Rede von
Dr.
Josef Ferdinand
Kleindinst
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Bei Abschnitt II ist in § 5 Abs. 2 die Bezeichnung „Beamte außer Dienst gestellt" durch die Bezeichnung „Beamte zur Wiederverwendung" ersetzt, worauf ich bereits vorhin in meinem einleitenden Bericht higewiesen habe.
Im § 7, der die Ernennungen, Beförderungen sowie die Verbesserungen des Besoldungsdienstalters und der ruhegehaltfähigen Dienstzeit unberücksichtigt läßt, die beamtenrechtlichen Vorschriften widersprechen oder überwiegend mit Rücksicht auf die Verbindung zum Nationalsozialismus vorgenommen worden sind, ist die Entscheidung der obersten Dienstbehörde übertragen und zur Gewährung eines Rechtsschutzes die Anrufung der Verwaltungsgerichte im Klagewege eröffnet. Der Ausschuß betrachtet die Beurteilung dieser Vergünstigungen keineswegs als eine Maßnahme der weiteren Entnazifizierung, sondern als Behebung von nicht selten schweren Fehlern, die durch die Einflüsse der ehemaligen NSDAP auf die Personalverwaltungen entstanden sind. Die Folgen dieser Fehler des Personalwesens und ihre finanziellen Lasten können nicht verantwortet werden.
Im § 9 ist die Einleitung und Durchführung des Dienststrafverfahrens mit dem Ziel der Aberkennung der Rechte aus diesem Gesetz ermöglicht gegen Beamte zur Wiederverwendung, gegen Ruhestandsbeamte oder gegen frühere Beamte, die vor oder nach dem 8. Mai 1945 ein Dienstvergehen oder eine als Dienstvergehen geltende Handlung im Sinne des § 22 des Deutschen Beamtengesetzes begangen haben — so die schuldhafte Verletzung der obliegenden Pflichten, die Verletzung der Amtsverschwiegenheit oder die Annahme von Belohnungen oder Geschenken. Die Unterstellung dieser Gruppen von Beamten unter das Dienststrafrecht ist eine Folge der Anerkennung des Fortbestandes der Beamtenrechtsverhältnisse, der Verpflichtung der Dienstherren zur Wiederverwendung und der Anerkennung und Gewährung von Versorgungsrechten. Neu ist die Behandlung der Betätigung gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung als Dienstvergehen. Die Fassung der Bestimmung ist dem Art. 18 des Grundgesetzes entnommen, der von der Verwirkung der Grundrechte handelt, wenn sie zum Kampfe gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung mißbraucht werden. Der Art. 18 des Grundgesetzes gibt deshalb einen Teil der Tatbestände für dieses neue Dienstvergehen, neben denen aber auch noch andere Tatbestände denkbar sind, die mit jenen des § 22 des Deutschen Beamtengesetzes zusammenfallen können.
Der Abs. 3 des § 9 bestimmt die entsprechende Anwendung der §§ 53 bis 56 des Deutschen Beamtengesetzes, die die Folgen der gerichtlichen Verurteilung festlegen.
Da der Abs. 1 des 9 auch Dienstvergehen oder Handlungen einbezieht, die vor dem 8. Mai 1945 begangen worden sind, legt der Ausschuß für Beamtenrecht auf die Feststellung Gewicht, daß diese vor dem 8. Mai 1945 begangenen Vergehen und Handlungen nicht nach den damals geltenden Anschauungen, sondern nach dem Recht und nach den Grundsätzen des neuen Verfassungs- und Rechtsstaates zu behandeln sind. Wenn die Ergänzung dieser Bestimmungen die Betätigung gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung als Dienstvergehen festlegt, so zieht sie aus den Erfahrungen nach 1919 ebenso beamtenrechtliche Folgerungen, wie der Art. 18 des Grundgesetzes die verfassungsrechtlichen Folgerungen gezogen hat. Der neue Staat kann es nicht dulden, daß öffentliche Bedienstete, deren Rechte das neue Gesetz anerkennt oder einräumt, diese Rechtsstellung zum Kampf gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung mißbrauchen.
Zu Ziffer ,2: Unterbringungspflicht, §§ 12 bis 17. Die Vorlage des Ausschusses hat die Bestimmungen des Gesetzentwurfs der Bundesregierung grundsätzlich nicht geändert. Hinsichtlich des § 13, der die Aufwendungen für die Beschäftigung der an der Unterbringung teilnehmenden Personen auf mindestens 20 v. H. des gesamten Besoldungsaufwandes der Dienstherren festlegt, sind Zweifel entstanden, ob der Besoldungsaufwand nur reine Besoldungen oder auch die Ruhegehälter und die Hinterbliebenenversorgung umfaßt. Zur Behebung dieser Zweifel wird festgestellt, daß unter dem Besoldungsaufwand nach dem Wortlaut der Bestimmungen nur die Ausgaben für Besoldung und Hilfsleistungen, nicht aber die Ausgaben für
Ruhegehälter und die Hinterbliebenenversorgung zu verstehen sind.
Der Ausgleichsbetrag, der zu bezahlen ist, soweit nach Ablauf von drei Monaten seit dem Inkrafttreten des Gesetzes der Pflichtanteil des Besoldungsaufwands von 20 v. H. nicht erreicht ist, wurde aufrechterhalten, weil die Mehrheit des Ausschusses in dieser Bestimmung die einzige Möglichkeit gesehen hat, die Erfüllung der Unterbringungspflicht sicherzustellen. Diese Überzeugung ist durch die Erfahrungen bestärkt worden, daß in Stadt- und Landkreisen während und nach der Beratung des Gesetzes über Sofortmaßnahmen Planstellen vergeben worden sind, um die Erfüllung des Gesetzes auf lange Zeit hinauszuschieben. Für die zu einem Landkreis gehörenden Gemeinden mit nicht mehr als 3000 Einwohnern, in deren Dienst am 1. Januar 1950 weniger als 5 Beamte und Angestellte standen, gilt die Bestimmung über den Ausgleichsbetrag nur insoweit, als sie in ihrer Gesamtheit hinter dem Pflichtanteil des Besoldungsaufwandes zurückbleiben. Die kommunale Aufsichtsbehörde setzt den Anteil der einzelnen Gemeinden an dem sich ergebenden Ausgleichsbetrag fest. Durch diese Bestimmung hat der Ausschuß den kleinen Gemeinden die Aufbringung des Ausgleichsbetrages wesentlich erleichtert. Die Grundsätze für die Vergebung der freien, frei werdenden oder neu zu schaffenden Planstellen innerhalb des Ausmaßes von 20 v. H. der Gesamtzahl der Planstellen sind dem Gesetz über Sofortmaßnahmen entnommen und bereits vom Bundestag am 14. Dezember 1950 beschlossen worden.
In § 16 a Abs. 3 Ziffer 5 Buchstabe d sind die Richter der Gerichte der Länder, bei deren Einstellung ein Richterwahlausschuß mitwirkt, nicht einbezogen. Da die Planstellenauswahl für die Richter der Gerichte der Länder es den Justizministern der Lander ermöglicht, ohne Wahlausschüsse die richtige Auswahl unter den vertriebenen Richtern zu treffen, mußte auf diese Bestimmung verzichtet werden. Dagegen rechtfertigen die besonderen Anforderungen an die Richter des Bundesverfassungsgerichtes und der oberen Bundesgerichte die anderweitige Vergebung der Planstellen auch dann, wenn der Pflichtanteil des § 14 des Gesetzes noch nicht zu einem Drittel erreicht ist. Da die Justizverwaltungen der Länder über die Planstellen auch der Amtsgerichte und Landgerichte verfügen, sind sie in der Lage, für die Planstellen der Oberlandesgerichte und anderer oberer Gerichte die notwendige Auswahl unter den unterzubringenden Richtern zu treffen.
Hinsichtlich der Art der Unterbringung — §§ 18 bis 24 -- ist folgendes hervorzuheben. Die Bestimmungen des Entwurfs der Bundesregierung haben keine grundsätzliche Änderung erfahren. In § 18 ist jedoch die Beschränkung der Beförderungen zur Richtigstellung übertriebener Beförderungen in der Weise eingearbeitet, daß bei Beförderungen aus der Zeit vom 30. Januar 1933 bis zum 8. Mai 1945 für je 6 abgeleistete Dienstiahre seit der planmäßigen Anstellung oder seit der letzten Beförderung vor dem 30. Januar 1933 höchstens eine Beförderung berücksichtigt wird. soweit sie der regelmäßigen Dienstlaufbahn entspricht.
Der § 19 verpflichtet vor der endgültigen Unterbringung zur Übernahme auch eines Amtes mit geringerem Endgrundgehalt oder einer Beschäftigung als Angestellter oder Arbeiter im öffentlichen Dienst, nimmt dabei jedoch auf die Berufsausbildung, das Alter und den Gesundheitszustand der Beamten zur Wiederverwendung Rücksicht.
Bei der Regelung der Unterbringung hat der Ausschuß die Wiederverwendung der Hochschullehrer und des wissenschaftlichen und künstlerischen Nachwuchses der Hochschulen nicht einbezogen. Die Art der Berufung dieser Kräfte, die Bedeutung der individuellen Leistung und ihre Anerkennung, die überlieferte Pflege bestimmter Fachgebiete an einzelnen Hochschulen, die Verhältnisse an den wissenschaftlichen Instituten und vor allem die Zuständigkeit der Länder für die Gesetzgebung und Verwaltung des Hochschulwesens lassen eine gesetzliche Regelung dieser Aufgabe nicht zu. Sie ist vor allem eine Obliegenheit der aktiven Verwaltung der Länder. Der Ausschuß hat aber die Anschauung vertreten, daß die Autonomie der Hochschulen die gestellten großen Aufgaben nicht erschweren darf. Die Wiederverwendung der Hochschullehrer und des wissenschaftlichen Nachwuchses ist eine Aufgabe großen Ranges, die die gesamte deutsche Wissenschaft und Kunstpflege betrifft. Zu ihrer Lösung sind an den Ausschuß Eingaben und Denkschriften herangetragen worden. Der Ausschuß darf sich der Würdigung dieser Aufgabe nicht entziehen und wird die Aufgabe in einer der nächsten Beratungen vornehmen.
Zur Unterbringung ist noch hervorzuheben, daß der Gesetzentwurf die Errichtung der Bundesausgleichsstelle vorsieht. Diese Bundesstelle wurde nicht als eine Bundesvermittlungsstelle vorgesehen. sondern als eine Ausgleichsstelle. Das hat die Bedeutung, daß nicht eine zentrale Stelle einer Fachvermittlung für. öffentliche Dienstkräfte errichtet werden soll, sondern eine Stelle, die die Initiative für die Unterbringung entwickelt, mit den zuständigen Länderministerien zusammenarbeitet und ihre Maßnahmen zusammenfaßt, einen Ausgleich zwischen Flüchtlingsländern und den übrigen Ländern herbeiführt und die Unterbringung nach den sich ergebenden Erfahrungen weiterentwickelt. Die Aufgabe dieser Ausgleichsstelle ist demnach ebenfalls eine Angelegenheit der aktiven oder schöpferischen Verwaltung. Die Stelle soll nicht als eine obere Bundesbehörde unter dem Bundesministerium des Innern, sondern als eine Stelle bei dem Bundesminister des Innern errichtet werden, deren Leiter dem Bundesinnenministerium angehört und im Auftrage und im Namen des Bundesministers des Innern tätig wird.
Zu Ziffer 3, Versorgung, §§ 29 bis 40, ist zu berichten, daß an die Stelle der gekürzten Ruhegehälter, die der Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgesehen hatte, nunmehr die vollen gesetzlichen Ruhegehälter treten. Zur Erleichterung der Unterbringung jüngerer Beamter soll die Versetzung in den Ruhestand entsprechend dem § 70 des Beamtengesetzes bereits nach Vollendung des 62. Lebensjahres, jedoch nur auf Antrag, möglich sein. Der Grund für diese Regelung liegt in dem Erfordernis der Gleichstellung der vertriebenen Beamten mit den im Dienst oder bereits im Ruhestand befindlichen Beamten. Auch für die Berechnung des Ruhegehaltes gelten die gleichen Beschränkungen wie bei der Unterbringung. Die Bestimmungen über das Ruhen dieser Bezüge und über die Anrechnung von Arbeitseinkünften entsprechen teils dem Deutschen Beamtengesetz und sind andernteils im Entwurf des künftigen Beamtengesetzes vorgesehen.
Die ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge der versorgungsberechtigten volksdeutschen Vertriebenen bemessen sich nach den entsprechenden Dienstbezügen, die ihnen in ihrem Herkunftsland bei dem Eintritt des Versorgungsfalles oder am 8. Mai
1945 zugestanden haben, und sie werden in Deutsche Mark umgerechnet. Bei diesen vertriebenen volksdeutschen Beamten handelt es sich um diejenigen, von denen ich vorhin gesprochen habe, denen bereits Ansprüche zuerkannt worden sind, im Gegensatz zu den Umsiedlern aus anderen Ländern. Sie können also nicht günstiger gestellt werden, als es in ihrem Herkunftsland der Fall gewesen wäre.
Die Bestimmungen des Entwurfs der Bundesregierung über die Übergangsgehälter, die bis zur Wiederverwendung oder bis zur Erreichung des Ruhestandes vorgeschlagen sind, haben durch die Beschlüsse des Ausschusses eine zweifache Verbesserung erfahren. Sie sind erstens einmal von einer Altersgrenze unabhängig gemacht worden, und zwar deshalb, weil es sonst dem Beamtenrecht widersprochen hätte und weil es gegen die Gleichstellung erfolgt wäre. Außerdem kennen die Richtlinien für die Überbrückungshilfe keine Altersgrenze. Endlich ist zu beachten, daß auch der Bezug der Übergangsgehälter vom Nachweis einer Dienstzeit von 10 Jahren abhängig ist. Auf die Übergangsgehälter werden Arbeitseinkünfte angerechnet, soweit sie den Betrag von 100 DM monatlich übersteigen, und voll, soweit sie aus öffentlichem Dienst stammen. Für die Bestimmungen über das Ruhen der Versorgungsbezüge und über die Anrechnung von Arbeitseinkünften gilt der allgemeine und bereits besonders berichtete Vorbehalt, daß sie nach dem endgültigen Bundesbeamtengesetz geändert werden, wenn dieses andere Bestimmungen vorsehen würde. Diesen Grundsätzen und Bestimmungen des Deutschen Beamtengesetzes entsprechend ist auch die Versorgung der Hinterbliebenen geordnet. Besondere Bestimmungen sind noch zugunsten der schuldlos geschiedenen Ehefrauen eingefügt worden.
Wenn ein Beamter zur Wiederverwendung von einem anderen Dienstherrn als dem Bund in Dienst gestellt wird, so beteiligt sich der Bund an der Versorgung aus dem neuen Beamtenverhältnis. Wird jedoch der zur Wiederverwendung Stehende in einem neuen Dienstverhältnis keine Versorgungsbezüge erlangen, so hat sich der neue Dienstherr an der Versorgung durch den Bund zu beteiligen. Nach dem Vorschlag des Bundesrats gilt dies auch für die Vergangenheit. Es ist recht und billig, daß die Versorgung der bereits seit Jahren untergebrachten Beamten in den Ländern bei dieser Entlastung in diesem engeren Ausgleich mitberücksichtigt wird, weil diese Länder bereits Vorleistungen erfüllt haben, die andere Länder erst bewirken müssen.
Zu Ziffer 4 — Kapitalabfindung — §§ 41 bis 41 c, ist folgendes auszuführen. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung hat nach dem Vorbild des Bundesversorgungsgesetzes die Möglichkeit einer teilweisen Kapitalabfindung der Übergangs- oder Ruhegehälter zur Beschaffung einer Wohnstätte vorgeschlagen. Der zu kapitalisierende Teil der Bezüge darf die Hälfte des zur Zeit der Abfindung zahlbaren jährlichen Übergangs- oder Ruhegehaltes und 1000 DM nicht übersteigen. Kinderzuschläge dürfen nicht kapitalisiert werden. Den Bezugsberechtigten muß ein jährlicher Betrag von 1200 DM von seinem Übergangs- oder Ruhegehalt verbleiben. Die Zweckmäßigkeit der Kapitalisierung der Übergangs- und Ruhegehälter war im Ausschuß deshalb längere Zeit in Zweifel gezogen, weil die Beamten nach sechs Jahren zum Teil einen großen Nachholbedarf haben, zum Teil verschuldet sind und bei der Wiederverwendung mit dem Wechsel des Wohnsitzes rechnen müssen. Die vertriebenen Beamten haben trotzdem auf die Kapitalabfindung großes Gewicht gelegt, und die Bauwirtschaft hat sich bereits auf die Möglichkeit dieser Kapitalabfindung eingerichtet. Insbesondere kann sie auch zur Schaffung eines Wohnungseigentums im Sinne des Gesetzes vom 5. März 1951 beitragen. Aus diesem Grunde hat sich schließlich die überwiegende Mehrheit des Ausschusses für die Beibehaltung der Bestimmungen über die Kapitalabfindung ausgesprochen und schlägt dem Bundestag die nun in der Fassung verbesserten Bestimmungen , ebenfalls zur Annahme vor.