Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Als letztem Redner der Debatte bleibt mir nur noch, zu-
sammenzufassen und das Fazit zu ziehen. Wir haben alle
schon festgestellt: Mit ihrem Gesetzentwurf mit den
Mindestwirkungsgraden geht es den Grünen darum, mit
dem Ausstieg aus der Kohleverstromung zu beginnen.
Dieser Antrag ist ein Gesetzentwurf anti Kohle und pro
Gas.
Das ist vielleicht aus der Sicht der Grünen ein hehres
Ziel. Sie haben dabei aber wie immer einige Sachen aus
den Augen verloren. Als Techniker sage ich Ihnen: Sie
haben die Physik aus den Augen verloren; denn das, was
Sie wollen, ist nicht machbar. Sie haben aber, wie wir
heute feststellen konnten, nicht nur die Machbarkeit
aus den Augen verloren, sondern auch die globalen
Realitäten, die man beachten muss. Wenn es heißt, dass
in China jeden zweiten Tag ein neues Kohlekraftwerk
ans Netz geht, dann frage ich mich: Was hat das mit Kli-
maschutz zu tun?
Wenn Sie etwas verändern wollen, wenn Sie etwas ver-
bessern wollen, wenn Sie etwas erreichen wollen, dann
müssen Sie die Realitäten akzeptieren. Sie müssen sich
von Ihrer Ideologie befreien. Sie müssen an Ihrer Vision
konstruktiv arbeiten.
Visionen sind ja gut. Aber Tagträumereien, Herr
Krischer, bringen uns nicht weiter.
Das Ziel, höhere Wirkungsgrade zu erreichen, tra-
gen wir mit. Durch den Neubau von Kohlekraftwerken
können wir alte Anlagen abschalten. Damit haben wir in
Deutschland – das ist schon jetzt Realität – den Wir-
kungsgrad im Durchschnitt auf insgesamt 40 Prozent an-
gehoben. Das ist in Ordnung. Diesen Weg wollen wir
weitergehen. Aber Sie müssen die Realitäten im Auge
behalten.
Ihr Ziel ist in Wirklichkeit nicht die Erhöhung des
Wirkungsgrades und dadurch eine Verringerung der
CO2-Emissionen, sondern Sie wollen vorhandene Anla-
gen bis zum Jahre 2015 abschalten.
Sie wollen verhindern, dass neue Anlagen gebaut wer-
den. Frau Menzner, das ist übrigens wie in der DDR. Da
der Bau von Neuanlagen verhindert wurde, blieben An-
lagen mit einem Wirkungsgrad von circa 27 oder 28 Pro-
zent in Betrieb. Diese haben dann wirklich die Luft ver-
pestet. Das wollen wir nicht. Wir wollen neue Anlagen
und dadurch nach und nach einen höheren Wirkungsgrad
erreichen.
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Sie müssen klar sagen, ob Sie sich von der CCS-Tech-
ologie komplett verabschieden wollen. Damit werden
ie aber die Forschung in Deutschland verhindern. Sie
erden damit auch die Vorreiterrolle und letztendlich
en Export solcher Anlagen unterbinden.
Kommen wir jetzt zu den Wirkungsgraden. Sie for-
ern einen Wirkungsgrad von 58 Prozent für Neuanla-
en. Das ist für Kohle kaum erreichbar. Das ist Material-
irtschaft. Jede Erhöhung des Wirkungsgrades um zwei
unkte setzt eine Forschungszeit von ungefähr 10 bis
5 Jahren voraus. Also schaffen Sie es innerhalb dieser
urzen Zeit gar nicht, von 40, 43 oder maximal 45 Pro-
ent auf 58 Prozent Wirkungsgrad zu kommen. Das ist
icht möglich.
Bei der Kohle ist dieser Wirkungsgrad nicht erreich-
ar, aber beim Gas kann das erreicht werden. Bei Gasan-
agen sind schon jetzt 58 Prozent Wirkungsgrad Stand
er Technik. Dieses Ziel ist gar nicht mehr ambitioniert.
hr Gesetzentwurf ist für mich eine Aufforderung, ver-
tärkt auf Gas zu setzen. Wie kommen wir dazu, russi-
ches Gas zu fördern? Wenn Sie aus der Kernenergie
ussteigen und Kohlekraftwerke verbieten wollen, dann
rauchen Sie 445 Terawattstunden Strom aus Erdgas.
Das brauchen Sie. Das ist die Hälfte des Gesamtver-
rauchs in Deutschland.
Was bedeutet das?
as bedeutet, Herr Krischer: Abhängigkeit von russi-
chem Gas. Das bedeutet: Versorgungssicherheit wird
erschlechtert. Das bedeutet: Es freut sich Russland, und
ielleicht freuen sich auch Fischer und Schröder, aber
icht die deutsche Industrie und der deutsche Steuerzah-
er. Deswegen können wir das nicht machen.
Dann haben wir auch festgestellt – das hat Herr
auch wunderbar herausgearbeitet –: Russland wird na-
ürlich alles verfügbare Gas schön teuer an Europa ver-
aufen und im Inland Kohleverstromung betreiben.
iese Kohlekraftwerke haben, wenn sie gut sind, im
chnitt einen Wirkungsgrad von 34 Prozent. Jetzt erklä-
en Sie mir bitte, was das mit Klima- und Umweltschutz
u tun hat. Überhaupt nichts!
Wir lassen keine Deindustrialisierung zu. Klima-
chutz wirkt nur global. Mindestwirkungsgrade wirken
ur global. Auch die CCS-Technologie wirkt nur global.
leiches gilt für den Emissionshandel. Deswegen muss
as alles gesamtheitlich betrachtet werden.
1106 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Dezember 2009
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Jens Koeppen
Was können wir tun? Wir wollen natürlich eine Ant-
wort geben. Erstens – da lohnt sich ein Blick in unseren
hervorragenden Koalitionsvertrag –:
„ideologiefreie, technologieoffene und marktorientierte
Energiepolitik“,
und zwar für Strom, Wärme und Mobilität. Das müssen
Sie alles im Auge behalten. Dann wird das auch was mit
dem Klimaschutz.
Zweitens. Wir wollen die erneuerbaren Energien
konsequent ausbauen – das ist gar keine Frage, auch das
steht im Koalitionsvertrag – mit dem Ziel, dass die er-
neuerbaren Energien den Hauptanteil an der Energiever-
sorgung übernehmen. Aber dazu brauchen wir einen
Energiemix, der kontinuierlich, lieber Herr Fell, und
nicht mit der Holzhammermethode die konventionellen
Energien langsam ablösen kann. Die Betonung liegt auf
„kann“. Dass wir das wollen, ist klar. Aber das muss
auch machbar sein.
Drittens. Wir müssen das Energiesystem umbauen,
und zwar mit Sinn, Verstand und Beharrlichkeit. Deswe-
gen werden wir ein Energiekonzept im nächsten Jahr
vorlegen, aus dem hervorgeht, wie die Energie bezahl-
bar, zuverlässig und sauber ist.
Wir werden mit diesem Koalitionsvertrag die Vorrei-
terrolle in Deutschland übernehmen. Wir brauchen am-
bitionierte Ziele. Dazu sagen wir Ja. Aber zu Verboten
– das sage ich bei fast jeder Rede, wenn es um Ihre Vor-
lagen geht – und zu Unmöglichem sagen wir Nein. Mit
Totschlagargumenten und mit der Holzhammermethode
werden Sie kläglich scheitern. Das ist nicht unser Weg.
Ich wünsche Ihnen ein frohes Weihnachtsfest.