Rede von
Dr.
Kirsten
Tackmann
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(DIE LINKE.)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Liebe Gäste! Heute vor 30 Jahren trat die UN-Frauen-
rechtskonvention in Kraft. Ihr Ziel ist, jegliche Diskrimi-
nierung von Frauen zu beseitigen. Die Bundesrepublik
bekennt sich seit langem zu dieser Konvention und ver-
pflichtet sich zu ihrer Einhaltung; doch ihre Umsetzung
läuft sehr schleppend.
Erst im Februar kritisierte der zuständige Ausschuss
zum Beispiel das Fehlen einer gesicherten Finanzierung
der Frauenhäuser in Deutschland und forderte Abhilfe.
Eine Anhörung im Deutschen Bundestag, die vor zwei
Jahren auf Initiative der Linken stattgefunden hat, führte
zu dem Ergebnis, dass dringender Handlungsbedarf be-
steht. Es war die erste Anhörung zu diesem Thema nach
30 Jahren Frauenhausbewegung. Schwarz-Rot hat trotz-
dem nur eine Prüfung beschlossen. Ich denke, Schwarz-
Gelb ist jetzt dringend zur Tat verpflichtet.
Aus unserer Sicht ist klar, dass der Bund zuständig
ist; denn es gilt der Verfassungsauftrag, gleichwertige
Lebensverhältnisse zu sichern, und zwar erst recht für
von Gewalt betroffene Frauen. Dieser Verfassungsauf-
trag ist aber nicht erfüllt, wenn es vom Wohnort oder
von der sozialen Situation der Frau abhängt, ob sie Zu-
flucht vor Gewalt findet oder nicht. Daran wird sich
nichts ändern, wenn die Finanzierung weiterhin allein
den Ländern und Kommunen überlassen wird. Eine Fi-
nanzierung nach Kassenlage anstatt nach Bedarf ist ge-
rade bei Gewaltopfern absolut inakzeptabel.
Ich nenne ein paar daraus resultierende Probleme:
Erstens. Bei der Versorgung zeigt sich, dass es zu wenig
Schutzplätze und zu große regionale Unterschiede gibt. In
Bremen kommt ein Frauenhausplatz auf 6 200 Einwohne-
rinnen und Einwohner, in Bayern sogar auf 17 100.
Gemessen an den Normen der Europäischen Kom-
mission fehlen im Bundesdurchschnitt 4 800 Plätze. Es
ist inakzeptabel, wenn es vom Wohnort abhängt, ob eine
Zuflucht verfügbar ist oder nicht.
Zweitens. Soziale Zugangsbarrieren. Mit der Einfüh-
rung von Hartz IV wurde die Situation der Gewaltopfer
noch verschlechtert. Der Wechsel von der Pauschal- zur
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Stellen wir uns kurz vor, wir wären Mitarbeiterinnen
n einem Frauenhaus und müssten misshandelte Frauen
bweisen, weil sie jenseits der Stadtgrenze wohnen oder
eil sie Studentin oder Migrantin ist. Würden Sie diese
rau ohne Hilfe wegschicken oder sie trotz des knappen
tats des Frauenhauses aufnehmen? Nur, wie oft könn-
en Sie sich eine solch humanitäre Geste leisten? Genau
or dieser Frage stehen Frauenhausmitarbeiterinnen na-
ezu täglich. Dabei sind sie unterbezahlt und müssen ne-
enbei zum Beispiel für Beratungsarbeit auch noch Ei-
enmittel einwerben. In NRW sind das stattliche
0 Prozent des Etats. Beim rot-rot regierten Berlin sind
s übrigens nur 3 Prozent.
Aus all diesen Gründen brauchen wir dringend eine
undeseinheitliche bedarfsgerechte Pauschalfinanzie-
ung für Frauenhäuser,
ür Unterkunft, Betreuung, Prävention und Aufklärungs-
rbeit, für administrative Arbeiten und die Vernetzung
on Schutzeinrichtungen. Das zu sichern, beantragt Die
inke heute erneut, und wir werden weiter Druck ma-
hen, bis jedes Zimmer in jedem Frauenhaus für seine
ewohnerin die Tür zu einer gewaltfreien Zukunft öff-
et.
Vielen Dank.