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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 130. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 5. April 1951 4947 130. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 5. April 1951. Geschäftliche Mitteilungen . . . 4948B, 5017D Änderungen der Tagesordnung 4948B Zur Geschäftsordnung: Dr. Dr. Nöll von der Nahmer (FDP) 4948C Dr. Wuermeling (CDU) 4949A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes zur Verlängerung der Wahlperiode der Landtage der Länder Baden und Württemberg-Hohenzollern (Nm. 2057, 2071, 2088 der Drucksachen) 4949B Dr. Nevermann, Bürgermeister von Hamburg, Berichterstatter . . . . 4949B Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 4950D Renner, Innenminister des Landes Württemberg-Hohenzollern . . . 4952C Dr. Schmid (Tübingen) (SPD) . . . 4953C Euler (FDP) 4955A Fisch (KPD) 4955D Dr. Becker (Hersfeld) (FDP) . . . 4957B Beschlußfassung 4957D Zur Geschäftsordnung (betreffend Polizeimaßnahmen auf Zugangsstraßen zum Bundeshaus): Loritz (WAV) 4958A, 4959C Präsident Dr. Ehlers 4958C, D, 4959B, 4959C Dr. Arndt (SPD) 4958D Renner (KPD) 4959A Eickhoff (DP) 4959C Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umstellung der Reichsmarksparguthaben heimatvertriebener Sparer (Nr. 2015 der Drucksachen) 4959D Wackerzapp (CDU), Antragsteller . 4959D Tichi (WAV) 4962A Trischler (FDP) 4962D Kuntscher (CDU) 4964B Dr. Leuchtgens (DP) 4965C Dr. Bertram (Z) 4965D Seuffert (SPD) 4966C Dr. Besold (BP) 4967B Loritz (WAV) 4967B Ausschußüberweisung 4967D Erste Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung überholter steuerrechtlicher Vorschriften (Nr. 2054 der Drucksachen) 4967D Dr. Dr. Nöll von der Nahmer, Berichterstatter 4968A Ausschußüberweisung 4968C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über eine Bundesbürgschaft für Kredite zur Finanzierung der Lebensmittelbevor- ratung (Nr. 2059 der Drucksachen) . . 4968C Ausschußüberweisung 4968D Fortsetzung der zweiten und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur vorläufigen Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts für verdrängte Angehörige des öffentlichen Dienstes (Nrn. 1287, 1882, zu 1882 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Beamtenrecht (25. Ausschuß) (Nr. 1996 [neu] der Drucksachen; Änderungsantrag Umdruck Nr. 92) . . . 4968D Kühn (FDP), Berichterstatter . . . . 4968D Arnholz (SPD) 4970B, 4971A Wackerzapp (CDU) 4970C Abstimmungen 4970A, B, 4972C Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1950 (Nr. 1500 der Drucksachen); Mündliche Berichte des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß): Einzelplan XVI — Haushalt des Bundesministeriums für gesamtdeutsche Fragen (Nr. 1917 der Drucksachen) 4972D Heiland (SPD), Berichterstatter . 4973A Kaiser, Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen 4973D Wehner (SPD) 4976A Fisch (KPD) 4979A Dr. von Merkatz (DP) . . . . . 4980C Brookmann (CDU) 4981C Dr. Reif (FDP) 4982B Mellies (SPD) 4983A Beschlußfassung 4983C Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Art. 131 des Grundgesetzes fallenden Personen (Nrn. 1306, zu 1306 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Beamtenrecht (25. Ausschuß) (Nr. 2075 der Drucksachen, Um- druck Nr. 108) 4983C Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . . 4983C Dr. Kleindinst (CSU), Berichterstatter . . . . 4984C, 4990A, 4992A, B Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 4987C, 5001A Dr. Lukaschek, Bundesminister für ' Angelegenheiten der Vertriebenen 4989A Dannemann (FDP) 4989D Dr. Richter (Niedersachsen) (SRP) 4990B, D, 4994C, 4997C, 5012D, 5014C, 501'7A Dr. Wuermeling (CDU) : zur Sache. . . . . 4990B, 4996A, 5003A, 5007C, 5013D, 5014C, 5015B zur Geschäftsordnung . . . 5011B, 5017B von Thadden (DRP) 4990C, 499'7B, 5012A Farke (DP) 4991B, 5005D, 5015C Dr. Trischler (FDP) 4991C Dr. Miessner (FDP) . . . . 4995B, 4996D Freiherr von Aretin (BP) 4996C, 5012B, 5013B Matzner (SPD) 4998D, 5000D, 5009D, 5013A, 5013A, 5015A, 5016D Dr. Nowack (Rheinland-Pfalz) (FDP): zur Sache . . 5001C, 5009C, 5009C, 5012C 5014A, 5015A zur Geschäftsordnung 5017A Lücke (CDU) 5002B Henßler (SPD) 5002C Schäffer, Bundesminister der Finanzen 5004A, 5008D, 5010A Mellies (SPD) 5004C, 5011A Kuntscher (CDU) 5006C Dr. Horlacher (CSU) 5007B Dr. Dresbach (CDU) 5007D Dr. Kather (CDU) 5009A Fröhlich (BH-DG) . . 5010A, 5011C, 5016D Loritz (WAV) (Zur Geschäftsordnung) 5010D Gundelach (KPD) 5013C, 5016A Abstimmungen . . . 4989C, 4990C, 4991B, 4992B, 4995A, 4997A, 4998B, 5010C, 5011A, B, 5012D, 5013A, B, D, 5014A, D, 5015C, D, 5017A Weiterberatung vertagt 501'7D Nächste Sitzung 5017D Die Sitzung wird um 13 Uhr 34 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Dr. Hermann Ehlers


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Meine Damen und Herren! Ich wollte Ihnen — es liegen noch Wortmeldungen zur Geschäftsordnung vor — eigentlich den Vorschlag machen, die Entscheidung über diesen von Herrn Abgeordneten Dr. Wuermeling gestellten Antrag erst dann zu treffen, wenn die zweite Beratung abgeschlossen ist und ein Überblick über das Ergebnis der zweiten Beratung besteht.

    (Abg. Dr. Wuermeling: Einverstanden!)

    — Herr Abgeordneter Dr. Wuermeling ist einverstanden. Wir brauchen also im Augenblick über diesen Antrag nicht zu entscheiden.
    Ich darf dann in die Tagesordnung eintreten. Ich rufe auf Punkt 1 der Tagesordnung:
    Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes zur Verlängerung der Wahlperiode der Landtage der Länder Baden und Württemberg-Hohenzollern (Nm. 2057, 2071, 2088 der Drucksachen).
    Berichterstatter für den Vermittlungsausschuß ist der Herr Bürgermeister Dr. Nevermann. Ich bitte ihn, das Wort zu nehmen.
    Dr. Nevermann, Bürgermeister von Hamburg, Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bundestag hat am 15. März 1951 das Gesetz über die Verlängerung der Wahlperiode der Landtage Baden und Württemberg-Hohenzollern beschlossen. Der Sinn dieses Gesetzes war, in diesen Ländern eine besondere Volksabstimmung über die Verlängerung der Legislaturperioden unnötig zu machen. Darüber hinaus war das Land Württemberg-Hohenzollern landesrechtlich noch in einer besonders unangenehmen Lage, weil es kein gültiges Landeswahlgesetz besitzt. Die Hohe Kommission hat ein Veto gegen das jetzt vorhandene Landtagswahlgesetz eingelegt. Die Volksabstimmung, die ohne Bundesgesetz notwendig werden würde, soll deswegen vermieden werden, weil in diesen Ländern eine Häufung von Wahltätigkeit der Bevölkerung eintreten würde. Demnächst wird eine weitere Volksabstimmung wegen der Neugliederung selbst notwendig werden. Anschließend wird wieder die Wahl für das zu erwartende gemeinsame Parlament stattfinden müssen. Deswegen sind gerade aus den beteiligten Ländern praktische, auch Kostengesichtspunkte sowie staatspolitische Gründe für die Vermeidung einer solchen besonderen Volksabstimmung vorgetragen worden. Es ist deswegen mit Recht der Gedanke an ein Bundesgesetz gemäß Art. 118 aufgetaucht. Alle Beteiligten — auch diejenigen, die staatsrechtliche Bedenken haben — sind sich auch darüber klar, daß das in diesem Hohen Hause beschlossene Gesetz sehr praktisch und wünschenswert sei. In der Diskussion ist einmal gesagt worden, das Gesetz sei „zu schön, um juristisch wahr zu sein".

    (Heiterkeit.)

    Der Bundesrat hat dann auch nach sehr ernsthaften Überlegungen aus verfassungsrechtlichen Gründen den Vermittlungsausschuß angerufen, weil „das Gesetz keine Stütze im Art. 118 habe". Es handelt sich, wie der Vermittlungsausschuß anerkennen mußte, um sehr beachtliche Gründe. Denn alle Beteiligten sind sich selbstverständlich darüber klar, daß die Zweckmäßigkeit allein noch nicht genügt, um das Gesetz staatsrechtlich möglich zu machen. Die Frage der Übereinstimmung mit dem Grundgesetz ist im Vermittlungsausschuß sehr eingehend erörtert worden. Die Mehrheit des Vermittlungsausschusses — 12 zu 4 Stimmen — hat geglaubt, die Vereinbarkeit des Gesetzes — allerdings in abgeänderter Form, wie es Ihnen heute vorgeschlagen wird — mit dem Grundgesetz bejahen zu können.
    Ich darf ganz kurz die wichtigsten Gesichtspunkte, die den Vermittlungsausschuß zu diesem Votum geführt haben, vortragen.
    Es ist selbstverständlich im Grundgesetz keine Rechtsgrundlage für ein selbständiges Gesetz über irgendeine Verlängerung der Legislaturperiode irgendeines Landtages gegeben. Ein solch genereller Eingriff in die Organtätigkeit der Länder wäre ein unzulässiger Eingriff. Eingriffe in Länderorgane sind generell nur auf dem Wege über Art. 29 des Grundgesetzes möglich. Ebenso klar ist aber auch, daß der Art. 118 gegenüber der generellen Regelung in Art. 29 eine lex specialis darstellt. Die Länder, für die er gilt, sind ausdrücklich in ihm aufgeführt worden, und es heißt ferner in Art. 118 ausdrücklich, daß der dort vorgesehene Weg für dieses Neuordnungsgebiet „abweichend von Art. 29" gegangen werden könne und solle.
    Nun ist richtig, daß auch Art. 118 nicht ausdrücklich etwas über die Möglichkeit, Legislaturperioden der Landtage zu verlängern, sagt. Er spricht nur über ein Gesetz über die „Neugliederung" des Südwestgebiets. Der Inhalt eines Gesetzes, das der Bundestag auf Grund des Art. 118 verabschieden will, muß also der dem Bund übertragenen Materie der Neugliederung angehören; er muß ein Teil dieser Neugliederungsmaterie sein. Nach Meinung des Vermittlungsausschusses ist es die entscheidende staatsrechtliche Frage, ob das vorliegende Gesetz diese Voraussetzung erfüllt..
    Die Rechtslage würde ganz klar sein, wenn die


    (Dr. Nevermann)

    Verlängerung der Landtagslegislaturperioden in dem endgültigen Neugliederungsgesetz enthalten sein würde. Die Tatsache, daß in diesem Falle niemand staatsrechtliche Bedenken hätte, zeigt doch, daß im Rahmen der Neughederungsmaterie auch eine Verlängerung der Legislaturperioden der Landtage möglich ist. Es ist ja auch versucht worden, im Neugliederungsgesetz diese Frage zu regeln, aber die Zeit reichte dazu nicht aus. Die Verlängerung der Landtagslegislaturperioden war auch in der vorgesehenen freien Vereinbarung der Länder enthalten. Nun also ist die Frage, die der Vermittlungsausschuß bejaht hat, die, ob dieses Gesetz als Teil der Neugliederungsmaterie im Sinne des Art. 118 anzusprechen sei.
    Die. Neugliederungsmaterie ist bereits vor der Tätigkeit des Bundes durch die Länderverhandlungen in Angriff genommen worden, die ja ausdrücklich als Teil des Art. 118 im Grundgesetz vorgesehen sind und die sogar die Voraussetzung dazu bilden, daß der Bund auf diesem Gebiet tätig werden kann. Erst nach Scheitern dieses Neugliederungsversuchs der Länder und nach Eingang der offiziellen Mitteilung des Staatspräsidenten Müller bei der Bundesregierung ist der Bund tätig geworden, und erst da konnte der Bund auf diesem Gebiet tätig werden. Das uns vorliegende Gesetz ist also schon wegen dieser Entwicklung keine Vorwegnahme an sich, sondern es ist schon der zweite Akt des Art. 118. Ich glaube, das ist verfassungsrechtlich beachtlich. Das Gesetz ist zwischen dem freien Akt der Länder, der von Mißerfolg begleitet war, und dem endgültigen Neugliederungsgesetz zwischengeschaltet. Es ist also keine völlig isolierte Materie, die wir hier behandeln, sondern es ist ein Teil der Neugliederungsmaterie.
    Art. 118 schreibt, was ebenfalls unstreitig war, nicht vor, daß die ganze Neugliederung in einem Bundesgesetz geregelt sein müsse. Das ist auch praktisch gar nicht möglich, weil nach der Zusammenlegung der Gebiete ja erst nur e i n Element des neuen Staates vorhanden ist, nämlich das Staatsgebiet, und dann erst die Staatsorgane geschaffen werden müssen. Die Neugliederungsmaterie — darüber war sich der Vermittlungsausschuß einig — kann in mehreren Gesetzen geregelt werden. Es muß sich eben nur bei jedem Gesetz um einen Teil der Materie handeln.
    In der vom Vermittlungsausschuß vorgeschriebenen Änderung des § 1 wird wegen dieser Gedankengänge das Gesetz stärker auf die Materie des Art. 118 abgestellt. Der erste Entwurf des Bundestags sah in bezug auf die Verlängerung der Landtags-Legislaturperioden keine Fristen vor. Die Verlängerung ist jetzt bis zum 31. März 1952 befristet. Sollte also auf Grund des Bundesgesetzes und der Volksabstimmung eine Neugliederung nicht beschlossen werden, laufen die Legislaturperioden der Landtage am 31. März des nächsten Jahres ab. Die nach Landesrecht notwendigen Neuwahlen sind also von der Neugliederung abhängig gemacht worden. Der Vermittlungsausschuß ist der Überzeugung, daß damit deutlich ein weiterer Teil der Neugliederungsmaterie geregelt worden ist. In diesem Zusammenhang gewinnt bei der jetzigen Formulierung des § 1 auch das vielerörterte argumentum a maiore ad minus doch an Gültigkeit.
    Ich glaube, wir können uns auch ferner darüber klar sein, daß ein Gesetz, wenn es die Neugliederungsmaterie zum Teil regelt, dann auch mehr regeln kann als nur das Notwendige, daß es dann auch etwas Wünschenswertes und Praktisches regeln kann. Die Tatsache, daß der Gesetzgeber über das absolut Notwendige der Neugliederung hinausgeht, bedeutet nicht, daß eine solche Bestimmung dem Grundgesetz widerspräche.
    Um diesen materiell-rechtlichen Bezug des § 1 auch äußerlich deutlicher zu kennzeichnen, schlägt der Vermittlungsausschuß ferner die Änderung des Titels vor und bittet, zu beschließen, das Gesetz zu benennen „Erstes Gesetz zur Neugliederung in dem die Länder Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern umfassenden Gebiet gemäß Artikel 118".
    Meine Damen und Herren, wegen der speziellen Materie des Art. 118 und wegen der nunmehr im Text und in der Überschrift deutlichen Verbindung zu dem, speziellen, nur bei diesen drei Ländern vorgesehenen System der Neugliederung bestehen nach Auffassung des Vermittlungsausschusses keine Gefahren der Verallgemeinerung dieses Weges für andere Länder, und es besteht auch nicht die Gefahr von Präjudizien. Natürlich bleibt die Entscheidung dieser Frage eine Auslegungssache. Aber nach systemlogischer Auslegung hält die Mehrheit des Vermittlungsausschusses das Gesetz für verfassungsgemäß.


Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren, ich danke dem Herrn Berichterstatter. Die Mehrheit des Vermittlungsausschusses unterscheidet sich offenbar von der Mehrheit der Bundesregierung.

(Heiterkeit.)

Das Wort hat der Herr Bundesinnenminister.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Robert Lehr


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine verehrten Damen und Herren! Die Materie ist, wie Sie aus den Vorverhandlungen wissen und auch eben aus dem Munde des Herrn Berichterstatters gehört haben, zweifelhaft. Eine starke Mehrheit im Bundestag hat das Gesetz beschlossen. Ebenso hat eine starke Mehrheit im Vermittlungsausschuß das Gesetz mit einigen Änderungen gutgeheißen. Dann ist die Angelegenheit in das Kabinett gekommen. Ich bin da in einer etwas schwierigen Lage. Ich selbst habe den Standpunkt vertreten, den das Hohe Haus eingenommen hat,

    (Bravo! rechts)

    und habe auch im Kabinett meine Auffassung vertreten. Aber die Abstimmung ergab 6 zu 5; die eine Stimme Mehrheit war auf der andern Seite. Ich bin deshalb verpflichtet, hier die Meinung des Kabinetts vorzutragen. Aber ich kann das nur in der Weise tun, daß ich auf die guten Gründe sowohl der einen wie der anderen Seite hinweise, um nicht in die Versuchung zu kommen, ein einseitiges Bild darzustellen.
    -Meine Damen und Herren, Sie wissen, daß nach Art. 29 unseres Grundgesetzes die Vorschriften genau festgestellt sind, wie man unter Berücksichtigung der landsmannschaftlichen Verbundenheit, der geschichtlichen und kulturellen Zusammenhänge, der wirtschaftlichen Zweckmäßigkeit und des sozialen Gefüges durch Bundesgesetz das Bundesgebiet neu gliedern kann. Das ist die Lex generalis. Wir haben aber im Art. 118 eine Lex specialis vor uns, die allerdings auf einen ganz bestimmten Zweck gerichtet ist, nämlich auf die Neugliederung in den Ländern Baden, Württemberg-Baden, Württemberg-Hohenzollern.
    In der Gesamtauffassung, die wohl auch in den Worten des Herrn Berichterstatters anklang, ist man zweifellos in diesem Hohen Hause bewogen


    (Bundesinnenminister Dr. Dr. h. c. Lehr)

    gewesen, zu bedenken, daß ein so vielfacher Gang zur Wahlurne, wie er sich unter Umständen ergeben könnte, wenn man die Zuständigkeit der Landtage nicht verlängert, doch ein außerordentlich unerfreuliches Bild ist und letzten Endes die Gefahr heraufbeschwört, daß sich bei dieser oder jener Abstimmung Zufallsmehrheiten oder -minderheiten ergeben. Die Tendenz dieses Hohen Hauses lag also durchaus im Sinne des Art. 118, nämlich in der Neugliederung auf dem unkompliziertesten und schnellsten Wege voranzukommen. Immerhin, die Bedenken bestehen, und ich möchte ihnen diese Frage kurz so vortragen, wie sie sich im Kabinett gezeigt haben.
    Die verfassungsrechtliche Prüfung im Sinne des Vermittlungsausschusses konzentriert sich letzten Endes auf drei Fragen. Erstens: Inwieweit sind im Rahmen des Art. 118 Einbrüche des Bundesgesetzgebers in die Verfassungsautonomie der Länder zulässig? Grundsätzlich ist es in dieser Frage — da sind wir wohl alle einer Meinung — nicht zulässig, daß der Bund irgendwie in die Verfassung der Länder eingreifen kann. Die einzige Vorschrift, die hier zu beachten ist und besteht, ist im Art. 28 ler Verfassung aufgeführt. Es muß nämlich die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern den Grundsätzen des republikanisch-demokratischen und sozialen Rechtsstaats im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. Entspricht die Verfassung der Länder diesen Grundsätzen des Art. 28, so hat sich der Bund jedes Eingriffs in die Länderverfassungen zu enthalten. Aber eine besondere Ausnahme ist in dem speziellen Gesetz des Art. 118 gegeben, nämlich zu dem ausschließlichen Zweck der Neugliederung für die hier ausdrücklich genannten Gebietsteile. In diesem Umfang hat der Bund die volle Hoheit, alles zu tun, was zum Ziel der Neugliederung erforderlich ist. In dem Augenblick, als die Herren Ministerpräsidenten der beteiligten Länder dem Bundeskanzler mitteilten, daß sie sich nicht hätten einigen können, war die verfassungsmäßige Zuständigkeit des Art. 118, waren die Voraussetzungen für ein Eingreifen gegeben. Nunmehr waren der Bund und sein Gesetzgebungsapparat dafür zuständig, alles zu tun, was zum Zweck der Neugliederung notwendig war.
    Die zweite Frage, die zu erledigen ist, geht dain: Kann der Bundesgesetzgeber eine Neugliederung im Sinne des Art. 118 des Grundgesetzes stufenweise mit Hilfe einer Mehrzahl von Bundesgesetzen vollziehen? Meine Damen und Herren, es ist ja ganz klar, daß dieses Gesetz neben gewissen vorbereitenden Maßnahmen wahrscheinlich auch eine Reihe von Gesetzgebungsakten notwendig macht, die man gleich zu Anfang nicht übersehen kann. Auf jeden Fall erinnere ich daran, daß er als Oberleitungsmaßnahme eine konstituierende Versammlung vorsehen wird, er wird auch eine vorläufige Regierung vorsehen, damit irgendwelche Organe vorhanden sind, die handeln können, bis das endgültige Gesetz durch die neuen Landtage oder den neuen Landtag geschaffen ist. Kurz und gut: es kommt eine Reihe von Stufen, und es ist in keiner Form einzusehen, weshalb das alles uno actu, in einer einzigen Gesetzeshandlung vollzogen werden muß, warum nicht eine Reihe von aufeinander folgenden und aufeinander abgestimmten Gesetzen, die immer wieder die Neugliederung zum Ziel haben müssen, möglich sein soll.

    (Sehr richtig! bei der FDP.)

    Auch sonst, wenn durch Bundesgesetz der Bund
    ermächtigt ist, irgendeine Materie zu regeln, ist
    nirgendwo gesagt oder vorgeschrieben, daß das nun in e in e m Gesetz erfolgen müsse, sondern das Hohe Haus ist durchaus souverän in der Reihenfolge seiner Gesetzesbeschlüsse.

    (Sehr richtig! bei der FDP.)

    Ich möchte deshalb auch diese zweite Frage bejahen,
    daß also eine Reihenfolge von Gesetzen zulässig ist.
    Wenn nun diese Frage bejaht wird, bleibt zu prüfen, welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, damit von einem Neugliederungsgesetz im Sinne des Art. 118 des Grundgesetzes gesprochen werden kann. Meine Damerr und Herren, jetzt fangen die großen Schwierigkeiten eigentlich erst an.

    (Abg. Dr. Laforet: Sehr richtig!)

    Was ich Ihnen eben vorgetragen habe, waren ja nur leichte Vorgenüsse. Eine Neugliederung im Sinne des Art. 118 ist etwas anderes als eine sonstige Änderung des Gebietsbestandes der Länder etwa im Sinne des Art. 29 Abs. 7 des Grundgesetzes. Während es sich im letzen Falle nur um Grenzkorrekturen handelt, liegt im Begriff der Neugliederung, daß durch sie der juristische Bestand der bisherigen Länder in Mitleidenschaft gezogen und im Zweifel sogar ein neues Land gebildet wird. In diesem Sinne berührt jede Neugliederung die Existenz und damit zwangsläufig auch die Verfassungsorganisation des betreffenden Landes oder der betreffenden Länder. Der Auftrag des Art. 118 kann daher ohne einen Eingriff in das bisherige Landesverfassungsrecht überhaupt nicht vollzogen werden,

    (Abg. Euler: Sehr richtig!)

    und es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob das Grundgesetz die zuständigen Landesorgane für den Fall des Abschlusses einer Vereinbarung im Sinne des Art. 118 mit besonderen Vollmachten außerhalb der Landesverfassungen ausstatten wollte. Der Gesetzgeber hat auf jeden Fall die Vollmacht erhalten, gestützt auf Art. 118, im Interesse der Bildung neuer und der Liquidation der alten Länder alle verfassungsrechtlichen Maßnahmen zu treffen. Daher bleibt auch für die neugebildeten Länder nur noch der Grundsatz des Art. 28 der Verfassung in Wirksamkeit, daß die Maßnahmen, die dieses Hohe Haus zum Zweck der Neugliederung beschließen wird, die Voraussetzungen für eine Verfassung überhaupt erfüllen, d. h. daß hier ein demokratisch-republikanisch-sozialer Staat beschlossen wird. Wenn aber diese Voraussetzungen erfüllt sind, dann kann der Bund nun nach seiner Meinung das Überleitungsgesetz schaffen.
    Von diesen Gedanken ausgehend, komme ich zu den letzten Schlüssen. Wenn der Auftrag des Bundes gemäß Art. 118 unter Eingriff in die Verfassungen der Länder und in Stufen vollzogen werden kann, dann muß allerdings jedes dieser neuen Gesetze die Neugliederung zum Ziel haben, und dieser Zusammenhang kann nicht allein durch gesetzgeberische Motivation geschaffen werden, indem der Bundesgesetzgeber etwa alles regeln könnte, was ihm zum Zweck der Neugliederung subjektiv dienlich erscheint. Das gilt insbesondere für alle der eigentlichen Neugliederung vorausgehenden Maßnahmen, die ihrem objektiven Gehalt nach noch nicht als Teil der Neugliederung ausgesprochen werden können. Meine Herren, mit diesen letzten Sätzen habe ich Ihnen ausdrücklich die Auffassung der Mehrheit im Kabinett vorgetragen.

    (Abg. Hilbert: Gott sei Dank nicht Ihre!)



    (Bundesinnenminister Dr. Dr. h. c. Lehr)

    — Nicht meine, nein, aber die Meinung der sechs Stimmen Mehrheit.
    Ein solcher objektiver Zusammenhang zwischen dem umstrittenen Gesetzentwurf und der Neugliederung gemäß Art. 118 soll aus der Tatsache entnommen werden, daß die Möglichkeit des Abschlusses einer Ländervereinbarung förmlich gescheitert ist und daß sich der Bundestag bereits mit einem Initiativantrag zu Art. 118 des Grundgesetzes beschäftigt. Nun ist ganz zweifelsfrei, daß alles ganz unbedenklich wäre, wenn im Rahmen des eindeutig die Neugliederung selbst zum Gegenstand habenden Gesetzes im Sinne des ursprünglichen Initiativantrages der Abgeordneten Gengler und Genossen auf Drucksache Nr. 1849 verfahren und die Legislaturperiode damit in einen förmlichen Liquidationsprozeß einbezogen worden wäre; dann wäre der objektive Zusammenhang mit der Neugliederung nämlich völlig eindeutig gewesen. Die Vorwegnahme einer einzelnen Vorschrift, die ähnlich auch bei anderen Bestimmungen denkbar wäre, zerreißt nach der Meinung der Mehrheit im Kabinett diesen objektiven Zusammenhang, so daß die Legitimation des Bundesgesetzgebers nur noch über das subjektive Kriterium des gesetzgeberischen Motivs gegeben sein würde. Dieses Junktim hält die Mehrheit für unzureichend, und dieses Junktim kann auch nicht in der Weise verstärkt werden, daß nun das Gesetz im Sinne der Beschlüsse des Vermittlungsausschusses die Überschrift „Erstes Überleitungsgesetz" enthält, zumal eine Überschrift nicht rechtserheblich ist.
    Ich muß, um meinem Auftrag gerecht zu werden, dann noch einmal betonen, daß am Beginn einer sich etappenweise vollziehenden Neugliederung gemäß Art. 118 nicht irgendeine gesetzgeberische Maßnahme stehen kann, die nach dem subjektiven Ermessen des Bundesgesetzgebers der Erreichung des Endzieles irgendwie dienlich ist, sondern nur eine Maßnahme, die mit dem Ziel der Neugliederung in den Bestand der Länder des Südwestraumes insgesamt eingreift. Ist dieses Stadium der Liquidation erst einmal eingeleitet, so bleibt es dem Bundesgesetzgeber unbenommen, später alle diejenigen Gesetze nachzuschieben, die sich zur Erreichung des Endzieles als notwendig erweisen. Diese Liquidation ist nach Auffassung der Mehrheit durch den umstrittenen Gesetzentwurf offenbar noch nicht eingeleitet, so daß es sich um eine reine Vorbereitungsmaßnahme handelt, für die der Art. 118 keine Handhabe bietet.
    Damit habe ich meinen Auftrag erfüllt.

    (Abg. Renner: Und was hat der Herr Bundeskanzler entschieden? — Abg. Dr. Schmid [Tübingen] : Ich bitte ums Wort.)