 1. Ich bitte diejenigen, die dafür sind, die Hand zu erheben. —
Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen?
— Bei einigen Enthaltungen angenommen.
Ich bitte diejenigen, die dem § 7 in der durch den eben angenommenen Abänderungsantrag veränderten Form zustimmen, die Hand zu erheben.
— Das ist die Mehrheit. Der § 7 ist angenommen. Ich rufe nun auf § 8. — Das Wort hat Herr Abgeordneter von Thadden.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem sich, ich möchte sagen, das Gelände durch die Debatte um den vorherigen Antrag etwas aufgelockert hat,
kann ich um so leichter nochmals auf meinen bereits vorhin hier vorgebrachten Antrag zurückkommen. Ich beantrage nochmals — und möchte dabei noch einmal auf das verweisen, was ich vorhin gesagt habe —, den Zusatz einzufügen, daß diese Absprechungen nur gelten sollen, wenn es sich um Einstufungen in die Kategorien I und II handelt. Meine Damen und Herren! Ich habe hier mehrfach erklärt, daß ich den Unfug der Entnazifizierung in toto ablehne. Dies ändert aber nichts daran, daß man, wenn es sich durch irgendeinen Zusatz irgendwie erreichen läßt, dann eine Verbesserung versucht, und es scheint mir durchaus eine Verbesserung zu sein, wenn — ich möchte einmal sagen — die „kleineren Leute" eine Vergünstigung bekommen. Es ist schon mehrfach passiert, daß Leute, die — sagen wir mal — in Gruppe I oder II eingestuft worden sind, heute in ganz hohen Gehaltsstufen sitzen und Leute, die niedriger eingestuft waren, heute dahersitzen und nicht hereinkommen, weil sie nicht die Beziehungen haben, die andere vielleicht besitzen. Aus diesem Grunde bitte ich, wenn Sie schon vorhin meinen Antrag abgelehnt haben, ihn diesmal anzunehmen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Richter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe vorhin bereits, und zwar aus völkerrechtlichen Gründen,
gegen den Antrag des Herrn von Thadden gestimmt.
— Daß Sie vom Völkerrecht keine Ahnung haben, ist mir längst bekannt, das brauchen Sie also nicht so zu demonstrieren!
Ich möchte in diesem Zusammenhang aber einmal auf den Informationsdienst „Die andere Seite" hinweisen. Es ist da in Nr. 9 ein sehr interessanter Bericht: „Der Todesstoß für die Spruchgerichtsbarkeit in der britischen Zone".. Das gilt ja wohl auch für die übrigen Zonen des deutschen Gebietes. Mit Genehmigung des Herrn Präsidenten darf ich diese Stelle kurz verlesen.
Das ist eine lange Epistel!
Seit längerem
— das kann sich mancher ins Stammbuch schreiben! —
wird von bestimmten Ausschüssen der Vereinten Nationen an einer Kodifikation der „im Statut und im Urteil des Nürnberger Gerichtshofs anerkannten völkerrechtlichen Prinzipien" gearbeitet. 1947 übertrug die Generalversammlung die Formulierung der „Nürnberger Prinzipien" und zugleich die Vorbereitung des Entwurfs eines Gesetzbuchs der Verbrechen gegen den Frieden und die Sicherheit der Menschheit einer Völkerrechtskommission. Diese Kommission, der 15 Gelehrte verschiedener Nationalität als unabhängige Wissenschaftler angehören, sollte eine Sichtung des in Nürnberg angewandten Rechts vornehmen, es also mit anderen Worten
von seinem Ausnahmecharakter befreien, d. h. es in Einklang bringen mit den international wirklich anerkannten Rechtsprinzipien, von denen in Nürnberg in Anpassung an den besonderen Zweck der dortigen Prozesse in einmaliger Weise abgewichen worden war.
Es interessiert in diesem Zusammenhang besonders, daß die Völkerrechtskommission die Bestimmungen über die verbrecherischen Organisationen nicht in den Text des von ihr erarbeiteten Gesetzentwurfs aufgenommen hat. Bei der Diskussion des Entwurfs im Rechtsausschuß der Generalversammlung der Vereinten Nationen
wies Charles H. Lobo, Pakistan, ausdrücklich darauf hin,
der Grund dafür sei darin zu suchen,
daß die Gruppenkriminalität ebenso wie die Bestrafung wegen mit rückwirkender Kraft für strafbar erklärter Handlungen,
Wenn ich klingele, bitte ich, Ihre Ausführungen zu unterbrechen! Ich muß Sie darauf aufmerksam machen, daß es nicht zulässig ist, hier einen ganzen Leitartikel zu verlesen. Wenn Sie ihn dem Hause zur Kenntnis bringen wollen, bitte ich, ihn vervielfältigen und durch das Tagungsbüro verteilen zu lassen.
— beides Grundpfeiler des Nürnberger Statuts,
im Widerspruch zum Völkerrecht stünden und gegen tragende Prinzipien des Völkerrechts verstießen.
Wenn man heute Menschen nur deswegen, weil sie einen bestimmten Rang eingenommen haben, nach wie vor diskriminieren will, dann, glaube ich, hat dieser Staat das Recht verwirkt, sich als Rechtsstaat zu bezeichnen. Der Herr Bundespräsident — und daran möchte ich das Hohe Haus erinnern — hat einmal gesagt: Gerechtigkeit erhöhet ein Volk! Das sollten Sie sich doch endlich mal hinter die Ohren schreiben!
Meine Damen und Herren, Sie bringen mich durch allzu kräftige Begleitmusik zu den Ausführungen um die Möglichkeit, den Redner zu verstehen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Wir kommen zur Abstimmung. Es liegt zunächst ein Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Richter vor:
§ 8 und ähnlich lautende Bestimmungen des Gesetzes sind zu streichen.
Ich glaube, ich muß meinerseits aus diesem Antrag die Worte „und ähnlich lautende Bestimmungen" streichen, denn das ist keine Fassung, die anwendbar ist. Mit dieser Streichung, mit der ich Herrn Abgeordneten Dr. Richter für einverstanden halte, stelle ich den Antrag zur Abstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Antrag zustimmen, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Der Antrag ist gegen wenige Stimmen abgelehnt.
Ich komme nun zur Abstimmung über den Abänderungsantrag des Abgeordneten von Thadden auf Umdruck Nr. 125 Ziffer 2. Ich bitte diejenigen, die dem Antrag zustimmen, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Der Antrag ist mit überwiegender Mehrheit abgelehnt.
Ich bitte nunmehr diejenigen, die dem § 8 in der Ausschußfassung zustimmen, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Der Antrag ist einstimmig angenommen.
— Ich bin nicht in der Lage, das im einzelnen immer genau zu übersehen.
Ich rufe auf § 9. Dazu liegt kein Abänderungsantrag vor. Wortmeldungen liegen nicht vor.
Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte diejenigen, die § 9 in der Fassung des Ausschußantrags zustimmen, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Diesmal scheint wirklich einstimmig angenommen zu sein.
Ich rufe nun auf § 10. Dazu liegt ein Abänderungsantrag der CDU/CSU, FDP und DP auf
Umdruck Nr. 119 Ziffer 2 vor. Wortmeldungen?
— Es ist nur ein redaktioneller Antrag. Wortmeldungen liegen nicht vor.
Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Abänderungsantrag zustimmen, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Der Abänderungsantrag ist angenommen.
Ich bitte nunmehr diejenigen, die dem § 10 mit der soeben angenommenen Abänderung zustimmen, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das erste war die Mehrheit; der Antrag ist angenommen.
§ 11 entfällt.
Dann rufe ich § 12 auf. Dazu liegt kein Abänderungsantrag vor. Wortmeldungen liegen ebenfalls nicht vor. Ich bitte diejenigen, die dem § 12 zustimmen, die Hand zu erheben. — Das ist die Mehrheit. Der § 12 ist angenommen.
Ich rufe auf §§ 13, — 14. Ich bitte diejenigen, die diesen Paragraphen zustimmen, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei einer Reihe von Enthaltungen sind §§ 13 und 14 angenommen.
Ich rufe § 15 auf.
— Ich nehme an, das Haus stimmt zu. Wir kommen also zu § 15 Abs. 1. Dazu liegt ein Abänderungsantrag nicht vor. Auch Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem § 15 Abs. 1 zustimmt, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Das ist die Mehrheit. — Es ist so beschlossen.
Wir kommen zu § 15 Abs. 2. Dazu liegt ein Abänderungsantrag der SPD in Umdruck Nr. 116 Ziffer 1 vor.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Matzner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion hat an diesem Gesetz intensiv mitgearbeitet. Sie hat auch jetzt bei der zweiten Lesung nicht die Absicht, zu diesem nun glücklich zustande gekommenen Gesetzentwurf allzuviel Abänderungsanträge zu stellen. Wir haben uns deshalb darauf beschränkt, in den wichtigsten Bezirken dieses Gesetzes nachzuprüfen, was dienlich ist oder nicht dienlich sein kann.
Diesen Antrag, den ich hier zu vertreten habe, stellen wir heute nicht zum erstenmal, vielmehr haben wir ihn schon in der zweiten und dritten Lesung im Beamtenrechtsausschuß gestellt und müssen ihn aus unserem Verantwortungsbewußtsein heraus hier wiederholen. Ich werde mir nun erlauben, diesen Abänderungsantrag vor dem Hohen Hause zu begründen.
Es handelt sich um den Ausgleichsbetrag, den jene Gemeinden zahlen sollen, die das vorgeschriebene Soll von 20 °/o der unter das Gesetz zu Art. 131 des Grundgesetzes fallenden Personen nicht erfüllen. Wenn die Gemeinden dieses Soll nicht erreichen, müssen sie von dem darauf entfallenden Besoldungsaufwand 25 %, also ein Viertel zahlen. Wir fragten im Ausschuß, warum das zu zahlen sei, weil wir nach dem ganzen Aufbau der seinerzeitigen Gesetzesvorlage glaubten, es handle sich hier für die Bundesregierung um eine Finanzierungsquelle. Ich mache darauf aufmerksam und rufe alle, die in den Ausschußsitzungen immer anwesend waren, zu Zeugen dafür auf, daß das immer bestritten wurde. Es hieß, es bestände niemals die Absicht, hier Finanzquellen zu suchen, sondern der Abs. 2 des § 15 sei nur dazu bestimmt, auf die Gemeinden und anderen Dienstherren einen moralischen Druck auszuüben.
— Nein, es wurde ausdrücklich gesagt: auch ein moralischer Druck, Herr Kollege Schütz. Ich war dabei, ich muß es also wissen, und Ihre Kollegen vom Beamtenrechtsausschuß werden es Ihnen bestätigen. Ich will jetzt aber nicht mit Worten streiten, sondern die Tatsachen sprechen lassen.
Wie verhält es sich denn eigentlich mit der Unterbringung und mit diesem „moralischen Druck"? Ich möchte die Aufmerksamkeit aller, die es angeht, vor allem auf folgendes lenken. Wie ist die Unterbringung gesichert? In den §§ 16 a und b sind zum Unterschied von den bisherigen Bestimmungen der Flüchtlingsgesetze, in denen mit Kann-Vorschriften gearbeitet wurde, jetzt Muß-Vorschriften enthalten. Sie kennen diese Paragraphen, wenn Sie das Gesetz gelesen haben. Es heißt danach folgendermaßen. Bis zu 62/3 % muß jede Stelle mit einem 131er besetzt werden. Bis zur Hälfte des Solls müssen zwei Stellen mit einem 131er besetzt werden, und eine Stelle kann frei besetzt werden. Ist die Hälfte — also 10 % — schon erreicht, so steht es eins zu eins. Wenn nun ein Dienstherr diese Verpflichtung nicht erfüllt, so muß er, wie wir in § 16 b festgelegt haben, einen Ausgleichsbetrag zahlen, der 100 % des Besoldungsaufwandes für diese Fehlbesetzung ausmacht. Wenn wir das berücksichtigen, so muß jeder, der noch Achtung vor der Durchführung eines Gesetzes hat, zugeben, daß das eine vollständig ausreichende Sicherung zur Erfüllung der Vorschriften darstellt. Darüber hinaus haben wir in den späteren Paragraphen über die Unterbringung bestimmt, daß die zuständigen Rechnungshöfe die Durchführung dieser Bestimmungen prüfen und die Nachricht von der Nichtdurchführung an die betreffenden Dienstherren bzw. an das Bundesministerium des Innern weiterleiten sollen. Meine Damen und Herren, gibt es darüber hinaus noch die Möglichkeit eines „moralischen Drucks"? Es gibt keine! Denn die Gemeinden können ja nur die Stellen besetzen, die frei sind oder frei werden oder neu geschaffen werden; nur dazu sind sie in der Lage und zu mehr nicht, es sei denn, sie räumen die jetzigen Verwaltungskörper aus und erfüllen so ihr Soll von 20 5. Das wird man heute keiner Gemeinde zumuten können, will man nicht in den Gemeinden draußen eine Stimmung schaffen, die sich so auswirken würde, daß das Gegenteil von dem erreicht würde, was Sie mit diesem Abs. 2 erreichen wollen.
Ich habe mich bemüht, Ihnen klarzumachen, daß die derzeitigen Bestimmungen ohne den Abs. 2 vollständig ausreichen, um das Gesetz durchzuführen.
Ich möchte nun diesen Abschnitt abschließen und zu einer weiteren Begründung der Streichung kommen. Meine Damen und Herren, was bringt denn diese 25%ige Abgabe an Gutem und Bösem? An Gutem für den Geschädigten-Kreis oder für den Betroffenen-Kreis gar nichts; was sie an Schlechtem bringt, das will ich nun zu beweisen versuchen. Diese 25%ige Abgabe vom Besoldungsaufwand trifft nun alle die, die das Soll nicht erfüllt haben.
Meine Damen und Herren, wie war es denn mit der Erfüllung des Solls? Es gibt gewiß auch eine schuldhafte Nichterfüllung. Wir haben aber auch Beispiele, daß viele, viele Gemeinden, Länder und besonders die sogenannten klassischen Flüchtlingsländer weit über das Soll hinaus erfüllt haben. Gewiß gibt es auch manche Ausnahmen der Art, daß vielleicht in allzu geringer Berücksichtigung insbesondere des Vertriebenen-Kreises zu wenige eingestellt wurden. Aber es gibt auf der anderen Seite auch Städte und andere Dienstherren, die das einfach nicht tun konnten. Denken Sie einmal an die Brennpunkte des Wohnungsbedarfs, denken Sie an die schwer zerstörten Städte! Hier war es vielleicht gar nicht einmal möglich, diesen Prozentsatz bei den Einstellungen zu erreichen. Sie treffen, wenn dies hier eine Strafbestimmung sein soll, die Unschuldigen mit den wenigen vielleicht Schuldigen. Auch das scheint uns ein Prinzip zu sein, das man in einem solchen Gesetz nicht verankern sollte.
Meine Damen und Herren, was erreichen wir denn damit? Es ist doch vielen von Ihnen nicht unbekannt, daß der größte Teil dieser Gemeinden heute einen ausgeglichenen Etat nicht mehr hat. Sie bringen den Gemeinden eine neue Belastung, die sie einfach nicht tragen können. Wenn sie sie tragen müssen, so wird wahrscheinlich das Land wegen finanzieller Zuschüsse angesprochen werden. Das Land wird, wenn es diese Zuschüsse nicht leisten kann, an den Bund herantreten und wird sagen: Ich kann das eben nicht leisten! Und so ist es ein Kreislauf dieser Schuldbeträge, und wer hat einen Nutzen davon? Niemand! Aber wer hat einen Schaden davon?
Meine Damen und Herren, ich komme zu einer ganz wichtigen Angelegenheit hinsichtlich des Kreises, der hier gesetzlich betroffen wird. Bei def Erledigung des Gesetzes im Beamtenrechtsausschuß wurde mehrmals die Frage gestellt: Woran denkt denn ihr Heimatvertriebenen bei diesem Gesetz? Ihr setzt euch für einen ganz bestimmten Personenkreis ein; und was ist denn mit den anderen, was ist denn mit den heimatvertriebenen Bauern, was ist mit den heimatvertriebenen Handwerkern? Wir haben darauf geantwortet: Hier geht es nicht um ein Vergleichen der heimatvertriebenen Beamten mit den heimatvertriebenen Bauern; hier geht es um den Vergleich von heimatvertriebenen Beamten mit heimatverbliebenen Beamten, und hier verlangen wir mit Fug und Recht die Gleichstellung.
Bis dahin können wir das ruhig vertreten. Hier aber geht es um etwas anderes. Die Gemeinden — mögen wir sie nennen, wie wir wollen — haben nun sagen wir, 100 000 DM an Ausgleichsbetrag zu zahlen. Wem nehmen wir diesen Betrag? Keine Gemeinde hat soviel, daß sie 1:00 000 DM ohne weiteres verkraften kann. Die Gemeinde wird naturgemäß auf der Linie des geringsten Widerstandes gehen, und der Gemeinde werden die Mittel für den Flüchtlingswohnungsbau, für die
Fürsorge und für alle die Dinge fehlen, um für den großen Kreis dieser Menschen, die flüchten mußten und die in Bombennächten ihre Habe verloren haben, zu sorgen. Das ist die Entscheidung, die wir hier fällen müssen. Deswegen, glauben wir, hat dieser Kreis nichts davon.
-- Es geht um die Heimatvertriebenen in ihrer großen Masse, Herr Kollege Miessner, hier in diesem Falle; für die 131er haben wir im Gesetz genügend gesorgt.
Aus diesen Gründen, meine Damen und Herren, glauben wir nicht, daß es das Hohe Haus verantworten kann, heute den Selbstverwaltungskörpern dieses große Opfer aufzuerlegen. Bedenken Sie: Wir verlangen von ihnen mit Fug und Recht sehr viel. Die Personalpolitik dieser Gemeinden ist auf Jahre hinaus durch dieses Gesetz mitbestimmt, zwar nicht so, wie es die Gemeinden manchmal sagen, daß sie überhaupt keinen Einfluß hätten. Das haben wir widerlegt. Wir sagen: Nein, so ist es nicht, die Selbstverwaltungskörper können sich ja unter den 131ern einen entsprechenden Mann, den sie fachlich und sonst für geeignet halten, aussuchen. Aber im großen und ganzen sind sie doch auf Jahre hinaus durch das Gesetz gebunden. Das betrachten wir als ein Opfer, und wir glauben, daß es die Gemeinden im Interesse dieses Personenkreises auf sich nehmen werden. Darüber hinaus, glauben wir, brauchten wir ein solches finanzielles Opfer nicht zu verlangen, wenn es nicht, wie uns versichert wurde, zur Entlastung des Bundes gefordert würde. Hier handelt es sich, um dem Zwischenrufer zu antworten, um eine sehr wichtige Angelegenheit, im Gegensatz zu jenen Dingen, die vorhin ruhig geduldet worden sind — wenigstens in den Anfängen — und die äußerst unwichtig waren und sich mit Anträgen beschäftigten, deren Urheber nicht ein einziges Mal in diesem Ausschuß zur Mitarbeit erschienen ist.
Ich habe schon bei der Verabschiedung des Sofortmaßnahmengesetzes darauf aufmerksam gemacht: Wir sollten alles vermeiden, was draußen psychologische Spannungen schafft. Wir brauchen zur Erfüllung dieses Gesetzes selbstverständlich neben diesen gesetzlichen Zwangsmaßnahmen auch den guten Willen, der von vornherein vorhanden sein muß und den wir durch solche materiellen Lasten nicht stärken. Es ist also kein moralischer Druck, meine Damen und Herren. Es handelt sich um eine materielle Belastung und nicht um einen moralischen Druck. Wir erweisen dem Personenkreis den besten Dienst, wenn wir diese Ausgleichsabgabe heute in der zweiten Lesung fallen lassen.
Der Bund hat die Kriegsfolgelasten zu tragen. Das steht eindeutig im Grundgesetz.
— Herr Kollege Kather, das Grundgesetz ändern S i e auch nicht.
— Bitte, das haben wir zweimal vertreten, Herr Kollege Kather.
Nach dieser Unterbrechung möchte ich nochmals darauf aufmerksam machen, daß es sich nach unserer Meinung hier um eine Verletzung des Grundgesetzes handelt.
Wir glauben, daß die betroffenen Gemeinden oder Länder, wenn sie nicht schon im Bundesrat Widerstand leisten, in ihren einzelnen Gliedern vielleicht aus diesem Grunde das Verfassungsgericht anrufen. Wer hat, wenn das Gesetz aus diesem Grunde fallen sollte, dann den Nutzen davon? Wieder sage ich: kein 131er kann sich dafür ein Stückchen Brot kaufen. Wenn das Gesetz im Bundesrat wegen dieses einen Gedankens beanstandet würde, würde das für den betroffenen Personenkreis wieder eine Verschleppung bedeuten. Sie werden sich erinnern, daß ich bei der Beratung über das SofortGesetz, als Sie die Bestimmungen des jetzigen § 16 b nicht annehmen wollten, davor gewarnt habe. Sie kamen damals zu keiner Übereinstimmung. Wegen dieser Bestimmung — es war der bedeutendste Bestandteil des Einspruchs des Bundesrats — hat der Bundesrat damals den Vermittlungsausschuß angerufen. Daß das geschieht, wußten wir nämlich schon vorher, Herr Kollege Schütz.
— Herr Kollege Miessner, wir wollen eben dem ganzen Hause die Verantwortung nicht nur für das eine Gesetz vor Augen führen, sondern wir wollen ihm auch vor Augen führen, daß damit ein weiterer Schritt zur Vernichtung der Selbstverwaltung getan wird. Und das legt uns eine große Verantwortung auf.
Ich fasse zusammen. Kein Geschädigter hat einen Nutzen von diesem Paragraphen. Die Unterbringung ist, wenn man noch Vertrauen hat, durch die bestehenden Bestimmungen gesichert.
Wenn dieser Paragraph geschaffen wird, entsteht daraus eine bedeutende Schädigung des betroffenen Personenkreises selbst, weil die Gefahr vorhanden ist, daß der Vermittlungsausschuß angerufen wird.
Zum Schluß möchte ich noch sagen, daß der betroffene Personenkreis, was die Unterbringung anlangt, nur — —
Einen Augenblick bitte! — Meine Damen und Herren, die Gespräche nehmen allmählich einen solchen Umfang an, daß der Redner völlig unverständlich wird. Ich bitte doch, sie zurückzustellen. Ich möchte auch darauf aufmerksam machen, daß wir eine sehr lange Beratung haben und daß andererseits Zwischenrufe und ihre Beantwortung die Abwicklung der Dinge ungeheuer verzögern. So schön und belebend Zwischenrufe sonst sein können, so würde ich doch empfehlen, im Hinblick auf den gewaltigen Stoff, den wir heute abend zu beraten haben, die Zwischenrufe etwas einzuschränken.
Bitte, Herr Abgeordneter Matzner!
Ich möchte darauf aufmerksam machen — und das muß in aller Öffentlichkeit noch einmal gesagt werden —, daß in dem betroffenen Personenkreis hinsichtlich der Unterbringung nur die Hälfte Heimatvertriebene sind; und wenn wir von der Versorgung sprechen, so sind von diesem ganzen Personenkreis nur ein Drittel Heimatvertriebene. Das muß ich zum Schluß erklären, damit man, wenn draußen Gegenwirkungen entstehen, nicht wieder sagt, dieses Gesetz sei für die Heimatvertriebenen zum
Schaden der anderen gemacht. Ich halte es für
meine Pflicht, dies bei diesem Punkt festzustellen.
Im übrigen bitte ich das Hohe Haus, im Interesse einer geordneten Selbstverwaltung als Grundlage des Staates unserem Antrag zuzustimmen und den Abs. 2 des § 15 zu streichen.
Das Wort hat der Herr Bundesinnenminister.
Meine Damen und Herren! Ich möchte Sie sehr herzlich bitten, die Beschlüsse des Ausschusses, gutzuheißen und bestehen zu lassen. Der Ausgleichsbetrag dient zur Sicherung der Verpflichtung der öffentlich-rechtlichen Dienstherren, 20 v. H. ihres Besoldungsaufwandes für die Verdrängten zur Verfügung zu stellen. Er beträgt 25 v. H. des Fehlbetrages am Pflichtteil. Ein solches Sicherungsmittel ist zur Erfüllung der hier gestellten Aufgabe der Unterbringung tatsächlich unentbehrlich. Die für die Besetzung der Beamtenplanstellen in den §§ 16 und 16 a enthaltenen Vorschriften sichern lediglich die Erfüllung des Pflichtteils der Besetzung von mindestens 20 v. H. der Planstellen mit verdrängten Beamten und ihnen gleichgestellten Personen. Nun ist diese Auflage für die betroffenen Dienstherren wirklich keine zu schwere Belastung. Stellen Sie sich doch bitte vor, daß, wenn überhaupt keiner eingestellt wird, der Betrag, der dann zu entrichten ist, höchstens 5 % des Besoldungsaufwandes der betreffenden Körperschaft für Beamte und Angestellte ausmacht.
Das kann weiß Gott nicht übertrieben genannt werden. Die kleinen Gemeinden mit nicht mehr als 3000 Einwohnern sind noch insofern besonders geschont, als sämtliche Gemeinden des Landkreises zusammengerechnet werden. Das ist also die ganze Belastung.
Der Einwand eines Verstoßes gegen das Grundgesetz ist nicht berechtigt. Die Abgeordneten hier im Hause, die mit mir zusammen im Parlamentarischen Rat gesessen und damals den Art. 131 verabschiedet haben, werden sich erinnern, daß wir selbstverständlich auch die Unterbringung der Betroffenen im Auge hatten. Dieses Gesetz will nicht bloß eine Zahlung sicherstellen, es möchte auch nach der ethischen Seite hin etwas tun und den Verdrängten Arbeit und Brot bringen. Das ist die vornehmste Seite. Die kleine Menge, die wir im Bund selber unterbringen können, genügt nicht. Es muß daher für zulässig erachtet werden, daß wir die übrigen öffentlich-rechtlichen Dienstherren im Bundesgebiet mit zu der Leistung heranziehen. Das geht nicht anders, als daß wir bei dieser Maßnahme ebenso die finanziellen Zwangsmittel anwenden, wie wir es bei der Unterbringung von Schwerkriegsbeschädigten als selbstverständlich beschlossen haben. Es handelt sich bestimmt nicht etwa um das Bestreben des Bundes, die ihm zur Last fallenden Zahlungen auf andere Dienstherren abzuwälzen.
Ich bitte Sie deshalb nochmals, es bei den Ausschußbeschlüssen zu belassen.
Das Wort hat der Abgeordnete Freiherr von Aretin.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Nowack.
Dr. Nowack (FDP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Diese Angelegenheit ist sehr wichtig. Aber das ist wahrscheinlich nicht der einzige Grund, warum der Kollege Matzner hier so lange gesprochen hat. Der zweite Grund ist wohl der, daß er sich um eine Sache bemüht hat, die sehr schwierig zu vertreten ist.
Wir haben es hier mit einer strittigen Frage zu tun. Die Frage ist im Ausschuß strittig gewesen, und wir haben sehr lange darüber debattiert. Wir haben auch sehr eingehend die Vertreter aller gemeindlichen Organisationen gehört, die es überhaupt gibt. Wir haben mit ihnen zusammen, glaube ich, zwei Tage lang nur diese Frage besprochen. Wir haben uns dann nach Abschluß der Verhandlungen auf die Formulierungen, die jetzt in dem Ausschußentwurf vorliegen, geeinigt.
— Mit Mehrheit!
— Ja, das ist wohl das demokratische Prinzip der Einigung, daß man sich mit Mehrheit einigt. Oder gibt es ein anderes Mittel in der Demokratie?
Von den Gemeinden wird ein Sturmlauf gegen diese Bestimmung organisiert.
Es wird davon gesprochen, daß hier finanzielle Lasten entstehen würden, die einfach nicht tragbar seien. Der Herr Bundesinnenminister hat soeben schon mit Recht darauf hingewiesen, daß es sich in der Tat nur um 5 %, nicht etwa des Gemeindehaushalts, sondern des Personaletats handelt, die bei Nichterfüllung der ganzen 20 % schlimmstenfalls in Frage kommen können. Da nun aber angenommen werden muß, daß in den Gemeinden oder den übrigen Stellen der Verwaltung allgemein einmal eine Inventur über diejenigen gemacht wird, die unter dieses Gesetz nach Art. 131 fallen werden, wird sich wahrscheinlich herausstellen, daß überall schon bestimmte Prozentsätze erfüllt sind und daß der Hundertsatz von 5 °/o praktisch nirgendwo irr Betracht kommt.
Die Gemeinden machen nun eine Rechnung auf. Sie übersehen dabei aber — oder sie nehmen es gern lautlos hin —, daß der Bund seinerseits ihnen für diejenigen, die als 131er in ihren Dienst eingestellt werden, einen erheblichen Teil der Versorgungslasten abnimmt. Ich glaube, das ist auf die Dauer ein positiver Posten, den insbesondere die Gemeinden nicht übersehen sollten.
— Ja, das ist natürlich nur der Billigkeit entsprechend. Das andere wäre wieder ungerecht und unmöglich.
Nun wird insbesondere auf die sogenannten kleinen Gemeinden mit einem Bestand von weniger als 5 Bediensteten abgehoben. Wir haben diese Frage im Ausschuß sehr eingehend besprochen. Soweit ich mich erinnere, sind es gerade die Vertreter der kleineren Gemeinden gewesen, die vorgeschlagen haben, die Gemeinden hier nicht individuell heranzuziehen, sondern kreisweise auf dem Weg über eine Kreisumlage zu erfassen. Dis ist
eine technisch durchaus brauchbare und wirtschaftlich wohl durchaus vertretbare Methode.
— Das waren die Vertreter des zuständigen Verbandes.
Ich will in diesem Zusammenhang noch folgendes sagen. Gerade die Vertreter der mittleren und kleinen Gemeinden haben für die Frage der Unterbringung der 131er in der Verwaltung mehr Verständnis bewiesen als die Vertreter der großen Gemeinden und der Großstädte.
— Wir haben in der Ausschußvorlage eine Lösung gewählt, wie sie von diesen Gemeinden selber vorgeschlagen worden ist.
— Ja, inzwischen hat er es sich vielleicht überlegt und in den allgemeinen Proteststurm eingestimmt. Ich habe ja soeben davon gesprochen, was geschehen ist, als diese Herren in der Ausschußsitzung gewesen sind und mit uns die Frage besprochen haben.
Meine Damen und Herren! Wenn wir diesen finanziellen Druck hier beseitigen wollten, könnten wir, glaube ich, die ganzen Bestimmungen betreffend die Unterbringung streichen.
Ich glaube, wir sollten hier mit aller Deutlichkeit sagen, damit es auch in den Beratungsräumen des Bundesrates gehört wird,
I daß wir an dieser Bestimmung festhalten wollen.
Sie ist eine der notwendigen Stützen für die Unterbringung, und gerade die Schärfe des Kampfes, die man anwendet, um die Vorschrift zu beseitigen, ist eigentlich ein Beweis dafür, daß sie sehr notwendig ist. Wir als Demokraten werden diese Bestimmung mit allem Nachdruck unterstützen.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Lücke.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich spreche für die Minderheit meiner Fraktion und als Vertreter einer kleinen Gemeinde. Seit Kriegsende haben gerade die kleinen Landgemeinden in ganz besonderer Weise die Flüchtlingsnot und die Kriegsfolgelasten getragen.
In ein Gesetz zu schreiben, daß auch Gemeinden mit weniger als fünf Beamten und Angestellten — es sind etwa einige tausend solcher Gemeinden — herangezogen werden sollen, obwohl sie die Einstellung eines Flüchtlings einfach nicht vornehmen können, ist nicht berechtigt. Ich bin weiter der Überzeugung, daß gerade in kleinen Gemeinden schon weitgehend Vertriebene eingestellt worden sind und auch künftighin eingestellt werden. Allein in Nordrhein-Westfalen müssen jetzt noch rund 600 Millionen DM aufgebracht werden, um die Flüchtlings- und ähnliche Lasten zu tragen. Von den ungeheuren Lasten, die die kleinen Gemeinden bei der Unterbringung der Vertriebenen
zu tragen hatten -- sie sind zu einem Großteil von den Landgemeinden getragen worden—,spricht in diesem Zusammenhang leider keiner. Darum bitte ich meine Freunde, — —
— Ich darf Ihnen sagen, Herr Kollege, daß in einer meiner Gemeinden vielleicht mehr Flüchtlinge als in ähnlichen Gemeinden Schleswig-Holsteins untergebracht worden sind.
In diesem Zusammenhang bitte ich meine Freunde, die die Interessen der kleinen Landgemeinden wahrnehmen, dem Antrag der SPD zuzustimmen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Henßler.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn Herr Finanzminister Schäffer die Rede gehalten hätte, die der Herr Innenminister gehalten hat, dann hätte ich noch etwas Verständnis dafür gehabt.
Vom Innenminister Dr. Lehr, der ja früher Oberbürgermeister war, hätte ich angenommen, daß er etwas mehr Verständnis, und wenn er das nicht mehr hat, etwas mehr Kenntnis von der finanziellen Situation der Städte hätte.
Er hätte nicht mit Prozenten spielen, sondern die Summen nennen sollen, die hier in Frage kommen. Ich habe eine Aufstellung von der Stadt Düsseldorf. Der 25 %ige Beitrag macht für Düsseldorf über eine Million aus.
Bei Dortmund muß ich mit ungefähr 1,2 Millionen DM rechnen. Meine Damen und Herren. das sind Beträge, die die Gemeinden im Augenblick überhaupt nicht aufbringen können. Wenn Sie sich einmmal etwas vergewissern wollen, welche Sorgen die Gemeinden gegenwärtig bei der Haushaltsberatung haben, 'dann müßten Sie sich darüber klar werden, daß ihnen hier eine Belastung 'auferlegt werden soll, die sie zum größten Teil nicht übernehmen können.
Herr Minister Dr. Lehr hätte ja auch wissen müssen, daß durch andere Beschlüsse des Bundestags in diesem Jahr starke Einwirkungen auf die finanzielle Situation der Gemeinden erfolgt sind. Ich darf nur darauf hinweisen, daß das Aufkommen aus der Grundsteuer durch die neue Festlegung des Einheitswertes in Städten wie Düsseldorf und Dortmund oder anderen derselben Größe ungefähr 21/2 Millionen DM ausmacht, um die die Einnahmen der Gemeinden niedriger liegen. Auf der anderen Seite stehen die zusätzlichen Aufwendungen durch mehr Löhne und mehr Gehälter.
Der Herr Innenminister hat in seiner Rede erklärt, er hoffe, daß der Bundesrat keinen Einspruch mehr erheben werde. Ich kann mir nicht denken, daß, wenn dieser Paragraphbleiben sollte,
die Länderregierungen, die sich in erster Linie für die finanzielle Situation und für die finanzielle Lebensfähigkeit der Gemeinden verpflichtet fühlen müssen, so leichtfertig wären, auf einen Einspruch zu verzichten, wenn man Belastungen vorsieht, die einfach nicht getragen werden können. Es kommt ja noch hinzu, daß dieselbe Regierung, die den Gemeinden diese Belastung auferlegen möchte, die Gemeinden auch beim Lastenausgleich wieder heranziehen will. Dann bleibt den Gemeinden auf dem sozialen und kulturellen Gebiet nicht mehr die mindeste Bewegungsfreiheit, 'und was sie hier zahlen, müssen sie auf der anderen Seite den Armen ihrer Gemeinden wieder nehmen.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Wuermeling.
Meine Damen und Herren! Ich weiß nicht ohne weiteres, ob ich würdig bin, so unmittelbar nach dem Vertreter der Oberbürgermeister hier am Rednerpult zu stehen.
Im übrigen scheint es mir zunächst sehr beachtenswert, daß wir aus einem Zwischenruf des Vorsitzenden des Vertriebenenausschusses feststellen konnten, daß die antragstellende Fraktion zwar im Beamtenrechtsausschuß gegen diesen Paragraphen aufgetreten ist, aber im Vertriebenenausschuß bei Beratung dieses Gesetzes nichts gegen diesen Paragraphen eingewendet hat.
Meine Damen und Herren! Wir sind hier bei diesem Paragraphen zweifellos an einem der schwierigsten Punkte des Gesetzes, weil hier tatsächlich gegensätzliche Interessen unter zwei verschiedenen Gesichtspunkten in Widerstreit stehen. Das ergab sich insbesondere aus den Darlegungen meines geschätzten Fraktionsfreundes Lücke, der das am Beispiel der kleinen Gemeinden erläuterte. Wir haben aus einer Unzahl Eingaben von Gemeinden, Gemeindeverbänden, Städten wie kleineren Landgemeinden und aus einer Flut von Eingaben der kommunalen Spitzenverbände ersehen, daß die Durchführung dieses Paragraphen für die betreffenden Gemeinden allerdings eine sehr unangenehme Seite hat. Aber, wie schon angedeutet, stehen diesen gewiß berechtigten Interessen der Gemeinden mindestens ebenso berechtigte gegensätzliche Interessen des Personenkreises des Art. 131 entgegen. Die Gemeinden verweisen völlig mit Recht auf die großen Schwierigkeiten ihrer Finanzlage und ihrer Personalpolitik, und die andere Seite, der Personenkreis des Art. 131 insbesondere einschließlich der Vertriebenen, verweist mit sehr großer Berechtigung auf die dringende Notwendigkeit, jedes nur denkbare und schließlich erträgliche Mittel einzusetzen, um den Zweck dieses Gesetzes, die Unterbringung zu sichern, nicht zu vereiteln oder auch nur zu gefährden. Denn, meine Damen und Herren. um das einmal grundsätzlich herauszustellen. die Unterbringung der noch nicht wieder verwendeten dienstfähigen Angehörigen des Personenkreises des Art. 131 ist und bleibt das erste, dringendste und oberste Ziel dieses Gesetzentwurfes. (Zustimmung in der Mitte. — Abg. Jacobi:
Das hat doch mit § 15 Abs. 2 nichts zu tun!)
Deswegen müssen hier, so schwer das manchem
von uns fallen mag, die entgegenstehenden Interessen der Gemeinden in den Hintergrund treten.
Diese finanzielle Belastung der Gemeinden. die als solche nicht bestritten werden kann, ist insbesondere auch deswegen unerläßlich, weil man irgendwie die Gemeinden drängen muß, die Einstellungsverpflichtung zu erfüllen. Denn es gibt natürlich — wie überall unter Menschen — auch innerhalb der Gemeinden hier und da Böswillige, die sich, wie wir leider aus einzelnen Beispielen schonallzu deutlich gemerkt haben, mit aller Gewalt den mit diesem Gesetzauferlegten Unterbringungsverpflichtungen zu entziehen versuchen. Gegen diese Fälle sind diese Belastungsvorschriften des hier behandelten Paragraphen unerläßlich.
Meine Damen und Herren! Wenn ich gerade meinerseits als alter, langjähriger kommunaler Finanzdezernent Ihnen diese Ausführungen mache, so dürfen Sie davon überzeugt sein, daß ich bestimmt nicht jemand bin, der etwa kein Verständnis für kommunale Finanzbelange hätte. Ich darf auch ausdrücklich sagen, daß ich lange Zeit, monatelang, persönlich im Ausschuß — damals noch als einziges Ausschußmitglied — gegen diesen Paragraphen in seiner jetzigen Fassung gesprochen und dagegen gestimmt habe, daß ich mich aber schließlich nach reiflicher Abwägung aller Gesichtspunkte dazu bekennen mußte, daß wir ohne diesen Paragraphen den Zweck des Gesetzes einfach nicht erreichen.
Meine Damen und Herren, es hat sich auch sonst schon ergeben, daß sich bei der engen Verbindung, die die Abgeordneten der Parlamente zu den Gemeinden und Gemeindeverbänden naturgemäß haben, eine gewisse kommunale Einheitsfront zur
Wahrung kommunaler Belange in den Parlamenten bildete. Es besteht die Gefahr, daß eine solche kommunale Einheitsfront sich auch hier quer durch die Fraktionen bilden könnte. Ich möchte mich ganz klar dahin ausdrücken, daß eine solche kommunale Einheitsfront in ihrer praktischen Auswirkung eine Einheitsfront gegen die Vertriebenen wäre,
und dagegen wehren wir uns mit allen Mitteln.
Das Wort hat der Herr Bundesminister der Finanzen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn der Bundesminister der Finanzen um Ihre Aufmerkmerksamkeit bittet, so um deswillen, um zunächst die Erinnerung der Mitglieder des Hauses an die Einführungsreden zu wecken, die zu diesem Gesetz gehalten worden sind, in denen darauf hingewiesen wurde, daß die gesamten Aufwendungen, die dieses Gesetz in der jetzigen Fassung der Ausschußbeschlüsse erfordert, jährlich rund 750 Millionen DM ausmachen, das Zweieinhalbfache dessen, was die Länder im Jahre 1949/50 für denselben Personenkreis ausgegeben haben.
750 Millionen DM, — in der Sprache des Steuerzahlers gesprochen sind das mehr als das Zweifache etwa, sagen wir mal, des Erträgnisses der Kaffeesteuer, etwa das Eineinhalbfache des der vielumkämpften Mineralölsteuer und fast das Gesamterträgnis der von der Bundesregierung vorgeschlagenen Reform der Einkommen- und Körperschaftsteuer. Die 750 Millionen DM sind eine Last, die auf dem deutschen Volke liegt, und die Ausgabe von 750 Millionen DM muß dem deutschen Volke gegenüber verantwortet werden. Ich halte es für meine Pflicht, bei allen Anträgen, die auf diesem Gebiete gestellt werden, an die Grenze der Leistungsfähigkeit des deutschen Steuerzahlers mitzudenken.
Wir haben einen Antrag, der diese Last von 750 Millionen DM beträchtlich steigern wird. Ich denke hier nicht an die 35 Millionen Ausgleichsleistungen, ich denke daran, daß dieser Betrag von 355 Millionen DM Ausgleichszahlungen nur gewählt worden ist, um durch das ganze System die Unterbringung der verdrängten öffentlichen Bediensteten und beruflichen Wehrmachtangehörigen in Arbeit und Brot zu beschleunigen und damit den Aufwand an Unterstützungen für nichtbeschäftigte Menschen zu ermäßigen und einzusparen.
Dieser Zweck sollte durch diese Ausgleichszahlungen, die man mit 35 Millionen DM beziffert hat, erreicht werden, aber der Effekt, die Wirksamkeit sollte weiter darüber hinausgehen.
Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich kann in dieser Stunde nur mahnen, und ich kann als Finanzminister nur sagen: der Finanzminister war bereit, unter Einschätzung dessen, was er als die Grenze der Leistungsfähigkeit des deutschen Steuerzahlers bezeichnen muß, die Lasten zu übernehmen, die der Ausschuß in seinen Entwürfen als angemessen empfunden hat; aber der Finanzminister muß Ihnen heute erklären: darüber hinaus
Lasten zu übernehmen, sieht er bis zur Stunde Mittel und Wege nicht. Ich muß Sie 'deshalb bitten, wenn Sie wollen, daß der Gesetzentwurf Gesetz werden soll, an die Grenzen des Möglichen zu denken.
Das Wort hat der Abgeordnete Mellies.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist nach den letzten Ausführungen des Herrn Abgeordneten Wuermeling wirklich sehr schwer, in diesem Augenblick noch sachlich zu bleiben. Wenn er davon gesprochen hat, daß diejenigen, die der Auffassung sind, daß die hier vorgesehenen Belastungen der Gemeinden im Interesse der Gemeinden und, ich möchte noch einmal anschließend an die Worte meines Fraktionskollegen Matzner mit aller Deutlichkeit sagen, auch im Interesse der Vertriebenen nicht verantwortet werden können, eine Front gegen die Vertriebenen bilden, dann gibt es für mich für eine Kennzeichnung eines 'derartigen Gehabens keinen parlamentarischen Ausdruck.
Ich möchte gleichzeitig, denn dieser Vorwurf wird sich ja praktisch auch gegen die kommunalen Spitzenverbände richten, von dieser Stelle aus — ich habe keinen besonderen Auftrag, aber ich glaube, ich kann mir diesen Auftrag anmaßen — namens der kommunalen Spitzenverbände ganz entschieden gegen eine solche Verdächtigung Einspruch erheben. Ich glaube, Herr Wuermeling, die einfachste Betrachtung dessen, was die Gemeinden und Gemeindeverbände für die Flüchtlinge getan haben, sollte Sie hindern, hier einen solchen Ausspruch zu tun.
Wenn man zu dem sachlichen Inhalt Stellung nehmen will und sich vor allen Dingen die Reden der Herren Minister anhört, dann muß man doch sagen, man hat den Eindruck, als ob nur diese Bestimmung in dem Gesetz dazu beitragen könnte, daß die Vertriebenen in den Gemeinden angestellt werden. Ich habe Verständnis für die Darlegung des Herrn Finanzministers, und es ist ja jetzt deutlich geworden, was vorhin einmal abgestritten wurde, daß dieser Ausgleichsbetrag ein Teil der vier Finanzierungsquellen war, die der Herr Finanzminister zunächst überhaupt für die Belastungen aus diesem Gesetz vorgesehen hatte.
— Lassen Sie mich erst einmal ausreden, dann können Sie es widerlegen. Ich darf Sie vielleicht daran erinnern, was zunächst einmal hier los war. Zunächst hatte der Herr Finanzminister vorgesehen, die Finanzierung in der Weise vorzunehmen, daß bei den aktiven Beamten ein 3%iger Gehaltsabzug vorgenommen würde. Wir haben uns heute morgen im Haushaltsausschuß über diese Frage noch kurz unterhalten, und ich habe den Finanzminister darauf hingewiesen, wie schon innerhalb eines Jahres doch irgendwelche Vorstellungen, die man einmal gehabt hat, zerstäuben können. Diese Möglichkeit hat er heute nicht mehr.
Die zweite Möglichkeit hat er damals darin gesehen, daß den Beamten, die unter 131 fielen, ein bestimmter Prozentsatz ihrer Versorgungsbezüge
gekürzt würde. Ich darf im Interesse der Wahrheit feststellen, daß vom ersten Augenblick an die sozialdemokratische Fraktion mit Nachdruck erklärt hat, eine solche unterschiedliche Behandlung nicht mitzumachen.
Wenn diese Gleichstellung — ich glaube, das sollten die Abgeordneten der Vertriebenen nie vergessen — so verhältnismäßig schnell erreicht werden konnte, ist das auf diese starke und entschiedene Halburig der sozialdemokratischen Fraktion vom ersten Augenblick an zurückzuführen.
— Ach, Herr Oellers, Sie waren bei den ersten Verhandlungen und bei den Besprechungen, die gepflogen wurden, nicht zugegen, Sie können's nicht so ganz beurteilen.
— Ja, es gibt immer einige Leute, die sich einbilden, sie sähen allein die Probleme. und wir haben bei Ihnen öfters feststellen können. daß Sie offenbar zu der Sorte gehören.
— Herr Oellers, was Parteipropaganda hier im Hause betrifft, kann ich es mit Ihnen leider nicht aufnehmen.
— Das sagt man dann nachher.
Aber, meine Damen und Herren. die dritte Quelle, die für 'die Finanzierung offenblieb, war dann dieser Ausgleichsbeitrag der Gemeinden, und die vierte Quelle war erst der Zuschuß des Bundes. Es ist jetzt lediglich dieser Ausgleichsbetrag geblieben, und der Herr Finanzminister hat in seinen Darlegungen eben ganz klar und deutlich gezeigt, daß er an dieser einen Möglichkeit noch festhalten will. Aber wenn Sie das in Zusammenhang bringen mit der Unterbringung — —, Herr Innenminister, ich habe mich eben über Ihre Darlegungen wirklich gewundert. Sie haben gesagt: Diese Bestimmung bietet die einzige Möglichkeit, um auf die Gemeinden einen entsprechenden Druck auszuüben. Sie scheinen die Bestimmungen in den §§ 16 a und 16 b des Gesetzes nicht zu kennen. Denn nach § 16 a kann nur von der Aufsichtsbehörde eine Ausnahmegenehmigung erteilt werden, wenn eine Person genommen werden soll, die nicht unter 'den Art. 131 des Grundgesetzes fällt. Ich möchte auch 'die Vertreter der Bestimmungen in § 15 Abs. 2 einmal fragen: Haben Sie eigentlich zu der Aufsichtsbehörde ein, so geringes Zutrauen, daß Sie glauben, sie wird die Bestimmungen dieses Gesetzes nicht erfüllen? Sonst müssen Sie sich doch ganz klar sagen, die Gemeinde kann gar nicht anders; sie muß einfach einen Vertriebenen nehmen, weil sie sonst die Zustimmung der Aufsichtsbehörde nicht bekommt, sondern die Aufsichtsbehörde von ihren Machtbefugnissen Gebrauch machen kann. Außerdem ist der § 16 b eingefügt, in dem festgelegt ist: Wenn sich eine Gemeinde böswillig weigert, eine solche Einstellung vorzunehmen, dann hat sie das ganze Gehalt als Strafe zu bezahlen. Kann man in einem Gesetz noch drakonischere Maßnahmen 'treffen? Ich glaube, jeder, der das sachlich und objektiv prüft, muß feststellen, daß es bei diesem Festhalten an dem Ausgleichsbeitrag für den Herrn Finanzminister nur darum geht, die Dinge zu finanzieren. Aber auf der anderen Seite ist es bei den Vertretern des § 15 Abs. 2 offenbar so, daß sie die Vorstellung haben: Man kann hier erhebliche Mehreinstellungen dadurch erreichen, daß man eine Aufblähung des ganzen Verwaltungsapparats zuläßt. Glauben Sie, die Gemeinden und Gemeindeverbände werden es sich zum Teil nicht überlegen, ihren Apparat einfach zu vergrößern? Liegt es nach all den Debatten, die wir über Verwaltungsreform usw. hier gehabt haben, denn in unserem Interesse, eine Aufblähung des Verwaltungsapparats zu ;bekommen? Ich glaube, das liegt nicht einmal im Interesse der Vertriebenen, die dann zufällig eingestellt würden.
Herr Minister Lukaschek hat sich für die Kollektivhaftung eingesetzt, die in § 15 Abs. 2 für die kleinen Gemeinden festgesetzt ist. Ich hätte Verständnis dafür gehabt, wenn sich die Vertreter der Vertriebenen sehr stark dafür eingesetzt hätten, daß aber ein Minister, der selbst früher in der Verwaltung tätig gewesen ist, und auch der Herr Innenminister die Durchführung dieser Bestimmungen für möglich hält, wundert mich sehr. Stellen Sie sich das doch einmal praktisch vor, und Herr Kollege Dresbach, der maßgebend im Landkreis tätig ist, wird uns das sehr schnell bestätigen können. Wir haben Hunderte und Tausende von kleinen Gemeinden, die zum Teil nur ihren ehrenamtlichen Bürgermeister — Sie haben nicht überall die Ämterverfassung, die haben Sie nur in Nordrhein-Westfalen — und dazu eine Schreibkraft haben. Jetzt nehmen Sie all die Gemeinden, zusammengefaßt in den einzelnen Kreisen, und dann soll, wie es in den Bestimmungen heißt, die Kommunalaufsichtsbehörde bestimmen, wie die Last auf die Gemeinden verteilt wird. Das bedeutet, daß Sie eine zweite Kreisumlage schaffen. Das bedeutet aber auch, daß in den Kreistagen ganz erhebliche Auseinandersetzungen losgehen; denn die Gemeinde, die gerade die Möglichkeit gehabt hat, eine Vertriebene als Stenotypistin oder Sekretärin einzustellen, wird sichselbstverständlich weigern, an dieser Kollektivhaftung beteiligt zu sein. Herr Minister Lukaschek, ich hoffe, Sie wissen, daß in der britischen Zone durch die Regelung, wie sie jetzt 'besteht, der Kreistag 'gleichzeitig Kommunalaufsichtsbehörde ist. Sie können bei den Vehandlungen in den Kreistagen demnächst etwas erleben, wenn die festsetzen sollen, in welchem Umfang die Gemeinden X, Y und Z an dieser Umlage beteiligt werden sollen. Zu einer befriedigenden Lösung werden Sie nach der Richtung hin niemals kommen.
Meine Damen und Herren, diejenigen, die die Streichung des § 15 Abs. 2 beantragt haben, sind von der ernsten Sorge bewegt, daß er unendlichen Schaden anrichtet, praktisch aber nicht dazu führen kann, den Vertriebenen in stärkerem Maße zu helfen, als das in den §§ 16 a und b des Gesetzes bereits vorgesehen ist.
Das Wort hat der Abgeordnete Farke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Die Flüchtlingsländer haben mit der Flüchtlingsverteilung in der Vergangenheit sehr
5006 Deutscher Bundestag — i30. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 5. April 1951
schlechte Erfahrungen gemacht. Hier geht es um die Unterbringung von Flüchtlingen. Hier könnte man in einem kleinen Kreis einmal praktisch zeigen, wie man eine gerechte Verteilung durchführt. Wir müssen erleben, daß die Nichtflüchtlingsländer versuchen, auch hier wieder Einwände zu erheben.
Wenn der Kollege Mellies eben gesagt hat, die §§ 16 a und 16 b genügten und die Unterbringung müsse diesen Paragraphen gemäß nun durchgeführt werden, dann verstehe ich ihn nicht mehr; denn dann braucht man sich doch nicht so über diesen 25 %igen Anteil aufzuregen; !der käme ja dann gar nicht in Frage.
Es steht etwas anderes dahinter, und ich glaube, das haben die Vertriebenen und vor allen Dingen die Flüchtlingsländer heute abend wieder sehr gut verstanden.
Es haben hier Interessenvertreter von Nichtflüchtlingsländern und Interessenvertreter der Bürgermeister gesprochen, und wenn der Kollege Lücke soeben gesagt hat, er habe in seinem Ort ebenso viele Vertriebene wie wir in den Orten Niedersachsens und Schleswig-Holsteins, dann verstehe ich überhaupt nicht, warum er Einwendungen macht; denn dann müßte er ja doch mindestens 20% der vertriebenen Angestellten und Beamten in seiner Stadtbehörde oder Ortsbehörde untergebracht haben.
— Sie rufen mir zu: Es sind noch viel mehr. Wenn das der Fall ist, sind Ihre Einwendungen noch unverständlicher; ist es nicht der Fall. hat man nicht den Willen, die 20°/oige Unterbringung durchzuführen.
Wenn hier gesagt worden ist, daß Lasten getragen werden müssen, dann ist das die eigene Schuld der 'Behörden in den Flüchtlingsländern und in den Nichtflüchtlingsländern. Man kann die Lasten sehr schnell beseitigen, indem man die 20% erfüllt. Aber ich habe einen Verdacht. meine sehr verehrten Damen und Herren.
Ich glaube, man will bestimmte Leute der Parteizugehörigkeit wegen behalten
und will keine Beamten und Angestellten anderer Parteizugehörigkeit aufnehmen.
Wir haben das sehr wohl verstanden. Für uns und
vor allen Dingen für die Flüchtlingsländer ist bei
allen Gesetzesvorlagen eines klargeworden: daß
wir diejenigen, die den gerechten Ausgleich nicht
wollen, von der finanziellen Seite her beteiligen
müssen, und das nicht nur hier bei der Unterbringung, sondern bei allen Gesetzen. Ich habe das
schon mehrere Male gefordert; denn die Erfahrung
hat gezeigt, daß auch die besten Gesetze. die wir
verabschieden, umgangen werden. Die Verhandlung heute abend beweist dasselbe. Wer von dem
Beitrag befreit sein will, erfülle schleunigst die
20 %ige Unterbringung. Die Menschen, die wieder in
Dienst und Arbeit wollen, werden sich freuen;
ihnen würde endlich der heißeste Wunsch erfüllt.
•
Das Wort hat der Abgeordnete Kuntscher.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die erregte Debatte ist ein Beweis, daß es sich um eine ganz grundsätzliche Frage dieses Gesetzes handelt. Ja, ich wage die Behauptung: wenn Abs. 2 des § 15 fällt, dann hätten wir uns in den vielen langen Sitzungen mit dem Kapitel Unterbringung überhaupt nicht zu beschäftigen brauchen.
So liegen die Dinge. § 16 b bietet absolut keinen Schutz und gibt keine Gewähr, daß ein gewisser Druck hinter die Ausführung des Gesetzes gesetzt werden kann und daß wir diesen Prozentsatz von 20 v. H. an Verdrängten im öffentlichen Dienst unterbringen. Ich sage mit Betonung: Verdrängten; denn, meine Damen und Herren, es wird .hier immer nur so gesprochen, als handle es sich bei dem Personenkreis des Art. 131 fast ausschließlich um Vertriebene. Ich stelle hier fest, daß kaum 50% des unterzubringenden Personenkreises Vertriebene sind; die anderen 50% kommen aus einheimlschen Kreisen, sind Berufssoldaten und dergleichen mehr.
Er wurde hier zur Begründung dafür. daß Abs. 2 des § 15 fallen müsse, auch angeführt, daß er einen Verstoß gegen das Grundgesetz, gegen die Selbstverwaltung bedeute, und wie alle diese Dinge genannt wurden. Wenn, Abs. 2 des § 15 ein Verstoß gegen das Grundgesetz ist, dann wäre die festgelegte Druckbestimmung in § 16 b mehr oder weniger gleichfalls ein Verstoß gegen das Grundgesetz.
— Herr Kollege Mellies, wenn das eine ein Verstoß gegen das Grundgesetz ist, dürfen Sie das andere nicht verteidigen und sagen: § 16 b ist die Sicherung für den auszuscheidenden Abs. 2 des § 15.
Ich will Ihnen noch Zahlen nennen. Zahlen sind in gewissen Situationen sehr aufschlußreich. Ich glaube, einige wenige Zahlen werden Ihnen zeigen, warum wir auf der Beibehaltung dieses Abs. 2 des § 15 unbedingt bestehen müssen, um diesem Gesetz Tun Durchbruch zu verhelfen. Wir haben im Beamtenrechtsausschuß nicht leichtfertig gehandelt; wir haben uns die Dinge gut überlegt. Es sind Beratungen mit !den Vertretern der Spitzenverbände vorangegangen. Wir haben in vielen, vielen Sitzungen nur das Kapitel Unterbringung eingehendst diskutiert und sind dann an Hand der amtlichen statistischen Zahlen, die uns das Innenministerium über den Prozentsatz der Untergebrachten in bestimmten Körperschaften und in bestimmten Städten und Kommunen vorgelegt hat, erst recht zu der Überzeugung gekommen, daß wir an dieser Sicherung im Gesetz unter gar keinen Umständen rütteln lassen dürfen.
Ich nenne Ihnen hier z. B. die Stadt Hannover, die Hauptstadt eines Landes, in! dem der Anteil der Vertriebenen allein weit über 30% liegt, fast 40% erreicht. Diese Landeshauptstadt Hannover hat kaum 7% Verdrängte in ihrem Beamtenkörper auf Planstellen;
und das sind nicht allein Vertriebene: da sind auch noch viele andere dabei.
Da ist so manches nachzuholen. Aber es kommt noch viel besser. Ich will Ihnen noch einige Zahlen nennen, ich will z. B. die Stadt München nennen Die Stadt München hat von 7386 Planstellen
41 mit verdrängten Beamten besetzt.
Das ist 1/2% . So könnte man die Liste erweitern über Frankfurt und Stuttgart.
— Meine Herren von der Linken, ich verstehe Ihre Aufregung und ich würdige diese Aufregung,
weil das doch alles Städte sind. wo Sie tonangebend sind und wo Sie seit Jahren versäumt
haben, die Verdrängten an ihre Stellen zubringen.
Ich bedauere, daß ich heute, nachdem wir in den sachlichen Beratungen im Ausschuß zu einem erfreulichen Gesamtergebnis gekommen sind, in der Plenarsitzung solch eine scharfe Sprache führen muß. Aber es ist notwendig. Und deshalb der Wahrheit die Ehre! Ich bitte alle meine Freunde, die auch hier bestimmte Zweifel haben, dennoch für diesen Abs. 2 des § 15 zu stimmen; denn er ist die einzige Sicherung für die Durchführung dieses Gesetzes.
Das Wort hat der Abgeordnete Horlacher.
Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, sich zunächst wieder zu beruhigen; denn es hat keinen Sinn, daß ich hier zur Verschärfung der Debatte beitrage. Ich möchte mich auch nicht da einmischen, wo die Interessen der Verdrängten in Frage kommen, sondern ich möchte die Gesichtspunkte, die hier eine Rolle spielen, miteinander verbinden.
Zunächst beantrage ich zur Geschäftsordnung, daß beim Abs. 2 des § 15 nach Sitzen abgestimmt wird, also zunächst über den ersten Satz und dann über den zweiten Satz.
Sachlich sage ich folgendes dazu. Ich sehe ein, daß Gemeinden mit einer bestimmten Größe anders behandelt werden müssen.
— Ein bissl muß man die Dinge doch so betrachten, wie sie sind. Der Fettdruck hier beweist ja schon, daß da mit dem ganzen zweiten Satz etwas Besonderes beabsichtigt war. Ich bin nicht dafür, daß das System der Ausgleichsbeträge nicht für die Gemeinden insgesamt Anwendung findet. Den Standpunkt teile ich nicht. Wenn eine Gemeinde über ein bestimmtes Maß von Beamten und Angestellten verfügt, soll — dafür bin ich — der Abs. 2 des § 15 zur Anwendung kommen.
Nun ist aber im zweiten Satz eine Einschränkung bezüglich der Landgemeinden mit nicht mehr als 3000 Einwohnern gemacht worden. Diese Einschränkung ist so kompliziert und so verklausuliert, daß ich ihr leider nicht folgen kann. Deswegen bin ich der Meinung, daß man die Sache bier in der zweiten Lesung zunächst einmal etwas vereinfachen sollte, wobei ich es nicht einmal für ausgeschlossen halte, daß wir uns vor der dritten Lesung über die Frage noch einmal unterhalten. Aber ich möchte jetzt zunächst einmal den Schutz der kleinen Landgemeinden hier im Gesetz bei der zweiten Lesung verankert haben. so wie das mein Kollege Lücke schon ausgeführt hat.
— Nein, es ist viel besser, Herr Kollege Wuermeling, wenn wir das zunächst ändern. damit hier der Schutz der kleinen Landgemeinden in Wirklichkeit stipuliert ist.
Der Satz 1 bleibt also bestehen, .und an Stelle
des bisherigen Satz 2 kommt nun folgender Satz: Dies gilt nicht für die zu einem Landkreis gehörenden Gemeinden mit nicht mehr als 3003 Einwohnern, in deren Dienst am 1. Januar 1950 weniger als fünf Beamte und Angestellte standen.
Ich bitte, diesem Antrag zu entsprechen. Ich halte das für einen vernünftigen Aufbau; denn die Verhältnisse liegen so, daß in den kleinen Landgemeinden, soweit sie es nach der Zahl der Beschäftigten konnten, den Verhältnissen Rechnung getragen ist.
Das Wort hat der Abgeordnete Wuermeling.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine Damen und Herren! Ich kann es nicht unterlassen, gegenüber den Ausführungen des Herrn Kollegen Mellies eine kurze Erwiderung zu geben.
Es trifft nicht zu, daß ich gesagt habe, die kommunale Einheitsfront bilde hier eine Einheitsfront gegen die Vertriebenen oder sie werde gar gebildet aus dieser Front, sondern ich habe lediglich gesagt, daß eine solche kommunale Einheitsfront in ihrer praktischen Auswirkung eine Einheitsfront, gegen die Vertriebenen ware. Weil diese tatsächliche Auswirkung offenbar nicht jedem ohne weiteres bewußt war, war ein unzweideutiger Hinweis auf diese gewiß ungewollte Konsequenz u erläßlich.
Zu den letzten Ausführungen meines geschätzten Herrn Kollegen Horlacher möchte ich Bezug nehmen auf das, was bisher generell von Rednern der verschiedenen Parteien für die volle Aufrechterhaltung des § 15 angeführt worden ist. Wenn man diesem Antrage entspräche, bliebe gar nichts anderes übrig, als auch Konsequenzen für die Großstädte zu ziehen, die ganz entsprechende Gesichtspunkte für sich geltend machen könnten. vor allen Dingen die ausgebombten Großstädte. Wir können diesen Paragraphen in seinem vollen Inhalt zur wirksamen Realisierung des Zwecks des Gesetzes nicht entbehren.
Das Wort 'hat der Abgeordnete Dresbach.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich verrate doch wohl kein Geheimnis, wenn ich behaupte, daß es in diesen Hause eine Art, von grüner Front gibt.
Weshalb sollen die Leute, die in den Kommunen
tätig sind, nicht auch mal die Köpfe zusammenstecken und sich beraten? Das scheint dann schon
gleich ein Verbrechen zu sein. Verzeihen Sie, wenn
ich hier einen Spruch von Lessing zitiere — ich will damit aber nicht meine literarischen Kenntnisse beweisen —, der soll einmal über Klopstock gesagt halben: „Wer wird nicht einen Klopstock loben? Doch wird ihn jeder lesen? — Nein." — Wer wird nicht die kommunale Selbstverwaltung loben? Aber wer wird sie mal handhaben? — In diesem Sinne, Herr Bundesinnenminister. hätte ich es doch gern gesehen, wenn Sie Ihrem Kollegen vom Finanzressort den Vortritt gelassen hätten. Aber weil ich bereit bin, aus jeder Blüte Honig zu saugen, möchte ich mir den Vorschlag erlauben, daß wir im nächsten Haushaltsplan Ihnen eine Kommunalabteilung einverleiben.
Und nein möchte ich doch etwas zum Thema sagen. Weshalb muß man denn die Gemeinden gerade unter ein Strafgeld stellen? Haben denn die Gemeinden nichts geleistet in der Unterbringung dieser Menschen? Ich darf darauf verweisen — ich glaube, das ist hier schon vom Kollegen Nowack gesagt worden —, daß gerade die Landgemeinden und Landkreise — ich bin Präsident dies Deutschen Landkreistages; und im Nebenberuf bin ich Landrat und darf mir wohl ein Urteil erlauben — einiges geleistet haben; denn sie waren ja schon oder noch da, als Bund und auch Länder noch gar nicht bestanden.
Meine Damen und Herren, diese Leistungen werden wir fortsetzen. Aber haben Sie doch auch Vertrauen zu uns! Ich meine, wenn ich höre. welches Vertrauen der Herr Burdeskanzler hier in die privatrechtlichen Personenvereinigungen — und hier kriege ich keinen Beifall von der Linken, das weiß ich — des Deutschen Gewerkschaftsbundes und der Arbeitgeberverbände setzt, weshalb wollen Sie dann nicht auch etwas Vertrauen in öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaften setzen?
Also wir tun es ohne Strafe. Herr Bundesfinanzminister, Sie weisen auf die 35 Millionen DM hin. Jawohl, ich folge Ihnen. Aber ich folge Ihnen auch weiter in Ihren Plänen im allgemeinen Finanzausgleich. Sie wollen von den Ländern die Körperschaftsteuer und die Einkommensteuer zu einem Drittel an sich ziehen und verweisen die Länder darauf, daß sie sich im inneren Finanzausgleich schadlos halten sollen, 'nämlich durch eine Kürzung der Finanzzuweisungen an die Gemeinden und Gemeindeverbände. Das spielt mit in Ihre Pläne hinein.
Das ist jedenfalls für uns vom kommunalen Gesichtspunkt aus doch immerhin nicht unwesentlich.
Nun, Herr Kollege Nowack, muß ich noch auf etwas aus Ihren Ausführungen verweisen. Sie sagten, die Unterverteilung auf die kleinen Landgemeinden durch die kommunale Aufsichtsbehörde sei verhältnismäßig leicht. Ja, Sie denken noch an die kommunale Aufsichtsbehörde zu der Zeit, als der Landrat sie als Vorsitzender des Kreisausschusses in Preußen handhabte. Aber der Kollege Mellies hat schon auf die Aufsichtsbehörde der unteren Stufe und auf das in der britischen Zone bestehende, meines Erachtens nicht gerade zweckmäßige Kommunalverfassungsrecht aufmerksam gemacht. Stellen Sie sich mal das Palaver im Kreistag vor, das da losgeht! Also, so einfach ist die Sache praktisch nicht zu machen. Da ich persönlich gerade von einer Haushaltsberatung meines Heimatkreises komme, kann ich Ihnen sagen: Ich schrecke davor zurück.
— Herr Kollege, wir wollen nicht allzuviel von kommunalen Dingen sprechen. Ich bin zwar dafür: Kommunalpolitiker aller Parteien, vereinigt euch! Aber mit Ihnen möchte ich 'doch kein Bündnis haben.
Meine Damen und Herren, ich bédaure es ganz außerordentlich. Es ist wirklich bisher nicht meine Art gewesen, in solche intensiven und hervorragenden Ausschußarbeiten hineinzufunken. Aber ich habe den Eindruck, hier handelt es sich um eine Kardinalfrage des Kommunalwesens.
— Nein, es ist kein kommunaler Egoismus.
Ich könnte mir vorstellen, daß, wenn man die Getreidepreise so erhöht, das mehr Egoismus ist als hier.
Meine Damen und Herren, ich bin 'der Meinung, daß wir uns dem Antrag der SPD anschließen sollten. Ich für meine Person werde es tun.
Das Wort hat der Herr Bundesfinanzminister.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lediglich zwei Sätze. Ich möchte es nicht unwidersprochen in die Öffentlichkeit hinausgehen lassen. daß der Bundesfinanzminister den Ländern empfohlen hätte, sich als Ausgleich für das, was sie dem Bund zu leisten haben, an den Gemeinden schadlos zu halten. Das hat der Bundesfinanzminister nie erklärt.
— Das ist nicht die logische Folgerung, sondern ganz im Gegenteil! Wer etwas von den steuerrechtlichen Zusammenhängen versteht, der weiß, daß gerade die Anderung der Einkommensteuer und der Wegfall der Vergünstigungen eine starke Steigerung der Einnahmen der Gemeinden, nämlich bei der Gewerbesteuer und der Steuer vom Gewerbeertrag, zur Folge haben wird.
Also die Einkommensteuerreform wird die finanzielle Kraft der Gemeinden wesentlich bessern und wird ihnen viel mehr einbringen, als ihnen umgekehrt durch die Übernahme der Beamten an Ausgaben zugemutet werden würde.
Das darf ich hier einmal feststellen.
Zweitens handelt es sich nicht um die Frage, ob Freundschaft für die Gemeinden oder nicht, ob Selbstverwaltung oder nicht. Es handelt sich lediglich um eines: Wenn wir in Deutschland die Lasten
tragen wollen, die auf uns liegen, dann müssen wir alle zusammenstehen: Bund, Länder und Gemeinden!
Das Wort hat der Abgeordnete Jacobi.
— Sie verzichten. Damit ist die Rednerliste erschöpft.
— Das Wort hat der Abgeordnete Kather.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte kurz auf etwas eingehen, was der Herr Kollege Dresbach gesagt hat. Er hat gesagt, wir müßten doch Vertrauen zu den Gemeinden haben. Offenbar sind dem Herrn Kollegen Dresbach die Vorgänge nicht mehr in Erinnerung, die auch hier im Hause zur Sprache gekommen sind, als das Unterbringungsgesetz im Bundesrat nicht verabschiedet wurde
und als wir aus einer einzigen Gemeinde — ich glaube, es war aus Nordrhein-Westfalen — die zuverlässige Nachricht bekamen, daß damals 17 neue Stellen besetzt bzw. Beförderungen ausgesprochen worden sind.
Es ist ja auch in der Presse zu lesen gewesen, daß, ich glaube, in Bayern damals Hunderte von Stellen besetzt worden sind. Unter diesen Umständen kann das Vertrauen natürlich nicht allzugroß sein.
Meine Damen und Herren, ich will auf die kommunalpolitischen Dinge nicht mehr eingehen; es haben Leute gesprochen, die davon mehr verstehen. Wir haben aber gehört, daß auch von einem Teil dieser Herren die Tragbarkeit dieser Bestimmung durchaus anerkannt worden ist, und ich kann Ihnen darüber hinaus sagen, daß sehr viele auch von unseren politischen Freunden, die in der Kommunalpolitik stehen, mir erklärt haben. daß sich das durchaus durchführen läßt. Meine Damen und Herren, ich will Ihnen einmal eins sagen: Dieses Gesetz verwirklicht auf der anderen Seite auch durchaus nicht alle Hoffnungen, die wir darauf gesetzt haben. Es wird zwar von der vollen Gleichberechtigung bei den Pensionären gesprochen, aber die Art der Berechnung, die Anrechnung der letzten Jahre, das alles führt dazu, daß bis zum Beamtengesetz die Gleichberechtigung nicht gegeben ist. Es ist heute schon gesagt worden, daß die Regelung für die Wartestandsbeamten nicht befriedigt. Wir haben zahlreiche Zuschriften bekommen, in denen die Leute uns vorrechnen, daß sie nach der neuen Regelung wesentlich weniger bekommen, als sie durch die Überbrückungshilfe bekommen haben.
Meine Damen und Herren, wir haben u. a. auch — und jetzt spreche ich einmal für die Vertriebenen, von denen meiner Ansicht nach allzuviel die Rede ist — auf den Wunsch einer Schlüsselung verzichtet, einen Wunsch, der durchaus berechtigt war. Wir haben alle diese Wünsche zurückgestellt und sind bereit, dafür den Rücken auch gegen unsere Leute hinzuhalten. Aber das hat natürlich zur Voraussetzung, daß auf der anderen Seite nicht wesentliche Teile aus dem Ganzen herausgebrochen werden.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Nowack.
Dr. Nowack (FDP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Dresbach hat in sehr launiger Weise den Standpunkt der von ihm vertretenen Landkreise verfochten. Aber in seinen Ausführungen hat er eine Formulierung gebraucht, die uns schon bei den Beratungen im Ausschuß aufgefallen ist und gegen die ich mich schon damals im Ausschuß mit aller Deutlichkeit gewandt habe. Er hat nämlich davon gesprochen, daß dieser Ausgleichsbetrag, der von den Ländern bzw. Gemeinden zu tragen sein wird, eine Strafe sei. Meine Damen und Herren, der Finanzminister hat eben schon ausgeführt, und ich möchte seine Worte noch einmal wiederholen: es handelt sich nicht um eine Strafe. Was als Strafe vorgesehen ist für den Fall, daß gegen die Pflicht der Unterbringung böswillig verstoßen wird, das, Kollege Dresbach, steht in § 16 b. Das ist eine Strafe! Das andere aber, worüber wir jetzt sprechen, ist nichts weiter als ein positiver Beitrag jeder Stelle, die darum bemüht sein muß, diese Menschen wieder unterzubringen und ihnen wieder eine Arbeitsstätte zu geben. Das ist eine moralische Verpflichtung, und das kann man nicht mit einer Strafe gleichstellen.
— Meine Damen und Herren, dazu sind aber die Worte da, und Sie machen ja schließlich mit Ihren Worten von dieser Möglichkeit auch Gebrauch!
Nun ist aber noch eine andere Redensart hier gefallen. Der Kollege Dresbach hat ia sehr amüsanter Weise gesagt, wir sollten uns einmal überlegen, was für ein „Palaver" entstehe, wenn es sich darum handle, diesen Ausgleichsbeitrag nun auf die verschiedenen kreisangehörigen Gemeinden umzulegen. Ja, meine Damen und Herren, glauben Sie denn, daß dieses „Palaver" nicht entstünde, wenn es sich darum handelte, soundsoviele 131er unterzubringen? Ich glaube, gerade das, was Herr Kollege Dresbach uns hier bezüglich dieses „Palavers" gesagt hat, bestätigt die unbedingte Notwendigkeit dieser Bestimmung.
. Das Wort hat der Abgeordnete Matzner.
Meine Damen und Herren! Es sei mir gestattet, einige Sätze zum Schluß zu sagen, und zwar folgendes: Es hat sich herausgestellt, daß die im Ausschuß vertretene Meinung, es handle sich nur um ein Druckmittel, richtig ist; es ist eine Finanzierung des Gesetzes.
Zum zweiten frage ich alle die, die sich so mit Mißtrauen gegen die Gemeinden gewandt haben, besonders auch meinen Kollegen Kuntscher, ob nicht die Heimatvertriebenen selber Bürger dieser Gemeinden sind und alle diese Lasten jetzt und in Zukunft mittragen werden, vor allem diejenigen, die von diesem Gesetz nicht betroffen sind.
Zum dritten habe ich mich sehr gewundert, daß der Herr Finanzminister hier von der Solidarität des Volkes gesprochen und gesagt hat, der deutsche Steuerzahler müsse 750 Millionen aufbringen. Ich frage den Herrn Finanzminister, ob die Millionen, die die Gemeinden aufbringen müssen, nicht auch Steuergelder sind!
Das Wort hat der Herr Bundesfinanzminister.
Schäffer, Bundesminister 'der Finanzen: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn ich gefragt werde, muß ich Antwort geben und auch falsche Behauptungen richtigstellen: Es ist eine falsche Behauptung, wenn gesagt wird. in der Debatte habe sich — und vielleicht durch meine Äußerungen — ergeben, daß die 35 Millionen Ausgleichsbeträge zur Finanzierung des Gesetzes bestimmt seien. Das, was ich erklärt habe. war in Sinn und "Bedeutung genau das Gegenteil. Ich habe erklärt, daß die 35 Millionen zwar vorgesehen sind, aber nicht zur Finanzierung des Gesetzes sondern als Mittel, um die Gemeinden zu veranlassen, von dem Willen des Gesetzgebers Gebrauch zu machen, die verdrängten Beamten wirklich einzustellen und dadurch die Übergangsgelder zu sparen, die sonst anfallen würden. Das war meine Erklärung.
Wenn ich von der Solidarität in Bund, Ländern und Gemeinden gesprochen habe, so ist das richtig. Wir sollten alle daran denken, 'daß 'hinter Bund, Ländern und Gemeinden dasselbe Volk und derselbe Steuerzahler steht und daß der Egoismus des einzelnen Haushaltsreferenten, seine Lasten zu erleichtern und von der Gemeinde weg auf den Bund abzuschieben, vom deutschen Standpunkt aus eine törichte Sache ist.
Das Wort hat der Abgeordnete Fröhlich.
Meine Damen und Herren! Über die bisherigen Erfolge in der Unterbringung nach den Flüchtlingsgesetzen in den Ländern liegen uns sehr eindeutige Erfahrungen vor. In Bayern, einem sehr stark mit Flüchtlingen belegten Land, ist es z. B. so — und dass gleiche gilt auch für Schleswig-Holstein und Niedersachsen —, daß die kleineren und mittleren Gemeinden die Forderung, die dieses Gesetz aufstellt, im allgemeinen längst erfüllt haben.
Deswegen sind die Gemeinden — und ein Kollege der Sozialdemokratischen Partei hat mir das bestätigt — bei uns in Bayern sogar daran interessiert, daß § 15 Abs. 2 erhalten bleibt, damit endlich einmal die anderen gezwungen sind, den Ausgleich zu schaffen.
Meine Damen und Herren, wenn davon gesprochen worden ist, daß in den Kreistagen um diese Dinge palavert werden wird, so ist dazu zu sagen: In jedem Parlament wird palavert; die Hauptsache ist, daß am Ende etwas Vernünftiges herauskommt.
Wir glauben eines feststellen zu müssen: Wenn § 15 Abs. 2 fällt, können wir den gesamten Abschnitt über die Unterbringung streichen,
und für diejenigen, die nach diesem Gesetz etwas bekommen sollten, käme -nichts heraus. Ich bitte deshalb darum, daß es bei der bisherigen Fassung des Ausschußentwurfs verbleibt.
Nunmehr, meine Damen und Herren, ist die Rednerliste erschöpft.
Wir kommen zur Abstimmung. Ich lasse über den weitestgehenden Antrag Umdruck Nr. 116 Ziffer 1, der die Streichung des Abs. 2 verlangt, abstimmen. Wer für diesen Antrag ist, — —
— Dieser Antrag geht vor.
— Nein, der Antrag auf Streichung des ganzen Absatzes geht vor. Nachher lasse ich satzweise abstimmen, falls dieser Antrag abgelehnt werden sollte. Wer für die Annahme dieses Antrages ist, den bitte ich, die Hand zu -erheben. — Gegenprobe! —
Meine Damen und Herren, es ist leider nicht eindeutig festzustellen, welches die Mehrheit ist. Wir müssen den Hammelsprung machen. Wer für die Streichung ist, den bitte ich, durch die Ja-Türe einzutreten.
Darf ich bitten, die Zwiegespräche draußen im
Vorraum zu führen und den Saal zu räumen. Ich
bitte, die Türen zu schließen.
Die Abstimmung beginnt.
Meine Damen und Herren, ich bitte sich zu beeilen. Ich lasse in einer Minute die Türen schließen. —
Ich bitte, die Türen zu schließen. Die Abstimmung ist geschlossen.
Meine Damen und Herren, das Ergebnis der Abstimmung ist: 149 Ja-Stimmen, 139 Nein-Stimmen, 4 Enthaltungen. Damit ist der Abänderungsantrag angenommen; Abs. 2 ist gestrichen.
Ich rufe auf § 16. Abänderungsanträge sind nicht gestellt.
— Zur Geschäftsordnung der Abgeordnete Loritz!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nachdem hiermit durch die Abstimmung der § 15 Abs. 2 in der Form der Beschlüsse des Ausschusses angenommen wurde, —
— abgelehnt wurde,
erübrigen sich die weiteren Ausführungen zu diesem Paragraphen.
Ich werde bei einem der späteren Paragraphen, die das betreffen, was ich zu sagen habe, unsere diesbezüglichen Anträge hier noch zu stellen haben.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Becker.
— Ist erledigt.
Dann § 16. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Angenommen.
— Der Antrag ist erst zu § 16b!
§ 16 a. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Angenommen.
Zu § 16b ist ein Antrag angekündigt. Wer begründet?
— Nein, zu § 16b ist ein Antrag — Umdruck Nr. 116 Ziffer 2 — angekündigt.
— Doch, das haben wir getan. Wir haben über § 16 und § 16a abgestimmt.
Das Wort hat der Abgeordnete Mellies.
Meine Damen und Herren! Bei dem Antrag handelt es sich zunächst um aie Folgerung aus dem eben angenommenen Antrag auf Streichung des § 15 Abs. 2. Gleichzeitig haben wir aber auch vorgeschlagen — Sie finden das unter Ziffer 3 —, den § 17 zu streichen. Denn es handelt sich jetzt nur noch um die eine Bestimmung, die wir hier anhängen möchten. In diesem Falle würde
— ich nehme an, Herr Präsident, ich darf das in diesem Zusammenhang auch gleich sagen, dann brauche ich es nachher nicht noch einmal zu tun — die Bestimmung des § 17 wegfallen, nach welchem diese Mittel ausschließlich für die Zwecke dieses Gesetzes zu verwenden sind. Das Geld, daß zur Erfüllung dieses Gesetzes verwandt werden soll, wird genau festgelegt und kommt aus Bundesmitteln. Würde diese Bestimmung des § 17 bestehen bleiben, so würden dafür eine besondere Kassenführung und ein besonderer Verwaltungsaufwand notwendig sein, was sinnlos wäre. Die Bestimmung des § 17 hat sicher optische Wirkung, wenn man sie von diesem Standpunkt aus betrachtet. Aber ich glaube, es ist sehr gefährlich, gesetzliche Bestimmungen unter optischen Gesichtspunkten zu treffen. Wenn unser Antrag bezüglich des zweiten Absatzes des § 16b angenommen wird, fließen die Mittel, die aus der Bestimmung des § 16 b aufkommen, dem Bunde zu. Selbstverständlich hat der Bund die Lasten, die aus diesem Gesetz entstehen, sowieso zu tragen.
Das Wort hat der Abgeordnete Wuermeling.
Da es sich bei diesem Antrag im wesentlichen um technische Konsequenzen aus der letzten Abstimmung handelt, möchte ich anregen, daß, wenn das Abstimmungsergebnis wieder zweifelhaft sein sollte, das Haus dann unterstellt, es sei das gleiche Ergebnis wie soeben, damit wir nicht erneut zu einem Hammelsprung genötigt sind.
Meine Damen und Herren, es ist ausschließlich Sache des geschäftsfihhrenden Präsidiums, festzustellen, welches die Mehrheit ist. Man kann da nichts „unterstellen".
Ich lasse abstimmen. Wer für die Annahme des Abänderungsantrages -- es ist Ziffer 2 des Umdrucks Nr. 116 — ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Offensichtlich genau dieselbe Mehrheit wie vorher.
— Dann bitte ich, die Abstimmung zu wiederholen. Wer für den Abänderungsantrag ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! —
' — Das Präsidium ist der Meinung, daß es dieselbe Mehrheit ist. Angenommen.
Dann lasse ich abstimmen über den § 16b in der jetzigen Fassung. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Das erste war die Mehrheit; angenommen.
§ 17. Auch hier ist der Abänderungsantrag angekündigt, § 17 zu streichen. Er ist schon begründet worden. — Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich lasse abstimmen. Wer für die Annahme des Abänderungsantrages ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Dieselbe Mehrheit; der Antrag ist angenommen.
§ 18. Kein Abänderungsantrag.
Herr Abgeordneter Fröhlich hat das Wort.
Meine Damen und Herren! Die Anerkennung von nur zwei Beförderungen in der Zeit von Januar 1933 bis 1945 ist eine Ausnahmeregelung für die unter Art. 131 des Grundgesetzes fallenden Personen und bedeutet nach unserer Auffassung eine unberechtigte Härte. Nach Art. 19 des Grundgesetzes darf ein Grundrecht — es handelt sich hier um die Gleichheit aller vor dem Gesetz —nur dann eingeschränkt werden, wenn diese Einschränkung für alle gilt. Das ist hier nicht der Fall. Darüber hinaus ist der unter Art. 131 f allende Personenkreis schon heute grundsätzlich damit einverstanden, wenn die Anerkennung nur einer Beförderung innerhalb von 6 Dienstjahren für alle Beamten gilt, also auch für die im Dienst verbliebenen und für die im Jahre 1945 neu eingestellten Beamten. Allen Abgeordneten dieses Hohen Hauses wird bekannt sein, daß es Blitzkarrieren zu allen Zeiten gegeben hat. Wenn die hier vorgesehene Bestimmung auch im neuen Beamtengesetz ihren Niederschlag finden sollte, wären wir mit dieser Regelung einverstanden.
Es wird nun von seiten des Finanzministeriums, wenn die Beförderungsklausel fällt, eingewandt werden, daß erheblich höhere finanzielle Anforderungen auftreten würden. Wir sind der Meinung, daß das nicht der Fall ist. Denn die Mehrausgaben, die durch den Fortfall der Klausel zunächst einmal eintreten würden, würden später wegfallen, wenn der gesamte Personenkreis der Beamten unter diese Klausel fällt, also mit dem Inkrafttreten des neuen Beamtengesetzes. Mehrbelastungen entstehen also nicht. Es wäre interessant, hierzu einmal die Stellungnahme des Herrn Bundesfinanzministers zu hören. Wir sind der Meinung, daß wir uns durch den Wegfall dieser Klausel nicht der Kritik aussetzen, würden, daß wir für den Personenkreis nach Art. 131 des Grundgesetzes zweierlei Recht schaffen. Ich überreiche deshalb dem Herrn Präsidenten einen Abänderungsantrag. Bei Annahme des Antrages würde gleichzeitig auch der § 30a entfallen können.
Das Wort hat der Abgeordnete von Thadden.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Bundeskanzler, der die Debatte zu diesem Punkt der Tagesordnung vorhin eröffnete, hat erklärt, durch dieses Gesetz solle äußerlich dokumentiert werden, daß keine Diskriminierung der unter dieses Gesetz fallenden Personen mehr gegeben sei. Die Anerkennung von nur zwei Beförderungen ist eine Diskriminierung all derjenigen, die durch Leistungen eine schnellere Beförderungsreihenfolge erzielt haben, ganz abgesehen davon, daß wir nach 1945 Beförderungskarrieren gesehen haben, die manche Wehrmachtskarriere, die die vorliegende Bestimmung ja auch betrifft, noch weit in den Schatten stellen. Ich denke an einen Mann, der es in diesem kurzen Zeitraum vom Postschaffner zum Oberpostpräsidenten gebracht hat.
Das ist doch immerhin beachtlich. Ich beziehe mich auf eine Pressemeldung, meine Herren von der Linken, wonach ein Mann, der 1933 Postschaffner war, heute Oberpostpräsident ist.
— Wieso zu dumm? Ich lese Zeitungen, die Ihnen unsympathisch sind. Da steht das drin.
Wenn Sie sich an die Einleitung erinnern, die der Herr Bundeskanzler heute hier gegeben hat, werden Sie dem Antrag des Herrn Abgeordneten Fröhlich, der die Diskreditierung, die durch diesen Grundsatz zum Ausdruck kommt, ausschalten würde, zustimmen müssen.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete von Aretin.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion hat den Antrag, den der Herr Abgeordnete Fröhlich soeben mündlich vorgetragen hat, in Umdruck Nr. 123 gestellt. Es erübrigt sich also, daß ich darüber noch weitere Worte verliere. Es ist jedoch systematisch zweckmäßig, unseren Antrag hier zu behandeln, damit wir nicht mehrmals darüber zu reden brau- chen. Ich ändere unseren Antrag dahingehend ab, daß in Umdruck Nr. 123 Ziffer 1 an die Stelle der Worte „in § 30 a" der Wortlaut gesetzt wird, den ich anschließend dem Herrn Präsidenten schriftlich übergeben werde. Die Nivellierung, die darin liegt, daß nur zwei Beförderungen in 12 Jahren anerkannt werden, d. h. eine Beförderung in 6 Jahren, eine Nivellierung, die gerade die Spitzen unseres Beamtentums nicht verdient haben, erscheint mir sehr schmerzlich. Aus diesem Grunde bitte ich Sie, der Leistung den Lohn zu lassen.
Das Wort hat der Abgeordnete Richter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für die Ovationen, die Sie mir soeben dargebracht haben, danke ich Ihnen sehr.
Ich möchte in diesem Zusammenhang nur folgendes sagen. Beförderungen — —
— Herr Renner, es wird Sie wahrscheinlich nicht I interessieren, wieviel Beförderungen ich gehabt habe. Beförderungen, Herr Renner, sind immer im Namen des Volkes und durch das vom Volk gewählte Staatsoberhaupt ausgesprochen worden.
Das Volk ist heute noch da. Beförderungen von Beamten wurden bei besonderen Leistungen, Beförderungen von Soldaten für besondere Tapferkeit ausgesprochen.
Wenn Sie in Zukunft Europa verteidigen wollen und jetzt besondere Tapferkeit verneinen wollen, dann möchte ich einmal sehen, wer von Ihnen Europa noch verteidigen wird.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Nowack.
Dr. Nowack (FDP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben bereits bei der ersten Lesung des Gesetzes zum Ausdruck gebracht, daß wir in der Bestimmung über die Einschränkung der Anerkennung von Beförderungen eine besondere Härte sehen. Wir haben im Ausschuß versucht, sofort eine Lösung zu finden, die in dem kommenden Regierungsentwurf für das neue deutsche Beamtengesetz vorgesehen sein soll. Dort soll vorgesehen sein, daß für die Berechnung der Ruhegehälter die Gesamtdienstzeit durch die durchschnittliche Beförderungszeit von 6 Jahren dividiert wird und daß die Höhe des Ruhegehalts danach von Fall zu Fall errechnet wird. Diese Lösung hätten wir lieber hier eingebaut gesehen. Jetzt ist eine Lösung gewählt worden, von der man gesagt hat, sie sei eine Diskriminierung der 131er. Man sollte mit solchen verallgemeinernden Formulierungen etwas vorsichtiger sein, insbesondere wenn man, obwohl dazu Gelegenheit geboten war, an den echten Arbeiten des Ausschusses nicht eine einzige Stunde teilgenommen hat, jetzt aber versucht, mit aufgeschnappten Vokabeln hier irgéndwie politische Agitation zu treiben.
Wir haben im Ausschuß immer wieder die Ansicht vertreten, daß die nunmehr getroffene Lösung keine Dauerlösung oder keine Sonderlösung für die 131er sein kann. Es steht in einer der Schlußbestimmungen dieses Gesetzes, daß auch für die 131er das Bundesbeamtengesetz stets in der Form gelten wird, wie es für die Bundesbeamten gilt. Dieses neue Bundesbeamtengesetz — es sollte eigentlich schon bis zum 30. Juni dieses Jahres fertig sein — wird dann auch diese Frage endgültig regeln. Wir Freie Demokraten lassen jedenfalls keinen Zweifel darüber, daß wir einer beständigen Ausnahmeregelung für die 131er in dieser Frage nicht zustimmen werden, sondern daß wir unter allen Umständen die völlige Gleichstellung mit den anderen Beamten verlangen.
Weitere Wortmeldungen? — Nein. Ich schließe die Aussprache.
Ich lasse abstimmen über die Abänderungsanträge. Die Abänderungsanträge der Bayernpartei und des BHE sind einigermaßen identisch, wenn ich recht verstehe. Vielleicht geht der Antrag des BHE ein ganz kleines bißchen weiter. Ich lasse zunächst über ihn abstimmen. Wer dafür ist, den
bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Letzteres ist die Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.
Nun lasse ich abstimmen über den Antrag der Bayernpartei. Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Letzteres ist die Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.
Nunmehr lasse ich abstimmen über den § 18 in der Ausschußfassung. Wer für die Annahme dieses Paragraphen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Der Paragraph ist angenommen.
Ich rufe auf: §§ 19, — 20 entfällt —, 21, - 22, -23, - 24, - 25, - 26. — Wer für die Annahme dieser Bestimmungen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Angenommen.
Zu § 27 ist ein Abänderungsantrag gestellt, Ziffer 4 des Umdrucks Nr. 116.
Zur Begründung dieses Antrags hat das Wort der Abgeordnete Matzner.
Matzner ; Antragsteller: Meine Damen und Herren! Ich kann mich sehr kurz fassen. Dieser Antrag ist nur die Folge des angenommenen Antrags auf Streichung von § 15 Abs. 2; denn dieser Satz, der hier gestrichen werden soll, betrifft die Ausgleichsbeträge nach dieser Bestimmung. Ich bitte also, der jetzt geschaffenen Fassung entsprechend auch diese Streichung vorzunehmen.
Keine weiteren Wortmeldungen? — Dann lasse ich abstimmen. Wer für die Streichung der Worte „zur Leistung der Ausgleichsbeträge und" in § 27 Abs. 1 Ziffer 3 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Das erste war die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.
Nun lasse ich abstimmen über § 27. Wer für die Annahme der jetzigen Fassung ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Es ist angenommen.
§§ 28, — 29, — 30. — Wer für die Annahme dieser Bestimmungen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Die Paragraphen sind angenommen.
Zu § 30a sind Abänderungsanträge von der Bayernpartei, dem BHE und von Herrn von Thadden auf Umdruck Nr. 124 gestellt.
Zunächst zur Begründung Herr von Aretin. .
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unser Abänderungsantrag zu § 30a beinhaltet etwa das gleiche wie der Abänderungsantrag, den ich vorhin hier zu vertreten die Ehre gehabt habe. Nachdem der Abänderungsantrag vorhin schon nicht die Zustimmung des Hauses gefunden hat, erkläre ich auch diesen unseren Abänderungsantrag für erledigt.
Das Wort hat Herr Fröhlich.
Das Wort hat Herr von Thadden.
— Damit sind die drei Abänderungsanträge zurückgezogen.
Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über § 30a und § 31. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben.
— Ich bitte um Entschuldigung, es wird nur über § 30a abgestimmt. Wer für die Annahme von § 30 a ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Angenommen.
Zu § 31 liegt ein Antrag des Ausschusses für Beamtenrecht vor — Umdruck Nr. 108 Ziffer 1 —, der vom Herrn Berichterstatter schon begründet wurde. Die Worte: „im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Vertriebene" sollen in § 31 Abs. 2 vor dem zweitletzten Wort des Paragraphen eingesetzt werden. Wortmeldungen? — Keine. Ich schließe die Aussprache. Wer für die Annahme des Abänderungsantrages des Ausschusses ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Angenommen.
Wer für die Annahme des nunmehr abgeänderten § 31 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Angenommen.
§§ 32, - 33, - 34, - 35. — Wer für die Annahme dieser Bestimmungen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben.
— Sie müssen das ein bißchen deutlicher machen, Herr Kollege. Zu welchem Paragraphen?
— Wir sind schon in der Abstimmung. Es tut mir leid.
Wer für die Annahme der aufgerufenen Paragraphen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben.
— Gegenprobe! — Angenommen.
ZU § 36 ist ein Abänderungsantrag angekündigt: Umdruck Nr. 115 Ziffer 1.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Gundelach.
Meine Damen und Herren! Der § 36 des vorliegenden Gesetzes regelt die Ansprüche der „Beamten zur Wiederverwendung", wie der neugebildete Ausdruck an Stelle des sonst bei den Beamten üblichen Ausdrucks „Wartestandsbeamte" heißt. Nun ist aus den zahlreichen Zuschriften aus Beamtenkreisen bekannt, daß sich dieser Kreis der Beamten benachteiligt und zwar berechtigterweise benachteiligt fühlt; denn er ist nicht gleichgestellt, sondern ihm wird von seinem Ruhegehalt ein entsprechender Betrag, der bei den einzelnen sehr wesentlich ist, in Abzug gebracht.
Unser Antrag, ein Abänderungsantrag zu § 36, bezweckt, das zu verhindern. Wir beantragen also, daß § 36 Ziffer 2 folgende Fassung erhält:
Das Übergangsgehalt ist in Höhe des am 8. Mai 1945 erdienten Ruhegehaltes zu gewähren.
Meine Damen und Herren! Ich schlage vor, bei diesem Paragraphen absatzweise abzustimmen und auch die Anträge zu den einzelnen Absätzen zu begründen. — Wird zu Abs. 1 noch gesprochen? — Dann lasse ich über den eben gestellten Abänderungsantrag abstimmen. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Abgelehnt.
Abs. 2. — Keine Wortmeldungen? —
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Wuermeling.
Meine Damen und Herren! Zu dem Antrag der KPD möchte ich zunächst feststellen, daß der Deckungsvorschlag fehlt.
— Dann bitte ich um Entschuldigung.
Trotzdem darf ich zu Abs. 2, weil ich dazu noch etwas zu sagen habe, ganz kurz sprechen.
Die Zustimmung zu diesem Abs. 2, der die Auszahlung nur eines Teiles der Ruhegehälter für die „Beamten zur Wiederverwendung" vorsieht, ist uns allen im Beamtenrechtsausschuß sehr schwergefallen. Deswegen haben wir alle den dringenden Wunsch, der ja auch im weiteren Gesetzestext — in 79 — zum Ausdruck gekommen ist. daß. sobald es irgend geht, diese Teilzahlung der Übergangsgehälter erhöht werden, weil hier zur Zeit für die Dauer der Nichtbeschäftigung tatsächlich weniger gegeben wird. als an sich gegeben werden müßte. Prei das ist eben der Punkt, wo die finanzielle Möglichkeiten weitergehende Formulierungen einfach nicht zuließen.
Meine Damen und Herren, wenn die KPD den Antrag stellte, den noch dienstfähigen Beamten und früheren Berufssoldaten, einschließlich der Berufsoffiziere, die vollen Pensionen zu zahlen, dann ist das im Hinblick auf den darin liegenden Beweis für die in der Entwicklung befindliche Remilitarisierung der KPD politisch nicht ganz uninteressant.
Abs. 2. Wer für die Annahme des Absatzes ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Angenommen.
Zu Abs. 3 liegt ein Antrag der FDP vor. — Das Wort hat der Herr Abgeordnete Nowack.
Dr. Nowack (FDP), Antragsteller: Meine Damen und Herren! Mit Verwunderung müssen wir feststellen, mit welcher Kühnheit hier Vertreter der Kommunistischen Partei an das Rednerpult kommen und sich als Retter des deutschen Beamtentums aufspielen. Diese Leute haben ihre Aufträge aus Pankow oder Karlshorst bekommen.
Das, was Sie hier in dieser Frage eben gesagt haben oder vielleicht noch sagen werden, dürften Sie in der Ostzone unter keinen Umständen zum Ausdruck bringen.
Herr Abgeordneter Renner — ich darf einmal kurz unterbrechen, Herr Abgeordneter Nowack —, es gehört zu den Gewohnheiten Ihrer Fraktion, den anderen Abgeordneten vorzuhalten, sie bezögen ihre Instruktionen aus Washington.
Dr. Nowack (FDP), Antragsteller: Meine Damen und Herren! Wir haben soeben in dem § 32 eine Regelung für die Anrechnung von Nebeneinkommen bei den Pensionären getroffen, und zwar haben wir dort festgelegt, daß ein Drittel dieser Einkünfte — mindestens 100 DM — monatlich anrechnungsfrei bleibt. Wir haben nun hier über die Anrechnung von Einkommen aus nichtöffentlicher Tätigkeit bei den Empfängern von tbergangsgehalt zu entscheiden. Wir schlagen Ihnen im Umdruck Nr. 121 unter Punkt 2 vor, hier d' e gleiche Regelung zu treffen und den letzten Satz in Abs. 3 entsprechend umzuändern, und zwar dahin:
andere Arbeitseinkünfte bleiben in Höhe von einem Drittel, mindestens jedoch in Höhe von 100 DM anrechnungsfrei.
Wir glauben. daß diese Regelung. die die Verwirklichung des Gesetzes in finanzieller Hinsicht nicht wesentlich stören oder belasten wird, gerade bei denen notwendig ist, die das Überaangscehalt bekommen. das ja nach diesem Gesetz geringer als die Pension ist. und daß wir den Angehörigen dieses Personankreises nicht eine geringere Anrechnungsfähigkeit geben sollten als den Pensionären.
' Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Wuermeling.
Meine Damen und Herren! Wenn es finanziell nicht entscheidende Konsequenzen hätte, zuzustimmen, würden wir diesem ' Vorschlag gern unsere Zustimmung geben. Aber da solche finanziellen Konsequenzen da sind und ein Deckungsvorschlag nicht gemacht werden kann, bleibt uns nur die Möglichkeit, uns daran zu erinnern, daß auch dieser Vorschlag der FDP nicht zu dem Antrag von gestern, sondern zu dem von heute gehört, und daß zwischen beiden jene Nacht gelegen hat, von der ich vorher gesprochen habe.
Keine weiteren Wortmeldungen? — Das Wort hat der Abgeordnete Richter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte nur darauf hinweisen: Wenn man diesen Paragraphen so annehmen wollte, wie er jetzt gefaßt ist, wäre das eine Härte für diejenigen, die sich in einer Zeit, da sie nicht ihrem eigentlichen Beruf. nämlich Soldat sein zu können, nachgehen konnten. eine andere Beschäftigung suchen mußten und heute natürlich in große Schwierigkeiten geraten. wenn das Gesetz angenommen wird. Ich habe deshalb einen Abänderungsantrag gestellt, der folgendermaßen lautet:
Zum Unterhalt und Ruhegehalt darf noch so viel hinzuverdient werden, wie der Unterschied zum alten Versorgungsanspruch ausmacht.
Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich lasse abstimmen. Am weitesten geht der soeben gestellte Antrag. Ich nehme an, daß die Damen und Herren ihn verstanden haben. Ich brauche ihn nicht mehr zu verlesen. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! —
Gegen die Stimme des Antragstellers —
Verzeihung, gegen zwei Stimmen — ich bitte um Entschuldigung, Herr Kollege Loritz, ich habe Sie nicht gesehen — abgelehnt.
Der nächste Antrag, über den wir abstimmen, ist der Antrag, den Kollege Nowack begründet hat, Umdruck Nr. 121 Ziffer 2. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Ich bitte, die Abstimmung zu wieder-
holen. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Das erste war die Mehrheit! — Angenommen.
Ich muß jetzt noch über Abs. 3 abstimmen lassen. Wer für Abs. 3 in der nunmehrigen Fassung ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Angenommen.
Nunmehr kommt Abs. 4. Hier ist ein Antrag angekündigt: Umdruck' Nr. 116 Ziffer 5. Der Antrag lautet auf Streichung des Absatzes.
Das Wort hat der Abgeordnete Matzner.
Meine Damen und Herren! Ich hoffe, daß dieser Antrag meiner Fraktion nicht auf so viele Gegenredner stößt wie der frühere. Es handelt sich hier um die Streichung des Abs. 4, der heißt:
Durch Haushaltsgesetz können Zuschläge zu den nach Abs. 2 zu zahlenden Beträgen festgesetzt werden.
Im Ausschuß glaubte man damals, die etwas — das war ja ursprünglich der Fall — sehr niedrigen Unterhaltsbeiträge — jetzt heißt es Übergangsgehälter — dadurch etwas schmackhafter zu machen, daß man in Aussicht stellte. die Beiträge zu erhöhen, und zwar durch einfaches Haushaltsgesetz, wenn die Situation günstiger würde.
Wir haben uns die Sache gründlich überlegt und sind zu dem Entschluß gekommen, hier die Streichung zu beantragen, weil diese Fassung, nachdem das u esetz nun eine neue Konstruktion hinsichtlich der Finanzierung bekommen hat, aus haushaltsrechtlichen Gründen nicht gebilligt werden kann. Darüber hinaus wurde heute schon im Haushaltsausschuß gesagt, daß auch aus beamtenrechtlichen Gründen hier Bedenken auftauchen. Es ist nämlich so: Wenn man durch Haushaltsgesetz Beamtengehälter ändern kann, auch wenn es sich hier nur um Übergangsgehälter handelt, stoßen wir damit tief in die Bezirke des Beamtenrechts hinein. Die Folge könnte sein, daß man durch Haushaltsgesetze auch die Beamtenbesoldung so wie Tarife nach Tarifverhandlungen ändern könnte. Die Bedenken gehen hier auch wieder in Richtung der Betroffenen. Wer bürgt denn dafür, daß nicht auch auf der negativen Seite eine Auswirkung eintritt, daß diese
bergangsgehälter nicht auch herabgesetzt werden können, wenn nämlich der Haushaltsausgleich auf große Schwierigkeiten stößt?
Deshalb beantragen wir die Streichung. Wir wollen damit ausdrücken, daß wir, wenn wir in der Lage sind, diese Lbergangsgehälter zu erhöhen, es für notwendig halten, dies dann durch eine Novelle zum Gesetz zu tun. Das ist ein ordentlicher Vorgang, der jederzeit möglich ist. Ich bitte Sie deshalb, der Systematik des Gesetzes entsprechend diesen kleinen Schönheitsfehler zu beseitigen.
Das Wort hat der Abgeorune De Dr. Wuermeling.
Meine Damen und Herren! Wir können uns zwar der Begründung des Herrn Vorredners nicht vollinhaltlich anschließen, wohl aber dem Ergebnis seiner Ausführungen. Wir halten es nach Prüfung des Antrages auch nicht für glücklich, daß man hier eine Formulierung gefunden hat, nach der gewisse Beamtenbezüge durch Haushaltsgesetz festgesetzt bzw. geändert werden können, denn die Bemessung der Beamtenbezüge ist nicht Gegenstand des Haushaltsgesetzes, sondern der beamtenrechtlichen Gesetzgebung. Infolgedessen stimmen wir also der Streichung dieses Absatzes hier bei § 36 zu, allerdings unter der Voraussetzung, daß der § 79 des Gesetzes aufrechterhalten bleibt, der generell sicherstellt, daß eine Erhöhung der Bezüge außerhalb des Haushaltsgesetzes erfolgen kann, weil wir für den Kreis der unter Art. 131 fallenden Personen eine spätere Erhöhung der Bezüge im Zusammenhang mit dem Absinken anderer Aufwendungen gesetzlich verankern wollen.
Ich bitte also, dem Streichungsantrag zu § 36 Abs. 4 hier zuzustimmen.
Es liegen keine Wortmeldungen mehr vor. Ich lasse abstimmen. Wer für die Streichung des Abs. 4 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Angenommen.
Ich lasse nunmehr über den Paragraphen im ganzen in der jetzt beschlossenen Fassung abstimmen. Wer für die Annahme des § 36 in der nunmehr beschlossenen Fassung ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Angenommen.
Wir kommen zur Abstimmung über die §§ 37 und 38. Wer für die beiden Paragraphen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Angenommen.
Zu § 39 hat Herr von Thadden einen Abänderungsantrag angekündigt; Sie finden ihn im Umdruck Nr. 125 unter Ziffer 3. Ich erteile Herrn von Thadden das Wort zur Begründung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei Bundesbeamten ist jetzt vorgesehen, daß nach 15jährigem Bestehen einer Ehe mit mehr als 15 Jahren Altersunterschied zwischen den Ehegatten eine Kürzung des Witwengeldes nicht mehr eintritt. Mir scheint es wesentlich, vor allen Dingen aus sittlichen Gründen, daß eine Kürzung aller Zuwendungen dann unterbleibt, wenn aus einer Ehe Kinder hervorgegangen sind. Ich beantrage daher, in § 39 Abs. 1 zwischen dem ersten und zweiten Satz noch folgenden Satz einzufügen:
Kürzungen treten nicht ein, sofern aus dieser
Ehe Kinder hervorgegangen sind.
Denken Sie in diesem Zusammenhang bitte daran, daß die Waisengelder im allgemeinen für die Erziehung und Ausbildung von Kindern nicht ausreichen! Aus diesem Grunde sollen Abschläge am Witwengeld dann nicht erfolgen, wenn Kinder vorhanden sind.
Ich bitte, diesem Antrag zuzustimmen.
Keine Wortmeldungen dazu. Ich lasse abstimmen. Wer für diesen Abänderungsantrag ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Ich bitte, die Abstimmung zu wiederholen. Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Letzteres ist unzweifelhaft die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich lasse abstimmen über die §§ 39, 39 a und 40. Wer für die Annahme dieser Bestimmungen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe!
—
Angenommen.
Zu § 41 liegt ein Abänderungsantrag des Ausschusses vor, Umdruck Nr. 108 Ziffer 2. Hier soll das Wort „von" im dritten Absatz Zeile 5 gestrichen werden.
— Eine rein redaktionelle Änderung. Ich glaube, wir brauchen darüber nicht besonders abstimmen zu lassen. — Das Haus ist einverstanden.
Wir kommen zu den §§ 41, 41 a, 41 b und 41 c. Wer für ihre Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Angenommen. Damit, meine Damen und Herren, ist auch der Abschnitt II erledigt.
Wir kommen zu Abschnitt III. Dazu hat der Herr Berichterstatter nichts auszuführen. Es handelt sich nur um den § 42. Er lautet:
Auf Wartestandsbeamte sind die Vorschriften des Abschnittes II entsprechend anzuwenden.
Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben.
— Gegenprobe! — Angenommen.
Nun Abschnitt IV. Hier ist der Bericht noch nicht erstattet.
— Dazu brauchen wir keinen Bericht. Ein Änderungsantrag liegt auch nicht vor.
Ich rufe auf die §§ 43, 44, 45 und 46. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Sie sind angenommen.
Abschnitt V enthält auch nur einen Paragraphen. Hier liegen zwei Abänderungsanträge vor; einer des Ausschusses, Umdruck Nr. 108 Ziffer 3. Danach soll im Abs. 2 hinter dem Wort „gewährt" eingefügt werden: ,,; dabei tritt an die Stelle des Ruhegehaltes". Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Angenommen.
Zu § 47 liegt ferner ein Antrag der kommunistischen Fraktion auf Umdruck Nr. 115 Ziffer 2 vor.
Das Wort hat der Abgeordnete Gundelach.
— Erst muß der Antrag begründet werden.
Vorweg eine Bemerkung: Wir lassen uns, meine Damen und Herren, von niemandem hier im Hause Vorschriften darüber machen, wie und in welcher Weise wir die Interessen des Volkes hier und draußen vertreten.
Das sei besonders Herrn Dr. Nowack gesagt, der von weither herauszufinden sucht, für welche angeblichen Auftraggeber wir hier die Interessen der Beamten oder der Berufssoldaten zu vertreten haben. Wir lassen uns nur davon leiten, welche Interessen zu vertreten sind, und wir lassen uns von niemandem vorschreiben, in welcher Weise wir das hier zu tun haben. Dasselbe sei dem Abgeordneten Dr. Wuermeling gesagt, der auch glaubt anderen Abgeordneten Vorschriften machen und hier als große Leuchte auftreten zu können, als einziger Vertreter der Interessen des Volkes.
— Das zu sagen ist aber notwendig.
§ 47 des vorliegenden Gesetzentwurfs behandelt die Ansprüche der Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes. Meine Fraktion hat zu diesem Paragraphen einen Ergänzungsantrag folgenden Wortlauts gestellt:
§ 47 erhält folgenden Absatz 4:
An Angestellte und Arbeiter erfolgt:
a) Auszahlung rückständiger Gehälter und Löhne für bereits geleistete Arbeit in der Zeit bis zum 8. Mai 1945;
b) Zahlung eines Übergangsgeldes auf der Grundlage der gesetzlich festgelegten Kündigungsfrist;
c) Sicherung der Rechte aus der Sozial- und Zusatzversicherung in der Form, daß die Anwartschaft aufrechterhalten bleibt.
Bei diesen von mir vertretenen Forderungen handelt es sich um solche des Arbeitsausschusses der ehemaligen Reichsbediensteten, Angestellten und Arbeiter, die nach Meimung meiner Fraktion als absolut berechtigt anerkannt werden sollten. Vertreter dieser Interessengruppen und dieses Personenkreises haben im Beamtenrechtsausschuß ihre Wünsche selbst zum Ausdruck gebracht. Als Mitglied des Beamtenrechtsausschusses fühle ich mich daher berechtigt, die Forderungen dieses Personenkreises aufzugreifen, um ihm in etwa entgegenzukommen.
Nach den Darlegungen der Interessenvertretung dieser Angestellten und Arbeiter haben viele von ihnen Gehalts- und Lohnansprüche aus- der Zeit der letzten Wochen und Monate vor dem Zusammenbruch im Jahre 1945. Mit unserem Antrag soll die Anerkennung dieses Anspruches erreicht werden, und es soll eine Nachzahlung in einem der Währungsumstellung entsprechenden Verhältnis erfolgen. Nach der Gesetzesvorlage gelten alle Angestellten und Arbeiter, die weniger als 10 Jahre im Dienst waren, mit dem 8. Mai 1945 als entlassen. Die betroffenen Angestellten und Arbeiter können sich, das ist unsere Auffassung, mit dieser Regelung nicht einfach abfinden und stellen die, wie ich bereits sagte, berechtigte Forderung auf Zahlung eines Übergangsgeldes als Ausgleich für die nicht inngehaltene Kündigungsfrist.
Dieser Forderung wird durch unseren Antrag entsprochen, indem wir die Zahlung eines Übergangsgeldes auf der Grundlage der gesetzlich festgelegten Kündigungsfrist verlangen, auch hier unter Berücksichtigung der inzwischen stattgefundenen Währungsumstellung.
Weiter erhebt dieser Personenkreis die Forderung auf Sicherung der Rechte aus der Sozial- und Zusatzversicherung in der Form, daß die Anwartschaft aufrechterhalten bleibt. Auch diese Forderung ist nach unserer Meinung als absolut berechtigt anzuerkennen. Deshalb beantragen wir, daß auch dieser Forderung des betreffenden Personenkreises Rechnung getragen wird.
Das Wort hat der Abgeordnete Matzner.
Meine Damen und Herren! Wir haben uns im Ausschuß über diese Frage sehr gründlich unterhalten und haben nach langen Erwägungen uns leider entschließen müssen, diese Frage aus dem Gesetz herauszulassen. Wir konnten sie im Rahmen dieses Gesetzes nicht lösen. Ich möchte aber bei dieser Gelegenheit — und ich bin sicher, dabei die Zustimmung der meisten, die an diesem Gesetz mitgearbeitet haben, zu finden — den Wunsch aussprechen, daß in dieser Sache so bald als möglich eine Sonderregelung getroffen wird, um diese alte Forderung zu erfüllen. Wir richten an die Regierung das Ersuchen, von sich aus die Initiative zu ergreifen. Sollte das nicht der Fall sein, so würde meine Fraktion die entsprechenden Anträge zur gesetzlichen Regelung dieser Ansprüche stellen.
Das Wort hat der Abgeordnete Fröhlich.
Meine Damen und Herren! Ich unterstreiche das, was Herr Kollege Matzner über die Verhandlungen im Ausschuß gesagt hat. Nun sind wir der Meinung, daß man vielleicht diesem Personenkreis dadurch entgegenkommen könnte, daß man ihn in die Unterbringung mit einbezieht. Wir haben einen entsprechenden Antrag gestellt, und ich bitte Sie, diesem Antrag zuzustimmen. Er kostet kein Geld.
Der Antrag lautet — da er nicht verteilt ist, muß ich ihn schon verlesen —:
Angestellte und Arbeiter, die bis zum 8.5.1945 eine Dienstzeit im öffentlichen Dienst von 10 Jahren abgeleistet haben, nehmen an der Unterbringung teil. Das Arbeitsverhältnis der übrigen Angestellten ...
und so weiter.
Das Wort hat der Abgeordnete Richter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In § 48 ist ein Stichtag genannt.
Vizepräsident Dr. Schmidt Wir sind erst bei § 47.
Tut mir leid; dann komme ich nachher, Herr Präsident!
Nehmen Sie Ihren Antrag mit und übergeben Sie ihn, wenn Sie ihn stellen; sonst muß ich ihn ja doch wieder zurückgeben.
Ich lasse abstimmen. Am weitesten geht der Antrag auf Umdruck Nr.115. Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Abgelehnt.
Nunmehr lasse ich abstimmen über den Antrag, den der Kollege Fröhlich begründet hat. Wer für seine Annahme ist, den bitte ich. die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Letzteres war die Mehrbent; der Antrag ist abgelehnt.
Ich lasse nunmehr abstimmen über den § 47 in seiner jetzigen Fassung. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe!
— Er ist angenommen.
— Das Wort zur Geschäftsordnung hat der Abgeordnete Wuermeling.
Meine Damen und Herren! Im Hinblick auf die vorgeschrittene Stunde möchte ich dem Hohen Hause vorschlagen, die
Weiterberatung des Gesetzentwurfs auf morgen zu vertagen, da wir doch mit einer Verabschiedung aller Teile in zweiter Lesung in den nächsten Stunden nicht werden rechnen können. Wir haben noch einige Berichte zu einzelnen Abschnitten zu hören, und es liegen auch noch einige Abänderungsanträge vor, die mehr oder weniger lange Diskussionen erfordern werden. Ich schlage also Vertagung vor und darf den Herrn Präsidenten bitten, wegen des Zeitpunktes des Beginns der morgigen Sitzung einen Vorschlag zu machen. Ich weiß nicht, ob es geht, daß wir schon um 9 Uhr anfangen.
Wird gegen diesen Antrag gesprochen? — Herr Nowack. bitte!
Dr. Nowack (FDP): Meine Damen und Herren! Wir empfehlen Ihnen. die Behandlung in zweiter Lesung fortzusetzen.
Die Beratung ist jetzt im Fluß, und es hat wenig Zweck, sie nun zu stoppen und abzubrechen. Wir wissen nicht, ob und wann wir morgen dazu kommen. Wir wissen auch nicht, wie die Dinge in der nächsten Woche fortgesetzt werden können.
Wir hatten seinerzeit in unserem Programm vorgesehen, dieses Gesetz noch vor Ostern im Plenum zu verabschieden. Darum sollten wir uns bemühen, alles zu tun, dieses Gesetz — eventuell nach einer halbstündigen Unterbrechung der Sitzung — in dieser Lesung heute noch durchzuberaten.
Meine Damen und Herren! Wir müssen abstimmen. Es ist Antrag auf Vertagung gestellt. Ich nehme an., der Herr Antragsteller geht davon aus, daß, falls sein Antrag durchgehen sollte, morgen die Beratung der heutigen Tagesordnung fortgesetzt werden soll.
Wer für die Vertagung ist, den bitte ich. die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Das erste war die Mehrheit; es ist so beschlossen.
Meine Damen und Herren, ich habe Ihnen noch einen Vorschlag zu machen: Wollen wir die morgige Sitzung nicht schon um 9 Uhr beginnen statt um 10 Uhr?
Dann habe ich noch bekanntzugeben, daß die Sitzung des Ausschusses für Beamtenrecht. die auf morgen 9 Uhr angesetzt war, ausfällt.
Ich berufe die 131. Sitzung des Deutschen Bundestages auf morgen 9 Uhr ein und schließe die 130. Sitzung des Deutschen Bundestages.