Rede von
Oliver
Krischer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn die
Nachrichten, die wir von der Konferenz in Kopenhagen
bekommen, stimmen, dann bestehen Chancen, dass wir
doch noch zu einer Vereinbarung kommen und das
2-Grad-Ziel festschreiben. Ich glaube, ich spreche im
Namen aller in diesem Hause, wenn ich denjenigen, die
dort gerade verhandeln und guten Willens sind, den best-
möglichen Erfolg wünsche.
Es gibt aber schon ein anderes Ergebnis aus Kopenha-
gen, das leider nicht erfreulich ist, nämlich dass unter der
Klimakanzlerin a. D., Frau Dr. Angela Merkel,
)
Deutschland die Führungsrolle im internationalen Kli-
maschutz abgegeben hat.
Deutschland, bisher international Vorreiter im Klima-
schutz, ist vom Motor zum Bremser geworden, und die
Welt hat gemerkt, dass man in Deutschland zwar viel-
leicht ambitionierte Ziele hat, aber bei der Umsetzung
Anspruch und Wirklichkeit deutlich auseinanderklaffen.
Nirgendwo wird das deutlicher als im Energiesektor,
der für über 40 Prozent der Emissionen, die aus Kraft-
werken – ganz überwiegend aus Kohlekraftwerken –
stammen, verantwortlich ist. Dieser Anteil der Emissio-
nen nimmt in den letzten Jahren sowohl absolut als auch
relativ immer weiter zu. Das ist erschreckend, wenn wir
unsere Klimaschutzziele erreichen wollen.
Wir müssen diese hohen Emissionen senken. Doch
die Realpolitik sieht ganz anders aus. Wir müssen nur
nach Nordrhein-Westfalen schauen. Parallel zur Kon-
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inem großen Protagonisten, der das Landesgesetz ei-
ens ändert – die berühmte Lex Eon –, um ein vom Ge-
icht gestopptes Kohlekraftwerk zu genehmigen.
Schlimmer als das, was in Nordrhein-Westfalen pas-
iert, ist das, was der Bundesumweltminister zu diesem
hema sagt. Hier im Bundestag gibt er den Umwelt-
hilosophen und redet von der ökologischen Erneuerung
er Industriegesellschaft. In den Feuilletons lesen wir
hnliche Äußerungen. In der Realität aber begrüßt er
von der Konferenz in Kopenhagen aus – das, was in
ordrhein-Westfalen passiert. Daher befürchte ich
chlimmes für unser Land, was den Klimaschutz in den
ächsten Jahren angeht.
Dass es auch ohne neue Kohlekraftwerke geht, haben
chon die Meseberger Beschlüsse der Großen Koalition
ezeigt. Danach sollen der Anteil der erneuerbaren Ener-
ien bis 2020 bei 30 Prozent, der Anteil der Kraft-
ärme-Kopplung bei 25 Prozent und der Anteil der
tromeinsparung bei 11 Prozent liegen. Das macht ins-
esamt 66 Prozent. Das heißt, wir müssen nur noch ein
rittel der Energie aus dem vorhandenen Kraftwerks-
ark beziehen. Dazu brauchen wir kein einziges neues
ohlekraftwerk. Trotzdem sind in Deutschland nach wie
or 25 Kohlekraftwerksprojekte in Planung. Wir brau-
hen aber kein einziges, wenn wir unsere Klimaschutz-
iele erreichen wollen.
Das Problem ist, dass die Genehmigungsbehörden
war die Gestaltung des Kühlturms bestimmen können,
ass aber CO2-Emissionen und Klimaschutz in den Ge-
ehmigungsverfahren überhaupt keine Rolle spielen.
as muss sich ändern, wenn wir bei unseren Klima-
chutzzielen vorankommen wollen.
iesen Missstand wollen wir ändern. Deshalb haben wir
hnen unseren Gesetzentwurf zur Beratung vorgelegt.
ir wollen, dass neue Kraftwerke einen Mindestwir-
ungsgrad von 58 Prozent aufweisen müssen. Dieser
ird nur von modernen GuD-Kraftwerken erreicht, die
ur ein Drittel dessen emittieren, was ein neues Braun-
ohlekraftwerk emittiert. Das ist der erste Punkt.
Der zweite Punkt unseres Gesetzentwurfs ist: Wir
ollen anstelle von reinen Kondensationskraftwerken,
ie nur Strom erzeugen, die hoch effiziente und dezen-
1092 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Dezember 2009
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Oliver Krischer
Russland teuer importiertem Erdgas beheizt werden. Das
Wir müssen Stromerzeugung und Wärmeproduktion zu-
sammenbringen. Das wäre eine wirkliche Effizienzrevo-
lution in der Energiewirtschaft. Aber dazu finde ich im
Koalitionsvertrag von CDU/CSU und FDP kein Wort,
keine Zeile, keine Silbe.
Wir wollen – das ist der dritte zentrale Punkt unseres
Gesetzentwurfs –, dass mit angemessenen Übergangs-
fristen alte, völlig ineffiziente Kraftwerke entweder er-
tüchtigt werden und einen höheren Wirkungsgrad errei-
chen oder, wenn der Betreiber das nicht will oder nicht
finanzieren möchte, stillgelegt werden. Denn die Ent-
wicklung zeigt: Es werden neue Kohlekraftwerke ge-
baut, aber alte nicht stillgelegt. So kommen Emissionen
obendrauf. Hier zeigt sich der Emissionshandel bisher
leider als wirkungslos.
Das zeigt sich zum Beispiel im rheinischen Frim-
mersdorf bei Grevenbroich. Dort, im Rheinland, nicht in
Polen oder Griechenland oder sonst wo, steht das
schmutzigste Kraftwerk Europas, betrieben vom RWE-
Konzern.
Es scheint sich offensichtlich für diesen Konzern zu loh-
nen, dieses schmutzige Kraftwerk trotz des Emissions-
handels weiter zu betreiben, obwohl er neue Kraftwerke
baut. Mit solchen Profiten muss Schluss sein. Es kann
nicht sein, dass ein Konzern auf Kosten des Klimas Geld
verdient.
Zum Schluss möchte ich noch meiner Freude Aus-
druck geben, dass die SPD, die ich in Nordrhein-Westfa-
len immer als vehemente Befürworterin von Kohlekraft-
werken erlebt habe, zumindest auf Bundesebene dabei
ist, ihre Position zu ändern. Nicht anders kann ich eine
dpa-Meldung vom 14. Dezember über den Kollegen
Kelber interpretieren, der sich zu Kopenhagen und zur
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Endgültiges Ergebnis
Abgegebene Stimmen: 571;
davon
ja: 497
nein: 66
enthalten: 8
Ja
CDU/CSU
Ilse Aigner
Peter Altmaier
Peter Aumer
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