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ID0113006400

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 130. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 5. April 1951 4947 130. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 5. April 1951. Geschäftliche Mitteilungen . . . 4948B, 5017D Änderungen der Tagesordnung 4948B Zur Geschäftsordnung: Dr. Dr. Nöll von der Nahmer (FDP) 4948C Dr. Wuermeling (CDU) 4949A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes zur Verlängerung der Wahlperiode der Landtage der Länder Baden und Württemberg-Hohenzollern (Nm. 2057, 2071, 2088 der Drucksachen) 4949B Dr. Nevermann, Bürgermeister von Hamburg, Berichterstatter . . . . 4949B Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 4950D Renner, Innenminister des Landes Württemberg-Hohenzollern . . . 4952C Dr. Schmid (Tübingen) (SPD) . . . 4953C Euler (FDP) 4955A Fisch (KPD) 4955D Dr. Becker (Hersfeld) (FDP) . . . 4957B Beschlußfassung 4957D Zur Geschäftsordnung (betreffend Polizeimaßnahmen auf Zugangsstraßen zum Bundeshaus): Loritz (WAV) 4958A, 4959C Präsident Dr. Ehlers 4958C, D, 4959B, 4959C Dr. Arndt (SPD) 4958D Renner (KPD) 4959A Eickhoff (DP) 4959C Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umstellung der Reichsmarksparguthaben heimatvertriebener Sparer (Nr. 2015 der Drucksachen) 4959D Wackerzapp (CDU), Antragsteller . 4959D Tichi (WAV) 4962A Trischler (FDP) 4962D Kuntscher (CDU) 4964B Dr. Leuchtgens (DP) 4965C Dr. Bertram (Z) 4965D Seuffert (SPD) 4966C Dr. Besold (BP) 4967B Loritz (WAV) 4967B Ausschußüberweisung 4967D Erste Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung überholter steuerrechtlicher Vorschriften (Nr. 2054 der Drucksachen) 4967D Dr. Dr. Nöll von der Nahmer, Berichterstatter 4968A Ausschußüberweisung 4968C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über eine Bundesbürgschaft für Kredite zur Finanzierung der Lebensmittelbevor- ratung (Nr. 2059 der Drucksachen) . . 4968C Ausschußüberweisung 4968D Fortsetzung der zweiten und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur vorläufigen Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts für verdrängte Angehörige des öffentlichen Dienstes (Nrn. 1287, 1882, zu 1882 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Beamtenrecht (25. Ausschuß) (Nr. 1996 [neu] der Drucksachen; Änderungsantrag Umdruck Nr. 92) . . . 4968D Kühn (FDP), Berichterstatter . . . . 4968D Arnholz (SPD) 4970B, 4971A Wackerzapp (CDU) 4970C Abstimmungen 4970A, B, 4972C Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1950 (Nr. 1500 der Drucksachen); Mündliche Berichte des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß): Einzelplan XVI — Haushalt des Bundesministeriums für gesamtdeutsche Fragen (Nr. 1917 der Drucksachen) 4972D Heiland (SPD), Berichterstatter . 4973A Kaiser, Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen 4973D Wehner (SPD) 4976A Fisch (KPD) 4979A Dr. von Merkatz (DP) . . . . . 4980C Brookmann (CDU) 4981C Dr. Reif (FDP) 4982B Mellies (SPD) 4983A Beschlußfassung 4983C Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Art. 131 des Grundgesetzes fallenden Personen (Nrn. 1306, zu 1306 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Beamtenrecht (25. Ausschuß) (Nr. 2075 der Drucksachen, Um- druck Nr. 108) 4983C Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . . 4983C Dr. Kleindinst (CSU), Berichterstatter . . . . 4984C, 4990A, 4992A, B Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 4987C, 5001A Dr. Lukaschek, Bundesminister für ' Angelegenheiten der Vertriebenen 4989A Dannemann (FDP) 4989D Dr. Richter (Niedersachsen) (SRP) 4990B, D, 4994C, 4997C, 5012D, 5014C, 501'7A Dr. Wuermeling (CDU) : zur Sache. . . . . 4990B, 4996A, 5003A, 5007C, 5013D, 5014C, 5015B zur Geschäftsordnung . . . 5011B, 5017B von Thadden (DRP) 4990C, 499'7B, 5012A Farke (DP) 4991B, 5005D, 5015C Dr. Trischler (FDP) 4991C Dr. Miessner (FDP) . . . . 4995B, 4996D Freiherr von Aretin (BP) 4996C, 5012B, 5013B Matzner (SPD) 4998D, 5000D, 5009D, 5013A, 5013A, 5015A, 5016D Dr. Nowack (Rheinland-Pfalz) (FDP): zur Sache . . 5001C, 5009C, 5009C, 5012C 5014A, 5015A zur Geschäftsordnung 5017A Lücke (CDU) 5002B Henßler (SPD) 5002C Schäffer, Bundesminister der Finanzen 5004A, 5008D, 5010A Mellies (SPD) 5004C, 5011A Kuntscher (CDU) 5006C Dr. Horlacher (CSU) 5007B Dr. Dresbach (CDU) 5007D Dr. Kather (CDU) 5009A Fröhlich (BH-DG) . . 5010A, 5011C, 5016D Loritz (WAV) (Zur Geschäftsordnung) 5010D Gundelach (KPD) 5013C, 5016A Abstimmungen . . . 4989C, 4990C, 4991B, 4992B, 4995A, 4997A, 4998B, 5010C, 5011A, B, 5012D, 5013A, B, D, 5014A, D, 5015C, D, 5017A Weiterberatung vertagt 501'7D Nächste Sitzung 5017D Die Sitzung wird um 13 Uhr 34 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Jakob Kaiser


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich halte es für am besten, wenn ich im Anschluß an den Bericht des Berichterstatters über die Angelegenheiten des mir anvertrauten Ministeriums gleich selbst einige Bemerkungen mache. Es geht mir dabei nicht darum, zu diesem oder jenem finanziellen oder technischen Punkt des Haushaltsplans des Ministeriums etwas zu sagen.

    (Abg. Renner: Schade!)

    Sollte jemand der Meinung sein, uns den Vorwurf einer zu expansiven Personalpolitik machen zu müssen, so will ich dazu nur bemerken: Die gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnende Stellenvermehrung ist darauf zurückzuführen, daß mit Wirkung vom 1. April 1950 die Berliner Abteilung des Ministeriums für sämtliche übrigen dort vorhandenen ministeriellen Vertretungen die gemeinsamen Organisations- und Verwaltungsangelegenheiten zentral zu bearbeiten hat. Diese Regelung wurde seinerzeit auf Veranlassung des Haushaltsausschusses aus Gründen der Verwaltungsökonomie getroffen. Das erforderte für das Ministerium,


    (Bundesminister Kaiser)

    insbesondere für die Berliner Vertretung, die Verstärkung um eine Anzahl Stellen.
    Sonst, meine Damen und Herren, will ich nur bemerken, daß der Stellenplan nach meiner festen Überzeugung nach Gesichtspunkten größter Sparsamkeit aufgestellt worden ist. Das Ministerium selbst hat nach Wesen und Ziel vorübergehenden Charakter; so hoffen wir wenigstens. Deshalb haben wir darauf geachtet, und zwar mit größter Sorgfalt darauf geachtet, daß im wesentlichen nur Angestelltenstellen im Bereich des Organisationsplanes vorgesehen sind. Beamtenstellen wurden nur in solchen Fällen beantragt, in denen hoheitliche Funktionen oder weitreichende fiskalische Interessen des Bundes wahrzunehmen sind. Dabei ist der finanziellen Notlage des Bundes bis an die Grenzen des Möglichen Rechnung getragen worden.
    Ich habe mich, meine Damen und Herren, auch nicht zu Wort gemeldet, um große programmatische Ausführungen zu machen. Gestatten Sie mir nur einige Bemerkungen.
    Das hinter uns liegende Jahr hat ganz zweifellos in jedem Deutschen zwei Erkenntnisse vertieft und in den Vordergrund gerückt. Erstens: die Einheit unseres Landes muß wiederhergestellt werden. Das ist für die Zukunft unseres Volkes eine psychologische, eine politische und eine wirtschaftliche Notwendigkeit. Ich brauche darüber vor Ihnen keine weiteren Ausführungen zu machen und brauche das vor Ihnen nicht zu begründen. Zweitens: diese Einheit kann nicht die von den Sowjets und ihren deutschen Beauftragten propagierte Einheit sein. Denn daß es sich bei dieser propagierten Einheit um nichts anderes als um eine kommunistische Einheit handeln würde, brauche ich hier ebenfalls nicht mehr zu begründen.

    (Abg. Renner: Und so was ist Minister!)

    Die Grotewohl-Aktion und alle mit ihr in Verbindung stehenden offiziellen Erklärungen, Verlautbarungen und Appelle östlichen Ursprungs — auch die gestern Nachmittag durchgeführte Frauendemonstration vor dem Bundeshaus — haben das neben den in der Sowjetzone geschaffenen Tatsachen längst für jeden urteilsfähigen Deutschen begründet und klargemacht.

    (Zuruf von der KPD: Entsetzlich!)

    Diese Klarheit kann nur dann mit größter Wirkung gefestigt werden

    (Zuruf von der KPD: Wenn Sie GoebbelsMethoden anwenden!)

    — darauf komme ich gleich zu sprechen —, wenn sich auch staatlicherseits eine weithin sichtbare zentrale Stelle

    (lebhafte Zurufe von der KPD)

    darum kümmert

    (Abg. Renner: Mit Geheimfonds!)

    und die notwendigen Mittel zur Verfügung stellt. Denn — ich will ehrlich sein: Es gab auch in der Bundesrepublik manche psychologischen Hemmungen gegenüber einer aktiven Berlin- und einer aktiven Ost-Politik zu überwinden.
    Die Wiederherstellung der deutschen Einheit ist ein politisches, wirtschaftliches und institutionelles Problem. Die Lösung dieses vielseitigen Problems, meine Damen und Herren, hängt leider nicht von uns, von den Deutschen allein ab. Aber wir dürfen wohl in Übereinstimmung miteinander sagen: Fester, entschlossener Wille unseres Volkes zur Einheit ist zweifelsohne das entscheidende Moment für die Erreichung der Einheit unseres Vaterlandes.

    (Beifall in der Mitte.)

    Einen solchen Willen kann und wird die Welt auf die Dauer nicht ignorieren. Seine Stärkung im freiheitlichen Sinne ist dabei zunächst ein propagandistisches Problem, das soll heißen: ein Problem der politischen Aufklärung und der ständigen Aufrüttelung unseres Volkes.

    (Zuruf von der KPD: Was Sie unter Aufklärung schon verstehen!)

    Das ist um so mehr der Fall, als vom Osten her
    das Mittel der Propaganda skrupellos angesetzt
    wird, um eine kommunistische Einheit Deutschlands zu erreichen. Damit soll aber nicht gesagt
    werden, daß das Ministerium für gesamtdeutsche
    Fragen etwa ein Propagandaministerium sein soll

    (Abg. Renner: Was denn sonst?!)

    Ich sage das gegenüber denen, die immer wieder hören lassen: Um Himmels willen, doch kein Propagandaministerium! Ihnen zur Beruhigung sei gesagt: Wir haben niemals die Absicht gehabt und haben sie auch heute nicht, Goebbelsche oder Eislersche Propagandamethoden zu imitieren;

    (Sehr richtig! in der Mitte — Abg. Fisch: Sagen Sie, was Ihre Spezialisten früher getan haben, zu Goebbels Zeiten!)

    sie würden ja der demokratischen Intelligenz und Kritik gar nicht standhalten können. Deshalb bemüht sich gerade auch mein Ministerium um exakte und sachliche Aufklärung. •

    (Zuruf von der KPD: Das nennen Sie sachlich?!)

    Ich darf das wohl für alle die zahlreichen Veröffentlichungen und Publikationen des Ministeriums in Anspruch nehmen.

    (Wiederholte Zurufe von der KPD.)

    Hauptsorge des Ministeriums war uns ist es, Anreger und Helfer für alle Parteien, Verbände, Organisationen und Institutionen zu sein, die berufen und die bereit sind, ihre Tagesarbeit unter das dominierende Gesetz der neu zu schaffenden Einheit Deutschlands und der Zurückweisung des Kommunismus zu stellen. Ihnen haben wir in großem Umfange das notwendige Rüstzeug zur Verfügung gestellt.

    (Abg. Renner: Auch Geld!)

    Wenn wir dabei nicht an die Papierflut des Ostens heranzureichen vermögen — wir wollen das auch nicht —, wird das jedermann zu würdigen wissen. Diese Papierflut ist ja schließlich schon Makulatur, ehe sie die Zonengrenze passiert hat.

    (Beifall in der Mitte. — Abg. Renner: Aber gegen diese „Makulatur" müssen Sie sich auch noch wehren?!)

    Gut wäre es dabei, wenn wir zu einem noch sinnvolleren Zusammenwirken aller Vereinigungen und aller Kräfte kommen könnten,

    (Abg. Renner: SA-Formationen!)

    die in besonderer Weise verpflichtet und berufen sind, dem Kommunismus entgegenzutreten. Schließlich steht ja auf der Gegenseite entschlossenste Koordination im Kampf gegen die Bundesrepublik. Was dort, was in der Sowjetzone unter Zwang besteht, müßte bei uns aus freiester Einsicht geschehen.
    Dieser und jener Kritik gegenüber glaube ich sagen zu dürfen, daß die Aktivierung unsères Vol-


    (Bundesminister Kaiser)

    kes für die deutsche Einheit und für die Abwehr des Kommunismus, die sich in den vergangenen Monaten gezeigt hat, nicht zuletzt auch der Arbeit des Ministeriums für gesamtdeutsche Fragen zugeschrieben werden darf.

    (Abg. Niebergall: Heil Kaiser!)

    Aber auch die Bevölkerung in der Sowjetzone spürt mehr und mehr, daß wir uns in der Bundesrepublik um ihr Schicksal kümmern, daß wir ihr bestmöglich zu helfen versuchen. Die Klage, daß wir die Ostzone abgeschrieben hätten, ist mehr und mehr verstummt. Erfreulicherweise bestätigen uns auch die Sowjetzonenmachthaber in Presse und Rundfunk immer wieder die Wirkung dieser unserer Arbeit. Das Ministerium für gesamtdeutsche Fragen ist, bei ihnen die am meisten gehaßte und geschmähte Bundesbehörde. Dabei sind allerdings die Räubergeschichten,

    (Abg. Renner: Im Zusammenhang mit der Sabotage!)

    die sie über die Arbeiten des Ministeriums deklamieren, nur ein Widerklang dessen, was sie selbst zu tun pflegen.

    (Sehr gut! in der Mitte und rechts.)

    In diesem Zusammenhang will ich darauf hinweisen, daß, je mehr sich der Eiserne Vorhang verdichtet, der Rundfunk heute im Grund die dominierende Möglichkeit bietet, um die Bevölkerung in der Sowjetzone regelmäßig und gut zu informieren

    (Zuruf rechts: Das müßte noch mehr geschehen! — Zuruf des Abg. Renner)

    und ihr damit einen wirklich inneren Halt zu geben. Ich appelliere deshalb auch von hier aus noch einmal eindringlich an die Intendanten, an die Kommentatoren und an die Nachrichtenredakteure der deutschen Rundfunkgesellschaften, mehr noch als bisher die Situation der Bevölkerung in der Sowjetzone zu berücksichtigen.

    (Lebhafte Zurufe von der KPD.)

    Ich kann nur sagen, daß die Bevölkerung in der Sowjetzone darauf wartet und dafür dankbar ist. Am besten wäre es natürlich, wenn wir für die gemeinschaftliche Aufgabe in der Sowjetzone eine besondere Welle erhalten würden.

    (Abg. Fisch: Der richtige Wellenbrecher sind Sie!)

    Das Ministerium hat die Pläne der Rundfunkintendanten in dieser Beziehung nachdrücklich unterstützt. Die Hauptschwierigkeit hierbei ist der Kopenhagener Wellenplan, der erstaunlicherweise dem Osten besondere Vorteile eingeräumt hat. Um so wichtiger ist es, daß die Sender im Bundesgebiet ihre gesamtdeutsche Aufgabe voll erkennen und in steigendem Maße erfüllen.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Daß die Sorge des Ministeriums nicht zuletzt auch der geistigen Betreuung der Heimatvertriebenen, den politischen Flüchtlingen sowie den Landsmannschaften der Heimatvertriebenen gilt, ist der Öffentlichkeit und besonders Ihnen bekannt.

    (Abg. Renner: Daher der Name Landsmannschaften!)

    Die vom Ministerium geschaffene, zunächst in Berlin und augenblicklich in Düsseldorf gezeigte Ausstellung „Deutsche Heimat im Osten" wird im weiteren Verlauf des Jahres Hunderttausenden ron Deutschen den Gedanken der Verbundenheit nit dem deutschen Osten noch näher bringen, ihn
    wachhalten und pflegen. Die Ausstellung wird von Düsseldorf zunächst nach Stuttgart und von dort nach München wandern.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Ich weiß nun, meine Damen und Herren, daß gerade an der aufklärenden Wirksamkeit des Ministeriums noch manche Kritik geübt wird. Jedem von Ihnen wird wohl genau wie mir bekannt sein, daß alle diejenigen, die sich auf das Gebiet der Aufklärung begeben, stets in reichlichem Maße kritisiert werden. Ich selbst betrachte dabei Kritik, ob sie berechtigt oder ob sie unberechtigt ist, stets als fördernd und anregend. Zudem liegt es auch im Wesen gerade dieses Ministeriums, daß es den Erfolg seiner Arbeit nicht darin sehen kann, daß diese seine Arbeit und ihre Wirkung in aller Öffentlichkeit voll anerkannt und gepriesen werden. Manches, was geschieht, kann nun einmal nicht renommistisch vermerkt werden. Das gilt nicht zuletzt auch für die ideelle und für die wirtschaftliche Stärkung der Bevölkerung bestimmter Grenzgebiete im Bereiche der Bundesrepublik. Das ist eine Aufgabe, der wir im sinnvollen Zusammenwirken mit den Ländern im Rahmen der Möglichkeiten, die uns gegeben sind, zu dienen suchen.
    Eine wesentliche Aufgabe des Ministeriums ist es, die deutsche Wiedervereinigung so vorbereiten zu helfen, daß die Zusammenfügung der getrennten Teile zur gegebenen und hoffentlich nicht mehr allzufernen Zeit ohne allzu große Erschütterungen vor sich gehen kann, d. h. auch, daß die Zusammenfügung so vor sich gehen kann, daß nicht noch nachträglich der Kommunismus in Deutschland zum Erfolg kommt.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Das kann allerdings gewiß nicht so geschehen — darüber müssen wir uns im klaren sein —, daß man westdeutsche Verhältnisse mechanisch auf die frei gewordene Sowjetzone überträgt. Wir wer- den mit sehr viel Verständnis und mit sehr großer Sorgfalt darangehen müssen, um der Bevölkerung dort die Angleichung nicht unnötig zu erschweren. Wir werden vor neuen Problemen des Lastenausgleichs stehen, vor denen uns aber nicht bange werden soll und auch nicht bange wird. Es kann in der Zeit dieses Geschehens nur einen gesunden und einen vernünftigen Ausgleich geben. Das Gefühl der Zusammengehörigkeit der Deutschen wird entscheidend dazu beitragen, daß die getrennten Teile auch wirtschaftlich rasch wieder zusammenwachsen. Hier wird wieder unsere Verantwortung sichtbar, dieses Gefühl der Zusammengehörigkeit unseres Gesamtvolkes stetig zu pflegen und wachzuhalten, aber auch die wirtschaftliche und soziale Angleichung so sorgsam wie nur möglich vorzubereiten. Auch darin sieht das Ministerium eine seiner wesentlichsten Verpflichtungen. Dabei kann das Ministerium beileibe nicht alles selbst tun. Es ist auf weitestgehende Mitarbeit und Mithilfe privater Kreise und Organisationen angewiesen.
    Das alles, meine Damen und Herren, sind nun Aufgaben, die sich erst in der Zukunft auswirken werden. Vordringliches Ziel der Arbeit unseres Ministeriums ist und bleibt es, dem aggressiven Vordringen des Kommunismus Einhalt zu gebieten und durch politische, wirtschaftliche und soziale Stärkung und Sicherheit den Boden für die end- gültige Wiedervereinigung Deutschlands vorzubereiten. Wir werden das nach meiner festen Überzeugung nur erreichen, wenn in diesen entscheidungsvollen Fragen Regierungsparteien und


    (Bundesminister Kaiser)

    Opposition zusammenhalten und zusammengehen, wie es zuletzt noch am 9. März in so eindrucksvoller Weise geschehen ist. Es haben uns viele Berichte aus der Sowjetzone erreicht, die gerade in dieser Tatsache eine große Ermutigung für die Bevölkerung in der Sowjetzone sehen. Deshalb, meine Damen und Herren, wird es auch immer das Ziel des Ministeriums bleiben, um dieses Zusammenwirken mitbesorgt zu sein.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Wehner.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Herbert Wehner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Ministerium für gesamtdeutsche Fragen, dessen Haushalt heute beraten wird, müßte allgegenwärtig sein, wenn es seine Aufgaben erfüllen wollte, oder es müßte sich sozusagen um eine Art Überministerium handeln, denn jede Handlung der Regierung oder ihrer Teile müßte ja unter dem Gesichtspunkt gesamtdeutscher Verpflichtung stehen und geschehen. Was von der Regierung getan oder was von ihr unterlassen wird, hat in dieser oder jener Richtung gesamtdeutsche Auswirkung.
    Die behelfsmäßige Konstruktion, die das Kabinett in Gestalt des Ministeriums für gesamtdeutsche Fragen geschaffen hat, wird den Anforderungen, die an das Gesamtkabinett und an jedes einzelne Ministerium in dieser Hinsicht gestellt werden müssen, nicht gerecht. Dieses Ministerium ist — darauf hat meine Fraktion schon bei der Regierungsbildung hingewiesen — eine Fehlkonstruktion. Selbst wenn die Mitarbeiter dieses Ministeriums ,wesentlich höhere Ansprüche zu erfüllen imstande wären, als es bei der jetzigen Zusammensetzung der Fall ist, würden damit nicht die Nachteile dieser Fehlkonstruktion aufgehoben. Es ist eben eine Fehlkonstruktion an sich, denn dieses Ministerium ist ein Abstellgleis geworden für Angelegenheiten, die man in der täglichen Arbeit des Gesamtkabinetts oder der Ressortministerien nicht erledigt oder zum Teil nur mit Verspätung und allzuhäufig auch nur deklamatorisch behandelt.
    Daß diese Fehlkonstruktion an sich auch eine Fehlkonstruktion in sich selbst ist, ergänzt nur dieses Bild. Man kann nicht aus der Not eine Tugend machen. Aus der Not des schmerzlich empfundenen Fehlens einer gesamtdeutschen Konzeption und Politik der Regierung kann nicht durch die Massenproduktion von Reden, Schriften und Traktätchen eine Tugend gemacht werden. Dieses Ministerium ist belastet und leidet leider auch durch seine Verkoppelung mit Grenzlandfragen, für die seine Abteilung III zuständig ist.
    Es hat mit seiner Abteilung II, der Vertretung des Bundesministeriums in Berlin, weniger als nur eine halbe Lösung produziert. Wenn es im Vorwort zum Haushalt heißt, den besonderen Erfordernissen der Stadt Berlin sei durch die Errichtung einer Abteilung des Bundesministeriums in Berlin Rechnung getragen worden, so steht diese Behauptung mit den Erfahrungen leider im Widerspruch. Das Verhältnis der Bundesrepublik zu Berlin hat sich im Grunde genommen nur unbefriedigend verbessert, denn nach wie vor muß um die Festlegung des Sitzes s einer jeden Bundesbehörde gestritten werden. Wir sind leider noch weit davon entfernt, Berlin in allen Angelegenheiten als 12. Land der
    Bundesrepublik zu behandeln. Gestern fiel hier an dieser Stelle das Wort von der Staatsräson. Es war der Herr Bundesminister für das Post- un d Fernmeldewesen, der es gebrauchte, um zu erklären, warum er, der seinerzeit gegen die Bestimmung Bonns als vorläufige Hauptstadt war, sich nun mit ziemlich kostspieligen Bauprojekten in Bonn befaßt. Er sagte, aus Gründen der Staatsräson habe er diesen Standpunkt geändert. Hoffentlich greift der Herr Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen nicht zu einer ähnlichen Erklärung, wenn er gefragt wird, wie es kommt, daß der Widerspruch zwischen Erklärungen aus Kreisen der alliierten Oberkommissare und Erklärungen aus Kreisen der Bundesregierung noch keine befriedigende Aufklärung gefunden hat, ein Widerspruch, der darin besteht, daß von alliierter Seite wiederholt gesagt worden ist, es bestünden keine unübersteigbaren Hindernisse mehr, daß Berlin auch de jure 12. Land werde, sofern dieser Wunsch von der Bundesregierung ausdrücklich und nachdrücklich erhoben werde. Die maßgehenden Stellen der Bundesregierung sind wiederholt darauf angesprochen worden. Es gibt keine unmißverständliche Darlegung der Gesichtspunkte und Handlungen in dieser Beziehung.
    An der Spitze einer Aufzählung seiner Aufgaben führt das Ministerium für gesamtdeutsche Fragen die Vorbereitung aller Maßnahmen auf, die der Wiederherstellung der deutschen Einheit dienen. Aber nachdem die Bundesregierung in der bekannten Erklärung vom 21. Oktober 1949 zur Bildung der Sowjetzonenregierung Stellung genommen hatte, verstrichen fünf Monate, bis der Bundeskanzler in einer Presseverlautbarung den Vorschlag für allgemeine, freie Wahlen in sämtlichen Besatzungszonen öffentlich machte. Leider geschah das nur in der wenig verbindlichen Form einer Presseverlautbarung und leider erst nach einem vorausgegangenen Schritt des amerikanischen Oberkommissars McCloy.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Dann aber bedurfte es erst wieder des Druckes der Tatsache der sowjetzonalen Terrorwahlen vom 15. Oktober vergangenen Jahres, ehe der Initiative Dr. Schumachers entsprochen wurde, den Wiedervereinigungswillen, das stärkste Moment in unserer politischen Wirklichkeit, im deutschen Volk offensiv werden zu lassen. Sehen Sie, meine Damen und Herren, da ist ein Punkt: fehlende Initiative. Dazu mögen einige Hinweise gestattet sein. Nachdem es möglich war, der Bevölkerung der sowjetischen Besatzungszone im Zusammenhang mit den Terrorwahlen zu zeigen, daß wir mit ihr fühlen und zu ihr stehen und — etwas mehr noch als das — wie wir politisch denken, war damit diese Aktion zunächst einmal wieder abgeschlossen. Nach der sogenannten Außenministerkonferenz von Prag bedurfte es erst der Auswertung der Prager Beschlüsse durch die sowjetzonalen Behörden und durch eine Partei, die außerhalb des Gebietes besteht und agiert, in dem das Grundgesetz gilt, bevor man sich hier mit dieser Frage und mit den Konsequenzen der Prager Beschlüsse für die deutsche Politik befaßte.
    Meine Damen und Herren, es kommt aber noch schlimmer. Die Erklärung, die dieses Haus am 14. September vorigen Jahres einstimmig angenommen hat, enthält unter anderem zwei Punkte. In dem einen wurde von der Regierung verlangt, daß sie Gesetzesvorlagen unterbreitet, damit man gegen solche Personen und Kreise gesetzlich vorgehen kann,


    (Wehner)

    die sich an den Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der sowjetischen Besatzungszone beteiligen.
    In dem zweiten Punkt wurden Gesetzesvorlagen
    refordert, damit man gegen solche Personen und reise gesetzlich vorgehen kann, die die damaligen schlüsse des dritten Parteitags der sogenannten SED und des kommunistischen Nationalkongresses, die im sogenannten nationalen Widerstand gipfelten, vertreten wollen. Wir haben bis heute die damals geforderten Vorlagen nicht gesehen. Niemand wird behaupten können, daß die Wirklichkeit solche gesetzlichen Maßnahmen nicht erfordere. Das Haus hat damals ja schließlich nicht umsonst solche Beschlüsse gefaßt. Gewiß ist es nicht allein Sache des Ministeriums für gesamtdeutsche Fragen; aber hier sehen Sie doch, daß es nicht überspitzt war, wenn ich am Anfang sagte: dies ist leider eine Fehlkonstruktion und bietet keinen Ersatz für eine Koordinierung der Maßnahmen, die eigentlich auf allen Gebieten mit derselben Blickrichtung zu treffen wären. Wenn man sich hier nun darauf berufen wird, daß das Justizministerium die Vorlagen hätte einreichen müssen, so wird für uns bei dieser unglücklichen Fehlkonstruktion doch immer wieder das Ministerium für gesamtdeutsche Fragen dasjenige sein, an das wir uns halten müssen, das wir fragen müssen, das wir in diesem Fall fragen müssen, was es getan hat, um endlich diese Gesetzesvorlagen zu veranlassen.
    , Es gibt viele Gebiete, auf denen sich vor allem die Gegner der deutschen Wiedervereinigung, die Akteure für die Errichtung einer Diktatur in diesem Teil Deutschlands und für die Umwandlung Deutschlands in eine sowjetische Provinz austoben können, ohne daß das zum Schutze der Einwohner Notwendige geschieht, ohne daß etwas geschieht, sie davor zu bewahren, auf den Leim zu gehen, wenn sie im einzelnen nicht beurteilen können, was ihnen vorgespiegelt wird. Auf dem Gebiet des illegalen Interzonenhandels merkten wir wenig von einer wirklichen Initiative, von einem wirklichen Handlungswillen seitens der Organe, obwohl im Sommer von diesem Hause mit großer Mehrheit entsprechende Beschlüsse gefaßt worden sind.
    Oder nehmen wir ein anderes, vielleicht unwesentlich erscheinendes Beispiel. Die Bevölkerung wird im unklaren darüber gelassen, welche Bedeutung es hat, wenn sich z. B. irgendeine sowjetzonale Stelle an eine große Zahl von Einwohnern dieses Teiles Deutschlands wendet und sie auffordert, bei irgendeiner Bank Uraltkonten anzumelden. Dann kriegen diese Leute plötzlich Propagandamaterial von dieser Bank, von der wahrscheinlich viele nicht gewußt haben, daß sie eine sowjetzonale Bank ist. Es wird ihnen dann — ich könnte es Ihnen vorlesen, aber die Redezeit ist zu beschränkt — vorgesetzt, wie bedeutsam diese sowjetzonale Republik sei, und wie hoch man das in sie gesetzte Vertrauen einschätze. Keiner von denen, die an die Bank geschrieben hatten, hat damit ein Vertrauen zu dieser sowjetzonalen Pseudorepublik bekunden wollen; aber es wird so ausgenutzt. Das Ministerium hätte es vorher wissen und sagen müssen, was man tun kann und was man nicht tun soll, damit der Bürger etwas hat, an das er sich in solchen Fragen halten kann.
    Auf Grund dieses Mangels an Initiative und Handlungsfreudigkeit können sich auf diesem Gebiet anonyme und halbanonyme Organisationen ausbreiten, deren Tätigkeit wir mit Unruhe beobachten. Man weiß von diesen Organisationen nicht, wer eigentlich hinter ihnen steht, wer sie finanziert, wem sie in letzter Instanz verantwortlich sind. Es sind Organisationen, die sich nicht einreihen wollen und wahrscheinlich auch gar nicht einmal in eine gemeinsame Arbeit der legitimen demokratischen Organisationen dieses Volkes einreihen können im Kampf um seine Wiedervereinigung. Diese Organisationen arbeiten sozusagen desperadomäßig. Ich denke dabei an die Verbreitung von Pamphletsendungen mit dem Kopf „Deutsche Freiheitsliga", von der niemand weiß, wer sie eigentlich ist, und die manchmal Parolen ausgibt, mit denen sich, wenn man die großen demokratischen Parteien dieses Hauses oder andere große demokratische Organisationen fragt, niemand einverstanden erklären kann. So hat diese „Deutsche Freiheitsliga" kürzlich eine Losung ausgegeben, die einmal der kommunistische Rotfrontkämpferbund erfunden hat, nur leicht retuschiert: „Schlagt die Stalinisten, wo ihr sie trefft!". Wir können aber keine Rotfrontkämpferlosungen gebrauchen, auch nicht in solcher Retusche; wir wollen sie nicht haben in der Politik.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Aus Mangel an Initiative und aus Mangel an Koordination seitens der Stelle, über die wir heute hier sprechen müssen, kommen die großen Organisationen leider in viel zu geringem Maße zu einer fruchtbaren Zusammenarbeit, und wir haben dann das Wirken von Elementen zu verzeichnen, die aus undurchsichtigen Kanälen gespeist werden. Nehmen wir z. B. den sogenannten Bund Deutscher Jugend, eine Organisation mit einigen hundert Mitgliedern, die über unerhörte Geldmittel zu verfügen scheint, und die auch zu jeder ihr genehm erscheinenden Zeit mit politischen Losungen kommt, mit denen die legitimen demokratischen Jugendorganisationen in der Regel nicht viel oder gar nichts zu tun haben wollen; aber sie tobt sich auf diesem Gebiet aus.
    Oder nehmen wir, was eine ganz besonders üble Zeiterscheinung ist, diese grünen Listen eines angeblichen „Aktionskomitees gegen die fünfte Kolonne", deren Verfasser ausdrücklich erklären, sie wollen anonym bleiben um jeden Preis, weil sie sich den Stalinisten nicht zeigen wollen.

    (Abg. Renner: Fragen Sie mal den Herrn Kaiser, wer das finanziert! — Weitere Zurufe von der KPD.)

    Wenn nun in diesen Listen, in denen Namen angeblicher Agenten kommunistischer Tarnorganisationen „sorgfältig geprüft" wiedergegeben werden, bei der Prüfung durch ehrenwerte Leute — wie es in einem der vielen mir zugegangenen Briefe steht — eine Menge Unrichtigkeiten, ein ziemlich hoher Prozentsatz grober Unrichtigkeiten gefunden wird, dann muß man vor dem Tun und Treiben solcher Organisationen warnen., Denn diese Organisationen— lassen Sie mich das sagen — machen mit umgekehrtem Vorzeichen das, was die Masse von halbanonymen kommunistischen Tarnorganisationen tut: Sie zersetzen die Demokratie, sie diskreditieren deren legitime Organe und deren legitime Organisationen.
    Wir haben weder Lust noch Zeit dazu, diese unsere Demokratie auch noch von einer anderen Seite annagen und zersetzen zu lassen und in dieser Beziehung einen Zwei-Fronten-Kampf führen zu müssen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Es wäre eigentlich meine Pflicht — ich bin ja Vorsitzender des Ausschusses für gesamtdeutsche


    (Wehner)

    Fragen —, einen der Briefe, den ein hoher Funktionär einer Gewerkschaft der Bundesrepublik mir gegeben hat, vorzulesen, mit dem er versuchte, einige Leute zu rehabilitieren, die in diesen grünen Berichten unwiderruflich als „Agenten" bezeichnet worden sind. Der Brief ist zurückgekommen. Die Deckadressen, die jedesmal wechseln, sind einfach nicht verbindlich. Auf diesem Brief steht „nicht abgefordert". Man kann also heute in Deutschland, genau so wie von der kommunistischen Seite aus sogenannte Steckbriefe verbreitet werden, in denen Mordhetze gegen Deutsche betrieben wird, auch von anderen Seiten eine Art von Diskriminierung betreiben, ohne daß offenbar die entsprechenden Stellen die Kraft haben, etwas dagegen zu unternehmen.

    (Zuruf von der KPD: Die stecken dahinter! — Weitere Zurufe von der KPD.)

    — Mit den Vertretern der Partei der Mörder in diesem Lande diskutieren wir über diese Fragen nicht.

    (Beifall bei der SPD. — Lachen und Zurufe bei der KPD.)

    Wir sprechen hier darüber, wie wir es verhindern können, daß in diesem Teile Deutschlands ebenfalls Zustände herbeigeführt werden, die durch Waldheim, durch Bautzen und durch die Massenhinrichtungen und Massenquälereien von Menschen gekennzeichnet sind; darüber sprechen wir!

    (Erneute Zurufe von der KPD.)

    Solchen Organisationen, deren Herkunft kaum festzustellen, bestenfalls zu erraten oder mit sehr mühseligen Untersuchungen zu ermitteln ist, müßte doch das Wasser abgegraben werden dadurch, daß das in Frage stehende Ministerium auf diesem Gebiet nicht nur die Ermittlungsarbeit leistet und die Bekämpfung solcher undemokratischen Umtriebe leitet, sondern daß es das Wesentlichste tut: nämlich den Organisationen, die gesund sind — den gewerkschaftlichen Organisationen, den Zusammenschlüssen von jungen Menschen, von Frauen und anderen —, ohne sie gleichschalten zu wollen, das notwendige Informationsmaterial über das gibt, was in der sowjetischen Besatzungszone geschieht. Das würde dazu beitragen, daß sie freiwillig, von sich aus etwas mit tun im Kampf um die Wiedervereinigung Deutschlands und im Kampf um die Beseitigung der Zustände, wie sie heute in der sowjetischen Besatzungszone unserem Volke aufgezwungen sind, um die Beseitigung von Bautzen mit seinen 6000 politischen Gefangenen, von denen über 1000 tuberkulös sind, ohne daß ihnen ärztliche Hilfe zuteil wird,

    (erneute Zurufe von der KPD)

    von Waldheim, wo man 38 Menschen hingerichtet hat, ohne daß sich — das lege ich dem Ministerium nicht zur Last, aber man muß es in diesem Zusammenhang sagen — dieser Teil Deutschlands darüber besonders erregt hätte.

    (Zuruf von der KPD: Es ist ja alles Schwindel, was Sie hier vormachen!)

    — Es ist ein Trauerspiel, daß diese Leute, die die Vertreter der Mörderpartei in Deutschland sind, hier erklären können, es sei Schwindel, wenn man sage, es würden in Deutschland Menschen gemordet.

    (Beifall bei der SPD. — Erneute Zurufe von der KPD.)

    Von den Insassen der sowjetischen Konzentrationslager sind nach deren formeller Auflösung 3500
    Mann nach Waldheim gekommen und dort in summarischem Verfahren abgeurteilt worden. Davon sind 38 am Ende des Jahres 1950 hingerichtet worden.
    Wenn wir uns jetzt einmal fragen, und zwar ohne irgendwelchen propagandistischen Beigeschmack, was wir eigentlich dazu getan haben, damit dies jeder einzelne weiß, so müssen wir alle zusammen wahrscheinlich antworten: wir haben viel zu wenig getan. Aber im Zusammenhang mit der Behandlung des Etats dieses Ministeriums muß es noch einmal gesagt werden.
    Der Herr Minister hat vorhin darauf hingewiesen, daß sein Ministerium die Bestrebungen unterstütze, eine eigene Welle für die Sendestationen der Bundesrepublik zu bekommen, über die man den deutschen Standpunkt zur Wiedervereinigung unseres Landes durch freie Wahlei nach der sowjetischen Zone und auch anderswohin wirklich vermitteln kann. Während ein solches Ansuchen — ein legitimes Ansuchen, kann man wohl sagen — von seiten der Rundfunkintendanten seit geraumer Zeit vorliegt, ohne daß bisher eine positive Entscheidung gefällt worden ist, gibt es auf diesem Gebiet eigentümliche Erscheinungen, sogenannte Schwarzsender, Geheimsender von Organisationen, die ich vorhin angedeutet habe. Wir können eines Tages gar nicht wissen, was für Provokationen man in diesen Geheimsendungen zusammengeschwätzt hat. Es ist unmöglich, daß sich das eine Regierung bzw. ein Ministerium, das zu diesem Zweck gebildet worden ist, länger mit-ansieht;

    (Zurufe von der KPD)

    es muß etwas in dieser Beziehung tun.
    Ich muß zum Schluß kommen. Wenn das Ministerium den Versuch gemacht hat, aktiv zu werden, indem es eine Fülle von Aufklärungsschriften herausgegeben hat, so möchten wir darauf hinweisen — nicht etwa, damit das Ministerium wieder inaktiv, sondern damit es in der richtigen Richtung aktiv werde —, daß es nicht Sache des Ministeriums sein kann, eine Massenproduktion von Schriften, Broschüren, Plakaten usw. zu betreiben, sondern daß es seine Aufgabe darin erblicken müßte, alles zu wissen und alles zu erfahren, was mit den Menschen aller Berufsschichten in der sowjetischen Besatzungszone geschieht, um es den Menschen in den großen demokratischen Organisationen und im letzten Haus hier in diesem Teile Deutschlands zu vermitteln. Dies geschieht am besten durch die Transmission der großen demokratischen Organisationen, damit diese nicht lediglich — in dieser Gefahr stehen sie jetzt — Briefträger für die vom Ministerium produzierte Literatur sind, sondern damit sie, selbst angeregt, die große Kraft, die diesen demokratischen Organisationen doch innewohnt, in voller Breite im Kampf um die Wiedervereinigung entwickeln können. Aber das Ministerium hat in dieser Beziehung leider eine unglückliche Hand. Ich will nicht sagen, es habe es darauf angelegt — aber man hat manchmal den Eindruck, als ob es so sei —, sich gerade mit den Organisationen schlecht zu stellen, ohne die man sich den Kampf um die Wiedervereinigung und den Kampf gegen die Zersetzung durch die sowjetische Infiltration schlechterdings nicht vorstellen kann. Ich denke etwa an solche Broschüren „Rote Flut" und ähnliche Geschmacklosigkeiten, die in diesem Falle im Titel und im Mangel einer Vorstellung von der psychologischen Wirkung liegen. Das sollte bei dieser Gelegenheit gesagt werden, damit die Arbeit


    (Wehner)

    verbessert werde, selbst wenn sie auf dem Boden einer Fehlkonstruktion entwickelt werden muß. Ein großer Teil dieser Arbeit muß gemeinsam getan werden, damit sie verbessert wird; und sie muß wesentlich verbessert werden, wenn wir den Erfordernissen gerecht werden wollen.

    (Beifall bei der SPD.)