Rede von
Dr.
Norbert
Lammert
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Nächste Rednerin ist die Kollegin Marieluise Beck,
raktion Bündnis 90/Die Grünen.
Marieluise Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
EN):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
anche von Ihnen wissen, dass ich seit 1992 mit dieser
egion sehr verbunden bin. Solch ein Beitrag macht
ich einfach fassungslos.
Frau Kollegin, es ist eine Tatsache: Die kroatische
tadt Vukovar wurde von der serbischen Armee überfal-
en, bevor Kroatien anerkannt worden war. Lesen Sie
och bitte ein bisschen in den Geschichtsbüchern.
och etwas: Srebrenica war keine Scheinwelt. Vielleicht
ollte Ihre Fraktion einmal den Mut haben – das möchte
ch Ihnen wirklich nahelegen – und nach Srebrenica fah-
en.
ahren Sie einmal dorthin! Schauen Sie sich das an! Der
enozid in Srebrenica ist sogar gefilmt worden. Sie kön-
en sich die Dokumente anschauen. Man kann sogar Ge-
eral Mladic auf dem Gelände der ehemaligen Batte-
iefabrik in Potocari sehen, wo die Selektion der Männer
nd Jungen beginnt, die dann in die Wälder geführt wor-
en sind, um dort ermordet zu werden.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Dezember 2009 1087
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Marieluise Beck
Althea dient der Stabilisierung; es ist jetzt eigentlich
ein Präventionseinsatz. Es geht um Prävention von Ge-
walt, was für UN-Missionen gut und richtig ist. Wir soll-
ten jetzt weniger über Militär und mehr über Politik
sprechen.
Der Kollege Mützenich hat schon gesagt, dass sich
hier auch an uns die Frage richtet: Welche Perspektive
geben wir dieser Region? Um diese Region nicht zu ei-
nem schwarzen Flecken innerhalb Europas werden zu
lassen, braucht die Region die Perspektive einer EU-
Mitgliedschaft.
Wir alle wissen, dass dieser Passus in der Koalitionsver-
einbarung ausgespart worden ist. Das offenbart, dass es
diesbezüglich in der Regierung eine Differenz gibt und
die CDU dieser Region diese Perspektive nicht aufzei-
gen will. Wenn der Fortschritt in dieser Region nicht mit
dem Tempo kommt, das wir alle uns wünschen, hat das
sehr viel damit zu tun, dass diese Perspektive nicht
glaubwürdig und klar von uns und der Europäischen
Union formuliert wird.
Die Dinge stehen nicht so gut, wie wir in diesem Ho-
hen Haus das gerne sagen; darüber haben wir hier schon
diskutiert, Herr Außenminister. Es wird häufig geschrie-
ben, dass die zentrifugalen Kräfte in Bosnien eher zu-
nehmen und bosnische Politiker sich mit nationalisti-
schen Parolen und der Obstruktion von Reformen, die
für die Schaffung eines Gesamtstaates erforderlich sind,
profilieren können. Aber auch da haben wir eine Verant-
wortung. Wir haben mit dem Dayton-Abkommen eine
Verfassung schreiben und unterschreiben lassen, in der
die Zugehörigkeit zu einer Ethnie – man müsste eigent-
lich sagen: Religionsgruppe – Voraussetzung für den Zu-
gang zu Ämtern ist. Der jetzige bosnische Außenminis-
ter kann nicht für das Staatspräsidium dieses Landes
kandidieren, weil er sich keiner der Gruppen, die be-
nannt worden sind, zuordnen kann. Junge Menschen, die
aus einer kroatisch-bosnischen Ehe hervorgegangen
sind, müssen sich einer sogenannten Ethnie zuordnen,
bevor sie für das Amt des Repräsentanten dieses Staates
kandidieren können. Das kann in Europa nicht sein.
Wenn wir über unsere Werte sprechen, muss uns klar
sein, dass wir eine Bringschuld haben; denn so können
wir dieses Land gar nicht in Europa aufnehmen. Unsere
Aufgabe ist die Überwindung von Dayton. Das ist eine
sehr große Aufgabe.
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Die Menschen haben ein tiefes Bedürfnis nach Ge-
echtigkeit. Das ist auch in Bosnien so. Ich sage noch
inmal: Es ist nicht nachvollziehbar, dass ein kleines
and wie Serbien, das ja keinen großen Dschungel hat,
icht in der Lage ist, General Mladic auszuliefern. Wenn
ir in dieser Region Frieden und Gerechtigkeit herbei-
ühren wollen – dabei geht es nicht um Strafe oder Ra-
he, sondern nur um die Benennung der Wahrheit –,
uss mit großer Klarheit und Ernsthaftigkeit verlangt
erden, dass General Mladic endlich in Den Haag lan-
et.
s darf nicht darauf gesetzt werden, dass uns eines Tages
ie biologische Lösung von dieser Forderung, die
chwer durchzusetzen ist und Konflikte mit Serbien be-
eutet, befreit.
Schönen Dank.