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ID0113003600

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 130. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 5. April 1951 4947 130. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 5. April 1951. Geschäftliche Mitteilungen . . . 4948B, 5017D Änderungen der Tagesordnung 4948B Zur Geschäftsordnung: Dr. Dr. Nöll von der Nahmer (FDP) 4948C Dr. Wuermeling (CDU) 4949A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes zur Verlängerung der Wahlperiode der Landtage der Länder Baden und Württemberg-Hohenzollern (Nm. 2057, 2071, 2088 der Drucksachen) 4949B Dr. Nevermann, Bürgermeister von Hamburg, Berichterstatter . . . . 4949B Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 4950D Renner, Innenminister des Landes Württemberg-Hohenzollern . . . 4952C Dr. Schmid (Tübingen) (SPD) . . . 4953C Euler (FDP) 4955A Fisch (KPD) 4955D Dr. Becker (Hersfeld) (FDP) . . . 4957B Beschlußfassung 4957D Zur Geschäftsordnung (betreffend Polizeimaßnahmen auf Zugangsstraßen zum Bundeshaus): Loritz (WAV) 4958A, 4959C Präsident Dr. Ehlers 4958C, D, 4959B, 4959C Dr. Arndt (SPD) 4958D Renner (KPD) 4959A Eickhoff (DP) 4959C Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umstellung der Reichsmarksparguthaben heimatvertriebener Sparer (Nr. 2015 der Drucksachen) 4959D Wackerzapp (CDU), Antragsteller . 4959D Tichi (WAV) 4962A Trischler (FDP) 4962D Kuntscher (CDU) 4964B Dr. Leuchtgens (DP) 4965C Dr. Bertram (Z) 4965D Seuffert (SPD) 4966C Dr. Besold (BP) 4967B Loritz (WAV) 4967B Ausschußüberweisung 4967D Erste Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung überholter steuerrechtlicher Vorschriften (Nr. 2054 der Drucksachen) 4967D Dr. Dr. Nöll von der Nahmer, Berichterstatter 4968A Ausschußüberweisung 4968C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über eine Bundesbürgschaft für Kredite zur Finanzierung der Lebensmittelbevor- ratung (Nr. 2059 der Drucksachen) . . 4968C Ausschußüberweisung 4968D Fortsetzung der zweiten und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur vorläufigen Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts für verdrängte Angehörige des öffentlichen Dienstes (Nrn. 1287, 1882, zu 1882 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Beamtenrecht (25. Ausschuß) (Nr. 1996 [neu] der Drucksachen; Änderungsantrag Umdruck Nr. 92) . . . 4968D Kühn (FDP), Berichterstatter . . . . 4968D Arnholz (SPD) 4970B, 4971A Wackerzapp (CDU) 4970C Abstimmungen 4970A, B, 4972C Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1950 (Nr. 1500 der Drucksachen); Mündliche Berichte des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß): Einzelplan XVI — Haushalt des Bundesministeriums für gesamtdeutsche Fragen (Nr. 1917 der Drucksachen) 4972D Heiland (SPD), Berichterstatter . 4973A Kaiser, Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen 4973D Wehner (SPD) 4976A Fisch (KPD) 4979A Dr. von Merkatz (DP) . . . . . 4980C Brookmann (CDU) 4981C Dr. Reif (FDP) 4982B Mellies (SPD) 4983A Beschlußfassung 4983C Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Art. 131 des Grundgesetzes fallenden Personen (Nrn. 1306, zu 1306 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Beamtenrecht (25. Ausschuß) (Nr. 2075 der Drucksachen, Um- druck Nr. 108) 4983C Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . . 4983C Dr. Kleindinst (CSU), Berichterstatter . . . . 4984C, 4990A, 4992A, B Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 4987C, 5001A Dr. Lukaschek, Bundesminister für ' Angelegenheiten der Vertriebenen 4989A Dannemann (FDP) 4989D Dr. Richter (Niedersachsen) (SRP) 4990B, D, 4994C, 4997C, 5012D, 5014C, 501'7A Dr. Wuermeling (CDU) : zur Sache. . . . . 4990B, 4996A, 5003A, 5007C, 5013D, 5014C, 5015B zur Geschäftsordnung . . . 5011B, 5017B von Thadden (DRP) 4990C, 499'7B, 5012A Farke (DP) 4991B, 5005D, 5015C Dr. Trischler (FDP) 4991C Dr. Miessner (FDP) . . . . 4995B, 4996D Freiherr von Aretin (BP) 4996C, 5012B, 5013B Matzner (SPD) 4998D, 5000D, 5009D, 5013A, 5013A, 5015A, 5016D Dr. Nowack (Rheinland-Pfalz) (FDP): zur Sache . . 5001C, 5009C, 5009C, 5012C 5014A, 5015A zur Geschäftsordnung 5017A Lücke (CDU) 5002B Henßler (SPD) 5002C Schäffer, Bundesminister der Finanzen 5004A, 5008D, 5010A Mellies (SPD) 5004C, 5011A Kuntscher (CDU) 5006C Dr. Horlacher (CSU) 5007B Dr. Dresbach (CDU) 5007D Dr. Kather (CDU) 5009A Fröhlich (BH-DG) . . 5010A, 5011C, 5016D Loritz (WAV) (Zur Geschäftsordnung) 5010D Gundelach (KPD) 5013C, 5016A Abstimmungen . . . 4989C, 4990C, 4991B, 4992B, 4995A, 4997A, 4998B, 5010C, 5011A, B, 5012D, 5013A, B, D, 5014A, D, 5015C, D, 5017A Weiterberatung vertagt 501'7D Nächste Sitzung 5017D Die Sitzung wird um 13 Uhr 34 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Dr. Josef Trischler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine politischen Freunde und ich begrüßen die Gesetzesvorlage, weil sie die Möglichkeit bietet, dieses seit langem in Kreisen der Heimatvertriebenen behandelte Problem nun einer Lösung zuzuführen. Die heimatvertriebenen Sparer sollen mit den Einheimischen gleichgestellt und so wie diese bei der Währungsumstellung behandelt werden.. Man kann diesen Fragenkomplex als Teilgebiet entweder des gesamten Lastenausgleichs oder all der Schäden und Benachteiligungen im Zuge der Währungsumstellung ansehen. Wir wissen genau: wenn wir uns auf den zweiten Weg verlegen und sagen würden, daß wir das als einen Teil der Währungsschäden betrachten, die hier in irgendeiner Form wieder gutgemacht würden, dann würde das ein Präjudiz bedeuten und eine ganze Reihe von anderen Maßnahmen bei Gruppen, die sich ebenso mit Recht als benachteiligt und geschädigt ansehen können, notwendig machen.
    Es scheint uns also richtig zu sein, daß man den Fragenkomplex mit demjenigen des gesamten Lastenausgleichs verbindet. Daraus ergeben sich


    (Dr. Trischler)

    ) auch die Wege, auf denen es möglich ist, 0. as Problem zu lösen. Woher sollen die Mittel genommen werden? Der Entwurf hat sich dafür entschieden, daß der Lastenausgleichfonds dazu herhalten soll. Selbstverständlich würden es die Heimatvertriebenen oder die anderen berechtigten Empfänger aus dem Lastenausgleich wahrscheinlich lieber sehen, wenn man diese Mittel irgendwelchen anderen Quellen entnehmen könnte; aber aus dem vorher Gesagten geht hervor, daß das nicht sehr wahrscheinlich erscheint..
    Man könnte sich auf den Standpunkt stellen, daß für die Betroffenen auf die Behandlung, die in diesem Gesetzentwurf vorgesehen ist, ein formeller Rechtsanspruch nicht besteht. Es ist richtig: auf einen formellen Rechtsanspruch können sie sich nicht berufen. Aber wir wissen ja, daß man in der heutigen Zeit der großen Not und all der Ereignisse infolge der letzten zehn Jahre, die hinter uns liegen, mit dem Rechtsanspruch auch auf anderen Gebieten nicht viel anfangen kann. Man könnte dann auch den Rechtsanspruch im Rahmen des Lastenausgleichs selbst anzweifeln. Also ohne Rücksicht auf diese formelle Frage sprechen wir uns dafür aus, daß das Problem gelöst werden soll.
    Bezüglich des Personenkreises haben wir allerdings auch unsere eigenen Bedenken, und zwar gerade im Sinne all der Empfangsberechtigten aus dem Lastenausgleich. Hier sollen Angehörige einer gewissen Gruppe der Berechtigten gesondert bendelt werden, die zufällig in der Lage sind, durch das Sparbuch oder andere Urkunden nachzuweisen, daß sie eine Spareinlage in dieser oder jener Höhe gehabt haben. Wir vertreten bei allen Fragen, die die Lösung von Flüchtlingsproblemen betreffen, den Standpunkt, daß wir die Betroffenen möglichst gleichmäßig und gerecht behandelt sehen wollen. Auch unter diesen selbst wollen wir von einem eigenen Lastenausgleich sprechen. Wir sagen daher, daß sich die Regelung nicht nur auf die Gruppen der Ostvertriebenen beschränken darf, die zufällig im Besitz des Sparbuches oder sonstiger Urkunden sind, sondern sich auch auf alle anderen Flüchtlingsgruppen beziehen muß.
    Mein Vorredner, Herr Tichi, hat bereits hervorgehoben, daß die Sudetendeutschen, die im Sudetengebiet gewohnt haben, erfaßt sein würden, während z. B. die Sudetendeutschen, die im Protektoratsgebiet gewohnt haben, nicht erfaßt wären. Dort gab es noch Doppelkonten; entweder konnte man R-Mark-Konten oder eventuell noch alte Tschechenkronen-Konten haben. Aber denken Sie jetzt an die anderen Vertriebenen des Westens, die nicht erfaßt sind, oder denken Sie an alle die, die bei uns jetzt nach den bestehenden Gesetzen und auch nach dem kommenden Bundesflüchtlingsgesetz wahrscheinlich als Flüchtlinge angesehen werden. Denken Sie an die sonstigen Auslandsdeutschen, an die deutschen Flüchtlinge, die irgendwo in der Welt gelebt haben und die auch Sparbücher gehabt haben. Denken Sie an die Gruppe der Volksdeutschen, die in den verschiedensten Staaten, angefangen vom Baltikum bis herunter an die Adria, in Ost- und Südosteuropa, beheimatet waren. Auch diese gehören zu unseren Heimatvertriebenen, und wir würden es für gerecht und richtig erachten, wenn man sie alle entsprechend berücksichtigen könnte.
    Dabei erhebt sich natürlich die Frage, ob nur die R-Mark-Einlagen oder evtl. auch Spareinlagen in fremder Währung zu berücksichtigen sind. Tatsache ist, daß z. B. gerade auch Volksdeutsche im
    Laufe der letzten zwei Jahre des Krieges größere Reichsmarkeinlagen über ihre Volksgruppen getätigt haben. Sie haben aus freiem Willen in vollem Vertrauen zu den deutschen Stellen über ihre Volksgruppen größere Beträge zur Verfügung gestellt, die dann im Reich über die volksdeutsche Mittelstelle entsprechend verwandt wurden. Man hat ihnen zugesagt, daß sie auf ein entsprechendes Sperrkonto in RM Mer im Bundesgebiet, damals im Reichsgebiet gutgebucht werden. Zum Teil sind solche Gutschriften auf Sparkonten noch erfolgt, auch wieder nicht nur im Bundesgebiet, sondern auch in der Ostzone und insbesondere in Wien, in Österreich, zum Teil sind sie aber auch nicht mehr erfolgt. Also auch dieser Fragenkomplex gehört zweifellos hier herein. Aus dem Ausgeführten ergibt sich naturnotwendig, daß man nicht nur die im Gesetzesantrag genannten Bankinstitute berücksichtigen dürfte, sondern eben auch die anderen in den verschiedenen Gebieten, wo die Möglichkeit von Spareinlagen bestand.
    Die beiden Ausschüsse, denen der Gesetzentwurf zugeleitet wird, werden zu entscheiden haben, was sie mit der Frage anfangen wollen, ob nur diejenigen berücksichtigt werden sollen, die auf Grund von vorhandenen Sparbüchern oder Urkunden den Nachwie s erbringen können, oder ob man nicht Mittel und Wege suchen muß, hier irgendwie auch die anderen zu erfassen. Es ist bekannt, daß z. B. die Sudetendeutschen ihre Sparbücher einfach nicht mitnehmen durften; das hätte ihren Tod bedeutet, oder wenn man das Sparbuch bei den anderen gefunden hat, hat man es einfach weggenommen.
    Ferner: Im vergangenen Jahr fand die Aktion statt, in deren Verlauf Sparbücher aus der Ostzone zur Bankkommission nach Berlin eingesandt wurden mit allen möglichen Versprechungen. Was ist der Erfolg? Die Sparbücher liegen heute dort, und ihre Inhaber haben sie nicht in der Hand. Wohl ist für diese vorgesehen, daß sie berücksichtigt werden können, wenn sie ihre Ansprüche, die sie dort eventuell erreichen können, hier an den Lastenausgleichsfonds abtreten. Wieweit sie die Bestätigungen dafür haben, ob die Höhe der Sparsumme in diesen Bestätigungen enthalten ist, ist mir nicht bekannt. Ich glaube es nicht ohne weiteres. Was wird mit diesen geschehen? Es wird also sehr ernstlich zu überlegen sein, was man mit diesem Nachweis anfangen und ob man nicht eventuell hier andere Wege gehen soll.
    Auf der anderen Seite, wenn man den großen Kreis der Berechtigten aus dem Lastenausgleich betrachtet, wird wahrscheinlich auch der Gedanke auftauchen, daß man sagt: Bitte, diese Spareinlagen sind genau so wie die anderen Konten, Bankkonten, Kontokorrentkonten usw. oder wie andere Werte, Wertpapiere, Pfandbriefe usw. ein Teil des verlorenen Vermögens; sie können und sollen im Zuge der Schadensfeststellung mit erfaßt werden und dann vielleicht bei der endgültigen Entschädigung — nach unserer Ansicht auf dem quotalen Wege — entsprechende Berücksichtigung finden. Die beiden Ausschüsse werden die Aufgabe haben, auch über diesen Fragenkomplex dem Plenum endgültige Vorschläge zu unterbreiten.
    Auch wir sind einverstanden damit, daß der Gesetzentwurf an den Ausschuß für den Lastenausgleich und an den Ausschuß für Geld und Kredit geht. Wir würden aber bezüglich der Zeitfolge vorschlagen, daß dieses Gesetz vorher verabschiedet wird. Es ist dem Hause ja bekannt, daß wir


    (Dr. Trischler)

    seinerzeit auch das Gesetz über die Schadensfeststellung eingereicht haben, und auch dort vertreten wir nach wie vor den Standpunkt, daß wir es für richtig erachten würden, um Zeit zu gewinnen, das Schadensfeststellungsgesetz noch vor Verabschiedung des endgültigen Lastenausgleichsgesetzes zu verabschieden. Genau dasselbe halten wir auch bezüglich dieses Gesetzes für richtig. Ich weiß, daß es verschiedene Bedenken gibt, im Hause und in eingeweihten Kreisen, bei Besprechungen darüber, ob man die Schäden feststellen kann, wenn nicht einwandfreie Nachweise geliefert werden. Ich habe das Bedenken nicht. Wir haben uns in verschiedenen Unterausschüssen des Lastenausgleichsausschusses und des Heimatvertriebenenausschusses mit diesem Problem eingehend befaßt. Es liegen formulierte Anträge vor, wie das gehen kann. Ich möchte nur auf einen einzigen Satz aufmerksam machen, den ich gern in den Formularen sehen möchte, die die einzelnen Auszufüllen haben. Wenn da in geeigneter Form ein Satz steht, wonach ein jeder zur Kenntnis nimmt, daß er seinen gesamten Anspruch aus dem Lastenausgleich verliert, wenn er wissentlich oder grobfahrlässig irgendwelche falsche Angaben bezüglich der Höhe der Vermögenswerte oder bezüglich des Verschweigens von Schulden macht, dann, so bin ich überzeugt, kann man schon weitgehend alle Schwindeleien auch bei der Feststellung der Höhe von Spareinlagen ohne Nachweise ausschalten., Außerdem habe ich das Vertrauen in die landsmannschaftlichen Organisationen, daß sie durchaus in der Lage sind, aus jedem Gebiet, aus jeder Gemeinde, auch aus jeder Stadt entsprechende Leute herauszustellen, die nach bestem Wissen und Gewissen aus der Vergangenheit in der Lage sind, zu beurteilen, wieweit die Angaben der einzelnen sehr wahrscheinlich sind oder nicht.

    (Beifall bei der FDP.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Kuntscher.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Ernst Kuntscher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Weite Kreise der Heimatvertriebenen werden den Gesetzentwurf zur Umstellung von Reichsmarksparguthaben heimatvertriebener Sparer mit Freude begrüßen. Der Entwurf weist endlich einen gangbaren Weg, wie dieses Problem gelöst werden kann; denn es ist ein Problem, das mit dem Jahre 1945 begann und das seine Fortsetzung am Tage der Währungsreform fand. Damals war es eine ganz bittere Enttäuschung, daß der Besitz von Sparguthaben, auch der rechtliche Nachweis von Sparguthaben der Heimatvertriebenen so behandelt wurde, als wären diese Sparguthaben überhaupt nicht vorhanden. Eine Realisierung dieser Werte war nicht möglich. Die zuständigen Bankinstitute, Sparkassen oder anderen Geldinstitute waren verloren gegangen, und niemand fand sich, der irgendwelche Deckung übernahm, um auch den Heimatvertriebenen eine Umwertung ihrer Sparguthaben gewährleisten zu können. Alle Bemühungen und alle Versuche, neue Träger zu finden oder neue Träger zu schaffen, waren ergebnislos. So sind Tausende von heimatvertriebenen Sparern bis heute so gestellt, daß ihre Sparguthaben ein wertloser Besitz sind.
    Kollege Wackerzapp hat in seiner Begründung den materiellen Inhalt der Gesetzesvorlage bereits eingehend erörtert. Der wesentliche Kernsatz in diesem Gesetzentwurf ist, daß die urkundlich nachgewiesenen Sparguthaben im Verhältnis 100 zu 6,5 in fünf gleichen Jahresraten, beginnend mit dem 1. Januar 1952, aus Lastenausgleichsmitteln honoriert werden sollen, d. h. die Realisierung soll erfolgen, ohne daß der Bundeshaushalt oder andere öffentliche Haushalte irgendwie belastet werden.
    Ich möchte in diesem Zusammenhang bemerken, daß ja auch bereits im Gesetzentwurf zum „Allgemeinen Lastenausgleich" für diese Sparguthaben der Ostvertriebenen in § 259 eine Regelung vorgesehen ist. Es heißt in dieser Textfassung, daß eine möglichst gleichmäßige Behandlung früherer Guthaben von Vertriebenen bei Geldinstituten in den Gebieten ihrer Herkunftsprovinzen sichergestellt werden soll. Um die Durchführung dieser Bestimmung zu ermöglichen, werden aus dem Lastenausgleichsfonds auf die Dauer von fünf Jahren jährlich 50 Millionen DM zur Verfügung gestellt. Abs. 2 dieses § 259 besagt, daß Art, Umfang und Durchführung dieser Maßnahmen durch ein besonderes Gesetz geregelt werden sollen. Nach Meinung der Fachleute werden diese 250 Millionen DM ausreichen, um die urkundlich nachgewiesenen Ansprüche heimatvertriebener Sparer im Verhältnis 100 zu 6,5 erfüllen zu können.
    Zweifellos sind berechtigte Bedenken vorhanden, die gegen eine Vorausbehandlung des Gesetzes bestehen. Sie sind wahrhaftig ernster Natur, und es ist auch eine verantwortungsbewußte Prüfung dieser Bedenken gerechtfertigt. Ich denke hier zunächst an jene Heimatvertriebenen, die nicht zeitgerecht flüchteten, die der alten Heimat bis zum letzten die Treue hielten, die die Okkupation durch die Russen, Polen und Tschechen über sich ergehen ließen und dann ausgewiesen wurden. Als Beispiel dieses Dramas führe ich hier die sudetendeutschen Verhältnisse an. Ich kann wohl sagen, meine sudetendeutschen Landsleute werden nur zu einem ganz verschwindend kleinen Prozentsatz einen urkundlichen Nachweis über gehabte Spareinlagen erbringen können; denn die Situation im Sudetenland war so, daß die Tschechen sofort eine Währungsumstellung von Reichsmark auf Tschechen-kronen vornahmen, daß im Zuge dieser Umstellung alle Sparbücher abgegeben werden mußten und daß übrigens durch das Schanddekret der Benesch-Regierung von Kaschau jedweder Besitz der Sudetendeutschen zugunsten des tschechoslowakischen Staates konfisziert wurde. Auf Grund dieses Kaschauer Dekretes waren diese sudetendeutschen Sparer nicht mehr Herr ihrer Spareinlagen. Dann kam die Anordnung, daß bei der Aussiedlung kein Sudetendeutscher irgendeinen urkundlichen Nachweis über seinen enteigneten Besitz mitnehmen durfte. Die Kontrollen in den Durchgangslägern waren äußerst scharf. Und wurde doch der eine oder andere mit einem derartigen urkundlichen Nachweis über irgendeinen Besitz betroffen, so erhielt er zunächst eine ganz maßlose Prügelstrafe, und dann galt als Mindeststrafe eine sechsmonatige Einweisung in irgendein Arbeitslager. Aus diesem Grunde werden gerade die Anehörigen dieser Volksgruppe den urkundlichen Nachweis sehr schwer erbringen können.
    Ein zweites Bedenken, das gewisse Hemmungen auferlegt, besteht darin, daß die Weiterberatung im Lastenausgleichsausschuß vielleicht eine Verzögerung erfahren könnte. Auch begegnet man dem Einwand, daß die anderen anspruchsberechtigten Gruppen, d. h. die Kriegssachgeschädigten, vielleicht in einer Vorausbehandlung dieses Gesetzes die Bevorzugung einer Gruppe von Geschädigten sehen könnten. Ich glaube, alle diese Bedenken sind einer Beachtung wert. Trotz dieser Bedenken


    (Kuntscher)

    glaube ich, daß eine Vorausbehandlung dieses Gesetzentwurfs sehr notwendig wäre. Denn so bitter und so schmerzlich ist es, daß Tausende keinen urkundlichen Nachweis über ihre früheren Spareinlagen besitzen, so wird sich mit einer späteren Regelung daran doch nichts ändern; denn der Nachweis, der heute nicht zu erbringen ist, kann auch morgen nicht beschafft werden.
    Es wird sehr ernster Beratungen und Erwägungen im Ausschuß bedürfen, um allzugroße Härten zu mildern und um neues Unrecht zu vermeiden. Der Einwand, daß eine Gruppe bevorzugt behandelt wird, ist damit zu widerlegen, daß die Kriegssachgeschädigten ihre Sparguthaben, die sie bei Geldinstituten im Bundesgebiet besaßen, am Währungsstichtag in der Relation 100 zu 6,5 umgewertet erhielten.
    Das letzte Bedenken, das dahin ausklingt, daß die Mittel für eine Realisierung des Vorausgesetzes erst nach dem Inkrafttreten des Lastenausgleichsgesetzes zur Verfügung stehen, möchte ich dahingehend beantworten, daß die Zeit bis zu einer möglichen Realisierung dazu verwandt werden soll, alle technischen Vorbereitungen zu treffen, damit bei inkrafttreten des Lastenausgleichsgesetzes die in diesem Vorausgesetz vorgesehene Realisierung der Sparguthaben heimatvertriebener Sparer sofort erfolgen kann.
    Es darf nicht unerwähnt bleiben, welche große wirtschaftliche Hilfe vielen unserer Vertriebenen bei einer schnellen Durchführung gewährt wird. Mit dem Vertriebenensparbuch wird Tausenden von Vertriebenen ein wirklicher beleihungsfähiger Wert in die Hand gegeben, der ein sicheres Pfand bei der Kreditbeschaffung bedeutet. Wir wollen eines bedenken: Wieviele Existenzgründungen sind daran gescheitert, weil die notwendigen Kredite nicht zu beschaffen waren! Wieviele Kredite konnten nicht gegeben werden, weil wiederum keine entsprechende Bürgschaft gestellt werden konnte! Und schließlich: Wieviele neugegründete Existenzen kamen trotz günstigem Start nicht vorwärts, weil es eben an den notwendigen Betriebsmitteln fehlte!
    In diesem Zusammenhang möchte ich nicht verabsäumen, auch noch darauf aufmerksam zu machen, daß viele zu 90 % von der öffentlichen liand verbürgte oder bewilligte Kredite nicht flüssig gemacht werden konnten, weil die zuständige Hausbank die restlichen 10 % als Bürgschaft nicht übernahm und damit der Kreditsuchende, der nach monatelangem Leidensweg diese 90 %ige Landes-oder Bundesbürgschaft oder die Kreditbewilligung durch Bundesmittel erkämpft und errungen hatte, trotzdem den Kredit nicht erhielt, da er die restlichen 10 % nicht verbürgen konnte. Wäre es deshalb nicht schon ein bedeutender Vorteil, wenn so mancher durch ein Vertriebenensparbuch in die Möglichkeit versetzt würde, diese restlichen 10 % aus eigenem Guthaben zu sichern?
    Zum Schluß soll auch noch jener alten und arbeitsunfähigen Heimatvertriebenen gedacht werden, die in besonderen Notfällen und bei kleineren Gläubigerrechten den ganzen Betrag ihres bescheidenen Spartguthabens realisieren können, um sich damit vielleicht wieder ein Stück Hausrat, Wäsche oder Kleidung anzuschaffen.
    Diese Umstände bestimmen meine politischen Freunde und mich, das Hohe Haus zu bitten, diesen Gesetzentwurf dem Lastenausgleichsausschuß mit dem dringenden Ersuchen zu überweisen, ihn als Vorausmaßnahme so schnell wie möglich zu behandeln, damit er in seiner endgültigen Fassung
    sehr bald im Plenum verabschiedet werden kann.

    (Beifall in der Mitte.)