Rede von
Elke
Hoff
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen!
Liebe Kollegen! Herr Kollege Gehrcke, ich freue mich,
dass Sie wenigstens nicht in diesem Zusammenhang den
Neoliberalismus als Wurzel allen Übels identifiziert ha-
ben. Das ist zum Ende des Jahres wirklich eine sehr ver-
söhnliche Geste. Herzlichen Dank dafür!
Dass wir heute bereits zum zweiten Mal in diesem
Monat über Fragen der nuklearen Abrüstung diskutieren,
ist ein Zeichen für die Bedeutung, die Abrüstung, Rüs-
tungskontrolle und Nichtverbreitung in den letzten Jah-
ren erfahren haben. Ich glaube, wir alle, die wir als Kol-
legen in diesem Bereich tätig sind, können uns keinen
schöneren Tag als heute wünschen, an dem es zum ers-
ten Mal Anzeichen dafür gibt, dass es Russland und
Amerika wohl schaffen werden, ein Nachfolgeabkom-
men zum START-1-Vertrag auf den Weg zu bringen. Das
finde ich sehr gut. Das sollten wir begrüßen. Es gibt vor
allen Dingen auch uns weitere Rückendeckung und wei-
teren Rückenwind für unsere Aktivitäten hier im Hause.
Wir alle können froh sein, dass das Thema der nuklea-
ren Abrüstung dank des Engagements von vorausschau-
enden Staatsmännern wie Hans-Dietrich Genscher,
Helmut Schmidt und Richard von Weizsäcker wieder auf
die Bühne der öffentlichen Aufmerksamkeit gebracht
worden ist. Zudem hat sich mit der Prager Rede von US-
Präsident Obama die historische Chance eröffnet, die
globalen Abrüstungsbemühungen zaghaft wiederzubele-
ben und darüber hinaus beherzt den Weg in eine kern-
waffenfreie Zukunft anzutreten. Die letzte Debatte hier
im Hause hat gezeigt, dass wir als Parlamentarier über
alle Fraktionsgrenzen hinweg der Überzeugung sind,
dass diese Chance genutzt werden sollte.
Deutschland kann und muss hierzu seinen Beitrag
leisten, indem in enger Abstimmung mit unseren Ver-
bündeten in der NATO dafür gesorgt wird, dass die letz-
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Die Verbreitung von Kernwaffen und die Stabilität
es internationalen Staatensystems stehen in einem en-
en Zusammenhang. In den kommenden Monaten wer-
en von der Weltgemeinschaft wichtige Weichenstellun-
en für die internationalen Bemühungen um nukleare
brüstung und Nichtverbreitung vorgenommen. Der
ipfel zur nuklearen Sicherheit ist hier zu nennen, der
uf Initiative des amerikanischen Präsidenten im März
010 zu Beratungen zusammenkommen wird.
Ebenso besteht die Hoffnung, dass im Frühjahr die
erhandlungen in der Genfer Abrüstungskonferenz über
inen Vertrag über ein Verbot zur Produktion von waf-
enfähigem Spaltmaterial endlich beginnen können. In
eiden Fällen wird es darum gehen, die Proliferation von
uklearmaterial und sensiblem Know-how in die fal-
chen Hände, seien sie staatlich oder nichtstaatlich, zu
erhindern.
Im Rampenlicht steht aber die Überprüfungskonfe-
enz zum Nuklearen Nichtverbreitungsvertrag im Mai
ächsten Jahres. Ihr erfolgreicher Verlauf wäre ein erster
eilenstein auf dem Weg in eine kernwaffenfreie Zu-
unft. Hierfür muss es den Staaten, die den Nichtverbrei-
ungsvertrag unterzeichnet haben, gelingen, das Gleich-
ewicht zwischen den drei Säulen des Kooperations-
egimes – Abrüstung, Nichtverbreitung und das Recht
uf zivile Nutzung der Kernenergie – wieder herzustel-
en. Es muss verlorenes Vertrauen in den Nutzen und in
ie Effektivität des Vertrages wiederhergestellt werden,
essen Verlust in der gescheiterten Überprüfungskonfe-
enz 2005 seinen vorläufigen Höhepunkt fand. Wir kön-
en uns keinen weiteren Verfall des Vertrages leisten,
enn die Weiterverbreitung von Kernwaffen glaubwür-
ig verhindert und die Abrüstung weiter vorangebracht
erden soll.
Es ist einerseits notwendig, die fünf Kernwaffenstaa-
en des Vertrages an ihre Abrüstungsverpflichtungen aus
rt. VI des Vertrages über die Nichtverbreitung von
ernwaffen zu erinnern. Andererseits müssen die Ver-
ragsstaaten die Verifikations- und Transparenzinstru-
ente des Vertrages weiter stärken. Regelbrecher und
roliferateure dürfen nicht das Gefühl haben, unentdeckt
egen die Normen und Prinzipien des Nichtverbrei-
ungsvertrages verstoßen zu können.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Freitag, den 18. Dezember 2009 1111
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Elke Hoff
Deshalb ist es so wichtig, die Universalisierung des
Zusatzprotokolls zu erreichen, wodurch der Internatio-
nalen Atomenergiebehörde umfangreichere Inspektions-
rechte eingeräumt werden. Zudem muss das Projekt
einer Multilateralisierung des Brennstoffkreislaufs vo-
rangetrieben werden, um für die Zukunft verdeckte Pro-
liferation im Rahmen ziviler Nuklearprogramme zu ver-
hindern.
Die neue amerikanische Nuklearstrategie, welche An-
fang 2010 vorgelegt werden wird, muss zudem zeigen,
ob sie den politischen Leitlinien der US-Regierung in
Fragen der Abrüstung und Nichtverbreitung gerecht
werden kann. Viele Nichtkernwaffenstaaten werden ge-
rade im Vorfeld der Überprüfungskonferenz auf den
Nuclear Posture Review schauen und diesen als Grad-
messer dafür ansehen, wie ernst es auch den Vereinigten
Staaten mit ihren kurz- und mittelfristigen Abrüstungs-
bemühungen ist.
Gleiches gilt für die Entscheidung des US-Senats
über die amerikanische Ratifikation des Atomteststopp-
vertrages. Die Ratifikation des CTBT muss aber – nicht
nur wegen der Vorbildfunktion für Staaten wie Indien –
gelingen, soll der Vertrag nicht für weitere Jahre auf Eis
gelegt werden. Nicht zuletzt hängen zukünftige Erfolge
bei der nuklearen Abrüstung und Nichtverbreitung eng
mit einer diplomatischen Lösung für die Konflikte um
das iranische Nuklearprogramm und das nordkoreani-
sche Kernwaffenprogramm zusammen. Ich habe immer
noch die Hoffnung, dass gerade mit dem Iran auf der Ba-
sis des jüngsten Vorschlags der IAEO zur Anreicherung
von Uran für den Teheran-Forschungsreaktor im Aus-
land doch noch eine Verständigung – vielleicht in letzter
Minute – zustande kommt. Denn ohne eine tragfähige
Lösung dieser Proliferationsrisiken wird ein substanziel-
ler Fortschritt bei der weltweiten Abrüstung kurz- bis
mittelfristig kaum möglich sein.
Abschließend bleibt festzuhalten: Die Herausforde-
rungen sind vielfältig; die einzelnen Bereiche sind
schwierig. Bundesaußenminister Westerwelle hat immer
betont: Abrüstung ist möglich, und zwar jetzt. Das
Schlüsselwort hierzu heißt „Zusammenarbeit“.
Auch in diesem Sinne wünsche ich Ihnen, liebe Kol-
leginnen und Kollegen, ein frohes Weihnachtsfest sowie
ein gesundes und glückliches neues Jahr. Ich freue mich
auf den gemeinsamen Antrag im Jahr 2010.
Vielen Dank.