Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich halte es für am besten, wenn ich im Anschluß an den Bericht des Berichterstatters über die Angelegenheiten des mir anvertrauten Ministeriums gleich selbst einige Bemerkungen mache. Es geht mir dabei nicht darum, zu diesem oder jenem finanziellen oder technischen Punkt des Haushaltsplans des Ministeriums etwas zu sagen.
Sollte jemand der Meinung sein, uns den Vorwurf einer zu expansiven Personalpolitik machen zu müssen, so will ich dazu nur bemerken: Die gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnende Stellenvermehrung ist darauf zurückzuführen, daß mit Wirkung vom 1. April 1950 die Berliner Abteilung des Ministeriums für sämtliche übrigen dort vorhandenen ministeriellen Vertretungen die gemeinsamen Organisations- und Verwaltungsangelegenheiten zentral zu bearbeiten hat. Diese Regelung wurde seinerzeit auf Veranlassung des Haushaltsausschusses aus Gründen der Verwaltungsökonomie getroffen. Das erforderte für das Ministerium,
insbesondere für die Berliner Vertretung, die Verstärkung um eine Anzahl Stellen.
Sonst, meine Damen und Herren, will ich nur bemerken, daß der Stellenplan nach meiner festen Überzeugung nach Gesichtspunkten größter Sparsamkeit aufgestellt worden ist. Das Ministerium selbst hat nach Wesen und Ziel vorübergehenden Charakter; so hoffen wir wenigstens. Deshalb haben wir darauf geachtet, und zwar mit größter Sorgfalt darauf geachtet, daß im wesentlichen nur Angestelltenstellen im Bereich des Organisationsplanes vorgesehen sind. Beamtenstellen wurden nur in solchen Fällen beantragt, in denen hoheitliche Funktionen oder weitreichende fiskalische Interessen des Bundes wahrzunehmen sind. Dabei ist der finanziellen Notlage des Bundes bis an die Grenzen des Möglichen Rechnung getragen worden.
Ich habe mich, meine Damen und Herren, auch nicht zu Wort gemeldet, um große programmatische Ausführungen zu machen. Gestatten Sie mir nur einige Bemerkungen.
Das hinter uns liegende Jahr hat ganz zweifellos in jedem Deutschen zwei Erkenntnisse vertieft und in den Vordergrund gerückt. Erstens: die Einheit unseres Landes muß wiederhergestellt werden. Das ist für die Zukunft unseres Volkes eine psychologische, eine politische und eine wirtschaftliche Notwendigkeit. Ich brauche darüber vor Ihnen keine weiteren Ausführungen zu machen und brauche das vor Ihnen nicht zu begründen. Zweitens: diese Einheit kann nicht die von den Sowjets und ihren deutschen Beauftragten propagierte Einheit sein. Denn daß es sich bei dieser propagierten Einheit um nichts anderes als um eine kommunistische Einheit handeln würde, brauche ich hier ebenfalls nicht mehr zu begründen.
Die Grotewohl-Aktion und alle mit ihr in Verbindung stehenden offiziellen Erklärungen, Verlautbarungen und Appelle östlichen Ursprungs — auch die gestern Nachmittag durchgeführte Frauendemonstration vor dem Bundeshaus — haben das neben den in der Sowjetzone geschaffenen Tatsachen längst für jeden urteilsfähigen Deutschen begründet und klargemacht.
Diese Klarheit kann nur dann mit größter Wirkung gefestigt werden
— darauf komme ich gleich zu sprechen —, wenn sich auch staatlicherseits eine weithin sichtbare zentrale Stelle
darum kümmert
und die notwendigen Mittel zur Verfügung stellt. Denn — ich will ehrlich sein: Es gab auch in der Bundesrepublik manche psychologischen Hemmungen gegenüber einer aktiven Berlin- und einer aktiven Ost-Politik zu überwinden.
Die Wiederherstellung der deutschen Einheit ist ein politisches, wirtschaftliches und institutionelles Problem. Die Lösung dieses vielseitigen Problems, meine Damen und Herren, hängt leider nicht von uns, von den Deutschen allein ab. Aber wir dürfen wohl in Übereinstimmung miteinander sagen: Fester, entschlossener Wille unseres Volkes zur Einheit ist zweifelsohne das entscheidende Moment für die Erreichung der Einheit unseres Vaterlandes.
Einen solchen Willen kann und wird die Welt auf die Dauer nicht ignorieren. Seine Stärkung im freiheitlichen Sinne ist dabei zunächst ein propagandistisches Problem, das soll heißen: ein Problem der politischen Aufklärung und der ständigen Aufrüttelung unseres Volkes.
Das ist um so mehr der Fall, als vom Osten her
das Mittel der Propaganda skrupellos angesetzt
wird, um eine kommunistische Einheit Deutschlands zu erreichen. Damit soll aber nicht gesagt
werden, daß das Ministerium für gesamtdeutsche
Fragen etwa ein Propagandaministerium sein soll
Ich sage das gegenüber denen, die immer wieder hören lassen: Um Himmels willen, doch kein Propagandaministerium! Ihnen zur Beruhigung sei gesagt: Wir haben niemals die Absicht gehabt und haben sie auch heute nicht, Goebbelsche oder Eislersche Propagandamethoden zu imitieren;
sie würden ja der demokratischen Intelligenz und Kritik gar nicht standhalten können. Deshalb bemüht sich gerade auch mein Ministerium um exakte und sachliche Aufklärung. •
Ich darf das wohl für alle die zahlreichen Veröffentlichungen und Publikationen des Ministeriums in Anspruch nehmen.
Hauptsorge des Ministeriums war uns ist es, Anreger und Helfer für alle Parteien, Verbände, Organisationen und Institutionen zu sein, die berufen und die bereit sind, ihre Tagesarbeit unter das dominierende Gesetz der neu zu schaffenden Einheit Deutschlands und der Zurückweisung des Kommunismus zu stellen. Ihnen haben wir in großem Umfange das notwendige Rüstzeug zur Verfügung gestellt.
Wenn wir dabei nicht an die Papierflut des Ostens heranzureichen vermögen — wir wollen das auch nicht —, wird das jedermann zu würdigen wissen. Diese Papierflut ist ja schließlich schon Makulatur, ehe sie die Zonengrenze passiert hat.
Gut wäre es dabei, wenn wir zu einem noch sinnvolleren Zusammenwirken aller Vereinigungen und aller Kräfte kommen könnten,
die in besonderer Weise verpflichtet und berufen sind, dem Kommunismus entgegenzutreten. Schließlich steht ja auf der Gegenseite entschlossenste Koordination im Kampf gegen die Bundesrepublik. Was dort, was in der Sowjetzone unter Zwang besteht, müßte bei uns aus freiester Einsicht geschehen.
Dieser und jener Kritik gegenüber glaube ich sagen zu dürfen, daß die Aktivierung unsères Vol-
kes für die deutsche Einheit und für die Abwehr des Kommunismus, die sich in den vergangenen Monaten gezeigt hat, nicht zuletzt auch der Arbeit des Ministeriums für gesamtdeutsche Fragen zugeschrieben werden darf.
Aber auch die Bevölkerung in der Sowjetzone spürt mehr und mehr, daß wir uns in der Bundesrepublik um ihr Schicksal kümmern, daß wir ihr bestmöglich zu helfen versuchen. Die Klage, daß wir die Ostzone abgeschrieben hätten, ist mehr und mehr verstummt. Erfreulicherweise bestätigen uns auch die Sowjetzonenmachthaber in Presse und Rundfunk immer wieder die Wirkung dieser unserer Arbeit. Das Ministerium für gesamtdeutsche Fragen ist, bei ihnen die am meisten gehaßte und geschmähte Bundesbehörde. Dabei sind allerdings die Räubergeschichten,
die sie über die Arbeiten des Ministeriums deklamieren, nur ein Widerklang dessen, was sie selbst zu tun pflegen.
In diesem Zusammenhang will ich darauf hinweisen, daß, je mehr sich der Eiserne Vorhang verdichtet, der Rundfunk heute im Grund die dominierende Möglichkeit bietet, um die Bevölkerung in der Sowjetzone regelmäßig und gut zu informieren
und ihr damit einen wirklich inneren Halt zu geben. Ich appelliere deshalb auch von hier aus noch einmal eindringlich an die Intendanten, an die Kommentatoren und an die Nachrichtenredakteure der deutschen Rundfunkgesellschaften, mehr noch als bisher die Situation der Bevölkerung in der Sowjetzone zu berücksichtigen.
Ich kann nur sagen, daß die Bevölkerung in der Sowjetzone darauf wartet und dafür dankbar ist. Am besten wäre es natürlich, wenn wir für die gemeinschaftliche Aufgabe in der Sowjetzone eine besondere Welle erhalten würden.
Das Ministerium hat die Pläne der Rundfunkintendanten in dieser Beziehung nachdrücklich unterstützt. Die Hauptschwierigkeit hierbei ist der Kopenhagener Wellenplan, der erstaunlicherweise dem Osten besondere Vorteile eingeräumt hat. Um so wichtiger ist es, daß die Sender im Bundesgebiet ihre gesamtdeutsche Aufgabe voll erkennen und in steigendem Maße erfüllen.
Daß die Sorge des Ministeriums nicht zuletzt auch der geistigen Betreuung der Heimatvertriebenen, den politischen Flüchtlingen sowie den Landsmannschaften der Heimatvertriebenen gilt, ist der Öffentlichkeit und besonders Ihnen bekannt.
Die vom Ministerium geschaffene, zunächst in Berlin und augenblicklich in Düsseldorf gezeigte Ausstellung „Deutsche Heimat im Osten" wird im weiteren Verlauf des Jahres Hunderttausenden ron Deutschen den Gedanken der Verbundenheit nit dem deutschen Osten noch näher bringen, ihn
wachhalten und pflegen. Die Ausstellung wird von Düsseldorf zunächst nach Stuttgart und von dort nach München wandern.
Ich weiß nun, meine Damen und Herren, daß gerade an der aufklärenden Wirksamkeit des Ministeriums noch manche Kritik geübt wird. Jedem von Ihnen wird wohl genau wie mir bekannt sein, daß alle diejenigen, die sich auf das Gebiet der Aufklärung begeben, stets in reichlichem Maße kritisiert werden. Ich selbst betrachte dabei Kritik, ob sie berechtigt oder ob sie unberechtigt ist, stets als fördernd und anregend. Zudem liegt es auch im Wesen gerade dieses Ministeriums, daß es den Erfolg seiner Arbeit nicht darin sehen kann, daß diese seine Arbeit und ihre Wirkung in aller Öffentlichkeit voll anerkannt und gepriesen werden. Manches, was geschieht, kann nun einmal nicht renommistisch vermerkt werden. Das gilt nicht zuletzt auch für die ideelle und für die wirtschaftliche Stärkung der Bevölkerung bestimmter Grenzgebiete im Bereiche der Bundesrepublik. Das ist eine Aufgabe, der wir im sinnvollen Zusammenwirken mit den Ländern im Rahmen der Möglichkeiten, die uns gegeben sind, zu dienen suchen.
Eine wesentliche Aufgabe des Ministeriums ist es, die deutsche Wiedervereinigung so vorbereiten zu helfen, daß die Zusammenfügung der getrennten Teile zur gegebenen und hoffentlich nicht mehr allzufernen Zeit ohne allzu große Erschütterungen vor sich gehen kann, d. h. auch, daß die Zusammenfügung so vor sich gehen kann, daß nicht noch nachträglich der Kommunismus in Deutschland zum Erfolg kommt.
Das kann allerdings gewiß nicht so geschehen — darüber müssen wir uns im klaren sein —, daß man westdeutsche Verhältnisse mechanisch auf die frei gewordene Sowjetzone überträgt. Wir wer- den mit sehr viel Verständnis und mit sehr großer Sorgfalt darangehen müssen, um der Bevölkerung dort die Angleichung nicht unnötig zu erschweren. Wir werden vor neuen Problemen des Lastenausgleichs stehen, vor denen uns aber nicht bange werden soll und auch nicht bange wird. Es kann in der Zeit dieses Geschehens nur einen gesunden und einen vernünftigen Ausgleich geben. Das Gefühl der Zusammengehörigkeit der Deutschen wird entscheidend dazu beitragen, daß die getrennten Teile auch wirtschaftlich rasch wieder zusammenwachsen. Hier wird wieder unsere Verantwortung sichtbar, dieses Gefühl der Zusammengehörigkeit unseres Gesamtvolkes stetig zu pflegen und wachzuhalten, aber auch die wirtschaftliche und soziale Angleichung so sorgsam wie nur möglich vorzubereiten. Auch darin sieht das Ministerium eine seiner wesentlichsten Verpflichtungen. Dabei kann das Ministerium beileibe nicht alles selbst tun. Es ist auf weitestgehende Mitarbeit und Mithilfe privater Kreise und Organisationen angewiesen.
Das alles, meine Damen und Herren, sind nun Aufgaben, die sich erst in der Zukunft auswirken werden. Vordringliches Ziel der Arbeit unseres Ministeriums ist und bleibt es, dem aggressiven Vordringen des Kommunismus Einhalt zu gebieten und durch politische, wirtschaftliche und soziale Stärkung und Sicherheit den Boden für die end- gültige Wiedervereinigung Deutschlands vorzubereiten. Wir werden das nach meiner festen Überzeugung nur erreichen, wenn in diesen entscheidungsvollen Fragen Regierungsparteien und
Opposition zusammenhalten und zusammengehen, wie es zuletzt noch am 9. März in so eindrucksvoller Weise geschehen ist. Es haben uns viele Berichte aus der Sowjetzone erreicht, die gerade in dieser Tatsache eine große Ermutigung für die Bevölkerung in der Sowjetzone sehen. Deshalb, meine Damen und Herren, wird es auch immer das Ziel des Ministeriums bleiben, um dieses Zusammenwirken mitbesorgt zu sein.