Rede von
Dr.
Georg
Nüßlein
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! In der
Tat ist es so, dass man im Umweltrecht ambitionierte
Standards setzen muss. Insofern ist es legitim, über die
Frage nachzudenken, welche Wirkungsgrade Kohle-
kraftwerke in Zukunft haben können und müssen. Dabei
spielt die Erreichbarkeit die entscheidende Rolle. Dazu
haben der Kollege Paul und der Kollege Kauch das Not-
wendige gesagt: Ihnen geht es in der Tat um den deut-
schen Komplettausstieg aus der Nutzung der Kohle.
Wenn man sich das vornimmt, dann darf man aber
keinen Schaufenstergesetzentwurf vorlegen.
Was Sie zu den Bestandsanlagen schreiben, ist ziemlich
entlarvend; denn Sie scheinen nicht davon auszugehen,
dass Ihr Vorschlag zum Tragen kommt. Es geht zuerst
um die ernsthafte Frage, wie die Übergangsfristen ge-
staltet werden müssten.
Es ist spannend, dass zwei verschiedene Termine in
Ihrem Gesetzentwurf stehen. Offenbar hat sich der Ver-
fasser des Gesetzentwurfs plötzlich besonnen. In der Be-
gründung sprechen Sie von der ersten Stufe zum 1. Ja-
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Reden Sie nicht dazwischen.
Das ist wie immer bei Ihren Ausstiegsforderungen.
olange Sie in der Opposition sind, fordern Sie den so-
ortigen Ausstieg aus der Kernenergie. Aber wenn man
n der Regierung ist, dann ist dies plötzlich unverant-
ortbar, und die Laufzeiten werden um 20 Jahre und
ehr verlängert. Bei diesem Thema machen Sie es ge-
auso. Sie waren sieben Jahre in der Regierung.
o bitte war da Ihre Forderung nach einem Ausstieg aus
er Kohlekraft? Die gab es nicht. Aber kaum dass Sie in
er Opposition sind, sagen Sie, dass wir die Kohle über-
aupt nicht brauchen und 100 Prozent erneuerbare Ener-
ien realistisch sind. Meine Damen und Herren, ein biss-
hen Realitätsbezug braucht man schon!
Bestreiten Sie doch bitte nicht das, was Sie selber in
hrem Gesetzentwurf formuliert haben.
Immerhin sind Sie, wie man Ihnen schon vorhin an-
and des Textes deutlich gemacht hat, bei den Neuanla-
en sehr ehrlich. Laut Ihrem Gesetzentwurf gibt es,
enn das mit dem Wirkungsgrad von 58 Prozent nicht
unktioniert, keine Neuanlagen. Das weist natürlich den
eg zum Gas. Ich gehe noch einen Schritt weiter als
err Kollege Kauch vorhin: Das wird infolge der Ent-
icklung auf den Gasmärkten nicht nur dazu führen,
ass woanders alte Kohlekraftwerke am Netz bleiben,
ondern dass es eine Gegenbewegung gibt. Die Tatsache,
ass Gas bei uns in Deutschland – in Verbindung mit
em Emissionshandel auch in Europa – teurer wird, wird
azu führen, dass Lieferantenländer wie zum Beispiel
ussland Kohlekraftwerke bauen werden.
ch frage mich, ob man eine gesicherte Energieversor-
ung in Deutschland wirklich aufs Spiel setzen muss,
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Dezember 2009 1101
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Dr. Georg Nüßlein
um am Ende nur die Emissionen von A nach B zu ver-
schieben.
Im Übrigen findet sich in dem Gesetzentwurf der
Grünen kein Wort zu CCS. Sie wissen genau, dass man
nicht beides kann, nämlich auf der einen Seite die Wir-
kungsgrade erhöhen und CO2-Abscheidung und -Spei-
cherung betreiben.
– Nein, ich lasse an dieser Stelle keine Zwischenfragen
zu. – Sie wissen genau, dass man nicht beides kann: Wir-
kungsgrade steigern und CCS betreiben. Von einem zu-
kunftsweisenden Gesetzentwurf hätte ich erwartet, dass
zu diesem Thema darin Stellung genommen wird.
Ganz vorne in Ihrem Gesetzentwurf schreiben Sie
wieder etwas über die Theorie, die mich immer ganz be-
sonders ärgert, dass nämlich eine teilweise Aufrechter-
haltung der konventionellen Energieversorgung die Ent-
wicklung der erneuerbaren Energien behindert. Das ist
objektiv falsch. Es gibt einen Einspeisevorrang, der im
EEG formuliert ist. Die neue Regierung wird an diesem
Einspeisevorrang nicht rütteln. Deshalb ist Ihre Behaup-
tung, dass das eine das andere behindert, widerlegt.
Wir stehen dazu, dass wir unseren Beitrag dazu leis-
ten werden, die erneuerbaren Energien nach Kräften aus-
zubauen und zu fördern. Wir als Union wollen einen
dynamischen Energiemix, bei dem der Anteil der erneuer-
baren Energien mit Blick auf Wirtschaftlichkeit, Versor-
gungssicherheit und Klimaschutz aufwächst und der An-
teil der konventionellen Energieversorgung in gleichem
Maße abnimmt. Das halte ich für ganz entscheidend. Es
geht darum, sicherzustellen, dass wir keine Energielücke
bekommen und dass der Weg in eine dezentrale Energie-
versorgung, den auch wir wollen, so verläuft, dass die
Wirtschaft in diesem Land keinen Schaden nimmt.
Denn beim Klimaschutz können wir nicht ausschließ-
lich in Deutschland etwas bewegen. Es wird darauf an-
kommen, dass wir den Schwellenländern und anderen
Ländern zeigen, dass man beides kann: das Klima scho-
nen und wirtschaftlich vorankommen. Mit dem, was Sie
vorschlagen, nämlich schlagartig und schockartig in die
Wirtschaft einzugreifen, werden wir das nicht hinbe-
kommen. Der Weg, den die Union in der Energiepolitik
einschlägt, ist der realistischere und deshalb auch der
bessere.
Vielen herzlichen Dank.