Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.
Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich
begrüße Sie zur voraussichtlich letzten Plenarsitzung des
Deutschen Bundestages in diesem Jahr.
– Bei dem Beifall ist mir jetzt nicht völlig klar, ob sich
das auf die freundliche Begrüßung oder auf die Ansage
bezieht, dass mit weiteren Plenarsitzungen in diesem
Jahr nicht zu rechnen ist. Aber das können die Redner
für die Fraktionen anschließend der Reihe nach klarstel-
len.
Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, möchte ich
Sie darauf hinweisen, dass der Ältestenrat in seiner gest-
rigen Sitzung vereinbart hat, während der Haushaltswo-
che ab dem 18. Januar nächsten Jahres, wie üblich bei
Haushaltswochen, keine Regierungsbefragung, keine
Fragestunde und auch keine Aktuellen Stunden durchzu-
führen. Ich nehme an, dass es dazu Einvernehmen gibt. –
Das ist offensichtlich der Fall. Dann ist das so beschlos-
sen.
Ich rufe dann unseren Tagesordnungspunkt 18 auf:
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Redet
Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deut-
scher Streitkräfte an der EU-geführten Opera-
tion „ALTHEA“ zur weiteren Stabilisierung
des Friedensprozesses in Bosnien und Herze-
gowina im Rahmen der Implementierung der
Annexe 1-A und 2 der Dayton-Friedensverein-
barung sowie an dem NATO-Hauptquartier
Sarajevo und seinen Aufgaben, auf Grundlage
der Resolution des Sicherheitsrates der Ver-
einten Nationen 1575 und folgender Re-
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe
Kolleginnen und Kollegen! Die EU-Operation Althea in
Bosnien und Herzegowina ist bisher ein großer Erfolg.
Das ist – auch das muss man an dieser Stelle sagen – ein
Verdienst unserer Soldatinnen und Soldaten, die dort im
Einsatz sind.
i der FDP und der CDU/CSU sowie
rdneten der SPD und des BÜND-
/DIE GRÜNEN)
2009) vom
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)
Keine Frage: Eine Beendigung der Kampfhandlungen
hätte ohne das Dayton-Abkommen womöglich niemals
stattgefunden. Jedoch ist dieser Vertrag auch zugleich
die Grundlage der ethnisch geprägten Verfassung, die
nach wie vor zu massiven Uneinigkeiten zwischen den
Parteien vor Ort führt.
Diese Verfassung erschwert den Fortschritt in der Re-
gion.
Heute, über ein Jahrzehnt nach Kriegsende, wird im-
mer deutlicher, dass unbedingt eine Verfassungsreform
vorangetrieben werden muss, die die Kriterien für ein
modernes, EU-fähiges Staatswesen erfüllt.
Insbesondere funktionale, menschenrechtliche und fis-
kalische Gesichtspunkte sollten dabei im Vordergrund
stehen.
Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass der poli-
tische und soziale Prozess in Bosnien und Herzegowina
stagniert. Die militärische und rechtsstaatliche Absiche-
rung durch die EU muss also erhalten bleiben.
Der demokratische Prozess wird durch die Fortset-
zung der Operation Althea nicht behindert, ganz im Ge-
genteil: Althea ist eine Erinnerung für die Regierung in
Bosnien und Herzegowina, dass bestimmte Rahmenbe-
dingungen noch nicht erfüllt sind. Althea sollte als An-
sporn zur Verbesserung der politischen und sozialen Si-
tuation dienen. Die Operation Althea ist aber auch ein
Symbol, dass die EU und auch die Bundesrepublik
Deutschland noch immer hinter den Menschen dieser
Region stehen.
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ie Bundesregierung unterstützt den Ausbau der Poli-
eimission. Sie setzt zudem verstärkt auf ziviles Engage-
ent und auf die Entwicklungszusammenarbeit. Aber,
eine lieben Kolleginnen und Kollegen vor allem von
en Linken, heute ist leider noch nicht der richtige Zeit-
unkt, um vollständig auf das militärische Potenzial ver-
ichten zu können.
Mit den innenpolitischen Zerwürfnissen als Grund
erden wir der unveränderten Fortsetzung des Engage-
ents in Bosnien und Herzegowina zustimmen. Zum
eutigen Zeitpunkt kann das EUFOR Althea-Mandat
icht inhaltlich verändert werden. Dafür sind die politi-
chen Spannungen einfach zu groß.
Es stellt sich nun die Frage, wie in Sachen Hoher
epräsentant weiter verfahren wird. Das Amt des Ho-
en Repräsentanten wird vorerst erhalten bleiben, da die
ür seine Abschaffung nötigen Ziele und Bedingungen
isher nur unzureichend erfüllt sind. An dieser Stelle
öchte ich jedoch mein Bedauern darüber ausdrücken,
ass diese Institution bis heute nicht aufgelöst werden
onnte. Der Hohe Repräsentant hat noch immer exeku-
ive Sondervollmachten, die mehr auf dem Papier exis-
ieren, als dass sie in der praktischen Umsetzung mög-
ich sind. Die Abschaffung des Hohen Repräsentanten
urde bereits 2008 beschlossen. Dieses Vorhaben ist
indeutig der richtige Weg.
Die FDP hatte diese Maßnahme schon seit mehreren
ahren gefordert. Denn als Voraussetzung für die Festi-
ung demokratischer Strukturen muss Bosnien und Her-
egowina die Eigenverantwortlichkeit zurückerlangen.
s wäre sehr schön, wenn die EU in Zukunft den Proble-
en in der Balkanregion insgesamt mehr Priorität geben
ürde.
Mit den Maßnahmen der Operation Althea sowie der
olizei- und Verwaltungsmission in Bosnien und Herze-
owina soll ein Rückschritt verhindert werden. Aus un-
erer Sicht muss dieses Land Fortschritte letztlich jedoch
elbst machen.
Niemand hat die schrecklichen Bilder aus Bosnien
nd Herzegowina vergessen, die uns nach dem Bosnien-
rieg Anfang der 90er-Jahre erreicht haben. Wir haben
n einem geschundenen Land Verantwortung übernom-
en – politisch, militärisch und zivil. Dazu müssen wir
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Dezember 2009 1083
)
)
Dr. Bijan Djir-Sarai
nun auch stehen. Zieht Deutschland jetzt seine Hilfe aus
der Region ab, treten wir diese Verantwortung mit Fü-
ßen.
Als Bundesrepublik Deutschland, als Deutsche haben
wir ein großes Interesse daran, dass Bosnien und Herze-
gowina weiter stabilisiert werden. Wir haben ein großes
Interesse daran, dass dieser Staat selbst für die Freiheit
und Sicherheit seiner Bürger sorgen kann. Wir haben ein
großes Interesse daran, dass dort ein friedlicher und de-
mokratischer Rechtsstaat entsteht. Und wir haben ein
großes Interesse daran, dass eine Integration in die frie-
denssichernde Europäische Union erfolgen kann.
Wir dürfen nicht nur mit dem Wort, sondern müssen
auch mit der Tat dafür sorgen, dass sich die ganze Re-
gion positiv entwickelt. Dazu müssen wir unseren Bei-
trag leisten. Wir müssen zu unserer Verantwortung ste-
hen. Der Gesamteinsatz soll unter der Absenkung der
Obergrenze von 2 400 auf 900 Soldatinnen und Soldaten
erfolgen. Er muss aber inhaltlich unverändert erfolgen.
Ich wiederhole es, weil es so wichtig ist: Er muss inhalt-
lich unverändert erfolgen. Daher bitte ich Sie, dem An-
trag der Bundesregierung zuzustimmen.
Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen für Ihre
Aufmerksamkeit.
Lieber Kollege Djir-Sarai, ich gratuliere Ihnen herz-
lich zu Ihrer ersten Rede im Deutschen Bundestag und
wünsche Ihnen für die weitere parlamentarische Arbeit
alles Gute.
Rolf Mützenich ist nun der nächste Redner für die
SPD-Fraktion.
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-
gen! Am vergangenen Montag vor 14 Jahren, am
14. Dezember 1995, wurde in Paris das Dayton-Abkom-
men unterzeichnet. Damit endete einer der blutigsten
und schrecklichsten Konflikte nach dem Zweiten Welt-
krieg. Damit endeten die jugoslawischen Erbfolgekriege
aber leider nicht. Immerhin war dies aber ein wichtiges
Datum für eine hoffentlich friedliche und zivile Ent-
wicklung in den einzelnen neuen Staaten des ehemaligen
Jugoslawiens. Ich hoffe, dass die nachfolgenden Genera-
tionen die Lehren aus diesem Konflikt ziehen. Das gilt
für die Menschen dort. Aber ich glaube, das gilt auch für
uns hier in Europa.
Herr Kollege, ich möchte Sie ganz herzlich zu Ihrer
ersten Rede beglückwünschen und Ihnen dafür danken.
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as brauchen wir. Ich bitte den Außenminister – ich
laube, wir sind hier derselben Auffassung –, seine Kol-
eginnen und Kollegen und die Bundeskanzlerin zu er-
utigen, diese Perspektive in Verantwortung aufrechtzu-
rhalten.
Auf der anderen Seite erwarten wir von den politi-
chen Eliten bzw. von Herrn Dodik – ich habe das eben
ngedeutet –, dass er sich an das hält, was er offensicht-
ich vorgestern gesagt hat: Es soll keine Separation ge-
en; der Staatsverbund soll erhalten bleiben. Das ist aber
uch eine Aufforderung an die Verantwortlichen in Ser-
ien, keine Hinweise darauf zu geben, dass die Repu-
lika Srpska irgendwann in Serbien integriert werden
önnte. Im Gegenteil: Es muss bei den bisherigen Ver-
ältnissen bleiben. Wir müssen auch von der serbischen
ührung ein Bekenntnis hierzu verlangen; daran muss
ach meinem Dafürhalten in den Gesprächen, die die
egierungen führen, immer wieder erinnert werden.
Wir haben gehört, dass der Hohe Repräsentant wei-
erhin über einen Teil seiner Befugnisse verfügt. Zum
eispiel liegt die juristische Aufarbeitung von Kriegs-
1084 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Dezember 2009
)
)
Dr. Rolf Mützenich
verbrechen auch in den nächsten drei Jahren in seiner
Hand; das ist wichtig und richtig. Er hat aber einen ande-
ren Teil seiner Befugnisse abgegeben, nämlich die Auf-
arbeitung von Korruptionsfällen.
– Ja, das musste er; aber das ist nicht der Punkt. Die
Frage wird doch sein: Was machen jetzt die Verantwort-
lichen aus dieser Situation? Dazu sage ich vonseiten des
Deutschen Bundestages: Wir brauchen weiterhin eine
Aufarbeitung der Korruptionsfälle, der Misswirtschaft,
Kriminalität usw., und zwar unabhängig davon, wer in
diesem Gebiet welche Rolle spielt. Niemand darf den-
ken, er wäre von der Verfolgung durch die Strafverfol-
gungsbehörden ausgenommen. Das ist ein wichtiges Si-
gnal an die dortigen politischen Akteure: Wir wollen,
dass die juristische Aufarbeitung von Kriegsverbrechen,
aber auch von Korruptionsfällen und Kriminalität fortge-
setzt wird, egal wer die Verantwortung dafür trägt.
Zum Schluss möchte ich einen weiteren Aspekt an-
sprechen. Wir reden oft über Abrüstung und Rüstungs-
kontrolle, auch gleich hier im Deutschen Bundestag.
Wir haben im Zusammenhang mit dem Abkommen von
Dayton gesehen, dass Abrüstung und Rüstungskontrolle
wichtige Elemente der Konfliktnachbereitung sind. Mi-
nenräumung ist ein wichtiges Feld; sie muss in diesem
Gebiet weiter erfolgen. Hier muss die internationale
Gemeinschaft noch mehr Anstrengungen leisten. Die
Rüstungskontrolle spielte auch beim Abkommen von
Dayton eine wichtige Rolle: Sie sollte eine Überrüstung
des auseinanderfallenden Jugoslawiens verhindern und
dafür sorgen, dass es nicht wieder in große Konflikte hi-
neinschlittert.
Das Kapitel der Rüstungskontrolle muss neu aufge-
schlagen werden. Wir haben dazu einen Antrag vorge-
legt. Damit bietet der Deutsche Bundestag der Regie-
rung, aber auch der Region eine Perspektive. Ich bitte
um Zustimmung zu diesem Antrag.
Ich wünsche Ihnen ein frohes Weihnachtsfest und al-
les Gute für das neue Jahr.
Danke.
Bevor es so weit ist, setzen wir die Debatte fort,
als Nächstes mit dem Redner Peter Beyer für die CDU/
CSU-Fraktion.
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Der Erfolg von Althea ist auch für die Nachbarländer
on entscheidender Bedeutung. Der Staat Bosnien-Her-
egowina spielt aufgrund seiner zentralen Lage auf dem
alkan eine Schlüsselrolle in der gesamten Region. Es
st deshalb ein sehr gutes Zeichen, dass wegen der
rundsätzlich stabilen Sicherheitslage die Obergrenze
on bisher 2 400 Soldatinnen und Soldaten auf 900 ein-
usetzende Soldatinnen und Soldaten gesenkt werden
ann. Tatsächlich eingesetzt sind von deutscher Seite
esentlich weniger: Circa 130 Soldatinnen und Soldaten
ind derzeit dort stationiert.
Das alles zeigt: Die gemeinsamen Anstrengungen der
eteiligten Länder haben die Sicherheit weiter verbes-
ert. Wichtig ist, dass die Ziele der Mission trotz der
eutlich reduzierten Truppenstärke nicht aus den Augen
erloren werden und sie gesichert bleiben, Stichwort:
eservekräfte, die Over-the-Horizon-Forces.
Der Friedensprozess ist noch nicht abgeschlossen.
ie dringend nötige Verfassungsreform stockt, weil die
thnischen Konflikte weiter schwelen. Bosniaken, Ser-
en und Kroaten leben in vielen Fällen nebeneinander
tatt miteinander. Die innere Zerrissenheit der Gesell-
chaft nach dem Krieg ist lange noch nicht überwunden.
Das Land muss dahin kommen, dass sich die Men-
chen vor Ort als Bürger von Bosnien-Herzegowina be-
reifen und nicht nur als Bosniaken, Serben oder Kroa-
en. Damit das uns und den Menschen vor Ort gelingt,
raucht der Staat eine Perspektive. Die Annäherung an
ie Europäische Union und die NATO kann eine solche
erspektive sein. Wir freuen uns deshalb sehr darüber,
ass Bosnien-Herzegowina den Beitritt zur Europäi-
chen Union anstrebt.
Dass mangels der Erfüllung der Bedingungen die
isabeschränkungen für Bosnien-Herzegowina bisher
icht aufgehoben werden konnten, ist zu bedauern, ins-
esondere weil die bosnischen Serben aufgrund ihrer
erbindung zu Serbien andere Möglichkeiten haben als
ie Bosniaken, was die Situation nicht leichter macht.
ennoch müssen wir auf der Einhaltung der Kriterien
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Dezember 2009 1085
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Peter Beyer
bestehen, Herr Kollege Mützenich. Der Fahrplan zur
Annäherung der Westbalkanländer an die EU legt ein-
zelne Stufen fest, die nicht übersprungen werden dürfen.
Dieser schrittweise Prozess ist auch im Interesse von
Bosnien-Herzegowina und der richtige Weg für dieses
Land.
Wir werden mit Althea weiter zur Stabilisierung bei-
tragen und das Land zudem zivil und finanziell fördern.
Wir unterstützen ferner den Aufbau einer funktionieren-
den Polizeistruktur. Aber wir brauchen auch die staatli-
che Eigenleistung. Demokratie muss sich langfristig
selbst tragen. Althea darf keine Dauereinrichtung wer-
den. Ich denke, das ist weitgehender Konsens in diesem
Hause.
Bosnien-Herzegowina kann als inhomogenes Gebilde
nur als föderaler Staat funktionieren. Gerade in födera-
len Systemen führt aber der demokratische Weg oft nur
über Konflikt und Kompromiss zum Konsens. Das ist
langwierig. Demagogen bieten dagegen scheinbar
schnelle und absolute Lösungen an. Das macht gerade
junge Staaten so anfällig für deren Versprechungen.
Das Land braucht letztlich Menschen, die den Mut
haben, sich nicht hinter dem anfangs erwähnten Zuviel
an Geschichte zu verstecken. Das gilt gerade im Hin-
blick auf die Wahlen im nächsten Jahr. Ethnische Fragen
dürfen nicht länger wichtiger sein als der gemeinsame
Wille zur gemeinsamen Zukunft. Es braucht Menschen,
die bereit sind, Vergangenes hinter sich zu lassen, alte
Grenzen zu überwinden und neue Wege zu beschreiten.
Den einen Big Bang wird es nicht geben, sondern viele
kleine Schritte. So hat es kürzlich erst der derzeitige
Hohe Repräsentant Valentin Inzko formuliert.
Dass Bosnien-Herzegowina diese Belastungsprobe
am Ende besteht, daran müssen wir ein ureigenes Inte-
resse haben. Seit Aufnahme der bilateralen Beziehungen
verbindet uns mit dem Land eine aufrichtige Freund-
schaft. Bosnien-Herzegowina verdient endlich Demo-
kratie statt Manipulation und nationaler Ideologie. Die
nötigen Anstrengungen, die Kriterien zum Beitritt zur
EU zu erreichen, werden die demokratischen Struktu-
ren am Ende kräftigen, nicht schwächen. Mit dem Er-
folg jeder demokratisch gefundenen Entscheidung wird
das Vertrauen in die eigene Handlungsfähigkeit steigen.
Damit die demokratischen Strukturen weiter wachsen
können, ist die Verlängerung des Althea-Mandats erfor-
derlich. Dafür bitte ich um Ihre Unterstützung.
Herzlichen Dank.
Nächste Rednerin ist die Kollegin Sevim Dağdelen
für die Fraktion Die Linke.
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aben Sie nicht einen völkerrechtswidrigen Krieg gegen
ugoslawien geführt? Und waren Sie es nicht, die die
inseitige Unabhängigkeitserklärung des Kosovos an-
rkannt und damit eine neue Lunte an das Pulverfass
alkan gelegt haben? Jetzt jammern Sie, wenn andere
urch die Türen gehen, die Sie geöffnet haben.
Eine völkerrechtskonforme Politik auch dieser Bun-
esregierung würde etwas für den Zusammenhalt Bos-
ien-Herzegowinas bewegen;
eutsche Soldaten auf dem Balkan haben es in der Ver-
angenheit nicht und werden es auch in Zukunft nicht.
us der Debatte wird auch klar, dass Sie an einer ehrli-
hen Bilanz des Althea-Militäreinsatzes nicht wirklich
nteressiert sind. Sie bauen sich hier systematisch eine
cheinwelt auf, die dazu dient, den Militäreinsatz zu le-
itimieren.
In der jüngsten Studie der Stiftung Wissenschaft und
olitik zur Bilanz der bisherigen EU-Militär- und Poli-
eieinsätze heißt es, dass sich die Stimmen mehren, die
agen, dass die Situation in Bosnien nach Dayton selten
1086 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Dezember 2009
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Sevim DaðdelenSevim Dağdelen
so verfahren und angespannt war wie im Jahr 2009. Ich
frage Sie: Ist das das positive Ergebnis dieser Militär-
mission, das einen weiteren Verbleib in Bosnien recht-
fertigt? Die Autoren der Studie haben doch recht, wenn
sie konstatieren, dass dieser Konflikt weder durch politi-
schen noch durch wirtschaftlichen oder militärischen
Druck gelöst werden kann. Der EU-Militäreinsatz hat
– selbst wenn man Ihrer Logik folgen würde – nichts,
aber auch gar nichts Positives bewirkt. Im Gegenteil: Er
hat mit verhindert, dass es zu einem wirklich nachhalti-
gen zivilen und sozialen Aufbau in Bosnien-Herzego-
wina kommt.
Man muss doch den Tatsachen ins Auge sehen. Dazu
gehört, dass alle deutschen Bundesregierungen nach
Dayton dabei halfen, dass auch in Bosnien-Herzegowina
eine neoliberale Wirtschaftsordnung durchgesetzt
wurde.
– Schauen Sie sich doch einmal den Anhang des Dayton-
Abkommens an. Die Privatisierung und damit die Ver-
schleuderung öffentlichen Eigentums standen ganz oben
auf der Agenda.
Aber die erwarteten westlichen Investoren hielten sich
aufgrund der Sicherheitslage zurück. So konnten sich an
der Privatisierung vor allen Dingen diejenigen berei-
chern, die nach dem Krieg vor Ort genügend Kapital zur
Verfügung hatten, nämlich ethnonationalistische Gewalt-
unternehmer, deren wirtschaftlich-politisch-kriminelle
Netzwerke heute für die verarmte Bevölkerung das ein-
zige soziale Netz darstellen.
Auch wenn Sie das nicht hören wollen: So schafft
man keinen Frieden, indem man soziale Strukturen zer-
stört und die Leute damit in die Arme der Nationalisten
treibt.
Und auch in puncto Rechtsstaatlichkeit haben Sie
schlichtweg versagt. Der Hohe Repräsentant setzt per
Dekret Recht, und somit haben wir es mit einem EU-
Protektorat zu tun, das alle Züge einer Kolonialverwal-
tung trägt.
– Es ist klar, dass Ihnen das nicht gefällt.
Die lokale Polizei wurde und wird von NATO und EU
aufgebaut, ausgebildet und beaufsichtigt, und nach unab-
hängigen Angaben ist die Bevölkerung in Bosnien-
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chten Sie endlich wieder das Völkerrecht! Machen Sie
emokratie, Sozial- und Rechtsstaatlichkeit zur Maxime
eutscher Außenpolitik, damit deutsche Außenpolitik
riedenspolitik werden kann!
Vielen Dank.
Nächste Rednerin ist die Kollegin Marieluise Beck,
raktion Bündnis 90/Die Grünen.
Marieluise Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
EN):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
anche von Ihnen wissen, dass ich seit 1992 mit dieser
egion sehr verbunden bin. Solch ein Beitrag macht
ich einfach fassungslos.
Frau Kollegin, es ist eine Tatsache: Die kroatische
tadt Vukovar wurde von der serbischen Armee überfal-
en, bevor Kroatien anerkannt worden war. Lesen Sie
och bitte ein bisschen in den Geschichtsbüchern.
och etwas: Srebrenica war keine Scheinwelt. Vielleicht
ollte Ihre Fraktion einmal den Mut haben – das möchte
ch Ihnen wirklich nahelegen – und nach Srebrenica fah-
en.
ahren Sie einmal dorthin! Schauen Sie sich das an! Der
enozid in Srebrenica ist sogar gefilmt worden. Sie kön-
en sich die Dokumente anschauen. Man kann sogar Ge-
eral Mladic auf dem Gelände der ehemaligen Batte-
iefabrik in Potocari sehen, wo die Selektion der Männer
nd Jungen beginnt, die dann in die Wälder geführt wor-
en sind, um dort ermordet zu werden.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Dezember 2009 1087
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Marieluise Beck
Althea dient der Stabilisierung; es ist jetzt eigentlich
ein Präventionseinsatz. Es geht um Prävention von Ge-
walt, was für UN-Missionen gut und richtig ist. Wir soll-
ten jetzt weniger über Militär und mehr über Politik
sprechen.
Der Kollege Mützenich hat schon gesagt, dass sich
hier auch an uns die Frage richtet: Welche Perspektive
geben wir dieser Region? Um diese Region nicht zu ei-
nem schwarzen Flecken innerhalb Europas werden zu
lassen, braucht die Region die Perspektive einer EU-
Mitgliedschaft.
Wir alle wissen, dass dieser Passus in der Koalitionsver-
einbarung ausgespart worden ist. Das offenbart, dass es
diesbezüglich in der Regierung eine Differenz gibt und
die CDU dieser Region diese Perspektive nicht aufzei-
gen will. Wenn der Fortschritt in dieser Region nicht mit
dem Tempo kommt, das wir alle uns wünschen, hat das
sehr viel damit zu tun, dass diese Perspektive nicht
glaubwürdig und klar von uns und der Europäischen
Union formuliert wird.
Die Dinge stehen nicht so gut, wie wir in diesem Ho-
hen Haus das gerne sagen; darüber haben wir hier schon
diskutiert, Herr Außenminister. Es wird häufig geschrie-
ben, dass die zentrifugalen Kräfte in Bosnien eher zu-
nehmen und bosnische Politiker sich mit nationalisti-
schen Parolen und der Obstruktion von Reformen, die
für die Schaffung eines Gesamtstaates erforderlich sind,
profilieren können. Aber auch da haben wir eine Verant-
wortung. Wir haben mit dem Dayton-Abkommen eine
Verfassung schreiben und unterschreiben lassen, in der
die Zugehörigkeit zu einer Ethnie – man müsste eigent-
lich sagen: Religionsgruppe – Voraussetzung für den Zu-
gang zu Ämtern ist. Der jetzige bosnische Außenminis-
ter kann nicht für das Staatspräsidium dieses Landes
kandidieren, weil er sich keiner der Gruppen, die be-
nannt worden sind, zuordnen kann. Junge Menschen, die
aus einer kroatisch-bosnischen Ehe hervorgegangen
sind, müssen sich einer sogenannten Ethnie zuordnen,
bevor sie für das Amt des Repräsentanten dieses Staates
kandidieren können. Das kann in Europa nicht sein.
Wenn wir über unsere Werte sprechen, muss uns klar
sein, dass wir eine Bringschuld haben; denn so können
wir dieses Land gar nicht in Europa aufnehmen. Unsere
Aufgabe ist die Überwindung von Dayton. Das ist eine
sehr große Aufgabe.
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Die Menschen haben ein tiefes Bedürfnis nach Ge-
echtigkeit. Das ist auch in Bosnien so. Ich sage noch
inmal: Es ist nicht nachvollziehbar, dass ein kleines
and wie Serbien, das ja keinen großen Dschungel hat,
icht in der Lage ist, General Mladic auszuliefern. Wenn
ir in dieser Region Frieden und Gerechtigkeit herbei-
ühren wollen – dabei geht es nicht um Strafe oder Ra-
he, sondern nur um die Benennung der Wahrheit –,
uss mit großer Klarheit und Ernsthaftigkeit verlangt
erden, dass General Mladic endlich in Den Haag lan-
et.
s darf nicht darauf gesetzt werden, dass uns eines Tages
ie biologische Lösung von dieser Forderung, die
chwer durchzusetzen ist und Konflikte mit Serbien be-
eutet, befreit.
Schönen Dank.
Das Wort erhält nun der Kollege Michael Brand,
DU/CSU-Fraktion.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und
ollegen! Zunächst kann ich im Konsens mit der über-
roßen Mehrheit hier im Hause nochmals festhalten,
ass die EU-Mission Althea in Bosnien-Herzegowina
ine notwendige Mission ist, deren Verlängerung wir als
DU/CSU aus voller Überzeugung zustimmen.
Als jemand, der dieses in der Tat geschundene Land
eit 1995 – ganz offensichtlich im Vergleich zu Ihnen –
1088 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Dezember 2009
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Michael Brand
immer wieder besucht hat, will ich eine klare Bemer-
kung in Richtung der Kritiker der Mission machen.
Dafür, dass dieses Land einem Aggressionskrieg und ei-
nem Völkermord ausgesetzt war, sind die vergangenen
14 Jahre seit dem Friedensabkommen von Dayton eine
sehr kurze Zeit. Wir alle hier sollten uns bei mancher
Ungeduld und manchem Kopfschütteln über einzelne
Akteure vor Ort immer fragen: Wo wären wir, die Deut-
schen, 14 Jahre nach einem solchen Genozid, wenn wir
zwar militärische Absicherung des Friedens, dabei aber
keinen Marshallplan und keine zentrale Lage in Europa
hätten?
Es ist wahr – das weiß ich aus vielen Gesprächen vor
Ort –: Das Ausmaß der Korruption ist eine Geißel, die
Bosnien-Herzegowina bei seiner Entwicklung hindert.
Wahr ist auch: Nationalismus ist eine rhetorische Karte,
die innerhalb Bosniens noch immer allzu oft sticht. Die
Bosnier, insbesondere die Bosniaken, haben nicht Rache
geübt an den Tätern – und es gab mehr als Srebrenica;
dieser Ort ist nur das Fanal für andere Hunderte von
Massakern, deren Tote noch immer nicht identifiziert
sind. Wer der Lebenswirklichkeit und der Seelenlage der
Bevölkerung nachspürt, der muss feststellen: Hundert-
tausende Überlebende dieses Genozids sind wirtschaft-
lich geschlagen und erfahren zu wenig Gerechtigkeit;
das hat Kollegin Beck gerade eindrücklich formuliert.
Diese Menschen sind nicht nur von vielen in der eigenen
Führung enttäuscht. Sie hatten viel Hoffnung in Europa,
aber sind meist mit der internationalen Gemeinschaft
und auch mit manchem Lehrmeisterton schon lange
nicht mehr einverstanden. Wer täglich erleben muss,
dass Täter des Genozids – hier geht es nicht nur um den
meistgesuchten aller Kriegsverbrecher, Herrn Mladic –
bei Polizei und Verwaltung heute wieder oben sitzen,
und das sogar in Srebrenica, der zweifelt an der Situation
und verliert auch Energie für den Wiederaufbau. Wer
sieht, dass die EU aktuell die auslaufenden Mandate in-
ternationaler Richter und Staatsanwälte nicht verlängern
hilft, der wertet dies als fatales Signal beim Kampf ge-
gen Korruption und bei der Verfolgung von Kriegsver-
brechen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, insgesamt bleibt
richtig: Wir müssen auf eine Zeit hinsteuern, die den
OHR überflüssig macht. Allerdings heißt das auch: Wir
müssen uns darauf gut vorbereiten. Wer manch eine
Analyse über „die da unten“ und wir die internationale
Gemeinschaft, liest oder davon hört, der darf sich über
unsere Fehler, die gemacht worden sind, überhaupt nicht
wundern. Zu viele faule waren unter den Kompromissen,
und zu wenig wurde die Würde der Opfer dieses Geno-
zids mitten in Europa beachtet, als es um konkrete Vor-
schläge ging. Ich spreche es offen an: Es ist an der Zeit,
nicht nur andere zu tadeln, sondern auch die eigenen
Fehler, die Fehler der internationalen Gemeinschaft, in
den letzten zehn Jahren offen und ehrlich zu analysieren.
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Die Mission Althea schützt dieses Land auch vor de-
en, die innerhalb wie außerhalb den Appetit auf Teile
osniens erkennbar nicht verloren haben. Deshalb muss
estgehalten werden – Herr Mützenich, hier stimme ich
hnen ausdrücklich zu und bin für Ihre Äußerung dank-
ar –: Das inzwischen demokratische, neue Serbien
uss denen klar widersprechen, die wie Dodik und an-
ere nur 15 Jahre nach dem Ende der Milosevic-Kriege
chon wieder offen fabulieren, von Banja Luka bis
rebrenica Teile aus Bosnien herausschneiden zu wol-
en. Eines ist klar: Wer von Banja Luka in Bosnien bis
itrovica in der Republik Kosovo zündelt, der spielt mit
em Feuer neuer Konflikte auf dem Balkan. Das dürfen
ir nicht zulassen.
Wer glaubt, dass die radikalen Kräfte in Serbien, im
osovo, in Mazedonien und anderswo nicht genau be-
bachten, wie die EU mit diesen Themen umgeht, der
egeht einen gefährlichen Irrtum. Dieser Destabilisie-
ung und Radikalisierung in Südosteuropa müssen wir
it Nachdruck entgegentreten. Eine zweite Runde von
alkan-Konflikten darf Europa nicht zulassen. Auch
ies dokumentiert unser Engagement im Rahmen von
lthea, KFOR, EULEX und anderen Missionen in Süd-
steuropa. Mit Entschlossenheit und Umsicht müssen
ir im Interesse Bosniens endlich den Weg in die Post-
ayton-Ära beschreiten.
Ich stelle fest, dass mit Ausnahme einer Fraktion alle
raktionen dieses Hauses formuliert haben, dass wir ei-
en Prozess brauchen, der Dayton überwindet, der neue
kzente setzt. Dayton war wichtig, um den Krieg zu be-
nden. Er reicht aber nicht aus für die heutigen Realitä-
en und als Grundlage, um das Land zurückzugeben. Das
üssen wir allerdings erreichen. Es muss uns gelingen,
en Bosniern ihr Land in guter Weise und gut geordnet
urückzugeben. In Bosnien und auch auf unserer Seite
st noch einiges zu tun. Der neue deutsche Außenminis-
er bedeutet auch hier eine Chance auf Verbesserung.
ir wünschen uns eine aktivere Rolle Deutschlands in
üdosteuropa. Die CDU/CSU bietet jede gewünschte
ilfe in der Sache an.
Erlauben Sie mir, in dieser letzten Sitzung vor der
eihnachtspause an uns alle zu appellieren: Die Opfer
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Dezember 2009 1089
)
)
Michael Brand
des schlimmsten Genozids in Europa nach dem Zweiten
Weltkrieg haben es mehr als nur verdient, dass wir uns
hier besondere Mühe geben. Wir wollen und werden al-
les unternehmen, um den Menschen in Bosnien den Weg
in eine Zukunft in Würde und Wohlstand mitten in der
Gemeinschaft EU-Europas mit zu ebnen.
Herzlichen Dank.
Fritz Rudolf Körper ist der nächste Redner für die
SPD-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen
Sie mich zu Beginn meiner Ausführungen einen kurzen
Rückblick auf die griechische Mythologie werfen. Al-
thea, die Namensgeberin dieser EU-Mission, ist die grie-
chische Göttin der Heilkunst. Wer sich mit der Proble-
matik von Bosnien-Herzegowina beschäftigt, wird
wissen, dass Heilen und die Fähigkeit, zu versöhnen,
dringend notwendig sind.
Dem Mythos nach wurde Althea von den Göttern er-
klärt, dass ihr Sohn sterben würde, sobald ein Stück Holz
auf ihrem Feuer verbrannt ist. Althea nahm daraufhin
das Holz vom Feuer, löschte es und legte es in einen
Kasten, um das Leben ihres Sohnes zu bewahren. – Nach
dem Löschen des Feuers in Bosnien-Herzegowina unter-
stützt die EU-Mission Althea jetzt das Heilen des Landes
und seiner Bevölkerung. Anders als im Mythos soll das
Holz nie wieder aus dem Kasten genommen werden,
sondern für immer sicher verwahrt bleiben.
Ich habe diesen Rückgriff gewählt, um deutlich zu
machen – das hat vorhin beispielsweise bei dem Beitrag
von Frau Beck eine Rolle gespielt –, mit welch einer
Problematik wir es in Bosnien-Herzegowina zu tun hat-
ten und haben. Bei allen Unzulänglichkeiten der heuti-
gen Situation können wir doch eines feststellen: Diese
Mission, dieser Einsatz der internationalen Staatenge-
meinschaft hat dem ethnisch motivierten Morden und
Töten ein Ende machen können.
– Frau Beck, das ist eine andere Frage. Es war leider zu
spät; aber wir haben dieses Ergebnis zu einem bestimm-
ten Zeitpunkt erreicht, und das war gut so.
Durch die militärische Komponente dieser Mission,
durch die militärische Präsenz ist es gelungen, Gewalt-
ausbrüche der ehemaligen Konfliktparteien zu verhin-
dern und die nationalen und die internationalen Akteure
in die Lage zu versetzen, ihre Aufgaben zu erfüllen. Die
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Ich will zugeben: Es hat mich schon ein bisschen irri-
iert, dass, als Frau Beck die Forderung gestellt hat, dass
err Mladic ausgeliefert wird und in Den Haag landet,
ies nicht den Applaus des gesamten Hauses bekommen
at.
Versöhnung ist ganz wichtig. Wie kann man die ethni-
che Spaltung überwinden und Versöhnung herstellen?
ir sehen im Moment, dass die ethnische Problematik
n jeder Stelle ungeheuer hinderlich ist, beispielsweise
ei der Frage, wie der Staat vernünftig aufgebaut und or-
anisiert werden kann. Bestimmte Funktionen und Stel-
en müssen dreifach besetzt werden – mit all der Proble-
atik, die dies mit sich bringt. Deswegen ist es wichtig,
ass wir zur Versöhnung der Ethnien in Bosnien-
erzegowina beitragen.
Ich will mit einem Beispiel schließen, das ein biss-
hen Hoffnung gibt. In der letzten Woche kam es zur
iedereröffnung der direkten Bahnverbindung zwischen
elgrad und Sarajevo, nachdem diese Verbindung
8 Jahre gekappt war. Vielleicht ist das ein Symbol, ein
offnungsschimmer dafür, dass es zu dem notwendigen
usgleich, dem notwendigen Versöhnungsprozess der
etroffenen Ethnien auf dem Balkan in naher Zukunft
ommt; denn nur dann wird es gelingen, dass der Balkan
ine Zukunft hat. Das ist für die europäische Perspektive
on großer Bedeutung.
Herzlichen Dank.
Florian Hahn ist der letzte Redner zu diesem Tages-
rdnungspunkt für die CDU/CSU-Fraktion.
Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen
nd Kollegen! Als ich im Frühjahr 2002 in Sarajevo war,
aren dort 1 600 deutsche Soldatinnen und Soldaten sta-
1090 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Dezember 2009
)
Florian Hahn
tioniert, 1 600 Soldaten in einer Stadt, in deren Zentrum
neben den deutlich sichtbaren Zerstörungen des Krieges
der Marktplatz mit jungen Menschen gefüllt war, die in
der Frühlingssonne den ersten Kaffee des Jahres im
Freien genossen haben – eine schöne mediterrane At-
mosphäre. Doch unsere Delegation musste damals von
Sicherheitskräften begleitet werden; denn die Sicher-
heitslage war extrem angespannt. Das war auch zu spü-
ren, als wir nach dem Vorfall in Rajlovac unsere deut-
schen Soldatinnen und Soldaten besucht haben und sie
einen Tag lang begleiten durften.
Heute, knapp acht Jahre danach, kann die militärische
Sicherheitslage als grundsätzlich stabil eingestuft wer-
den. Personenschutz ist größtenteils nicht mehr notwen-
dig. Wir konnten unsere deutschen Sicherheitskräfte in-
zwischen auf 130 Soldatinnen und Soldaten reduzieren.
Das bringt nur leider einige europäische Staaten zu der
Annahme, dass wir unsere Truppen gänzlich abziehen
könnten. Doch wie meine Vorredner schon erwähnt ha-
ben, ist die innenpolitische Lage weiterhin fragil. Bos-
nien und Herzegowina ist nach wie vor unser Sorgen-
kind Nummer eins auf dem Balkan, ein Sorgenkind
inmitten Europas.
Die zivilgesellschaftlichen Probleme, die uns schon
damals vor Augen geführt wurden, haben leider noch
heute zum großen Teil Bestand. Die Lage kann sich
schnell wieder ändern, wenn wir unsere Unterstützung
verweigern. Wir alle kennen die Drohungen, die bei-
spielsweise ein Herr Dodik ausgesprochen hat, wenn
seine Bedingungen nicht erfüllt werden. Oft genug ha-
ben wir heute in diesem Hohen Hause über die nationa-
listischen Kräfte in Bosnien und Herzegowina diskutiert.
Unser Ziel ist, dass das europäische Land Bosnien
und Herzegowina zu einem friedlichen, demokratischen
Rechtsstaat in Europa wird. Ein Abzug unserer militä-
rischen Kräfte würde den Menschen vor Ort signalisie-
ren, dass wir, dass Europa kein Interesse mehr an ihnen
hat, insbesondere vor dem Hintergrund der Schwierig-
keiten des Butmir-Prozesses. Ein Abzug würde die jah-
relange Aufbauarbeit der Nachkriegsgesellschaft zu-
nichte machen. Die reine Anwesenheit des Militärs ist
für den zivilgesellschaftlichen Aufbau von immenser
Wichtigkeit. Nehmen wir hier nur als Beispiel die
Flüchtlingsrückkehrer, für die das subjektive Gefühl der
militärischen Anwesenheit essenziell ist. Wir müssen
Bosnien und Herzegowina unterstützen. Aber ich sage
auch: Diese Unterstützung darf nicht nur geschenkt sein.
Deshalb war es richtig, Bosnien und Herzegowina die
Aufnahme in den Membership Action Plan der NATO zu
verweigern. Auch die Bosnier müssen ihren Teil dazu
beitragen und dürfen bei Beitrittgesuchen keine Rabatte
bekommen.
Ich kann mir übrigens gut vorstellen, dass unsere mi-
litärischen und zivilen Aufbauhelfer in Bosnien und Her-
zegowina das Gefühl haben, von uns, von der deutschen
Öffentlichkeit durch die Afghanistan-Diskussion verges-
sen zu werden, gerade auch durch den unverantwortli-
chen Klamauk, den die Opposition hier im Haus in den
letzten Tagen veranstaltet hat.
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1)
eshalb hier mein klares Statement: Wir wissen um die
eistungen, die unsere Landsleute dort erbringen. Ich
öchte ihnen ganz herzlich dafür danken und wünsche
hnen für die zukünftigen Aufgaben Gottes Segen.
Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit und wün-
che uns allen ein gesegnetes Weihnachtsfest.
Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen nun zur Abstimmung über die Be-
chlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses auf der
rucksache 17/275 zu dem Antrag der Bundesregierung
ur Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher
treitkräfte an der EU-geführten Operation Althea. Der
usschuss empfiehlt, den Antrag auf Drucksache 17/180
nzunehmen. Dazu ist eine namentliche Abstimmung be-
ntragt. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer,
ie vorgesehenen Plätze einzunehmen. – Ich eröffne die
bstimmung.
Ist ein Mitglied des Hauses im Saal anwesend, das
eine Stimme noch nicht abgegeben hat? – Dann
chließe ich hiermit die Abstimmung. Ich bitte die
chriftführerinnen und Schriftführer, mit der Auszäh-
ung zu beginnen. Wir geben das Ergebnis der Abstim-
ung nach üblichem Verfahren während der nächsten
ebattenrunde bekannt.1)
Wenn Sie bitte wieder, wo immer Sie mögen, aber je-
enfalls Platz nehmen, können wir mit den weiteren Ab-
timmungen fortfahren.
Nachdem sich nun allmählich eine fast weihnachtli-
he Stille über den Plenarsaal legt, können wir die Ab-
timmungen fortsetzen mit der erneuten freundlichen
inladung, sie im Sitzen zu absolvieren, weil es höhere
esetzliche Anforderungen jedenfalls für den Abstim-
ungsvorgang nicht gibt.
Wir kommen zunächst zum Entschließungsantrag der
PD-Fraktion auf der Drucksache 17/282. Wer stimmt
ür diesen Entschließungsantrag? – Wer stimmt dage-
en? – Wer enthält sich? – Damit ist dieser Entschlie-
ungsantrag abgelehnt.
Wir kommen zum Entschließungsantrag der Fraktion
ündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 17/283. Wer
timmt für diesen Antrag? – Wer stimmt dagegen? – Wer
nthält sich? – Auch dieser Antrag hat keine Mehrheit
efunden.
Seite 1092 D
)
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Dezember 2009 1091
)
)
Präsident Dr. Norbert Lammert
Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 19 auf:
Erste Beratung des von den Abgeordneten Oliver
Krischer, Hans-Josef Fell, Bettina Herlitzius,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs
eines … Gesetzes zur Änderung des Bundes-
Immissionsschutzgesetzes
– Drucksache 17/156 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Stunde vorgesehen. – Das ist offenkun-
dig einvernehmlich. Dann können wir so verfahren.
Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort zu-
nächst dem Kollegen Oliver Krischer für die Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn die
Nachrichten, die wir von der Konferenz in Kopenhagen
bekommen, stimmen, dann bestehen Chancen, dass wir
doch noch zu einer Vereinbarung kommen und das
2-Grad-Ziel festschreiben. Ich glaube, ich spreche im
Namen aller in diesem Hause, wenn ich denjenigen, die
dort gerade verhandeln und guten Willens sind, den best-
möglichen Erfolg wünsche.
Es gibt aber schon ein anderes Ergebnis aus Kopenha-
gen, das leider nicht erfreulich ist, nämlich dass unter der
Klimakanzlerin a. D., Frau Dr. Angela Merkel,
)
Deutschland die Führungsrolle im internationalen Kli-
maschutz abgegeben hat.
Deutschland, bisher international Vorreiter im Klima-
schutz, ist vom Motor zum Bremser geworden, und die
Welt hat gemerkt, dass man in Deutschland zwar viel-
leicht ambitionierte Ziele hat, aber bei der Umsetzung
Anspruch und Wirklichkeit deutlich auseinanderklaffen.
Nirgendwo wird das deutlicher als im Energiesektor,
der für über 40 Prozent der Emissionen, die aus Kraft-
werken – ganz überwiegend aus Kohlekraftwerken –
stammen, verantwortlich ist. Dieser Anteil der Emissio-
nen nimmt in den letzten Jahren sowohl absolut als auch
relativ immer weiter zu. Das ist erschreckend, wenn wir
unsere Klimaschutzziele erreichen wollen.
Wir müssen diese hohen Emissionen senken. Doch
die Realpolitik sieht ganz anders aus. Wir müssen nur
nach Nordrhein-Westfalen schauen. Parallel zur Kon-
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inem großen Protagonisten, der das Landesgesetz ei-
ens ändert – die berühmte Lex Eon –, um ein vom Ge-
icht gestopptes Kohlekraftwerk zu genehmigen.
Schlimmer als das, was in Nordrhein-Westfalen pas-
iert, ist das, was der Bundesumweltminister zu diesem
hema sagt. Hier im Bundestag gibt er den Umwelt-
hilosophen und redet von der ökologischen Erneuerung
er Industriegesellschaft. In den Feuilletons lesen wir
hnliche Äußerungen. In der Realität aber begrüßt er
von der Konferenz in Kopenhagen aus – das, was in
ordrhein-Westfalen passiert. Daher befürchte ich
chlimmes für unser Land, was den Klimaschutz in den
ächsten Jahren angeht.
Dass es auch ohne neue Kohlekraftwerke geht, haben
chon die Meseberger Beschlüsse der Großen Koalition
ezeigt. Danach sollen der Anteil der erneuerbaren Ener-
ien bis 2020 bei 30 Prozent, der Anteil der Kraft-
ärme-Kopplung bei 25 Prozent und der Anteil der
tromeinsparung bei 11 Prozent liegen. Das macht ins-
esamt 66 Prozent. Das heißt, wir müssen nur noch ein
rittel der Energie aus dem vorhandenen Kraftwerks-
ark beziehen. Dazu brauchen wir kein einziges neues
ohlekraftwerk. Trotzdem sind in Deutschland nach wie
or 25 Kohlekraftwerksprojekte in Planung. Wir brau-
hen aber kein einziges, wenn wir unsere Klimaschutz-
iele erreichen wollen.
Das Problem ist, dass die Genehmigungsbehörden
war die Gestaltung des Kühlturms bestimmen können,
ass aber CO2-Emissionen und Klimaschutz in den Ge-
ehmigungsverfahren überhaupt keine Rolle spielen.
as muss sich ändern, wenn wir bei unseren Klima-
chutzzielen vorankommen wollen.
iesen Missstand wollen wir ändern. Deshalb haben wir
hnen unseren Gesetzentwurf zur Beratung vorgelegt.
ir wollen, dass neue Kraftwerke einen Mindestwir-
ungsgrad von 58 Prozent aufweisen müssen. Dieser
ird nur von modernen GuD-Kraftwerken erreicht, die
ur ein Drittel dessen emittieren, was ein neues Braun-
ohlekraftwerk emittiert. Das ist der erste Punkt.
Der zweite Punkt unseres Gesetzentwurfs ist: Wir
ollen anstelle von reinen Kondensationskraftwerken,
ie nur Strom erzeugen, die hoch effiziente und dezen-
1092 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Dezember 2009
)
)
Oliver Krischer
Russland teuer importiertem Erdgas beheizt werden. Das
Wir müssen Stromerzeugung und Wärmeproduktion zu-
sammenbringen. Das wäre eine wirkliche Effizienzrevo-
lution in der Energiewirtschaft. Aber dazu finde ich im
Koalitionsvertrag von CDU/CSU und FDP kein Wort,
keine Zeile, keine Silbe.
Wir wollen – das ist der dritte zentrale Punkt unseres
Gesetzentwurfs –, dass mit angemessenen Übergangs-
fristen alte, völlig ineffiziente Kraftwerke entweder er-
tüchtigt werden und einen höheren Wirkungsgrad errei-
chen oder, wenn der Betreiber das nicht will oder nicht
finanzieren möchte, stillgelegt werden. Denn die Ent-
wicklung zeigt: Es werden neue Kohlekraftwerke ge-
baut, aber alte nicht stillgelegt. So kommen Emissionen
obendrauf. Hier zeigt sich der Emissionshandel bisher
leider als wirkungslos.
Das zeigt sich zum Beispiel im rheinischen Frim-
mersdorf bei Grevenbroich. Dort, im Rheinland, nicht in
Polen oder Griechenland oder sonst wo, steht das
schmutzigste Kraftwerk Europas, betrieben vom RWE-
Konzern.
Es scheint sich offensichtlich für diesen Konzern zu loh-
nen, dieses schmutzige Kraftwerk trotz des Emissions-
handels weiter zu betreiben, obwohl er neue Kraftwerke
baut. Mit solchen Profiten muss Schluss sein. Es kann
nicht sein, dass ein Konzern auf Kosten des Klimas Geld
verdient.
Zum Schluss möchte ich noch meiner Freude Aus-
druck geben, dass die SPD, die ich in Nordrhein-Westfa-
len immer als vehemente Befürworterin von Kohlekraft-
werken erlebt habe, zumindest auf Bundesebene dabei
ist, ihre Position zu ändern. Nicht anders kann ich eine
dpa-Meldung vom 14. Dezember über den Kollegen
Kelber interpretieren, der sich zu Kopenhagen und zur
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Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 571;
davon
ja: 497
nein: 66
enthalten: 8
Ja
CDU/CSU
Ilse Aigner
Peter Altmaier
Peter Aumer
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Ab der siebten besonders auffällig. –
eswegen habe ich mich nicht getraut, Ihnen auch nur
inen dezenten Hinweis darauf zu geben, was ab sofort
ilt, nämlich die Redezeit, die die Fraktion für Sie ange-
eldet hat.
Ich möchte Ihnen nun das von den Schriftführerinnen
nd Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen
bstimmung über die Fortsetzung der Althea-Mission
ekannt geben. Abgegebene Stimmen 571. Mit Ja haben
estimmt 497, mit Nein 66 Kolleginnen und Kollegen.
s gab 8 Enthaltungen. Damit ist die Beschlussempfeh-
ung mit breiter Mehrheit angenommen.
orothee Bär
homas Bareiß
orbert Barthle
ünter Baumann
rnst-Reinhard Beck
anfred Behrens
Veronika Bellmann
Dr. Christoph Bergner
Peter Beyer
Steffen Bilger
Clemens Binninger
Peter Bleser
Dr. Maria Böhmer
ist doch Unsinn.
trale Kraft-Wärme-Kopplung
kungsgrade von über 90 Proz
sprechend geringe CO2-Emissio
Irrsinn, wenn zum Beispiel run
nen der größten Ballungsräume
Kohlekraftwerken gebaut wird,
gie nutzlos an die Umgebung
Städten Millionen schlecht isoli
voranbringen, die Wir-
ent haben kann und ent-
nen aufweist. Es ist doch
d um das Ruhrgebiet, ei-
Europas, ein Kranz von
die 60 Prozent der Ener-
abgeben, während in den
erter Wohnungen mit aus
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ex Eon in Nordrhein-Westfal
ich zitiere –:
Es ist das völlig falsche S
wird mit neuen Kohle-Dr
nal völlig unglaubwürdig.
err Kelber – er ist leider nich
en, haben Sie recht.
)
)
Dr. Maria Flachsbarth
Klaus-Peter Flosbach
Herbert Frankenhauser
Dr. Hans-Peter Friedrich
Michael Frieser
Erich G. Fritz
Dr. Michael Fuchs
Hans-Joachim Fuchtel
Alexander Funk
Ingo Gädechens
Dr. Thomas Gebhart
Norbert Geis
Alois Gerig
Eberhard Gienger
Josef Göppel
Peter Götz
Dr. Wolfgang Götzer
Reinhard Grindel
Hermann Gröhe
Michael Grosse-Brömer
Astrid Grotelüschen
Markus Grübel
Manfred Grund
Monika Grütters
Dr. Karl-Theodor Freiherr zu
Guttenberg
Olav Gutting
Florian Hahn
Holger Haibach
Dr. Stephan Harbarth
Jürgen Hardt
Gerda Hasselfeldt
Dr. Matthias Heider
Mechthild Heil
Ursula Heinen-Esser
Frank Heinrich
Rudolf Henke
Michael Hennrich
Ansgar Heveling
Ernst Hinsken
Peter Hintze
Christian Hirte
Robert Hochbaum
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Dr. Lukrezia Jochimsen
Katja Kipping
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Jutta Krellmann
Katrin Kunert
Sabine Leidig
Ralph Lenkert
Michael Leutert
Ulla Lötzer
Dr. Gesine Lötzsch
Ulrich Maurer
Dorothée Menzner
Niema Movassat
Wolfgang Nešković
Thomas Nord
Petra Pau
Jens Petermann
Richard Pitterle
Ingrid Remmers
Dr. Herbert Schui
Dr. Ilja Seifert
Kathrin Senger-Schäfer
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Dr. Petra Sitte
Kersten Steinke
Sabine Stüber
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Nächster Redner ist der Kollege Dr. Michael Paul für
die CDU/CSU-Fraktion. Bitte schön, Herr Kollege Paul,
Sie haben das Wort.
Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine Damen und
Herren! „Gesetz zur Änderung des Bundes-Immissions-
schutzgesetzes“, so heißt es im Titel des Gesetzentwurfs
der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, den wir heute be-
raten. Das klingt harmlos, ist es aber nicht. Genau be-
trachtet müsste es heißen: „Gesetz über den Ausstieg aus
der Kohlenutzung in Deutschland“; denn genau darum
geht es.
Die Grünen wollen praktisch den vollständigen Ausstieg
aus der Kohlenutzung in Deutschland – und das inner-
halb der nächsten elf Jahre, und zwar sowohl aus der
Steinkohle als auch aus der Braunkohle. Dieser Gesetz-
entwurf bedeutet das Aus für neue Kohlekraftwerke,
also auch für neue, hocheffiziente; denn die für solche
neuen Kraftwerke im Gesetzentwurf vorgesehenen Min-
destwirkungsgrade von 58 Prozent können Kohlekraft-
werke zurzeit und auch in den nächsten Jahren technisch
nicht erreichen. Es handelt sich also hierbei um ein Neu-
bauverbot, das gefordert wird.
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Sechstens. Der Strom würde deutlich teurer, wenn es
so kommt, wie Sie wollen, meine Damen und Herren
von Bündnis 90/Die Grünen.
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Meine Damen und Herren, um die angestrebten CO2-
insparungen zu erreichen, brauchen wir den ordnungs-
echtlichen Ansatz der Grünen nicht. Wir haben bereits
in ökologisch wie ökonomisch wirkungsvolles Instru-
ent: den Emissionshandel. Mit diesem marktwirt-
chaftlichen Instrument werden ja die ökologischen ex-
ernen Kosten zumindest teilweise verursachergerecht
nternalisiert. Eine Beschränkung der Emissionen wird
abei durch das wirksamste ökonomische Instrument ge-
ährleistet, das es gibt, nämlich durch die Wirtschaft-
ichkeit. Denn je höher die Effizienz und je niedriger der
missionsausstoß, desto geringere Kosten entstehen für
ie am Emissionshandel teilnehmenden Unternehmen.
er Emissionshandel gibt einen sinnvollen Anreiz zum
insatz von Spitzentechnologie. Er schafft eine Balance
wischen Versorgungssicherheit einerseits und Klima-
chutz andererseits, da die Emissionsrechte stetig verrin-
ert werden.
Gestatten Sie mir noch ein Wort zu der von den Grü-
en geforderten Streichung des § 5 Abs. 1 Satz 4 des
undes-Immissionsschutzgesetzes. Dort werden Anla-
en von der Pflicht ausgenommen, Energie effizient zu
erwenden, wenn sie am Emissionshandel teilnehmen.
ber die Frage der Notwendigkeit dieser Vorschrift kön-
en wir uns gerne unterhalten. Aber es ist doch mehr als
emerkenswert, dass diese Vorschrift gerade auf Antrag
er Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen und der SPD
m Jahre 2004 in das Bundes-Immissionsschutzgesetz
ineingebracht wurde. Ausgerechnet diese Grünen ver-
angen jetzt die Streichung der von ihnen selbst mit ver-
rsachten Vorschrift. Sehr bemerkenswert!
Lassen Sie mich zusammenfassend feststellen: Da der
esetzentwurf von Bündnis 90/Die Grünen die Versor-
ungssicherheit gefährdet und weder ökologisch noch
konomisch vorteilhaft ist und weil wir mit dem Emis-
ionshandel einen effizienten Lenkungsmechanismus
aben, wird die CDU/CSU-Fraktion dieses Vorhaben ab-
ehnen.
Vielen Dank.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Dezember 2009 1097
)
)
Dr. Michael Paul
Auch Ihnen, Herr Kollege Paul, herzliche Gratulation
zur ersten Rede im Deutschen Bundestag und weiterhin
viel Erfolg bei der parlamentarischen Arbeit.
Ute Vogt ist die nächste Rednerin für die SPD-Frak-
tion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Sehr geehrter Herr Kollege Krischer, ein Teil der Freude
über die SPD ist sicherlich berechtigt; denn in der Tat
stimmen wir mit der Zielsetzung überein, dass wir die
Effizienz von Kohlekraftwerken steigern müssen. Wir
können durchaus darüber reden, dass der Mindestwir-
kungsgrad auch bei einer Genehmigung für den Neubau
ein geeignetes Instrument sein kann.
Allerdings bedeutet die Vorgabe von 58 Prozent Wir-
kungsgrad – das hat auch der Kollege Paul schon darge-
stellt – faktisch ein Verbot des Neubaus von Kohlekraft-
werken. Auch wenn wir darin übereinstimmen, dass wir
langfristig nicht darum herumkommen, fossile Energie-
träger durch erneuerbare Energien zu ersetzen, so gibt es
doch auch Argumente, warum wir im Moment auf den
Neubau nicht vollständig verzichten sollten.
Wir brauchen dringend einen Ersatz für Altanlagen;
wir brauchen eine Erneuerung des Kohlekraftwerkparks.
Die Kohlekraftwerke der 50er- und 60er-Jahre müssen
vom Netz. An dieser Stelle muss es Ersatzinvestitionen
geben. Diese wären nicht möglich, wenn man mit der
Vorgabe eines elektrischen Mindestwirkungsgrades in
Höhe von 58 Prozent den Neubau von Kohlekraftwerken
komplett verhindern würde. Die alten Dreckschleudern
– diese Kraftwerke hat der Kollege Kelber gemeint –
müssen vom Netz. Für diese muss Ersatz geschaffen
werden.
Wir müssen auch ernsthaft darüber diskutieren, ob
wir mit einem Quasiverbot für Neubauten unser gemein-
sames Ziel einer Dezentralisierung der Energieversor-
gung nicht ein wenig aus den Augen verlieren würden.
Denn ein Verzicht auf jeglichen Neubau würde bedeu-
ten, dass wir die Monopolstellung, die heute die großen
Energieversorger haben, festigen. Wir würden damit den
kleineren kommunalen Erzeugern wie beispielsweise
den Stadtwerken überhaupt keine Chance geben, den
Anschluss zu finden.
Wir sollten diesen Antrag zum Anlass nehmen, die
notwendigen Debatten zu führen. Wir sind dabei, wenn
es darum geht, das Genehmigungsrecht anzupassen. Prio-
rität muss das Ersetzen von alten Kohlekraftwerken
durch diejenigen Kraftwerke haben, die auf eine effi-
ziente Energieerzeugung durch Kraft-Wärme-Kopplung
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Meine Damen und Herren! Wir Liberale wollen lang-
ristig heraus aus den fossilen Kraftwerken und hin zu
iner Versorgung mit erneuerbaren Energien. Aber so,
ie die Grünen das hier vorschlagen, so läuft das eben
icht.
Der Gesetzentwurf zeigt deutlich: Die Grünen haben
ie Wirkung des Emissionshandels überhaupt nicht ver-
tanden. Sie tun so, als hätten wir überhaupt keine euro-
äische Gesetzgebung. Der Emissionshandel begrenzt
ämlich gerade die Obergrenze der CO2-Emissionen.
nter diesem Deckel können Sie mit Ordnungsrecht ma-
hen, was Sie wollen: Sie werden keine einzige Tonne
O2 einsparen; denn jede Tonne CO2, die ein abgeschal-
etes Kohlekraftwerk nicht emittiert, wird von anderen
achfragern bei dann sinkenden Zertifikatepreisen sozu-
agen aufgekauft.
Sie haben ökonomisch überhaupt nicht verstanden,
ie das hier umweltpolitisch läuft. Sie machen es aus
em Bauch heraus und haben ein gutes Gefühl. Sie sa-
en, die bösen Konzerne müssten die Kohlekraftwerke
bschalten. Aber so werden Sie die Umwelt nicht retten.
as ist reine Symbolpolitik.
Nur für die Zeit nach 2020, also für die Zeit, für die
ir noch keine EU-rechtliche Regelung haben, ist es
berhaupt von Bedeutung, was hier vorgeschlagen wird.
ie Frage der Energieeffizienz wird es uns ermögli-
hen, ab 2020 ein geringeres Cap EU-weit festzulegen.
1098 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Dezember 2009
)
)
Herr Kollege Kauch, gestatten Sie eine Zwischen-
frage des Kollegen Fell?
Sehr gerne.
Bitte sehr.
Herr Kollege Kauch, es ist erfreulich, festzustellen,
dass die FDP offensichtlich eine ganz neue Energiepoli-
tik auf den Weg bringen will. Statt einen Energiemix aus
Atom, Kohle, Erdöl, Erdgas und erneuerbaren Energien
anzustreben, sei das langfristige Ziel der Freien Demo-
kraten, wie Sie gerade betont haben, zu 100 Prozent er-
neuerbare Energien einzuführen. Das ist erfreulich. Aber
es widerspricht Ihren eigenen Aussagen. Sie haben im
Sinne der sogenannten Carbon-Leakage-Theorie be-
hauptet, dass dann, wenn wir beim Neubau von Kohle-
kraftwerken nicht vorangingen, an anderer Stelle Emis-
sionen stattfinden würden. Damit übersehen Sie, dass
der Ausbau erneuerbarer Energien auch in anderen Län-
dern bereits in einer solchen Geschwindigkeit erfolgt,
dass dort schon konventionelle Kraftwerke ersetzt wer-
den. Aufgrund der Geschwindigkeit des Ausbaus der er-
neuerbaren Energien ist diese Theorie nicht mehr halt-
bar. Wir können das in China oder auch anderswo
erkennen.
Deswegen frage ich Sie, ob die Carbon-Leakage-
Theorie wirklich haltbar ist. Diese Theorie ist nämlich
nur deswegen in die Welt gesetzt worden, um den An-
schein zu erwecken, erneuerbare Energien könnten nicht
schnell genug wachsen. Sie tun es aber. Sie können da-
mit auch in anderen Ländern ohne den Neubau von Koh-
lekraftwerken und Weiterem eine Vermeidung von
Emissionen in großem Stil bewirken.
Lieber Kollege Fell, wir sind uns einig, dass die er-
neuerbaren Energien mehr können, als man ihnen in der
Vergangenheit zugetraut hat. Eines ist aber klar: Solange
wir bei den Speichertechnologien nicht so vorankom-
men, dass wir auch aus Quellen mit einem schwan-
kenden Energieangebot eine durchgängig stetige Ver-
sorgung erreichen können, so lange wird es in der
Übergangsphase weiterhin nötig sein, mit Brückentech-
nologien zu arbeiten. Eine Brückentechnologie kann die
Kernkraft und vor allem auch die Kohletechnologie sein.
Wir unterscheiden uns, glaube ich, in der Einschätzung
dessen, wie schnell man bei den erneuerbaren Energien
die Speicherbarkeit und eine vollständige Netzintegra-
tion tatsächlich hinbekommt.
Meine Damen und Herren, entscheidend für die
Frage, ob Kohlekraftwerke klimaverträglich sind, ist,
wie hoch die Begrenzung durch den Deckel ist, den der
Emissionshandel setzt. Sie können nicht sagen, der
Emissionshandel habe bisher nicht gewirkt; das haben
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o können Sie natürlich auch keine Einspareffekte erzie-
en.
b 2013 wird es eine klare Absenkung des Deckels ge-
en. Dies ist eine klare Klimaschutzmaßnahme mit ei-
em Anreiz für eine neue Energieversorgungsstruktur.
Im Übrigen, der vorliegende Gesetzentwurf ist
cheinheilig.
ngeblich sollen Kohlekraftwerke effizienter gemacht
erden. Aber eigentlich ist das ein Gesetz zur Verhinde-
ung von Kohlekraftwerken und – schlimmer noch – ein
esetz zur Förderung von Gaskraftwerken. Genau das
ollen die Grünen, ohne dass sie es hier sagen.
ie Grenzwerte sind mit einem Wirkungsgrad von
8 Prozent so hoch, dass selbst moderne Kohlekraft-
erke dies nicht leisten können. Man findet eine entlar-
ende Formulierung in der Begründung Ihres Gesetzent-
urfes. Dort steht nämlich:
Moderne Gaskraftwerke können diesen elektri-
schen Wirkungsgrad erreichen. Soweit daraus folgt,
dass der Neubau von Kohlekraftwerken nicht mög-
lich ist, ist dies zum Schutz der Umwelt … notwen-
dig.
Das heißt doch in Wahrheit, Sie wissen, dass es einen
estbedarf an Strom gibt. Auch bei einem forcierten
usbau erneuerbarer Energien ist in den nächsten Jahr-
ehnten eine grundlastfähige Versorgung sicherzustellen.
ie entscheiden sich mit diesem Gesetzentwurf klar ge-
en die Kohle und für Gas. Das kann man vielleicht aus
er monokausalen Sicht, dass es um Klimaschutz geht,
egründen. Aber im Rahmen der Energiepolitik gilt
uch, das Ziel der Versorgungssicherheit zu sichern. In
ahrheit ist das, was Sie hier machen und nicht öffent-
ich sagen, eine Strategie pro Gas, eine Strategie für
ehr Abhängigkeit von Russland und von Turkmenistan
owie für mehr Abhängigkeit von durchleitenden Län-
ern wie der Ukraine. Da freut sich vor allen Dingen ei-
er, nämlich Herr Putin, dessen Lobbyist Sie hier im
eutschen Bundestag sind.
as verwundert aber überhaupt nicht; denn Ihr ehemali-
er Außenminister, Herr Joschka Fischer, ist jetzt Gas-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Dezember 2009 1099
)
)
Michael Kauch
lobbyist, Lobbyist für die Nabucco-Pipeline und die
Wirtschaftsinteressen des Kaukasus.
Mit dieser Strategie machen Sie Deutschland abhän-
gig und erpressbar; Sie gefährden die außenpolitische
Unabhängigkeit unseres Landes.
Weil Russland das Gas exportiert, anstatt es selbst zu
nutzen, werden dort die dreckigsten Kohlekraftwerke
weiterbetrieben, im Übrigen auch Kernkraftwerke, die
Sie hier abschalten wollen.
Sie machen hier also eine Milchmädchenrechnung
auf. Es ist ein Nullsummenspiel für den Klimaschutz
und eine Katastrophe für die Versorgungssicherheit un-
seres Landes.
Nächste Rednerin ist die Kollegin Dorothée Menzner
für die Fraktion Die Linke.
Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und
Kollegen! Die Blindheit der bundesdeutschen Genehmi-
gungsgesetze in Bezug auf Klima- und Ressourcen-
schutz ist schon enorm. Werden bei einem geplanten
Kohlekraftwerk die Grenzwerte des Bundes-Immis-
sionsschutzgesetzes eingehalten, so hat der Betreiber in
der Regel Anspruch auf Genehmigung, selbst wenn die
Bürger, die Politik und die Behörden das eigentlich gar
nicht wollen. Bündnis 90/Die Grünen mussten das in
Hamburg-Moorburg leidvoll erfahren. Wenn der außer-
parlamentarische Widerstand in Berlin-Lichtenberg
nicht ausgereicht hätte, um das Vattenfall-Projekt der Er-
richtung eines Steinkohlekraftwerks zu kippen, wäre es
uns von der Linken nicht anders ergangen.
Es gibt also quasi einen Zwang, solche Dreckschleu-
dern zu genehmigen, wenn planungsrechtliche Auflagen
erfüllt sind. Dieser Zwang besteht, weil für CO2 keine
Grenzwerte gesetzt sind. Das ist der Fall in einem Land,
in dem man, wenn man in einem reinen Wohngebiet ei-
nen Kindergarten errichten will, aufwendigste Gutachten
beibringen muss, um nachzuweisen, dass die Emission,
in diesem Fall die Lärmemission, nicht zu hoch ist. Was
aber bei einem solchen Kraftwerk aus dem Schornstein
kommt und wie effizient der Rohstoff eingesetzt wird,
hat überhaupt keine Auswirkung auf die Genehmigungs-
fähigkeit. Das ist der Fall, weil CO2 bisher nicht als
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Wir haben eben die Einwände von Herrn Dr. Paul und
on Herrn Kauch gehört: Wir hätten doch den Emis-
ionshandel; damit sei doch alles wunderbar geregelt.
ber wenn das tatsächlich so wäre, dann müsste der Ge-
etzentwurf gar nicht sein.
Der Emissionshandel funktioniert nicht. Das will ich
n einigen Beispielen deutlich machen. Eben wurde
chon darauf hingewiesen, dass es Emissionsgutschrif-
en gibt, die gegen Projekte in der Dritten Welt aufge-
echnet werden. Wir wissen alle, dass ungefähr ein Drit-
el dieser Aufrechnungen nicht funktioniert und dass
ine Menge gemauschelt wird. Die Einsparung ist also
icht real.
Weil die Emissionsrechte noch bis 2012 verschenkt
erden, schaffen wir keinen Anreiz für die Energie-
nternehmen, sparsam zu sein. Die Zertifikate wurden
eichlich ausgegeben, und man hat derzeit noch keinen
enkungseffekt. Man kann nur hoffen, dass das eines Ta-
es anders ist.
Wir werden in der laufenden Handelsperiode 2008 bis
012 ungefähr 400 Millionen Tonnen CO2 übrig haben.
ie sind in die nächste Handelsperiode übertragbar. Von
1100 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Dezember 2009
)
)
Dorothée Menzner
daher werden wir auch in näherer Zukunft, in der nächs-
ten Handelsperiode, keinen Lenkungseffekt haben.
Wir alle wissen, dass die Zeit davonläuft. Wir können
nicht so weitermachen wie bisher. Jedes neu genehmigte
Kraftwerk hat eine voraussichtliche Laufzeit von 40 bis
50 Jahren. Die Entscheidung, die wir heute fällen, be-
deutet also einen höheren Ausstoß, auch in Zukunft.
Deswegen: Einigen wir uns auf Mindestwirkungs-
grade, gerade beim Neubau fossiler Kraftwerke. Nur so
können wir die Klimasünden verringern.
Eröffnen wir Räume für einen zukunftsfähigen Strom-
mix aus erneuerbaren Energien und auch Gaskraftwer-
ken, die deutlich schneller regelbar sind und besser zu
erneuerbaren Energien passen. Die ganze Diskussion
über die Grundlast ist fehl am Platz.
Wir brauchen eine juristische Handhabe, um den Bau
von extrem klimaschädlichen und ineffizienten Kraft-
werken verhindern zu können. Diesen Ansatz verfolgt
der Gesetzentwurf der Grünen. Diesen Ansatz unter-
stützt Die Linke.
Ich danke Ihnen.
Ich erteile das Wort dem Kollegen Dr. Georg Nüßlein
für die CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! In der
Tat ist es so, dass man im Umweltrecht ambitionierte
Standards setzen muss. Insofern ist es legitim, über die
Frage nachzudenken, welche Wirkungsgrade Kohle-
kraftwerke in Zukunft haben können und müssen. Dabei
spielt die Erreichbarkeit die entscheidende Rolle. Dazu
haben der Kollege Paul und der Kollege Kauch das Not-
wendige gesagt: Ihnen geht es in der Tat um den deut-
schen Komplettausstieg aus der Nutzung der Kohle.
Wenn man sich das vornimmt, dann darf man aber
keinen Schaufenstergesetzentwurf vorlegen.
Was Sie zu den Bestandsanlagen schreiben, ist ziemlich
entlarvend; denn Sie scheinen nicht davon auszugehen,
dass Ihr Vorschlag zum Tragen kommt. Es geht zuerst
um die ernsthafte Frage, wie die Übergangsfristen ge-
staltet werden müssten.
Es ist spannend, dass zwei verschiedene Termine in
Ihrem Gesetzentwurf stehen. Offenbar hat sich der Ver-
fasser des Gesetzentwurfs plötzlich besonnen. In der Be-
gründung sprechen Sie von der ersten Stufe zum 1. Ja-
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Reden Sie nicht dazwischen.
Das ist wie immer bei Ihren Ausstiegsforderungen.
olange Sie in der Opposition sind, fordern Sie den so-
ortigen Ausstieg aus der Kernenergie. Aber wenn man
n der Regierung ist, dann ist dies plötzlich unverant-
ortbar, und die Laufzeiten werden um 20 Jahre und
ehr verlängert. Bei diesem Thema machen Sie es ge-
auso. Sie waren sieben Jahre in der Regierung.
o bitte war da Ihre Forderung nach einem Ausstieg aus
er Kohlekraft? Die gab es nicht. Aber kaum dass Sie in
er Opposition sind, sagen Sie, dass wir die Kohle über-
aupt nicht brauchen und 100 Prozent erneuerbare Ener-
ien realistisch sind. Meine Damen und Herren, ein biss-
hen Realitätsbezug braucht man schon!
Bestreiten Sie doch bitte nicht das, was Sie selber in
hrem Gesetzentwurf formuliert haben.
Immerhin sind Sie, wie man Ihnen schon vorhin an-
and des Textes deutlich gemacht hat, bei den Neuanla-
en sehr ehrlich. Laut Ihrem Gesetzentwurf gibt es,
enn das mit dem Wirkungsgrad von 58 Prozent nicht
unktioniert, keine Neuanlagen. Das weist natürlich den
eg zum Gas. Ich gehe noch einen Schritt weiter als
err Kollege Kauch vorhin: Das wird infolge der Ent-
icklung auf den Gasmärkten nicht nur dazu führen,
ass woanders alte Kohlekraftwerke am Netz bleiben,
ondern dass es eine Gegenbewegung gibt. Die Tatsache,
ass Gas bei uns in Deutschland – in Verbindung mit
em Emissionshandel auch in Europa – teurer wird, wird
azu führen, dass Lieferantenländer wie zum Beispiel
ussland Kohlekraftwerke bauen werden.
ch frage mich, ob man eine gesicherte Energieversor-
ung in Deutschland wirklich aufs Spiel setzen muss,
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Dezember 2009 1101
)
)
Dr. Georg Nüßlein
um am Ende nur die Emissionen von A nach B zu ver-
schieben.
Im Übrigen findet sich in dem Gesetzentwurf der
Grünen kein Wort zu CCS. Sie wissen genau, dass man
nicht beides kann, nämlich auf der einen Seite die Wir-
kungsgrade erhöhen und CO2-Abscheidung und -Spei-
cherung betreiben.
– Nein, ich lasse an dieser Stelle keine Zwischenfragen
zu. – Sie wissen genau, dass man nicht beides kann: Wir-
kungsgrade steigern und CCS betreiben. Von einem zu-
kunftsweisenden Gesetzentwurf hätte ich erwartet, dass
zu diesem Thema darin Stellung genommen wird.
Ganz vorne in Ihrem Gesetzentwurf schreiben Sie
wieder etwas über die Theorie, die mich immer ganz be-
sonders ärgert, dass nämlich eine teilweise Aufrechter-
haltung der konventionellen Energieversorgung die Ent-
wicklung der erneuerbaren Energien behindert. Das ist
objektiv falsch. Es gibt einen Einspeisevorrang, der im
EEG formuliert ist. Die neue Regierung wird an diesem
Einspeisevorrang nicht rütteln. Deshalb ist Ihre Behaup-
tung, dass das eine das andere behindert, widerlegt.
Wir stehen dazu, dass wir unseren Beitrag dazu leis-
ten werden, die erneuerbaren Energien nach Kräften aus-
zubauen und zu fördern. Wir als Union wollen einen
dynamischen Energiemix, bei dem der Anteil der erneuer-
baren Energien mit Blick auf Wirtschaftlichkeit, Versor-
gungssicherheit und Klimaschutz aufwächst und der An-
teil der konventionellen Energieversorgung in gleichem
Maße abnimmt. Das halte ich für ganz entscheidend. Es
geht darum, sicherzustellen, dass wir keine Energielücke
bekommen und dass der Weg in eine dezentrale Energie-
versorgung, den auch wir wollen, so verläuft, dass die
Wirtschaft in diesem Land keinen Schaden nimmt.
Denn beim Klimaschutz können wir nicht ausschließ-
lich in Deutschland etwas bewegen. Es wird darauf an-
kommen, dass wir den Schwellenländern und anderen
Ländern zeigen, dass man beides kann: das Klima scho-
nen und wirtschaftlich vorankommen. Mit dem, was Sie
vorschlagen, nämlich schlagartig und schockartig in die
Wirtschaft einzugreifen, werden wir das nicht hinbe-
kommen. Der Weg, den die Union in der Energiepolitik
einschlägt, ist der realistischere und deshalb auch der
bessere.
Vielen herzlichen Dank.
Das Wort zu einer Kurzintervention erhält die Kolle-
gin Steiner.
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Zur zweiten Unrichtigkeit. Aus Gesprächen mit Ver-
retern der Betreiber, der Energieversorger oder der For-
chungsinstitute wissen Sie doch alle, dass diese sagen:
or 2020 bekommen wir das überhaupt nicht hin. Sie
auen die neuen Kohlekraftwerke aber jetzt. 2010 bzw.
012 sollen sie ans Netz gehen, und zwar ohne CCS,
eil das gar nicht umsetzbar ist, von den Problemen der
peicherung ganz abgesehen.
Deswegen ist es Augenwischerei, wenn man mit CCS
rgumentiert. Das ist nur ein Feigenblatt, das helfen soll,
ie Errichtung neuer Kohlekraftwerke durchzusetzen.
Zur Erwiderung Herr Kollege Nüßlein.
Liebe Kollegin, ich sage das ungern, insbesondere in
iner Sitzung kurz vor Weihnachten: Sie haben mir bei
iesem Thema entweder nicht zugehört, oder Sie konn-
en mir nicht folgen.
Ich habe gesagt, dass durch CCS die Wirkungsgrade
inken. Wenn Sie einen Gesetzentwurf zu den elektri-
chen Wirkungsgraden beim Thema Kohle vorlegen, ist
s natürlich notwendig, dass man auf dieses Thema ein-
eht. Dann muss man auch formulieren, was man ma-
hen würde, wenn CCS relevant würde. Wir alle wissen
icht, ob diese Technologie aufgrund ökonomischer oder
echnischer Fragen überhaupt einmal zum Tragen
ommt. Was die Machbarkeit angeht, bin ich absolut
hrlich. Aber man muss so etwas natürlich berücksichti-
en, und man kann nicht sagen, was Sie machen: Bei
ieser Gelegenheit kann man eine neue Technologie ver-
indern, nämlich CCS; das ist dann auch gleich vom
isch. Das wäre Tabula rasa auf ganzer Linie. Das ist
icht das, was wir wollen. Wir wollen sehr wohl die
ption haben, Kohle klimaschonend zu nutzen.
Warum wollen wir das? Auch das kann ich Ihnen sa-
en: Schlicht und einfach, weil Kohle in anderen Län-
ern weiterhin benutzt wird. Ich sehe uns in der Pflicht,
ie Technologien dafür zu liefern. Herr Kollege Fell, in
1102 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Dezember 2009
)
)
Dr. Georg Nüßlein
Indien oder China wird man sich nicht nach den deut-
schen Grünen richten, überhaupt nicht. Ich sehe uns in
der Pflicht, dass wir die entsprechenden Technologien
schaffen und entwickeln. Das wollen wir tun. Deswegen
ist eine technologiefreundliche, eine technologieoffene
Energiepolitik das, was Sie von der neuen Regierung er-
warten können.
Vielen Dank.
Nächster Redner ist der Kollege Dirk Becker für die
SPD-Fraktion.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!
Herr Krischer, Ihr Auftritt war in der Tat sehr dyna-
misch. Ich denke, der von Ihnen genannte Grund für
Ihren Gesetzentwurf ist ein richtiger und wichtiger: die
Effizienzsteigerung in der konventionellen Energiewirt-
schaft. Heute beziehen Sie sich auf den Bereich des
Stroms. Ich will das auf andere Bereiche ausdehnen: auf
den Wärmebereich, auf die Frage, wie wir künftig mit Öl
umgehen, aber auch auf die effizientere Verwertung der
Biomasse; auch darüber müssen wir in Zukunft diskutie-
ren. Ich glaube, dass die Frage der Effizienzpotenziale
die Debatte der nächsten Jahre bestimmen wird. Das ist
eine wichtige Aufgabe. Wir liegen hinter dem zurück,
was wir uns gemeinsam vorgenommen haben.
Mit dem heute vorliegenden Gesetzentwurf konzen-
trieren Sie sich auf den Bereich der Stromversorgung.
Ich sage: Ja, es ist so, dass die Kohleverstromung – das
gilt insbesondere für Braunkohle – sehr CO2-intensiv ist.
Von daher ist die Frage, wie lange und wie wir Kohle-
verstromung betreiben, nicht nur von der Ressourcen-
verfügbarkeit abhängig, sondern auch von der Verant-
wortung für das Klima. Da sind wir eng beieinander.
Wir haben ja, weil wir da beieinander und weil wir
gemeinsam gegen die Kernenergie sind, unter Rot-Grün
beschlossen, eine energiepolitische Wende, eine ökologi-
sche Energiewende mit dem EEG einzuleiten. Das ist
aus dem Parlament, aus diesen Fraktionen gekommen.
Anders als Sie – auch in Zeiten der Großen Koalition –
befürchtet haben, ist dieses EEG nicht nur geschützt,
sondern sogar weiterentwickelt worden. So stehen wir
heute vor einer Prognose des Bundesverbandes Erneuer-
bare Energie, der sagt: Wir können 47 Prozent Strom aus
erneuerbaren Energien bis 2020 schaffen. Ich sage an
dieser Stelle: Wir sind froh und stolz darauf, dass wir das
mit unserer Politik möglich gemacht haben.
Aber so sehr wir uns über diese positiven Aspekte
freuen, bleibt die Frage nach dem Rest. Daran entfacht
sich immer wieder der politische Streit. Wir bleiben da-
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Was hat das mit Effizienzsteigerung zu tun?
Es ist einfach so, dass Sie einen Grundsatzbeschluss fas-
sen wollen. Ihren Anspruch, die Effizienz im Blick zu
haben, verlieren Sie in Ihrem Gesetzentwurf aber leider
aus den Augen.
Ich möchte auf eine weitere Fragestellung zu spre-
chen kommen. Ich glaube, dass das, was Sie in Ihrem
Antrag zum Thema Emissionshandel schreiben, proble-
matisch ist. Zurzeit finden die Klimaverhandlungen in
Kopenhagen statt. Ich dachte immer, uns eint das Ziel,
dass wir einen globalen Emissionshandel wollen. Bisher
zumindest war das so. In Ihrem Gesetzentwurf schreiben
Sie allerdings, dass der Emissionshandel als Lenkungs-
instrument versagt hat. Ich frage mich ernsthaft: Ist es
gut, diese Botschaft nach Kopenhagen zu senden?
– Im Gesetzentwurf der Grünen. – Ich muss Ihnen sagen:
Ich halte diese Aussage für gefährlich und verkürzt.
Ich will zwei Aspekte voneinander trennen:
Erstens. Herr Kauch hat zu Recht darauf hingewiesen,
dass mit Blick auf die Neubauten im Kraftwerksbereich
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o ist es nicht. Es gibt die PEPP, und es gibt ein Budget.
ie hingegen erwecken ständig einen anderen Eindruck,
eil dies Ihrer politischen Ausrichtung entgegenkommt.
Sie brauchen gar nicht darum herumzureden.
Ich erkläre Ihnen ganz einfach, worum es geht: Stel-
en Sie sich vor, in den Tank eines Autos passen 50 Liter.
s ist egal, wie viele Familienmitglieder mit diesem
uto fahren, ob eine Person oder 30 Personen. Wenn die
0 Liter verbraucht sind, ist die Reise zu Ende.
o funktioniert der Emissionshandel. Das ist ganz ein-
ach zu erklären.
ören Sie auf, den Menschen zu sagen, dass sich der
O2-Ausstoß durch den Bau zusätzlicher Kraftwerke
nsgesamt erhöht. Das ist falsch. Wenn Sie dies bestrei-
en, haben Sie wirklich nicht verstanden, wie der Emis-
ionshandel funktioniert.
Die nächste Rednerin ist die Kollegin Judith
kudelny für die FDP-Fraktion.
1104 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Dezember 2009
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen
und Herren! Das Erste, was mich an diesem Gesetzent-
wurf ärgert, ist, dass Sie das komplexe Thema der ökolo-
gischen Energiepolitik mit einfachen Schwarz-Weiß-
Mitteln wie der Steigerung der Effizienzgrade von Koh-
lekraftwerken behandeln.
Manche Kollegen in diesem Hause haben noch nicht
verstanden,
dass es in Ihrem Gesetzentwurf nicht um die Steigerung
der Effizienz geht, sondern – in der letzten Wahlperiode
haben Sie sogar einen Antrag mit diesem Titel einge-
bracht – um die Verhinderung moderner Kohlekraft-
werke.
Wenn moderne Kohlekraftwerke verhindert werden,
dann bedeutet dies mittelfristig nicht, dass Umweltpoli-
tik und Klimapolitik besser werden. Es bedeutet nur,
dass wir in Deutschland zunächst einmal eine Versor-
gungslücke haben werden.
Die Deutsche Energie-Agentur – sie ist nicht verdäch-
tig, überzogene Vorstellungen vom zukünftigen Strom-
verbrauch zu haben – hat festgestellt, dass wir bis zum
Jahr 2020 15 neue Großkraftwerke brauchen, um den
bundesweiten Bedarf decken zu können. Wie wollen wir
das schaffen, wenn wir keine neuen, modernen Kohle-
kraftwerke bauen? Ganz einfach: Wir werden zunächst
einmal alte Anlagen weiterbetreiben müssen. Das Kraft-
werk in Grevenbroich, das als Beispiel genannt worden
ist, wird auch mit einem geringeren Effizienzgrad wei-
terbetrieben werden. Das ist kein Beitrag zum Klima-
schutz.
Wir werden auch andere konventionelle Energien, aus
deren Nutzung wir alle aussteigen wollen, weiter nutzen
müssen. Es geht nicht anders; denn wir haben eine Ver-
sorgungslücke. Wer diese Lücke nicht schließen will,
muss in letzter Konsequenz akzeptieren, dass wir uns
vom Ausland abhängig machen. Die „lupenreinen De-
mokraten“ haben sich aber schon in der Vergangenheit,
was den Rohstoffhandel betrifft, nicht unbedingt als sol-
che erwiesen. Gerade von ihnen möchte ich Deutschland
nicht abhängig machen.
Was bedeutet dieser Gesetzentwurf für den For-
schungs- und Technologiestandort Deutschland? Wir ha-
ben vorhin vom CCS-Verfahren gehört. CCS heißt,
dass das CO2 am Ort des Entstehens abgeschieden wird
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Eben, wir haben diese Technologie noch nicht; deswe-
en müssen wir forschen und herausfinden, ob sie eine
lternative ist.
enn die Genehmigungsverfahren jedoch ausschließlich
der hauptsächlich von der Effizienz des Kraftwerks ab-
ängig gemacht werden, wird in diesem Bereich in
eutschland keine Forschung und Entwicklung stattfin-
en. Dabei betonen gerade Sie immer, wie wichtig For-
chung und Entwicklung sei. Wer unseren Forschungs-
tandort erhalten will, darf Ihren Gesetzentwurf nicht
nterstützen.
Die Politik der Grünen in diesem Bereich ist aus mei-
er Sicht eine sehr dogmatische Politik: Kohlekraft-
erke sind böse.
as passiert, wenn man an einer Schwarz-Weiß-Denke
esthält, kann man in Tübingen sehen: In Tübingen ist
auch mithilfe von Grünen-Mitgliedern dieses Hauses –
in Gaskraftwerk mit einem hohen Effizienzgrad verhin-
ert worden. Der grüne Tübinger Oberbürgermeister
urde dazu gezwungen, um die Versorgung zu decken,
n ein Kohlekraftwerk zu investieren.
twas zu verhindern, einfach nur um recht zu behalten,
as ist nicht die Politik, die wir verfolgen wollen.
Wir Liberale als grüne, das heißt ökonomisch und
kologisch denkende Menschen können diesen Gesetz-
ntwurf deswegen nicht mittragen.
Vielen Dank.
Frau Skudelny, das war Ihre erste Rede hier im Haus.
ir gratulieren Ihnen sehr herzlich und wünschen Ihnen
iel Erfolg für Ihre Arbeit.
Das Wort hat jetzt der Kollege Jens Koeppen für die
DU/CSU-Fraktion.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Dezember 2009 1105
)
)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Als letztem Redner der Debatte bleibt mir nur noch, zu-
sammenzufassen und das Fazit zu ziehen. Wir haben alle
schon festgestellt: Mit ihrem Gesetzentwurf mit den
Mindestwirkungsgraden geht es den Grünen darum, mit
dem Ausstieg aus der Kohleverstromung zu beginnen.
Dieser Antrag ist ein Gesetzentwurf anti Kohle und pro
Gas.
Das ist vielleicht aus der Sicht der Grünen ein hehres
Ziel. Sie haben dabei aber wie immer einige Sachen aus
den Augen verloren. Als Techniker sage ich Ihnen: Sie
haben die Physik aus den Augen verloren; denn das, was
Sie wollen, ist nicht machbar. Sie haben aber, wie wir
heute feststellen konnten, nicht nur die Machbarkeit
aus den Augen verloren, sondern auch die globalen
Realitäten, die man beachten muss. Wenn es heißt, dass
in China jeden zweiten Tag ein neues Kohlekraftwerk
ans Netz geht, dann frage ich mich: Was hat das mit Kli-
maschutz zu tun?
Wenn Sie etwas verändern wollen, wenn Sie etwas ver-
bessern wollen, wenn Sie etwas erreichen wollen, dann
müssen Sie die Realitäten akzeptieren. Sie müssen sich
von Ihrer Ideologie befreien. Sie müssen an Ihrer Vision
konstruktiv arbeiten.
Visionen sind ja gut. Aber Tagträumereien, Herr
Krischer, bringen uns nicht weiter.
Das Ziel, höhere Wirkungsgrade zu erreichen, tra-
gen wir mit. Durch den Neubau von Kohlekraftwerken
können wir alte Anlagen abschalten. Damit haben wir in
Deutschland – das ist schon jetzt Realität – den Wir-
kungsgrad im Durchschnitt auf insgesamt 40 Prozent an-
gehoben. Das ist in Ordnung. Diesen Weg wollen wir
weitergehen. Aber Sie müssen die Realitäten im Auge
behalten.
Ihr Ziel ist in Wirklichkeit nicht die Erhöhung des
Wirkungsgrades und dadurch eine Verringerung der
CO2-Emissionen, sondern Sie wollen vorhandene Anla-
gen bis zum Jahre 2015 abschalten.
Sie wollen verhindern, dass neue Anlagen gebaut wer-
den. Frau Menzner, das ist übrigens wie in der DDR. Da
der Bau von Neuanlagen verhindert wurde, blieben An-
lagen mit einem Wirkungsgrad von circa 27 oder 28 Pro-
zent in Betrieb. Diese haben dann wirklich die Luft ver-
pestet. Das wollen wir nicht. Wir wollen neue Anlagen
und dadurch nach und nach einen höheren Wirkungsgrad
erreichen.
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Sie müssen klar sagen, ob Sie sich von der CCS-Tech-
ologie komplett verabschieden wollen. Damit werden
ie aber die Forschung in Deutschland verhindern. Sie
erden damit auch die Vorreiterrolle und letztendlich
en Export solcher Anlagen unterbinden.
Kommen wir jetzt zu den Wirkungsgraden. Sie for-
ern einen Wirkungsgrad von 58 Prozent für Neuanla-
en. Das ist für Kohle kaum erreichbar. Das ist Material-
irtschaft. Jede Erhöhung des Wirkungsgrades um zwei
unkte setzt eine Forschungszeit von ungefähr 10 bis
5 Jahren voraus. Also schaffen Sie es innerhalb dieser
urzen Zeit gar nicht, von 40, 43 oder maximal 45 Pro-
ent auf 58 Prozent Wirkungsgrad zu kommen. Das ist
icht möglich.
Bei der Kohle ist dieser Wirkungsgrad nicht erreich-
ar, aber beim Gas kann das erreicht werden. Bei Gasan-
agen sind schon jetzt 58 Prozent Wirkungsgrad Stand
er Technik. Dieses Ziel ist gar nicht mehr ambitioniert.
hr Gesetzentwurf ist für mich eine Aufforderung, ver-
tärkt auf Gas zu setzen. Wie kommen wir dazu, russi-
ches Gas zu fördern? Wenn Sie aus der Kernenergie
ussteigen und Kohlekraftwerke verbieten wollen, dann
rauchen Sie 445 Terawattstunden Strom aus Erdgas.
Das brauchen Sie. Das ist die Hälfte des Gesamtver-
rauchs in Deutschland.
Was bedeutet das?
as bedeutet, Herr Krischer: Abhängigkeit von russi-
chem Gas. Das bedeutet: Versorgungssicherheit wird
erschlechtert. Das bedeutet: Es freut sich Russland, und
ielleicht freuen sich auch Fischer und Schröder, aber
icht die deutsche Industrie und der deutsche Steuerzah-
er. Deswegen können wir das nicht machen.
Dann haben wir auch festgestellt – das hat Herr
auch wunderbar herausgearbeitet –: Russland wird na-
ürlich alles verfügbare Gas schön teuer an Europa ver-
aufen und im Inland Kohleverstromung betreiben.
iese Kohlekraftwerke haben, wenn sie gut sind, im
chnitt einen Wirkungsgrad von 34 Prozent. Jetzt erklä-
en Sie mir bitte, was das mit Klima- und Umweltschutz
u tun hat. Überhaupt nichts!
Wir lassen keine Deindustrialisierung zu. Klima-
chutz wirkt nur global. Mindestwirkungsgrade wirken
ur global. Auch die CCS-Technologie wirkt nur global.
leiches gilt für den Emissionshandel. Deswegen muss
as alles gesamtheitlich betrachtet werden.
1106 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Dezember 2009
)
)
Jens Koeppen
Was können wir tun? Wir wollen natürlich eine Ant-
wort geben. Erstens – da lohnt sich ein Blick in unseren
hervorragenden Koalitionsvertrag –:
„ideologiefreie, technologieoffene und marktorientierte
Energiepolitik“,
und zwar für Strom, Wärme und Mobilität. Das müssen
Sie alles im Auge behalten. Dann wird das auch was mit
dem Klimaschutz.
Zweitens. Wir wollen die erneuerbaren Energien
konsequent ausbauen – das ist gar keine Frage, auch das
steht im Koalitionsvertrag – mit dem Ziel, dass die er-
neuerbaren Energien den Hauptanteil an der Energiever-
sorgung übernehmen. Aber dazu brauchen wir einen
Energiemix, der kontinuierlich, lieber Herr Fell, und
nicht mit der Holzhammermethode die konventionellen
Energien langsam ablösen kann. Die Betonung liegt auf
„kann“. Dass wir das wollen, ist klar. Aber das muss
auch machbar sein.
Drittens. Wir müssen das Energiesystem umbauen,
und zwar mit Sinn, Verstand und Beharrlichkeit. Deswe-
gen werden wir ein Energiekonzept im nächsten Jahr
vorlegen, aus dem hervorgeht, wie die Energie bezahl-
bar, zuverlässig und sauber ist.
Wir werden mit diesem Koalitionsvertrag die Vorrei-
terrolle in Deutschland übernehmen. Wir brauchen am-
bitionierte Ziele. Dazu sagen wir Ja. Aber zu Verboten
– das sage ich bei fast jeder Rede, wenn es um Ihre Vor-
lagen geht – und zu Unmöglichem sagen wir Nein. Mit
Totschlagargumenten und mit der Holzhammermethode
werden Sie kläglich scheitern. Das ist nicht unser Weg.
Ich wünsche Ihnen ein frohes Weihnachtsfest.
Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent-
wurfs auf Drucksache 17/156 an die Ausschüsse vor-
geschlagen, die Sie in der Tagesordnung aufgeführt fin-
den. – Dazu sehe ich keinen Widerspruch. Dann ist das
so beschlossen.
Ich rufe Tagesordnungspunkt 20 auf:
Beratung des Antrags der Fraktion der SPD
Deutschland muss deutliche Zeichen für eine
Welt frei von Atomwaffen setzen
– Drucksache 17/242 –
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Ein weiterer Punkt, den ich an dem Bericht zu bemän-
geln habe, ist, dass der Entwurf der Nuklearwaffenkon-
vention, die seit Jahren in der Generalversammlung der
UNO beraten und auch von Ban Ki-moon stark unter-
stützt und eingefordert wird, erst nach der Abrüstungs-
phase, wenn ein Minimalbestand an Nuklearwaffen er-
reicht ist, Verhandlungen vorsieht. Ich glaube, dass ein
paralleler Prozess notwendig ist, weil dies signalisiert,
dass wir uns bei Atomwaffen genauso wie bei chemi-
schen Waffen auf eine vertraglich bindende feste Grund-
lage stellen wollen. Das wäre ein Signal an andere Na-
tionen, die möglicherweise Hintergedanken hinsichtlich
eigener nuklearer Bewaffnung haben.
Ich denke, wir müssen uns jetzt an die Arbeit machen
und darüber nachdenken, wie wir als Parlamentarier und
wie die Regierung die Verantwortung für das Gelingen
der Überprüfungskonferenz zum Nichtverbreitungsver-
trag wahrnehmen können. Ich appelliere dabei auch an
unsere Regierung, zu den 13 Schritten zurückzukehren,
die im Jahr 2000 vereinbart worden sind. Unser Antrag
stützt sich auf diese 13 Schritte, auch wenn sich nicht
alle darin wiederfinden. Wir können aber noch über De-
tails diskutieren. Wir sollten unsere Regierung unterstüt-
zen, in diesem Sinne an den Verhandlungen teilzuneh-
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Ich möchte noch einen letzten Punkt ansprechen.
enn wir erreichen wollen – ich hatte in der letzten De-
atte den Eindruck, dass wir alle in diesem Hause dies
ollen –, dass es nukleare Abrüstung auf null gibt und
ass die Nuklearwaffen aus Europa verschwinden, dann
üssen wir zwingend über Strategien reden, und zwar
icht nur über die russische und die amerikanische Stra-
egie. Wir müssen auch im Zuge des strategischen Kon-
epts der NATO auf eine Minimierung der Rolle von
uklearwaffen, ja möglicherweise auf einen völligen
erzicht auf diese Kategorie drängen. Was in den letzten
wei Jahren aus den NATO-Gremien und was vom letz-
en NATO-Gipfel in Kehl zu hören war, deutet aber nicht
arauf hin, dass die Rolle der Nuklearwaffen in der Dis-
ussion tatsächlich herabgestuft werden soll. Ich denke,
as liegt in der Verantwortung jedes einzelnen Staates,
er der NATO angehört.
Ich wünsche mir, dass nicht nur die neue Nuclear Pos-
ure Review der USA mit einer minimierten Rolle der
uklearwaffen das Licht der Welt erblickt, sondern dass
ich auch unsere Regierung und andere Regierungen Eu-
opas dafür einsetzen, dass im Zuge der Beratungen über
ine neue NATO-Strategie die Rolle der Nuklearwaffen
umindest stark minimiert, wenn nicht gar eliminiert
ird. Ich erinnere daran, dass wir uns alle – oder fast
lle – gewünscht haben, dass eine No-first-use-Strategie
n der NATO-Strategie festgeschrieben wird. Vielleicht
önnen wir das gemeinsam erreichen.
Herzlichen Dank.
Nächster Redner ist der Kollege Roderich
iesewetter für die CDU/CSU-Fraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen
nd Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte
ollegin Zapf, Sie haben Ihre Rede genauso sachlich
orgetragen, wie der Antrag Ihrer Fraktion formuliert ist.
as ist genau das, worum es in der Sicherheitspolitik
eht, nämlich dass wir darüber hier im Hause sachlich
iskutieren und eine gewisse Einigkeit in den Grundzü-
en entwickeln. Ich darf sagen, dass wir das auch unse-
en Soldaten im Einsatz schuldig sind, die es zurzeit
irklich nicht einfach haben.
Heute geht es um die nukleare Abrüstung. Wir setzen
arauf. Viele leben hier nach dem Prinzip Hoffnung. Wir
etzen auf Fakten. Im Koalitionsvertrag fordern wir ei-
en schrittweisen und beherzten Ansatz. Über welche
eduzierungsinstrumente verfügen wir eigentlich? Da
1108 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Dezember 2009
)
)
Roderich Kiesewetter
hilft ein Blick in den Nichtverbreitungsvertrag; den wol-
len wir stärken. Im Mai nächsten Jahres beginnt die
Überprüfungskonferenz. Sie bietet eine Chance, die wir
nur alle fünf Jahre haben. Unser Land hat bereits 1969
den Atomwaffensperrvertrag ratifiziert. Aber es gibt
Staaten, die ihn sichtbar verletzten oder ihm erst gar
nicht beigetreten sind.
Doch wo Schatten ist, brennt auch Licht; Frau Zapf ist
darauf eingegangen. Auf strategischer Ebene haben die
Verhandlungen über ein START-Folgeabkommen zwi-
schen Russland und den USA begonnen, ein willkom-
mener Fortschritt für die internationale Abrüstung. Das
heißt, es wird endlich wieder über Abrüstung bei den
strategischen Nuklearwaffen verhandelt. Wir werden zu
einem Ergebnis kommen. Es gibt jedoch auch Nuklear-
waffen bei einigen Staaten der Welt, die sich dem Nicht-
verbreitungsvertrag verweigern oder ihn sogar bewusst
verletzen. Es ist zu befürchten, dass der eine oder andere
Staat Atomwaffen herstellen kann, möglicherweise bald
auch der Iran.
Wir wollen eine wirksame Stärkung des Nichtverbrei-
tungsvertrages ab Mai 2010. Wir wollen uns hier kon-
struktiv einbringen. Das dient nicht zuletzt unseren
sicherheitspolitischen Interessen. Bei unserem schritt-
weisen Ansatz geht es uns auch um die in Deutschland
stationierten Atomwaffen. Genauso wie beim START-
Nachfolgevertrag sollten wir hier rasch Abrüstungsver-
einbarungen anstreben. Bei START ist das Ziel, die An-
zahl nuklearer Sprengköpfe auf 1 500 zu reduzieren.
Diese Zahl kann aber nur ein Zwischenschritt sein. Da-
für sollten wir Deutsche uns in der NATO und gegebe-
nenfalls auch im NATO-Russland-Rat einsetzen. Eine
deutliche Reduzierung, zu der wir uns im Koalitionsver-
trag bekennen, sieht anders aus. Sie muss weiter gehen.
Dafür werden wir uns nachdrücklich einsetzen. Wir wis-
sen aber, dass es noch ganz viel zu tun gibt. Die wenigen
verbliebenen US-Atomwaffen in Europa sind bislang als
Beitrag zu Rückversicherung und Solidarität beibehalten
worden. Deren Zahl muss weiter reduziert werden, und
die Atomwaffen müssen nicht nur in Deutschland ganz
beseitigt werden,
und das im Rahmen von Abrüstungsvereinbarungen. Wir
sollten uns diesbezüglich auch bei der Überarbeitung des
strategischen Konzepts der NATO im nächsten Jahr in-
tensiv einbringen.
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist überzeugt: Wir
werden gemeinsam mit unseren Bündnispartnern unser
Ziel erreichen. Wir müssen auch hier im Hause Konsens
herstellen. Zur Fortsetzung dieses Prozesses schlage ich
folgende fünf Schritte vor, die ein Abrüstungsplan ent-
halten sollte:
Erster Schritt: Analyse der sicherheitspolitischen He-
rausforderungen mit Blick auf Terrorismus, nukleare
Aufrüstung und die Folgen unkontrollierter Verbreitung.
Es gilt der Grundsatz: je weniger Nuklearwaffen, desto
geringer die Gefahr, dass Nuklearmaterial in terroristi-
sche Hände fällt. Wie ist unser Vorgehen gegenüber
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arum geht es in der Sicherheitspolitik: um Beharrlich-
eit, Mut und Verlässlichkeit. Es gilt, das Entstehen
euer Atommächte zu verhindern und entschieden gegen
ie Verbreitung von Massenvernichtungswaffen vorzu-
ehen. Dazu müssen wir hier im Parlament einen Kon-
ens herbeiführen.
Ich betone noch einmal: Visionen allein helfen nichts.
rst brauchen wir eine inhaltliche Diskussion mit allen
akten. Dann können wir entscheiden. So sichern wir
nseren Einfluss. Darum geht es doch für unser Land:
m Einfluss und Glaubwürdigkeit. Dafür stehen wir. Die
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Dezember 2009 1109
)
)
Roderich Kiesewetter
CDU/CSU-Bundestagsfraktion schlägt deshalb vor, den
konstruktiven Antrag der SPD in die Ausschüsse zu
überweisen. Lassen Sie mich kurz vor Weihnachten sa-
gen: Es ist vielleicht leichter, Gewehre in Gitarren und
Schwerter in Pflugscharen zu verwandeln als Atomwaf-
fen in was auch immer. Lassen Sie uns über die geseg-
nete Weihnachtszeit darüber nachdenken und die fünf
Punkte im neuen Jahr aufgreifen.
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Wolfgang Gehrcke hat jetzt das Wort für die Fraktion
Die Linke.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Ich muss ehrlich sagen: Ich habe mich über den Antrag
der SPD gefreut. Das kommt bei mir sehr selten vor, was
die Außenpolitik angeht. Über diesen Antrag habe ich
mich gefreut, weil er einen Grundgedanken transportiert,
nämlich dass Deutschland Zeichen setzen soll, was die
atomare Abrüstung angeht. Das heißt, der Ball liegt in
unserem Spielfeld, so notwendig internationale Verhand-
lungen über die Abrüstung auch sind.
Ich habe mich an die Bewegung „Kampf dem Atom-
tod“ erinnert, die auch in der Sozialdemokratischen Par-
tei einmal tief verankert war. Ich kann mir durchaus vor-
stellen, dass sich Menschen in unserem Lande für die
Vision einer atomwaffenfreien Welt engagieren. Sie zu
verwirklichen, fängt damit an, dass Deutschland und Eu-
ropa, zumindest Mitteleuropa, atomwaffenfrei gemacht
werden.
Es ist allerhöchste Zeit.
Ich habe die Hoffnung, dass jetzt ein politisches Zeit-
fenster geöffnet ist, was die Atomwaffen angeht. Man
muss über sehr viele Fragen reden. Ich sage Ihnen aber
auch: Wenn die Überprüfungskonferenz zum Nichtwei-
terverbreitungsvertrag scheitert, dann wird das ganze
System der Kontrolle der atomaren Abrüstung zusam-
menbrechen. Deswegen können wir uns gar nicht leisten,
diese Konferenz scheitern zu lassen. Ich möchte die An-
regung geben, dass Abgeordnete aller Fraktionen des
Deutschen Bundestags nach New York fahren, um dort
das Eintreten des deutschen Parlaments für atomare Ab-
rüstung deutlich zu machen. Ich würde das für ein gutes
Zeichen der Ermunterung halten.
Schauen wir uns die Sachen im Einzelnen an. Ich
habe mit großem Vergnügen die Rede des Staatsminis-
ters im Auswärtigen Amt, des Kollegen Hoyer, zum
Thema Frieden gelesen, die er vor „Bürgermeistern für
den Frieden“ – Mayors for Peace – gehalten hat und in
der er davon spricht, dass atomare Rüstung heute nicht
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Ich will auch sagen – das müssen meine Kollegen
etzt erst einmal verdauen –: Ich habe mit der NATO
war nichts am Hut, wie Sie wissen – ich bin nie ein
reund der NATO gewesen, im Gegenteil; ich will das
uch nicht umdeuten –; ich wäre aber sehr dafür, dass bei
er nächsten NATO-Konferenz in Lissabon einige Fra-
en, die im Antrag der SPD angesprochen werden, ernst-
aft verhandelt werden. Unabhängig von meiner Geg-
erschaft zur NATO
öchte ich gerne, dass die nukleare Erstschlagsdoktrin
er NATO aufgegeben wird. Ich möchte, dass die
ATO-Staaten erklären, dass sie keine Atomwaffen ge-
en Staaten einsetzen werden, die ihrerseits nicht über
tomwaffen verfügen. Ich möchte auch, dass das deutli-
he Signal gesendet wird, dass die Nichtweiterverbrei-
ung nicht aufrechtzuerhalten sein wird, wenn die Atom-
affenstaaten jetzt nicht atomar abrüsten. Technisch
ind viele Länder dazu in der Lage, nach Massenver-
ichtungs- bzw. Atomwaffen zu greifen. Ich möchte,
1110 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Dezember 2009
)
)
Wolfgang Gehrcke
dass ein deutliches Signal gegen den Einsatz solcher
Waffen gesendet wird.
Überlegen Sie doch einmal, ob es nicht sinnvoll wäre,
Ihre NATO-Freunde in diese Richtung zu beraten. Meine
sind es ja nicht, sodass ich das nicht kann; aber ich kann
zumindest diesen Rat geben.
Schönen Dank.
Elke Hoff hat jetzt das Wort für die FDP-Fraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen!
Liebe Kollegen! Herr Kollege Gehrcke, ich freue mich,
dass Sie wenigstens nicht in diesem Zusammenhang den
Neoliberalismus als Wurzel allen Übels identifiziert ha-
ben. Das ist zum Ende des Jahres wirklich eine sehr ver-
söhnliche Geste. Herzlichen Dank dafür!
Dass wir heute bereits zum zweiten Mal in diesem
Monat über Fragen der nuklearen Abrüstung diskutieren,
ist ein Zeichen für die Bedeutung, die Abrüstung, Rüs-
tungskontrolle und Nichtverbreitung in den letzten Jah-
ren erfahren haben. Ich glaube, wir alle, die wir als Kol-
legen in diesem Bereich tätig sind, können uns keinen
schöneren Tag als heute wünschen, an dem es zum ers-
ten Mal Anzeichen dafür gibt, dass es Russland und
Amerika wohl schaffen werden, ein Nachfolgeabkom-
men zum START-1-Vertrag auf den Weg zu bringen. Das
finde ich sehr gut. Das sollten wir begrüßen. Es gibt vor
allen Dingen auch uns weitere Rückendeckung und wei-
teren Rückenwind für unsere Aktivitäten hier im Hause.
Wir alle können froh sein, dass das Thema der nuklea-
ren Abrüstung dank des Engagements von vorausschau-
enden Staatsmännern wie Hans-Dietrich Genscher,
Helmut Schmidt und Richard von Weizsäcker wieder auf
die Bühne der öffentlichen Aufmerksamkeit gebracht
worden ist. Zudem hat sich mit der Prager Rede von US-
Präsident Obama die historische Chance eröffnet, die
globalen Abrüstungsbemühungen zaghaft wiederzubele-
ben und darüber hinaus beherzt den Weg in eine kern-
waffenfreie Zukunft anzutreten. Die letzte Debatte hier
im Hause hat gezeigt, dass wir als Parlamentarier über
alle Fraktionsgrenzen hinweg der Überzeugung sind,
dass diese Chance genutzt werden sollte.
Deutschland kann und muss hierzu seinen Beitrag
leisten, indem in enger Abstimmung mit unseren Ver-
bündeten in der NATO dafür gesorgt wird, dass die letz-
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Die Verbreitung von Kernwaffen und die Stabilität
es internationalen Staatensystems stehen in einem en-
en Zusammenhang. In den kommenden Monaten wer-
en von der Weltgemeinschaft wichtige Weichenstellun-
en für die internationalen Bemühungen um nukleare
brüstung und Nichtverbreitung vorgenommen. Der
ipfel zur nuklearen Sicherheit ist hier zu nennen, der
uf Initiative des amerikanischen Präsidenten im März
010 zu Beratungen zusammenkommen wird.
Ebenso besteht die Hoffnung, dass im Frühjahr die
erhandlungen in der Genfer Abrüstungskonferenz über
inen Vertrag über ein Verbot zur Produktion von waf-
enfähigem Spaltmaterial endlich beginnen können. In
eiden Fällen wird es darum gehen, die Proliferation von
uklearmaterial und sensiblem Know-how in die fal-
chen Hände, seien sie staatlich oder nichtstaatlich, zu
erhindern.
Im Rampenlicht steht aber die Überprüfungskonfe-
enz zum Nuklearen Nichtverbreitungsvertrag im Mai
ächsten Jahres. Ihr erfolgreicher Verlauf wäre ein erster
eilenstein auf dem Weg in eine kernwaffenfreie Zu-
unft. Hierfür muss es den Staaten, die den Nichtverbrei-
ungsvertrag unterzeichnet haben, gelingen, das Gleich-
ewicht zwischen den drei Säulen des Kooperations-
egimes – Abrüstung, Nichtverbreitung und das Recht
uf zivile Nutzung der Kernenergie – wieder herzustel-
en. Es muss verlorenes Vertrauen in den Nutzen und in
ie Effektivität des Vertrages wiederhergestellt werden,
essen Verlust in der gescheiterten Überprüfungskonfe-
enz 2005 seinen vorläufigen Höhepunkt fand. Wir kön-
en uns keinen weiteren Verfall des Vertrages leisten,
enn die Weiterverbreitung von Kernwaffen glaubwür-
ig verhindert und die Abrüstung weiter vorangebracht
erden soll.
Es ist einerseits notwendig, die fünf Kernwaffenstaa-
en des Vertrages an ihre Abrüstungsverpflichtungen aus
rt. VI des Vertrages über die Nichtverbreitung von
ernwaffen zu erinnern. Andererseits müssen die Ver-
ragsstaaten die Verifikations- und Transparenzinstru-
ente des Vertrages weiter stärken. Regelbrecher und
roliferateure dürfen nicht das Gefühl haben, unentdeckt
egen die Normen und Prinzipien des Nichtverbrei-
ungsvertrages verstoßen zu können.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Dezember 2009 1111
)
)
Elke Hoff
Deshalb ist es so wichtig, die Universalisierung des
Zusatzprotokolls zu erreichen, wodurch der Internatio-
nalen Atomenergiebehörde umfangreichere Inspektions-
rechte eingeräumt werden. Zudem muss das Projekt
einer Multilateralisierung des Brennstoffkreislaufs vo-
rangetrieben werden, um für die Zukunft verdeckte Pro-
liferation im Rahmen ziviler Nuklearprogramme zu ver-
hindern.
Die neue amerikanische Nuklearstrategie, welche An-
fang 2010 vorgelegt werden wird, muss zudem zeigen,
ob sie den politischen Leitlinien der US-Regierung in
Fragen der Abrüstung und Nichtverbreitung gerecht
werden kann. Viele Nichtkernwaffenstaaten werden ge-
rade im Vorfeld der Überprüfungskonferenz auf den
Nuclear Posture Review schauen und diesen als Grad-
messer dafür ansehen, wie ernst es auch den Vereinigten
Staaten mit ihren kurz- und mittelfristigen Abrüstungs-
bemühungen ist.
Gleiches gilt für die Entscheidung des US-Senats
über die amerikanische Ratifikation des Atomteststopp-
vertrages. Die Ratifikation des CTBT muss aber – nicht
nur wegen der Vorbildfunktion für Staaten wie Indien –
gelingen, soll der Vertrag nicht für weitere Jahre auf Eis
gelegt werden. Nicht zuletzt hängen zukünftige Erfolge
bei der nuklearen Abrüstung und Nichtverbreitung eng
mit einer diplomatischen Lösung für die Konflikte um
das iranische Nuklearprogramm und das nordkoreani-
sche Kernwaffenprogramm zusammen. Ich habe immer
noch die Hoffnung, dass gerade mit dem Iran auf der Ba-
sis des jüngsten Vorschlags der IAEO zur Anreicherung
von Uran für den Teheran-Forschungsreaktor im Aus-
land doch noch eine Verständigung – vielleicht in letzter
Minute – zustande kommt. Denn ohne eine tragfähige
Lösung dieser Proliferationsrisiken wird ein substanziel-
ler Fortschritt bei der weltweiten Abrüstung kurz- bis
mittelfristig kaum möglich sein.
Abschließend bleibt festzuhalten: Die Herausforde-
rungen sind vielfältig; die einzelnen Bereiche sind
schwierig. Bundesaußenminister Westerwelle hat immer
betont: Abrüstung ist möglich, und zwar jetzt. Das
Schlüsselwort hierzu heißt „Zusammenarbeit“.
Auch in diesem Sinne wünsche ich Ihnen, liebe Kol-
leginnen und Kollegen, ein frohes Weihnachtsfest sowie
ein gesundes und glückliches neues Jahr. Ich freue mich
auf den gemeinsamen Antrag im Jahr 2010.
Vielen Dank.
Agnes Malczak hat jetzt das Wort für die Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen.
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eshalb unterstützen wir jede Initiative, die sich diesem
iel verpflichtet, und sind gerne zu einem interfraktio-
ellen Antrag bereit.
Deutschland kann einen unverzichtbaren Beitrag zur
erwirklichung einer atomwaffenfreien Welt leisten.
ieser besteht in der Beendigung der nuklearen Teilhabe
nd dem Abzug der verbliebenen US-Atomwaffen aus
üchel in Rheinland-Pfalz.
as von einigen gerne als Utopie abgetan wurde, ist zu
iner greifbar nahen Vision geworden. Nutzen wir die
unst der Stunde, deutliche Zeichen für eine atomwaf-
enfreie Welt zu setzen!
Die beiden größten Atommächte sind schon dabei:
ussland und die USA stehen in Verhandlungen zu ei-
em neuen START-Vertrag und ziehen weitere Verträge
n Erwägung. Bis zur Überprüfungskonferenz zum
ichtverbreitungsvertrag im Mai nächsten Jahres in
ew York öffnet sich ein einmaliges Zeitfenster,
m der Welt zu demonstrieren, wie nukleare Abrüstung
unktioniert.
Ich weise nochmals darauf hin, dass die USA eine
odernisierung der Atomwaffen beschlossen haben.
as kann gerade die in Deutschland gelagerten Waffen
etreffen. Es geht nicht nur darum, dass die weltpoliti-
che Chance auf Abrüstung so groß wie nie zuvor ist,
ondern auch darum, dass aufgrund der Modernisierung
akten geschaffen werden können, die den Abzug der
S-Atomwaffen erst einmal unmöglich machen. So oder
o: Jetzt ist das Zeitfenster gegeben, zu handeln. Lassen
ie diese Gelegenheit nicht verstreichen! Wir fordern
aher Außenminister Westerwelle dazu auf – er hat sich
mmer zur Abrüstung bekannt –, seinen Worten Taten
olgen zu lassen und einen konkreten Plan zum Abzug
on Atomwaffen aus Deutschland vorzulegen.
1112 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Dezember 2009
)
)
Agnes Malczak
Wenn wir Sie auffordern, den Abzug der in Büchel
verbliebenen US-Atomwaffen einzuleiten, können Sie
uns nicht, wie in der letzten Debatte, vorwerfen, wir pro-
pagierten einen deutschen Alleingang. Für Grüne war
und ist Multilateralismus ein zentraler Wert.
Nukleare Abrüstung bedeutet keine Abkehr vom Prinzip
der kollektiven Sicherheit. Sie richtet sich nicht gegen
unsere Bündnispartner, sondern gegen den Wahnsinn ei-
nes Waffensystems, das eine Bedrohung für die eigene
Sicherheit und die gesamte Menschheit darstellt.
Zwischen Abwarten, bis es zu spät ist, und deutschem
Alleingang gibt es eine Alternative – sie ist der richtige
Weg -: zu agieren für eine atomwaffenfreie Welt, einen
aktiven Beitrag zu leisten und damit auch eine führende
Rolle im Abrüstungsprozess wahrzunehmen.
Wenn es uns nicht gelingt, die Überprüfungskonfe-
renz im Frühjahr zum Erfolg zu führen, ist nicht nur das
Ziel Global Zero, sondern sind auch die bestehenden Er-
rungenschaften des Nichtverbreitungsvertrages bedroht.
Es gibt keine Alternative zur nuklearen Abrüstung; denn
die neuen aufstrebenden Staaten werden sonst die bishe-
rigen Privilegien der offiziellen Atommächte nicht län-
ger akzeptieren. Entweder wir gehen alle gemeinsam ei-
nen Schritt vorwärts, oder wir laufen Gefahr, in einen
Zustand permanenter Unsicherheit, wie es ihn in den
60er-Jahren gab, zurückgeworfen zu werden.
Wer stehen bleibt oder auf der Stelle tritt, der wird se-
hen, wie schnell der Weg steiniger wird und bald kom-
plett verstellt ist. Wer sich nur hinstellt und sagt, wie
schön es doch wäre, wenn endlich etwas passieren
würde, der wird am Ende kein Stück weiter sein. Daher
appelliere ich dringend an die Bundesregierung: Über-
zeugen Sie nicht mit Worten, sondern mit Taten!
Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Der Kollege Karl Lamers hat jetzt das Wort für die
CDU/CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Eine atomwaffenfreie Welt ist unsere Vision, unser ge-
meinsames Ziel. Daran müssen wir hier im Hause alle
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Die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen
erden sich bei den Verbündeten in der NATO nach-
rücklich dafür einsetzen, dass die letzten in Deutsch-
and verbliebenen Atomwaffen in absehbarer Zeit abge-
ogen werden.
ies ist eine klare Zusage von unserer Seite an das ganze
aus.
Die SPD-Fraktion schreibt in ihrem Antrag, dass eine
elt frei von Atomwaffen erreichbar ist. Dieser Ansicht
timme ich gerne zu, allerdings unter der Voraussetzung,
ass niemand auf der Welt Atomwaffen besitzt. Mich
acht es ein wenig nachdenklich, dass im SPD-Antrag
ie Gefährdungen, die potenziell von Staaten wie dem
ran und Nordkorea ausgehen, nicht in dem Maße ange-
prochen werden, wie dies meines Erachtens notwendig
äre, ganz zu schweigen von der Gefahr, dass Terroris-
en in den Besitz von Atomwaffen oder nuklearem Mate-
ial kommen. Es reicht nicht aus, auf die Bemühungen
es früheren Außenministers Frank-Walter Steinmeier
inzuweisen. Wir brauchen in diesem Bereich tatsächli-
he Erfolge.
Solche kann ich gerade in diesen Tagen angesichts
mmer neuer Machtdemonstrationen des Iran in keiner
eise erkennen. Noch einmal: Visionen sind gut; aber
ealitäten in dieser Welt zur Kenntnis zu nehmen, ist
indestens ebenso wichtig, vielleicht sogar lebenswich-
ig. Daher Ja zu Visionen, aber Nein zu Illusionen.
Der Iran lässt keinen Zweifel daran aufkommen, dass
r den nuklearen Brennstoffkreislauf schließen will und
ird. Gleichzeitig verbittet sich dieser Staat jede auslän-
ische Einflussnahme, und es ist kaum zu erwarten, dass
ich der Iran an internationale Verpflichtungen hält, die
uch für ihn gelten.
eswegen: Wer eine atomwaffenfreie Welt anstrebt
das tun wir doch alle hier in diesem Hause –, muss
orher solche elementaren Probleme lösen.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Dezember 2009 1113
)
)
Dr. Karl A. Lamers
Die NATO war in den vergangenen Jahren und Jahr-
zehnten stets Garant unserer Sicherheit, lieber Herr
Gehrcke. Ich möchte an dieser Stelle – ich hoffe, im Na-
men des ganzen Hauses –
unseren Verbündeten und Freunden ausdrücklich dafür
danken, dass sie stets an unserer Seite standen.
Die Strategie des Bündnisses war und ist es, jedem po-
tenziellen Aggressor militärische Gegenmaßnahmen an-
zudrohen, wenn er die Souveränität der NATO-Staaten
missachtet und die territoriale Integrität des Bündnisge-
bietes ignoriert.
Die Glaubwürdigkeit dieser Strategie, von der auch Sie,
Herr Gehrcke, letztlich profitieren, gründet sich auf ei-
nen Mix aus konventioneller Stärke und nuklearer Ab-
schreckungsfähigkeit.
Das seit 1999 gültige NATO-Strategiekonzept wird
zurzeit einer Überarbeitung unterzogen. Im Konsens mit
den Bündnispartnern werden wir im nächsten Jahr eine
zeitgemäße Antwort auf die sicherheitspolitischen He-
rausforderungen finden, die sich in der Zwischenzeit er-
geben haben. Ich bin überzeugt, Frau Zapf, dass auch
unser Bündnis auf die nukleare Abschreckung verzich-
ten wird, wenn es uns gelungen ist, die offiziellen und
inoffiziellen, möglichen oder tatsächlichen Nuklearwaf-
fenstaaten zum Verzicht auf nukleare Bewaffnung zu be-
wegen.
Meine Damen und Herren, Sie sehen, es geht nicht nur
um Visionen, sondern auch um tatsächliche Schritte hin
zur Abschaffung aller Atomwaffen. Die fünf Schritte da-
hin hat unser Kollege Kiesewetter sehr beeindruckend
vorgestellt.
Zum SPD-Antrag sage ich klar und deutlich: Es geht
nicht nur um einen Verzicht der NATO, sondern auch
und gerade um einen Verzicht von Staaten wie dem Iran
und Nordkorea, die versuchen, durch den Besitz von
Atomwaffen unangreifbar zu werden und das strategi-
sche Gleichgewicht in bestimmten Regionen der Welt zu
verändern, indem Sie damit drohen und andere erpres-
sen. Das Entscheidende für mich ist aber: Die Gefähr-
dung, die von Nuklearwaffen ausgeht, liegt nicht nur im
Haben, im Besitz dieser Waffen, sondern vor allem im
Verantwortungsbewusstsein dessen, der über sie verfü-
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Wir wollen ein strategisches Gleichgewicht, und dies
etztendlich ohne Nuklearwaffen; doch bis dahin ist es
och ein weiter Weg. Wir begrüßen alle Versuche und
emühungen weltweit, in Bezug auf nukleare Abrüstung
nd Rüstungskontrolle zu wirklich akzeptablen Ergeb-
issen zu kommen. Zwischenschritte auf dem Weg zu ei-
er großen Lösung des Nuklearwaffenproblems dürfen
icht einseitig gemacht werden, sondern müssen von al-
en betroffenen Staaten vollzogen werden, um am Ende
leiche Sicherheit auch ohne Atomwaffen zu erreichen.
eshalb ist es richtig und wichtig, die konventionelle
brüstung einzubeziehen.
Wir alle fühlen uns dem Ziel verpflichtet, den Frieden
n Freiheit zu sichern. Lassen Sie mich deshalb mit ei-
em Zitat von Alexander von Humboldt schließen:
Ohne Sicherheit vermag der Mensch weder seine
Kräfte auszubilden noch die Früchte derselben zu
genießen; denn ohne Sicherheit ist keine Freiheit.
Ich danke Ihnen.
Damit schließe ich die Aussprache.
Zwischen den Fraktionen ist verabredet, die Vorlage
uf Drucksache 17/242 an die Ausschüsse zu überwei-
en, die in der Tagesordnung vorgesehen sind. – Damit
ind Sie offensichtlich einverstanden. Dann ist das so be-
chlossen.
Ich rufe jetzt die Tagesordnungspunkte 21 a und 21 b
uf:
a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Cornelia
Möhring, Klaus Ernst, Agnes Alpers, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE
Bundeseinheitliche Finanzierung von Frauen-
häusern sicherstellen
– Drucksache 17/243 –
Überweisungsvorschlag
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Innenausschuss
b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Monika
Lazar, Ekin Deligöz, Josef Philip Winkler, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN
Grundrechte schützen – Frauenhäuser sichern
– Drucksache 17/259 –
1114 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Dezember 2009
)
)
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Innenausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Gesundheit
Zwischen den Fraktionen ist verabredet, hierzu eine
halbe Stunde zu debattieren. – Dazu höre ich keinen Wi-
derspruch. Dann ist das so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache und gebe das Wort der
Kollegin Kirsten Tackmann für die Fraktion Die Linke.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Liebe Gäste! Heute vor 30 Jahren trat die UN-Frauen-
rechtskonvention in Kraft. Ihr Ziel ist, jegliche Diskrimi-
nierung von Frauen zu beseitigen. Die Bundesrepublik
bekennt sich seit langem zu dieser Konvention und ver-
pflichtet sich zu ihrer Einhaltung; doch ihre Umsetzung
läuft sehr schleppend.
Erst im Februar kritisierte der zuständige Ausschuss
zum Beispiel das Fehlen einer gesicherten Finanzierung
der Frauenhäuser in Deutschland und forderte Abhilfe.
Eine Anhörung im Deutschen Bundestag, die vor zwei
Jahren auf Initiative der Linken stattgefunden hat, führte
zu dem Ergebnis, dass dringender Handlungsbedarf be-
steht. Es war die erste Anhörung zu diesem Thema nach
30 Jahren Frauenhausbewegung. Schwarz-Rot hat trotz-
dem nur eine Prüfung beschlossen. Ich denke, Schwarz-
Gelb ist jetzt dringend zur Tat verpflichtet.
Aus unserer Sicht ist klar, dass der Bund zuständig
ist; denn es gilt der Verfassungsauftrag, gleichwertige
Lebensverhältnisse zu sichern, und zwar erst recht für
von Gewalt betroffene Frauen. Dieser Verfassungsauf-
trag ist aber nicht erfüllt, wenn es vom Wohnort oder
von der sozialen Situation der Frau abhängt, ob sie Zu-
flucht vor Gewalt findet oder nicht. Daran wird sich
nichts ändern, wenn die Finanzierung weiterhin allein
den Ländern und Kommunen überlassen wird. Eine Fi-
nanzierung nach Kassenlage anstatt nach Bedarf ist ge-
rade bei Gewaltopfern absolut inakzeptabel.
Ich nenne ein paar daraus resultierende Probleme:
Erstens. Bei der Versorgung zeigt sich, dass es zu wenig
Schutzplätze und zu große regionale Unterschiede gibt. In
Bremen kommt ein Frauenhausplatz auf 6 200 Einwohne-
rinnen und Einwohner, in Bayern sogar auf 17 100.
Gemessen an den Normen der Europäischen Kom-
mission fehlen im Bundesdurchschnitt 4 800 Plätze. Es
ist inakzeptabel, wenn es vom Wohnort abhängt, ob eine
Zuflucht verfügbar ist oder nicht.
Zweitens. Soziale Zugangsbarrieren. Mit der Einfüh-
rung von Hartz IV wurde die Situation der Gewaltopfer
noch verschlechtert. Der Wechsel von der Pauschal- zur
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Stellen wir uns kurz vor, wir wären Mitarbeiterinnen
n einem Frauenhaus und müssten misshandelte Frauen
bweisen, weil sie jenseits der Stadtgrenze wohnen oder
eil sie Studentin oder Migrantin ist. Würden Sie diese
rau ohne Hilfe wegschicken oder sie trotz des knappen
tats des Frauenhauses aufnehmen? Nur, wie oft könn-
en Sie sich eine solch humanitäre Geste leisten? Genau
or dieser Frage stehen Frauenhausmitarbeiterinnen na-
ezu täglich. Dabei sind sie unterbezahlt und müssen ne-
enbei zum Beispiel für Beratungsarbeit auch noch Ei-
enmittel einwerben. In NRW sind das stattliche
0 Prozent des Etats. Beim rot-rot regierten Berlin sind
s übrigens nur 3 Prozent.
Aus all diesen Gründen brauchen wir dringend eine
undeseinheitliche bedarfsgerechte Pauschalfinanzie-
ung für Frauenhäuser,
ür Unterkunft, Betreuung, Prävention und Aufklärungs-
rbeit, für administrative Arbeiten und die Vernetzung
on Schutzeinrichtungen. Das zu sichern, beantragt Die
inke heute erneut, und wir werden weiter Druck ma-
hen, bis jedes Zimmer in jedem Frauenhaus für seine
ewohnerin die Tür zu einer gewaltfreien Zukunft öff-
et.
Vielen Dank.
Die Kollegin Dorothee Bär hat das Wort für die CDU/
SU-Fraktion.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Dezember 2009 1115
)
)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
In einer Woche ist Weihnachten, und Weihnachten ist für
viele Menschen das Fest der Familie, der Besinnung und
des Friedens. Aber gerade an diesen Feiertagen kommt
es vermehrt zu häuslicher Gewalt und das in allen Ein-
kommensbereichen, in allen Bildungsschichten und auch
in allen Kulturkreisen.
Jede vierte Frau in Deutschland erlebt mindestens
einmal in ihrem Leben Gewalt durch ihren Partner. Be-
leidigungen, Schläge, Demütigungen, Vergewaltigun-
gen und lebensgefährliche Verletzungen führen zum Teil
zu lebenslangen seelischen Folgen. Zumeist braucht es
sehr viele Anläufe, bis die Betroffenen bereit und in der
Lage sind, sich aus dieser Gewaltsituation zu lösen. Des-
wegen brauchen diese Frauen Beratung und Zuwendung
und vor allen Dingen einen sicheren Ort.
Für viele Frauen und ihre Kinder ist der letzte Aus-
weg die Flucht aus der eigenen Wohnung in ein Frauen-
haus. Aber wie gesagt: Diesen Schritt überhaupt zu ge-
hen, ist natürlich mit sehr vielen seelischen Belastungen
verbunden. In unseren Frauenhäusern erhalten sie die
notwendige Unterstützung, sie erhalten eine Unterkunft,
Essen, finanzielle Soforthilfe und – was in den meisten
Fällen besonders wichtig ist – die Möglichkeit, sich zu
verstecken.
Als zentrale Anlaufstelle und Einrichtung für Opfer
von häuslicher Gewalt sind unsere Frauenhäuser seit
30 Jahren unverzichtbar geworden. Schon in unserem
Antrag „Die Situation von Frauenhäusern verbessern“
haben wir auf ihre hohe Bedeutung hingewiesen. Frau-
enhäuser und Frauenzufluchtswohnungen sind unerläss-
liche Einrichtungen der Notfallhilfe. Sie sind auch wich-
tige Anlauf- und Beratungsstellen für die Betroffenen,
leisten einen wertvollen Beitrag zur Gewaltprävention
und bieten Beratung und Vermittlung in persönlichen
Krisensituationen und Notlagen an.
Derzeit haben wir in Deutschland ungefähr 7 000 Bet-
tenplätze in circa 330 Frauenhäusern und in circa
60 Frauenzufluchtswohnungen. In diesen Frauenhäusern
bitten jährlich 45 000 misshandelte Frauen mit ihren
Kindern um Zuflucht.
Wir haben bei den Frauenhäusern insbesondere fol-
gende Probleme: Nicht überall – das ist angesprochen
worden – ist die regionale Versorgung gewährleistet. Ge-
rade über die kommenden Feiertage während der Weih-
nachtszeit kommt es teilweise zu extremen Engpässen.
Betroffene Frauen mit drei Kindern, psychisch kranke
Frauen und drogenabhängige Frauen finden nicht immer
schnell einen Platz.
Ein anderes Problem ist, dass die Betroffenen oft Stu-
dentinnen oder Migrantinnen mit ungeklärtem Aufent-
haltsstatus sind, die keine sozialversicherungsrechtli-
chen Ansprüche haben. Dies führt insbesondere bei
Frauenhäusern, die sich über Tagessätze finanzieren, zu
großen Finanzierungsschwierigkeiten. Frauenhäuser, die
diese Personengruppen aufnehmen, müssen deshalb ei-
nen erheblichen bürokratischen Aufwand leisten und
bleiben nicht selten auf den Kosten sitzen. Ein weiteres
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All denen, die auf die angeblich hohen Kosten eines
olchen Engagements hinweisen, halte ich die Verpflich-
1116 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Dezember 2009
)
)
Dorothee Bär
tung entgegen, gerade Kinder und Frauen vor Gewalt zu
schützen und vorbeugend tätig zu werden. Meiner Mei-
nung nach sind die Ausgaben im Vorfeld allemal gerin-
ger als die immensen gesellschaftlichen Kosten, die mit
dem durch Gewalt verursachten menschlichen Leid ent-
stehen. Erfahrungen von Gewalt werden oft über meh-
rere Generationen hinweg an die Kinder weitergegeben
und sind eine schwere Hypothek für das ganze Leben.
Eine weitere wichtige Gruppe sind Frauen und Kinder
mit Behinderungen. Seitens der Union werden wir uns in
dieser Legislaturperiode sehr stark für diese Personen-
gruppe einsetzen und häusliche Gewalt gegen Frauen
und Kinder weiter bekämpfen. In diesem Zusammen-
hang ist es wichtig, dass der Bereich der Prävention wei-
ter gestärkt wird. Es ist wichtig, Geld in die Hand zu
nehmen, um ein funktionsfähiges, unbürokratisches Sys-
tem hinzubekommen.
Sie haben uns als Unterstützer an Ihrer Seite. Wir
wollen, dass Gewalt gegen Frauen im Vorfeld verhindert
wird und keine einzige Frau abgewiesen wird, wenn die
Gewaltsituation doch eingetreten ist und die Frauen in
den Frauenhäusern Zuflucht suchen, und wir wollen,
dass die Frauenhäuser nicht am Ende auf den Kosten sit-
zen bleiben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich wünsche Ihnen
allen nicht nur besinnliche Weihnachten und Gottes Se-
gen, sondern vor allem auch gewaltfreie Weihachten. An
dieser Stelle möchte ich im Namen des ganzen Hauses
all denen, die diesen Frauen Hilfe bieten und sie in den
rund 330 Frauenhäusern in Deutschland unterstützen,
meinen ganz herzlichen Dank aussprechen.
Vielen Dank.
Als Nächste spricht die Kollegin Marlene Rupprecht
für die SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Das Private ist politisch – das war
die Quintessenz des Internationalen Jahres der Frau
1975. Ich sage das bewusst. Das ist 34 Jahre her.
Gewalt im sozialen Nahraum – nicht im öffentlichen,
aber im sozialen Nahraum – war Privatsache. In der poli-
zeilichen Kriminalstatistik hieß das bis in die 90er-Jahre
hinein: Familienstreitigkeiten. Man ging hin und hat ver-
sucht, zu schlichten. Wenn einer total betrunken war, hat
man ihn vielleicht zur Ausnüchterung mitgenommen.
Aber ansonsten war es Sache der Frau, wie sie damit
umging. Das galt als individuelles Schicksal und nicht
als strukturelles Problem der Gesellschaft.
1975 hat die Frauenbewegung angefangen, das
Thema öffentlich zu machen. Man wurde sehr deutlich,
was dazu führte, dass bereits 1976 das erste Frauenhaus
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ch mache seit über 20 Jahren Frauenhausarbeit und leite
eit 20 Jahren ein Frauenhaus. Ich glaube, heute bestrei-
et niemand mehr – das ist in unserer Gesellschaft ange-
ommen –: Wenn Frauen von Gewalt betroffen sind, ist
as kein privates, sondern ein gesellschaftliches Pro-
lem, das wir anzugehen haben.
In der Folge wurden viele Themen groß aufgezogen.
exualisierte Gewalt gegen Mädchen war über Jahr-
ehnte hinweg das Thema. Viele dieser einzelnen Aktio-
en wurden 1999 unter der ersten rot-grünen Regierung
m ersten Aktionsplan zur Bekämpfung der Gewalt ge-
en Frauen, der von Bundesministerin Bergmann vorge-
egt wurde, zusammengefasst. Viele rechtliche und prä-
entive Maßnahmen wurden veranlasst, zum Beispiel
ie Schulung der Polizeibediensteten und die Einrich-
ung einer Bund-Länder-AG, und Untersuchungen in
uftrag gegeben.
Europa hat sich dieser Thematik ebenfalls angenom-
en. Im November 2006 war der Auftakt zur Kampagne
es Europarates zur Bekämpfung der häuslichen Gewalt
egen Frauen. Wir haben uns dieser Kampagne ange-
chlossen. Ich kann mich noch daran erinnern: Das war
ochproblematisch, ehe sich der Bundestag durchgerun-
en hat, mitzumachen. Mindeststandards wurden damals
efordert. Unter anderem ging es darum, wie viele Frau-
nhausplätze pro 10 000 Frauen zwischen 18 und über
0 Jahren zur Verfügung gestellt werden müssen. Wir
aben diese Mindeststandards leider nicht erreicht. Ich
laube, wir sollten noch einmal genau hinschauen und
icht länger darüber diskutieren, ob wir das brauchen
der nicht.
Ich glaube, dass das auch unter der Großen Koalition
o gesehen und die Politik fortgeführt wurde. Auch in
em zweiten Aktionsplan, der 2007 aufgelegt wurde,
tanden diese Maßnahmen im Mittelpunkt.
Aber 33 Jahre nach Einrichtung des ersten Hauses
tehen wir noch dort, wo wir damals standen: bei der
nitiierung eines Projektes, bei dem wir überlegen müs-
en, woher man Geld bekommt, wie das Haus finanziert
erden kann. Es ist so, als hätte man gerade die spon-
ane Idee, ein Haus einzurichten. Ich weiß, wovon ich
preche. Jede muss kreativ sein, jede muss schauen, wo-
er sie das Geld für das nächste Jahr bekommt, wie sie
ie Mitarbeiterinnen bezahlt und vor allem, wie sie die
usfälle auffängt, wenn die Kosten für den Aufenthalt
on Frauen nicht übernommen werden, weil sie durch
lle Raster fallen.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Dezember 2009 1117
)
)
Marlene Rupprecht
Ich finde, dass wir uns jetzt eigentlich mit viel wichti-
geren Themen beschäftigen müssten, zum Beispiel mit
dem Zustrom von Migrantinnen – übrigens aus EU-Staa-
ten –, denen angebliche reiche Manager gesagt haben,
dass sie sie als Ehefrauen wollen. Sie werden hergeholt
und dann in die Prostitution geschickt und misshandelt.
Das sind Dinge, die uns in den Häusern derzeit massiv
beschäftigen. Es sind EU-Bürgerinnen, die Freizügigkeit
genießen, aber keinerlei sozialrechtliche Absicherung
haben. Dies müssten wir thematisieren. Aber was thema-
tisieren wir nach 33 Jahren? Wir thematisieren, wie wir
es schaffen, ein Haus zu finanzieren, und zwar bundes-
einheitlich. Jetzt dürfte ich hier gar nicht stehen; denn
ich habe mein Frauenhaus ganz gut finanziert. Wir ste-
hen einigermaßen gut da.
– Nein, das bin ich. Man kann in Bayern alles finden, un-
ser Haus und Häuser, die Tagessatzfinanzierung haben,
die schlecht finanziert sind. Sie finden alles, und zwar
bundesweit.
Die Mitarbeiterinnen sind kreativ und versuchen, die
Defizite auszugleichen. Übrigens würde das kein Mann
machen. Das betrifft fast nur Frauenprojekte; das nur ne-
benbei als Gender-Aspekt gesagt. Man hofft, dass die
Frauen das, was sie im Leben immer machen, nämlich
Lücken mit ihrer Kreativität auszugleichen, auch da
schaffen.
Wir haben über 300 Häuser, und sie brauchen drin-
gend eine sichere Finanzierung. Jetzt sage ich Ihnen aus
meiner Erfahrung: Wir brauchen keine Tagessatzfinan-
zierung, sondern eine institutionelle Finanzierung.
Wenn Sie die volkswirtschaftlichen Schäden gegenrech-
nen, die durch Gewalt verursacht werden, wenn Sie se-
hen, welche Kosten durch Krankenhausaufenthalte und
Arztbesuche infolge von Gewaltanwendung entstehen,
und welche Ausfälle bei der Erwerbstätigkeit durch Ge-
walt verursacht werden, dann könnten die Häuser locker
finanziert werden. Verglichen damit, können die Kosten
quasi aus der Portokasse bezahlt werden. Wir brauchen
eine institutionelle Förderung für alle Häuser; denn die
Nachsorge, die persönliche Beratung, die telefonische
Beratung und die Öffentlichkeitsarbeit müssen sicher fi-
nanziert sein.
Ich gehe gern auf internationale Tagungen, weil ich
dort mit Stolz verkünden kann, was wir alles gemacht
haben. Das ist wirklich toll. Da sind wir meist weltweit
führend. Das können wir hier auch einmal sagen. Wir
haben in den letzten 30 Jahren viel gearbeitet, aber dass
wir bei den Frauenhäusern, der wichtigsten Institution,
dastehen wie in den ersten Tagen, ist blamabel für dieses
Land, das sonst immer sagt: Wir sind ganz vorne, wir
sind die Musterschüler.
Ich halte es für eine Grundeinrichtung der Daseins-
vorsorge in der Kommune, Schutzeinrichtungen vorzu-
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Jetzt hat die Kollegin Sibylle Laurischk für die FDP-
raktion das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Alles,
as wir bis jetzt zum Thema Frauenhäuser gehört haben,
acht brennglasartig auf ein gesellschaftliches Problem
ufmerksam, das nach wie vor nicht gelöst ist: die struk-
urelle Gewalt gegen Frauen innerhalb von Familien.
enn wir davon wissen, nehmen wir sie zur Kenntnis.
ch denke aber, in viel zu vielen Fällen will man davon
ar nichts wissen. Insofern sind Frauenhäuser ein unan-
enehmes Thema.
In der Vergangenheit, in den letzten 30 Jahren, auf die
chon mehrfach zurückgeblickt worden ist, haben sie al-
erdings viele gesellschaftliche Diskussionen auf den
eg gebracht. Mittlerweile gibt es beispielsweise das
ewaltschutzgesetz.
rauen müssen sich nicht mehr in ein Frauenhaus bege-
en. Der, der schlägt, muss das Haus, muss die Wohnung
er Familie verlassen. Dennoch ist diese Regelung für
iele Frauen nach wie vor keine Lösung. Deswegen
1118 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Dezember 2009
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Sibylle Laurischk
warne ich davor, Frauenhäuser zu schließen, auch wenn
die Versuchung gerade in Zeiten knappen Geldes nahe-
liegt.
Wir müssen realisieren: Nach wie vor ist mindestens
jede vierte Frau in Deutschland – nach meinem Dafür-
halten sind es eher mehr – in ihrem Leben einmal von
Gewalt in der Partnerschaft betroffen. Die Kinder be-
kommen dies häufig mit. Sie sind von solchen Erfahrun-
gen möglicherweise noch traumatisierter, als wir wissen
und als es eventuell sogar die unmittelbar betroffene
Frau erlebt.
Wer sich mit dem Thema Frauenhäuser beschäftigt
– ich tue das seit vielen Jahren, und ich habe viele Frau-
enhäuser besucht –, weiß, dass es eine strukturelle Un-
terfinanzierung gibt und dass die Finanzierung ganz we-
sentlich von den Ländern respektive den Kommunen zu
erbringen ist. Das Geld reicht nicht aus. Gleichzeitig
führen wir immer wieder Debatten, wie wir gesellschaft-
liche Gewalt bekämpfen können.
Hier ist meiner Ansicht nach der Ansatzpunkt. Wenn
wir flankierende strafrechtliche Maßnahmen treffen
wollen, dann darf es nicht nur um die Strafbarkeit von
Straftaten gehen – das ist ganz klar; das ist unsere Ver-
pflichtung und unsere Aufgabe –, sondern dann muss es
auch um flankierende Maßnahmen und Hilfestellungen
gehen, die den betroffenen Frauen den Ausstieg aus ei-
ner Gewaltbeziehung ermöglichen, die oftmals von einer
fast suchtartigen Abhängigkeit gekennzeichnet ist.
Ich habe das Thema Frauenhausfinanzierung bereits
im Jahre 2004 mit einer schriftlichen Frage an die dama-
lige Bundesregierung auf die parlamentarische Agenda
gehoben. Dann hat sich der Bundestag lange Zeit nicht
mit diesem Thema beschäftigt. Einen Bericht zur Frau-
enhaussituation in Deutschland gab es zuletzt im Jahre
1988. Deswegen hat die FDP-Fraktion dieses Thema im
vergangenen Jahr aufgegriffen. Wir haben dringend ei-
nen Bericht über die Situation der Frauenhäuser in
Deutschland gefordert.
Es freut mich, dass wir uns nach der sehr engagierten
Debatte im Familienausschuss im November 2008, in
der wir uns mit Finanzierungsfragen befasst haben, auch
im Rahmen der Koalitionsverhandlungen nachdrücklich
mit diesem Thema befasst und es auch in den Koalitions-
vertrag aufgenommen haben. Wir haben uns vorgenom-
men, das Hilfesystem, soweit es in der Zuständigkeit des
Bundes liegt, weiter zu stützen. Beispielsweise haben
wir uns die Aufgabe gestellt, eine bundesweite zentrale
Notrufnummer für betroffene Frauen einzurichten. Ich
denke, dies wird ein weiteres niedrigschwelliges Ange-
bot sein, das den betroffenen Frauen den Zugang zu
Hilfe ermöglicht. Wir werden natürlich auch die Ergeb-
nisse der Berichterstattung der Bundesregierung auswer-
ten. Ich bin gespannt darauf, und ich lege großen Wert
darauf, dass dieser Bericht vonseiten der Bundesregie-
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Jetzt spricht Monika Lazar für Bündnis 90/Die Grü-
en.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
edes Jahr fliehen etwa 40 000 Frauen und Kinder vor
äuslicher Gewalt in ein Frauenhaus. Jede vierte in
eutschland lebende Frau hat bereits körperliche und se-
uelle Gewalt durch ihren Partner oder Expartner erlebt.
iese Zahlen zeigen deutlich: Gewalt gegen Frauen ist
eine Privatsache, kein individuelles Problem, sondern
in Problem, bei dem die Gesellschaft tätig werden
uss. Hier ist die Politik gefragt.
s ist die Aufgabe des Staates, Gewalt gegen Frauen zu
erhindern, präventiv tätig zu werden, aber auch den Op-
ern Hilfe zu gewähren und sie zu schützen.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Dezember 2009 1119
)
)
Monika Lazar
Bereits jetzt stehen die Frauenhäuser in einigen Bun-
desländern finanziell vor großen Problemen; meine Vor-
rednerinnen haben bereits darauf hingewiesen. Teilweise
sind die Probleme so gravierend, dass die Frauenhäuser
ihr Schutz- und Betreuungsangebot nicht mehr durch-
gängig sicherstellen können. Da ist auch die bundesein-
heitliche Notrufnummer, die das Ministerium angekün-
digt hat, leider nicht ausreichend. Die Situation der
Frauenhäuser wird sich künftig nicht verbessern; denn
mit dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz wird sich die
Finanzlage von Kommunen und Ländern noch ver-
schlechtern.
Manche Frauenhäuser nehmen aufgrund kommuna-
ler Finanzierungsvorgaben nur Frauen aus ihrer Ge-
meinde oder ihrem Landkreis auf. Bei einer hohen Ge-
fährdung der Frauen ist eine Unterbringung weit vom
Wohnort entfernt aber dringend notwendig. Immer wie-
der müssen wir in der Zeitung von Frauen lesen, denen
schwere Gewalt angetan wurde oder die sogar ermordet
wurden, nachdem ihr Expartner ihren Aufenthaltsort er-
fahren hatte. Am Dienstag dieser Woche begann in Han-
nover der Prozess gegen einen Mann, der seine Exfrau
erstochen haben soll, nachdem diese mit den Kindern in
ein Frauenhaus geflüchtet war.
Insbesondere residenzpflichtige Migrantinnen, die ein
Frauenhaus außerhalb des ihnen erlaubten Aufenthalts-
gebietes in Anspruch nehmen wollen, erleben immer
wieder, dass die Zufluchtsgemeinden die Zuständigkeit
für Leistungen bestreiten und Leistungen verweigert
werden; auch dies ist schon angesprochen worden. Um
auch Migrantinnen eine optimale Versorgung zu ermög-
lichen, muss die räumliche Beschränkung in ihrem Auf-
enthaltstitel schnell aufgehoben werden. Auch die
Finanzierung der Dolmetschkosten muss sichergestellt
werden.
Immer häufiger werden Frauenhäuser durch bele-
gungsunabhängige, einzelfallorientierte Tagessätze fi-
nanziert.
Dies ist bei Studentinnen, volljährigen Schülerinnen
und Auszubildenden problematisch, da diese keine An-
sprüche aus dem SGB II haben. Wenn sie ihren Aufent-
halt nicht selbst bezahlen können, kommt es vor, dass sie
von den Frauenhäusern abgewiesen werden. Der Zugang
zu Frauenhäusern soll aber kostenlos sein. Wenn Frauen
Angst vor den finanziellen Konsequenzen haben, ist dies
ein fatales Signal.
Damit wird der Schritt aus einer Gewaltbeziehung und
die Flucht in ein Frauenhaus erschwert. Der Zugang zu
einer Schutzeinrichtung muss daher grundsätzlich unab-
hängig vom Einkommen der Betroffenen sein.
Die positiven Beispiele Schleswig-Holstein, Berlin
oder Brandenburg wurden schon genannt und zeigen vor
allem, dass das möglich ist. Deshalb fordern wir die
Bundesregierung auf, gemeinsam mit den Ländern Ge-
spräche zu führen, um bundesweit qualitativ hochwer-
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Die Kollegin Elisabeth Winkelmeier-Becker hat jetzt
as Wort für die CDU/CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Das Thema der heutigen Debatte war bereits
hema in der 16. Wahlperiode. Die Anhörung dazu fand
m November 2008 und die Debatte im Juni 2009 statt,
u der alle Fraktionen ihre Anträge vorgelegt hatten. In
iesen Anträgen hatten wir in vielen Punkten Einigkeit,
um Beispiel über die Daten zur Gewalt gegenüber
rauen. Auch in den daraus zu ziehenden Schlussfolge-
ungen waren die damaligen Anträge, aber auch das, was
ir heute hier gehört haben, von weitgehender Überein-
timmung geprägt.
Verabschiedet haben wir im Juni dieses Jahres einen
ntrag der Großen Koalition, der der Bundesregierung
inen ausführlichen Katalog an Handlungs- und Prüfauf-
rägen aufgegeben hat. Vieles von dem, was wir damals
erabschiedet haben, findet sich heute in den Anträgen
ieder, die die Grünen und die Linken vorgelegt haben.
s geht darum, die Bundeszuständigkeit zu prüfen, vor
llem aber auch Gespräche mit den Ländern zu führen,
nd zwar ganz konkret mit dem Ziel, die nachhaltige
inanzierung der Frauenhäuser zu verbessern, allen
rauen, unabhängig von ihrem wirtschaftlichen oder
usländerrechtlichen Status, den Zugang zu gewähren:
nbürokratisch und barrierefrei. In diesem Beschluss
ollten ausdrücklich auch die Vorgaben des CEDAW-Be-
ichts beachtet werden.
Welchen Sinn macht es, heute wieder über dieses
hema zu debattieren? Es stellt sich die Frage, welche
albwertzeit wir unseren eigenen Beschlüssen zumes-
en. Dass wir das Thema heute wieder auf die Tagesord-
ung setzen, hat den Vorteil, dass dieses wichtige Thema
eute noch einmal zur Sprache gebracht wird und sich
er neue 17. Bundestag Gedanken darüber macht, wel-
he Prioritäten er der neuen Bundesregierung mit in
iese junge Legislaturperiode geben will.
Aus Sicht der Union bleibt es bei der damaligen Ein-
chätzung. Ein sehr wichtiges Anliegen ist für uns, den
rauen in dieser Situation noch besser zu helfen. Wir
ollen dieses Ziel vor allem zusammen mit den Ländern
1120 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Dezember 2009
)
)
Elisabeth Winkelmeier-Becker
erreichen. An den Anfang der Debatte möchte ich den
Dank an die Organisationen stellen, die vor über
30 Jahren diesen Bedarf erkannt haben und die Frauen-
häuser, die uns heute selbstverständlich erscheinen, sehr
kreativ aufgebaut haben und – Frau Rupprecht hat es ge-
rade geschildert – mit großem Einsatz ehrenamtlich tätig
sind. Ohne sie könnten die betroffenen Frauen nicht die
nötige Hilfe bekommen. Deshalb an dieser Stelle mein
herzlicher Dank.
Ich möchte aber auch betonen, dass die neue Regie-
rung dieses Thema sofort wieder auf die Tagesordnung
gesetzt hat. In den Koalitionsverhandlungen haben wir
uns darauf geeinigt, eine Notfallnummer einzurichten.
Realistisch ist die Umsetzung dieser Idee bis 2011. Es
geht schließlich nicht nur um die Technik, sondern man
muss dafür sorgen, dass am anderen Ende der Leitung
jemand sitzt, der einer Frau in einer bedrohlichen Situa-
tion die richtige Auskunft geben kann, und zwar auch
Auskunft über die Möglichkeiten des Gewaltschutzge-
setzes, oder konkret das Frauenhaus nennen kann, das
zuständig und erreichbar ist.
Noch einmal zurück zur Finanzierung. Die Vorredne-
rinnen haben schon Fälle geschildert, in denen die Kos-
ten nicht oder nur nach einem hohen bürokratischen
Aufwand getragen werden, sodass sich die Betreuerin-
nen darum kümmern müssen, anstatt sich um die trau-
matisierten Frauen kümmern zu können. Hier wird die
Lösung teilweise in einer bundeseinheitlichen Regelung
gesehen.
Zunächst stellt sich hier natürlich die Frage der Ge-
setzgebungskompetenz des Bundes, die nur unter sehr
engen Voraussetzungen gegeben ist. Ich will hier jetzt
gar nicht auf die Details des Verfassungsrechts eingehen,
diese Zuständigkeit ist von den sachverständigen Juris-
ten in der Anhörung zunächst einmal verneint worden.
Auch die Länder sehen die Zuständigkeit ganz klar bei
sich, und zwar unabhängig von den jeweiligen Parteien,
die dort regieren. Über alle Grenzen hinweg sind die
Länder der Meinung, dass das in ihre Zuständigkeit fällt.
Ich denke, wer das Heil in einer bundeseinheitlichen
Lösung sucht, der unterliegt zwei Irrtümern:
Erstens. Bundesgesetze sind nicht immer automatisch
besser als die Landesgesetze.
Wir hier im Bundestag sind nicht automatisch kompe-
tenter als die Kolleginnen und Kollegen in den Land-
tagen. Die Länder haben die Problematik genauso er-
kannt wie wir. Sie haben auch den gleichen Willen, hier
effektiv zu helfen, und sie haben sich auf der Konferenz
der Gleichstellungs- und Frauenministerinnen, -minister,
-senatorinnen und -senatoren der Länder in diesem
Sommer auch dazu positioniert und zum Ausdruck ge-
bracht, dass man hier Verbesserungen erreichen will.
Es ist auch deshalb richtig, dass es Ländersache ist,
weil hier durchaus auch regionale Besonderheiten zu be-
achten sind. Die Versorgung mit Plätzen in Frauenhäu-
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Ich denke, auf dieser Grundlage werden wir diese An-
räge erneut beraten. Im Übrigen schließe ich mich den
ünschen für ein gutes und friedliches Weihnachtsfest
n alle Kollegen an.
Vielen Dank.
Damit schließe ich die Aussprache zu diesem Tages-
rdnungspunkt.
Es ist vorgeschlagen, dass die Vorlagen auf den
rucksachen 17/243 und 17/259 an die in der Tagesord-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Dezember 2009 1121
)
)
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
nung aufgeführten Ausschüsse überwiesen werden. –
Damit sind Sie einverstanden. Dann ist das so beschlos-
sen.
Ich rufe jetzt den Zusatzpunkt 10 auf:
Beratung des Antrags der Abgeordneten Martin
Gerster, Nicolette Kressl, Ingrid Arndt-Brauer,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD
Steuerfreiheit von Zuschlägen für Sonntags-,
Feiertags- und Nachtarbeit erhalten
– Drucksache 17/244 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss
Rechtsausschuss
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Haushaltsausschuss
Zwischen den Fraktionen ist verabredet worden,
hierzu eine halbe Stunde zu debattieren. – Damit sind
Sie einverstanden. Dann ist das so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege
Martin Gerster für die SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Es hätte aus meiner Sicht eigentlich keinen besseren
Zeitpunkt gegeben als heute, um über dieses Thema zu
sprechen. Letztendlich geht es um die Frage, wie wir mit
Menschen umgehen, die beispielsweise an den Weih-
nachtsfeiertagen diese erholsame Zeit nicht im Kreise
der Familie verbringen können, sondern diese Zeit op-
fern müssen, um zu arbeiten. Das ist kein kleiner Kreis,
und er wird immer größer. Inzwischen ist der Kreis der-
jenigen in Deutschland, die in Bereichen wie Gesund-
heit, Pflege, Verkehr oder Medien davon betroffen sind,
sehr groß geworden.
Das Statistische Bundesamt hat festgestellt, dass über
20 Millionen Beschäftigte in Deutschland sonntags,
nachts oder an Feiertagen arbeiten müssen. Über
8,5 Millionen Beschäftigte sind von Sonntagsarbeit be-
troffen. 5 Millionen Beschäftigte müssen nachts arbei-
ten. Deswegen ist es sicherlich ein positives Signal,
wenn wir an dieser Stelle denjenigen danken, die nachts,
an Feiertagen und Wochenenden diesen wichtigen
Dienst für unsere Gesellschaft leisten.
Mit dem Dank ist es aber nicht getan. Um es deutlich
zu sagen: Wir wollen nicht, dass die Arbeit sonntags,
nachts und an Feiertagen ausgedehnt wird. Sie ist aber in
vielen Bereichen eine gesellschaftliche Notwendigkeit.
Deswegen meinen wir, dass wir die Menschen für die
Strapazen entschädigen müssen, die sie dadurch auf sich
nehmen, dass sie beispielsweise an Weihnachten darauf
verzichten, sich gemeinsam mit ihrer Familie zu erholen.
Deswegen halten wir von der SPD-Fraktion es für
notwendig, die Steuerfreiheit der Zuschläge in diesem
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um einen gibt es ein wissenschaftliches Gutachten, das
om Bundesfinanzministerium in Auftrag gegeben
urde, in dem die Abschaffung dieser Subventionen ge-
ordert wird. Zum anderen ist festzustellen – auch wenn
om Bundesfinanzministerium beteuert wird, dass es
eine konkreten Pläne zur Umsetzung dieser Forderung
ibt –, dass seit Jahren insbesondere von der FDP, aber
uch von der Union wie zuletzt 2005 gefordert wird, die
teuerfreiheit dieser Zuschläge abzuschaffen.
Ganz aktuell hat am 8. Dezember der haushaltspoliti-
che Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion Fricke eine
iskussion über die Besteuerung der Nacht- und Feier-
agszuschläge gefordert. Er kann sich, wie er sagt, die
esteuerung der Nacht- und Feiertagszuschläge vorstel-
en. Das heißt, es scheinen konkrete Pläne vorhanden zu
ein, diese Steuerbefreiung abzuschaffen.
Das Bundesfinanzministerium kann noch so sehr be-
euern, dass es keine konkreten Pläne gibt. Wir haben die
roße Sorge, dass an der bestehenden Regelung gedreht
ird,
nd zwar auch deswegen, weil wir erst am 5. Dezember
n diesem Hause die Subventionierung der Hoteliers und
ieler anderer Bereiche beschlossen haben und es sich
bzeichnet, dass die Haushaltslöcher immer größer wer-
en. Wir werden mutwillig in die Verschuldung getrie-
en. Spätestens 2011 müssen auch aus den Reihen der
oalition Vorschläge kommen und Maßnahmen umge-
etzt werden, um diese Verschuldung wieder zurückzu-
ühren.
Deswegen glaube ich, dass höchste Aufmerksamkeit
ngebracht ist. Wir wollen von Ihnen eindeutig wissen:
tehen Sie zu der Aussage, dass keine konkreten Pläne
orliegen? Sind Sie bei uns, wenn wir die Steuerbefrei-
ng für Zuschläge für die Sonntags-, Nacht- und Feier-
agsarbeit erhalten wollen, oder fallen Sie irgendwann
m? Denn der Tag der Wahrheit wird kommen. Spätes-
ens im Jahr 2011 werden Sie massive Einsparungen
ornehmen müssen. Wir erwarten von Ihnen heute klare
ussagen, ob Sie unsere Position teilen, dass diese Zu-
chläge steuerfrei bleiben.
Wir wollen keine Lippenbekenntnisse. Wir wollen bei
er Abstimmung ganz genau wissen, ob Sie bei uns sind.
ie Millionen Beschäftigten in diesem Bereich haben ei-
en berechtigten Anspruch darauf, zu wissen, wie es
1122 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Dezember 2009
)
)
Martin Gerster
weitergeht; denn sie sind darauf angewiesen, dass ihre
Zuschläge steuerfrei bleiben. Es geht um einen Betrag
von 2 Milliarden Euro. Viele in diesem Bereich Tätige
planen natürlich mit der Steuerfreiheit der Zuschläge.
Wenn die Steuerfreiheit abgeschafft wird, kann das nicht
über Tarifverhandlungen ausgeglichen werden; denn es
sind Einbußen von bis zu 20 Prozent in der Lohntüte zu
befürchten. Deswegen bitte ich Sie herzlich, unserem
Antrag zuzustimmen. Das liegt im Interesse zum Bei-
spiel all derjenigen, die an Weihnachten arbeiten müssen
und darauf zählen, dass ihre Zuschläge steuerfrei blei-
ben. Wir werden nachher sehen, wie die Koalitionsver-
treter abstimmen werden.
In diesem Sinn wünsche ich Ihnen allen schöne Feier-
tage, frohe Weihnachten und einen guten Rutsch in das
neue Jahr. Wir sind auf die Positionierung der Koali-
tionsfraktionen gespannt.
Herzlichen Dank.
Der Kollege Olav Gutting hat das Wort für die CDU/
CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen!
Es ist kurz vor Weihnachten. Lieber Martin Gerster, du
hast recht: Euer Antrag passt wirklich zu Weihnachten.
Man könnte ihn mit „Eine schöne Bescherung“ über-
schreiben. Es ist wirklich komisch, wenn man bedenkt,
dass euer Finanzminister Peer Steinbrück es war, der im
Juli 2007 den Auftrag gegeben hat, die dem Volumen
nach 20 größten Subventionen zu untersuchen. Es sollte
eine systematische Erfolgskontrolle der Subventionen
erfolgen. Das Ergebnis bezüglich der Steuerbefreiung
von Sonntags-, Feiertags- und Nachtzuschlägen können
Sie alle nun schwarz auf weiß nachlesen.
Das von Herrn Steinbrück beauftragte Finanzwissen-
schaftliche Forschungsinstitut an der Universität zu Köln
kommt zu folgendem Ergebnis: Die Transparenz der Be-
günstigung ist gering. Es gibt keine klare Zielsetzung.
„Dies ist für eine Vergünstigung, die 2 Milliarden Euro
öffentliche Mittel kostet, inakzeptabel.“ Weiter heißt es:
Es handelt sich um einen Transfer, der ausschließlich
Mitnahmeeffekte, aber keine lenkenden Anreizeffekte
hervorruft. Es ist keine Begründung ersichtlich, wo das
Allgemeininteresse von faktisch nahezu jeder beliebigen
Tätigkeit nachts oder an Sonn- und Feiertagen liegt. Im
Gutachten wird auch darauf hingewiesen, dass das Ge-
rechtigkeitsprinzip verletzt ist. Verteilungspolitisch wer-
den Besserverdienende mit der Steuerbefreiung stärker
begünstigt. – Hört! Hört! Ich wiederhole: Verteilungspo-
litisch werden Besserverdienende mit der Steuerbefrei-
ung stärker begünstigt.
Ich zitiere weiter aus der Studie: Hinzu kommt, dass
die Arbeitgeberseite in Tarifverhandlungen bei geringer
entlohnten Arbeitskräften einen größeren Teil der Sub-
ventionen abschöpfen kann als bei höher entlohnten Be-
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Liebe Kollegin, ich habe gerade eben gesagt, dass es
in Glück in der Politik ist, dass wir nicht immer das ma-
hen müssen, was die Professoren vorgeben. Aber Sie
üssen den Menschen schon erklären, warum Sie ein
utachten, das der Finanzminister für teures Steuergeld
n Auftrag gibt, ignorieren, egal welches Ergebnis bei
iesem Gutachten herauskommt. Dann haben die Steuer-
ürgerinnen und Steuerbürger nämlich ein Problem mit
hnen; denn die fragen sich zu Recht: Was treibt ihr ei-
entlich mit unserem Geld? – Darum geht es.
ann kann man sich solche Studien in Zukunft sparen,
nd man braucht keine Steuergelder zu verschwenden.
s ist eine grundsätzliche Frage, ob wir mit Steuergel-
ern sinnvoll, dem Gemeininteresse dienend umgehen
nd ob wir die öffentlichen Mittel sparsam verwenden.
enn ich diese Frage bejahe, kann ich nicht solche Stu-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Dezember 2009 1123
)
)
Olav Gutting
dien wie Ihr Finanzminister in Auftrag geben und sie an-
schließend einfach in die Tonne treten.
Im Übrigen ist es auch eine Frage des Respekts gegen-
über den Wissenschaftlern, gegenüber den Menschen,
die in diesem Forschungsinstitut arbeiten, wie wir mit
dem Ergebnis dieser Arbeit umgehen.
– Ich sage Ihnen: Wir wollen das Ergebnis der Studie des
Finanzwissenschaftlichen Forschungsinstituts an der
Universität zu Köln für die weitere Fortentwicklung des
Steuerrechts, die wir brauchen, zumindest beachten.
Ich will hier klar sagen: Die Union plant aktuell keine
Streichung dieser Steuerfreiheit. Dies würde im Übrigen
unserem Grundsatz widersprechen, dass wir mehr Netto
vom Brutto wollen. Der Wegfall von Ausnahmeregelun-
gen ist grundsätzlich nur vertretbar, wenn er mit einer
großen Steuerstrukturreform
und in diesem besonderen Fall mit Tarifvereinbarungen
kombiniert wird, die Schlechterstellungen wie die der
gerade von Ihnen zitierten Krankenschwester verhin-
dern. Wir wollen das Einkommensteuerrecht fortent-
wickeln. Wir wollen es einfacher, niedriger und gerech-
ter machen.
Wir wollen ein Einkommensteuerrecht – es geht nicht
um die Umsatzsteuer –, das Leistung belohnt und diese
nicht bestraft.
Aber Ihr Antrag will eine das objektive Nettoprinzip ver-
letzende Ausnahmevorschrift zementieren, und Sie wol-
len mit diesem Antrag in der Konsequenz eine die
Arbeitnehmer begünstigende Rechtsfortbildung verhin-
dern. Für mich ist dieser Antrag eine Bankrotterklärung
an den Gestaltungswillen und den Gestaltungsanspruch
in der Steuerpolitik. Was wir brauchen, ist eine Einkom-
mensteuerreform. Der Bürger will wissen, wofür er be-
zahlen muss. Ihm ist wichtig, dass die Steuerlast verteilt
wird, dass er sich nicht als der Dumme vorkommt, der
seine Pflichten erfüllt, während ein anderer, zum Bei-
spiel sein Nachbar, verschont bleibt.
Herr Kollege, Sie hätten die Chance, eine Zwischen-
frage von Herrn Poß zuzulassen.
Bitte schön.
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Ich bitte um Entschuldigung, dass sich das jetzt noch
erzögert. Ich habe nur eine ganz kurze Frage. Dürfen
ir Ihren Ausführungen, Herr Kollege, entnehmen, dass
hre Meinung zu dem Thema mit der Meinung von
errn Schäuble übereinstimmt, oder ist das nur Ihre per-
önliche Auffassung? Ist damit zu rechnen, dass Ihre
uffassung zur Grundlage von politischen Entscheidun-
en der Bundesregierung möglicherweise noch in die-
em Jahr wird?
In diesem Jahr ganz bestimmt nicht, Herr Kollege
oß. Aber eines ist doch klar: Wir wollen eine Struktur-
eform bei der Einkommensteuer. Wenn ich eine Struk-
urreform bei der Einkommensteuer vorhabe, dann kann
ch doch nicht im Vorfeld gewisse Bereiche zu Tabuzo-
en erklären. Wir wollen, dass die Bürger wissen, wofür
ie bezahlen müssen. Wir wollen, dass das Steuerrecht
erecht ist. Wir wissen nämlich, dass ungleiche Besteue-
ung ungerecht ist. Das ist ja nun ein Fakt; dem können
uch Sie sich nicht verschließen.
Formale Gleichheit verlangt, dass ziffernmäßig glei-
he Einkommen gleich hohe Steuern auslösen, zunächst
inmal unabhängig davon, auf welche Weise das Ein-
ommen erworben wurde. Das Einkommensteuerrecht,
ie wir es heute haben, differenziert ja normalerweise
icht danach, wie schwer jemand zur Erzielung seines
inkommens arbeiten muss. Nur bei den Sonn-, Feier-
ags- und Nachtzuschlägen soll in Form der Steuerbe-
reiung etwas anderes gelten.
Nun sprechen Sie immer wieder davon, dass diese
teuerbefreiung für Schichtarbeiter, Krankenschwestern
der Polizisten unbedingt zu erhalten ist. Aber was ma-
hen wir dann mit dem Gewerbetreibenden, der sams-
agabends oder sonntagmorgens in seinem Kiosk steht?
as machen wir mit dem selbstständigen Bauzeichner,
er über die Weihnachtsfeiertage in seinem Büro sitzen
uss und nicht heraus kann, weil er noch Aufträge erle-
igen muss? Für all diese gibt es keine Steuerbefreiung.
ie subventionieren mit ihren Steuern sogar noch die
teuerfreiheit der anderen. Das ist doch nicht gerecht.
ch sage Ihnen: Genau aus diesem Grund ist die in Ihrem
ntrag enthaltene Forderung nur vordergründig geeig-
et, um, wie von Ihnen beabsichtigt, populistische Strö-
ungen zu bedienen.
Ich will es noch einmal wiederholen: Die Union plant
ktuell keine Abschaffung der Steuerfreiheit der Sonn-,
eiertags- und Nachtzuschläge. Das ist nicht Bestandteil
1124 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Dezember 2009
)
)
Olav Gutting
unseres Regierungsprogramms. Wir wollen die Leis-
tungsträger in diesem Land entlasten. Das sind die Kran-
kenschwestern, die Polizisten und die Schichtarbeiter.
Wer wirklich arbeitnehmerfreundliche Politik machen
will, wer wirklich die breite Mitte der Gesellschaft, die
seit Jahren die Lasten dieses Landes trägt, entlasten will,
der muss das Ziel haben, das Einkommensteuerrecht
leistungsgerechter, in sich stringenter, einfacher und
transparenter zu gestalten.
Einem Antrag wie dem Ihren, mit dem Sie die Fort-
entwicklung des Einkommensteuerrechts hin zu einem
gerechten und einfacheren Steuersystem verhindern wol-
len, können wir nicht zustimmen.
Ich habe jetzt noch zweieinhalb Minuten; da aber bald
Weihnachten ist, mache ich Ihnen ein Geschenk und
schenke Ihnen die zweieinhalb Minuten und wünsche Ih-
nen und uns allen ein schönes, gesegnetes, friedliches
Weihnachtsfest und einen guten Start ins neue Jahr, hof-
fentlich mit besseren Anträgen aus der Opposition.
Herzlichen Dank.
Die Kollegin Dr. Barbara Höll hat jetzt das Wort für
die Fraktion Die Linke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Nacht- und Sonntagsarbeit bedeutet für die
meisten Menschen eine erhebliche Belastung. Schlaf-
und Gesundheitsprobleme können die Folge sein. Ein
eingeschränktes familiäres und soziales Leben muss in
Kauf genommen werden. Daher haben Lohnzuschläge
auf den Normallohn ihre Berechtigung. Gezahlt werden
sie von den Unternehmen und in Form einer Steuerbe-
freiung der Zuschläge auch von der Allgemeinheit.
Die 2 Milliarden Euro, die die Steuerbefreiung jähr-
lich kostet, locken den jeweiligen Finanzminister zur
Streichung – nun auch Herrn Schäuble. Bereits im Mai
2003 hatte der Sozialdemokrat Peer Steinbrück, damals
Ministerpräsident, diese Euros im Blick. Als Bundes-
finanzminister gab er auch die kürzlich veröffentlichte
Studie, die die Abschaffung befürwortet, in Auftrag.
Nun wird wieder, allen voran von der FDP, die Steuerbe-
freiung der Zuschläge als unsoziale Steuersubvention
verunglimpft.
Ich sage Ihnen: Wenn Krankenschwestern, Busfahrer
oder Feuerwehrleute bereit sind, ihre Arbeit auch nachts
und an Sonn- und Feiertagen zu verrichten, dann ist das
doch sehr wohl im Interesse aller.
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Die Scheinheiligkeit der SPD ist nur schwer zu überbie-
ten. Nach elf Jahren an der Macht wird nun, keine drei
Monate nach Ihrer Abwahl, von Ihnen versucht, Ihre ei-
gene Politik einfach vergessen zu machen.
Die Wahrnehmung der Menschen in unserem Land
sieht freilich ganz anders aus. Die SPD hat die größte
Mehrwertsteuererhöhung in der Geschichte der Bundes-
republik Deutschland mit einer Belastung von mehr als
20 Milliarden Euro im Jahr zu verantworten.
Die SPD hat eine Unternehmensteuerreform zu verant-
worten, die den Namen nicht verdient hat. Die SPD hat
die verkorkste Gesundheitsreform zu verantworten, die
nichts besser, aber alles teurer gemacht hat.
Und wer hat dafür zu zahlen? Es sind die Leistungsträger
in unserer Gesellschaft: die Schichtarbeiter, die Polizis-
ten und die Krankenschwestern, übrigens unabhängig
davon, zu welcher Tageszeit sie ihr Geld verdienen.
Von Ihnen brauchen wir uns nicht erklären zu lassen,
was vernünftige Steuer- und Sozialpolitik ist; denn Sie
sind die Steuererhöhungspartei in diesem Haus – wir
sind die Steuersenkungspartei.
Erst kürzlich hatte ich ein Gespräch in der Münchner
U-Bahn, in dem mir ein Mitarbeiter der Münchner Stadt-
werke die von Ihnen hinterlassene Situation verdeut-
lichte. Er ließ sich seine hart erarbeiteten Überstunden
auszahlen. Von den 1 200 Euro brutto blieben ihm nur
300 Euro netto – für Überstunden im Umfang von zwei
Arbeitswochen. Das nennt die SPD also eine sozial ge-
rechte Politik. Ich nenne so etwas ganz einfach unsozial
und ungerecht.
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Dieser und viele weitere Fälle machen eines deutlich:
ach elf Jahren SPD-Steuerpolitik lohnt sich Arbeit in
eutschland nicht mehr. Wir werden das ändern. Denn
rbeit muss sich in diesem Lande wieder lohnen.
reiheit, Steuergerechtigkeit, Stärkung der Bürgerrechte
nd bessere Bildung für unsere Kinder: Das sind unsere
rimären Ziele. Davon werden wir uns nicht durch linke
der sozialdemokratische Verblendungen abbringen las-
en.
Heute hat das Wachstumsbeschleunigungsgesetz den
undesrat passiert.
ie Regierungskoalition setzt damit ein deutliches Zei-
hen für eine schnelle Entlastung der Bürgerinnen und
ürger in Deutschland.
ährend die Opposition noch lamentiert, haben wir ge-
andelt und die Menschen und vor allen Dingen die Fa-
ilien in diesem Lande entlastet.
s profitieren insbesondere die Familien der Schicht-
rbeiter. Das ist moderne und soziale Steuerpolitik.
Bei der Erhöhung des Kindergeldes und der Kinder-
reibeträge wurde übrigens von allen Sachverständigen
arauf hingewiesen, dass diese Maßnahmen insbeson-
ere den Schichten mit niedrigen Einkommen zugute
ommen.
urch diese zielgerichtete und vernünftige Entlastung
erden finanzielle Spielräume für Familien mit Kindern
röffnet. Wir werden in den nächsten Jahren durch harte
rbeit Stück für Stück die Fehler der vergangenen Re-
ierung aufarbeiten.
azu hat uns der Wähler beauftragt, auch wenn Sie von
er Opposition das immer noch nicht wahrhaben möch-
en.
Die Anhörung des Finanzausschusses des Deutschen
undestages über das Wachstumsbeschleunigungsgesetz
at übrigens deutlich gezeigt, dass die Maßnahmen der
chwarz-gelben Koalition Impulse für ein stabiles und
ynamisches Wirtschaftswachstum setzen werden.
1126 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Dezember 2009
)
)
Dr. Daniel Volk
Da Sie, werte Kollegen von der Steuererhöhungspar-
tei, es offenbar immer noch nicht verstanden haben – Sie
haben ja in diesem Hause und übrigens auch im Bundes-
rat Steuerentlastungen abgelehnt –, will ich noch einmal
versuchen, Ihnen das zu erklären.
Wir entlasten die Unternehmen mit Maßnahmen, mit de-
nen sie die vorhandenen Arbeitsplätze sichern und neue
Arbeitsplätze schaffen können. Das ist die beste Sozial-
politik; denn nur so können wir uns überhaupt einen So-
zialstaat leisten.
Die Regelung zur Sofortabschreibung geringwertiger
Wirtschaftsgüter, die Abmilderung der Zinsschranke und
die Verbesserungen bei der Sanierungsklausel werden
dazu dienen, die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen
Unternehmen vor dem Hintergrund der aktuellen Wirt-
schaftskrise zu stärken. Die Korrekturen an der Unter-
nehmensteuerreform wirken für die Unternehmen be-
schäftigungsfördernd, weil krisenentschärfend. Sie
wurden daher von den Experten, nicht nur in der Sach-
verständigenanhörung, einhellig begrüßt.
Das Wachstumsbeschleunigungsgesetz ist damit ein ers-
ter Schritt, um vor allem die Familien zu entlasten. Die
Erhöhung der Kaufkraft der Familien ist ein wichtiger
Schritt zur Stärkung der Binnennachfrage und hilft vor
allem den Kindern und damit unser aller Zukunft.
Die Krise ist mit diesen Maßnahmen zwar noch nicht
überwunden, aber das Wachstumsbeschleunigungsgesetz
ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Es sichert
die Arbeitsplätze, schafft neue Arbeitsplätze und sorgt
für mehr Netto vom Brutto auch für die Schichtarbeiter.
Liebe Kollegen von der Steuererhöhungspartei, nut-
zen Sie doch einmal die Weihnachtszeit zum Erkenntnis-
gewinn!
Folgen Sie unserem Kurs einer sozialen Steuergesetz-
gebung!
Liebe Bürger dieses Landes, freut euch sehr; denn
dank der FDP gibt es ab Januar mehr,
mehr Netto vom Brutto.
Frohe Weihnachten!
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Der Kollege Gerhard Schick hat das Wort für Bünd-
is 90/Die Grünen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
ch könnte natürlich jetzt über den Unterschied zwischen
eihnachten und Karneval referieren.
ber ich will lieber zur Sache sprechen.
Herr Dr. Volk, Sie haben über das Wachstumsbe-
chleunigungsgesetz gesprochen. Es wäre schon interes-
ant gewesen, zu erfahren: Was ist eigentlich verspro-
hen worden? Entweder ist die schwarz-gelbe Koalition
n Schleswig-Holstein als Bettvorleger gelandet, oder es
ibt Versprechungen, die zulasten des Bundeshaushaltes
ehen. In dem Fall hat dieses Haus ein Recht darauf, das
u erfahren.
enn wir über das Wachstumsbeschleunigungsgesetz
ier reden, dann darüber.
Worum geht es beim vorliegenden Antrag? Bei der
teuerfreiheit der Zuschläge für Wochenend-, Nacht-
nd Sonntagsarbeit geht es um eine Sondernorm. Die
PD schreibt, man dürfe diese nicht antasten. Ich glaube,
s war richtig, diese Regelung in der rot-grünen Regie-
ungszeit insofern anzutasten, als wir einen Missbrauch,
en es in diesem Bereich bei den Spitzenverdienern gab,
orrigiert und im Hinblick auf den Stundenlohn eine
öchstgrenze von 50 Euro festgelegt haben, damit die
icker mit ihren Millioneneinkommen nicht von einer
egelung profitieren, die für Kleinverdiener, für Leute,
ie am Sonntag etwas für die Gesellschaft leisten müs-
en und wenig verdienen, gedacht ist. Sie übersehen
uch, dass die Beitragsfreiheit in diesem Bereich – da
ibt es eine Deckelung bei 25 Euro – noch viel wichtiger
st als die Steuerfreiheit. Denn dies trifft die Kleinverdie-
er, von denen Frau Dr. Höll zu Recht gesprochen hat,
och viel stärker als die Steuerfreiheit, die erst bei einer
ewissen Grenze des Haushaltseinkommens greift.
Wenn Sie die Tendenz zur Wochenendarbeit bekla-
en, dann sage ich Ihnen: Da muss man systematisch he-
angehen, und dann darf der rot-rote Senat in Berlin
icht als Erstes die Ladenöffnungszeiten für den Sonntag
reigeben und sehr viele Beschäftigte zusätzlich in die
onntagsarbeit treiben.
eien Sie doch konsistent, wenn Sie dies ernst meinen!
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Dezember 2009 1127
(C)
)
Dr. Gerhard Schick
Ich finde, dass man auch die wissenschaftliche For-
schung beachten muss, die sagt: Vielleicht ist das alles
nicht ganz so gerecht, wie es zunächst scheint.
An einer Stelle stimme ich Ihrem Antrag zu. Es geht
um Prophylaxe – so verstehe ich Ihren Antrag –; denn es
droht eine massive Gefahr. Der Bundesfinanzminister
sagt: Ab 2011 haben wir einen großen Konsolidierungs-
bedarf; aber ich verrate nicht, wie wir vorgehen. – Liest
man den Koalitionsvertrag, stellt man zwar fest, dass Sie
sich zu allen möglichen Details in der Steuerpolitik äu-
ßern: zur Besteuerung von Jahreswagenrabatten, zum
steuerlichen Abzug privater Steuerberatungskosten, zu
Steuererklärungsvordrucken und vielem Weiteren.
Wenn Sie sich die Statistik einmal anschauen, dann
sehen Sie, dass die Zuschläge für Nacht-, Wochenend-
und Feiertagsarbeit im Bereich der Gaststätten und Ho-
tels ganz besonders notwendig sind. Davon sind sehr
viele Menschen betroffen. Ich glaube, dass Ihre Steuer-
politik und damit Ihre Politik der Spaltung dieser Gesell-
schaft – oben geben und unten nehmen – in den nächsten
Jahren dazu führen wird, dass etwas passiert, wozu wir
sagen: „So nicht“, nämlich dazu, dass die Beschäftigten
im Gaststätten- und Hotelgewerbe dadurch, dass Sie die
Steuerfreiheit abschaffen, für die Steuergeschenke an
ihre Chefs werden zahlen müssen. Das ist eine Umver-
teilung von unten nach oben, und das machen wir nicht
mit.
Danke schön und frohe Weihnachten!
Die Steuerfreiheit der Zuschläge wird aber nicht aufge-
führt. Da werden wir natürlich hellhörig; denn wir be-
fürchten, dass Sie die Argumente der Systematik und der
Bürokratie, die bei den Hoteliers merkwürdigerweise
nicht gezählt haben, dann wieder hervorholen, wenn es
darum geht, eine bestimmte Bevölkerungsgruppe zu be-
lasten. So kommen wir nicht zu einem einfachen Steuer-
system. Kein Mitglied der CDU/CSU und der FDP im
Finanzausschuss fand die Regelung zur ermäßigten
Mehrwertsteuer für die Hoteliers gut. Trotzdem haben
sie alle mitgemacht.
– Ach so, Sie persönlich finden die Ausnahmeregelung,
die mehr Bürokratie schafft und unsystematisch ist, gut?
Dann nehmen wir mal zu Protokoll, dass Sie das gut fin-
den.
Kommen Sie also bei der Steuerfreiheit der Zuschläge
nicht plötzlich mit dem Argument der Systematik und
des Bürokratieabbaus. Dann sind Sie nämlich unglaub-
würdig.
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Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, damit sind wir am
chluss der heutigen Tagesordnung.
Ich wünsche Ihnen, aber vor allem auch all denen, die
ns hier im Saal und auch im ganzen Haus immer wieder
is zum Schluss und darüber hinaus unterstützen: Ers-
ens. Schlafen Sie aus. Zweitens. Singen Sie laut. Drit-
ens. Beten Sie, wenn Sie mögen. Viertens. Genießen
ie. Fünftens. Seien Sie behütet. Kurz: Gesegnete Weih-
achten! Für Sie alle viel Kraft für das Neue, das danach
ommt.
Ich habe im Überschwang vergessen, den Antrag zu
berweisen. Das machen wir noch nach den guten Wün-
chen sozusagen als Weihnachtsgeschenk. Drucksa-
he 17/244 soll an die in der Tagesordnung aufgeführten
usschüsse überwiesen werden. – Damit sind Sie alle
ffensichtlich einverstanden.
So entlasse ich Sie in die freie Zeit und berufe die
ächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf Diens-
ag, den 19. Januar 2010, 10 Uhr, ein.
Die Sitzung ist geschlossen.