Gesamtes Protokol
Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die
Sitzung ist eröffnet.
Ich begrüße Sie alle herzlich zum zweiten Tag der
Haushaltsberatungen.
Wir setzen die gestern eröffneten Haushaltsberatun-
gen – Tagesordnungspunkt 2 – fort:
a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die
Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das
Haushaltsjahr 2008
– Drucksache 16/6000 –
b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesre-
gierung
Finanzplan des Bundes 2007 bis 2011
– Drucksache 16/6001 –
Ich darf daran erinnern, dass wir gestern für die heu-
tige Aussprache eine Redezeit von insgesamt siebendrei-
viertel Stunden beschlossen haben. Ich möchte schon
jetzt alle Rednerinnen und Redner dringend bitten, die
möglichst präzise Einhaltung dieser Gesamtredezeit im
Auge zu behalten.
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Wir beginnen die heutigen Haushaltsberatungen mit
dem Geschäftsbereich des Bundeskanzleramtes, Ein-
zelplan 04.
Als erstem Kollegen erteile ich das Wort dem Kolle-
gen Brüderle für die FDP-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächstmöchte ich im Namen der FDP-BundestagsfraktionHerrn Minister Gabriel recht herzlich zum Geburtstaggratulieren. Alles Gute!
Wir alle freuen uns, dass die Weltkonjunktumer recht stabil ist. Wir alle freuen uns, dass d
lle wollen die Welt verbessern, und Geld spielt keineolle. In Woodstock kam aber am Ende der große Re-en.Das wichtigste Projekt dieser Regierung scheint der-eit zu sein, den Bundesadler durch den Eisbären zu er-etzen. Klimaschutz am Nordpol ist ohne Zweifel wich-ig, aber das Reformklima in Deutschland eben auch.
er Aufschwung muss bei den Bürgern ankommen.
as hat zwar auch der Bundeswirtschaftsminister er-annt, aber ein einzelner Zwischenruf im Kabinett reichtextnicht. Von der Teilhabe der Bürger am Aufschwung istweit und breit nichts zu sehen.Groß war diese Regierungskoalition in den vergange-nen zwei Jahren nur bei den Steuererhöhungen. Die Bür-ger können aber nur dann am Aufschwung teilhaben,wenn sie bei Steuern und Abgaben entlastet werden.
Jetzt ist die Zeit für Steuersenkungen. Damit würde dasWachstum gestärkt und der Aufschwung verstetigt. DerVorsitzende des Sachverständigenrates, Professor Rürup,sagt, dass die Binnennachfrage flach wie ein Brett ist.Das hat mit der großen Mehrwertsteuererhöhung und mitieser Regierungskoalition zu tun.ei der FDP sowie des Abg. OskarLafontaine [DIE LINKE])r noch im-adurch be-dem Zickzack d
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Sie reden davon, den Aufschwung stärken zu wollen.Wenn Sie entsprechend handeln wollen, dann sollte sichdie Bundesregierung die Vorschläge zur Steuersenkungaus dem Wirtschaftsministerium zu Herzen nehmen undumsetzen. In diesem Fall bedeutet von Glos zu lernen,besser zu werden.
Trotz sprudelnder Steuerquellen behauptet derFinanzminister, dass es keinen Spielraum für Steuersen-kungen gibt. Dabei führen niedrigere Steuern zu mehrInvestitionen, mehr Wachstum, mehr Arbeitsplätzen undmehr Konsum. All dies bringt auch mehr Steuereinnah-men.
Für neue Ausgabenprogramme hat die RegierungGeld. Die Ausgaben des Bundes sollen um 4,7 Prozentgesteigert werden. Die Schminkkoffer der Regierungwerden prall gefüllt. Da müssen sich die Bürger dochverschaukelt vorkommen. Das Geld für die Entlastungder Bürger ist nicht da. Aber neue Ausgabenprogramme,das Füllen der Schminkkoffer können Sie finanzieren.Das ist die falsche Politik.
Die gute Konjunktur sorgt dafür, dass die Mängel derRegierungspolitik nicht sofort auffallen. Das 50-Punkte-Programm der Grillparty von Meseberg verdeckt abernur notdürftig, dass die Regierung ihr Pulver verschos-sen hat. Ins Schwarze getroffen haben Sie mit Ihrer Poli-tik bisher kaum.Es ist ein historischer Fehler dieser Koalition, dass sieihre großen Mehrheiten im Bundestag und im Bundesratnicht konsequent nutzt. Dies ist ein Rückfall in die poli-tischen Fehler früherer Zeiten. Sie machen wissentlichgroße Fehler. Die Fehler werden beschönigt; dem Bürgerwird Sand in die Augen gestreut. Sie hätten die Chance,notwendige Veränderungen in Deutschland vorzuneh-men. Aus unterschiedlichen Motiven in den beiden Par-teien spielen Sie mit kleiner Münze, statt Ihrer Aufgabe,große Veränderungen zu schaffen, zu entsprechen. Es istIhre historische Fehlleistung, dass Sie Chancen verpas-sen, statt sie zu ergreifen und umzusetzen. Das Land istgut, die Regierung schwach.
Wir reden unser Land nicht schlecht. Aber als größteOppositionspartei ist es unsere Aufgabe, die Schwächender Regierung aufzuzeigen.
Das ist unsere demokratische Pflicht; denn es geht umunser Land. Der Dornröschenschlaf und das Herummo-geln um wichtige Entscheidungen können so nicht wei-tergehen. Nehmen Sie sich das zu Herzen!
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as sind die Fakten; darauf bauen wir auf. Das ist eineroßartige Entwicklung.Es geht dabei im Übrigen um mehr als nur um einaar positive Wirtschaftsdaten. Es geht um etwas ganzrundsätzliches – ich spüre das wie viele andere auchei meinen Besuchen vor Ort –: Deutschland ist dabei,us eigener Kraft Schritt für Schritt die Lasten und auchanches Versäumnis der letzten eineinhalb Jahrzehnteufzuarbeiten. Das ist die Botschaft der Zuversicht anie Menschen.Alle Industrieländer waren in den 90er-Jahren einemassiv erhöhten Wettbewerbsdruck durch die Globali-ierung ausgesetzt. Doch Deutschland war zugleich ininer historisch einmaligen Situation. Der Prozess dereutschen Einheit gehörte und gehört ohne Zweifel zuen glücklichsten Entwicklungen unserer Geschichte.llerdings band er auch Ressourcen, Kraft und Auf-erksamkeit, wie sie kein anderes Land zu bewältigenatte.
In seinem Kern erzählt der Aufschwung, den wir jetztrleben, eine großartige Erfolgsgeschichte: die Ge-chichte, wie Deutschland gleichzeitig Aufbauleistungenür die neuen Bundesländer und die Globalisierung be-ältigen konnte. Meine Damen und Herren, wer das ge-chafft hat, dem braucht auch vor den Veränderungenes 21. Jahrhunderts nicht bange zu sein. Das ist dereist, in dem wir Politik machen.
Jetzt sind wir dabei, die Chancen der Zukunft zu be-chreiben und sie zu nutzen. Die Financial Times ausondon schrieb von einem neuen Wirtschaftswunder.
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Bundeskanzlerin Dr. Angela MerkelIch sage: Nein, das ist kein Wunder, sondern der Lohnvon harter Arbeit und Anstrengung, der Lohn der mit derAgenda 2010 eingeleiteten Reformen
und der Lohn der Reformen dieser Bundesregierung.
Vor allem ist dieser Aufschwung der Lohn der Arbeit derMenschen in Deutschland: der Lohn von wagemutigenUnternehmern und gut ausgebildeten Arbeitnehmern,von engagierten Erziehern, Lehrern und liebevollen El-tern, von international renommierten Wissenschaftlernund kreativen Ingenieuren. Sie alle sind es, die diesenAufschwung möglich gemacht haben.
Die Aufgabe der Politik ist es dabei, die Weichen richtigzu stellen
und dafür zu sorgen, dass das Land seine Kräfte bündelt.Genau das macht die Bundesregierung.
Meine Damen und Herren, in diesem Sinne haben wirvor zwei Jahren den Kurs „Sanieren, Investieren,Reformieren“ eingeschlagen und ihn gegen Kritik ver-teidigt. Diese Kritik war zum Teil vernichtend, und dieAussichten waren trübsinnig. Aber wir haben uns nichtbeirren lassen. Die Daten von heute zeigen: Es war rich-tig, diesen Kurs einzuschlagen.
Jetzt wird sichtbar: Die Strategie wirkt. Ich sage aus-drücklich: Das ist kein Grund zu Übermut, wohl aber zuSelbstvertrauen, und zwar zu einem Vertrauen darauf,dass sich Anstrengung lohnt. Wir ruhen uns nicht auf un-seren Lorbeeren aus. Deutschland ist noch nicht überallso gut, wie wir es uns wünschen. Dass wir heute bei In-vestitionen und Bildung im internationalen Mittelfeldliegen, ist gut, aber nicht ausreichend.
Vor allen Dingen: Da wir immer noch 3,7 Millionen Ar-beitslose haben, heißt unsere Devise: 3,7 Millionen Ar-beitslose sind 3,7 Millionen zu viel. Es muss unser Zielsein, hier voranzukommen.
Daraus leitet sich unsere Aufgabe für die kommendenJahre ab: nach innen die Grundlagen des Aufschwungsstärken, Teilhabechancen verbessern und Quellen neuenWohlstands erschließen und nach außen für faire Regelnund offene Märkte sorgen.Auf der Kabinettsklausur in Meseberg haben wirbeschlossen, in fünf Zukunftsbereichen neue Impulse zusetzen:sstemwSEhU2nmdkthbltvdvdfWggmgfgUhrraUiDDssiBrd
ir werden alles daransetzen, den Menschen den Zu-ang zum ersten Arbeitsmarkt durch Hinzuverdienstre-elungen und die Bündelung der Arbeitsmarktinstru-ente möglich zu machen. Wo immer es Spielräumeibt, werden wir sie nutzen.Wir werden den Aufschwung natürlich auch dadurchortsetzen, dass wir wettbewerbsfähige Rahmenbedin-ungen für Investitionen schaffen. Dazu gehört dienternehmensteuerreform, die wir bereits beschlossenaben. Dazu gehört die Arbeit an der Erbschaftsteuer-eform, die durch das Urteil des Bundesverfassungsge-ichts nicht einfacher geworden ist, bei der wir aber nichtus dem Auge verlieren, dass wir den mittelständischennternehmen, den Familienunternehmen den Übergangm Erbfall erleichtern wollen, um Arbeitsplätze hier ineutschland zu erhalten.
azu gehört die Arbeit des Normenkontrollrates, derich dem Bürokratieabbau verschrieben hat.Zweitens. Wir wollen, dass alle Menschen am Auf-chwung teilhaben können. Der Schlüssel zur Teilhabest heute zum einen Arbeit, zum anderen der Zugang zuildung. Deshalb haben wir eine nationale Qualifizie-ungsoffensive gestartet, die wir auch weiterführen wer-en. Wir wissen, dass wir – zum Teil aus dem Aufschwung
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Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkelresultierend – bereits einen Mangel an Fachkräften haben.Wir sagen: Zuerst müssen wir alles daransetzen, dieMöglichkeiten, die wir hier im Lande durch Qualifizie-rung haben, zu nutzen. Das gilt für alle Bereiche: für dieeinfachen genauso wie für die qualifizierten Tätigkeiten.
Wir sagen dann aber auch: Wenn wir einen erkennba-ren Mangel in bestimmten Bereichen haben, wenn zumBeispiel in speziellen Ingenieurbereichen gar keine eige-nen Arbeitskräfte vorhanden sind, dann ist es doch, ehedie Betriebe ins Ausland abwandern, vernünftig, zumBeispiel Menschen aus den mittel- und osteuropäischenStaaten mit diesen speziellen Qualifizierungen das Ar-beiten bei uns zu erlauben.
Wir haben dann festgelegt, dass wir ein mittel- undlangfristiges Konzept erarbeiten, das auf dem Gedankenberuht, dass es keine Zuwanderung in die sozialen Si-cherungssysteme von Deutschland geben soll, sonderndahin, wo die Besten der Welt gebraucht werden. Offen-heit bei gleichzeitiger Qualifizierung aller Menschen inunserem Land – das ist unsere nationale Bildungs- undQualifizierungsinitiative, und die ist wichtig.
Wir werden neue Wege der Beteiligung der Arbeit-nehmerinnen und Arbeitnehmer am Investivkapital ge-hen. Dazu werden wir in den nächsten Wochen Vor-schläge unterbreiten. Für mich ist dies deshalb sowichtig, weil die Bindung der Arbeitnehmerinnen undArbeitnehmer an den Kapitalzuwachs ihres eigenen Un-ternehmens ihnen die Möglichkeit gibt, neben der Lohn-entwicklung auch am Wachstum teilzuhaben. Deshalb istdas ein ganz wichtiger Bereich.
Es ist kein Geheimnis, dass wir in der Koalitiondurchaus darüber diskutiert haben, in welcher Weise wireinen besseren Zugang zum Arbeitsmarkt, die Erhaltungvon Arbeitsplätzen und gleichzeitig faire Löhne umset-zen können. Sicherlich gibt es da Unzufriedenheit. Aberich will darauf hinweisen: Wir haben uns für den HerbstSchritte vorgenommen, die genau diesem Ziel dienensollen. Es geht auf der einen Seite um die Erweiterungdes Arbeitnehmer-Entsendegesetzes und dort, wo Tarif-partner nicht mehr in der Lage sind, Löhne festzulegen,um das Mindestarbeitsbedingungsgesetz. Auf der ande-ren Seite werden wir immer aufpassen, dass dann, wennMenschen Arbeit haben, diese Arbeitsplätze nicht verlo-ren gehen. Das ist der Weg dieser Bundesregierung.Drittens. Wir wollen die Quellen des Wohlstands vonmorgen erschließen. Deshalb haben wir uns vorgenom-men, 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Wissen-schaft und Forschung auszugeben. Die Bundesregie-rung leistet hierzu ihren Beitrag. Das wird in denHaushaltszahlen deutlich. Denn es ist natürlich klar:Wirtschaftswachstum führt dazu, dass auch die Ausga-ben für Forschung und Entwicklung steigen müssen. Dasfindet seine Berücksichtigung im Bundeshaushalt. Der-zeit liegt Deutschland hier bei knapp 2,7 Prozent. DerBnWaElbsLsgdmdwlrignmchdtKddtwvzddOnhWamgsndddUdds
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Fünftens. Wir wollen den Zusammenhalt und die So-lidarität in Zeiten des Wandels stärken. Wir wissen:Wirtschaftlicher Erfolg ist entscheidend für die Frage,wie wir unseren Wohlstand in unserem Land erhaltenkönnen. Aber wer Ludwig Erhard gelesen hat, weiß:Wachstum und wirtschaftlicher Erfolg sind kein Selbst-zweck.
Es geht um ein lebenswertes Deutschland und eine freieund gerechte Gesellschaft unter den Bedingungen desdemografischen Wandels. Aber nur dann – wir haben esin den letzten zwei Jahren erlebt –, wenn die sozialen Si-cherungssysteme besser dastehen, wenn mehr MenschenArbeit haben und in diese Systeme einzahlen, kann dasallen zugutekommen. Es wird oft so getan, als könne dieTeilhabe aller irgendwie vom Staat zentral geregelt wer-den. Nein, nur dadurch, dass wir unsere Institutionenund sozialen Sicherungssysteme auf eine gute Basis stel-len, können wir alle Menschen am Wohlstand teilhabenlwssgWlbjDßJdgrucguaDggaAvDngGfmZnbngIlnsiEm
Wenn wir über den Zusammenhalt unserer Gesell-chaft reden, dann hat die Familie natürlich eine Schlüs-elbedeutung. Wir stehen vor großen Herausforderun-en, die wir auch angepackt haben. Wir haben gesagt:ir wollen die Wahlfreiheit für Eltern, Beruf und Fami-ie so zu gestalten, wie sie es möchten. Dabei ist erkenn-ar, dass insbesondere bei der Betreuung von unter Drei-ährigen heute keine Wahlfreiheit gegeben ist.
eshalb haben wir gesagt: Hier machen wir einen gro-en Schritt. Wir wollen den Rechtsanspruch bis zumahr 2013 umsetzen. Wenn wir das geschafft haben,ann können wir uns auch wieder mit denen beschäfti-en, die ihre Kinder zu Hause erziehen. Das heißt, prio-itär bis 2013 ist erst einmal die Betreuung der Kindernter drei; das ist die klare Verabredung. Danach ma-hen wir einen weiteren Schritt und sagen: Auch diejeni-en, die sich anders entscheiden, bekommen ein Betreu-ngsgeld.
Entscheidender Maßstab für die Menschlichkeit istuch der Umgang mit den Älteren und Schwächeren.eshalb möchte ich an dieser Stelle Folgendes sagen: Esibt in diesen Tagen zwar viel Kritik an einzelnen Pfle-eheimen und bestimmten Zuständen. Das müssen wirufnehmen; das macht die Bundesgesundheitsministerin.ber die überwältigende Mehrheit der Menschen, dieon Pflegekräften gepflegt werden, wird gut behandelt.iesen Pflegekräften gilt ein herzliches Dankeschön ge-auso wie denen, die ihre Angehörigen zu Hause pfle-en. Das ist eine Leistung der Menschlichkeit für unsereesellschaft.
Wir werden unseren Nationalen Integrationsplanortentwickeln. Er ist ein Beispiel für eine sehr gute ge-einsame Arbeit von Bund, Ländern und Kommunen.um ersten Mal ist es gelungen, hier eine Systematik hi-einzubringen und zu sagen: Diejenigen, die bei uns le-en und einen ausländischen Hintergrund haben, sindicht irgendwelche Gäste auf kurze Zeit. Sie werden län-er bei uns sein, und deshalb müssen wir sie integrieren.ntegration ist keine Einbahnstraße; sie erfordert von al-en in der Gesellschaft etwas. Aber dass wir uns jetzt ei-ig sind, dass das Beherrschen der Sprache die Voraus-etzung für die Integration ist, ist ein großer Fortschrittn Deutschland. Das wird sich in Maßnahmen auf allenbenen wiederfinden, und das ist gut so.
Wir haben einen klaren Wertekanon für unser Zusam-enleben in Deutschland. Das Bekenntnis zu unserer
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Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkelnationalen Identität und Weltoffenheit sind überhautkeine Gegensätze. Aber wir wissen: Wir leben in einerWelt, in der es neue Bedrohungen gibt. Gestern war der11. September, der sechste Jahrestag der Anschläge aufdas World Trade Center. Es waren damals am 11. Sep-tember 2001 Anschläge von Menschen, die die Art, wiewir leben wollen, und unseren Wertekanon, von dem ichgesprochen habe, nicht akzeptieren und ihn vernichtenwollen, und zwar mit aller Konsequenz.Wir wissen, dass in dieser Woche vielleicht einschrecklicher Anschlag in Deutschland hätte stattfindensollen. Glücklicherweise wurde er verhindert. Das ist eingroßer Erfolg der Sicherheitsbehörden. Ein herzlichesDankeschön an alle, die daran mitgearbeitet haben.
Wir können die Augen nicht davor verschließen, dassin den letzten Jahren sieben Terroranschläge mit islamis-tischem Hintergrund verhindert worden sind oder ihreAusführung gescheitert ist. Das heißt, wir leben in einergefährdeten Sicherheit. Unsere Demokratie hat bisherbewiesen – das ist die gute Botschaft –, dass sie sehrwohl handlungsfähig ist, wenn es um den Schutz der Si-cherheit der Bürger geht. Entscheidend ist bei allenÄngsten und Ungewissheiten, die der 11. September mitsich gebracht hat, dass es uns stets gelungen ist – natür-lich mit kontroverser Diskussion –, die Balance vonSchutzmaßnahmen und Freiheitsrechten zu erhalten. Wirhaben eben kein Klima der lähmenden Angst zugelas-sen, sondern wir haben Offenheit und Realitätssinn be-wiesen. Die Befürchtungen oder die Vorwürfe, Deutsch-land werde zu einem Polizei- oder Sicherheitsstaat, sindoffensichtlich Unsinn.
Ich bin deshalb auch optimistisch, dass es uns gelingt,das, was das Bundeskriminalamt an Terrorbekämpfungleisten muss, in einem Gesetz zusammenzufassen. Ichverhehle nicht, dass für mich auch die Onlinedurchsu-chung dazugehört.
Ich empfehle uns, die Diskussion in einem Klima zuführen, in dem wir nicht falsche Fronten aufmachen,sondern in dem wir uns alle gemeinsam – das ist das Be-kenntnis der großen Mehrheit dieses Parlaments – fürFreiheit und Sicherheit gleichermaßen entscheiden. Aberwir sollten uns auch vergegenwärtigen, dass es keineRäume in dieser Gesellschaft geben darf, wo die Sicher-heitsbehörden keine Möglichkeit des Zugriffs haben, na-türlich immer auf rechtsstaatlicher Basis.
Sicherheit ist nicht nur im Zusammenhang mit demTerrorismus wichtig, sondern Sicherheit gehört zu demGrundlebensgefühl, das wir brauchen, um überhaupt inFreiheit leben zu können. Deswegen möchte ich heuteeinmal die Gelegenheit nutzen, den Polizisten auf denganz normalen Polizeirevieren in den Dörfern und denShtUcBAZsPdmHtedstizacDrklczwgnwbsbARdAahMvsDstd
Die rechtzeitigen Festnahmen in der vergangenen Wo-he haben des Weiteren gezeigt – das ist ganz wichtig –:ei uns haben die Sicherheitsbehörden gut gehandelt.ber wir haben auch erlebt, dass es eine hervorragendeusammenarbeit zwischen den Sicherheitsbehörden ver-chiedener Länder gibt. Damit kommen wir auf einenunkt, der in einer global vernetzten Welt von entschei-ender Bedeutung ist: Wenn wir Hilfe bekommen, mussan sich auf Deutschland verlassen können, dass es auchilfe leistet. Wenn wir also die Lehren aus dem 11. Sep-mber und den geplanten Anschlägen ernst nehmen,ann ist der Weg nach Afghanistan nicht weit. Wir müs-en alles tun, damit Afghanistan nie wieder in die Situa-on kommt, dass Taliban und al-Qaida von dort aus – so-usagen frei und ohne Struktur von staatlicher Stelle –gieren können. Afghanistan zeigt uns deutlich, dass Si-herheit und Entwicklung untrennbar verbunden sind.as ist auch das Credo des Berichts der Bundesregie-ung über die nachhaltige Entwicklung in Afghanistan:eine Sicherheit ohne Entwicklung und keine Entwick-ung ohne Sicherheit.
Der Deutsche Bundestag wird in den nächsten Wo-hen wieder eine intensive Diskussion über die Fortset-ung der Bundeswehreinsätze in Afghanistan führen. Ichill dieser Debatte an dieser Stelle nicht vorgreifen, aberenauso wenig will ich heute Morgen mit meiner Mei-ung hinter dem Berg halten. Erinnern wir uns daran,ie die Situation in Afghanistan vor dem Fall der Tali-an war. 23 Jahre Bürgerkrieg und Krieg unter der Herr-chaft der Taliban haben das Land an den Abgrund ge-racht. Die Menschenrechte wurden mit Füßen getreten.l-Qaida fand in Afghanistan einen Ausbildungs- undückzugsraum. Nur weil es quasi keine funktionieren-en staatlichen Strukturen in Afghanistan gab, waren dienschläge vom 11. September mit Tausenden Menschenls Opfer möglich.
Gemessen an dieser Ausgangssituation, haben wir Er-ebliches erreicht.
Es gibt wieder staatliche Strukturen. Drei Viertel derenschen können heute auf eine medizinische Grund-ersorgung zurückgreifen. Die Zahl der Schüler hat sicheit 2001 auf circa 6 Millionen mehr als verfünffacht.avon sind ein Drittel Mädchen. Die Infrastruktur hatich deutlich verbessert.Aber ich will gar nicht herumreden: Das sind die gu-en Fakten. Dennoch bestreitet niemand, dass es trotzieser sichtbaren Erfolge in Afghanistan beträchtliche
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Bundeskanzlerin Dr. Angela MerkelHerausforderungen gibt. Die Sicherheitssituation lässtmancherorts mehr als zu wünschen übrig. Die afghani-schen Sicherheitskräfte – das ist der Punkt – sind nochnicht so weit, ihre Aufgaben allein erfüllen zu können.Der Aufbau der staatlichen Institutionen, insbesonderein der weiten Fläche des Landes, stockt, und die Ent-wicklung der Drogenproduktion ist mehr als unbefriedi-gend.
Die Bundesregierung hat deshalb im Rahmen einerhervorragenden Kooperation des Außenministers, desVerteidigungsministers, der Entwicklungsministerin unddes Innenministers den Schluss gezogen, dass wir natür-lich einen Schwerpunkt auf den zivilen WiederaufbauAfghanistans legen müssen. Deshalb werden wir darumbitten, die Mittel für die Wiederaufbauhilfe für diesesLand aufzustocken.
Eines der wichtigen politischen Projekte war die Initia-tive des Bundesaußenministers im Rahmen unserer G-8-Präsidentschaft, Afghanistan und Pakistan an einenTisch zu bringen; denn nur wenn diese beiden Ländervernünftig zusammenarbeiten, wird es gelingen, dieQuellen des Terrorismus zu bekämpfen. Deshalb gibt eseine große Unterstützung für diese Initiative.
Wir wollen den Aufbau und die Ausbildung der afgha-nischen Sicherheitskräfte verstärken. Das gilt sowohl fürden militärischen Bereich als auch für den Polizeiaufbau.Wir haben wegen der Größe der Aufgabe EUPOL gebe-ten, diese wichtige Aufgabe auf mehr Schultern zu vertei-len. Wie häufig in Europa, sind Anfangsschwierigkeitennicht völlig auszuschließen. Aber wir werden mit großempolitischen Nachdruck dafür sorgen, dass die Arbeit, dievon Deutschland geleistet wurde, jetzt in europäischerZusammenarbeit stattfindet. Ich muss ganz unumwundensagen: Solange die afghanischen Sicherheitskräfte nichtselbst für ein sicheres Umfeld sorgen können, halte ichdie internationale Truppenpräsenz für weiterhin notwen-dig. So lange halte ich auch den Einsatz der Bundeswehrin Afghanistan für notwendig.Unser erfolgreicher zivil-militärischer Ansatz mit densogenannten Provincial Reconstruction Teams in Kun-duz und Faizabad im Norden Afghanistans ist allgemeinanerkannt. Damit unterstützen wir eine Vielzahl vonAufgaben und Projekten zusammen mit unseren Part-nern. Ich möchte deshalb heute Morgen die Gelegenheitnutzen, allen Angehörigen der Bundeswehr, Polizisten,Diplomaten und Wiederaufbauhelfern aus Deutschlandfür die Arbeit ein ganz herzliches Dankeschön zu sagen.
Ich möchte die Gelegenheit ebenfalls nutzen, im Rah-men dieser Debatte an diejenigen zu erinnern, die ihr Le-ben bei der Aufbauarbeit verloren haben. Wir werden sienicht vergessen, und ihr Einsatz war nicht vergebens. Ichmöchte an die Adresse derjenigen, die glauben, durchGbWawddlitMhsBihutwkssokDfCawsseitfgadihsefeui
Unter den gegebenen Umständen halte ich deshalbie anstehende Verlängerung der drei Bundeswehrman-ate als Komponenten, die wir brauchen, für erforder-ich. Als drittgrößter Truppensteller für ISAF haben wirm Norden Afghanistans regionale Führungsverantwor-ung übernommen. Der in diesem Haus noch vor sechsonaten heiß diskutierte Tornado-Aufklärungseinsatzat sich als Erfolg erwiesen. Die NATO und die afghani-che Regierung schätzen ihn. Er leistet einen wichtigeneitrag zum Gesamtauftrag. Die Bundeswehr wird auchn Zukunft den Schwerpunkt ihres Einsatzes im Nordenaben und nur fallweise, wenn es nach Lage der Dingenabweisbar und notwendig ist, in anderen Regionen tä-ig werden. Allerdings warne ich vor der Vorstellung,ir könnten uns im Norden vom Rest Afghanistans ab-oppeln. Der Erfolg kann nur die Gesamtoperation ISAFein, und deshalb stehen wir in voller Solidarität zu die-er Gesamtoperation. Ich weiß, dass über die Antiterror-peration OEF in diesem Hause wie auch in der Bevöl-erung unseres Landes die größten Sorgen bestehen.iese Sorgen nehme ich sehr ernst.Der Einsatz der Bundeswehr im Rahmen von OEF er-olgt, wie wir wissen, auf Grundlage von Art. 51 derharta der Vereinten Nationen und von Art. 5 des Nord-tlantikvertrages. OEF – auch daran möchte ich erinnern –urde in mehreren UN-Sicherheitsratsresolutionen be-tätigt und bekräftigt und wird auch von der afghani-chen Regierung unterstützt.Ich bin überzeugt: Solange die Gefahr eines Wieder-rstarkens von al-Qaida oder der Taliban nicht gebanntst, muss die Stabilisierung des Landes durch ISAF wei-erhin von OEF flankiert werden. Dass dabei eine Ge-ährdung der Zivilbevölkerung so weit wie möglich aus-eschlossen werden muss, will ich an dieser Stelleusdrücklich betonen. Ich will auch darauf hinweisen,ass wir alles unternehmen, um genau das zu verbessern,nsbesondere die Kontakte zwischen ISAF und OEF.In Afghanistan steht viel auf dem Spiel. Deutschlandat 2001 auf dem Petersberg richtigerweise versprochen,ich langfristig für den Wiederaufbau in Afghanistan zungagieren. Die Bundesregierung der Großen Koalitionühlt sich an diese Verpflichtung gebunden. Es ist derinzige Weg, zu zeigen, dass wir Terroristen bekämpfen,
nd zwar entschlossen.
Entschlossenheit und multilaterale Einbindung, dasst das, was unsere Außenpolitik insgesamt kennzeich-
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Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkelnet, ob es um die Frage des Atomprogramms des Irangeht, ob es um die Stabilisierung des Libanon geht, ob esum die Weiterentwicklung der zarten Hoffnungsschim-mer im Hinblick auf die Gespräche im Nahen Osten zwi-schen Premierminister Olmert und dem palästinensi-schen Präsidenten geht.Ich werde in wenigen Tagen an der Generalversamm-lung der UNO in New York teilnehmen. Für uns ist dieFrage „Wie können wir die Herausforderungen bewälti-gen?“ immer verknüpft mit einer starken und handlungs-fähigen UN und damit auch mit einem starken und hand-lungsfähigen UN-Sicherheitsrat. Nur gemeinsam könnenwir das durchsetzen, was wir versprochen haben, zumBeispiel die Erreichung der Millenniumsziele. Im Haus-halt findet dies durch die Erhöhung der Entwicklungs-hilfeausgaben seinen Niederschlag. Wir gehen damit ei-nen Schritt in die richtige Richtung. Wir habeninternationale Verpflichtungen, und wir sind internatio-nale Verpflichtungen eingegangen. Es ist jetzt unsereAufgabe – es geht dabei um unsere Glaubwürdigkeit –,die Erfüllung dieser Verpflichtungen auch wirklichdurchzusetzen.
Durch unsere G-8-Präsidentschaft weiß ich, dass dieMenschen auf der Welt genau hinschauen, ob die Ver-sprechen der Industrieländer leere Versprechen sind oderob wir das, was wir versprochen haben, auch einhalten.Dem gerecht zu werden, gehört zur Glaubwürdigkeitund zu unserem Wertekanon.
Die Gewichte in der Welt verschieben sich. Wir spü-ren das, wenn wir das Wirtschaftswachstum von Chinaund Indien sehen, und wir spüren es, wenn wir uns dieBevölkerungsentwicklung der Welt anschauen. Währendam Anfang des 20. Jahrhunderts jeder Vierte ein Euro-päer war, so wird es am Ende des 21. Jahrhunderts nurjeder Vierzehnte sein.Wenn wir unsere Art, zu leben, wenn wir unsere Vor-stellung von Freiheit, Solidarität und Gerechtigkeit inder Welt durchsetzen wollen, dann müssen wir ent-schlossen dafür eintreten. Deshalb steht diese Bundesre-gierung für eine wertebewusste Politik und für einenKurs der Orientierung am einzelnen Menschen. Wir wol-len mehr Chancen für alle. Wir betreiben eine zukunfts-fähige Politik, indem wir weniger Schulden machen. Wirschaffen Raum für Nähe und Geborgenheit in unsererGesellschaft durch eine Politik für Kinder, Kranke undPflegebedürftige. Wir stärken die soziale Marktwirt-schaft, insbesondere in der internationalen Dimension,und wir übernehmen internationale Verantwortung, in-dem wir für unsere Wirtschaft, unsere Umwelt und un-sere Sicherheit die neue Verbindung zwischen Innen-und Außenpolitik erkennen und gestalten.Dieser Kurs bringt Deutschland voran, nach innen ge-nauso wie nach außen. Damit schaffen wir die Funda-mente unseres Wohlstands, und damit können wir dieErfolgsgeschichte dieser Bundesrepublik Deutschlandfortsetzen. Wir tun dies im Interesse und zum Wohle derMenschen in unserem Land.–lfeFrskFswnwRgfg2Gvvnnostm
Ja, selbstverständlich.
Herr Kollege Westerwelle, ich versichere Ihnen feier-
ich, dass ich auch Ihre Zeit stoppen werde,
alls Sie beabsichtigen, im Laufe des Tages das Wort zu
rgreifen.
Zunächst erhält nun aber das Wort der Vorsitzende der
raktion Die Linke, Oskar Lafontaine.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-en! „Deutschland hat wieder allen Grund zur Zuver-icht.“ Mit diesem Satz hat die Bundeskanzlerin ihre Er-lärung zum Haushalt heute begonnen.
rau Bundeskanzlerin, wir würden diesem Satz gern zu-timmen, wir können ihm aber nicht zustimmen, weilir die Frage aufwerfen müssen: Wer ist „Deutschland“?
Verstehen Sie unter „Deutschland“ auch die Arbeit-ehmerinnen und Arbeitnehmer, zu denen ich gleich et-as sagen werde? Gehören zu „Deutschland“ auch dieentnerinnen und Rentner, zu denen ich gleich etwas sa-en werde? Gehören zu „Deutschland“ auch die Emp-änger sozialer Leistungen, zu denen ich gleich etwas sa-en werde? Und gehören zu „Deutschland“ auch die,5 Millionen Kinder, die in Armut leben? Haben dierund zur Zuversicht? Wen haben Sie denn gemeint,erehrte Frau Bundeskanzlerin, als Sie hier vollmundigon Zuversicht gesprochen haben?
Ich beginne mit den Arbeitnehmerinnen und Arbeit-ehmern und zitiere die Tageszeitung Die Welt, damiticht irgendjemand auf die Idee kommt, ich würde hierppositionelle Texte verbreiten, die böswillig verfassteien, um Ihre tolle Bilanz infrage zu stellen. Sie konn-en darin vorgestern über die Entwicklung des Arbeits-arkts in Deutschland lesen:Als „prekäre Beschäftigung“ bezeichnen Soziolo-gen unsichere, schlecht bezahlte Arbeitsverhält-
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Oskar Lafontainenisse. Nach Zahlen des DGB breitet sich die pre-käre Beschäftigung immer weiter aus. So hat sichdie Zahl der Zeitarbeiter seit 2003 auf 650 000 ver-doppelt; 18 Prozent der Erwerbstätigen sind Mini-jobber, weitere 600 000 Menschen arbeiten als Ein-Euro-Jobber, und 440 000 Vollzeitbeschäftigte ver-dienen so wenig, dass sie auf Hartz IV angewiesensind. Mit den Arbeitsmarktreformen sei ein „un-erträgliches Maß“ an Deregulierung erreicht wor-den, kritisiert der DGB.Sie haben sich hier hingestellt und die Arbeits-marktreformen als Grundlage für die ZuversichtDeutschlands dargestellt. Sie reden völlig über dieKöpfe der Menschen hier in Deutschland hinweg.
Millionen sind in prekären Arbeitsverhältnissen. Wirhaben keinen Grund zur Zuversicht. – Falls die Men-schen Sie jetzt sehen könnten, Frau Bundeskanzlerin,hätten sie kein Verständnis dafür, dass Sie an dieserStelle lächeln.Ich möchte hier noch einmal sagen, was prekäre Ar-beitsverhältnisse eigentlich bedeuten; ihre Zahl nimmtweiter zu. Der französische Soziologe Pierre Bourdieuhat einmal gesagt: Prekäre Arbeitsverhältnisse raubenden Menschen die Zukunftsplanung. – Das müsste jedernachvollziehen können, der sich einmal die Mühe macht,das nachzuempfinden.Was heißt es, wenn man am Monatsende nicht weiß,ob man noch genug Geld hat, um Nahrungsmittel einzu-kaufen? Was heißt es, wenn man am Monatsende nichtweiß, ob man Geld hat, um die Miete zu bezahlen? Washeißt es, wenn man am Monatsende nicht weiß, ob manGeld hat, um die Stromrechnung zu bezahlen? Und wiedemütigend ist es für Eltern, wenn sie feststellen müs-sen, dass sie ihrem Kind den Schulausflug nicht bezah-len können? Das hat nichts mit Zuversicht zu tun.
Diese Menschen haben keine Zukunft. An dieser Stellemüssen wir mit Reformen beginnen, meine sehr geehr-ten Damen und Herren.Ergänzend ist hier noch auszuführen, dass die Arbeit-nehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland vomWohlstandszuwachs abgekoppelt sind. Seit zehn Jahrengibt es in Deutschland keinen realen Lohnzuwachs, undauch die relativ guten Tarifabschlüsse in diesem Jahrkönnen nicht darüber hinwegtäuschen, dass ein andererProzess weitergeht, nämlich der Prozess der permanen-ten Lohnsenkung. Deswegen wäre es eine wichtige Re-form, einen gesetzlichen Mindestlohn in Deutschlanddurchzusetzen, wie in Frankreich 8,44 Euro. Was inFrankreich geht, geht auch in Deutschland.
Es gibt keinen vernünftigen Grund, die Ausbeutung, diein Deutschland aufgrund Ihrer Zögerlichkeit und IhrerHnZbulnuzmhmgsGotnddhdisWmtnsDhrJMennEzkddlbeHzns
Zum zweiten Punkt, den Rentnerinnen und Rent-ern. Wenn sie Ihnen zugehört haben, werden sie nichtnbedingt Ihre Auffassung geteilt haben, dass sie Grundur Zuversicht haben. Die Rentnerinnen und Rentnerussten in den letzten Jahren Nullrunden verkraften. Sieaben in diesem Jahr eine lächerliche Erhöhung bekom-en, die noch nicht einmal die Preissteigerung aus-leicht. Wenn man mit Rentnerinnen und Rentnernpricht, dann wird man nicht hören, dass sie dies alsrund zur Zuversicht empfinden.Aber an einer Stelle ist Ihre Bemerkung geradezubszön, nämlich dann, wenn es um die Zukunftserwar-ung derjenigen Menschen in Deutschland geht, dieiedrige Löhne haben. Die OECD hat festgestellt, dassiese Menschen – die Zahl nimmt zu; es sind Millionen –ie schlechteste Rentenerwartung aller Industriestaatenaben. Das ist doch kein Grund zur Zuversicht, sonderner Nachweis, dass Ihre Rentenpolitik total gescheitertt.
enn alle seriösen Prognosen nachweisen, dass immerehr Rentnerinnen und Rentner in Zukunft Armutsren-en haben werden – das sind nicht 10 Prozent; das sindicht 20 Prozent; das sind mehr –, dann ist völlig unvor-tellbar, wieso Sie sich hier hinstellen und sagen können:eutschland hat Grund zur Zuversicht.Wir müssen die Rentenformel in Deutschland wieder-erstellen. Die Dämpfungsfaktoren müssen wieder zu-ückgenommen werden. Der Rückschritt in das vorletzteahrhundert war ein sozialer Kahlschlag ersten Ranges.enschen, die ein Leben lang gearbeitet haben, habeninen Anspruch auf armutsfeste Rente. Die Linke wirdicht aufhören, dies hier immer wieder auf die Tagesord-ung zu setzen.
Nun komme ich zu den Menschen, die arbeitslos sind.s sind immer noch – hierin stimme ich Ihnen zu – vielu viele, die in Deutschland arbeitslos sind. Aber wirönnen nicht darüber hinwegsehen, dass die Lebensbe-ingungen dieser Menschen durch Ihre verfehlte Politik,ie Sie hier auch noch ausdrücklich gelobt haben, erheb-ich beschädigt worden sind. Sie haben gelobt, dass maneispielsweise die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldesrheblich gekürzt hat. Sie haben gelobt, dass manartz IV durchsetzt und beispielsweise Menschenwingt, zu Bedingungen zu arbeiten, zu denen sie vorhericht arbeiten mussten. Sie haben gelobt, dass man Men-chen ihr Vermögen nimmt, das sie fürs Alter gespart ha-
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Oskar Lafontaineben. Das alles haben Sie hier gesagt. Glauben Sie tat-sächlich, diese Menschen hätten Grund zur Zuversicht?Wenn jemand Angst hat, arbeitslos zu werden, über50 ist und dann gleich nach einem Jahr nach Hartz IVzurückfällt, hat er keinen Grund zur Zuversicht; dann hater Angst. Deshalb muss Hartz IV weg, deshalb muss esüberwunden werden, und ein erster Schritt dazu wäre einlängerer Bezug von Arbeitslosengeld, wie es im Übrigenauch viele Kollegen aus den Koalitionsfraktionen öftergefordert haben.
Im Übrigen, um noch ein aktuelles Thema aufzugrei-fen: Sie haben die Zahlen hier ausgebreitet, aber zu denprekären Arbeitsverhältnissen gehört eben auch dieLeiharbeit. Ich sage hier einmal, was Leiharbeit heißt.Kürzlich hat mir der Betriebsratsvorsitzende eines Me-tallbetriebes in Saarbrücken gesagt, dass der niedrigsteLohn in der Belegschaft 15 Euro pro Stunde ist, dassaber die Leiharbeiter mit der Hälfte dessen entlohnt wer-den, nämlich 7,50 Euro pro Stunde. Dies betrifft nichtnur einen einzelnen Betrieb. Diese Methode, Kosten zusenken, breitet sich immer weiter aus. Stimmen Sie dochdem Antrag der Linken zu, endlich durchzusetzen, dassLeiharbeiter genauso wie die Stammbelegschaft bezahltwerden müssen! Dann würden Sie hier einmal eine Re-form durchführen, die diesen Namen verdient.
Nun komme ich zur Kinderarmut. Wie können Siebei 2,5 Millionen Kindern, die in Armut leben, sagen,Deutschland habe Grund zur Zuversicht? Sind MillionenKinder nicht auch Deutschland? Wäre es nicht unsereAufgabe, eben für diese Kinder etwas zu tun? Warumgab es in der Sommerpause Diskussionen aus den Koali-tionsfraktionen, man solle den Kinderzuschlag erhöhen?Wir haben diese Diskussion begrüßt. Aber warum istdem nichts gefolgt? Warum lehnen Sie den Antrag derLinken ständig ab, den Kinderzuschlag zu erhöhen?
Das, was in diesem Antrag enthalten ist, wäre wirklicheinmal ein Fortschritt für Millionen Kinder, die inDeutschland in Armut leben.
Nun haben Sie hier mit viel Stolz verkündet – oderder Referent hat es Ihnen aufgeschrieben –,
dass wir eine niedrige Staatsquote haben. Ich habe hierschon mehrfach an Sie die Frage gestellt, welche Steuer-und Abgabenquote Sie eigentlich für Deutschlandanstreben. Das ist eine Kernfrage jeder Haushaltsbera-tung. Wenn man die nicht beantworten kann, sollte maneigentlich nicht zum Haushalt sprechen.
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Wir wollen natürlich auch an die Facharbeiter und dieleinbetriebe denken. Deshalb möchte ich hier noch ein-al einen Vorschlag wiederholen, den ich schon in zweirüheren Debatten vorgetragen habe: Wir wollen den so-enannten Bauch im Steuertarif beseitigen; wir wolleninen linearen Steuertarif. Dieser lineare Steuertarifürde Facharbeiter und Kleinbetriebe entlasten. Jedem,er wie der Bundesfinanzminister sagt, das könnten wirns jetzt nicht erlauben, halte ich entgegen: Dann müs-en wir eben den Spitzensteuersatz wieder anheben, umo die Verluste auszugleichen.
uf jeden Fall ist es nicht zulässig, Facharbeiter undleinbetriebe überproportional zu belasten.Dies wäre nun wirklich eine Struktur- bzw. Steuer-eform, die ökonomische Wirkung entfalten und insbe-ondere diejenigen belohnen würde, die in Deutschlandtwas leisten. Leistung lohnt sich in Deutschland schonange nicht mehr. Sie lohnt sich nicht für diejenigen, dierotz einer Vollzeitbeschäftigung auf Hartz IV angewie-en sind, und sie lohnt sich nicht für die Facharbeiter, dieberproportional zur Kasse gebeten werden. Leistungoll sich wieder lohnen in Deutschland. Damit würdenir die Kräfte freisetzen, die den wirtschaftlichen Auf-chwung in Gang bringen können.
An ein Zweites möchte ich in diesem Zusammenhangoch erinnern: Die Unternehmensteuer muss natürlich soestaltet werden, dass Investitionen begünstigt werden.ch fordere hier noch einmal für meine Fraktion, die de-ressive Abschreibung wieder einzuführen. Es ist un-innig, mit der Gießkanne Steuergeschenke zu verteilen.innvoll wäre es, den investierenden Unternehmer zuelohnen und beispielsweise den spekulierenden zu be-trafen und zur Kasse zu bitten.
as wäre eine sinnvolle Steuerreform. Deshalb habe ichies hier noch einmal angesprochen.Nächster Punkt: Obwohl da und dort etwas getanird, liegt die Quote der öffentlichen Investitionen ineutschland viel zu niedrig. Wir haben es immer wiederngemahnt: Wer wirklich für die Zukunft vorsorgen will,uss die Quote der öffentlichen Investitionen ineutschland anheben. Da gibt es ein Maß, an dem sich
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Oskar Lafontainejeder orientieren kann: Das ist das Maß der Euro-päischen Gemeinschaft. Deutschland als modernerIndustriestaat sollte doch den Ehrgeiz haben, bei den öf-fentlichen Investitionen in Infrastruktur zumindest denDurchschnitt der Europäischen Gemeinschaft zu errei-chen. Das ist doch nicht zu viel verlangt. An dieser Stellewar das systematische Kürzen von Investitionen ausSpargründen falsch. Mit öffentlichen Investitionensichert man auch die Zukunft. Wir fordern: Zieht mitdem europäischen Durchschnitt gleich!
Nächster Punkt: Bei den Bildungsausgaben solltenwir den Ehrgeiz haben, nicht den Durchschnitt der Aus-gaben in den OECD-Staaten zu erreichen, sondern viel-leicht noch etwas mehr.
Wir wurden einmal von einer französischen Schriftstel-lerin als Land der Dichter und Denker bezeichnet. Ichweiß nicht, ob sie das heute noch so formulieren würde,wenn sie denn noch leben würde. Auf jeden Fall könnenwir eines nicht zulassen, nämlich dass die Bildungsaus-gaben ständig unter dem Durchschnitt der Ausgaben inden OECD-Staaten liegen. Wir müssen an dieser Stelleetwas tun. Hier ist das fröhliche Bekenntnis zu einerniedrigen Staatsquote völlig fehl am Platz. Wir solltenmit Blick auf diesen Bereich eine höhere Staatsquote an-streben und mehr Ausgaben für Bildung tätigen; dannwürden wir auch bei PISA nicht derartige Ergebnisse er-zielen.
Können Sie sich vorstellen, dass irgendein Regie-rungschef eines nordischen Staates hier einen entspre-chenden Vortrag halten würde? Was glauben Sie, warumin Dänemark, Schweden und Finnland weitaus bessereBildungsergebnisse erreicht wurden? Etwa, weil die eineniedrige Staatsquote haben und wenig Geld für Bildungausgeben? Auf eine solche Idee käme dort niemand. Ichrate dazu, doch einmal die Schülerweisheit anzuwenden,dass man, wenn man selbst nicht weiß, wie es gemachtwird, beim Nachbarn, der es besser weiß, abschreibensollte. An dieser Stelle wäre das dringend geboten,meine sehr geehrten Damen und Herren.
Nun haben Sie, verehrte Frau Bundeskanzlerin, garnichts dazu gesagt, dass man international nicht mehrder Auffassung ist, dass die Konjunktur sehr gut läuft.Vielleicht war das in der Presse heute Morgen noch nichtdeutlich genug. Denn international wird mittlerweiledarauf hingewiesen, dass die amerikanische Hypothe-kenkrise Auswirkungen auf die Weltkonjunktur hat. Mitt-lerweile beraten andere Staaten bereits Gegenmaßnah-men. Deshalb rate ich dazu, dass auch wir überlegen,was wir tun können, um solche Krisenentwicklungen zuvermeiden.Nun haben Sie hier gesagt – das ist lobenswert; vorJahren wurde das von Ihrer Partei noch als völliger Un-sinn verworfen –, wir bräuchten einen internationalenObdfJTiSsNldktSsLbjtShddSpgrtGdSäSspgSubdgr
ein, wir brauchen Regeln, nach denen die internationa-en Finanztransaktionen abgewickelt werden; sonst wer-en wir niemals Ordnung in die Weltfinanzmärkte be-ommen.
Wir hätten von Ihnen gern wenigstens eine Andeu-ung gehört, wie Sie sich das vorstellen. Ich frage Sie:ind Sie beispielsweise für die Stabilisierung der Wech-elkurse, wie es die Bretton-Woods-Kommission, an dereute wie Lambsdorff, Pöhl und andere mitgewirkt ha-en, schon vor vielen Jahren vorgeschlagen hat? Wenna, wie wollen Sie dies erreichen? Oder wollen Sie wei-erhin der weltweiten Spekulation Tür und Tor öffnen?ind Sie bereit, wie es etwa James Tobin vorgeschlagenat und wie es auch viele Staatsmänner der Welt gefor-ert haben, die internationalen Finanztransaktionenurch eine Steuer einzudämmen?
ind Sie bereit, zur Regulierung des internationalen Ka-italverkehrs andere Regeln vorzuschlagen? Wir hättenern irgendetwas dazu gehört. Lediglich mehr Transpa-enz zu fordern, ist angesichts der Zustände auf den in-ernationalen Finanzmärkten schlicht naiv.
Das gilt im Übrigen auch für die Europäischeemeinschaft. Ich möchte hier ausdrücklich feststellen,ass die Vorschläge des französischen Staatspräsidentenarkozy besser sind als das, was von Ihrer Regierung ge-ußert wird. Wenn beispielsweise der französischetaatspräsident und viele andere fordern, die Europäi-che Zentralbank nicht nur auf Preisstabilität zu ver-flichten, sondern auch auf Wachstum und Beschäfti-ung, dann hat er recht. Wenn Sie den antiquiertentandpunkt der Preisstabilität vertreten, dann haben Sienrecht. Europa hat in den letzten Jahren Wachstumsein-ußen gehabt, weil die Europäische Zentralbank es nichter amerikanischen Notenbank gleichgetan hat. Es wäreut, wenn Sie Ihren Standpunkt an dieser Stelle revidie-en und auf Frankreich zugehen.
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Oskar LafontaineWenn der französische Staatspräsident beispielsweisefordert, eine europäische Wirtschaftsregierung einzuset-zen, um die Wirtschaftspolitik der europäischen Staatenzu koordinieren, dann findet er unsere Unterstützung.Bei immer enger verflochtenen europäischen Volkswirt-schaften ist das nur logisch. Es wäre sinnvoll, die Inves-titionen und die Finanzpolitik aufeinander abzustimmen,ebenso die Lohnpolitik, damit das Lohndumping nichtfortgesetzt wird. Sinnvoll wäre auch, die Steuerpolitikabzustimmen; dazu hätten wir ebenfalls gern etwasgehört. Wir brauchen eine Steuerharmonisierung inEuropa, damit das Dumping an der Steuerfront nichtfortgesetzt wird.
Wenn der französische Staatspräsident beispielsweiseetwas zum Stabilitätspakt sagt, dann sollte man ihn nichtso abbügeln, wie es laut Presse jetzt geschehen ist. Wirhatten schon einmal eine Regierung, der man sagenmusste, dass eine enge Zusammenarbeit mit Frankreichvielleicht besser sei als das ständige Schüren von Kon-flikten; das liegt schon etwas zurück. Irgendwann hatman das gelernt. An dieser Stelle rate ich dringend dazu,einen engeren Schulterschluss mit Frankreich zu suchen.Aus Zeitgründen nur noch ein paar Worte zur Außen-politik. Wir, die Fraktion Die Linke, befürworten eineandere Außenpolitik. Wir befürworten eine Außenpoli-tik, die das Völkerrecht zu ihrer Grundlage macht.
Es ist auf Dauer nicht hinnehmbar, dass Deutschland dasVölkerrecht nicht zur Grundlage der Außenpolitikmacht.Ich beginne mit dem Irakkrieg. Das Bundesverwal-tungsgericht hat Ihnen bescheinigt, dass Sie am Irak-krieg mittelbar beteiligt sind. Das Bundesverwaltungs-gericht hat Ihnen bescheinigt, dass dies ein Bruch desVölkerrechts ist. Sie tun so, als ginge Sie das alles nichtsan. Es ist etwas Neues in Deutschland, dass eine Regie-rung von einem höchsten Gericht bescheinigt bekommt,das Völkerrecht zu brechen, und dass sie dafür nur einAchselzucken übrig hat. Das ist eine Fehlentwicklung,die korrigiert werden muss.
Dasselbe gilt für Afghanistan. Es genügt nicht, aufISAF zu verweisen. Wir müssen auch „EnduringFreedom“ und den Tornadoeinsatz in diesem Hause dis-kutieren. Daran darf man sich nicht vorbeimogeln. Es istja richtig, dass das eine oder andere von den Soldaten inAfghanistan positiv auf den Weg gebracht worden ist.Wer wollte das bestreiten? Für meine Fraktion aber ist esnicht hinnehmbar – ich sage dies hier noch einmal in al-ler Klarheit –, dass auf der Grundlage von Fotos, diemithilfe deutscher Tornados aufgenommen werden, un-schuldige Menschen umgebracht werden.
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Wir reklamieren nach wie vor eine Außenpolitik, diein Kanzler im Deutschen Bundestag einmal mit demort „Gewaltverzicht“ begründet hat. Das Wort „Ge-altverzicht“ ist in den letzten Jahren aus der öffentli-hen Diskussion in Deutschland verschwunden; dasuss Gründe haben. Für den Fall, dass jemand eine be-renzte Auslegung des Wortes „Gewaltverzicht“ vortra-en möchte, sage ich: Dieser Kanzler hat das Wort nichtur auf den Ost-West-Konflikt bezogen. Nein, dieseranzler hat das Wort „Gewaltverzicht“ für den Friedenuf der ganzen Welt formuliert. Es gilt auch für die Lö-ung von Konflikten in Afghanistan, im Irak oder sonsto.
Gewaltverzicht sollte die Grundlage der deutschenußenpolitik sein. Wir sollten uns an einer Traditionrientieren, die nach meiner Auffassung die gebündeltechlussfolgerung aus unserer Geschichte im letztenahrhundert ist. Wenn es darum geht, den Frieden in derelt zu erreichen, dann sollte sich Deutschland auf denatz verpflichten: Von deutschem Boden darf niemalsieder Krieg ausgehen.
Das Wort hat nun der Vorsitzende der SPD-Fraktion,
r. Peter Struck.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her-en! Lassen Sie uns zu seriöser Politik zurückkehren!
in persönliches Wort an meinen Vorredner: Wenn einericht das Recht hat, sich auf Willy Brandt zu berufen,ann sind Sie es, Herr Kollege.
Der Finanzminister hat einen guten Haushaltsentwurforgelegt; dazu gratuliere ich der Regierung. Das heißtber nicht – ich spreche für meine Fraktion, aber wohluch für die Kolleginnen und Kollegen von der CDU/SU –, dass wir ihn unverändert beschließen werden.ch möchte nur zwei Punkte ansprechen, um gleich klar-
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Dr. Peter Struckzumachen, wo wir dem Minister noch helfen wollen, wowir uns beim Finanzminister nicht durchsetzen konnten.
Erstens. Wir, jedenfalls die SPD-Fraktion, sind dafür,das BAföG um 10 Prozent zu erhöhen, nicht nur, wie esim Haushaltsentwurf steht, um 5 Prozent.
Das ist längst überfällig. Es hat lange keine BAföG-Er-höhung gegeben. Außerdem glaube ich, dass wir denStudentinnen und Studenten helfen müssen, gerade imHinblick darauf, dass es leider einige Länder gibt, dieStudiengebühren eingeführt haben, was wir nicht woll-ten.Das Zweite ist ein eher unwichtiger Punkt, der aberfür die Betroffenen von Bedeutung ist. Wir sind auch da-für, dass der Wehrsold der Wehrpflichtigen der Bundes-wehr erhöht wird. Sie haben das für die Arbeit, die siezur Unterstützung der Bundeswehr zu Hause erbringen,verdient.
Wir werden im Rahmen der Haushaltsplanberatungenauch über andere Dinge zu reden haben. Manches stehtzur Debatte; manches ist in den Zeitungen zu lesen, zumBeispiel, was die Finanzierung der Staatsoper in Berlinangeht. Ich sehe der Entwicklung mit Interesse entgegen.Es gibt noch weitere Projekte. Wir werden sehen, wiewir den Haushalt nach der Bereinigungssitzung desHaushaltsausschusses letztlich gestalten.Ich möchte ein persönliches Wort an die Mitarbeite-rinnen und Mitarbeiter in den Ministerien richten. Ichweiß, dass in den vergangenen Jahren – ich glaube,schon zu Helmut Kohls Zeiten beginnend – Abschlägebeim Personal gemacht worden sind, Stelleneinsparun-gen in deutlichem Umfang. Ich weiß aus vielen Ministe-rien, dass die Grenze der Zumutbarkeit erreicht ist. Jetztmuss Schluss sein mit weiteren Stellenkürzungen. DieMinisterien müssen in der Lage sein, ihre Arbeit ordent-lich erledigen zu können. Wir stehen an der Seite dervielen Personalräte, die sich an uns gewandt haben. Daswollte ich nur zur Klarstellung sagen.
Diese Koalition hat eine Menge auf den Weg ge-bracht. Mit Interesse habe ich manche Kommentare vonJournalisten gelesen, die vor der Klausurtagung des Ka-binetts in Meseberg geschrieben haben: Jetzt machen sieeinen neuen Koalitionsvertrag, jetzt kommt wieder et-was Neues. – Es ist kein neuer Koalitionsvertrag ge-schlossen worden. Das war auch gar nicht möglich, weiles eine Kabinettssitzung war und die Koalitionsfraktio-nen gar nicht dabei waren. Wir haben eine Reihe von Be-schlüssen gefasst, die uns schwer gefallen sind. Es waraber notwendig, diese Beschlüsse zu fassen; die Erfolgezeigen sich jetzt. Ich will es noch einmal darstellen, ohnedass ich wieder die alte Debatte beginnen möchte, wemder Erfolg eigentlich zuzurechnen ist oder wer derjenigeist, der den Aufschwung begründet hat: Dass durch dieAdltmAKJZfedAHGhDmldsvdSmrlnmbDDAngmrtükdgsra„Tl
Einen Teil hat die Union mitgetragen, auch über Ver-ittlungsverfahren und dergleichen. Was war denn diegenda 2010? Sie hat das Startsignal für den Ausbau derinderbetreuung gegeben, hat dazu beigetragen, dass dieugendarbeitslosigkeit zurückgeführt werden konnte, dieahl der Existenzgründungen steigt, der Mittelstand ge-ördert und die Kommunen gestärkt wurden. Heute warin Interview mit dem Oberbürgermeister von Düssel-orf zu lesen, in dem er darauf verwiesen hat, wann derufschwung für die Kommunen begonnen hat. Auch derinweis darauf, dass die Unternehmensteuerreform dieewerbesteuereinnahmen der Kommunen stabilisiertat, ist im Hinblick auf die Kommunalpolitik ineutschland sehr wichtig.
Die Agenda 2010, die auch in meiner Partei und ineiner Fraktion durchaus umstritten war, hat die Grund-agen für die Senkung der Arbeitslosigkeit geschaffen;as ist gar keine Frage. Natürlich haben auch viele Men-chen dazu beigetragen, dass wir einen Aufschwung zuerzeichnen haben. Mit der Agenda 2010 sind zugleichie Grundlagen für die Stabilisierung unserer sozialenicherungssysteme gelegt worden. Wenn wir nichts ge-acht hätten, wäre die Stabilisierung der sozialen Siche-ungssysteme angesichts der demografischen Entwick-ung gegen die Wand gefahren worden. Das kann dochiemand bestreiten. Inzwischen bestreitet es auch nie-and mehr aus den Reihen der Gewerkschaft.Ich will auch ein Thema ansprechen, das uns im Augen-lick beschäftigt: die Auswirkungen der Rente mit 67.ass diese Entscheidung richtig war, ist gar keine Frage.
ass die Menschen länger arbeiten müssen, weiß jeder.ngesichts der demografischen Entwicklung kann esicht sein, dass man so früh in Rente geht wie heute oderestern und die gleiche Rente bekommt wie bisher. Wirüssen prüfen, welche Möglichkeiten es gibt, Alters-egelungen wie Teilrente bzw. Altersteilzeit auszugestal-en. Das Ministerium hat Vorschläge dazu vorgelegt,ber die wir zu diskutieren haben werden. Ich will aberlipp und klar sagen: Es war eine schwierige Entschei-ung, die unser Verhältnis zu den Gewerkschaften nichterade beflügelt hat. Trotzdem stehen wir zu dieser Ent-cheidung; da wird nichts rückgängig gemacht, sie warichtig.
Der Haushaltsentwurf, über den jetzt im Haushalts-usschuss beraten wird, steht unter dem DreiklangInvestieren, Sanieren, Reformieren“. Bezüglich deshemas Reformen will ich auf den Bereich der Fami-ien- und Kinderpolitik zurückkommen. Diese Koali-
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)Dr. Peter Strucktion hat das Elterngeld eingeführt. Die entsprechendenRegelungen gelten seit dem 1. Januar dieses Jahres. Wiralle machen leider den Fehler, dass wir zwar zur Kennt-nis nehmen, wenn wir etwas erreicht haben, dass wiraber nicht mehr darüber reden. Das Elterngeld ist eingroßer Erfolg der Familienpolitik in der BundesrepublikDeutschland; das ist gar keine Frage.
Wir haben jetzt über die Krippenplätze zu entschei-den. Die Bundesregierung wird einen Gesetzentwurfvorlegen, über den wir zu beraten haben werden. Ich willes ganz klar sagen: Für die SPD ist entscheidend, dass eseinen Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz gibt.
Wir reden zwar auch über andere Vorstellungen, zumBeispiel über ein Betreuungsgeld – ich lese durchaus,was Kolleginnen und Kollegen dazu sagen –, aber es istklar, dass darüber nicht jetzt entschieden wird, sondernim Jahre 2013. Jetzt wird über den Rechtsanspruch aufeinen Krippenplatz entschieden.
Ich füge an dieser Stelle als Mitvorsitzender der Föde-ralismuskommission II, die sich mit den Finanzbezie-hungen zwischen Bund und Ländern zu befassen hat,ein: Dass sich der Bund bereit erklärt hat, Personalkos-ten und Betriebskosten von Krippen zu finanzieren, isteine Maßnahme, die im Grunde genommen über das hi-nausgeht, was der Bund machen müsste. Inhaltlich gese-hen ist es aber absolut richtig. Wir schaffen mehr Krip-penplätze, damit der Rechtsanspruch verwirklichtwerden kann.
Noch eine kurze Bemerkung zu einigen Themen ausder Innenpolitik. Sie wissen – das ist allgemein bekannt –,dass es zwischen den Koalitionsfraktionen und innerhalbder Regierung eine Debatte über die Frage gibt, ob es inDeutschland einen Mindestlohn geben muss. Meinefeste Überzeugung ist, dass es einen Mindestlohn gebenwird. Daran führt kein Weg vorbei. Wir werden dafürkämpfen.
Ich weiß, mit dieser Koalition geht es nicht. Aber wir ha-ben einige Punkte beschlossen, die vielleicht dahin füh-ren. Dazu gehört das Entsendegesetz, das auch die Kanz-lerin in ihrem Debattenbeitrag vorhin angesprochen hat.Ich will klipp und klar sagen: Was im Bereich der Post-zustellung zwischen der Post und Verdi vereinbart wor-den ist, ist ein sehr guter Weg. Wir werden in der nächs-ten Woche in der Bundestagsfraktion beschließen, dassdiese Regelung jetzt in das Entsendegesetz aufgenom-men werden soll, Herr Arbeitsminister.
Ich denke, die Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU-Fraktion werden diesen Weg mitgehen. Es ist eingroßer Erfolg. Wenn wir das nicht machen würden, ergä-b1BDutROKuIctgBewEKgudWasczdghKAimVdiwmtMDnn
s bleibt dabei, dass wir nicht generell dagegen sind. Dieanzlerin hat ihre Meinung dazu gesagt; ich habe meineesagt. Wir werden dieses Thema in aller Ruhe beratennd dann im Frühjahr nächsten Jahres darüber entschei-en.Was bei der Fahndung nach Terroristen in der letztenoche gelungen ist, ist ein großer Erfolg. Das zeigt aberuch, dass die Instrumente, die wir haben, um terroristi-che Aktivitäten in Deutschland aufzuklären, ausrei-hend vorhanden sind. Das ist ein großer Erfolg der Poli-ei. Herzlichen Glückwunsch an die Polizeibeamten, dieie geplanten Verbrechen aufgedeckt haben!
Dass wir in Deutschland bisher von solchen Anschlä-en verschont geblieben sind, hat nichts mit dem Anse-en Deutschlands in der Welt zu tun. Das ist Glück. Dieofferbombenattentate in Köln und die jetzt geplantenttentate sind zum Glück aufgedeckt worden. Dass wirm Visier von Terroristen sind, wissen wir. Das mussan hier auch sagen. Unsinn ist die Behauptung desorsitzenden der Fraktion der Linken, wir würden unsurch unsere Aktivitäten in Afghanistan den Terrorismusns Land holen. Das ist absoluter Quatsch. Wir haben so-ieso mit Terrorismus zu rechnen, Herr Kollege.
Wir werden uns in Deutschland damit beschäftigenüssen, dass wir Gegenstand von terroristischen Aktivi-äten sein werden.
an kann nicht jeden Bürger der Bundesrepublikeutschland vor solchen Anschlägen schützen. Das gehticht. Das muss man wissen.Wir können auch unsere Soldatinnen und Soldatenicht vor jedem Anschlag schützen. Ich bin öfter in
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Dr. Peter StruckAfghanistan gewesen als in Amerika oder anderswo.Auch dort ist man nicht gegen Selbstmordattentäter ge-schützt. Wie denn auch? Das heißt, jeder Soldat und jedeSoldatin, die den Auftrag der Bundeswehr in Afghanis-tan wahrnehmen, wissen, dass dadurch ihr Leben gefähr-det ist. Deshalb will ich an dieser Stelle allen, die beidiesem Einsatz ihr Leben für ein gutes Ziel in Afghanis-tan riskieren, meinen Respekt und meinen herzlichenDank aussprechen.
Ich weiß, dass am Wochenende in Berlin eine De-monstration unter der Überschrift „Raus aus Afghanis-tan“ stattfindet.
Diejenigen, die zu dieser Demonstration gehen, solltenFolgendes wissen: Seit 2001 – ich rede über die Zeitnach den Taliban – sind 3 500 Schulen in Afghanistanerrichtet worden. Die Zahl der Schüler hat sich auf6,5 Millionen verfünffacht. Es sind 30 000 Lehrer ausge-bildet worden. Allein im Jahr 2005 wurden500 000 Mädchen erstmals zum Schulbesuch angemel-det. Allein diese Zahlen zeigen, dass unser Engagementin Afghanistan richtig ist. Die Menschen danken es uns.
Wie kann man so etwas ignorieren? Was würde es wohlbedeuten, wenn wir aus Afghanistan herausgingen? Was,glauben Sie, würde passieren? Glauben Sie, die Mäd-chen dürften in der Schule bleiben, wenn die Talibanwieder an die Macht kommen? Glauben Sie, die Schulenwürden wieder geöffnet? In welcher Welt leben Sie ei-gentlich? Die Menschen haben ein Recht darauf, dasswir ihnen helfen.
In der SPD-Fraktion hatten wir in der letzten Wochedie afghanische Frauenministerin zu Gast, FrauDr. Ghazanfar, die uns ihr Leben geschildert hat. Sie istProfessorin für Literatur. Sie wurde von den Taliban ein-gesperrt und gezwungen, im Keller ihres Hauses zu blei-ben. Sechs Jahre lang durfte sie das Haus und den Kellernicht verlassen. Jetzt ist sie Frauenministerin. Alleindiese Tatsache, so sagt sie, ist ein Beweis dafür, dass dieinternationale Hilfe dringend erforderlich ist.
Der Kollege Lafontaine hat in einer ARD-Talkshowam 20. Mai 2007 gesagt:Wir können aber niemals Terror durch Terror be-kämpfen, also sollten wir dies jetzt einstellen, undzwar unverzüglich.Hdsi–sztKbwgVHüwEddmsgtuvrButwjWdew1KIramB
Das greife ich gern auf. Wer so wie Sie auftritt, derollte sich fragen lassen, ob das, was manche Ihrer Leuteum Schießbefehl gesagt haben, wirklich zu verantwor-en ist.
ollege Bisky, Sie haben gesagt, dass es keinen Schieß-efehl gab. Das ist doch wohl absurd. Dass geschossenerden musste, das weiß doch wohl jeder. Das weiß so-ar ich, und ich war nicht Mitglied der Nationalenolksarmee.Ein Kollege der Linkspartei, Landesvorsitzender vonessen, Altkommunist Peter Metz, hat in der Debatteber die Leugnung des SED-Schießbefehls gesagt, dass,er wirklich etwas gegen den Schießbefehl habe, seineninfluss auf Minister Jung geltend machen müsse. Er haten SED-Tötungsbefehl an der Mauer mit dem Einsatzer Bundeswehr in Afghanistan verglichen. Da siehtan einmal, mit welchen Leuten Sie arbeiten wollen. Eroll Ihr Spitzenkandidat in Hessen werden. Das ist un-laublich.
Ich will etwas zu einem Thema sagen, das im Bundes-ag und in der Bundesregierung sicherlich nicht ganz un-mstritten ist – ich will meine Meinung dazu aber nichterschweigen –: dem NPD-Verbot. Das Verbotsverfah-en ist auch deswegen gescheitert, weil die zuständigenehörden, die vielen Landesämter für Verfassungsschutznd das Bundesamt für Verfassungsschutz, nicht wuss-en, wie viele V-Leute der anderen Behörden wo tätigaren. Der Senat war zu Recht verärgert darüber, dasseden Tag eine Meldung kam: Wir haben noch einen! –er aber sagt, dass diese Partei verfassungswidrig ist,er muss das in Karlsruhe klären lassen, der kann nichtinfach sagen: „Die sind verfassungswidrig“, und dasar es. Ich möchte nicht, dass diese Partei weiterhin,5 Millionen Euro vom Staat kassiert und damit ihrenampf gegen den Staat finanziert.
ch denke, dass manche öffentliche Äußerung schon aus-eicht, um den Verbotsantrag zu begründen, sodass manuf V-Leute nicht Bezug nehmen muss.Natürlich werden sich die Innenminister der Länderit dem Thema zu beschäftigen haben; aber ich bitte dieundesregierung, den zuständigen Innenminister – viel-
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Dr. Peter Struckleicht auch die Justizministerin –: Herr KollegeSchäuble, ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie veranlassenkönnten, dass innerhalb einer Frist von einem halbenJahr von den 16 Landesämtern für Verfassungsschutzund dem Bundesamt für Verfassungsschutz ein Berichtüber diesbezügliche Erkenntnisse an das zuständige Gre-mium des Bundestages, das Parlamentarische Kontroll-gremium, übergeben werden könnte. Dann können wirberaten, ob es Grundlagen für ein Verbotsverfahren gibt.Aber es einfach hinzunehmen, dass die NPD so weiter-machen kann, bin ich nicht bereit zu akzeptieren. Daswill ich klar festhalten.
Ich will auch auf das Thema Föderalismusreform,das Kollege Steinbrück gestern ebenfalls angesprochenhat, eingehen. Wir haben als Große Koalition und ange-sichts der großen Mehrheit im Bundesrat die enormeChance – die wird es so schnell nicht wieder geben –, dieFinanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern neu zuordnen. Kollege Oettinger und ich sind uns als Vorsit-zende darin einig. Am Donnerstag und Freitag beginnenwir zu beraten. Auch die Obleute aller Fraktionen – dasschließt den Kollegen Ramelow ein – sind der Meinung,dass wir eine Chance haben, etwas zu erreichen.Worum geht es? Wir wollen die Debatte über die Be-grenzung der Verschuldung zu einem Ergebnis führen.Es muss klar sein, unter welchen Bedingungen die Ver-schuldungsgrenze erreicht ist, wie weit sich ein Staatverschulden darf. Dass Art. 115 des Grundgesetzes, denwir jetzt haben, nicht ganz geeignet ist, hat uns der Bun-desrechnungshof bescheinigt; das ist auch durchgängigpolitische Meinung. Die weite Auslegung des Investi-tionsbegriffs, wie von vielen Regierungen praktiziert,geht so nicht weiter. Ich bin der Auffassung, dass wirüber eine Verschuldungsgrenze à la Schweiz und andereModelle reden müssen. Der Vorschlag vom KollegenOettinger und mir wird sein, die Frage „Wie begrenzenwir die Aufnahme von Schulden?“ zu klären, und zwarso rechtzeitig, dass noch in dieser Legislaturperiode inBundestag und Bundesrat über Grundgesetzänderungen,wenn sie erforderlich sein sollten, abgestimmt werdenkann.In diesem Zusammenhang taucht auch die Frage auf,ob das, was wir für den Bund regeln, auch für die Ländergelten kann. Wir müssen also mit dem Bundesrat klären,wie unsere Regelungen in die 16 Landesverfassungenübernommen werden. Ich bin sehr dafür, dass für denBund und für die Länder die gleichen Regelungen gel-ten. Aber dies wird schwierig.Ein zweites Thema – auch das hat Peer Steinbrück an-gesprochen – sind die Altschulden. Dass wir eineMenge Altschulden haben, hat Peer Steinbrück gesagt.Insgesamt beträgt die staatliche Gesamtverschuldung1 500 Milliarden Euro. Aber was machen wir damit? Esgibt Debatten darüber zu versuchen, alle Länder auf dengleichen Stand zu bringen. Kollege Oettinger hat dieEinrichtung eines Fonds vorgeschlagen, in den die rei-chen Länder einzahlen und aus dem die armen LänderGeld bekommen, wenn sie ihre Schulden abbauen: proabgebautem Euro Schulden 1 Euro aus dem Fonds. PeterHarry Carstensen hat andere Vorschläge gemacht, auchTfTalaslFs–dDsWawuWordBks–ertfuuKgmssst2
Vorsicht! – Nehmen wir einmal an, die Länder hättenas Recht, die Erbschaftsteuer selbst zu bestimmen.ann würde Bayern sagen: Bei uns gibt es keine Erb-chaftsteuer; wir haben genug Geld.
as sagt Bremen? – Wir brauchen Erbschaftsteuer. Mitnderen Worten: Jeder, der in die Situation kommt, et-as zu vererben, geht nach Bayern. Das will ich nicht,nd das geht auch überhaupt nicht.
ir müssten dann klären – das ist eine absurde Debatte –,b die 16 Bundesländer untereinander Doppelbesteue-ungsabkommen schließen müssten. Dies zeigt schon,ass das schwierig wird.Ich bin dafür, dass wir die Erbschaftsteuer seitens desundes für alle Länder gleich festlegen sollten, damiteine Ungleichheiten, kein Wettlauf „Arm gegen Reich“tattfindet.
Die Experten klatschen; das ist auch richtig. Es gibtine gute Chance, dazu etwas zu schaffen.Insgesamt muss ich sagen: Die Medien in Berlin be-ichten darüber, wer sich mit wem in welchem Hausrifft und wer mit wem essen geht. Es ist lächerlich, wasür die Presse wichtig ist. Kollege Kauder und ich treffenns sehr oft. Wenn wir immer sagen würden, dass wirns irgendwo treffen, würde in der Zeitung stehen:auder und Struck treffen sich.
Ich will klipp und klar sagen: Diese Koalition ist eineroße Chance für Deutschland. Die Große Koalitionuss große Aufgaben erledigen. Das hat sie teilweisechon gemacht; das ist gar keine Frage. Wir haben dieozialen Sicherungssysteme stabilisiert – das warchwierig genug – und uns mit der Steuerpolitik beschäf-igt. Aber wir haben in den nächsten zwei Jahren bis009 noch eine Menge zu tun.
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Dr. Peter StruckDennoch sagen alle, die beteiligt sind – Frau Kanzle-rin, ich weiß nicht, ob auch Sie das sagen; ich glaube, Ih-nen geht es momentan ganz gut –: 2009 soll diese Koali-tion zu Ende sein. Ich muss dazusagen: nicht ausinhaltlichen Gründen. Ich jedenfalls sehe keine; dennüber alle Punkte, die strittig sind, können wir diskutie-ren, und wir werden Lösungen finden. Vielmehr ist es imInteresse der parlamentarischen Demokratie, wenn einerstarken Regierung eine fast ebenso starke Opposition ge-genübersteht. Große Koalitionen müssen in Deutschlandeine Ausnahme bleiben; dafür bin ich.
– Herr Westerwelle, dass Sie gerne in die Regierungkommen würden, kann ich verstehen. Irgendwann wirdes auch für Sie einmal Zeit. Dass auch Sie gerne einmalauf der Regierungsbank sitzen möchten, kann ich nach-vollziehen.
Herr Kollege Struck, gestatten Sie eine Zwischen-
frage des Kollegen Dehm?
Nein, von Dehm nicht.
Ich will Ihnen sagen: Wir haben noch ein großes Ka-
pitel zu erledigen, ein Kapitel, das auf einige Initiativen
der Bundeskanzlerin zurückzuführen ist. Es geht um das
Thema Klimaschutz. An dieser Stelle gratuliere ich
Sigmar Gabriel, der heute Geburtstag hat, herzlich.
– Ja. Kollege Gabriel, Sie müssen zuhören.
Das, was in Heiligendamm, dann in Brüssel und vor
kurzem in Meseberg beschlossen worden ist, ist für die
Bundesrepublik Deutschland ein sehr dicker Brocken.
Ich weiß schon jetzt, was passieren wird, wenn wir an-
fangen, die entsprechenden Gesetzentwürfe zu formulie-
ren und die Maßnahmen umzusetzen. Ich begrüße, dass
die Automobilindustrie mit Matthias Wissmann an der
Spitze – das ist der gute Einfluss der Politik –
offenbar bereit ist, diesen Weg mitzugehen. Die Umset-
zung der Klimaschutzziele der Bundesregierung ist aller-
dings eine sehr große Aufgabe. Wir werden unseren Teil
dazu beitragen, dass das gelingt. An der SPD-Fraktion
und an Gabriel wird das nicht scheitern.
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Zu einer Kurzintervention erhält das Wort der Kollege
r. Diether Dehm.
Werter Kollege Struck, ich kann damit leben, wie
chnodderig Sie mit Zwischenfragen umgehen.
un Sie aber bitte nicht so, als ob es in diesem Haus ir-
endjemanden gibt, der nicht mit Empörung auf den Be-
ehl reagiert, auf unschuldige Menschen zu schießen:
icht in meiner Fraktion und nicht in irgendeiner ande-
en Fraktion des Deutschen Bundestages. Außerdem
uss ich Ihnen sagen: Es gibt eine Grenze zwischen
exas und Mexiko, an der viel mehr Menschen erschos-
en worden sind. Auch sie müssen erwähnt werden.
Es muss auch erwähnt werden, dass zum Befehl, auf
nschuldige Menschen zu schießen, in Afghanistan hin-
ukommt, dass, bevor Hochzeitsgesellschaften bombar-
iert wurden, Aufklärungsfotos aus den Tornados erstellt
orden sind. – Wenn es nicht so ist, dann widersprechen
ie der Aussage des Kollegen Lafontaine. – Deswegen
ämlich treffen sich am Samstag um 12 Uhr die De-
onstranten vor dem Roten Rathaus.
Nächster Redner ist der Vorsitzende der Fraktion
ündnis 90/Die Grünen, Fritz Kuhn.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!enn man nach zwei Jahren – also zur Halbzeit der Le-islaturperiode – den Bundeskanzlerin-Haushalt be-
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Fritz Kuhnspricht, geht es im Kern um die Frage: Was ist richtig ge-laufen, was muss anders laufen, und wie sieht diepolitische Führung des Landes durch das Kanzleramtaus? Dieser Frage will ich mich widmen, allen anderenFragen an anderer Stelle.Wir verfallen nicht in das Schema, nur weil wir ge-rade in der Opposition sind, alles, was gegenwärtig statt-findet, schlecht zu finden und herunterzureden. Im Na-men meiner Fraktion möchte ich insbesondere sagen,dass Deutschland von der Kanzlerin und dem Außenmi-nister in der Welt respektabel repräsentiert wird.
Ich sage nichts über einzelne Schritte der Außenpolitik,aber viele Leute – darunter auch unsere Wählerinnenund Wähler – denken so.Zweitens – hören Sie genau zu! – finden wir es gut,dass der Klimaschutz inzwischen bei den Regierungs-fraktionen als Thema angekommen ist. Zu den einzelnenRegelungen, die Sie umsetzen, werde ich nachher nochetwas sagen. Drittens ist es natürlich positiv, dass derAufschwung da ist – eher vom Export als vom Binnen-markt getragen –, denn dies erleichtert generell das poli-tische Handeln.Auf der Basis, dass es Positives gibt, erstaunt michschon, dass Sie, Frau Merkel, mit dem Satz: „Alle Men-schen haben jetzt Grund zur Zuversicht“, alle schwieri-gen und kritischen Fragen sowie die strukturellen Pro-bleme unseres Landes nach dem Motto verpackt haben:„Keine Sorge, die Große Koalition wird es schon rich-ten.“ Dies ist ein Fehler, weil die Voraussetzung gutenpolitischen Handelns ist, gerade während einer Verbes-serung der Entwicklung darauf zu achten, was strukturelleigentlich noch schlecht läuft.
Ich möchte einige Bemerkungen zu den wichtigstenpolitischen Feldern machen.Im Hinblick auf das Klima haben Sie erst einmal eini-ges beschlossen, was in die richtige Richtung geht. AberIhre Klimaschutzpolitik wird die Ziele – auch das40-Prozent-Ziel – systematisch nicht erreichen, weil diegesetzliche Umsetzung sowie das, was Sie in Mesebergbeschlossen haben, ihnen nicht hinreichend Rechnungtragen, sondern einem Slalomlauf zwischen Tabuzonenähneln. Wir reden zwar heute nicht nur über Klima-schutz, aber ich will zwei Bereiche erwähnen.Bei der Energieeffizienz – vorgestern hat auch dieIEA dargestellt, dass der Stromverbrauch in Deutschlandmassiv ansteigt – sind Sie in Meseberg eindeutig zu kurzgesprungen. Für Nachtspeicheröfen gibt es kein Kon-zept. Auch für Elektrogeräte gibt es keinen Top-Runner-Ansatz. Die Kennzeichnung von Elektrogeräten soll nurfreiwillig erfolgen, und es gibt keine Einschränkungenfür den Stand-by-Betrieb. Sie vermeiden systematischdie Ordnungspolitik und setzen weiterhin auf freiwilligeVereinbarungen oder verschieben Entscheidungen, dieheute getroffen werden müssten, in die Zukunft.rgvnssvwBvidkggw2kkcIngvcwiswug–bvRWuS1SSvedltSwmfW
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Es gibt nur ein Argument, warum wir die Schienenin-frastruktur aufgeben sollen: weil Herr Mehdorn Geldbraucht, um als internationaler Player eine internationaleBahn AG aufzuziehen. Was wir dagegen in Deutschlandbrauchen, ist eine bessere Bahn, schon aus Klimaschutz-gründen. Was wir in Deutschland brauchen, ist mehrBahnbetrieb in der Fläche, auch mehr Güterverkehr aufder Schiene, damit die Straßen entlastet werden und dieLeute vernünftig reisen können. Doch dann können wirnicht die Infrastruktur verschleudern, wie Sie, FrauMerkel, es offensichtlich vorhaben.
Welche Aufgabe – das ist die Führungsaufgabe einerKanzlerin; das können Sie nicht auf einen Tiefensee, dermit diesem Thema überfordert ist, abschieben –
soll der Staat denn haben, wenn nicht die, die Infrastruk-tur, die alle brauchen, in Schuss zu halten, über sie zuverfügen? Sie darf nicht ohne Sinn und Verstand den In-teressen des Kapitalmarktes preisgegeben werden.
Frau Merkel, da treffen wir den Kern Ihrer politischenÜberzeugung. Ich finde, dass konservativ sein heißt,dass man bewahrt, was in der Vergangenheit geschaffenworden ist, dass man es erneuert, aber eben nicht, dassman es verschleudert. Deswegen ist es gut, dass Sie sichmit diesem Thema noch einmal beschäftigen wollen.Ich will zum Bereich Wirtschaft, Haushalt, Arbeits-markt kurz etwas sagen. Die Konjunktur ist gut. Sorgenmachen muss, dass sie zu sehr exportgeleitet ist und amBinnenmarkt zu wenig zieht. Über die Mehrwertsteuerwill ich mich nicht streiten; darüber kann man insgesamtlange reden. Sie haben gestern den Finanzminister eineHaushaltskonsolidierung feiern lassen, die wir fürunambitioniert halten. Dazu haben Sie heute nichts Ver-nünftiges gesagt, Frau Kanzlerin. Wenn man jetzt, imJahr 2007, sagt: „2011 kommen wir auf die Nullver-schuldung“, und man hat massiv Steuern erhöht – es istja nicht nur die Mehrwertsteuer: da ist die Versicherung-steuer, und viele Abschreibungsmöglichkeiten wurdenabgebaut –, dann kann man sich nicht als Konsolidie-rungsregierung feiern. Der entscheidende Punkt ist, dassSie es nicht rechtzeitig schaffen, aus der Neuverschul-dung herauszukommen, weil Sie nicht bereit sind, dienotwendigen Investitionen – es gibt notwendige Investi-tionen – durch Subventionsabbau zu finanzieren, son-dern sie aus der Konjunktur heraus schöpfen. SolangeSie dies tun, ist die ganze Nummer der Konsolidierungs-regierung nicht viel wert.
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Ich finde, dass Sie mit diesen Debatten nach demuster „Wir machen im Herbst noch etwas“ demrundproblem, dass die Menschen Angst davor haben,u Arbeitslosengeld-II-Empfängern zu werden, weil dasördern nicht klappt und es keine Brücken zurück in dierwerbsarbeit gibt, nicht gerecht werden, Frau Merkel.ch hätte von Ihnen mehr erwartet als ein allgemeinestatement zum Aufschwung.
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Fritz KuhnBeim Fachkräftemangel haben Sie recht. An dieserStelle muss man etwas tun. Was in Meseberg beschlos-sen wurde, ist aber zu kurz gesprungen.
Wenn 100 000 Fachkräfte fehlen, dann müssen Sie dasZuwanderungsrecht ändern. Dann brauchen wir diePunkteregelung und müssen die Grenze beim Jahresein-kommen von Hochqualifizierten, die einwandern wol-len, von 85 000 auf 40 000 Euro senken.Beide Fraktionen der Großen Koalition fordere ich auf:Geben Sie endlich die ideologischen Vorbehalte auf, die esunmöglich machen, dass Hochqualifizierte nach Deutsch-land einwandern können! Denn die 100 000 Fachkräfte,die uns fehlen, bedeuten auch viele hunderttausend Ar-beitsplätze für Deutsche. Insofern darf man nicht auf derideologischen Bremse stehen.
Gestatten Sie mir eine kurze Bemerkung zum Ver-braucherschutz, Frau Merkel. Ich wünsche mir, dassSie im Kabinett besser aufpassen. Ich habe den Ein-druck, dass Herr Seehofer auf alles Mögliche Bock hat,nur nicht auf Verbraucherschutz und Landwirtschaft. Esgibt einen Gammelfleischskandal nach dem anderen– alle im Wesentlichen in Bayern –, aber Sie kümmernsich nicht um die Frage, ob der Zehn-Punkte-Plan vomHerbst 2005 umgesetzt wird. Die Große Koalition funk-tioniert an dieser Stelle nicht, weil auch die Länderbremsen und nicht die notwendigen Maßnahmen ergrei-fen wollen.Eine einfache wirtschaftliche Frage aus der Landwirt-schaft, um die sich Herr Seehofer nicht kümmert – viel-leicht kümmern Sie sich als Kanzlerin darum –, betrifftden Ökolandbau. Im Ökolandbau sind auf der Nachfra-geseite Zuwächse von 20 Prozent zu verzeichnen. DerZuwachs der Fläche im Ökolandbau beträgt 2 Prozent.Das heißt, der Nachfragezuwachs in den Läden wirdvom Ausland abgeschöpft, weil Sie seit Beginn der Gro-ßen Koalition die Umstellung auf die ökologische Land-wirtschaft in den Ländern und beim Bund nicht richtigfördern. Auch in diesem Bereich könnte man den einenoder anderen Arbeitsplatz schaffen. Ich bitte Sie, sichdarum zu kümmern.
Ich möchte, da wir über über Strukturprobleme reden,auf das Thema Gesundheit und Pflege zu sprechen kom-men. Frau Merkel, ich biete Ihnen jede Wette darüber an– über den Einsatz können wir noch sprechen –, dass Sieden Gesundheitsfonds nicht zum 1. Januar 2009 ein-richten werden. Darüber reden Sie schon gar nicht mehr,weil Sie es nicht gerne hören, dass Sie da Murks ge-macht haben. Es glaubt doch niemand, dass Sie imWahljahr noch einmal mit diesem Monster antreten wol-len, das Sie in den ersten zwei Jahren in Ihrer Regie-rungszeit beschlossen haben.PkäsordoWSetzsGdbQSshdlSiskwAUsSsnhsiLDlWrggOdd
ennoch ist die Frage relevant – sie wird zunehmend re-evanter –, ob wir hier die richtige Strategie verfolgen.ir stehen als Fraktion zum ISAF-Mandat. Aber eseicht nicht aus, dieses Mandat zu befürworten undleichzeitig zu sagen: OEF machen die Amerikaner. Wirlauben – durch viele Besuche im Land und Berichte vorrt sind wir bestätigt –, dass die Art der Kriegführung,er strategische Aufbau der Luftschläge, systematischie Glaubwürdigkeit der ISAF-Mission untergräbt.
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Fritz KuhnWir haben Verantwortung und müssen in der Diskussionprüfen, ob das stimmt, was ich sage, oder ob Sie mit Ih-rer Behauptung recht haben, dass das ein unverzichtba-rer Baustein sei.Frau Merkel, ich kritisiere Sie dafür, dass Sie an derStelle, wo es um die Strategie von OEF geht – das giltauch für Ihren Kabinettsbeschluss zu Afghanistan insge-samt –, nicht systematisch die kritische Auseinanderset-zung mit denjenigen suchen, die OEF so weiterführenwollen wie bisher. Auf dieser Ebene sind keine Verände-rungen bekannt. Es gibt nur Veränderungen bei derNATO, was ISAF angeht. Sie sagen weder hier noch imAusschuss, was Sie vorgetragen haben, was Sie erreichthaben und welche Strategieänderungen vorgenommenwerden sollen.Sie haben auf die Ausrufung des Verteidigungsfallsnach dem 11. 9. hingewiesen. Das ist in völkerrechtli-cher Hinsicht eine schwierige Frage; denn die damaligeBegründung lautete, dass der Angriff auf die VereinigtenStaaten in Afghanistan aufgrund der dort befindlichenTerrorlager, von den Taliban zugelassen und von al-Qaida betrieben, organisiert werde. Aber das geschiehtheutzutage nicht in Afghanistan, sondern in vielenRegionen in der Welt, insbesondere in Pakistan. DieseBegründung können Sie also nicht mehr anführen. ISAFhat dagegen – darauf legen wir Wert – eine andere Be-gründung. Diese Mission dient dazu, die zivile Entwick-lung und den Aufbau von Sicherheit miteinander zu ver-binden. Das zeigt auch die Praxis.
Frau Merkel, wenn Sie sich hier – das haben Sie in ei-nem Nebensatz getan – zur multilateralen Perspektiveder deutschen Außenpolitik bekennen, dann müssen Sieauch da, wo unilateral entschieden wird – dies ist beiOEF im Unterschied zu ISAF der Fall –, ganz deutlichsagen, welche Wünsche diejenigen haben, die insgesamtein multilaterales Vorgehen gegen den Terrorismus fürrichtig und gut halten und dieses begrüßen.
Wir werden in den nächsten Wochen und Monaten hierim Haus intensiv darüber diskutieren.Ich komme zum Schluss, weil meine Redezeit abge-laufen ist. Ich will Folgendes sagen, Frau Merkel: Viel-leicht muss man als Bundeskanzlerin in der Auf-schwungphase die Lage irgendwie positiv darstellen.Das ist logisch. Selbst wir sagen nicht, dass alles miesist. Aber Sie haben es versäumt – das ist ein Elementpolitischer Führung –, hart und klar auf die Strukturpro-bleme dieses Landes hinzuweisen und Vorschläge zumachen, wie Sie sie beheben wollen, und Sie haben inIhrer smoothen Rede darüber hinweggesehen. Das warzu wenig für die politische Führung, die wir von Ihneneigentlich verlangen.Vielen Dank.
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11498 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 111. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. September 2007
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Der auf Wachstum und Stärkung des Aufschwungsausgerichtete Kurs – der Aufschwung muss bei jedemankommen – ist in der nächsten Zeit das zentrale Themain der Großen Koalition. Ich bin sicher, dass diese GroßeKoalition da noch eine ganze Menge leisten kann. Des-wegen, lieber Kollege Struck, haben wir allen Grund, zusagen: Diese Große Koalition ist stark genug, die Aufga-ben, die vor ihr liegen, zu erfüllen. Daher rate ich dazu,jetzt nicht mit irgendwelchen Spekulationen über das,was nach 2009 ist, zu kommen. Die Menschen sollennicht den Eindruck haben, dass wir entsprechend unse-ren Machtperspektiven diskutieren. Ich will den Men-schen vielmehr zurufen: Uns geht es darum, IhreLebenschancen zu verbessern. Wir schauen jetzt nichtauf 2009, sondern wir schauen auf das, was wir imJahr 2008 für unser Land und für die Menschen in die-sem Land bewegen können.
Was 2009 anbelangt, lieber Kollege Struck, haben wirdiametrale, also völlig entgegengesetzte Auffassungenüber die Kanzlerschaft. Ich bin mir sicher, dass wir guteVoraussetzungen dafür schaffen können, dass die erfolg-reiche Arbeit für unser Land unter einer erfolgreichenKanzlerin auch 2009 fortgeführt werden kann.
Worum geht es in der nächsten Zeit? Aufschwungstärken; jeder muss davon profitieren. Ein großer Teilhat schon davon profitiert. In unseren Veranstaltungenspüren wir es doch. Noch vor einem Jahr war die Sorgeder Menschen groß, ihre Arbeit zu verlieren. Sie hattenAngst, Verluste zu erleiden. Das hat sich geändert. Invielen Branchen haben wir sogar schon einen Fachkräf-temangel. Die Menschen spüren doch, dass ihre Arbeits-plätze sicherer geworden sind. Aber wir ruhen uns da-rauf nicht aus.Eine der Voraussetzungen für das Anhalten dieserEntwicklung ist natürlich, dass der Haushalt weiter kon-solidiert wird. Deswegen müssen wir den Sparkurs klarund deutlich fortsetzen. Dabei unterstützt die CDU/CSU-Bundestagsfraktion den Bundesfinanzminister. Wirhaben klar gesagt – das wird in dem Haushalt deutlich –:Der größte Teil der Steuermehreinnahmen wird zurHaushaltskonsolidierung verwandt. Da zu sagen: „Daist nichts erreicht worden“, ist blanker Unsinn. Noch imJahr 2005 gab es ein strukturelles Defizit von 60 Milliar-den Euro. In diesem Haushalt ist eine Nettoneuverschul-dung von 13 Milliarden Euro vorgesehen. Wir habenaWmlSubFtDswuhrdagsUmdzgrUnVwmucdcmVghhm–s
In einigen weiteren Punkten werden wir Menschennterstützen – da stimme ich dem Kollegen Struck zu –,eispielsweise durch eine BAföG-Erhöhung. Um deminanzminister entgegenzukommen, soll die 10-prozen-ige BAföG-Erhöhung in zwei Stufen vonstatten gehen.ies ist in Ordnung. Eine solche BAföG-Erhöhung wärechon ein großer Erfolg.
Ich verweise auf die Aufgaben der Bundeswehr. Icherde den Vorschlag unserer Haushälter, den Wehrsoldm 2 Euro pro Tag zu erhöhen, unterstützen. Diese Er-öhung wäre eine schöne Anerkennung der Arbeit unse-er Soldatinnen und Soldaten.
Wir werden unseren erfolgreichen Kurs fortsetzen,ie Menschen entlasten und dabei helfen, Arbeitsplätzeufzubauen. Wir begrüßen es, dass die Bundesregierungesagt hat: Wir wollen den Beitragssatz zur Arbeitslo-enversicherung auf 3,9 Prozent senken. – Wir in dernionsfraktion sehen aber weiteren Spielraum. Wirüssen alles tun, was möglich ist. Wir hoffen deshalb,ass das Ziel, das wir haben, nämlich einen Beitragssatzur Arbeitslosenversicherung von 3,5 Prozent festzule-en, im Rahmen der Haushaltsplanberatungen noch er-eichbar ist, und bitten die Bundesregierung dabei umnterstützung.
Wir wollen dafür sorgen, dass Menschen leichter,och leichter in Arbeit kommen, und wollen deshalb dieermittlungsarbeit stärken. Dazu gehört für uns, dassir die große Zahl von Instrumenten in der Arbeits-arktpolitik – sie ist fast unübersichtlich – überprüfennd reduzieren, um die Vermittlung einfacher zu ma-hen, damit sie schneller funktioniert. Wir freuen unsarüber, dass die Bundesregierung in Meseberg eine sol-he Überprüfung beschlossen hat. Aus über 80 Instru-enten sollen maximal 10 werden. Das wäre eine großeereinfachung und würde die Arbeit erleichtern.
Wir wollen Wirtschaft fördern, auch dort, wo im Au-enblick ein kleiner Durchhänger vorhanden ist. Wir se-en, dass im privaten Wohnungs- und Einfamilien-ausbau zurzeit eine Art Stillstand eingetreten ist. Wireinen, dass wir da etwas tun sollten.
Wir meinen, dass wir da etwas tun sollten, nicht mitolchem Gerede, sondern mit klaren Botschaften.
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Volker KauderWas erwarten die meisten Menschen? Sie erwarten,dass Wohnungseigentum eine sichere Grundlage auchfür die Altersvorsorge ist.
Deswegen, meine lieben Kolleginnen und Kollegen,müssen wir in der Großen Koalition das Thema „Woh-nungseigentum in staatlich geförderter Altersvorsorge“jetzt zu einem guten Abschluss bringen.
Die Hälfte der Menschen in Deutschland wohnt imsogenannten ländlichen Raum. Im ländlichen Raum fin-det ein Großteil der wirtschaftlichen Entwicklung unse-res Landes statt. Im ländlichen Raum ist ein großer Teilder neuen Arbeitsplätze aufgebaut worden, weil dort derMittelstand stark vertreten ist. Deswegen ist es richtig,dass wir den Mittelstand fördern.
Aber Mittelstandsförderung findet nicht nur über denArbeitsmarkt, über die Unternehmensteuer und über dieErbschaftsteuer – das sind alles wichtige Punkte – statt,sondern Mittelstandsförderung findet natürlich auchüber Entwicklungsmöglichkeiten statt.Wir sind für Umweltschutz. Wir sind für Naturschutz.Wir haben deshalb natürlich die FFH-Richtlinie – dieFlora-Fauna-Habitat-Richtlinie – umgesetzt. Aber wirbrauchen in unseren ländlichen Räumen auch Entwick-lungschancen. Es darf nicht nur die Ballungsgebiete ge-ben. Nicht nur diese dürfen immer fetter werden. Wirbrauchen die ländlichen Räume. Deswegen sage ich Ih-nen: Wenn der europäische Vertrag schon voll in Kraftwäre, müssten wir eine Subsidiaritätskontrolle mit Sub-sidiaritätsklage hinsichtlich der sogenannten Boden-schutzrichtlinie erreichen. Mit der Bodenschutzricht-linie, die Europa plant, geht Europa ganz klar über seineMöglichkeiten hinaus. Deswegen bitten wir die Bundes-regierung, dafür zu sorgen, dass dies nicht geschieht.Das ist nicht die Aufgabe Europas. Das ist eine nationaleAufgabe.
Wir haben das Ziel, die Wirtschaft zu stärken, umChancen für die Menschen zu schaffen. Daneben wollenwir natürlich auch, dass der Zusammenhalt in unsererGesellschaft und der Zusammenhalt der Generationenerhalten bleiben. Für die junge Generation haben wirMöglichkeiten geschaffen, eine Altersvorsorge aufzu-bauen. Aber wir kümmern uns auch um die ältere Gene-ration.
Deswegen haben wir dafür gesorgt, dass es in der Pfle-geversicherung neue Möglichkeiten gibt, beispiels-weise für eine Gruppe von Menschen, die für die Fami-lien eine große Herausforderung bedeuten, nämlich fürdie Demenzkranken; auch sie erhalten Leistungen ausder Pflegeversicherung. Wir haben die Leistungen fürdiejenigen verbessert, die zu Hause ambulant betreuenuSkdnlDdmrmnsnGavepgddvsnsjsshswagKRsdGskdsgs
eswegen, Frau Schmidt, bin ich Ihnen ausgesprochenankbar, wenn Sie sagen, dass wir auf diesem Gebiet zuehr Kontrollen kommen müssen.Eines zeigt die Wirklichkeit aber auch: Allein mit Bü-okratie, mit Überprüfungen, mit Pflichten zur Doku-entation sind wir nicht weitergekommen. Es reichticht, Dokumentationen zu überprüfen; vielmehr müs-en wir auf die Menschen schauen. Das muss das Ergeb-is der Überprüfungen in der Pflege sein.
Bei einem wichtigen Thema, das sowohl unter demesichtspunkt der Förderung von Arbeit und Chancenls auch unter dem des Zusammenhalts von Menschen,on Generationen bedeutsam ist, haben wir miteinanderinen wichtigen Schritt getan, nämlich in der Familien-olitik. In diesem Bereich hat die Große Koalition einenroßen Schritt getan, indem sie gesagt hat: Wir wollenie Vereinbarkeit von Familie und Beruf maßgeblich för-ern.Natürlich sehen wir, dass bei der Ganztagsbetreuungon Kindern unter drei Jahren ein erheblicher Bedarf be-teht. Unabhängig davon, ob der Bund zuständig ist odericht, war es eine Notwendigkeit und daher richtig, zuagen: Jawohl, wir machen da etwas. – Wir erwartenetzt von Ländern und Kommunen, dass sie ebenfallsehr schnell ihren Beitrag zusagen, damit der Aufbautattfinden kann.
Diese Betreuung ist wichtig. Wir stehen für Wahlfrei-eit. Wir wollen nicht, dass der Staat Familien vor-chreibt, wie sie zu leben haben. Weil wir Wahlfreiheitollen, wollen wir jetzt, dass die Ganztagsbetreuungufgebaut wird. Aber ich sage auch in aller Klarheit: Dieroße Mehrzahl der Familien erzieht und betreut ihreleinkinder zu Hause, und auch dies hat unseren ganzenespekt verdient.
Wenn wir über den Zusammenhalt der Gesellschaftprechen, lieber Kollege Struck, so gehört dazu auch,ass wir nicht zulassen, dass Rechtsextremismus unsereesellschaft durcheinandertreibt. So sehr ich dafür Ver-tändnis habe, dass man über ein NPD-Verbot redenann, so kann ich nur empfehlen, weniger darüber zu re-en, aber intern zu prüfen, wie groß die Erfolgschancenind. Ein zweites Debakel vor dem Bundesverfassungs-ericht wäre eine Katastrophe. Deswegen sind vor-chnelle Diskussionen, dass man dies betreiben müsse,
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Volker Kaudermit mir nicht zu machen. Erst muss man prüfen und sichvergewissern, ob es geht, um es dann zu tun, aber mandarf nicht leichthin „man sollte“ sagen. Das ist in dieserSituation einfach brandgefährlich.
Zum Thema Afghanistan ist von der Bundeskanzle-rin eigentlich alles gesagt worden. Wir stehen zu dendrei Mandaten, weil wir wissen, dass sie notwendig sind,weil wir in der Union gelernt haben, dass Menschen-rechte nicht teilbar sind, Herr Lafontaine. Jeder weiß,was passieren würde, wenn wir uns aus Afghanistan zu-rückzögen. Wir haben noch Bilder aus Vietnam in unse-ren Köpfen und davon, was dort alles passiert ist. Dashaben die Menschen nicht verdient. Was heute hier überdie Frauen und Mädchen in den Schulen gesagt wordenist, stimmt alles. Deswegen werden wir als eine Partei,die für Menschenrechte eintritt, in unserem Engagementnicht nachlassen. Wenn es darum geht, Menschenrechtezu verteidigen, dann darf uns Afghanistan nicht egalsein, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Dazu gehört natürlich auch die Bekämpfung desTerrors. Darin sind wir uns einig. Terrorbekämpfungfindet auch in Afghanistan statt. Der Terror ist aber mitt-lerweile bei uns in Deutschland angekommen. WolfgangSchäuble hat es immer wieder formuliert. Wir habendeshalb aus gutem Grund neue Kompetenzen bei derTerrorbekämpfung auf den Bund übertragen. Dazu mussjetzt ein BKA-Gesetz gemacht werden. Das Bundeskri-minalamt muss die zur Terrorbekämpfung notwendigenInstrumente an die Hand bekommen. Dazu gehört nachmeiner Auffassung und der meiner Fraktion auch dieOnlinedurchsuchung in einem ganz klaren rechtlichenRahmen: Ohne Richter geht nichts, aber mit Richtermuss die Onlinedurchsuchung auch in eng begrenztenFällen möglich sein.
Herr Kollege Struck, wir haben uns gestern nicht einigenkönnen. Wir bleiben aber im Gespräch.Die Große Koalition muss auf die wirklich dramati-sche Sicherheitslage die richtige Antwort finden, damitdie Menschen wissen: Sie können sich auf uns auch indieser schwierigen Situation verlassen. Deswegen rateich dringend dazu, dass wir als Gesetzgeber – auf unskommt es ja an – nicht ein schlecht gemachtes Gesetz ineinem Bundesland zur Benchmark unserer Entscheidun-gen machen und nicht sagen: Wir warten einmal darauf,bis in Karlsruhe etwas geschieht. – Nicht Karlsruhe trägtdie Verantwortung für die innere Sicherheit, sondern derDeutsche Bundestag und insbesondere diese GroßeKoalition. Ich hoffe, dass wir hier sehr bald zu Ergebnis-sen kommen können.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, diese GroßeKoalition hat ein schweres Stück Arbeit hinter sich, vorauIhgkuhdAbadgddLbJvG–vEutrüdfzwgbpwdeAaagVrSgp
Das Wort hat der Fraktionsvorsitzende der FDP-Frak-
ion, Dr. Guido Westerwelle.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-en! So wie Herr Kollege Kauder Bilanz gezogen hatber die ersten zwei Jahre dieser Regierung – wir wer-en sehen, wie viele denen noch folgen werden; jeden-alls ist klar, dass mindestens die Hälfte der größten an-unehmenden Amtszeit dieser Koalition herum ist –, soollen auch wir Bilanz ziehen. Ich möchte mit dem be-innen, was uns in diesem Hause verbindet.Frau Bundeskanzlerin, Herr Außenminister, Sie ha-en in diesen ersten zwei Jahren wirklich große außen-olitische Herausforderungen meistern müssen. Dasaren in diesem Jahr die EU-Ratspräsidentschaft undie G-8-Präsidentschaft. Wir möchten ausdrücklich an-rkennen, dass die Regierung Merkel/Steinmeier in derußen- und Europapolitik klug und überzeugend ge-rbeitet hat. Wir sind froh darüber, dass diese Regierunguch Irrtümer der früheren rot-grünen Regierung korri-iert hat. Wir begrüßen, dass sie das transatlantischeerhältnis wieder ins Lot gebracht hat. Wir finden esichtig, dass diese Regierung, anders als die Regierungchröder/Fischer, beim Thema Menschenrechte, übri-ens auch in Moskau, wieder den aufrechten Gangflegt. Wir erkennen das an.
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Dr. Guido Westerwelle
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir werdenuns darüber einig sein, dass damit die außenpolitischenAufgaben dieser Regierung und, sofern es um Sicher-heitsfragen geht, des Deutschen Bundestages nicht ab-schließend behandelt sind. Wir haben noch außenpoliti-sche Aufgaben vor uns. Ich will zwei Bemerkungenmachen und dann etwas Grundsätzlicheres sagen.Wir wissen, dass in Deutschland immer noch, gewis-sermaßen als Überbleibsel des Kalten Krieges, amerika-nische atomare Waffen stationiert sind. Wir fordernauch von dieser Stelle aus die Regierung auf, in Gesprä-chen mit unseren Verbündeten auf den vollständigen Ab-zug dieser atomaren Waffen hinzuarbeiten.
Diese Atomwaffen könnten von ihrer Reichweite her nurunsere unmittelbaren Nachbarn, die mit uns in einerEuropäischen Union verbunden sind, treffen. Es isthöchste Zeit, dass diese Waffen abgezogen werden.
Schließlich ist es aus unserer Sicht nach wie vor er-forderlich, dass Sie fortsetzen, was Sie begonnen haben:Die Raketenstationierungspläne im Rahmen der soge-nannten Raketenabwehr in Tschechien und Polen dür-fen nicht nur als Angelegenheit der NATO, insbesonderenicht nur als Angelegenheit von Prag, Warschau undWashington, behandelt werden, sondern müssen als ge-samteuropäisches Anliegen angegangen werden. WirEuropäer haben kein Interesse daran, dass auf dem euro-päischen Kontinent, gewissermaßen vor der HaustürDeutschlands, ein neuer Rüstungswettlauf beginnt.
Ich möchte an dieser Stelle auch etwas zu demAfghanistan-Einsatz sagen. Frau Bundeskanzlerin, Siehaben sehr klare Worte gefunden. Man hat spüren kön-nen, dass diese Worte in Wahrheit nicht an die Opposi-tion gerichtet waren; bei dieser Frage gibt es, jedenfallsin weiten Teilen, eine große Übereinstimmung in diesemHause. Sie haben Ihr klares Bekenntnis zur Fortsetzungdes militärischen Engagements in Afghanistan in Wahr-heit vor allen Dingen an die eigenen Reihen gerichtet, andie Damen und Herren der Unions- und der SPD-Frak-tion, insbesondere der SPD-Fraktion. Wir hatten ur-sprünglich vor, in der Frage der Afghanistan-Politik imOktober im Rahmen einer großen Debatte hier über alledrei Mandate zu entscheiden. Es ist ein trauriges Ergeb-nis, dass, weil die SPD sich selbst nicht einig ist, beieiner so fundamentalen Frage unserer nationalen Sicher-heit jetzt ein zerstrittener SPD-Parteitag abgewartet wer-den muss, bevor dieses Hohe Haus entscheiden kann.Führungskunst sieht anders aus.
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eswegen bleiben wir dabei: Das ist ein humanitäreruftrag der Menschlichkeit, der hier notwendig ist; eruss militärisch geschützt werden. Kein Entwicklungs-elfer könnte in Afghanistan wirken und arbeiten, wenns nicht den Schutz der Soldaten gäbe. Sie alle wärenängst umgebracht worden; das gilt gerade für die westli-hen Entwicklungshelfer.In diesem Zusammenhang sage ich aber eines ganzlar – Herr Verteidigungsminister, ich halte es für not-endig, dass Sie das in Ihren Gesprächen ausdrücklichum Thema machen –: Wir verbitten uns die wiederhol-
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Dr. Guido Westerwelleten öffentlichen Belehrungen des NATO-Generalsekre-tärs. Der Deutsche Bundestag ist nicht ausführendes Or-gan des Generalsekretärs der NATO. Es ist ja wohl nochso, dass er ein Angestellter der NATO ist und wir nichtseine Befehlsempfänger sind.
Das muss klar zum Ausdruck gebracht werden.Frau Bundeskanzlerin, so wie die Regierung in derAußen- und Europapolitik eine überwiegend erfolgrei-che Bilanz vorweisen kann, so ist es erstaunlich, dass Siesich in der Innenpolitik von dem, was Sie einmal in Ih-rer ersten Regierungserklärung als Motto Ihrer Regie-rungsarbeit ausgegeben haben, vollständig verabschiedethaben. Die erste Regierungserklärung von Bundeskanz-lerin Angela Merkel in diesem Hohen Hause hatte dieÜberschrift: Mehr Freiheit wagen. Zwei Jahre später ste-hen Sie zur Bilanz an diesem Pult, und das Motto „MehrFreiheit wagen“ kommt nicht einmal mehr als rhetori-sche Floskel bei Ihnen vor, geschweige denn, es würdemit Inhalt gefüllt.
Das ist aus unserer Sicht ein Kardinalfehler dieser Re-gierung.Beide Koalitionsfraktionen haben sich in Wahrheitvon dem verabschiedet, was ihnen mittlerweile peinlichist. Die SPD verabschiedet sich unter Schmerzen undlautem Getöse von der Agenda 2010. Die Union verab-schiedet sich von den Beschlüssen ihres Leipziger Re-formparteitages, leise, aber leider auch konsequent. Bei-des sind historische Fehler.Man kann noch verstehen, dass Sie sagen, der Auf-schwung in Deutschland komme von Ihrer Politik; wennSie das ernsthaft glauben, dann hat Deutschland wirklichein Problem.
Ihre ganzen guten Zahlen sind das Ergebnis einer fabel-haften weltwirtschaftlichen Entwicklung. Statt sich mitfremden Federn zu schmücken, müsste sich Deutschlanddie Frage stellen: Wie kann es eigentlich sein, dass dieWeltwirtschaft seit vier Jahren wächst und der Auf-schwung erst jetzt in Deutschland ankommt?
Die Zeitverzögerung zeigt uns doch, dass wir strukturellimmer noch nicht richtig aufgestellt sind.Sie haben hier die Erfolgsbilanz vorgetragen. Sie ha-ben in Ihrer Rede ausdrücklich gesagt: Erst einmal wares die Regierung, dann waren es die arbeitenden Men-schen. Das ist eine interessante Reihenfolge. Die Art,wie Sie das hier vortragen, zeugt von einem interessan-ten Selbstverständnis. Der entscheidende Punkt ist: Siesagen, das sei Ihr Aufschwung.
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Meine Damen und Herren, Sie haben eben nicht mehrFreiheit gewagt, wenn es um die Lebenslage unsererBürgerinnen und Bürger geht. Sie haben die Steuern er-höht, die Beiträge steigen, und das nennen Sie Reform.Da ist es kein Wunder, dass das Wort Reform allmählichzu einem Angstbegriff in der Bevölkerung wird.Mehr Freiheit wagen bedeutet aber zu Beginn diesermutmaßlich zweiten Hälfte der Legislaturperiode leiderauch eine erhebliche Diskussion über den Abbau vonBürgerrechten in Deutschland. Onlinedurchsuchungenvon privaten Computern, bis hin zu der Tatsache, dassder Bundesinnenminister öffentlich über die Unschulds-vermutung diskutiert, das öffentliche Erörtern des Tö-tens auf Verdacht, all das hat in diesen Monaten stattge-funden. Von einem Verfassungsminister erwarten wiretwas anderes.Wenn Sie, Frau Bundeskanzlerin, sagen – denn auchSie haben den Protest in Ihren eigenen Reihen gehört –,es gebe keine Denkverbote, so ist das in meinen Augenein seltsames Amtsverständnis. Sie tun so, als ob der In-nenminister ein Philosoph wäre, der ein paar Steine insWasser werfen könnte, und anschließend darf er sich anden Wellen ergötzen. Von einem Innenminister erwartenwir, dass er Freiheit und Sicherheit sieht. Man kann dieFreiheit der Bürger nicht schützen, indem man sie auf-gibt, meine Damen und Herren. Das ist ein kardinalesMissverständnis, das bei Ihnen vorherrscht.
Wir haben einen dramatischen Abbau von Bürger-rechten zu verzeichnen. Mich wundert, dass das in dieserDebatte überhaupt kein Thema mehr ist. Stichwort glä-serner Bankkunde: Das Bankgeheimnis ist faktisch auf-gehoben; man muss es so sagen. Wir erleben, dass dergläserne Patient vorbereitet wird. Die Datenschützer ha-ben sich eindeutig geäußert. Jetzt gibt es auch noch dengläsernen Steuerbürger. Früher hieß es: Von der WiegebbtgbiwhiFBzksgwamSdtscFSEkdSziKbEsKJ
s hat sich substanziell nichts geändert.
Das wollte ich zu den neuen Technologien sagen. Ichann diesen Bereich leider nur streifen. Auch Sie kennenas Problem mit der kurzen Redezeit.Wir bedauern, dass bei der Kernkraft in Wahrheittellvertreterdiskussionen stattfinden. Ich möchte einmalitieren, was der alte Bundeswirtschaftsminister – so altst er noch gar nicht; jedenfalls ist er sehr jung imopf –, Wolfgang Clement, in diesem Monat geschrie-en hat:Dessen ungeachtet betreibt die Bundesregierung,namentlich der Umweltminister, einen in Europaeinmaligen Kreuzzug gegen die heimischen Ener-gieunternehmen und eine beispiellose Verteufe-lungskampagne gegen die Nutzung der Kernener-gie.r fügte übrigens hinzu:Die gelernte Physikerin im Kanzleramt jedenfallslässt die Dinge … treiben.Präsident Putin hat in Australien Uranverträge abge-chlossen und kündigt an, er baut zu Hause 30 neueernkraftwerke. China will bis zum Jahre 2020 jedesahr ein Kernkraftwerk bauen. Frankreich fordert uns
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Dr. Guido Westerwelleauf, endlich von unserem Ausstiegskurs Abschied zunehmen, weil es dem Klimaschutz dient. Wenn man sichdiese Tatsachen vor Augen führt, dann ist es schlichtwegGeisterfahrerei, dass Sie nur noch eines in der Energie-politik im Schilde führen, nämlich diese Erfolgstechno-logie in Deutschland abzuwickeln. Wir brauchen beides:regenerative Energien – ja, dafür sind wir – und diefriedliche Nutzung der Kernenergie, auf die wir im Inte-resse des Umweltschutzes und der Wirtschaft nicht ver-zichten können.
Schließlich geht es um die Frage, ob wir in Deutsch-land denn wirklich die Kurve gekriegt haben oder ob wirsie noch kriegen müssen. Sie sprechen von der Transpa-renz der Finanzmärkte; es ist vernünftig, dass Sie die-ses Thema ansprechen. Sie sollten aber nicht so tun, alssei es damit getan, ein paar Regeln vorzuschlagen, unddas Thema sei damit auf internationaler Ebene erledigt.Das ist unsachlich. Wenn Sie zu Recht anmahnen, dassdie internationalen Finanzmärkte im Sinne von größererTransparenz kontrolliert werden müssen – es wird Siewundern, aber Sie hätten uns auf Ihrer Seite –, dann sageich Ihnen, Frau Bundeskanzlerin, dass Sie dort anfangenmüssen, wo Ihre eigene Regierung etwas zu sagen hat,nämlich bei den Staatsbanken, die im Augenblick aufden Finanzmärkten ein heilloses Durcheinander zulastendes deutschen Mittelstandes anrichten.
KfW, IKB und Sachsen LB sind die Stichworte, dieSie alle kennen. Wer über Finanztransparenz spricht,sollte also erst einmal vor der eigenen Haustür kehren.Da, wo Sie Macht haben, müssen Sie sie einsetzen. Dastut der Finanzminister bedauerlicherweise nicht.
Man kann festhalten, dass Sie in diesem Bundeshaus-halt im Grunde genommen eine weitere Umverteilungs-politik beschließen. Sie steigern die Einnahmen über hö-here Steuern und machen trotzdem noch Schulden. Daswiderlegt übrigens auch Ihre These, es sei eine solide Fi-nanzpolitik. Die junge Generation kann sich nur grausen,wenn sie sieht, dass die Steuern steigen und trotzdemnoch mehr Schulden gemacht werden. Der Finanzminis-ter sagt, er gibt uns einen aus, wenn es schon im Jahr2010 einen ausgeglichenen Haushalt gibt. Er sagt dasnur, weil er weiß, dass er dann nicht mehr Finanzminis-ter ist.
Wir wollen es umgekehrt machen: Herr Steinbrück,wir geben Ihnen einen aus, wenn Sie es in dieser Legis-laturperiode noch angehen, einen ausgeglichenen Haus-halt zu erreichen. Mit etwas mehr Ehrgeiz könnten Sie esschaffen.
Sie schaffen es aber nicht, weil die Devise dieser Regie-rung lautet: Bekommt ein schwarzer Minister mehrGeld, muss auch ein roter Minister mehr Geld bekom-mfenneGUdvnpggsdbvEnSbEnlDesjwhnrtkDWbIhRald
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Wir würden es an dieser Stelle gerne einmal hören. Dannkönnen wir weiterreden.
Herr Westerwelle!
Ein letzter Satz, bitte, Herr Präsident.
Es ist, wie es immer ist.
Das Erstaunliche aber ist, dass es bei Ihnen schon nach
zwei Jahren so ist. Die Große Koalition ist zwar eine
Zwangsehe, aber schon nach zwei Jahren geht es SPD
und Union in dieser Regierung wie einem alten Ehepaar:
Sie werden sich immer ähnlicher. Es ist ihnen Gott sei
Dank noch peinlich.
Vielen Dank.
Das Wort hat der Kollege Olaf Scholz von der SPD-
Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eine Vor-bemerkung: Es ist heute schon mehrfach über die Fragegesprochen worden, wie wir mit rechtsextremistischenEntwicklungen in diesem Lande umgehen und was wirgegen das Wirken der NPD tun können, dagegen, dasseine Partei mit öffentlichen Geldern rechtsextremisti-sches Gedankengut verbreiten kann und die Organisa-tionsstrukturen für rechtsextremistische Tätigkeiten lie-fert. Der Fraktionsvorsitzende der SPD hat heute gesagt,was uns alle gemeinsam bewegt: Wir müssen eine guteUntersuchung haben. Die Ämter für Verfassungsschutzin den Ländern und das Bundesamt sollen in den nächs-ten sechs Monaten einen Bericht vorlegen, aus dem wirersehen können, was für verfassungswidrige und verfas-sungsfeindliche Aktivitäten die NPD betreibt, ohne dassauf nachrichtendienstliche Quellen zurückgegriffen wer-den muss. Der Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU hatgdVmmDpkmHwktslwsWimadhgnshjrDgiMBwrBoßdDHwztDe
Herr Westerwelle, es macht keinen Sinn, von Füh-ungsunsicherheit zu sprechen, wenn man selber zumeispiel in der Frage UNIFIL ein großes Durcheinanderrganisiert hat. Ich jedenfalls erinnere mich an eine Äu-erung von Herrn Niebel, der gesagt hat, die FDP wolleem Mandat zustimmen.
ann erinnere ich mich an Aufrufe aus China von Herrnoyer, dass das alles so nicht gehen kann. Jetzt ist esieder so, dass Sie sich diesem Mandat nicht unterstüt-end zur Seite stellen können. Das ist ein bisschen symp-omatisch.
enn es ist so: Einerseits wollen Sie zeigen, dass Sieine vernünftige außenpolitische Linie haben. Anderer-
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Olaf Scholzseits suchen Sie kleine Punkte, bei denen Sie zeigen kön-nen, dass Sie auch anderer Meinung sind. Ich finde, dasist nicht führungsstark, sondern ein Durcheinander. Siesollten das in Ordnung bringen.
Sanieren, Reformieren und Investieren und dabei dieLasten gerecht auf die Schultern verteilen – das ist dasMotto des Koalitionsvertrages. Sanieren, Reformierenund Investieren und dabei die Lasten gerecht auf alleSchultern verteilen – das ist auch das Thema der Regie-rungstätigkeit der Sozialdemokraten seit 1998. Wenn imnächsten Jahr die Sozialdemokratische Partei die Regie-rung dieses Landes seit zehn Jahren getragen habenwird, wird man die große Konstanz der sozialdemokrati-schen Bemühungen feststellen. An der Stelle hat HerrWesterwelle recht: Was die Kanzlerin heute gesagt hat,hätte sie auf dem Leipziger Parteitag als CDU-Vorsit-zende nicht gesagt; aber heute hat sie recht. Das findenwir Sozialdemokraten in Ordnung.
Sanierend, reformierend und investierend
ist es uns gelungen, unser Land wieder zukunftsfähig zumachen. Ich finde, dass man das feststellen darf undmuss, auch wenn man gleichzeitig erkennen kann, dassein großer Teil unserer Menschen von dieser besserenEntwicklung noch nichts mitbekommen hat. Es ist ab-surd, eine Rede zu führen, die lautet: Alles ist gut. Aberes ist genauso absurd, eine Rede zu führen, die lautet:Alles ist schlecht. Keinem, der eine solche Rede hält,kann man irgendetwas glauben. Kein Bürger und keineBürgerin kann auf einen Politiker, der so ein undifferen-ziertes Zeug erzählt, setzen. Die große Zahl der Bürgerwird das auch nicht tun.
Selbstverständlich ist es unsere gemeinsame Aufgabe,unsere Erfolge zu beschreiben, weil sie der Ansporn fürdie nächste Zeit sind, und gleichzeitig zu sagen, dassnoch etwas zu tun ist, damit alle Menschen in diesemLande am Aufschwung teilhaben können. Aufschwungfür alle, auch das ist eine sozialdemokratische Forde-rung, die viele andere jetzt übernommen haben.
Meine Damen und Herren, zu unserer Tätigkeit seit1998 gehört, dass wir die Haushalte strukturell konsoli-diert haben und damit die Grundlage dafür geschaffenhaben, dass der Staat seine Aufgaben im Interesse unse-res Gemeinwesens auch in Zukunft erfüllen kann. Ichglaube, wir sollten bei dieser Haltung bleiben. Deshalbbegrüße ich sehr, dass sich im Rahmen der Beratungender Föderalismuskommission unter dem StichwortSchuldenbremse offenbar ein Konsens abzeichnet.
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Das wird schon irgendwie funktionieren. Unser Koali-tionspartner möchte herausfinden, inwieweit „konserva-tiv“ und „sozial“ zusammenpassen. Die Grünen bleibenungefähr bei dem, was sie mit uns gemeinsam begonnenhaben. Die sogenannte Linke sagt immer nur mehr,mehr, mehr.Wenn man das aber alles zusammenfasst, stellt manfest: Es hat doch eine Änderung des Zeitgeistes gegeben.Während die Meinungsführer der Republik vor wenigenJahren noch gesagt haben, der Sozialstaat habe keinePerspektive und man solle ihn abbauen, ist diese Mei-nung heute nicht mehr vorherrschend. Das ist ein Erfolgsozialdemokratischer Regierungspolitik.
Aber wir sind in einer schwierigen Phase. Politisch istnämlich das, was wohl für jedes Unternehmen gilt, nichtso selbstverständlich. Während ein Manager, der für seinUnternehmen einen Sanierungsplan entwickelt unddurchsetzt, vorher den Moment beschreiben muss, indem der Turnaround gelingen soll, und nachher stolzüber ihn berichten darf, ist ein Politiker, der einen Turn-around ankündigt oder als geschafft vermeldet, in derpolitischen Gefahr, ins Abseits zu geraten. Denn Refor-mer zu sein verkommt doch – wenn man die politischeSzene beobachtet – bei dem einen oder anderen immermehr zu einem Ritual, bei dem man sich so gibt, als for-dere man eine scharfe Reform. Aber tatsächlich ist dasdoch völlig unvernünftig.Wenn wir uns auf den Weg machen, auch mit schwie-rigen Maßnahmen dafür zu sorgen, dass der Sozialstaat,auch der Sozialversicherungsstaat, wieder funktioniert,dann müssen und dürfen wir den Menschen auch sagen,dass der Tournaround gelungen ist und es jetzt um denAvdrhdZdHdBabBwgPblrwdfbdKNwdddbmlswEaD2dmFLlwf
Wir investieren in die Zukunft, indem wir etwas fürie Bildung tun. Darum wollen wir, dass die Menschenesser ausgebildet werden, sodass wir den Fachkräfte-angel reduzieren können. Auch die Altbewerber wol-en wir auf dem Berufsausbildungsmarkt besser unter-tützen.Ferner müssen wir etwas für die Kinder tun, indemir denjenigen Eltern helfen, die ihre Kinder in einerinrichtung unterbringen wollen, in der sie nicht einfachbgestellt werden, sondern beste Betreuung bekommen.er Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz ab013 ist ein großer politischer Fortschritt, der die Kultures Zusammenlebens in unserem Lande wahrscheinlichehr bewegen wird, als mancher sich angesichts dieserormalie auszudenken vermag.
Es bedeutet, dass unser Land endlich zu den anderenändern Europas aufschließt, in denen es selbstverständ-ich ist, dass das, was die Eltern sich für ihre Kinderünschen, zur Verfügung steht. Es wäre ein großer Er-olg, wenn wir das schaffen.
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Olaf ScholzWenn in dieser Großen Koalition vollendet werdenkann, was wir 1998 begonnen haben, wäre das ein gro-ßer Themen- und Paradigmenwechsel in dieser Repu-blik, der nicht alle Tage gelingt. Davon kann man als Er-folg berichten.Schönen Dank.
Das Wort hat der Kollege Max Straubinger von der
CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen!Wir, die Bundesregierung und natürlich die sie tragendenFraktionen, können heute Bilanz ziehen. Es ist schonvielfältig angesprochen worden: Der Aufschwung inDeutschland hat sich verstetigt, es geht aufwärts inDeutschland. Damit werden die Zukunftschancen derMenschen natürlich besonders befördert.
Dies wird mit der Einbringung des Bundeshaushaltsdeutlich, mit dem wir unter dem Motto „Sanieren, Refor-mieren, Investieren“ in den verschiedensten Bereichendie Grundlagen für ein zukunftsfähiges Deutschland le-gen.
Natürlich ist die Einbringung des Haushalts für dieOppositionsparteien Anlass, in einzelnen Bereichen Kri-tik zu üben. Doch ich wende mich dagegen, dass denMenschen Zerrbilder gezeichnet werden, wie es heutewieder die linken Oppositionsfraktionen getan haben,insbesondere die Fraktion Die Linke, vor allen Dingenim Bereich der Sozialpolitik. Aber auch die FDP hat,was die Wirtschaft angeht, ein Zerrbild gezeichnet: DerAufschwung in Deutschland rührt nicht von einem welt-wirtschaftlichen Aufschwung her, sondern daher, dassdie Bundesregierung seit ihrem Antritt die Wachstums-kräfte mit den verschiedensten Programmen gestärkt hat:mit dem 25-Milliarden-Euro-Programm von Genshagen,durch verbesserte Abschreibungsbedingungen der Be-triebe – Stichwort „degressive Abschreibung“ –; durchdie Absetzbarkeit von Handwerkerrechnungen und der-gleichen mehr. Das hat zum Aufschwung in Deutschlandbeigetragen und damit auch zu mehr Arbeitsplätzen inunserem Land.
Die Linke hat das kleingeredet, hat behauptet, wirhätten prekäre Arbeitsverhältnisse in Deutschland.
Sie hat kritisiert, dass wir 1-Euro-Jobs haben, dass wirMinijobs haben. Doch gerade wir als Union sind stolzdarauf, dass wir die Möglichkeit der Minijobs geschaf-fen haben, weil diese für die Menschen in DeutschlandegWdCehtabpAdfnrz3üdWsdmüduSh1whlbvwDAwgcÄnbtb
Jetzt, zwei Jahre nach Regierungsantritt, haben wir ininigen Bereichen einen Fachkräftemangel. Darüberinaus gibt es an mancher Stelle sogar einen Arbeitskräf-emangel: Erst letzten Freitag hat mich ein Unternehmerngerufen, er braucht für seinen Betrieb unbedingt Ar-eitskräfte, und zwar für leichte Tätigkeiten wie das Ein-acken von Osterhasen bzw. Nikoläusen. Er findet keinerbeitskräfte. Gut, ich komme aus einer Region, in derie Arbeitslosigkeit bei 3,7 Prozent liegt – auch ein Er-olg dieser Bundesregierung. So ist die Lage sicherlichicht in allen Gegenden. Ich wünsche aber allen in unse-em Land, dass sich die Aufschwungskräfte so durchset-en. Doch wenn, wie der Unternehmer berichtet hat,1 Personen angeschrieben werden und sich 27 bei ihmberhaupt nicht melden, dann muss man darüber nach-enken, ob unsere Instrumentarien funktionieren.
ir haben morgen Gelegenheit, uns darüber auszutau-chen.Ein Zweites: Wir werden in dieser Großen Koalition,ie sehr erfolgreich arbeitet, in der es bei einzelnen The-en natürlich unterschiedliche Ansichten gibt, intensivber das Arbeitnehmer-Entsendegesetz, über den Min-estlohn und über Gesetze, die die Arbeitsbedingungenmfassen, diskutieren. Ich bitte aber, auch hier diecheuklappen abzunehmen und auf die Realität einzuge-en. In Freyung in Niederbayern hatten wir im Winter984 eine Arbeitslosigkeit von 42 Prozent. Jetzt habenir eine Arbeitslosigkeit von 6 Prozent. Niederbayernätte – davon bin ich überzeugt –, wäre unter den dama-igen Gegebenheiten der hohen Verdienste im Ruhrge-iet, in Westdeutschland ein gesetzlicher Mindestlohnerordnet worden, den Aufstieg nicht so geschafft, wieir ihn in der Zusammenarbeit mit den Menschen hier ineutschland geschafft haben.
uch dies muss uns zu denken geben. Bei allem, wasir zukünftig an gesetzlichen Initiativen ergreifen, musselten: Sie müssen den Menschen dienen und die Chan-en der Menschen vermehren. Sicherlich werden wir dienderungswünsche, die die Fraktionen noch in einzel-en Bereichen haben werden, in diesem Bundeshaushalterücksichtigen.Was die Familienpolitik angeht, wollen wir den El-ern in unserem Land Wahlfreiheit ermöglichen. Wir ha-en das Elterngeld eingeführt und sind auch für einen
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Max StraubingerRechtsanspruch auf einen Kinderkrippenplatz. Notwen-dig ist aber gleichermaßen ein Betreuungsgeld für dieje-nigen, die keine staatlichen Betreuungsleistungen in An-spruch nehmen.
Ich glaube, wir sind auf einem guten Weg. DieserBundeshaushalt bietet die Grundlage dafür, den starkenAufschwungkräften in Deutschland zukünftig wiedermehr Raum zu geben. Deshalb bitte ich alle in diesemHause: Lassen Sie uns intensiv zusammenarbeiten, umdie Zukunftsfähigkeit unseres schönen Landes zu stär-ken.Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Das Wort hat jetzt der Kollege Klaas Hübner von der
SPD-Fraktion.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-ren! Ich stimme meinem Vorredner ausdrücklich zu: Derderzeitige wirtschaftliche Aufschwung hat auch etwasdamit zu tun, dass wir – übrigens schon unter GerhardSchröder – eine Reformpolitik eingeleitet haben, die er-folgreich war. Ich bin froh, dass wir auch in der GroßenKoalition das, was wir unter Rot-Grün begonnen und alsAgenda 2010 bezeichnet haben, konsequent fortsetzen.
Wahr ist auch, dass der Aufschwung nicht alleindurch die Politik bewirkt wurde. Wir wissen durchaus,dass die Unternehmen und insbesondere die Arbeitneh-mer einen starken Beitrag dazu geleistet haben. Die Un-ternehmen haben sich in der Zeit der Stagnation so gutaufgestellt und so stark erneuert, dass sie die neuenExportmöglichkeiten sofort wahrnehmen konnten. DieArbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und die Gewerk-schaften haben in den letzten zehn Jahren durch einesehr moderate Lohnpolitik mit dazu beigetragen, dassdie Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmengestiegen ist. An der Stelle muss man den Arbeitnehme-rinnen und Arbeitnehmern und den Gewerkschaften da-für danken, dass sie daran mitgewirkt haben, dassDeutschland wirtschaftlich wieder an Stärke gewinnt.Ich bin froh, dass wir das tun. Wir haben gemeinsamvor, eine Form der Mitarbeiterbeteiligung zu finden,um Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer am wirt-schaftlichen Erfolg ihrer Unternehmungen beteiligen zukönnen. Wir haben das Vorhaben Deutschlandfonds ge-nannt. Sie haben eine ähnliche Vorstellung. Ich bin sehrfroh, dass es sich die Bundesregierung und die GroßeKoalition auf die Fahne geschrieben haben, die stärkereBeteiligung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmeran den Unternehmenserfolgen umzusetzen und voranzu-treiben.
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Mir ist natürlich durchaus klar, dass viele Programme,die sich in den neuen Bundesländern bewährt haben,auch in den alten Bundesländern anzuwenden sind. Wirhaben begonnen, dort, wo es sinnvoll ist, Programme fürdie alten Bundesländer zu öffnen. Ich erinnere in diesemZusammenhang an die Gemeinschaftsaufgabe Ost, in diewir den Westen einbezogen haben. Das war richtig. Dasist in meinen Augen die zielgenaueste Wirtschaftsförde-rung, die wir betreiben können; denn dort werden gezieltInvestitionen gefördert, wo Arbeitsplätze geschaffenwerden. Wir sollten alles daran setzen, diese Förderungaufrechtzuerhalten.
Ich sage an die Adresse der Bundesregierung: Wir ha-ben in den letzten Haushaltsberatungen GA-Mittel ent-gegen dem Regierungsentwurf um 50 Millionen Euroangehoben. Herr Glos hat dies im nun vorliegenden Re-gierungsentwurf leider nicht fortgeschrieben. Ich hättemir gewünscht, dass dieses Niveau gehalten wordenwäre. Ich hoffe aber – ich habe Vertrauen in die Haushäl-ter –, dass wir hier zumindest eine Korrektur im Rahmender weiteren Haushaltsberatungen vornehmen.
Das Gleiche gilt auch für den Stadtumbau Ost. Wirhatten große Schwierigkeiten, weil die Städte Ost-deutschlands unter einer starken Entvölkerung zu leidenhatten. Auch dieses Programm haben wir mittlerweilefür Städte in Westdeutschland geöffnet – Stichwort Stadt-umbau West –, weil diese vor ähnlichen Problemen ste-hen. Uns ist vollkommen bewusst, dass wir nach 2019nicht mehr über eine Ostförderung oder eine Westförde-rung reden werden, sondern dass wir über die Förderungstrukturschwacher Regionen reden müssen, damit solcheRegionen möglichst schnell Anschluss an strukturstarkeRegionen finden. Das gilt für Gesamtdeutschland.
Vor diesem Hintergrund sage ich an die Adresse derBildungsministerin: Es ist sehr lobenswert, was wir imBereich Forschung und Entwicklung machen, auch imHinblick auf die Exzellenzinitiative. Wir müssen aberbei den Ausschreibungsbedingungen aufpassen, dass wirnicht nur Geld dorthin fließen lassen, wo bereits gewal-tige Stärken da sind. Vielmehr müssen wir diese Mitteldazu nutzen, schwachen Regionen eine Chance und ei-nen Impuls zu geben, aus eigener Kraft zu wachsen undsich mit neuen Produkten auf neuen Märkten zu etablie-ren. Hier müssen wir auf Ausgeglichenheit achten.
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Insgesamt gesehen sind die wirtschaftlichen Rahmen-edingungen – auch in den neuen Bundesländern – garicht schlecht. Man soll auch nicht alles kaputt- undchlechtreden. Durch den Beitritt der osteuropäischentaaten hat die Bevölkerung der Europäischen Union um0 Prozent, die Wirtschaftskraft aber nur um 5 Prozentugenommen. Daran zeigt sich, welch enormes Expan-ionspotenzial in der Öffnung der osteuropäischenärkte liegt. Natürlich haben wir alle Möglichkeiten,ieses Potenzial in den Nachbarländern auszuschöpfen.ine Studie der Hypo-Vereinsbank sagt, dass gerade dieeuen Bundesländer davon profitieren werden. Sie pro-nostiziert einen Anstieg des Exports von 20 Prozent.as ist etwas Gutes, und ich finde, auch das soll man sa-en. Man muss den Menschen Mut machen und ihnenagen, welche Chancen in der Öffnung Osteuropas lie-en. Man darf das nicht immer nur schlechtreden undngst machen.
Ich will in diesem Zusammenhang auf eine Schwach-telle in der ostdeutschen Gesellschaft eingehen: Das istie Anfälligkeit für rechtsradikale Handlungen underen teilweise Verharmlosung. Ich bin für eine deutli-he Ansprache an dieser Stelle. Ich weiß und kann einisschen verstehen, dass manche Landesväter diesesroblem lieber schönreden, aber das bringt nichts. Wennrobleme da sind, müssen sie benannt werden. Die Be-ennung ist die Grundlage für die Bekämpfung einesroblems. Wir gewinnen nichts, wenn wir irgendetwaserharmlosen. Ich bin in den letzten drei Wochen vor-iegend in den neuen Bundesländern viel unterwegs ge-esen und habe mit vielen Bürgermeistern und Land-äten gesprochen. Alle sagen, dass in dieser Beziehung)
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Klaas HübnerGefährdungen bestehen, gegen die etwas getan werdenmuss. Wenn wir nichts tun, dann hat das übrigens auchEinfluss auf die Attraktivität für ausländische Investo-ren. Darum sollten wir etwas tun.Das NPD-Verbot ist sehr dezidiert diskutiert worden.Ich weiß um die Schwierigkeit dieser Thematik, und ichweiß auch, dass wir sehr vorsichtig vorgehen müssen.Aber insgesamt ist der Wunsch von fast allen Politikernauf allen Ebenen gewesen, dass wir ein NPD-Verbotwirklich ernsthaft, wenn auch mit aller Vorsicht, ange-hen; denn es kann nicht sein, dass wir dieser Partei ausSteuermitteln einen finanziellen Nährboden geben, so-dass diese im Osten weiter ihr Unwesen treiben kann.Dem müssen wir einen Riegel vorschieben.
Ich bin daher der festen Überzeugung, dass man auf dieBerichte, die man von den Landesverfassungsschutz-ämtern und vom Bundesverfassungsschutz bekommenkann, zurückgreifen soll, also auf das, was frei erhältlichist, und dass man sich nicht der V-Leute bedienen sollte.Dann kann man ernsthaft Fakten sammeln und schauen,ob man ein Verbotsverfahren anstrengen kann. Es istübrigens – auch das will ich deutlich sagen – gerade inder jungen Demokratie der neuen Bundesländer wichtig,so etwas zu tun, weil eine solche Partei, wenn sie nichtverboten ist, leider in manchen Köpfen eine Form vonLegalität hat. In meinen Augen hat sie diese nicht; dennsie arbeitet gegen die Verfassung. Darum noch einmalmein Wunsch an das gesamte Haus und an die Bundes-regierung: Lassen Sie uns entschlossen und trotzdemvorsichtig vorgehen.
In diesem Zusammenhang will ich Teilen der Links-partei sagen: Man muss aufpassen, welchen Nährbodenman manchmal mit bestimmten Reden bereitet. WennIhr Fraktionsvorsitzender wie in Chemnitz, vielleicht imrhetorischen Überschwang, mit Begriffen wie Fremd-arbeiter und ähnlichen jongliert, dann ist das nicht pro-duktiv. Da sollte man vorsichtig sein und aufpassen. Da-mit wird nicht die demokratische Stimmung gefördert,die wir alle wollen.
Ich warne sehr davor, damit weiterzumachen.
Insgesamt gesehen, so glaube ich, ist die Koalitionauf einem guten Weg. Sie steht in der Kontinuität derReformpolitik, die wir Sozialdemokraten 2003 begon-nen haben und die wir gemeinsam mit der Union fortset-zen. Der Dreiklang von Sanieren, Reformieren undInvestieren ist der richtige Dreiklang für die wirtschaftli-che Entwicklung unseres Landes. Ich bin sehr sicher,dass wir bis 2009 gemeinsam eine gute Politik für dasLand machen können und machen werden. Ich bin guterHoffnung, dass wir Sozialdemokraten nach einem kna-ckigen Wahlkampf gut dastehen werden. Zunächst gehtes aber darum, die nächsten zwei Jahre eine gute Arbeitzu machen. Wir sind dazu bereit.NkzheDwSBuZwmdSisdcsbdPsdhdrKGsuBP
Dieser Filmförderfonds hat bereits erhebliches zu-ätzliches Kapital nach Deutschland gezogen und eineeträchtliche Zahl zusätzlicher Arbeitsplätze in den Stu-ios geschaffen. Deutschland ist auch für internationaleroduktionen attraktiv geworden. Die deutschen Film-tudios erleben derzeit einen beispiellosen Boom. Wennadurch beim deutschen Film Aufbruchstimmungerrscht, ist das ein Erfolg, auf den man ruhig hinweisenarf.
Die Deutsche Welle war unter der Vorgängerregie-ung – man muss es so sagen – eher die Sparbüchse desulturetats. Das war ein Fehler. Gerade in Zeiten derlobalisierung brauchen wir einen starken Auslands-ender, eine unüberhörbare deutsche Stimme für Freiheitnd Demokratie.
esonders wichtig ist das im arabischen Raum. Um dieräsenz der Deutschen Welle dort auszubauen, wollen
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11512 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 111. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. September 2007
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Staatsminister Bernd Neumannwir dem Sender in 2008 4 Millionen Euro mehr zur Ver-fügung stellen. Dadurch kann die von uns allen ge-wünschte Kooperation von ARD und ZDF zur weiterenVerbesserung des Programms beitragen.
Gedenken und Erinnern sind Aufgaben, die die ge-samte Gesellschaft betreffen. Ich habe im Juli diesesJahres einen Entwurf vorgelegt, aus dem hervorgeht, wiedie erfolgreiche Gedenkstättenarbeit des Bundes fortge-setzt werden soll. Für die Umsetzung dieses Konzeptswollen wir allein im nächsten Jahr zusätzliche 10 Millio-nen Euro ausgeben. Das bedeutet nahezu eine Verdopp-lung der Mittel.Dem Völkermord an den europäischen Juden, derSingularität des Holocaust, kommt in unserer Erinne-rungspolitik nach wie vor eine unvergleichbare Bedeu-tung zu. Die Aufarbeitung der SED-Diktatur wollen wirverstärken und verbessern. Es ist nach wie vor unsereAufgabe, an das Unrecht der SED-Diktatur zu erinnernund so das Gedenken an die Opfer des Kommunismus inDeutschland zu bewahren.
Die Verantwortung für unsere Vergangenheit betrifftauch den Bereich der Rückgabe der von den National-sozialisten geraubten und beschlagnahmten Kulturgüteraus dem ehemaligen jüdischen Besitz. Hier sehe ich esals eine wichtige Aufgabe an, dies – unbeschadet der ei-gentlichen Kompetenz von Ländern und Kommunen fürdie Mehrzahl der Museen – zu unterstützen. Wir habenuns vorgenommen, im Rahmen eines Modells beträchtli-che Hilfen für die notwendige Provenienzrecherche aus-zugeben. Das ist vonnöten, wenn man das einstmals be-schlossene Washingtoner Abkommen ernst nimmt.
Unser nationales Kulturerbe zu bewahren, ist eine derdrängenden Aufgaben unserer Zeit. Wie wichtig dieseAufgabe ist, hat der verheerende Brand in der Anna-Amalia-Bibliothek gezeigt. An die schrecklichen Bildervom September 2004 erinnern wir uns alle.Ich freue mich sehr, dass diese Bibliothek am24. Oktober wieder eröffnet werden kann. Der Bund hatfür die Sanierung insgesamt 8,5 Millionen Euro zur Ver-fügung gestellt. Die Klassik-Stiftung Weimar steht in derganzen Welt für unser nationales, also deutsches Kultur-erbe. Deshalb steht hier nicht nur Thüringen, sondernDeutschland als Kulturnation in der Mitverantwortung.Daher beabsichtigen wir, ab dem Haushalt 2008 gemein-sam mit Thüringen – die Thüringer motivieren wir – dieMittel deutlich zu erhöhen. Die institutionelle Förderungsteigt damit schrittweise um mehr als 20 Prozent. Das istedskzdtAsdsusEnsSgkajudjkrghbvsVZ
Herr Staatsminister Neumann, erlauben Sie eine Zwi-
chenfrage des Kollegen Ilja Seifert?
B
Mit der Zusatzbemerkung, dass mir das auf die Rede-
eit nicht angerechnet wird.
Die Beantwortung von Zwischenfragen wird nie auf
ie Redezeit angerechnet.
Bitte schön, Herr Seifert.
Herr Staatsminister, Sie sprechen gerade von dem na-
ionalen Kulturerbe, dessen Pflege eine gesamtstaatliche
ufgabe ist. Das sehe ich genauso. Gleichzeitig verwei-
en Sie darauf, wie toll es ist, dass Ihr Etat erhöht wer-
en soll. Wieso wird gerade bei der Stiftung für das
orbische Volk gekürzt, und zwar nicht unbeträchtlich,
nd gleich noch dazugesagt: „Wir werden aller Voraus-
icht nach eine Haushaltssperre verhängen“?
s geht doch immerhin um eine in Deutschland lebende
ationale Minderheit. Die Mittel für die Stiftung für das
orbische Volk müssten also eher aufgestockt werden.
ehen Sie das nicht genauso, nämlich als nationale Auf-
abe des Bundes?
B
Ja, das ist eine nationale Aufgabe des Bundes, der wir
uch mit beträchtlichen Mitteln gerecht werden. Wie bei
eder Aufgabe des Bundes prüfen Bundesrechnungshof
nd Bundesverwaltungsamt jeweils, ob sie vielleicht von
en Ländern oder ob der eine oder andere Teil, ein Pro-
ekt vielleicht, vom Bund zu erledigen ist. Hierzu gab es
ritische Fragen. Trotz der Bemerkungen von Bundes-
echnungshof und Bundesverwaltungsamt wegen nicht
egebener Totalzuständigkeit für alle diese Aufgaben
aben wir im neuen Haushaltsentwurf den Mittelansatz
ei 7 Millionen Euro belassen. Das ist etwas weniger als
orher, aber deutlich mehr, als die uns begleitenden In-
titutionen gewollt haben.
on daher stellen wir uns dieser Aufgabe.
Herr Staatsminister Neumann, erlauben Sie noch einewischenfrage, und zwar des Kollegen Kampeter?
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 111. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. September 2007 11513
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B
Sie wird sicherlich hilfreich sein, deswegen sage ich
Ja, obwohl man es bei ihm nie so genau weiß.
Bitte schön, Herr Kampeter.
Herr Staatsminister, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu
nehmen, dass sich die beiden Berichterstatter der Koali-
tion für den Kulturetat, die Kollegin Merkel und ich, mit
dem Thema der Sorben bereits intensiv und nicht nur
vordergründig auseinandergesetzt haben und sehr sorg-
fältig prüfen werden, ob eine Erhöhung der Finanzmittel
im Rahmen der Haushaltsplanberatung möglich, finan-
zierbar und rechtlich absicherbar ist? Ich möchte Sie fra-
gen, ob Sie bestätigen können, dass der Bund im Rah-
men seiner Verantwortung in den letzten Jahren weit
über das hinausgegangen ist, was im Finanzierungs-
abkommen tatsächlich Grundlage war – die zugesagten
Finanzierungsteile für die Stiftung des sorbischen Vol-
kes –, und dass der Eindruck, als würde es sich hier ins-
gesamt um eine Kürzungsstrategie handeln, nicht richtig
ist. Vielmehr ist es doch wahrscheinlich richtig – oder
würden Sie mir da widersprechen? –, dass wir eine jah-
relange Überzahlung aufgrund von Hinweisen von Bun-
desrechnungshof und Bundesverwaltungsamt politisch
überprüfen.
B
Herr Kollege Kampeter, zur Kenntnis nehmen muss
ich ohnehin alles, was hier gefragt wird.
Ihnen hier offiziell zu widersprechen, wäre unklug; denn
ich brauche Sie im Rahmen der Haushaltsberatungen
noch.
Unbeschadet davon bestätige ich alles, was Sie gesagt
haben. Ja, es ist richtig: Die Bundesregierung hat immer
mehr veranschlagt. Ich muss auch bestätigen, dass in den
Haushaltsberatungen die Haushälter das immer noch er-
höht haben.
Ich glaube deshalb schon, Kollege Seifert, dass wir da
auf einem guten Weg sind.
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Meine Damen und Herren! Mit dem Haushalt 2008
etzen die Koalitionspartner erneut ein positives Signal
ür Kultur und Medien in Deutschland. Ich danke vor al-
em den Berichterstattern im Haushaltsausschuss für ihre
tete Hilfe und ihr Verständnis. Allen Fraktionen im Kul-
urausschuss bin ich für ihre grundsätzliche Unterstüt-
ung und Solidarität besonders dankbar. Ich gehe davon
us, dass wir die fruchtbare Zusammenarbeit fortsetzen.
Einer der wichtigsten Rohstoffe unseres Landes ist
ie Kultur. Deutschland muss sie pflegen, weil in ihr die
rundlagen unserer Gemeinschaft heute und morgen lie-
en. Ich schlage vor, auch in der Zukunft die Allpar-
eienkoalition für die Kultur fortzusetzen. Die Kultur in
eutschland wird davon den größten Nutzen haben und
s uns danken.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Das Wort hat jetzt die Kollegin Dr. Lukrezia
ochimsen von der Fraktion Die Linke.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!err Staatsminister, ich kann Ihnen ein Lob der soge-annten Linken nicht ersparen, auch wenn das auf meinedezeitkonto geht.
Weil hier im Laufe des heutigen Morgens so sehr vielon „sogenannt“ geredet worden ist.Ja, Sie haben einen vergleichsweise guten Haushaltür die Kultur eingebracht und haben die Bedeutung derultur, seit Sie Staatsminister sind, tatsächlich ins Zen-
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Dr. Lukrezia Jochimsentrum der Bundespolitik gerückt. Dafür ist Ihnen Achtungzu zollen.Jetzt werde ich allerdings etwas grundsätzlich. Wirreden nämlich heute über die Förderung und den Schutzunserer Kultur in einer Zeit, da Unkultur, Gewalt, Roh-heit, Jagd auf Minderheiten und die offene Verhöhnungder Demokratie Konjunktur haben. Kaum eine Wochevergeht, in der nicht neue Nazis wieder öffentlich durchunsere Städte marschieren, Brandreden halten und Kon-zerte veranstalten, die rattenfängerisch junge Leute in ih-ren Bann ziehen sollen. Jedes Mal schwören wir dann,dass wir uns mehr, kontinuierlicher und intensiver mitden Initiatoren, Anhängern und vor allem den potenziel-len Sympathisanten auseinandersetzen müssen. Wie, dasallerdings wissen wir nicht so recht, und ich gestehe,dass auch ich hilflos bin und keine umfassende Strategiekenne.Eine Forderung allerdings stelle ich hier im Zusam-menhang mit der Debatte über den Kulturhaushalt zurDiskussion: Wir müssen die Gedenkstätten zur natio-nalsozialistischen Terrorherrschaft viel mehr und vielnachhaltiger unterstützen als bisher.
10 Millionen Euro sind im Haushalt des Kulturstaats-ministers für die Fortschreibung des Gedenkstätten-konzepts zusätzlich eingestellt, und die KZ-Gedenkstät-ten Dachau, Flossenbürg, Neuengamme und Bergen-Belsen sollen dauerhaft gefördert werden. Das ist zu be-grüßen. Erstens aber ist nicht klar, ob die Gedenkstättendurch diese institutionelle Förderung tatsächlich einenEuro mehr erhalten, während feststeht, dass die Projekt-förderung zum Beispiel für Neuengamme stark zurück-gegangen ist.
Zweitens muss hier einmal beschrieben werden, wieder Status quo, wie die Alltagssituation dieser Gedenk-orte aussieht: Dachau hat 800 000 Besucher jährlich,aber nur eine einzige pädagogische Stelle für die histori-sche Aufarbeitung. Neuengamme hatte im letzten Jahr1 500 Führungen zu organisieren, Mittelbau-Dora rund1 400, und dies mit jeweils einer museumspädagogi-schen Stelle. Ehrenamtliche, Honorarkräfte, selbst Zivil-dienstleistende, was eigentlich gar nicht erlaubt ist, ma-chen dort die Arbeit. Ein Drittel – ich bitte Sie! – derAnfragen nach Führung und Betreuung muss abgelehntwerden. In Neuengamme kosten die Führungen jetzt fürSchülergruppen 20 Euro und für Erwachsene 40 Euro.Das ist der Alltag, und das ist ein Skandal.
Dieser Skandal steht im krassen Widerspruch zur Über-schrift der Gedenkstättenkonzeption des Kulturstaats-ministers, die da lautet: „Verantwortung wahrnehmen,Aufarbeitung verstärken, Gedenken vertiefen“. Wenndiese drei Aufgaben ernst genommen werden, setztenwGdnGtUürvkGabGddAdsgnDkAgDzS
ämlich bei dem Bestreben, bei jungen Menschen dierundlagen für humanitäre und demokratische Hal-ung zu legen. Es muss uns gelingen, die Haltung, dienverletzlichkeit der Person des anderen immer undberall zu respektieren, auch dann, wenn es Zivilcou-age, ja sogar Mut kosten kann, jetzt in der Jugend zuerankern, und wenn es noch so viele Anstrengungenostet.
Natürlich kann die Arbeit in den Gedenkstätten dieesellschaft gegen Rechtsradikalität nicht immunisieren,ber eine kontinuierliche, vertiefende, aufklärerische Ar-eit mit der Geschichte an den authentischen Orten dereschichte heißt, jene Verantwortung wahrzunehmen,ie das Gedenkstättenkonzept postuliert.Ja, auch die SED-Diktatur muss aufgearbeitet wer-en, sehr einverstanden!
ber die Parallelität, von der hier immer die Rede ist,as Parallelitätsverhältnis zur Aufarbeitung der Ge-chichte der Nazidiktatur, wie es im Konzept heißt, isteschichtlich falsch und heute ganz und gar nicht hin-ehmbar.
ie DDR nämlich, liebe Kolleginnen und Kollegen,ommt nicht zurück.
ber die neuen Barbaren, modern verkleidet, vernetzt,ut finanziert, sind auf dem Weg.
agegen müssen wir etwas tun. Ich bitte Sie, uns dabeiu unterstützen.Vielen herzlichen Dank.
Das Wort hat die Kollegin Monika Griefahn von derPD-Fraktion.
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Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-gen! Das Jahr 2010 ist noch eine Weile hin, aber imRuhrgebiet wirft es schon Schatten voraus: Essen wirdnämlich 2010 europäische Kulturhauptstadt. DerBund begleitete diese Initiative bisher schon intensivund wird das auch weiter tun. Schon jetzt zeigen sichtrotz kleinen Inputs enorme Synergieeffekte: So ist dieLove-Parade von Berlin nach Essen gezogen. Das istzwar nicht gerade ein kulturelles Highlight, aber es zeigt,dass so eine Initiative eine ganze Region umgestaltenund neues Leben hereinbringen kann. Wir müssen, wieich glaube, immer wieder deutlich machen, dass Bundes-kulturpolitik, auch wenn für sie nur wenig Geld zur Ver-fügung steht, Impulse setzen kann. Das ist uns bei vielenDingen ganz wichtig.Der Haushalt wächst um 1,3 Prozent. Das ist auf dereinen Seite ein ganz gutes Ergebnis; auf der anderenSeite sind viele Punkte offen, die noch in Angriff ge-nommen werden müssen. Vor der Sommerpause hat jaStaatsminister Neumann die Fortentwicklung des Ge-denkstättenkonzeptes vorgelegt. Wir haben dazu heuteschon in mehreren Reden etwas gehört. Meine KollegenScholz und Hübner haben dabei sehr deutlich gemacht,dass der Rechtsextremismus eine echte Bedrohung istund wir etwas tun müssen, und zwar, wie ich glaube, inganz Deutschland, nicht nur in Ostdeutschland. Mir be-gegnet da durchaus auch in meinem Wahlkreis manches.
Da ist das Gedenken an die Opfer ebenso wichtig wiedas an Opposition und Widerstand in den Diktaturen.Das festigt das Bewusstsein für Freiheit, Recht undDemokratie. Ich denke, dass es wichtig ist, dieses auf-zuarbeiten und voranzubringen. So kann nämlich Schü-lerinnen und Schülern gezeigt werden, wie es früher war,insbesondere auch während der nationalsozialistischenDiktatur bei uns. Es darf in den Gedenkstätten nicht anMöglichkeiten für den Besuch von Schülergruppen feh-len. Wenn eine Lehrerin oder ein Lehrer mit einer Klassedorthin will, muss er bzw. sie die Möglichkeit dazu ha-ben. Hier müssen wir unterstützend tätig werden.
Gewalt, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismusdürfen wir nicht zulassen. Deshalb müssen wir diesenErscheinungen auch mit aktiven Angeboten im Bereichder kulturellen Arbeit und der politischen Bildung entge-gentreten. Auch das ist ein Teil unserer Arbeit, der sichin dem Konzept widerspiegeln muss. Gedenkstätten ha-ben dabei als Gedenk- und vor allem Lernorte eine wich-tige gesamtgesellschaftliche Bedeutung. Wir brauchenaufbereitete pädagogische Angebote. Daneben sind Be-richte von Zeitzeugen wichtig, aber die wird es nichtmehr lange geben. Jetzt können sie noch in Schulen ge-hen. Ich vermittle viele Zeitzeugen an Schulen. Das istimmer ein bewegendes Erlebnis. Daneben brauchen wiraber eben die Gedenkorte als Orte, die deren Erfahrun-gen bleibend pädagogisch vermitteln.cabatDtAuWmEMnm–gDrdrGEktvDvKfSmAn–gbss
Ich möchte an dieser Stelle den vielen Ehrenamtli-hen danken, die vor Ort ihre Arbeit tun. Ich möchteuch den Lehrerinnen und Lehrern danken, die trotz deregrenzten Mittel immer wieder versuchen, diese Orteufzusuchen und wirklich Arbeit in das Gedenken inves-ieren.Im neuen Programm sollen durch eine verbessertearstellung die Herrschaftsmechanismen der SED-Dik-atur und der damalige Alltag deutlich gemacht werden.uch das ist, wie ich glaube, ein wichtiger Punkt. Dienterbreiteten Vorschläge bilden dafür eine Grundlage.ir werden aber noch über das Konzept diskutierenüssen, denn es ist finanziell unzureichend ausgestattet.
in Ort wie die Normannenstraße zum Beispiel ist imoment überhaupt nicht berücksichtigt. Er muss zum ei-en baulich instandgesetzt werden, und zum anderenuss ein pädagogisches Konzept erstellt werden.
Im Moment ist Geld für die Mauergedenkstätten vor-esehen, Herr Kampeter.
as ist wichtig, richtig und auch gut; denn in zwei Jah-en gibt es ja insoweit einen wichtigen Gedenktag. Aberas andere brauchen wir auch.Ein weiteres Feld sind die vom Verfall bedrohten Ein-ichtungen der Stiftung Preußische Schlösser undärten. Schon jetzt sind viele der Gebäude so sehr vominsturz bedroht, dass sie in Teilen für den Besucherver-ehr geschlossen werden müssen. Hier gilt es, etwas zuun, bevor sich der Zustand vieler Gebäude noch weitererschlechtert und es zu spät ist.
as gilt übrigens auch für zahlreiche historisch wert-olle Gebäude in der ganzen Republik. Ich denke da anirchen, alte Landhäuser, Museen. Da sollten wir prü-en, inwieweit wir ein neues Programm für die Hilfe zuranierung auflegen können, wie wir es früher schon ein-al hatten mit „Dach und Fach“ für Ostdeutschland.uch in Westdeutschland gibt es genügend Fälle, in de-en Handlungsbedarf besteht.
Darüber werden wir in den parlamentarischen Beratun-en diskutieren, Herr Kampeter.Nicht nur bei der populären Musik, für die Sie sichesonders einsetzen – Sie haben für die „Initiative Mu-ik“, die jetzt ihre Arbeit auf der Popkomm aufnehmenoll, 1 Million Euro zusätzlich erwirkt, worüber wir uns
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Monika Griefahnfreuen –, sind wir auf einem guten Weg. Wir haben inunserem Antrag für den Bundestag klare Vorstellungenformuliert, die wir nun in konkrete Projekte umsetzenmüssen. Ich denke da zum Beispiel auch an die stärkereEinbindung von Jazz in die öffentliche Förderung
oder die praktische Unterstützung von Nachwuchsbands,zum Beispiel durch Tourbusverleih.
– Die vielen zustimmenden Zuschriften, Herr Kampeter,die ich in den letzten Wochen bekommen habe, zeigenmir, dass wir hier das Richtige tun. Ich bin froh, dass wirunsere Vorschläge da einbringen können.
– Sie hören ja auch auf meine; darüber freue ich mich.Auch im Bereich der Computerspiele geht es voran.Nachdem besonders gewalthaltige Computerspiele inden letzten Monaten im Fokus der Öffentlichkeit stan-den, wächst nun die Erkenntnis, dass man mit einer För-derung von wertvollen Inhalten mehr erreichen kann alsmit Verboten, die in ihrer Wirkung äußerst umstrittensind und bei denen man sich auch über die Instrumentestreitet.
Mit zwei neuen kulturpolitischen Initiativen wollen wirdie Förderung erreichen. Zum einen soll mit dem Projekt„Netz für Kinder“ eine sichere Umgebung für Minderjäh-rige angeboten werden, die zugleich ungefährliche undwertvolle Spiele herausstellt. Zum anderen soll es eineStiftung geben, in der sich Spieleentwickler, Hersteller,Einzelhandel und Politik gemeinsam für eine bessere Ak-zeptanz des Mediums, für mehr Medienkompetenz undJugendschutz sowie eine bessere Produktionsförderungbei hochwertigen Spielen einsetzen.Ich denke, es fehlt nur ein Baustein: Wir brauchen ei-nen Spielepreis, so wie den Filmpreis, mit dem wir öf-fentlich deutlich machen können, welche Computer-spiele eine Bereicherung der Medienkultur sind, welchezu den besten ihrer Art gehören und so von Eltern ohneBedenken für ihre Kinder gekauft werden können. Dasgibt gleichzeitig einen wichtigen Impuls für die Branche,noch mehr solcher öffentlich ausgezeichneten Spiele zuproduzieren.
Ein weiteres positive Element ist, dass wir dringendeinen Medien- und Kommunikationsbericht brau-chen. Wir führen zwar aktuell keine Diskussion mehrüber Pressefusion und Medienkonzentration, aber dasThema wird uns weiter verfolgen. Ich bin froh, dass derKMrl4gzWavgnWwbBDlGnszAnbtcghv–dönlLrvusDdd2bvt
Dazu komme ich jetzt.Zum zweiten Punkt. Mit über 40 Millionen Euro wer-en wir eine große Schulinitiative durchführen. Das er-ffnet die Chance, dass endlich wieder mehr Schülerin-en und Schüler auf der Welt Deutsch als Fremdspracheernen und damit eine bessere Beziehung zu unseremand aufbauen. Ich durfte den Ausschuss beim 150-jäh-igen Jubiläum der Deutschen Schule in Montevideoertreten
nd habe gesehen, welch wichtige Arbeit die Schule dorteit 150 Jahren leistet, wie wichtig die Anbindung aneutschland über die deutsche Sprache und damit überie Deutsche Schule ist.Die dritte Initiative heißt „Aktion Afrika“. Hier wer-en wir den deutsch-afrikanischen Dialog mit0 Millionen Euro durch Schüleraustausche, Medienar-eit, Stipendien, Künstleraustausche oder Kulturprojekteerstärken. Damit soll eine stärkere Anbindung des Kon-inents über Kulturaustausch erreicht werden, also eben
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Monika Griefahnnicht nur über Entwicklungsarbeit. Wir sehen immerwieder, wie wichtig es ist, nicht nur zu kommen und zusagen, man müsse jetzt einmal helfen, sondern auch denReichtum der Länder zu erkennen, sich mit ihnen zu ver-ständigen und in einen Dialog einzutreten. Das ist etwasanderes, als zu kommen, nur um zu helfen.Ich bin froh, dass wir mit diesem Haushalt zeigenkönnen, dass die Themen der Kultur- und Medienpolitiksowohl im Inland als auch im Ausland wichtige Themensind, Themen mit Zukunft, die wir als solche verstehen.Ich freue mich, dass wir in den Ausschüssen mit allenFraktionen wirklich gut zusammengearbeitet haben. Da-für möchte ich mich bedanken.
Das Wort hat die Kollegin Katrin Göring-Eckardt,Bündnis 90/Die Grünen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Na-türlich freuen auch wir uns über den Aufwuchs desHaushalts im Kulturbereich; daran gibt es nichts zu deu-teln. Als Thüringerin freue ich mich ganz besonders überdie Aufwüchse bei der Klassik-Stiftung Weimar. Es hatsich gezeigt, dass es hier eine gesamtstaatliche Verant-wortung gibt, und das ist gut so.
Weil eine kurze Redezeit für die Opposition natürlichnicht dazu einlädt, zu langen Lobreden anzuheben, willich an dieser Stelle auf das Thema Gedenkstättenkon-zept und Erinnerungskultur zu sprechen kommen;Herr Neumann, Sie haben es in Ihrer Rede kurz erwähnt.Der Entwurf nennt sich zwar „Fortschreibung der Ge-denkstättenkonzeption“, weist aber doch einige sehrmarkante Unterschiede zu dem auf, was die rot-grüneBundesregierung mit ihrer Gedenkstättenkonzeption aufden Tisch gelegt hat.
Es geht um Unterschiede, die man leicht übersehenkann, insbesondere wenn man weiß, dass es um10 Millionen Euro mehr für die Gedenkstättenförderunggeht. Dennoch: Erstens ist genaues Hinsehen angesagt,zweitens muss natürlich eine öffentliche Diskussionstattfinden; denn es geht um politische Gewichtung. Andieser Stelle möchte ich sagen: Ich bin sehr froh, dassder Kulturstaatsminister nicht dem Gedenkstättenkon-zept mit der Art von Erinnerungskultur folgt, das dieCDU/CSU-Bundestagsfraktion vor einiger Zeit vorge-legt hat und das eine deutliche Verschiebung derSchwerpunkte vorgesehen hat.Dennoch sind ein paar kritische Anmerkungen nötig.Insbesondere möchte ich einiges zum Gedenken und zurAgwsaglmDsNerörtAsgseIdHbjDrndusdnFnsdswwedDer
as ist ein Problem, weil dann gerade die zivilgesell-chaftlichen Projekte im Bereich der Erinnerung an denationalsozialismus nicht mehr möglich sind. Damitntsteht die Gefahr, eine Institutionalisierung der Erinne-ungskultur in Gang zu setzen, nach dem Motto: Wir, dieffentlichen Institutionen, erledigen das mit der Erinne-ungsarbeit schon für euch.Ich möchte gern daran erinnern, dass sowohl in der al-en Bundesrepublik als auch in der Nachwende-DDR dieufarbeitung der Vergangenheit von der Zivilgesell-chaft politisch erkämpft werden musste. Auch deswe-en ist es dringend notwendig, dies zu würdigen.
Gerade die Projekte, die aus der Mitte der Gesell-chaft kommen – wir alle wissen das –, sind besondersrfolgreich und tragen viel zur Erinnerungskultur bei.ch nenne nur das Beispiel des Projekts „Stolpersteine“es Künstlers Gunter Demnig, an dem sich viele hier imause auf unterschiedliche Art und Weise beteiligt ha-en. Es muss freie Töpfe für zivilgesellschaftliche Pro-ekte geben, ohne die wir in der Erinnerungskultur ineutschland nicht auskommen, meine Damen und Her-en.
Ich glaube übrigens, dass sich die paternalistische Artach dem Motto „Wir regeln das schon für euch“ aucharin widerspiegelt, dass die inhaltliche Autonomiend die politische Unabhängigkeit der KZ-Gedenk-tätten im vorliegenden Entwurf eben nicht mehr aus-rücklich erwähnt werden. Das klingt ein bisschen da-ach, als ob man politisch Einfluss nehmen will.Damit komme ich zu den Kriterien bezüglich derörderungswürdigkeit. Natürlich ist es richtig, dass derationale und internationale Stellenwert des Ortes ent-cheidend ist. Dann wird aber gleich als Kriterium,urch das dieser Stellenwert zum Ausdruck kommenoll, die Besucherzahl genannt. Wenn man sich überlegt,as es bedeutet, dass an der Besucherzahl gemessenird, ob eine Gedenkstätte förderungswürdig ist, dannntsteht das Problem, dass aus den ehemaligen KZs unden heutigen Gedenkstätten Museen gemacht werden.as ist aber nicht angemessen, weil es dort um die Aus-inandersetzung mit den Orten unserer eigenen Erinne-ung geht.
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Katrin Göring-EckardtDas sind übrigens auch riesige Friedhöfe. Auch mitRücksicht auf die Opfer sollten wir nicht so tun, als obdie Besucherzahl das einzig relevante oder auch nur daserste Kriterium sein könnte.Wir brauchen Evaluierung. Wir brauchen übrigensauch eine öffentliche Diskussion. Ich würde mir sehrwünschen, dass auch mit denjenigen, die in diesen Ge-denkstätten arbeiten, über das Gedenkstättenkonzept dis-kutiert wird. Das ist bisher nicht geschehen.
Wichtig ist im diesem Zusammenhang übrigens auch,dass wir die Rahmenbedingungen für eine qualitativhochstehende wissenschaftliche Arbeit und für eine guteBildungsarbeit dauerhaft sichern. Auch hierauf ist hinge-wiesen worden. Dies ist offensichtlich auch nötig, wiewir an dem Beispiel der ehemaligen NDR-JournalistinEva Herman und übrigens auch an den Reaktionen aufihre Äußerungen gesehen haben.Wir brauchen diese Arbeit auch, wenn wir die neona-zistischen Umtriebe bekämpfen wollen. Beides gehörtzusammen: die Bildungsarbeit in den Gedenkstätten unddas, was wir heute tun.Ein letzter Punkt. Ich möchte nicht, dass es zu einerVerschiebung und zu einer Parallelisierung kommt, wasdie Aufarbeitung der DDR-Geschichte, die notwendigist, angeht. Eine solche Verschiebung beziehungsweiseParallelisierung feiert hier und da fröhliche Urständ, wiesich an den Äußerungen aus den Reihen insbesondereder Linken zum Schießbefehl sehr deutlich zeigt.
Dennoch sind es zwei unterschiedliche Themen, diewir unterschiedlich behandeln sollten. Wir sollten nichtso tun, als ob wir das, was die Stasi-Unterlagenbehördeheute macht, für verzichtbar erklären könnten. Ichglaube, auch hierfür brauchen wir diesen Ort der Erinne-rung. Wir brauchen die Fortsetzung dieser Arbeit.
Frau Kollegin Göring-Eckardt, Sie haben Ihre Rede-
zeit schon weit überschritten. Würden Sie trotzdem eine
Zwischenfrage des Kollegen Börnsen zulassen? Dann
könnte ich die Uhr stoppen.
Das kommt mir zugute, Herr Börnsen, in der Hoff-
nung, dass Sie die richtige Frage stellen.
– Herr Börnsen und ich sprechen eigentlich nicht mitei-
nander. Diese Frage war also nicht abgesprochen.
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ehr angenehm! Es war kein Geheimgespräch zwischen
hristdemokraten und Grünen – noch kein Geheimge-
präch.
Tja.
Frau Vizepräsidentin, ich finde, dass Sie sehr nach-
enklich über das Konzept gesprochen haben, dass Sie
ber, wie es in einer Rede dann eben stattfindet, auch ein
enig schwarz-weiß gemalt haben.
Würden Sie zur Kenntnis nehmen, dass das Konzept,
as der Staatsminister vorgelegt hat, sehr wohl zwischen
en Diktaturen, die wir erlebt und erlitten haben, diffe-
enziert und auch sehr wohl deutlich macht, dass wir die
rinnerungsüberlegungen hinsichtlich der NS-Herr-
chaft in ihrer ganzen Brutalität verstetigen und verstär-
en müssen und dass wir unabhängig davon auch einen
ufholbedarf in der Frage der DDR-Geschichte haben?
Würden Sie Folgendes vielleicht noch einmal deut-
ich machen: In keiner Zeile ist erwähnt, dass es einen
olitischen Einfluss geben kann. Im Gegenteil: Wir ha-
en deutlich gemacht, dass es die Aufgabe der Zivilge-
ellschaft ist, dafür zu sorgen, dass es wie in der Vergan-
enheit eine gemeinsame Aufarbeitung der schlimmen
rbschaften zweier Diktaturen gibt.
Dritter Punkt. Würden Sie bitte zur Kenntnis nehmen,
ass man sich im Rahmen der Erinnerung an die Mauer
nd der Erinnerung um das Brandenburger Tor herum
ehr wohl bemüht, ein Konzept vorzulegen, mit dem auf
ie Symbolhaftigkeit der Erinnerung abgestellt wird?
Letzter Punkt. Würden Sie auch zur Kenntnis neh-
en, dass die beiden Koalitionsfraktionen und auch Ihre
raktion bei den ersten Überlegungen des Staatsminis-
ers im Ausschuss für Kultur und Medien gesagt haben:
ir benötigen ein großes Anhörungsverfahren mit allen
etroffenen und Beteiligten, weil dieses Konzept es ver-
ient, gemeinsam diskutiert und von allen getragen zu
erden.
Frau Kollegin Göring-Eckardt, würden Sie Ihre Ant-ort bitte mit den noch ausstehenden Schlussbemerkun-en verbinden.
Herr Kollege Börnsen, ich möchte bemerken, dass Sieich für eine Zwischenfrage gemeldet, aber vier gestelltaben.
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Er hat sozusagen vier Antworten bestellt.Ich freue mich sehr, dass wir uns einig sind, was daszivilgesellschaftliche Engagement angeht.
Es kann in der weiteren Diskussion des Konzeptes eineRolle spielen. Wenn es aufgenommen wird, kommen wiran diesem Punkt sicherlich weiter. Ich würde mich da-rüber sehr freuen. Ich sage noch einmal, dass wir daraufdefinitiv nicht verzichten können.Ich will auch etwas zu dem Punkt Parallelisierung derAufarbeitung der NS-Diktatur und der Aufarbeitung derDDR-Geschichte sagen. In dem Konzept wird in der Tatzunächst auf die Unterschiede der beiden Systeme hin-gewiesen. Aber dann wird – auch was die Sprache an-geht – doch eine Parallelisierung vorgenommen. Bei derDiskussion müssen wir deutlich machen, dass wir diesezwei sehr unterschiedlichen Weisen, mit der Geschichteumzugehen, brauchen. Wir sollten nicht so tun, als obman einfach über zwei deutsche Diktaturen redet. Wennwir uns darüber einig sind, dann kommen wir zusam-men.Ich bin ganz sicher, dass wir eine öffentliche Diskus-sion brauchen. Deswegen ist die Anhörung wichtig. Wirbrauchen aber nicht nur eine Diskussion in Fachkreisen,sondern wir müssen uns selbst darüber klar werden, wiewir mit unserer eigenen Geschichte umgehen. Dafürbrauchen wir die Zivilgesellschaft. Aber auch die De-batte im Ausschuss und im Deutschen Bundestag sowiedie öffentliche Debatte sind wichtig. Dies gilt besondersangesichts des braunen Mobs, der zurückkehrt. Das istübrigens nicht nur ein ostdeutsches, sondern ein gesamt-deutsches Problem, dem wir uns stellen müssen.Wir dürfen die KZ-Gedenkstätten nicht zu Museenmachen, sondern wir müssen sie zu Orten lebendiger Er-innerung machen. Sie müssen unabhängig bleiben, weildie wissenschaftliche Aufarbeitung und die Bildungsar-beit so in einer freien Atmosphäre stattfinden können.Das halte ich für einen ganz zentralen Punkt.Ich glaube, wenn wir all diese Punkte in unserer Dis-kussion berücksichtigen, dann werden wir das, was wirgesellschaftlich so dringend nötig haben, zusammen hin-bekommen.Vielen Dank.
Zu einer Kurzintervention erteile ich dem Kollegen
Hans-Joachim Otto das Wort.
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Nein, die Hauptstadtkulturförderung hat auch ohne die
eutsche Welle einen Anteil von über 50 Prozent, Frau
ollegin Griefahn.
Es bestünde durchaus ein aktueller Anlass, zur Haupt-
tadtkulturförderung mehr als nur ein Wort zu verlieren.
enn nach Presseberichten, so jüngst im Spiegel, soll es
wischen dem Berliner Senat und der Bundesregierung
n Person von Herrn Neumann Verhandlungen darüber
eben, dass der Bund seinen Anteil zur Unterstützung
er Staatsoper Unter den Linden maßgeblich erhöht.
un weiß ich natürlich nicht, ob diese Presseberichte zu-
reffend sind. Aber es bestünde jedenfalls Anlass, einmal
arüber zu reden, zumal es sich um haushaltsaktive Posi-
ionen handelt. Der Spiegel schreibt, dass der Bund be-
eit sei, erheblich mehr Geld zu geben. Mich würde
chon interessieren, wie das haushaltstechnisch bewäl-
igt werden soll.
Ein Weiteres. In Art. 22 des Grundgesetzes steht zur
auptstadtkulturförderung – daran darf ich erinnern –:
Das Nähere wird durch Bundesgesetz geregelt.“ Kön-
en wir es zulassen, dass der Deutsche Bundestag an der
auptstadtkulturförderung allenfalls marginal beteiligt
ird, dass dieser Bereich durch eine Verwaltungsverein-
arung zwischen Berlin und dem Bund geregelt wird?
önnen wir es uns nicht herausnehmen, zu sagen, dass
ier ein klarer Staatsvertrag zwischen dem Land Berlin
nd dem Bund abgeschlossen werden muss, damit auch
ie Parlamentarier, und zwar sowohl im Abgeordneten-
aus von Berlin als auch im Bundestag, beteiligt wer-
en?
Auch wenn viele schöne Themen besprochen worden
ind, muss ich bemängeln, dass dieses Thema in unserer
eutigen Haushaltsdebatte fehlte.
Es wird eine weitere Kurzintervention gewünscht,nd zwar vom Kollegen Kampeter.
r bezieht sich auf den Redebeitrag der Kolleginöring-Eckardt.Ich bitte Frau Kollegin Göring-Eckardt, ihm zuzuhö-en und ihre Aufmerksamkeit von Herrn Trittin abzu-enden, damit sie anschließend auf die Kurzinterventioneagieren kann. – Bitte schön, Herr Kampeter.
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Auch ich will meine Enttäuschung darüber ausdrü-
cken, dass die Kollegin Göring-Eckardt es versäumt hat,
zu diesen wichtigen Fragen der Hauptstadtkulturförde-
rung Stellung zu nehmen. Ich will in diesem Zusammen-
hang gerne auf einige Aspekte hinweisen:
Erstens. Der Bund steht zu seiner Verantwortung für
Berlin als Hauptstadt und auch für deren kulturelle
Funktion.
Zweitens. Sowohl bezogen auf Fragen der Kultur als
auch bezogen auf Fragen der inneren Sicherheit gibt es
sehr intensive Verhandlungen mit dem Land Berlin.
Drittens. Wenn ich den Sachstand richtig interpre-
tiere, hat der Regierende Bürgermeister das sehr großzü-
gige Angebot einer Investitionsförderung zugunsten der
Berliner Staatsoper seitens der Regierung – sie hätte es
dem Parlament wahrscheinlich später vorgelegt – abge-
lehnt.
Viertens. Ich gehe davon aus, dass alle Prozesse, die
als Bundesleistung für Berlin zu verstehen sind, bei den
Haushaltsberatungen im Deutschen Bundestag eine
große Rolle spielen werden, sodass keinerlei Beschluss-
fassung am Parlament vorbei zu befürchten ist.
Frau Kollegin, wollen Sie reagieren? – Sie müssen
nicht, Sie dürfen.
Ich weiß, dass ich antworten darf. – Ich freue mich
natürlich sehr darüber, dass ausgerechnet ich dafür ver-
antwortlich gemacht werde, dass die Hauptstadtkultur in
dieser Debatte keine Rolle gespielt hat.
Herr Kampeter, das finde ich sehr ehrenwert. Möglicher-
weise haben Sie immer noch das Gefühl, dass ich einer
Regierungsfraktion angehöre. Das wird auch bald wie-
der so sein, und dann wird man dieses Thema hier ent-
sprechend behandeln können.
Vielen Dank.
Weitere Wortmeldungen zu diesem Einzelplan liegennicht vor.Wir kommen damit zum Geschäftsbereich des Aus-wärtigen Amtes, Einzelplan 05.Das Wort hat Bundesaußenminister Frank-WalterSteinmeier.
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Noch etwas ist uns gelungen – nicht in den letztenechs Monaten, aber in den letzten zwei Jahren –: Ohneas deutsche Engagement bei den internationalen Kon-likten auf dem Balkan, in Afghanistan, im Nahen Ostennd in Afrika, wo wir gebraucht wurden, zu vernachläs-igen, haben wir für ein neues Verständnis von Außen-olitik geworben. Wir haben dafür geworben, dass miter Globalisierung neue Aufgaben auf die Außenpolitikukommen, auf die wir uns jetzt und nicht irgendwannorbereiten müssen.Ich habe vor zwei Jahren auf der Münchener Sicher-eitskonferenz – der eine oder andere von Ihnen war da-ei, wie ich mich erinnere – ein Plädoyer für eine voraus-chauende Außenpolitik gehalten: für eine Außenpolitik,ie sich bereits jetzt um die zu erwartenden Verteilungs-onflikte um knappe Ressourcen wie Energie, Roh-toffe, Wasser und Nahrung kümmert, für eine voraus-chauende Außenpolitik, die Instrumente dafürntwickelt, dass sich aus solchen Interessensgegensätzeneine Konflikte entwickeln, für eine Außenpolitik, dieie guten Erfahrungen der Entspannungspolitik vergan-ener Tage nutzt.
Ich erinnere mich auch, dass dieses Plädoyer vor zweiahren von den alten NATO-Hasen auf der Münchenericherheitskonferenz noch etwas belächelt wurde. Heuteacht keiner mehr. Nur, die Rezepte, die jetzt vorgelegterden, sind noch nicht die richtigen. Ich bin fest davonberzeugt, dass der Vorschlag für die Schaffung einerEnergie-NATO“ nicht die richtige Antwort auf die Fra-en ist, die sich uns stellen werden. Da müssen wir di-kere Bretter bohren. Seien Sie sicher: Ich jedenfallsabe keine Scheu davor.
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Bundesminister Dr. Frank-Walter SteinmeierZu den weltweit knappen Gütern gehört – lassen Siemich das so offen sagen – leider manchmal auch dieVernunft. Ich habe vor einigen Monaten hier im Deut-schen Bundestag bei einer abrüstungspolitischen Debatteschon einmal darauf hingewiesen, welche Sorgen hierangezeigt sind. Ich bin froh – die Entwicklung der jüngs-ten Diskussionen zeigt dies –, dass ich mit dieser Auffas-sung nicht ganz allein bin.Ich weiß nicht, ob der eine oder andere von Ihnen denWeckruf dreier großer amerikanischer Außenpolitikergehört hat.
Kissinger, Shultz und Nunn haben darauf hingewiesen,dass Abrüstung und Nonproliferation keine Themen vongestern sind,
dass sie jetzt vielleicht fast noch brisanter sind als imKalten Krieg. Das ist der Grund dafür, warum ich mich– ich bekenne das offen – trotz vieler Enttäuschungenund trotz mancher Frustrationen weiter geduldig um eineLösung des Iran-Konflikts kümmern werde
und warum wir auch weiterhin – hoffentlich gemeinsammit den Amerikanern, Russen und Chinesen – versuchenwerden, den Iran von nuklearen Abenteuern abzuhalten,ihn endlich auf den richtigen Weg zu bringen und zu er-mutigen, eine konstruktive Rolle bei der Lösung derKonflikte im Libanon, im Irak und auch in Afghanistanzu übernehmen. Entschiedenheit ist eine Voraussetzungdafür, und die haben wir.Aber auch jenseits des iranischen Nuklearthemas ge-hören Abrüstung und Rüstungskontrolle aus meinerSicht wieder auf die internationale Agenda. Es geht da-bei nicht nur um Missile Defense oder die Vakuum-bombe. Wir haben – lassen Sie mich das etwas nach-drücklicher sagen – ein europäisches Interesse daran,dass die über Jahrzehnte entwickelte Abrüstungsarchi-tektur nicht komplett rückabgewickelt wird. Solche Be-drohungen bestehen. Deshalb sage ich: Wir können dieseDinge nicht einfach laufen lassen.
Ich fühle mich in der Pflicht, Vorschläge zu machen.Die deutsche Bundesregierung hat dies in Abstimmungmit den zuständigen Ministerien etwa bezüglich der Re-form des Nichtverbreitungsvertrages gemacht, um dennationalen Ehrgeiz verschiedener Länder zur Schließungdes Brennstoffkreislaufs zu begrenzen und daraus resul-tierende Gefahren abzuwenden. Dieses europäische Inte-resse ist für mich auch der Grund, weshalb wir es nichtzulassen dürfen, dass Verträge, über die lange verhandeltwurde, wie zum Beispiel das Abkommen über die Be-grenzung der konventionellen Rüstung, einfach so in dieTonne getreten werden. Wie viele andere ärgere auch ichmich darüber, dass wir jetzt in einer Situation sind, in derdas Abkommen leichthin suspendiert wird. NatürlichwmmdzLdmtMunWdhuadg–JrwddvasdNbheIEwfgsBslusmn
arum all das? Weil ich nicht einsehen kann, dass an-ere über europäische Interessen entscheiden. Wir habenier ein gewichtiges Wort mitzureden.
Meine Damen und Herren, die Ansätze der Vernunftnd der Nutzung der Dialogmöglichkeiten werden wiruch im Rahmen der diversen Regionalkonflikte, überie heute Morgen schon gesprochen worden ist, verfol-en. Diesen Ansätzen werden wir treu bleiben.Im Nahen Osten haben wir die Europäische Union das konnten Sie in den ersten sechs Monaten diesesahres beobachten – als ernstzunehmenden Akteur zu-ück an den Verhandlungstisch gebracht; damit habenir viel erreicht, wenn auch noch keine Lösung gefun-en worden ist. Das war nur deshalb möglich, weil wirafür gesorgt haben, dass Europa seine Stellungnahmenerantwortungsvoll und vor allen Dingen geschlossenbgibt, damit im Nahen Osten nicht fünf, sechs unter-chiedliche Meinungen aus Europa herumgeistern; dennas würde keinem helfen.Ich glaube, wir haben mit dazu beigetragen, dass dasahostquartett wieder aktiv geworden ist und in der ara-ischen Welt Partner gefunden hat. Niemand fragt unseute noch: Was wollt ihr Europäer bzw. ihr Deutschenigentlich im Nahen Osten? Vielmehr werden wir vonsrael und von den Palästinensern aufgefordert, unserngagement in dieser Region aufrechtzuerhalten bzw. esomöglich noch zu steigern. Vertrauen haben wir jeden-alls auf beiden Seiten gewonnen. Vielleicht sind wir so-ar diejenigen, die auch mit schwierigen, für eine Ge-amtlösung aber unverzichtbaren Partnern wie zumeispiel Syrien reden können.
Ich glaube, dass das, was ich zum Nahostkonflikt ge-agt habe, trotz aller Unwägbarkeiten auch für den Ver-auf des Konflikts im Kosovo gilt. In den sechs Monatennserer Präsidentschaft haben wir es immerhin ge-chafft, im Hinblick auf den Kosovo-Konflikt eine ge-einsame europäische Haltung zu bewahren – wahrlichicht ohne Mühe, wahrlich nicht ohne Konflikte, am
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Bundesminister Dr. Frank-Walter SteinmeierEnde aber erfolgreich. Als die Verhandlungen im Sicher-heitsrat stockten und vorläufig scheiterten, waren es vorallem wir, die gesagt haben: Lasst uns jetzt dafür sorgen,dass keine Krise ausbricht – das Risiko der Gewaltan-wendung war nämlich vorhanden –, und lasst uns einenWeg finden, einen neuen Verhandlungsprozess zu begin-nen. Mittlerweile läuft dieser Prozess. Er dauert120 Tage und findet unter dem Dach einer Troika bzw.unter dem Dach der VN statt. Dadurch konnte der offeneBruch, der zu befürchten war, vermieden werden. Ichhoffe, dass es uns gelingt, auf beiden Seiten die Kräftezu mobilisieren, die für Mäßigung und für die Verfol-gung gemeinsamer Interessen stehen.
Zu den zentralen Themen gehört unser Engagementin Afghanistan – viele von Ihnen haben sich dazu heutebereits geäußert –, über das wir in den nächsten Wochenin diesem Hause noch vielfach miteinander diskutierenwerden. Deshalb möchte ich nur einige Sätze zu meinemGrundverständnis sagen. Das, worüber wir in diesemZusammenhang diskutieren werden, ist für mich keinepure Realpolitik. Unser Engagement in diesem Land istein humanes und politisch-moralisches Projekt. Deshalbärgert es mich ganz gewaltig, dass wir die Diskussion,die wir unter den politisch Verantwortlichen führen, im-mer auf den Streit um Mandatskürzel reduzieren.
Die Weltgemeinschaft hat Afghanistan im Jahr 2001auf dem Bonner Petersberg und wiederholt auf andereninternationalen Konferenzen versprochen, es aus derSpirale von Willkür, Rechtlosigkeit und Gewalt zu be-freien. Sie, Herr Westerwelle und Herr Struck, haben indiesem Zusammenhang Beispiele angeführt, die ichnicht wiederholen muss. Wir haben den Menschen inAfghanistan versprochen, ihnen ein Leben in Freiheitund Würde zu ermöglichen. Mit dieser in ziviler Hin-sicht immer stärker und in militärischer vielleicht immerschwächer werdenden Aufgabe sind wir noch nicht fer-tig. Das ist schlicht und einfach der Punkt.Deshalb plädiere ich nicht für ein bloßes Weiter-so.Das war weder in der Vergangenheit meine Positionnoch ist sie es jetzt. Wir waren diejenigen, die das PRT-Konzept entwickelt haben; das Stichwort ist heute Mor-gen schon gefallen. Wir waren es, die in den NATO-Gre-mien mit dafür gefochten haben, dass der zivile Wieder-aufbau einen höheren Stellenwert erhält. Wir haben auchin den NATO-Gremien dafür gefochten, dass die Ein-satzregeln für ISAF angepasst werden, dass der Schutzunschuldiger Zivilisten einen höheren Stellenwert be-kommt. Man hat da auch auf uns gehört; das bitte ichnicht kleinzureden. Wir wollen, dass unsere Botschaftenauch in Zukunft gehört werden.Natürlich werden wir unser Engagement in Afghanis-tan immer wieder kritisch überprüfen und dort, wo esnotwendig ist, anpassen; das haben Sie, glaube ich, beiden fortgeschriebenen Konzepten unseres Afghanistan-Engagements gespürt. Ich will diese Gelegenheit nutzen,udbwAghdAusWLsruRnKMhVdWsagdsdbFludhklI
Ich komme zum Schluss, weil ich aufgrund meineredezeit zum Schluss kommen muss. Ich hätte gerneoch ein paar längere Ausführungen zur auswärtigenultur- und Bildungspolitik gemacht. Ich will nur,onika Griefahn, ein kleines Beispiel nennen: Geradeat der frühere französische Außenminister Hubertédrine dem französischen Präsidenten, den wir erstiese Woche zu Gast hatten, einen Bericht vorgelegt.
as steht in diesem Bericht? Es finden sich viele kriti-che Bemerkungen über die französische Außenpolitik,ber auch ein Plädoyer für die Ausweitung der auswärti-en Kultur- und Bildungspolitik mit all den Argumenten,ie Sie von mir aus vergangenen Reden kennen. Dasind Investitionen in unsere eigene Zukunft. Ich bin froh,ass der Finanzminister das genauso sieht wie ich. Ichedanke mich dafür und hoffe auf Ihre Unterstützung.Vielen Dank.
Ich erteile das Wort Kollegen Werner Hoyer, FDP-
raktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieetzten sechs Monate waren geprägt von Gipfeln, Glanznd roten Teppichen. Jetzt sind die Mühen der Ebene iner Außenpolitik wieder erreicht. Die Bundesregierungat – mein Fraktionsvorsitzender hat das heute Morgenlargemacht – diese Aufgaben gut bewältigt. Wir gratu-ieren dazu. Wir schließen in unseren Dank insbesonderehre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die der an-
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Dr. Werner Hoyerderen Häuser ein. Das war eine große Herausforderung,die bewältigt werden musste, und das ist gut gelungen.
Ich hätte mich umso mehr gefreut, wenn Sie geradeunter diesen Gesichtspunkten den Antrag zu Strukturver-besserungen im Auswärtigen Amt, den die FDP einge-bracht hat, nicht abgeschmettert hätten, obwohl die Au-ßenpolitiker der Koalition und auch der Minister selbstsehr viele Sympathien dafür gezeigt haben. Wir kommendarauf zurück: Mein Kollege Koppelin wird nachher miteinigen ganz konkreten Vorschlägen für die Verbesse-rung der Situation des Auswärtigen Amtes aufwarten.Wir – nicht nur wir Liberale, sondern, wie ich denke,die große Mehrheit hier im Hause – hatten uns bei dereuropäischen Verfassung ambitioniertere Ziele gesetzt,als unter deutscher Präsidentschaft erreichbar waren.Trotzdem ist es gut, dass der Prozess wieder in Gang ge-kommen ist. Die EU muss demokratischer, transparenter,handlungsfähiger und bescheidener werden. Nicht alles,was im Juni beschlossen worden ist, geht in die richtigeRichtung. Deshalb ist es umso wichtiger, jetzt keine wei-tere Verwässerung zuzulassen. Es erfüllt uns Liberale mitgroßer Sorge, dass einige Partner schon wieder bohrenund Forderungen erheben, die mit den Ergebnissen vomJuni nicht vereinbar sind, insbesondere was die Vereinba-rung in Sachen Grundrechtecharta, aber auch was dieAbstimmungsprozeduren angeht. Diese Vereinbarungenmüssen gewahrt werden.
Darüber hinaus sage ich als Liberaler: Einem weite-ren Kratzen an der Unabhängigkeit der EuropäischenZentralbank und an der Verpflichtung auf unverfälsch-ten, freien Wettbewerb werden wir Liberalen auf keinenFall zustimmen.
Es wäre im Übrigen fatal, wenn sich die Reform derEuropäischen Union weiter hinzöge und mit den Ver-handlungen über die Zukunft der EU-Finanzen in Zu-sammenhang geriete. Herr Minister, ich habe die großeBefürchtung, das würde für den deutschen Steuerzahlersehr teuer werden.Ein Wort zur europäischen Außenpolitik. Es ist janicht zu übersehen, dass es die immer stärker werdendeTendenz gibt, nationale Interessen über das Gemein-schaftsinteresse zu stellen. Es kann nicht sein, dass es,wie es im Falle der Verhandlungen Tschechiens und Po-lens mit den USA über die Stationierung eines Raketen-abwehrsystems, wie es bei der Annäherung Spaniens andas Regime Fidel Castros auf Kuba oder wie es beimjüngsten französisch-libyschen Nuklearabkommen ge-wesen ist, keine Abstimmung im Kreise der 27 gibt. Füruns sind das elementare Fragen, die in den Rat der Euro-päischen Union gehören.
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as gilt erst recht, wenn hinterher in geradezu zynischereise von einem Spitzenfunktionär der libyschen Seitearauf hingewiesen wird, dass alle Vorwürfe, die die eu-opäische Seite Libyen gemacht hatte, selbstverständlichutreffen.Dass der deutsch-französische Motor ins Stotterneraten ist, kann uns nicht fröhlich stimmen. Wenn inrankreich nun schon regierungsamtlich durchgestochenird, Angela Merkel gehe dem französischen Präsiden-en auf die Nerven, dann verheißt das nichts Gutes fürie Zukunft. Ich finde es ja gut, dass die Marginalisie-ung der kleinen und mittleren Staaten in Europa vorbeist. Ich finde es gut, dass wir zurückkehren zu der Politikon Genscher und Kohl, für die die Ebenbürtigkeit dertaaten der Europäischen Union – unabhängig vonröße, Wirtschaftskraft, Lage und Zeit der Zugehörig-eit zur Europäischen Union – immer entscheidend war.rotzdem gilt es immer noch, zu beachten: Ohneeutsch-französischen Konsens läuft in der Europäi-chen Union nichts. Übrigens bleibt auch die zweiteehre gültig: Deutschland darf sich niemals in die Situa-ion bringen, zwischen Washington und Paris wählen zuüssen.Der Prozess der Abnabelung von der Außenpolitiker Regierung Schröder/Fischer ist erfolgreich vollzo-en; das anerkennen wir. Ich fand im Übrigen den Auf-ritt der Bundeskanzlerin in Peking herzerfrischend. Dasar gewissermaßen der Schlusspunkt in einer Reihe vonuftritten: in Moskau zum Thema Menschenrechte, De-okratie und Rechtsstaatlichkeit, in Washington zumhema Guantanamo Bay und jetzt in China. Das zeigt,ass man für die eigenen Werte und Überzeugungen, füras, was die ethische Grundlage unseres politischenandelns ist, eintreten kann, ja dass man die Achtunges politischen Gegenübers verliert, wenn man nicht füras eintritt, was man für richtig hält.
erade in Menschenrechtsfragen ist der Kotau unange-essen, wirkt geradezu kontraproduktiv. Allerdings ists eher ein Zeichen von Hilflosigkeit und Naivität, zulauben, mit kräftigen Sprüchen und mit dem Androhenon Druck könnte man so gewichtige Partner bewegen.
Das gilt sehr allgemein, Kollege Mark, aber insbeson-ere im Umgang mit China.Wir müssen kulturelle, religiöse und philosophischerundlagen, aufgrund derer unsere Partner Politik ma-
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Dr. Werner Hoyerchen, stärker ins Kalkül einbeziehen und uns darauf ein-stellen, wenn wir unsere eigenen Ziele definieren. Dasgilt auch für ein so komplexes Land wie Afghanistan.Das ist ein Zeichen dafür, dass es hohe Zeit wird, mitmehr Demut an diese Fragen heranzugehen. Das giltschon für die Definition von Zielen und erst recht für dieDefinition von Strategien, mit denen wir diese Ziele er-reichen wollen. Wir werden nicht in kurzer Zeit eine per-fekte Westminster-Demokratie erreichen, aber wir kön-nen Probleme eindämmen und möglicherweise einenBeitrag zur Problembewältigung über die Zeit leisten.Das setzt voraus, dass wir realistisch werden und nievergessen, warum wir ein solches Engagement begonnenhaben; das haben sowohl die Bundeskanzlerin als auchmein Fraktionsvorsitzender Guido Westerwelle heuteMorgen sehr deutlich herausgearbeitet. Wir dürfen dasnicht vergessen. Insofern ist Großes erreicht worden,aber das muss auch nachhaltig werden.In Afghanistan und Pakistan gibt es nach wie vor diegefährlichste Basis für den Generalangriff auf unsere Le-bensform und die fundamentalen Werte der aufgeklärtenrechtsstaatlichen Demokratien des Westens. Deswegenist dieses Engagement weiterhin erforderlich, auch wennwir nicht einfach von Siegen oder Niederlagen sprechenkönnen. Das heißt aber nicht, dass wir bei den Mandats-vorschlägen keinen Nachsteuerungsbedarf sähen, auchwenn wir als Liberale ihnen zustimmen werden. Das giltfür die Vernetzung unserer verschiedenen Politikberei-che und auch für die Vernetzung unserer Partner in derNATO.Ich halte die Reduzierung der NATO auf die rein mi-litärische Dimension – wie sie der NATO-Generalsekre-tär im Spiegel erneut bekräftigt hat – für falsch. Das istnicht akzeptabel, weil wir im Ergebnis nur dann zum Er-folg kommen werden, wenn wir unsere militärischenund zivilen Aktivitäten stärker bündeln, und zwar imGespräch mit den Partnern in der NATO.
Der Verweis auf die UNO geht hier völlig ins Leere.Auch wenn der NATO-Generalsekretär nicht nur uns,sondern auch der afghanischen Regierung mangelndeBereitschaft vorwirft, erinnert mich das an die Äußerun-gen des amerikanischen Präsidenten gegenüber den Ira-kern nach dem Motto: „Wir haben zwar eine große Kata-strophe angerichtet, aber für das, was jetzt zu bewältigenist, seid ihr selber verantwortlich.“ Das funktioniertnicht. Auch in Afghanistan wird die UNO alleine esnicht richten.
Gestatten Sie mir eine letzte Bemerkung, Herr Präsi-dent. Ich finde es gut, dass sich der Außenminister jetztdem Thema Abrüstung zuwendet. Seit zwei Jahren be-ende ich jede Rede zur Außenpolitik mit diesem Aspektder Politik. Ich wünsche mir nur, dass wir demnächstentsprechende Zeichen sehen werden. Sie werden denVorsitz in der Nuclear Suppliers Group übernehmen unduns wahrscheinlich erklären, dass Sie den amerikanisch-indischen Nukleardeal unterstützen werden. Sie werdenudufcwgCSksfgsnkAsldGuNtaAmlsEbzwdtmdd–Anzdrm
Das Wort hat nun Kollege Eckart von Klaeden, CDU/
SU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen!eit der letzten Haushaltsdebatte Ende des letzten Jahresönnen wir auf ein erfolgreiches Dreivierteljahr deut-cher Außen- und Sicherheitspolitik zurückblicken. Ichreue mich, dass dieses Urteil nicht nur von der Koalitioneteilt wird – das ist zunächst einmal keine Überra-chung –, sondern dass auch die Opposition – mit Aus-ahme der Linkspartei – lobende Worte für die Bundes-anzlerin und den Außenminister gefunden hat.Man sollte sich einmal vor Augen führen, wie dieusgangslage vor der Übernahme der EU-Präsident-chaft in den Monaten November und Dezember desetzten Jahres war: Damals wurde gesagt, dass von dereutschen EU-Präsidentschaft aus unterschiedlichenründen, der Schwierigkeiten des Verfassungsprozessesnd der Wahlen in Frankreich, nicht viel zu erwarten sei.icht nur gemessen an diesem Maßstab, sondern objek-iv daran, was erreicht worden ist – an dieser Stelle meinusdrückliches Kompliment an die Kanzlerin und denußenminister –, haben wir viel geschafft, und zwarehr als das, was man im November oder Dezemberetzten Jahres hat erhoffen können.
Das gilt insbesondere für drei Felder. Der Klima-chutz ist ein Markenzeichen dieser Großen Koalition.s ist uns gelungen, in der Europäischen Union zu ver-indlichen Vorgaben zu kommen, um den CO2-Ausstoßu reduzieren, statt nur die Herausforderung des Klima-andels international zu beklagen. Das ist ein Ergebnises von der Bundesregierung vorbereiteten und geführ-en EU-Gipfels. Das hat der damalige britische Premier-inister Tony Blair zu Recht als historisch bezeichnet.Der von vielen für tot erklärte Verfassungsprozess isturch die deutsche Präsidentschaft so reanimiert wor-en, dass es nun eine Regierungskonferenz gibt, diedamit können wir rechnen – zum Erfolg führen wird.uch das ist ein Ergebnis, mit dem man vor einigen Mo-aten noch nicht gerechnet hat. Die Bundesregierung hatudem auf europäischer Ebene eine Initiative ergriffen,ie dazu dient, uns auf die Herausforderungen vorzube-eiten, die mit dem Aufstieg Asiens verbunden sind. Wirüssen uns darauf einstellen, dass in den nächsten Jahr-
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Eckart von Klaedenzehnten die Weltwirtschaft vor allem vom asiatischenWachstum, vom asiatisch-pazifischen Raum bestimmtwird.Wir müssen auf zwei Herausforderungen reagieren.Zum einen müssen wir uns die Frage stellen, welche Fä-higkeiten und welche komparativen Vorteile wir uns an-eignen und weiterentwickeln sollen, um auch in Zukunftwettbewerbsfähig zu sein und das Maß an Wohlstandund sozialer Sicherheit zu garantieren, an das wir uns inEuropa und insbesondere in Deutschland gewöhnt ha-ben. Das ist vor allem, aber nicht nur eine Aufgabe derForschungs- und Wissenschaftspolitik. Zum anderenmüssen wir uns die Frage stellen, welche Strukturen wirschaffen müssen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Ei-nen wesentlichen Beitrag dazu leistet die Initiative zurSchaffung eines gemeinsamen transatlantischen Markt-platzes, die auf dem europäisch-amerikanischen Gipfelim April dieses Jahres vereinbart wurde. Globalisierungbedeutet, dass weltweite Entwicklungen unmittelbarKonsequenzen für die Art und Weise haben, wie wir inunserem Land leben und leben können. Das gilt für diewirtschaftlichen und die klimatischen Herausforderun-gen, aber auch und ganz besonders für die sicherheits-politischen Herausforderungen.Damit kommt man automatisch zu Afghanistan. Ichwill deutlich sagen: Wer nach den glücklicherweise ge-scheiterten Attentatsversuchen in den letzten Tagen, Wo-chen und Monaten nicht begreift, dass der Einsatz derBundeswehr in Afghanistan zusammen mit unseren Ver-bündeten im Rahmen der NATO zuallererst unseren ele-mentaren Sicherheitsinteressen dient, dem ist wirklichnicht mehr zu helfen.
Dieser Einsatz besteht im Wesentlichen aus zwei Ele-menten. Es geht um den Aufbau ziviler Strukturen. Eswurde schon zu Recht darauf hingewiesen, dass hier sehrviel erreicht wurde. Aber dort muss wesentlich mehr ge-schehen. Das gilt insbesondere im Hinblick auf die Be-kämpfung der Drogenwirtschaft. Wenn es uns nichtgelingt, für die Bauern in Afghanistan alternative Ein-nahmemöglichkeiten zu schaffen,
dann besteht die Gefahr, dass das, was wir bisher er-reicht haben, erneut gefährdet wird. Das heißt, wir wür-den nicht nur auf dem Status quo verharren, sondern wirwürden Gefahr laufen, auf den Status quo ante zurückzu-fallen. Deswegen brauchen wir dort ein stärkeres Enga-gement. Die Erhöhung der Mittel für den zivilen Auf-bau in Afghanistan um 20 Millionen Euro im Haushaltder Bundesentwicklungsministerin ist zwar ein Schritt indie richtige Richtung, aber das ist – präziser beschrieben –nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Wir müssen unsdarauf einstellen, dass wir gerade für den zivilen Aufbau– die Infrastruktur, den Straßenbau, die Wasser- und dieEnergieversorgung – deutlich mehr tun müssen, wennwir die bisherigen Erfolge nicht gefährden wollen.
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Wenn wir uns jetzt einmal vor Augen führen, welchenerausforderungen wir in Bezug auf die Sicherheitslageegenüberstehen, so kann ich bei aller Wertschätzung füras Lob, das Sie, Herr Kollege Kuhn, der Bundesregie-ung gezollt haben, die Position der Grünen, aus OEFuszusteigen, nicht nachvollziehen.
er Bundeskanzler Gerhard Schröder hat in seinermtszeit zweimal die Vertrauensfrage gestellt, beideale mit überzeugenden Argumenten, einmal, um sie zuewinnen, und einmal, um sie zu verlieren. Als er sieoch gewinnen wollte,
m 16. November 2001, und sie gewonnen hat, hat eras mit der deutschen Beteiligung an der OperationEnduring Freedom“ verbunden. Es ist nicht alleinerhard Schröder, der dafür geworben hatte, sondern esind, wenn ich mich recht erinnere, auch Sie persönlichewesen.
Jetzt stellt sich die Frage, warum heute der Ausstiegus OEF gerechtfertigt sein könnte. Dafür können dreiründe ausschlaggebend sein. Der erste Grund wäreine so deutliche Verbesserung der Sicherheitslage, dassan auf die Terrorbekämpfung unter OEF verzichtenann. Das wird hier niemand ernsthaft behaupten wol-en. Das zweite Argument, das immer wieder angeführtird, ist, dass die deutsche Beteiligung an OEF nicht an-efordert worden sei. Auch dieses Argument ist wenigberzeugend, wenn man sich vor Augen führt, dass deut-
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Eckart von Klaedensche Truppen seit 2005 nicht mehr unter OEF in Afgha-nistan sind. Es ist also nicht so, dass die Truppen abge-zogen wurden, weil sie nicht mehr angefordert wurden,sondern eher umgekehrt: Sie wurden nicht mehr ange-fordert, weil sie nicht mehr vor Ort waren. Das hat mitden begrenzten Kapazitäten unserer KSK-Truppen zutun. Also, auch das Argument, dass eine Beteiligung un-ter OEF nicht mehr erforderlich sei, weil es an der ent-sprechenden Anforderung fehle, stimmt nicht. Schließ-lich kommen wir zu dem dritten, am meistenvorgetragenen Argument, nämlich zu der sich angeblichvon dem ISAF-Mandat so sehr unterscheidenden Opera-tionsführung unter OEF. Auch dieses Argument istfalsch. Dieses Argument ist in erster Linie innenpolitischmotiviert. Es hat nichts mit den Verhältnissen und derRealität in Afghanistan zu tun;
denn zu dem, was man euphemistisch „Kollateralschä-den“ nennt, zu zivilen Opfern, ist es bedauerlicherweisesowohl unter ISAF als auch unter OEF gekommen.Nicht umsonst hat es entsprechende Äußerungen desNATO-Generalsekretärs gegeben.OEF ist heute vor allem eine Ausbildungsmission.Die milliardenschwere Investition, die insbesondere vonden Amerikanern in Afghanistan für den Aufbau der Po-lizei und für den Aufbau der Armee geleistet wird, wirdüber OEF geleistet. Wer also für den Ausstieg aus OEFplädiert und gegen die Mandatsverlängerung stimmt, derstimmt auch gegen diese Ausbildungsmission
und müsste dann erklären, wie er diese Aufgabe über-nehmen zu können glaubt. Das heißt, es ist in ersterLinie innenpolitische Augenwischerei, wenn man sagt,man könne die beiden aufeinander angewiesenenMissionen in Afghanistan voneinander trennen.Umgekehrt wird ein Schuh daraus: ISAF und das da-mit verbundene Mandat, die afghanische Regierung zuunterstützen, sind auf den Erfolg von OEF angewiesen.Auch OEF wird in Afghanistan nur erfolgreich sein,wenn ISAF seinen Auftrag erfüllen kann. Beide militäri-schen Operationen werden ihr Ziel, für mehr Sicherheitzu sorgen, wiederum nur erreichen können, wenn wirbeim zivilen Aufbau wesentlich mehr tun und deutlicherfolgreicher sind, als es bisher der Fall gewesen ist.
Herr von Klaeden, gestatten Sie eine Zwischenfrage
des Kollegen Nachtwei?
Ja, bitte sehr.
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Das Wort hat nun Kollegin Monika Knoche, Fraktion
Die Linke.
Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundeskanzlerin!Meine sehr geehrten Herren und Damen! Herr vonKlaeden, in einem stimme ich Ihnen zu: Es ist richtig,die heutige Oppositionsfraktion der Grünen auf ihre Ver-antwortung hinzuweisen, die sie mit dem Stellen derVertrauensfrage und dem Erzwingen der Zustimmungder Fraktion zum Afghanistan-Krieg hat. Ich möchte er-gänzen: Das KSK ist während der Regierungszeit vonRot-Grün eingesetzt worden; erst als die CDU an die Re-gierung kam, kam es nicht mehr zum Einsatz. Die dies-bezüglichen Daten sind verschwunden.
Wir sind also gar nicht in der Lage, zu verifizieren, wasunter der rot-grünen Regierung in Afghanistan im Rah-men von OEF eigentlich gemacht worden ist. MachenSie von den Grünen hier bitte keine Schönfärberei!
Herr von Klaeden, aus Ihrer Rede habe ich deutlichherausgehört, dass Sie jetzt für eine Zusammenlegungvon ISAF und OEF werben.
Ich nehme an, ich habe Sie da nicht missverstanden.
– Okay; dann ist es gut. Uns liegt nämlich ein Verfas-sungsgerichtsurteil vor, in dem größter Wert darauf ge-legt wird, dass die Trennung dieser Mandate beibehaltenwird. Eines in der Debatte hat mich doch verwundert,Herr Hoyer, nämlich dass Sie davon sprechen, Afghanis-tan greife unsere Lebensform und unsere Lebensweisean. Das kann ich nicht teilen.
Oft ist vom Clash of Civilisations die Rede. Es ist gut,sich von unserer Seite aus daran zu erinnern, dass er et-was mit dem Ressourcenzugriff in der islamischen Weltzu tun hat, dass es nicht nur um die aufgeklärte westlicheLebensweise, die der christlichen Kultur entstammendeLebensweise geht. Es hat eben auch etwas damit zu tun,wie die Zugriffe auf die Welt zur Sicherung der Ressour-cen erfolgen.Man muss sich einmal anschauen: Wie sieht dasWeißbuch der Bundeswehr aus, was diesen Teil angeht?Die Position von Herrn Steinmeier, die er heute hier be-zogen auf die Frage des Klimaschutzes und der Energie-außenpolitik dargelegt hat, bleibt in einem klaren Wider-spruch zu der Position, die in der Großen KoalitionsMzultzfdsdnsDtz1srdaegvDBdMüsszfKvfSgzIDsve
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Monika KnocheDabei ist mir einiges aufgefallen. Sie veranstalten einenSonderparteitag. Das wurde hier im Haus bereits richtigkommentiert. Man wolle OEF auslaufen lassen, wird ge-sagt, um ISAF samt Tornado-Einsatz zu stärken. Ichfinde das höchst verwunderlich; denn Deutschland hatüberhaupt keinen Einfluss auf OEF. OEF machen dieAmerikaner. Da ist Deutschland nicht gefragt. Da fragenuns die USA doch nicht, auch dann nicht, wenn wir überKSK Kombattanten bei OEF sind. Das muss man derBevölkerung klar sagen.Ich weiß gar nicht, welche Debatten Sie auf IhremParteitag führen wollen. Hier wird doch offenkundigeine Schimäre, eine Mär verbreitet. Es geht nicht darum,es entweder zu lassen oder mehr zu tun; es geht darum,ganz rational und humanitär an diese Probleme Afgha-nistans heranzugehen. Da ist vollkommen klar: Man be-kommt keine Perspektive für Frieden und Befriedung indiesem Land, solange das Militär präsent ist. Sie müssenes einsehen: Diese Strategie ist gescheitert.
Sie wollen doch eine qualitative Aufwertung derISAF-Mission vornehmen – diese Diskussionen werdenja heute schon geführt – und in das ISAF-Mandat OEF-Anteile überführen. Was ist das denn anderes, als in denoperativen Krieg gegen den Terror einzusteigen? Esmuss doch klar gesagt werden, dass hier Irreführung be-trieben wird, wenn öffentlich erklärt wird, mit ISAF nurnoch rein zivil arbeiten zu wollen, aber insgeheim ge-meint wird, den operativen Teil der kriegerischen Ausei-nandersetzung mit dem Terror vor Ort in Afghanistanführen zu wollen. Dann wird man zum Beteiligten indiesem Konflikt, und das wollen wir auf gar keinen Fall.Eines ist mir vollkommen klar: Im Hinblick auf denDrogenanbau und den zivilen Aufbau wird man nichtumhinkommen, die bekannten Korruptionslinien in derRegierung Karzai zum Thema zu machen. Man kannKorruptionsbekämpfung in Abmachungen hineinschrei-ben, aber solange der jetzige Drogenanbau nicht in dieForm eines lizenzierten, kontrollierten Drogenanbaus fürmedizinische Zwecke überführt wird, wird man denDrogensumpf nicht austrocknen können. Schon gar nichtwird es gelingen, in Afghanistan neben dem Krieg gegenden Terror nun auch noch den Krieg gegen Drogen zuführen. Dieses Konzept geht nicht auf. Man muss sichvielmehr mit den Anrainerstaaten um eine Lösung vorOrt bemühen; denn der westliche Zugriff auf Afghanis-tan und das Herbeizwingen von Lösungen haben nichtfunktioniert und werden nicht funktionieren. Deshalbmuss Deutschland dort als ziviler Friedensdienstleisten-der aktiv werden und sich so seine Unterstützung in derBevölkerung verdienen.Danke.
Das Wort hat nun Kollegin Kerstin Müller, FraktionBündnis 90/Die Grünen.NvlpT1vddVRTemgsAblchshddthzndDWwegsuwmdnsgUm
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Be-or ich zu Afghanistan komme – auch ich werde natür-ich darüber sprechen –, beginne ich mit dem Ausgangs-unkt für unser Engagement dort: dem schrecklichenerroranschlag auf das World Trade Center am1. September 2001. Wir haben erst gestern wieder derielen Toten gedacht, und es gab auch viele Berichteazu.Man muss ganz klar festhalten: Außenpolitisch warer 11. September eine Zäsur, in vielerlei Hinsicht. Dieereinten Nationen gestanden den USA zu Recht einecht auf Selbstverteidigung gegen diesen schrecklichenerroranschlag zu; die NATO rief auf dieser Grundlagerstmals den Bündnisfall aus, und die internationale Ge-einschaft intervenierte in Afghanistan. Die USA be-annen in einer „Koalition der Willigen“ ihren Kampf –ie sprechen heute vom „Krieg“ – gegen den Terror.Wenn man dies sechs Jahre nach der Intervention infghanistan und vier Jahre nach dem Einmarsch im Irakilanziert, dann muss man eines leider ganz klar feststel-en – und das hat viele Gründe –: Die Welt ist nicht si-herer geworden. Der internationale Terrorismus isteute stärker als je zuvor.Herr Kollege von Klaeden, Sie haben recht: Der Gottei Dank am letzten Dienstag vereitelte Terroranschlagat noch einmal deutlich gezeigt, dass auch wir im Visieres Terrorismus sind. Kein Land der westlichen Welt istavor geschützt; aber auch auf Teile der arabischen Weltrifft dies zu, wie der Anschlag in Algerien zeigt.Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linken, dailft es gar nichts, den Kopf in den Sand zu stecken undynisch zu behaupten: Wären wir nicht an den inter-ationalen Einsätzen gegen den Terrorismus beteiligt,ann gäbe es keine Anschlagsgefahr in Deutschland. –as ist ein unverantwortliches Gerede, denn es ist klar:ir waren von Anfang an im Visier der Terroristen,
eil der von al-Qaida und anderen erklärte Dschihadben ein Kulturkampf gegen unsere westlichen Werte ist,egen unsere Lebensweise, gegen unsere offenen Gesell-chaften insgesamt. Mit dieser Vogel-Strauß-Politik ver-nsichern Sie nur die Bevölkerung in Deutschland nocheiter. Das halte ich für unverantwortlich, denn wirüssen ja gerade deutlich machen, warum es richtig ist,ass wir an den multilateralen Einsätzen, etwa in Afgha-istan, beteiligt sind.
Wenn wir hier heute auch über den 11. September undeine Folgen für die Welt diskutieren, dann kommen wirerade angesichts der aktuellen Irak-Diskussion in denSA nicht umhin, klar festzustellen – das ist jedenfallseine Bilanz als jemand, Herr von Klaeden, der diese
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Kerstin Müller
Diskussionen von Anfang an hier mitgeführt hat –, dassder War on Terror der USA gescheitert ist; ich sage dasbewusst so.
Er ist nämlich leider mitverantwortlich dafür, dass heuteder internationale Terrorismus nicht schwächer, sondernstärker geworden ist. Das war eine Befürchtung, die derfrühere Außenminister Joschka Fischer immer hatte. Erhat mit dieser These leider, leider recht behalten.
Nach Afghanistan hat der Terrorismus neue Rückzugs-gebiete in Pakistan und vor allem im Irak gefunden. Erbreitet sich vor allen Dingen in fragilen Staaten aus. Bei-spiele seien genannt: die Flüchtlingslager im Libanon,neue Netzwerke in Gaza, Angriffe im Jemen, die An-schlagserie im Maghreb und Strukturen in Somalia überBangladesch bis Indonesien.Mitverantwortlich für die Stärkung ist das Irak-Desas-ter. Vertreter der Demokraten in den USA wie etwa derVorsitzende des außenpolitischen Ausschusses sprachen,bevor General Petraeus überhaupt mit seinem Berichtbegann, von einem Fiasko. Die Mehrheit der Amerika-ner will nur noch den Abzug. Leider bietet die amerika-nische Regierung nur Durchhalteparolen. Damit kommtman, wie ich meine, im Irak nicht mehr weiter. Die dortangewandte Logik „Mehr Soldaten gleich mehr Sicher-heit“ ist, übrigens wie in Afghanistan, nicht aufgegan-gen. Die Zahl der zivilen Opfer liegt leider auf demsel-ben tragisch hohen Niveau wie im Januar. Man fragtsich, warum etwa so zentrale Empfehlungen wie die desBaker/Hamilton-Reports vom Dezember 2006 einfach inden Wind geschlagen wurden und man nicht ein Stückweit das umgesetzt hat, was dort gefordert wurde. Dorthieß es, dass ein politischer Prozess zur innerirakischenVersöhnung wichtig ist, dass die Nachbarn des Irak aktiveingebunden werden müssen, dass eine konfrontativePolitik gegenüber Syrien und Iran nicht mehr weiter-führt.Fest steht jedenfalls das Dilemma, in dem wir ste-cken: Deutschland war nicht am Krieg gegen den Irakbeteiligt, aber wir werden jetzt mit den Folgen konfron-tiert. Solange der Irak nicht befriedet ist, stellt er ein Si-cherheitsrisiko für Europa und damit auch für uns dar.Wir müssen uns dringend Gedanken darüber machen,wie wir eine Stabilisierung im Irak unterstützen können.Keiner hat dafür den Stein der Weisen. Aber ich will einBeispiel nennen: Es war eine Delegation von uns im kur-dischen Norden. Ich verstehe nicht – das ist ein ganzkleiner Baustein –, warum Deutschland dort abstinent istund wir nicht wenigstens mithelfen, diese Region zu sta-bilisieren.
Jetzt komme ich zur OEF, Herr Kollege von Klaeden.Der War on Terror ist eben nicht nur im Irak, sondernmvagwvHdlsgnibdVHvOvAsskcWDisdmGhwmIksdEwdasarb
Wir haben immer wieder eine Unterrichtung über dieesamtoperation OEF gefordert. Herr von Klaeden, wiraben neulich noch darüber gesprochen. Bisher habenir sie nicht bekommen. Dass sie seit zwei Jahren nichtehr abgerufen worden ist, heißt nicht, dass wir keinenformationen darüber bekommen müssten. Die Ameri-aner führen diese Aktion so, wie sie wollen, und lassenich nicht in die Karten schauen. Das kann nicht sein.Wir müssen aufpassen, dass nicht eine falsch verstan-ene Bündnistreue dazu führt, dass Afghanistan amnde zum Irak der NATO wird. Das kann keiner von unsollen. Das wollen auch wir Grünen nicht. Wir wollen,ass sowohl die UNO, die im Irak die Federführung hat,ls auch die NATO mit der Mission der ISAF erfolgreichind. Die ISAF-Mission ist inzwischen auf Gesamt-fghanistan ausgedehnt. Auch das ist ein Argument, wa-um es Zeit wird, die OEF in Afghanistan zu beenden.
Frau Kollegin, Sie müssen Ihre Rede beenden. Sie ha-en die Zeit bereits deutlich überschritten.
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Kerstin Müller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN):Ein letzter Satz: Natürlich muss der zivile Aufbau insZentrum gestellt werden. Wir müssen vor allen Dingendafür sorgen, dass auch die Menschen im Süden und imOsten die Friedensdividende zu spüren bekommen, da-mit sie erkennen, dass wir dort nicht als Besatzer sind,sondern Hilfe leisten wollen, damit der Aufbau, dasgroße Projekt des Nation-Building in Afghanistan, einErfolg wird.Vielen Dank.
Das Wort zu einer Kurzintervention erteile ich dem
Kollegen Eckart von Klaeden.
Frau Kollegin Müller, Sie haben mich mehrfach auf
meine Ausführungen zur OEF angesprochen. Deswegen
will ich Folgendes noch einmal klarstellen: Ich teile Ih-
ren Wunsch nach einer besseren Information – und zwar
nicht nur des Deutschen Bundestages, sondern auch der
ISAF-Mission – über die Aktivitäten der OEF. Das setzt
aber voraus, dass wir den Informationsaustausch von
ISAF in Richtung OEF nicht beschränken. Deswegen
mein Hinweis auf die Beschränkung im Bundestagsman-
dat, die restriktive Informationsweitergabe, die gerade
auf Wunsch derjenigen aufgenommen worden ist, die
kritische Anfragen an OEF stellen.
Der zweite Punkt, den Sie genannt haben, die unter-
schiedlichen Einsatzregeln für OEF und ISAF in Afgha-
nistan, ist schlicht falsch. Beide Operationen verfügen
über dieselben Einsatzgrundsätze.
Der dritte und, wie ich finde, entscheidende politische
Punkt ist die Analyse, es gebe in Afghanistan zwei Pro-
bleme, nämlich zum einen die Taliban und zum anderen
die Operationsführung der Amerikaner. Diese Analyse
ist nicht nur falsch,
sondern führt auch dazu, dass unserem ISAF-Einsatz in
Afghanistan die moralische Grundlage entzogen wird.
Das heißt, Sie begeben sich mit dieser Argumentation
auf eine Rutschbahn, die nur darin enden kann, dass man
sich ganz aus Afghanistan zurückzieht, und zwar zu ei-
nem Zeitpunkt, zu dem die Aufgabe noch nicht erfüllt
ist.
Das ist der eigentlich problematische Teil Ihrer Argu-
mentation. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie in Ihrer
Argumentation deutlich machten, dass der Grund für die
schrecklich hohe Zahl der zivilen Opfer nicht in erster
Linie in der Operationsführung der Amerikaner liegt
– auch vonseiten der NATO ist gesagt worden, dass das,
was zu verbessern ist, verbessert werden soll –, sondern
zuallererst in der Kriegsführung der Taliban, die Zivilis-
ten als menschliche Schutzschilde missbrauchen. Der
zweite Grund – auch das gehört dazu – ist der Mangel an
Bodentruppen; denn wenn wir, unter beiden Mandaten,
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Herr Kollege von Klaeden, ich kann jetzt nicht auflle Punkte eingehen, die Sie genannt haben. Ich bin aberroh, dass wir diese Diskussion führen; Sie führen dieseiskussion ja nicht nur mit uns, sondern – das muss maner Ehrlichkeit halber ergänzen – auch in der Koalition.s ist gut, dass diese Diskussion durch unsere Beiträgeuch hier einmal thematisiert wird.Ich möchte auf zwei Argumente eingehen. Erstens zurperationsführung. Ich halte dies in der Tat für entschei-end. Wir können gerne unsere Quellen austauschen.ir verfügen über viele Quellen. Es gibt viele wichtigeeute – sei es der EU-Beauftragte Vendrell in Afghanis-an, seien es hohe ISAF-Offiziere, Briten, die dort untenind –, die hier eine sehr deutliche Sprache sprechen. Dieuständigen Militärs sagen selbst, dass die OEF-Missionnzwischen kontraproduktiv ist. Ich bin zwar kein Mili-är, aber die zuständigen Militärs haben das berichtet,nd zwar nicht nur unserer Delegation.Ich möchte auch auf die Reaktion der Afghanen hin-eisen. Inzwischen hat dort ein Prozess stattgefundenwir sind eben nicht Besatzer; das wollen wir auchicht –: Es gibt einen gewählten Senat, ein gewähltesarlament, eine gewählte Regierung. Dort häufen sichlagen und entsprechende Beschlussfassungen im Senat ihre Zahl nimmt zu –, die sich auch gegen die Opera-ionsführung richten. Es wird immer deutlich dazuge-agt: Wir wollen nicht, dass die internationale Gemein-chaft abzieht. Wir wollen, dass ihr bleibt. Wir wollenit euch gemeinsam den Prozess der Schaffung einerelbsttragenden Sicherheit, des Aufbaus des Landes fort-ühren. Aber das, was da zum Teil passiert, ist so kontra-roduktiv, dass es der eigenen Bevölkerung nicht mehrermittelt werden kann.Wenn wir uns dort einsetzen, handelt es sich immerm eine heikle und schwierige Gratwanderung. Wirüssen die Äußerungen ernst nehmen. Sie haben unternderem zu unserem Schluss geführt, dass die Frage derperationsführung entscheidend ist. Es gibt andere
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Kerstin Müller
Experten – Sie haben das sicherlich auch gelesen –, etwavon der SWP, die ganz klar sagen: Nach der Gesamtaus-dehnung der ISAF, die erst 2006 abgeschlossen wordenist, gibt es noch weniger Argumente, zwei parallel lau-fende Missionen in Afghanistan durchzuführen.Natürlich ist die Kriegsführung der Taliban eine derUrsachen für die Eskalation im Süden und Osten. Hinzukommt, dass sich Taliban- und Al-Qaida-Kräfte in denAusbildungslagern reorganisiert haben; sie führen – dagebe ich Ihnen recht – einen systematischen Kampf.Aber was ist die Antwort darauf?Klar ist jedenfalls – das habe ich auch dem Kabinetts-beschluss entnommen –: Wir müssen schauen, dass diemilitärische Präsenz im Süden und Osten den zivilenAufbau absichert, dass dieser Aspekt wieder in den Mit-telpunkt gelangt. Wir müssen auch von deutscher Seitedie Mittel dafür mindestens verdoppeln, damit auch dieMenschen im Süden und Osten eine Friedensdividendeerhalten. Das scheint mir der allerwichtigste Punkt zusein. Wenn uns das nicht gelingt, dann werden Kräftewie Taliban und andere hier einen fruchtbaren Nähr-boden finden und dann sind wir auch mit Militär auf ver-lorenem Posten.
Das Wort hat nun Kollege Walter Kolbow, SPD-Frak-
tion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Esfreut mich, dass der Außenminister auch von der verant-wortungsbewussten Opposition breites Lob für das be-kommen hat, was er in seiner Amtszeit zusammen mitder Großen Koalition außenpolitisch auf den Weg ge-bracht hat, nie reaktiv, immer aktiv, nie aufdringlich, anden Hotspots dieser Welt, von denen es leider zu vielegibt, präsent, mit seinen Lösungsvorschlägen immer aufder Höhe der Zeit. Das gilt, wie Sie, Herr Außenminis-ter, dargetan haben, für die schwierige Situation imKosovo, aber auch für die nicht minder komplizierteLage im Nahen Osten.
Das ist auch Ihrem Team zu verdanken, Ihren Mit-arbeiterinnen und Mitarbeitern im Hause, in Deutsch-land, aber auch in der Welt, denen wir von dieser Stelleaus unseren Dank für ihre Arbeit aussprechen.
Dabei möchte ich insbesondere auf den Krisenstab in Ih-rem Hause abstellen, der mit uns allen, mit Ihnen in IhrerVerantwortung als Außenminister und auch mit der FrauBundeskanzlerin, immer noch um das Leben der im Au-genblick in Afghanistan gekidnappten Geisel ringt. Wirhoffen, dass wir sie gut zurückbekommen. Wir wissenum die Verantwortung, die bei diesen Fragen, bei denenes um Menschen geht, vorherrscht, sowie um die Verstri-ckungsprobleme, die bei der 30-jährigen Wiederkehr desdrdemVvwwEwdddawadwkzzEanreBjmKeprNWdVMsVeeDsb
Sie haben zusammen mit dem Umweltminister undit Entwicklungshilfeministerin Wieczorek-Zeul dieorbereitungen für den G-8-Gipfel getroffen, sodass eron unserer Bundeskanzlerin erfolgreich durchgeführterden konnte. Wir freuen uns, dass die Klimapolitik alsichtige Säule der Innenpolitik und die Problematik dernergiesicherheit nicht mehr von der Tagesordnungegzudenken sind.Es ist wichtig, in großen, aber auch in kleinen Län-ern die Menschenrechte einzufordern. Es ist richtig,ie Menschenrechte in China, in Russland, aber auch inen Vereinigten Staaten einzufordern, Erklärungen dazubzugeben und sich mit den Partnern, die das möglicher-eise anders sehen und andere Entwicklungen zulassen,useinanderzusetzen. Aber ich meine, wir sollten undürfen nicht die Einzelfälle aus dem Blick lassen. Icheise an dieser Stelle darauf hin, dass drei sozialdemo-ratische Bundeskanzler während ihrer jeweiligen Amts-eit Menschenrechte immer aktiv eingefordert und Ein-elfälle auch erfolgreich gelöst haben.
s ist zu einfach, zu sagen: Jetzt ist es so, früher war esnders. – Das hat die rot-grüne Regierungskoalitionicht verdient.
Im Übrigen würde ich mich freuen, wenn bei Regie-ungsreisen ins Ausland auch die Parlamentsinitiativeninbezogen würden, zum Beispiel der vom Deutschenundestag gefasste Laogai-Beschluss. Dies tun wir beieder unserer Reisen. Sie haben es auch getan, als Sieit Herrn Westerwelle unterwegs waren, ebenso wie dieollegen der CDU/CSU oder auch wir im Juni in China.Ich denke, dass Menschenrechtspolitik in einemngen Zusammenhang mit Rüstungs- und Abrüstungs-olitik, mit Rüstungskontrollpolitik und mit Nonprolife-ation steht. Dabei stehen nicht nur die Themen deruklearwaffen und der Waffensysteme im Mittelpunkt.eil es heute die sogenannten kleinen Waffen sind, dieen Menschen in Kriegs- und Krisengebieten Tod underderben bringen, stehen auch die Bemühungen imittelpunkt, die Verbreitung von Kleinwaffen einzu-chränken. Wir müssen die Überprüfungskonferenz derereinten Nationen, bei der wir im letzten Jahr einenntsprechenden Antrag gestellt haben, dafür gewinnen,in globales Waffenhandelsübereinkommen zu erzielen.ies ist gegenwärtig in der Diskussion, muss aber be-chlossen werden, um die unglückseligen Wirkungen zueseitigen.
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Walter KolbowDer Vollständigkeit halber darf ich unterstreichen,dass Ihre Initiative und auch unsere aus der GroßenKoalition gespeisten Anstrengungen bezüglich derStreumunition erfolgreich waren. Aber auch dort gilt esweiterzuarbeiten.Die Nuklearproblematik im Hinblick auf den Irantreibt uns alle um. Sie haben es erwähnt: Unser politi-sches Ziel bleibt, den Zusammenhalt der Sechser-Gruppe zu bewahren und mit einer geschlossenen Hal-tung gegenüber dem Iran aufzutreten. Der Konflikt mitdem Iran muss politisch gelöst werden. Dass sich militä-rische Lösungen verbieten und diese Einsicht in dieÜberlegungen in den Hauptstädten dieser Welt Einganggefunden hat, ist auch Ihnen und Ihren Aktivitäten aufden internationalen Konferenzen und hinter den Kulis-sen zu verdanken, Herr Außenminister.
Ich glaube, dass die mittlerweile in greifbare Nähe ge-rückte politische Lösung der nordkoreanischen Atom-krise dazu beitragen kann, die Weiterverbreitung vonAtomwaffen einzudämmen und eine Ursache für das re-gionale Wettrüsten in Südostasien zu beseitigen. Ein Er-folg in Nordkorea könnte auch Impulse für die festgefah-renen Gespräche im Zusammenhang mit der iranischenAtomkrise bieten. Davon würden auch die Gesprächeder EU-Drei im Rahmen der Drei-plus-Drei-Initiativeprofitieren. Es gibt Signale, dass unsere diesbezüglichenForderungen erfüllt werden.Ich will darauf hinweisen – auch Sie, Herr KollegeHoyer, haben das getan; ich kann das nachvollziehen –,dass wir natürlich aus abrüstungs- und rüstungskontroll-politischer Sicht die Entwicklung um das indisch-ameri-kanische Nuklearabkommen sehr aufmerksam betrach-ten. Wir werden weder Indien noch Pakistan dazubringen können, auf den gerade erlangten Status einerAtommacht zu verzichten. Unser Augenmerk muss je-doch darauf gerichtet sein, Herr Außenminister, unserVerhalten in der Nuclear Suppliers Group mit rüstungs-kontrollpolitischen Überlegungen zu vereinbaren.
Es wäre hier sehr hilfreich, wenn sich Indien zu be-stimmten rüstungskontrollpolitischen Zusagen und Ver-haltensweisen entschließen könnte. Aber auch wir könn-ten mit unseren Möglichkeiten zu einer Lösung auf denKonferenzen beitragen, die unseren Anstrengungen, wasden rüstungskontrollpolitischen Ansatz angeht, nichthinderlich sein würde.
Ich will an dieser Stelle auch sagen, dass wir nicht nurwegen der rüstungskontrollpolitischen Aspekte dasThema „strategische Raketenabwehr“ nach wie vorauf unserem politischen Schirm haben. Für uns standimmer die Frage im Mittelpunkt, ob Verteidigungs-anstrengungen im Zusammenhang mit dem Raketen-abwehrsystem vertragliche Rüstungskontroll- und Ab-rüstungsregime tangieren, ob sie erhalten werdenkönnen und ob sie ausgebaut werden müssen. Dies hatirsamRgztrMntuetAgnHamvztdkWdRAstfndtdgiudwrgssrH
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 111. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. September 2007 11533
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Ich erteile das Wort Kollegen Jürgen Koppelin, FDP-
Fraktion.
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Entschuldigung. Männer sind leider etwas sturer; dasst nun einmal so. – Wir müssen uns etwas einfallen las-en, damit der Wechsel ins Ausland attraktiver wird. Soehr wir jetzt auch schmunzeln: Wenn die Ehefrau incht Jahren an zwei Botschaften war und der Mann inieser Zeit keinen Job hatte, dann wird es für ihn sehrchwierig, in Deutschland wieder einen Job zu finden.ür diese Fälle müssen wir uns Programme überlegen.Ich darf, weil wir immer dafür sind, dass Stellen imffentlichen Dienst abgebaut werden, den einen oder an-eren an dieser Stelle darauf hinweisen, dass seit 199400 Auslandsstellen und im Ministerium selber 200 Stel-n gestrichen wurden. Das sollte man einfach einmalur Kenntnis nehmen. Dabei sind die Belastungen desuswärtigen Dienstes, sowohl im Ministerium als auchn den Botschaften, größer geworden; die Aufgaben sind
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Jürgen Koppelinschwieriger geworden. Das ist so nicht mehr hinzube-kommen. Insofern müssen wir uns bezüglich des Perso-nals etwas überlegen.
Es kommt noch ein Bereich hinzu, der dem einen oderanderen vielleicht nicht so bewusst ist. Wenn man eineAuslandsreise macht und an der Botschaft ist, sieht manes. Viele unserer Botschaften sind in den 50er-Jahrengebaut worden. Der Bauzustand ist teilweise katastro-phal, das gilt bis hin zu den Gardinen und Teppichen.Hier besteht mit einem Schlag großer Nachholbedarf.Hinzu kommt – das will ich nicht vergessen –, dass vieleBotschaften vor Terrorismus geschützt werden müssen.Ich habe eine große Bitte, die ich bei anderer Gelegen-heit schon einmal geäußert habe – dieser Punkt ist mirals Haushälter sehr wichtig –: Ich bitte unsere Bundes-baugesellschaft aufs Dringendste, kein Spitzenreiter inSachen Bürokratie zu sein, sondern flexibel zu sein undgemeinsam mit den Botschaften nach kostengünstigenLösungen zu suchen, die auch schnell durchzuführensind.
Es kann nicht sein, dass immer nur blockiert wird. Wirals Politiker wollen, dass gehandelt wird, aber sie tutnichts. Sie hat anscheinend nur eine Aufgabe: dorthin zureisen, um sich den Zustand anzusehen, und das Vorha-ben anschließend abzulehnen oder zu verzögern. Daskann nicht sein.
Ich muss gleich zum Schluss kommen, möchte abernoch eine andere Bitte aussprechen. Ich glaube, dass dieZusammenarbeit zwischen dem BMZ und dem Auswär-tigen Amt dringend einer Verbesserung bedarf. Ich habenicht den Eindruck, dass BMZ und Auswärtiges Amtsehr harmonisch zusammenarbeiten; das muss nicht amMinister liegen. Die Außenpolitik und die Entwick-lungshilfepolitik gehören zusammen und müssen abge-stimmt werden. Es ist meine dringende Bitte, HerrMinister, dass dies geschieht. Ich begrüße es, dass Sie ei-nen Teil des Geldes, das dem BMZ zusteht, zur Verwal-tung ins Auswärtige Amt bekommen. Bei Ihnen ist esanscheinend besser aufgehoben.Herzlichen Dank.
Ich erteile das Wort Kollegen Herbert Frankenhauser,
CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Ichkenne die Befindlichkeiten und Schwierigkeiten, wennHaushälter plötzlich in eine Etatdebatte eingreifen.
Um dem Rechnung zu tragen, haben sich mein hochge-schätzter Mitberichterstatter, Kollege Lothar Mark, undisHaIdcdgratddwQmufdndIdndDwtnuBsdwADAM
m Übrigen ist es, wenn einer für jemanden aus der an-eren Fraktion spricht, natürlich ein untrügerisches Zei-hen für die durch nichts zu überbietende Harmonie inieser Koalition.
Ich befinde mich auf gewisse Weise in einer schwieri-en Situation. Denn Haushälter müssen sich quasi be-ufsmäßig und naturgemäß – wenn vielleicht auch nichtngeboren – gegen jede Etaterhöhung wenden. Nach in-ensiver Prüfung bin ich zu dem Ergebnis gekommen,ass eine Etaterhöhung, wenn überhaupt, im Einzelplanes Auswärtigen Amtes angemessen ist.
Ich bin des Weiteren zu der Erkenntnis gelangt, dassir im Haushaltsverfahren, angelehnt an die ODA-uote, eigentlich so etwas wie eine AA-Quote einführenüssten,
m endlich beurteilen zu können, was eine angemesseneinanzielle Ausstattung ist.Meine herzliche Gratulation, Herr Außenminister,ass es Ihnen als erstem Amtsinhaber seit – ich weißicht, wie vielen – Jahren gelungen ist,
en Bundesfinanzminister davon zu überzeugen – einerhrer Vorgänger hat einmal gesagt: „Ohne Moos nix los.“ –,ass mehr Aufgaben mit weniger Geld auf die Dauericht zu bewältigen sind. An dieser Stelle sage ich auchem Bundesfinanzminister für seine Einsicht vielenank.Einsparmöglichkeiten gäbe es zum Beispiel dann,enn wir, zumindest was den Bau von Botschaften be-rifft – Kollege Koppelin hat das angesprochen –, die oh-ehin überforderte Bundesbaugesellschaft entlasten
nd eine Gesellschaft gründen würden, die für dieseauten zuständig ist. Ich hoffe, dass wir nach der ent-prechenden Beratung in den zuständigen Gremien fürieses Vorhaben auch Ihre Unterstützung bekommenerden.Das Gesamtvolumen des Haushalts des Auswärtigenmtes für das Jahr 2008 beträgt 2,816 Milliarden Euro.er Haushalt dieses Ministeriums erreicht damit einennteil von 0,994 Prozent am Gesamthaushalt. Kollegeark will immer die 1-Prozent-Marke erreichen, aber
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 111. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. September 2007 11535
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Herbert Frankenhauserich weiß nicht, ob uns das im Beratungsverfahren gelin-gen wird; wir wollen es zumindest versuchen.
Das heißt, jeder Bundesbürger, ob groß, ob klein,wird für die Tätigkeit des Auswärtigen Amtes mit einemBetrag von 34 Euro belastet. Wenn man dem gegenüber-stellt, dass jeder Bundesbürger für die Bundesschuld527 Euro aufbringen muss, so denke ich, dass diese34 Euro wirklich gut angelegt sind, nicht zuletzt deshalb,weil die große Koalition und somit auch Herr Außenmi-nister Steinmeier inhaltlich neue Akzente gesetzt haben.Der Stabilitätspakt für Afghanistan und der Stabilitäts-pakt für Südosteuropa sind wieder dort etatisiert, wo siehingehören.
Es ist begrüßenswert, dass mit diesen Mitteln schnell,gezielt und sichtbar
– das betrifft das, was Sie, Herr Kolbow, angesprochenhaben – auf akute Probleme und Bedürfnisse reagiertwerden kann, damit auch die Bevölkerung erkennt, waswir unternehmen.
Völlig neu im Einzelplan 05 ist eine Dotierung inHöhe von 30 Millionen Euro für die Afrika-Initiativeim Rahmen der deutschen G-8-Präsidentschaft. Im Übri-gen, Herr Außenminister, werden 10 Millionen Euro fürdie African-Standby-Forces bereitgestellt. Wir habenuns überzeugen können, welch exzellente Arbeit im„Kofi Annan International Peacekeeping TrainingCentre“ geleistet wird.Völlig neu ist auch der Nachbarschaftsinvestitions-fonds, NIF, der mit 12 Millionen Euro gespeist wurde.Ich bin der festen Überzeugung, dieser Fonds musstedringend erfunden werden. Bei meiner heutigen Lektürehabe ich darüber hinaus festgestellt, dass die Bundesre-gierung unbedingt noch einen Beauftragten für die Er-forschung der Fonds ernennen sollte, die es bei all diesenInstitutionen gibt, damit wir endlich einmal erfahren, wounser Geld überall verwendet wird.
Die Mittel für humanitäre Hilfe haben wir fast ver-doppelt. Besonders möchte ich auf die Schulinitiativeunter dem Stichwort „Partner der Zukunft“ hinweisen,die der Außenminister ins Leben gerufen hat und für die41,5 Millionen Euro zur Verfügung gestellt wurden. Ichdenke, dass insbesondere die deutschen Auslandsschu-len und die Angebote, die deutsche Sprache zu erlernen,für die deutsche Außenpolitik von ganz herausragenderBedeutung sind.Auch ist es gelungen, das Goethe-Institut, das in denletzten Jahren große Not gelitten hat, wieder auf die rich-tige Spur zu bringen. Von hier aus gratuliere ich dem neughWIIWrGcdIwDgsmbDEeuAsklDilsddvWmwddsg1
ir sind oft gescholten worden, wir würden das Goethe-nstitut arm sparen. Der Haushaltsausschuss hat nie einnstitut geschlossen und wollte auch nie eines schließen.enn wir jetzt noch einmal über 27 Millionen Euro da-auflegen und insgesamt 185 Millionen Euro für dasoethe-Institut aufwenden, dann haben wir das Mögli-he für eine ordentliche finanzielle Ausstattung und eineauerhafte Konsolidierung des Goethe-Instituts getan.ch möchte aber schon darauf hinweisen, dass Qualitäteder allein eine Frage des Geldes noch der Masse ist.as gilt auch mit Blick auf die Absurdität mancher Pro-ramme, die leider Gottes angeboten werden.Es gibt einen ganz kleinen Posten, den ich aber fürehr wichtig halte und deswegen einmal erwähnenöchte: Im Etat ist die Erhaltung deutscher Kriegsgrä-er im Ausland und damit die Arbeit des Volksbundeseutsche Kriegsgräberfürsorge finanziell abgesichert.s handelt sich um eine relativ kleine Position, die aberine sehr hohe Bedeutung für viele unserer Mitbürgernd Mitbürgerinnen sowie die Wirkung nach außen hat.m vergangenen Wochenende haben deutsche und rus-ische Soldaten zum ersten Mal nach dem Zweiten Welt-rieg gemeinsam auf einem Soldatenfriedhof in Russ-and an deutschen und russischen Gräbern gearbeitet.as mag zwar eine kleine Aktion gewesen sein, aber esst ein sehr ermutigendes Zeichen dafür, dass es sichohnt, geduldig und beharrlich für Verständigung, Ver-öhnung und Frieden zu arbeiten. Deswegen danke ichen vielen ehrenamtlichen Helfern, den Soldaten, dieiese Arbeit verrichten.Vielen Dank.
Ich erteile das Wort dem Kollegen Michael Leutert
on der Fraktion Die Linke.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!enn jemand den Eindruck haben sollte, dass sicheine Argumente aus der letzten Haushaltsberatungiederholen, dann stimmt dieser Eindruck. Das hängtamit zusammen,
ass die Politik der Großen Koalition heute immer nocho schlecht ist wie im letzten Jahr. Das möchte ich jetztern begründen.Eigentlich freut sich das Herz des Haushälters, wenn2,7 Milliarden Euro mehr zu verteilen sind. Das
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Michael LeutertAuswärtige Amt bekommt davon 300 Millionen Euroab. Das Problem ist bloß: Diese Mehreinnahmen kom-men nicht durch eine kluge und gerechte Einnahmen-politik zustande, sondern es handelt sich dabei letztend-lich um das Geld, das wir den kleinen Leuten aus derTasche gezogen haben; ich nenne nur das StichwortMehrwertsteuererhöhung. Das trübt natürlich den Blickauf den Haushalt und macht es schwer, sich an dieserDebatte zu beteiligen.Wenn man sich dann noch anschaut, wie das Geldverteilt wird, ist das einfach traurig. Der Haushalt desAuswärtigen Amtes umfasst 2,8 Milliarden Euro, das istnicht einmal 1 Prozent des Gesamthaushaltes. Im Ge-gensatz dazu umfasst der Etat des Verteidigungsminis-ters – zweitgrößter Etat – über 29 Milliarden Euro. Aufdiesen Etat ist einfach 1 Milliarde Euro daraufgepacktworden; das ist zehnmal so viel wie beim AuswärtigenAmt.Das muss man sich aber noch genauer anschauen.Dem Auswärtigen Amt stehen 2,8 Milliarden Euro zurVerfügung. Davon müssen 700 Millionen Euro für Bei-träge an internationale Organisationen einschließlich derVN-Beiträge für Militäreinsätze abgezogen werden. Esbleiben also 2,1 Milliarden Euro für alle Aufgaben, dieim Ausland entstehen, übrig. Das sind die Goethe-Insti-tute, die angesprochene Afrika-Initiative, humanitäreHilfe, Demokratisierungshilfe und natürlich die 220 Ver-tretungen im Ausland mit ungefähr 9 000 Bediensteten.Im Übrigen haben wir mittlerweile mehr Soldaten imAusland stehen als Diplomaten. Der Verteidigungs-minister hat also Ihnen, Herr Außenminister, mittler-weile den Rang abgelaufen. Er hat mehr Truppen imAusland stehen.
Schon das zeigt, wie die Prioritäten in der deutschenAußenpolitik gesetzt sind. Es geht in der Außenpolitiknicht in erster Linie um zivile Instrumente, sondern esgeht letztendlich um militärische Instrumente in der Au-ßenpolitik.
Das kann man an dem derzeitigen Projekt der deut-schen Außenpolitik, Afghanistan, durchexerzieren: Injedem Bereich muss abgerechnet werden, was welchesInstrument gebracht hat, wie effektiv es gewesen ist. BeiMilitärmissionen hingegen gibt es eine solche Abrech-nung nicht.Wir haben über OEF gesprochen: Bisher gibt es keineAuskunft darüber, wie der Auftrag, feindliche Kämpfergefangen zu nehmen und vor Gericht zu stellen, ausge-führt worden ist. Der OEF-Einsatz hat bisher über800 Millionen Euro gekostet.Wir haben auch keine vorzeigbaren Ergebnisse beiISAF. Obwohl dieser Einsatz bisher 2,2 Milliarden Eurogekostet hat, hat sich die Lage in Afghanistan nicht sta-bilisiert: Jeden Tag sind massive Anschläge zu verzeich-nb–m5VtsDAmenIwatsrwudMpnFNdSoiEttiAhtßgosS
ittlerweile, nach Afghanistan, müsste doch jeder ka-iert haben, dass man Demokratie und Menschenrechteicht mit militärischen Mitteln erzwingen kann.Danke.
Ich erteile das Wort Kollegen Rainder Steenblock,raktion Bündnis 90/Die Grünen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieeutsche Außenpolitik bewegt sich immer stärker in dempannungsfeld zwischen einer eigenständigen, bilateralrientierten deutschen Außenpolitik und der Einbindungn die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik deruropäischen Union. Wenn wir unsere Ziele, unsere In-eressen, unsere Werte in den außenpolitischen Konflik-en durchsetzen wollen, dann brauchen wir – davon binch überzeugt – eine stärkere Einbindung unsererußenpolitik in die Gemeinsame Außen- und Sicher-eitspolitik der Europäischen Union. Der Außenminis-er unseres Landes ist aktiv dabei, das voranzutreiben.Wenn man sich die Ergebnisse der europäischen Au-enpolitik anschaut, muss man sagen: Es gibt Erfolge, esibt eine gute Kooperation, zum Beispiel was den Nah-stkonflikt angeht; aber auch Iran ist sicherlich ein Bei-piel für eine gute Kooperation. Es gibt aber auch vielechwachstellen in der europäischen Außenpolitik: Ich
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Rainder Steenblocknenne nur Kosovo als Beispiel. Auch in der Energie-außenpolitik haben wir große Probleme, die wir lösenmüssen. Wenn EU-Mitgliedstaaten wie Ungarn und Bul-garien dabei sind, das Fundament der Ressourcensiche-rung, die ein Teil der Energieaußenpolitik ist – für unsGrüne gehört viel mehr dazu –, zu zerstören, indem siemit immer neuen Pipelines versuchen, die Gasvorkom-men Russlands in ihr Land zu leiten, dann ist das einBeispiel dafür, wie die EU-Mitgliedstaaten ihre außen-politischen Interessen durch Vielstimmigkeit kaputtma-chen.
Deshalb ist es wichtig, dass wir bei den zentralen The-men zusammenzukommen versuchen.Ein großes Problem, das wir im nächsten Jahr lösenmüssen, ist, glaube ich, das Verhältnis der Europäi-schen Union zu Russland. Es ist ein Kernpunkt vielerKonfliktfelder, die wir haben. Der Europäischen Unionmuss es gelingen – nicht nur wegen der Konflikte, diewir jetzt mit Polen hatten –, einen eigenen strategischenAnsatz, eine eigene Russlandpolitik zu entwickeln. Wirhaben eine Zentralasienstrategie entwickelt. Wir habenden Außenminister in dieser Frage sehr unterstützt. Aberdiese Zentralasienstrategie wird so lange zahnlos blei-ben, solange sie nicht durch eine Russlandstrategie kom-plementiert ist. Deshalb ist es wichtig, dass in unserenStrategien die Ressourcenpolitik immer mit der Fragenach Demokratie und Menschenrechten verbunden wird.Das gilt gerade auch für Russland.
Wenn wir schon über eine europäische Energiepolitiksprechen, dann muss ich feststellen, dass mich das letzteTreffen unserer Bundeskanzlerin mit Herrn Sarkozynicht besonders erfreut hat. Zentrales Thema war sozu-sagen der Versuch, eine konservative Politik zu gestal-ten, um die europäischen Lobbyinteressen im Atombe-reich zu stabilisieren und zu stärken. Das ist hinsichtlicheiner nachhaltigen Energiepolitik im europäischen Rah-men kontraproduktiv.
Gestatten Sie mir noch eine weitere Bemerkung.Auch der sogenannte Rat der Weisen geht dramatisch indie falsche Richtung. Wenn man anfängt, wieder überVertrauensbildung bei den Menschen in Europa nachzu-denken, dann braucht man keine Gremien hinter ver-schlossenen Türen, sondern demokratisch legitimierteStrukturen, zum Beispiel einen Konvent, um die Euro-päische Union weiterzuentwickeln. Wir brauchen keinezusätzlichen Expertengremien, sondern eine offene,transparente und demokratische Debatte
um die Zukunft Europas.PrsDtgDreIhfsetFAiAeadg–BRsdwSEPeMliw
Ich komme zum letzten Punkt. Eines der zentralenrojekte des Reformvertrages war die Grund-echtecharta, in der viele soziale Grundrechte der Men-chen in Europa verankert sind. Wenn ich jetzt in denebatten höre, dass die Grundrechtecharta neu gewich-et und in ihrer Bedeutung abgewertet werden soll, dannehen bei mir alle Warnlampen an.
ie Menschen in Europa brauchen die Grund-echtecharta als verlässliches Element zur Bildung deruropäischen Identität. Wir alle sollten ein gemeinsamesnteresse daran haben, dieser Grundrechtecharta einenohen Rang in der europäischen Verfassung oder im Re-ormvertrag einzuräumen. Das dient unserer demokrati-chen Legitimation, aber auch dem Vertrauen in denuropäischen Weg zur Lösung von Problemen.Vielen Dank.
Das Wort hat nun Kollege Axel Schäfer, SPD-Frak-
ion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!ast zum Schluss der Debatte über den Haushalt desuswärtigen Amtes reden wir über Europapolitik. Dasst wichtig und richtig, weil es ein zentraler Teil Ihrerrbeit ist, Herr Bundesaußenminister.Zwei Punkte sind in diesem Jahr entscheidend. Zuminen brauchen wir in der EU den Zusammenhalt nachußen, auch um anderen Halt geben zu können. Was miter Bremer Erklärung in der Ratspräsidentschaft gelun-en ist, was vor allen Dingen die Menschen erwartendas sage ich nach vielen Reisen auf den westlichenalkan, vor allem auch im Kosovo, auf denen ich eineeihe von Gesprächen geführt habe –, ist in der Europäi-chen Union insgesamt, aber auch hinsichtlich unserereutschen Rolle nicht hoch genug einzuschätzen. Des-egen wird es wichtig sein, lieber Frank-Walterteinmeier, dass es weiterhin gelingt, dass wir dieseuropäische Union zusammenhalten – selbst wenn dierobleme im Kosovo größer werden –, weil wir im Falleiner Spaltung in Europa nicht in der Lage wären, für dieenschen und die gemeinsame Sache Erfolge zu erzie-en.
Zum anderen brauchen wir den Zusammenhalt nachnnen. Was zurzeit bei der Regierungskonferenz be-erkstelligt werden soll – das sollten wir ohne Übertrei-
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Axel Schäfer
bung in aller Ruhe deutlich benennen –, ist das wich-tigste Reformprojekt im institutionellen Bereich seit15 Jahren und die grundlegendste Veränderung in50 Jahren europäischer Verträge.
Wenn wir es schaffen, Europa auch zukünftig hand-lungsfähig zu machen, dann brauchen wir Veränderun-gen im Gleichgewicht zwischen den verschiedenen Ak-teuren, auch zwischen Europäischem Parlament, derKommission und dem Rat. Notwendig für die Stärkungist auch, dass wir die Handlungsmöglichkeiten verbes-sern – Stichwort „dritter Pfeiler“ – und die Pfeilerstruk-tur überwinden und integrieren.Wir brauchen dabei auch mehr direkte Demokratie.Was Europa ausmacht, ist eben nicht nur eine Kopfge-burt, sondern es ist ein Projekt, das den Menschen zuge-wandt ist. Dafür ist es notwendig, dass wir die Elementemit in den Verfassungsvertrag aufnehmen und entspre-chend mit Leben erfüllen.
Ich weise deshalb so eindringlich darauf hin, weil wirin einer schwierigen Situation sind. Das muss man trotzder vielen guten Botschaften über die Vorbereitung zumAbschluss der Regierungskonferenz, die wir zurzeit ausBrüssel von den Rechtskundigen bekommen, offen be-kennen. Es ist noch nicht geschafft. Wir sind mit der Re-gierungskonferenz schon ein Stückchen zurückgegan-gen, gemessen an dem von Rainder Steenblock zu Rechterwähnten Konvent im Jahr 2003. Trotz der Ratifizie-rung des Verfassungsvertrages in 18 Ländern haben wireinen Bruch erlebt. Mit den vertraglichen Grundlagen,die wir nun schaffen wollen, bewegen wir uns auf einemNiveau, das wieder ein Stückchen niedriger ist. Dennochsind diese neuen vertraglichen Grundlagen das Wich-tigste, was wir gemeinsam zustande bringen müssen.Wenn aber nun einzelne Länder versuchen, noch mehrinfrage zu stellen und Änderungen hin zu weniger Ge-meinschaft zu bewirken, dann müssen wir alle in diesemHohen Hause dazu Nein sagen und Ja zu dem, was wirgemeinsam erreicht und auf dem EU-Gipfel in Brüsselbeschlossen haben. Das muss unser gemeinsames Anlie-gen sein.
Ich sage das ganz offen als jemand, der bekennenderAnhänger der direkten Demokratie ist: Wenn es Ländergibt, in denen nun ein Plebiszit ansteht, nicht nur ver-pflichtend in Irland und wahrscheinlich auch in Däne-mark, oder in denen man nach einem Volksentscheidruft, um gegen Europa votieren zu können, dann müssenwir uns auf gute Erfahrungen in Europa besinnen, diedeutlich machen, wie wir mit solchen Konflikten umge-hen können. Harold Wilson stand 1975 als Labour-Premier vor einem ähnlichen Problem. Er musste einStück neu verhandeln, um seiner eigenen Partei sowieden Wählerinnen und Wählern zu entsprechen, undmusste gleichzeitig dazu beitragen, dass Großbritannienin der Europäischen Union bleiben konnte. HaroldWilson hat keine Volksabstimmung ausgerufen, um ein-mEEbkiEazhcmdeeCWAcggnHahusDFhilcValnciLpIrw
Ich erteile das Wort Kollegin Erika Steinbach, CDU/
SU-Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!enn wir heute über den Einzelplan 05 des Auswärtigenmtes sprechen, können wir das durchaus unter erfreuli-hen Vorzeichen tun; denn der Gesamtetat des Auswärti-en Amtes wurde nach vielen Jahren erstmals wieder an-ehoben, und das war dringend nötig. Davon profitierenicht zuletzt auch die Menschenrechtsanliegen diesesauses. So ist zum Beispiel vorgesehen, den Mittel-nsatz im Titel „Demokratisierungs- und Ausstattungs-ilfe, Maßnahmen zur Förderung der Menschenrechte“m rund 3 Millionen Euro zu erhöhen. Diese Erhöhungpiegelt das gewachsene Engagement wider, daseutschland in den letzten Jahren bei der Sicherung desriedens und der Wahrung der Menschenrechte gezeigtat.Die Herausforderungen, denen sich Deutschland auchm Menschenrechtsbereich gegenübersieht, sind in denetzten Jahren nicht geringer geworden. In vielen Berei-hen prallen heute religiöse, ethnische oder ideologischeorstellungen verstärkter und aggressiver aufeinanderls in den Jahrzehnten zuvor. Die Geschichte hat uns ge-ehrt, dass die Menschenrechtsverletzungen von heuteicht selten die kriegerischen oder die bürgerkriegsähnli-hen Auseinandersetzungen von morgen sind. Beides hatmmer mehr oder weniger Auswirkungen auf unserand, direkt oder indirekt. Deshalb ist Menschenrechts-olitik neben dem humanitären Anliegen auch immernteressenpolitik unseres eigenen Landes.
Diese Bundesregierung tut in Fragen der Menschen-echte mehr – Herr Kollege Kolbow, das sehe ich einenig anders als Sie – als alle Bundesregierungen zuvor.
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Erika SteinbachDas gilt nicht nur für die rot-grüne Bundesregierung,sondern auch für die, die davor waren. Das begrüße ichausdrücklich. Förderprogramme zur Durchsetzung vonDemokratie und von Menschenrechten sind wichtig. Da-ran besteht überhaupt kein Zweifel. Sie helfen den Men-schen, und sie stabilisieren das globale politische Ge-samtgefüge. Sie können aber nur dann ihre Wirkungwirklich entfalten, wenn das Bekenntnis zu den Men-schenrechten von oberster Ebene mitgetragen und immerwieder eingefordert wird. Geld alleine reicht nicht, undGeld alleine hilft nicht nachhaltig. Menschenrechtspoli-tik braucht Politiker, die Missstände im Ausland mutigund ohne Schnörkel ansprechen. Das tun sowohl dieBundeskanzlerin als auch der Herr Außenminister. Herz-lichen Dank dafür. Von ihnen werden Menschenrechts-defizite nicht ausgeklammert, sondern angesprochen. Inder Vergangenheit war auch das nicht immer selbstver-ständlich.Wenn ich anfangs sagte, dass der Haushalt des Aus-wärtigen Amtes den höheren Stellenwert von Menschen-rechten widerspiegelt, so trifft dies vor allem auf einLand zu, das heute in der Debatte schon eine große Rollegespielt hat, auf Afghanistan. Nirgendwo sonst hat sichDeutschland in den letzten Jahren auch unter menschen-rechtlichen Aspekten so sehr verpflichtet wie in dieserRegion. Es gibt heute Erfolge, aber nach wie vor auchHerausforderungen. Das Beispiel Afghanistan wähle ichdeshalb, weil ich und wir alle sehr wohl wissen, dass esvielen Menschen hier im Land am liebsten wäre, wennDeutschland sein Engagement dort baldmöglichst ein-stellen würde. Aber das wäre nicht nur aus der Men-schenrechtsperspektive, sondern auch aus Gründen derinnenpolitischen Sicherheit ein ganz kardinaler Fehler.Ohne Zweifel ist Afghanistan noch sehr weit von Zu-ständen entfernt, die wir mit unseren eigenen Maßstäbenals rechtsstaatlich oder menschenrechtlich akzeptabelempfinden. Dennoch müssen wir uns immer wieder vorAugen halten, wie verheerend die Menschenrechtsbilanzzu Beginn des multinationalen Engagements in Afgha-nistan ausgesehen hat. Frauen und Mädchen wurdenmassiv unterdrückt und sowohl aus dem politischen Pro-zess als auch von Bildung, sogar von Schulbildung, aus-geschlossen. Es gab kein funktionierendes Justizwesen.Genauso wenig wurden die allgemeinen Menschen-rechte beachtet. All das war in diesem Lande nicht vor-handen. Die Talibanherrschaft hatte die Menschen dortim Griff. Ihre Herrschaft konnte inzwischen durch deninternationalen Einsatz beendet werden. Die weitver-zweigten terroristischen Nester, die es heute noch gibt,dürfen uns gleichwohl nicht gleichgültig sein. Von dortaus werden die zivilisierte Welt und auch die afghani-sche Regierung nach wie vor bedroht.Zum befriedenden Prozess in Afghanistan hatDeutschland intensiv beigetragen. Erste Erfolge sindzweifellos sichtbar. 2004 wurden in der afghanischenVerfassung die Menschen- und Bürgerrechte fest veran-kert. Im Zuge des Verfassungsprozesses hat sich insbe-sondere die Situation von Frauen durch ihre rechtlicheGleichstellung gebessert. Zwangsehen und Ehrenmordesind heute verboten. Wichtig ist jetzt eine konsequenteDurchsetzung der vorhandenen Rechte. Dafür brauchtdZsBdzssFaVLDtengMnBdrtssngwtveDlunuAzrnwdisS
Weitere Wortmeldungen zu diesem Einzelplan liegenicht vor.Bevor wir zum nächsten Geschäftsbereich kommen,ill ich die Parlamentarische Bundesheer-Beschwer-ekommission des österreichischen Nationalrats – dasst eine Institution, die dem Wehrbeauftragten des Deut-chen Bundestages vergleichbar ist – begrüßen. Seienie herzlich willkommen!
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Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang ThierseWir kommen damit zum Geschäftsbereich des Bun-desministeriums der Verteidigung, Einzelplan 14.Ich erteile dem Bundesminister Franz Josef Jung dasWort.Dr. Franz Josef Jung, Bundesminister der Verteidi-gung:Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der gestrigeTag hat der deutschen Öffentlichkeit wieder deutlich ge-macht, dass sich die Bedrohungslage aufgrund der An-schläge in New York und in Washington auch für unssehr konkret verändert hat. Wir haben den Kalten Kriegzum Glück überwunden. Durch den internationalen Ter-rorismus, durch Massenvernichtungswaffen, durch Kri-sensituationen und durch Staatsverfall haben wir esheute mit einer besonderen Bedrohungslage zu tun. Indieser Hinsicht nimmt die Bundeswehr ihre Aufgabenwahr. Ich verweise konkret auf Afghanistan: Die An-schläge sind von Afghanistan ausgegangen. Deshalb istes im Interesse von Stabilität, von friedlicher Entwick-lung und von Menschenrechten, aber auch im Interesseder Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger Deutschlandsrichtig und wichtig, dass wir diesen Auftrag auch in Zu-kunft wahrnehmen.
Wir stellen in Afghanistan das drittstärkste Kontin-gent. Wir stellen das stärkste Kontingent in Bosnien-Herzegowina. Außerdem stellen wir das stärkste Kontin-gent im Kosovo. Wir werden im Kosovo auch weiterhinPräsenz zeigen.
Ich kann nur hoffen und wünschen, dass wir die Status-verhandlungen im Hinblick auf Stabilität und Frieden zueinem guten Ergebnis führen.
Ich glaube, dass das nicht nur die Voraussetzung dafürist, dass in dieser Region eine europäische Perspektiveentwickelt wird, sondern auch dafür, dass in ZukunftStabilität und Frieden vorherrschen.Wir sind im Rahmen von UNIFIL vor der Küste desLibanon im Einsatz; wir debattieren gleich darüber. Wirsind im Rahmen des Mandats OEF auf dem Gebiet derTerrorismusbekämpfung aktiv. Außerdem ist die Bun-deswehr am Horn von Afrika, Stichwort „Dschibuti“, imEinsatz. Hinzu kommt die Operation „Active Endea-vour“ im Mittelmeer. Wir sind auch im Sudan. Wir ha-ben Militärbeobachter in Äthiopien und in Eritrea. InGeorgien sind wir im Bereich des Sanitätswesens vertre-ten.Ich zeige dies nur auf, um deutlich zu machen, in wel-cher Art und Weise die Bundeswehr heute einen Auftragzur Stabilität und friedlichen Entwicklung, damit aberaEse–nrSglulSDbDMuEDSbrwtnKdUgzdzdmndzWrIIOtabe
Mit diesem Haushalt legen wir die Grundlage dafür,ass wir den Modernisierungsprozess bzw. den Transfor-ationsprozess auch in Zukunft positiv gestalten kön-en. Deshalb sind wir auf dem richtigen Weg, auch wasie finanzielle Ausstattung für die Bundeswehr angeht.
Unser Ziel ist weiter, die Ausgaben für Investitionenu steigern und die Betriebsausgaben zurückzufahren.ir haben mittlerweile eine Situation erreicht, in der ge-ade im investiven Bereich Erhebliches geleistet wird.ch denke etwa an die Situation unserer wehrtechnischenndustrie und an die Arbeitsplatzsituation. Wer sich vorrt begibt und sich einmal anschaut, wie sich die Indus-rie dort entwickelt, stellt fest: Die Planung im Hinblickuf die Zukunft der Bundeswehr, die wir vollzogen ha-en – im Weißbuch gemeinsam beschlossen –, ist auchine Grundlage für die Fortentwicklung von Forschung,
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Bundesminister Dr. Franz Josef JungEntwicklung und wehrtechnischer Industrie. Das ge-währleistet auch Arbeitsplätze in Deutschland.Die Auslandseinsätze sind mit erheblichen Ansprü-chen an unser Material verbunden. Es ist notwendig, dieentsprechenden Mittel bereitzustellen.Ich füge allerdings hinzu: Natürlich müssen wir auchim Hinblick auf den notwendigen Übungsbetrieb inDeutschland bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Ichhabe von der Verpflichtung gesprochen, die wir imWeißbuch beschrieben haben. Wir haben in diesem Jahrbeschlossen, die zivil-militärische Zusammenarbeit zumSchutz Deutschlands auf eine neue Grundlage zu stellen,die die föderalen Strukturen abbildet. Damit schaffen wirVerbindungskommandos, um beispielsweise im Bereichdes Katastrophenschutzes noch effektiver zu helfen.Auch in dieser Hinsicht erfüllt die Bundeswehr in Zu-kunft ihre Aufgabe, was den Schutz Deutschlands anbe-trifft.Wer hohe Einsatzbereitschaft und Leistungsbereit-schaft von den Soldatinnen und Soldaten verlangt, dermuss auch dafür sorgen, dass die sozialen Rahmenbe-dingungen stimmen. Wir berücksichtigen diesen Punktim vorliegenden Haushalt dadurch, dass wir den teil-weise schlechten Zustand der Kasernen in den altenBundesländern beseitigen wollen. Wir haben vor, einPrioritätenprogramm für die Modernisierung der Kaser-nen aufzulegen; denn ich halte es für teilweise nichtmehr akzeptabel, dass Soldaten in der Art und Weise ge-fordert werden, wie sie gefordert sind, sie sich aber dannin einem sozialen Umfeld befinden, das wirklich nichtmehr angemessen ist. Deshalb bin ich dankbar, dass wirmit diesem Haushalt das eben genannte Prioritätenpro-gramm einleiten können.
Ich füge einen Punkt hinzu: Wir haben bereits imBundeskabinett beschlossen, Rahmenbedingungen zuverändern, die sich aus der konkreten Situation des Aus-landseinsatzes ergeben haben. Ich spreche konkret dasThema Weiterverwendungsgesetz an. Meines Erach-tens hat ein Staat, der von seinen Soldatinnen und Solda-ten verlangt, derartig riskante und auch lebensbedrohli-che Einsätze durchzuführen, auch die Verpflichtung,dafür Sorge zu tragen, dass die Betreffenden dann, wennsie sich beispielsweise eine erhebliche Verletzung zuge-zogen haben, sie jedoch später gesundheitlich so wieder-hergestellt sind, dass sie einer Beschäftigung nachgehenkönnen, einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung habenund nicht nur als Versorgungsfälle abgeschoben werden.Auch dies wollen wir entsprechend umsetzen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir habenim Weißbuch beschlossen, dass wir die Bundeswehrauch weiterhin als Wehrpflichtarmee entwickeln. Des-halb bin ich dankbar, dass die Regierungsfraktionen be-schlossen haben, den Wehrsold um 2 Euro zu erhöhen.dmwddtWtpFdf8GgwduDpsgKpdRdffSatrAdsBAdtGHgFbt
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zusammen-assend sagen: In den unterschiedlichen Einsätzen – sei esür den Frieden in verschiedensten Ländern, sei es zumchutz Deutschlands, den sie unmittelbar ausüben, sei esuch in anderem Zusammenhang – zeigen unsere Solda-innen und Soldaten eine hohe Einsatz- und Leistungsbe-eitschaft. Sie werden, wie wir gerade wieder bei denuslandseinsätzen feststellen konnten, im Auslandurch die Art und Weise, in der sie auftreten, den Grund-ätzen der inneren Führung gerecht, die ein Merkmal derundeswehr darstellt: Dadurch, dass sie unsere Werte imusland vermitteln, tragen sie zum Ansehen der Bun-esrepublik Deutschland bei. Sie haben meines Erach-ens sowohl unseren Dank als auch die finanziellerundlage durch diesen von uns zu beschließendenaushalt verdient, damit sie auch in Zukunft ihre Auf-abe erfüllen können – im Interesse von Frieden undreiheit und im Interesse der Sicherheit der Bundesrepu-lik Deutschland.Besten Dank.
Die nächste Rednerin ist Elke Hoff für die FDP-Frak-ion.
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen undKollegen! Herr Minister, Sie haben sehr eindrucksvolldas zahlreiche Engagement der deutschen Soldatinnenund Soldaten im Ausland dargestellt. Es lässt sich inzwi-schen aber nicht mehr leugnen: Die materielle und finan-zielle Ausstattung der Bundeswehr beeinträchtigt zuneh-mend die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr. In wichtigenBereichen – ich denke hier insbesondere an den Bereichdes Lufttransportes – ist die außenpolitische Handlungs-fähigkeit der Bundesrepublik Deutschland durch dienicht mehr zu leugnenden Ausrüstungsdefizite immerweiter eingeschränkt. Der Fahrplan der Transformationist aus dem Ruder gelaufen. Die Unzufriedenheit in derBundeswehr nimmt dramatisch zu.Trotz einer Erhöhung des Verteidigungsetats um920 Millionen Euro haben Sie, Herr Minister, keinenEuro für die dringend notwendige Sanierung der Kaser-nen und für wichtige Ausrüstung übrig, obwohl diese imEinsatz über Leben und Gesundheit unserer Soldatenentscheiden kann. Um Ihren entschiedenen Widerspruchgleich vorwegzunehmen: Ja, wir haben registriert – Siehaben es eben auch ausgeführt –, dass Sie 116 MillionenEuro für das Programm „Sanierung der Kasernen West“in den Haushaltsentwurf eingestellt haben. Aber Ihr Mi-nisterium hat erst vor wenigen Wochen eingestanden,dass alleine im Jahr 2007 rund 1,4 Milliarden Euro fürInstandsetzung und Investitionen in Liegenschaften derBundeswehr fehlen. Daher ist Ihr Programm mit demVolumen, das Sie eben vorgetragen haben, nicht einmalein Tropfen auf den heißen Stein.
Alleine 300 Millionen Euro aus dem Verteidigungs-haushalt kommen durch die erhöhte MehrwertsteuerIhrem Kabinettskollegen Steinbrück zugute. Ihre Pro-gnose, dass die Kosten für die Auslandseinsätze sinkenwerden, ist ebenso an den Haaren herbeigezogen wie dieAnnahme, dass man weniger Mittel für weitere Beschaf-fung über den einsatzbedingten Sofortbedarf hinausbenötigen werde. Die Bundesregierung ist doch längstdazu übergegangen, wichtige Beschaffungsvorhaben zu-nächst in Minimalstückzahlen zu realisieren, um späterden tatsächlichen Bedarf über das Instrument des kurz-fristigen und einsatzbedingten Sofortbedarfs zu decken.Insofern stellen Ihre Prognosen eine Milchmädchenrech-nung dar. Außerdem fressen die notwendigen Maßnah-men zum Materialerhalt mögliche Spielräume auf, die inder Vergangenheit nahezu ausschließlich durch Perso-nalabbau erzielt werden konnten. In diesem Bereich sinddie Einsparpotenziale aber weitgehend ausgeschöpft.Herr Minister, es reicht auch nicht aus, wenn Sie im-mer wieder vortragen, dass Sie die Kosten für den Be-trieb weiter reduzieren und die Ausgaben für Investitio-nen steigern werden. Das erreichen Sie möglicherweiseauf dem Papier, weil die Haushaltsabteilung Ihres Hau-ses die Ausgabenbereiche Materialerhalt, Betrieb undBetreiberverträge voll umfänglich dem Bereich „Militä-rische Beschaffungen“ zuschlägt. Damit schaffen Siesich zwar ein Rüstungsplus von 600 Millionen Euro,aber mit Haushaltsklarheit und mit HaushaltswahrheithhatdsAMstnddEzwFsRskEdrzgdtDvsPrhnbasfddnTdMsWeibdVs
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Mit dem halbgaren Antrag, den die SPD auf ihrem Par-teitag beschließen wird, eine sogenannte freiwilligeDdeD2pdHwdb–wgfdmsDibbVsrhdetEdMdEtWiT
ie FDP-Bundestagsfraktion beantragt seit dem Jahr000 alljährlich im Deutschen Bundestag, die Wehr-flicht auszusetzen,
a sie sicherheitspolitisch nicht mehr zu begründen ist.ier im Hause hat nur noch die CDU/CSU-Fraktion et-as gegen die Aussetzung der Wehrpflicht, für die je-och nur ein einfacher Mehrheitsbeschluss im Parlamentenötigt wird.
Sie sagen, wir hätten es nicht verstanden. Es ist auchirklich sehr kompliziert, das nachzuvollziehen. Deswe-en hoffe ich, dass nach Ihrem Parteitag Aufklärung er-olgt.
Wir fordern deshalb die Bundesregierung auf, endlichen Weg für eine zukunftsfähige Bundeswehr freizu-achen. Diese muss dann aber so attraktiv sein, dassich diejenigen qualifizierten jungen Menschen für einenienst in der Bundeswehr gewinnen lassen, die für diemmer schwieriger werdenden Aufgaben tatsächlichenötigt werden. Stehen Sie weder einer neuen Lauf-ahnregelung, die die bestehenden Beförderungs- underwendungsstaus ausschließt, noch einem eigenen Be-oldungsrecht, das die Besonderheiten des Soldatenbe-ufs berücksichtigt, länger im Wege!Herr Minister, ich finde es gut, dass Sie hier die Erhö-ung des Wehrsolds als besonderes Verdienst der Bun-esregierung hervorgehoben haben. Die Erhöhung istine alte FDP-Forderung, die wir seit vielen Jahren pos-ulieren.
ndlich haben wir es geschafft,
urch eine Erhöhung um 2 Euro pro Tag ein gewissesindestmaß an Attraktivität zu erzielen.Auch das Weiterverwendungsgesetz haben wir voner FDP immer unterstützt.
s war eine lange und schwierige Geburt; aber wir sindrotzdem froh, dass dieses wichtige Gesetz jetzt auf demeg ist.Herr Minister, Ihre Politik verliert in der Bundeswehrmmer mehr an Rückhalt. Die Stimmung, mit der ich beiruppenbesuchen konfrontiert werde, ist ernüchternd.
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Elke HoffBeleg dafür sind auch die Ergebnisse der Umfrage desDeutschen Bundeswehrverbandes zur Berufszufrieden-heit in der Bundeswehr. Die Angehörigen der Bundes-wehr fühlen sich oft nicht mehr mitgenommen, wenn esum die Veränderungsprozesse in der Bundeswehr geht.Auf großen Unmut stößt zu Recht auch, dass der zu-ständige Minister die Augen vor den offensichtlichenMissständen verschließt. Ich denke hier insbesondere anden Sanitätsdienst der Bundeswehr. Immer noch zu leug-nen, dass der Sanitätsdienst hinsichtlich seiner Ausrüs-tung sowie der Personalausstattung nur bedingt einsatz-fähig ist, löst bei den Betroffenen nur noch Kopfschüttelnaus. Sie handeln getreu dem Motto: Weil nicht sein kann,was nicht sein darf.Der Begriff der Transformation ist in weiten Teilender Bundeswehr inzwischen zum Reizwort gewordenoder ruft allenfalls ein müdes Lächeln hervor. Sie formu-lieren zwar immer wieder konkrete Ziele der Transfor-mation; aber wenn Sie Gewissheit haben, dass diesenicht zu erreichen sind, passen Sie Ihre Ziele an den er-reichten Stand an und schieben die Begründung hinter-her, dass die Transformation doch ein dynamischer Pro-zess sei. Das ist in meinen Augen nichts anderes alsBeliebigkeit.
Herr Minister, den unseligen Dreiklang „unzufrieden,unmotiviert und schlecht ausgerüstet“ können Sie nichtmit Schönheitsreparaturen wie jenen, die Sie gerade inIhrer Rede angeführt haben, beseitigen. Sie benötigenendlich einen deutlichen Kurswechsel in Ihrer Politik.Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Für die SPD-Fraktion spricht jetzt die Kollegin Ulrike
Merten.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!In dieser Debatte ist schon mehrfach auf die Einsatzrea-lität unserer Bundeswehr hingewiesen worden. Wir bli-cken inzwischen auf 15 Jahre Einsatzerfahrung unsererStreitkräfte zurück. Das heißt, seit eineinhalb Jahrzehn-ten gibt es ein Bemühen und ein Ringen darum, die Ein-satzrealität nicht immer wieder nur zu beschreiben, son-dern sie auch im Haushalt wirklich abzubilden.Seit mehr als eineinhalb Jahrzehnten dauert der nichtzuletzt durch die deutsche Einheit bedingte Reformpro-zess an; er ist noch lange nicht zu Ende. Der Reformpro-zess erfordert von den zivilen Mitarbeitern und denSoldatinnen und Soldaten ständige Veränderungsbereit-schaft. Dieser Umgestaltungsprozess ist für alle Be-schäftigten der Bundeswehr mit großen Belastungen ver-bunden. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, ihnen zudanken und sie unserer breiten parlamentarischen Unter-stützung ihrer Arbeit, nicht zuletzt in den Einsätzen, zuversichern.zdsfdlsdA6dfnEtfMBikhABdsdbwsszdkbdkllvuzugdrwlSlSAD
Wenn wir den vorgelegten Einzelplan 14 mit den Ein-elplänen der vergangenen Jahre vergleichen, sehen wir,ass zwar der Anteil der Investitionen am Plafondteigt, aber nur in sehr geringem Maße. Das bleibt unbe-riedigend; das ist überhaupt keine Frage. Hinzu kommt,ass der Großteil der Investitionen sehr langfristig ange-egt ist, wodurch der Spielraum für kurzfristige planeri-che Vorhaben oder für Reaktionen auf veränderte Be-arfe praktisch gegen null geht. Parallel dazu sinkt dernsatz für die einsatzbezogenen Zusatzaufgaben von42 Millionen Euro auf 600 Millionen Euro in 2008.Sicherlich kommt bei der Verringerung zum Tragen,ass sich der Verteidigungshaushalt parallel zum Trans-ormationsstand der Bundeswehr doch zunehmend zu ei-em „Einsatzhaushalt“ entwickelt hat, in dem die für dieinsätze erforderlichen Mittel für die personelle und ma-erielle Befähigung zunehmend aus den originären Titelninanziert werden. Doch ich hoffe, dass sich diese beidenomente nicht gegenseitig verstärken, wenn drängendeeschaffungen größeren Umfangs anstehen. Dabei setzech vor allem auf die sehr weit gehende Deckungsfähig-eit im Titel der einsatzbedingten Sofortbeschaffungen.Es ist oft, nicht zuletzt vom Generalinspekteur, daraufingewiesen worden, dass es einer noch konsequenterenusrichtung auf die Einsätze bedarf, wenn es umeschaffungen geht. Hierbei muss der Schutz der Sol-aten und Soldatinnen ganz oben auf der Prioritätenlistetehen. Es ist gut, dass der GTK Boxer im Zulauf ist undass die Produktion einer größeren Anzahl von Dingo 2ewilligt ist. Ich rege aber an, darüber nachzudenken,ie die Versorgung mit geschützten Fahrzeugen nochtärker optimiert werden kann. Nach meinem Kenntnis-tand wird nicht nur der Dingo in Boxbauweise produ-iert. Das bedeutet relativ wenige Stückzahlen pro Jahrieser bewährten Fahrzeuge. Durch höhere Abnahmenönnte eine Umstellung auf die Produktion am Fließ-and erfolgen. Auf diese Weise würden die Zulaufzeiteneutlich verkürzt. Im Übrigen hätte das auch Auswir-ungen auf die Preisgestaltung.Zum anderen hat sich angesichts der infrastrukturel-en und geografischen Gegebenheiten und für die Erfül-ung verschiedener Aufgaben der mit unseren zurzeitorhandenen Transportkapazitäten sehr gut verlegbarend weniger schwere Typ Wolf bewährt. Diese Fahr-euge besitzen ein eher geringes Schutzniveau, wurdennd werden jedoch bereits in verschiedenen Stufen nach-erüstet. Ich begrüße die Anstrengungen des BWB,iese Umrüstungen zu vollziehen und noch schneller vo-anzutreiben. Sollte der Bedarf dennoch nicht gedeckterden können, wären weitere Überlegungen anzustel-en, wie der Zulauf intensiviert werden könnte.Liebe Kolleginnen und Kollegen, noch ein Wort zumchutz und Ausbau von Feldlagern. Besonders natür-ich in Afghanistan ist es nötig, sowohl den passivenchutz als auch den aktiven Schutz über Aufklärung undbwehr schnell und wirkungsvoll weiter zu verbessern.er für den Frühling 2008 angekündigte Zulauf des
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Ulrike MertenFlugabwehrsystems Skyshield wird dringend erwartetund darf sich als ein wichtiges Element des aktiven La-gerschutzes nicht verzögern.In diesem Zusammenhang möchte ich das Thema Un-terbringung nicht vergessen. Mein Kollege Kahrs wirddarauf noch näher eingehen, aber ich erinnere in diesemZusammenhang daran, dass es der Wehrbeauftragte ge-wesen ist, der auf den enormen Bedarf an Reparatur hin-gewiesen hat, nicht zuletzt auch im Hinblick auf eine at-traktiv bleibende Bundeswehr. Mir geht es an dieserStelle jedoch eher um die Unterbringung im Einsatz inunseren Feldlagern, wo ich Nachbesserungs- und auchErweiterungsbedarf sehe.Sehr erfahren sind wir inzwischen mit länger dauern-den Missionen. Das Camp Marmal in Mazar-e-Sharifoder das Camp Warehouse in Kabul sind Beispiele fürzweckmäßige und sichere Unterbringung. Mit der EU-FOR-Mission Kongo haben wir erstmals auch Erfahrun-gen mit dem Bedarf an Unterkünften in Kurzzeiteinsät-zen gesammelt. Erstmals wurde das Feldlagersystemöffentlich und europaweit ausgeschrieben. Das heißt, mitder Unterbringung, mit der Verpflegung und mit denServiceleistungen für alle im Kongo und in Gabun ein-gesetzten EUFOR-Truppen war ein ziviles Dienstleis-tungsunternehmen betraut. Dabei ist es – auch das hatder Wehrbeauftragte von einer Reise als Informationmitgebracht – vor allem in den Anfangswochen zu vie-len Reibungsverlusten gekommen, weil das Unterneh-men noch über keine Erfahrungen verfügte und weil dieVersorgungslage vor Ort anders eingeschätzt wurde. DerVollständigkeit halber weise ich aber auch darauf hin,dass es in Afghanistan ebenfalls Anfangsschwierigkeitengegeben hat. Das ist keine Besonderheit des Einsatzesim Kongo.Warum führe ich den Punkt Feldlager aus? Auch hierkommen wir an der Definition „Armee im Einsatz“ nichtvorbei. Wir sollten uns möglichst kurzfristig umfassendeKonzepte für unsere Soldaten – Unterbringung, bauli-cher und militärischer Schutz, Lagebild, Selbstverteidi-gung, Versorgung, Klima usw. – in kurz und länger dau-ernden Einsätzen ohne regionale Begrenzung überlegenund abrufbare Vorsorge treffen. Ich hege große Sympa-thie für ein eigenes Bausteinfeldlagersystem. Ich weißaber auch, dass wir aus personellen Erwägungen herausmittelfristig auf die Unterstützung erfahrener zivilerDienstleister nicht verzichten können. Ich meine, dassunsere Erfahrungen im Kongo uns nicht dazu bringendürfen, einseitige Annahmen für die Zukunft zu impli-zieren.Manchmal sind es aber auch taugliche Kleinigkeiten,die die Stimmung und damit die Motivation verbessernund so große Wirkung entfalten können. Dazu gehörenzum Beispiel im Einsatz die standardmäßige Ausstattungmit Pistolenhalftern, eine neue Generation von Schutz-westen, die es erlaubt, sich bei Patrouillengängendeutlich besser bewegen zu können, eine stärkere Einbe-ziehung von mit Sicherheitssoftware ausgestatteten undinzwischen vor Ort schon gängigen Handys für dieKommunikation.dDRsnddkursrpgstmwupssKfzdSnnbwmAhbnhdSrdw
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Der Rüstungsetat wird um circa 920 Millionen Euroerhöht, das heißt, es wird kräftig draufgesattelt. Es passtdoch nicht zusammen, wenn man draußen für Abrüstungwirbt und hier drinnen bei den Finanzmitteln kräftigdraufsattelt.
920 Millionen Euro mehr bei gleichzeitig um 670 Mil-lionen Euro sinkenden Personal- und Betriebsausgaben;das heißt, es wird kräftig investiert. Wir kriegen jetztschöne, neue Flugzeuge, den A400M und den Eurofigh-ter. Das ist aber noch längst nicht das Ende der Fahnen-stange. Es folgen die schönen, neuen Kriegsschiffe. Des-halb ist es konsequent, noch viel mehr zu fordern. Eineentsprechende Steigerung ist im Haushalt eingeplant.Für mich ist interessant, dass Sie die öffentlichen Inves-titionen zwar insgesamt gesehen auf einen historischenTiefstand gefahren haben, aber just in diesem Bereich in-vestieren. Das kann doch nicht wahr sein.
Ein weiterer Punkt muss an dieser Stelle genannt wer-den. Die vertraglichen Verpflichtungen belaufen sichderzeit auf 51 Milliarden Euro. Durch diese gewaltigeSumme, durch diese Verpflichtungsermächtigungen istder Verteidigungshaushalt im Grunde auf Jahre hinausverpfändet und die parlamentarisch-demokratischen Ge-staltungsspielräume gehen gegen null. Ich finde, das istnicht akzeptabel.
Man könnte es so formulieren – auch wenn das sehrzugespitzt klingt –: Die Streitkräfte sind auf Expan-sionskurs, und zwar sowohl bezogen auf die Ausgabenals auch bezogen auf die Aufgaben. Die Expansion hatmit der Entgrenzung des Verteidigungsbegriffs angefan-gen. Die Verteidigung beginnt nicht mehr in Hindelang,sondern am Hindukusch. Die Entgrenzung geht jetztaber noch viel weiter. Man kann von einer EntgrenzungdskwaJpegRlrAsbdskdbRwafrüzseEAunewWcvtAgmT
Schauen wir uns die Aufgaben an: globaler Krieg ge-en den Terror, weltumspannende Sicherung unsererohstoffe und Ressourcen – in Klammern: die Formu-ierung „unsere Rohstoffe und Ressourcen“ ist verräte-isch und bringt die ganze westliche Arroganz zumusdruck –,
ogenannte gescheiterte Staaten auf den rechten Wegringen – Afghanistan und andere Länder –, die Grenzener Wohlstandsfestungen gegen Armutsflüchtlingeicher machen; auch das ist heute im Katalog der Streit-räfte enthalten. Das ist der abgesteckte Rahmen, undem dient die Transformation der Bundeswehr.Es ist natürlich nicht zu bestreiten, dass diese extrareite Auftragsdefinition an die Analyse weltpolitischerisiken anknüpft und dass auf die offenen Fragen Ant-orten gefunden werden müssen. Ihre Antworten sindber grundfalsch. Ich will nur drei Beispiele herausgrei-en.Gegen die dramatische Verknappung der Energie-essourcen bei stark steigender Nachfrage – wir redenber Öl und Gas – helfen keine militärischen Planspieleur Sicherung der weltweiten Transportwege, zum Bei-piel zur Überwachung von Pipelines. Hier helfen erneu-rbare Energien, verbesserte Energieeffizienz undnergiesparen. Wir brauchen die Energiewende.
ußerdem brauchen wir eine kooperative Außenpolitik,m die Ressourcen gerecht verteilen zu können. Es passticht zusammen, wenn der Außenminister einerseits fürine Energie-KSZE, also für einen kooperativen Ansatzirbt, und der Verteidigungsminister andererseits – sieheeißbuch – die deutsche Marine um den Globus schi-ken will, um die Transportwege militärisch zu sichern.
Gegen die Gefahr der Weiterverbreitung von Massen-ernichtungswaffen helfen keine Raketenabwehrsys-eme, sondern nur die Verschrottung der vorhandenentomwaffen und eine Politik, die die aufstrebenden Re-ionalmächte ernst nimmt. Das bedeutet: Auch bei unsüssen Atomwaffen abgezogen und muss die nukleareeilhabe beendet werden.
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Paul Schäfer
Gegen die Gefahren des Terrorismus hilft kein Ein-satz militärischer Gewalt. Man muss vielmehr die Ver-hältnisse ändern, aus denen Terroristen immer wiederihre scheinbare Legitimation ziehen und die ihnen im-mer wieder neue Anhänger zutreiben. Das hat nicht zu-letzt der Militäreinsatz in Afghanistan gezeigt. Deshalbsind wir dafür, das militärische Engagement dort zubeenden. Wir wollen, dass der Truppenabzug eingeleitetund die zivilorientierte Aufbauhilfe deutlich verstärktwird.
Es ist gut, wenn viele Menschen das am Samstag auf derStraße kundtun.Wir bleiben dabei: Der Wehretat ist entschieden über-dimensioniert.
Das Geld wird an der falschen Stelle ausgegeben.
Es geht in die überambitionierten Beschaffungsprojektestatt an die Soldatinnen und Soldaten, die in den letztenJahren zum Teil erhebliche Einbußen hinnehmen muss-ten. Das schrecklich späte Programm „Sanierung Kaser-nen West“ wird hinten und vorne nicht ausreichen. Da-von bin ich überzeugt.Das Geld wird für falsche Zwecke verwandt. Stattsich auf Verteidigung und die Stärkung der UNO zu kon-zentrieren, orientiert sich die Regierung auf überlebteund zudem gefährliche globale Machtpolitik. Wir dage-gen wollen Mittel einsparen – bei Militärinterventionen,bei den Großprojekten – und diese Summen in mehrEntwicklungszusammenarbeit und in die längerfristigeUmstellung vom Militärischen zum Zivilen stecken.
Aktive Abrüstungspolitik ist richtig. Das wäre zu-kunftsorientiert. Ihr Haushalt ist es nicht.
Für Bündnis 90/Die Grünen erteile ich jetzt das Wort
dem Kollegen Alex Bonde.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Ich muss zu Beginn kurz auf Afghanistan zu sprechenkommen. Denn, Kollege Schäfer, Ihren Ansatz für dieLösung der Situation in Afghanistan konnte ich nichtnachvollziehen. Es klingt so, als wollten Sie Ihre hessi-sche Lösung vorschlagen: So lange wählen, bis dasErgebnis passt. Aber Außen- und Sicherheitspolitikfunktioniert anders als die Schauspiele, die Sie innerpar-teilich veranstalten.BwdsHJgrWehGnsuVZsmgeLMagr„uabbadwghgtMBdPvFbbvS
Natürlich teilen wir an vielen Stellen Ihre skeptischenemerkungen. Aber am Ende muss man in einer verant-ortlichen Außen- und Sicherheitspolitik eine Linie fin-en, die tatsächlich Lösungen für die Probleme, die sichtellen, bietet. An dieser Stelle – wir sprechen hier ja zuralbzeitbilanz des Verteidigungsministers nach zweiahren – ist einiges in die Richtung der Regierung zu sa-en.Wir erleben den Verteidigungsminister seit zwei Jah-en als eine Art menschgewordene Durchhalteparole.ir haben hier einen Einzelplan, der in Zahlen gegosseninen Stillstand in vielen Bereichen dokumentiert. Wiraben in den Haushaltsverhandlungen erlebt, dass mehreld nicht immer bedeutet, dass der Reformeifer zu-immt, und dass für diese Koalition zwischen der Bereit-chaft, bestehende Probleme zielführend zu analysieren,nd der Bereitschaft, im Sinne der Effizienz tatsächlicheränderungen herbeizuführen, in sich kein logischerusammenhang besteht. Das erleben wir auch bei die-em Einzelplan. Wir erleben, dass 918 Millionen Euroehr in den Einzelplan 14 des Verteidigungsministersesteckt werden. Aber an den entscheidenden Punktenrgeben sich keine Veränderungen.Der Stillstand beginnt bei der Frage der politischeninie. Damit bin ich wieder bei Afghanistan, wo derinister mit großem Beharrungsvermögen Problemeussitzt, die es aufgrund der dramatischen Veränderun-en der Situation in Afghanistan gibt, wo die Bundes-egierung nicht bereit ist, zu erkennen, dass das MandatEnduring Freedom“ inzwischen kontraproduktiv wirktnd dass nach der Ausdehnung von ISAF auf Gesamt-fghanistan die nicht in den Wiederaufbauprozess einge-undene Antiterrormission mehr Widerstand schürt alsekämpft.
Die politische Schwäche der Bundesregierung wirduch bei der Frage, wie wir einen Strategiewechsel beien Partnern einfordern, deutlich, wenn ich mir ansehe,ie die Führungsstruktur von ISAF aussieht. Die heraus-ehobene Funktion Deutschlands im Stab von ISAF ge-ört bald der Vergangenheit an. Der Minister hat einenlorreichen Coup gelandet, indem Deutschland zukünf-ig den Pressesprecher von ISAF stellt. Jetzt mag derinister es für richtig halten – so hat er es bisher bei derundeswehr getan –, lieber die Presse zu bedienen alsie Bundeswehr zu führen, aber in Afghanistan wirdressearbeit nicht ausreichen, um dem Land eine sinn-olle Perspektive zu geben.
Ähnliche Betonköpfigkeit zeigen Sie aktuell in derrage des Bombenabwurfplatzes in Wittstock. Sie ha-en sich vor Gericht eine blutige Nase geholt. Sie habenisher eine halbe Million Euro in Gerichtsverfahren in-estiert. Anstatt der Bevölkerung jetzt die notwendigenignale für eine wirtschaftliche Perspektive, zum Bei-
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Alexander Bondespiel für Tourismus in der Region, zu geben, haben Sieschon angekündigt, dass auch hier gilt: Durchhalten,koste es, was es wolle. Die nächste juristische Instanz istzuständig, Sie in Ihrem Drängen aufzuhalten.
Was die Bundeswehrstruktur angeht, kommt nichtsvoran. Interessant war, dass in diesem Sommer auch ausder SPD sehr harsche Kritik an der Struktur der Verwal-tung der Bundeswehr und am Bundesamt für Wehrtech-nik und Beschaffung geäußert wurde. Daran wurde deut-lich, dass Sie die Reformen Ihres Vorgängers in diesenBereichen, wenn überhaupt, nur mit gequälter Mienedurchführen. Etwas Neues gibt es bei Ihnen nicht. Alleswird so betrieben wie bisher. Insofern haben die918 Millionen Euro, um die dieser Etat aufgestockt wird,einen faden Beigeschmack. Um es Ihnen als Winzersohnnoch deutlicher zu sagen: Ihr Wein korkt ordentlich,Herr Minister.
Die Bundeswehr ist aufgrund ihrer Struktur für dieErfüllung der Aufgabe, die sie hat, nicht fit. Ihre Auf-gabe, eine Armee im Einsatz zu sein, wird in der Reali-tät nicht in der Struktur der Bundeswehr abgebildet. Ins-gesamt gibt es knapp 250 000 Soldatinnen und Soldaten.Sie haben auf unsere Anfrage geantwortet, dass ungefähr23 Prozent von ihnen bisher tatsächlich in Auslandsein-sätzen waren; davon gehören gerade einmal 2 Prozentzum Zivilpersonal.Auch wenn eine Bundeswehr im Einsatz viele Men-schen braucht, die in der Heimat arbeiten und sie vondort aus unterstützen, ist klar, dass die Bürgerinnen undBürger die Frage stellen: Wenn die Kernaufgabe derBundeswehr von heute die Stabilisierung im Auftrag derUN ist, was machen dann die 77 Prozent der Soldatinnenund Soldaten, die mit dieser Aufgabe offensichtlichnichts zu tun haben, die Steuerzahlerinnen und Steuer-zahler aber einen Großteil der Mittel dieses Einzelplaneskosten?
Damit sind wir bei der Wehrpflicht. In diese Debatteist ein wenig Wind gekommen, als die SPD versucht hat,die beiden unvereinbaren Pole der „freiwilligen Wehr-pflicht“ zusammenzuführen. Insofern besteht dieserWind eher in einem windigen Konzept.
Nichtsdestotrotz nehmen wir diesen Debattenanstoßdankbar an. Das strukturelle Problem lösen Sie mit Ih-rem Konzept allerdings nicht. Es besteht darin, dassdurch die Wehrpflicht in erheblichem Umfang Ressour-cen gebunden werden, Großteile der Infrastruktur unddes Materials darauf ausgerichtet werden müssen und inder Ausbildung massiv Personal gebunden wird.Genau das sind die Punkte, über die wir eigentlichsprechen müssten, wenn wir den Steuerzahlerinnen undSdtlsatdESwddbtuPdtdwzEgEpthdtswbwgArAegkHs
Was die Rüstungsbeschaffung angeht, ist die Situa-ion noch schlimmer; die Kollegin Hoff hat das sehreutlich angesprochen. Von Bundeswehrsoldaten, die ininsätzen sind, bekommt man auf die Frage, wie dieituation im Hinblick auf ihre Ausrüstung ist, die Ant-ort: Ganz ehrlich, die Abteilung Rüstung/Nutzung undas BWB machen doch nur Industriepolitik. Daran wirdeutlich, in welcher Situation wir inzwischen sind. Sieeschaffen nach dem Produktkatalog der Rüstungsindus-rie, Sie gehen dabei nach dem Gießkannenprinzip vor,nd Sie beschaffen manchmal zum denkbar höchstenreis.Kurz vor dem Sommer dieses Jahres haben Sie nochie Fregatte 125 durchgewinkt. Sehen wir uns die Situa-ion an: kein Wettbewerb, Abnahmegarantie gegenüberen Werften und letztlich ein Preis, der dreimal so hoch istie der, den unsere Verbündeten für vergleichbare Schiffeahlen. Angesichts eines Stückpreises von 656 Millionenuro muss man sich wirklich fragen: Geht es Ihnen ei-entlich noch um die Ausrüstung der Bundeswehr zurrledigung der Aufträge, die sich heute in sicherheits-olitischer Hinsicht stellen, oder sind Sie der stellvertre-ende Wirtschaftsminister der Bundesregierung?
Dieser Eindruck wird dadurch erhärtet, dass Ihre bis-erigen Reisen oft genug Handlungsreisen im Interesseer Rüstungsindustrie waren. Die Exportrate im Rüs-ungsbereich hat sich verdoppelt. Sie hatten, was kriti-che Länder angeht, eine geringe Hemmschwelle. Sieollen Eurofighter nach Indien und U-Boote ins insta-ile Pakistan liefern.
Herr Jung, das Bild, das wir von Ihnen bekommen,ird immer deutlicher. Aber es passt nicht zur Ankündi-ung von Außenminister Steinmeier, dass das Themabrüstung wieder ins Zentrum der Politik der Bundes-egierung rückt. Es passt nicht zusammen, dass derußenminister herumreist, um sich für die Abrüstunginzusetzen, und dass Sie herumreisen, um dafür zu sor-en, dass genau das geliefert wird, was man abrüstenönnte.
ier muss sich die Regierung irgendwann einmal ent-cheiden.
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Alexander BondeZurück zur Beschaffung. Beim Einsatzgruppenver-sorger droht angesichts der monopolartigen Werftenkon-sortien, die Sie hier ins Spiel bringen, ein ähnlichesPreisdesaster. Beim Thema Eurofighter fehlt Ihnen derMut, endlich Verhandlungen über die dritte Tranche auf-zunehmen. Deutschland ist wieder einmal die einzigeNation, die sich von der EADS willfährig über den Tischziehen lässt.Wirklich eng wird es in Bezug auf geschütztenTransportraum. Wann haben Sie schon einmal die Si-tuation, dass es im Haushaltsausschuss relativ breit, überalle fast Fraktionen hinweg eine Initiative gibt, bei dergefragt wird, ob wir nicht mehr für den Schutz unsererSoldatinnen und Soldaten in gefährlichen Einsätzen– wie bei der Stabilisierung in Afghanistan – tun kön-nen. Die Antwort Ihres Hauses ist: Das haben wir alles,und das, was wir nicht haben, wird schon kommen,macht euch keine Sorgen, alles ist da. Die Realität in denEinsatzländern ist eine andere. Wenn Sie mit den Solda-tinnen und Soldaten sprechen, wenn einmal keine Pres-seoffiziere danebenstehen, dann werden Sie hören, dassdas nicht der Fall ist. Sie müssen endlich anfangen, Prio-ritäten bei der Ausgabe des Geldes zu setzen, und Siemüssen akzeptieren, dass die Einsätze heute andere sind,als es früher der Fall war.Im Transportbereich gibt es eine andere Fähigkeits-lücke. Der A400M entwickelt sich immer mehr zu einerlahmen Ente, die nicht vom Boden wegkommt. WennSie uns heute erzählen, dass es Ihrer Ansicht nach keineVerzögerungen in der Auslieferung geben werde, dannkann ich Ihnen nach oben hin offene Wetten darauf an-bieten, dass das natürlich der Fall sein wird.Was die Nachfolgedebatte über den Transporthub-schrauber CH-53 angeht – den Lastesel in allen humani-tären Missionen, zum Beispiel bei der Erdbebenhilfe inPakistan, aber auch bei Einsätzen der Bundeswehr wie inAfghanistan –, möchte ich nicht wissen, was dabei amEnde wieder herauskommt. Auch da sind Sie wieder imBegriff, etwas in den Sand zu setzen.Zum Einsatz der Bundeswehr im Inneren mussman sich auch noch einmal kurz die Bilanz Ihres Hausesin Erinnerung rufen. Wir haben beim G-8-Gipfel erlebt,dass die mecklenburgische Polizei vorübergehend dieBefehlsgewalt der Luftwaffe übernommen hat. PerHandy hat die Polizei vor Ort Einsätze dirigiert, und derBundesverteidigungsminister wusste nicht, was die ei-gene Luftwaffe macht, denn er war in Indien und Pakis-tan im Zusammenhang mit besagten Rüstungsdeals un-terwegs. Aber es wird immer offenkundiger, was inentscheidenden Fragen – im genannten Beispiel handeltees sich um eine Frage, die Sie selbst zu einer entschei-denden erklärt haben – geschehen ist. Sie haben diehalbe Luftwaffe wegen potenzieller Terrorgefahr beimG-8-Gipfel in Mobilität versetzt. Aber Sie wussten of-fensichtlich nicht, was passiert, weil Sie im Ausland wa-ren. Da frage ich mich schon: Haben Sie den Laden ei-gentlich im Griff?Abschließend möchte ich sagen, dass Sie viele Bau-stellen haben, mit denen Ihr Haus fertig werden mussund bei denen Sie aufhören müssen zu glauben, mankfspddEFheEwsldrucaCMiRaMMTeskiuHIEgEeda
In diesen Tagen wird aus aktuellem Anlass vielfältign die Geschehnisse des 11. September 2001 erinnert.änner und Frauen – nicht nur US-Staatsbürger, sicherenschen aller Glaubensrichtungen – fanden dabei denod, auch Deutsche. Mehrfach haben sich ähnliche Er-ignisse in Europa wiederholt. Erinnert sei an die An-chläge von Madrid und London. Vor wenigen Tagenonnten unsere Sicherheitsbehörden geplante Anschlägen Deutschland erfolgreich verhindern. Über Ursachennd Hintergründe solchen für uns unzivilisatorischenandelns gibt es viele Analysen und Interpretationen.ch will das nicht vertiefen. Aber eines ist wichtig: Dieseinsätze bestimmen seither wesentlich unser verteidi-ungspolitisches Handeln. Nicht erst seit dem Fall desisernen Vorhangs und nicht erst seit dem Ausbruch derthnischen Konflikte auf dem Balkan, sondern seit eben-ieser letztgenannten Zeit haben sich die Anforderungenn unsere Streitkräfte verändert.
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Susanne JaffkeGestatten Sie mir deshalb, dass ich mich ganz herz-lich bei all den Soldatinnen und Soldaten bedanke, dieauf dem Balkan, in Afghanistan, am Horn von Afrikaoder vor der Küste Libanons ihren Dienst versehen. Siewissen, dass sie in diesen Regionen der Welt unsere ge-meinsamen Werte – unsere freiheitliche parlamentari-sche Demokratie, basierend auf dem christlichen Men-schenbild – nicht nur verteidigen, sondern dass siezugleich als Botschafter für diese demokratischen Werte,für Toleranz und Anerkennung des Lebens miteinanderim Einsatz sind.
Dafür stehen unsere Soldatinnen und Soldaten ein, dafürüben sie in der Heimat, dafür bringen ihre Familien Ver-ständnis auf. Es lohnt sich, das hier im Parlament immerwieder zu erwähnen. Im Alltagsgeschehen ist das schonein Stück Routine geworden. So werden meine Fernmel-der in Neubrandenburg gerade mit einem Appell zu ih-rem Einsatz auf dem Balkan verabschiedet. Ich bin hier,kann nicht da sein; ich nehme diese Aufgabe an.Auf diese neuen Herausforderungen werden die Bun-deswehrplanungen ausgerichtet. Auf diese Herausforde-rungen sollen die Strukturanpassungen, genannt„Transformation“, zielen, und dem soll auch die auszu-planende und umzusetzende Zielstruktur der zivilen Ver-waltung dienen. Die Beschäftigten brauchen diese Struk-turen, damit sie endlich wissen, wo ihre zukünftigeTätigkeit sein wird.Der Einzelplan 14, den wir hier in erster Lesung bera-ten, soll dem Anspruch gerecht werden, die Investitionenin Sicherheit im Einsatz – verbunden mit optimalenÜbungsmöglichkeiten in der Heimat einerseits und ande-rerseits natürlich mit der Landesverteidigung – zu ge-währleisten. Dass dazu in den letzten Jahren eine Reihevon Beschaffungsvorgängen vorbereitet und auf denWeg gebracht wurden, ist bekannt. Dass der Haushalteng ist, wissen die Insider. Dass es noch einiger Projektedringend bedarf – zum Beispiel des geschützten Trans-portfahrzeugs Puma und des dritten Einsatzgruppenver-sorgers –, ist ebenso bekannt und erklärtes strategischesZiel.In der mittelfristigen Finanzplanung des Wehretats istein Etataufwuchs vorgesehen. Das ist erfreulich, den-noch nicht üppig. Investiven Nachholbedarf gibt esebenso bei der Kasernensanierung West. Die Koalitionwird darauf bei den Etatberatungen besonderes Augen-merk legen. Geplante Ausgabenaufwüchse ergeben sichin dem zu beratenden Etat bei der Modernisierung derIT-Ausstattung – Projekt „Herkules“ – und im Bereichvon Materialerhaltung und -instandsetzung. Sowohlbeim Investitionsvorhaben „Herkules“ als auch bei derErhaltung und Instandsetzung von wehrtechnischemMaterial sollen Auftragsausgestaltung und -vergabe inenger Partnerschaft mit mittelständischen Betrieben or-ganisiert werden. Auch darauf wird die Koalition beson-deres Augenmerk legen.Gestatten Sie mir eine Bemerkung zur Wehrgerech-tigkeit. Ich stehe zur Wehrpflicht. Sie steht im Koali-tdsDEdkawapHlhtptdUswKcrWDfdtpeEaIuunvgHgAgAwts
Jetzt spricht Johannes Kahrs für die SPD-Fraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnennd Kollegen! Der vorliegende Verteidigungshaushaltmfasst 29,3 Milliarden Euro. Das sind 918,5 Millio-en Euro mehr als 2007 und entspricht einer Steigerungon 3,2 Prozent. Trotzdem sinkt der Anteil des Verteidi-ungsetats am Gesamthaushalt. Ein genauer Blick in denaushalt zeigt, dass der Anteil der Personalausgaben ge-enüber dem letzten Haushalt deutlich sinkt, dass derbbau der Zahl der Zivilbeschäftigten planmäßig voran-eht und die Betriebsausgaben gesenkt werden. Dieusgaben für Materialerhalt steigen. Dies ist kritisch,eil teilweise auch neues Gerät mit höheren Be-riebsausgaben verbunden ist als altes. Das betrifft insbe-ondere den Materialhaushalt.
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Johannes KahrsWir alle wissen, dass der gesamte Bereich der Betrei-berverträge anwächst. Frau Hoff hat es bereits erwähnt.Das liegt insbesondere daran, dass das IT-Projekt „Her-kules“ zum ersten Mal in vollem Umfang im Haushaltdotiert ist.Wir kennen die Zahlen. Der Minister ist vielfach kriti-siert worden. Wir alle kennen das Problem: Der Etat ist,wie er ist. Die Bundeswehr hat Probleme. Diese Koali-tion versucht aber, Schwerpunkte zu setzen, um dieseProbleme zu beheben. Das wird man nicht sofort hinbe-kommen, aber wir verfolgen eine gute Linie. Der Vertei-digungsetat wächst, wie gesagt, um 3 Prozent. Im Gro-ßen und Ganzen wird die Linie von Peter Struckfortgesetzt. An dieser Stelle möchte ich Peer Steinbrückdanken, der es ermöglicht hat, diesen Aufwuchs umzu-setzen.
Wenn man sich mit diesem Haushalt beschäftigt, dannerinnert man sich an mancher Stelle an ein altes Gedichtaus dem Dreißigjährigen Krieg, das folgendermaßen lau-tet:Gott und den Soldaten ehrt manin Zeiten der Not – und nur dann!Denn ist die Not vorüber und die Zeiten gewandelt,wird Gott schnell vergessen und der Soldatschlecht behandelt.Das gilt in Teilen leider auch für die Bundeswehr. Darankönnen das Ministerium und die Koalitionen – wie auchimmer sie aussehen – arbeiten, aber das Problem wirdweiter fortbestehen. Das ergibt sich schon aus der Größeder Bundeswehr, der planwirtschaftlichen Struktur, diewir uns selber auferlegt haben, aus den Verwaltungs-strukturen und den Gesetzen und Vorschriften, die wirselber beschlossen haben und die es uns manchmal un-möglich machen, das zu erreichen, was wir selber wol-len.Für die Bundeswehr sind drei Bereiche besonderswichtig, um zukunftsfähig zu sein und das Personal an-zuwerben, das wir brauchen. Dazu gehören erstens dieBesoldung der Soldaten, zweitens ihre Unterbringung –das hat etwas mit der Infrastruktur zu tun – und drittensdie Ausrüstung. Das alles führt im besten Fall zu einergewissen Berufszufriedenheit, die wiederum zur Folgehat, dass sich Menschen dafür entscheiden, den Berufdes Soldaten zu ergreifen.Die Koalition bemüht sich, in diesen Bereichen etwaszu tun. Die Anhebung des Wehrsoldes um 2 Euro istnicht weltbewegend, aber ein Schritt in die richtigeRichtung. Gleichzeitig wollen wir uns langfristig bei derBesoldung der Soldaten konzeptionell eher an der Bun-despolizei orientieren als an der gegenwärtigen Situationin der Bundeswehr. Otto Schily hat die Bundespolizeihervorragend ausgestattet. Angesichts der Gehaltsstruk-turen kann man nur wünschen, dass sie irgendwann auchauf die Bundeswehr übertragen werden.Strukturveränderungen bei den Beamtenbesoldungen– wie sie zum Beispiel derzeit im Bundesinnenministe-rium geplant werden – dürfen nicht zu Belastungen derMPdbGiimcBvdsdddbsrKfiwzaDfmdtfdmissDsramrsmSwsAMsbI
Schauen wir uns einmal den dritten Bereich an, dieusrüstung. Die Bundeswehr, die Verwaltung und derinister bemühen sich, die Soldaten bestmöglich auszu-tatten. Wir haben zu diesem Zweck einmal den Einsatz-edingten Sofortbedarf geschaffen, ein hervorragendesnstrument, von der Verwaltung aber nicht geliebt, weil
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Johannes Kahrses in großem Maße verwaltungsfrei ist. Die Mittel zurDeckung des Einsatzbedingten Sofortbedarfs wurdenaber in den letzten Jahren zunehmend zurückgefahrenoder teilweise nicht ausgeschöpft. Das liegt unter ande-rem daran, dass die Verwaltung die Vorschriften für denEinsatzbedingten Sofortbedarf verschärft hat mit der Be-gründung, dass man das auch über die normalen Versor-gungswege schaffen könne. Wer im Einsatz war, weiß,dass das nicht geht. Man wird also darüber nachdenkenmüssen, ob es nicht sinnvoll ist, den Mittelansatz zurDeckung des Einsatzbedingten Sofortbedarfs wieder aufdas ursprüngliche Niveau anzuheben und dafür zu sor-gen, dass es in diesem Bereich keine Deckungsfähigkei-ten gibt und die Mittel einzig und allein dafür ausgege-ben werden. Man sollte das Ganze relativ einfachgestalten, damit die Kollegen aus den Ausschüssen,wenn sie im Einsatzgebiet sind, reagieren können, wennes notwendig ist. Unsere eigene Verwaltungsstrukturdarf uns nicht behindern.Wir haben uns jahrzehntelang – wer die Bundeswehrkennt, weiß das – auf den großen vaterländischen Kriegvorbereitet. Er ist nicht gekommen. Nun stimmen dieStrukturen nicht. Wir arbeiten an der von der KolleginJaffke vorbereiteten Transformation. Das ist ausgespro-chen schwierig. Das hängt damit zusammen, dass wirBeschaffungsstrukturen haben, die durch ein Nebenein-ander von zivilem und militärischem Bereich gekenn-zeichnet sind. Man möge sich in diesem Zusammenhangeinmal das Grundgesetz anschauen. Art. 87 b ist in gro-ßen Teilen verzichtbar. Ich würde mich freuen, wenn derMinister das aufgreifen würde. Die SPD hat das schoneinmal gefordert. Im Ergebnis ist es nicht einsichtig, wa-rum das Nebeneinander von zivilem und militärischemStrang fortbestehen sollte. So wird oft etwas doppeltproduziert. Man sollte die beiden Stränge zusammenfüh-ren. Es ist derzeit so, dass in der RüstungsabteilungZivilisten und Soldaten gut zusammenarbeiten. DieseDoppelstruktur wird gerade verändert; denn das ist schi-zophren. Nutzer und diejenigen, die die Geräte beschaf-fen, gehören zusammen, nicht auseinander.
Die weiteren Probleme möchte ich hier nur kurz an-reißen. Zum Beispiel haben wir selber beschlossen, dieZahl der Transporthubschrauber vom Typ CH-53 vonüber 100 auf 90 bzw. demnächst auf 80 zu reduzieren.Wer heute in die Einsatzgebiete geht, weiß, dass wir denCH-53 brauchen. Dieser wird international immer wie-der angefordert; denn Hubschraubertransportkapazitätensind knapp. Wir sollten darüber nachdenken, ob es nichtsinnvoll ist, den Beschluss, die Zahl auf 80 zu reduzieren,zurückzunehmen und den Bestand bei 90 Stück zu hal-ten. Wenn es drei oder vier mehr sind, ist das auch nichtschlimm; denn das sind wertvolle Maschinen, und neueschwere Transporthubschrauber wird es lange nichtmehr geben. Wir alle wissen, dass wir von einer großeneuropäischen Firma Hubschrauber erwarten, die seit Jah-ren nicht kommen bzw. zu spät angeliefert werden.
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Für die Linke hat das Wort die Kollegin Inge Höger.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dieolitik der Bundesregierung führt unser Land hochge-üstet in die militärische Sackgasse. Wir müssen unslarmachen, worüber wir hier gerade reden. Der Einzel-lan 14 ist kein Verteidigungshaushalt mehr. Nein, eseht hier in weiten Teilen um einen Rüstungshaushalt.
Die Bundeswehr wird für Kriege und Besatzung über-ll auf diesem Globus fit gemacht.
us einer Armee, deren größter Erfolg darin bestand,icht eingesetzt zu werden, aus einer Armee, für dierieden der Ernstfall war, haben deutsche machtpoliti-che Ambitionen eine Armee im Einsatz gemacht. Voninem „Einsatzhaushalt“ war schon die Rede.Krieg und Besatzung gibt es nicht zum Nulltarif.iele bezahlen, wenige profitieren. Faktisch sind vielerojekte nichts anderes als Subventionen für die Rüs-ungsindustrie. Allein die Praxis der Preisfortschreibungichert den Unternehmen regelmäßig Extragewinne inillionenhöhe. Die Zeche für diese haushaltspolitischnd inhaltlich verfehlte Politik zahlen unter anderem dieenschen in den Einsatzgebieten, nicht zuletzt dadurch,ass zwar Geld für den Militäreinsatz zur Verfügungteht, jedoch nicht in ausreichendem Maße für zivilentwicklung.
Die Zeche zahlen die Anwohnerinnen und Anwohneron militärisch genutzten Flughäfen und Übungsplätzenie dem Gefechtsübungszentrum in der Colbitz-Letzlin-er Heide bei Magdeburg. Lärm und Umweltzerstörungollen zukünftig durch einen weiteren Ausbau desbungsgeländes noch zunehmen. Die dafür veran-chlagten 34 Millionen Euro für das Jahr 2008 wäreninnvoller in die Renaturierung des Geländes investiert.
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Inge Höger
Die Zeche zahlen aber auch die Steuerzahlerinnenund Steuerzahler, und das, obwohl die Mehrheit derMenschen in diesem Lande eindeutig gegen die militäri-sche Außenpolitik ist. Eine Umfrage des Sozialwissen-schaftlichen Instituts der Bundeswehr stellt fest: 68 Pro-zent der Menschen in der Bundesrepublik bejahen denSatz – hören Sie jetzt gut zu –: Konflikte innerhalb einesStaates oder zwischen Staaten lassen sich immer mitfriedlichen Mitteln lösen. Die größte Bedrohung sehendie Befragten in der Kürzung der Sozialleistungen.
Die Erwartungen der Bevölkerungen werden von derRegierung bewusst ignoriert. Stattdessen wird in gefähr-liche und teure Rüstungsprojekte investiert, von denenich hier drei Projekte beispielhaft anführen möchte.Für 2,6 Milliarden Euro sollen in den nächsten Jahrenvier Fregatten vom Typ F 125 gebaut werden. DieFregatte F 125 ist ein Kriegsschiff im gefährlichstenSinne. Die Fregatte wird zukünftig auch als Aktions-plattform für Einsätze von Spezialkräften dienen. DieF 125 ist in der Lage, Angriffe und Überfälle auf feindli-ches fremdes Territorium durchzuführen, zu unterstützenund aufrechtzuerhalten. Die Anschaffung der Fregattewird unter Berücksichtigung von Preissteigerungen, zu-sätzlicher Bewaffnung und Infrastruktur schnell weitüber 3 Milliarden Euro verschlingen. Die Linke lehntdieses und weitere Marinerüstungsprojekte ab. Wir wol-len keine deutsche Kriegsflotte.
Auch das unsägliche Eurofighterprojekt für insge-samt mehr als 20 Milliarden Euro sei hier noch einmalgenannt. Die gigantische Geldverschwendung und dasSponsoring der Rüstungsindustrie durch dieses Projektkritisiert die Linke schon seit Jahren. Nun wird durch dieAufrüstung des Eurofighters für die sogenannte Mehr-rollenfähigkeit der ursprüngliche Abfangjäger zur An-griffswaffe mit Befähigung zu Flächenbombardements.Dies ist eine Kriegsmethode, die zwangsläufig zuOpfern unter der Zivilbevölkerung führen muss und je-den Konflikt nur anheizen kann. Wir brauchen den Euro-fighter nicht.
Mit dem Airbus A400M sollen deutsche Soldaten zu-künftig in Auslandseinsätze verfrachtet werden. Wer dieBundeswehr nur zur Verteidigung einsetzt, der brauchtnicht über 9 Milliarden Euro für strategische Verlegbar-keit der Soldatinnen und Soldaten ausgeben. Solchengigantischen Ausgaben für Projekte, die aggressive undgefährliche Out-of-area-Einsätze ermöglichen, kann undwird die Fraktion Die Linke nicht zustimmen.
Die effektivste Sicherheitspolitik nach innen und nachaußen ist Armutsbekämpfung. Stoppen Sie den Rüs-tiFHudgtDwDtgUwtwndglwscsGsnuDzIrwtssseag
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Zum Schluss ein Wort zur Wehrpflicht. Eine freiwil-lige Pflicht gibt es nicht; das ist wie ein schwarzerSchimmel ein Widerspruch in sich. Darüber haben sichschon viele weise Beobachter lustig gemacht – herzli-chen Glückwunsch! Was es aber gibt, ist ein Vorschlagdes SPD-Parteivorstandes, der besagt: Wenn wir in Zu-kunft weniger Wehrpflichtige aus einem Jahrgang brau-chen, dann nehmen wir erst einmal die, die das auchwollen. Freiwilligkeit so weit wie möglich, Pflicht soweit wie nötig. Jeder wird erfasst, jeder wird gemustert,und dann wird nach der Motivation gefragt. Wenn genü-gend Wehrpflichtige wollen, dann muss niemand gegenseinen Willen eingezogen werden. Dafür können undsollten wir zusätzlich den einen oder anderen Anreiz undBonus schaffen. Geht die Rechnung nicht auf, müssenwir nichts neu erfinden; die Wehrpflicht gilt. Dann wirdeingezogen nach Tauglichkeit und Bedarf, wie heute.
Herr Kollege, der Kollege Eckart von Klaeden hat
den Wunsch nach einer Zwischenfrage. Würden Sie sie
zulassen?
Gern.
Bitte schön.
Herr Kollege Bartels, was mich an Ihrem Modell der
jetzt doch nicht so freiwilligen Wehrpflicht – vielleicht
finden Sie ja noch einen eingängigeren Namen dafür –
besonders interessiert: Führt der von Ihnen geschilderte
Fall, dass sich nicht genügend Freiwillige melden, so-
dass dann aus dem Kreis der Gemusterten gezogen wer-
den muss, nicht zu einer wesentlich größeren Wehr-
ungerechtigkeit als die, die Sie durch Ihr Modell
beseitigen wollen?
In dem Fall hätten wir den Zustand, den wir heute ha-
ben. Sie werden ja nicht unterstellen wollen, Herr Kol-
lege Klaeden, dass alle, die über die Wehrpflicht in die
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Ich will die Möglichkeiten, die dadurch entstehen, dass
ir in Zukunft eine geringere Zahl von Wehrpflichtigen
rauchen, nutzen. Aber ich erkläre es Ihnen gern ein
isschen genauer; dazu gibt es noch zwei, drei Aspekte.
In den Koalitionsrunden!
Warum ist es heute möglich, die Wehrpflicht zu refor-
ieren, sie weiterzuentwickeln? Weil wir nicht mehr wie
u Zeiten des Kalten Krieges jedes Jahr 250 000 junge
änner neu in die Bundeswehr holen müssen – Herr von
laeden, das richtet sich immer noch auch an Sie, aber
ie können gern sitzen bleiben –, auch nicht mehr
20 000 wie noch 2003, sondern künftig nur noch gut
0 000 Grundwehrdienstleistende, freiwillig länger
ehrdienstleistende und Zeitsoldaten benötigen; darun-
er werden übrigens immer auch einige Tausend Frauen
ein.
Unser Modell ist intelligenter als das klassische
ownsizen der Zahlen durch die Tauglichkeitskriterien.
n den ersten sechs Monaten des Jahres 2007 wurden
6 Prozent der gemusterten Wehrpflichtigen aussortiert.
as ist absurd; so krank ist unsere Gesellschaft nicht.
er Vorschlag des Ministers, 6 700 Soldaten außerhalb
on Dienstposten zusätzlich einzuberufen, ist gewiss ein
inweis auf das zu lösende Problem, aber doch wohl
eine Dauerlösung.
Gut ist hingegen, dass wir in der Koalition verabredet
aben, den Wehrsold nach Jahren der Stagnation end-
ich wieder anzuheben. Dabei geht es gar nicht um ge-
altige Summen, sondern eher um ein Signal. Das
ignal lautet: Die Wehrpflicht bleibt das Fundament un-
erer Bundeswehr.
Vielen Dank.
Hier liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.Ich rufe den Tagesordnungspunkt 3 auf:Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
Fortsetzung des Einsatzes bewaffneter deut-scher Streitkräfte im Rahmen der „United
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Vizepräsidentin Katrin Göring-EckardtNations Interim Force in Lebanon“
auf Grundlage der Resolutionen 1701
und 1773 des Sicherheitsrates der Ver-einten Nationen vom 11. August 2006 bzw.24. August 2007– Drucksachen 16/6278, 16/6330 –Berichterstattung:Abgeordnete Eckart von KlaedenNiels AnnenDr. Werner HoyerWolfgang GehrckeKerstin Müller
Bericht des Haushaltsausschusses
gemäß § 96 der Geschäftsordnung– Drucksache 16/6341 –Berichterstattung:Abgeordnete Herbert FrankenhauserLothar MarkJürgen KoppelinMichael LeutertAlexander BondeEs liegt je ein Entschließungsantrag der Fraktion derFDP sowie der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor.Über die Beschlussempfehlung werden wir später na-mentlich abstimmen.Zwischen den Fraktionen ist verabredet, zu diesemPunkt eine Dreiviertelstunde zu debattieren. – Dazu höreich keinen Widerspruch. Das ist also so beschlossen.Ich erteile das Wort dem Bundesminister Dr. Frank-Walter Steinmeier.Dr. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister desAuswärtigen:Frau Vizepräsidentin! Meine sehr verehrten Damenund Herren! Den meisten von Ihnen wird es am Beginndieser Debatte nicht anders gehen als mir: Erinnerungensind wieder präsent, Erinnerungen an eine Debatte hierin diesem Haus im Herbst des vergangenen Jahres, anderen Ende wir entschieden haben, zum ersten Mal dieBundeswehr im Libanon zum Einsatz zu bringen. Eshandelte sich, wie ich mich erinnere, um keinen gewöhn-lichen Tag und um keine gewöhnliche Debatte; jeder hatdas gespürt.Zum ersten Mal – das war das Ergebnis – erhieltendeutsche Soldaten einen Befehl zum Einsatz im NahenOsten, um dort Seit’ an Seit’ mit europäischen Kamera-den unter dem Dach der UNIFIL den Frieden zu sichern.Ich weiß: Gerade diese Entscheidung ist niemandem indiesem Hause leichtgefallen. Alle haben gewusst, dasswir politisches Neuland betreten. Ich glaube, am Endehat sich die breite Mehrheit dieses Hauses im vollen Be-wusstsein unserer deutschen und unserer europäischenVerantwortung für Frieden im Nahen Osten für diesenEinsatz entschieden. Wir haben sie in dem Bewusstseingetroffen, dass die Umsetzung der Resolution 1701 ohneunser Engagement beim Waffenstillstand nicht möglichgewesen wäre. Wir haben die Entscheidung in der siche-räüwnSnmzvdVmgnldsaüiEmlsekwfubsewnWnaDVhijsmWBGWd
Unser Auftrag verfolgte von Anfang an zwei Ziele. Esing nicht nur darum, im Zusammenwirken mit der liba-esischen Marine Waffenschmuggel so weit wie mög-ich seeseitig zu verhindern, sondern es ging auch immerarum, den libanesischen Partner von Anfang an undchrittweise zu befähigen, die Aufgabe, die Seegrenzem Ende in eigener Verantwortung zu sichern, selbst zubernehmen. Deshalb haben wir nach den Diskussionenm Kabinett gemeinsam entschieden, dass wir deninsatz von Anfang an durch bilaterale Ausbildungs-aßnahmen, durch Zurverfügungstellung von Patrouil-enbooten, durch die Wiederinstandsetzung des libanesi-chen Küstenradars sowie durch weitere Maßnahmenrgänzen. Das lässt schon jetzt deutliche Fortschritte er-ennen, die notwendig sind. Sie sind jedenfalls dann not-endig, wenn wir in der Perspektive unser jetzt noch er-orderliches Engagement irgendwann einmal reduzierennd es Schritt für Schritt in libanesische Hände überge-en wollen.Meine Damen und Herren, wichtig ist auch, dass die-er Teil des Engagements nur Teil unseres Gesamt-ngagements im Libanon ist. Wir beteiligen uns – dasissen Sie; wir haben es hier diskutiert – aktiv im inter-ationalen Konzert, wenn ich das so ausdrücken darf, amiederaufbau im Libanon. Wir unterstützen den Liba-on bei der Sicherung nicht nur der Seegrenze, sondernuch der Luft- und Landgrenzen. Wir haben Scanner undokumentenprüfgeräte für den Flughafen in Beirut zurerfügung gestellt, leisten Beratungs- und Ausstattungs-ilfe zur Sicherung der Landgrenze zu Syrien jedenfallsn einem Nordabschnitt, der sich zu einem Modellpro-ekt entwickeln könnte. Wenn die Ergebnisse positivind, werden wir andere europäische Staaten einladen,itzumachen und weitere Grenzabschnitte auf dieseeise zu übernehmen.
Meine Damen und Herren, das alles ist Ziel unseresemühens, es dem Libanon zu ermöglichen, selbst dierundlagen für innenpolitische Stabilität zu schaffen.ir wissen, wie ich heute Morgen in meiner Rede ange-eutet habe, dass das langfristig nur möglich sein wird,
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Bundesminister Dr. Frank-Walter Steinmeierwenn wir auch die regionalen Partner einbeziehen. Wirversuchen, dies so weit wie möglich zu tun. Dazu ist derständige Kontakt zu den Verantwortlichen im Libanonerforderlich. Sie haben gerade in der vergangenen Wo-che gesehen, dass der Ministerpräsident des Landes,Ministerpräsident Siniora, erneut zu politischen Gesprä-chen mit der Bundeskanzlerin und allen Ministern, diemit dem Libanon zu tun haben, nach Berlin gekommenist.Der Sicherheitsrat hat am 24. August das Mandat vonUNIFIL unverändert für ein weiteres Jahr verlängert.Wir bleiben auf Sicht für die Erfüllung der Umsetzungder Resolution 1701 unentbehrlich. Dies ist die Auffas-sung der Vereinten Nationen. Sie sind mit der Bitte umunseren Einsatz bei der Leitung der maritimen Taskforceauf uns zugekommen. Ich glaube, ich muss in diesemHause nicht erläutern, warum wir in dieser Region in ei-ner gesteigerten Verantwortung stehen. Die Menschenim Libanon und im Nahen Osten erwarten, dass wir die-ser gesteigerten Verantwortung entsprechen.Ich darf Sie deshalb nicht nur einfach um Zustim-mung bitten – das tue ich hiermit –, sondern ich drückeauch meine Hoffnung aus, dass die Zustimmung nochbreiter wird, als sie bei den bisherigen UNIFIL-Abstim-mungen war.Herzlichen Dank.
Jetzt ist Birgit Homburger für die FDP-Fraktion an
der Reihe.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Europa hat ein vitales Interesse an Stabilität im Nahenund Mittleren Osten. Seit einem Jahr ist die deutscheMarine im Rahmen der Maritime Taskforce an der Küstedes Libanon im Einsatz. Als die große Mehrheit derFDP-Bundestagsfraktion vor einem Jahr entschiedenhat, gegen eine militärische deutsche Beteiligung zustimmen, haben wir auch sehr deutlich gemacht, dass diezugrunde liegende UN-Resolution 1701 unsere Unter-stützung findet. So gilt auch heute, dass die Folgeresolu-tion 1773 der UN von uns begrüßt wird.Die Frage ist also nicht: UNIFIL, ja oder nein? DieFrage lautet, ob es richtig und klug ist, den deutschenBeitrag vor allem militärisch zu erbringen. Der Einsatzvon Militär ist nur das letzte Mittel von Politik, er darfaber Politik nie ersetzen.
Ich möchte noch ein Zweites direkt zu Beginn deut-lich machen. Die deutsche Marine hat einen Auftrag er-halten, dessen Wirksamkeit aufgrund mangelhafter Rah-menbedingungen von Beginn an zweifelhaft war. Wirsagen aber ebenso klar, dass die Soldatinnen und Solda-tsbDAdwglkqAEFdsPwdSsdaisgsnfnsholGlzpsnwNOrswet
Die große Mehrheit der FDP-Bundestagsfraktionird auch heute dem Mandat nicht zustimmen. Dafüribt es vier zentrale Gründe.Erstens. Die Bundesregierung muss die Priorität end-ich wieder auf politische Bemühungen legen. Wir er-ennen an, dass im Laufe des letzten Jahres das Nahost-uartett wiederbelebt wurde, Herr Minister Steinmeier.ber es ist festzustellen, dass die Initiativen hinter denrwartungen zurückblieben. Ziel muss ein politischerriedensprozess für den Nahen Osten sein, der der mehr-imensionalen Konfliktstruktur gerecht wird. Aber wirind von einer Idee eines Prozesses analog dem KSZE-rozess, den wir aus der Vergangenheit kennen, jetzteiter entfernt als vor einem Jahr.
Wie hat sich die Lage in der Region entwickelt? Füren Frieden in der Region spielen die Palästinenser einechlüsselrolle. Hier hat sich die Situation eher ver-chlechtert. Wir beobachten eine Spaltung in Westjor-anland und Gaza-Streifen. Es ist festzustellen, dass diesuch das Ergebnis einer falschen Politik im letzten Jahrt.Die Anzahl der Anschläge im Libanon hat wieder zu-enommen, und die politische Lage vor der Präsident-chaftswahl ist schwieriger geworden. Es gibt immeroch keine Fortschritte bei der Lösung der Grenzkon-likte. Über eine Entwaffnung der Hisbollah wird garicht mehr gesprochen. Wir müssen im Gegenteil fest-tellen, dass in den vergangenen zwölf Monaten mit ho-er Wahrscheinlichkeit eine umfangreiche Ergänzungder sogar Aufstockung des Waffenarsenals der Hisbol-ah stattgefunden hat. Das ist nicht hinnehmbar.
Hat dieser militärische Beitrag zu mehr politischemewicht geführt? Ich möchte an zwei Beispielen deut-ich machen, dass das nicht der Fall ist. Schauen Sie sichum einen das Verhalten Israels an. Die Israelis führenermanent Überflüge über den Libanon durch, obwohlie wissen, dass das die Regierung Siniora auf jeden Fallicht stärkt. Sie lassen sich nicht davon abbringen, ob-ohl ihr Vorgehen gegen die UN-Resolution verstößt.ehmen Sie zum anderen die Situation im Libanon.hne Zweifel arbeiten wir hervorragend mit der Regie-ung Siniora zusammen. Dennoch wird man bei den ent-cheidenden innerlibanesischen Konfliktpunkten nichteiterkommen, wenn man nicht auch die Hisbollah, dieinen Gutteil der libanesischen Bevölkerung repräsen-iert, dazu bringt, den politischen Prozess konstruktiv zu
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Birgit Homburgerbegleiten. Hier herrscht nicht Fortschritt, sondern Blo-ckade.
Zweitens. Wir sehen nicht, dass ein Aufeinandertref-fen zwischen israelischen und deutschen Soldaten ausge-schlossen werden kann. Unsere Befürchtungen wurdenvor einem Jahr in diesem Parlament harsch zurückge-wiesen. Kurz nach Beginn des Einsatzes gab es die ers-ten Zwischenfälle. Obwohl es einen sogenannten kurzenDraht mit der israelischen Regierung gibt, hat es weitereZwischenfälle in diesem Jahr gegeben. Dieser kurzeDraht funktioniert nicht. Auch das bestätigt unsereZweifel.Drittens. Der Generalsekretär der Vereinten Nationenhat am 26. Juni einen Bericht einer unabhängigen Exper-tenkommission vorgestellt, die zu der Einschätzungkommt, „dass der gegenwärtige Stand der Grenzsicher-heit nicht ausreicht, um Schmuggel, insbesondere Waf-fenschmuggel, auch nur ansatzweise zu verhindern“.Warum sollte also jemand den Versuch machen, auf demSeewege Waffen zu schmuggeln, wenn die Landseite of-fen ist wie ein Scheunentor?
Viertens. Die Bundesregierung hat erklärt, dass siedie Zahl der Fregatten und Schnellboote zwar reduzie-ren, die Aufgabe aber mit diesem modifizierten Kräfte-einsatz erfüllen will. Die Einschätzung der Marine vorOrt ist eindeutig – das wurde bei einem Besuch klar –:Damit kann die bisherige Qualität der Sicherung derSeeseite nicht mehr gewährleistet werden. Zum Scheu-nentor auf der Landseite kommen also Lücken auf derSeeseite hinzu. Das ist vollkommen kontraproduktiv.
Wer von uns im Libanon unterwegs ist, erfährt vor al-lem Dank für die bilaterale nichtmilitärische Hilfe; derAufbau einer eigenständigen Grenzsicherung im Liba-non wurde bereits angesprochen. Acht Grenzbeamte undPolizisten sind zurzeit entsandt.
Gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Ja, bitte.
Bitte.
Frau Kollegin Homburger, teilen Sie, abgesehen von
der Kritik und den Bedenken, die Sie richtigerweise ge-
äußert haben, unsere Erkenntnis, dass die UNIFIL-Ma-
rine die entscheidende Voraussetzung dafür war, dass die
israelische Seeblockade vor der libanesischen Küste auf-
gehoben werden konnte? Teilen Sie unsere Erfahrung,
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Herr Kollege Nachtwei, die ursprüngliche Entschei-ung liegt jetzt ein Jahr zurück. Ich möchte eines sehreutlich zum Ausdruck bringen: Dieser Einsatz hat iner Tat dazu beigetragen, dass die Seeblockade vor derüste des Libanon beendet worden ist. Wir müssen unsoch aber fragen, welchen Fortschritt es gibt. Wenn manilitärische Mittel einsetzt, dann muss es immer auchuf politischer Ebene intensive Bemühungen geben;enn nur mithilfe intensiver politischer Bemühungenönnen in diesem Friedensprozess Fortschritte erreichterden. Diesbezüglich haben wir im Laufe des vergan-enen Jahres Defizite festgestellt.Herr Kollege Nachtwei, Sie haben gefragt, ob ich dereinung bin, dass ein Rückzug der Bundeswehr zumusammenbruch der Mission führen würde. Ich teileiese Einschätzung nicht. Vor einem Jahr war eine ganzeeihe von europäischen Partnern bereit, die Sicherunger Seeseite zu übernehmen. Sie kennen die Gründeanz genau, die dazu geführt haben, dass die deutscheeite diese Aufgabe übernommen hat. Das Mandat warrsprünglich auf zwölf Monate begrenzt, soll jetzt aberortgesetzt werden. Ich glaube, wir sollten mit unserenartnern intensive Gespräche darüber führen und fragen,er bereit wäre, einen solchen Beitrag zu leisten. Es gibtartner, die dazu bereit wären. Die Bundesregierunguss natürlich einen entsprechenden Versuch unterneh-en.
Wir wollen den Aufbau einer eigenständigen Grenz-icherung im Libanon. Die libanesische Regierung solln die Lage versetzt werden, selbst für Sicherheit undrdnung zu sorgen und die Grenzen zu sichern. Hierzuönnen wir einen ganz hervorragenden Beitrag leisten.ir wollen, dass unser diesbezüglicher Beitrag aufge-tockt bzw. ausgebaut wird. So können wir dazu beitra-en, dass eine dauerhafte Friedenslösung gefunden wird.
Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss. – Ohneusreichende politische Flankierung wird die UNIFIL-ission zu einem Endloseinsatz ohne Perspektive. Des-alb muss die Bundesregierung die politischen Anstren-ungen forcieren. Das würde auch unserem gemeinsa-en Ziel dienen, die Existenz Israels in sicherenrenzen zu gewährleisten.Vielen Dank.
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Birgit Homburger
Das Wort hat der Bundesminister der Verteidigung,Dr. Franz Josef Jung.Dr. Franz Josef Jung, Bundesminister der Verteidi-gung:Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am 20. Sep-tember des letzten Jahres hat der Deutsche Bundestagdem Einsatz der Bundeswehr vor der Küste des Libanonim Rahmen des UNIFIL-Mandates zugestimmt. Demsind kritische Diskussionen vorausgegangen. Dies war– ich denke, das hat jeder ein Stück so empfunden – einehistorische Entscheidung. Wenn man nach einem JahrBilanz zieht, kann man sagen, dass dies eine richtigeEntscheidung war. Der Einsatz, den die Bundeswehr vorder Küste des Libanon zur Gewährleistung und Durch-setzung des Waffenstillstands geleistet hat, war erfolg-reich. Deshalb ist es sinnvoll, heute der Verlängerungdes Mandats zuzustimmen.
Es wurde das Verhältnis zu Israel angesprochen. Ichwill daran erinnern, dass der Staat Israel diesen Einsatzsehr begrüßt. Im Übrigen empfinde ich es als sehr posi-tiv – auch aus historischer Perspektive –, dass 73 Prozentder Bevölkerung Israels den Einsatz der Bundeswehrdort gewünscht haben. Das zeigt meines Erachtens, wel-ches Vertrauen die Bundeswehr sich dort zwischenzeit-lich erobert hat.Ich habe vor allem an die FDP-Fraktion, die ihre Ar-gumente gerade vorgetragen hat, die herzliche Bitte, ihrePosition noch einmal zu überdenken. Denn eines istwahr – dabei ist es zutreffend, dass die Streitkräfte nichtdiejenigen sind, die eine politische Lösung herbeifüh-ren –: Wenn die Waffen nicht schweigen, gibt es keineChance, eine politische Lösung herbeizuführen. Deshalbist es im Hinblick auf die Gewährleistung des Waffen-stillstandes, im Hinblick auf die Souveränität des Liba-non und im Hinblick auf die Möglichkeit einer politi-schen Lösung sinnvoll, dass der UNIFIL-Einsatzfortgesetzt wird, um Seesicherheit herzustellen und ei-nen Waffenstillstand auch in Zukunft zu gewährleisten.
Unsere Erfolge sind erstens die nachhaltige Absiche-rung der Waffenruhe, zweitens die Aufhebung der israe-lischen Seeblockade, drittens die Unterbindung vonWaffenschmuggel über See und damit viertens die Her-stellung von Seesicherheit. Wir haben 9 200 Schiffe ab-gefragt. Durch die libanesischen Kräfte sind 36 SchiffeuncsKdrWusBlQwAggMErzWlAfwrsigstlSgbBFcsuTgkSzfnRd
Meine Damen und Herren, an der Maritime Taskorce sind vier Nationen beteiligt: Deutschland, Grie-henland, die Niederlande und die Türkei. Wir habenignalisiert, dass wir den Umfang unseres Beitrags ausnserer Sicht reduzieren könnten. Darüber wird dieruppenstellerkonferenz entscheiden; denn das ist Auf-abe der Vereinten Nationen.Frau Homburger, ich kann Sie beruhigen: Auch in Zu-unft wird eine solche Einsatztruppe dort sein, die dieicherheit voll und ganz gewährleistet und keine Lückenulässt; denn sonst hätten wir unseren Auftrag nicht er-üllt. Das wird in Abstimmung mit den Vereinten Natio-en geschehen. Wir können die Obergrenze des imahmen des Gesamtmandats bereitgestellten Personals,ie auf 2 400 Soldatinnen und Soldaten ausgerichtet war,
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Bundesminister Dr. Franz Josef Jungauf 1 400 Soldatinnen und Soldaten reduzieren. Auchdann können wir unseren Auftrag weiterhin erfüllen.Ich bitte das Parlament um Zustimmung zur Fortset-zung dieses Mandats. Denn damit leisten wir einen Bei-trag zur Stabilität und friedlichen Entwicklung im NahenOsten. Ich denke, dass unsere Soldatinnen und Soldatenfür den Beitrag, den sie zur Sicherung von Stabilität undFrieden im Nahen Osten leisten, erstens unseren Dankund zweitens unsere politische Unterstützung verdienthaben.Besten Dank.
Das Wort hat der Kollege Dr. Norman Paech für die
Fraktion Die Linke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Für die Abgeordneten der Regierungsfraktio-
nen ist der deutsche Beitrag zum UNIFIL-Mandat, also
zum Militäreinsatz, offenbar ein Erfolg. Das kann man
so sehen, wenn man sich darauf beschränkt, festzustel-
len, dass es offensichtlich keinen Waffenschmuggel von
der See aus gegeben hat und dass bisher zum Glück auch
keine Toten zu beklagen sind.
Doch wenn man genauer hinsieht, kommt man zu dem
Ergebnis, dass die Sache etwas anders aussieht.
Wir haben dieses Mandat vor einem Jahr aus zwei
Gründen abgelehnt:
Erstens. Unsere furchtbare Geschichte und unsere
daraus erwachsende Verantwortung verpflichten uns
zwar, die Existenz Israels zu garantieren und zu sichern.
Gleichzeitig verbieten sie es uns aber, in dieser Region
militärisch aufzutreten.
Dieser Ansicht sind wir heute noch.
Zweitens. Wir haben die mangelnde Neutralität des
Mandats kritisiert: Es wird zwar versucht, die Waffenlie-
ferungen in den Libanon zu unterbinden, aber gleich-
zeitig werden die ungehemmten Waffenlieferungen an
Israel ignoriert. Das kritisieren wir heute noch.
Nun kommt ein dritter Punkt hinzu, den wir schon da-
mals vorhergesagt haben: Der Marineeinsatz ist voll-
kommen überflüssig und nutzlos. Er ist schlichtweg fehl
am Platz; so lautet, wie Sie wissen, auch das Urteil der
Stiftung Wissenschaft und Politik. Dieser Einsatz ist
reine Symbolpolitik.
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Derzeit herrscht an der Nordgrenze Israels eine trüge-
ische Ruhe, die jederzeit in eine neue militärische Kon-
rontation umschlagen kann. Ich erinnere nur an die Pro-
leme im Hinblick auf die Scheba-Farmen.
Kollege Paech, gestatten Sie eine Zwischenfrage der
ollegin Müller?
Gerne.
Kerstin Müller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
EN):
Herr Kollege Paech, da eines Ihrer Gegenargumente
arin begründet ist, dass Sie angeblich israelische Inte-
essen vertreten wollen – Sie sagten, dass sich dieses
andat nicht mit unserem Verhältnis zu Israel verträgt –,
rage ich Sie: Wie verträgt sich dieses Argument damit,
ass eine große Mehrheit der israelischen Bevölkerung
nd vor allen Dingen führende Politiker Israels begrü-
en, dass sich die Bundesrepublik Deutschland – und
war gerade die Bundesrepublik Deutschland – in Anbe-
racht ihrer Geschichte und ihrer Verantwortung für die-
en Konflikt am UNIFIL-Einsatz beteiligt? Ist Ihnen das
berhaupt bekannt?
Frau Müller, das ist mir durchaus bekannt. Aber kannas nicht genau an dem liegen, was wir kritisieren? Kanns nicht daran liegen, dass das Engagement der Bundes-epublik sehr einseitig, nur zugunsten Israels, ist? Es gibtum Beispiel keine Stationierung von Truppen in Israelo wie im Libanon, was sich letztlich auf die libanesi-che Grenze auswirkt. Kann es sein, dass man dieseinseitigkeit durchaus begrüßt und es ablehnt, dass eineutrales Mandat wahrgenommen wird? Das ist offen-ichtlich der Hintergrund.
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 111. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. September 2007 11563
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Dr. Norman PaechIch komme noch einmal auf die Grenzen im Nordenzurück. Die Probleme mit den Scheba-Farmen und denGolanhöhen sind überhaupt nicht gelöst.
Kollege Paech, gestatten Sie eine weitere Zwischen-
frage?
Bitte sehr.
Kollege Paech, ich habe soeben mit großem Interesse
Ihre Einschätzung gehört, dass das Mandat ausschließ-
lich Israel dient und sehr einseitig ist. Wie vereinbaren
Sie mit dieser Position die Haltung der libanesischen Re-
gierung sowie Aussagen aus dem gesamten politischen
Spektrum des Libanon – bis hin zur Hisbollah –, die den
Einsatz der Bundeswehr, also den maritimen Teil von
UNIFIL, ausdrücklich unterstützen, weil er eine positive
Auswirkung auf die Stabilisierung des Einsatzgebiets
hat? Wie passt das mit Ihrer Bewertung eines einseitig
auf Israel ausgerichteten Einsatzes der Bundeswehr zu-
sammen?
Mit solchen Einschätzungen, die uns von der Presse
übermittelt werden, ist das so eine Sache.
Wer sagt uns eigentlich, dass es stimmt, dass die Hisbol-
lah damit zufrieden ist? Zweitens könnten auch die abso-
lute Nutzlosigkeit, Harmlosigkeit und Sinnlosigkeit des
Einsatzes der dort kreuzenden und dahindümpelnden
Fregatten zu der Aussage geführt haben, dass sie nicht
schaden und deshalb bleiben können. Vielleicht ist das
der Hintergrund.
Ich komme zum Kernproblem zurück, das schon an-
gesprochen worden ist. Dieses betrifft nicht nur die
Nordgrenzen Israels, also die Golanhöhen bzw. Syrien,
sondern vor allem den Palästinakonflikt, bei dem es um
die Errichtung eines separaten und lebensfähigen palästi-
nensischen Staates geht. Sie werden jetzt einwenden,
dass es Gespräche zwischen Abbas und Olmert geben
wird
und dass dazu demnächst eine internationale Konferenz
in Washington stattfinden wird. Eine solche Konferenz
haben auch wir immer gefordert. Doch was sind Gesprä-
che wert, bei denen kaum die Hälfte des palästinensi-
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Das Wort hat der Kollege Jürgen Trittin für die Frak-
ion Bündnis 90/Die Grünen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Einesann man nicht machen: Man kann sich nicht zur UN-eleiteten multilateralen Außenpolitik bekennen undann in jedem praktischen Fall sagen: War nicht so ge-eint – das ist einseitig.
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Jürgen TrittinMan kann auch nicht so tun, als wenn ein UN-Mandatwie das UNIFIL-Mandat aufgeteilt werden könnte nachdem Motto: „Uns interessiert nur der Seeeinsatz, undden kritisieren wir“, und nicht merken, dass man dabeiden UNIFIL-Einsatz als solchen infrage stellt.Ich sage an dieser Stelle: Dieser Einsatz war ein Er-folg.
Er war ein Erfolg, weil er den Krieg beendet hat. Wennich an diesem Einsatz etwas zu kritisieren habe, dann,dass dieses Mandat nicht nach drei Tagen Krieg, sondernerst nach drei Wochen Krieg in Kraft getreten ist; aberdas ist zurzeit mein einziger Kritikpunkt an diesem Ein-satz. Alles andere ist erst einmal gelungen: Der Krieg istbeendet. Die Seeblockade ist aufgehoben. Zum erstenMal seit über 20 Jahren führen nicht mehr Milizen vomSüden des Libanon aus Krieg gegen Israel, zum erstenMal seit 20 Jahren steht dort eine reguläre libanesischeArmee.Deswegen sage ich: Dieser Einsatz ist ein Erfolg. Istes kein Erfolg, wenn wir heute erfahren, dass der Groß-teil der dort verschossenen Streumunition viel schnellerals ursprünglich geplant geräumt wird? All dies istUNIFIL. Bei allen Problemen – die Geiselnahme istnicht beendet, der Gefangenenaustausch nicht geklärt;ich erinnere an die von Frau Homburger zu Recht ange-sprochenen Überflüge, zu denen sich die Bundesregie-rung, wie ich finde, viel zu leise verhält – muss man un-ter dem Strich festhalten: Gemessen an dem Mandat, dasder Sicherheitsrat erteilt hat, ist UNIFIL ein Erfolg.
Das sollte doch zu denken geben!Natürlich stimmt es, dass die Milizen wieder aufge-rüstet haben – übrigens nicht nur die Hisbollah. Aber istdas ein Argument, die seeseitige Absicherung aufzuge-ben? Ist das nicht vielmehr ein Argument, die Bundesre-gierung dafür zu kritisieren, dass die Durchführungdieses hochgelobten Grenzprojektes, Herr Bundesaußen-minister, leider monatelange Verspätung hat, weil Siesich innerhalb der Regierung – zwischen dem Innen- unddem Finanzministerium – nicht einigen konnten? Ist dasnicht eher Anlass dafür, an dieser Stelle Druck auf dieBundesregierung auszuüben, anstatt sich vor der Zustim-mung zur seeseitigen Absicherung zu drücken, wie Sievon der FDP es tun?
Herr Westerwelle, Sie haben in der letzten Debatteüber diesen Einsatz die Befürchtung geäußert, dass ins-besondere die Gefahr einer Konfrontation zwischendeutschen Soldaten und Israelis bestehe. Jetzt, ein Jahrspäter, hätten Sie eigentlich die Traute, die Kraft habenmüssen, einzuräumen, dass Ihre Befürchtungen nichteingetreten sind,däktwednsApeLdwABsfdrsSfVgaIdddlskmSkpS
ass Sie sich damals geirrt haben, und Ihr Verhalten zundern. Das wäre politische Führung und Politikfähig-eit gewesen.
Am kommenden Samstag demonstriert die Linke un-er dem Motto – das sie als links versteht –: „Bundes-ehr raus aus Afghanistan“,
iner sehr falschen Parole. Aber sind Sie von der FDPenn besser mit Ihrer Forderung, dem UNIFIL-Mandaticht zuzustimmen und die Bundeswehr von der libane-ischen Küste abzuziehen? Ich finde, nicht.
n dieser Stelle sind Sie und die Linke genauso wenigolitikfähig.Ich sage das auch, weil ich von der Bundesregierungines nach wie vor erwarte: Diese förmlich katatonischeähmung, die die Bundesregierung nach der Verabschie-ung des UNIFIL-Mandats überkommen hat, muss über-unden werden. Es kann doch nicht sein, dass Sie allektivitäten, die Sie bisher unternommen haben – zumeispiel in der Auseinandersetzung um die Gebietsan-prüche und in der Frage, wie die innerlibanesische Ver-assungskrise überwunden werden kann –, einfach anas Nahostquartett delegieren.Die libanesische Regierung ist eine gewählte Regie-ung. Herr Siniora genießt unser aller Respekt auch füreinen persönlichen Mut. Wir müssen aber an diesertelle auch die Kraft haben, klarzumachen, dass der Ver-assungskonsens des Libanon darauf beruht, dass alleolksgruppen an der Gestaltung des Landes zu beteili-en sind. Dabei erwarte ich von Ihnen – das hätte ichuch von der EU-Präsidentschaft erwartet – energischenitiativen, um die bestehende Verfassungsblockade zuurchbrechen. Eine Grundvoraussetzung dafür ist, dassas Ziel der Entwaffnung aller Milizen im Libanon undie Herstellung des politischen Gewaltmonopols tatsäch-ich durchgesetzt werden können. Stattdessen haben Sieich auf eine mehr oder weniger einseitige Parteinahmeonzentriert.
Kollege Trittin, Sie müssen bitte zum Schluss kom-
en.
Das Militär kann dieses Problem nicht lösen. Wennie sich von UNIFIL verabschieden, dann werden Sieeine Sicherheitskonferenz wie die KSZE und keineolitische Lösung zustande bringen; vielmehr riskierenie einen Rückfall in ein erhebliches Sicherheitspro-
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Jürgen Trittinblem. Umgekehrt gilt, dass UNIFIL nur dann ein Erfolgwerden wird, wenn die Bundesregierung ihre Zurückhal-tung in der Frage, das Ganze in einem politischen Pro-zess zu begleiten, endlich überwindet.Vielen Dank.
Bevor ich dem Kollegen Niels Annen für die SPD-
Fraktion das Wort gebe, bitte ich Sie, liebe Kolleginnen
und Kollegen, dafür zu sorgen, dass wir auch die letzten
beiden Beiträge in dieser Debatte hören und abwägen
können, und Gespräche, die dringend geführt werden
müssen, vielleicht nach draußen zu verlegen.
Der Kollege Niels Annen hat das Wort.
Frau Präsidentin, vielen Dank. – Liebe Kolleginnenund Kollegen! Ich denke, es lohnt sich, sich noch einmaldie Bilder vor Augen zu führen, die zur Zeit der Ent-scheidung über das UNIFIL-Mandat die Öffentlichkeitbewegt haben. Der Krieg zwischen Israel und derHisbollah-Miliz hat ungefähr 2 000 Tote gefordert. Werwie ich vor Ort war und sich dort umgesehen hat, erin-nert sich nicht nur an die geradezu menschenleerenStädte im Norden Israels, sondern auch an die zerschos-senen Vorstädte in Beirut und das unendliche Leid, dasden Menschen damit zugefügt worden ist. Ich sage ganzoffen: Angesichts einer solchen historischen Entschei-dung – der Minister hat das richtig gesagt – waren dieBedenken, kritischen Fragen und auch die streitigen Dis-kussionen in diesem Hause absolut berechtigt.
Aus meiner Sicht ist es auch in Ordnung – auch wennich diese Position nicht teile –, festzustellen, dass sichdie Erwartungen, die mit unserem Engagement verbun-den gewesen sind, vielleicht nicht hundertprozentig er-füllt haben. Das mag sein, aber zu dem Privileg einerParlamentsarmee, das es sonst innerhalb Europas nurnoch in den Niederlanden gibt, gehört auch, dass es mitLeben erfüllt wird. Wenn sich ein Parlament das zurAufgabe macht, dann gehört dazu auch, eine ehrliche Bi-lanz zu ziehen.In den internationalen Nachrichten finden wir heutekeine Bilder mehr von kriegerischen Auseinandersetzun-gen zwischen Israel und der Hisbollah-Miliz im Liba-non.
Wir sehen keine Flüchtlingstrecks, zerstörten Vorstädteund Menschen mehr, die sich im Norden Israels in dieBgGqkpeDstiwkipihiEetsaWtRbsmDwS9gbrfrhdbwHmbakf
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Wir müssen alle Akteure einbeziehen. Ich sage dasauch deswegen, weil in diesem Hause Kritik daran geübtwurde, dass es in den letzten Monaten Kontakte zur syri-schen Regierung gegeben hat. Ich unterstütze mit Nach-druck den jüngsten Syrien-Besuch der Bundesentwick-lungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul.
Wir müssen den in der Tat viel zu schwachen Reform-kräften in der syrischen Gesellschaft eine Alternativebieten und einen Weg aufzeigen. Eine Ausgrenzungtreibt Syrien – das zeigt sich in vielen unterschiedlichenBereichen – lediglich in eine zunehmend engere Allianzmit dem Iran. Das kann nicht in unserem Interesse lie-gen.
Es gibt in der Tat wenig Grund, daran zu zweifeln,dass eine Wiederbewaffnung der Hisbollah und der an-deren Milizen über den Landweg – der Kollege Trittinhat das bereits erwähnt – zumindest mit DuldungSyriens geschieht. Das ist ein inakzeptabler Verstoß ge-gen die UN-Resolution 1701. Deswegen glaube ich, dasswir den Druck auf die Hisbollah und die anderen Milizenaufrechterhalten müssen. Wir müssen die Forderungnach Entwaffnung in den Mittelpunkt rücken und so-wohl die politischen als auch die praktischen Bemühun-gen um eine Absicherung der dortigen Grenze politischunterstützen. Aber es sagt sich so leicht: Diese Grenzemuss abgesichert werden. – Denn, wie wir alle wissen,gibt es noch nicht einmal eine Markierung dieser inter-nationalen Grenze. Deswegen unterstütze ich die politi-schen Bemühungen des Bundesaußenministers, mit denregionalen Akteuren ins Gespräch zu kommen; denn wirwissen, dass es ohne sie nicht gehen wird.
Unter dem Strich ist zu unserem Engagement zu sa-gen: Die seeseitige Absicherung hat maßgeblich dazubeigetragen, dass die israelische Seeblockade aufgeho-ben worden ist. Die seeseitige Absicherung durch diedeutsche Marine hat damit maßgeblich dazu beigetra-gen, dass ein stabiler, bis heute wirksamer Waffenstill-sdDDrzUgdswmnmfgDvLFbGdMüWIdbrievLszdlm
as ist ein Argument, das für sich selbst sprechen sollte.eswegen wird meine Fraktion den Antrag der Bundes-egierung auf Verlängerung dieses Mandates unterstüt-en, und auch ich bitte um Ihre Zustimmung.Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Das Wort hat der Kollege Eckart von Klaeden für die
nionsfraktion.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kolle-en! Meine Fraktion wird für die Verlängerung des Man-ates für UNIFIL stimmen. Die wesentlichen Argumenteind hier schon genannt worden, sodass ich sie nichtiederholen muss. Ich will aber darauf hinweisen, dasseiner Ansicht nach die Argumentation der FDP zu ei-em Zirkelschluss führt; denn selbstverständlich ist esöglich, die Gründe, die einen militärischen Einsatz er-orderlich machen, aufzuführen und sie gleichzeitig ge-en den Einsatz zu wenden.
ie Analyse, die von Ihnen, Frau Kollegin Homburger,orgetragen worden ist, ist im Wesentlichen richtig: Dieage ist fragil. Es sind eine ganze Reihe von politischenragen, die Libanon und Syrien bzw. Libanon und Israeletreffen, bisher ungeklärt. Aber das ist gerade keinrund, sich zurückzuziehen, sondern das ist ein Grund,ort zu bleiben, um in dieser fragilen Situation weiter einindestmaß an Stabilität aufrechtzuerhalten, damitberhaupt eine politische Lösung möglich werden kann.
enn die Verhältnisse so stabil wären, dass man nachhren Kriterien die Bundeswehr hinschicken könnte,ann können die Schiffe auch gleich in den Häfen blei-en. Dann ist nämlich der Einsatz der Bundeswehr ge-ade nicht notwendig.Natürlich kann es sein, dass eine Lage so schwierigst, so gefährlich ist und so wenig lösbar erscheint, dasss unverantwortlich wäre, Soldaten hinzuschicken. Aberon einer solchen Situation kann doch vor der Küste desibanon jetzt nicht ernsthaft die Rede sein. Wenn manich tatsächlich die Frage stellt, welche Abwägung vor-unehmen ist, dann, so meine ich, gibt es zwei Aspekte,ie zu berücksichtigen sind, gerade wenn es um die Ver-ängerung eines Mandats geht. Erste Frage: Ist das, wasit dem Mandat beabsichtigt war, jedenfalls zunächst
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Eckart von Klaedenerfüllt? Das ist hier eindeutig der Fall. Es ist nicht weiterzu bewaffneten Einsätzen gekommen, und die Wahr-scheinlichkeit des Aufflammens von Auseinanderset-zungen zwischen Hisbollah und Israel hat sich reduziert.Die zweite Frage, die man sich stellen muss, ist: Was ge-schieht, wenn sich die anderen so verhalten, wie wir esempfehlen? Für eine Ablehnung einzutreten, weil dieweitere Beteiligung anderer gesichert ist, ist doch keineverantwortungsvolle Position.
Deswegen müssen wir als ein Land, das sich der Durch-setzung des Völkerrechts verpflichtet hat, auch bereitsein, unseren Beitrag zu leisten, wenn wir dazu in derLage sind. Denn das Dilemma des Völkerrechts, der in-ternationalen Gemeinschaft ist nun einmal, dass es keinGewaltmonopol gibt, sondern dass sich immer wiederdie Länder, die bereit sind, das Völkerrecht zu akzeptie-ren, zusammenfinden müssen, um es gegebenenfalls ge-gen diejenigen durchzusetzen, die nicht bereit sind, ihmzu folgen.Die Argumentation der PDS oder der Linkspartei– oder wie immer sie sich gerade nennt – schlägt demFass wirklich den Boden aus. Zunächst einmal, HerrKollege Paech, ist es wirklich nicht der erste Einsatz derMarine im Mittelmeer. Wenn Sie sich erinnern mögen:Die erste verfassungsgerichtliche Auseinandersetzungdrehte sich um einen Einsatz der Marine im Mittelmeer,als nämlich die Küste des ehemaligen Jugoslawien voneiner Fregatte beobachtet werden sollte. Auch die Ope-ration „Active Endeavour“ findet seit vielen Jahren imMittelmeer statt. Diese Argumentation ist wirklich hane-büchen und zeigt, wie sehr Ihre Maßstäbe verrückt sind.Dass Sie Waffenlieferungen an den paramilitärischenArm der Hisbollah, den man mit guten Gründen als ter-roristisch bezeichnen kann, auf eine Stufe mit Waffenlie-ferungen an ein Land wie Israel stellen, das ist geradezuverrückt.
Es zeigt sich wieder, dass die PDS hier eine imGrunde völkerrechtsfeindliche Fraktion stellt.
Immer wenn es um die Durchsetzung des Völkerrechtsgeht, sind Sie nicht dabei. Sie behaupten jedes Mal,wenn die völkerrechtliche Grundlage eindeutig ist, dasssie nicht vorliegt. Das gilt für den Afghanistan-Einsatz,das gilt für das OEF-Mandat, und das gilt für das ISAF-Mandat. Selbst wenn Ihnen hier nichts einfällt, suchenSie nach hanebüchenen Begründungen, um sich nicht zubeteiligen.Ich warte auf den Fall, dass Sie einmal – wenigstenstheoretisch – bereit sind, zu skizzieren, wann Sie in derLage sind, die internationalen Bestimmungen, die Ver-etFvweDrsrAmbkgSDSdDfbwsfbtnuhaspidßDßDaS1)
Ich schließe die Aussprache.Wir kommen zur Abstimmung über die Beschluss-mpfehlung des Auswärtigen Ausschusses aufrucksache 16/6330 zu dem Antrag der Bundesregie-ung zur Fortsetzung des Einsatzes bewaffneter deut-cher Streitkräfte im Rahmen der „United Nations Inte-im Force in Lebanon“. Der Ausschuss empfiehlt, denntrag auf Drucksache 16/6278 anzunehmen. Es ist na-entliche Abstimmung verlangt. Aus diesem Grunditte ich Sie, sorgfältig darauf zu achten, dass die Stimm-arten, die Sie verwenden, tatsächlich Ihren Namen tra-en. Ich bitte außerdem die Schriftführerinnen undchriftführer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen. –ies ist der Fall. Ich eröffne die Abstimmung.Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seinetimme nicht abgeben konnte?Ich wiederhole meine Frage: Gibt es noch Mitgliederes Hauses, die ihre Stimme nicht abgeben konnten? –as ist nicht der Fall.Ich schließe die Abstimmung und bitte die Schrift-ührerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zueginnen. Das Ergebnis der namentlichen Abstimmungird Ihnen später bekannt gegeben.1)Wir kommen nun zur Abstimmung über die Ent-chließungsanträge. Damit wir die Abstimmung durch-ühren und das Ergebnis zweifelsfrei feststellen können,itte ich die Kolleginnen und Kollegen, die an den wei-eren Beratungen teilnehmen wollen, ihre Plätze einzu-ehmen, und die anderen Kolleginnen und Kollegen, dienaufschiebbare Dinge zu erledigen haben, dies außer-alb des Plenarsaals zu tun.Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungs-ntrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 16/6331. Wertimmt für diesen Entschließungsantrag? – Die Gegen-robe! – Die Enthaltungen! – Der Entschließungsantragst gegen die Stimmen der Antragsteller bei Enthaltunger Fraktion Die Linke abgelehnt.Wir kommen zur Abstimmung über den Entschlie-ungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen aufrucksache 16/6332. Wer stimmt für diesen Entschlie-ungsantrag? – Gegenstimmen? – Gibt es Enthaltungen? –as ist nicht der Fall. Damit ist der Entschließungs-ntrag gegen die Stimmen der Antragsteller mit dentimmen der übrigen Fraktionen des Hauses abgelehnt.siehe Seite 11570 C
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Vizepräsidentin Petra PauWir setzen die Haushaltsberatungen fort und kommennun zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums fürwirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung,Einzelplan 23.Das Wort hat die Bundesministerin HeidemarieWieczorek-Zeul.
– Frau Ministerin, einen kleinen Moment bitte. Ichmöchte die Kolleginnen und Kollegen, die unaufschieb-bare Dinge zu erledigen haben, bitten, das außerhalb desSaales zu tun und uns die Möglichkeit zu geben, den Be-ratungen wieder zu folgen. – Das ist geschehen.Sie haben das Wort, Frau Ministerin.Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministerin fürwirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung:Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Liebe Kolleginnenund Kollegen! Heute hat die indonesische Insel Sumatrawieder Erschütterungen und Erdbeben erleben müssen,die hohe Werte auf der Richterskala erreicht haben. Wirwissen noch nichts über die einzelnen Schäden, aber wirwissen, dass viele Gebäude geräumt werden mussten.Unser Mitgefühl gilt den betroffenen Menschen in dieserRegion, die beim Tsunami schon so viel erleiden muss-ten. Diese Menschen sollen wissen, dass sie sich auf un-sere Solidarität in der Not verlassen können.
Das wollte ich zu Beginn gerne sagen.Wir haben die heutigen Debatten zum Haushalt im-mer unter dem Gesichtspunkt geführt, welche globalenUmbrüche unsere Welt erlebt. Wir sehen das am Beispieldes Klimawandels. Wir sehen es an den tektonischenVeränderungen in der Weltwirtschaft; Stichwort: Indienund China. Wir sehen, dass es wirklich eine multipolareWelt mit entsprechenden Auswirkungen geben wird. Wirsehen es an der Globalisierung der Finanzmärkte und de-ren Auswirkungen, und wir sehen es auch an den neuenEntwicklungen in Afrika.Demgemäß hat sich die Entwicklungszusammen-arbeit auf veränderte Verhältnisse einzustellen, und dieshat sie auch getan. Entwicklungszusammenarbeit be-deutet heute nicht nur Nothilfe und Armutsbekämpfung,sondern Unterstützung von sozialen Reformprozessenund Technologietransfer zur Rettung des Klimas. Ent-wicklungszusammenarbeit steht für den Beitrag zu einergerechteren globalen Rahmenordnung in der Weltwirt-schaft, den die Kanzlerin heute angemahnt hat. Sie stehtfür verantwortliche Regierungsführung, Krisenpräven-tion sowie Förderung von Demokratie und Menschen-rechten.Deshalb ist die Entwicklungszusammenarbeit mitvöllig neuen Herausforderungen konfrontiert, und des-halb hat sie zu Recht in diesem Haushalt auch mehr zu-sätzliche Mittel erhalten. Entsprechend steigt der Um-fang des Einzelplans 23 um fast 700 Millionen Euro.DhEwGdvgwMwruiKadpdwudHwsmpvMGJdDdüd7m„2mkiW
r ist natürlich für unsere Entwicklungszusammenarbeitichtig; aber vor allen Dingen ist dies ein Beitrag zurlaubwürdigkeit und Verantwortung unseres Landes;enn das, was auf diesem Gebiet investiert wird, sind In-estitionen in eine friedliche, in eine gerechte und ökolo-isch verantwortungsvolle Welt.
Mit diesem Haushalt übernehmen wir Globalverant-ortung. Wir leisten einen Beitrag zur Umsetzung derillenniumsentwicklungsziele, damit endlich die welt-eite Armut bekämpft wird.Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben in unse-em Lande umgedacht. Aber in globaler Hinsicht weistns zum Beispiel das schwedische Friedensforschungs-nstitut SIPRI darauf hin, dass nur 20 US-Dollar proopf der Bevölkerung weltweit heute ausreichten, umlle Millenniumsentwicklungsziele zu verwirklichen,ass aber weltweit heute schon wieder 187 US-Dollarro Kopf der Bevölkerung für Rüstung ausgegeben wer-en. Das macht deutlich: Wir müssen weltweit – so, wieir es auch mit unserem Etat tun – Schwerpunkte setzen,m der Agitationsbasis für Terrorismus und der Armuten Boden zu entziehen. Das machen wir mit unseremaushalt sehr deutlich.
Wir haben in dieser veränderten Welt auch die Verant-ortung, die Menschen und insbesondere junge Men-chen auf Umbrüche vorzubereiten. Deshalb freue ichich, dass es uns gelungen ist, unseren entwicklungs-olitischen Freiwilligendienst in diesem Haushalt zuerankern und damit die Chance zu bieten, dass jungeenschen unabhängig von finanziellen Mitteln und demeldbeutel ihrer Eltern die Chance haben, bis zu zweiahre lang einen entwicklungspolitischen Freiwilligen-ienst in Entwicklungsländern zu leisten.
as ist eine wunderbare Aufgabe für diese Jugendlichen,ie sehr große Zustimmung findet. Die Nachfrage istberwältigend. Wir wollen diesen Dienst so ausweiten,ass er mittelfristig mit einem Finanzvolumen von0 Millionen Euro bis zu 10 000 Einsatzplätze pro Jahröglich macht. Im Rahmen des FreiwilligenprogrammsWeltwärts“ ist eine Gemeinschaftsinitiative mit über00 Nichtregierungsorganisationen, aber auch mit Kom-unen und privaten Trägern vorgesehen. Wir gestalteneinen staatlichen Dienst, sondern eine Gemeinschafts-nitiative. Ich danke allen, die sich auf diese Art undeise in sie einbringen und eingebracht haben.
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Bundesministerin Heidemarie Wieczorek-ZeulWer sich als Jugendlicher an einem solchen Dienstbeteiligt, der wird niemals zum Rassisten. Auch deshalbist es so wichtig, dass wir diese Arbeit engagiert unter-stützen. Ich bedanke mich bei allen, die dies in den jetzi-gen Haushaltsberatungen tun.
Wir haben aber auch andere Schlussfolgerungen ge-zogen, nämlich bei G 8 in Richtung auf den Heiligen-damm-Prozess, wobei zum Beispiel Länder wie Brasi-lien, China, Indien, Mexiko und Südafrika in die globaleVerantwortung einbezogen worden sind, um deutlich zumachen: Die G 8 sind sich nicht selbst genug.Ich will an der Stelle ausdrücklich noch einmal aufunsere Entwicklungszusammenarbeit mit China einge-hen. Heute Morgen hat ja auch Herr Westerwelle diesewieder einmal angesprochen. Nicht ohne Grund hat derPräsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie,Jürgen Thumann, der, wie ich glaube, nicht prinzipiellmit der Sozialdemokratie in Verbindung gebracht wer-den kann, unsere Entwicklungszusammenarbeit mitChina im Handelsblatt mit großem Lob versehen. Ichzitiere mit Erlaubnis der Präsidentin:Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit leistetdabei einen wichtigen Beitrag. Erstens wird Chinabeim Umwelt- und Klimaschutz unterstützt durchUmweltpolitikberatung, Verbesserung der Energie-effizienz oder der nachhaltigen Forstwirtschaft.Zweitens leistet die Entwicklungszusammenarbeiteinen wichtigen Beitrag bei der Stärkung markt-wirtschaftlicher Elemente in China, etwa beim Aus-bau des Rechtssystems und beim Schutz geistigenEigentums. Drittens trägt der entwicklungspoliti-sche Dialog dazu bei, China stärker in die globaleVerantwortung einzubinden, auch im Hinblick aufdas Engagement Chinas auf den RohstoffmärktenAfrikas.Ich freue mich über diese mit Lob verbundene Einschät-zung des BDI-Präsidenten und würde mir ein ähnlich un-parteiisches Lob auch von anderen in diesem Hause, diestattdessen versuchen, parteipolitische Taktik zu ma-chen, wünschen.
Der zweite Punkt in Verbindung mit der Verantwor-tung der G 8 betrifft Afrika. Wir haben bei den G-8-Treffen einen besonderen Schwerpunkt gesetzt, der sichauch in den Beschlüssen niederschlägt:So stehen wir, wie es auch heute Morgen die Kanzle-rin gesagt hat, zu den Verpflichtungen des Gipfels vonGleneagles, der in Heiligendamm bestätigt worden ist,nämlich dazu beizutragen, dass bis zum Jahr 2010 dieMittel für Afrika vonseiten der G 8 verdoppelt werden.Entsprechende Schritte in diese Richtung können wir mitdem vorliegenden Haushalt auch umsetzen.pknrwErANdhvmWatddgiwtetuvrsuWSvtguzGkDsBddugd
amit er endlich dazu beiträgt, die Gewalt und das Leid,as Frauen im Osten des Kongo durch Vergewaltigun-en zugefügt wird, zu beenden. In der letzten Zeit ist esmmer wieder deutlich geworden – man konnte es heuteieder lesen –, dass dort von allen beteiligten Mili-ärgruppen Vergewaltigungen als ein Mittel im Kriegingesetzt werden. Dabei handelt es sich nach dem Sta-ut des Internationalen Strafgerichtshofs, Art. 7 und 8,m Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegs-erbrechen. Ich fordere daher die kongolesische Regie-ung auf, diesen Verbrechen gegen die Menschlichkeitowie anderen Kriegsverbrechen ein Ende zu machennd die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.
enn dies nicht endlich geschieht, so ist gemäß seinemtatut der Internationale Strafgerichtshof in Den Haagerpflichtet, gegen die Verantwortlichen in den beteilig-en Militärgruppen vorzugehen, so wie er es auch auf-rund der Geschehnisse in Darfur in den letzten Wochennd Monaten getan hat. Wir dürfen dabei nicht längerusehen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Wir halten unsere Versprechen und Zusagen. Bei dem-8-Treffen haben die G 8 zugesagt, für die Aidsbe-ämpfung, insbesondere in Afrika, 60 Milliarden US-ollar bis zum Jahr 2015 – die USA wollen das sogarchon früher erreichen – zur Verfügung zu stellen. Dieundesregierung hat zugesagt, bis zum Jahr 2015, wennie Millenniumsziele erreicht sein sollen, 4 Milliar-en Euro für die Bekämpfung von HIV/Aids, Malariand Tuberkulose einzusetzen. Das soll auf zwei Wegeneschehen: Wir werden den hier in zwei Wochen tagen-en Globalen Fonds finanziell unterstützen und die ent-
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11570 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 111. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. September 2007
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Bundesministerin Heidemarie Wieczorek-Zeulnein: 126 Hubert Deittert Michael Grosse-Brömer Kristina Köhler
JaCDU/CSUUlrich AdamIlse AignerPeter AlbachPeter AltmaierDorothee BärThomas BareißNorbert BarthleGünter BaumannErnst-Reinhard Beck
Veronika BellmannDr. Christoph BergnerOtto BernhardtClemens BinningerPeter BleserAntje BlumenthalDr. Maria BöhmerJochen BorchertWolfgang Börnsen
Wolfgang BosbachKlaus BrähmigHelmut BrandtDr. Ralf BrauksiepeThomas DörflingerMarie-Luise DöttMaria EichhornDr. Stephan EiselAnke Eymer
Georg FahrenschonIlse FalkDr. Hans Georg FaustEnak FerlemannIngrid FischbachHartwig Fischer
Dirk Fischer
Dr. Maria FlachsbarthKlaus-Peter FlosbachHerbert FrankenhauserDr. Hans-Peter Friedrich
Erich G. FritzJochen-Konrad FrommeDr. Michael FuchsHans-Joachim FuchtelDr. Peter GauweilerDr. Jürgen GehbNorbert GeisEberhard GiengerMichael GlosRalf GöbelMMDOGUUJBEPRKFAHSDDDABHSABSanfred Grundonika Grüttersr. Karl-Theodor Freiherr zuGuttenberglav Guttingerda Hasselfeldtrsula Heinenda Carmen Freia Hellerürgen Herrmannernd Heynemannrnst Hinskeneter Hintzeobert Hochbaumlaus Hofbauerranz-Josef Holzenkampnette Hübingerubert Hüppeusanne Jaffker. Peter Jahrr. Hans-Heinrich Jordanr. Franz Josef Jungndreas Jung
artholomäus Kalbans-Werner Kammerteffen Kampeterlois Karlernhard Kaster
Norbert KönigshofenDr. Rolf KoschorrekHartmut KoschykThomas KossendeyMichael KretschmerGunther KrichbaumDr. Günter KringsDr. Martina KrogmannJohann-HenrichKrummacherDr. Hermann KuesDr. Karl A. Lamers
Andreas G. LämmelKatharina LandgrafDr. Max LehmerPaul LehriederIngbert LiebingPatricia LipsDr. Michael LutherStephan Mayer
Wolfgang MeckelburgDr. Michael MeisterDr. Angela MerkelFriedrich MerzMaria MichalkPhilipp MißfelderDr. Eva MöllringMarlene Mortlerenthalten: 4 Alexander Dobrindt Markus Grübel Manfred Kolbesprechenden Mittel aufstockenUnterstützung des Haushaltswollen wir die bilateralen Mittweiten; denn auch das ist einGlaubwürdigkeit. Die Tagungder erste Test für die G 8, obstehen. Dass wir das tun, könnhalt belegen. Dort sind die grbei den Mitteln für die Aidsbeksammenarbeit mit Afrika vorgesonders dankbar; denn das sinuns.
legen, die Entwicklungs-Aufgaben ganz neue Zu-zeigt sich auch in diesemnsere europäische Ver-ch finde, angesichts derch zu Anfang angespro-pas wichtig. Er verbindet Werten, für die wir ste- Gestaltung der Globali- wir viele Aufgaben. Iches Dialogs und der gutenBzsfAlzSnetbtdAnsfonika Brüningeorg Brunnhuberajus Caesaritta Connemanneo DautzenbergJPDUHeispiele auch in Regionen wiu den Demokratien zählen odeind.Ich hoffe auf Ihre Unterstüür diese. Lassen Sie uns gemusdruck bringen und sie umseVielen Dank.
:egen, bevor ich dem Kol-ebe, komme ich zurück gebe Ihnen das von denführern ermittelte Ergeb-ung über die Beschluss-usschusses zu dem An-ortsetzung des Einsatzesfte im Rahmen der Uni-banon bekannt – es han-16/6278 und 16/6330 –:t Ja haben 441 Kollegin-mit Nein haben 126 ge-gen. Die Beschlussemp-.olker Kauderckart von Klaedenürgen Klimkeulia Klöcknerens Koeppen
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 111. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. September 2007 11571
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Vizepräsidentin Petra PauDr. Gerd MüllerHildegard MüllerCarsten Müller
Stefan Müller
Bernd Neumann
Michaela NollDr. Georg NüßleinFranz ObermeierEduard OswaldHenning OtteRita PawelskiUlrich PetzoldDr. Joachim PfeifferSibylle PfeifferBeatrix PhilippRonald PofallaRuprecht PolenzDaniela RaabThomas RachelHans RaidelDr. Peter RamsauerPeter RauenKatherina Reiche
Klaus RiegertDr. Heinz RiesenhuberFranz RomerKurt J. RossmanithDr. Norbert RöttgenDr. Christian RuckAlbert Rupprecht
Peter RzepkaAnita Schäfer
Hermann-Josef ScharfDr. Wolfgang SchäubleHartmut SchauerteDr. Annette SchavanDr. Andreas ScheuerKarl SchiewerlingGeorg SchirmbeckBernd SchmidbauerChristian Schmidt
Andreas Schmidt
Ingo Schmitt
Dr. Andreas SchockenhoffDr. Ole SchröderBernhard Schulte-DrüggelteUwe SchummerWilhelm Josef SebastianHorst SeehoferKurt SegnerBernd SiebertThomas SilberhornJohannes SinghammerErika SteinbachChristian Freiherr von StettenGero StorjohannAndreas StormMax StraubingerMichael StübgenHans Peter ThulAntje TillmannDr. Hans-Peter UhlArnold VaatzVolkmar Uwe VogelAndrea Astrid VoßhoffGerhard WächterMarco WanderwitzKMPGInKAKWEDWWSDNInREDDSSDUKDUPVKCGDKBEMUMDCMDKMDEGDSSHGPAGRGDPSMIrGai Wegnerarcus Weinbergeter Weiß
erald Weiß
go Wellenreutherarl-Georg Wellmannnnette Widmann-Mauzlaus-Peter Willschilly Wimmer
lisabeth Winkelmeier-Beckeragmar Wöhrlolfgang Zöllerilli ZylajewPDr. Lale Akgüniels Annengrid Arndt-Brauerainer Arnoldrnst Bahr
oris Barnettr. Hans-Peter Bartelsören Bartolabine Bätzingirk Beckerwe Beckmeyerlaus Uwe Benneterr. Axel Bergte Bergetra Bierwirtholker Blumentritturt Bodewiglemens Bollenerd Bollmannr. Gerhard Botzlaus Brandnerernhard Brinkmann
delgard Bulmahnarco Bülowlla Burchardtartin Burkertr. Michael Bürschhristian Carstensenarion Caspers-Merkr. Herta Däubler-Gmelinarl Dillerartin Dörmannr. Carl-Christian Dressellvira Drobinski-Weißarrelt Duinetlef Dzembritzkiebastian Edathyiegmund Ehrmannans Eichelernot Erleretra Ernstbergernnette Faßeabriele Fograscherainer Fornahlabriele Frechenagmar Freitageter Friedrichigmar Gabrielartin Gersteris Gleickeünter GloserADMKGAWWHBKMNRRDGPSGIFEKCLBJJJUDUCHADWFKRANVDAJHUDCCDWHGLCMPUDUMMGFngelika Graf
ieter Grasedieckonika Griefahnerstin Grieseabriele Gronebergchim Großmannolfgang Grotthausolfgang Gunkelans-Joachim Hackerettina Hagedornlaus Hagemannichael Hartmann
ina Hauereinhold Hemkerolf Hempelmannr. Barbara Hendricksustav Herzogetra Heßtephan Hilsbergerd Höferris Hoffmann
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osip Juratovicohannes Kahrslrich Kasparickr. h. c. Susanne Kastnerlrich Kelberhristian Kleimingerans-Ulrich Klosestrid Klugr. Bärbel Kofleralter Kolbowritz Rudolf Körperarin Kortmannolf Kramernette Krammeicolette Kresslolker Kröningr. Hans-Ulrich Krügerngelika Krüger-Leißnerürgen Kucharczykelga Kühn-Mengelte Kumpfr. Uwe Küsterhristine Lambrechthristian Lange
r. Karl Lauterbachaltraud Lehnelga Lopezabriele Lösekrug-Möllerothar Markaren Marksarkus Meckeletra Merkel
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11572 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 111. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. September 2007
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entin! Liebe Kolleginnenhrten Damen und Herren!F7Slgssichael Link
orst Meierhoferatrick Meinhardtan Mückeurkhardt Müller-Sönksenirk Niebeletlef Parrornelia Pieperisela Piltzörg Rohderank Schäfflerr. Konrad Schilyr. Hermann Otto Solmsarl-Ludwig Thielelorian Toncarhristoph Waitzr. Guido Westerweller. Claudia Wintersteinr. Volker Wissingartfrid Wolff
artin ZeilIE LINKEüseyin-Kenan Aydinr. Dietmar Bartscharin Binderr. Lothar Biskyr. Martina Bungeoland Clausevim Dağdelenr. Diether Dehmerner Dreibusr. Dagmar Enkelmannlaus Ernstolfgang Gehrckeiana Golzer. Gregor Gysieike Hänselutz Heilmannans-Kurt Hillnge Högerr. Barbara Hölllla Jelpker. Lukrezia Jochimsenr. Hakki Keskinonika KnochePBEPVDDDFDDAJBDPDSMHFHGECNSEFMBDDür den Etat des BMZ im Hau00 Millionen Euro mehr vorgeteigerung auf insgesamt 5,1 Mand ist damit auf dem Weg, seen einzuhalten. Das müssen wo.Frau Ministerin, Sie habenprochen, Gesundheit und W
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 111. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. September 2007 11573
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Ganz anders verhält es sich leider mit der Budget-hilfe. Hier wird das Geld in den Haushalt eines Landesgekippt, ohne Kontrollen und mit fragwürdiger Effi-zienz.
Wir haben schon öfter gesagt, dass wir Budgethilfenicht prinzipiell ablehnen. Sie kann ein wirksames In-strument der Entwicklungszusammenarbeit sein, aller-dings nur, wenn sie gezielt und vernünftig angewendetwird, und genau das vermissen wir leider.Budgethilfe kann man nur mit handverlesenen, ver-trauenswürdigen Partnern vereinbaren. Wir müssen im-mer wieder im Nachhinein feststellen, dass das Ver-trauen, das wir in unsere Partnerregierungen gesetzthaben, nicht gerechtfertigt war. Nur ist das Geld dannleider weg. Wenn wir schon Budgethilfe leisten, müssenwir mehr als bisher darauf achten, dass das Geld korrektverwendet wird; wir müssen das auch kontrollieren. Ichhalte es da mit Herrn Lenin – gerade wenn es um Geldgeht –: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.
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11574 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 111. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. September 2007
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Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-legen! Nach dieser sehr engagierten, aber für meine Be-griffe etwas undifferenzierten Rede von Ihnen, HerrAddicks, möchte ich zunächst festhalten, dass dasJahr 2007 ein für die deutsche Entwicklungspolitikwichtiges und, wie sich abzeichnet, gutes Jahr werdenwird. Die deutsche G-8- und EU-Präsidentschaft hat diestrategische Bedeutung der Entwicklungspolitik für diefriedliche und nachhaltige Entwicklung unserer Erde un-terstrichen. Ich glaube, dass noch nie ein deutscher Bun-deskanzler globale und entwicklungspolitische Themenso ins Zentrum eines G-8-Gipfels gerückt hat, wie esFrau Merkel getan hat, und dass entwicklungspolitischeThemen überhaupt noch nie so in den Fokus der Weltöf-fentlichkeit gerückt wurden wie in Heiligendamm.
Ich glaube aber auch, dass noch nie so große entwick-lungspolitische Herausforderungen im Kampf um dieErhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen, im Kampfgegen Hunger, Elend und Perspektivlosigkeit, im Kampfauch gegen eine zunehmend gefährliche Ungleichge-wichtung in der Welt und im Kampf für mehr Sicherheitund gegen Terrorismus zu bewältigen waren.Mit dem Haushaltsentwurf 2008 wird die schwarz-rote Koalition den Entwicklungshaushalt nun zum drit-ten Mal in Folge signifikant anheben, und zwar um1B4tsdzuDhimlghGiblsffKmgldKwfdgddCsdvtgWJwledAagkE
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– Da haben Sie mich auf Ihrer Seite.Ein vielfach entscheidendes entwicklungspolitischesZiel – auch das wurde zu Recht angesprochen – ist dieÜberwindung entwicklungshemmender politischer Struk-turen und Entscheidungsmechanismen in Entwicklungs-ländern. Herr Addicks, wir halten Good Governance fürden zentralen Begriff in unserem Instrumentarium und inunserer Zielsetzung. Wir müssen aber alles das, was zurDemokratie, zur Gewaltenteilung und auch zum Entste-hen handlungsfähiger politischer Parteien mit einem ent-sprechenden Parteiprogramm führt, stärker als bisher un-terstützen. Dazu gehört auch der Aufbau einerZivilgesellschaft, die auf allen Ebenen kontrollierendeinwirken kann.Wir möchten auch heute wieder das Bekenntnis abge-ben, dass es zu unseren Aufgaben und zu unserer Politikgehört, so wichtige Einrichtungen wie unsere politischenStiftungen, aber auch NGOs und vor allem die Kirchenweiterhin konsequent und beharrlich zu unterstützen.Auch das wollen wir in diesem Haushalt als Signal ver-wirklicht sehen.
Herr Kollege Ruck, gestatten Sie eine Zwischenfrage
des Kollegen Addicks?
Ja.
Herr Kollege Ruck, ich gebe Ihnen gerne die Mög-
lichkeit, Ihre Redezeit zu verlängern. Sie sprachen ge-
rade die politischen Stiftungen an. Haben Sie zur
Kenntnis genommen, dass im Haushalt des AA und des
BMZ gegenläufige Maßnahmen zur Förderung von poli-
tischen Stiftungen getätigt werden, was per saldo darauf
hinausläuft, dass die politischen Stiftungen insgesamt
7 Millionen Euro weniger bekommen?
Ich sage es noch einmal: Für uns ist es wichtig, dass
die Stiftungen insgesamt, was ihre Arbeit betrifft, ge-
stärkt werden. Sie haben vollkommen recht, dass es per
saldo keine Verbesserung ist, wenn die eine Hand
nimmt, was die andere Hand gibt.
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Ich gehe der Sache natürlich nach. Lassen Sie mich aber
klarstellen, dass ich schon vor einem Vierteljahr ange-
regt habe, uns im Süden entwicklungspolitisch stärker zu
engagieren. Daran halte ich fest. Alle Einzelprojekte in
Afghanistan habe ich leider nicht im Kopf. Ich glaube
aber, es gibt jemanden, der Ihnen Ihre Frage sofort be-
antworten kann.
Wenn die Frage des Kollegen Trittin damit beantwor-
tet ist, stellt sich die Frage, ob die Kollegin Bundesmi-
nisterin Ihnen gleich eine weitere Zwischenfrage stellen
darf.
Bitte.
Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministerin für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung:
Herr Kollege Ruck, stimmen Sie mit mir in der Auf-
fassung überein, dass das Ministerium bis August ge-
wartet hat, weil es die Bestätigung der niederländischen
Regierung abwarten wollte, dass das PRT aufrechterhal-
ten wird, damit die Sicherheit der Mitarbeiter von GTZ
International Services gewährleistet ist, und dass das un-
serer Fürsorgepflicht entspricht? Alles andere wäre vom
Kollegen Trittin sicherlich kritisiert worden.
Einen kleinen Moment, bitte. – Wir müssen erst ein-
mal einen kleinen Fehler von mir korrigieren. Ich hätte
die Ministerin auffordern müssen, die Regierungsbank
zu verlassen. Von der Regierungsbank aus kann sie keine
Zwischenfragen stellen.
Ich bin für Entbürokratisierung.
Herr Trittin, ich bin mit der Ministerin einig. Es ist so,wie sie es beschrieben hat.Nun zum Ernst der Lage. Die Entwicklung in Afgha-nistan hängt natürlich damit zusammen, was in denNachbarländern passiert. Pakistan ist inzwischen allge-mein als entscheidender Schlüsselfaktor für die Entwick-lung in Afghanistan anerkannt.AtKszfLBtdLmarnfEdgWZmgsaedzeiDlvssFRzeaWDtwIduDHrnt
Das Spannungsverhältnis zwischen bilateraler Hilfend multilateraler Hilfe ist ebenfalls ein Dauerbrenner.arüber gibt es eine Diskussion unter uns Koalitionären.ier geht es darum, die richtige Balance zu finden. Dieichtige Balance muss sich an zwei Dingen ausrichten,ämlich an der Effizienz der internationalen Organisa-ionen und an der Sichtbarkeit unseres Beitrags dort.
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Dr. Christian RuckDeswegen sagen wir: Wir wollen im internationalen Ge-schehen mehr Einfluss. Wir wollen – dazu gibt es in dernächsten Sitzungswoche einen Antrag von uns Koalitio-nären – aus deutscher Sicht mehr Personal, vor allemqualifiziertes Personal, in internationalen Organisatio-nen.
Wir wollen auch, dass das BMZ für die Aufgaben derZukunft besser aufgestellt ist, indem die unsinnige Per-sonalspirale nach unten aufgehoben wird. Der jetzigePersonalbestand im BMZ entspricht dem von 1975, je-doch gibt es jetzt ganz andere Aufgaben und Herausfor-derungen. Deswegen muss die Frage, wie das BMZ inZukunft ausgestaltet wird, auf die Tagesordnung. Hier-bei bitte ich um Unterstützung des ganzen Hauses.
Kollege Ruck, es ist jetzt Zeit für den angekündigten
Schlusssatz.
Ich bin gleich fertig.
Mein Schlusssatz: Entwicklungspolitik ist nicht nur
ein humanitärer Auftrag, sondern dient auch der Sicher-
heit unserer eigenen Bevölkerung. Dieser Etat ist ein zu-
tiefst investiver Haushalt, mit dem über 200 000 Arbeits-
plätze in Deutschland gesichert werden.
Ich zitiere noch meinen Freund und Fußballkollegen
Carsten Schneider, der diese Woche gesagt hat: Der
Haushaltsentwurf des BMZ ist gut. Wir wollen dafür
sorgen, dass er noch besser wird.
Danke.
Das war ein ganzes Schlusskapitel. – Das Wort hat
der Kollege Michael Leutert für die Fraktion Die Linke.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Auch die Linke begrüßt und unterstützt, dass von den im
Gesamtetat neu zu verteilenden 12,7 Milliarden Euro
660 Millionen Euro in den Haushalt des BMZ fließen.
Wir sind froh, dass nicht auch diese 660 Millionen Euro
im Etat des Verteidigungsministers gelandet sind.
Weil ein Argument, das ich in der Debatte über den
Haushalt des Auswärtigen Amtes angeführt habe, sehr
gut angekommen ist, möchte ich es gerne wiederholen:
Die Freude auf unserer Seite wird sehr stark dadurch ge-
trübt, dass die Mehreinnahmen, die wir verteilen, nicht
dadurch zustandegekommen sind, dass eine kluge und
gerechte Einnahmepolitik betrieben wurde, sondern da-
durch, dass wir den Bürgerinnen und Bürgern dieses
Geld durch die Mehrwertsteuererhöhung abgenommen
haben. Es gehört zur Haushaltswahrheit und -klarheit,
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Man muss das im Gesamtzusammenhang betrachten.
s geht nicht immer um einzelne Politikbereiche, son-
ern manchmal auch um größere Zusammenhänge.
Jetzt stehen uns 5,2 Milliarden Euro zur Verfügung.
s geht nun darum, nach welchen Prioritäten dieses Geld
ngelegt wird. Der Kollege Westerwelle hat in der De-
atte am heutigen Vormittag mit Bezug auf China ge-
agt, wir würden im Bereich der Entwicklungshilfe Geld
erplempern.
Dazu möchte ich ganz klar und deutlich sagen: Ich
laube, fraktionsübergreifend sind wir hier anderer Mei-
ung. Die Runde der Berichterstatter des Haushaltsaus-
chusses war in diesem Sommer in China – die FDP war
ort nicht vertreten –, um sich dort verschiedene Pro-
ekte in den Bereichen Klimaschutz, Aufforstung und
esundheit, unter anderem zu präventiven Maßnahmen
egen Epidemien, Krankheiten usw., anzusehen.
Wir sind der Auffassung, dass eine Unterstützung sol-
her Projekte eine sinnvolle Investition in eine sichere
ukunft ist. Denn in einem Wachstumsmarkt wie
hina mit 1,3 Milliarden Menschen werden wir in Zu-
unft nur dann Sicherheit und eine stetige Entwicklung
ewährleisten können, wenn dort auch eine soziale und
kologisch nachhaltige Entwicklung stattfindet.
Kollege Leutert, gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Mittlerweile stellt sich nicht mehr die Frage, ob Chinans in Zukunft braucht, sondern die Frage, ob wir in Zu-unft China brauchen. Daher müssen wir in sinnvollerojekte investieren.
Wenn es darum geht, in welchem Bereich Geld ver-lempert wird, dann sollten wir über das Thema reden,ber das wir gerade namentlich abgestimmt haben. Icheine die 95 Millionen Euro, die für den UNIFIL-Ein-atz bereitgestellt werden. In der Begründung des An-rags der Bundesregierung steht, dass der Waffen-chmuggel auf dem Seeweg effektiv unterbunden wurde.
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11578 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 111. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. September 2007
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Michael LeutertAls ich heute im Haushalts- und im Menschenrechtsaus-schuss gefragt habe, wie viele Boote aufgebracht undwie viele Waffen sichergestellt worden sind, lautete dieAntwort: 9 008 Schiffe wurden registriert, 36 wurden andie libanesischen Streitkräfte gemeldet, und die Zahl dergefundenen Waffen ist 0.Niemand fragt nach, wofür diese 95 Millionen Euroverwendet werden. Dieses Geld wird einfach rausge-schmissen. In China investieren wir im Rahmen von TZund FZ in jedem Jahr insgesamt 167 Millionen Euro.Auch hier frage ich nach dem Verhältnis zwischen zivi-len und militärischen außenpolitischen Instrumenten. Ichglaube, es liegt auf der Hand, welches Instrument bessergeeignet ist.
– Das sind keine abenteuerlichen Zusammenhänge. Esgeht darum, wie man die verschiedenen Instrumente derAußenpolitik einsetzt.
Kollege Leutert, gestatten Sie jetzt eine Zwischen-
frage, und nehmen Sie damit das Angebot aus der FDP-
Fraktion an, Ihre Redezeit noch ein wenig zu verlän-
gern?
Bitte.
Herr Kollege, es gibt gute Projekte, die auch die FDP
kennt. Auch wir wollen diese Projekte nicht einstellen.
Niemand hat jemals gesagt, wir sollten dort keine techni-
sche oder sonstige Unterstützung leisten. Vor diesem
Hintergrund frage ich Sie: Stimmen Sie mit mir überein,
dass wir von Ländern, die über eine Wirtschafts- und
Finanzkraft wie China verfügen, die Kosten solcher Pro-
jekte also selbst tragen können, einen ordentlichen
Eigenbeitrag verlangen sollten, anstatt sie obendrein da-
durch zu erniedrigen, dass wir so tun und sogar öffent-
lich erklären, wir könnten diese Länder quasi kaufen, in-
dem wir ihnen ein paar Millionen Euro an die Hand
geben und damit Einfluss auf ihre Politik nehmen?
Herr Kollege, ich bin mit Ihnen dieser Meinung. Aber
erstens geschieht das meiner Kenntnis nach im Fall
China. Zweitens ist Entwicklungshilfe natürlich immer
auch eine Hilfe für das Geberland. Mindestens 2 Euro
fließen für 1 Euro, der in Wirtschaftshilfe investiert
wird, zurück.
– Ich kann Ihnen die Studien gern zusenden. Drittens
habe ich davon gesprochen, dass es für uns aus sicher-
heitspolitischen Gründen relevant ist, wie wir in der Au-
ßenpolitik mit China in diesen Bereichen umgehen.
China ist – zumindest meiner Erfahrung aus Begegnun-
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Wir arbeiten da gut zusammen.
Das ist eine Strukturfrage, die wir in den nächsten Be-
atungen klären können.
Entwicklungshilfe und wirtschaftliche Zusammenar-
eit gehören nach Auffassung meiner Fraktion zu den
ichtigsten außenpolitischen Instrumenten im zivilen
ektor. Es tut mir leid, wenn ich den Vergleich noch ein-
al anstellen muss, aber das wird durch die Haushalts-
truktur provoziert: Unserer Meinung nach wäre die
Milliarde Euro, die auf den zweitgrößten Etat – den
es Verteidigungsministeriums – daraufgelegt wird, we-
entlich sinnvoller im BMZ angelegt.
Vielen Dank.
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun der
ollege Thilo Hoppe das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!ie Herausforderung bleibt riesengroß. Trotz aller Er-olge, die es ohne Zweifel gibt, kommen wir an der Tat-ache nicht vorbei, dass wir von der Erreichung derillenniumsentwicklungsziele noch sehr weit entferntind. Es wurde vor kurzem Zwischenbilanz gezogen. Esibt Teilerfolge in einigen Bereichen, aber nach wie vorine erschreckend hohe Zahl von Hungernden, eineahl, die sogar noch steigt. 854 Millionen Menschenind bedrohlich chronisch unterernährt. Der Kampf ge-en den Hunger wird durch die vom Menschen verur-achte Klimaveränderung enorm erschwert. Gelingt esns nicht, die Erderwärmung auf zusätzliche 2 Gradelsius zu begrenzen, so drohen in Afrika je nach Szena-io Ernteausfälle von 25 Prozent bis 40 Prozent.Da die Herausforderung riesengroß ist, müssen wirngemessen darauf antworten. Um die Millenniumsent-icklungsziele doch noch zu erreichen sowie die Erd-rwärmung auf zusätzliche 2 Grad Celsius zu begrenzen,ind allergrößte Anstrengungen erforderlich. Da reichticht der Schritt in die richtige Richtung, den die Kanz-erin heute angekündigt hat. Es ist ein ganzes Bündel anaßnahmen, die gleichzeitig ergriffen werden müssen,otwendig. Dazu gehören verschärfte Reformanstren-ungen in den Entwicklungsländern selbst, der Abbauon ungerechten, klima- und entwicklungsschädlichenubventionspraktiken in den Industrienationen, bessereahmenbedingungen für einen gerechten und fairenelthandel, neue Finanzierungsinstrumente, besonders
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 111. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. September 2007 11579
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Thilo Hoppefür den Klima- und Tropenwaldschutz, und nicht zuletztmehr und bessere Entwicklungszusammenarbeit.So grundsätzlich formuliert werden das wohl alleKolleginnen und Kollegen hier unterschreiben können.Die Unterschiede werden deutlicher, wenn wir ins Detailgehen. Ich möchte sowohl Qualität als auch Quantitätunserer Entwicklungszusammenarbeit kritisch beleuch-ten. Ich fange aber mit einem Kompliment an: Auch wirbegrüßen ausdrücklich, dass im Bundeshaushalt rund750 Millionen Euro mehr als im Vorjahr auf verschie-dene Ressorts verteilt für Entwicklungszusammenarbeitzur Verfügung gestellt werden. Um Ihrem Zwischenrufzuvorzukommen, gebe ich zu, dass wir uns das unterRot-Grün auch gewünscht hätten. Aber weder an denGrünen noch am BMZ sind vergleichbare Zuwächse ge-scheitert, sondern am Finanzminister und an gewissenKabinettsentscheidungen.Wie gesagt, verdient der Zuwachs um 750 MillionenEuro Lob. Es muss aber der Hinweis erlaubt sein, dassnoch etwas fehlt, und zwar mindestens 250 MillionenEuro. Damit man all das, was auf den roten Teppichender Gipfelkonferenzen versprochen wurde, ernst nehmenkann, hätte es – da gibt es sehr konkrete Berechnungen –ein Aufwuchs um 1 Milliarde Euro sein müssen. Außer-dem hätte es einen deutlicheren Anstieg bei den Ver-pflichtungsermächtigungen, die ja die weiteren Stufenandeuten, geben müssen. Mit der Einführung einer Flug-ticket-Tax wäre dies auch finanzierbar gewesen, zumin-dest der für den Haushalt 2008 notwendige Schritt.Wir legen für den Haushalt 2008 ein ressortübergrei-fendes Konzept vor, das die Versprechen ernst nimmt,gegenfinanziert ist und einen Aufwuchs um weitere250 Millionen Euro vorsieht. Inhaltlich gibt es für unsdrei Schwerpunkte:Erstens: der zivile Aufbau in Afghanistan. Für diesenist zwar eine Erhöhung um 25 Millionen Euro einge-plant; aber diese stehen zum militärischen Engagement,zu den Kosten für den umstrittenen Tornadoeinsatz,doch in einem krassen Missverhältnis. Wir fordern, dieAusgaben für den zivilen Aufbau um 100 MillionenEuro zu erhöhen, also zu verdoppeln.Zweitens: die konsequente Verbindung von Armuts-bekämpfung und Klimaschutz. Wir Grünen werben undstreiten für einen Klimaschutzhaushalt. Deshalb werdenwir insbesondere für den Tropenwaldschutz, aber auchfür die Verbreitung der Nutzung erneuerbarer Energienund für den Erhalt der biologischen Vielfalt zusätzlicheGelder beantragen. Wir hoffen auf Unterstützung ausden anderen Fraktionen. Wir wollen auch mehr Geld füreine nachhaltige, ökologische Landwirtschaft als Beitragzur Wüstenbekämpfung und als Beitrag zur Förderungder ländlichen Entwicklung.
Drittens. Wir brauchen mehr Geld für den Ausbau derGesundheitssysteme der Entwicklungsländer, damit dieMittel des Global Funds sinnvoll eingesetzt werden kön-nen.aeGAetDndwmSukaHAkkmgfs7zBshtstvIedaD
a wurde eine Menge angekündigt. Jetzt zeichnet sichur ein ganz kleines Reförmchen ab, das vielleicht nurer Gesichtswahrung dient. Da muss noch nachgebesserterden. Wir brauchen eine bessere Entwicklungszusam-enarbeit und natürlich auch mehr Geld.Danke schön.
Das Wort hat die Kollegin Dr. Bärbel Kofler für die
PD-Fraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnennd Kollegen! An den letzten Satz kann man wohl an-nüpfen: Wir brauchen für die Entwicklungszusammen-rbeit mehr Geld, wie immer. Ich freue mich, dass deraushalt, den wir vorgelegt haben, hier einen deutlichenufwuchs aufweist. Es ist von allen Fraktionen aner-annt worden, dass der Haushalt in diesem Bereich umnapp 670 Millionen Euro wächst. Besonders freutich, dass man – auch an den Verpflichtungsermächti-ungen, Herr Kollege Hoppe – sehr wohl einen Trendür die Zukunft ablesen kann, insbesondere an der Zu-age, in diesem Jahr und in den nächsten drei Jahren50 Millionen Euro zur Armutsbekämpfung einzuset-en.Da sind wir mit unseren Gemeinsamkeiten in vielenereichen schon am Ende. Kollege Addicks, Sie habenich zum Thema Budgethilfe geäußert. Wissen Sie, ichabe manchmal den Eindruck, Sie unterstellen den Frak-ionen bzw. den Parlamentariern, die daran interessiertind, mit dem Instrumentarium der Budgethilfe vernünf-ige Arbeit zu leisten, sie hätten Spaß daran, Steuern zuerschwenden; das kommt bei Ihnen immer so herüber.
ch kann Ihnen eine Studie der SWP empfehlen,
ine sehr differenzierte Ausarbeitung zum Thema „Kon-itionalität in der europäischen Entwicklungszusammen-rbeit“, in der die Budgethilfe eingehend behandelt wird.och mit Ihrem Beitrag in der Märkischen Allgemeinen
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11580 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 111. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. September 2007
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Dr. Bärbel Koflerwollen Sie und der Kollege Königshaus das Thema Bud-gethilfe in der Öffentlichkeit diskreditieren. Sie arbeitenmit völlig falschen Zahlen.Sie behaupten, wir verschleudern im Zusammenhangmit internationalen Gremien und direkter BudgethilfeSteuergelder. Sie führen als Beispiel an, Syrien würden44 Millionen Euro zur Betreuung der irakischen Flücht-linge bereitgestellt. Ich würde Sie bitten, die Zahlen ge-nau zu lesen. Was Syrien angeht – das Engagement derFrau Ministerin möchte ich an dieser Stelle ausdrücklichunterstützen –, sind 4 Millionen Euro zusätzlich für ei-nen bestimmten Bereich, nämlich den Schulbau fürFlüchtlingskinder aus dem Irak, zugesagt worden. Syriennimmt bekanntermaßen einen Großteil der Flüchtlingeaus dem Irak auf. Die Kinder dieser Flüchtlinge müssenin Schulen betreut werden. Es geht nicht an, dass in die-sen Schulen ein Zweischichtenbetrieb gefahren werdenmuss und Kinder von dem wichtigen Zugang zu Bildungferngehalten werden, weil hierfür nicht genügend Mittelzur Verfügung stehen. Ich finde die Zusage hervorra-gend, für diesen Bereich mehr Mittel einzusetzen.
Zum nächsten Beispiel, das Sie angeführt haben, HerrAddicks, habe ich extra recherchiert, weil kein Menschdaraus schlau wird. Sie haben von 30 Millionen Euro fürMoskitonetze in Kamerun gesprochen, die nicht ausge-zahlt werden.
– Sie geben zu, da hat die Presse offenbar etwas nichtrichtig verstanden. Es ist immer einfach, etwas so hinzu-stellen. Aber es gibt eine Stringenz in Ihrer Argumenta-tion, mit solchen Beispielen zu versuchen, Instrumenta-rien zu diskreditieren. Aber dass ich das mit IhrerZustimmung als Zeitungsente bezeichnen kann, istschön.
Ich halte das Instrumentarium der Budgethilfe durch-aus für überprüfbar, und es wird auch überprüft. Wirwerden uns im Ausschuss damit auseinandersetzen unddie einzelnen Kriterien in diesem Bereich diskutieren.Selbstverständlich haben wir ein Interesse an der Über-prüfbarkeit und Effizienz von Projekten. Tun Sie dochnicht so, als wäre das nicht auch Ihr Anliegen!
– Genau das ist wieder der Punkt: Sie greifen eineSumme aus dem Etat heraus und tun so, als wäre das al-lthurdnCISbHkBlzBwmTdWasIIidAdAw–SSs
Im Übrigen finde ich manches auch amüsant. Kollegeesterwelle war in China, und ich habe gehört, dassuch die Naumann-Stiftung gerne wieder in China tätigein möchte.
ch begrüße das. Stiftungen leisten ordentliche Arbeit.ch begrüße es, wenn auch die Naumann-Stiftung wiedern China tätig wird. Aber aus welchen Mitteln wird dasenn finanziert?
uch diese Stiftungen werden selbstverständlich überen Einzelplan 23 finanziert.
lso leistet auch die FDP über den Einzelplan 23 Ent-icklungshilfe in China.
Jetzt möchte ich aber zu anderen Punkten kommen.tellen Sie eine ordentliche Zwischenfrage, oder lassenie mich weiterreden!
Ihr Wunsch wird sofort erfüllt, Kollegin Kofler. Las-
en Sie die Zwischenfrage des Kollegen Koppelin zu?
Aber ja.
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Frau Kollegin, ich bin etwas erstaunt über Ihre Un-
kenntnis. Sie wissen doch, dass es bei der Arbeit der
Naumann-Stiftung in China nicht um die finanziellen
Mittel geht, sondern dass sie nicht mehr in China tätig
sein kann, weil sie den Dalai Lama unterstützt hat. Das
war der Grund.
Herr Koppelin, ich weiß das sehr wohl. Aber die Stif-
tungen generell werden aus dem Einzelplan 23 finan-
ziert.
– Gut, zum Teil. – Aber wenn die Naumann-Stiftung
wieder in China tätig sein möchte, dann muss sie dafür
auch Mittel aus dem Einzelplan 23 nutzen.
Jenseits der Aufregung der FDP möchte ich die ver-
bleibende Redezeit nutzen, einen entscheidenden Punkt
in die Diskussion einzubringen, der uns, der SPD-Ar-
beitsgruppe, ganz besonders wichtig ist. Das eine ist der
Mittelaufwuchs. Das andere ist die Verwendung der Mit-
tel. Ein Thema wurde heute noch gar nicht angespro-
chen, obwohl es von eminenter Bedeutung für die Zu-
kunft ist, nämlich die sozialen Sicherungssysteme in
der Entwicklungszusammenarbeit. Wir werden das zu
einem wesentlichen Thema in unserer Arbeitsgruppe
machen. Wir möchten dies als thematische Zielgröße in
der Entwicklungszusammenarbeit bewertet und unter
verschiedenen Punkten zusammengeführt wissen. Es
muss deutlich gemacht werden, in welchen Bereichen
wir hier tätig sein können. Aus welchem Grund uns die-
ses Thema wichtig ist, belegt eine Zahl: Wenn
100 Millionen Menschen in Armut gestürzt werden, weil
sie nicht genügend finanzielle Mittel haben, um Medika-
mente zu kaufen und sich behandeln zu lassen, dann ist
dies das beste Argument dafür, dass wir uns dem Thema
soziale Sicherungssysteme verstärkt zuwenden.
Uns ist sehr wohl klar, dass dieses Thema komplex ist
und dass die Voraussetzungen in den Ländern sehr unter-
schiedlich sind. Es ist ein Unterschied, ob man mit Ver-
tretern eines Landes wie China diskutiert, wo Menschen
nicht nur im informellen Bereich, sondern auch in regu-
lären Beschäftigungsverhältnissen tätig sind, aber nur
die entsprechende soziale Absicherung fehlt, oder ob
man – wie wir es in einer Anhörung zum Thema soziale
Sicherungssysteme getan haben – mit einer Vertreterin
von SEWA, einer indischen Frauenorganisation, spricht,
die vor allem Menschen vertritt, die im informellen Sek-
tor tätig sind und die in die sozialen Sicherungssysteme
einbezogen werden müssen. Das sind natürlich unter-
schiedliche Ansätze und Probleme, vor denen wir ste-
hen. Aber gerade deshalb ist es wichtig, mit den betref-
fenden Ländern nicht nur auf Regierungsebene, sondern
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eshalb ist uns dieser Bereich ein besonderes Anliegen.
Ich könnte noch über viele andere Bereiche sprechen.
ichtig ist zweifellos das Thema Bildung. Der Klima-
chutz wurde bereits angesprochen, leider viel zu wenig.
ir müssen diesem Thema noch wesentlich mehr Auf-
erksamkeit widmen. Ich begrüße es ganz besonders,
ass die Mittel für den Aktionsplan in diesem Bereich
on 520 Millionen Euro auf 710 Millionen Euro deutlich
ufgestockt werden. Hier geht es um erneuerbare Ener-
ien, Energieeffizienz, den Tropenwaldschutz, die Bio-
iversität und insbesondere um erneuerbare Energien für
frika, um diesen Kontinent voranzubringen, genauso
ie um neue Fazilitäten für eine umweltfreundliche Ge-
taltung der Stadtinfrastruktur; das ist ein ganz beson-
ers wichtiges Thema.
Liebe Kollegin Kofler, das müssen wir alles verschie-
en. Bitte kommen Sie zum Schluss.
Leider.
Daran sieht man – damit bin ich wieder beim Aus-
angspunkt –: Es gibt noch viel zu tun. Wir haben noch
iele Aufgaben in der Entwicklungszusammenarbeit vor
ns. Ich freue mich darauf, einen Teil in den weiteren
aushaltsberatungen zu erledigen.
Danke.
Das Wort hat der Kollege Jürgen Koppelin für dieDP-Fraktion.
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11582 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 111. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. September 2007
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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Wer die Rede der Ministerin gehört hat, der hat keine
klare Linie in unserer Entwicklungspolitik erkennen
können, sondern hat sich eher an einen Lyrikkongress er-
innert gefühlt. So kam es jedenfalls mir vor. Die Rede
war wie eine große Vorlesung, aber inhaltlich war wenig
vorhanden. Frau Ministerin, Sie haben in der Vergangen-
heit bestimmte Aktivitäten entfaltet, zu denen Sie heute
überhaupt nichts mehr gesagt haben. Im Koalitionsver-
trag steht zum Beispiel, dass die Entwicklungshilfe kon-
zentriert werden soll. Das werden wir unterstützen; denn
wir finden in vielen Ministerien Aktivitäten, nicht nur in
Ihrem Hause. Die Entwicklungshilfe der Bundesrepublik
Deutschland wird nicht nur von Ihrem Hause geleistet.
Die Aktivitäten kann man durchaus konzentrieren.
Aber welche Idee haben Sie gehabt? Sie wollten die
GTZ, einen wichtigen Träger der Entwicklungshilfe, zer-
schlagen und der KfW zuordnen. Dazu haben Sie ein
teures Gutachten in Auftrag gegeben. Der Rechnungshof
hat Ihnen dank eines Beschlusses des Haushaltsaus-
schusses, den wir einstimmig gefasst haben, alles ausei-
nandergepflückt. Jetzt ist bei Ihnen plötzlich Schweigen
im Walde. Es kommt nichts mehr zum Thema Konzen-
tration. Ich will Ihnen ein Beispiel sagen, wie dringend
notwendig diese ist.
Ich engagiere mich, wie andere Abgeordnete auch,
zum Teil in Vietnam. Die vietnamesische Regierung
möchte gern die Berufsschulausbildung verstärken. Man
versucht, das mit der GTZ und Ihrem Hause zu machen.
Das klappt nicht, weil in Ihrem Hause alles blockiert
wird. Dann stellt man aber fest, andere Häuser der Bun-
desregierung können das. Der Wirtschaftsminister ist so-
fort dazu in der Lage. Dort läuft das unbürokratisch.
Auch das Familienministerium unterstützt das Projekt.
Nur das Ministerium, das dafür zuständig ist, ist nicht in
der Lage zu handeln. Ich habe den Eindruck, dass bei der
GTZ unglaublich gute Leute arbeiten, die wirklich etwas
machen wollen, aber in Ihrem Hause die Blockierer sit-
zen, die jedes Projekt blockieren und eine Riesenbüro-
kratie aufbauen. Darum sollten Sie sich kümmern, damit
unsere Entwicklungshilfe effektiver wird.
Ich nenne ein anderes Beispiel. Sie haben sich plötz-
lich ein freiwilliges Jahr für Jugendliche mit einem Volu-
men von 25 Millionen Euro einfallen lassen. Ich frage
erst einmal: Wo ist die gesetzliche Grundlage? Dann:
Haben Sie je mit dem Parlament darüber gesprochen?
Es wäre doch gut, das Parlament zu beteiligen. Es ist üb-
rigens eine Ihrer größten Schwächen, dass Sie nie in der
Lage sind, das Parlament einzubinden, selbst wenn Sie
gute Ideen haben. Sie machen in Ihren kleinen Zirkeln
im Ministerium alles alleine. Die Konzentration der Ent-
wicklungshilfe steht im Koalitionsvertrag. Wir haben
das freiwillige ökologische Jahr, das man auch im Aus-
land ableisten kann. Dafür ist das Familienministerium
zuständig. Dann haben wir den zivilen Friedensdienst
– das war eine Idee auch von mir – in Ihrem Hause ange-
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Afrika weiter voranzubringen, wird uns nur gelingen,enn Frieden und Sicherheit auf dem afrikanischenontinent mitgestaltet werden. Zu viele Krisen mit Tau-enden von Toten und Vertriebenen erschüttern derzeitoch den afrikanischen Kontinent. Ich erinnere an diesertelle nur an Somalia und an Darfur.Frau Ministerin, ich unterstütze Sie ausdrücklich iner Frage Nord-Kivu. Die Weltgemeinschaft hat erhebli-he Mittel investiert – Stichwort „MONUC“ –, jedesahr über 1 Milliarde Euro. Wir waren daran mit einemährlichen Beitrag von etwa 90 Millionen Euro beteiligt.ir haben im Kongo unglaubliche Entwicklungsleistun-en erbracht. Wir haben den Aufbau mitgestaltet, undir haben die Verfassungsreform unterstützt. Die Bun-eswehr hat geholfen, die Wahlen abzusichern.Zwischen Ihnen und mir gibt es nur eine Differenz.ir sollten wirklich immer „Nord-Kivu“ sagen; denn esandelt sich nicht mehr um den gesamten Ostkongo.turi entwickelt sich wirtschaftlich positiv. In Ituri gibt eseine Flüchtlingslager mehr. Durch Aufbauhilfe ist dortine Menge geleistet worden: Dörfer sind wieder aufge-aut worden, die Kinder dort werden beschult, und esibt dort keine Kindersoldaten mehr. Mit der Ausgabeon 100 Euro für ein Construction-Kit kann eine ganzeamilie ihr Haus wieder aufbauen und sich mit 25 Kiloaatgut versorgen, und das in mehreren Vegetationspe-ioden. Das ist der richtige entwicklungspolitische An-atz. Er wird von Deutschland entscheidend mitgestaltet.Für den Kivu ist jetzt die Regierung im Kongo verant-ortlich. Die MONUC ist mitverantwortlich. Dort mussurchgegriffen werden. Sie haben recht: Wenn manauren Nkunda und andere zu fassen bekommt, dannüssen sie natürlich vor den Internationalen Gerichtshofebracht werden. Jetzt geht es aber auch darum, dass Ka-ila sich gemeinsam mit MONUC auf die Entwaffnungort konzentriert. Man kann in dieser Region auch stär-ere Truppen zusammenziehen.
Wir sehen im Augenblick einen kleinen Hoffnungs-chimmer für Darfur. Diesen Punkt müssen wir nacheiner Überzeugung in den nächsten Wochen auch inen Haushaltsberatungen diskutieren.Ich habe nach den Diskussionen den Eindruck, dasseutschland sich nicht an einem Kampfeinsatz beteili-en wird. Aber ich bin der festen Überzeugung, dasseutschland sich in verschiedenen anderen Bereichenm Rahmen eines solchen Mandats und beim zivileniederaufbau sehr stark engagieren wird.
as bedeutet, dass wir Mittel zur Verfügung stellen müs-en.
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11584 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 111. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. September 2007
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Hartwig Fischer
Die Kosten des Einsatzes der UN-Truppen dort wer-den derzeit auf 2,7 Milliarden Euro geschätzt. Ich meine,wir alle in diesem Parlament stehen gemeinsam in derVerantwortung dafür, dass diese Mittel nicht an irgendei-ner Stelle aus dem normalen Entwicklungshaushalt undaus den anderen Haushalten genommen werden. Wirmüssen beraten, wie wir zur Absicherung entsprechendeSummen zur Verfügung stellen, und zwar nicht erst in ei-nem Nachtrag. Denn die Truppenstellerkonferenz undandere Konsultationen werden im Herbst stattfinden. Esist schon viel zu lange so, dass dem Leiden dort keinEnde bereitet wird.
Im Einzelplan 23 des Haushaltsentwurfs 2008 – zuden Zahlen wird Jochen Borchert nach den Beratungenin der zweiten und dritten Lesung entsprechend Stellungnehmen – ist die Fortsetzung einer stetigen Aufstockungdurch die Koalition gelungen. Diejenigen, die sich damitbefasst haben, wissen, dass in den sieben Jahren, in de-nen wir nicht in der Regierung waren, das Volumen desEinzelplans gesunken ist. In diesem Jahr steigt es nocheinmal um 14,6 Prozent. Damit schaffen wir die Grund-lagen, um die Ziele der Millenniumserklärung sowie dieDevelopment-Goals zu einem großen Teil zu erreichen.Dass wir das nicht bis zum letzten Punkt schaffenwerden, der Überzeugung bin ich auch. Deshalb glaubeich, dass in einer der nächsten Legislaturperioden überalternative Finanzierungsinstrumente nachzudenken seinwird, die man nach meiner Überzeugung den Bürge-rinnen und Bürgern dann aber vor den Wahlen nennenmuss, damit die Bürgerinnen und Bürger wissen, was aufsie zukommt.Bei der Umsetzung der G-8-Beschlüsse in Bezug aufKlimaschutz und Gesundheit kommt der Förderung re-gionaler Kooperationsansätze zwischen Entwicklungs-ländern sowie der Unterstützung von Regionalorganisa-tionen in den verschiedenen Kontinenten, insbesonderein Afrika, besondere Bedeutung zu. Auf Afrika entfälltmit einem Fördervolumen von 774 Millionen Euro40 Prozent des Gesamtvolumens. In der thematischenAusrichtung der deutschen Entwicklungszusammenar-beit kommt vor allen Dingen den Bereichen Grundbil-dung, Gesundheit, erneuerbare Energien und Energie-effizienz, Tropenwald, Wasser und Mikrofinanzen einebesondere Bedeutung zu.Frau Ministerin, ich bin der Auffassung, dass es rich-tig ist, im Bereich Grundbildung Schwerpunkte zu set-zen. Aber ich sage auch: Wir müssen in den nächstenWochen über einen ganz besonderen Punkt diskutieren.Ich habe bei meinen Besuchen in den letzten zwei, dreiJahren festgestellt, dass es durch den Kalten Krieg eineAuseinandersetzung zwischen West und Ost über dieFragen gab: „Wer bildet in welchem Land Studentenaus?“, „Wer holt Studenten in die BundesrepublikDeutschland oder in die DDR und unterstützt Ausbil-dung?“, und wir heute in diesen Ländern auf die Elitentreffen, die in der Bundesrepublik Deutschland ausgebil-det worden sind,ddzimRmdbIttDkakgrgez2RMgSedlPBeAnWLdpßtPd
ir müssen uns die Zeit nehmen, uns jedes einzelneand vorzunehmen, für das es Budgethilfe gibt, und je-es einzelne Land zu überprüfen.
Ich bin der Überzeugung, dass es bestimmte Grund-rinzipien geben muss, und diese Grundprinzipien hei-en: Erstens. Es muss eine deutliche Entwicklung zu gu-er Regierungsführung vorhanden sein. Zweitens. Dasarlament in dem Land muss beteiligt werden. Man darfadurch nicht eine Richtung stabilisieren.
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 111. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. September 2007 11585
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Hartwig Fischer
Das können wir sicherlich gemeinsam schaffen.
Ich hatte nicht den Eindruck, dass die Ministerin sicheinem solchen Thema entzogen hat. Ich habe mit derStaatssekretärin, Frau Kortmann, dazu hervorragendeGespräche geführt. Ich habe nicht erlebt, dass die Minis-terin anderer Auffassung war. Ich glaube, diesen Dialogsollten wir führen.Ich bedanke mich bei Ihnen ganz herzlich und hoffe,dass wir in Zukunft die Themen im Ausschuss ernsthaftdiskutieren, nicht aber in diesen Debatten Kritiken zueinzelnen Punkten vortragen, weil wir damit die Vorur-teile gegenüber Entwicklungspolitik nur verstärken.
Das Wort hat die Kollegin Heike Hänsel für die Frak-
tion Die Linke.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!
Fast am Schluss werde auch ich jetzt noch einiges zur
Entwicklungszusammenarbeit ergänzen. – Selbstver-
ständlich begrüßt die Linksfraktion, dass es mehr Geld
für Entwicklungszusammenarbeit gibt. Wir können aber
auch die Kritik nachvollziehen, Herr Fischer, die einige
Organisationen geübt haben, weil im Vorfeld des G-8-
Gipfels höhere Erwartungen geweckt wurden. Beispiels-
weise war das Aktionsbündnis „Deine Stimme gegen
Armut“ sehr enttäuscht; sie haben nach dem G-8-Gipfel
eine große Anzeige in mehreren Zeitungen geschaltet,
aus der ich zwei, drei Sätze zitiere:
Liebe Angela Merkel, für Sie war der G-8-Gipfel
von Heiligendamm ein Erfolg. Für Menschen in
Armut war er ein Trauerspiel. Zur öffentlichen Ent-
wicklungshilfe haben Sie nur Versprechungen von
Gleneagles wiederholt, aber keinen verbindlichen
Umsetzungsplan verabschiedet.
Ich halte diese Kritik für absolut legitim.
Der zweite Aspekt der Entwicklungshilfe sind neben
ihrer Höhe die Rahmenbedingungen, die für sie gesetzt
werden, um nachhaltig Entwicklung zu fördern. Wir set-
zen uns ganz klar für andere Weichenstellungen inner-
halb der Welthandelsordnung ein. In unseren Augen
reicht es nicht aus, mehr Geld in den Global Funds zu
investieren, wenn sich Angela Merkel parallel dazu auf
dem G-8-Gipfel für den Patentschutz stark macht, der
mit dazu führt, dass der Zugang zu billigen Medikamen-
ten für Menschen in Entwicklungsländern erschwert
wird.
Es reicht auch nicht aus, mehr Geld in den europäi-
schen Entwicklungsfonds zu investieren, wenn gleich-
zeitig die Europäische Union ein Freihandelsabkommen
mit 78 Ländern der AKP-Staaten abschließen will,
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as natürlich schwerwiegende Folgen haben und vielen
enschen die Existenzgrundlage rauben wird, unter an-
erem den von Ihnen, Herr Addicks, angesprochenen
leinunternehmern, zum Beispiel Kleinbauern, Landar-
eiterinnen und Fischern. Sie werden von den Folgen
olcher Abkommen betroffen sein, weil sie mit den sub-
entionierten Produkten der EU nicht konkurrieren kön-
en.
Kollegin Hänsel, gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Nein, jetzt nicht. Ich will den Aspekt der EPAs nochbschließen; das ist nämlich entscheidend.
Wir sind der Auffassung, dass der Entwicklungsfondsn diesem Zusammenhang als Marktöffnungsinstrumentissbraucht wird. Dementsprechend wehren sich zuneh-end mehr Menschen in afrikanischen Ländern geradeegen diese Abkommen. Es wird am 27. September ei-en weltweiten Aktionstag dagegen geben, an dem dieenschen weltweit auf die Straße gehen werden. Wirerden uns an ihm übrigens beteiligen.
Frau Merkel hat heute Morgen im Zusammenhangit einem anderen wichtigen Thema, das mit Entwick-ung zusammenhängt, die Aussage getroffen: Entwick-ung braucht Sicherheit, Sicherheit braucht Entwicklung.ch frage Sie: Welche Sicherheit meint sie eigentlich?eint sie soziale Sicherheit für die Bevölkerung, odereint sie militärische Sicherheit in Kriegsregionen, wieum Beispiel in Afghanistan? Dort erleben wir nämlich,ass Entwicklungszusammenarbeit zunehmend auchtrategisch eingesetzt wird, um eine Akzeptanz von Be-atzung, um Sicherheit für Soldaten zu organisieren. Dasehen wir als Missbrauch von Entwicklungshilfe an. Dasst eine gefährliche Entwicklung, die wir strikt ablehnen.
Für uns ist ganz klar, dass Entwicklungspolitik Teiliner Friedenspolitik sein muss, nicht aber Teil einer Si-herheitspolitik und vor allem nicht Teil von Kriegspoli-k.In diesem Zusammenhang möchte ich an Sie, Frauieczorek-Zeul, eine Frage richten, weil ausgerechnetie als Entwicklungsministerin sich für dieses OEF-andat stark gemacht haben mit der Begründung, wirönnten nur so unseren Einfluss bei diesem OEF-Man-at weiterhin geltend machen.
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11586 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 111. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. September 2007
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Heike HänselDieses Mandat ist ja ein reiner Kampfeinsatz, der nichtsmit Entwicklung zu tun hat. Da frage ich mich, wie eskommt, dass Sie, wo doch diese Politik eindeutig in eineSackgasse führt, mit in diese Sackgasse gehen, anstatt ei-nen anderen Weg aufzuzeigen. Das kann ich überhauptnicht nachvollziehen. Seit sechs Jahren ist die Bundes-wehr an diesem OEF-Mandat beteiligt. Wir sehen doch,wie viele Zivilisten im Rahmen dieses Kampfeinsatzesbereits getötet wurden.
– Hat der Kampfeinsatz für Schulbesuche gesorgt? Wäh-rend des Kampfeinsatzes wurden Zivilisten getötet, unddie daran beteiligten KSK-Soldaten stehen unter ande-rem im Verdacht, Murat Kurnaz misshandelt zu haben.Diese Palette könnte ich erweitern. Insofern handelt essich um eine absolute Sackgasse, in die wir da gehen.Ich kann es nicht nachvollziehen, dass sich die Entwick-lungsministerin dafür einsetzt.
Herr Steinmeier hat von einem politisch-moralischenProjekt bezüglich Afghanistans gesprochen. Dagegenmöchte ich zum Abschluss eine authentische Stimme ausAfghanistan setzen. Es handelt sich um eine engagierteFrauenrechtlerin und Parlamentarierin, Malalai Joya, diewir übrigens für nächste Woche eingeladen haben. Siesagt unter anderem – ich zitiere –:Mittlerweile hat sich die Einsicht durchgesetzt, dassder Westen nur für seine eigenen strategischen undpolitischen Interessen in Afghanistan eintritt unddas Leid der Menschen die internationale Gemein-schaft nicht wirklich tangiert.Ich finde, zu dieser Einschätzung muss die Bundesre-gierung Position beziehen. Vor allem aber muss sie sichdem Protest der Mehrheit der Bevölkerung in diesemLande stellen. Viele davon werden jetzt am Samstagnämlich auf die Straße gehen und dagegen demonstrie-ren.Danke.
Das Wort hat der Kollege Alexander Bonde für die
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Diese Debatte über einen Haushalt, der eine erfreulicheEntwicklung nimmt, hat auf eine Schwierigkeit auf-merksam gemacht. Herr Fischer, Sie haben gerade fürdie CDU die Fragen zu neuen Finanzierungsmechanis-men bis 2009 en passant abgehandelt. Wenn man sicheinmal klarmacht, was das bedeutet, dann fragt man sichskDanüvEnZgvrwdswedddzsmghiwadRwbtAmgfsPsPEimwgzineD
er Aufwuchs der Barmittel allein reicht natürlich nichtus. Aus den derzeit üblichen Verschiebungen von Mo-at zu Monat sollen jetzt, so hören wir, Verschiebungenber Jahre werden. Das, was Sie hier in einer Randnoteerkündet haben, ist eine schlechte Nachricht für dientwicklungszusammenarbeit.
Frau Ministerin, am Beginn Ihrer Rede haben Sie voneuen Herausforderungen und am Schluss von neuenuständigkeiten für die Entwicklungszusammenarbeitesprochen. Wir sehen dabei die Schwierigkeit, dass Sieersuchen, neuen Herausforderungen mit alten Struktu-en und auf der Basis bestehender Abläufe gerecht zuerden. Es stellt sich also die Frage, wie Ihr Haus miten Aufwüchsen, die in diesem Haushalt vorgesehenind – wir begrüßen diese und unterstützen Sie dabei,enn Sie Ihr Herzblut da hingeben –, umgeht. Wenn wirinmal hinter die entwicklungsbewegten Reden schauen,ann stellen wir fest – das haben wir alle erlebt –, dass iniesem Bereich schon seit Jahren eine mangelnde Koor-ination zwischen den verschiedenen Bundesministerienu beklagen ist. Es spricht Bände, dass sich während die-er Debatte die Vertreter des Auswärtigen Amtes diplo-atisch verdrückt haben, die Vertreter des Verteidi-ungsministeriums schon lange den Rückzug eingeläutetaben und nur ein Vertreter des Finanzministeriums dast und aufpasst, dass nicht zu viel Geld ausgegebenird. Sonst sind nur Vertreter Ihres Ministeriums nochuf der Regierungsbank zu sehen. Auch das weist aufas von mir angesprochene Problem hin.Nachdem Afghanistan hier schon eine wichtigeolle gespielt hat, sollten wir einmal darüber reden, obir mit den Strukturen, mit denen wir bisher arbeiten,ei den wirklich dringenden Fällen nicht manchmal zuräge reagieren.
uch ich weiß, dass Entwicklungszusammenarbeit ananchen Orten seine Zeit braucht. Ich verstehe, dass Re-ierungsverhandlungen bestimmten Prozessen unterwor-en sind, und ich verstehe die Frage von Afghan Owner-hip und anderem. Aber ich frage mich, warum andereartner es hinbekommen, aus diesem schon fast rituali-ierten Prozess der Regierungsverhandlungen bei eiligenrojekten auch einmal auszubrechen, während wir alsinzige starr am Terminkalender bleiben. Wie gesagt,ch kann das in der Sache nachvollziehen; aber wenn ichir anschaue, wie Entwicklungshelferinnen und Ent-icklungshelfer, Polizistinnen und Polizisten sowie An-ehörige der Bundeswehr in Afghanistan im Sinne derivilen Entwicklung, die wir als das Wichtigste ansehen,hren Kopf hinhalten, dann frage ich mich schon, obicht doch manches schneller ginge und ob wir nicht deninen oder anderen Ablauf optimieren könnten, um derringlichkeit gerecht zu werden.
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 111. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 12. September 2007 11587
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Alexander Bonde
Das Gleiche erleben wir bei dem vorhin vom Kolle-gen Trittin angesprochenen Einsatz der Abteilung „Inter-national Services“ der GTZ auf Anfrage der Holländer.Ich finde Ihre Position natürlich plausibel, dass Sie erstdie Garantie der Holländer wollen, um sicher operierenzu können. Aber nichtsdestotrotz ist dann wieder ein hal-bes Jahr ins Land gegangen, bevor in der Kombinationvon holländischem Geld und deutschem Know-how mitder Hilfe auch nur begonnen wurde. Ich finde, wir müs-sen genau überlegen, ob wir nicht an bestimmten Stellendie Handbremse lösen sollten. Es macht mir großeSorge, dass unser wichtigstes Instrument immer amlängsten Zeit benötigt.
Ebenfalls macht mir Sorge, dass Sie in der GroßenKoalition in der Frage, wie wir die Entwicklungsinstitu-tionen verbessern können, den gesamten Prozess an dieWand gefahren haben. Als wir das letzte Mal hier überden Haushalt Ihres Hauses diskutiert haben, hatten wirals Haushaltsausschuss gerade die Notbremse ziehenmüssen, weil Sie ein Projekt auf den Weg gebracht ha-ben, bei dem Sie zentrale vergaberechtliche Fragen nichtgeklärt hatten, bankenrechtliche Fragen sowie Fragender Besoldungsstruktur nicht im Griff hatten und nochProzess im Februar mithilfe des Rechnungshofes voran-geht; aber wir warten bis heute auf eine Richtungsent-scheidung.Wir unterstützen Sie mit Herzblut in der Sache. Wirfreuen uns, dass Ihr Bereich in der Regierung wichtigergenommen wird. Machen Sie da weiter. Aber wir for-dern mehr Präzision und Konzentration, wenn es um dieKärrnerarbeit bei den Verwaltungsaufgaben geht. Ichglaube, da sind in Ihrem Hause noch einige Hausaufga-ben zu erledigen. Wenn Sie dann noch die Koordinationmit anderen Ministerien hinbekommen und wir nichtdasselbe Gezerre erleben wie bei den Mitteln für Afgha-nistan, dann können Sie unserer Zustimmung noch si-cherer sein. Aber da ist noch einiges an Arbeit zu bewäl-tigen, bis wir als Opposition zufrieden sind.Herzlichen Dank.
Weitere Wortmeldungen zu diesem Einzelplan liegen
nicht vor.
Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Sitzung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destages auf morgen, Donnerstag, den 13. September
2007, 9 Uhr, ein.
nicht einmal realisiert hatten, dass wir als Parlament bei
einer so zentralen Frage wie der Übertragung von Bun-
desvermögen das letzte Wort haben müssten. Dieses Pro-
jekt haben Sie handwerklich ziemlich in den Sand ge-
setzt. Wir haben dann eigentlich erwartet, dass der
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Die Sitzung ist geschlossen. Ich wünsche Ihnen noch
inen erfolgreichen Abend.