Protokoll:
17058

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 17

  • date_rangeSitzungsnummer: 58

  • date_rangeDatum: 15. September 2010

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  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 19:16 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 17/58 Dr. Angela Merkel, Bundeskanzlerin . . . . . . . 6038 C Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Birgit Homburger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Ulrich Kelber (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Volker Kauder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Joachim Poß (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christian Lindner (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) (CDU/CSU) . . . Siegmund Ehrmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Bernd Neumann, Staatsminister BK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Rainer Stinner (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus Brandner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Silberhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Michael Leutert (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Marina Schuster (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Sven-Christian Kindler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. h. c. Jürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . Gunther Krichbaum (CDU/CSU) . . . . . . . . . Edelgard Bulmahn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Ruprecht Polenz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Klaus Brandner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 6047 A 6052 C 6055 A 6057 A 6061 A 6063 D 6065 D 6067 C 6070 B 6071 B 6087 B 6088 D 6090 C 6091 C 6092 B 6093 B 6094 D 6095 B 6096 C 6098 A 6098 C Deutscher B Stenografisch 58. Sitz Berlin, Mittwoch, den 1 I n h a l Tagesordnungspunkt 1: (Fortsetzung) a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Feststellung des Bundes- haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2011 (Haushaltsgesetz 2011) (Drucksache 17/2500) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 2010 bis 2014 (Drucksache 17/2501) . . . . . . . . . . . . . . . . Einzelplan 04 Bundeskanzleramt . . . . . . . . . . . . . . . . . Sigmar Gabriel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . A D D P J K 6031 A 6031 B 6031 B 6031 B Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE) . . . . . . Reiner Deutschmann (FDP) . . . . . . . . . . . . . . 6073 B 6074 A undestag er Bericht ung 5. September 2010 t : gnes Krumwiede (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einzelplan 05 Auswärtiges Amt . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Guido Westerwelle, Bundesminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Rolf Mützenich (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . hilipp Mißfelder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . an van Aken (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . erstin Müller (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6074 D 6075 D 6075 D 6078 A 6080 B 6082 B 6084 C 6085 D Michael Leutert (DIE LINKE) . . . . . . . . . Annette Groth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . 6099 A 6100 B II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 58. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 15. September 2010 Erika Steinbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erika Steinbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Axel Schäfer (Bochum) (SPD) . . . . . . . . . . . . Rüdiger Kruse (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Einzelplan 14 Bundesministerium der Verteidigung . . . Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg, Bundesminister BMVg . . . . . . . . . . . . . . . Rainer Arnold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. h. c. Jürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . . . . Johannes Kahrs (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Bärbel Kofler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Christian Ruck (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Dr. Sascha Raabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Ute Koczy (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hartwig Fischer (Göttingen) (CDU/CSU) Dr. h. c. Jürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . . . Lothar Binding (Heidelberg) (SPD) . . . . . . . . Holger Haibach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Niema Movassat (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . 6101 A 6102 A 6102 C 6102 D 6103 D 6104 D 6104 D 6107 B 6109 D 6111 A 6124 D 6126 C 6128 A 6128 C 6129 C 6131 A 6132 B 6132 D 6133 C 6135 C 6137 C Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE) . . . . . . . . . Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Johannes Kahrs (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Bernhard Brinkmann (Hildesheim) (SPD) . . . Elke Hoff (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Karin Strenz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . Klaus-Peter Willsch (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Einzelplan 23 Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung . . . . Dirk Niebel, Bundesminister BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . N P J D D D V D D N A L 6112 A 6114 A 6115 A 6116 B 6117 A 6118 A 6119 B 6120 C 6122 A 6123 B 6123 C iema Movassat (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . riska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Georg Schirmbeck (CDU/CSU) . . . . . . . . ürgen Klimke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . r. Sascha Raabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . r. h. c. Jürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . . . r. Sascha Raabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . olkmar Klein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . irk Niebel, Bundesminister BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Sascha Raabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . ächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage iste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 6139 A 6139 B 6140 B 6140 D 6142 B 6144 A 6144 A 6144 B 6145 D 6146 C 6147 C 6149 A H olger Haibach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . 6138 D Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 58. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 15. September 2010 6031 (A) ) )(B) 58. Sitz Berlin, Mittwoch, den 1 Beginn: 9.0
  • folderAnlagen
    Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 58. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 15. September 2010 6149 (A) (C) (D)(B) Anlage zum Stenografischen Bericht Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bartol, Sören SPD 15.09.2010 Bernschneider, Florian FDP 15.09.2010 Binder, Karin DIE LINKE 15.09.2010 Maurer, Ulrich DIE LINKE 15.09.2010 Oswald, Eduard CDU/CSU 15.09.2010 Roth, Michael (Heringen) SPD 15.09.2010 Dr. Schockenhoff, Andreas CDU/CSU 15.09.2010 Dr. Schui, Herbert DIE LINKE 15.09.2010 Dr. Seifert, Ilja DIE LINKE 15.09.2010 Dr. Steinmeier, Frank- Walter SPD 15.09.2010 Dr. Terpe, Harald BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 15.09.2010 Ulrich, Alexander DIE LINKE 15.09.2010 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich 58. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 15. September 2010 Inhalt: Redetext Anlage zum Stenografischen Bericht
Gesamtes Protokol
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1705800000

Die Sitzung ist eröffnet. Nehmen Sie bitte Platz. Gu-

ten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wir setzen, wie vereinbart, die Haushaltsberatungen
– Tagesordnungspunkt 1 – fort:

a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die
Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das
Haushaltsjahr 2011 (Haushaltsgesetz 2011)


– Drucksache 17/2500 –
Überweisungsvorschlag:
Haushaltsausschuss

b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundes-
regierung

Finanzplan des Bundes 2010 bis 2014

– Drucksache 17/2501 –
Überweisungsvorschlag:
Haushaltsausschuss

Gestern haben wir für die heutige Aussprache eine
Redezeit von insgesamt achteinhalb Stunden beschlos-
sen. Sind dazu in der Zwischenzeit neue Wünsche oder
Einsichten entstanden? – Das ist nicht der Fall. Dann



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Redet
bleibt es bei dieser Vereinbarung.

Wir beginnen die heutigen Haushaltsberatungen mit
dem Geschäftsbereich des Bundeskanzleramtes,
Einzelplan 04; das ist auch nicht gänzlich überraschend.

Das Wort erhält zunächst der Kollege Sigmar Gabriel
für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Sigmar Gabriel (SPD):
Rede ID: ID1705800100

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Bun-

deskanzlerin, irgendwie ist es keine so richtig große in-
tellektuelle Herausforderung, heute etwas zu Ihrem
Haushalt und zu Ihrer Regierungspolitik zu sa


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDN DIE GRÜNEN – Lachen bei der CDU (C (D ung 5. September 2010 2 Uhr und der FDP – Volker Kauder [CDU/CSU]: Gerade recht für Sie!)


Herr Kauder, Sie haben recht; Sie unterfordern uns.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Für größere Herausforderungen hätten wir andere gebraucht!)


an braucht doch nur die Zeitungsüberschriften vorzu-
esen; man braucht gar nicht als Sozialdemokrat etwas
u sagen. „Etikettenschwindel“ titelt die Bild-Zeitung
ber Ihren Haushalt. „Von Konzept keine Spur“, heißt es
n der Financial Times Deutschland. Und weiter: „eine
nsammlung von Luftbuchungen, falschen Signalen
nd beliebigen Einzelpunkten“. Die Karikatur eines zu-
unftsorientierten „Windbeutels“, das sagen nicht Oppo-
itionspolitiker; das sagt die Süddeutsche Zeitung über
hren Bundeshaushalt.


(Unruhe bei der CDU/CSU und der FDP)


Es wird noch besser. – Man braucht in Wahrheit noch
icht einmal die Zeitungen zu zitieren; es reicht, wenn
an Sie selber zitiert und Sie über Ihre eigene Arbeit ur-

eilen lässt.


(Ulrich Kelber [SPD]: Wohl wahr!)


a sagt der FDP-Gesundheitsminister, eigentlich sei das

ext
gar keine Koalition, Frau Bundeskanzlerin, sondern eine
schlagende Verbindung.


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Norbert Barthle [CDU/CSU]: Kabarett! Sind wir hier im Kabarett oder im Bundestag?)


Es ist schwierig, Sie zu toppen, wenn Sie erklären, Sie
seien „Wildsäue“ und eine „Gurkentruppe“.


(Beifall bei der SPD – Norbert Barthle [CDU/ CSU]: Sind wir im Kabarett oder im Bundestag? Wo sind wir eigentlich?)


ls Oppositionspolitiker mit einer durch-
itteleuropäischen Erziehung darüber hi-
noch sagen? Das ist schon bemerkens-
sich gegenseitig beschreiben. Es fällt
gen.

IS 90/
/CSU

Was soll man a
schnittlichen m
naus eigentlich
wert, wie Sie





Sigmar Gabriel


(A) )


)(B)

wirklich schwer, zu glauben, dass Sie noch gemeinsam
eine Regierung bilden wollen.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Es ist aber so!)


Wie konnte es passieren, dass eine Regierung derart
heruntergekommen ist wie die Ihre? Was ist da eigent-
lich passiert in den letzten Monaten?


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Schauen Sie sich um! Wir sind super drauf!)


Der Grund für Ihre katastrophale Jahresbilanz ist ja
nicht nur, dass Sie handwerklich schlecht arbeiten. Der
eigentliche Grund ist, dass Ihnen, Frau Bundeskanzlerin,
und Ihrem Wunschkoalitionspartner von Anfang an jede
Vorstellung davon fehlte, was eigentlich Gemeinwohl in
Deutschland ist.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Dieses Wort kommt deshalb in Ihrem Ehevertrag auch
gar nicht vor. Warum auch? Wenn Sie regieren, bedienen
Sie im Wesentlichen Klientelinteressen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Am Anfang haben wir Sie ja dafür kritisiert, dass Sie
gar nicht regieren; denn alle schwierigen Entscheidun-
gen haben Sie bis auf die Zeit nach der Wahl in Nord-
rhein-Westfalen vertagt. Als die Wahl in NRW vorbei
war, wussten wir allerdings, es wird noch schlimmer,
wenn Sie denn regieren. Was hatten Sie vorher nicht al-
les versprochen! Mehr Netto vom Brutto und eine Steu-
ersenkung mit einem Umfang von 24 Milliarden Euro.
Das Gegenteil kommt heute heraus: höhere Kassenbei-
träge, Zusatzbeiträge und höhere Gebühren, weil Sie die
Kommunen ausbluten, und neue Steuern wie die Luft-
verkehrsabgabe. Diese kritisieren wir zwar nicht, aber
Sie haben das Gegenteil im Wahlkampf versprochen und
im Koalitionsvertrag beschlossen.


(Beifall bei der SPD)


Natürlich gibt es auch Ausnahmen. Es gibt mehr
Netto vom Brutto als Dankeschön an Hoteliers, reiche
Erben und große Konzerne.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Norbert Barthle [CDU/CSU]: Das ist die Rede von vorgestern! Die Opposition schläft!)


– Warum rufen Sie eigentlich dazwischen? Dieses Hote-
liergesetz ist doch Ihrem Koalitionspartner, wenn ich die
Aussagen von Herrn Lindner richtig verstanden habe, in-
zwischen sogar selber peinlich. Sie selbst wollen das
doch wieder abschaffen, nachdem Sie die jetzige Situa-
tion erst herbeigeführt haben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Wollen Sie in Zelten übernachten?)


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(C (D Sie persönlich, Herr Kauder, und Ihre Partei ganz beonders haben versprochen, mehr für Familien und lleinerziehende zu tun. Heute streichen Sie das Elterneld für Hartz-IV-Empfänger und geben den Gutverdieern 1 800 Euro im Monat. Mehr als 100 000 Familien, ast 50 000 Alleinerziehende, bekommen deshalb nächses Jahr 3 600 Euro weniger. Das ist die Wahrheit über hre Familienpolitik. Sie entspricht nicht dem schönen ild, das Sie gerne öffentlich abgeben. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Als es zur bislang größten Krise des Euro kam, haben
ie, Frau Bundeskanzlerin, erst die eiserne Kanzlerin ge-
pielt, um dann über Nacht die Steuerzahler für das
ocken der Spekulanten in Haft zu nehmen. Bis heute
ahlen die Finanzmärkte keinen Cent zur Beseitigung
er Schulden aufgrund der Finanzkrise. Auch das ist Be-
tandteil der Politik, die wir von Ihnen hier in Deutsch-
and erleben.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die einen leben in Saus und Braus und zocken am
nde die ganze Welt in die Krise. Die anderen, die hart
rbeiten, bekommen immer weniger und sollen jetzt die
eche zahlen. Wenn wir über Politikverdrossenheit in
eutschland und Europa reden, müssen wir festhalten,
ass Sie dazu wirklich einen überragenden Beitrag leis-
en. Die von Ihnen gestern vorgelegten Haushaltszahlen
ind nämlich die falschen für die Krise. Ausgerechnet in
iner Zeit, wo wir das Wachstum im Inland erhöhen
üssen, weil auf das Exportwachstum nicht dauerhaft
erlass ist, legt diese Bundesregierung die Axt an die er-

olgreichsten Mittelstandsprogramme, die wir je hatten,
ämlich das Programm zur energetischen Gebäude-
anierung und die Städtebauförderung, ausgerechnet
itten in der Krise.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wie wenig muss man eigentlich, Frau Bundeskanzle-
in, von Wirtschaft verstehen, wenn man das kürzt und
usammenstreicht, was Tausende Jobs im Handwerk ge-
chaffen hat, was durch geringeren Energieverbrauch
osten senkt und wovon die Umwelt profitiert? Wie we-
ig muss man eigentlich eine Vorstellung davon haben,
ie Politikfelder verbunden sind? Es zahlen die Kinder-
ärten, die Schulen, die Volkshochschulen, die Vereine
n den Städten und Gemeinden; denn Sie nehmen den
ommunen 2,8 Milliarden Euro durch Ihr unsinniges
oteliergesetz weg. Diese zahlen die Zeche für die Steu-

rpolitik, die Sie in Deutschland betreiben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wissen Sie, wie viele Kindergartenplätze man für das
eld schaffen könnte, das Sie da verschleudern? Man
önnte 280 000 Kindergartenplätze oder 70 000 neue
tellen für Lehrerinnen und Lehrer schaffen, statt den
alschen Leuten Steuergeschenke zu machen. Das ist der





Sigmar Gabriel


(A) )


)(B)

Kompass, den Sie eigentlich brauchten. Aber der fehlt
Ihnen offensichtlich in Ihrer Regierung.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sie sind sich auch nicht zu schade, die Qualifizie-
rungsmaßnahmen für Arbeitslose zusammenzustrei-
chen. Ich nehme an, es dauert nicht lange, bis Sie, Frau
Merkel, wieder zu einem Gipfel einladen und den Fach-
kräftemangel beklagen. Wir müssen vermutlich nicht
lange darauf warten.

Als wäre das nicht alles schon genug, Frau Bundes-
kanzlerin, wollen Sie gleichzeitig auch noch an den fal-
schen Stellen mehr Geld ausgeben.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: So ein Quatsch!)


Wie man angesichts der offensichtlichen Sprachpro-
bleme und der anderen Schwierigkeiten bei der Integra-
tion in Deutschland auf die Idee kommen kann, in Zu-
kunft 150 Euro pro Monat dafür zu zahlen, dass ein Kind
nicht in den Kindergarten geht, bleibt wirklich Ihr Ge-
heimnis.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Das ZEW berechnet, dass Sie zwischen 1,4 und 1,9 Mil-
liarden Euro dafür ausgeben wollen, dass Kinder in
Deutschland nicht gefördert werden. Wenn es ein Bei-
spiel für den Wahnsinn Ihrer Regierungspolitik gibt,
dann ist es diese Herdprämie, die wir in Deutschland
kennengelernt haben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Norbert Barthle [CDU/ CSU]: Das ist eine Diffamierung!)


70 000 Schülerinnen und Schüler machen keinen ver-
nünftigen Schulabschluss. 20 Prozent eines Jahrgangs
erreichen keine Berufsreife. Unter ausländischen Ju-
gendlichen sind es sogar 40 Prozent. Ich finde, dass wir
als Exportnation im Wettbewerb um Spitzenkräfte dabei
sein müssen. Aber wie wäre es denn, wenn wir uns erst
einmal um diejenigen kümmern, die schon hier sind?


(Beifall der Abg. Elke Ferner [SPD])


Wir geben wieder einmal viel Geld aus, um ganz oben in
den Universitäten und in der Forschung mehr zu tun.
Warum ist es in Deutschland eigentlich so schwer, sich
einmal auf Hilfe für die ganz unten zu einigen?


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Frau Bundeskanzlerin, wenn Sie nicht begreifen, dass
man in der Breite etwas machen muss, damit am Ende
bei der Spitze mehr ankommt, dann haben Sie weder
vom Sport noch von Bildung etwas verstanden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Frau Bundeskanzlerin, stoppen Sie die Geldver-
schwendung für Herdprämien und andere unsinnige Vor-
haben und führen Sie ausnahmsweise in die richtige
Richtung! Lassen Sie uns doch die unsinnige Verfas-

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(C (D ungsänderung rückgängig machen, die wir gemeinsam eschlossen haben und die jetzt verhindert, dass Bund nd Länder in der Bildungspolitik vernünftig zusamenarbeiten können! (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben aber nicht zugestimmt!)


Frau Kollegin Schavan, jetzt habe ich doch etwas ge-
agt, was auch Ihre Meinung ist. Ich verstehe daher gar
icht, warum Sie hier vorne so unruhig werden.


(Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister: Wir dürfen nur nicht klatschen, Herr Gabriel! Das ist alles!)


Herr Westerwelle, Sie dürfen von mir aus sogar klat-
chen. Sie müssen es nur beim Präsidenten beantragen.


(Heiterkeit bei der SPD)


Was unsere Kinder, Jugendlichen und Eltern wirklich
rauchen, ist doch etwas ganz anderes: Wir brauchen in
en sozialen Brennpunkten Kindertagesstätten, die Fa-
ilienbildungsstätten sind. Wir brauchen Ganztags-

chulen mit Lehrern, Erziehern, Sozialpädagogen und
sychologen. Das kostet natürlich Geld. Aber dieses
eld haben die Länder nicht. Wenn wir es nicht an ande-

er Stelle falsch ausgeben würden, könnten wir ihnen
ieses Geld geben.

Stattdessen tun Sie das Gegenteil. Sie rechtfertigen
ie Einsparungen, die Sie vornehmen, mit Sprüchen,
ass „wir alle über unsere Verhältnisse gelebt“ hätten.
ch weiß nicht, Frau Dr. Merkel, in welchem Land Sie
nterwegs sind. Aber in Deutschland haben nur ganz
enige über ihre Verhältnisse gelebt, nämlich diejeni-
en, die zu dem obersten 1 Prozent der Vermögenden ge-
ören


(Beifall bei der SPD – Norbert Barthle [CDU/ CSU]: Fällt Ihnen nichts Neues mehr ein?)


nd deren Vermögen in den letzten zehn Jahren trotz Fi-
anzkrise um 10 Prozent gewachsen sind. Auf der ande-
en Seite arbeiten 1,3 Millionen Menschen jeden Tag
art und müssen trotzdem hinterher zum Sozialamt, weil
ie ihre Miete nicht bezahlen können. Nur jeder zweite
ugendliche bekommt nach der Ausbildung einen an-
tändigen Job. 70 Prozent der Gering- und Durch-
chnittsverdiener in Deutschland haben in den letzten
ehn Jahren Reallohnverluste und Vermögensverluste
on 7 Prozent hinnehmen müssen.


(Widerspruch bei der FDP)


as ist die Bilanz eines Landes, von dem Sie glauben,
ass es über seine Verhältnisse lebt.

Ich sage Ihnen offen: Auch für mich und für meine
artei ist es nicht besonders erfreulich, dass auch elf
ahre mit uns nicht dazu beigetragen haben, die Schere
wischen Arm und Reich zu schließen. Sie allerdings
ffnen sie weiter, und das Gegenteil wäre richtig in
eutschland.


(Beifall bei der SPD)






Sigmar Gabriel


(A) )


)(B)

Sie müssten einmal wieder dafür sorgen, dass Recht
und Ordnung auch auf den Arbeits- und den Finanz-
märkten einkehren. Natürlich muss der, der arbeiten
geht, mehr verdienen als jemand, der nicht arbeitet, aber
doch nicht dadurch, dass man die Regelsätze für
Hartz IV kürzt, sondern indem man in Deutschland ei-
nen Mindestlohn einführt. Das ist der richtige Weg, um
das zu erreichen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ihr Außenminister hat das Gegenteil davon gefordert.
Dass er dabei nach Auffassung des Bundesverfassungs-
gerichts gegen die Verfassung verstößt, interessiert ihn
vermutlich nicht besonders. Herr Westerwelle, was sa-
gen Sie eigentlich dazu, wenn Frau von der Leyen jetzt
die Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze vorschlägt, und
zwar nicht nur für Kinder? Ich nehme an, Sie warten ein
paar Monate ab, um irgendwann nach dem Motto „Das
wird man doch noch sagen dürfen“ wieder zu fordern,
die Regelsätze zu kürzen.

Weil wir gerade in mancherlei Hinsicht erleben, dass
unter der Überschrift „Das wird man ja wohl noch sagen
dürfen“ – er war ja der Erste, der das gemacht hat – das
Nutzen von Ressentiments wieder in Mode kommt, nur
so viel zu einer Debatte, die mir jedenfalls in der politi-
schen Kultur in Deutschland ziemlich Sorgen macht:


(Widerspruch bei der CDU/CSU – Zuruf von der CDU/CSU: Weil Ihre Leute dazu beitragen!)


– Es ist interessant, dass Sie da nervös werden.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Überhaupt nicht!)


Ja, es gibt eine wachsende Kluft zwischen Bevölke-
rung und Politik. Ja, das hat auch viel mit Fehlern und
Versagen der Politik und der Parteien selbst zu tun. Viele
Menschen haben den Eindruck, dass wir nichts mehr
über ihren Alltag wissen und uns auch nicht dafür inte-
ressieren. Es gibt ein wachsendes Ohnmachtsgefühl: die
da oben, wir hier unten. Wahlenttäuschung, aber auch
Radikalisierung sind Folgen davon.

In der Integrationsdebatte, meine Damen und Her-
ren, hat ein Teil von uns zu lange die Augen davor ver-
schlossen, dass wir längst ein Einwanderungsland sind.
Die Wahlparolen gegen das Zuwanderungsgesetz, gegen
die doppelte Staatsbürgerschaft und gegen das kommu-
nale Ausländerwahlrecht sind uns noch gut in Erinne-
rung.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ein anderer Teil hat mit zu viel Naivität von der Multi-
kultigesellschaft geträumt. Diese Naivität hatten aller-
dings offenbar nicht nur Sozialdemokraten und Grüne.
Ich erinnere mich noch gut daran, dass auf einmal die
deutsche Fußballnationalmannschaft als Beispiel für die
bunte Republik Deutschland gepriesen wurde, auch vom
neu gewählten Bundespräsidenten.


(Zuruf von der CDU/CSU: War das falsch?)


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(C (D Die Integrationsprobleme sind dadurch jedoch nicht leiner geworden. Es stimmt schon, was Johannes Rau n seiner Rede am 12. Mai 2000 dazu gesagt hat: Weder remdenfeindlichkeit noch Träumereien helfen uns. ber ich sage Ihnen auch in großem Ernst: Das alles darf icht darin münden, dass wir beginnen, mit Ressentients Politik zu machen. a, es stimmt, jeder Bürger darf in Deutschland alles saen und denken, selbst wenn es sich um Vorurteile und essentiments handelt. Aber diejenigen, die sich zur olitischen, wirtschaftlichen und medialen Führung diees Landes zählen, meine Damen und Herren, dürfen das ben nicht. arter politischer Streit und Zuspitzung sind nötig. Sie ind aber etwas anderes, als Vorurteile und Ressentients zu schüren. Die Meinungsfreiheit in Deutschland st kein Deckmäntelchen für verantwortungsloses Geede von Spitzenpolitikern, egal ob sie im Bundestag der in der Bundesbank sitzen, meine Damen und Heren. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)


as gilt für soziale Ressentiments ebenso wie für ethni-
che und kulturelle. Es gilt übrigens auch für historische
essentiments gegen unsere Nachbarn, die – wie die
olen – unsagbares Leid durch den Angriffskrieg Hitler-
eutschlands erlitten haben.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)


Wer aus dem Führungspersonal der Republik Ressen-
iments und Vorurteile in der politischen Auseinander-
etzung von Demokraten salonfähig macht, der muss
ich nicht wundern, wenn sich die Falschen ermuntert
ühlen. Wir wissen doch genau, meine Damen und Her-
en, dass es in jeder Gesellschaft solche Ressentiments
ibt, natürlich auch bei uns hier im Saal und bei den
eisten von uns persönlich.

Umso wichtiger ist es doch, dass wir nicht dann aus
iesem schier unerschöpflichen Reservoir schöpfen,
enn wir uns einmal unter Druck fühlen oder es oppor-

un gegenüber der scheinbar kochenden Volkseele er-
cheint. Der Boulevard hat kein Gedächtnis. Er muss im
weifel nach der Auflage schreiben; wir dürfen das im
weifel nicht.


(Beifall bei der SPD)


a hat jeder sein Päckchen zu tragen, Sie, wir und an-
ere auch. Das ist so.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Sie persönlich auch!)


Ich finde das, ehrlich gesagt, nicht lustig.


(Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/ CSU)






Sigmar Gabriel


(A) )


)(B)

Sie müssen überlegen, ob Sie bereit und in der Lage
sind, über so etwas ernsthaft zu reden, oder ob es Sie nur
davon ablenkt, wie Sie mit Ihrer Politik dazu beitragen,
dass die Menschen den Eindruck haben, wir geben uns
nicht genug Mühe. Denn eines muss ich schon sagen:
Den Eindruck, dass Sie sich darum kümmern, dass das
Volk wieder zusammengehalten wird, kann man beim
Lesen Ihres Haushalt wirklich nicht gewinnen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Eigentlich müsste es jetzt in Deutschland um einen
Aufschwung für alle gehen. Es gibt einen Aufschwung;
wir freuen uns darüber. Aber Sie werden sicher verste-
hen, Frau Bundeskanzlerin, wenn wir es als Satire emp-
finden, dass sich ausgerechnet Ihr Bundeswirtschafts-
minister damit brüstet, dazu einen Beitrag geleistet zu
haben.


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)


Nur um die Erinnerung ein bisschen aufzufrischen: Sie,
Herr Brüderle, haben doch am 4. Dezember 2008 gegen
das Konjunkturpaket und am 28. Mai 2009 gegen die
Verlängerung der Abwrackprämie gestimmt. Sie und
Ihre FDP haben alles getan, um das zu verhindern, was
uns am Ende durch die Krise gebracht hat. Das ist, was
Sie eigentlich gemacht haben.


(Beifall bei der SPD)


Herr Westerwelle hat es „Schrott“ und „Flickschuste-
rei“ genannt. Herr Brüderle hat das Konjunkturpaket als
„harte Droge“ abgelehnt.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Herr Brüderle, wissen Sie, wer Sie eigentlich sind? Sie
sind der größte Abstauber, den wir in der Politik seit lan-
gem erlebt haben. Mehr sind Sie wirklich nicht.


(Beifall bei der SPD)


Wir wollen einen Aufschwung für alle mit sicheren
Arbeitsbedingungen und fairen Löhnen; denn die Arbeit-
nehmer haben doch verzichtet, um die Unternehmen
durch die Krise zu bekommen. Es ist doch fair, ihnen
jetzt davon etwas zurückzugeben.

Natürlich gehört zum Aufschwung für alle, die
nächste Krise zu verhindern; denn noch einmal werden
wir nicht Hunderte von Milliarden Euro zusammenbe-
kommen. Die jetzt verabschiedeten Eigenkapitalvor-
schläge im Basel-III-Abkommen sind doch kein Ersatz
dafür, dass der Verbraucher die Finanzkrise endlich nicht
nur selbst bezahlen soll, sondern diejenigen, die die Ver-
ursacher dieser Finanzkrise sind. Die müssen Sie endlich
mit zur Kasse bitten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Zu Hause große Reden halten über die Regulierung
der Finanzmärkte, aber wenn es ans Eingemachte geht,
dann führen Ihnen die Großbanken die Feder. Diesen
Eindruck haben nicht nur wir, sondern auch die Sparkas-
sen und Volksbanken. Anders kann man sich Ihre Ban-
kenabgabe in Deutschland übrigens nicht erklären. Am

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(C (D nde sollen Sparkassen und Volksbanken für die Kosten er Krise zahlen. (Volker Kauder [CDU/CSU]: Das ist ja Quatsch! Sie reden ja Unsinn!)


ie müssen sich einmal entscheiden, was Sie eigentlich
ollen: wirtschaftspolitisch mehr Kredite für den Mittel-

tand und höhere Eigenkapitalquoten oder eine Abgabe,
ie genau das schwieriger macht. Sie, Herr Kauder, wol-
en das besteuern, was wir uns alle wünschen.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Das ist doch für die Zukunft, Menschenskinder!)


Die Bilanzsumme ist die Grundlage dessen, was Sie
orschlagen. Das sind Mittelstandskredite, Wohnungs-
aukredite, Investitionskredite. Darauf wollen Sie eine
bgabe erheben. Das ist doch das Gegenteil von ver-
ünftiger Wirtschaftspolitik. Ich weiß gar nicht, wie Sie
uf die Idee kommen, so etwas vorzuschlagen.


(Beifall bei der SPD)


Was wir wirklich brauchen, ist eine Steuer für die Zo-
ker an den europäischen Finanzmärkten und keine Ab-
abe für Volksbanken und Sparkassen auf Mittelstands-
redite. Das sollten Sie sich als Auftrag in die Bücher
chreiben, nicht den Unsinn, den Sie hier in den Haus-
alt hineinschreiben.


(Beifall bei der SPD – Volker Kauder [CDU/ CSU]: Sie bekämpfen da einen Popanz, den es gar nicht gibt!)


Wenn es das alles nicht gibt, dann würde ich vorschla-
en: Erklären Sie das einmal dem Sparkassen- und Giro-
erband und den Volksbanken!


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Ja, das machen wir gerne! Da brauchen wir Sie nicht!)


ie kritisieren das nämlich an Ihrem Gesetzentwurf. Es
st nicht so, dass nur ich das sage.

Am 7. Mai 2010 hat hier übrigens Herr Westerwelle
n einer großen Rede gesagt:

Es weiß jeder, dass wir diesen Spekulationen Ein-
halt gebieten müssen. … Wir müssen erkennen,
dass wir – auch für unser Land – eine Aufgabe zu
erfüllen haben.


(Bettina Hagedorn [SPD]: Ja!)


ohl wahr, Herr Westerwelle. Aber warum hören wir ei-
entlich nichts von Initiativen von Ihnen, um das voran-
ubringen? Was haben Sie nun eigentlich nach fast
inem Jahr in Ihrem Amt als Außenminister vorzuwei-
en? Ihr Kabinettskollege Norbert Röttgen hat im Stern
ber Sie gesagt, Sie seien „irreparabel beschädigt“. Das
ar sicher nicht nett von Herrn Röttgen; aber es ist na-

ürlich wahr.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)


eit Sie Ihre Partei schneidig an die Wand gefahren ha-
en, ist von Ihnen im Lande nichts mehr zu hören. Sie
aben als Außenminister, Herr Westerwelle, im ersten
mtsjahr keinen einzigen wahrnehmbaren Impuls ge-





Sigmar Gabriel


(A) )


)(B)

setzt. Deutschland hat sich unter Ihrer Führung als Ak-
teur von der internationalen Bühne abgemeldet, und so-
gar die Beamten im Auswärtigen Amt sind inzwischen
verzweifelt über das, was Sie angerichtet haben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir nutzen unsere Möglichkeiten nicht, wir verlieren
Gewicht in der Welt, und wir verspielen unser Ansehen,
jeden Tag. Sie, Herr Westerwelle, haben viel dazu beige-
tragen, dass Deutschland weiter unter Wert und weit un-
ter seiner internationalen Bedeutung regiert wird.

Frau Bundeskanzlerin, ob es um die Finanzmarkt-
regulierung geht, die Bildung oder den Bundeshaushalt:
Die Financial Times Deutschland hat schon recht, wenn
sie Ihnen am 2. September attestiert:

Schwarz-Gelb probiert mal dies, mal jenes – und je
nachdem, wie stark die Gegenströmung ist, wech-
selt die Koalition die Richtung.


(Bettina Hagedorn [SPD]: Ja!)


Den Beweis dafür haben Sie nirgends so drastisch er-
bracht wie in der Energiepolitik. Nun könnte man sich
darüber lustig machen, meine Damen und Herren, wie
das von Ihnen selbst so hochgepriesene Energiekonzept
gerade von Ihren eigenen Ministern in der Regierung
auseinandergenommen wird. Der Umweltminister hält
es für verfassungswidrig. Herr Schäuble hat gestern ge-
sagt: Wir schaffen Anreize für mehr Energieeffizienz
und Energieeinsparung. Ich frage Sie, Herr Schäuble:
Reden Sie eigentlich gelegentlich mit Ihrem Kabinetts-
kollegen Ramsauer? Der hat sich gerade in Bausch und
Bogen gegen alle Effizienzmaßnahmen ausgesprochen,
die in Ihrem angeblichen Konzept enthalten sind.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Hat er das?)


Ich weiß aus meiner Zeit als Umweltminister, Herr
Ramsauer ist wahrlich ein Filigrantechniker der Effi-
zienz bei der Energiepolitik.


(Heiterkeit bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ehrlich gesagt: Angesichts meiner Erinnerung daran,
wie Sie ihn dabei unterstützt haben, finde ich es einen
gelungenen Täter-Opfer-Ausgleich, dass Sie sich jetzt
mit ihm herumschlagen müssen. Das finde ich ange-
nehm.


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wissen Sie, was ich richtig gut an Herrn Ramsauer
finde? Er ist auch noch stolz darauf. Das finde ich wirk-
lich bemerkenswert.


(Heiterkeit bei der SPD)


Kommen wir einmal zum Eingemachten. In der Ener-
giepolitik schustern Sie vier Konzernen 100 Milliarden
Euro zu. Herr Brüderle, Sie gerieren sich doch so gerne
als Freund des Wettbewerbs und als Mittelständler. Sie
predigen Wettbewerb, und in Wahrheit bedienen Sie die

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(C (D ligopole. Größeren Schaden für den Wettbewerb auf em Energiemarkt in Deutschland konnten Sie gar nicht nrichten als mit diesem 100-Milliarden-Euro-Konzept. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Das ist Demagogie in reiner Form!)


Ich will mit Ihnen nicht über Sinn oder Unsinn der
tomenergie streiten und auch nicht über die wirklich
idersinnige Politik gegen einen der wichtigsten Leit-
ärkte, die Deutschland aufzuweisen hat, nämlich den

er erneuerbaren Energien. Wir könnten in den nächsten
ahren die derzeit vorhandenen 300 000 Arbeitsplätze
erdoppeln. Das haben Sie eben richtig ausgebremst.
enn Sie wirklich glauben, den vier Konzernen die För-

erung der erneuerbaren Energien anzuvertrauen, also
er mittelständischen Wirtschaft,


(Birgit Homburger [FDP]: Das ist doch Schwachsinn!)


ann glauben Sie bestimmt auch, Sie könnten Gänse
om Sinn von Weihnachten überzeugen.


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ier hat sich nur ein Interesse durchgesetzt: mit alten,
bgeschriebenen Atomkraftwerken pro Tag 1 Million
uro zu verdienen. Sie haben wieder einmal einer Wirt-
chaftslobby nachgegeben, mehr haben Sie nicht hinbe-
ommen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Frau Bundeskanzlerin, als wäre das, was Sie tun,
icht schon schlimm genug, toppen Sie alles andere
och dadurch, wie Sie es machen. Jedem anderen hätte
as übrigens die Schamesröte ins Gesicht getrieben. Da
ird monatelang über eine Steuer nicht in der Regierung
nd nicht im Parlament verhandelt, sondern hinter ver-
chlossenen Türen mit der Atomlobby. Und nächtens
ird bei den Energieversorgern noch einmal nachge-

ragt, ob es denn auch genehm ist, was die Regierung da
eschlossen hat. Als reichte das nicht schon aus, um
larzumachen, was Sie unter „Durchregieren“ verstehen,
reffen Sie auch noch in Geheimverträgen Nebenab-
prachen, die nur deshalb öffentlich werden, weil sich ei-
er der Manager verplappert hat.


(Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Was für ein Quatsch!)


rau Kanzlerin, ist es das, was Sie auf Ihrer Energiereise
m Sommer gelernt haben? Wenn ja, dann habe ich eine
itte: Bleiben Sie im nächsten Sommer zu Hause.


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


rau Dr. Merkel, in allem Ernst: Tun Sie mir und uns al-
en und Deutschland einen Gefallen: Benehmen Sie sich
n der Politik wie eine Kanzlerin und nicht wie eine Ge-
eimrätin!





Sigmar Gabriel


(A) )


)(B)


(Beifall bei der SPD – Widerspruch bei der CDU/CSU – Volker Kauder [CDU/CSU]: Der war aber flach wie eine Pfütze!)


Sie reden ja immer von der Sicherheit der Menschen
in Deutschland, wenn Sie Verträge mit Atombetreibern
aushandeln. Wissen Sie, alles, was Sie über Sicherheits-
fragen wissen müssen, steht im Atomgesetz. Darin steht
auch, wer die Sicherheitsstandards zu setzen hat, wer
ihre Einhaltung kontrolliert und wer die Kosten zu tra-
gen hat. Deshalb hat man es als Umweltminister übri-
gens leicht, sich gegen die Unziemlichkeiten von Bundes-
wirtschaftsministerium und Kanzleramt durchzusetzen,
wenn man das wirklich will. Glauben Sie mir, ich weiß,
wovon ich rede.


(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


– Das ist ganz einfach: Wenn Sie nicht wollen, dass ein
altes Atomkraftwerk länger läuft, dann weisen Sie als
Umweltminister auf die Sicherheitstechnik hin. Wenn
Ihnen das Kanzleramt, die Frau Merkel, einen Brief
schreibt und Sie auffordert, das Atomkraftwerk trotzdem
länger laufen zu lassen, dann sagen Sie einfach Nein.
Schon haben Sie die Verfassung auf Ihrer Seite. So müs-
sen Sie das machen, wenn Sie das nicht wollen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich kann Ihnen ja einmal vorlesen, was Ihre Kanzlerin
und Ihre Wirtschaftsminister gefordert haben. Biblis A
steht seit Jahren still, nicht weil wir es stilllegen wollten,
sondern weil die Sicherheitstechnik nicht ausreicht. Sie
wollen die Laufzeit dieses Dings um acht Jahre verlän-
gern. Das haben wir Ihnen verweigert, solange wir die
Möglichkeit dazu hatten. Das könnte Herr Röttgen heute
auch noch, aber er traut sich das nicht, weil ihm sein
Wahlkampf in NRW mehr wert ist als der Widerstand
gegen den Unsinn, den Sie da produzieren.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dass Sie am Umweltminister vorbei über die Reak-
torsicherheit verhandeln, ist schon schlimm genug. Dass
Sie gegen die Verfassung verstoßen wollen, weil Sie den
Bundesrat aushebeln, das mag bei Ihren Kollegen ja
noch Beifall finden; ich habe aber gehört: Der Bundes-
tagspräsident hat eine ganz andere Einschätzung dazu.
Aber, meine Damen und Herren von CDU/CSU und
FDP, was finden Sie eigentlich gut daran, dass Frau
Merkel die Regeln, die Sie im Parlament gesetzlich
schaffen müssten, jetzt außerhalb des Bundestages in ei-
nem Vertrag macht? Sie schaffen sich gerade selber ab.
Sie klatschen auch noch Beifall für diese Politik.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Das ist doch der Unterschied zum rot-grünen Aus-
stiegsvertrag mit der Atomindustrie.


(Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Hört! Hört! Sie hatten einen Vertrag?)


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(C (D lles, was bei Fragen der Sicherheit zu regeln war, steht m Gesetz und nicht in Verträgen. Dieser unterschiedlihe Umgang mit dem Parlament unterscheidet uns von em, was Sie hier gerade vorführen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Oje!)


Sie merken überhaupt nicht, was Sie in Deutschland
nrichten. Noch nie hat sich eine Regierung so sehr zum
andlanger von Großkonzernen degradiert. Dem
inanzminister machten Hoteliers und Großbanken
teuervorschläge. Ihrem Gesundheitsminister führt die
harmaindustrie die Hand, wenn er Gesetzentwürfe
chreibt, und Sie machen im Bereich der Energiewirt-
chaft mit vier großen Konzernen Verträge gegen den
est der Republik. Ich sage Ihnen: Sie machen sich sel-
er zur Kanzlerin der Konzerne. Das muss man Ihnen
ar nicht vorwerfen. Darauf scheinen Sie auch noch
tolz zu sein.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sie eröffnen erneut einen gesellschaftlichen Großkon-
likt, den SPD und Grüne endlich befriedet hatten. Des-
egen verspreche ich Ihnen: Das hat keine lange Lauf-

eit. Wir werden dagegen demonstrieren. Wir werden
amit vor das Verfassungsgericht ziehen. Ich sage Ihnen:
ei der nächsten Bundestagswahl endet die Laufzeit die-

es Gesetzes ganz sicher.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Na, das wollen wir mal sehen! – Norbert Barthle [CDU/CSU]: Das ist eine Hetzrede!)


Nein, das ist keine „Hetzrede“.


(Norbert Barthle [CDU/CSU]: Doch!)


enn Sie meinen, dass das so eine ist, dann fragen Sie
ich, ob es Hetzerei ist, wenn man Sie darum bittet, Ge-
etze im Bundestag und nicht außerhalb zu verhandeln.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ihre Regierung, Frau Bundeskanzlerin, ist verant-
ortlich für zwölf Monate politische Lähmung. Seit ei-
em Jahr sind Sie gemeinsam mit Ihren Kabinettskolle-
en auf einem Selbstfindungstrip. Gegen Ihre Regierung
nd das, was Sie so über sich sagen, ist der Kinderladen
er 68er so diszipliniert wie eine preußische Kadettenan-
talt.


(Heiterkeit bei der SPD)


Wie viele Neuanfänge möchten Sie der Republik ei-
entlich noch zumuten? In Wirklichkeit fangen Sie
ichts neu an, sondern verletzen fortwährend das Gefühl
ür Fairness und Balance in unserem Land. Ihr Haushalt
rägt die Handschrift der Lobbyisten. Er zeigt, dass Sie
icht bereit sind, alle in die Pflicht zu nehmen. Sogar der
hef des CDU-Wirtschaftsrates, Herr Lauk, kritisiert
ie.


(Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Richtig!)






Sigmar Gabriel


(A) )


)(B)

Er sagt: Das Sparpaket hat eine soziale Schieflage. Und
wo er recht hat, hat er recht. Sie, Frau Bundeskanzlerin,
und Herr Westerwelle sind mit markigen Worten ange-
treten. Den Zusammenhalt, Frau Dr. Merkel, wollten Sie
stärken. Ihre angeblich bürgerliche Koalition wollte bür-
gerliche Werte stärken. Seit fast zwölf Monaten machen
Sie das genaue Gegenteil. Sie verstoßen gegen elemen-
tare Wertvorstellungen in unserem Land, auch gegen die
von liberalen und konservativen Wählern. Fairness,
Glaubwürdigkeit und Verantwortungsbewusstsein findet
man in Ihren zwölf Monaten Regierungsarbeit nicht.


(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Deshalb sind die bürgerlichen und liberalen Wähler fas-
sungslos und wenden sich enttäuscht ab.

Tun Sie bitte nicht so, als sei Ihr Kurs alternativlos. Es
gibt durchaus Wege, die Schulden abzubauen und trotz-
dem Impulse für Bildung und Investitionen zu geben.


(Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Wie Sie in Nordrhein-Westfalen beweisen, Sie Scherzkeks!)


Nehmen Sie die Besserverdienenden im Land in ihre
patriotische Pflicht, wie Herr Lauk das gefordert hat.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Erinnern Sie mutig daran, dass im Grundgesetz steht:
„Eigentum verpflichtet.“ Nehmen Sie die unsinnigen
Steuergeschenke an Hoteliers zurück, und führen Sie die
Brennelementesteuer nicht als Ablasshandel für lange
Laufzeiten alter Atommeiler ein, sondern dafür, dass
nicht die Steuerzahler 10 Milliarden Euro aufbringen
müssen, um marode Atommüllendlager zu sanieren, die
die Atomwirtschaft hinterlassen hat. Dafür ist die Brenn-
elementesteuer gut.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Stoppen Sie die absurden Ausgabenwünsche für
Herdprämien und andere Spielarten einer verfehlten Bil-
dungspolitik. Kürzen Sie stattdessen die wirklich unsin-
nigen Subventionen im Umweltbereich, statt mit dem
Rasenmäher die Energiesteuern zu erhöhen und damit
wichtigen Exportindustrien das Leben schwer zu ma-
chen. Auf diesem Weg können wir die Schulden abbauen
und Fairness ins Land zurückkehren lassen. In Wahrheit
hat nämlich eine freiheitliche Wirtschaftsordnung keinen
dauerhaften Erfolg, wenn sie nicht auch mit sozialem
Ausgleich und sozialer Sicherheit verbunden wird.

CDU/CSU und FDP scheinen das auch nach der
Finanzkrise nicht verstanden zu haben. Sie machen das
Gegenteil: Wer sie unter Druck setzt, bekommt, was er
will, und wer keine Lobby hat, bleibt auf der Strecke.
Das ist das Markenzeichen Ihrer Regierung. Dieses
Stigma, Frau Bundeskanzlerin, werden Sie auch mit die-
sem Haushalt nicht los.


(Anhaltender Beifall bei der SPD – Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D Das Wort hat die Frau Bundeskanzlerin, Frau r. Angela Merkel. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten ie mir, dass ich zuerst jenseits der politischen Ausinandersetzung meine ganz herzlichen Genesungswünche für unseren Kollegen Frank-Walter Steinmeier und eine Frau überbringe und ihm alles, alles Gute wünsche ei seiner Erholung. Liebe Kolleginnen und Kollegen, heute auf den Tag enau vor zwei Jahren war der Zusammenbruch des ankhauses Lehman Brothers, uns allen in Erinnerung ls Kulminationspunkt einer weltweiten tiefgreifenden irtschaftsund Finanzkrise. Ich habe hier im Zeichen ieser Krise im November 2008 gesagt: Wir, die Deutchen, wollen stärker aus der Krise herauskommen, als ir hineingegangen sind. – Ich glaube, ich darf für uns lle sagen: Diese weltweite Wirtschaftsund Finanzkrise at unsere politische Arbeit in den letzten zwei Jahren ief geprägt. Heute, zwei Jahre später, können wir festalten: Wir haben ein großes Stück des Weges geschafft. ir haben Grund für Zuversicht. Die Wahrheit ist: Viele aben uns das nicht zugetraut, aber wir haben gezeigt, as in uns steckt. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Lachen bei der SPD – Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt! Und es war nicht viel!)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1705800200

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. Angela Merkel (CDU):
Rede ID: ID1705800300

(Beifall)


Sie können partiell mitklatschen; Sie sind nicht daran
ehindert. Damals waren Sie ja noch vernünftig.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Meine Damen und Herren, die Prognosen waren düs-
er. Umso mehr freuen wir uns heute, glaube ich, alle
ber den breiten Aufschwung. Nach der mit Abstand
chwersten Rezession der Nachkriegszeit ist Deutsch-
and wieder auf Wachstumskurs. Die europäische
rognose sagt uns für dieses Jahr sogar ein Wachstum
on über 3 Prozent voraus.

Das Allerwichtigste für uns und für mich ist aber,
ass sich der Arbeitsmarkt in der schwersten Krise der
achkriegszeit robust gezeigt hat und dass die Arbeitslo-

igkeit wieder auf ein Niveau vor der Krise gesunken ist.
as bedeutet etwas für Millionen von Menschen. Wir
aben in den neuen Bundesländern seit 1991 zum ersten
al eine Arbeitslosigkeit unter 1 Million.

Meine Damen und Herren, da lohnt schon einmal ein
lick zurück. Als ich vor knapp fünf Jahren Bundes-
anzlerin wurde – nach sieben Jahren Rot-Grün –, lag
ie Arbeitslosigkeit bei fast 5 Millionen. Heute sind es
napp über 3 Millionen. Vielleicht unterschreiten wir
iese 3 Millionen noch. Das ist der Erfolg der Arbeit und





Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel


(A) )


)(B)

auch der Erfolg der Arbeit der christlich-liberalen Koali-
tion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Sonnenstrahlen fallen in den Plenarsaal – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da geht sogar die Sonne auf! – Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


– Ehrlich gesagt, weiß ich nicht, was es da zu lachen
gibt. Ob 2 Millionen Menschen weniger arbeitslos sind
oder nicht, das ist eine zentrale Frage der Gerechtigkeit
in unserem Land. Wenn Sie über Gerechtigkeit und Soli-
darität sprechen, dann ist Arbeit einer der entscheiden-
den Punkte, um die es geht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir haben natürlich in den letzten zehn Monaten
wichtige Weichenstellungen vorgenommen. Wir haben
eine Kreditklemme verhindert. Wir haben Familien mehr
Kindergeld gegeben.


(Sigmar Gabriel [SPD]: Den oben viel und den unten wenig!)


Vielleicht erinnern Sie sich auch einmal daran. Wir ha-
ben eine Rekordsumme von 12 Milliarden Euro in die
Verkehrsinfrastruktur gesteckt. Wir haben die Konjunk-
turprogramme vorangebracht. Wir haben die Lohnzu-
satzkosten stabilisiert, um Arbeit zu erhalten. Das alles
hat dazu geführt, dass wir heute die Wachstumslokomo-
tive in Europa sind, meine Damen und Herren. Damit
wird Deutschland seiner Verantwortung gerecht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Richtig ist aber auch, dass noch ein großes Stück Weg
vor uns liegt, bis wir wieder einen nachhaltigen weltwei-
ten Aufschwung gesichert haben. Wir als christlich-libe-
rale Koalition wissen, vor welchen Aufgaben wir in den
nächsten Jahren stehen: der veränderte Altersaufbau un-
serer Gesellschaft, der globale Wettbewerb, der zunimmt
– ich nenne China und Indien als Stichworte –, sowie die
Aufgaben, die sich aus den begrenzten Ressourcen und
den Aufgaben des Klimaschutzes ergeben.

Auf keine dieser Herausforderungen Sie sind einge-
gangen, Herr Gabriel, geschweige denn, dass Sie ir-
gendeinen Lösungsvorschlag gemacht haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Deshalb beobachten wir mit Interesse, wie Sie Schritt für
Schritt eine Rolle rückwärts machen, statt in die Zukunft
zu blicken. Wir sagen: Dies ist der Herbst der Entschei-
dungen für wichtige Weichenstellungen in Deutschland
für das neue Jahrzehnt zwischen 2010 und 2020. Das ist
unser Anspruch, und dem werden wir gerecht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch bei der SPD)


Meine Damen und Herren, dabei sind solide Finan-
zen einer der Kernbausteine. Warum? Weil das für die
Menschen bedeutet, dass sie keine Inflationsängste ha-
ben müssen, dass die, die wenig haben, nicht auch noch
durch die Inflation enteignet werden, und dass wir Spiel-

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(C (D äume für die kommenden Generationen schaffen. Wir ollen und werden eine Stabilitätskultur in Deutschland erankern, die im Übrigen auch beispielhaft für Europa ein wird. Das drückt unser Haushalt aus. Meine Damen und Herren, wir haben einen Haushalt, ei dem immer noch jeder fünfte Euro durch Schulden inanziert wird. Wir haben aber einen Weg eingeschlaen auf der Grundlage der Schuldenbremse, die genau amit Schluss macht. Das ist damit gemeint, wenn es eißt: Deutschland lebt über seine Verhältnisse. Nicht er Einzelne lebt über seine Verhältnisse, sondern die olitik hat in der Vergangenheit nicht die Kraft aufgeracht, für die Zukunft Vorsorge zu treffen. Genau das ndern wir. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Petra Merkel [Berlin] [SPD]: Und wer hat davon profitiert?)


Hören Sie doch einmal zu. Wenn 2 Millionen Men-
chen weniger arbeitslos sind, dann haben davon zu-
ächst einmal Millionen von Familien profitiert. Viel-
eicht könnten Sie das einmal zur Kenntnis nehmen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Eines ist doch klar: Wir brauchen Spielräume für Zu-
unftsinvestitionen. In dem Haushalt des Jahres 2010
ind ungefähr 72 Prozent fixe Ausgaben: für Soziales,
ür Personal und für Zinsen. Nur 28 Prozent bleiben für
nvestitionen und politische Zukunftsgestaltung übrig.
991 waren das noch über 43 Prozent. Meine Damen
nd Herren, da müssen wir wieder hin. Es ist nicht in
rdnung, wenn die Ausgaben für Zinsen höher sind als
ie Ausgaben für Investitionen.


(Sigmar Gabriel [SPD]: Warum haben Sie denn dann monatelang Steuersenkungen versprochen?)


s ist nicht in Ordnung, wenn die Ausgaben für Zinsen
oppelt so hoch sind wie die Ausgaben für Bildung und
orschung.


(Joachim Poß [SPD]: Sie schweigen zu den Steuergeldern!)


as werden wir ändern, weil wir an die Zukunft denken
nd uns nicht in der Gegenwart aufhalten, meine Damen
nd Herren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


arauf habe ich gestern und heute keine einzige Antwort
on Ihnen gehört.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was?)


Wenn man sich manche Landeshaushalte ansieht, zum
eispiel den von Nordrhein-Westfalen,


(Jörg van Essen [FDP]: Oh ja! Sehr richtig!)


ann hat man den Eindruck: Das findet alles im luftlee-
en Raum statt und hat mit der realen Welt überhaupt
ichts mehr zu tun. Genau das werden wir Ihnen nicht
urchgehen lassen, Herr Gabriel.





Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel


(A) )


)(B)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Petra Merkel [Berlin] [SPD]: Sie müssen aber auch mal selbst etwas tun!)


Wir nehmen einige Bereiche ganz bewusst aus. Wir
sparen nicht bei Bildung und Forschung,


(Zuruf von der SPD: Was? Doch!)


weil wir wissen, dass hier unsere Zukunft liegt.


(Sigmar Gabriel [SPD]: Aber Sie nehmen den Ländern das Geld weg!)


Wir sparen nicht bei der Kinderbetreuung, sondern set-
zen den Ausbau weiter fort, so wie wir begonnen haben.
Wir sparen nicht bei den Investitionen.


(Sigmar Gabriel [SPD]: Das stimmt doch alles nicht!)


Was noch ganz wichtig ist: Wir setzen durch das, was
wir tun, neue Anreize, Arbeit aufzunehmen, weil Arbeit
Wohlstand für die Menschen bedeutet. Das ist unser
Ziel, meine Damen und Herren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Joachim Poß [SPD]: Los! Noch einen Spruch!)


Meine Damen und Herren, natürlich hat die Finanz-
krise tiefe Spuren hinterlassen. Wir haben uns im Früh-
jahr ganz wesentlich auch mit der Frage einer stabilen
Währung zu befassen gehabt.


(Petra Merkel [Berlin] [SPD]: Zu spät!)


Ich will daran erinnern: Hätten wir den Euro in dieser
Krise nicht gehabt, wäre gerade eine Exportnation wie
Deutschland von den Währungsturbulenzen in unserem
Hauptexportmarkt, nämlich in Europa, sehr stark beein-
flusst worden. Das heißt, der Euro hat uns geholfen,
durch die Krise zu kommen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Aber die Krise hat auch zutage gefördert, dass die So-
lidität der Haushalte und die Wachstumskräfte in der Eu-
ropäischen Union nicht gleich verteilt sind, dass wir
große Ungleichgewichte haben und dass man an ver-
schiedenen Stellen nicht entsprechend dem Stabilitäts-
und Wachstumspakt gearbeitet hat.

Ich will nur daran erinnern: Die Sozialdemokraten ha-
ben bezüglich des Euro zweimal historisch versagt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Sigmar Gabriel [SPD]: Sie wollten doch wieder die Steuerzahler zahlen lassen!)


Das erste Mal war, als Bundeskanzler Schröder 2004 den
Stabilitätspakt, im Übrigen gegen das Votum seines eige-
nen Finanzministers, aufgeweicht hat


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Falsch!)


und damit viel kraftloser gemacht hat; das war das erste
historische Versagen.


(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Vollkommener Unsinn!)


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(C (D Das zweite Mal: Als infolgedessen der Euro in chwierigkeiten kam, haben Sie sich der Stimme enthal en, weil Sie nicht zu Ihrer Verantwortung stehen wollen. Das ist das, was übrig bleibt. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Sigmar Gabriel [SPD]: Ach was! Sie wollten die Spekulanten nicht zur Verantwortung ziehen!)


Wenn wir uns schon richtigerweise innenpolitisch
treiten – das gehört zwischen Opposition und Regierung
azu –, dann hätte man wenigstens erwarten können, dass
ie bei den Verhandlungen mit Griechenland und über
en Euro-Schutzschirm deutsche Interessen vertreten,


(Widerspruch bei der SPD)


ass Sie sich dafür einsetzen, dass der IWF einbezogen
ird,


(Joachim Poß [SPD]: Das haben wir doch gemacht!)


ass in Griechenland eine Haushaltskonsolidierung statt-
indet, dass die Länder sparen und dass wir im Interesse
ines stabilen Euro unsere Stabilitätskultur auch in Eu-
opa verankern, meine Damen und Herren.


(Sigmar Gabriel [SPD]: Sie haben doch das Gegenteil von all dem gemacht! Sie haben das doch alles ignoriert!)


as wäre Ihre Pflicht gewesen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Joachim Poß [SPD]: Drei Monate haben Sie vergeigt! Von Februar bis Mai wussten Sie nicht, wohin Sie wollen! Sie haben versagt! Sie haben die Krise noch verschärft! Die ganze Welt weiß das! – Ulrich Kelber [SPD]: Sie waren der Treibsand der Krise, Frau Merkel! Sie haben dafür gesorgt, dass sich die Krise sogar noch zugespitzt hat!)


Herr Poß, hören Sie auf zu schreien. Ja, ich habe zwei
onate gebraucht, um Europa davon zu überzeugen,


(Sigmar Gabriel [SPD]: Nein! Sie lassen die Steuerzahler zahlen!)


ass erst einmal die Länder selbst sparen müssen


(Sigmar Gabriel [SPD]: Sie haben die Steuerzahler zur Kasse gebeten!)


nd dass erst dann die Solidarität der Gemeinschaft
ommt. Wenn Sie hier geholfen hätten, dann wäre es
ielleicht schneller gegangen, aber das haben Sie nicht
etan, und deshalb hat es so lange gedauert.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Joachim Poß [SPD]: Sie hätten schon im Februar tätig werden können!)


Was die Regulierung der Finanzmärkte und die
ehren aus der Krise anbelangt, sind wir noch nicht am
nde, aber wir haben einiges erreicht:

Es gibt jetzt eine europäische Finanzaufsicht, der
uch die Ratingagenturen unterstellt sind. Auch wenn





Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel


(A) )


)(B)

wir internationale Kritik bekommen haben: Es war rich-
tig, dass wir mit dem Verbot von Leerverkäufen voran-
gegangen sind, um ein Zeichen dafür zu setzen, dass
man nicht bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag warten kann.
Wir haben einen Restrukturierungsfonds eingerichtet,
um die Bankeninsolvenzen zu bearbeiten, und wir haben
eine Bankenabgabe eingeführt.

Sie erzählen darüber, wer dadurch belastet wird und
wer nicht. Schauen Sie sich doch die Details an. Es ist
vollkommen klar: Je risikobehafteter das Kapital ist und
die Geschäfte sind, umso mehr Abgabe muss gezahlt
werden, damit in Zukunft nicht mehr der Steuerzahler
für solche Krisen eintreten muss, sondern die Banken
das selber tun müssen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir werden auch weiter für die Besteuerung der Fi-
nanzmärkte arbeiten. Der Bundesfinanzminister tut dies
in vielen, vielen Gesprächen, und wir werden versuchen,
möglichst viele Länder davon zu überzeugen. Leider ist
die Welt nicht immer so, wie wir sie uns wünschen.


(Thomas Oppermann [SPD]: Man hört sehr wenig von ihm!)


Auch das gehört zum Betrachten der Realität. Aber wir
geben nicht auf und bohren das dicke Brett. Es war auch
richtig, dass jetzt die Eigenkapitalvorschriften verbessert
werden.


(Thomas Oppermann [SPD]: Sie treten auf die Bremse! Deswegen funktioniert es nicht!)


Wir erwarten von der EU, dass sie die Derivatemärkte
ordentlich regelt. Wir als Staat müssen aus den krisenbe-
dingten Beteiligungen in Deutschland Schritt für Schritt
aussteigen.

All das ist auf dem Weg, aber es bleibt noch viel Ar-
beit vor uns.


(Petra Merkel [Berlin] [SPD]: Nicht nur beschließen, sondern auch handeln!)


Wir bleiben bei dem Credo: Jedes Produkt, jeder Akteur
und jeder Finanzmarktteilnehmer muss reguliert sein,
damit wir einen Überblick darüber haben, was auf den
Finanzmärkten geschieht.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum haben Sie dann drei Monate lang die europäische Finanzaufsicht blockiert?)


Das ist die soziale Marktwirtschaft, wie wir sie in der
Realwirtschaft seit Jahrzehnten kennen, und das muss
auch für die Finanzwirtschaft in gleicher Weise gelten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben doch die europäische Finanzaufsicht blockiert, Frau Bundeskanzlerin!)


Zu den Zukunftsaufgaben gehört zweitens die Siche-
rung der Zukunft der sozialen Sicherungssysteme. Hier
muss man einfach feststellen, dass die Veränderungen im
Altersaufbau von einigen in diesem Hause überhaupt
nicht zur Kenntnis genommen werden. Schauen wir uns

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(C (D as einmal an: Auf 100 Erwerbstätige kommen heute 4 über 65-Jährige, 2020 39, 2030 53 und 2040 64 über 5-Jährige. Wer glaubt, er muss darauf nicht reagieren, er glaubt, er kann das ignorieren, wer glaubt, er kann en Menschen ein X für ein U vormachen, genau der ird Politikverdrossenheit und Enttäuschung über Poli ik ernten. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Sigmar Gabriel [SPD]: Lesen Sie eigentlich Ihr Gesetz?)


Wir werden das Gesetz Ihres früheren Bundesarbeits-
inisters Franz Müntefering,


(Sigmar Gabriel [SPD]: Lesen Sie das?)


er bitter über Ihren Kurs enttäuscht ist – das wird man
ier ja einmal festhalten dürfen –, umsetzen. Wir werden
atürlich einen Bericht über die Erwerbstätigkeit der Äl-
eren erstellen, und wir stellen fest, dass sich diese in den
etzten Jahren verdoppelt hat. Das ist der Erfolg, auf dem
ir aufbauen. Denn es gibt keine Alternative dazu, je-
enfalls keine vernünftige,


(Sigmar Gabriel [SPD]: Auf 20 Prozent!)


ass man sagt: „Wenn die Lebenserwartung steigt“ – in
ehn Jahren steigt sie um durchschnittlich zwei Jahre –,
dann muss sich das auch im Erwerbsleben und in der
ente niederschlagen“, wenn man möchte, dass die
ente der Lohn für die Lebensleistung bleibt, und das
öchten wir im Gegensatz zu anderen, die die Realität

infach nicht akzeptieren, meine Damen und Herren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ein mindestens ebenso sensibler Bereich ist die Zu-
unft des Gesundheitssystems. Wir wissen: Wenn wir
n einer alternden Gesellschaft leben, wenn wir mehr
edizinische Möglichkeiten haben, dann ist es wahr-

cheinlich die schwierigste Aufgabe – wir erleben diese
iskussion ja in allen Industrieländern –,


(Elke Ferner [SPD]: Der Ihre Regierung nicht gewachsen ist! – Sigmar Gabriel [SPD]: Deswegen schreibt die Pharmaindustrie die Gesetzentwürfe!)


in gerechtes, faires, bezahlbares und gutes Gesundheits-
ystem auf Dauer zu erhalten.

Deshalb, meine Damen und Herren, müssen wir den
enschen sagen: Wenn wir keine Zweiklassenmedizin
ollen – –


(Sigmar Gabriel [SPD]: Dann machen Sie eine Dreiklassenmedizin daraus!)


Ich weiß nicht, ob Sie sie wollen; ich will sie nicht.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben sie!)


Wir wollen sie nicht.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ür uns ist es Ausdruck der sozialen Marktwirtschaft
nd unseres Bildes von Menschen, dass die Menschen in
eutschland wissen: Sie haben eine sichere Gesund-





Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel


(A) )


)(B)

heitsversorgung, und zwar für jeden, egal, ob arm oder
reich.


(Sigmar Gabriel [SPD]: Fällt Ihnen auf, dass die FDP nicht mitklatscht?)


– Mir fällt auf, dass die FDP jetzt gleich mitklatscht,
weil sie das genauso will wie wir.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Lachen bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN], an die FDP gewandt: Jetzt müsst ihr klatschen, ihr Armen!)


Die FDP hat eine Eigenschaft: Sie wartet immer, bis ich
zum Ende des Satzes komme, und klatscht nicht einfach
zwischendrin.


(Sigmar Gabriel [SPD]: Jetzt müssen Sie sie sogar noch auffordern! – Thomas Oppermann [SPD]: Sonst hätten sie das nicht gemacht!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Thema ist zu
ernst.


(Sigmar Gabriel [SPD]: Das war ein wahres Wort gesprochen!)


Hier gibt es eine gewisse Neigung, über zentrale The-
men nicht mehr mit der notwendigen Ernsthaftigkeit zu
sprechen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zuruf von der SPD: Eben!)


Das Thema der Gesundheitsversorgung ist zu ernst, als
dass es hier in irgendwelchem Gebrüll untergehen sollte.

Ich sage noch einmal: Die Gesundheitskosten werden
steigen, auch die medizinischen Möglichkeiten. Daraus
ergibt sich die Frage: Wie können wir das solidarisch be-
zahlbar machen?


(Zurufe von der SPD)


Ich sage Ihnen, dass es nicht möglich sein wird, wie wir
es Jahrzehnte gemacht haben, wie es sich bewährt hat
und wie wir es auch erhalten wollen, wie es heute ist,
dass wir die paritätische Finanzierung, das heißt die
Kopplung an die Arbeitskosten, voll aufrechterhalten.


(Elke Ferner [SPD]: Was?)


Denn entweder geraten sonst Arbeitsplätze im interna-
tionalen Wettbewerb in Gefahr, oder aber die Finanzie-
rung der Gesundheitskosten steht nicht in dem notwendi-
gen Umfang zur Verfügung. Deshalb sagen wir – das ist
Solidarität –:


(Elke Ferner [SPD]: Wollen Sie jetzt Gesundheitspolitik nach Kassenlage machen, oder was?)


Wir entkoppeln für die aufwachsenden Kosten die Ar-
beitskosten und die Gesundheitskosten stärker. Wir sor-
gen dafür, dass niemand mit dem, was er zahlen muss,
überfordert wird, indem wir eine Grenze einlegen. Dann
machen wir den Solidarausgleich nicht mehr nur von den
sozialversicherungspflichtig Beschäftigten bis zur Bei-

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(C (D ragsbemessungsgrenze, sondern von allen Steuerzahern. Das ist gelebte Solidarität, meine Damen und Heren. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Sigmar Gabriel [SPD]: Hauptsache, Herr Rösler macht das so!)


Wenn Sie glauben, Sie können sich da noch ein, zwei,
rei Jahre durchmogeln, dann sage ich Ihnen: Wir stellen
ie Weichen für die Zukunft. Vertrauen in Politik resul-
iert auch daraus, dass Menschen berechenbare Verhält-
isse haben und wissen, was auf sie zukommt. Auch die
ragen, was mir eine Krankenkasse bietet, welche Ent-
cheidungsmöglichkeiten ich habe und wie ich präventiv
twas für meine Gesundheit tun kann, gehören dazu. Die
ahlmöglichkeiten für die Patienten müssen gestärkt
erden. Anders geht es in einer modernen Gesellschaft
icht, meine Damen und Herren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Elke Ferner [SPD]: Deshalb werden die Präventionsmittel gekürzt! Absurd ist das Ganze!)


Drittens. Wir müssen etwas gegen die Langzeitar-
eitslosigkeit


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau! Wir streichen ihnen die Eingliederungshilfe!)


nd etwas für diejenigen Familien tun, deren Kinder in
iner schwierigen Situation sind.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau! Weg mit dem Elterngeld!)


uf der einen Seite gibt es einen Fachkräftemangel – das
ird überall beklagt –, und auf der anderen Seite gibt es
ber 2 Millionen Menschen, die erwerbsfähig sind und
einen Zugang zum Arbeitsmarkt haben. Das sind vor
llen Dingen alleinerziehende Mütter, und das sind Men-
chen über 50 Jahre.


(Sigmar Gabriel [SPD]: Denen nehmen Sie erst mal 2 Milliarden weg!)


ch finde mich nicht damit ab, dass wir einerseits Pflege-
räfte von überall her holen müssen, und andererseits er-
lären müssen, dass über 2 Millionen Menschen, die
eute keine Erwerbsmöglichkeit haben, per se nicht da-
ür geeignet sind. Deshalb geht es darum, die Langzeit-
rbeitslosigkeit abzubauen, und zwar ganz entschieden.
rsula von der Leyen als Bundesarbeitsministerin tut ge-
au dies.

Herr Trittin, vielleicht darf ich Sie daran erinnern: Im
ahr 2006, als wir fast 5 Millionen Arbeitslose hatten,
ab es weniger Eingliederungshilfen, als wir heute mit
napp über 3 Millionen Arbeitslosen und nächstes Jahr
it um die 3 Millionen Arbeitslosen haben.


(Norbert Barthle [CDU/CSU]: Das ist wohl wahr!)


er da von sozialem Kahlschlag spricht, der lügt – so
uss man es sagen –, der sagt einfach die Unwahrheit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)






Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel


(A) )


)(B)

In der Großen Koalition war es immer auskömmlich. Bei
mehr Arbeitslosigkeit mussten wir weniger Geld pro Ar-
beitslosem ausgeben als heute. Wir werden dieses Geld
sogar noch effizienter einsetzen.

Wenn wir uns den Bundeshaushalt anschauen, dann
stellen wir fest, dass die 40 Milliarden Euro, die wir für
Langzeitarbeitslose und ihre Familien ausgeben müssen,
genau der Teil des Haushalts sind, aus dem wir Zukunft
formen können, indem wir Menschen wieder eine Ar-
beitschance geben und damit die Ausgaben in diesem
Bereich senken. Kein anderer Bereich des Bundeshaus-
halts eignet sich dafür. Deshalb ist unsere Hauptaufgabe,
die Langzeitarbeitslosigkeit anzugehen und Hartz-IV-
Empfängern wieder bessere Vermittlungsmöglichkeiten
zu geben. Glücklicherweise haben wir in der Frage gut
zusammengearbeitet, als es um die Neuregelung der Job-
center ging. Deshalb wird bei der Umsetzung des Bun-
desverfassungsgerichtsurteils Ursula von der Leyen vor
allen Dingen auch etwas für die Kinder aus diesen Fami-
lien tun. Dabei bitte ich um Ihre tätige Mithilfe, wenn
wir das bis zum Beginn des Jahres auf die Reihe bringen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Wir sagen: Bildung ist der Schlüssel für Teilhabe an
der Gesellschaft. Wie wir gestern aus der Shell-Studie
erfahren haben, gibt es 10 bis 15 Prozent Kinder, für die
diese Teilhabe noch nicht gilt und die frustriert sind.


(Nicolette Kressl [SPD]: Deshalb macht ihr das Betreuungsgeld?)


– Ja, trotz elf Jahren sozialdemokratischer Regierung, in
denen Sie immer den Arbeitsminister gestellt haben, hat
es nicht geklappt.


(Sigmar Gabriel [SPD]: Eine Herdprämie haben wir nie gemacht!)


Es gibt halt Probleme, an denen wir noch weiter arbeiten
müssen, und wir werden entschieden daran arbeiten.

Wir sagen zum ersten Mal: Wir wollen Sachleistun-
gen, damit Bildung auch bei den Kindern ankommt. Auf
dieser Basis wird Ursula von der Leyen Vorschläge ma-
chen. Das ist richtig und gut.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Der vierte Punkt hat etwas damit zu tun, ob wir Indus-
triestandort bleiben werden, ob wir uns als Industrieland
modernisieren werden oder nicht. Das ist die Energie-
politik.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die stoppen Sie doch gerade!)


Die Energiepolitik ist klar ein wesentliches Element der
Zukunft unseres Landes. Dabei muss man die Frage be-
antworten, wie wir den Wandel in diese Zukunft gestal-
ten. Wir haben Ihnen dafür ein Energiekonzept vorge-
legt. Dieses Energiekonzept beruht seit langer Zeit zum
ersten Mal auf klaren Analysen, wie sich die Entwick-
lung gestalten wird, soweit man dies für 10, 20 oder
30 Jahre vorhersagen kann.


(Sigmar Gabriel [SPD]: Bezahlt von RWE!)


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(C (D it diesem Konzept machen wir deutlich, dass wir drei inge zusammenbringen, die für einen modernen Indus riestandort ganz wesentlich sind: Versorgungssicherheit, ezahlbarkeit des Stroms und Umweltverträglichkeit. Ich glaube, wir alle verfahren richtig, wenn wir sagen, s macht keinen Sinn, wenn wir auch im internationalen ettbewerb stehen, ideologiegetriebene Energiepolitik u machen, sondern es macht Sinn, eine rationale, verünftige Energiepolitik mit einem klaren Ziel zu mahen. (Thomas Oppermann [SPD]: Die erneuerbaren Energien sind doch keine Ideologie!)


ieses Ziel heißt für uns: Wir wollen das Zeitalter der
rneuerbaren Energien erreichen, aber so, dass Wirt-
chaft und Umwelt zusammenkommen, statt gegenein-
nder ausgespielt zu werden. Das ist unser Konzept.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dieses Konzept werden wir am 28. September in der
egierung verabschieden und in der nächsten Sitzungs-
oche hier debattieren. In diesem Energiekonzept gibt

s Brückentechnologien, ja.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Abgrund! – Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Könnt ihr eine Barrikade nicht von einer Brücke unterscheiden?)


as ist die Kernenergie; das sind die Kohlekraftwerke.
ie brauchen wir, und wir tun den Menschen keinen Ge-

allen, wenn wir so tun, als ob wir das alles nicht mehr
rauchen, den Bau jedes modernen Kohlekraftwerks
erhindern und aus ideologischen Gründen die Kern-
raftwerke abschalten.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Diese Ideologie ist Sicherheit, Frau Merkel!)


as ist nicht unser Zugang. Wir machen es wirtschaft-
ich vernünftig, weil das Arbeitsplätze für Deutschland
ichert.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir wollen bis 2050 80 Prozent erneuerbare Ener-
ien. Wir wollen die Energieeffizienz so verbessern,
ass wir bis 2050 den Energieverbrauch halbieren kön-
en. Wir wissen um unsere Aufgaben bei den Klima-
chutzzielen, und wir brauchen eine neue Netzinfra-
truktur, Mobilität und Energieforschung. All das hat die
undesregierung erarbeitet, oder sie wird es erarbeiten.

Was in der Diskussion auftaucht, ist zum Teil sehr
benteuerlich.


(Sigmar Gabriel [SPD]: Das stimmt wohl!)


ie haben damals im Zusammenhang mit dem Ausstieg
it den Elektrizitätsversorgungsunternehmen einen Ver-

rag geschlossen, in dem Sie den Stand der Sicherheit
anifestiert haben, während wir im Atomgesetz mehr





Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel


(A) )


)(B)

Sicherheit für Kernkraftwerke verankern wollen. Das
ist die Wahrheit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ulrich Kelber [SPD]: Eine unglaubliche Unwahrheit! Frau Merkel, Sie wissen, dass das falsch ist!)


Sie haben sich überhaupt nicht mehr um die Entsorgung
gekümmert.


(Sigmar Gabriel [SPD]: Was? – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe Ihren Müll in Morsleben weggeräumt, Frau Bundeskanzlerin! Sie waren für Morsleben verantwortlich! Sie haben den Mist dort angerichtet, und wir haben Ihren Müll weggeräumt!)


– Herr Trittin, Sie haben nachher das Wort. Wir wollen
der Wahrheit die Ehre geben.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist die Wahrheit!)


Für die schwach radioaktiven Abfälle haben Sie am
Schacht Konrad weitergearbeitet.


(Sigmar Gabriel [SPD]: Übrigens im eigenen Wahlkreis genehmigt! Nicht wie Ihre Leute alles verhindert!)


– Im eigenen Wahlkreis, ganz toll. – Damit haben wir in-
zwischen wenigstens für Röntgenbilder und Ähnliches
ein Lager in Deutschland. Für schwach radioaktive Ab-
fälle haben wir das.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer wollte denn in Morsleben auch noch den westdeutschen Atommüll einlagern?)


Aus Ihrem Schreien spricht doch nur Ihr schlechtes
Gewissen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Sigmar Gabriel [SPD]: Sie haben alles verhindert! – Gegenruf des Abg. Volker Kauder [CDU/CSU]: Seid doch mal ruhig und hört zu!)


Sie haben damals ein drei- bis zehnjähriges Morato-
rium für Gorleben verhängt. Sie haben sich um die Ent-
sorgung der stark radioaktiven Abfälle überhaupt nicht
mehr gekümmert und tun heute so, als wäre es unsere
Schuld, dass es so etwas noch nicht gibt. Wir heben das
Moratorium auf. Wir erkunden ergebnisoffen weiter,
weil wir verantwortlich handeln und nicht den Kopf in
den Sand stecken, wenn es um radioaktive Abfälle geht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ulrich Kelber [SPD]: Sie haben das Endlagergesetz als Kanzlerin abgelehnt! Sie haben das Endlagergesetz persönlich verhindert!)


Es ist richtig – Ihre Zahlen kann ich aber nicht nach-
vollziehen –: Durch die Verlängerung der Laufzeiten von
Kernkraftwerken entstehen zusätzliche Gewinne. Weil
die Unternehmen damals einen Deal mit Ihnen gemacht
haben und sich darauf eingelassen haben, auf Gewinne

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(C (D u verzichten, fühlen wir uns heute legitimiert, zu sagen: on den zusätzlich entstehenden Gewinnen wollen wir inen großen Teil haben, (Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


m erneuerbare Energien zu fördern, und zwar nicht un-
er der Ägide der EVU, sondern durch einen Fonds, des-
en Verwendung wir bestimmen.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In der Haushaltsgesetzgebung, oder was?)


amit verbessern wir die Einführung erneuerbarer Ener-
ien in Deutschland. Es kann schneller gehen, weil wir
ie Brückentechnologie vernünftig nutzen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ulrich Kelber [SPD]: Nur einen Bruchteil!)


So wird es uns dann auch gelingen, die Technologie-
ührerschaft Deutschlands – diese besteht in vielen Be-
eichen; daran haben viele mitgearbeitet – bei den erneu-
rbaren Energien weiterzuentwickeln und weiter führend
uf dem Weltmarkt zu bleiben. Wenn wir heute große
nteile am weltweiten Export bei der Windenergie ha-
en, dann ist das gut für Deutschland. Dann ist das Mo-
ernisierung.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie wollen zurückentwickeln!)


as hat etwas mit Technologieführerschaft zu tun.

Ich möchte noch einen Moment bei der Technologie-
ührerschaft bleiben.


(Thomas Oppermann [SPD]: Die gefährden Sie doch!)


enn man in Deutschland herumfährt, dann stellt man
est, dass jeder für erneuerbare Energien ist. Wenn ich
ber nach Baden-Württemberg komme


(Ulrich Kelber [SPD]: Die Landesregierung in Baden-Württemberg ist dagegen!)


nd ein Laufwasserkraftwerk besichtige, dann stelle ich
est, dass die Grünen oder jedenfalls ihre Sympathisan-
en als Erste dagegen sind, weil man natürlich keinen
ingriff in die Natur will. Wenn ich in den Norden fahre,
ann stelle ich fest, dass es laufend Demonstrationen ge-
en 380-Kilovolt-Leitungen gibt. Jeder möchte zwar er-
euerbare Energien, aber keine neue Leitung.

Es kann nicht sein, dass die ganze linke Seite dieses
auses nichts dazu beiträgt, dass der Technologiestand-
rt Deutschland wirklich zum Leben erweckt wird, und
egen alles und jedes ist.


(Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ulrich Kelber [SPD]: Ihre Dinosauriertechnologie hat nichts mit Technologieführerschaft zu tun!)


Herr Kelber, die ganzen schönen Offshore-Standorte
erden uns nichts nutzen, wenn der Strom anschließend





Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel


(A) )


)(B)

nicht dorthin kommt, wo er gebraucht wird. Da haben
Sie genauso wie alle anderen die Pflicht, dafür Sorge zu
tragen und den Menschen zu erklären, dass neue Infra-
struktur gebaut werden muss, um neue Technologien
einzuführen.


(Sigmar Gabriel [SPD]: Das machen wir! – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer hat denn den Gesetzentwurf im Bundesrat blockiert? Sie doch!)


Damit komme ich zu einem anderen Projekt, das auch
die Gemüter bewegt. Die Grünen sind immer für die
Stärkung der Schiene. Wenn es aber einmal um einen
neuen Bahnhof geht, sind sie natürlich dagegen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die SPD war jahrelang für Stuttgart 21.


(Sigmar Gabriel [SPD]: Ist sie auch heute noch!)


Jetzt, wo man ein bisschen dafür kämpfen muss, fangen
Sie an, dagegen zu sein. Diese Art von Standhaftigkeit
ist genau das, was Deutschland nicht nach vorne bringt.
Wir wollen etwas anderes.


(Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Bei völlig rechtmäßig getroffenen Entscheidungen
braucht man keine Bürgerbefragung in Stuttgart. Viel-
mehr wird genau die Landtagswahl im nächsten Jahr die
Befragung der Bürger über die Zukunft Baden-Württem-
bergs, über Stuttgart 21 und viele andere Projekte sein,


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Sigmar Gabriel [SPD]: Da haben Sie recht!)


die für die Zukunft dieses Landes wichtig sind. Das ist
unsere Aussage.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir werden eine große Debatte über die Zukunftsfä-
higkeit Deutschlands führen. Einen Tunnel von Basel
nach Karlsruhe oder was weiß ich von wo nach wo
bauen zu wollen, aber nicht einmal aus einem Sackbahn-
hof einen Untergrundbahnhof, einen Bahnhof unter der
Erde zu machen, ist verlogen, Herr Trittin.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Untergrundbahnhof?)


Als in Berlin ein Nord-Süd-Tunnel gebaut wurde, waren
Sie dafür. Wenn es jetzt Proteste gibt, dann sind Sie da-
gegen. So kann man Deutschlands Zukunft nicht gestal-
ten, meine Damen und Herren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir werden uns in der Koalition natürlich auch den
außen-, sicherheits- und innenpolitischen Aufgaben stel-
len.


(Ulrich Kelber [SPD]: Fangen Sie mal an!)



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(C (D Wir haben schon eine ganze Reihe an Dingen auf den eg gebracht, und wir werden noch andere Dinge auf en Weg bringen. (Widerspruch bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich sage Ihnen: Wenn wir im November die zweite
nd die dritte Lesung des Haushaltes haben, wenn wir
ls christlich-liberale Koalition ein Jahr im Amt sein
erden,


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ein Jahr zu viel!)


ann werden wir Ihnen an den Entscheidungen, die ich
hnen heute hier genannt habe – auf die Zukunft der
undeswehr gehe ich gleich ein –, zeigen können, dass
in Jahr christlich-liberale Koalition dieses Land so ver-
ndern wird,


(Lachen bei der SPD – Sigmar Gabriel [SPD]: Das stimmt! – Thomas Oppermann [SPD]: Dass man es nicht wiedererkennt!)


ass wir die Aufgaben für die Zukunft endlich ernst neh-
en und nicht weiter von Tag zu Tag leben. Das ist das,
as die Menschen spüren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


ie Menschen in diesem Land spüren das ganz genau.
err Gabriel, ich bin bei Ihnen, dass Menschen im Land
ft sagen: Wissen die noch von unseren Sorgen? Kennen
ie unser Problem? Wissen die, wie lange man vielleicht
uf einen Arzttermin wartet? Wissen die, wie das mit der
ewalt und der Sicherheit auf der Straße ist? – Es nützt

ber nichts, die Rente mit 67 wieder rückgängig zu ma-
hen, weil ich dadurch bei meinen Versammlungen drei
age lang schönes Wetter kriege. Die Aufgabe heißt
och vielmehr, eine verantwortliche Politik zu machen
nd mit den Menschen darüber zu sprechen, was richtig
nd wichtig für unsere Zukunft ist. Das machen wir.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zurufe von der SPD)


Das machen wir in der Frage der Bundeswehr, indem
ir fragen, ob das, was uns allen – jedenfalls wenn ich

inmal für die Union sprechen kann – lieb ist, nämlich
ie Wehrpflicht, die wir viele Jahrzehnte lang für richtig
efunden haben, noch notwendig und machbar ist. Wir
ragen: Werden wir den sicherheitspolitischen Verant-
ortungen gerecht, die in einer neuen und veränderten
elt bestehen?

Wir machen das auch bei der Frage, wie viel individu-
lle Freiheit wir im Internet brauchen und wie viel
chutz wir dafür brauchen. All das ist Neuland. Hier hat
einer sofort die Lösungen parat. Darüber muss disku-
iert werden. Wenn in diesem Land jede Diskussion und
eder Meinungsaustausch ein Streit ist, dann muss es
ben Streit sein. Ohne solche Diskussionen, Diskurse
nd Dispute werden wir nicht die richtigen Antworten
inden. Wir stehen dazu. Zum Schluss wird entschieden,
nd es wird durch Mehrheit das gemacht, was wir insge-
amt für richtig befinden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)






Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel


(A) )


)(B)

Ich bin auch sehr dafür, das wir nicht mit Ressenti-
ments arbeiten, aber ich sage auch: Man kann unter-
schiedlicher Meinung darüber sein, aber wenn Sie eine
Leistung für Mütter in Familien, die ihre Kinder zu
Hause erziehen, einfach als Herdprämie diffamieren,
dann leisten Sie einen Beitrag zu Ressentiments, die wir
nicht wollen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zurufe von der SPD)


Auch das Thema der Integration ist ein Thema, bei
dem man mit Ressentiments nicht weiterkommt. Unsere
Gesellschaft verändert sich. Etwas weniger als 20 Pro-
zent der Bevölkerung haben einen Migrationshinter-
grund. Wenn wir diese Menschen integrieren wollen,
dann müssen wir auch sehen, dass sich dadurch unsere
Gesellschaft verändert. Wir können daraus etwas Gutes
machen. Im Übrigen gibt es viele gelungene Beispiele.
Es gibt 600 000 Selbstständige mit Migrationshinter-
grund und 2 Millionen Arbeitsplätze in diesem Bereich.
Das soll man nicht verschweigen.

Es gibt aber auch riesige Probleme. Hierzu sage ich
ganz einfach: Wir haben Fehler gemacht. Wir haben
vielleicht zu lange von Gastarbeitern gesprochen und
nicht zur Kenntnis genommen, dass sie in der zweiten,
der dritten oder der vierten Generation bei uns leben. Sie
aber haben von Multikulti geredet, ohne zu sagen: Inte-
gration ist Fordern und Fördern, und zwar ein Fordern in
gleicher Größenordnung. Das haben Sie viele Jahre lang
völlig vernachlässigt.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sagen wir doch längst!)


Ich habe die Integrationsbeauftragte ins Kanzleramt ge-
holt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und wer hat die Integrationskurse gemacht?)


Wir waren es, die Integrationskurse verpflichtend ge-
macht haben. Wir waren es, die gesagt haben: Wer zu
uns zieht, der muss auch unsere Sprache können, damit
er sich in dieser Gesellschaft bewegen kann. Wir haben
die Verpflichtung, an den Schulen deutsch zu sprechen,
und die Sprachtests eingeführt.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das waren wir!)


Nichts kam von dieser Seite des Hauses. Da hilft auch
das Schreien im Nachhinein nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Deshalb werden wir als Bundesregierung am 3. No-
vember wieder einen Integrationsgipfel veranstalten.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Noch ein Gipfel!)


Ich werde mit den Ministerpräsidenten bei dem jährli-
chen Treffen im Dezember über Fragen der Integration
sprechen. Ja, es ist richtig: Es gibt zu viele Vollzugsdefi-
zite. Wer nicht zum Integrationskurs geht, obwohl er

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(C (D azu verpflichtet ist, dem kann heute, wenn er Arbeitsloengeld-II-Empfänger ist, die Leistung gekürzt werden, (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein Gesetz, das wir gemacht haben!)


nd zwar um 30 Prozent, 60 Prozent bis hin zu Sachleis-
ungen.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das steht alles im Gesetz!)


ir werden überprüfen, ob das wirklich überall gemacht
ird, weil Strenge und striktes Fordern auch bei der In-

egration die notwendige Voraussetzung dafür sind, dass
enschen hier ihre Chancen bekommen und an der Ge-

ellschaft teilhaben. Ich will das, weil wir ansonsten
eine menschliche Gesellschaft sind.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Sigmar Gabriel [SPD]: Wer hat denn das Gesetz gemacht?)


Vor 20 Jahren hat eine christlich-liberale Koalition
nter der Führung von Helmut Kohl, Hans-Dietrich
enscher und Theo Waigel die deutsche Einheit mit
utigen Entscheidungen möglich gemacht.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war die Bürgerbewegung!)


ie Bürgerbewegung der ehemaligen DDR hat ihren
eitrag dazu geleistet, genauso wie die vielen Menschen

n den neuen Bundesländern, die die völlige Verände-
ung ihres Lebens durch erhebliche Kraftanstrengungen
emeistert haben und heute riesige Erfolge verzeichnen
önnen. Ihren Beitrag haben auch Millionen Menschen
n der alten Bundesrepublik geleistet, die Solidarität für
nser Vaterland gezeigt haben. Ich glaube, dass wir in
iesem Land auf dieser Grundlage auch für die nächsten
ehn Jahre die Weichen richtig stellen können. Wenn wir
ie Herausforderungen analysieren, wenn wir den Reali-
äten ins Auge sehen, wenn wir die Kraft haben, die

enschen zu gemeinsamen Anstrengungen für dieses
and zu motivieren, dann haben wir diese Chance.

Die christlich-liberale Koalition ist eine Koalition, die
en Menschen in diesem Lande etwas zutraut, die
laubt, dass die Menschen ihren Beitrag für unser Ge-
einwesen leisten wollen, die glaubt, dass, wenn wir die
ahmenbedingungen setzen, sich Leistung in diesem
ande lohnt, dass, wenn wir den Schwächeren helfen, et-
as leisten zu können, Teilhabe für alle möglich ist. Ob

s Menschen im Ehrenamt sind, ob sie vielleicht in ei-
em freiwilligen Wehrdienst sind oder ob im sozialen
ereich Ältere freiwillig mit Jüngeren arbeiten – wir
erden alle brauchen, um diese Gesellschaft menschlich

u gestalten. Wer den Eindruck erzeugt, dies könne al-
ein der Staat tun, hat ein falsches Menschenbild. Nur
er den Menschen etwas zutraut und sie motiviert, sich
icht nur für ihre eigenen Interessen einzusetzen, son-
ern auch an die Gemeinschaft zu denken, wird es schaf-
en, dieses Land zu einem weiterhin wohlhabenden Land
u machen. Das ist unser Ansatz. Das wollen wir. Das
ird die christlich-liberale Koalition auch schaffen.

Herzlichen Dank.





Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel


(A) )


)(B)


(Lang anhaltender Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1705800400

Nächster Redner ist der Kollege Dr. Gregor Gysi für

die Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1705800500

Herr Bundestagspräsident! Meine sehr verehrten Da-

men und Herren! Frau Bundeskanzlerin Merkel, ich
muss Ihnen ja eines lassen: Sie haben heute hier ein be-
achtliches Kämpfertum gezeigt. Zu welchen Fähigkeiten
Frust und Verzweiflung doch so führen können!


(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN – Thomas Oppermann [SPD]: Stimmt!)


Auf der anderen Seite muss ich Ihnen sagen, Frau
Merkel, dass Sie einen Eid geleistet haben, und zwar
Schaden vom deutschen Volk zu wenden und Gerechtig-
keit gegenüber jedermann zu üben. Ich muss Ihnen sa-
gen, dass Sie diesen Eid permanent verletzen. Sie sind
keine Kanzlerin der Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-
mer, der Rentnerinnen und Rentner, der Hartz-IV-Emp-
fängerinnen und Hartz-IV-Empfänger


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Die wählen häufiger uns als Sie!)


und auch nicht der kleinen und mittleren Unternehmerin-
nen und Unternehmer. Sie sind die Bundeskanzlerin der
Bankenlobbyisten, der Pharmalobbyisten, der Lobbyis-
ten der privaten Krankenversicherung und nun in einem
kaum vorstellbaren Ausmaß auch der Atomlobbyisten.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Lobbyisten entscheiden in Deutschland inzwischen
darüber, was sie bekommen und was sie zu leisten bereit
sind. Wenn diese das nicht zugestehen, passiert das
Ganze auch nicht.


(Unruhe)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1705800600

Herr Kollege Gysi, darf ich Sie einen kleinen Augen-

blick unterbrechen? – Ich appelliere an die Kolleginnen
und Kollegen, die noch nicht genau wissen, ob sie dem
weiteren Verlauf der Debatte folgen können oder wollen,
oder jedenfalls nicht wissen, von wo aus, Kollegen
Flosbach und Dautzenberg zum Beispiel! Hallo!


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Rösler schwatzt auch!)



Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1705800700

Herr Präsident, die Uhr läuft die ganze Zeit weiter.

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(C (D Sie wissen doch, dass ich Ihnen gegenüber immer ine besondere Großzügigkeit aufbringe, die am Ende hrer Redezeit auch regelmäßig gebraucht wird. Ich würde sagen: Wir verhandeln unter Lobbyisten: ine Minute. Gehen Sie einmal davon aus, dass das auch diesmal ieder zugestanden wird. Okay, wir haben uns auf eine Minute verständigt. Das st in Ordnung. Darf ich weitermachen? Selbstverständlich. Ich nehme die Verständigung zur enntnis. Ich bin übrigens sehr beruhigt, Herr Bundestagspräsi ent; die hören nicht nur mir nicht zu, sondern auch Ihen nicht zu. Darüber sollten wir einmal länger nachdenen. Ich komme zu meinem Punkt zurück. Frau Bundesanzlerin, Sie verhandeln mit den Lobbyisten, und diese egen genau fest, was sie machen müssen. Nur das, was ie zugestehen, tun sie. Haben Sie einmal mit den Areitnehmerinnen und Arbeitnehmern über deren Steuern erhandelt? Haben Sie einmal mit der Innung der Frieurmeisterinnen und Friseurmeister darüber verhandelt, as sie zu geben bereit sind? Haben Sie einmal viel eicht mit einer Vertretung von Hartz-IV-Empfängerinen und Hartz-IV-Empfängern darüber gesprochen, ob ie wirklich bereit und interessiert sind, das Elterngeld oszuwerden? Nein, mit diesen Leuten reden Sie nicht. ie verhandeln nur mit Lobbyisten, und das beschädigt ie Demokratie in einem kaum vorstellbaren Ausmaß. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1705800800
Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1705800900
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1705801000
Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1705801100

(Heiterkeit)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1705801200
Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1705801300

Ich sage es ganz offen: Diese Bundesregierung hat
urch ihre Art der Politik die freiheitlich demokratische
rundordnung der Bundesrepublik Deutschland gefähr-
et. Wenn dieses komische Bundesamt für Verfassungs-
chutz etwas taugte, dann würde es sich um die Regie-
ung kümmern und nicht um die Linke;


(Beifall bei der LINKEN)


enn die Linke ist eine Bereicherung für die freiheitlich
emokratische Grundordnung in Deutschland.


(Beifall bei der LINKEN)


Aber es hat sich in unserer Gesellschaft etwas verän-
ert. Was sich verändert hat, wird bei Stuttgart 21 deut-





Dr. Gregor Gysi


(A) )


)(B)

lich. Sie haben hier vom Tunnelbau erzählt. Sie wollen
Milliarden in einem sinnlosen Projekt versenken, obwohl
es viel günstigere Varianten gibt. Dazu stehen Sie bloß
nicht. Aber das Interessante ist etwas anderes. Alle Ver-
träge sind geschlossen. Man sagt: Rechtlich ist gar nichts
mehr zu machen. – Früher führte so etwas dazu, dass die
Bürgerinnen und Bürger jeden Widerstand aufgaben und
sich sagten: Es hat ja keinen Sinn mehr. – Dann kamen
bloß noch hundert Leute; es wurde irgendwie langweilig.
Heute werden es täglich mehr. Die lassen sich das nicht
mehr bieten.


(Beifall bei der LINKEN)


Es gibt einen rebellischen Geist in der Bevölkerung, und
das nehmen Sie nicht zur Kenntnis.

Frau Bundeskanzlerin, Sie haben nach Ihren Verhand-
lungen mit der Atomlobby von einer Energierevolution
gesprochen. In Wirklichkeit haben Sie natürlich nur ge-
sellschaftspolitische Auseinandersetzungen provoziert.
Dann haben Sie gesagt, Sie hätten endlich Langfristig-
keit hineingebracht, nämlich bis zum Jahr 2050. Wie
kommen Sie denn darauf, noch im Jahr 2050 Kanzlerin
zu sein? Schon im Jahr 2013 wird sich das ändern, und
dann wird das ganze Gesetz wieder gekippt werden.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich sage nur zwei Dinge inhaltlich dazu:

Erstens. Die Frage des Endlagers ist bis heute nicht
gelöst. Über Gorleben braucht man an sich gar nicht zu
diskutieren, weil es eben indiskutabel ist.

Zweitens. Sie beherrschen die Atomkraftwerke im
Falle einer Katastrophe nicht. Bei jedem Flugzeugun-
glück kennen wir die Zahl der Toten – was schon
schlimm genug ist. Aber wenn uns jemals ein AKW um
die Ohren fliegt, können wir gar nicht einschätzen, was
passiert. Wir wissen nicht, ob man in diesem Land über-
haupt noch leben kann oder über wie viele Generationen
man hier nicht mehr leben kann. Wenn man im Un-
glücksfall eine Technik nicht beherrscht, hat man sich
von ihr zu verabschieden, statt sie per Laufzeitverlänge-
rung noch weiter einzusetzen.


(Beifall bei der LINKEN)


An die Adresse von SPD und Grünen sage ich: Als
Sie damals den Atomkompromiss geschlossen haben,
haben wir gesagt, die Fristen sind viel zu lang. Eure
Mehrheit im Bundestag hält nicht so lange. Irgendwann
gibt es wieder eine Mehrheit von Union und FDP. Dann
wird der Atomkompromiss wieder rückgängig gemacht. –
Das haben Sie uns ja nicht geglaubt. Wenn Sie die Din-
ger damals dichtgemacht hätten, könnten heute ihre
Laufzeiten nicht verlängert werden. Dann wäre Schluss
gewesen.


(Beifall bei der LINKEN)


Nun sagt ja die Bundesregierung, Atomenergie sei als
Brückentechnologie unverzichtbar. Deshalb müsse man
noch länger auf sie zurückgreifen. Diese Behauptung ist
falsch. Die Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen hat ge-

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(C (D ade nachgewiesen, dass wir im ersten Halbjahr 2010 eien Überschuss von 11 Milliarden Kilowattstunden prouziert haben. Das ist genau so viel, wie die sieben ltesten und marodesten Atomkraftwerke produzieren. as heißt, wenn wir sie schließen würden, müssten wir icht eine einzige Kilowattstunde Strom importieren. as verschweigen Sie. (Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Was verstehen Sie von Strom?)


Eben hat die Bundeskanzlerin erklärt, von den Ge-
innen, die zweifellos bei den Energieriesen entstehen,
olle man einen großen Teil abschöpfen. Sie sagten ein-
al, die Hälfte wollten Sie abschöpfen. Nun habe ich
ir das einmal angesehen:

Die Zusatzgewinne liegen mindestens bei 67 Milliar-
en Euro, aber nur unter der Bedingung, dass die Preise
leich bleiben. Aber nicht einmal ein einziges CDU-Mit-
lied glaubt, dass die Preise gleich bleiben. Wenn man
ie realen Schätzungen bezüglich Preissteigerungen
immt, dann kommt man zu dem Ergebnis, dass die Ge-
inne bei 127 Milliarden Euro liegen werden.

Welche Abgaben haben Sie nun beschlossen?

Da gibt es zum einen die Brennelementesteuer. Ur-
prünglich hatten Sie gesagt, Sie wollten für jedes Jahr
aufzeitverlängerung 2,3 Milliarden Euro haben. Da-

aufhin hat die Atomlobby gesagt, das sei ihr erstens zu
iel und zweitens zu lange. Daraufhin haben Sie gesagt:
a gut, wenn ihr das nicht wollt, nehmen wir eben nur
,5 Milliarden Euro. – Mit diesem einen Punkt war die
tomindustrie dann einverstanden, wollte aber nur sechs

ahre lang zahlen. Nun haben Sie auch diese Frist von
echs Jahren akzeptiert. Das heißt, der Staat nimmt
Milliarden Euro auf diese Art und Weise ein.

Zum anderen haben Sie gesagt, es müsse noch eine
usatzabgabe für die erneuerbaren Energien entrich-

et werden. Diese Forderung basiert ja auf Ihrer fantasti-
chen Idee, zu glauben, dass die Atomindustrie die erneu-
rbaren Energien fördert. Sie haben also gefordert, dass
ie Atomindustrie hierfür 15 Milliarden Euro zahlen soll.
un habe ich mir all dies genauer angesehen und festge-

tellt: In Ihrem Geheimvertrag steht auch drin – das haben
ie der Öffentlichkeit nur noch nicht gesagt –, dass bei je-
em Atomkraftwerk Sicherheitsmaßnahmen in Höhe von
00 Millionen Euro durchzuführen sind, dass aber die Be-
reiber, wenn diese Sicherheitsmaßnahmen teurer wer-
en, diese Mehrkosten von der Abgabe für erneuerbare
nergien abziehen dürfen. Der zuständige Bundesum-
eltminister selber schätzt aber die Kosten für Sicher-
eitsmaßnahmen pro AKW auf 1,2 Milliarden Euro. Das
eißt, von den 15 Milliarden Euro werden 700 Millionen
uro pro AKW abgezogen. Dann bleiben von Ihren
5 Milliarden Euro gerade einmal 3 Milliarden Euro üb-
ig.

9 Milliarden Euro plus 3 Milliarden Euro macht
2 Milliarden Euro. Die Hälfte von 127 Milliarden Euro
der auch nur von 67 Milliarden Euro sieht jedoch gänz-
ich anders aus; das kann man durch einfachste Berech-
ungen herausfinden. Es sind also nur Peanuts, die die
tomlobby zu bezahlen hat, während sie Gewinne in rie-





Dr. Gregor Gysi


(A) )


)(B)

siger Höhe erwirtschaften kann. Das zeigt, wie Sie Poli-
tik betreiben.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Noch eine Kleinigkeit: Die Brennelementesteuer, über
die ich zuerst gesprochen habe, darf die Atomindustrie
zum großen Teil von der Körperschaft- und Gewerbe-
steuer absetzen. Der Atomindustrie ist es völlig wurscht,
wie sie das absetzt. Wenn sie diese Steuer nun von der Ge-
werbesteuer, die ja die Kommunen bekommen, absetzt,
wird das dazu führen, dass die Kommunen noch pleiter
werden, als sie ohnehin schon sind.


(Zuruf von der FDP: „Noch pleiter“?)


– Ja, wenn das ginge. – Dann kommt noch etwas hinzu:
Viele Stadtwerke sind von anderen Rahmenbedingungen
ausgegangen und haben Investitionen vorgenommen.
Diese Investitionen können sie jetzt zum Teil abschrei-
ben; so entstehen weitere Verluste in Höhe von 4,5 Mil-
liarden Euro. Im Wettbewerb um die Stromerzeugung
haben die Stadtwerke nun gar keine Chancen mehr.

Herr Bundesminister Brüderle, Sie haben behauptet,
die Stromkosten würden um 8 Milliarden Euro niedri-
ger liegen. Das wäre schön. Doch RWE hat gleich klar-
gestellt, das komme gar nicht infrage, man sehe das ganz
anders. Herr Brüderle, ich muss es einfach einmal sagen:
Sie haben Unsinn erzählt. In Wahrheit ist es doch so,
dass sich die vier Energieriesen, die wir haben, einmal
kurz telefonisch verständigen und dabei entscheiden,
wie die Bürgerinnen und Bürger und die Unternehmen
abgezockt werden sollen. Das ist die Realität, mit der wir
es zu tun haben.


(Beifall bei der LINKEN)


Ihr Atomvertrag verstößt aus mindestens drei Grün-
den gegen die Verfassung:

Erstens haben Sie beim Geheimvertrag den Bundes-
tag ausgeschlossen. Das steht im Widerspruch zum
Grundgesetz.

Zweitens haben Sie den Vertrauensschutz für Investi-
tionen der Kommunen verletzt.

Drittens wollen Sie den Bundesrat ausschließen. Das
geht beim besten Willen nicht; denn es ist auch eine An-
gelegenheit der Länder und der Kommunen. Deshalb
wollen fünf SPD-geführte Landesregierungen – darunter
zwei, an denen wir beteiligt sind – logischerweise eine
Klage beim Bundesverfassungsgericht erheben. Ich
hoffe auch, dass die Unterschriften aus der Mitte des
Bundestages für ein Normenkontrollverfahren ausrei-
chen. So geht es nicht! Wir dürfen dies den Bürgerinnen
und Bürgern nicht zumuten.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Aber dieser Stil Ihrer Politik ist nicht neu. Wie sah es
bei den Banken aus? Ich darf daran erinnern, dass wir in-
nerhalb einer einzigen Woche über 480 Milliarden Euro

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(C (D ntschieden haben. Dagegen sind für die Beratung des undeshaushalts, der 320 Milliarden Euro umfasst, ehrere Monate nötig. Das ist aber noch nicht einmal as Problem. Das Problem ist: Sie haben festgelegt, dass ine Handvoll Leute, die alle nicht im Bundestag sitzen, ber die Verwendung des Geldes entscheiden. Es gibt eien Ausschuss des Bundestages, der geheim tagt. Er darf ber nichts entscheiden, sondern nur Fragen stellen. Die ntworten, die er bekommt, darf er uns noch nicht einal mitteilen. Das ist eine Entmachtung des Bundesta es, die der Bundestag selbst beschlossen hat. Genau das st grundgesetzwidrig. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Frau Kanzlerin, heute sprechen Sie doch allen Ernstes
on der Bankenabgabe. Ich bitte Sie! Sie wollen nur gut
Milliarde Euro haben. Außerdem ist das Konzept völ-

ig falsch angelegt, weil die Sparkassen mit einbezahlen
ollen. Sie haben aber nichts mit dieser Krise zu tun, und
eshalb sind sie diesbezüglich auch nicht zahlungs-
flichtig. Das Geld in Höhe von 1 Milliarde Euro soll ja
icht zum Schuldenabbau genutzt werden, sondern es
oll in einen Fonds gesteckt werden, damit bei der
ächsten Krise darauf zugegriffen werden kann. Sie wis-
en nämlich, dass Sie nichts unternommen haben, damit
s keine nächste Krise gibt. Angesichts von 480 Milliar-
en Euro brauchen wir etwa 480 Jahre, bis wir das Geld
usammenhaben. Das ist wirklich eine sehr langfristige
olitik.


(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN)


Jetzt erleben wir erneut einen Fehler im Zusammen-
ang mit der HRE. Wie sind Sie über uns hergefallen, als
ir damals gesagt haben: Sie können nicht nur eine
ank verstaatlichen; wenn Sie verstaatlichen wollen,
ann müssen Sie, wie dies in Schweden geschehen ist,
lle großen Banken verstaatlichen! Darauf haben Sie ge-
agt: Das geht nicht. Ihre Logik ist zu einfach. Die HRE,
ie uns allen gehört, ist hoch verschuldet. Zum Beispiel
ordert die Deutsche Bank von der HRE 20 Milliarden
uro. Jetzt müssen alle Steuerzahlerinnen und Steuer-
ahler in Deutschland über die HRE 20 Milliarden Euro
n die Deutsche Bank zahlen. Von diesem Geld werden
iesige Gewinnausschüttungen an Großaktionäre und
oni bezahlt. So geht es nicht! Wenn man die Schulden
bernimmt, dann muss man auch von den Einnahmen
rofitieren. Weil Sie konservativ sind, hätten Sie, nach-
em das Geld zurückgeflossen ist, meinetwegen – das
ann man auch anders sehen – reprivatisieren können.
ichts zu tun, war ein schwerwiegender Fehler.


(Beifall bei der LINKEN)


Jetzt wird an einem Wochenende entschieden, dass
eitere 40 Milliarden Euro an die HRE fließen müssen,
eil das Geld nicht gelangt hat. 40 Milliarden Euro – ich
itte Sie! Das passiert mir nichts, dir nichts und ohne Zu-
timmung des Bundestages. Ich darf Sie erinnern: Noch
or kurzem wurde erklärt, die HRE sei gesund. Jetzt
tellt sich heraus, sie ist doch noch schwerwiegend
rank. Das Ganze ist indiskutabel.





Dr. Gregor Gysi


(A) )


)(B)

Nun komme ich zur Pharmaindustrie und zu den pri-
vaten Krankenkassen. Ich nenne zwei Beispiele:

Das erste Beispiel. Herr Rösler, Sie hatten vorgese-
hen, dass eine Kommission, die aus Vertreterinnen und
Vertretern der Krankenkassen sowie der Ärztinnen und
Ärzte besteht, über neue Arzneimittel entscheiden soll.
Dann meldeten sich die Pharmahersteller bei Ihnen in ei-
nem Brief, in dem stand: Nein, das wollen wir nicht; wir
wollen, dass Sie, Herr Rösler, darüber alleine entschei-
den. Daraufhin sagten Sie: Ich bin frei von Sachkennt-
nis; also entscheide ich ab jetzt alleine darüber. Sie ha-
ben es genau so gemacht, wie es die Leute von der
Pharmaindustrie wollten; denn es geht Ihnen nicht um
Fortschritt in der medizinischen Versorgung, sondern um
Wirtschaftsinteressen. Das ist reinste Klientelpolitik.

Das zweite Beispiel. Sie haben einen Vertreter der pri-
vaten Krankenkassen in Ihre Grundsatzabteilung beru-
fen. Nun legen Sie einen Gesetzentwurf vor, der an zwei
Stellen interessant ist. Gutverdienende Angestellte muss-
ten bisher mindestens drei Jahre in der gesetzlichen
Krankenkasse sein, bevor sie zu einer privaten Kranken-
kasse wechseln durften. Nun kommen Sie mit dem Ar-
gument „Freiheit“ und sagen: Das geht nicht; diese Per-
sonen sollen darüber frei entscheiden und schon nach
einem Jahr wechseln können. Das ist Ihre Argumenta-
tion.


(Christian Lindner [FDP]: Die privaten Krankenkassen sollen nicht ausgetrocknet werden!)


– Passen Sie auf!

Nun passiert Folgendes: Bis jetzt dürfen die gesetzli-
chen Krankenkassen gegen einen Zusatzbeitrag zum
Beispiel eine zusätzliche Zahnversorgung, eine Aus-
landsversicherung, eine Chefarztbehandlung sowie ein
Einbett- oder Zweibettzimmer im Krankenhaus anbie-
ten. Da sagen Sie, die Freiheitsverfechter: Das sollen die
gesetzlichen Krankenkassen zukünftig nicht mehr anbie-
ten dürfen, sondern nur die privaten. Da verletzen Sie die
ganze Logik. Sie wollen ausschließlich, dass die privaten
Krankenversicherungen besser verdienen und die gesetz-
lichen Krankenkassen geschwächt werden. Das ist alles,
was dabei herauskommt. Tolle Lobbyarbeit!


(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir hatten nach der Finanzkrise eine Staatsschulden-
krise. Im Jahre 2010 beträgt die Neuverschuldung
65 Milliarden Euro.


(Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Das stimmt doch gar nicht!)


Bei Ihrem ganzen Sparpaket, das Sie vorgelegt haben,
beträgt der Anteil der Lasten für Arbeitslose und Gering-
verdienende 37 Prozent; 37 Prozent Ihres Entlastungs-
vorschlags übernehmen Arbeitslose und Geringverdie-
nende. Was sagen Sie? Sie wollen die Bezugsdauer des
Elterngeldes von einem Jahr streichen. Die SPD wird
sich erinnern: Sie hat in der Großen Koalition zuge-
stimmt, die Bezugsdauer des Elterngeldes von zwei Jah-
ren auf ein Jahr zu reduzieren. Da sagt diese Regierung

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(C (D atürlich: Dann streichen wir auch noch die Bezugsauer für das verbliebene Jahr. Aber davon einmal abgesehen: Das ist eine Maßnahme egen Kinder und gegen Eltern. Außerdem sagen Sie jetzt kommt Ihr wahnsinniges Argument –: Das soll ine Lohnersatzleistung sein. Da Hartz-IV-Empfänger orher nicht gearbeitet haben, brauchen sie auch kein Elerngeld. – Dann erklären Sie doch einmal, weshalb die icht berufstätige Ehefrau eines Millionärs nach wie vor lterngeld bekommt, die Hartz-IV-Empfängerin hingeen nicht. Das können Sie nicht erklären. Das ist grob nsozial und ungerecht. (Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Jetzt kommen Sie mit Ihren Bildungschipkarten,
uch die Bundeskanzlerin heute wieder. Wissen Sie, wie
iele Bescheide das für die Jobcenter bedeutet?
7 Millionen im Jahr; denn es gibt 1,7 Millionen Kinder.
a, das wird ja lustig. Sie müssen die Anzahl der Be-

chäftigten in den Jobcentern verdoppeln, und dann
üssen wir ungefähr doppelt so viele Sozialrichterinnen

nd Sozialrichter einstellen. Wahnsinn!

Dann wollen Sie das Übergangsgeld ALG I zu
artz IV, also zu ALG II, streichen. Was heißt das?
ehmen wir eine Ingenieurin, die ganz gut verdient hat.
enn sie arbeitslos wird, bekommt sie ein Jahr lang Ar-

eitslosengeld, mit dem sie ihren Lebensstandard nicht
alten kann, aber so einigermaßen über die Runden
ommt. Wir alle haben gesagt: Es geht nicht, dass sie
ann gleich in Hartz IV fällt; da muss es doch wenigs-
ens einen Übergang geben. Jetzt streichen Sie den Über-
ang und sagen: Einen Tag später soll sie arm sein, und
ie muss einfach sehen, wie sie hinkommt.

Dann streichen Sie die Rentenbeiträge für Hartz-IV-
mpfängerinnen und Hartz-IV-Empfänger. Das be-
eutet nicht nur, dass die Betroffenen geringere Renten
eziehen, sondern das bedeutet auch, dass der gesetzli-
hen Rentenkasse jährlich 1,8 Milliarden Euro entzogen
erden. Wie wollen Sie das eigentlich erstatten?

Darüber hinaus entscheiden Sie, dass der Heizkosten-
uschlag für Wohngeldempfänger gestrichen wird.
ußerdem beschließen Sie – dazu hat sich auch der Bun-
esfinanzminister geäußert –: Insgesamt müssen die
usgaben für aktive und passive Leistungen für Hartz-IV-
mpfänger um 16 Milliarden Euro bis zum Jahre 2014
ekürzt werden. Wissen Sie, was das heißt, Frau Bun-
eskanzlerin? Das heißt, dass die Maßnahmen für Bil-
ung, für Training etc. für Hartz-IV-Empfängerinnen
nd Hartz-IV-Empfänger zusammengestrichen werden.
ie haben eben gesagt: keine Kürzung bei Bildung. Den-
och beschließen Sie die größte Kürzung bei Bildung für
artz-IV-Empfängerinnen und Hartz-IV-Empfänger, das
eißt bei denjenigen, die sie am dringendsten benötigen.


(Beifall bei der LINKEN)


Außerdem machen Sie den öffentlich geförderten Be-
chäftigungssektor in Berlin und Brandenburg tot. Wa-
um eigentlich? Was ist denn so schlimm daran, statt Ar-
eitslosigkeit eine vernünftige Tätigkeit zu bezahlen, mit





Dr. Gregor Gysi


(A) )


)(B)

der die Leute zufrieden sind und wirklich einmal Geld
verdienen? Ich verstehe es nicht.


(Beifall bei der LINKEN)


Nun sagen SPD und Grüne und auch Teile der Union,
das Ganze sei sozial nicht ausgewogen. Das stimmt. Aber,
lieber Herr Gabriel, das reicht doch nicht. Es geht nicht
darum, dass die Hartz-IV-Empfängerinnen und -Empfän-
ger etwas bezahlen und der Banker auch etwas bezahlt.
Es gilt das reine Verursacherprinzip. Diejenigen, die die
Krise verursacht haben und die Nutznießer der Krise
sind, sollen das bezahlen und keine Hartz-IV-Empfänge-
rin, kein Geringverdienender, keine Arbeitnehmerin,
kein Arbeitnehmer. Das ist unser Standpunkt.


(Beifall bei der LINKEN)


Oder Sie weisen mir nach – Herr Kauder, Sie werden
das ja können –, wie groß der Schuldanteil einer Hartz-
IV-Empfängerin oder ihres Kindes oder eines Geringver-
dienenden an der Finanzkrise und damit an der Staats-
verschuldung ist. Erklären Sie es mir. Der Schuldanteil
liegt bei null.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Herr Gysi, falsch! Der liegt nicht bei null, er ist null!)


Ziehen Sie die heran, die das Ganze verursacht haben,
und nicht diejenigen, die damit nichts zu tun haben!


(Beifall bei der LINKEN)


In derselben Zeit hat das Geldvermögen in Deutsch-
land, das zunächst abgenommen hatte, wieder zugenom-
men. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung
– keine linke Einrichtung – hat festgestellt: Es gibt jetzt
51 000 Vermögensmillionäre mehr als vor einem Jahr.
Es sind jetzt insgesamt 861 000. Nicht einen einzigen
Cent müssen sie für die Krise bezahlen, obwohl sie rei-
cher geworden sind; vielmehr sollen die Hartz-IV-Emp-
fängerinnen und -Empfänger das Ganze bezahlen. Das
können Sie nicht vermitteln, weder in Stuttgart noch in
Berlin.


(Beifall bei der LINKEN)


Durch die Regierung von SPD und Grünen, durch die
Regierung von Union und SPD und durch die Regierung
von Union und FDP gehen dem Bund, den Ländern und
den Kommunen jährlich 30 Milliarden Euro Steuerein-
nahmen verloren. Deshalb sind die Kommunen so pleite.
Deshalb kann man dort nicht mehr regeln, wie das Kran-
kenhaus, die Kindertagesstätte und vieles andere bezahlt
werden.

Wir brauchen Steuergerechtigkeit. Dafür brauchen
wir eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes bei der Ein-
kommensteuer. Dafür brauchen wir eine Millionärsteuer.
Die Einführung einer solchen Steuer wird inzwischen
sogar von Millionären vorgeschlagen – denen ist das
peinlich –; aber Sie verlangen sie natürlich nicht. Wir
brauchen eine Erhöhung der Erbschaftsteuer bei großen
Erbschaften, eine Erhöhung der Körperschaftsteuer so-
wie die Einführung einer Bankenabgabe – einer richti-
gen Bankenabgabe – und der Finanztransaktionsteuer.
Wenn Sie mir schon nicht glauben, dann glauben Sie
doch einmal Obama, nicht bei allen Fragen, aber wenigs-

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(C (D ens bei dieser. Dazu sagt er klar: Die Banken haben das u bezahlen. Den Mut dazu hat in diesem kleinen eutschland keiner der Regierenden. Das finde ich wirk ich skandalös. Nun gibt es eine weitere Zahl vom Deutschen Institut ür Wirtschaftsforschung, die ebenfalls interessant ist. ort sagt man: 22 Prozent der Deutschen leben mit eiem Einkommen von unter 860 Euro monatlich, davon brigens 31 Prozent im Osten. Ich sage das nur deshalb, eil keiner von uns, weder von den Linken noch von der DP, in der Lage ist, sich ein Leben mit 860 Euro Moatseinkommen vorzustellen. Das ist die Wahrheit. Hier erden Dinge entschieden, bei denen wir alle selber nieals in der Lage wären, sie zu leisten. ie Einkommensschere geht immer weiter auseinander. etzt verdient die Industrie, jetzt verdient die Wirtschaft. eshalb sage ich: Wir brauchen nun endlich höhere öhne für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, soass die Binnenwirtschaft angekurbelt wird. Frau Bundeskanzlerin, Sie sagen, Sie hätten die Areitslosigkeit von 5 Millionen auf 3 Millionen gesenkt. arum verschweigen Sie denn, dass wir nicht mehr, ondern weniger Vollzeitbeschäftigte in sozialversicheungspflichtigen Arbeitsverhältnissen haben? Zugenomen hat die Anzahl der 400-Euro-Jobs, der 1,50-Euro obs und der statistischen Tricks. Das ist alles. Es gibt ber keinen wirklichen Abbau der Arbeitslosigkeit. Es ibt keinen Grund für Sie, darauf stolz zu sein. Sie haben über 20 Jahre deutsche Einheit gesprohen. Es ist unbestritten, dass seitdem eines ausgeschlosen ist; das ist übrigens die größte Leistung, die am selensten betont wird. Wir standen seit 1949 in der Gefahr, ass es einen Krieg zwischen beiden deutschen Staaten ibt, mit verursacht von den Weltmächten. Anschließend ätte es das deutsche Volk gar nicht mehr gegeben. Seit em 3. Oktober 1990 ist dies ausgeschlossen. Das ist der rößte Gewinn für alle an dieser deutschen Einheit. Ein Weiteres. Niemand wird bestreiten, dass die Menchen aus der früheren DDR nun mehr Freiheit und Deokratie haben. ie haben aber auch mehr soziale Unsicherheit. Ich ürde jetzt gerne über die Fehler bei der Währungsunion nd vor allen Dingen bei der Deindustrialisierung des stens sprechen; aber der Herr Bundestagspräsident ird sagen, dass meine Redezeit gleich zu Ende ist. Jedenfalls schaffen Sie das nicht in der einen zusätzli hen Minute, auf die wir uns großzügigerweise verstänigt haben. )


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1705801400




(A) )


Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1705801500

Richtig. – Dann schaffe ich aber, Folgendes zu sagen:

Ein weiterer Fehler bestand darin, dass die Eliten nicht
vereinigt worden sind. Vor allem bestand ein Fehler da-
rin, dass Sie sich den Osten nicht angesehen haben.


(Jörg van Essen [FDP]: Das stimmt doch gar nicht!)


Wenn Sie zehn Strukturen aus dem Osten als weiterhin
geeignet empfunden und für ganz Deutschland einge-
führt hätten, dann hätten die Frau in Passau,


(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Passau kennen Sie doch gar nicht!)


der Mann in Frankfurt am Main und der Mann in Kiel
eine andere Erinnerung an die deutsche Einheit, nämlich
dass durch die deutsche Einheit auch ihre oder seine Le-
bensqualität in diesen zehn Punkten erhöht worden ist.
Das haben Sie keinem Westdeutschen gegönnt; außer-
dem haben Sie das Selbstbewusstsein der Ostdeutschen
beschädigt. Das ist bis heute sehr traurig. Dadurch haben
wir nach wie vor große Probleme.

Jetzt sage ich Ihnen eines: Zur Einheit gehört endlich
die gleiche Rente für die gleiche Lebensleistung sowie
der gleiche Lohn für die gleiche Arbeit und die gleiche
Arbeitszeit.


(Beifall bei der LINKEN)


Wer das nicht will, will auch keine Einheit.

Frau Bundeskanzlerin Merkel, Sie kommen aus Ost-
deutschland. Wenn ich mich frage, was Sie als Kanzlerin
für die Vertiefung der deutschen Einheit getan haben,
dann komme ich zu dem Ergebnis: gar nichts.


(Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Was haben Sie denn getan?)


Sie behaupten das Gegenteil und glauben es mir nicht.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1705801600

Herr Kollege.


Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1705801700

Letzter Satz. – Nicht Sie, sondern meine Partei steht

für Frieden, soziale Gerechtigkeit, Demokratie und
– endlich – für eine wirkliche deutsche Einheit.


(Beifall bei der LINKEN – Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


– Ich wollte, dass Sie sich einmal aufregen können. Jetzt
können Sie es.


(Anhaltender Beifall bei der LINKEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1705801800

Das Wort hat nun die Kollegin Birgit Homburger für

die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


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(C (D Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! enn man in diesen Tagen mit Freunden und Bekannten m europäischen Ausland spricht, dann erfährt man, dass ie sich über die negative Debatte, die in unserem Land eführt wird, wundern; sie verstehen sie nicht. Die Wirtchaft wächst, die Arbeitslosigkeit sinkt, die Reallöhne teigen, und die Entwicklung ist positiver als in den eisten anderen europäischen Ländern. Deutschland hat llen Grund, optimistisch in die Zukunft zu schauen. ie wirtschaftliche Entwicklung kommt nicht aus heierem Himmel. Sie hat viele Ursachen: innovative Unernehmen, fleißige Arbeitnehmer, eine verantwortungsolle Lohnpolitik. (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Man könnte auch sagen: trotz der Regierung!)

Birgit Homburger (FDP):
Rede ID: ID1705801900

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Es gab gute Rahmenbedingungen, die die Politik
eschaffen hat. Durch die Entlastung der Familien zu
eginn dieses Jahres, durch den Abbau von Wachstums-
remsen bei der Unternehmen- und Erbschaftsteuer,
urch eine Verlängerung der Kurzarbeiterregelung und
inen Zuschnitt auf den Mittelstand und durch die Rück-
ahme der Erhöhung der Steuern auf Biokraftstoffe ha-
en wir für vernünftige Rahmenbedingungen gesorgt.
ir haben mit kluger Politik dem Aufschwung den Weg

eebnet. Wir werden mit kluger Politik die Weichen für
ie Zukunft stellen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Wir wollen den Wohlstand sichern. Das bedeutet,
ass wir die Währung stabilisieren müssen. In diesem
usammenhang werden wir versuchen, mit viel Auf-
and einen Fehler, den Rot-Grün unter der Regierung
chröder/Fischer seinerzeit auf europäischer Ebene zu
erantworten hatte, zu korrigieren. Im Jahre 2004 wurde
on Deutschland aus kurzsichtigen parteipolitischen In-
eressen heraus der Stabilitätspakt aufgeweicht. Das war
in Fehler, und dieser Fehler muss jetzt korrigiert wer-
en.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Die Euro-Krise hat uns erneut bestätigt, dass es keine
lternative zur Konsolidierung der Haushalte gibt.
ein Spekulant der Welt hätte die Chance gehabt, dem
uro etwas anzuhaben, wenn die Haushalte der Euro-
taaten in Ordnung gewesen wären. Deshalb haben wir
er Haushaltssanierung oberste Priorität eingeräumt. Wir
ämpfen für einen stabilen Euro. Das bedeutet, dass wir
ie Haushalte konsolidieren wollen. Das bedeutet, dass
ir aus Solidarität für drei Jahre eine Zweckgesellschaft

ufgebaut haben, um den Euro zu stützen. Diesen Zeit-
aum wollen wir nicht verlängern. Das Problem muss
urch solides Wirtschaften in allen Euro-Staaten gelöst
erden. Wir wollen keine Fortsetzung dieser Zweckge-

ellschaft. Wir wollen Haushaltskonsolidierung statt
ransferunion. Dafür werden wir uns einsetzen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)






Birgit Homburger


(A) )


)(B)

Wir beenden die Schuldenpolitik der letzten Jahr-
zehnte. Wir werden – im Vergleich zu der Planung von
Herrn Steinbrück – bis 2014 80 Milliarden Euro einspa-
ren, um die Neuverschuldung abzubauen. Wir wollen,
dass der Staat sich so verhält wie jede Familie. Sie hat
ein Einkommen, und mit diesem Einkommen muss sie
auskommen. Deshalb gilt für uns: Der Staat muss mit
dem auskommen, was er hat, und genau so werden wir
den Haushalt gestalten.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Der vorliegende Haushalt ist Ausdruck von Hand-
lungsfähigkeit und von Gestaltungswillen. Erstmals seit
Jahren wird bei den Ausgaben gespart und werden nicht
wieder großflächig Steuern erhöht. Das hätte es ohne die
FDP nicht gegeben.


(Beifall bei der FDP)


Der Beginn der schwarz-gelben Regierung, der christ-
lich-liberalen Koalition, markiert einen Politikwechsel
in Deutschland.


(Ulrich Kelber [SPD]: Oh ja!)


Wir haben zu Beginn dieses Jahres mit einer Entlastung
der Familien begonnen.


(Ulrich Kelber [SPD]: Die haben nicht Sie beschlossen!)


Sie haben in Ihrer Regierungszeit mit der Erhöhung der
Mehrwertsteuer und 20 weiterer Steuern begonnen. Sie
haben die Bürgerinnen und Bürger belastet, wir haben
sie entlastet. Das zeigt sich daran, dass in diesem Jahr
der sogenannte Steuerzahlertag, also der Tag, von dem
an die Bürgerinnen und Bürger nicht mehr für den Staat,
sondern nur noch für sich selbst arbeiten, zehn Tage frü-
her war als im letzten Jahr.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dieser Haushalt zeugt von Gestaltungswillen. Herr
Gabriel, Sie haben hier vorhin Krokodilstränen über die
Bildungsausgaben vergossen. Elf Jahre haben Sie re-
giert. Elf Jahre hatten Sie Zeit, etwas zu tun. Elf Jahre
hat die Bildungspolitik bei Ihnen ein Schattendasein ge-
fristet. Wir haben entschieden, dass wir in diesem Haus-
halt überall sparen, nur an einer Stelle nicht: Im Bereich
Bildung und Forschung werden wir die Ausgaben bis
2013 um 12 Milliarden Euro erhöhen. Das ist eine Tatsa-
che, und das ist ein Paradigmenwechsel hinsichtlich der
Politik, die Sie früher betrieben haben.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir sind der Meinung: Bildung ist die soziale Frage
unserer Zeit. Deshalb werden wir uns bei diesem Thema
mit aller Macht engagieren. Wir wollen, dass jedes Kind
in diesem Land unabhängig von seiner Herkunft eine
Chance auf sozialen Aufstieg hat. Der Schlüssel dazu ist
die Bildung. Deshalb wollen wir einen Teil des Geldes,
das wir zusätzlich investieren, für eine Exzellenzinitia-
tive „frühkindliche Bildung“ einsetzen, um diejenigen,
die von zu Hause nicht die nötige Rückendeckung be-

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(C (D ommen, möglichst früh zu unterstützen. Wir wollen en Kindern die Möglichkeit bieten, in der Grundschule itzukommen und die Chancen unseres Bildungssys ems für einen sozialen Aufstieg zu nutzen. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir werden bei der frühkindlichen Bildung Impulse
etzen, die mit denen zu vergleichen sind, die wir in ei-
em anderen Bereich gesetzt haben – sie werden zum
intersemester dieses Jahres greifen –: Wir haben in
eutschland endlich ein Stipendienprogramm einge-

ührt, das es ermöglicht, junge Menschen anhand ihrer
eistung zu fördern. Damit schließen wir endlich zu den

nternationalen Standards auf. Auch das ist eine Leistung
ieser Koalition.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Natürlich ist dieser Haushalt sozial ausgewogen. Das
iveau der sozialen Sicherung liegt immer noch über
em Niveau zur Zeit der rot-grünen Regierung. Das
ann man mit den Zahlen dieses Haushalts beweisen. Ich
ill Ihnen das an qualitativen Merkmalen deutlich ma-

hen: Wir haben das Schonvermögen für Hartz-IV-Emp-
änger verdreifacht, weil wir der Meinung waren, dass
iejenigen, die ihr Leben lang gearbeitet und gespart ha-
en, aber am Ende ihres Berufslebens in eine schwierige
ituation kamen, nicht genauso behandelt werden dürfen
ie diejenigen, die nichts gespart haben.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Nach dem Grundsatz „Leistung muss sich lohnen“
aben wir zum Sommer dieses Jahres durchgesetzt, dass
ugendliche aus Hartz-IV-Familien, die einen Ferienjob
achen, ihr Geld behalten dürfen und dass die Leistun-

en für die Eltern damit nicht verrechnet werden. Auch
as ist eine soziale Leistung, die wir erbracht haben.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Im Rahmen der Hartz-IV-Reform werden wir die
eistungen für die Bildung von Kindern verbessern.
um ersten Mal überhaupt wird in einem Hartz-IV-Satz
ie Bildung von Kindern als besonderes Bedürfnis der
inder ausgewiesen und finanziert werden. Auch das
ringt diese Koalition auf den Weg. Sie haben das ver-
chlafen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Diese Koalition steht für uneingeschränkte Solidari-
ät mit den Bürgerinnen und Bürgern. Wer Hilfe
raucht, kann sich auf die Solidarität dieser Gesellschaft
erlassen. Aber wir sagen auch: Wer diese Hilfe erwirt-
chaftet, muss sich auch auf die Solidarität der Gesell-
chaft und der Politik verlassen können.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Im Gegensatz dazu sieht die SPD die Mitte als Melk-
uh der Nation. Sie schlägt Steuererhöhungen in großem





Birgit Homburger


(A) )


)(B)

Umfang vor. Wir machen eine Politik für die Mitte der
Gesellschaft durch Steuersenkungen für die Familien,


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und Abgabenerhöhungen!)


aber auch dadurch, dass wir in der Wirtschaftspolitik
endlich neue Akzente gesetzt haben.

Das zeigt sich an einer Stelle.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: An der Schlafpille Brüderle!)


Wir haben immer wieder gesagt: Es kann nicht sein, dass
zu den großen Unternehmen die Bundeskanzlerin
kommt und zu den kleinen Unternehmen der Insolvenz-
verwalter. Deshalb haben wir uns entschieden, dass wir
bei Opel konsequent sind. Sie hätten einem liquiden
Konzern gern noch das Geld der Steuerzahlerinnen und
Steuerzahler persönlich vorbeigebracht.


(Zustimmung bei Abgeordneten der FDP)


Wir haben es für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler
gerettet und in den Haushalt zurückgeholt. Das ist die
Leistung dieser Koalition und des Wirtschaftsministers
Rainer Brüderle.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Diese Politik ist klar, verlässlich und erfolgreich für
die Menschen. Herr Gabriel hat hier erklärt, Schwarz-
Gelb probiere mal dies, mal jenes. Das sagt der Richtige.
Es gibt kaum jemanden, der so der Beliebigkeit frönt wie
Sie, Herr Gabriel.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Sie wechseln Ihre Positionen wie ein Fähnchen im Wind.
Sie haben in Ihrer Regierungszeit den Spitzensteuersatz
geändert; jetzt wollen Sie ihn wieder erhöhen. Sie waren
zwar gegen eine Mehrwertsteuererhöhung, haben sie
aber dennoch beschlossen. Sie haben die Rente mit 67
auf den Weg gebracht; jetzt sind Sie plötzlich dagegen.
Zu dem wichtigen Infrastrukturprojekt „Stuttgart 21“ hat
die Kanzlerin schon das Nötige gesagt.


(Lachen des Abg. Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Sie verabschieden sich von allen Positionen, die Sie ir-
gendwann einmal gehabt haben.

Von heute an sind es noch 100 Tage bis Weihnachten.


(Ulrich Kelber [SPD]: Auf die Weihnachtspause hoffen Sie schon! – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihnen schicke ich noch Knecht Ruprecht!)


Allerdings funktioniert eine Politik für den Wirtschafts-
standort Deutschland nicht nach dem Motto: Wünsch dir
was. Es geht nur nach dem Motto, dass man die Realität
anerkennt und entsprechend handelt. Das tut diese Ko-
alition.

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(C (D (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir haben vor, in diesem Haushalt die Nettokredit-
ufnahme deutlich abzusenken. Wir werden sie im Jahr
010 um mindestens 25 Prozent senken. Jetzt schauen
ir uns einmal im Vergleich an, was in Nordrhein-West-

alen passiert, wo es jetzt eine rot-grüne Minderheitsre-
ierung gibt. Sie wird unter denselben wirtschaftlichen
edingungen in demselben Zeitraum die Neuverschul-
ung Nordrhein-Westfalens um 35 Prozent erhöhen.
as, was man dort tut, ist unverantwortlich und rück-

ichtslos. Eine solche Politik wird es jedenfalls mit uns
uf Bundesebene nicht geben.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Kommen wir einmal zum Energiekonzept, das Sie
ier so angegriffen haben.


(Nicolette Kressl [SPD]: Was für ein Konzept?)


ir halten Wort und setzen das um, was wir im Wahl-
ampf gesagt haben.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer mich finanziert, den bedien’ ich! – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Klientelpolitik!)


ersorgungssicherheit, Bezahlbarkeit und Umweltver-
räglichkeit, das sind die Leitlinien unserer Energiepoli-
ik.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wes Brot ich ess’, des Lied ich sing’! Das ist doch ganz einfach!)


Schauen wir noch einmal, welche Ziele wir uns ge-
etzt haben. Das Energiekonzept der Bundesregierung
at das Ziel, bis zum Jahr 2020 die Treibhausgasemissio-
en in Deutschland um 40 Prozent und bis zum Jahr
050 um 80 Prozent zu reduzieren. Was macht diese
roßartige rot-grüne Koalition in Nordrhein-Westfalen?


(Ulrich Kelber [SPD]: Vorsicht!)


Ja, gerade Sie, Herr Kelber. –


(Ulrich Kelber [SPD]: Vorsicht!)


ie, die immer behaupten, sie hätten die Umweltpolitik
epachtet, haben festgelegt, dass sie bis 2020 um
5 Prozent reduzieren wollen. Das ist deutlich weniger,
ls wir auf Bundesebene machen. Die nordrhein-westfä-
ische Landesregierung bleibt sogar hinter den Zielen der
lten Regierung zurück. Ich würde mich an Ihrer Stelle
chämen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1705802000

Frau Kollegin Homburger, darf der Kollege Kelber

hnen eine Zwischenfrage stellen?


Birgit Homburger (FDP):
Rede ID: ID1705802100

Ja.






(A) )


)(B)


Ulrich Kelber (SPD):
Rede ID: ID1705802200

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Wenn der Kollege Ih-

rer Fraktion, der gestern die gleiche Behauptung aufge-
stellt hat, Ihnen eine Zwischenmeldung gegeben hätte,
hätten Sie das hier nicht sagen können. Sie haben be-
hauptet, die alte schwarz-gelbe Regierung im NRW habe
höhere Klimaschutzziele verfolgt als die neue rot-grüne
Regierung. Ist Ihnen bekannt, dass im Umweltbericht
dieser schwarz-gelben Regierung, veröffentlicht durch
die Landesregierung NRW, festgehalten wurde, dass un-
ter der schwarz-gelben Landesregierung in Nordrhein-
Westfalen der CO2-Ausstoß nicht gesunken, sondern von
280 Millionen auf 290 Millionen Tonnen CO2 im Jahr
angestiegen ist?


Birgit Homburger (FDP):
Rede ID: ID1705802300

Herr Kollege Kelber, mir ist bekannt, dass es genü-

gend Versuche gegeben hat.


(Thomas Oppermann [SPD]: Versuche! Das klingt schon ganz anders!)


Im Rahmen des Energiekonzepts gab es genügend Ver-
suche, zukunftsweisende Wege einzuschlagen. Diese
sind immer wieder behindert worden. Das hat auch et-
was mit Protest gegen Projekte zu tun, beispielsweise
gegen Kraftwerksneubau oder Netzausbau. Das hängt al-
les damit zusammen.

Ich sage Ihnen: Wir haben hier ein klares Konzept mit
deutlich höheren Zielen, als Sie sie anstreben. Wir wer-
den den Beweis erbringen, dass wir diese Ziele auch er-
reichen werden.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir haben erstmals ein konsistentes Gesamtkonzept.
Wir wollen das Zeitalter der erneuerbaren Energien er-
reichen. Deshalb ist für uns die Kernenergie eine Brü-
ckentechnologie. Deshalb werden wir die zusätzlichen
Gewinne in erheblichem Maße abschöpfen, und zwar zu
58 Prozent. Weit über die Hälfte der zusätzlichen Ge-
winne werden abgeschöpft, unter anderem durch die
Brennelementesteuer.

Nun möchte ich auf Ihren glorreichen Tipp zu spre-
chen kommen, Herr Gabriel. Sie haben vorgeschlagen,
das Aufkommen der Brennelementesteuer für etwas
anderes zu verwenden. Ich stelle mir die Frage: Warum
haben Sie eigentlich in Ihrer Regierungszeit keine
Brennelementesteuer eingeführt? Ich kann Ihnen die
Antwort geben, Herr Gabriel: Sie haben keine Brennele-
mentesteuer eingeführt, weil Herr Trittin den Energie-
versorgungsunternehmen in einem Vertrag schriftlich
garantiert hat, dass das nicht geschieht. Das ist die Wahr-
heit in diesem Land.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir wollen einen guten Teil dieses Steueraufkom-
mens in einen Fonds investieren. Es wird einen Fonds
zur Förderung erneuerbarer Energien geben. Es ist nicht
so, wie Sie zuvor behauptet haben, dass die Energiever-
sorgungsunternehmen die Förderung übernehmen sollen.

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(C (D ein, wir schöpfen Gewinne ab. Diese werden in einen onds überführt. Selbstverständlich entscheidet die Poli ik darüber, was mit diesem Geld gemacht wird. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir haben vor, eines der größten Probleme, die wir
aben, anzugehen, nämlich die Frage der Speichertech-
ologie, die Frage der Netzintegration der erneuerbaren
nergien. Das ist die Herausforderung, vor der dieses
and steht.

Wir wollen das Zeitalter der erneuerbaren Energien
rreichen. Das erreichen wir nur, wenn wir erneuerbare
nergien letztlich grundlastfähig machen. Deshalb wer-
en wir genau in diesen Bereich investieren und genau
as tun, was wir zuvor gesagt haben.

Herr Gabriel, wenn Sie uns vorwerfen, wir würden
it den Energieversorgern reden,


(Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn Sie nur reden würden, wäre es nicht so schlimm!)


ann muss ich Ihnen sagen: Wir setzen das um, was wir
ersprochen haben. Von uns hat niemand mit Herrn
roßmann Rotwein getrunken und Zigarre geraucht.
as war Ihr Amtsvorgänger Schröder, aber niemand von
ieser Koalition.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Billig! – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich dachte, Herr Großmann ist auf Wasser umgestiegen! – Sigmar Gabriel [SPD]: Ich kann mir Frau Merkel mit Zigarre auch nicht vorstellen!)


Wir erhöhen jetzt die Sicherheitsanforderungen für
ernkraftwerke. Auch das ist wahr. Kernkraftwerke in
iesem Land werden so sicher sein wie nie zuvor. Auch
ier gilt: Rot-Grün hat seinerzeit nichts dafür getan. Herr
rittin, Sie waren damals Umweltminister. Sie haben
einerzeit den Vertrag mit den Energieversorgern ausge-
andelt. Sie waren es, der ausdrücklich auf höhere Si-
herheitsstandards verzichtet hat. Um Ihre ideologischen
iele durchzusetzen, haben Sie damals bei den Sicher-
eitsstandards Zugeständnisse gemacht. Meine sehr ver-
hrten Damen und Herren, Rot-Grün hat einen Sicher-
eitsrabatt gegeben. Das ist ein unanständiger Deal,
icht das, was diese Koalition tut.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Sie werfen uns vor, dass wir in der Frage des Endla-
ers keine Antwort hätten. Auch das ist ganz bemerkens-
ert. Wir waren immer dafür, dass ein Endlager erkun-
et wird.


(Sigmar Gabriel [SPD]: Vor allen Dingen in Baden-Württemberg!)


as hatte einen langen Vorlauf, der dazu geführt hat,


(Sigmar Gabriel [SPD]: Dass Sie das in Baden-Württemberg nicht wollen, oder?)






Birgit Homburger


(A) )


)(B)

dass man in Gorleben erkunden will. Sie sind doch dieje-
nigen, die seinerzeit, in Ihrer Regierungszeit – natürlich
war es wieder Herr Trittin –, ein Moratorium verhängt
haben. Sie waren nicht bereit, sich der Verantwortung
und der unangenehmen Frage der Endlagerung zu stel-
len. Sie haben sich verweigert.


(Hermann Gröhe [CDU/CSU]: Der Trittin verweigert sich doch immer!)


Sie haben ein Moratorium verhängt. Wir werden dieses
Moratorium aufheben und dieses Endlager verantwor-
tungsvoll und ergebnisoffen zu Ende erkunden.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Erkunden? Bauen! Zu Ende bauen!)


Wie bei der Haushaltssanierung und beim Energie-
konzept werden wir auch in anderen Bereichen Hand-
lungsfähigkeit beweisen. Durch die Gesundheitsreform
wollen wir mehr Wettbewerb und mehr Solidarität errei-
chen. Das werden wir auch bei Hartz IV tun. Hier gibt es
drei große Bereiche, in denen wir im Herbst dieses Jah-
res Entscheidungen treffen werden. Kinder aus Hartz-
IV-Familien werden zum ersten Mal Bildungsleistungen
bekommen. Wir werden das so organisieren, dass diese
Bildungsleistungen treffsicher bei den Kindern ankom-
men und nicht etwa irgendwo anders landen. Auch das
ist ein Ziel, das wir haben.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir werden außerdem über die Hartz-IV-Sätze für Er-
wachsene sprechen müssen. Herr Gabriel, hören Sie end-
lich auf mit diesem Ammenmärchen: Niemand aus unse-
rer Koalition hat gefordert, die Hartz-Sätze zu kürzen.


(Sigmar Gabriel [SPD]: Doch!)


– Nein. Wir haben das nicht gefordert. Das hat auch der
Vizekanzler nicht gefordert.


(Sigmar Gabriel [SPD]: Da finden wir aber schöne Zitate! – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Wer ist eigentlich der Vizekanzler?)


Das, was Sie sagen, ist völliger Unsinn.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Orientieren Sie sich bitte an der Realität. Es geht hier
nicht um eine Kürzung der Hartz-IV-Sätze, sondern es
geht darum, den Auftrag des Bundesverfassungsgerichts
zu erfüllen.


(Sigmar Gabriel [SPD]: Ach! Westerwelles Sprüche waren doch noch vorher! – Elke Ferner [SPD]: Das ist aber eine starke Leistung!)


Es hat deutlich gemacht, dass die Regelsätze nicht evi-
dent unzureichend sind. Wir sind aber gehalten, transpa-
rent zu machen, was in sie hineingerechnet wird. Genau
diesem Auftrag werden wir nachkommen.

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(C (D (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir werden die Hinzuverdienstgrenzen ändern. Wir
erden diese Regelung verbessern, weil wir Anreize

chaffen möchten, dass diejenigen, die derzeit Hartz IV
eziehen, aus eigener Anstrengung wieder in eine regu-
äre sozialversicherungspflichtige Beschäftigung kom-

en. Das ist ein ambitioniertes Ziel. Wir wissen, dass es
icht einfach wird, dieses Ziel zu erreichen. Aber wir
tellen uns dieser Aufgabe, weil wir den Menschen in
iesem Land mehr Chancen eröffnen wollen. Daran wer-
en wir arbeiten, gerade für diejenigen, die es in diesem
and am nötigsten haben.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Als letzten großen Bereich möchte ich die Umstruk-
urierung der Bundeswehr ansprechen. Wir werden die
undeswehr auf der Grundlage unserer sicherheitspoliti-

chen Interessen umstrukturieren. Wir werden sicherstel-
en, dass wir unseren Bündnisverpflichtungen nachkom-

en können. Der Umbau der Bundeswehr ist von
entraler Bedeutung, weil sie zukunftsfähig gemacht
erden muss. Deshalb war es richtig, dass die Koalition

n diesem Jahr bereits beschlossen hat, die Wehrdienst-
eit zu verkürzen. Dies hat dazu geführt, dass ein Nach-
enkprozess eingesetzt hat.


(Agnes Malczak [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der hätte vorher einsetzen müssen!)


Jetzt sind wir in der Situation, dass erstmalig über
ine tatsächliche Umstrukturierung diskutiert werden
ann, und zwar dahin gehend, dass wir die Bundeswehr
u einer Freiwilligenarmee machen und die Wehrpflicht
ussetzen. Sie ist sicherheitspolitisch nicht mehr not-
endig, und sie ist vor allen Dingen in keiner Weise ge-

echt gegenüber den jungen Männern, die derzeit davon
etroffen sind. Die FDP-Bundestagsfraktion freut sich,
ass es in dieser Frage bei unserem Koalitionspartner
ewegung gibt und dass es erstmals in der Geschichte
nserer Republik die Chance gibt, diese Änderung vor-
unehmen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Als Koalition tragen wir Verantwortung für Deutsch-
and. Mit dem Haushalt, der Finanzplanung und unserer
olitischen Agenda werden wir dieser Verantwortung
erecht. Wir wollen unseren Kindern keine Schulden-
erge hinterlassen, sondern Freiräume für eigene Ent-
cheidungen; denn auf Schuldenbergen können Kinder
icht spielen. Das ist eine verantwortungsvolle Politik
ür die nächsten Generationen.

Ich kann Sie nur auffordern: Beteiligen Sie sich da-
an! Machen Sie Vorschläge! Bringen Sie Vorschläge
in, wie dieser Haushalt weiter saniert werden kann!

Wir sind offen für jeden Vorschlag, der von Ihnen
ommt. Beherzigen Sie dabei aber, was für Millionen
on Bürgern in diesem Land gilt: auskommen mit dem,
as man hat. Das ist der Grundsatz, den zu verwirkli-

hen wir uns vorgenommen haben, und dadurch werden
ir mehr Chancen für mehr Menschen in diesem Land





Birgit Homburger


(A) )


)(B)

erarbeiten. Mehr Chancen auf Arbeit, auf Teilhabe und
auf Bildung: Das ist das Ziel dieser Koalition. Das haben
wir versprochen, und jetzt wird geliefert.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1705802400

Nächster Redner ist der Kollege Jürgen Trittin für die

Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705802500

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eines,

Frau Homburger, werden wir Ihnen nie mehr durchge-
hen lassen,


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Was?)


nämlich dass Sie behaupten, Sie würden nicht an der Bil-
dung sparen.


(Joachim Poß [SPD]: Ja!)


Wer Anfang dieses Jahres über das Gesetz für Hoteliers
den Ländern 2,8 Milliarden Euro weggenommen hat, der
hat bei der Bildung gekürzt; denn wo sollen die Länder
kürzen, wenn nicht in ihren Haushalten?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN – Dr. HansPeter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Das ist so ein Quatsch, Herr Trittin! Sagen Sie ausnahmsweise einmal die Wahrheit! Unerträglich!)


Frau Merkel, in Ihrem Urlaub waren Sie irgendwo in
den Dolomiten. Dort ist es schön. Wenn morgens etwas
kräht, dann ist es der Hahn und nicht Guido Westerwelle.


(Heiterkeit bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Trifft man auf schwerverständliche Einheimische, dann
heißen sie Reinhold Messner und nicht Horst Seehofer.
Statt Gurkentruppen und Wildsäuen gibt es Steinpilze
und Gämsen. Irgendwo dort zwischen Ortler und Late-
mar müssen Sie beschlossen haben,


(Norbert Barthle [CDU/CSU]: Er war auch schon da!)


endlich Ihrem Wählerauftrag nachkommen und – zwölf
Monate nach der letzten Bundestagswahl – regieren zu
wollen. Das haben Sie heute hier zum Ausdruck zu brin-
gen versucht.

Ist das aber eigentlich auch in Ihrem Kabinett, in Ihrer
Mannschaft, angekommen und verstanden worden?


(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nein!)


Was versteht diese Bundesregierung und was versteht
diese Koalition unter Regieren? Das ist doch die span-
nende Frage, wenn man festgestellt hat: Zwölf Monate
lang ist nicht regiert worden, und jetzt versucht man, zu
regieren.


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(C (D (Hermann Gröhe [CDU/CSU]: In den ersten zwölf Monaten ist die Krise bekämpft worden! – Gegenruf der Abg. Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Krise in der Koalition!)


Dem Eindruck, dass Sie die Krisen aussitzen wollten,
ollen Sie heute auch entgegentreten. Bei der Griechen-

and-Krise musste Europa diese Kanzlerin aber zum Ja-
en tragen. Die Führungsrolle in Europa hat diese Kanz-
erin verspielt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Hermann Gröhe [CDU/ CSU]: Das glaubt in Europa keiner!)


Schauen wir uns die ersten Versuche an:

Der Klassenprimus im Kabinett Merkel, Herr zu
uttenberg, meldet sich und sagt, er habe eine Feststel-

ung gemacht. Diese liegt ungefähr auf der Ebene der
eststellung des Kindes in Andersens Des Kaisers neue
leider. Es stellt nämlich fest: Der Kaiser ist nackt. –
errn Karl-Theodor zu Guttenberg hat nach 20 Jahren
eutscher Einheit die Erkenntnis ereilt: Deutschland ist
on Freunden umzingelt.


(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ir brauchen diese Bundeswehr als Territorialverteidi-
ungsarmee nicht mehr.


(Jörg van Essen [FDP]: Das haben Sie anders gesehen!)


Jetzt ist die spannende Frage: Was folgt daraus? Da-
aus folgt genau das, was viele Menschen im Lande an
er Politik abstößt, nämlich dass man aus gewonnenen
rkenntnissen keine Konsequenzen zieht. Statt die
ehrpflicht abzuschaffen und die Bundeswehr konse-

uent umzubauen, wird die Wehrpflicht nur ausgesetzt,
eil diese Koalition nicht in der Lage ist, sich auf die
ealität zu einigen. Das verstehen Sie unter Regieren;
ber dadurch wird die Politikverdrossenheit erhöht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Nehmen wir ein anderes Kabinettsmitglied. Das ist
iemlich uncharmant.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer?)


Der Herr Rösler.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Unhöflich!)


r hat die Kanzlerin mit einer Barbiepuppe verglichen.
as gehört sich nicht.

Aber die Frage ist: Was versteht Herr Rösler unter Re-
ieren? Ich will Ihnen das an einem Beispiel erläutern:
ir haben in Deutschland ein Problem, nämlich zu hohe
rzneimittelpreise. Wir müssen 32,4 Milliarden Euro

usgeben; das sind 5 Milliarden Euro mehr als im Vor-
ahr. Nur in Deutschland, Dänemark und Malta kann die
harmaindustrie die Preise noch selbst festsetzen, was
azu führt, dass Medikamente in Deutschland bis zu





Jürgen Trittin


(A) )


)(B)

500 Prozent teurer sind als im Rest Europas. Dem muss
und soll begegnet werden.

Was macht Herr Rösler? Als Erstes feuert er denjeni-
gen, der für eine unabhängige Kontrolle des Zusatznut-
zens von Medikamenten verantwortlich ist.


(Jörg van Essen [FDP]: Gott sei Dank! Dafür gab es auch absolut gute Gründe!)


Er war der Pharmaindustrie schon immer ein Dorn im
Auge.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Als Nächstes wird über die Frage gestritten: Wer ent-
scheidet künftig über den Nutzen? Jetzt gucken wir uns
an, wie regiert wird. Da machen Sie etwas ganz Moder-
nes:


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Outsourcen!)


Outsourcing. Sie lassen Ihren Gesetzentwurf vom Ver-
band Forschender Arzneimittelhersteller schreiben.


(Ulrike Flach [FDP]: Sie wissen doch, dass das nicht stimmt, Herr Trittin!)


Dann beginnt das eigentliche Regieren: Mit der Maus
wird der Text markiert, ausgeschnitten und in das Ge-
setzblatt kopiert.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)


Dann kommt die geistige Eigenleistung des Ministers
dazu: Er fügt eine Apposition ein, die lautet: ohne Zu-
stimmung des Bundesrates. – Das hatten die Pharmalob-
byisten dummerweise vergessen.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)


Meine Damen und Herren, jeder Studierende, der bei
so etwas erwischt wird, fliegt durch die Prüfung. Aber
Sie versuchen uns zu erklären, das sei Regierungshan-
deln!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Frau Merkel, Sie haben gesagt, Sie wollten in Deutsch-
land keine Zweiklassenmedizin. Die Wahrheit ist: Wir ha-
ben eine Zweiklassenmedizin. Fragen Sie doch einmal
die gesetzlich Versicherten, wann sie einen Termin be-
kommen,


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


und fragen Sie die FDP-Mitglieder, die zu Vorzugstari-
fen in der privaten Krankenkasse versichert sind, wann
sie ihre Termine bekommen. Das ist die Wirklichkeit in
diesem Lande.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vorzugstarife!)


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(C (D Die gleiche FDP, die sich von der privaten Krankenersicherung spezielle Haustarife liefern lässt, schiebt etzt 1 Milliarde Euro in die privaten Krankenkassen. as ist bezahlte Lobbypolitik zum eigenen und teilweise anz persönlichen Vorteil. Das verstehen Sie unter Reieren, meine Damen und Herren. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Sie haben gesagt, der Haushalt sei auch ein Stück Ge-
taltung für die Zukunft. Ja, wo gestalten Sie in diesem
aushalt Zukunft?


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Lesen Sie halt einmal!)


ie sparen bei denjenigen, die sowieso nichts haben. Ge-
ingverdienern – nicht nur Hartz-IV-Empfängern, die ar-
eitslos sind, sondern auch denjenigen, die so wenig ver-
ienen, dass wir ihnen helfen müssen – streichen Sie das
lterngeld; so viel zum Thema Lohnersatzleistungen.
ie sagen in dieser Frage nicht die Wahrheit. Sie nehmen
s von denjenigen, die am wenigsten haben, und lassen
iejenigen, die es im Überfluss haben, schön in Ruhe.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


ie kürzen beim Übergangsgeld. Sie kürzen die Renten-
uschüsse auf Kosten der Kommunen.

Frau Merkel, Sie haben gesagt, das mit den Eingliede-
ungshilfen sei nicht so schlimm, weil wir weniger Arbeits-
se hätten. Sie sollten sich das einmal genau ansehen: Die
ahl der Langzeitarbeitslosen, die Zahl derjenigen, die
rbeitslosengeld II beziehen, ist nicht gesunken.


(Max Straubinger [CDU/CSU]: Doch! – Volker Kauder [CDU/CSU]: Natürlich!)


as sind aber diejenigen, die am dringendsten auf Ein-
liederungshilfe angewiesen sind.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


enn Sie sich das nächste Mal aufschreiben lassen,
ehr Deutsche sollten in der Pflege beschäftigt werden,

iebe Frau Merkel, dann sollten Sie bedenken, dass Sie
s sind, die in diesem Jahr die dreijährige Ausbildung im
ereich der Pflege für Langzeitarbeitslose auslaufen

ässt. Sie produzieren gerade den nächsten Pflegenot-
tand mit Ihrer Arbeitsmarktpolitik. So sieht die Wirk-
ichkeit aus.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Ganz anders ist es, wenn sich andere von Maßnahmen
etroffene melden. Sie wollten Mitnahmeeffekte im Be-

eich der Ökosteuerausnahmen endlich abräumen. Es
ibt einen Brief von Herrn Hambrecht. Zudem gibt es
ine Entscheidung, die die CDU/CSU-Bundestagsfrak-
ion auf ihrer Klausur getroffen hat, nämlich die Rück-
ahme dieses Vorschlages des Finanzministers. Da reicht
in Brief von Herrn Hambrecht an Herrn Fuchs aus, und





Jürgen Trittin


(A) )


)(B)

die CDU spurt. Genau das verstehen wir unter unserer
Feststellung, hier werde Klientelpolitik betrieben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Volker Kauder [CDU/CSU]: Woher haben Sie denn diese Erkenntnisse? – Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: So ein Blödsinn!)


Sie haben ein Riesenfeld für Einsparungen. Ihr eige-
nes Umweltbundesamt hat Ihnen 48 Milliarden Euro
aufgelistet, die Sie an ökologisch schädlichen Subven-
tionen einsparen könnten. Sie trauen sich nicht einmal,
Mitnahmeeffekte abzuräumen.

Hinzu kommen Buchungstricks zuhauf. Wo wollen
Sie eigentlich die Globale Minderausgabe in Höhe von
5,6 Milliarden Euro hernehmen? Vorgesehen ist auch ein
Schattenhaushalt: Künftig soll sich die Bundesagentur
für Arbeit verschulden dürfen. Was hat das mit Genera-
tionengerechtigkeit zu tun?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Nein, Sie huschen darüber hinweg und klopfen sich
wegen der Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt auf die
Schulter. Liebe Frau Merkel, genau in dem Moment, als
Sie das gesagt haben, brach über der Reichstagskuppel
die Sonne durch die Wolken. Ich habe mich gewundert,
dass Sie nicht auch noch das zu Ihrem eigenen Verdienst
erklärt haben. Denn wenn es ein Verdienst an der Ent-
wicklung des Arbeitsmarktes und der Auftragslage gibt,
dann schauen Sie bitte nach China. China hat mit seinem
Konjunkturprogramm und seiner massiven staatlich in-
duzierten Nachfragesteigerung dafür gesorgt, dass in
Deutschland wieder Aufträge eingegangen sind.


(Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Wie viele Kernkraftwerke bauen die, Herr Trittin?)


Bei dieser Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt ist viel
Wen Jiabao und ganz wenig Merkel drin.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Stattdessen machen Sie selbst in den Bereichen
nichts, in denen Sie Einnahmen erzielen könnten: je
1 Milliarde Euro durch die Anhebung des Spitzensteuer-
satzes und die Streichung des Steuerprivilegs für dicke
Dienstwagen sowie eine halbe Milliarde Euro durch die
Rücknahme der Steuerermäßigung für Hotels.


(Jörg van Essen [FDP]: Vorhin hatten Sie noch eine andere Zahl! Welche Zahl stimmt denn nun? Erklären Sie mal, welche Zahl stimmt!)


Wenn Sie hier erklären, Sie seien für Integration, dann
sage ich Ihnen: Wer das Elterngeld für Geringverdie-
nende kürzt, wer die Mittel für den Ausbau von Kinder-
tagesstätten in Kommunen kürzt und wer bei der Inte-
gration von Langzeitarbeitslosen kürzt, der betreibt
keine Integration, sondern Desintegration. Er betreibt die
Spaltung dieser Gesellschaft.

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(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Axel E. Fischer [Karlsruhe-Land] [CDU/ CSU]: Unerhört, was Sie hier erzählen!)


Wenn wir über Integration reden, dann muss ich die
hemalige Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU daran er-
nnern, dass es ihre Fraktion unter ihrer Führung war, die
em Zuwanderungsgesetz mit den verbindlichen Sprach-
ursen, die wir auf den Weg gebracht haben, nicht zuge-
timmt und es in ein elendes Vermittlungsverfahren im
undesrat geschickt hat.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


as war Ihre Politik. Sie haben bei der Integration ver-
agt. Zeigen Sie dabei nicht auf andere in diesem Hause!


(Axel E. Fischer [Karlsruhe-Land] [CDU/ CSU]: Das ist doch schon lächerlich! – Norbert Barthle [CDU/CSU]: Wer hat denn von Modernisierung geredet? Das waren doch Sie!)


Wir bräuchten eine Haushaltspolitik, die den Zu-
unftshorizont einer CO2-neutralen hochmodernen Wirt-
chaftsweise in reale Maßnahmen umsetzt. Aber statt
ehr in Wärmedämmung zu investieren, kürzen Sie

eim Marktanreizprogramm.

Zudem wird behauptet, Stuttgart 21 sei ein Beitrag
um Schienenverkehr.


(Zuruf von der FDP: Ja, was denn sonst?)


as Geld, das Sie in Stuttgart im Bahnhof versenken,
ehlt uns künftig für den Ausbau des Regionalverkehrs
nd den notwendigen Ausbau des Güterfernverkehrs.
ie können einen Euro nur einmal ausgeben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Es ist absurd, wie Herr Mappus das alte Erbe von Uli
aurer, damals SPD-Vorsitzender in der Großen Koali-

ion in Baden-Württemberg, auf Teufel komm raus ver-
eidigt, und Frau Merkel steht nicht an, das Erbe von
errn Maurer sowie Herrn Mappus lautstark und falsch

u verteidigen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die Frage muss erlaubt sein, wer in diesem Lande ei-
entlich regiert.


(Hermann Gröhe [CDU/CSU]: Sie Gott sei Dank nicht!)


as schlimmste Beispiel ist die Vereinbarung zur Ener-
iepolitik. Sie haben, nachdem 40 Unsympathen – übri-
ens alle Männer – per Anzeige eine Laufzeitverlänge-
ung gefordert haben, umgehend Gehorsam gezeigt und
ollzug gemeldet. Sie haben die Laufzeiten mehr verlän-
ert, als die Industrie selbst in den Verhandlungen zum
onsens verlangt hat. Sie verdoppeln die Reststrom-
enge. Sie erhöhen die Menge des Atommülls. Wenn





Jürgen Trittin


(A) )


)(B)

Sie in dieser Situation hier sagen, dass Sie Verantwor-
tung in der Endlagerfrage übernehmen wollen, dann
frage ich erstens: Was ist das für eine Verantwortung, die
das Problem vergrößert und nicht verkleinert?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Axel E. Fischer [Karlsruhe-Land] [CDU/CSU]: Das sagt der, der ein Moratorium verhindert hat? Das ist ja unerhört!)


Das Zweite ist – ganz persönlich –: Ich war in der
schlimmen Situation, Ihr Erbe aus Morsleben überneh-
men zu müssen. Ich habe an den Salzhöhlen gestanden,


(Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)


deren Gestein von oben auf die verrotteten Fässer herun-
terbröckelte. Das haben Sie zu verantworten. Da wollte
die Umweltministerin Merkel Atommüll aus West-
deutschland einlagern. Wir mussten das nicht nur stop-
pen, sondern auch aufwendig mit viel Geld sanieren.
Wenn Sie sagen, dass Sie Verantwortung übernehmen
wollen, und in dem Zusammenhang auf Gorleben ver-
weisen, dann sage ich Ihnen: Wenn Ihre Morsleben-Poli-
tik die Perspektive für Gorleben ist, dann übernehmen
Sie keine Verantwortung. Dann empfindet die Mehrheit
der Bevölkerung dieses Landes dies als eine massive Be-
drohung ihrer Sicherheit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Ausweislich Ihrer eigenen Gutachten wollen Sie den
Ausbau erneuerbarer Energien jedes Jahr um 20 Prozent
reduzieren; das haben Sie selber aufschreiben lassen. Sie
machen mit Ihrer Laufzeitverlängerung Deutschland von
Stromimporten abhängig. Bis zu 31 Prozent des Stroms
sollen nach Ihren Energieszenarien künftig importiert
werden. Was hat das mit Energiesicherheit zu tun? Was
hat das mit Brückentechnologie zu tun? Das ist das Ge-
schäftsmodell von RWE, das Sie uns hier verkaufen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wenn Sie das mit der Brückentechnologie ernst meinten,
dann müssten Sie angesichts der gewaltigen Exportüber-
schüsse, die wir mittlerweile dank der erneuerbaren
Energien in diesem Land erzielen, schneller aus der
Atomenergie aussteigen.

Wenn man die Frage ernsthaft stellt, wessen Regie-
rung Sie sind, dann lautet die Antwort: Sie, Frau Merkel,
sind die Kanzlerin von RWE, Eon, EnBW und Vatten-
fall. Die Richtlinien der Energiepolitik werden von
Jürgen Großmann von RWE geschrieben, nicht mehr
von einem gewählten Kabinett.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Diese Unternehmen profitieren mit 100 Milliarden Euro.
Dennoch behaupten Sie, die 14 Milliarden Euro, die für
Energieeffizienz davon abgezweigt werden, würden das
ausgleichen. Nein, das ist etwas mehr als das, was Sie
den Stadtwerken in diesem Land wegnehmen. Sie redu-

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(C (D ieren den Wettbewerb. Sie sorgen für höhere Preise. as ist Ihre Energiepolitik. Das Schlimmste aber ist: Sie haben Sicherheit gegen eld verdealt, übrigens unter Ausschluss des Herrn Umeltministers. Er durfte nicht mit am Tisch sitzen, wie ir heute Morgen erfahren haben. Der Umweltminister ommt auch in einem anderen Bereich zu einem interesanten Ergebnis. Er hat ein Gutachten zur Frage der Zutimmungspflichtigkeit in Auftrag gegeben, ein Gutachen, das er Herrn Papier, den ehemaligen Präsidenten des undesverfassungsgerichts, schreiben ließ. Herr Papier ommt zu dem Ergebnis, zu dem fast alle Verfassungsechtler kommen: (Volker Kauder [CDU/CSU]: Nein, stimmt doch gar nicht!)


aufzeitverlängerungen sind zustimmungspflichtig. –
er gleiche Herr Röttgen wird uns aber hier ein Gesetz
orlegen, das ohne Zustimmung des Bundesrates verab-
chiedet werden kann; das hat er angekündigt. Lieber
err Röttgen, man kann sich irren, aber vorsätzlich ein
erfassungswidriges Gesetz einzubringen, gehört sich
icht für einen Minister.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ich füge noch einen weiteren Punkt hinzu. Man kann
uch gegen Herrn Brüderle verlieren. Aber nie darf ein
mweltminister so tief sinken, dass er den Kakao auch
och genüsslich schlabbert, durch den ihn Herr Brüderle
ieht. Das machen Sie gerade.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Jörg van Essen [FDP]: Peinlich!)


Nein, meine Damen und Herren, diese Regierung hat
in neues Motto: Von planlos zu schamlos. Die Frage
leibt aber, ob es nicht ein grundlegendes Missverständ-
is ist, wenn die Bundesregierung selbst erklärt: Exeku-
ive heißt, die Befehle von anderen auszuführen. Von
lanlos zu schamlos, das kann kein Motto für eine deut-
che Bundesregierung sein. Damit werden Sie nicht bis
013 kommen.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Wir kommen noch viel weiter!)


Liebe Frau Merkel, ich nehme gern auf, was Sie hier
esagt haben. Sie haben erklärt, Sie wollen in Baden-
ürttemberg die Herausforderung mit uns suchen. Wir

ehmen diese an.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


n Stuttgart demonstrieren die Menschen wöchentlich,
as sie von Stadtzerstörung und Geldverschwendung
alten. Am nächsten Samstag werden die Menschen hier
n Berlin zeigen, was sie von Ihrer Energiepolitik halten,
ämlich gar nichts.

Ich bin sicher: Das Ergebnis in Baden-Württemberg
nd in Rheinland-Pfalz am 27. März wird kein anderes
ein. Deutschland möchte nämlich nicht von RWE und
DI regiert werden. Vielen Dank.





Jürgen Trittin


(A) )


)(B)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705802600

Nächster Redner ist der Kollege Volker Kauder für

die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Volker Kauder (CDU):
Rede ID: ID1705802700

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Herr Gabriel, heute Morgen wurde in diesem
Plenarsaal in aller Öffentlichkeit gezeigt, worin der Un-
terschied zwischen verantwortungslosem und perspek-
tivlosem demagogischen Geschrei und einer Politik für
eine gute Zukunft in unserem Land besteht. Das ist heute
Morgen gezeigt worden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Herr Trittin, Sie reden von Politikverdrossenheit. Ich
muss Ihnen eines sagen – ich hätte Ihnen das gern er-
spart, weil ich mich gern inhaltlich mit Ihnen auseinan-
dersetzen würde –: Die Art Gekasper, mit der Sie Ihre
Rede begonnen haben, schürt Politikverdrossenheit. Ih-
nen fehlt die Ernsthaftigkeit in einer Zeit, in der es ge-
nau auf diesen Ernst ankommt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Um es klar zu sagen: Die Herausforderungen sind groß
genug. Wir können uns nicht aufführen wie auf einem
grünen Abenteuerspielplatz. Ich erwarte mehr Ernsthaf-
tigkeit, aber die ist offenbar bei Ihnen fehl am Platz.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zurufe von der SPD)


Nun will ich sowohl Ihnen, Herr Gabriel, als auch Ih-
nen, Herr Trittin, sagen, warum ich kritisiere, was Sie
heute mit Ihren Beiträgen abgeliefert haben. Sie haben
vor knapp einem Jahr, als diese Regierungskoalition die
ersten Entwürfe zu den Wachstumsbeschleunigungsge-
setzen vorgelegt hat, Aussagen über die Zukunft dieses
Landes gemacht. Wenn Sie sich diese heute noch einmal
anschauen, dann müssen Sie sich für das schämen, was
Sie im letzten Jahr gesagt haben, als wir mit unserer Ar-
beit begonnen haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Thomas Oppermann [SPD]: Ihr müsst euch selber schämen!)


Herr Gabriel, deshalb sind auch alle Aussagen, die
Sie zur Perspektive dieses Landes machen, überhaupt
nicht überzeugend. Einen Tag nachdem die Shell-Studie
veröffentlicht wurde, in der klar und deutlich gesagt
wird, dass eine junge Generation wieder Zuversicht und
Mut gefasst hat, dass eine junge Generation sich und die-
sem Land etwas zutraut, heute solche Reden zu halten,
ist unsäglich. Ich kann nur sagen, das ist unsäglich.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Thomas Oppermann [SPD]: So ein blödsinniges Argument!)


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(C (D Wir müssen diesen jungen Menschen Mut machen, ber Sie sind keine Mutmacher. Sie wollen zurück in die ergangenheit, Sie wollen nicht den Aufbruch in die Zuunft, der zwingend notwendig ist. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


it Ihnen ist eine Weiterentwicklung dieses Landes, die
otwendig ist, gar nicht möglich.

Jetzt will ich ein Beispiel nennen: Wir brauchen Men-
chen in diesem Land, die einen Beitrag dazu leisten,
ass es vorangeht. Wir brauchen eine moderne Infra-
truktur. Es ist wunderbar, wenn grüne Entwicklungs-
olitiker nach Asien, beispielsweise nach Indien, fahren
nd sagen, da müsse unglaublich viel für die Infrastruk-
ur getan werden. Es geht aber nicht, dass Sie dann bei
ns die notwendige Modernisierung der Infrastruktur
erhindern.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


as ist nicht glaubwürdig.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Meinen Sie, dass Deutschland ein Entwicklungsland ist?)


ie Grünen sagen, sie seien für den Ausbau der Schiene
nd für eine moderne Infrastruktur. Hier in Berlin aber
aben die Grünen gegen den Tunnel demonstriert, durch
en sie heute mit großer Freude fahren. Das ist die reale
olitik von Rot und Grün: zunächst dagegen sein und
ann erkennen, dass es doch sinnvoll war.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


ei Stuttgart 21 handeln Sie verantwortungslos. Es geht
ämlich nicht allein um Stuttgart, sondern es geht um
ine große europäische Verkehrsentwicklung, von der
icht nur die Zukunft unseres Landes, sondern auch die
ukunft Europas abhängt. Sie sind gegen das Projekt,
bwohl Sie wissen, dass es eine Zukunftsperspektive für
aden-Württemberg, für Deutschland und Europa bietet.
as nenne ich verantwortungslos.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Herr Gabriel, man wird nicht richtig schlau, was Sie
igentlich genau wollen. Das ist das eigentlich
chlimme. Ihr Parteifreund Ivo Gönner aus Ulm hat ge-
agt: Eine Partei, die in schwieriger Situation, wenn es
rnst wird, nicht die Kraft hat, zu stehen, ist keine Regie-
ungspartei mehr. – Das hat Ivo Gönner von der SPD ge-
agt, nicht wir. Genauso ist es. Wer Entscheidungen mit-
rägt und zigmal sagt, sie müssten sein, dann aber
mfällt, der hat kein Recht, in diesem Land zu regieren;
enn er bringt dieses Land nicht voran, sondern wirft es
urück.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir diskutieren in dieser Zeit auch darüber, wie wir
iesem Land eine Zukunftsperspektive geben können,
amit alle mitgenommen werden und alle mitmachen.
ir, die CDU/CSU-Bundestagsfraktion, haben im

ahr 2007 nach den Zeiten von Rot-Grün ein Integra-
ionskonzept auf den Tisch gelegt. In diesem Integra-





Volker Kauder


(A) )


)(B)

tionskonzept beschreiben wir minutiös, was passieren
soll. Ich kann nur sagen: Mit dem Eintritt der CDU/CSU
in die Regierung hat nach vielen Jahren Multikulti zum
ersten Mal überhaupt eine Integrationspolitik begonnen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was?)


Sie müssen sich vorwerfen lassen, dass Sie geglaubt ha-
ben, durch Multikulti erfolge die Integration. Sie tragen
die Verantwortung dafür, dass ganze Jahrgänge keine ge-
scheite Schulausbildung erhalten haben und damit keine
guten Chancen in unserem Land haben. Das verantwor-
ten Sie.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Abg. Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


– Herr Beck, von Ihnen brauche ich schon gar keine Fra-
gen, um das einmal deutlich zu machen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Erst die Unwahrheit erzählen und dann nicht zulassen, dass man fragt!)


Jetzt kommen wir zur Politik des Senats hier in Ber-
lin. Daran kann man genau sehen, wie Integration erfolgt
ist. Herr Trittin, die Rede, die Sie gehalten haben, hätten
Sie an die Sozialdemokraten richten müssen.


(Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Was ist mit der Integration in Hessen?)


– Seien Sie ruhig, Sie kommen gleich dran. – Sie haben
hier in Berlin die Mittel für die Integrationsklassen ge-
kürzt, sodass über 10 000 Migrantenkinder keine rich-
tige Ausbildung mehr bekommen haben.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war Sarrazin!)


Das war die Politik, die Sie gemacht haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Und dann machen Sie solche Sprüche. Ich kann nur sa-
gen: Von Ihnen können wir, was Integration anbelangt,
nichts lernen. Wir machen Politik auf der Grundlage des
christlichen Menschenbilds. Wir versuchen, alle in die-
ser Gesellschaft mitzunehmen, damit sie Chancen und
Zukunftsperspektiven haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Jetzt kommen wir zum nächsten Punkt. Das hat sich
erst in diesem Jahr hier im Deutschen Bundestag abge-
spielt, nämlich am 26. Februar 2010. Es gehört schon ein
besonderes Maß an Frechheit dazu, hier aufzutreten und
zu sagen: Wir brauchen Sprachkurse; wir wollen, dass
die Leute die Sprache lernen. – Wir haben doch immer
gesagt: In Deutschland wird deutsch gesprochen. In den
Schulen wird deutsch gesprochen, damit die jungen
Leute auch mitkommen.



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(C (D (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber englisch auch! Ich denke, es heißt, Sie könnten alles außer Hochdeutsch!)


Warten Sie doch einmal ab!

Da hat doch die SPD am 26. Februar 2010 hier einen
esetzentwurf eingebracht. Sie hat vorgeschlagen, auf
ie Sprachkurse zu verzichten, um die Einbürgerung zu
rleichtern. Einen größeren Quatsch habe ich in meinem
anzen Leben noch nicht gehört!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Neben den jungen Menschen, den etwa 60 Prozent,
ie eine gute Zukunftsperspektive sehen, die sich etwas
utrauen und die der Überzeugung sind, dass sie in unse-
em Land den Beruf ergreifen werden, den sie wollen,
ibt es nach der Shell-Studie – darauf hat die Bundes-
anzlerin mit Recht hingewiesen – die 15 Prozent der
ungen Leute – in dieser Größenordnung liegt das –, die
hre Chance nicht sehen, die frustriert sind, die über ihre
amilie kein gutes Urteil abgeben können.

Im Übrigen ist bemerkenswert, dass die jungen Leute
urch die Bank – durch die Bank! – sagen, sie wünsch-
en sich eine gut funktionierende Familie. Das von Ihnen
o attackierte Modell „Familie“ erlebt also eine Renais-
ance, und zwar nur deswegen, weil wir es immer hoch-
ehalten haben.


(Beifall bei der CDU/CSU – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir wollen noch mehr Familie!)


Es gibt also 15 Prozent, die eine Perspektive brau-
hen. Deswegen haben wir dafür gesorgt, dass die Bun-
esagentur aus Mitteln, die wir zur Verfügung stellen,
ine Schulausbildung zu einem späteren Zeitpunkt finan-
ieren kann. Die Bundesagentur sagt: Jeder kann auch zu
inem späteren Zeitpunkt noch einen Schulabschluss
achen. – Wir kürzen die Mittel für die Bildung also

icht, und es ist völlig richtig, dass wir mit den Ländern
erade darüber reden, wie wir Geld aus unserem Bun-
eshaushalt den Ländern für diese Aufgabe zur Verfü-
ung stellen können. Wir tun also alles, um genau diesen
ungen Menschen eine Perspektive zu geben.

Wenn es darum geht: „Was können wir tun, um dieses
and voranzubringen?“, dann ist eine zentrale Frage, die
ie Menschen stellen: Haben wir genügend Sicherheit?
erade in einer Zeit der Globalisierung, wo besondere
erausforderungen auf uns alle, auf die Politik, aber

uch auf jeden einzelnen Menschen, zukommen, wird
atürlich gefragt: Sind wir gegen die Dinge, die mit der
lobalisierung zusammenhängen, genügend gesichert?

Da ist eine Erkenntnis bemerkenswert, die viele von
ns täglich gewinnen und die die Bundeskanzlerin ange-
prochen hat: Die Menschen, die Bürgerinnen und Bür-
er, sehen in den sozialen Sicherungssystemen – in der
enten-, Kranken-, Arbeitslosen- und Pflegeversiche-

ung – ihre persönliche Sicherheit. Das ist ja auch in
rdnung. Sie wissen ganz genau – ganz genau! –, dass
iese sozialen Sicherungssysteme vom wirtschaftlichen
rfolg unseres Landes abhängen. Die Leute glauben Ih-
en nicht, dass diese Dinge einfach so vom Himmel fal-





Volker Kauder


(A) )


)(B)

len. Die Bürgerinnen und Bürger wissen: Soziale Sicher-
heit muss erwirtschaftet werden; sie wird einem von
niemandem geschenkt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Deswegen sagen die jungen Leute – schauen Sie sich
die Shell-Studie einmal genau an! –, aber auch die ältere
Generation: Sicherheit haben wir dann, wenn die Wirt-
schaft läuft und die Arbeitslosigkeit zurückgeht, jeden-
falls nicht weiter steigt. – Das sind die Zusammenhänge,
die wir sehen. Deswegen geht es darum, auch in dieser
globalisierten Zeit die Wirtschaft voranzubringen. Wir
stehen in einem Wettbewerb, in dem uns nichts ge-
schenkt wird. Besonders der Wettbewerb in einer globa-
lisierten Welt kennt keine Pause.

Ich war in der Sommerpause ein paar Tage in Südost-
asien. Da bin ich in einem bevölkerungsreichen Land
– nicht in China oder Indien, sondern in Indonesien mit
240 Millionen Einwohnern – auf junge Menschen ge-
troffen, die zu mir gesagt haben: Wir wollen vorankom-
men. Wir wollen genauso gut sein wie ihr in Europa. Wir
wollen genau den gleichen Lebensstandard. – Im An-
schluss daran sagten sie: Und angesichts eurer Diskus-
sionen in Europa – dagegen, dagegen, dagegen – ent-
scheiden wir uns anders und werden dafür sein. Wir sind
uns deshalb sicher, dass dieses Jahrhundert uns, den jun-
gen Leuten in Asien, gehören wird. – Ich sage: Ich will,
dass dieses Jahrhundert auch unser Jahrhundert ist und
das Jahrhundert unserer jungen Leute. Deswegen brau-
chen wir Forschung, Innovation und moderne Infrastruk-
tur. Sonst wird uns das nicht gelingen, meine lieben Kol-
leginnen und Kollegen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Der Verweigerungshaltung, die ich bei Rot und Grün
feststelle, werden wir deshalb durch einen Aufbruch be-
gegnen. Wir stoßen jetzt auf eine junge Generation, die
dieses genauso sieht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es kommt
somit darauf an, dass wir in dieser Gesellschaft den
Gemeinsinn wieder etwas mehr in den Vordergrund stel-
len. Dazu gehört, dass wir auch in diesem Parlament bei
einigen Dingen diesen Gemeinsinn nach draußen zeigen.
Bei allem Streit – das meine ich schon, Herr Trittin und
Herr Gabriel – müsste man den Bürgerinnen und Bürgern,
die jeden Tag neben ihrer Arbeit auch noch ehrenamtlich
tätig sind und sich in diese Gesellschaft einbringen, schon
einmal Dank sagen. Wir müssen denen dankbar sein, die
große Geldbeträge spenden, damit in dieser Gesellschaft
Dinge passieren können, die sonst nicht passieren wür-
den.


(Zurufe von der SPD)


Wir müssen deutlich sagen: Das gehört zu einem
Deutschland, wie wir es uns vorstellen. All das fördern
wir deshalb, und dazu ermuntern wir auch die Menschen
in unserem Land.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Jetzt werden Sie fragen: Was meint der denn konkret?


(Zurufe von der SPD: Ja!)


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(C (D ch kann es Ihnen sagen: Wir werden eine Reform der undeswehr durchführen. Dies wird bedeuten, dass sich uch beim Zivildienst, der ja ein Annex bzw. eine Folge er Wehrpflicht war und ist, etwas ändern muss. In dieem Zusammenhang sollten wir meiner Meinung nach en jungen Leuten gemeinsam sagen: Wir verpflichten uch zwar nicht, aber wir bitten euch, unser Angebot eies Freiwilligendienstes anzunehmen und eine bestimmte eit freiwillig diesem Land und den Menschen in diesem and zu dienen. Wenn wir uns anschauen, was diese Koalition auf den eg gebracht hat, kann man, wie ich glaube, zu dem Er ebnis kommen, dass gute Perspektiven eröffnet wurden. on diesem Weg lassen wir uns auch nicht abbringen. So ie Sie sich brutalst im letzten Jahr bezüglich Ihrer Ein chätzung der Zukunftsperspektiven unseres Landes eirrt haben, so täuschen Sie sich auch heute brutal über ie Kraft und die Gestaltungsmöglichkeiten dieser Koaliion. Wir wollen diesem Land eine gute Zukunft geben. ir werden dies in Geschlossenheit tun und den Menchen sagen: Ihr habt in diesem Land großartige Chanen. Ihr könnt alle miteinander stolz darauf sein – das war ämlich eine große Gemeinschaftsleistung von Arbeitehmerinnen und Arbeitnehmern, Arbeitgebern und eier klugen Politik –, wie wir die Krise bewältigt haben. Man schaut auf uns und fragt: Wie habt ihr das geacht? Die Antwort lautet: ndem wir miteinander an einem Strang gezogen haben. Das werden wir auch in Zukunft tun. Die junge Geneation hat – das belegt die Shell-Studie – das richtige Gepür, indem sie sich überzeugt zeigt: Unser Land ist ein and mit einer tollen Perspektive. Herzlichen Dank. (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU – Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Zuruf von der SPD: Große Koalition!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705802800

Für die SPD-Fraktion spricht nun der Kollege

oachim Poß.


(Beifall bei der SPD)



Joachim Poß (SPD):
Rede ID: ID1705802900

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber

ollege Kauder, ich verstehe nicht, warum Sie gegen ei-
en Volksentscheid sind, wenn – wie in Stuttgart – die
inge offenkundig so verfahren sind, wie sie es sind.


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das geht doch gar nicht!)


ch verstehe auch nicht, dass sich Frau Merkel indirekt
egen einen solchen Weg ausgesprochen hat. Ich glaube,
ie Menschen in Stuttgart und in Baden-Württemberg
eurteilen das gänzlich anders als Sie.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)







(A) )


)(B)


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705803000

Herr Kollege Poß, gestatten Sie eine Zwischenfrage

des Kollegen Barthle?


Joachim Poß (SPD):
Rede ID: ID1705803100

Gleich am Anfang? Im weiteren Verlauf – bitte.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705803200

Ja oder nein?


Joachim Poß (SPD):
Rede ID: ID1705803300

Im Moment nicht.

Herr Kauder, die ganze Welt bescheinigt uns, dass es
nicht allein diese neue Regierung war – Sie wollten mit
Ihrer Rede nur von Ihrer fragwürdigen Regierungsleis-
tung ablenken –,


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Ich habe von der Gemeinschaftsleistung gesprochen!)


sondern dass es neben anderen Faktoren auch der Sozial-
staat war, der aufgrund seiner Stabilität dazu beigetragen
hat, dass wir gut durch die Krise gekommen sind.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Er wird uns hoffentlich auch weiterhin helfen, diesen
Weg zu gehen.

Frau Merkel, aus jedem Ihrer Sätze – das gilt auch für
die Stellen Ihrer Rede, an denen Sie kämpferisch wurden –
sprach falscher Stolz auf die schwarz-gelbe Koalition.
Sie tragen damit zur Legendenbildung mit Blick auf die
letzten Jahre bei und verleugnen so die Leistungen der
Großen Koalition. Ich finde, das sollte man nicht tun.
Frau Merkel, Sie sollten die besten Jahre, die Sie wahr-
scheinlich in einem Regierungsamt verbracht haben,
nicht verleugnen.


(Beifall bei der SPD)


Das wäre auch für Ihre Biografen nicht nachvollziehbar.
Es wird sich aller Voraussicht nach herausstellen, dass
die Zeit als Kanzlerin in der Großen Koalition Ihre beste
politische Zeit war. Denn was wir bisher von der neuen
Regierung erleben konnten, war einfach grottenschlecht.
Es ist Legendenbildung, das anders darzustellen.

Wenn Sie die SPD historischer Fehler zeihen und als
Beispiel dafür die Euro-Krise anführen, dann müssten
Sie mit vier Fingern auf sich selbst zeigen. Sie waren in
den Wochen der Krise doch überhaupt nicht handlungs-
fähig.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Sie waren über Wochen mit dem eigenen Finanzminister
und mit der FDP zerstritten. Sie selbst waren gegenüber
dem von uns gewünschten Instrument der Finanzmarkt-
transaktionsteuer durchaus aufgeschlossen. Aber das
galt nicht für die FDP und nicht für weite Teile Ihrer
Fraktion. In der Euro-Krise waren Sie ein zerstrittener
Hühnerhaufen. Das war die eigentliche Bedrohung unse-
res Landes.


(Beifall bei der SPD)


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(C (D Wenn man sich in Amerika oder auch auf europäicher Ebene umgehört hat, dann konnte man erfahren, ass viele, die im Prinzip sehr viel Sympathie für Sie haen, tief erschrocken darüber waren, dass Sie mit Ihren riechenland-Äußerungen die Spekulanten eingeladen aben. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


ventuell geht dies auch noch zulasten der Steuerzahler.
ir wollen es nicht hoffen.

Wenn man sich genau anschaut, was Sie mit Ihrem
ogenannten Sparpaket machen, und wenn man es unter
irtschaftlichen Aspekten sieht, dann muss man sagen,
ass Sie Investitionen behindern werden. Die Konjunk-
urpakete laufen jetzt aus. Gleichzeitig verhindern Sie
nvestitionen in Milliardenhöhe in erneuerbare Energien.
leichzeitig streichen Sie Mittel für die Städtebauförde-

ung. Damit verhindern Sie Investitionen in den Städten,
ie dringend gebraucht werden und mit denen die Be-
chäftigung gesichert und auch oftmals die Umweltsitua-
on verbessert werden kann. Das alles ist kontraproduktiv
ür die weitere wirtschaftliche Entwicklung. Deswegen
uss man feststellen: Diese Regierung ist eher eine Be-

rohung für die wirtschaftliche Entwicklung unseres
andes und kein Pluspunkt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sie versuchen, von Ihrer Klientel- und Spaltungspoli-
ik abzulenken und sich hinter den derzeit günstigen Wirt-
chaftsdaten zu verstecken. Aber ich denke, das ist so
urchsichtig und simpel – das merken die Leute auch –,
ass Sie damit nicht erfolgreich sind. Bisher waren Sie es
edenfalls nicht.

Sie sind doch aus der Sommerpause herausgekom-
en, wie Sie hineingegangen sind, wenn man sich die
ntscheidungsabläufe in Ihren Reihen anschaut. Sie ha-
en im Kern und in der Substanz von Ihrer Absicht, die-
es Land weiter zu spalten und Privilegien wirtschaftlich
tarker nicht anzutasten, nicht abgelassen. Sie haben
ielleicht Ihren Entscheidungsstil ein wenig verändert.
ber richtige Lösungen haben Sie bisher nicht bringen
önnen. Das gilt für jedes Thema, das hier genannt wer-
en kann.

Seit den Atombeschlüssen vom vorletzten Wochen-
nde hat Deutschland faktisch keinen Umweltminister
ehr. Röttgens Hosen sind mittlerweile verdammt kurz

eworden. Jedenfalls kann er, wenn man sich das einmal
örtlich vorstellt, bei offiziellen Treffen nicht in dieser
ekleidung auftreten.


(Beifall bei der SPD)


Man muss ja sagen, dass sowohl Sigmar Gabriel als
uch Jürgen Trittin als Umweltminister in den jeweiligen
oalitionen eine ganz andere Rolle gespielt haben. Was
ützt die vermeintliche Entschlussfreude, die Frau
erkel jetzt neu beweisen will, wenn es sich um falsche

ntscheidungen handelt, wie bei dem Atomdeal? Die
tombeschlüsse – das wird Sie noch einholen – schaffen
eder eine verlässliche Grundlage für die Energiepolitik





Joachim Poß


(A) )


)(B)

in Deutschland noch schaffen sie verfassungsrechtliche
Klarheit.


(Elke Ferner [SPD]: Wohl wahr!)


Was Sie damit erreicht haben, ist erneuter jahrelanger
Streit, nachdem wir dachten, wir hätten mit dem, was in
den letzten Jahren verabredet wurde, endlich nach Jahr-
zehnten Frieden in der Atomfrage geschaffen.


(Beifall bei der SPD)


Erheblicher Streit in Politik und Gesellschaft hat auch
wirtschaftliche Auswirkungen, und die werden nicht po-
sitiv sein.

Die Laufzeitverlängerung war für Frau Merkel eine
willkommene Gelegenheit, sich in den eigenen Reihen
etwas Luft zu verschaffen. Aber immer mehr Menschen
spüren – übrigens auch in den eigenen Parteien, der
CDU und CSU –, dass das alles etwas damit zu tun hat,
Frau Merkels Position und Machtbasis abzusichern.
Deswegen macht sie nicht das, was sachlich geboten ist,
sondern was die schwarz-gelbe Koalition möglichst
lange zusammenhält; womöglich verbleibt ihr nach den
Entscheidungen, die jetzt getroffen wurden, politisch
auch keine andere Option mehr.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Um es offen zu sagen: Schwarz-Grün ist nicht einfa-
cher geworden für diejenigen, die das wollen. In den
Ländern mag das für manchen vielleicht noch vertretbar
sein. Aber ich glaube, in Zukunft wird es auch da nicht
einfacher.

Frau Merkel hat sich auch stärker in die Hände von
Westerwelle und Seehofer begeben. Ich glaube, dass Ihre
Strategiekonferenz vom Wochenende bei weitem nicht
die letzte sein wird.

Bei diesem kalkulierten Politikstil fragen die Men-
schen doch: Wo bleiben denn wir dabei? Sie finden das al-
les sehr kalt und machtzynisch. Ich glaube, dass die Men-
schen trotz aller Kritik an der Vorgängerregierung den
Eindruck hatten, dass diese in schwieriger Zeit Verant-
wortung für unser Land gezeigt hat. Wie gesagt, es waren
die Sozialdemokraten, die wirklich geholfen haben. Es
waren die Sozialdemokraten Steinmeier, Steinbrück, und
Scholz, die die richtigen Entscheidungen vorgeschlagen
haben, von denen wir auch heute noch profitieren. Das
war wesentlich für die wirtschaftliche Entwicklung und
für den sozialen Zusammenhalt in unserem Land. Ich ver-
stehe deswegen, dass es auch eine gewisse Nostalgie gibt.
Viele, die die SPD kritisch gesehen haben, sehnen sich
jetzt wieder nach der SPD in Regierungsverantwortung
zurück.


(Zuruf von der CDU/CSU: Eigenes Wunschdenken! In welcher Welt leben Sie?)


Ich höre das auch in meinen Gesprächen. Ich finde, die
Menschen haben recht, wenn sie sich danach zurückseh-
nen;


(Beifall bei der SPD)


denn sie können vergleichen, was wir geleistet haben
und was diese Koalition zu leisten nicht in der Lage ist.

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(C (D as werden wir bei den nächsten Punkten, die noch antehen, ja genauso sehen. Wir werden in den nächsten Wochen mit dem Verfasungsgerichtsurteil zu den Hartz-IV-Regelsätzen zu tun aben. Da gibt es bisher kein Konzept. Dafür gibt es ielleicht auch Gründe. Wir brauchen ja auch Daten, die ohl erst am 27. geliefert werden. Wir werden uns inten iv damit beschäftigen, und zwar konstruktiv, im Inteesse der davon betroffenen Arbeitslosengeld-II-Empänger und Sozialgeldempfänger. Das werden wir achen. Wir werden aber auch aufpassen, dass es zu ei er verfassungsfesten Lösung kommt. Zu den Themen, die in anderen Feldern auf dem Tisch ind – von der Bundeswehr, der Zukunft der Wehrflicht, bis zur Gesundheitsreform –, wurde heute Moren schon viel gesagt. Ich denke, die Themen werden ns weiter bewegen. Wenn das nach der Sommerpause in Neustart hätte sein sollen, dann hätte man auch in Sahen Gesundheitsreform genau das Gegenteil Ihrer Poliik machen müssen, nämlich einmal deutlich machen üssen, dass man sich aus den Fängen der Lobby befreit at. enau das Gegenteil geschieht aber in der Praxis Ihrer egierungsarbeit. Meine Damen und Herren, bei allem guten Willen, en Sie jetzt offenbar aufbringen wollen, damit die inge besser laufen: So wie die Dinge laufen, laufen sie chlecht für unser Land. Ich hoffe, sie laufen nicht mehr llzu lange so; spätestens 2013 müssen Konsequenzen us Ihrem Versagen gezogen werden. Nächster Redner ist der Kollege Christian Lindner für ie FDP-Fraktion. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der SPD)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705803400


Christian Lindner (FDP):
Rede ID: ID1705803500

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

erren! Nachdem die Opposition vorgetragen hat, ist
etzt Zeit und Gelegenheit für einen Vergleich der politi-
chen Konzepte. Sie haben beklagt, dass wir beim Sozia-
en sparen würden, obwohl der Sozialbereich dabei we-
iger stark herangezogen wird, als es seinem Anteil am
undeshaushalt entspricht. Sie haben beklagt, dass bei
en sozial Schwachen gespart würde. Sie haben aber
icht ein einziges Mal über konkrete Maßnahmen, Wir-
ungen und Ergebnisse von Sozialpolitik gesprochen.
as ist Ihr alter sozialdemokratischer und grüner Gestus,
en wir hier in Berlin im Senat schon oft beobachten
onnten.

Es ist der gleiche Gestus, der dazu geführt hat, dass
er rot-rote Senat über Jahre eine Obdachloseninitiative
inanziert hat,





Christian Lindner


(A) )


)(B)


(Petra Merkel [Berlin] [SPD]: Ablenken, ablenken, ablenken!)


bei der später durch Zufall sichtbar wurde, dass der Ge-
schäftsführer, ein ehemaliger SPD-Abgeordneter, das
Geld nicht für Obdachlose, sondern für den Dienst-
Maserati aufgewendet hat.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ihr sozialdemokratischer Gestus, soziale Gerechtigkeit
an sozialen Ausgaben zu messen, ist gescheitert.

Sie haben im Übrigen auch mit dem Makel zu leben,
dass das Verfassungsgericht Ihnen einen Bruch des So-
zialstaatsgebots ins Stammbuch geschrieben hat. Sie ha-
ben als Rote und Grüne ein System von Hartz IV poli-
tisch zu verantworten,


(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Haben Sie im Bundesrat zugestimmt? Hat die FDP zugestimmt? Haben Sie doch, oder?)


bei dem Kinder aus benachteiligten Familien systema-
tisch benachteiligt worden sind; ihnen sind Bil-
dungschancen genommen worden. Das gehen wir in die-
sem Herbst konkret an. Da räumen wir das auf, was Sie
versäumt haben.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Mögen Sie sich weiter auf Etats fixieren! Wir küm-
mern uns im Herbst darum, dass Menschen Arbeits-
markt- und Bildungschancen bekommen. Bleiben Sie fi-
xiert auf die Ausgabenseite des Staats! Wir sorgen dafür,
dass es konkrete soziale Chancen im Alltag gibt. Denn
soziale Rhetorik zählt nichts; nur die sozialen Ergebnisse
zählen für die Menschen in diesem Land.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Jetzt ist auch Gelegenheit, die haushalts- und finanz-
politischen Konzepte zu vergleichen. Die SPD berät auf
ihrem nächsten Bundesparteitag über ein neues – so
nennt sie es – „Fortschrittsmodell“. Ich habe mir das
sehr genau angesehen. Im entsprechenden Leitantrag des
Parteivorstands finden sich nur einige dürre Zeilen zur
Haushaltskonsolidierung, aber Steuererhöhungen in ei-
ner Größenordnung von 15 Milliarden Euro für den wirt-
schaftlich tätigen Mittelstand; die Konzerne schonen Sie
nämlich. Was passiert mit dem Geld? Es wird verwendet
für neue Sozialprogramme, neue Subventionen und neue
Staatsbeteiligungen an Unternehmen. Dafür haben die
sozialdemokratischen Begriffsklempner sogar ein neues
Wort erfunden:


(Ulrich Kelber [SPD]: Darum geht es bei Ihrer Politik?)


Public Equity. Früher hieß das, was Sie wollen, Volksei-
gentum.


(Heiterkeit und Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Ich sage Ihnen eines: Wir sehen, dass jetzt Wachstum
und Beschäftigung florieren, weil wir genau das Gegen-

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(C (D eil von dem tun, was Sie fordern. Dort, wo Sie belasten ollen, erarbeiten wir uns Entlastung. Dort, wo Sie mehr taatlichen Zugriff wollen, stärken wir die soziale arktwirtschaft als Ordnungsprinzip – Beispiel Opel –, eil wir wissen: Der Aufschwung kommt eben nicht om Staat, er wird von fleißigen Händen und klugen öpfen in der Mitte der Gesellschaft erwirtschaftet. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Ulrich Kelber [SPD]: Deswegen waren Sie auch gegen die Kurzarbeit!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705803600

Herr Kollege Lindner, gestatten Sie eine Zwischen-

rage des Kollegen Ströbele?


Christian Lindner (FDP):
Rede ID: ID1705803700

Nein, ich will einige Unterschiede exemplarisch deut-

ich machen und nicht noch weiter andere Aspekte ge-
ichten.

Ich will über die Energiepolitik sprechen. Wir haben
ine Allianz aus verlängerter Laufzeit von Atomkraft-
erken und dem größten Programm für erneuerbare
nergien und Energieeffizienz zustande bekommen, wie
ie dieses Land noch nicht gesehen hat.


(Lachen der Abg. Bettina Hagedorn [SPD] und Ulrich Kelber [SPD] – Bettina Hagedorn [SPD]: So ein Quatsch! – Ulrich Kelber [SPD]: Der eigene Sachverständigenrat sagt, dass das Blödsinn ist!)


uch die Grünen haben auf ihrer letzten Klausur ein
nergiekonzept vorgelegt. Das habe ich mit Interesse zur
enntnis genommen. Sie lassen uns beispielsweise wis-

en, dass Sie zur Rettung des Weltklimas in Deutschland
b dem Jahr 2015 Motorroller verbieten wollen. Respekt
or Ihrem politischen Mut und vor der Detailliertheit Ih-
er Forderungen! Aber ein paar Worte kommen mir in
hrem Konzept zu oft vor: „möglicherweise“, „viel-
eicht“, „streben an“, „es könnte gelingen“. Da heißt es
n zentraler Stelle: Möglicherweise könnte die Energie-
ersorgung bis 2030 komplett auf erneuerbaren Energien
asieren.


(Ulrich Kelber [SPD]: Wie viele Prüfaufträge stehen im Konzept der Regierung? 17!)


as ist zwar ein visionäres, schönes Ziel, aber ohne Fak-
en. Und: Was, wenn nicht? Zu welchen Kosten und auf
essen Kosten? Die Energieversorgung einer Industrie-
ation, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen,
arf man nicht auf Wunschdenken aufbauen, sondern sie
uss auf Rationalität basieren, und genau das leistet

iese Koalition.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Herr Trittin hat eben auch über Gesundheitspolitik
esprochen. Auch dazu ein Wort. Rot-Grün hat immer
ie Schwächung der privaten Krankenversicherung an-
estrebt. Sie haben die Beitrittsfrist auf drei Jahre ver-
ängert, weil sie die privaten Versicherungen austrock-
en wollten. Sie haben dafür gesorgt, dass die privaten





Christian Lindner


(A) )


)(B)

Krankenversicherungen nicht in gleicher Weise Rabatte
aushandeln konnten, wie die gesetzlichen das tun. Des-
halb haben viele Versicherte in der PKV Beitragssatz-
steigerungen zu verzeichnen gehabt. Das sind aber nicht
die Besserverdiener und Reichen, sondern in der PKV ist
auch der kleine Polizeibeamte an der Ecke versichert.
Das sind 10 Millionen Menschen, die endlich faire Wett-
bewerbsbedingungen brauchen. Für die setzen wir uns
ein.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Ein letzter Gedanke. Von der SPD wird fortwährend
über Klientelismus gesprochen. Das ist der große Vor-
wurf, der uns gemacht wird, und das ausgerechnet von
der SPD. Sie haben in den letzten Wochen beschlossen,
die Agenda 2010 rückabzuwickeln. Von der Rente mit
67 wollen Sie nichts mehr wissen. Sie fordern einen
Mindestlohn von 8,50 Euro. Trotz der Euro-Krise haben
Sie den Kreditgarantien nicht zugestimmt, sondern sich
enthalten. Sie machen Klientelpolitik.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mövenpick!)


Wissen Sie, wer Ihre Klientel ist? Sie sitzt auf der linken
Seite des Hauses. An sie wollen Sie sich heranrobben, so
wie in Nordrhein-Westfalen,


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


wo Sie die Neuverschuldung um 30 Prozent erhöhen, um
Sozialpopulismus zu betreiben, um die Stimmen der
Linkspartei im Landtag zu kaufen. Das ist die Politik,
die Sie betreiben.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Große Sozialdemokraten wie Willy Brandt, Helmut
Schmidt und Gerhard Schröder haben stets das Notwen-
dige getan und es danach populär gemacht. Unter Füh-
rung von Sigmar Gabriel verlegen Sie sich darauf, nur
das Populäre zu wollen und das Notwendige zu verleug-
nen.


(Beifall des Abg. Lars Lindemann [FDP])


Brandt, Schmidt und Schröder haben ihrem Land dienen
wollen.


(Ulrich Kelber [SPD]: Das ist primitiv und rhetorisch schlecht!)


Sigmar Gabriel hat gesagt: Der Grundsatz „Erst das
Land, dann die Partei“ habe für ihn keine Bedeutung
mehr. So verspielt Ihr Vorsitzender jede Legitimation für
politische Führung in diesem Land.


(Anhaltender Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Ulrich Kelber [SPD]: Jetzt verstehe ich, warum der Westerwelle nicht zurücktreten muss! Weil Sie alle Angst vor dem Lindner haben!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705803800

Das Wort hat nun der Kollege Hans-Peter Friedrich

für die CDU/CSU-Fraktion.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Hans-Peter Friedrich (CSU):
Rede ID: ID1705803900

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen

nd Kollegen! Das, was die Opposition bereits gestern,
ber auch heute, von Herrn Gabriel bis zu Herrn Trittin,
bgeliefert hat, war eine Mischung aus Polemik, unsach-
ichen Angriffen und Unwahrheiten.


(Ulrich Kelber [SPD]: Da sind Sie ja Spezialist!)


it dieser Mischung richten Sie sich selbst. Wir werden
s nicht zulassen, dass von der Opposition die Stimmung
n diesem Land in einer Phase kaputtgeredet wird, in der
ie ganze Welt Deutschland dafür bewundert, was es
eistet.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wir haben allen Grund, selbstbewusst zu sein. Im
weiten Quartal verzeichnen wir beim Bruttoinlandspro-
ukt eine Zunahme von 2,2 Prozent. Wir haben alle
hancen, im Jahresdurchschnitt auf insgesamt 3,0 Pro-
ent, vielleicht sogar auf mehr zu kommen. Ich glaube,
as ist eine großartige Leistung. Ich denke, dass das die
irtschaftsdynamik dieser Volkswirtschaft widerspie-

elt.

Heute ist des Öfteren in Zwischenrufen gefragt wor-
en: Kommt der Aufschwung bei den Menschen an?


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bei wem?)


ie Frau Bundeskanzlerin hat das heute dargestellt: Statt
Millionen Arbeitsloser, wie zu Zeiten von Rot-Grün,

aben wir nur noch 3,2 Millionen oder sogar weniger.
,8 Millionen Menschen haben ihren Arbeitsplatz nicht
erloren. 280 000 Menschen fanden allein im letzten
ahr einen neuen Arbeitsplatz aufgrund der Zunahme der
ozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhält-
isse. Diese Menschen profitieren. Bei denen kommt der
ufschwung an. Hunderttausende von Kurzarbeitern,
ie noch vor einem Jahr um ihren Arbeitsplatz gebangt
aben – jedenfalls gilt das für den einen oder anderen
on ihnen –, arbeiten jetzt wieder Vollzeit. Auch bei ih-
en kommt der Aufschwung an. Er kommt auch bei den
ielen Millionen an, die jetzt oder eines Tages auf die so-
ialen Sicherungssysteme angewiesen sein werden. Sie
ind durch diesen Aufschwung wieder sicherer gewor-
en, und auch sie profitieren insofern von diesem Auf-
chwung.

Nun ist die Frage: Wie kommt dieser großartige Auf-
chwung in Deutschland, anders als in anderen europäi-
chen Ländern, anders als in anderen Industrieländern,
ustande?


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Trotz dieser Regierung!)


Erstens. Die deutsche Volkswirtschaft – das können
ir voller Selbstbewusstsein sagen – hat eine großartige
ubstanz. Wir haben qualifizierte, fleißige Arbeitnehmer





Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof)



(A) )


)(B)

und innovative, risikofreudige Unternehmer. Das ist ein
wichtiges Potenzial, das wir haben und brauchen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Zweitens haben wir ein gutes Krisenmanagement
der Politik, angefangen bei einem Konjunkturpaket, das
die Einbrüche in der Krise auffangen sollte und aufge-
fangen hat. Lieber Herr Poß, es war doch immer klar,
dass dieses Konjunkturpaket nicht jedes Jahr wieder-
kommen kann, sondern man irgendwann den Ausstieg
finden muss, weil das alles finanziert werden muss. Da-
rum geht es; schließlich muss das alles dauerhaft mög-
lich gemacht werden. Wir haben die Familien dauerhaft
entlastet: Erhöhung des Kindergeldes, Entlastung der
Steuerzahler in diesem Land zu Beginn dieses Jahres in
zweistelliger Milliardenhöhe. Auch der Schutzschirm
für die Arbeitnehmer, der in der Kurzarbeiterregelung
und der Subventionierung der Krankenversicherungsbei-
träge zum Ausdruck kam, darf nicht geringgeschätzt
werden. Aber er muss natürlich abfinanziert werden.

Was drittens ganz wesentlich dazu beigetragen hat, ist
die positive Grundstimmung in diesem Land, der Zu-
kunftsoptimismus. Dieser Zukunftsoptimismus ist Vo-
raussetzung dafür, dass ein Land überhaupt blühen kann.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Reiner Deutschmann [FDP])


Es gibt diesen Zukunftsoptimismus, weil diese christ-
lich-liberale Koalition Ja sagt zu Leistung, Ja sagt zu Ei-
gentum, Ja sagt zu moderner Technologie, Ja sagt zu
Versorgungssicherheit im Energiebereich, Ja sagt zu
mehr Innovation, zu mehr Forschung, zu mehr Bildung.
Deswegen ist die Grundstimmung positiv und zukunfts-
orientiert.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Sie hingegen, meine Damen und Herren im linken
Spektrum, von der Linken bis zu den Grünen, stehen für
das Gegenteil. Ein Blick nach Nordrhein-Westfalen
zeigt, wohin die Reise mit den Linken, den Roten und
den Grünen in diesem Land geht – Christian Lindner hat
es soeben angesprochen –: Schamlos wird ein Schulden-
haushalt aufgestellt, der das Land über Jahre belasten
wird, den die Enkel und Urenkel bis ins dritte und vierte
Glied eines Tages doppelt und dreifach zurückzahlen
müssen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Mehr noch: Diese Regierung in Düsseldorf, die offi-
ziell nur von Rot und Grün getragen wird, wird von den
linken Genossen geduldet. Um diese Duldung ordentlich
zu machen, haben Sie dafür gesorgt, dass das Wahlpro-
gramm der Linken in Ihrer Koalitionsvereinbarung in
Düsseldorf unterkommt. Die Linken versprechen ein
Recht auf Rausch. Was macht Rot-Grün in Düsseldorf?
Rot-Grün sagt: Die erlaubte Menge Rauschgift für den
Eigenbedarf muss erhöht werden. Die Linken sagen: we-
niger Freiheitsentzug. Rot-Grün schreibt im Koalitions-
vertrag: Wir müssen den offenen Vollzug ausweiten.

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(C (D tück für Stück gehen Sie auf die Linken in Düsseldorf u. Denn die Wahrheit ist, dass Sie dort zwar die Miniser stellen, aber die eigentliche politische Gestaltungsraft die Linken sind. Das führt das Land Nordrheinestfalen an den Abgrund. Andere Bundesländer sollten ich gut anschauen, was in Düsseldorf passiert, um zu issen, was auf sie zukommen könnte. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Die Opposition steht für exakt das Gegenteil von Auf-
ruch, Zuversicht und Zukunftsoptimismus. Ihre Forde-
ung nach Steuererhöhungen vernichtet die Basis für In-
estitionen. Ihre Forderung nach einer Vermögensteuer
edeutet den Eingriff in das, was sich Menschen in müh-
amer Arbeit ihr Leben lang geschaffen haben. Ihre For-
erung nach höheren Energiepreisen vernichtet Arbeits-
lätze im verarbeitenden Gewerbe in Deutschland. Ihre
mverteilungsideologie zerstört die Leistungsbereitschaft.
afür steht Rot-Grün, und dafür steht die linke Seite die-

es Hauses. Wir sind froh und glücklich und können in
eutschland selbstbewusst nach vorne blicken; denn Sie

egieren hier in Berlin, im Bund, nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Deutschland im Jahr 2010 – das bedeutet, dass unsere
achbarn und Freunde in der Welt uns beneiden. Wir

ind Vorbild für Europa.


(Lachen der Abg. Dorothea Steiner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


räsident Sarkozy hat vor kurzem in einer Fernsehrede
om „Modell Deutschland“ gesprochen. Es ist kein ge-
ingerer als der frühere französische Premierminister
alladur, der den Franzosen zugerufen hat: Lasst uns
em Mut der Deutschen folgen! Dies war kürzlich in Le
igaro nachzulesen.


(Joachim Poß [SPD]: Das hat doch mit unserer Kritik jetzt nichts zu tun!)


Was bedeutet das, der Mut der Deutschen? Mut be-
eutet, sich vor die Bürger zu stellen und ihnen zu sagen:
eil wir alle länger leben wollen, müssen wir auch län-

er arbeiten; denn sonst können wir das Rentensystem
icht finanzieren. Das ist Mut; denn es bedeutet Wahr-
eit.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Natürlich weiß ich auch, dass wir in einzelnen Fällen
ehr differenzierte Lösungen bei der Frage der Rente mit
7 finden müssen. Natürlich weiß ich auch, dass ein
chwerstarbeiter, dass ein Dachdecker, der 66, 67 Jahre
lt ist, nicht mehr aufs Dach steigen kann. Aber wir wer-
en gemeinsam mit den Tarifpartnern differenzierte Lö-
ungen für diese Probleme finden. Was machen Sie? Sie
ropagieren den Ausstieg aus dem, was Ihr ehemaliger
orsitzender Müntefering damals selber vorgeschlagen
at. Deswegen, liebe Kollegen der Sozialdemokratie,
erlieren Sie an Glaubwürdigkeit. Sie verlieren an
laubwürdigkeit, weil Sie alle Positionen, die Sie in elf





Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof)



(A) )


)(B)

Jahren aufgebaut haben, jetzt, wo Sie in der Opposition
sind, räumen. So werden Sie das Vertrauen der Men-
schen nicht gewinnen.

Es bedeutet Mut, ein Sparpaket auf den Tisch zu le-
gen. Es hat nichts mit Mut zu tun, jedem alles zu ver-
sprechen, und es hat nichts mit Mut zu tun, jedes Ge-
schenk per Kredit zu finanzieren. Aber es ist mutig, zu
fragen: Wo kann ich einschneiden, vielleicht auch da, wo
es schwierig und durchaus umstritten ist? Deswegen ist
es mutig, ein Sparpaket vorzulegen, das, wenn auch mo-
derat, den größten Ausgabenblock des Bundeshaushal-
tes, den Sozialbereich, reduziert.


(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Mutig ist es, bei den anderen zu sparen!)


Es ist mutig, was unsere Minister in ihren Ressorts im
Einzelnen leisten. Ich will nur einige herausgreifen.
Peter Ramsauer, der Bundesverkehrsminister, leistet groß-
artige Arbeit, wenn es darum geht, die Substanz, die für
dieses Land wichtig ist, die Infrastruktur, aufrechtzuer-
halten und auszubauen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Joachim Poß [SPD]: Sie sind doch feige! Sie kuschen vor den Lobbyisten!)


Wir sparen in der wichtigen Frage der Infrastruktur nicht
bei den Zukunftsinvestitionen; denn die Erschließung
des Raumes, die Entwicklung des Landes ist davon ab-
hängig.

Ilse Aigner, die Ministerin für Ernährung, Landwirt-
schaft und Verbraucherschutz, setzt sich dafür ein und
kämpft dafür, dass der ländliche Raum mit seinem
Potenzial, mit seinen großartigen Möglichkeiten eine
Zukunft hat, sich einbringen kann in die Entwicklung
unseres Landes.


(Ulrich Kelber [SPD]: Pressemitteilungen schreiben ist kein Kampf!)


Schließlich: Klare Orientierung, Mut und Entschlos-
senheit kennt einen Namen in Deutschland: Karl-
Theodor zu Guttenberg.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Er analysiert Reformbedarf, schlägt Lösungen vor und
setzt sie durch. Das ist entschlossene und gestaltende
Politik. Darum geht es. Deswegen werden wir dieses
Land nach vorn bringen.

Lassen Sie mich nun noch einige Sätze zur Energie-
politik sagen, nachdem hier schon eine gewaltige Mi-
schung aus Ignoranz und Unwahrheiten – leider ist Herr
Trittin nicht mehr da, aber vielleicht kann man ihm das
ausrichten – vorgeführt worden ist. Die Energieversor-
gung ist essenziell für unsere Wirtschaft. Es war das ver-
arbeitende Gewerbe, das unser Land aus dieser Krise
wieder herausgezogen hat. Es stehen die Arbeitsplätze
im verarbeitenden Gewerbe auf dem Spiel, wenn wir
nicht für eine gute, verlässliche und preiswerte Energie-
versorgung sorgen.

Zur Wahrheit gehört: Wo immer Sie in die Wirt-
schaftsgeschichte schauen, stellen Sie fest: Der Wohl-

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(C (D tandsgewinn für die breite Masse der Bevölkerung ängt von der Verfügbarmachung von Energie ab. (Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: So ein Quatsch!)


r hängt von der Möglichkeit ab, über Energie zu verfü-
en, um produzieren zu können. Lieber Herr Kollege,
erfen Sie einmal einen Blick zurück in die Geschichte,

ur Erfindung der Dampfmaschine. Gehen Sie einmal
ach Selb ins Porzellanmuseum. Dort können Sie sich
as anschauen. Die Erfindung der Dampfmaschine be-
eutete einen Sprung für die Entwicklung des Wohl-
tands der Bevölkerung.


(Beifall bei der CDU/CSU)


In diesen Zusammenhang gehört auch die friedliche
utzung der Kernenergie. Verehrte Kolleginnen und
ollegen der Sozialdemokratie, Sie sollten einmal nach-

esen, was Willy Brandt damals über die Kernenergie ge-
agt hat. Lesen Sie einmal nach, was er vorgeschlagen
at, wie viele Kernkraftwerke man in Deutschland bauen
üsse. Sie werden sich wundern, was da alles steht.

Eines ist aber auch richtig: Unser gemeinsames Ziel
st es, die erneuerbaren Energien in diesem Land voran-
utreiben und mit aller Kraft ihren Anteil von Jahr zu
ahr zu steigern. Wer das Ziel hat, bis zum Jahr 2020
8 Prozent oder 20 Prozent des gesamten Energiebedarfs
urch erneuerbare Energien zu decken, wer das große
iel hat, bis zum Jahr 2050 60 Prozent des Energiebe-
arfs durch erneuerbare Energien zu decken, der muss
uch die Frage beantworten, woher im Jahr 2020 die an-
eren 80 Prozent und woher im Jahr 2050 die anderen
0 Prozent kommen sollen.

Die Antwort kann nur sein: aus Kohle, aus Gas, aus
l, also aus fossilen Energieträgern, die CO2 produzie-

en – was Gas und Öl betrifft, so machen uns diese Ener-
ieträger zudem abhängig vom Ausland, von Ölscheichs,
om Russengas –, und von der Kernenergie.

Wenn wir die Kernkraftwerke abschalten, dann müs-
en wir den Einsatz fossiler Energieträger und damit un-
ere Abhängigkeit von Russland und von den Ölscheichs
rhöhen. Wenn wir die Kernkraftwerke abschalten und
iese Abhängigkeit nicht erhöhen wollen, dann müssen
ir Strom aus den Kernkraftwerken unserer Nachbarn

mportieren. Es wird jetzt über eine Erweiterung des
raftwerks in Temelin, bei mir vor der Haustür, nachge-
acht. Der damalige rot-grüne Ausstiegsbeschluss macht
iese alten Mühlen in unseren europäischen Nachbarlän-
ern erst rentabel, während wir unsere guten sicheren
ernkraftwerke abschalten sollen. Sie haben sie doch
icht alle, wenn Sie das wirklich vorschlagen wollen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Joachim Poß [SPD]: Was ist das denn für ein Ton? – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr „parlamentarisch“!)


Wir haben eine Steuer beschlossen, weil wir wollen –
nders als Sie das damals gemacht haben –, dass die vier
roßen Konzerne einen großen Teil ihres Gewinns abge-
en,


(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Peanuts!)






Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof)



(A) )


)(B)

sodass wir diese Mittel für die Allgemeinheit nutzbar
machen können durch die Einstellung in den Haushalt.
Wir haben – dazu werden wir einen Gesetzentwurf ein-
bringen – ihnen zusätzliche Sicherheitsauflagen gemacht.
Rot-Grün hatte damals auf solche Auflagen verzichtet.
Spielen Sie sich jetzt also nicht so auf! Auch das wird
gesetzlich verankert.

Außerdem haben wir einen Vertrag geschlossen. In
diesem Vertrag steht eigentlich nur – deswegen ist Ihre
Aufregung gespielt und nicht nachzuvollziehen –, dass
die vier Konzerne auch Geld für erneuerbare Energien
herausrücken müssen.


(Joachim Poß [SPD]: Ja! Voller Entsetzen!)


Dafür sollten Sie uns loben. Sie sollten uns sogar prei-
sen, weil wir eine so großartige Idee hatten, die Ihnen
damals, als Sie regiert haben, nicht eingefallen ist.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lobpreisen tue ich woanders! Und wenn, dann bestimmt nicht Sie!)


Das scheint das eigentliche Problem zu sein: Wir haben
einen Weg gefunden, dass sich die Kernenergie über die
Finanzierung der erneuerbaren Energien selbst abschafft.
Das ist so intelligent, dass Sie nicht darauf gekommen
sind.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Meine Damen und Herren, leider winkt mir die Frau
Präsidentin zu, dass ich an dieser Stelle nicht weiterre-
den darf.


(Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist aber schade! – Weitere Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Gott sei Dank! – Preiset den Herrn!)


Aber Sie haben heute ja schon in vielen Reden der Kol-
legen gehört: Diese christlich-liberale Regierung ist mu-
tig und entschlossen,


(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Ihr seid weder liberal noch christlich!)


das Land zu modernisieren und es in ein neues Jahrhun-
dert zu führen,


(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Wovon träumen Sie eigentlich nachts?)


das ein gutes Jahrhundert für unser Land sein wird.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705804000

Nächster Redner ist der Kollege Siegmund Ehrmann

für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Siegmund Ehrmann (SPD):
Rede ID: ID1705804100

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Rahmen

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(C (D ieser Generaldebatte, in der bis gerade in der Tat geneelle Themen behandelt wurden, steht auch der Etat des taatsministers für Kultur und Medien zur Debatte. Ich ls kulturpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfrakion möchte mich auf dieses engere Politikfeld konzenrieren. Durchaus von genereller Bedeutung ist in diesem Zuammenhang der Aspekt der Geschichtsund Gedenktättenpolitik im Hinblick auf die Stiftung „Flucht, Verreibung, Versöhnung“. Dies ist ein wichtiges Thema des ufarbeitenden Gedenkens nach innen und außen, insbeondere gegenüber unseren europäischen Nachbarn. Das, was uns vor der Sommerpause massiv beschäfigt hat, war schon starker Tobak. Es war unglaublich ühsam, diese Institution personell auszustatten und sie rbeitsfähig zu machen. Dann kamen vor wenigen Wohen zum Teil abstruse, kritikwürdige Äußerungen einier Stiftungsratsmitglieder ans Tageslicht, die durch ein itglied dieses Hauses noch verstärkt wurden. Ich ünschte mir sehr, dass sich diese Debatte, was sich in wischen deutlich abzeichnet, eher in den Reihen der nion als Richtungsstreit niederschlägt und weniger die rbeit der Stiftung belasten würde. Wir haben nämlich chon viel Zeit verloren. Ich finde es außerordentlich gut, dass eine Expertenommission, der ausgewiesene Historiker angehören, etzt gewissermaßen als Außenstehende erste inhaltliche onzepte erarbeitet hat. Aber ich wünschte mir sehr, ass insbesondere der Staatsminister für Kultur und Meien seinen veredelnden Einfluss geltend macht, damit ndlich von der Institution selbst Konzepte vorgelegt erden, die die künftige Ausrichtung der Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ deutlich machen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Zum Kulturetat im engeren Sinne. Etatpolitik ist Ge-
taltungspolitik. Die Frage ist, ob dieser Haushalt einem
ulturpolitischen Gestaltungsanspruch gerecht wird. Ich
preche zwei Themenkomplexe an.

Erstens. Als zentrales Thema unter dem Obergriff
Bildungspolitik“ ist immer und zwangsläufig die kultu-
elle Bildung mitzudenken. Herr Staatsminister, hier hat
ie Regierungskoalition mit dem letzten Haushalt ein
arkantes Zeichen gesetzt. Es wurden 2 Millionen Euro

ereitgestellt, um die Arbeit der kulturellen Bildung und
ermittlung in den Kulturinstitutionen des Bundes zu
erstärken. Das will ich nicht kritisieren. Nein, im Ge-
enteil, ich finde das toll.

Jetzt stellen wir fest: Diese Etatposition wird deutlich
eduziert. Was wird daran für ein Gestaltungsanspruch
eutlich? Werden hier Felder geräumt? Haushaltskonso-
idierung ist wichtig; aber man muss die richtigen Ak-
ente setzen. Wenn wir im Kernbereich unserer eigenen
erantwortung dieses Signal setzen, dann ist dies, wie

ch finde, mit Blick auf die kulturpolitische Bildung fa-
al.

Das zweite Thema ist der Denkmalschutz. Auch hier
rleben wir eine gewisse Dramatik. So gibt es das Pro-





Siegmund Ehrmann


(A) )


)(B)

gramm „National wertvolle Kulturdenkmäler“. Die Mit-
tel für dieses gute Programm, das auch Investitionen mo-
bilisiert, werden um ein Drittel gekürzt.


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Aber in der Vergangenheit hat es ordentlich zugelegt! Im letzten und im vorletzten Jahr um 400 000 Euro!)


Nehme ich noch hinzu, was im Hause Ramsauer disku-
tiert wird, dass nämlich die Mittel für den städtebauli-
chen Denkmalschutz erheblich gedeckelt werden, und
zwar um etwa 50 Prozent – so steht es im Raum –, dann
ist das in der Addition ein mehr als fatales kultur- und
städtebaupolitisches Signal. Es geht nicht nur um den
Aspekt Kulturpolitik. Das ist auch volkswirtschaftlich
Blödsinn. Insofern hoffe ich sehr, dass es da Korrekturen
gibt.

Zusammenfassend komme ich zu dem Ergebnis, dass
durch diesen Etat keine kulturpolitischen Gestaltungsan-
sprüche, die nach vorne weisen, zu erkennen sind.


(Beifall der Abg. Brigitte Zypries [SPD])


Möglicherweise bedürfen Sie auch hier wieder des
Drucks von außen.

Wir haben das am Beispiel der Digitalisierung der
Kinos erlebt. Ich habe Zweifel, dass wir in Kürze ein
Programm des Bundes freizugeben hätten, mit dem den
Programmkinos in der Fläche die Chance eröffnet wird,
die technische Umstellung zu realisieren,


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Da sind wir auf einem guten Weg!)


wenn wir als Sozialdemokraten nicht initiativ tätig ge-
worden wären und das nicht auf die Agenda der Kultur-
politik im Bund gesetzt hätten.


(Beifall bei der SPD)


Fazit: Herr Staatsminister, liebe Kolleginnen und Kol-
legen der Regierungskoalition, Sie haben Gelegenheit,
die Punkte, die ich hier angesprochen habe, zu korrigie-
ren. Der Staatsminister hat gleich die Chance, in seiner
Rede seine Sicht der Dinge darzulegen. Wir werden die
Debatte auf jeden Fall in diesem Sinne forcieren.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705804200

Für die Bundesregierung hat Herr Staatsminister

Bernd Neumann das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


B
Bernd Neumann (CDU):
Rede ID: ID1705804300


Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zum
Schuldenabbau und zur Sanierung der Haushalte von
Bund, Ländern und Kommunen – das haben wir mehr-
fach gehört – gibt es keine Alternative. Vor diesem Hin-

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(C (D ergrund stellt sich die Frage: Können wir uns eine so mfangreiche, öffentlich finanzierte kulturelle Infratruktur in Deutschland weiterhin leisten? Was bringt sie ns? (Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Ja!)


assen Sie es mich ganz deutlich sagen: Der kulturelle
eichtum unseres Landes und seine Attraktivität auch

m Ausland hängen nicht zuletzt mit unserer reichen,
ielfältigen und dichten Kulturlandschaft zusammen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Reiner Deutschmann [FDP])


as breite Angebot nicht nur in den Stadtzentren, son-
ern auch in den Regionen ist das Fundament unserer
ulturnation. Hier wird vieles gerade auch durch hohen
ürgerschaftlichen Einsatz geleistet.


(Beifall des Abg. Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU])


ie Verbindung von öffentlicher Förderung mit privater
erantwortung für die Kultur in unserem Lande ist, so
eine Überzeugung, unabdingbar, auch wenn keine Kri-

enszenarien drohen.

Brauchen wir sie alle, die 150 Theater und die
30 Orchester, die die öffentliche Hand finanziert, die
ausenden von Museen, Galerien und Ausstellungshal-

en, trotz der überbordenden Angebote in den elektroni-
chen Medien, trotz der vielfältigen privaten Freizeit-
ngebote oder der Offerten des Tourismus? Meine
amen und Herren, meine Antwort ist: Ja, ja und noch-
als ja.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Reiner Deutschmann [FDP])


s ist die Kultur, die unser Wertefundament bildet. Es
ind die Künste, die uns zum Reflektieren und Besinnen
rmuntern. Es ist dieses gleichsam überflüssig Schei-
ende, das ganz wesentlich die Basis unseres Gemein-
esens bildet. Lassen Sie es mich plastisch sagen: Kunst

st nicht das Sahnehäubchen, sondern die Hefe im Teig.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie der Abg. Dr. Claudia Winterstein [FDP])


ie Kultur ist gerade in der Krise ein unentbehrliches,
esentliches, integratives Element unserer Gesellschaft.

dentität, Zugehörigkeit, Zusammenhalt – all das stiftet
ultur.

Natürlich gibt es bei der notwendigen Haushaltssanie-
ung erst einmal keine Tabus. Alle Ausgaben müssen auf
en Prüfstand, und nicht jede Maßnahme und Förderung
uch im Bereich der Kultur hält einer kritischen Über-
rüfung stand. Aber eines steht auch fest: Mit Kürzun-
en bei der Kultur kann man keine Haushalte sanieren.


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Richtig!)


er Anteil der Kulturausgaben in den Ländern und
emeinden in Deutschland liegt bei mageren 1,9 Pro-

ent, was immer noch mehr ist als beim Bund, weil dort





Staatsminister Bernd Neumann


(A) )


)(B)

die eigentliche Kompetenz liegt. Mit über 1,1 Milliarden
Euro, die mein Haushalt im Bund ausmacht, liegen wir
deutlich unter 1 Prozent. Selbst drastisches Sparen bei
den Kulturausgaben bringt keinen bemerkenswerten
Konsolidierungserfolg. Aber es zerschlägt so viele
kleine und auch große kulturelle Einrichtungen und Ak-
tivitäten, die unsere Gesellschaft so bunt und lebenswert
machen.


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Genau das ist der Punkt!)


Deshalb bin ich stolz, dass diese Bundesregierung trotz
drastischer und notwendiger Sparmaßnahmen die Kultur
geschont hat.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Damit will sie auch für die Haushalte von Ländern und
Kommunen ein Beispiel geben.

Nach meiner Übernahme des Amts als Kulturstaats-
minister im Jahr 2005 gelang es, den Kulturhaushalt des
Bundes Jahr für Jahr zu erhöhen, insbesondere partei-
übergreifend durch den Haushaltsausschuss. Für den
jetzt diskutierten Haushalt 2011 kann ich feststellen: Die
Förderung kultureller Aktivitäten und Projekte wird fort-
gesetzt; sie bleibt unbeeinträchtigt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Es ist gelungen, den Kulturhaushalt 2011 trotz finanziell
schwieriger Zeiten stabil zu halten und neue Schwer-
punkte zu setzen. Ich verweise beispielsweise auf unsere
Beteiligung bei der Vorbereitung des Jubiläums
„500 Jahre Reformation“ im Jahre 2017. Hierfür ha-
ben wir jährlich zusätzlich 5 Millionen Euro für die
nächsten Jahre eingestellt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Ich verweise auf beträchtliche Summen in den nächsten
Jahren für die notwendige flächendeckende Digitalisie-
rung der Kinos. Kollegin Krüger-Leißner und Kollege
Börnsen waren ja kürzlich dabei.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo waren sie dabei?)


An uns liegt es nicht, dass wir da nicht zu Potte kom-
men. Im Gegenteil: Wir müssen diejenigen, um die es ei-
gentlich geht, nämlich die Filmwirtschaft, noch treiben,
damit es zu Ergebnissen kommt.

Vielleicht sollte ich noch sagen, dass es auch gelun-
gen ist, für die nächsten Jahre, von 2011 bis 2014, aus
dem Bereich der Forschungsmittel zusätzlich 41 Millio-
nen Euro für den BKM zu bekommen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist toll!)


Auch hier haben wir Möglichkeiten, Neues zu machen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Gut gehandelt!)


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(C (D Lieber Kollege Ehrmann, die Zeit erlaubt es mir, soar auf Ihre beiden Bemerkungen einzugehen. Sie fragen nach der kulturellen Bildung. Darum brauchen Sie ich wirklich keine Sorgen zu machen. Inzwischen ist nerkannt, dass wir, obwohl der Bund dort keine Kometenzen hat, mit unserer Schwerpunktsetzung im Beeich der kulturellen Bildung wirklich alles vorzeigen önnen. Im Prinzip brauchen wir für die Förderung beonderer Maßnahmen etwa 1 Million Euro. Im letzten ahr hat der Haushaltsausschuss noch einmal 1 Million uro draufgelegt. Die 1 Million Euro, die wir als Basis aben, dient dazu, besondere Projekte, Pilotprojekte, die n den Ländern und Kommunen stattfinden, zu fördern. arüber hinaus – auch das hat es noch nie gegeben – abe ich im letzten Jahr erstmalig eine Preisverleihung ür kulturelle Bildung vorgenommen; wir haben sie inwischen das zweite Mal absolviert. Sie können also ganz icher sein: Obwohl die Länder und Kommunen primär afür zuständig sind – wie für Bildung überhaupt –, (Beifall der Abg. Monika Grütters [CDU/ CSU])


erden wir hier weiterhin einen Schwerpunkt setzen,
eil wir glauben, dass kulturelle Bildung auch aus natio-
aler Verantwortung heraus gemacht werden muss, und
eil wir das nicht allein den Ländern überlassen wollen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Der zweite Punkt, den Sie ansprachen, betraf den
enkmalschutz. Ja, es gibt ein großes Sparpaket. Ich
abe schon gesagt, dass ich erreichen konnte, dass mein
ereich nicht entscheidend davon betroffen ist; andere
ereiche hingegen sind schon betroffen. Auch der
inister, der für Bau und Stadtentwicklung verantwort-

ich ist, der Kollege Ramsauer, stand vor der Aufgabe,
ur Sanierung des Haushalts beizutragen, und zwar auch
m Bereich Städtebausanierung. Auch mir wäre es lieber
ewesen, wir hätten bei den alten Summen bleiben kön-
en. Aber ich muss eines sagen: Das, was wir noch ge-
einsam in der Großen Koalition im Hinblick auf den
enkmalschutz mit Zusatzprogrammen gemacht haben
neben der normalen Förderung gab es ein Extrapro-
ramm mit 40 Millionen Euro seitens des Bundes; die
leiche Summe kam von den Ländern hinzu –, kann sich
ehen lassen. Ich wäre dankbar dafür, wenn man das
iederholen könnte. Ich bitte die Haushälter darum, sich
ier innovativ zu verhalten. Aber Sie haben recht: In
em anderen Bereich ist reduziert worden. Ich hoffe, das
ilt nicht auf Dauer, damit wir unser kulturelles Erbe ins-
esamt erhalten können.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Ab-
chluss sagen: Dass es der Bundesregierung trotz ihres
eachtlichen Haushaltskonsolidierungsprogramms – im-
erhin 80 Milliarden Euro bis 2014; dies sucht übrigens

n Europa seinesgleichen – gelungen ist, den Kulturbe-
eich im Bundeshaushalt vor dramatischen Kürzungen
u verschonen, ist im Vergleich mit anderen europäi-
chen Regierungen einzigartig. In Frankreich wird der
ulturhaushalt um 5 Prozent zurückgefahren. Noch dra-
atischere Einbrüche bei der Kultur finden Sie in Grie-

henland und Italien, wo die Wiege unserer abendländi-





Staatsminister Bernd Neumann


(A) )


)(B)

schen Kultur stand. Über Großbritannien war vorgestern
in den Schlagzeilen zu lesen: Der neue Kulturminister
schlägt der Filmförderung den Kopf ab. – Das ist unge-
fähr so, Frau Kollegin Roth, als würden wir die ganze
FFA und deren Zuschüsse abschaffen. In Großbritannien
zeichnen sich Streichungen im Kulturbereich von rund
25 Prozent ab, sodass von Kulturschaffenden in Großbri-
tannien die Kampagne „Save the Arts“ ins Leben geru-
fen wurde. Das alles ist auf die jeweilige nationale Re-
gierung bezogen.

Natürlich weiß ich, dass Länder und Kommunen in
Deutschland vor großen Herausforderungen stehen. Die
Arbeitsgruppe beim BMF wird voraussichtlich im
Herbst einen Vorschlag vorlegen, wie die Finanzvertei-
lung zwischen Gemeinden, Ländern und Bund gene-
rell erfolgen soll. Ich hoffe, dass Länder und Kommunen
der Versuchung widerstehen, gerade den Kulturbereich
als besondere Sparbüchse zu betrachten. Dafür gibt es
gute und schlechte Beispiele.


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Jawohl! Da muss man aufpassen!)


Für die Bundesregierung allerdings darf ich feststellen:
Mit dem vorgelegten Haushaltsentwurf 2011 wird die
Aussage in der Koalitionsvereinbarung sowohl der Gro-
ßen Koalition als auch der neuen christlich-liberalen Ko-
alition, dass Ausgaben für Kultur keine Subvention, son-
dern Investitionen in die Zukunft unserer Gesellschaft
sind, eindrucksvoll unterstrichen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705804400

Nächste Rednerin ist die Kollegin Dr. Lukrezia

Jochimsen für die Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1705804500

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Herr Staatsminister, ich danke Ihnen für das dreifache Ja
zum Erhalt der kulturellen Infrastruktur unseres Landes.
Ich finde, Sie sind zu Recht stolz darauf, dass Ihr Haus-
halt 2011 stabil geblieben ist. Das ist angesichts der bru-
talen Kürzungen sonst nicht hoch genug einzuschätzen.
Gerade deshalb frage ich: Wofür wird das unter schwie-
rigsten finanziellen Bedingungen erkämpfte Geld ausge-
geben?

Für die skandalumwitterte Bundesstiftung „Flucht,
Vertreibung, Versöhnung“ zum Beispiel sind 2,5 Mil-
lionen Euro für 2010 und 2,5 Millionen Euro für 2011
eingestellt. Sind 5 Millionen Euro in diesen Zeiten der
kulturellen Not eigentlich viel oder wenig Geld? Ich
meine, das ist sehr viel Geld für ein Ausstellungs- und
Dokumentationszentrum des Bundes, das seinem Auf-
trag, der Versöhnung zu dienen, von Monat zu Monat,
von Woche zu Woche, von Tag zu Tag immer weniger
gerecht wird und unserem Ansehen als Kulturgesell-
schaft immer mehr schadet.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D achdem vor Monaten renommierte internationale Wisenschaftler den Stiftungsrat verlassen haben, lässt nun er Zentralrat der Juden in Deutschland seine Mitgliedchaft ruhen, ebenso der Vertreter der Sinti und Roma. ch frage Sie: Wie soll eine Bundesstiftung das Thema Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ ohne jüdische Mitrbeit und ohne die Mitarbeit der Sinti und Roma erareiten? Wie soll das gehen? Herr Staatsminister, Sie haben in Ihrer eigenen Presemitteilung erklärt, dass Sie die Äußerungen der Stifungsratsmitglieder und Landesvorsitzenden des Bundes er Vertriebenen Saenger und Tölg für inakzeptabel halen. Warum arbeiten Sie dann mit denen weiterhin usammen? Und ich frage: Wieso sollen wir Parlamenarier der Millionenförderung eines solchen Skandalrojekts der Erinnerungskultur zustimmen? Insgesamt Millionen Euro in 2010 und 2011! Was hat die Stiftung 2010 eigentlich geleistet, außer en Abgang des internationalen Wissenschaftspersoals? Der Gründungsdirektor Kittel erhält seit einem ahr Gehalt. Ein Konzept der geplanten großen Ausstelung liegt bis heute nicht vor. Vor einer Woche hat in erlin der Geschichtswissenschaftler Martin Schulze essel in Zusammenarbeit mit der Deutsch-Tschechi chen und Deutsch-Slowakischen Historikerkommission owie der Deutsch-Polnischen Schulbuchkommission in Ausstellungskonzept zum Thema „Flucht, Vertreiung, Versöhnung“ vorgelegt, ausgehend von den Orten roclaw, Aussig und Vilnius. Dabei wurde an den Auf uf aus dem Jahr 2003 erinnert, mit dem unter anderem undespräsident Rau und Staatspräsident Kwasniewski ie Idee eines europäischen Zentrums der Versöhung formuliert haben. Wie weit ist heute das teure Bunesunternehmen davon entfernt! Und wie lange wollen ir da noch zusehen und viel Geld in Zeiten bitterer Not usgeben? (Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der LINKEN)


in stabiler Haushalt allein ist nicht viel wert, wenn
eld für unhaltbar gewordene Projekte ausgegeben
ird.

Im Dezember 2007 gab es einen viel beachteten Vor-
chlag des Willy-Brandt-Kreises. Anstelle der Stiftung
egen Vertreibung solle ein Zentrum gegen Krieg in
erlin eingerichtet werden. Zu den Initiatoren gehörten
gon Bahr, Günter Grass, Friedrich Schorlemmer,
aniela Dahn und Klaus Staeck. Über 1 000 Künstler,

ournalisten und Politiker haben diesen Vorschlag unter-
tützt. Das wäre eine Alternative: ein Museum, das den
rieg ächtet und die Ächtung der Vertreibung ein-

chließt. Dafür könnten 2,5 Millionen Euro gut umge-
idmet werden.


(Beifall bei der LINKEN)


ie Linksfraktion würde das gerne unterstützen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN)







(A) )


)(B)


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705804600

Nächster Redner ist der Kollege Reiner Deutschmann

für die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Reiner Deutschmann (FDP):
Rede ID: ID1705804700

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten

Damen und Herren! Ich danke Staatsminister Neumann
für die Vorstellung des Bundeskulturhaushaltes 2011.
Damit ist es der christlich-liberalen Koalition gelungen,
die Kulturausgaben des Bundes trotz der schweren
Finanz- und Wirtschaftskrise stabil zu halten. Zwar ist
uns in diesem Jahr kein Aufwuchs gelungen. Trotzdem
ist vorgesehen, auch neue Projekte zu fördern. Es ist
durchaus ein Erfolg, dass sich die Kulturförderung nur
geringfügig an den Einsparungen des Bundeshaushaltes
beteiligen muss, während der Gesamthaushalt des Bun-
des um 3,8 Prozent sinkt. Damit setzt die Koalition ein
deutliches Zeichen für die Kultur.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Denn bis auf wenige Ausnahmen werden die Einsparun-
gen im Kulturhaushalt durch das Auslaufen von Einzel-
maßnahmen erzielt. Dadurch können die vielen dauerhaft
geförderten Einrichtungen sowie Projekte erfolgreich
weitergeführt werden und sogar neue hinzukommen,
auch zur Förderung der Laienkultur.

Die aktuellen Wirtschaftsdaten hören sich gut an. Die
Arbeitslosigkeit sinkt. Die Wirtschaft wächst wieder,
und die Wachstumsrate überrascht die Ökonomen im In-
und Ausland. Liest man die Presse, so erfährt man, dass
das Ausland mit Bewunderung auf das Krisenmanage-
ment in unserem Land schaut. Deutschland scheint so
vom angeblich kranken Mann Europas zu dessen Lehr-
meister zu werden. Für uns Liberale hat trotz dieser
positiven Entwicklung die Haushaltskonsolidierung
höchste Priorität. Die Schulden müssen eingedämmt
werden. Sonst rauben wir zukünftigen Generationen die
Luft zum Atmen. Auf Schuldenbergen wächst keine
Kultur.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Schuldenberge und die dann zwangsläufig notwendige
Rotstiftpolitik gefährden insbesondere die kulturelle Bil-
dung für unsere Kinder und Jugendlichen. Deswegen ist
jede sinnvolle – ich betone: sinnvolle – Sparanstrengung
zu begrüßen, auch wenn Sparen bei manchen sehr un-
populär zu sein scheint. Aber genau dadurch erhalten
und schaffen wir finanzpolitische Handlungsspielräume,
die zukünftig auch der Kulturförderung dienen werden.

Wie erwähnt, sieht der Haushaltsentwurf auch neue
Förderungen vor. Hervorzuheben sind insbesondere die
5 Millionen Euro, die laut Haushaltsentwurf für die
Luther-Dekade bereitgestellt werden. Damit fördert der
Bund zu Recht und frühzeitig einen kulturellen und kul-
turtouristischen Höhepunkt in unserem Land.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


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(C (D ie Luther-Dekade bietet gerade den Orten der Reforation wie Wittenberg und Eisenach die einzigartige hance, den Grundstein für einen nachhaltigen Kultur ourismus zu legen. Ganz besonders liegt mir die weitere Aufarbeitung es DDR-Unrechts am Herzen. ier erweitert der Bund seine Förderung zum Beispiel it zusätzlichen Mitteln für den Ausbau der Zeitzeugen üros. Auch die weitere Umsetzung des Gedenkstättenonzepts zur Erinnerung an das NSund SED-Unrecht ird durch den Zuwachs befördert. Zusammen mit den itteln für den Bau des Freiheitsund Einheitsdenkmals tellt der Bund dafür 22 Millionen Euro zur Verfügung. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ich bin mir
icher, dass sich – wie immer – auch über diesen Haus-
alt trefflich streiten lässt. Dennoch glaube ich, dass al-
en Kulturpolitikern dieses Hauses insgeheim oder offen
ewusst ist, dass ein solcher Haushaltsentwurf keine
elbstverständlichkeit ist, sondern harter Arbeit bedarf.
ie christlich-liberale Koalition stellt damit sicher, dass
er Bund seiner Verantwortung für die Förderung und
ewahrung der Kultur unter Beachtung der Kulturkom-
etenz der Länder und Kommunen gerecht wird.

In diesem Sinne möchte ich mit einem Zitat von
heodor Heuss schließen:

Mit Politik kann man keine Kultur machen, aber
vielleicht kann man mit Kultur Politik machen.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705804800

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun das

ort die Kollegin Agnes Krumwiede.


Agnes Krumwiede (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705804900

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

ollegen! „Das Wesentliche ist für die Augen unsicht-
ar.“ Das gilt für den Rückwärtsgang ins radioaktive
tomzeitalter genauso wie für Entstehungsprozesse in
er Kunst. Um die richtigen Entscheidungen für Mensch
nd Umwelt zu treffen, brauchen wir Herz und Verstand.
ir verstehen unter einem Aufbruch, unter einem neuen
enken, Erneuerung und nicht das Verharren im techno-
ratischen Systemfehler.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ir dürfen nicht zulassen, dass uns spätere Generationen
uf den Gattungsbegriff Homo oeconomicus reduzieren,
er sein Handeln allein an materieller Bereicherung aus-
erichtet hat.

Die schwarz-gelbe Kulturpolitik ist bei der Haushalts-
lanung 2011 symptomatisch für eine einseitige Förde-
ung der repräsentativen Materie. Allein für die Vorbe-
eitung des Reformationsjubiläums sind im Haushalt
Millionen Euro vorgesehen. Das ist fast doppelt so viel
ie für die Künstlerförderung. Das erlaubt die Frage,





Agnes Krumwiede


(A) )


)(B)

was die Veranstaltung insgesamt kosten soll; denn das
Jubiläum findet erst 2017, also in sieben Jahren, statt.

Kulturförderung hat aber nicht nur mit der Verteilung
der Mittel zu tun, sondern auch mit Ideen. Herr
Neumann, wo bleiben Ihre Ideen und Konzepte zur Ver-
besserung der sozialen Lage von Kulturschaffenden,
um die Ausbeutung hochqualifizierter Musiker als Prak-
tikanten und als Honorarlehrkräfte zu beenden?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Wo bleibt die Einführung einer Ausstellungsvergütung
für bildende Künstlerinnen und Künstler? Wir werden
Ihnen in nächster Zeit konkrete Vorschläge machen.

Ein weiterer Schwerpunkt des Haushalts liegt auf der
Vergabe von Forschungsgeldern. Eine der zahlreichen
aktuellen Studien zur Lage der Kulturschaffenden in
Deutschland besagt: Zwei Drittel der Theaterschaffen-
den und Tänzer leben unterhalb der Armutsgrenze. Herr
Neumann, wir kennen die alarmierenden Statistiken und
Zahlen. Es ist absurd, dafür Forschungsgelder auszuge-
ben und gleichzeitig bei der Förderung von Künstlern zu
sparen oder Stipendienprogramme – wie bei der deut-
schen Künstlerakademie in Istanbul – ganz zu streichen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Dr. Lukrezia Jochimsen [DIE LINKE])


Was helfen Statistiken, wenn die Regierung aus den Er-
kenntnissen keine Konsequenzen zieht? Vonseiten der
Regierungsbank fehlt der Mut, in die Kulturlandschaft
von morgen zu investieren, in das, was Kunst ausmacht,
nämlich noch nicht sichtbar zu sein, der Mut, das Ideelle
zu fördern, die Entstehungsprozesse von neuem.

Wir haben die Aufgabe, Mittel so zu verteilen, dass
sie bei den Menschen ankommen, die durch ihre Kunst
unser Land und die Gesellschaft bereichern oder berei-
chern werden. Es ist von nationaler Bedeutung, junge
Menschen in ihrem eigenen künstlerischen Ausdruck zu
bestätigen. Wir fordern ein Konzept zur Stärkung der
Jugendkultur, das Jugendliche mit ihren Interessen in
den Mittelpunkt stellt, egal ob Hip-Hop, Klassik oder
Zirkus.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Denn Kultur hat einen unmittelbaren Einfluss auf un-
ser Denken und Fühlen und somit auch auf unser Verhal-
ten.

Wir müssen endlich anfangen, Kultur mit Bildung
und Kunst mit Lernen zu verknüpfen. Kulturpolitik ist
auch Integrationspolitik. Aber was ist der Regierung
Integration wert? Schwarz-Gelb kürzt die Mittel für den
Integrationsplan und damit ausgerechnet für die Integra-
tionsförderung. Kultur muss beim Thema Integration
eine größere Rolle spielen. Gemeinsame kulturelle Akti-
vitäten geben Kindern und Jugendlichen die Möglich-
keit, sich über alle Sprachgrenzen hinweg in einer ge-
meinsamen Sprache zu verständigen. Wir brauchen

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(C (D ultur, damit Ausgrenzung und Gewalt keine Chance aben. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Christoph Poland [CDU/ CSU])


Noch einige Worte zu den Vorgängen um die Stiftung
Flucht, Vertreibung, Versöhnung“. Jeder hat das
echt auf seine eigene Meinung, aber nicht das Recht
uf seine eigenen Fakten, auch nicht Frau Steinbach.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


er durch sein Verhalten und unterschwellige Äußerun-
en ausländische Wissenschaftler, Sinti und Roma und
en Zentralrat der Juden aus der Stiftung vertreibt, dient
icht dem Stiftungszweck der Versöhnung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


ir fordern, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass
ie Herren Tölg und Saenger aus dem Stiftungsrat abbe-
ufen werden. Außerdem fordern wir ein Moratorium
nd eine Haushaltssperre, bis geklärt ist, ob diese Stif-
ung in ihrer jetzigen Form überhaupt noch Sinn macht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie der Abg. Brigitte Zypries [SPD])


Ich wünsche mir, dass wieder mehr Kulturschaffende
ertrauen in die Politik gewinnen; denn wir brauchen
ringend ihre kreativen Impulse, die Ideen der Querden-
er, ihre Interpretationen unserer Gesellschaft in Klän-
en oder Bildern, damit wir das Wesentliche in dieser
elt wieder erkennen können. Es ist nicht gesagt, dass

s besser wird, wenn es anders wird; aber so viel wissen
eine Fraktion und ich: Es muss anders werden, wenn

s gut werden soll.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705805000

Zu diesem Einzelplan liegen keine weiteren Wortmel-

ungen vor.

Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Aus-
ärtigen Amts, Einzelplan 05.

Als erstem Redner erteile ich dem Bundesaußen-
inister Dr. Guido Westerwelle das Wort.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Aus-
ärtigen:
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

erren! Erlauben Sie mir, dass ich aus aktuellem Anlass,
evor ich in die Grundsätze der Außenpolitik einsteigen
öchte, nicht nur für die Bundesregierung, sondern für

as gesamte Hohe Haus erkläre, wie froh wir sind und
ie sehr wir begrüßen, dass aus den indirekten Gesprä-





Bundesminister Dr. Guido Westerwelle


(A) )


)
chen im Nahen Osten direkte Friedensgespräche gewor-
den sind. Wir betrachten dies als einen Fortschritt. Es ist
im Augenblick noch nicht viel mehr als eine Chance.
Viele haben vor einigen Monaten nicht für möglich ge-
halten, dass es überhaupt noch direkte Friedensgesprä-
che geben kann. Unser Appell von Deutschland aus ist,
dass alle Beteiligten des Friedensprozesses im Nahen
Osten alles unterlassen, was diesen Friedensprozess ge-
fährden kann. Wir setzen auf eine Zweistaatenlösung.
Dazu zählt der vollständige Gewaltverzicht, dazu zählt
aber selbstverständlich auch das Einfrieren aller Sied-
lungsaktivitäten. Das ist die gemeinsame Haltung dieses
Parlaments.


(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir leisten unseren Beitrag im Nahen Osten. Wir leis-
ten unseren Beitrag als Europäerinnen und Europäer
durch eine koordinierte Außenpolitik, wobei der Lissa-
bon-Vertrag die Möglichkeit eröffnet, unsere Außenpoli-
tik mehr und mehr abzustimmen. Wir alle werden in den
nächsten Jahren noch viel darüber reden, wie sich die na-
tionale Außenpolitik vor dem Hintergrund des Europäi-
schen Auswärtigen Dienstes und der Möglichkeiten der
strukturierten Zusammenarbeit auf der Grundlage des
Lissabon-Vertrags verändert. Eines ist völlig klar: Wir
haben dann Chancen, in der Welt mit Autorität aufzutre-
ten, wenn wir in Europa eine gemeinsame Sprache spre-
chen. Deswegen ist es wichtig, dass wir die Lehren aus
unserer Geschichte beherzigen, gerade in den Tagen, in
denen sich der Zwei-plus-Vier-Vertrag jährt. Wir stehen
für das europäische Kooperationsmodell, das das Kon-
frontationsmodell überwunden hat. Wir können nieman-
dem in der Welt vorschreiben, wie er zum Frieden findet.
Wir können aber eines tun: Wir können die europäische
Erfolgsgeschichte allen Konfliktregionen der Welt zur
Nachahmung empfehlen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Wir wollen Kooperation statt Konfrontation. Das ist die
Lehre aus unserer Geschichte auf dem Kontinent.

Europa – das spüren wir alle – befindet sich in einer
Bewährungsprobe. Damit will ich, weil das in den ersten
Monaten die Kräfte dieser Regierung ganz überwiegend
gebunden hat, beginnen. Wir haben eine europäische
Wirtschafts- und Finanzkrise zu bewältigen gehabt.
Diese europäische Wirtschafts- und Finanzkrise zu be-
wältigen, das war weit mehr als das Sichern unserer
Währung, das war weit mehr als das Sichern unserer
Wirtschafts- und Exportchancen. In Wahrheit ging es
auch darum, Europa als eine politische Union zu vertei-
digen. Es ist in diesen Zeiten nach der Wirtschafts- und
Finanzkrise in Europa natürlich leicht geworden, über
Europa auch gefällige schlechte Reden zu halten. Jedem
fällt irgendwo auch etwas ein. Aber man machte einen
großen Fehler, wenn man es nach den schwierigen Pha-
sen, die wir in den letzten Monaten gehabt haben, zu-
ließe, dass über die Wirtschafts- und Finanzkrise ein
Schaden am Projekt der Europäischen Union entsteht.
Die Zukunft Deutschlands, sie lag in Europa, sie liegt in
Europa, und sie ist auch in Zukunft fest in Europa einge-

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(C (D ettet. Lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass uropa keinen Schaden nimmt, auch nicht nach der irtschaftsund Finanzkrise! Es ist vor allen Dingen zuallererst auch ein großes riedensprojekt, das uns hier verbindet. Deswegen ist es otwendig, dass derjenige, der Europa schützen will, beeit ist, die Regeln zu verändern. Ich habe mit Interesse eute Morgen die Generalaussprache verfolgt und will ir einen Punkt herausgreifen, bei dem ich doch recht erwundert bin. Von der Opposition ist der Vorwurf an ie Bundeskanzlerin, an die ganze Regierung gerichtet orden, man hätte bei der Rettung, der Stabilisierung es Euro, der europäischen Wirtschaftsund Finanzkrise u spät gehandelt, sich zu lange Zeit gelassen. Ich halte as für einen völlig unbegründeten Vorwurf, und zwar us einem ganz einfachen Grund. Ich bin dabei gewesen, gemeinsam mit der Bundesanzlerin und dem Bundesfinanzminister, als die Gepräche stattgefunden haben. Am Anfang, als Griechenand in Schwierigkeiten kam, ist von uns sofort verlangt orden: Legt ihr in Europa jetzt doch einmal einen check hin, stellt ihn aus, und dann ist die Krise vorbei; as Problem ist gelöst. – Hätten wir das gemacht, hätten ir gewissermaßen sofort den Blankoscheck auf den isch in Brüssel gelegt, den Sie als Opposition gefordert aben, dann hätten wir keinerlei strukturelle Verändeungen in den Nationalstaaten erlebt. Wir hätten nicht rlebt, dass in Griechenland ein Sparhaushalt mit ernstaften Bemühungen auch um Strukturreformen durchgeetzt wird. Wir hätten zwei Monate später schon den ächsten Scheck ausstellen müssen und dann wieder den ächsten Scheck ausstellen müssen. Wir hätten gutes eld in Wahrheit in ein Fass ohne Boden geworfen. Deswegen war es richtig, dass die Bundesregierung m Frühjahr bei der Lösung der Wirtschaftsund Finanzrise gesagt hat: Wir sind bereit zur Solidarität, aber wir rwarten auch, dass jeder seine Hausaufgaben macht. um Nulltarif gibt es Solidarität nicht. Solidarität gibt es ur, wenn es auch Selbstverpflichtung gibt. Wir müssen jetzt die Debatte führen: Was folgt daraus ür uns in Europa? Wie müssen wir die Regeln ändern? abei geht es einmal um das große Paket der Sanktioen: Was passiert, wenn eine Regierung zum Beispiel ber Jahre manipulierte Zahlen meldet oder sich über ahre außerhalb jeder Haushaltsdisziplin stellt oder über ahre entgegen dem Stabilitätspakt Schulden aufnimmt? ie erste Sache ist: Das muss dann auch Konsequenzen aben. Deswegen ist das, was im Hinblick auf 2004 und 005 von der jetzigen Bundesregierung als damaliges ehlverhalten kritisiert wird, etwas, was uns heute noch eschäftigt. Wir sagen in Europa heute: Ihr müsst bereit ein, auch zu Hause stabile Staatsfinanzen zu organisieen, auch in Ländern, die eine andere Stabilitätskultur aben als wir Deutsche. Dann bekommt man den Hineis: Als es bei euch eng war, als ihr unter politischem nd ökonomischem Druck standet, habt ihr als großes and als Erstes den Stabilitätsund Währungspakt Bundesminister Dr. Guido Westerwelle )


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


(B)





(A) )

aufgeweicht. Es war ein historischer Fehler der Regie-
rung von SPD und Grünen, dass sie im Jahr 2004 den
Stabilitätspakt aufgeweicht hat. Noch heute tragen wir
an den Folgen, die sich daraus ergeben.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Meine Damen und Herren, es ist absolut berechtigt,
Sie dafür zu kritisieren, dass Sie in diesem Jahr erneut
nicht bereit waren, wenigstens an der Beseitigung der
Folgen dieser Politik mitzuwirken. Ich halte das für ei-
nen schweren Fehler; denn es ging natürlich nicht nur
um den Schutz der europäischen Währung, sondern auch
um den Schutz von Europa. Sich dafür einzusetzen, ist
eine wesentliche Grundlinie deutscher Außenpolitik.
Deutsche Außenpolitik ist eingebettet in die internatio-
nale Staatengemeinschaft und geschieht vor allen Din-
gen in Abstimmung mit der Europäischen Union.

Gerade weil wir Europa schützen wollen, arbeiten wir
jetzt daran, die Regeln zu verändern, wollen wir dafür
sorgen, dass es wirklich Konsequenzen hat, wenn ein
Land gegen die Stabilitätspflichten verstößt, zum Bei-
spiel in der Form, dass sämtliche Infrastrukturmittel der
Europäischen Union gekürzt oder gar gestrichen werden.
Verstöße dürfen nicht folgenlos bleiben. Nachdem es
fast 40 Verstöße gegen die Stabilitätsregeln in Europa
gegeben hat, ohne dass es ein einziges Mal Konsequen-
zen für die entsprechenden Nationalstaaten gehabt hat,
dürfte doch jedem klar sein, dass der europäische Stabi-
litätspakt Zähne braucht. Wer Europa schützen will,
muss jetzt handeln.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Das bedeutet allerdings auch, dass wir nicht bereit
sind – das haben wir hier im Parlament auch in zwei gro-
ßen Debatten besprochen –, einfach nur einen Krisenme-
chanismus zu verlängern. Statt gewissermaßen den
Hilfsmechanismus in Form der Garantiezusagen natio-
naler Parlamente bzw. von Nationalstaaten, also den Ret-
tungsschirm, zu verlängern, fordern wir ganz klar, dass
in Europa eine strukturelle Veränderung stattfindet, bei
der natürlich auch die privaten Gläubiger einbezogen
werden müssen. Die Lehre aus der Krise, die wir nicht
anders hätten bestehen können als so, wie wir es getan
haben, muss sein, Bereitschaft dafür zu wecken und un-
seren Beitrag dazu zu leisten, dass sich die Regeln än-
dern. Entsprechende Debatten führen wir derzeit. Es sind
schwierige Debatten, weil es viele Länder gibt, die an-
ders vorgehen wollen.

Wir Deutschen stehen dabei übrigens nicht allein,
sondern es gibt auch sehr viele, die ganz genau wissen,
wie gefährlich es für Europa ist, wenn die Stabilitätskul-
tur den Bach heruntergeht. Wir müssen hier unseren
deutschen Beitrag leisten. Ich glaube im Gegensatz zu
dem, was Sie hier vertreten, nicht, dass das Deutschland
isoliert. Ganz im Gegenteil: Wer jetzt dafür sorgt, dass
die Regeln in Europa verändert werden, der handelt
nicht nur im Interesse deutscher Steuerzahlerinnen und
Steuerzahler, sondern er schützt und bewahrt in Wahrheit
auch den Kerngedanken der Europäischen Union. Neben
Sanktionen ist allerdings auch eine Beteiligung der pri-
vaten Gläubiger nötig, wenn es künftig noch einmal zu

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(C (D olchen Krisen kommen sollte, auch wenn wir alle daran rbeiten, dass sich dieser Fall nicht wiederholt. (Beifall bei Abgeordneten der FDP – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Werden Sie das denn auf dem nächsten Europäischen Rat so beschließen, Herr Außenminister?)


Ja, das ist genau der Punkt, warum ich das hier an-
ühre. Statt das hier zu kritisieren – –


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eine Frage, keine Kritik!)


as, was ich gerade zusammengefasst habe, sollten mei-
es Erachtens in dieser heißen Phase der Verhandlungen
das sage ich vor dem Hintergrund der anstehenden Be-
atungen – nicht die Bundesregierung, die Koalitions-
raktionen alleine verhandeln, sondern eigentlich sollte
eder von Ihnen uns in seinen Kreisen und Parteifamilien
n Europa dabei unterstützen, damit wir Erfolg haben.
as sollten Sie tun, anstatt hier alles immer nur zu kriti-

ieren.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich würde Sie gern unterstützen, aber Sie haben das von der Tagesordnung des Rates abgesetzt!)


Meine Damen und Herren, wie attraktiv Europa ist,
as sehen wir derzeit auch an der Debatte, die wir auf
em westlichen Balkan ausgelöst haben. Auch das muss
och einmal erwähnt werden, weil wir in diesen Tagen
inen bemerkenswerten Erfolg europäischer Diplomatie
rlebt haben, und zwar bei der Frage der Lösung der
onflikte zwischen Serbien und Kosovo. Diese Ange-

egenheit wird bei uns gerne etwas geringgeschätzt, aber
er sich daran erinnert, dass es vor etwas mehr als ei-
em Jahrzehnt noch einen Krieg in dieser Region gab,
nd wer sich an die Konsequenzen erinnert, die das auch
ür uns gehabt hat, der kann die Lösung der Probleme
uf dem westlichen Balkan nur mit voller Aufmerksam-
eit betrachten.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Deshalb haben wir uns um die Lösung der Probleme
ekümmert. Dies hat nicht nur die Bundesregierung,
ondern haben auch viele Verbündete wie zum Beispiel
ie Briten getan. Ich erwähne in diesem Zusammenhang
atherine Ashton, über die oft schlecht geredet wird.
ber das ist in meinen Augen sehr unfair, weil sie genau

n diesem Punkt dazu beigetragen hat, der europäischen
iplomatie zu einem Erfolg zu verhelfen.

Es ist ein großer Erfolg. Die Serben haben ihre Reso-
ution zurückgezogen. Sie haben sich auch auf unsere
nitiative hin der Haltung der 27 EU-Mitgliedstaaten an-
eschlossen. Sie haben erklärt: Wir sind jetzt auch zu di-
ekten Gesprächen bereit. Deswegen sage ich: Dann sind
ir bereit, den Staaten des westlichen Balkans in Zu-
unft die europäische Perspektive anzubieten, die wir ih-
en in den letzten Jahren immer angeboten haben. Sie
aben Wort gehalten, und wir sollten das bei unseren
ntscheidungen in Europa berücksichtigen.





Bundesminister Dr. Guido Westerwelle


(A) )


)(B)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705805100

Herr Kollege Westerwelle, möchten Sie eine Zwi-

schenfrage des Kollegen Sarrazin zulassen?

Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Aus-
wärtigen:

Wer?


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sarrazin!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705805200

Herr Sarrazin.

Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Aus-
wärtigen:

Ist der jetzt auch Mitglied dieses Hauses?


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705805300

Ja, schon seit einiger Zeit.

Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Aus-
wärtigen:

Herr Kollege, ich bitte um Entschuldigung.


Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705805400

Herr Kollege, ich bin nicht nur Mitglied dieses Hau-

ses. Ich gehöre auch einer anderen Fraktion an und habe
andere Überzeugungen.

Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Aus-
wärtigen:

Wenn Sie jetzt noch ein Buch schreiben, bin ich platt.


(Heiterkeit bei der FDP und der CDU/CSU)



Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705805500

Ich habe zwar überlegt, ob ich eine Partei gründe.

Aber ich bin in meiner Fraktion ganz gut aufgehoben.

Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Aus-
wärtigen:

Frau Roth, ich glaube, da haben Sie noch etwas zu
tun.


(Heiterkeit bei der CDU/CSU)



Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705805600

Entschuldigen Sie, dass ich jetzt an dieser Stelle, wo

Sie gerade über Serbien und den Westbalkan reden, eine
Frage zu dem vorherigen Punkt stelle. Uns wurde aus
dem AStV berichtet, dass Deutschland für eine Verta-
gung des Beschlusses von Schlussfolgerungen im Zu-
sammenhang mit den Ergebnissen der Van-Rompuy-
Taskforce, der eigentlich für morgen vorgesehen war,

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(C (D ingetreten ist, weil man vor Überraschungen gefeit sein öchte. Vor diesem Hintergrund frage ich: Glauben Sie nicht uch, dass die Verhandlungsstrategie, in deutschen Meien davon zu sprechen, Stimmrechte auszusetzen und itglieder auszuschließen, nicht ganz so passend war, eil überall Vertragsänderungen notwendig sind? Letzt ndlich sind aus Deutschland keine konstruktiven Löungsvorschläge gekommen, die durchsetzbar sind. Zum hema Stabilität, Stabilitätskultur und Verbindlichkeit ird die Van-Rompuy-Gruppe keine Ergebnisse liefern, bwohl Sie sich dort angeblich sehr engagiert haben. ie stehen Sie dazu? Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Ausärtigen: Es ist zu einfach, wie Sie es schildern. Denn es ist chon etwas schwieriger, mit 27 EU-Mitgliedstaaten mit ehr unterschiedlichen Währungskulturen, Stabilitätsorschriften und Haltungen zu einem gemeinsamen Erebnis zu kommen. Das sei einmal vorausgeschickt. ieses haben auch Regierungen vor uns erlebt, jeden alls die, die das Thema Stabilität noch ernst genommen aben. Ich denke insbesondere an die letzte Regierung on Helmut Kohl. Ja, natürlich. Die gesamte Diskussion über die Euroäische Zentralbank war nichts anderes als Ausdruck unerer Stabilitätskultur. Es ist richtig, dass selbst Länder, mit denen wir eng usammenarbeiten, die Dinge anders bewerten. Wir haen gesagt: Entschieden wird erst, wenn es eine schriftlihe Vorlage gibt; denn wir wollen Ihnen gegenüber verässlich sein und das beachten, was diese Regierung dem ohen Hause zugesichert hat. Das können Sie als Parlaentarier auch erwarten. Sollen wir unverbindlich ündlich etwas beschließen, was nachher von jedem and unterschiedlich interpretiert wird? Sie als Parlaentarier sollten eigentlich Wert darauf legen, dass Sie ei der fundamentalen Frage „Was wird aus dem Euro nd der Stabilität Europas?“ etwas schwarz auf weiß auf em Tisch haben. An anderen Stellen beklagen Sie Geeimabreden, und jetzt schlagen Sie uns ein solches andeln vor. Das funktioniert nicht. Zur europäischen Perspektive zählt in meinen Augen or allen Dingen auch ein Kernanliegen meiner persönlihen Arbeit im Auswärtigen Amt und in Europa, nämich dass wir nicht nur mit den größeren Staaten in uropa gut und solide zusammenarbeiten, sondern dass ir mit der gleichen Aufmerksamkeit und Wertschät ung auch die kleineren und mittelgroßen Staaten in uropa auf gleicher Augenhöhe behandeln. Das ist ein rinzip der ersten zehn, elf Monate meiner Amtszeit geesen. Es ist wichtig, zu begreifen, dass das in unserem igenen Interesse liegt; denn nach dem Lissabon-Vertrag erden diese kleineren und mittelgroßen Staaten in der Bundesminister Dr. Guido Westerwelle )


(Unruhe bei der SPD)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)





(A) )

Findung der europäischen Entscheidungen für uns im-
mer wichtiger und immer bedeutsamer.

Meine Damen und Herren, dazu zählt für mich auch,
dass wir Europa nicht nur als ein Europa begreifen, wie
es jedenfalls diejenigen in den letzten Jahren überwie-
gend wahrgenommen haben, die im Westen der Repu-
blik groß geworden sind, nämlich als ein Westeuropa.
Europa ist für uns nur komplett, wenn wir Europa um-
fassend verstehen. Dazu zählt ausdrücklich auch Ost-
europa.

Ich habe nicht ohne Grund meinen ersten Antrittsbe-
such in Warschau gemacht. Ich bin dafür auch kritisiert
worden. Ich kann Ihnen versichern, das hat zu keinerlei
Verwerfungen in Paris geführt. Viele von Ihnen wissen
auch, dass das stimmt. Aber es hat vor allem im Osten
ein wichtiges Signal gegeben. Die Freundschaft, die wir
zu unseren Nachbarn im Westen als selbstverständlich
erleben, ist – wie wir in den jüngsten Tagen gesehen ha-
ben – gegenüber unseren Nachbarländern im Osten über-
haupt noch nicht selbstverständlich. Wir sind erst dann
zufrieden, wenn wir dieselbe enge Freundschaft zu allen
unseren Nachbarländern – West wie Ost – begründet ha-
ben.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Zu Geschichtsdebatten habe ich alles Notwendige ge-
sagt.

Was das Thema der globaleren Politik angeht, so will
ich jetzt nicht auf alles eingehen. Man müsste viel zur
Türkei sagen. Sie wissen, meine Damen und Herren Kol-
legen, dass ich dazu nie ein öffentliches Wort gescheut
habe, auch wenn es gelegentlich nicht nur Zustimmung
bringt.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Beifall von Ihrer Seite fiel aber bescheiden aus!)


Was die globale Politik angeht, so will ich noch etwas
zur Abrüstungsagenda sagen. Ich nehme mit etwas Be-
unruhigung und sorgenvoll auf, wie bei uns in der öffent-
lichen Debatte zum Teil über Abrüstung gesprochen
wird, als ob Abrüstung ein Thema der 80er-Jahre sei.
Damit wir uns nicht missverstehen: Das richtet sich jetzt
nicht an die Opposition. Das richtet sich ausdrücklich an
niemanden in diesem Hause, sondern grundsätzlich an


(Jan van Aken [DIE LINKE]: Warum sagen Sie das dann?)


– ich sage es Ihnen – to whom it may concern. – Jetzt
sind Sie überrascht, oder? Das war Englisch.


(Heiterkeit bei der FDP)


Meine sehr geehrten Damen und Herren, der entschei-
dende Punkt dabei ist, dass Abrüstung in meinen Au-
gen, und zwar gerade im nächsten Jahrzehnt, eine ebenso
große Bedeutung für die Menschheit haben wird wie das
Thema Klimaschutz. Ich glaube, wir unterschätzen die
Gefahr, die zum Beispiel aus nuklearer Verbreitung für
den Frieden in der Welt und auch für die Bürgerinnen
und Bürger entsteht. Deshalb mag das zurzeit nicht

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(C (D hema auf den Titelseiten sein; ich muss das zur Kenntis nehmen. Dass ein solcher Durchbruch, den wir mit erarbeitet aben, nämlich der Erfolg der New Yorker Überprüungskonferenz zum Nichtverbreitungsvertrag, in den ffentlichen Debatten nicht als eine zentrale Leistung ewürdigt wird, enttäuscht mich und macht mich beorgt; denn wenn sich immer mehr Staaten atomar beaffnen, dann wird die Gefahr, dass Terroristen Zugriff uf solche Waffen nehmen, immer größer. Das ist eine mpfindliche Bedrohung der Menschheit, des Friedens, er Bürgerinnen und Bürger auch in unserem Land. Desegen bleibt es Überschrift und Markenzeichen der Auenpolitik dieser Bundesregierung: Deutsche Außenolitik ist Friedenspolitik. Deutsche Außenpolitik setzt uf Abrüstung und nukleare Nichtverbreitung. Das mag m Augenblick nicht die Titelseiten erreichen. Aber es ist ringend notwendig. Ich werde in der nächsten Woche gemeinsam mit Jaan eine neue Gruppe von Staaten gründen, die sich beonders beim Thema „nukleare Nichtverbreitung und brüstung“ engagieren wollen. Ich bitte um kräftige Un erstützung und Mithilfe bei diesem wichtigen gemeinsaen europäischen und nationalen Projekt. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie der Abg. Uta Zapf [SPD])


Meine Damen und Herren, es gäbe noch eine Menge
ber die strategischen Partnerschaften zu sagen. Ich
enke, Sie wissen, dass man nicht zu allem etwas sagen
ann. Wir müssten viel über die Werteorientierung re-
en.


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Sie sollten etwas zu Afghanistan sagen!)


Dazu habe ich jetzt zweimal eine Regierungserklärung
bgegeben; das wissen Sie. Ich kann aber, wenn Sie es
öchten, gern noch etwas dazu sagen.

Was Afghanistan angeht, so will ich Ihnen ganz klar
agen: Ich mache mir da überhaupt nichts vor. Wir ste-
en vor einem sehr schwierigen Wochenende. Wir sind
ereit, als internationale Staatengemeinschaft unseren
eitrag dazu zu leisten, dass diese Wahlen auch wirklich

rei stattfinden können. Wir appellieren an die afghani-
che Regierung und erwarten von ihr, ihren Beitrag dazu
u leisten, dass diese Wahlen wirklich frei stattfinden
önnen. Zugleich dürfen wir nicht die Illusion verbrei-
en, als seien dort Wahlen mit mitteleuropäischen Maß-
täben zu erwarten. Auch da ist eine Portion Realismus
ngebracht.

Wir werden weitere Rückschläge bei der Sicherheits-
age erleben. Trotzdem bleiben wir bei dem Ziel, das wir
ns gemeinsam in London und Kabul gesteckt haben,
ämlich dass wir uns eine Abzugsperspektive erarbeiten
ollen und dass wir Präsident Karzai bei seinem Ziel un-

erstützen, dass er im Jahre 2014 die Sicherheitsverant-
ortung für sein Land übernimmt. Das heißt nicht, dass
ir uns dann aus der Verantwortung stehlen. Das heißt,
ass die Sicherheitsverantwortung übergeben wird. Das
rwarten die Bürgerinnen und Bürger zu Recht. Bei al-





Bundesminister Dr. Guido Westerwelle


(A) )


)(B)

lem Respekt – Sie können alles kritisieren –: Diese Bun-
desregierung ist die erste Bundesregierung, die diesem
Hohen Hause ein umfassendes Afghanistan-Konzept zur
Beratung vorgelegt hat.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Wir müssten über die strategischen Partnerschaften
sprechen; sie wissen, dass wir im Augenblick in Europa
über China und Indien beraten. Wir müssten über Pakis-
tan und vieles mehr reden. Da wir hier mehrfach darüber
beraten haben, habe ich mir erlaubt, die drei Schwer-
punkte zu unterstreichen, die mir wichtig sind, in Europa
und, was das Thema Abrüstung angeht, international.

Ich möchte zum Schluss nur um eines bitten – –


(Dr. h. c. Gernot Erler [SPD]: Wie wäre es denn mit dem Haushalt?)


– Ich wollte eine Schlussbemerkung zu der Finanzvertei-
lung machen. Herr Kollege, bisher war es immer üblich,
dass die Einbringung des Haushalts eine politische Ein-
bringung ist und nicht das Vorlesen eines Zahlenwerkes.
Hätte ich die Zahlen vorgetragen, würden Sie mir übri-
gens vorwerfen, dass ich nichts zur Politik gesagt hätte.
Da kann man es Ihnen nie recht machen.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die ist gemein, diese Opposition! Die ist fies!)


Ich möchte etwas zu dem sagen, was ich heute in der
Zeitung gelesen habe. Dort heißt es, das Auswärtige Amt
würde beim Haushalt ausgerechnet dort kürzen, wo die
Ausgaben so wichtig seien: bei der zivilen Krisenprä-
vention, bei der humanitären Hilfe, bei der Pflege kultu-
reller Beziehungen zum Ausland. Ich möchte dazu nur
einmal sagen: Für die zivile Krisenprävention hatten Sie
bei Rot-Grün zuletzt 16,5 Millionen Euro in den Haus-
halt eingestellt; im Haushaltsansatz für das nächste Jahr
sind es jetzt 90,3 Millionen Euro.


(Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Hört! Hört!)


Für humanitäre Hilfe hatten Sie im Schnitt 50,7 Millio-
nen Euro im Haushalt; jetzt sind es 78,8 Millionen Euro.
Für die Pflege kultureller Beziehungen hatten Sie im
Jahre 2005, als Sie die Regierung abgegeben haben,
546 Millionen Euro im Haushalt; jetzt sind es
703 Millionen Euro. Ich sage Ihnen eines: Bei den Prio-
ritäten für diesen Haushalt liegt diese Regierung richti-
ger, als Sie es jemals waren.

Ich danke sehr für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705805700

Das Wort hat der Kollege Dr. Rolf Mützenich für die

SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Rolf Mützenich (SPD):
Rede ID: ID1705805800

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Herr Bundesaußenminister, es ist, glaube ich,
nicht zu viel verlangt, dass Sie bei Ihrer Haushaltsrede,

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(C (D ie Sie hier über einen gewissen Zeitraum hinweg gehalen haben, zumindest zum Schluss eine halbe Minute ang über das hätten reden sollen, was eigentlich auf der agesordnung steht, nämlich über Ihren Einzelplan. Ich laube, Sie sind ganz bewusst über diese Frage hinwegegangen. Zum Schluss haben Sie sozusagen ein Zahenspiel vorgelegt, das vollkommen an der Realität voreigeht. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Georg Schirmbeck [CDU/ CSU]: Herr Kollege, welche Zahl war denn falsch?)


ch will in meinen Ausführungen auf diese Frage zu-
ückkommen.

Ich will versuchen, die letzten zehn Monate Revue
assieren zu lassen. Ich will Ihnen überhaupt nicht Pa-
hos und Demut absprechen; Sie haben in den vergange-
en Wochen und Monaten oft genug Pathos und Demut
ezeigt. Sie haben sich auch hingestellt und gesagt: Es
st eine Ehre, diesem Land zu dienen. Ja, das ist es in der
at. Ich glaube aber, man kann unserem Land und der
eutschen Außenpolitik nur dienen, wenn man Engage-
ent, Initiative und Ideen in die Außenpolitik einbringt.
enau das hat in den letzten zehn Monaten nicht stattge-

unden. Ihre Rede hat das dokumentiert.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


ch habe selten einen Außenminister erlebt, der so fanta-
ielos und gleichgültig mit seinem Amt umgegangen ist
ie Sie, Herr Bundesaußenminister.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wenn man sich Ihren Einzelplan für 2011 anschaut,
st es doch viel interessanter, zu schauen, was Sie jetzt
erausstreichen, anstatt ihn mit Zahlen zu vergleichen,
ie vor fünf Jahren aktuell gewesen sind. Sie müssen
inmal die Zahlen zur Kenntnis nehmen, die Sie von Ih-
em Amtsvorgänger übernommen haben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


ann stellt sich das Zahlenwerk ganz anders dar – des-
egen verstehe ich, dass Sie am Anfang gar nicht über
iesen Einzelplan gesprochen haben –: humanitäre
ilfsmaßnahmen im Ausland: minus 20 Prozent, Afrika-
ilfe: minus 22 Prozent, Krisenprävention: minus
0 Prozent, Abrüstung und Rüstungskontrolle – die He-
ausforderung, die Sie eben beschrieben haben –: minus
0 Prozent, Hilfe zur Demokratisierungshilfe und Maß-
ahmen zur Förderung der Menschenrechte – angeblich
in Anliegen der liberalen Partei –: minus 50 Prozent.
as ist ein Dokument der Handlungs- und Ideenlosig-
eit. Das hätten Sie hier anders vertreten müssen.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich will Ihnen einige Beispiele nennen, was für kon-
rete Auswirkungen das hat. Ich will zum einen auf die
umanitäre Hilfe zu sprechen kommen. Wir haben die





Dr. Rolf Mützenich


(A) )


)(B)

Flutkatastrophe in Pakistan erlebt. Ich muss Ihnen ehr-
lich sagen, dass ich mich ein wenig dafür geschämt habe,
wie diese Bundesregierung mit der Hilfe für Pakistan
umgegangen ist, welches Geschachere am Anfang ge-
macht worden ist und wie wenig staatliche Mittel in die
Hand genommen wurden, um das Überleben in Pakistan
überhaupt möglich zu machen. Sie haben an die Deut-
schen appelliert, aber das hilft doch nichts, wenn der
Staat keine Sofortmaßnahmen ergreift. Ich vermisse es,
dass Sie in diesem Haushalt konkrete Ansätze für zu-
künftige Katastrophen bieten, um zum Beispiel einen
Aufbau in den betroffenen Ländern möglich zu machen.
Dafür ist deutsche Außenpolitik angetreten, und Sie set-
zen das auf das Spiel.

Der zweite Aspekt ist der Aufbau von Zivilgesell-
schaften. Auch in diesem Bereich kürzen Sie. Sie haben
eben über die Türkei gesprochen. Das ist sehr interes-
sant. Ich bewundere die Menschen in der Türkei, die
eine Zivilgesellschaft aufbauen und offensichtlich mehr
Angst vor der Vergangenheit haben als vor einer AKP-
Regierung. Das sind insbesondere Künstler und Intellek-
tuelle gewesen. Die müssen wir unterstützen. Frank-
Walter Steinmeier hat das getan, indem er damals die
deutsch-türkische Kulturakademie aufbauen wollte, in-
dem er die deutsch-türkische Universität aufbauen
wollte und indem er die Ernst-Reuter-Initiative unter-
stützt hat. Darüber ist von Ihnen kein Wort zu hören. Sie
kürzen nur. Sie wollen sich aus diesen Initiativen verab-
schieden, und damit schaden Sie dem Aufbau der türki-
schen Gesellschaft, der dringender Unterstützung bedarf.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es ist interessant, dass Sie erst nach einem Zwischen-
ruf auf das Thema eingegangen sind, das Deutschland
und die deutsche Außenpolitik bewegt, nämlich Afgha-
nistan. Sie reden sich heraus, indem Sie darauf hinwei-
sen, dass Sie zwei Regierungserklärungen abgegeben
haben. Aber das Entscheidende ist doch: Wer beherrscht
die innenpolitische, die deutsche Debatte über Afghanis-
tan? Das ist Ihr Kollege, der Verteidigungsminister. Er
führt eine Debatte über Afghanistan, die genau in die fal-
sche Richtung geht. Er stellt die militärischen Initiativen
in den Vordergrund, wo wir doch wissen, dass wir politi-
sche Antworten auf die bestehenden Herausforderungen
brauchen. Dafür sind Sie zuständig, aber Sie sagen dazu
kein Wort.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich komme zu einem weiteren Punkt. Auch hier über-
holt Sie im Grunde genommen Ihr Kollege. Im Kabinett
sind Sie für die Herausforderungen der deutschen Si-
cherheitspolitik zuständig. Wo sind Sie bei den Diskus-
sionen über die Aufgabe der Bundeswehr der Zukunft,
über die originären Fragen der sicherheitspolitischen He-
rausforderung?


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


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(C (D uch dazu hört man von Ihnen kein Wort. Ich muss irklich sagen: Da kommen Sie Ihrem Amt nicht nach, erden Ihrem Amt nicht gerecht. Sie beklagen in der Debatte zurecht – deswegen haen Sie vorhin gesagt, dass sich das nicht an die Opposiion richtet – die mangelnde Aufmerksamkeit in Fragen er Abrüstung. Sie sind mit etwas gestartet, das Sie letztndlich nicht eingelöst haben. Darüber sprechen Sie icht. Ich bedauere das; denn der Deutsche Bundestag at es unterstützt, dass alle taktischen Atomwaffen aus eutschland abgezogen werden sollen. Nun stehen wir or einer neuen Herausforderung. Man erwartet von eiem deutschen Außenminister schon, dass er die Heausforderung annimmt. Die amerikanische Regierung hat gesagt, dass sie mit ussland über die taktischen Atomwaffen verhandelt. as ist gut. Wir sollten das mit sinnvollen Initiativen beleiten und unterstützen. Eine sinnvolle Initiative wäre s, mit Russland einmal darüber zu sprechen, warum sie ie taktischen Atomwaffen noch haben. Russland hat ie, weil es eine konventionelle Überrüstung im NATOebiet befürchtet. Es wäre unsere Aufgabe, diese beiden spekte zusammenzubringen. Sie beklagen etwas, aber ie bringen keine Initiativen ein. Ich erwarte von einem ußenminister, dass er es schafft, in den nächsten drei ahren abrüstungspolitische Initiativen an der Realität zu essen und nicht am Wünschbaren. Das ist die Aufgabe iner klugen Abrüstungspolitik. Hier sind wir wieder beim Thema. Ich habe vermisst, ass Sie über die großen Herausforderungen mit Russand gesprochen haben. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


azu gibt es keine Regierungserklärung. Sie beteiligen
ich an gar keiner Debatte. Die Abrüstung ist nur ein As-
ekt, es geht insbesondere auch um die Menschenrechte
ich habe eben auf den Haushalt hingewiesen – und die
odernisierungspartnerschaft. Wir müssen versuchen,

as Land mit aufzubauen, auch um den wirtschaftlichen
nteressen in Deutschland gerecht zu werden. Auch das
uss man an dieser Stelle sagen. Natürlich wollen wir

uch Handel mit diesem Land betreiben. Kein Wort
azu, weder in den letzten zehn Monaten noch heute.

An die Verhandlungspartner in Jerusalem gerichtet,
agten Sie: Wir wünschen euch viel Glück! Verhandelt
ut! – Es ist im Grunde richtig – das stelle ich überhaupt
icht in Abrede –, dass die USA es als einziges Land
chaffen, beide Parteien zueinanderzuführen. Aber deut-
che und europäische Außenpolitik müssen das doch ab-
edern und letztlich unterstützen. Ich glaube, es wäre
ut, wenn wir die Realitäten in Palästina einfach einmal
ns Auge fassen würden.

Sie reden nicht über den Libanon. An die UNIFIL-
ebatte will ich gar nicht erinnern. Sie waren in Syrien
eim Präsidenten. Ich frage mich: Was ist denn dabei
olitisch herausgekommen? Im Nahen und Mittleren
sten findet eine Entwicklung statt, die mir wirklich

roße Sorgen bereitet. All das zeigt, dass Sie nicht auf
er Höhe der Zeit diskutieren. Sie reden zwar über Ab-





Dr. Rolf Mützenich


(A) )


)(B)

rüstung, aber auf der anderen Seite hörten wir in den
letzten Tagen vom größten Rüstungsgeschäft, das die
USA mit Saudi-Arabien und anderen Ländern durchfüh-
ren will: mehr als 60 Milliarden Dollar. Aufrüstung fin-
det in dieser Region statt. Das ist doch aber nicht die Al-
ternative zu einer klugen Diplomatie für den Persischen
Golf.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Sie müssen mithelfen, diese Länder davon zu überzeu-
gen, ein regionales Sicherheitssystem zu bilden, in dem
nicht Rüstung, sondern Politik die entscheidende Rolle
spielt. Das ist es, was ich von einem deutschen Außen-
minister verlange.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des Abg. Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Viele andere Dinge haben Sie ebenfalls nicht ange-
sprochen. Auch ich habe eine begrenzte Redezeit,
möchte aber noch sagen: Ich glaube, Sie machen sich et-
was vor, wenn Sie nur so über Europa diskutieren. Ich
befürchte, dass sich in Europa eine Gedankenwelt fest-
setzt, in der Deutschland zum ersten Mal nicht mehr an
der Fortentwicklung der europäischen Integration mit-
wirkt. Viele Länder in Europa denken das bereits. Ich
fürchte, Deutschland ist in den Schlusswagen, vielleicht
sogar ins Bremserhäuschen eingestiegen.

Ich glaube, die deutsche Außenpolitik hat eine andere
Aufgabe. Herr Außenminister, es reicht nicht, dienen zu
wollen. Nur durch Ideen, Arbeits- und Gestaltungswillen
verdient man sich Anerkennung und Unterstützung. Lei-
der haben Sie in den letzten zwölf Monaten zu wenig ge-
tan. Sie haben weder Ihrem Haus noch der Außenpolitik
gedient.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705805900

Für die CDU/CSU hat das Wort der Kollege

Mißfelder.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Philipp Mißfelder (CDU):
Rede ID: ID1705806000

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Lieber Herr Kollege Mützenich, Ihre Schlussbe-
merkung fand ich so bemerkenswert, dass ich sie auf-
greifen möchte.

Zunächst einmal möchte ich daher in der Debatte über
diesen Einzelplan dem Minister für die gute Koopera-
tion in dieser Legislaturperiode danken. Ich glaube, dass
man abseits des Getöses von vorhin erstens herausheben
muss, wie gut das Miteinander im Kreis der Obleute und
im gesamten Ausschuss funktioniert, und zweitens sagen
muss, dass eine beispiellos gute Informationspolitik be-
trieben wird. Natürlich würden Obleute der die Regie-

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(C (D ung tragenden Fraktionen, also Herr Stinner und ich, es erne sehen, wenn der Außenminister uns jederzeit exlusiv für Informationsgespräche zur Verfügung stünde. iese Gespräche finden aber immer unter Beteiligung er Opposition statt. So war es kein Zufall, dass die Obeute auch in dieser Woche Gelegenheit hatten, abends usführlich zu diskutieren. Gut, Sie waren an dem bend nicht da, Herr Mützenich. (Dr. Rolf Mützenich [SPD]: Ich konnte nicht! Frau Zapf war da!)


Frau Zapf war da, richtig. – In der Tat ist es aber so, dass
s keinerlei Defizite beim Miteinander und auch keinerlei
nformationsdefizite gibt. Vergleicht man das mit anderen
essorts oder mit der vergangenen Legislaturperiode, so

st ein Dank an den Minister Dr. Westerwelle dafür ange-
racht, dass wir jederzeit Zugang zu allen wichtigen
nformationen, zu allen wichtigen Gesprächen und Hin-
ergründen haben. Das möchte ich einmal lobend heraus-
tellen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


olitisch kann man natürlich immer zu unterschiedlichen
ewertungen kommen. Ich finde aber, dass der gute Stil
es Miteinanders durch Ihre Schlussbemerkung aus-
ahmsweise aufgebrochen wurde.

Wir planen, an vielen Stellen noch enger zu kooperie-
en, wenn es um die gemeinsamen Interessen der Außen-
olitik geht. Dies ist aus meiner Sicht auch dringend not-
endig, weil die Herausforderungen für unser Land und
ie Außenpolitik unseres Landes sehr groß sind und wir
uch nicht vergessen dürfen, dass dies ein historisch be-
onders wichtiges Jubiläumsjahr ist. Vor dem Hinter-
rund 20 Jahre deutsche Einheit, vor dem Hintergrund
er großen Verträge, des Einigungsvertrages und des
wei-plus-Vier-Vertrages, ist es doch bemerkenswert,
it welcher Ernsthaftigkeit heute außenpolitische, euro-

apolitische Debatten geführt werden und welchen Stel-
enwert dies mittlerweile in den Diskussionen hier im
eutschen Bundestag bekommen hat. Die Rolle des ge-

eilten Deutschlands – ich kenne es ja nur aus den Ge-
chichtsbüchern – war eine vollkommen andere als die
olle, die wir heute haben. So haben sich auch die An-

orderungen an Außenminister, an Parlamentarier, aber
atürlich auch an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
es Auswärtigen Dienstes fundamental verändert.

Ich möchte – ich glaube, dass ich hier im Namen von
ns allen spreche – den Mitarbeiterinnen und Mitar-
eitern des Auswärtigen Dienstes erneut danken – dies

un wir mittlerweile in jeder Haushaltsdebatte –, aber
uch den vielen Angestellten, nicht nur dem diplomati-
chen Korps, sondern auch den Ortskräften, die auch in
chwierigen Situationen ihren Dienst für unser Land tun
nd damit einen erheblichen Beitrag dazu leisten, dass
as Ansehen Deutschlands in der Welt in den letzten
0 Jahren gewachsen ist. Diesen Dank möchte ich be-
onders hervorheben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)






Philipp Mißfelder


(A) )


)(B)

Man muss schon sagen – es spielte in der Debatte bis-
her keine Rolle –, dass die Außenpolitik aktuell sehr
starke Akzente setzt. Denken Sie an die Balkan-Politik
der Bundesregierung. Herr Minister, ich finde, das, was
vergangene Woche in Bezug auf Serbien unter tätiger
Mithilfe von Ihnen und unter der Meinungsführerschaft,
die Sie dort für Deutschland errungen haben, erreicht
worden ist, bemerkenswert. Dies ist eine herausragende
Leistung, deren Bedeutung wir jetzt überhaupt noch
nicht absehen können.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Unsere Außenpolitik sollte an drei Maßstäben ausge-
richtet sein – nicht nur an diesen dreien, aber auf diese
möchte ich mich jetzt konzentrieren –: Es geht um die
Wertegebundenheit, um eine interessengeleitete Außen-
politik und um Zielorientierung und Effizienzsteigerung.

Vor ein paar Tagen haben wir – Volker Kauder, unser
Fraktionsvorsitzender, Andreas Schockenhoff, der für
Außenpolitik zuständige stellvertretende Fraktionsvor-
sitzende, und ich – unter dem Gesichtspunkt der Situa-
tion der Christen, aber auch anderer religiöser Minder-
heiten, Südostasien besucht. Gerade dort war es uns ein
besonderes Anliegen, auf die Religionsfreiheit als zen-
trales Thema der deutschen Außenpolitik hinzuweisen
und den Menschen Mut zu machen, in Ländern, wo sie
als Minderheit zum Teil unter Druck stehen, ihren Weg
weiterzugehen und sich engagiert zu ihrer Religion zu
bekennen.

Vor dem Hintergrund der deutschen Integrationsde-
batte dürfen wir nicht vergessen, dass sich Christen in al-
ler Welt in schwierigen Situationen befinden. Es sollte
ein Maßstab unserer konkreten Außenpolitik sein, sich
nicht nur dieser religiösen Minderheit in vielen Ländern,
sondern sich allen religiösen Minderheiten verpflichtet
zu fühlen. Deshalb rufe ich alle meine Kolleginnen und
Kollegen dazu auf, bei ihren Reisen darauf zu achten,
dass sie mit den Botschaften vor Ort, die an dieser Stelle
sehr hilfreich sind, aber auch mit vielen NGOs und wei-
teren Organisationen vor Ort diese Minderheiten in ihre
Besuchsprogramme integrieren. Wertegebundene Au-
ßenpolitik ist eben nicht nur das Besuchen von Reprä-
sentanzen im Ausland, sondern vor allem auch der Dia-
log mit religiösen Minderheiten, um diesen den Rücken
zu stärken und als starke Nation deutlich zu machen,
dass wir hinter ihnen stehen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wir leiten diese wertegebundene Außenpolitik in viele
Handlungsfelder der Politik über. Die Bundesregierung
hat dies offensiv getan mit dem Afrika-Konzept, mit dem
Lateinamerika-Konzept, aber auch zum Beispiel in Form
unseres Antrags zur Religionsfreiheit. Wir können darauf
verweisen, dass dieses Thema für uns weiterhin wichtig
bleibt.

Nichtsdestotrotz treten auch immer mehr Wirtschafts-
interessen in den Blickpunkt unserer Außenpolitik. Auch
in diesem Bereich hat, glaube ich, ein Umdenken stattge-
funden. Früher hat das Wort „deutsche Interessen“ zu

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(C (D ehr vielen reflexartigen ideologieverzerrten Reaktionen eführt. Nein, ich finde, das geschah nicht zu Recht. – Ich bin er Meinung, dass die Menschen uns bezüglich der Auenpolitik – wir diskutieren heute über Steuermittel der eutschen Bürger – zu Recht fragen dürfen: Wofür gebt hr eigentlich Geld im Ausland aus? Was machen die dilomatischen Vertretungen, was machen die Botschafen? Zu welchem Ziel führt das, und welchen Zweck erüllt dies eigentlich? (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Zu Recht!)


Ich möchte für meine Fraktion besonders unterstrei-
hen, dass wir uns der Themen Rohstoffsicherheit und
nergiesicherheit immer mehr annehmen. Wir haben
or kurzem einen großen Kongress dazu mit der Frak-
ion durchgeführt und setzen dies mit vielen Fachgesprä-
hen fort. Natürlich beißen sich an dieser Stelle – nicht
ur manchmal, sondern sehr häufig; denken Sie an
frika – die wertegebundenen Vorstellungen, die wir

inbringen wollen, und die Partikularinteressen einzel-
er Unternehmen.

Nichtsdestotrotz müssen wir versuchen, das miteinan-
er in Einklang zu bringen, um offensiv den Wettbewerb,
n dem wir uns zum Beispiel mit China im Wettlauf um
ohstoffsicherheit befinden, angehen und gewinnen zu
önnen. Wir werden ihn allerdings nur gewinnen können
ich glaube, dass dort in den vergangenen Monaten sehr
ute Fortschritte erzielt worden sind –, wenn wir gemein-
am mit einer europäischen Außenpolitik stärker auftre-
en.

Dies ist beim Thema Rohstoffe besonders schwierig,
eil einige unserer Nachbarn der Meinung sind, sie
önnten dies allein tun. Ich will dafür werben, dass wir
emeinsam weitaus mehr erreichen können. Wenn es um
nergiesicherheit, um Rohstoffsicherheit und um den
ettbewerb mit China geht, müssen wir auf den Erfolg

er Etablierung des Europäischen Auswärtigen Dienstes
erweisen, um sagen zu können, dass wir nun auch ein
onkretes Handlungsinstrument im Ausland haben, um
uropäische Außenpolitik kraftvoll zu personifizieren.
ch stimme dem Minister zu, dass Lady Ashton an dieser
telle eine schwierige Aufgabe hatte, diese Aufgabe aber
was den EAD angeht – auf einem sehr guten Weg ist.
nd wenn wir damit rechnen können, dass eventuell

ine starke deutsche Persönlichkeit diese wichtige Posi-
ion in China einnehmen wird, dann halte ich auch das
ür wichtig.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Meine Damen und Herren, ich möchte mich einem
eiteren Thema, das Interessen der Menschen in Deutsch-

and betrifft, widmen, und zwar der Frage von Sicherheit
nd Frieden. Vorhin ist über Abrüstung geredet worden.
ch glaube, dass wir nicht nur über Abrüstung diskutieren
üssen, sondern auch über die Bereiche, bei denen
eutschland mit entschiedener Härte und mit ganz star-





Philipp Mißfelder


(A) )


)(B)

kem Engagement auftreten muss. Das betrifft aus meiner
Sicht den Iran.

Wenn wir in Deutschland über den Nahen Osten und
auch über die Sicherheitsinteressen Israels diskutieren,
dann hat man den Eindruck, als sei dies alles ziemlich
weit weg. Ich glaube nicht, dass wir es uns leisten kön-
nen, die Debatte unter diesen Vorzeichen zu führen.
Vielmehr glaube ich, dass wir von Anfang an klarma-
chen müssen: Wenn es um die Sicherheit und um das
Existenzrecht Israels geht, dann geht es dabei nicht nur
um Israels Sicherheitsinteressen, sondern um die Sicher-
heitsinteressen der gesamten westlichen Wertegemein-
schaft. Das müssen wir mit voller Härte gegenüber dem
Iran deutlich machen. Wir müssen dort nicht nur rheto-
risch, sondern mit allen zur Verfügung stehenden diplo-
matischen Mitteln stärker auftreten, als dies bisher der
Fall war.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, diese Debatte wird in Is-
rael sehr genau verfolgt. Zu dem, was wir hier im Hause
diskutieren, bekommen wir sehr engagierte und zum Teil
auch sehr kritische Rückmeldungen. Vor diesem Hinter-
grund ist die gute Rolle, die Deutschland im Vermitt-
lungsprozess im Nahen Osten spielt, besonders hervor-
zuheben. Die wahre Bewährungsprobe aber wird die
Auseinandersetzung mit dem Iran sein. Dabei müssen
wir uns mit voller Entschiedenheit auf die Seite Israels
stellen und alles daransetzen, dass deren und die Interes-
sen unserer Freunde dort gewahrt bleiben und dass die
Sicherheitsinteressen der Menschen dort berücksichtigt
werden.

Ich glaube, dass sich die Außenpolitik – auch in einer
Haushaltsdebatte – den Zielen widmen muss, die wir ha-
ben. Jeden Cent, über den wir in den kommenden Wochen
beschließen wollen – insgesamt sind es etwa 3,2 Milliar-
den Euro –, müssen wir vor den Bürgerinnen und Bürgern
rechtfertigen können. Das heißt, wir müssen auf Effi-
zienzsteigerungen setzen. Wir müssen Dinge auch in-
frage stellen. Deshalb ist klar, dass wir auch im Etat des
Auswärtigen Amtes Dinge auf den Prüfstand stellen müs-
sen. Der Minister und unsere Haushaltspolitiker haben
schon an anderer Stelle deutlich gemacht, dass wir insge-
samt eine Balance gefunden haben, mit der die Grund-
struktur der auswärtigen Politik nicht infrage gestellt wird
und mit der wir die bisherige Schwerpunktsetzung beibe-
halten und in Afghanistan sogar massiv intensivieren
können.

Vor diesem Hintergrund bitte ich Sie, sich in den
kommenden Wochen engagiert an der Debatte über den
Haushalt zu beteiligen und einen Beitrag zu leisten, dass
die Arbeit für unser Ansehen in der Welt auch finanziell
gut ausgestattet wird.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Der Kollege Jan van Aken hat jetzt das Wort für die raktion Die Linke. Herr Mißfelder, Sie sind eine Gefahr für dieses Land. (Beifall bei der LINKEN – Widerspruch bei der CDU/CSU und der FDP – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! Der nicht! Da überschätzen Sie ihn!)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705806100

(Beifall bei der LINKEN)

Jan van Aken (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1705806200

enn Sie sich hier hinstellen und von „voller Härte“ ge-
enüber dem Iran sprechen, dann höre ich schon die
anzer rollen. Daran sind Sie mit schuld. Bitte mäßigen
ie sich, oder schweigen Sie stille, wenn es um „volle
ärte“ geht!


(Beifall bei der LINKEN – Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Frau Präsidentin, müssen Sie da nicht eingreifen? Das ist ja furchtbar, was er da erzählt! – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Kollege, da haben Sie jetzt aber wirklich mit Kanonen auf Spatzen geschossen!)


Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr
esterwelle – ist er noch da? –, es gibt in Ihrem Etat ein

aar Ausgaben, die ich liebend gern einsparen würde,
um Beispiel Rüstungslieferungen an ausländische Ar-
een. Das muss man sich einmal vorstellen: Sie sind der

eutsche Außenminister, sozusagen unser oberster Di-
lomat, und Sie finanzieren Rüstungslieferungen. Aber
n diesen Etat gehen Sie gar nicht heran. Richtig radikal
ürzen Sie nur bei den wirklich wichtigen und guten Ele-
enten der Außenpolitik:


(Dr. h. c. Jürgen Koppelin [FDP]: Das ist doch wirres Zeug!)


ei der Abrüstung, bei der Flüchtlingshilfe, bei den Men-
chenrechten und bei der friedlichen Lösung von Kon-
likten.


(Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Guckt mal! Der tritt hier ja mit einem T-Shirt auf!)


Hier wird es meiner Meinung nach richtig gefährlich.
enn Frieden fällt nicht einfach so vom Himmel. Man
uss etwas dafür tun. Konflikte gibt es immer und über-

ll, im Großen wie im Kleinen. Aber manchmal führen
iese Konflikte direkt auf Gewalt und Krieg zu. Es muss
och Ihr wichtigstes Ziel als Außenminister sein, solche
onflikte frühzeitig zu erkennen und zu entschärfen, da-
it sie eben nicht in Gewalt und Krieg enden.


(Beifall bei der LINKEN)


Dafür muss man gar nichts neu erfinden. Was die Me-
hoden der zivilen Konfliktbearbeitung angeht, gibt es
nendlich viele Beispiele aus der Geschichte. Weil Herr
rler heute hier ist, möchte ich ein solches Beispiel nen-
en, wie das konkret funktionieren kann.

Vor drei Jahren drohte Kenia in einem Bürgerkrieg zu
ersinken. Es fand eine Wahl statt, bei der sich zwei ri-





Jan van Aken


(A) )


)(B)

valisierende Parteien gegenüberstanden, diese Wahl ist
ganz knapp ausgegangen, es gab Unruhen und viele
Hundert Tote; Sie alle erinnern sich an die blutigen Bil-
der. Kofi Annan ist als Vermittler aufgetreten und hat
den damaligen Staatsminister Erler eingeladen, um den
beiden Parteien zu erklären, wie eigentlich eine Große
Koalition funktioniert, wie zwei Parteien, die sich ei-
gentlich spinnefeind sind – das waren sich SPD und
CDU ja auch einmal, vor langer, langer Zeit –,


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Das ist lange her! – Dr. h. c. Jürgen Koppelin [FDP]: Das waren SPD und Linke auch einmal!)


ein gemeinsames Programm entwickeln, eine gemein-
same Regierung bilden und vor allem – das ist ja das
Wichtigste – die Posten verteilen können. Der Einsatz
von Herrn Erler hat damals direkt dazu beigetragen, dass
die beiden Parteien in Kenia zusammen eine Regierung
gebildet haben und dass es nicht zu einem Bürgerkrieg
gekommen ist.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Es gibt noch viele andere Beispiele, wie Sie mit zivi-
len Mitteln Gewalt und Kriege rechtzeitig verhindern
können. Wie können Sie, Herr Westerwelle, es da
wagen, an genau diesem Punkt, bei der zivilen Konflikt-
bearbeitung, massive Einschnitte vorzunehmen? Im ge-
samten Haushalt wollen Sie hier 71 Millionen Euro ein-
sparen. Ich sage Ihnen: Wer heute nicht versucht,
Konflikte friedlich zu lösen, der organisiert die Kriege
von morgen.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Das ist einfach nur eine falsche Politik. Wirklich
skandalös wird es allerdings da, wo Sie am Bundestag
vorbeiregieren und unsere Beschlüsse ignorieren. Sie
machen in der Außenpolitik nichts anderes als bei den
Geschenken an die Atomindustrie.


(Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Ach! Nicht schon wieder! Guten Morgen!)


Ich nenne Ihnen zwei Beispiele. Vor zwei Monaten,
am 1. Juli, hat der Bundestag Sie einstimmig dazu aufge-
fordert – ich zitiere –,

… Initiativen zur Verbesserung der humanitären
Lage in Gaza mit allem Nachdruck zu unterstüt-
zen …

„Einstimmig“ heißt, sogar Sie selbst, sogar die Kanzlerin
haben das mitbeschlossen. In Ihrem Haushalt machen
Sie aber genau das Gegenteil. Sie kürzen die Zahlungen
für die UN-Hilfe für palästinensische Flüchtlinge um
1,7 Millionen Euro. Hier mit großartigen Gesten erst
Hilfe zu versprechen und zwei Monate später das Geld
dafür zusammenzustreichen, ist Betrug und Missachtung
unserer Beschlüsse hier im Parlament.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D Genau das Gleiche machen Sie auch im Hinblick auf en Sudan. Am 25. März dieses Jahres hat der Bundesag Sie – wiederum mit Ihren eigenen Stimmen – aufgeordert, sich für die Entsendung von mehr Menschenechtsbeobachtern in den Sudan einzusetzen. Aber jetzt ürzen Sie die Zahlungen für die Menschenrechtseobachter der UN um 1,6 Millionen Euro. Das, was ie, Herr Westerwelle, hier machen, ist eine Gefahr für ie Demokratie. Sie regieren Tag für Tag an Volk und arlament vorbei und führen sich dabei auf wie König uido der Viertelvorzwölfte. Damit machen Sie auf auer die Demokratie in Deutschland kaputt. (Beifall bei der LINKEN – Karl-Georg Wellmann [CDU/CSU]: Haben Sie auch noch etwas Ernsthaftes zu bieten oder nicht?)


Im Übrigen bin ich der Meinung, dass Deutschland
eine Waffen mehr exportieren sollte. Die Welt braucht
icht mehr Waffen, sondern weniger Waffen.


(Beifall bei der LINKEN)


hnen müsste eigentlich die Schamesröte ins Gesicht
teigen, wenn Sie sich, wie gerade geschehen, hier hin-
tellen und sagen – ich zitiere Sie –: Abrüstung hat
ür uns eine ebenso große Bedeutung wie der Klima-
chutz. – Dann kann ich nur sagen: Gute Nacht, Klima-
chutz! Denn die Mittel für Abrüstung streichen Sie radi-
al um 19 Millionen Euro zusammen. Meine Fraktion
nd ich finden das einfach nur noch unverschämt.


(Beifall bei der LINKEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705806300

Kerstin Müller hat jetzt das Wort für Bündnis 90/Die

rünen.

Kerstin Müller (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
EN):
Meine Damen und Herren! Herr Außenminister, Sie

aben hier zwar einiges zur europäischen Finanzpolitik
nd auch ein bisschen zu Europa gesagt, aber ich hätte
igentlich erwartet, dass Sie auch etwas zu einem weite-
en zentralen Thema Europas sagen, nämlich zur Tür-
ei; denn ich meine, dass es richtig wäre, wenn der
eutsche Bundestag das würdigen würde, was am Sonn-

ag da passiert ist: ein wirklich beeindruckendes Refe-
endum.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


58 Prozent der Menschen in der Türkei haben sich für
entrale Verfassungsänderungen ausgesprochen. Ich
inde die Botschaft wirklich klar: Sie wollen demokrati-
cher, liberaler und weltoffener werden, und das Land
rientiert sich ganz klar nach Europa und nicht nach Te-
eran, wie es in der Debatte gesagt wird. Sie sagen Ja
ur Modernisierung. – Ich glaube, dass das seit Jahr-
ehnten der wirklich ernsthafteste Schritt der Türkei in
ichtung Beitrittsfähigkeit und Reformen ist. Dennoch
önnen sich die EU und allen voran Deutschland nicht
ntscheiden, ob sie die Tür zuschlagen oder aufstoßen





Kerstin Müller (Köln)



(A) )


)(B)

wollen. Ich muss sagen: Eine solche Reaktion finde ich
kontraproduktiv und völlig unangemessen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Sie haben im Koalitionsvertrag eine Formel, nach der
der EU-Beitritt ein Prozess mit offenem Ende sei. Ich
glaube, dass sie offensichtlich nichts mehr wert ist; denn
einerseits haben Sie, Herr Außenminister, das Referen-
dum ja zumindest begrüßt – ich meine, in dem Fall zu
Recht –, andererseits wurden Sie sofort von der CSU zu-
rückgepfiffen, und zwar zum Beispiel mit der Ansage
des Vizechefs der EVP – ich zitiere –: „Westerwelle soll
der Türkei reinen Wein einschenken, der EU-Beitritt
wird sowieso nicht kommen.“

Mich würde interessieren, was Herr Polenz dazu
meint. Er hat nämlich ein gutes Buch geschrieben: Bes-
ser für beide: Die Türkei gehört in die EU.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Philipp Mißfelder [CDU/CSU]: Keine Schleichwerbung hier, bitte!)


Leider ist das nicht Regierungslinie. Man fragt sich, was
Regierungslinie in diesem Punkt ist. Ich meine, wenn
das Recht in Europa noch etwas gelten soll, dann muss
es dabei bleiben: Der Beitritt der Türkei entscheidet sich
einzig und alleine daran, ob die Türkei die Beitrittskrite-
rien erfüllt, und nicht nach politischer Opportunität.

Ich bin der festen Überzeugung: Eine modernisierte
Türkei in der EU wäre eine zentrale Brücke in den Na-
hen Osten, in die islamische Welt, und würde weit mehr
zur Stabilisierung dieser krisengeschüttelten Region bei-
tragen als irgendetwas anderes, und deshalb müssen wir
die Türkei ermutigen, auf diesem Weg weiter voranzuge-
hen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Herr Westerwelle, irgendwie kann ich mich allerdings
des Eindrucks nicht erwehren: Egal was Sie machen, Sie
schaffen es nicht, Tritt zu fassen und damit der deut-
schen Außenpolitik genügend Gewicht zu verleihen.
Entweder werden Sie vom Koalitionspartner sofort zu-
rückgepfiffen, wenn Sie einmal etwas machen, was gut
und richtig ist – zum Beispiel bei der Türkei; allerdings
war er da heute ganz leise –, oder Sie schweigen gleich
ganz zu zentralen Feldern der deutschen Außenpolitik.


(Philipp Mißfelder [CDU/CSU]: Zum Beispiel?)


Mit nur einem Satz haben Sie heute zum Beispiel et-
was zum Nahen Osten gesagt. Das ist meiner Meinung
nach ein zentrales Feld der deutschen Außenpolitik. Es
wurde zwar der deutsch-palästinensische Lenkungsaus-
schuss eingerichtet – das ist eine gute Geschichte –, aber


(Dr. Rainer Stinner [FDP]: Ja, Beifall!)


– ich habe das nie anders bewertet – in den gerade wie-
der aufgenommenen direkten Verhandlungen spielt
Deutschland nach allem, was ich weiß, keine Rolle.

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(C (D abei versucht die Obama-Administration unter weitus schwierigeren Rahmenbedingungen als seinerzeit linton in Camp David, einen Frieden zu vermitteln; enn die Konfliktlinien liegen nicht nur zwischen Abbas nd Netanjahu, sondern inzwischen auch außerhalb der erhandlungspartner. Da ist zum Beispiel die Hamas, die für die Spaltung es palästinensischen Lagers und für die Fragen steht, ie weit eigentlich Abbas’ Mandat reicht und ob eine weistaatenlösung ohne Gaza vorstellbar ist. Daneben st das Erstarken des Iran als Regionalmacht und poteniellem Spoiler der Verhandlungen zu nennen, der mit er Hamas in Gaza und der Hisbollah im Libanon bereits wei Speerspitzen in Stellung gebracht hat und je nach eherans Gusto den Konflikt durch Anschläge eben aneizen kann. Es geht inzwischen also sogar um viel mehr als um iese alten Linien im Nahostkonflikt. Es geht um die euordnung einer zentralen Region im Weltgefüge. Desalb verstehe ich die Schweigsamkeit der deutschen Dilomatie nicht. Wo ist der deutsche Außenminister in iesem Konflikt, an dessen Regelung wir ein ganz stares Interesse haben? Sie können noch so oft sagen: Wir aben ein tolles Lateinamerika-Konzept gemacht. Auch as ist natürlich schön. Aber gerade hier, unmittelbar vor nserer Haustür, ist meines Erachtens die deutsche Dilomatie gefragt. Ich war gerade in der Region. Bereits am 26. Septemer – das ist schon sehr bald – könnten die Verhandlunen zu Ende sein, wenn es, wie von Netanjahu angekünigt, nicht zu einem Siedlungsstopp kommt und Abbas ann den Verhandlungstisch verlässt. Anders als früher ibt es aus der israelischen Gesellschaft keinen Druck uf Netanjahu, das Moratorium zu verlängern oder zu rgebnissen zu kommen. Deutschland gilt als wichtigster Verbündeter Israels in uropa, direkt nach den USA; dies hat eine neue Um rage ergeben. Ich meine, gerade der Gaza-Antrag, den ir hier alle beschlossen haben, hat gezeigt: Israel ist es icht egal, wie gute Freunde reagieren. Das Kabinett hat uf internationalen Druck letztlich eingelenkt und seine aza-Politik revidiert. Ich meine, wir können jetzt nicht asitzen und auf die USA wie das Kaninchen auf die chlange starren, sondern wir müssen dem guten Freund srael auch einmal sagen: Bis hierher und nicht weiter. Ein Haupthindernis für den Frieden sind die Siedlunen. Israel muss bereit sein, die Besatzung zu beenden. in erster Schritt wäre eine Verlängerung des Siedlungstopps. Zumindest für die Dauer der Verhandlungen, eine Damen und Herren, sollte Israel dazu bereit sein. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Hier sind klare Worte und Initiativen des deutschen
ußenministers und auch der Bundeskanzlerin gefragt.
ie ist eine Freundin Israels. Das ist gut, aber jetzt wäre
s notwendig, hinzufahren und zu reden. Man muss das
ar nicht als Lautsprecher machen, sollte aber zumindest
ntervenieren, um die amerikanischen Bemühungen zu





Kerstin Müller (Köln)



(A) )


)(B)

unterstützen. Die Amerikaner fragen uns nämlich in Ge-
sprächen: Wo sind eigentlich die Europäer? Wo sind die
Deutschen, die uns an einer solchen Stelle einmal unter-
stützen könnten? An dieser Stelle kommt wenig bis gar
nichts.

Bei anderen zentralen Themen ist es ähnlich, zum
Beispiel bei der Bundeswehrreform. Auch dazu haben
wir nichts von Ihnen gehört. Sie überlassen die Debatte
vollständig dem Verteidigungsminister, obwohl ich
finde, dass ein Wort des Außenministers nötig wäre, da-
mit das Militärische in der deutschen Außenpolitik in
Zukunft nicht eine noch stärkere Rolle erhält. Das droht
nämlich, wenn sich das Konzept von Herrn zu
Guttenberg durchsetzt. Darin ist von einem „ganzheitli-
chen Ansatz“ die Rede, habe ich in diesem Vorkonzept
gelesen. Aber was ist das für ein ganzheitlicher Ansatz,
wenn nur das Militärische ausbuchstabiert wird und das
Zivile zu kurz kommt? Ich glaube, die deutsche Außen-
politik muss hier dafür sorgen, dass es in die richtige Ba-
lance kommt. Zivile Instrumente sind erste Wahl, militä-
rische Mittel ganz klar letzte Wahl.

Stattdessen – Kollege Mützenich hat es angesprochen –
wird dann genau in diesem Bereich gekürzt: der Etat für
zivile Krisenprävention um ein Drittel, die Demokrati-
sierungshilfe um die Hälfte. Der Aktionsplan „Zivile
Krisenprävention“ wird sowieso links liegen gelassen,
obwohl ich finde, dass er durchaus helfen könnte, das zi-
vile Profil der deutschen Außenpolitik zu stärken. Kurz:
Beim Thema zivile Krisenprävention sind Sie mutlos
und ohne Visionen. Ich glaube, damit schadet man den
zentralen Anliegen deutscher Außenpolitik, für die die
Verhütung von Konflikten und der Einsatz ziviler Mittel
Vorrang hat.

Meine Damen und Herren, Schweigen ist meiner
Meinung nach nicht die höchste Form der Diplomatie.
Wir erwarten vom deutschen Außenminister, dass er sich
zumindest in denjenigen Krisengebieten Gehör ver-
schafft und als ernsthafter Makler auftritt, wo Deutsch-
land Einfluss nehmen kann und muss: zum Beispiel im
Nahen Osten und in Afghanistan. So, wie es jetzt läuft
– im Höchstfall mit den anderen mitlaufen –, verlieren
wir an Einfluss. Herr Westerwelle, Sie müssen das än-
dern. Sie müssen politische Initiativen ergreifen. An-
sonsten gehen Sie vielleicht als Don Quichotte, als „Rit-
ter der traurigen Gestalt“, in die Geschichte ein, der
gegen Windmühlen kämpfte und doch nichts bewegte.
Ich glaube, das wäre nicht so nett, oder? Für das Land
wäre das nicht gut.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705806400

Der Kollege Dr. Rainer Stinner hat jetzt das Wort für

die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Rainer Stinner (FDP):
Rede ID: ID1705806500

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-

legen! Wenn ich mir den Verlauf der Debatte von heute

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(C (D orgen vergegenwärtige, dann habe ich das Gefühl, ass wir hier im falschen Film sind. enn ich mir die Einlassungen des Oppositionsführers zw. des Parteivorsitzenden der SPD von heute Morgen ur Außenpolitik vergegenwärtige, dann kann ich Ihnen, iebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, nur empfehen: Den Probevertrag des Praktikanten, der diese Rede eschrieben hat, würde ich nicht verlängern. (Heiterkeit und Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Michael Link [Heilbronn] [FDP]: So ist es!)


ies zeigt ein weiteres Mal, dass in Ihrer Partei Außen-
olitik bei der Parteiführung nicht die geringste Rolle
pielt. Herr Gabriel hat heute Morgen seine unsägliche
röffnungsrede zu Außenpolitik und Afghanistan von
nfang dieses Jahres fortgesetzt. Das ist keine ernstzu-
ehmende Opposition für uns.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die Redner der Opposition, die sich hier abgearbeitet
aben, haben sich an dem Parteipolitiker Westerwelle
nd bedauerlicherweise zum Teil auch an dem Men-
chen Westerwelle abgearbeitet. Ihre Einlassung zum
chluss, Herr Mützenich – Sie wissen, dass ich Sie
chätze –, war durchaus grenzwertig. Ich möchte jetzt
ieder zu außenpolitischen Themen zurückkehren.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dieser Haushalt ist der erste Haushalt unter den
edingungen der Schuldenbremse, dem die Regierung
echnung tragen musste. Das hat sie getan, und zwar
erantwortungsvoll und mit der entsprechenden Schwer-
unktsetzung. Wir haben das Vermächtnis der alten Re-
ierung übernommen, und die jetzige Regierung geht
erantwortungsvoll damit um.

Es sind einige Kritikpunkte genannt worden. Herr van
ken, Sie sind offensichtlich nicht bereit, sich den Haus-
alt etwas genauer anzuschauen. Wie kommt es denn,
ass sich bei einigen Positionen Veränderungen ergeben
aben? Das liegt zum Beispiel daran, dass sich das Ab-
racken russischer Atom-U-Boote langsam dem Ende
ähert. Deshalb werden dafür keine Mittel mehr bereit-
estellt. Das ist richtig und wichtig, und es ist gut so. So
erden wir auch weiter vorgehen. Wir werden keine
ittel für russische Atom-U-Boote bereitstellen, die es

ar nicht mehr gibt. So wird diese Regierung nicht arbei-
en.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Jan van Aken [DIE LINKE]: Andere Abrüstung gibt es nicht?)


Der Grundvorwurf ist, dass Minister Westerwelle und
iese Regierung nichts erreicht haben.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


as ist völlig falsch. Ich kann nur einige Punkte anspre-
hen. Was Afghanistan angeht, wissen wir alle, dass die
ituation schwierig ist. Kein Mensch – weder der Minis-





Dr. Rainer Stinner


(A) )


)(B)

ter noch wir – sagen, dass die Situation rosig ist. Aber
vergleichen Sie die Situation der deutschen Politik heute
mit der vor zehn Monaten! Dann werden Sie sehen, dass
in der Zwischenzeit die Konferenz in London stattgefun-
den hat, angestoßen von Deutschland und organisiert
von diesem Außenminister. Das Ergebnis der Konferenz
in London ist, Herr Mützenich – das haben Sie in Ihrer
Amtszeit nicht geschafft –, dass wir erstmals in der
NATO ein einheitliches Gesamtkonzept haben.

Sie haben von vernetzter Sicherheitspolitik geredet.
Wir tun etwas. Die Zusammenarbeit zwischen Auswärti-
gem Amt und BMZ ist beispielhaft. Kann sich jemand
von Ihnen vorstellen, liebe Kolleginnen und Kollegen,
dass Herr Steinmeier und Frau Wieczorek-Zeul in einem
Flugzeug gereist wären? Das kann ich mir beim besten
Willen nicht vorstellen.


(Heiterkeit und Beifall bei der FDP)


Die beiden Minister sind gemeinsam nach Afrika ge-
reist und haben dort die wichtige Botschaft übermittelt,
dass in Deutschland tatsächlich erstmals – darin sind wir
besser als vor einem Jahr; das können Sie sich hinter die
Ohren schreiben – eine Vernetzung in aktueller Politik
zwischen den einzelnen Ressorts erfolgt.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das Thema Balkan ist angesprochen worden. Ich
sage es sehr knapp: Was wir erlebt haben, ist mit drei
Namen verbunden, die ich in der Reihenfolge nenne, wie
ich sie sehe: Westerwelle, Hague und Ashton. So einfach
ist die Welt. Ohne das energische und zupackende Ein-
greifen von Westerwelle in Serbien wäre es nicht so weit
gekommen. Das ist auch ein Erfolg deutscher Außen-
politik. Damit stehen wir besser da als vor einem Jahr.
Das müssen Sie zur Kenntnis nehmen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das nächste Thema ist der Nahe Osten. Frau Müller,
Sie glauben doch nicht ernsthaft, dass wir bei diesen
Verhandlungen eine wesentliche, eigenständige deutsche
Verhandlungsrolle spielen können. Das wollen Sie uns
sicherlich nicht vormachen. Das meinen Sie doch selber
nicht. Ich kenne Sie doch, Frau Müller.

Außenminister Westerwelle hat dazu beigetragen,
dass das Quartett, das im Tiefschlaf lag – ich habe einige
Kameraden persönlich besucht und kann Ihnen sagen,
dass der Schlaf sehr tief war –, aufgeweckt wurde. Jetzt
gibt es eine neue Initiative des Quartetts. Auch damit
stehen wir besser da als vor einem Jahr, Herr Mützenich.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Thema Auslandseinsätze: Afghanistan habe ich
schon erwähnt. Ich weise nur kurz darauf hin, dass wir
bei UNIFIL eine Umorientierung auf das Wichtige und
Richtige vorgenommen haben, nämlich die Ausbildung
der libanesischen Armee. In diesem Punkt sind wir bes-
ser als vor einem Jahr. Wir verkleinern die Auslandsein-
sätze dort, wo es möglich ist.

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(C (D (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sagen die Unwahrheit!)


m Kosovo haben wir die KFOR-Truppenstärke von
5 000 auf 10 000 und dann auf 5 000 Soldatinnen und
oldaten gesenkt. Darin sind wir besser als vor einem
ahr, Herr Ströbele.

Wir haben lange gefordert, dass das Auswärtige Amt
ndlich Regionalkonzepte vorlegt. Wir haben ein Regio-
alkonzept vorgelegt, das erfolgreich implementiert
orden ist. Damit sind wir besser als vor einem Jahr,
err Mützenich. Das hat Ihre Regierung nicht zustande
ebracht, obwohl Sie es eigentlich auch wollten.

Wir sind in einem weiteren Punkt besser, in dem wir –
as gestehe ich zu – sicherlich nicht einer Meinung sind:
er Außenminister sieht seine Aufgabe auch ganz klar
arin, die deutschen wirtschaftlichen Interessen im
usland zu vertreten. Ich weiß, das ist ideologisch kon-

rovers. Sie wollen das nicht. Aber ich biete Ihnen an,
iebe Kollegen von der SPD: Falls es in Ihrem Wähler-
tamm noch Arbeiter gibt, besuche ich jeden Arbeiter-
tammtisch und diskutiere darüber, ob es auch Aufgabe
es Außenministers ist, Außenwirtschaftspolitik zu be-
reiben. Ich glaube, dass ich recht bekomme und nicht
ie. Bei den Grünen ist das kein Thema. Sie haben keine
rbeiter in den eigenen Reihen. Die Lehrerinnen und
ehrer bei Ihnen sind so abgesichert, dass das kein
hema ist.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dass die Welt nicht in Ordnung ist, ist völlig klar; das
issen wir. Aber ich konnte an diesen wenigen Beispie-

en darlegen, dass der Anwurf und der Angriff, dass
iese Bundesregierung außenpolitisch nichts zustande
ebracht hat, völlig falsch sind und herbeigeredet sind.
ber das wird nicht verfangen. Ich bin gerne bereit, das
och zu vertiefen, wenn Sie mir längere Redezeiten ge-
en, und zwar jederzeit und jeden Tag.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das macht Ihre Fraktion! Das ist nicht unsere Aufgabe!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705806600

Der Kollege Klaus Brandner spricht jetzt für die SPD-

raktion.


Klaus Brandner (SPD):
Rede ID: ID1705806700

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten

olleginnen und Kollegen! Minister Westerwelle hat in
einen Reden die Marke „made in Germany“ zum
ennzeichen seiner Außenpolitik erklärt. „Made in Ger-
any“ ist – darin stimme ich Ihnen zu, Herr Minister –

in Markenzeichen bei Produkten und Dienstleistungen.
as ist auch ein Markenzeichen deutscher Außenpolitik,
enn Qualität, Kontinuität und Verlässlichkeit dahinter-

tehen.





Klaus Brandner


(A) )


)(B)

Qualität, Kontinuität und Verlässlichkeit, das ist, was
viele Menschen mit dem Angebot unserer auswärtigen
Kultur- und Bildungspolitik verbinden. Deshalb freue
ich mich, dass auch in diesem Jahr wieder fast ein Vier-
tel des Etats in diesen wichtigen Bereich der deutschen
Außenpolitik investiert wird. Das ist ein Zeichen der
Kontinuität, das gerade wir Sozialdemokratinnen und
Sozialdemokraten zu schätzen wissen.

Im Gegensatz zu dem, was der Minister gerade vorge-
tragen hat, lässt sich anhand der Zahlen aber deutlich
machen, wer tatsächlich dafür steht. Im Jahr 2005 wur-
den in diesem Etatbereich 546 Millionen Euro zur Verfü-
gung gestellt. Dann wurde dieses Themenfeld unter dem
damaligen Bundesaußenminister Steinmeier kontinuier-
lich ausgebaut. 2009 stiegen die Mittel auf 726 Millio-
nen Euro. Schon 2010 wurden die Mittel von der schwarz-
gelben Bundesregierung um 3 Millionen Euro gesenkt.
In diesem Jahr sollen sie auf 703 Millionen Euro gesenkt
werden. Daran kann man sehr schnell sehen, wer für
Kontinuität steht, wer der deutschen Außen-, Kultur-
und Bildungspolitik höchste Bedeutung beigemessen hat
und beimisst und wer nicht.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Gunther Krichbaum [CDU/CSU]: Frenetische Ovationen!)


Es ist gut zu wissen, dass auch in diesem Jahr die
politischen Stiftungen, die Auslandsschulen, der DAAD
und viele Akteure im Bildungsbereich in der deutschen
Außenpolitik durch stabile Mittelansätze Wertschätzung
für ihre Arbeit erfahren. Es wird aber deutlich, dass die
Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister
einen sehr gespaltenen Haushaltsentwurf vorgelegt ha-
ben; denn allein die Beispiele, die ich gerade genannt
habe, reichen für eine verlässliche und qualitativ hoch-
wertige Politik „made in Germany“ nicht aus.

Noch zu Jahresbeginn haben Sie, Herr Minister, hier
an gleicher Stelle neben der auswärtigen Kultur- und
Bildungspolitik weitere Schwerpunkte Ihrer Außenpoli-
tik vorgestellt, zum Beispiel die Friedens- und Abrüs-
tungspolitik. Wo finden wir nun diese Schwerpunkte im
Haushaltsplan wieder? Die Mittel für die Unterstützung
von internationalen Maßnahmen auf den Gebieten der
Krisenprävention, der Friedenserhaltung und Konflikt-
bewältigung sollen um rund 30 Prozent gekürzt werden,
und das, obwohl der Bedarf an solchen Maßnahmen
nicht geringer, sondern eher größer geworden ist.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Kontinuität und Verlässlichkeit als Markenzeichen deut-
scher Außenpolitik sehen aus meiner Sicht anders aus.

Bei den Maßnahmen der Abrüstung, Rüstungs-
kontrolle und Nichtverbreitungszusammenarbeit sind
es sogar rund 32 Prozent, um die die Mittel gekürzt wer-
den sollen. Ich erkenne nicht, dass die Bedarfe entfallen
sind. Sie haben in Ihrer Rede gerade vor wenigen Minu-
ten noch deutlich gemacht, welche große Bedeutung Sie
diesem Themenfeld beimessen und welche Aufgaben-
stellungen Sie für sich und Ihr Haus sehen. Aber Ihre

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(C (D ittelkürzungen in diesem Etat stehen in fundamentaem Widerspruch zu dem, was Sie gerade vorgetragen aben. (Beifall bei der SPD sowie des Abg. SvenChristian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


ehr geehrter Herr Minister, noch zu Jahresbeginn haben
ie die deutsche Friedenspolitik und die Maßnahmen zur
brüstung und Nichtverbreitungszusammenarbeit als
as Wertvollste bezeichnet, das Deutschland an politi-
chem Inventar zu bieten hat. Nur acht Monate später
ollen die Ansätze um beinahe ein Drittel gekürzt wer-
en. Ich sage es deutlich: Das entspricht nicht meinem
ild von Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit.

Herr Minister, Sie betonen, dass deutsche Außenpoli-
ik wertegeleitet ist und bleiben muss. Ja, ich glaube, wir
lle hier im Hause stimmen dem uneingeschränkt zu;
och ich frage mich, welche Werte gemeint sein könn-
en, wenn zum Beispiel der Mittelansatz für die humani-
ären Hilfsmaßnahmen, über die wir gerade gesprochen
aben, um 20 Prozent gekürzt wird, und das angesichts
er furchtbaren Katastrophen, die wir im letzten Jahr in
aiti, in Chile oder jetzt in Pakistan zu beklagen haben.

Am Schluss Ihrer achtzehnminütigen Rede haben Sie
wei Minuten gebraucht, um zu sagen, wer die Vorgän-
er waren, was diese gemacht haben und was Sie ge-
acht haben. Dazu will ich Ihnen eines sagen: Wir sind

005 mit 53 Millionen Euro für humanitäre Hilfe gestar-
et, aber es wurden 71 Millionen Euro ausgegeben. Die
amalige Große Koalition hat daraus die Lehren gezo-
en und den Titel erheblich aufgebaut. 2009 waren es
02 Millionen Euro. Im letzten Haushalt, den Sie zu ver-
ntworten haben, ging man schon auf 96 Millionen Euro
erunter. Auch darüber wurde gestritten. Jetzt haben Sie
ur noch 76 Millionen Euro in diesem Haushalt vorgese-
en. Von einem Ausbau Ihres Haushalts in Ihren politi-
chen Kernfeldern kann wahrlich keine Rede sein.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich will gar nicht sagen, dass ich – wie viele andere
ürger in diesem Land – darüber beschämt war, mit wel-
hen Kleinstbeträgen ein ökonomisch so starkes Land
ie Deutschland den Menschen in Pakistan angesichts
er Katastrophe zu Hilfe gekommen ist. Ich frage mich
ei diesem Punkt auch, von welchen Werten die deut-
che Außenpolitik geleitet wird, wenn der Titel „Demo-
ratisierungs- und Ausstattungshilfe, Maßnahmen zur
örderung der Menschenrechte“ um über 50 Prozent ge-
ürzt werden soll. Ich finde, hier wäre der richtige Ort,
m Deutschland zu präsentieren, indem wir dank der an-
rkannten Arbeit der Hilfsorganisationen zur Stelle sind,
enn Hilfe dringend gebraucht wird. Das wäre eine Au-
enpolitik „made in Germany“, wie ich sie mir vorstelle.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Meine Damen und Herren, wir können hier nicht über
en Etat des Auswärtigen Amtes sprechen, ohne Afgha-
istan zu erwähnen. Um es gleich vorwegzunehmen:
ie zivilen Wiederaufbauhilfen sind nötig und richtig,





Klaus Brandner


(A) )


)(B)

doch dieser besondere Bedarf braucht aus meiner Sicht
auch eine schlüssige und besondere Finanzierung. Noch
vor wenigen Monaten hat meine Fraktion der Verdoppe-
lung der Mittel für die Afghanistan-Hilfen zugestimmt,
weil sie zusätzlich, also on top, zum Einzelplan 05 ver-
anschlagt wurden und somit nicht die Handlungsfähig-
keit des Auswärtigen Amtes in anderen Regionen der
Welt gefährdeten.

Heute finden wir einen Haushaltsentwurf vor, bei dem
ein Drittel der Mittel für die politischen Kernaufgaben
ausschließlich in eine Region, nämlich nach Afghanis-
tan, fließen soll. Das ist eine Entwicklung, die wir so
nicht unterstützen können. Ich sage es deutlich: Das
Auswärtige Amt muss überall in der Welt politisch hand-
lungsfähig bleiben und darf nicht ein Regionalbüro für
Afghanistan werden.

Herr Minister, viele haben mir gesagt, dass Sie mit Ih-
rer Zustimmung zu den tiefen Einschnitten nur Ihren
solidarischen Beitrag zu den Kürzungsmaßnahmen der
Bundesregierung leisten wollten. Ich begrüße es, wenn
Menschen mit anderen solidarisch sein wollen. In die-
sem Fall kann ich diesen Begriff von Solidarität aber
nicht nachvollziehen. Für mich ist Solidarität ein Prin-
zip, das die Verantwortung der Stärkeren gegenüber den
Schwächeren betont. Ich verstehe deshalb nicht, dass die
Leistungen für die Ärmsten und Armen in Katastrophen-
und Krisengebieten zum Beispiel nur gekürzt werden,
um die Steuergeschenke an Hoteliers und reiche Erben
nicht rückgängig machen zu müssen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Und wie ist es mit den Spenden an die Lobbyisten der Solarenergie?)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705806800

Herr Kollege, meinen Sie, Sie könnten zum Ende

kommen?


Klaus Brandner (SPD):
Rede ID: ID1705806900

Das verstehe ich jedenfalls nicht unter Solidarität

oder unter einer wertegeleiteten Politik „made in Ger-
many“. Ich baue darauf, dass im Rahmen der Haushalts-
beratungen gemeinsam für diese Werte gestritten wird.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD – Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Wir hätten gern gewusst, wie viel Geld die Solarlobby von der SPD bekommen hat!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705807000

Das Wort hat jetzt der Kollege Thomas Silberhorn für

die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


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(C (D Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und erren! Kaum ein Thema hat Europa und die ganze Welt n diesem Frühjahr mehr in Atem gehalten als die Krise es Euro. Seither sind viele gute Vorsätze gefasst woren, aber man hat den Eindruck, dass der Reformeifer chon merklich erlahmt ist. Deswegen werden wir sehr genau beobachten müsen, was Van Rompuy mit seiner Arbeitsgruppe morgen m Rahmen des Sondergipfels der Staatsund Regieungschefs vorlegt. Es ist bislang durchgesickert, dass er einzige Vorschlag, der auf Konsens stoßen könnte, arin besteht, ein europäisches Semester einzuführen. ch begrüße zwar diese Zielrichtung und begrüße auch, ass dabei das Budgetrecht der nationalen Parlamente icht angetastet wird, aber das wird zu wenig sein. Wir önnen nicht mit lauen Kompromissen auf eine solche ewaltige Krise reagieren. Wir haben bei den Turbulenen auf den Finanzmärkten festgestellt, dass die Akteure uf diesen Finanzmärkten geradezu unerbittlich komproisslos reagieren. Deswegen wird man Vertrauen auf iesen Märkten nicht dadurch schaffen, dass man Komromisspakete schnürt und politische Rabatte gewährt. ielmehr besteht das einzige Mittel, um Vertrauen zu chaffen, darin, dass man klare Regeln schafft und daauf achtet, dass diese Regeln strikt eingehalten werden. eswegen stehen wir vor schwierigen Verhandlungen. ie müssen das Ziel haben, dass Haushaltssünder Konseuenzen spüren. Sonst werden wir solche Krisen nicht auerhaft beilegen können. Ich habe einige Sympathie dafür, dass wir automatiche Sanktionen einführen. Dazu – das ist uns bekannt – üssten die Stimmenverhältnisse geändert werden, was ine Vertragsänderung erfordert. Ich habe noch viel ehr Sympathie für eine Schuldenbremse. Auch dafür üsste man die Verträge ändern. Aber wir spüren doch erade bei uns, dass bei aller Schwierigkeit, einer solhen Schuldenbremse gerecht zu werden, dieses Instruent eine heilsame Wirkung auf die Haushaltsberatun en bei uns im Deutschen Bundestag hat. Deswegen ollten wir uns nicht von dem Argument beeindrucken assen, Vertragsänderungen seien zu schwierig und nicht u erreichen. Das Gegenteil ist der Fall. Wir müssen ohehin Vertragsänderungen vornehmen, weil wir Irland m Zuge der Ratifikation des Lissabon-Vertrages Zugetändnisse gemacht haben, die durch Vertragsänderunen eingelöst werden müssen. Wir werden in absehbarer eit die voraussichtlichen Beitritte von Kroatien und Is and zu beraten haben. Auch in diesem Zusammenhang ind Vertragsänderungen unumgänglich. Ich plädiere brigens nicht für eine Paketlösung, aber man kann in eiem zeitlichen – nicht sachlichen – Zusammenhang Verragsänderungen durchführen, um den Euro zu stabilisieen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Rainer Stinner [FDP])

Thomas Silberhorn (CSU):
Rede ID: ID1705807100

Der deutsche Vorschlag, ein geordnetes Insolvenz-
egime einzuführen, greift die Lücke auf, die in den ver-
raglichen Grundlagen der Europäischen Union besteht
nd die eine Ursache für die Turbulenzen gewesen ist.





Thomas Silberhorn


(A) )


)(B)

Wir können in der Wirtschafts- und Währungsunion nie-
manden ausschließen, auch wenn er noch so oft und
stark die Regeln bricht. Wir dürfen aber nach den Verträ-
gen auch nicht einfach für die Haushaltssünden unserer
Partner in der Europäischen Union einstehen. Deswegen
ist es notwendig, diese Lücke dadurch zu schließen, dass
wir ein geordnetes Insolvenzregime errichten. Wenn das
in der Europäischen Union nicht durchsetzbar sein
sollte, dann lassen Sie uns darüber nachdenken, ein sol-
ches Regime auf internationaler Ebene zu etablieren;
denn diese Währungsturbulenzen sind keineswegs eine
Besonderheit der europäischen Wirtschafts- und Wäh-
rungsunion, sondern das Merkmal dieser Vorkommnisse
waren gerade die weltweiten Auswirkungen. Ich hätte
ohnehin mehr Verständnis dafür, wenn wir eine interna-
tionale Konvention unter dem Dach des Internationalen
Währungsfonds etablieren könnten. Diejenigen, die
diese Konvention nicht ratifizieren wollten, würden sie
spätestens dann ratifizieren müssen, wenn sie Hilfe, die
durch die Konvention möglich wäre, in Anspruch neh-
men wollten. Daher sollten wir dieses Thema auf einer
höheren Ebene weiterverfolgen und uns einen internatio-
nalen Insolvenzmechanismus überlegen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Ich glaube, dass wir schon heute sehr deutlich sagen
können: Bei jeder künftigen Unterstützung und Stabili-
sierung unserer Währung müssen zwingend die Gläubi-
ger in Haftung genommen werden. Ich halte es für ein
Menetekel, dass es uns mit unseren bisherigen Rettungs-
schirmen nicht gelungen ist, die Gläubiger mit ins Boot
zu nehmen. Wir können nicht auf der einen Seite den
Gläubigern die hohen Zinsen lassen, die sie als Risiko-
prämie erhalten, dann aber, wenn das Risiko eintritt, die
Konsequenzen allein dem Steuerzahler aufbürden. Hier
müssen wir zwingend dazu kommen, dass die Gläubiger
mit in die Haftung genommen werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wenn die Kommission nun vorschlägt, den Rettungs-
schirm, den wir im Frühjahr beschlossen haben, zu ent-
fristen, also nicht nur bis 2013 bestehen zu lassen, dann
müssen wir dem strikt entgegenhalten: Die Befristung
war eine Geschäftsgrundlage für unsere Zustimmung zu
dem Rettungsschirm. Wir haben ausdrücklich gesagt,
dass wir nicht zu einer Transferunion kommen wollen
und auch keinen dauerhaften Hilfsmechanismus etablie-
ren wollen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Von daher bedanke ich mich beim Außenminister und
auch beim Herrn Staatsminister Hoyer dafür, dass sie
hier klar gegen eine Entfristung des Hilfsfonds Stellung
genommen haben. Das zeigt, dass wir innerhalb der Ko-
alition in diesen Finanzfragen, die ja von größter Bedeu-
tung sind, bestes Einvernehmen haben. Ich füge hinzu:
Namentlich zwischen CSU und FDP gibt es in diesen
Fragen ein hohes Maß an Einvernehmen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Kerstin Müller [Köln] [BÜND z n d W e G s p d g U b U F H S k i n d w n K d e s w E z s d S w w n i i I s L E (C (D NIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist sonst nicht so in der Europapolitik!)


Zusammenfassend sei gesagt: Wir brauchen substan-
ielle Reformen zur Stabilisierung der Euro-Zone, nicht
ur deshalb, weil wir der größte Garantiegeber sind, son-
ern auch deshalb, weil der Euro eine identitätsstiftende
irkung in der Europäischen Union hat. Wir sollten

rnsthaft überlegen, das Mandat der Van-Rompuy-
ruppe noch etwas zu verlängern, wenn die Ergebnisse

o dünn ausfallen sollten, wie wir das zum jetzigen Zeit-
unkt befürchten müssen. Aber wir müssen aufpassen,
ass wir das nicht aufs Spiel setzen: Der Euro hat eine
roße identitätsstiftende Wirkung in der Europäischen
nion. Wir müssen die Stabilitätskultur erneuern. Ich
in fest davon überzeugt: Das wird die Europäische
nion weiter stärken.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705807200

Der Kollege Michael Leutert hat jetzt das Wort für die

raktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Michael Leutert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1705807300

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

err Außenminister, Sie haben Anfang dieser Woche der
tuttgarter Zeitung ein Interview gegeben und darin ver-
ündet, deutsche Außenpolitik müsse wertorientiert und
nteressengeleitet sein. Welche Interessen Sie damit mei-
en, haben Sie auch noch gleich gesagt, nämlich die der
eutschen Unternehmen im Ausland. Die Frage ist nur,
ie das umgesetzt wird.

Anfang August haben Sie als Vizekanzler eine Kabi-
ettssitzung geleitet. Darin wurde das Lateinamerika-
onzept – das ist heute schon einmal angesprochen wor-
en – beschlossen. Dieses Papier zeigt meines Erachtens
xemplarisch, was unter wertorientierter und interes-
engeleiteter Außenpolitik ganz konkret verstanden
ird. Dabei geht es, kurz gesagt, darum, den deutschen
influss im ehemaligen Hinterhof der USA wesentlich
u verstärken.

Wenn man sich einmal den Weg der Entstehung die-
es Konzepts anschaut, dann muss man sagen: Es gibt in
er Regierung sehr wohl eine Kontinuität; denn ob
tichwort „Steuergeschenk an die Hoteliers“, ob Stich-
ort „Laufzeitverlängerung für die AKWs“, ob Stich-
ort „Pharmalobby und Arzneimittelmarkt-Neuord-
ungsgesetz“: Immer ist es derselbe Weg; Schwarz-Gelb
st Erfüllungsgehilfe für die Großkonzerne und Lobby-
sten.


(Beifall bei der LINKEN)


n diesem Fall ist es wieder so. Ich möchte das auch kurz
kizzieren.

Anfang dieses Jahres, im März, hat die sogenannte
ateinamerika-Initiative der deutschen Wirtschaft
mpfehlungen zu den deutsch-lateinamerikanischen





Michael Leutert


(A) )


)(B)

Wirtschaftsbeziehungen an die Bundesregierung ge-
sandt. Darin ist von der zunehmenden Bedeutung des
Wirtschaftsstandorts Lateinamerika, von dessen Reich-
tum an Bodenschätzen und Energieressourcen die Rede.
Von der Industrie wird gefordert, dass die deutsche Poli-
tik endlich ihre wirtschaftlichen Interessen vertreten soll.
Ganz konkret heißt das, die Bundesregierung solle sich
doch bitte dafür einsetzen, dass die lateinamerikanischen
Bankenmärkte geöffnet werden und auf Schutzzölle und
andere Maßnahmen für die dort ansässige Wirtschaft
verzichtet wird.

Lediglich fünf Monate später ist die besagte Kabi-
nettssitzung. Das Konzept wird beschlossen. Sie wieder-
holen fast wortwörtlich Formulierungen der Industrie
und sichern zu, dass die Bundesregierung mit aller Ent-
schiedenheit gegen Marktbeschränkungen kämpfen
werde.

Letzte Woche, lediglich einen Monat später, fand hier
in Berlin der Wirtschaftstag statt, zu dem die über
200 Leiter der Auslandsvertretungen und über 1 000 Un-
ternehmer und Wirtschaftsfunktionäre geladen gewesen
sind.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705807400

Herr Kollege, möchten Sie eine Frage von Frau

Schuster zulassen?


Michael Leutert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1705807500

Sofort. – Das nenne ich effektives Arbeiten.


(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist doch in Ordnung!)


Komisch an dieser ganzen Angelegenheit ist lediglich,
dass das immer nur dann funktioniert, wenn die Interes-
sen von Großkonzernen, egal ob es Energiekonzerne,
Pharmakonzerne oder Hotelkonzerne sind, bedient wer-
den. In anderen Punkten klappt so ein effektives und
schnelles Arbeiten der Regierung nicht.


(Beifall bei der LINKEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705807600

Frau Kollegin, bitte.


Marina Schuster (FDP):
Rede ID: ID1705807700

Herr Kollege, sind Sie denn bereit, zur Kenntnis zu

nehmen, dass Ihre Schilderung der Chronologie hier
komplett falsch ist? Wir haben als Allererstes in den Ko-
alitionsvertrag geschrieben, dass wir ein neues, ressort-
übergreifendes Lateinamerika-Konzept auf den Weg
bringen wollen. Das bisherige Lateinamerika-Konzept
stammte aus dem Jahr 1995 und ist der veränderten
Weltlage nicht mehr gerecht geworden. Ich bitte Sie sehr
darum, Ihre Ausführungen in diesem Punkt zu korrigie-
ren.

In unserem Konzept geht es ja beileibe nicht nur um
Wirtschaftsinteressen, sondern auch um Umweltschutz,
erneuerbare Energien und Biodiversität sowie Men-
schenrechte.

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(C (D (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In Brasilien im Erdbebengebiet Atomkraftwerke!)


er Erstellung des Konzeptes ging ja auch eine Reise
oraus; dabei wurden unter anderem mit der GTZ Ge-
präche in Brasilien über die Zertifizierung von Tropen-
ölzern und über Biodiversität geführt. Was Sie hier dar-
estellt haben, entbehrt jeder Grundlage.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Michael Leutert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1705807800

Liebe Kollegin, ich nehme das sehr wohl zur Kennt-

is. Traurig ist allerdings, dass Sie nicht in der Lage wa-
en, ein eigenes Konzept vorzulegen,


(Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/ CSU und der FDP)


ondern dass Sie tatsächlich die Hilfe eines Industriever-
andes benötigt haben, um etwas auf die Reihe zu brin-
en. Das ist die Wahrheit.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Dr. Rainer Stinner [FDP]: Wie kann man einen solchen Unsinn reden?)


Wie sieht es denn im vorliegenden Haushalt mit der
erteorientierung aus? Das Bild, das sich mir da bie-

et, ist ein Bild des Grauens. Darüber bin ich wirklich er-
chüttert. Entsprechende Zahlen sind ja hier schon ge-
annt worden; ich möchte aber trotzdem noch einmal
inige nennen. Seitdem Sie das Amt des Außenministers
bernommen haben, seit Oktober 2009, wurden die frei-
illigen Leistungen an die Vereinten Nationen um
1 Prozent heruntergefahren. Das trifft insbesondere die
ahlungen an das Hochkommissariat für Menschen-

echte mit einem Minus von 32 Prozent. Der Titel „De-
okratisierungs- und Ausstattungshilfe, Maßnahmen

ur Förderung der Menschenrechte“ wurde um 51 Pro-
ent heruntergefahren. Darin enthalten sind 6 Millionen
uro für Ausstattungshilfe, was quasi ein militärischer
osten ist. Der Titel „Unterstützung von internationalen
aßnahmen auf den Gebieten Krisenprävention, Frie-

enserhaltung und Konfliktbewältigung durch das Aus-
ärtige Amt“ wurde gegenüber 2009 um 9 Prozent
eruntergefahren. Der Titel „Für Humanitäre Hilfsmaß-
ahmen im Ausland“ wurde um 25 Prozent herunterge-
ahren. Der Titel „Maßnahmen der Abrüstung, Rüs-
ungskontrolle und Nichtverbreitungszusammenarbeit“
urde um 35 Prozent heruntergefahren. Man könnte
iese Liste noch um Stipendien, Goethe-Institute und an-
eres beliebig erweitern. All das betrifft die zivile
ußenpolitik.

Eine Zahl, die heute hier noch nicht genannt wurde,
ie ich aber auch für wichtig halte, ist, dass Sie im Ge-
ensatz zu 2009 70 Millionen Euro mehr im Haushalt
aben. Es ist überhaupt nicht so, dass Sie mit weniger
eld auskommen müssten; Sie haben 70 Millionen Euro
ehr. Wenn jetzt gesagt wird, dieses Geld fließe in den

tabilitätspakt Afghanistan, der auf 180 Millionen
uro aufgebauscht wurde, möchte ich dem gerne einmal
as gegenüberstellen, was in einem Schreiben aus Ihrem





Michael Leutert


(A) )


)(B)

Hause steht, in dem es um die Kultur- und Bildungspro-
jekte des Auswärtigen Amtes in Afghanistan geht. Im
Vergleich zu 2009 sind demzufolge für Schulförderung
1 Million Euro weniger vorgesehen; das Projekt
„Deutsch als Fremdsprache“ wurde auf null gefahren; die
Umfeldstabilisierung – das heißt berufliche Bildung –
wurde um 2,4 Millionen Euro gekürzt und damit auch
auf null gefahren; für den Kulturerhalt gibt es
800 000 Euro weniger. Angesichts dessen frage ich
mich, wohin denn die Gelder für den Stabilitätspakt Af-
ghanistan fließen.


(Jan van Aken [DIE LINKE]: Waffen!)


All das ist die Schattenseite Ihrer wertegeleiteten Au-
ßenpolitik. Im Gegensatz zu den Interessen der Wirt-
schaft, wofür die Mittel hochgepowert wurden, wurden
die Ansätze für die Umsetzung von Werten wie Men-
schenrechte, Demokratisierung, Krisenprävention, Frie-
denserhalt in diesem Haushalt geschleift. Ich bin der
festen Überzeugung: Wenn dieser Haushalt so, wie er
vorliegt, beschlossen wird, hinterlassen Sie ein Trüm-
merfeld ziviler Außenpolitik.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Jawohl, Trümmerfeld!)


Eines muss man Ihnen sicherlich lassen: Sie haben,
wie gesagt, vor nicht einmal einem Jahr, nämlich vor
zehn Monaten, das Amt übernommen. In dieser kurzen
Zeit haben Sie die Außenpolitik gründlich umgepflügt:
Wirtschaftsinteressen hoch – Kultur, Bildung, humani-
täre Hilfe, Friedenserhaltung runter.

Es bleibt für uns alle eigentlich nur ein Trost: Sie ha-
ben nicht nur an den Zahlen des Einzelplans gearbeitet,
sondern Sie haben auch an den Zahlen Ihrer eigenen Par-
tei gearbeitet: Innerhalb von zehn Monaten von 15 Pro-
zent auf 5 Prozent bei den Umfragewerten – macht
1 Prozent weniger pro Monat.


(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Also nur noch fünf Monate!)


Ich hoffe für uns alle und im Interesse der deutschen Au-
ßenpolitik, dass Sie zumindest bei den Prozentzahlen Ih-
rer Partei Kurs halten. Dann wäre das nächste Wahl-
ergebnis von Ihnen einfach, niedrig und gerecht.


(Beifall bei der LINKEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705807900

Jetzt hat unser Kollege Sven-Christian Kindler das

Wort für Bündnis 90/Die Grünen.


(Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Endlich einmal ein Haushälter! Aber jetzt bei der Wahrheit bleiben!)



(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Als ich den Einzelplan 05 für das Auswärtige
Amt durchgesehen habe, hat mir ein Titel besonders gut

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(C (D efallen. Diesen möchte ich noch einmal extra hervorheen. Es handelt sich um die erste 6-Millionen-Euroahlung für die polnische Stiftung „Gedenkstätte uschwitz-Birkenau“. Insgesamt werden ja der Bund nd die Länder jeweils 30 Millionen Euro, also insgeamt 60 Millionen Euro, an die polnische Stiftung für die edenkstätte zur Erinnerung an das Vernichtungslager in uschwitz-Birkenau beisteuern. Ich finde es extrem ichtig, dass die Erinnerung an diese grausamen Verrechen der deutschen Nazis wachgehalten wird; (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und der LINKEN)


enn es geht nicht nur um das Gedenken, sondern auch
m die Erinnerung, die wichtig ist, um aus diesen Ereig-
issen für die Gegenwart und für die Zukunft zu lernen.
n unserer Gesellschaft gibt es immer noch zu viele Na-
is, zu viel Rassismus, zu viel Antisemitismus, zu viel
ationalismus. Ich finde, es sollte uns allen im Parla-
ent über alle Fraktionsgrenzen hinweg eine Herzensan-

elegenheit sein, dafür zu kämpfen, dass so etwas wie in
uschwitz nie wieder passiert.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und der LINKEN)


Das weitere Durcharbeiten dieses Einzelplans fand
ch deutlich weniger erfreulich, insbesondere was die
ürzungen anbetrifft. Herr Minister Westerwelle, bei der
orstellung des Sparpakets Anfang Juni wurden Sie ge-

ragt, wieso Sie zuerst Segnungen wie den halben Mehr-
ertsteuersatz für Hoteliers mit dem Füllhorn ausschüt-

en, aber dann mit dem Sparpaket die Machete zücken.
er Ausdruck „Machete“ war Ihnen damals zu martia-

isch, aber der Ausdruck „Sparen mit der Nagelschere“
ar Ihnen auch nicht ausreichend. Egal ob Nagelschere
der Machete, egal ob Heckenschneider oder Rasenmä-
er: Der falsche Einsatz von Schnittwerkzeugen kann
mmer zu schweren Blessuren führen. Das sieht man
eutlich an diesem Haushalt. Ihren Konsolidierungsbei-
rag erbringen Sie vor allen Dingen bei der humanitären
ilfe, bei der Krisenprävention, bei der Friedenserhal-

ung und bei der Rüstungskontrolle. Zusammengefasst:
ie sparen hier und kürzen damit bei der Menschlichkeit.

In diesem Bereich wird um 90 Millionen Euro, fast
in Fünftel der Mittel in dieser Titelgruppe – diese Zahl
urde schon genannt –, gekürzt. Sie haben zu Recht da-

auf hingewiesen, dass Rot-Grün damals die zivile Kri-
enprävention eingeführt, aber weniger Mittel dafür
ufgebracht hat. Die rot-grüne Idee war, die zivile Kri-
enprävention als Bestandteil der Außenpolitik einzu-
ühren. Man musste zunächst die entsprechenden Struk-
uren schaffen und ist natürlich mit einem geringeren
udget gestartet. Die Mittel sind aber auch unter Rot-
rün stetig gewachsen. Ich finde es gut, dass unter Au-
enminister Steinmeier die Mittel weiterhin geflossen
ind. Ein großes Lob an Frank-Walter Steinmeier für
as, was er in diesem Bereich getan hat. So erklären sich
ie Zahlen.





Sven-Christian Kindler


(A) )


)(B)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Vor diesem Hintergrund muss man das beurteilen,
was Sie jetzt mit diesem Einzelplan machen. Sie sagen,
ein Schwerpunkt deutscher Außenpolitik solle Friedens-
politik und Abrüstungspolitik sein. Das passt aber
überhaupt nicht mit der Tatsache zusammen, dass Sie bei
Abrüstung, Rüstungskontrolle, Nichtverbreitung 20 Mil-
lionen Euro sparen. Das ist ein klarer Widerspruch zu Ih-
ren Aussagen, die Sie eben getroffen haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir wissen, dass die Not weiter wachsen wird. Die
verheerende Flutkatastrophe in Pakistan ist nur eines von
vielen Beispielen. In den letzten 30 Jahren hat sich die
Anzahl der Menschen, die von klima- und wetterbeding-
ten Naturkatastrophen betroffen sind, versechsfacht,
nämlich von 250 Millionen auf heute 1,5 Milliarden
Menschen. Naturkatastrophen treffen besonders die ar-
men Menschen im Süden. Das ist doppelt ungerecht.
Man sollte sich klarmachen: Der Hauptverursacher des
Klimawandels sind die Bewohnerinnen und Bewohner
in den Industriestaaten des reichen Nordens. Die armen
Menschen im globalen Süden müssen die Folgen, für die
sie nicht verantwortlich sind, ausbaden, wenn etwa ihr
Zuhause überschwemmt wird. Ich finde es skandalös,
dass die Regierung in diesem und in anderen Einzelplä-
nen besonders in diesem Bereich spart.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die Regierung verabschiedet sich vom Ziel der glo-
balen Armutsbekämpfung. Das sieht man daran, dass
die ODA-Quote mit diesem Etat sinken wird, weil ent-
sprechende Mittel des Auswärtigen Amtes gestrichen
werden und weil die Regierung die Kopenhagener Ver-
sprechen komplett bricht. Das ist ein Skandal für die
deutsche Außen- und Entwicklungspolitik und zeigt, wie
kaltherzig Schwarz-Gelb auch international agiert.

Besser jedoch, als humanitäre Hilfe zu leisten, ist es,
einzugreifen, bevor Konflikte entstehen. Das heißt, die
zivile Krisenprävention müsste man eigentlich aus-
bauen, weil dadurch Krisen entschärft werden oder gar
nicht erst entstehen. Ihre Politik trägt aber nicht zu einer
friedlichen Welt bei und zeugt nicht von einer wertege-
leiteten Außenpolitik.

Es stellt sich natürlich die Frage, wie wir Maßnahmen
zur zivilen Krisenprävention finanzieren. Es gibt meh-
rere Etats, in denen man Kürzungen vornehmen könnte.
Das ist zum Beispiel im Wehretat möglich. Da kann man
bei unsinnigen und teuren Rüstungsprojekten sparen.


(Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Bei welchen?)


Aber, Herr Westerwelle, Sie können sich auch einmal für
mehr Einnahmen einsetzen. Sie sind, soweit ich weiß,
auch Europaminister und damit für die Europapolitik zu-
ständig. Die Bundesregierung ist für die Einführung ei-
ner europaweiten Finanztransaktionsteuer. Da frage
ich mich schon, warum Sie in der Europäischen Union

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(C (D icht von Land zu Land tingeln und in der Euro-Zone afür werben, eine europaweite Finanztransaktionsteuer inzuführen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Das macht der Finanzminister doch jeden Tag!)


Ja, aber der Europaminister kann das doch unterstüt-
en. Ich fände es schon gut, wenn Herr Westerwelle für
ehr Einnahmen aus den Finanzmärkten werben würde,

m globale Gerechtigkeit zu finanzieren, Spekulation
inzudämmen und nicht weiter die Finanzlobby zu be-
chützen. Deswegen, Herr Westerwelle, fordere ich Sie
uf: Setzen Sie sich endlich für eine europaweite Finanz-
ransaktionsteuer ein.


(Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Der Europaminister ist nicht für alles zuständig!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705808000

Herr Kindler, möchten Sie eine Zwischenfrage des

ollegen Koppelin zulassen?


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Gerne.


Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1705808100

Kollege Kindler, wir werden nachher auch über den

erteidigungsetat sprechen. Sie haben den Vorschlag ge-
acht, bei Rüstungsprojekten zu kürzen und mit den frei
erdenden Mitteln andere Dinge zu machen. Das ist,

inde ich, eine sehr gute Anregung. Ich hätte dazu von Ih-
en gern konkrete Vorschläge; denn die großen Rüstungs-
rojekte, die Sie wahrscheinlich im Blick haben – MEADS,
estimmte Transportflugzeuge oder anderes –, sind alle in
er Zeit der rot-grünen Koalition beschlossen worden.


(Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: So ist das! Ich würde mich dafür einmal entschuldigen!)


nsoweit wäre ich sehr daran interessiert, zu erfahren, wo
ir kürzen könnten und ob Ihre damaligen Bestellungen,
ie uns schon jetzt Milliarden gekostet haben, falsch wa-
en.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Erstens. Ich war, wie Sie wissen, Herr Koppelin, nicht
itglied der rot-grünen Koalition.


(Zuruf von der FDP)


Na ja, das stimmt; das muss man ehrlicherweise zuge-
en.

Zweitens. Wir haben MEADS damals abgelehnt; aber
ir haben uns gegen die Sozialdemokraten leider nicht
urchsetzen können.


(Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Hallo! Frau Roth, was ist denn eigentlich los? – Weitere Zurufe von der CDU/CSU)






Sven-Christian Kindler


(A) )


)(B)

– Das gehört doch zur Wahrheit, liebe Kolleginnen und
Kollegen.

Wir wollen bei Rüstungsprojekten deutlich sparen.
Wir wollen da kürzen, weil das zu einer friedlicheren
Welt beiträgt.


(Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Frau Müller, wo waren Sie denn eigentlich alle? Unglaublich!)


Grüne Außenpolitik ist vor allem Friedenspolitik. Sie
steht für eine Kürzung bei Rüstungsprojekten; das ist
völlig klar.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der FDP: Unglaublich! Wir wollen mehr solche Redner haben!)


Der Einzelplan 05, Auswärtiges Amt, zeigt ganz klar:
Man kürzt radikal bei ziviler Krisenprävention, bei Frie-
denserhaltung. Damit pfeift diese Bundesregierung auf
unsere globale Verantwortung und lässt die Ärmsten der
Welt im Regen stehen. Hier zeigt sich eindeutig:
Schwarz-Gelb kürzt nicht nur im Inland unsozial, son-
dern auch im Ausland.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Das musste gesagt werden!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705808200

Der Kollege Gunther Krichbaum hat jetzt das Wort

für die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Gunther Krichbaum (CDU):
Rede ID: ID1705808300

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Letzte Woche hat eine Meldung leider keine
Schlagzeilen gemacht, die dies verdient gehabt hätte,
nämlich die Resolution in der UN-Vollversammlung,
mit der Bewegung in den Kosovo-Streit gekommen ist.
Und in diesem Zusammenhang ist es insbesondere Ih-
nen, Herr Außenminister Westerwelle, zu verdanken,
dass Serbien dazu bewegt werden konnte, eine modera-
tere Rolle, eine moderatere Position einzunehmen. Ich
glaube, das war ganz wichtig; denn hier ist es im Zusam-
menwirken mit der Europäischen Union und unter Ihrer
Meinungsführerschaft gelungen, Bewegung in einen
Streit zu bringen, von dem wir eigentlich gedacht hatten,
dass er uns noch über Jahre hinweg beschäftigen wird.
Er wird es auch tun. Es ist jetzt aber Bewegung in die
Sache gekommen, weil die Tür für einen konstruktiven
Dialog zwischen Kosovo einerseits und Serbien anderer-
seits geöffnet wurde.

Es ist folgerichtig, dass wir jetzt das Ansinnen der
Außenminister unterstützen, das Beitrittsgesuch Ser-
biens an die Europäische Kommission mit der Bitte
um eine Stellungnahme und um Erteilung eines Avis
weiterzuleiten – letztlich muss sich diese Kooperation an
dieser Stelle auch für Serbien auszahlen –; denn wir sind

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(C (D icherlich alle daran interessiert, dass es zu mehr Stabiliät in der Region kommt. Mein Dank gilt an dieser Stelle ausdrücklich dem Präidenten der Republik Serbien, Herrn Boris Tadic. Er beeist in dieser Frage einen enormen Mut. Gerade wir als eutsche müssen dies nachvollziehen können; denn das, as wir in der deutschen Geschichte durch die Aufgabe er Ostgebiete erlebt haben – dies ist dort gewissermaen in einem Zeitraffer abgelaufen –, kann vielleicht eien Eindruck davon vermitteln, welchem persönlichen isiko er sich aussetzt, und zwar nicht nur politisch; man enke an seinen Amtsvorvorgänger. Ich wiederhole: ein Dank gilt Herrn Tadic und allen, die diesen euro äischen Weg unterstützen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie der Abg. Marieluise Beck [Bremen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Es hat bei einer weiteren Frage Bewegung gegeben
es ist bereits bei einigen Vorrednern angeklungen –,

nd zwar durch das Referendum in der Türkei. Ja, es
st ein wichtiger und richtiger Schritt: 58 Prozent haben
afür gestimmt. Man könnte jetzt mit der Lupe hin-
chauen und sicherlich das eine oder andere finden, was
ir uns anders vorstellen. Es war aber ein Schritt in die

ichtige Richtung; denn er ebnet den Weg zu Reformen,
ie die Menschen in der Türkei, aber auch wir brauchen.
ch möchte hier kein Wasser in den Wein gießen, egal ob
an die Verhandlungen als ergebnisoffen bezeichnet

der ob man dafür ist, dass die Türkei gleich die Per-
pektive einer Vollmitgliedschaft in der Europäischen
nion erhält.

Wir stehen bei einer anderen Frage in Europa zuneh-
end vor einem Dilemma. Damit meine ich, dass die
erhandlungen über viele Kapitel im Augenblick nicht
ultilateral – durch die Europäische Union selbst –, son-

ern bilateral blockiert sind.


(Kerstin Müller [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zypern!)


m überhaupt davon sprechen zu können, dass eine Ver-
andlung ergebnisoffen geführt werden kann, ist es er-
orderlich, dass überhaupt Verhandlungen stattfinden.
eswegen ist es wichtig, dass wir hier einen Mechanis-
us finden – insofern hat sich der europäische Geist in

er Europäischen Union ein Stück weit verändert –,
urch den in einem Mehrheitsentscheid in der Europäi-
chen Union darüber entschieden wird, ob sich Streitig-
eiten auf der Ebene der Europäischen Union befinden
nd dorthin gehören oder ob sie bilateralen Charakter
aben. Wenn sie aber bilateralen Charakter haben, dann
uss sich ein Schiedsgerichtsverfahren anschließen, bei

em beide Seiten im Vorfeld anerkennen, dass sie den
chiedsspruch umsetzen werden.

Wir erlebten und erleben das bei Zypern und der Tür-
ei. Wir erleben es im Hinblick auf den Konflikt zwi-
chen Griechenland und Mazedonien. Wir haben es zu-
etzt – ich kann die Liste gar nicht abschließen – im
inblick auf die Vorgänge zwischen Großbritannien, den





Gunther Krichbaum


(A) )


)(B)

Niederlanden und Island, aber auch zwischen Kroatien
und Slowenien erlebt. Wir müssen hier voranschreiten
und dem Rechnung tragen. Eines Tages wird nämlich si-
cherlich auch Kroatien Mitglied der Europäischen Union
sein und Serbien an deren Tür klopfen.

Wir müssen insgesamt Gewähr dafür tragen, dass ein
Mitgliedstaat der Europäischen Union keine nationalen
Forderungen zum Faustpfand gegenüber einem Staat er-
heben kann – ich unterstelle dies nicht unseren kroati-
schen Freunden –, der der Europäischen Union erst noch
beitreten möchte.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das ist sicherlich nicht in unser aller Sinn.

Herr Außenminister, Sie hatten den Vertrag von Lis-
sabon angesprochen. Beim Europäischen Auswärtigen
Dienst, aber auch an anderer Stelle festigen sich die
Strukturen. Wir kommen zunehmend weg von der Nabel-
schau der Europäischen Union und gelangen stärker hin
zu anderen Themen. Das ist gut so. Dies betrifft – Kol-
lege Silberhorn hat es angesprochen – die Finanzbezie-
hungen. Allerdings sei hier in einer Randbemerkung er-
wähnt, dass es hier im Haus sicherlich keine Mehrheit
dafür geben würde, Euro-Bonds aufzulegen – Präsident
Barroso hat das kürzlich vorgeschlagen – oder eine
EU-Steuer einzuführen. Ich glaube, dass dies im Ergeb-
nis kontraproduktiv wäre: Es würde bei unseren Bürge-
rinnen und Bürgern mehrheitlich auf Ablehnung stoßen.
Ich glaube, eine solche Steuer wäre nicht vermittelbar.
Unsere Ablehnung kann ordnungspolitisch ganz klar da-
mit begründet werden, dass die Europäische Union ein
Staatenbund ist und kein Bundesstaat. Deswegen wird es
mit uns sicherlich kein eigenes Steuerrecht für die Euro-
päische Union geben.

Ein letzter Gedanke zu den Strukturen sei genannt. Hier
geht es um einen Vorschlag von Herrn Pöttering, dem vor-
maligen Präsidenten des Europäischen Parlaments, aber
auch von Ihnen, Herr Außenminister Westerwelle. Dieser
Vorschlag betrifft die Einführung einer europäischen
Armee. Ich glaube, dass wir gerade durch den Vertrag von
Lissabon die große Chance haben, in diesem Politikfeld
zu einer zusätzlichen Vertiefung zu gelangen, so wie wir
es auf anderen Feldern mit dem Schengen-Abkommen
und der Einführung des Euro schon geschafft haben.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705808400

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Ende.


Gunther Krichbaum (CDU):
Rede ID: ID1705808500

Ich komme zum Ende. – Erlauben Sie mir den letzten

Satz. Eine große Chance steckt darin, dass wir beispiels-
weise gemeinsam mit Franzosen, mit Polen, vielleicht
sogar im Format des Weimarer Dreiecks Strukturen fin-
den, die in die Zukunft weisen.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
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Herr Kollege.

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(C (D Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Gunther Krichbaum (CDU):
Rede ID: ID1705808700


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705808800

Die Kollegin Edelgard Bulmahn hat nun das Wort für

ie SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1705808900

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Ohne eine konsequente Abrüstungs- und
riedenspolitik, ohne wirtschaftliche Aufbauhilfe,
hne die Sicherung der Menschenrechte und ohne die
icherung der Demokratie würden wir heute nicht in ei-
em friedlichen Europa und werden wir auch nicht in ei-
er friedlichen Welt leben.


(Beifall bei der SPD)


ehr geehrter Herr Außenminister, deshalb teile ich die
ussage, die Sie vor wenigen Minuten an dieser Stelle
emacht haben, dass Abrüstung in Zukunft von ebenso
roßer Bedeutung sein wird wie der Klimawandel. Das
st ein richtiger Satz; aber der gleiche Außenminister be-
reibt eine falsche Politik, wenn er die finanziellen Mittel
ür Abrüstung und Rüstungskontrolle um ein Drittel
treicht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ute Politik braucht nicht nur Worte, sondern sie braucht
uch Taten.

An anderer Stelle, Herr Außenminister, führten Sie
us – ich zitiere –:

Werteorientierung und Interessenleitung gehören
beide zum Kompass einer guten deutschen Außen-
politik.

as ist richtig, Herr Außenminister. Aber ich frage Sie:
on welchen Werten und von welchen Interessen lassen
ie sich leiten, wenn Sie die Mittel zur Förderung der
enschenrechte und der Demokratisierung um die
älfte – liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie haben rich-

ig gehört: um die Hälfte – streichen? Offensichtlich
ehlt dem Außenminister der Kompass für eine strin-
ente Außenpolitik im deutschen Interesse. Oder wie ist
s zu erklären, dass Sie, Herr Westerwelle, ausgerechnet
ort kürzen und streichen, wo es um die zentralen Auf-
abenfelder der deutschen Außenpolitik, wie die Siche-
ung der Menschenrechte, die Krisenprävention oder die
uswärtige Kulturpolitik, geht?

Deutsche Außenpolitik sollte engagierte Friedens-
olitik sein, eine Friedenspolitik, die auf Menschen-
echte, soziale Gerechtigkeit, Freiheit und Demokratie
etzt.


(Beifall bei der SPD)


ine solche Außenpolitik gründet auf Vertrauen. Soziale,
irtschaftliche, kulturelle und nachhaltige Entwicklung





Edelgard Bulmahn


(A) )


)(B)

ist die Basis für eine erfolgreiche Außenpolitik. Gerade
mit den Konzepten der zivilen Krisenprävention, der
Konfliktbearbeitung und der Friedenskonsolidierung
leistete Deutschland bisher einen international hochaner-
kannten und hochrespektierten Beitrag zur Friedens-
sicherung. Die Beispiele, die in der Debatte genannt
wurden, haben das sehr deutlich unterstrichen. Statt
diese Kompetenzen zu nutzen und auszubauen, streicht
die schwarz-gelbe Koalition ausgerechnet diese Mittel
gnadenlos zusammen. Verstehe das, wer wolle!


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. SvenChristian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Das ist unverständlich. Es ist eine falsche Politik. Eine
solche Politik ist nicht nur kurzsichtig, sondern sie ist
auch gefährlich.

Insgesamt sollen im kommenden Jahr 88 Millionen
Euro weniger für Maßnahmen und Leistungen zur
Sicherung von Frieden und Stabilität sowie für huma-
nitäre Hilfsmaßnahmen zur Verfügung stehen. Allein
im Bereich der Krisenprävention sollen 30 Prozent die-
sen skandalösen Sparmaßnahmen zum Opfer fallen, ob-
gleich die Bundesregierung in ihrem Umsetzungsbericht
zum Aktionsplan Zivile Krisenprävention – im Übrigen
zu Recht – von wachsenden Anforderungen an Krisen-
prävention und Konfliktbewältigung spricht.

Ziel ziviler Krisenprävention ist es, gewaltsame
Auseinandersetzungen im Vorfeld zu verhindern. Welt-
weit haben wir sehr viele Krisenregionen, als Beispiel
nenne ich den Sudan. Wir wissen nicht, ob es dort im
Zuge des Referendums eventuell zu einem Bürgerkrieg
kommt. Dort ist sofortiges Handeln notwendig. Dafür
braucht man eine angemessene Finanzierung und Men-
schen, die in dieser Krisenregion tätig sind. Genau das
Gegenteil wird angestrebt. Das ist nicht nur bedrückend,
das schadet unserem Land und auch den Menschen im
Sudan, die auf unsere Hilfe und unsere Unterstützung
setzen.


(Beifall bei der SPD)


Alle Maßnahmen haben nur Erfolg, wenn sie auf
Dauer angelegt sind. Kontinuität, Verlässlichkeit und
Planungssicherheit sind ganz entscheidend, weil sie eine
wichtige Voraussetzung dafür sind, dass Vertrauen ent-
steht. Gerade deutsche Nichtregierungsorganisationen
leisten seit Jahren eine ungeheuer wertvolle Arbeit, die
nun massiv gefährdet ist. Wie mir Frau Pieper noch in
der vergangenen Woche geantwortet hat, sind die deut-
schen Nichtregierungsorganisationen über die Kürzungs-
pläne informiert. Ein Szenario, wie es nun weitergehen
soll, wurde vom Auswärtigen Amt bisher jedoch nicht
entwickelt. Als ich diese Antwort gelesen habe, habe ich
mich gefragt, wie sich die Mitarbeiterinnen und Mitar-
beiter der Nichtregierungsorganisationen fühlen müssen,
wenn sie so etwas lesen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Welche Wertschätzung erleben sie eigentlich, wenn sie
sich mit großem Engagement und manchmal sogar unter
Einsatz ihres Lebens für Frieden und Menschenrechte

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(C (D ngagieren? Der Sparbeitrag zum Haushalt ist im Übrien vergleichsweise gering; aber die Signalwirkung ist erheerend. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dass ausgerechnet Deutschland beim Aufbau demo-
ratischer Strukturen, bei der gesellschaftlichen Wieder-
ingliederung von Kindersoldaten, bei der friedlichen
ösung des Darfur-Konfliktes, bei den Opfern von
treumunition, bei Minenopfern in Kolumbien oder bei
er humanitären Hilfe kürzt, schadet dem Ansehen unse-
es Landes. Damit wird nicht nur ein hoffnungsvoller
nsatz zivilgesellschaftlichen Engagements zerstört,

ondern auch das Vertrauen in die Verlässlichkeit deut-
cher Außenpolitik, und das ist wirklich nicht zu verant-
orten.

Ein ähnliches Bild bietet sich in der auswärtigen
ulturpolitik, die von Willy Brandt einst als dritte
äule der Außenpolitik bezeichnet wurde und unter
rank-Walter Steinmeier stark, sogar gewaltig ausgebaut
urde. Auch hier stehen die Signale auf Halt. Mein Kol-

ege Brandner hat bereits darauf hingewiesen, dass in
nserer globalisierten Welt Kultur- und Bildungsarbeit
as Fundament einer erfolgreichen Außenpolitik sind.
avon bin ich zutiefst überzeugt.


(Beifall bei der SPD)


ie muss deshalb ein zentraler Bestandteil jeglicher au-
enpolitischer Strategie sein.

Allerdings ist das Interesse des Außenministers daran
ffenkundig nicht allzu groß. So werden allein die Zu-
endungen an das Goethe-Institut um 8 Millionen Euro
ekürzt. Die Verwaltungsausgaben werden darüber hi-
aus bis 2014 eingefroren.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705809000

Frau Kollegin!


Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1705809100

Damit wird die erfolgreiche Reform der Goethe-Insti-

ute, die seit 2005 flexibler und handlungsfähiger gewor-
en sind, nachhaltig gefährdet.

Ein weiteres Beispiel kann ich jetzt nur noch nennen.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705809200

Eigentlich auch das nicht mehr.


Dr. h.c. Edelgard Bulmahn (SPD):
Rede ID: ID1705809300

Das ist Tarabya. Hier wird ein Kulturgut infrage ge-

tellt und aufgegeben, das eine ganz wichtige Rolle für
ie deutsch-türkische Zusammenarbeit spielt.


(Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Kollegin, Ihre Zeit ist um!)


Ich fürchte, dass die Bundesregierung mit einer sol-
hen Amtsführung Gefahr läuft, als verlässlicher Partner
icht mehr ernst genommen zu werden.

Vielen Dank.





Edelgard Bulmahn


(A) )


)(B)


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705809400

Der Kollege Ruprecht Polenz hat jetzt das Wort für

die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Ruprecht Polenz (CDU):
Rede ID: ID1705809500

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Solange die Vertreterinnen und Vertreter der Opposition
keinen einzigen konkreten Vorschlag zum Sparen im Be-
reich des Auswärtigen Amtes vortragen, ist ihre Kritik
vergleichsweise billig.


(Zuruf des Abg. Andrej Konstantin Hunko [DIE LINKE])


– Er hat nicht zum Auswärtigen Amt vorgetragen.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Dann haben Sie nicht zugehört!)


– Doch.

Solange Sie nicht anerkennen, dass bei einer Ver-
schuldungssituation, in der sich Deutschland aufgrund
der Wirtschafts- und Finanzkrise gegenwärtig befindet,
jeder Etat eine Einsparleistung erbringen muss, werden
Sie der Verantwortung für zukünftige Generationen nicht
gerecht. Das muss man als generelle Bemerkung vor
diese Etatdebatte stellen. Sonst könnten wir alle natür-
lich kritisieren, dass da oder dort jetzt weniger Geld auf-
gewandt wird; denn jede Position, bei der gekürzt wurde,
hat einen Sinn.

Eine zweite Vorbemerkung. Frau Kollegin Bulmahn,
wenn es dadurch, dass wir ein paar Millionen Euro mehr
für den Sudan in unseren Bundeshaushalt einstellen, in
Darfur übermorgen besser wird, dann werden wir uns
schnell einig.


(Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: So ist es!)


Sie haben mit Ihrer Kritik den Eindruck erweckt, dass
die Lösung im Sudan vor allen Dingen davon abhängig
ist, welche Mittel im deutschen Bundeshaushalt stehen.
Das ist leider nun einmal so nicht der Fall.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Jan van Aken [DIE LINKE]: Sie ist aber auch davon abhängig!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705809600

Herr Kollege Polenz, es gibt den Wunsch nach einer

Zwischenfrage von Herrn Brandner. Möchten Sie diese
zulassen?


Ruprecht Polenz (CDU):
Rede ID: ID1705809700

Bitte schön.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705809800

Bitte schön.

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(C (D Herr Kollege Polenz, stimmen Sie mir zu, dass das anzleramt bei der Aufstellung des Bundeshaushalts als olitische Wertorientierung vorgegeben hat, dass der Beeich Kultur und auch der Bereich Bildung von den parmaßnahmen ausgenommen werden sollten? So urde es zumindest heute in der Debatte dargestellt. enn das so ist, frage ich mich, warum es in diesem leinen Außenetat, im Einzelplan 05, keine Sondermittel ibt, um die riesige Summe für Afghanistan an anderer telle im Haushalt auszugleichen? Es ist für niemanden erständlich, dass man diese starken Kürzungen in allen ereichen des Außenhaushalts hinnehmen muss, Kürungen in Bereichen, die von uns allen hier als besoners wichtig dargestellt worden sind. Stimmen Sie mir u, dass Sondermittel der Bundesregierung notwendig ewesen wären, um einen Haushalt vorzulegen, der den ielsetzungen des Bundesaußenministers und anscheiend dem Willen des ganzen Hauses entspricht? Außerdem muss ich Ihnen sagen, dass es Sparvorchläge von mehreren Rednern in dieser Debatte gab das ist auch aus der FDP-Fraktion mitgeteilt worden –, um Beispiel die Mehrwertsteuersenkung für Hoteliers urückzunehmen oder zumindest zu reduzieren. (Zurufe von Abgeordneten der CDU/CSU: Oh!)

Klaus Brandner (SPD):
Rede ID: ID1705809900

Hier geht es um eine Größenordnung von etwa
0 Millionen Euro. Das ist, insgesamt gesehen, eine
enkbar kleine Summe. Ich würde Sie bitten, zu erklä-
en, warum Sie sagen, dass es überhaupt keine konstruk-
iven Vorschläge für einen anderweitigen Ausgleich gab.


Ruprecht Polenz (CDU):
Rede ID: ID1705810000

Herr Kollege Brandner, ich habe von Vorschlägen be-

üglich des Haushaltes des Auswärtigen Amtes gespro-
hen. Ich teile Ihre Sorge, dass der Anteil des Haushalts
es Auswärtigen Amtes am gesamten Bundeshaushalt,
er nach wie vor bei 1 Prozent liegt, nicht in einem an-
emessenen Verhältnis zu der Bedeutung der äußeren Si-
herheit und der Außenpolitik steht und sich auf einem
tand befindet, der niedriger als beispielsweise der der
ranzosen oder der Briten ist. Das zu klären, bedeutet
ine Diskussion darüber zu führen, welche Priorität wir
er Außenpolitik und damit auch der äußeren Sicherheit
eben und wie viel wir dafür im Verhältnis zu unseren
taatsaufgaben insgesamt aufwenden. Über diese Frage
üssten wir sicherlich auch sprechen. Der damit verbun-

ene Prozess hat spätestens nach 1990 eingesetzt und
urde seither von allen Regierungen fortgesetzt. Das
anze würde ich als Außenpolitiker natürlich immer mit

inem großen Fragezeichen versehen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705810100

Herr Kollege Polenz, es gibt noch das Angebot einer

wischenfrage des Kollegen Leutert. Möchten Sie auch
iese zulassen?






(A) )


)(B)


Ruprecht Polenz (CDU):
Rede ID: ID1705810200

Ja, bitte schön.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705810300

Bitte schön.


Michael Leutert (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1705810400

Herr Kollege Polenz, ich habe zwei Fragen:

Erstens. Würden Sie bitte zur Kenntnis nehmen, dass
der Etat des Außenministers im Vergleich zu 2009 über
70 Millionen Euro mehr umfasst und dass es deshalb
sehr fraglich ist, warum genau in diesen Bereichen, aus-
wärtige Kulturpolitik und Bildung, gespart wird?

Zweitens. Sie haben davon gesprochen, dass, wenn
man sparen muss, alle Bundesministerien betroffen sind
und jeder eine Bringschuld hat. Meine Frage ist: Warum
ist das Verteidigungsministerium von dieser Bringschuld
ausgenommen?


Ruprecht Polenz (CDU):
Rede ID: ID1705810500

Wir werden gleich über den Etat des Verteidigungs-

ministers debattieren. Auch dort gibt es Einsparungen.
Der Etat des Auswärtigen Amts wird im Vergleich zum
Vorjahr um etwa 3 Prozent gekürzt.

Natürlich kann man über die Prioritäten reden. Bei
den Punkten, bei denen wir in der Zukunft einmal ge-
meinsam darüber sprechen können, ob sich Einsparun-
gen erzielen lassen, sind solche Änderungen allerdings
nicht von heute auf morgen möglich. Ich will Ihnen zwei
dieser Punkte nennen.

Erster Punkt. Ich sehe im Augenblick noch nicht, dass
wir aus der immer dichteren politischen Zusammenar-
beit in der Europäischen Union, die mehrfach im Jahr
Treffen der Staats- und Regierungschefs und der Res-
sortminister vorsieht, Konsequenzen für die Besetzung
und die Stellenkegel in unseren EU-Botschaften ziehen.
Wenn wir da etwas verändern würden, würde das nicht
sofort haushaltswirksam werden, hätte in der Perspek-
tive aber möglicherweise eine Bedeutung. Dabei geht es
nicht darum, etwas zu kürzen, sondern darum, es ander-
weitig zu verwenden.

Zweiter Punkt. Mit einem Schengen-Visum können
Sie sich in allen Schengen-Staaten frei bewegen. Trotz-
dem werden die Schengen-Visa in den Konsularabteilun-
gen der jeweiligen Botschaften der Schengen-Länder
ausgestellt. Ich finde, es ist höchste Zeit, dass man sich
unter den Schengen-Ländern einmal darüber unterhält,
ob man nicht zu gemeinsamen Visastellen kommen
kann. Möglicherweise gibt der Aufbau des Europäischen
Auswärtigen Dienstes einen zusätzlichen Impuls, wie
man das lösen könnte. Auch das wäre eine strukturelle
Einsparung, die allerdings nicht sofort in dem Umfang
kassenwirksam wird, wie man es für dieses Jahr braucht.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Nun zurück zur Debatte, in der zu Recht ein Nachden-
ken über Europa im Mittelpunkt gestanden hat. Diesen
Eindruck gewinne ich zumindest aufgrund einiger Bei-
träge. Ich möchte hervorheben, dass Deutschland – ich

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(C (D laube, dass es notwendig ist, das wieder ins Bewusstein zu rücken – wie kein anderes Land von Europa und uch von den bisherigen Erweiterungen profitiert. Das ezieht sich auf den Binnenmarkt, auf unsere Exportirtschaft, auf unsere Arbeitsplätze und natürlich auch uf die Möglichkeiten unserer Bürger, sich in einem imer größeren Raum praktisch frei von Grenzkontrollen ewegen zu können. Es ist auch wichtig, in Erinnerung zu rufen, dass die U-27 heute um ein Vielfaches einflussreicher in der elt sind, als es die sechs Partnerländer der Römischen erträge waren oder heute wären, wenn kein Land dazuekommen wäre. Weil das so ist – und das ist der Grund, eshalb ich das anspreche –, hat mich die Begleitmusik er Griechenland-Debatte in Deutschland außerordentich besorgt gemacht. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


enn wir auch bei uns die Europa-Idee auf die Netto-
ahlungsströme reduzieren, machen wir Europa zu einem
ullsummenspiel, bei dem der eine nur so viel gewinnen
ann, wie einem anderen weggenommen wird.


(Beifall des Abg. Gunther Krichbaum [CDU/ CSU])


as war ein Teil dieser Diskussion.

Wenn wir Gefahr laufen, eine Transferunion zu orga-
isieren – das muss man denen vorhalten, die der Bun-
esregierung vorgeworfen haben, zu hart auf der Euro-
tabilität zu bestehen –, dann sprengen wir die Europäi-
che Union von der anderen Seite. Insofern war es rich-
ig, dass die Bundesregierung solidarisch zum Euro und
ur Euro-Stabilität gestanden hat; denn der Euro ist die
lammer für die Europäische Union.

Es hat sich gezeigt, dass die Hilfen für Griechenland
von den Griechen bisher erfreulicherweise sehr kon-

truktiv umgesetzt – greifen und wirksam sind. Die Be-
leitmusik „Schmeißt sie doch raus!“ aber war unerträg-
ich. Das möchte ich an dieser Stelle noch einmal gesagt
aben.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Meine Vorredner – ich bin Herrn Krichbaum sehr
ankbar für die Vorschläge hinsichtlich der Verhand-
ungsprozesse – haben zu Recht den Erfolg des Außen-
inisters, der auch ein persönlicher Erfolg von Ihnen,
err Westerwelle, war, bei der Serbien-Frage herausge-

tellt. Mich wundert nicht, dass die Fraktion der Linken
a nicht geklatscht hat. Sie sind mittlerweile die Einzi-
en, die weiterhin von der Völkerrechtswidrigkeit der
osovo-Anerkennung ausgehen, obwohl der Interna-

ionale Gerichtshof inzwischen anders entschieden hat
nd obwohl inzwischen auch die Serben merken, dass
er Weg über Europa der beste Weg ist, um die Verbin-
ung zum Kosovo weiter aufrechtzuerhalten. Sie sind
un auch bereit, mit der Europäischen Union und auch
it dem Kosovo konstruktiv zusammenzuarbeiten. Ich
arte darauf, dass Sie ebenfalls zu dieser Einsicht kom-





Ruprecht Polenz


(A) )


)(B)

men, dass sozusagen Ihr Godesberg in dieser Frage ver-
kündet wird.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Ach du Schreck!)


Lieber Herr Kollege Mützenich, Sie haben darauf ver-
wiesen, wie bedeutsam die Abrüstungsfragen sind, und
haben dem Minister die taktischen Nuklearwaffen der
Amerikaner auf deutschem Territorium vorgehalten und
gesagt, da sei noch nichts geschehen. Wir beide wissen
sehr wohl, dass bei der Frage, ob wir auf dem Weg zu
Global Zero vorankommen, das Iran-Problem viel be-
deutsamer ist als das, was möglicherweise in Rheinland-
Pfalz noch in irgendwelchen Bunkern liegt.

Gerade bei dieser Frage war die Europäische Union in
den weiteren Schritten a) geschlossen und b) mit dem
verschärften Sanktionsrahmen insofern erfolgreich, als
er das klare Signal an den Iran gesendet hat, dass eine
Politik, die nicht vernünftig mit der Internationalen
Atomenergie-Organisation kooperiert und auch nicht auf
die Angebote eingeht, die die Europäische Union und
auch die Amerikaner zur wirtschaftlichen, kulturellen
und wissenschaftlichen Zusammenarbeit gemacht ha-
ben, mit immer höheren Kosten verbunden ist.

Sie haben die von den Amerikanern geplanten großen
Waffenlieferungen an Saudi-Arabien und an die Golf-
staaten kritisiert. Das sehe auch ich mit gemischten
Gefühlen. Aber auch das gehört natürlich in diesen Kon-
text. Ich glaube, in dem Moment, in dem das
Nuklearproblem im Iran diplomatisch vom Tisch wäre
– weil alle Welt und auch die Nachbarn sicher sein könn-
ten, dass der Iran nur ein friedliches Nuklearprogramm
verfolgt –, wäre auch eine Abrüstungsinitiative oder zu-
mindest ein Ende des Rüstungswettlaufes im Nahen Os-
ten möglich. Insofern ist eher dies die Schlüsselfrage als
der Punkt, den Sie, so wichtig auch er sicherlich sein
mag, so emphatisch in den Mittelpunkt Ihrer Rede ge-
stellt haben.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705810600

Nächste Rednerin ist die Kollegin Annette Groth für

die Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Annette Groth (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1705810700

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Für die Bundesregierung ist das Eintreten für Menschen-
rechte Grundkonstante ihrer Außenpolitik. Wie sieht
aber die Realität aus, verehrter Herr Kollege? An Flücht-
lingen, Menschen ohne Aufenthaltsrecht und Opfern von
Menschenhandel wird die menschenrechtsfeindliche Pra-
xis der deutschen Regierung besonders deutlich. Soge-
nannte Illegale leben in ständiger Angst vor Abschiebung.
Um ihren Lebensunterhalt zu verdienen, sind sie ge-
zwungen, unter sklavenähnlichen Bedingungen zu arbei-
ten.

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(C (D Nach Waffenund Drogenhandel ist Menschenhandel ie drittgrößte Einnahmequelle weltweit. Laut der Interationalen Arbeitsorganisation beträgt der Gewinn aus em internationalen Menschenhandel mehr als 32 Miliarden US-Dollar pro Jahr. Menschenhandel ist ein schwerwiegender Verstoß geen die Menschenrechte. Die Opfer sind vorwiegend rauen. Ein menschenrechtszentrierter Ansatz bei der ekämpfung des Menschenhandels bedeutet, die Rechte er Frauen zu stärken und die Täter zu bestrafen. Bei uns ingegen werden die Opfer bestraft; denn ihnen droht ach vier Wochen die Abschiebung. Leider hat der Bundestag noch immer nicht die Euroaratskonvention zur Bekämpfung des Menschenhanels ratifiziert, die den Opfern von Menschenhandel und wangsprostitution einen unbefristeten Aufenthaltstitel rmöglichen könnte. Auch das Zusatzprotokoll zum Internationalen Pakt ber wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte waret auf Ratifizierung. In diesem Protokoll sind neben em Recht auf Nahrung und Wasser auch das Recht auf ildung und das Recht auf angemessenes Wohnen vernkert. Die von Ihnen geplanten Kürzungen im Sozialereich wie überhaupt die Hartz-Gesetze verletzen diese nternational verankerten Rechte. enschenrechte sind unteilbar und müssen auch in eutschland durchgesetzt werden. Die Streichorgien im ozialbereich treten die Menschenrechte mit Füßen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Hunger und Umeltkatastrophen nehmen immer verheerendere Ausaße an. Derzeit steht ein Fünftel Pakistans unter Was er, 20 Millionen Menschen sind obdachlos, ganze Dörer sind verschwunden. Um eine wirkungsvolle Sofortilfe zu gewährleisten, werden mindestens 460 Millioen US-Dollar benötigt; nur ein Drittel davon steht biser zur Verfügung. Die Soforthilfe in Höhe von 15 Milionen Euro, die die Bundesregierung bisher zugesichert at, ist nur der berühmte Tropfen auf den heißen Stein. akistan braucht eine langfristige Unterstützung, um die olgen der Flutkatastrophe zu überwinden. Statt Hunerte Millionen Euro für den Krieg in Afghanistan ausugeben, sollte dieses Geld für humanitäre Katastrohenhilfe eingesetzt werden. Wir fordern in der Haushaltspolitik eine klare Prioriätenverschiebung, sodass Menschen in Not sofort geolfen werden kann. Ausgerechnet dieser Posten wird m Haushaltsentwurf für 2011 um 20 Prozent reduziert. rotz Klimawandels und absehbarer Naturkatastrophen ürzt die Regierung nicht nur die Nothilfe, sondern auch elder für internationale Klimaschutzprojekte – für mich in Skandal. Überflutungen in China und Pakistan sowie die rände in Russland haben große Ernteausfälle zur Folge. onzerne verlangen jetzt höhere Preise, die Nahrungs Annette Groth )


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)





(A) )

mittelspekulation blüht. Die Spekulation mit Nahrungs-
mitteln führt zu steigenden Preisen und ist damit für
zunehmenden Hunger verantwortlich. Sie ist ein Verbre-
chen und gehört verboten.


(Beifall bei der LINKEN)


Sehr geehrte Damen und Herren, der einzige Titel im
Haushalt, in dem die Menschenrechte ausdrücklich er-
wähnt werden, heißt: „Demokratisierungs- und Ausstat-
tungshilfe, Maßnahmen zur Förderung der Menschen-
rechte“. Ich frage Sie: Was haben die Menschenrechte
mit Ausstattungshilfe zu tun?

11 Millionen Euro wurden 2009 für die Ausstattungs-
hilfe für ausländische Streitkräfte ausgegeben. Lediglich
3 Millionen Euro standen für die Menschenrechte zur
Verfügung. Nun soll der Etat für Menschenrechte – wir
haben es schon gehört – 2011 noch einmal um 50 Pro-
zent gekürzt werden.

Kurzum: Menschenrechte sind für die Regierungspar-
teien Rhetorik, Geld gibt es dafür nicht.


(Beifall bei der LINKEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705810800

Das Wort hat nun die Kollegin Erika Steinbach für die

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Erika Steinbach-Hermann (Plos):
Rede ID: ID1705810900

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kol-

legen! Der Kollege Krichbaum hat Serbien vorhin – ich
bin überzeugt: zu Recht – dafür gelobt, dass es für die
Bewältigung der schwierigen Situation in dieser Region
einen Weg mit aufzeigt und mithilft, dass Lösungen ge-
funden werden.

Ich kann diesem Lob ein anderes Lob anschließen.
Bereits vor einem Jahr hat die serbische Regierung ein
Gesetz auf den Weg gebracht, gemäß dem alle geheimen
Gräber, in denen die von Tito Ermordeten verscharrt
wurden, aufgenommen werden. Die Bevölkerung wurde
aufgerufen, dazu beizutragen, diese geheimen Gräber zu
finden, damit die Menschen heute eine würdige Bestat-
tung bekommen. Das ist ein deutliches Zeichen dafür,
dass man das Unrecht aus jener Zeit heute nicht mehr
mittragen, sondern offenlegen und die Menschen auch
versöhnen will.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ein anderer aktueller Vorgang hat mich sehr gefreut.
Ich begrüße es, dass die Türkei als Mitschuldige für die
Ermordung des türkisch-armenischen Journalisten Hrant
Dink verurteilt wurde, den sie vor seiner Ermordung ja
wegen Beleidigung des Türkentums verurteilt hatte, wo-
durch sie zu einem Klima des Hasses gegen diesen arme-
nischstämmigen Mann mit beigetragen hat. Dieses Urteil
des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte ist
ein wichtiges Zeichen der Mahnung in Richtung Türkei,
was den Bereich der Religionsfreiheit und Meinungsfrei-
heit anbelangt, und es war nötig.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Menschenrechtspolitik ist eine Aufgabe, die in vielältigen Politikbereichen verankert ist. In ihrer außenolitischen Dimension bezieht sie die Förderung und den chutz der Menschenrechte weltweit ein. In vielen Beeichen unseres Globus prallen heute nach wie vor reliiöse, ethnische oder ideologische Vorstellungen aggresiv aufeinander. Diesbezüglich dürfen wir uns keinen and in die Augen streuen. Die Menschenrechtsverletungen von heute können leicht – das ist der Geschichte u entnehmen – zu kriegerischen Auseinandersetzungen on morgen werden, und durch die Kriege der Verganenheit werden wir mit Menschenrechtsverletzungen onfrontiert, deren Aufarbeitung noch lange nicht abgechlossen ist – auch nicht bei uns in Deutschland. (Steffen Bockhahn [DIE LINKE]: Sehr wahr! – Michael Leutert [DIE LINKE]: Dazu können Sie einmal einen Beitrag leisten!)


Diese Bundesregierung tut außerordentlich viel für
ie Menschenrechte, mehr als alle Bundesregierungen
uvor. Das sei einmal deutlich angemerkt, und ich be-
rüße das.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Für die Politik der CDU/CSU, die sich am christli-
hen Menschenbild orientiert, haben Menschenrechte
ine grundlegende Bedeutung. Außenpolitik ist für uns
it Menschenrechten verbunden. Daher sind der Schutz

nd die Förderung von Menschenrechten auch ein
chwerpunkt christlich-liberaler Außenpolitik.

Tiefe Sorge bereitet uns – das wurde auch von dem
ollegen Mißfelder schon angesprochen – die Lage im

ran. Über 4 000 Verhaftungen wurden seit den Wahlen
m vorigen Jahr bereits gezählt, und reformorientierte,
egierungskritische Personen wurden systematisch in
efängnisse gesteckt, in Schauprozessen angeklagt und

um Teil zum Tode verurteilt, oder sie wurden schon zu-
or, noch ehe sie verurteilt werden konnten, so gefoltert,
ass sie gestorben sind.

Die abstoßende Methode der Steinigung droht Frauen
m Iran als Bestrafung des Ehebruchs. Der aktuelle Fall
er Sakine Mohammadi Aschtiani entsetzt die Menschen
eltweit. Das Bild dieser Frau ist um den Globus gegan-
en. Wir wissen, dass es diese Art der Todesstrafe auch
n Nigeria, in Pakistan und im Sudan gibt. Dort ist Stei-
igung an der Tagesordnung.

Aber eines sage ich auch: Steinigung ist nur eine Me-
hode der Todesstrafe. Die Todesstrafe muss weltweit
bgeschafft werden,


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


atürlich auch in unserem befreundeten Land, in den
ereinigten Staaten. Ob Steinigung, elektrischer Stuhl,
trang oder Giftspritze – sie gehört ganz einfach weg.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Förderprogramme zur Durchsetzung von Demokratie
nd Menschenrechten sind wichtig; daran besteht über-
aupt kein Zweifel. Solche finanziellen Förderprogram-
e können aber nur dann Wirkung entfalten, wenn das





Erika Steinbach


(A) )


)(B)

Bekenntnis zu den Menschenrechten auch in den Län-
dern, in denen wir Hilfestellung geben und in denen De-
fizite vorhanden sind, von oberster Ebene mitgetragen
und immer wieder eingefordert wird.

Ich sage: Geld alleine genügt nicht und hilft nicht
nachhaltig. Man kann Menschenrechte leider nicht mit
Geld kaufen. Es muss in den Köpfen implementiert sein.
Dazu müssen wir durch Mahnen, durch Überzeugung
und am Ende durch Miteinander beitragen.

Ich bedanke mich.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705811000

Frau Kollegin, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage

des Kollegen Beck?


Erika Steinbach-Hermann (Plos):
Rede ID: ID1705811100

Nein, danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705811200

Das Wort zu einer Kurzintervention hat nun der Kol-

lege Beck.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705811300

Geschätzte Frau Kollegin Steinbach, es ist schön,

wenn wir hier wortreiche Appelle zur Abschaffung der
Todesstrafe hören. Im Menschenrechtsausschuss gab es
den Versuch, zu einer fraktionsübergreifenden gemeinsa-
men Entschließung zur weltweiten Abschaffung der To-
desstrafe zu kommen. Wir haben uns, auch in den Be-
richterstattergesprächen, auf Forderungen an diejenigen
Staaten verständigt, die die Todesstrafe noch praktizie-
ren. An den Iran sollte der Appell gerichtet werden, sich
an die Zivilpaktstandards zu halten und die Todesstrafe
entsprechend auszusetzen. Das sollte verbunden werden
mit Appellen zur Rettung ganz konkreter Menschen, die
von der Todesstrafe bedroht sind. Eine solche gemein-
same Entschließung ist maßgeblich an Ihnen gescheitert,
obwohl SPD und Grüne alle Vorschläge aus der Union
aufgenommen haben.


(Kerstin Müller [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hört! Hört! Warum?)


Sie haben gerade zu Recht gesagt, es brauche nicht
nur Geld. Vielmehr ist bei fundamentalen Menschen-
rechtsfragen auch ein gemeinsames parlamentarisches
Eintreten über die Partei- und Fraktionsgrenzen hinweg
erforderlich. In der Vergangenheit war das Tradition des
Hohen Hauses und auch Tradition des Menschenrechts-
ausschusses. Es ist maßgeblich Ihrem Verhalten zu ver-
danken, dass wir hier nicht mit einer Stimme sprechen.

Der Antrag liegt noch im Ausschuss. Ich appelliere an
die Unionsfraktion, das zu heilen. In der vorvergangenen
Wahlperiode gab es unter Rot-Grün eine gemeinsame
Entschließung des Hauses dazu. Das sollte wieder gelin-
gen.

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(C (D Bei der Menschenrechtspolitik geht es immer um wei Dinge: zum einen um den Kampf für internationale echtliche Prinzipien und ihre Einhaltung, zum anderen m den Schutz ganz konkreter Menschen, die Opfer von enschenrechtsverletzungen sind, oder von Menschen echtsverteidigern, deren Leben und Freiheit unmittelbar edroht ist. Ich hoffe, dass der Deutsche Bundestag wieder dahin ommt, nicht nur Sonntagsreden zu hören, sondern in emeinsamen Entschließungen nach außen, an andere änder gerichtet, eine klare Sprache und ein klares Enagement zu finden. In der Tat ist es manchmal wichtier als Geld, dass wir Demokraten gemeinsam für diese rinzipien und für die Menschen eintreten. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705811400

Frau Kollegin Steinbach, bitte.


Erika Steinbach-Hermann (Plos):
Rede ID: ID1705811500

Herr Kollege Beck, an der klaren Sprache mangelt es

ei mir in aller Regel nicht; das kann ich Ihnen sagen.


(Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Das ist ja das Schlimme!)


ch kann Ihnen eines zusagen: Wir sind immer bereit,
it Ihnen zu sprechen. Aber der Berichterstatter unserer
raktion, der auch über einen gemeinsamen Antrag ver-
andelt hat, hat festgestellt: Ihnen geht es primär um
anz bestimmte Einzelopfer.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es geht immer um die Menschen und die Prinzipien!)


ir sind für den Einsatz für alle Opfer, die von Todes-
trafe bedroht sind. Indem wir Einzelne in einem Grund-
atzantrag herausgreifen,


(Michael Leutert [DIE LINKE]: Unglaublich!)


assen wir alle anderen in der Anonymität und schaffen
ine Hierarchisierung. Wenn man den Iran anspricht,
ann das letzte Bild der Frau, die gesteinigt werden soll,
n der Tat als plastisches Beispiel dienen. Aber wenn ein
ntrag formuliert werden soll, dann sind wir grundsätz-

ich an der Seite aller, die zum Tode verurteilt sind. Jeder
erurteilte ist einer zu viel.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705811600

Nächster Redner ist der Kollege Axel Schäfer für die

PD-Fraktion.


Axel Schäfer (SPD):
Rede ID: ID1705811700

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
ir führen keinen Wettstreit darüber durch, welche Bun-

esregierung sich am meisten für die Menschenrechte
ingesetzt hat, vor allen Dingen dann nicht, wenn wir
lle gemeinsam gegen die Todesstrafe sind. Aber eines
uss an dieser Stelle erwähnt werden, wenn man auf die





Axel Schäfer (Bochum)



(A) )


)(B)

Bundesregierungen der Vergangenheit zurückschaut:
Derjenige, der wie kein anderer für Menschenrechte und
Frieden steht, hat als letzter Deutscher den Friedensnobel-
preis bekommen: Willy Brandt. Er war Außenminister
und später Bundeskanzler. Die Menschenrechtspolitik ist
eine Tradition, in der die Sozialdemokratinnen und So-
zialdemokraten und, hoffe ich, auch das ganze Haus ste-
hen.


(Beifall bei der SPD)


Der Bundesaußenminister hat Europa in den Mittel-
punkt seiner Rede gestellt. Das war vom Ansatz her rich-
tig. Er hat nichts dazu gesagt, wie zerstritten die eigene
Koalition in dieser Frage ist. Das ist für Deutschland ins-
gesamt falsch.

Ich will das an drei Punkten deutlich machen. Erstens.
Es gibt heute wie nie zuvor Kompetenzstreitigkeiten
zwischen dem Bundeskanzleramt und dem Auswärtigen
Amt zulasten der Handlungsfähigkeit deutscher Europa-
politik.


(Dr. Werner Hoyer, Staatsminister: So ein Quatsch! So ein Stuss!)


Ich führe das nicht im Detail auf. Sie alle wissen, was
täglich auf den Fluren diskutiert wird.


(Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Das weisen wir zurück! Quatsch!)


Das schadet unserer Position innerhalb der Europäischen
Union.

Zweitens. Man kann in der Debatte über den Euro-
Rettungsschirm für Griechenland nicht die Fakten um-
drehen. Weil Schwarz-Gelb sich nicht einig war, eine
Resolution zu verfassen, in der konkrete Fragen wie die
Finanztransaktionsteuer angesprochen werden, hat sich
die SPD zu Recht enthalten; denn es gab nicht einmal
die Möglichkeit, das zu unterschreiben, was Wolfgang
Schäuble vorher im Europaausschuss zugesagt hatte.
Das war der konkrete Grund. Alles anderes ist Ge-
schichtsklitterung.


(Beifall bei der SPD – Gunther Krichbaum [CDU/CSU]: Ihr wollt euch doch nur einen schlanken Fuß machen!)


Drittens. Herr Außenminister, Sie haben gesagt, dass
wir das Thema in den europäischen Parteizusammenhän-
gen und -familien diskutieren sollten. Dazu muss ich Ih-
nen allerdings sagen: Was wir dazu an Debatten seitens
der christdemokratischen Parteifamilie und an Regie-
rungshandeln in Europa haben, liegt zum Teil in der Ver-
antwortung Ihres größeren Koalitionspartners. Wir ha-
ben die Situation, dass wir ständig, ohne dass darüber
geredet wird, an die Grenzen des Rechtsstaates stoßen,
zum Beispiel mit einer italienischen Regierung, deren
wichtigster Repräsentant Christdemokrat ist. In Frank-
reich ist es gerade unter einem christdemokratisch-kon-
servativen Regierungschef zu einem klaren Bruch euro-
päischen Rechts im Bereich der Menschenrechte
gekommen, Stichwort Sinti und Roma. In den Nieder-
landen will man seitens unserer christdemokratischen
Kollegen mit Rechtspopulisten koalieren. Gott sei Dank

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(C (D alte ich das in Deutschland nicht für möglich. Das alles ird verschwiegen. Wir haben in der Slowakei die Situa ion, dass bei klarem Bruch der gemeinsamen europäichen Politik die Solidarität im Zusammenhang mit dem ettungsschirm für Griechenland von einer christdemoratischen Regierungschefin aufgekündigt wird. Das ist die europäische Realität, die wir zurzeit erleen. Wir erleben sie, wenn die Bundeskanzlerin als Pareivorsitzende auf der einen Seite sagt: „Wir sind die tärkste Kraft, und wir beanspruchen alles: den Ratspräidenten, den Kommissionspräsidenten und möglichst ie ganze Macht“, man auf der anderen Seite aber, wenn onkret nachgefragt wird, wer denn diese Herren sind nd was sie für eine Politik machen – aktuell gibt es mit errn Orban, Vizepräsident der EVP, eine besonders chlimme Ausprägung –, mit all dem Antieuropäischen, as dort geschieht, nichts zu tun haben will. Diese Form on doppelter Moral lassen wir Ihnen in der Europapoliik nicht durchgehen, liebe Kolleginnen und Kollegen nd verehrte Regierung. Kollege Krichbaum hat in einem Punkt recht – das aben andere gelobt, und ich kann mich dem anschlieen –: Er hat den Mut von Herrn Tadic gelobt und auch hre Rolle dabei unterstrichen. Das unterstütze ich, Herr ußenminister. Wir müssen uns aber die Situation vor rt genau anschauen, wenn wir über Europa reden: Herr adic ist mutig; denn Ministerpräsident Djindjic hat seien Mut, für Verständigung einzutreten, mit dem Leben ezahlt. Slowenien hat unter Ministerpräsident Pahor ompromisse mit Kroatien gefunden, sodass der Erwei erungsprozess fortgesetzt werden kann. In Kroatien etzt sich Staatspräsident Josipovic für die Korruptionsekämpfung ein, damit das Land nicht nur europafähig, ondern auch befriedet wird. Alle drei sind sozialdemoratische Staatsund Regierungschefs, die sozialdemoratische Politik in Europa betreiben. Wir brauchen ehr sozialdemokratische Politik in Europa. Dafür steht ie SPD-Bundestagsfraktion. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Georg Schirmbeck [CDU/ CSU]: Das hat der Wähler noch nicht verstanden!)


(Beifall bei der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705811800

Nächster Redner ist der Kollege Rüdiger Kruse für

ie CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Rüdiger Kruse (CDU):
Rede ID: ID1705811900

Lieber Herr Schäfer, nachdem Sie einen langen Ex-

urs in die Vergangenheit unternommen haben, um ein
ozialdemokratisches Idol auszugraben, haben Sie zum
chluss an die Grenzen Europas gehen müssen, um Vor-
ilder der heutigen Sozialdemokratie zu finden. Da Sie
christdemokratisch“ immer so schön betont haben,
öchte ich auf Folgendes hinweisen: Keine einzige Re-





Rüdiger Kruse


(A) )


)(B)

gierung hat so viel für Europa getan wie die christdemo-
kratisch geführte deutsche Regierung.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wir haben Einsatz für ein stabiles Europa, ein Europa
der Solidarität und ein Europa gezeigt, das einen krisen-
festen Neuanfang nimmt.

Da wir nun die Haushaltsdebatte führen, schadet es
vielleicht nicht, wieder ein bisschen herunterzukommen
und auf ein paar Zahlen zu schauen. Wir haben das
Thema Kultur schon gestreift. Es ist Tradition, dass wir
über den Kulturetat zweimal diskutieren, unter anderem
bei den Beratungen über den Etat des Auswärtigen Am-
tes. Kultur ist schließlich ein bedeutendes Thema. Von
der Summe her – Frau Krumwiede hat mit ihrem Hin-
weis, dass gewisse Kulturvorgänge fast unsichtbar sind,
recht – scheint das nicht der Fall zu sein. Der Etat sackt
diesmal um 2,7 Prozent ab. Nichtsdestotrotz haben wir
die Mittel in wichtigen Kernbereichen im Prinzip verste-
tigt. Zum Beispiel wurden die Mittel für die deutschen
Schulen im Ausland, aber auch für die Projektarbeit, die
sehr empfindlich auf Schwankungen reagiert, nur um
0,8 Prozent gesenkt. Es ist richtig, dass sich die Schul-
denbremse auch hier auswirkt. Wir haben die Mittel für
die institutionelle Förderung gesenkt, weil wir glauben,
dass dies für einen gewissen Zeitraum vertretbar ist. Die
betroffenen Institutionen haben einen wesentlich länge-
ren Atem als kleinere Projekte. Im Endergebnis geht es
um 20 Millionen Euro. Bernd Neumann hat recht: Mit
Kürzungen im Kulturbereich kann man einen Haushalt
nicht sanieren. Aber natürlich sind alle Bereiche gefor-
dert, einen Beitrag zu leisten.

Ich möchte eine Sache aufgreifen, die von der Summe
her überhaupt nicht bedeutend ist, die aber ein gewisses
Licht auf die ständige Konfliktlinie zwischen Parlament,
Regierung und Verwaltung wirft. Ich empfehle der
Staatssekretärin Pieper, einmal ins Internet zu gehen und
sich ein, zwei Folgen der alten britischen Fernsehserie
Yes Minister anzuschauen. Dann wird sie sehen, wie es
sein kann, wenn Politik etwas will, was Verwaltung
scheinbar nicht will. Was meine ich? Ich meine die Villa
Tarabya. Das ist vom Etat her kein großes Projekt. Aber
das Parlament hat sich für dieses Projekt eingesetzt. Ab
einer gewissen Willensstärke des Parlaments kann auch
Verwaltung so etwas nicht ignorieren. Das heißt, sie
muss handeln. Manchmal wird dann zu guter Letzt ge-
sagt: Jetzt machen wir, kurz bevor es so weit ist, ein
neues Konzept. – Zufälligerweise sind die Haushaltsbe-
ratungen auf einen Termin gefallen, zu dem das Konzept
noch nicht fertig ist. Das finden wir natürlich schade.
Vielleicht kann man noch einmal insistieren; denn wenn
das Parlament einen solchen Akzent setzt, erwarten wir,
dass dem gefolgt wird. Wenn es Bedürfnisse gibt, das zu
ergänzen oder zu verändern, dann kann ich nur sagen:
Herzlich gerne, aber bitte nicht so, dass wir nicht mehr
darüber beraten können. Das wäre ein Wunsch.

Uns ist dieses diplomatisch-kulturelle Projekt wich-
tig, weil Kultur identitätsstiftend ist, wie es Bernd
Neumann vorhin formuliert hat. Im Ausland ist unsere
Kultur unsere Visitenkarte. Sie ist quasi ein Bild, das wir
von unserem Land abgeben. Wir haben es vorhin gehört:

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(C (D erade in Krisenzeiten, wenn andere Länder verstärkt ei der Kultur einschneiden, ist es immer gut, antizykisch zu investieren. Ich glaube, wir sind gut beraten, enn wir im Ausland in das Bild Deutschlands investie en. Dazu gehört: Wer mit seiner Identität werben will, er muss sich seiner Identität sicher sein. Deshalb haben ir immer eine ablehnende Haltung gegenüber einem ultikulti-Mischmasch eingenommen. Wir haben ge agt: Wie soll sich zum Beispiel jemand in eine Nation ntegrieren, wenn diese Nation selbst gar nicht weiß, was hr eigenes Bild ist? Kulturelles Bewusstsein ist von daer eine wichtige Grundlage. Ich glaube, dass wir mit unseren Beiträgen zur Kulurpolitik im Ausland auch ein sehr gutes Aushängechild haben; denn eines ist klar: Deutsche Premiumproukte werden nicht nur gekauft, weil sie technisch so gut ind. Ein Argument ist auch immer: Wer im Ausland eutsche Produkte nutzt, der nimmt auch ein Stück dieer Kultur auf, weil sie ihm gefällt. Ich glaube, dass es in einer globalisierten Welt wichig ist, um Menschen zu werben, die sagen: Ich verbringe ine Zeit meines Berufslebens in Deutschland. Das sind iejenigen Menschen, die wir haben wollen. Sie müssen atürlich auch ein attraktives Bild dieses Landes sehen, ie müssen im positiven Sinn angeworben werden. Das ilt genauso für die Menschen, die schon hier sind. Auch iese müssen von uns überzeugt werden. Das ist die ufgabe der Kulturpolitik im Ausland und natürlich uch im Inland. Deshalb werden wir in diesem Bereich uch zukünftig einen stabilen Kurs fahren, und wir weren im Haushalt immer darauf achten, dass die Kultur mmer ein Stück besser fährt als andere Bereiche. Danke schön. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705812000

Zu diesem Einzelplan liegen nun keine weiteren

ortmeldungen vor.

Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bun-
esministeriums der Verteidigung, Einzelplan 14.

Als erstem Redner erteile ich das Wort Herrn Bundes-
inister Dr. Karl-Theodor zu Guttenberg.

Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg, Bun-
esminister der Verteidigung:

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Bundes-
ehr steht vor einer der größten gestalterischen Heraus-

orderungen seit ihrer Gründung im Jahr 1955. Wir ste-
en vor einer Reform, über die in einigen Teilen auch
och politisch zu entscheiden sein wird, und mit der wir
ns in diesem Jahr auch bei den Haushaltsberatungen si-
her noch entsprechend befassen werden. Ich darf an
ieser Stelle sagen, dass es sich um eine Reform handeln
ird, die logisch auf mutigen Vorarbeiten und auf muti-
en Schritten meiner Vorgänger aufbaut. Ich umfasse





Bundesminister Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg


(A) )


)(B)

hierbei sowohl meinen Amtsvorgänger Franz Josef Jung
als auch die Kollegen Struck, Scharping und Rühe.


(Zuruf des Abgeordneten Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Ich möchte hierfür danken, weil große und mutige
Schritte gegangen wurden. Wir bedürfen jetzt allerdings
noch einmal eines entsprechend mutigen Schrittes. Dank
auch an meine Amtsvorgänger für das, was geleistet
wurde.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Diese Herausforderungen und diese Reform haben
– und das ist entscheidend – zunächst einmal eine
sicherheitspolitische Analyse zur Grundlage. Es ist
eine Analyse darüber, wie sich die sicherheitspolitischen
Herausforderungen der Gegenwart und der Zukunft dar-
stellen werden. Aufbauend auf diese Analyse gibt es
letztlich auch ein formuliertes Aufgabenspektrum. All
das hat in den letzten Wochen der Generalinspekteur der
Bundeswehr zu Papier gebracht, und ich glaube, er hat
eine sehr breite, eine sehr tiefgehende und eine letztlich
sehr plausible Analyse vorgelegt, die die Grundlage für
die kommenden Schritte darstellen und bieten soll. Herr
Generalinspekteur, Sie sind heute hier. Ihnen, Ihrer
Mannschaft und jenen, die mitgewirkt haben, sage ich
auch von meiner Seite aus Danke für diese intensiven
und guten Arbeiten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Neben dieser Analyse, neben dem Aufgabenspek-
trum, das daraus erwächst, gab es in diesem Jahr eine
von mir angewiesene Defizitanalyse, die deutlich ge-
macht hat, wo wir mit Blick auf unsere Strukturen noch
Nachbesserungs- und Verbesserungsbedarf haben. All
das bildet die Grundlage dessen, weshalb Entschei-
dungsbedarf gegeben ist. Ich habe schon oft betont, dass
wir dringenden Entscheidungsbedarf haben. Ich würde
mich freuen, wenn wir diese nächsten Schritte auch in
einem parteiübergreifenden und gemeinsamen Vorgehen
gestalten könnten, weil ich den Eindruck habe, dass wir
– bis auf die eine oder andere Ausnahme – mit unseren
Grundüberlegungen nicht so weit auseinanderliegen.


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Ha, ha!)


– Herr Gehrcke, Ihre Position ist klar. Sie bilden die
Ausnahme, die ich jetzt betonen durfte.


(Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Danke!)


Ich glaube aber, dass wir bei vielen Punkten sehr nahe
beieinanderliegen und eine gute Basis dafür haben, zu
einem gemeinsamen Ergebnis zu kommen. Dieser Punkt
wäre in meinen Augen sehr erfreulich. Das wäre die
Grundlage dafür, dass nicht nur unserer Truppe mit
Blick auf ihre künftigen Einsätze, sondern auch unseren
zivilen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die ebenso
wie die Soldaten in den letzten Jahren unglaublich flexi-
bel und mit hoher Motivation und Professionalität auf
Strukturdefizite reagieren mussten, eine Perspektive ge-

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(C (D eben wird, die von einer breiten Mehrheit des Bundesages getragen wird. Das sollten wir alle anstreben, weil ie Truppe, der ich für das, was in den letzten Jahren geeistet wurde, danken will, diesen Rückhalt verdient hat. ch begrüße einige Soldatinnen und Soldaten, die heute uf der Tribüne sind und mit großer Spannung und Inteesse dieser Debatte folgen. Wir wollen die anstehende Neuausrichtung nutzen, m die Bundeswehr als ein leistungsfähiges Instrument nserer Außenund Sicherheitspolitik zu stärken. Es eht darum, Strukturen und Prozesse konsequent und mfassend auf die Erfordernisse des Einsatzes auszuichten, auf Erfordernisse des Einsatzes im Inland wie m Ausland in dem verfassungsrechtlich gegebenen Rahen. Unser Land braucht Streitkräfte, die modern, leis ungsstark und flexibel sind und das Maß an Professioalität mitbringen, das wir von ihnen erwarten, und die uf die gegenwärtigen und künftigen Situationen, die on einem hohen Maß an Unberechenbarkeit geprägt ein werden, verlässlich reagieren können. Ein Konzept ür solche Streitkräfte ist vom Generalinspekteur erareitet worden und bietet letztlich die Grundlage für die rbeit. Es geht um Strukturen und um eine verbesserte Leisungsfähigkeit. Wir müssen uns verbessern. Ich habe mmer wieder darauf hingewiesen, dass wir bei einer erzeitigen Stärke von 252 000 Soldatinnen und Soldaen gerade einmal 7 000 in den Einsatz schicken können. ass wir dann schon über Kante genäht sind, steht uns m internationalen Vergleich nicht gut zu Gesicht. Es eht aber auch um die einsatzgerechte Ausrüstung und usstattung. Der Wehrbeauftragte weist immer wieder arauf hin, wie wichtig es ist, auch diesen Aspekt zu beücksichtigen. Es geht um einen beschleunigten Entcheidungsprozess, es geht aber auch um beschleunigte eschaffungsprozesse. Das ist ein ganz wesentlicher Ge ichtspunkt. Da müssen wir Dinge verbessern und neben en Perspektiven für die Soldatinnen und Soldaten noch eitere Perspektiven eröffnen. Es geht auch um eine anemessene Ausgestaltung des Dienstes und nicht zuletzt m die Attraktivität des Dienstes bei der Bundeswehr. Es ist wichtig, genau diesen Punkt zu betonen; denn ir befinden uns bereits heute im Wettbewerb mit der reien Wirtschaft um die besten Köpfe. Das gilt für den ivilen wie für den militärischen Bereich. Deswegen ist em Aspekt der Attraktivität auch so viel Raum beizuessen. Ich freue mich über viele Hinweise, die in dieser insicht gekommen sind. Viele haben dazu beigetragen, ass das auf der Agenda sehr weit oben steht. Zur Atraktivität des Dienstes gehört natürlich der Schutz unseer Soldatinnen und Soldaten im Auslandseinsatz, und azu gehört, dass sich der Arbeitsplatz mit anderen mesen kann. Darauf wollen wir viel Kraft verwenden. Eine Grundlage für diese Neuausrichtung, die wir etzt vornehmen wollen, ist vor dem Hintergrund, flexiber und besser zu werden, die Erkenntnis, dass eine Reuzierung des Gesamtumfangs der Bundeswehr unumänglich ist. Diese Reduzierung findet allerdings ihre Bundesminister Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)





(A) )

Grenzen, wenn das Aufgabenspektrum, das formuliert
wurde, nicht mehr erfüllt werden kann. Das Aufgaben-
spektrum umfasst die Notwendigkeit, weiterhin voll
bündnisfähig zu sein und weiterhin sowohl innerhalb der
NATO als auch innerhalb der Europäischen Union eine
führende Rolle wahrnehmen zu können. Es umfasst auch
die Notwendigkeit – ganz wichtig – des Schutzes unserer
Heimat dort, wo es verlangt ist, und dort, wo wir darauf
zurückgreifen wollen. Es umfasst aber auch das breite
Szenario dessen, was heute in Auslandseinsätzen gefor-
dert ist und dort künftig gefordert sein kann. Es sind sehr
viele sehr unterschiedliche Szenarien, die hier abgefor-
dert werden können. Gerade auch in dieser Hinsicht
müssen wir planen.

Auf der Grundlage dieses Ansatzes kamen wir zu un-
terschiedlichen Modellen und haben nunmehr auch aus
Sicht des Ministeriums eine Empfehlung für ein Modell
abgegeben, das von einer Zielgröße von mindestens
163 500 Soldatinnen und Soldaten ausgeht.


(Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Von „mindestens“ steht nichts darin!)


Dieser Ansatz bietet gerade noch ein geeignetes Fähig-
keitsprofil und wird den heutigen wie den künftigen si-
cherheitspolitischen Herausforderungen durch eine hö-
here Einsatzfähigkeit besser gerecht.

Das ist der absolute Mindestumfang. Er darf nicht
geringer und er kann durchaus höher ausfallen, wenn ich
das so sagen darf. Das wird im Einzelnen noch festzule-
gen sein. Das ist natürlich auch Gegenstand der parla-
mentarischen Beratungen und der Abstimmungen. Ich
bin alles andere als undankbar für die vielen Hinweise,
die ich in dieser Richtung schon bekommen habe. Es
gibt viele, die sich entsprechend eingebracht haben.
Danke auch für die Begleitung in den letzten Wochen
und Monaten durch die Fachpolitiker, durch die Frak-
tionsvorsitzenden und auch durch die Berichterstatter im
Haushaltsausschuss, die mit Blick auf die künftigen Ge-
staltungen sicher vor keiner einfachen Aufgabe stehen.

Mit der Reduzierung, aber nicht nur deswegen, stellt
sich auch die Frage nach der Wehrform. Das ist eine der
Fragen, über die wir derzeit am intensivsten debattieren,
wobei es eine logische Folgefrage aus den Strukturüber-
legungen ist, die wir gerade angehen. Manchmal hat man
das Gefühl, dass es in der Diskussion eher schon umge-
kehrt ist. Aber es ist so, dass die Wehrform in untrennba-
rem Zusammenhang mit dem Auftrag, mit dem Umfang
und mit den Strukturen steht. Genau um diesen Zusam-
menhang geht es. Es ist bereits heute so, dass wir nach
unserem politischen Konsens keine Wehrpflichtigen
mehr in die Einsatzszenarien schicken, die sich heute
bieten. Das ist ein Konsens, der gebildet wurde.

Es lohnt sich gelegentlich ein Blick zurück. Obwohl
wir in den beiden letzten Jahrzehnten die Streitkräfte
– ausgehend von annähernd einmal 500 000 Soldaten –
nahezu halbiert haben, ist die Anzahl der Berufs- und
Zeitsoldaten nahezu gleich geblieben. Heute leisten al-
lerdings weniger als 17 Prozent eines Jahrgangs ihren
Grundwehrdienst ab. Vor zehn Jahren waren es noch
40 Prozent. In den frühen 80er-Jahren waren es fast

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(C (D 0 Prozent. Man vergisst gelegentlich, was das bereits ür eine Entwicklung war. Die Reduzierungen erfolgten chon bisher in erster Linie durch die Verkürzung der rundwehrdienstdauer – als Folge eines veränderten nforderungsprofils. Sich mit dieser Frage auseinanderzusetzen, ist für eien Teil dieses Hauses außerordentlich schwierig. Ich age Ihnen, dass das auch für mich gilt. Das war für ich ein Schritt, der mir auch emotional sehr viel bedeu et hat; aber dieser Schritt basiert auf der Auseinanderetzung mit den Realitäten, denen wir heute schlicht ins uge sehen müssen. Eine Realität ist die Zahl jener, die wir heute noch als ehrpflichtige, als Wehrdienende haben. Natürlich pielt auch der Umstand eine Rolle: Wenn ein junger ann heute nicht mehr zur Bundeswehr will, dann geht r faktisch schon nicht mehr dorthin. Wir müssen uns uch die Frage stellen: Was bieten wir jenen, die zu uns ommen und zu uns kommen wollen und die für diesen nglaublich wichtigen Aspekt der Bindung zwischen esellschaft und Bundeswehr stehen? Ihnen haben wir inmal 18 Monate geboten. Mittlerweile haben wir uns uf ein Sechs-Monats-Angebot geeinigt. Aber bereits bei eun Monaten war es schwierig, neben der gesellschaftsolitischen Begründung, die mir unglaublich viel bedeuet, (Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vor zwei Monaten klang das noch anders!)


ine sicherheitspolitische Begründung zu geben. Die
rage ist ja: Ist für den einzelnen Wehrpflichtigen oder
ehrdienenden auch sicherheitspolitisch der Maßstab,

en die Verfassung uns letztlich abverlangt, erfüllt?
iese Begründung können wir bereits heute nicht mehr

n dem Maße geben.

Deswegen und auch vor dem Hintergrund dessen,
ass das Regenerationsargument heute nicht mehr so
rägt, wie es einmal getragen hat, ist es in unserer Verant-
ortung, zu sagen: Wir wollen uns nicht in eine Mängel-
erwaltung hineinbegeben, sondern wir sehen den Auf-
rag, zu gestalten – im Sinne der jungen Menschen, aber
uch im Sinne der Bundeswehr. Diesen Gestaltungsauf-
rag sollten wir annehmen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Das heißt aber auch, dass wir uns bei einigen wichti-
en Fragen, die auch im Kontext mit der Wehrpflicht zu
ehen sind, nicht einfach bequem zu Hause auf die
ouch legen können. Das gilt etwa für unvorhersehbare
reignisse wie zum Beispiel Naturkatastrophen und für
lles, was mit der zivil-militärischen Zusammenarbeit in
usammenhang steht. Hier müssen wir kluge Vorschläge
achen. Das wird geschehen; denn diese werden wir ge-
einsam mit vielen anderen ausarbeiten.

Wir brauchen einen zeitgemäß organisierten Heimat-
chutz. Das bleibt ungemein wichtig. Das verlangt aber
uch professionell aufgestellte Streitkräfte und mehr denn
e gut ausgebildete und motivierte Reservisten. Auch da-
auf möchte ich hinweisen. Deswegen ist es wichtig, diese





Bundesminister Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg


(A) )


)(B)

entsprechend ihrer wachsenden Verantwortung in ein
neues Konzept einzubinden. Ich glaube sogar, dass das
ein wesentlicher Bestandteil der Neuausrichtung sein
muss. Die Größenordnung jährlich ausscheidender Zeit-
soldaten und ein kluges Reservistenkonzept sichern zu-
dem auch die hinreichende Aufwuchsfähigkeit, die wir
letztlich brauchen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Frau Präsidentin, ich komme zum Ende. – All das, ver-
bunden mit einer gewissen Attraktivität, muss Bestandteil
der Neuausrichtung sein. Zugleich muss es natürlich im
realistischen Einklang mit den Erfordernissen des Haus-
haltes stehen. Die wichtige und entscheidende Frage für
uns ist aber in jedem Fall, was uns künftig die Sicherheit
unseres Landes wert ist. Es darf also nicht allein um die
Frage gehen, was wir uns noch leisten können. Die sicher-
heitspolitische Grundlage ist das Maßgebliche. Darauf
aufbauend wollen wir in die Diskussionen und Debatten
dieses Herbstes gehen. Ich würde mich freuen, wenn wir
parteiübergreifend zu Lösungen kommen würden.

Ich bedanke mich für die Unterstützung in den letzten
Wochen. Ich glaube, wir werden im Sinne unserer
Truppe und im Sinne unserer Mitarbeiterinnen und Mit-
arbeiter ein erstklassiges Ergebnis finden.

Herzlichen Dank.


(Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705812100

Für die SPD-Fraktion spricht nun der Kollege Rainer

Arnold.


Rainer Arnold (SPD):
Rede ID: ID1705812200

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Herr Minister, Sie haben am Anfang Ihrer heutigen Rede
einen neuen Aspekt gebracht: Sie haben anerkannt, dass
Ihre Vorgänger auch schon wichtige Reformen gemacht
haben. Bisher haben Sie je nach Publikum immer eher so
geredet, als ob Sie derjenige wären, der das Rad erfun-
den hat.


(Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Sie sind ein besonderer Kleingeist! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Ist das kleinkariert!)


Ich darf Ihnen vielleicht noch sagen: Jeder Fachpoliti-
ker wusste, dass nach Erreichen der Zielstruktur des Jah-
res 2010 im Jahr 2011 selbstverständlich weitere Trans-
formationsschritte anstehen.


(Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hätte man in den letzten vier Jahren schon machen können!)


Es gibt aber diesbezüglich einen Unterschied zu Ihren
Vorgängern, Herr Minister. Alle Ihre Vorgänger haben in
der Vergangenheit vor notwendigen Reformschritten sorg-
fältige sicherheitspolitische Analysen durchgeführt.
Sie haben daraus den Auftrag für die Bundeswehr defi-
niert und daraus die notwendige Struktur abgeleitet. Und

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(C (D enn Ihre Vorgänger eine Kommission eingesetzt haben, aben sie abgewartet, bis die Kommission ihr Ergebnis orlegte. Das war ein ganz normaler Vorgang. Sie mahen etwas anderes. Sie preschen stets vor, sorgen für eue Überschriften und dadurch für eine erhebliche Vernsicherung in der Truppe. Im Übrigen gäbe es auch im Hinblick auf die in den ächsten Wochen zu erwartende neue NATO-Strategie rund genug, sich ein bisschen Zeit für den Prozess zu ehmen. ch habe manchmal die Sorge, dass Ihnen mediale Inszeierungen das Wichtigste sind. Unser Rat lautet: Sorgfalt tatt Eile. Manchmal hat man sogar den Eindruck, dass bei Ihen sicherheitspolitische Entscheidungen tagespoliticher Opportunität geschuldet sind. Wir wissen aber, trukturentscheidungen bei der Bundeswehr beeinlussen die internationale Handlungsfähigkeit jeder Bunesregierung, zum Beispiel auch die der nächsten Bunesregierung, die sich in diesem Haus vielleicht schon uf eine andere Mehrheit stützen wird. Entsprechende ntscheidungen in der Sicherheitspolitik sind auch nicht hne Weiteres korrigierbar. Deshalb müssen wir den notendigen Diskurs führen, ohne den Grundkonsens, den ir als Sozialdemokraten immer mit der Union hatten, u gefährden. Ich höre Ihre Ankündigung immer wieder gerne, dass ie diesen Konsens suchen. Ich glaube daran aber erst ann, wenn ein Format gefunden ist, in dem auch wir nsere Ideen und Anregungen über zukünftige Struktuen einbringen können und diese nicht ausschließlich edial austauschen müssen. Finden Sie das Format und ie sind in diesem Bereich glaubwürdig. Dies gilt in allerhöchstem Maß für die zukünftige Ausestaltung der Wehrpflicht. Noch vor wenigen Monaten aben auch Sie, Herr Minister, die Wehrpflicht für unverichtbar gehalten und haben sich für diese These den Aplaus bei vielen Soldaten abgeholt. Dann haben Sie selbst ine Verkürzung des Grundwehrdienstes auf sechs Moate unterschrieben. Damit haben Sie die Wehrpflicht hne eine sehr grundsätzliche und notwendige Debatte im runde genommen schon damals zur Abschaffung freiegeben. Denn auch die Gutwilligen, die die Wehrpflicht ür richtig halten, können keine sechsmonatige Grundehrdienstzeit unterstützen, die mehr Kosten verursacht nd mehr Aufwand für die Soldaten bedeutet und doch m Ende keinen Nutzen mehr mit sich bringt. Jetzt wollen Sie die Wehrpflicht aussetzen. Niemand on uns ist bisher auf die Idee gekommen – vielleicht it Ausnahme der Linken –, die Verfassung diesbezüg ich zu verändern. Das ist also auch keine stichhaltige rgumentation. Was ist in den letzten Wochen passiert, dass Sie plötzich zu einer anderen Einschätzung kommen? Herr Rainer Arnold )


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)





(A) )

Minister, die sicherheitspolitische Bewertung verändert
sich doch nicht zwischen Frühjahr 2010 und Herbst
2011. Es gibt nur eine Veränderung, nämlich den Spar-
druck in den Haushaltsberatungen. Es ist ganz klar: Die
Wehrpflicht in der bisherigen Form steht einer, wie auch
wir meinen, möglichen und auch notwendigen Verklei-
nerung der Bundeswehr schlicht im Wege. Deshalb ist
es auch nicht Ihr Verdienst, dass es diese Debatte gibt.
Es ist auch nicht Ihr Verdienst, dass Herr Seehofer am
Ende – das kennen wir von ihm – seine Meinung geän-
dert hat. All die Damen und Herren haben gemerkt, es ist
die Macht des Faktischen, dass man bei der Wehrpflicht
nicht einfach so weitermachen kann wie in der Vergan-
genheit. Sozialdemokraten sagen dies seit drei Jahren.
Wir haben diese Entwicklung unaufhaltsam auf uns zu-
kommen sehen. Deshalb haben wir schon damals die
Idee entwickelt, dass wir, wenn es die Wehrpflicht nicht
mehr gibt, junge Menschen bei der Truppe brauchen, die
freiwillig ihren Grundwehrdienst leisten. Das hat nichts
mit dem alten Argument zu tun, die Bundeswehr bedürfe
dieser Kontrolle.

Mich hat sehr beeindruckt, was die französische Ver-
teidigungsministerin bei uns im Verteidigungsausschuss
geantwortet hat, als wir sie gefragt haben, welche Wir-
kung die Abschaffung der Wehrpflicht in Frankreich ge-
habt hat. Sie sagte sinngemäß, dass sich seither nicht die
französische Armee von der Gesellschaft entfernt hat,
dass sie aber beobachtet, dass sich die Gesellschaft von
der Armee entfernt.

Wir alle wissen, dass die Bundesrepublik eine andere
Kultur im Umgang mit dem Militärischen hat. Das ist
ein sehr wichtiges Argument. Deswegen ist die Idee der
Freiwilligkeit gut. Sie nähern sich jetzt in Trippelschrit-
ten unserer Idee an. Das begrüßen wir. Aber was not-
wendig wäre, fehlt. Sie schaffen zwar verzagt mit dem
Rechenstift 7 500 Plätze für Freiwillige und begründen
dies damit, dass man soundso viele Soldaten zur Nach-
wuchsgewinnung braucht. Trotzdem fehlt bei Ihnen der
entscheidende Schritt: Es ist nicht nur ein Projekt für die
Bundeswehr mit 7 500 Freiwilligen. Hinter unserer Idee
steckt ein breites gesellschaftspolitisches Konzept der
Stärkung und des Attraktivermachens der Freiwilligen-
dienste für junge Menschen, sowohl materiell als auch
ideell und in der gesamten gesellschaftlichen Breite.

Hierzu gibt es viele Ideen. Unser Angebot, Herr
Minister, bleibt: Wir sind bereit, uns bei diesem gesell-
schaftlichen Projekt, um das es im Kern geht, mit unse-
ren Ideen auch in Zukunft einzubringen. Ich weiß auch,
dass wir das eine oder andere Detail, über das wir vor
drei Jahren in der Sozialdemokratie diskutiert haben,
heute selbstverständlich an der einen oder anderen Stelle
nachjustieren müssen.

Herr Minister, wir erwarten von Ihnen mit Blick auf
die Bundeswehrstruktur – das ist der nächste Punkt –,
dass Sie die Sicherheitsinteressen unseres Landes ernst
nehmen und dass Sie der Öffentlichkeit und dem Deut-
schen Bundestag ein schlüssiges Modell präsentieren,
das der Verantwortung Deutschlands und den wohlver-
standenen deutschen Interessen in der Welt gerecht wird.

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(C (D Sie liefern fünf Modelle und sagen, vier davon seien berhaupt nicht brauchbar. Aber das fünfte Modell ist benfalls geschönt: Weder die Flugbereitschaft noch die portförderung, noch die Soldaten im Ministerium sind unächst einmal mit einbezogen. Sie sagen: Wir haben ein Modell, das zwar knapp und uf Kante genäht ist, das aber funktionieren wird. Ich rophezeie Ihnen heute: Wenn dieses Modell in der Deailplanung vorliegt, wird die staunende Öffentlichkeit ehr schnell feststellen, welche wichtigen Fähigkeiten ei den Streitkräften nach diesem Modell nicht mehr orhanden sind. Herr Minister, Sie reden gerne so über sich, als ob Sie tändig Klartext redeten. Das hier wäre eine Chance, irklich Klartext zu reden. Gehen Sie zum Finanzminis er und sagen Sie ihm, die Vorgabe, 40 000 Zeitund Beufssoldaten und 8,3 Milliarden Euro einzusparen, ist icht erfüllbar; denn auch das von Ihnen präferierte Moell erfüllt diese Vorgabe überhaupt nicht. Klartext heißt: icht erfüllbar. Ich könnte als Minister mein Amt nicht erantwortungsvoll ausfüllen, wenn ich zu solch einem odell aus fiskalischer Sicht gezwungen würde. Aber Sie machen etwas ganz anderes. Sie sagen – so ie die oberfränkische Metzgersfrau – dem Parlament: Es darf ja vielleicht ein bisschen mehr sein“, und in irklichkeit verstecken Sie sich hinter dem Parlament nd dem Finanzminister, anstatt Ihrer Verantwortung geecht zu werden. Ich finde es schon interessant: Sie sind der populärste olitiker in Deutschland. (Burkhardt Müller-Sönksen [FDP]: Das kann man gar nicht oft genug wiederholen!)


(Beifall bei der SPD)


atürlich würde es Spaß machen, der Frage nachzugehen,
oher das kommt. Kommt es von politisch qualifiziertem
andeln, oder ist es eher der medialen Inszenierung, bei
er die Truppe bei Ihnen manchmal auch Staffage und De-
oration ist, geschuldet? Ich will dieser Frage nicht nach-
ehen. Aber eine andere Frage möchte ich Ihnen doch
tellen: Was macht ein Minister, der so populär ist, eigent-
ich mit seiner Popularität? Wo bringt er das Gewicht,
as ihm seine Popularität verschafft, auch tatsächlich zum
utzen der Soldaten ein?


(Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Sie sind ein Neidhammel!)


Sie sind Klassenprimus, was das Sparen angeht, beim
inanzminister. Der erste Sündenfall war W6. Der zweite
ündenfall war, dass Sie, ohne einen Piep zu sagen, der
acht-und-Nebel-Streichaktion Ihrer Haushälter zuge-

timmt haben, die Ihnen 456 Millionen Euro aus dem
aushalt genommen haben mit der Folge, dass sich die
oldaten jetzt wundern, dass das Geld bei den Betriebs-
itteln so knapp ist.

Sie haben den dritten Sündenfall begangen, Herr
inister, indem Sie bei Ihrer so bedeutenden Hamburger
ede gesagt haben: Der höchste Parameter für die strate-
ische Ausrichtung der Bundeswehr ist die Schulden-





Rainer Arnold


(A) )


)(B)

bremse, und der Finanzrahmen wird den strukturellen
Rahmen und den eigenen Anspruch vorgeben. Das wa-
ren Ihre Worte in Hamburg. Heute reden Sie wieder ganz
anders. Ich weiß nicht, was stimmt. Aber eines weiß ich:
Wer dem Finanzminister – egal was für ein Parteibuch er
hat – einen solchen Ball zuspielt, der darf sich nicht
wundern, dass der Finanzminister diesen Ball sehr dank-
bar annimmt.


(Beifall bei der SPD)


Damit mich niemand falsch versteht: Auch Sozialde-
mokraten wissen, dass man auch bei der Bundeswehr
sparen muss, dass es dort Effizienzreserven gibt, dass es
Doppelungen gibt, dass es Schwächen in der Führungs-
struktur gibt. Wir sind auch bereit, darüber mit Ihnen zu
reden. Wir werden aber bei den Debatten in den nächsten
Wochen auf ein paar Punkte in besonderer Weise achten.

Auf dem Weg zu dieser neuen Struktur werden wir
darauf drängen, dass die Zusagen, die Deutschland den
internationalen Organisationen gegeben hat, stringent
eingehalten werden. Es reicht nicht, dass Frau Merkel
und Herr Westerwelle nach New York fahren, wenn die
Bundeswehr nicht mehr in der Lage ist, die Zusage,
1 000 Mann für besondere Aufgaben der Vereinten Na-
tionen zur Verfügung zu stellen, einzuhalten.

Wir werden einfordern, dass es nicht nur eine Debatte
über die Bundeswehrstruktur und diesen vernetzten An-
satz in Sonntagsreden gibt, sondern dass wir auch einmal
darüber reden, was wir eigentlich tun, nachdem wir wis-
sen, dass internationale Krisenbewältigung nicht nur Sol-
daten, sondern auch viele zivile Fähigkeiten braucht. Was
tut die Bundesrepublik eigentlich im Bereich der Zurver-
fügungstellung von Polizeifähigkeiten für internationale
Krisen? All dies fehlt.

Wir werden darauf achten, dass es nicht nur eine Ein-
satzarmee ist, sondern dass es weiterhin glaubhafte Bau-
steine zur Bündnisfähigkeit gibt; denn wir haben eine
europäische Vision von Streitkräften. Diese europäische
Vision wird nur erreicht werden, wenn das größte und
wirtschaftsstärkste Land in Europa Vertrauen bei den
kleinen Partnern, vor allen Dingen in Osteuropa, findet.
Nur dann, wenn die Osteuropäer wissen, die Deutschen
sind bereit, mit ihrem Gewicht und ihren Möglichkeiten
für die gemeinsame Sicherheit einzutreten, werden wir
tatsächlich eine Chance haben, weitere Schritte hin zur
Vision einer europäischen Armee zu gehen. Im Übrigen
werden wir nur so die Chance erhalten, in Europa zu
weiteren Abrüstungsschritten zu kommen; denn dies hat
auch etwas mit Vertrauen in eigene Fähigkeiten zu tun.

Zum Ende möchte ich sagen, was bei der Bundeswehr
besonders wichtig ist – eigentlich hätte ich es an den An-
fang meiner Rede stellen sollen –: der Mensch. Wichtig
sind nicht Technik, nicht Waffen; wichtig ist, was die
Menschen leisten, ihre Motivation, ihr Verantwortungs-
bewusstsein, ihre Moral, ihr Verständnis vom Staatsbür-
ger in Uniform, das Leben der Prinzipien der Inneren
Führung. Dazu gehört auch: Wir werden alles verhin-
dern, was dazu führt, dass die deutschen Soldaten struk-
turell bedingt länger als vier Monate in den Auslands-
einsatz müssen. Dies würde sie aus ihrem sozialen

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(C (D efüge herausreißen, und zwar in einer Art und Weise, ie dazu führen würde, dass wir am Ende eine andere rmee haben. Herr Minister, Sie haben kürzlich gesagt: Schaut doch al nach Großbritannien und Frankreich! Wir tun das eit langem. Sie haben recht: Auch diese Länder reduzieen die Streitkräfte; aber ihnen ist die Frage, wie lange oldaten im Einsatz sind, relativ egal. Es handelt sich m Regierungsarmeen, nicht um Parlamentsarmeen; die oldaten werden einfach weggeschickt. Da würden wir ozialdemokraten nicht mitmachen. Herr Minister, es bleibt wichtig – Sie selbst haben es ormuliert –: Für die Soldaten ist es entscheidend, dass ie der Politik vertrauen können. Meine Sorge ist: So wie ie Deutschen insgesamt das Vertrauen in die Bundesreierung verloren haben, so haben auch Sie, Herr Miniser, durch das Hin und Her in den letzten Wochen und onaten Ihren Beitrag dazu geleistet, dass das Vertrauen er Soldaten in die Politik und in die Regierung schwinet. Herzlichen Dank. Nächster Redner ist der Kollege Dr. Jürgen Koppelin ür die FDP-Fraktion. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705812300


Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1705812400

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

err Minister, Sie haben von der großen Herausforde-
ung gesprochen, vor der wir jetzt stehen. Das ist richtig.
ie haben vom Mut auch Ihrer Vorgänger gesprochen. Es
ab jemanden, der besonders viel Mut hatte: Das war die
reie Demokratische Partei. Wir haben nämlich seit vie-

en Jahren gefordert, dass aus unserer Bundeswehr eine
reiwilligenarmee wird.


(Johannes Kahrs [SPD]: Das macht es nicht besser!)


ir haben uns das nicht leicht gemacht; wir haben sogar
inen Sonderparteitag veranstaltet und unter den Mit-
liedern darüber abgestimmt. Das war ein schwieriger
eg.

Herr Minister, insofern habe ich Verständnis dafür,
enn es bei Ihnen in der Fraktion, bei CDU und CSU,
timmen gibt, die sich für die Beibehaltung der Wehr-
flicht aussprechen. Man muss natürlich sagen: Wer für
ie Wehrpflicht ist, müsste sich für eine Wehrpflicht aus-
prechen, die nicht 6 oder 9 Monate dauert, sondern
8 Monate oder länger; denn dann macht sie Sinn. Das
ill aber keiner mehr. Respekt, dass Sie die Mitglieder
er Fraktion der CDU/CSU überzeugt haben! Vielleicht
önnen Sie mir bei Gelegenheit sagen, wie Sie es ge-
chafft haben, Herrn Seehofer zu überzeugen.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP)






Dr. h. c. Jürgen Koppelin


(A) )


)(B)

Aber alle Achtung: Sie haben es geschafft! Dafür Res-
pekt und Anerkennung!


(Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das müsste er Herrn Rösler sagen und nicht Herrn Koppelin!)


Nun kommt der Kollege Arnold und beklagt sich.
Dazu muss ich sagen: Ich hätte gerne gehört – die Öf-
fentlichkeit wäre sehr interessiert gewesen –, wie die Al-
ternative der Sozialdemokraten aussieht. Sie kommen
dann und sagen – da wird es nebelig –: Wir Sozialdemo-
kraten haben vor drei Jahren etwas beschlossen. Warum
haben Sie es nicht früher umgesetzt?


(Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben wir uns damals auch gefragt!)


Sie haben doch regiert.


(Rainer Arnold [SPD]: Weil die CDU nicht mitgemacht hat!)


– Nein, nein. Sie waren doch vorher in einer Koalition
mit den Grünen. Die Grünen waren zumindest für die
Aussetzung der Wehrpflicht oder gar für ihre Abschaf-
fung. Da haben Sie sich doch stur geweigert.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Nun kommen Sie und werfen uns vor, es gäbe noch
keine Ergebnisse von irgendeiner Kommission. Sie sit-
zen schon seit ein paar Jahren im Verteidigungsaus-
schuss. Ich habe auch im Verteidigungsausschuss ange-
fangen.


(Heiterkeit bei der FDP und der CDU/CSU – Bernhard Brinkmann [Hildesheim] [SPD]: Jetzt wird einiges klar!)


Da müssten Sie eigentlich die Ergebnisse der Unabhän-
gigen Kommission kennen, die auf Wunsch der Freien
Demokraten eingesetzt wurde. Das Ergebnis war da-
mals:

Sollte jedoch die Reduzierung der Streitkräfte auf
unter 370 000 erforderlich werden, stellt sich die
Frage der Wehrform neu. Die Option Freiwilligen-
armee sollte dann ernsthaft geprüft werden.


(Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben es denen wöchentlich vorgehalten! Die brauchen etwas länger!)


Das kannten Sie doch. Sie waren in der Regierung und
hätten es machen können.


(Bernhard Brinkmann [Hildesheim] [SPD]: Von 1991 bis 1998 wart ihr doch dran!)


Ich könnte weitere Zitate anbringen. Sie haben nichts ge-
tan und sich stur geweigert. Sie waren zu Reformen
nicht bereit.

Ich sage das, weil etwas Ähnliches vorhin bei der Dis-
kussion über den Bereich des Auswärtigen eine Rolle
spielte. Der Kollege Kindler hat gesagt: Wir als Grüne
haben uns nicht durchsetzen können.

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(C (D Rot-Grün ist ja eine tolle Alternative, wenn sich die rünen nicht durchsetzen können. Sie haben sich bei der reiwilligenarmee nicht durchsetzen können; Sie haben ich auch bei anderen Punkten nicht durchsetzen könen. (Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau, weil Sie ja alles kriegen, was Sie wollen! Sie haben Ihre Steuersenkung bekommen! – Heiterkeit bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Johannes Kahrs [SPD]: Das war auch gut so!)


Dazu kann ich Ihnen gerne etwas bei der Abschluss-
unde am Freitag sagen.


(Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da freue ich mich sehr drauf!)


Zu einem anderen Punkt. Wenn Sie mich schon an-
prechen: Was habe ich denn von den Grünen in diesen
agen gelesen? Die großen Beschaffungsmaßnahmen
üssten auf den Prüfstand.


(Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)


as finde ich wunderbar. Wissen Sie, was wir abarbei-
en? Wir arbeiten die großen Beschaffungsmaßnahmen
b, die uns Rot und Grün eingebrockt haben und die Mil-
iarden kosten. MEADS wurde von Ihnen beschlossen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer hat denn den Eurofighter bestellt?)


Herr Kollege Bonde, ich lege Ihnen gerne die Anträge
or: Der Deutsche Bundestag hat mit den Stimmen von
PD und Grünen gegen die Stimmen von CDU/CSU und
DP die Bestellung von 90 Transportflugzeugen A400M
eschlossen.


(Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihre Regierung hat sich wieder erpressen lassen um Millionen!)


err Struck hat die Zahl auf 60 gesenkt. Wir mussten so-
ar vor das Bundesverfassungsgericht ziehen, weil Sie
as am Parlament vorbei machen wollten. Wir haben ge-
en den damaligen Verteidigungsminister obsiegt. Der
undesrechnungshof hat damals schon gesagt: 40 rei-
hen. – Was ist mit den anderen? Was ist mit Herkules?
as war ein Milliardengrab. Das Ergebnis war null. Wer
at das damals beschlossen? Wir haben es nicht be-
chlossen. Sie haben es beschlossen, Rot und Grün. Sie
aben Milliarden in den Sand gesetzt, die der Bundes-
ehr gefehlt haben.


(Burkhardt Müller-Sönksen [FDP]: Genau!)


Kollege Arnold, Sie sprechen davon, dass wir bei den
tzten Haushaltsberatungen Streichungen vorgenommen
aben. Wissen Sie, wann die größte Streichorgie stattgefun-
en hat? Das war, als der sozialdemokratische Finanzminis-
r entgegen dem Wahlversprechen die Mehrwertsteuer an-
ehoben hat. Das hat die Bundeswehr 700 Millionen
ekostet.





Dr. h. c. Jürgen Koppelin


(A) )


)(B)


(Rainer Arnold [SPD]: Sagen Sie doch mal, ob Sie MEADS stoppen oder ob es weitergeht! Ganz konkret!)


Das war die größte Streichaktion.
Ich finde, Herr Kollege Arnold, Sie haben die Chance

verpasst. Es gibt nämlich bei der Bundeswehr große Pro-
bleme, die wir lösen müssen. Ich greife eines heraus: das
Sanitätswesen. Das bereitet mir große Sorgen. Nachdem
ich Anfragen an das Verteidigungsministerium gestellt
habe, muss ich feststellen, dass uns eine Vielzahl, meh-
rere Hundert, Sanitätsoffiziere fehlen, die in kürzester
Zeit den Dienst quittiert haben. Mitarbeiter der vier Bun-
deswehrkrankenhäuser haben 40 000 Überstunden ange-
sammelt. Ich könnte diese Liste fortsetzen. Wir müssen
uns in den Haushaltsberatungen dieser Sache annehmen.
Das kann so nicht mehr weitergehen. Wir sind es unseren
Soldaten schuldig, dass wir uns darum kümmern.


(Abg. Johannes Kahrs [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


– Herr Kollege Kahrs darf das, weil er heute Geburtstag
hat und ich ihm herzlich gratuliere.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705812500

Herr Kahrs, bitte sehr.


Johannes Kahrs (SPD):
Rede ID: ID1705812600

Ich danke für das erteilte Wort. – Wenn das alles so

tragisch ist, dann frage ich mich, warum du alleine, auch
gegen die CDU/CSU, die Kürzung in Höhe von 450 Mil-
lionen Euro beim diesjährigen Etat der Bundeswehr
durchgesetzt hast; denn das Geld fehlt doch jetzt.


Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1705812700

Das will ich gerne beantworten. Wir haben in den Berei-

chen Kürzungen vorgenommen, in denen wir festgestellt
haben, dass im Etat zuvor die Mittel nicht abgeflossen sind.
Ich bin für Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit; das
heißt, wenn das Verteidigungsministerium meint, dass
die Mittel knapp sind, dann muss man mit uns darüber
reden. Ich könnte viele Beispiele nennen, das erlaubt mir
die Zeit aber nicht; denn die Uhr läuft.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705812800

Ich weiß.


Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1705812900

Aber ich erkläre dir das gerne. Du bist ja Experte im

Bereich des Haushalts des Verteidigungsministeriums,
wie man allgemein weiß und auch in der Zeitung lesen
kann.


(Heiterkeit)

Wenn die Mittel nicht abfließen und ich als Haushälter
weiß, dass sie auch in diesem Jahr nicht abfließen wer-
den, dann kann ich die Kosten reduzieren. Wir haben
auch Steigerungen vorgenommen. Ich zeige es dir gern.
Ich weiß, dass du auch in den letzten Haushaltsberatun-
gen diese Frage immer gestellt hast. Sie wird dadurch
aber nicht besser.


(Beifall bei der CDU/CSU)


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(C (D Deine Antwort auch nicht. Es gibt einen weiteren Bereich, den uns auch Rot rün eingebrockt hat. Herr Arnold, dabei handelt es sich m das Gesetz, das Sie beschlossen haben, nämlich zum iegenschaftsmanagement. Man stelle sich einmal vor es muss umgesetzt werden, weil das Gesetz seit 2005 ültig ist –: Die BImA bekommt plötzlich die Verantortung für sämtliche Gebäude des Verteidigungsminis eriums; das sind Kasernen usw. Dort hat man gar nicht as Personal für eine solche Aufgabe. Wir müssen versuhen, das zu lösen. Es wird eine riesige Menge Geld kosen, ohne dass es Sinn macht. Auch das hat uns Rot und rün eingebrockt. Das arbeiten wir jetzt alles ab. Wir üssen sehen, wie wir das hinbekommen. Sie können ich im Verteidigungsausschuss gerne damit beschäftien. Es ist klar – ich wiederhole: auch wir sind dabei –: ie großen Beschaffungsmaßnahmen kommen auf den rüfstand. MEADS muss beendet werden. Große Sorgen machen uns auch andere Themen wie H-90. Herr Minister, was Transportflugzeuge angeht: ch mahne an, dass wir endlich ein Ergebnis vorgelegt ekommen. Es war für Mitte des Jahres angekündigt orden, es wird also langsam Zeit. Es liegt nicht an Ihen allein. Sie haben Partner; aber ich denke, wir sollten ndlich wissen, wohin die Reise gehen soll. Zum Abschluss. Ich habe in diesen Tagen das Buch iner Soldatin gelesen, das sie über ihren Einsatz im usland geschrieben hat. Das hat mich sehr bewegt. Ich öchte daraus zitieren. Sie schreibt: Viele Menschen denken nicht darüber nach, dass diese jungen Kameraden ihr Leben für die Bundesrepublik Deutschland riskieren. Die Mehrheit denkt, die Soldaten gingen für das viele Geld in den Einsatz. Den Soldaten fehlt einfach eine Lobby. Ich sage hiermit zu – ich glaube, das für den gesamten eutschen Bundestag tun zu können; bei den Linken eiß ich das nicht genau –: Wir werden ihre Lobbyisten ein. Wir werden uns um die Soldatinnen und Soldaten ümmern. Das muss ein Schwerpunkt unserer Politik ein. Wenn das Parlament Soldaten zum Einsatz ins Ausand schickt, dann müssen wir – schließlich ist es eine arlamentsarmee – die Lobbyisten sein. Herzlichen Dank. Nächster Redner ist der Kollege Paul Schäfer für die raktion Die Linke. )

Johannes Kahrs (SPD):
Rede ID: ID1705813000

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)

Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1705813100

(Elke Hoff [FDP]: Jawohl!)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705813200

(Beifall bei der LINKEN)





(A) )


Paul Schäfer (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1705813300

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist

folgerichtig, dass wir hier nicht über einzelne Etatposten
im Einzelplan reden, sondern über die geplante Reform
der Streitkräfte, also über die Zukunft der Bundeswehr –
nicht mehr und nicht weniger.

Fragt man die Leute, so sagen 82 Prozent, bei der
Rüstung könnte und sollte angesichts der Haushalts-
schwierigkeiten gespart werden. Eine seit langem stabile
Mehrheit von deutlich über 60 Prozent erklärt, dass die
Bundeswehr schnellstens aus Afghanistan abgezogen
werden müsste. Ja, so klug sind die Leute.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich finde es auch interessant, dass die neueste Shell-
Jugendstudie herausgefunden hat, dass die Mehrheit der
Jugendlichen, die befragt worden sind – das ist ein gro-
ßer Unterschied zu früher –, gegen die Auslandseinsätze
ist. Auch hier hat sich etwas verändert.


(Elke Hoff [FDP]: Wir reden über den Haushalt, nicht über Mandatsverlängerungen!)


Dass die Mehrheit der Bevölkerung bei den Rüs-
tungsausgaben kürzen will, zeigt, dass sich diese Mehr-
heit nicht mehr einer akuten Gefahr ausgesetzt sieht. An-
ders kann man das nicht erklären. Das deckt sich auch
mit Ihrer sicherheitspolitischen Aussage: Deutschland ist
auf absehbare Zeit nicht militärisch bedroht.

Unter dieser Voraussetzung sagt die überwältigende
Mehrheit, dass wir uns einen Wehretat von mehr als
34 Milliarden Euro nach NATO-Kriterien nicht länger
leisten können und wir das Geld an anderer Stelle drin-
gender benötigen. Auch das sagen die Leute deutlich.
Für mehr Kita-Plätze, für eine vernünftige soziale
Grundsicherung und den Ausbau des öffentlichen Perso-
nennahverkehrs soll das Geld ausgegeben werden, sagt
die Mehrheit der Bevölkerung, und das ist vernünftig.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Mehrheit für den Abzug aus Afghanistan ist da-
mit zu erklären, dass die Leute sehen, dass dort etwas
grundsätzlich schiefgelaufen ist. Sie wollen nicht, dass
wir und nicht zuletzt unsere Soldatinnen und Soldaten
immer tiefer in den Morast eines Krieges gezogen wer-
den, der nicht zu gewinnen ist.

Ich finde, beides sind vernünftige Positionen. Das ist
eine Messlatte für die Bundeswehrplanung, für die Re-
form der Streitkräfte. Rüsten Sie kräftig ab, oder tun Sie
es nicht? Beenden Sie diese militärischen Abenteuer
oder nicht? Das sind die Grundfragen.


(Beifall bei der LINKEN)


Für uns geht es in dieser Debatte tatsächlich darum:
Soll nur das Bestehende effektiviert und optimiert wer-
den, oder soll eine neue Grundrichtung eingeschlagen
werden? Die Linke will, dass es eine andere Sicherheits-
politik gibt, die darauf setzt, dass wir uns an keinen Krie-
gen in der Welt beteiligen, dass wir uns NATO-Militärin-
terventionen verweigern, dass wir Ernst machen mit
Konzepten ziviler Krisenvorbeugung und wir durch Ab-

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(C (D üstung viel Geld für zivile Krisenvorbeugung und -beältigung umschichten können. Wir sind der Meinung, dass die drängenden sichereitspolitischen Fragen, mit denen wir zu tun haben, ob es ich um die Weiterverbreitung von Massenvernichtungsaffen oder die Hilfe für sogenannte auseinanderfallende taaten oder um die postfossile Energieversorgung oder en Terrorismus handelt, mit zivilen, friedlichen Mitteln earbeitet werden müssen. Das leiten wir daraus ab. Und wir sagen: Deutschland soll eine bestimmte Rolle pielen. Bei Abrüstung, gerechter Entwicklungszusamenarbeit, Energiewende, mehr humanitärer Hilfe, die etzt zum Beispiel in Pakistan dringend notwendig ist, der rechtsstaatlicher Kooperation kann sich Deutschand hervortun, aber nicht mit Spezialkräften, Einsatzbaaillonen und Kampfhubschraubern. as ist unsere Grundposition. Sie sagen wiederholt selbst: Eigentlich ist die drinende Aufgabe der Zukunft die Prävention, die Vorbeuung, also die Gewaltvermeidung. – Nur tun Sie das Geenteil. Sie stellen sich mit Ihrer Bundeswehrreform auf as Gegenteil ein. Sie wollen die Bundeswehr als globaes Expeditionskorps effektivieren und optimieren. Sie agen: Es geht nicht um ein Expeditionskorps. – Im Kern eht es aber darum. Die Truppen sollen schneller an jeen beliebigen Ort verlegt werden können, dort länger urchhalten und schlagkräftiger werden, wobei ich mir etzt die Bemerkung schenke, was „schlagkräftiger“ in iesem Zusammenhang bedeutet. Wenn dann bei diesem mfeld noch hinzugefügt wird, man müsse das Militär ünftig auch mehr für die Durchsetzung wirtschaftlicher nteressen einsetzen, dann wird es brandgefährlich. Ob Sie dann noch – wenn das Ihre Richtung ist – zum igorosen Sparen bereit sind – ob Sie es durchsetzen önnen, steht auf einem anderen Blatt –, weiß ich nicht. ch weiß: Sie wollen durch Personalabbau und die Ausetzung der Wehrpflicht in der Tat Kosten reduzieren. ielleicht schaffen Sie es sogar, die Gesamtsumme des üstungshaushaltes vorübergehend etwas zu drücken; ch komme am Schluss meiner Rede noch einmal darauf. ber wenn Sie 10 000 statt wie bisher 7 000 Soldaten für auereinsätze einplanen, dann ist das mehr als eine theo etische Möglichkeit oder eine rein abstrakte Planungsorgabe. Das kann morgen Realität werden. Wenn Sie an iesem Kurs „Interventionsarmee weltweit“ mit einem öglichst breiten Fähigkeitsspektrum und breit angeleg en Einsatzoptionen festhalten, dann reden wir in naher ukunft nicht über Abspecken oder Gesundschrumpfen, ondern leider wieder über neue Aufrüstung, neue Rüsungslasten. Dafür muss man, glaube ich, kein Prophet ein. Leider marschiert nicht nur die Bundesregierung in ie falsche Richtung, auch die vormaligen Regierungsarteien bewegen sich in diesem Mainstream, und wenn s darauf ankommt, schleichen sie lieber um den heißen Paul Schäfer )


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)





(A) )

Brei herum. Die Grünen haben Afghanistan fest im
Blick und wollen vom Einsatz her denken. Da bleibt
nicht mehr viel Kritik. Die SPD wirft der Regierung vor,
diese verordne der Truppe ein Spardiktat, das in diesem
Maße nicht gerechtfertigt sei. Nach dem Motto – Sie, lie-
ber Kollege Arnold, haben es an anderer Adresse er-
wähnt – „Darf’s ein bisschen mehr sein?“ wollen Sie
beim Personalumfang und bei den Rüstungsausgaben
den Minister Guttenberg noch toppen und ihn dazu brin-
gen, wieder etwas draufzupacken. An der Musterung
wollen Sie sogar festhalten. Ich sehe mich in einer ver-
kehrten Welt. Wo aber wollen Sie eigentlich hin?


(Beifall bei der LINKEN – Johannes Kahrs [SPD]: Wenn Sie zugehört hätten, wüssten Sie das!)


Ich finde, es wird Zeit, dass sich die Parteien, die uns
den Militärinterventionismus mit dem Sündenfall
Kosovo eingebrockt haben, neu besinnen und auf eine
Beendigung der NATO-Militäreinsätze drängen.


(Beifall bei der LINKEN)


Für die Linke besteht kein Zweifel: Deutschland
braucht eine andere, eine friedlichere Außen- und Si-
cherheitspolitik. Wir schlagen dazu Folgendes vor.

Erstens. Keine deutsche Beteiligung an Auslands-
kriegseinsätzen. Gerade Afghanistan hat gezeigt, wie
schwer oder unmöglich es ist, wenn man erst einmal in
der Gewaltspirale ist, dort wieder herauszukommen.
Wenn man sich auf so etwas einstellen will, heißt das: Es
werden enorme Ressourcen verschlungen, für U-Boote,
Fregatten oder Langstreckenflugzeuge, die wir uns spa-
ren sollten.

Zweitens. Tiefgreifende Abrüstung ohne Sicher-
heitseinbußen ist möglich. Das muss jetzt energisch vo-
rangebracht werden. Die Bundeswehrführung hat es
gerade noch einmal bestätigt: Eine unmittelbare Bedro-
hungslage existiert nicht. Daher ist eine erhebliche Ver-
kleinerung der Bundeswehr, ist der Verzicht auf eine
Reihe von Waffensystemen ohne Sicherheitseinbußen
möglich. Dadurch werden sogar Mittel frei für eine Au-
ßen- und Sicherheitspolitik mit friedlichen und zivilen
Instrumenten, die eine tragfähige Entwicklung in ande-
ren Regionen der Welt ermöglichen und damit unter dem
Strich unsere Sicherheit erhöhen.


(Beifall bei der LINKEN)


Die atomare Abrüstung – das sagen alle – steht mehr
denn je auf der Tagesordnung. Leisten wir doch unseren
Beitrag zu Global Zero, indem wir mit der Null hier in
Deutschland anfangen und die nukleare Teilhabe endlich
auf den Müllhaufen der Geschichte werfen! Das wäre
nötig.


(Beifall bei der LINKEN)


Dann kann man auch das Luftgeschwader der Bundes-
wehr, das diese Terrorwaffen ans Ziel bringen soll, auf-
lösen.

Drittens. Das Grundgesetz stellt fest, dass der Bund
Streitkräfte zum Zweck der Verteidigung aufstellt. Wir
wollen, dass man sich auf die Landesverteidigung im

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(C (D ündnis konzentriert. Wenn wir Verteidigung sagen, ann meinen wir das auch so. Deutschland benötigt emzufolge keine Führungskommandos für schnelle ingreiftruppen, genauso wenig wie geheime KSK-Ope ationen im Ausland. Meine Meinung zumindest ist, dass ultinationalität der Streitkräfte gut ist, aber nicht, wenn iese Einheiten für Interventionen in anderen Staaten onzipiert sind. NATO-Response-Force und EU-Battleroups können unseres Erachtens aufgelöst werden. Wir ollten uns nicht länger daran beteiligen. Viertens. Aufhebung der Wehrpflicht. Das erklärt ich von selbst. Die Zahlen, die der Herr Minister so beindruckend vorgetragen hat, sind hier schon dutzendal erwähnt worden. Es ist darauf gedrängt worden, ndlich mit diesem Anachronismus Schluss zu machen. ber Sie hatten sich hier verhakt. Dieser Zwangsdienst uss ein Ende haben, und zwar nicht irgendwann, son ern sofort. Fünftens. Wir möchten alles, nur keine reine Berufsrmee, sondern eine Bundeswehr, die im Kern eine Freiilligenarmee ist. Die Soldaten auf Zeit, die dann in das ürgerlich-zivile Leben übergehen und schon in ihrer ilitärdienstzeit darauf vorbereitet werden, sollten das ückgrat der Truppe bilden. Ansonsten ist alles, was Zivilität in den Streitkräften ewahrt und weiterentwickelt, zu verteidigen und auszuauen. Das beginnt bei der zivilen Wehrverwaltung, eicht über zivile Anteile bei der Ausbildung der Soldainnen und Soldaten und endet bei der Revitalisierung es Prinzips des Staatsbürgers in Uniform. Sechstens. Wir wollen einen sozial verträglichen Umau und Konversionsprogramme, mit denen dieser Umau organisiert wird; denn diese Umstellung ist nicht um Nulltarif zu haben. Das wissen wir auch. Personalürzungen, Standortschließungen und die Beendigung on Rüstungsprogrammen müssen gut vorbereitet weren. Deshalb brauchen wir jetzt Überlegungen für Konersionsprogramme. Meine Kolleginnen und Kollegen, gestatten Sie mir ine Schlussbemerkung. Ihre Absichten, bei den großen nd überdimensionierten Beschaffungsprogrammen jetzt uf die Bremse zu treten, Herr Minister, sind wenig laubhaft. Es erscheint mir sehr kühn, dass ausgerechnet ie, genauer gesagt: dass ausgerechnet die Hauptlobbyarteien, die derzeit die Regierung bilden, jetzt die Rüsungswirtschaft in die Schranken weisen. Das ist in einen Augen Fantasy pur. Ich traue Ihnen einiges, ja ogar vieles zu, lieber Herr zu Guttenberg, aber das traue ch Ihnen nicht zu. Wenn Sie über Priorisierung reden, sollten wir festalten, dass allein für drei Waffensysteme – A400M, uma und Eurofighter – in den nächsten vier Jahren ehr als 8 Milliarden Euro verplant sind. Daher kann es ach unserer Auffassung nicht darum gehen, Vorhaben u strecken, zu modifizieren oder zu schieben. Vielmehr Paul Schäfer )


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)





(A) )

brauchen wir bei diesen Großprojekten einen hundert-
prozentigen Ausgabenstopp. Die Zeit der Alimentierung
der deutschen Rüstungsindustrie muss endlich vorbei
sein.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705813400

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht nun

der Kollege Alexander Bonde.


Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705813500

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die vergangenen Auseinandersetzungen über den Bun-
deswehretat haben wir noch gut in Erinnerung. Sie fan-
den zu Beginn dieses Jahres statt. Schon damals habe ich
darauf hingewiesen, dass es eine Verschwendung ist,
knappe Ressourcen fortdauernd in sicherheitspolitisch
nicht mehr zu begründende Strukturen zu stecken. Au-
ßerdem haben wir Grüne darauf hingewiesen, dass der
Erhalt des Grundwehrdienstes zu einem erheblichen
finanziellen Mehrbedarf führt, der nicht mit einem si-
cherheitspolitischen Mehrwert verbunden ist.

Das Neue an dieser Debatte ist, dass diese zwei Sätze
nicht mehr von mir stammen, sondern vom General-
inspekteur, und keine wütenden Proteste der Union und
der FDP mehr hervorrufen, sondern Teil dessen sind,
was Sie uns heute als neue Erkenntnisse vorgestellt ha-
ben.

Die spannende Frage ist, woraus diese Wende resul-
tiert. Das werden wir heute nicht erörtern. Wir können
Ihnen aber sagen: Wir sind froh, dass Sie sich endlich
aus der Verweigerungshaltung herausbegeben und er-
kannt haben, dass sich auch die Bundeswehr der Frage
eines effizienten Mitteleinsatzes stellt und stellen muss.

Wir sind dabei an einem spannenden Punkt, weil Sie
über die Ankündigung bisher noch nicht hinaus sind. Sie
haben heute ein Modell vorgestellt – mit 163 500 Solda-
ten – und sind gleich wieder zurückgerudert mit der An-
sage: Es dürfen auch gerne noch mehr werden. – Im Ver-
teidigungsausschuss haben wir einen Wettbewerb von
CDU und SPD erlebt hinsichtlich der Frage, wie viel
mehr es noch werden dürfen. Ich bin gespannt, ob Sie in
diesem Wettbewerb der Volksparteien zum Schluss
wirklich noch etwas reduzieren, wenn es Ihnen darum zu
gehen scheint: Wer bietet eigentlich mehr Soldatinnen
und Soldaten?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sie wissen auch, dass Sie bei der Effizienz noch nicht
da angekommen sind, wo Sie anzukommen versprochen
haben. Sie haben den Verteidigungsetat jetzt der Spar-
frage unterworfen. Sie haben angekündigt – das bringt
der Finanzplan zum Ausdruck, den wir heute mit beraten –,
dass Sie bis 2014 in der Lage sein werden, dem Finanz-
minister 4,7 Milliarden Euro an Einsparungen im Jahr zu
liefern.

Ihr Sparbeitrag für dieses Jahr ist, dass Sie laut Haus-
halt 1 Milliarde Euro mehr brauchen. Selbst Ihr optimis-

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(C (D ischstes Modell lässt im Jahr 2014 eine Lücke von ,7 Milliarden Euro. Das lässt einen aufhorchen, wenn leichzeitig ein Überbietungswettbewerb stattfindet. Insofern ist die Nagelprobe für den Heeresreformer u Guttenberg nicht das Ankündigen, sondern das Umetzen. Wenn es in die richtige Richtung läuft, haben Sie ns kritisch an Ihrer Seite. Wir passen aber auf, weil die eform bisher ein Papiertiger ist, dessen Sprungweite och zu definieren ist. Wir wollen wissen, wie weit Sie gehen. Es gibt in dieer Debatte ja bizarre Situationen. Sie haben endlich einesehen: Bei der Wehrpflicht muss etwas passieren. ach langem Festhalten am Musterungsprozess haben ie jetzt sogar verstanden, dass auch die Musterung fal en muss, weil es keinen Sinn macht, 5 000 Leute in reiswehrersatzämtern vorzuhalten, die keine Funktion ehr haben. In dieser Frage ist übrigens die Haltung der SPD inteessant. Ich habe heute Morgen gelesen, dass der Kollege artels gesagt hat, auch bei Aussetzung der Wehrpflicht rauche man die Musterung, um Kontakt zu potenziell reiwilligen zu haben. (Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Rainer Arnold [SPD]: Lesen Sie den nächsten Satz auch!)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ch weiß nicht, welchen Kontakt Sie bei der Musterung
atten. Ich kann nur sagen: Das Kommando „Hinter die
and und jetzt bitte husten!“ hat die Bundeswehr für
ich nicht attraktiver gemacht, Kollege Bartels.


(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und der LINKEN)


ber geschenkt.

Die entscheidende Frage ist: Kommt die Reform jetzt
atsächlich auf den Weg? Sie haben sicherheitspolitisch
inen weiten Weg zurückgelegt, den Sie strukturell noch
icht unterfüttert haben. Eine Nagelprobe wird sein, wie
ie mit den Rüstungsbeschaffungen umgehen, die
chon heute nicht mehr in die Finanzlinie zu bekommen
ind.

Vor der großen Kehrtwende – bevor Sie die Blockade-
altung Ihres Vorgängers beendet haben, der in Sachen
ehrreform überhaupt nichts zustande gebracht hat bzw.

ustande bringen wollte – haben Sie Ihre Unterschrift
och unter richtig große Kostenblöcke gesetzt: dritte
ranche Eurofighter und A400M. Massive Kostensteige-
ungen haben Sie einfach in Kauf genommen, auf die
trafzahlungen der Industrie verzichtet und die Chance
icht genutzt, in Neuverhandlungen zumindest eine mas-
ive Reduzierung, wenn nicht die Einstellung dieses Pro-
ekts, von dem keiner weiß, ob es jemals funktioniert, zu
rreichen. Die Strategie „Erst bei den Kosten auf das
aspedal treten, um hinterher die Bremse anzukündi-
en“ ruft schon die eine oder andere Frage nach Ihrem
icherheitspolitischen Führerschein hervor, Herr Minis-
er.





Alexander Bonde


(A) )


)(B)

Sie haben jetzt Zeit, diese Fragen zu beantworten. Wir
verstehen, dass Ihr Konzept einige Parteitage durchlau-
fen muss. Wir verstehen nicht, dass Sie uns heute nicht
sagen, wo Sie die globale Minderausgabe in Höhe von
800 Millionen Euro in Ihrem Haushalt aufbringen wol-
len. Aber das werden Sie uns bestimmt noch verraten.

Ab sofort gilt: Gemessen werden Sie nicht an einem
„Top Gun“-Bild auf Seite eins der Bild-Zeitung, sondern
daran, welche konkrete sicherheitspolitische Verände-
rung Sie am Ende liefern.

Herzlichen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705813600

Das Wort hat nun der Kollege Ernst-Reinhard Beck

für die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Ernst-Reinhard Beck (CDU):
Rede ID: ID1705813700

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolle-

ginnen und Kollegen! Der Kollege Arnold hat etwas sehr
Richtiges und Wichtiges gesagt. Er hat gesagt: Im Mit-
telpunkt steht bei all unseren Überlegungen der Mensch. –
Insofern gilt mein erster Dank denen, die in der Bundes-
wehr treu ihren Dienst leisten, den Soldaten in den Ein-
satzgebieten und zu Hause und auch den zivilen Be-
schäftigten.

Herr Kollege Arnold, wenn dies Ihr Maßstab ist, kann
ich nicht verstehen – das hat mir weniger gefallen, als
ich es in den Zeitungen gelesen habe –, dass Sie mit
Blick auf Oberst Klein und nach all dem, was geschehen
ist, noch nachtreten und ihn in einer Art und Weise be-
handeln, die er nicht verdient hat. Das muss ich Ihnen an
dieser Stelle sagen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, die Haus-
haltsberatung zeigt, dass wir eine wichtige Weichenstel-
lung vornehmen. Dem großen Umformungs- und Struk-
turveränderungsprozess unserer Streitkräfte müssen wir
den notwendigen finanziellen Rückhalt geben.

Herr Kollege Arnold, Sie haben gesagt, dass jetzt ver-
schiedene Modelle vorgestellt werden, und dem Minister
vorgeworfen, es ginge ständig hin und her. Das ist nicht
ganz schlüssig. Denn der Minister hat im Grunde eine
sehr stringente sicherheitspolitische Analyse vorgenom-
men und sich daraufhin gefragt – das ist die entschei-
dende Frage –: Was ist im Hinblick auf die Abwehr von
Gefahr für unser Land notwendig, und welches sind die
Fähigkeiten, die unsere Streitkräfte vorhalten müssen?
Damit ist die Reihenfolge klar: Es geht um den Schutz
des eigenen Landes, Deutschlands und seiner Bürger, die
Bündnisverteidigung und die internationalen Verpflich-
tungen, die wir in NATO, EU und UN übernommen ha-
ben. Damit haben wir ein breites Spektrum an Fähigkei-
ten vorzuhalten. Deshalb ist es völlig legitim und auch
notwendig, einmal nachzufragen: Können wir mit der
vorhandenen Struktur all diese Aufgaben so erfüllen,
wie es notwendig ist?

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(C (D Ich fand das Vorgehen richtig, eine Defizitanalyse urchzuführen und zu sagen, wo bestimmte Veränderunen notwendig sind. Es ist doch jedem einsichtig, dass ei 250 000 Soldaten Truppenstärke eine Zahl von 7 500 der vielleicht auch 9 000 Soldaten – so viele hatten wir a schon einmal im Einsatz –, wenn man die Einsatzorintierung sicherstellen will (Rainer Arnold [SPD]: 11 000 hatten wir schon!)


11 000 auch, Herr Kollege Arnold –, im Hinblick auf
ie Effizienz zu gering ist. Ich glaube, darüber besteht
inigkeit in diesem Haus.

Wenn man dann in einem weiteren Schritt fragt, wel-
he Strukturen notwendig sind und was man dafür
raucht, um die Sicherheit auch auf mittlere und längere
icht zu garantieren, dann kommt die Sprache auf die
ehrform. Ich sage ganz ehrlich, dass ich hier mit einer

ewissen Wehmut stehe. Durch die Wehrpflicht wurde
ie Sicherheit unseres Landes über viele Jahrzehnte hin-
eg, in der gesamten Zeit des Kalten Krieges, garantiert.

m Grunde wurden durch sie auch Leistungen erbracht,
ie für die Integration der Streitkräfte in demokratische
trukturen unschätzbar sind. In der heutigen Zeit hört
an manchmal, vor allem vonseiten der Linken, die
ehrpflicht sei im Grunde ein Instrument der Militari-

ierung. Nein, die Wehrpflicht war in der Geschichte der
undesrepublik ein wichtiges Instrument zur Einbettung
es Militärs in demokratische Strukturen, und dafür soll-
en wir dankbar sein. Dank verdienen auch all die, die
er Wehrpflicht nachgekommen sind und als Reservisten
ber die ganze Zeit ihren Dienst geleistet haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD – Johannes Kahrs [SPD]: Dann dürft ihr sie jetzt aber nicht abschaffen!)


Lieber Kollege Kahrs, das enthebt uns ja nicht der
berprüfung, ob die Wehrpflicht angesichts der aktuel-

en und zukünftigen Herausforderungen noch die rich-
ige Wehrform ist.

Ich hätte mir durchaus vorstellen können, dass man
estimmte Elemente übernimmt. Wenn man die sicher-
eitspolitische Analyse, die die Bundesregierung durch-
ührt, aber ernst nimmt, dann sieht man, dass die sicher-
eitspolitische Begründung dafür nicht mehr gegeben
st. Die Panzerarmeen des Warschauer Paktes haben sich
ott sei Dank aufgelöst. Wir brauchen keine entspre-

hende Anzahl Soldaten mehr, um die Wehrgerechtig-
eit annähernd zu erreichen. Das ist aber auch das Pro-
lem, das es zu lösen gilt. Wenn die sicherheitspolitische
egründung nicht mehr vorhanden ist, dann stellt sich
ie Frage nach der Verfassungsmäßigkeit – Stichwort:
ehrgerechtigkeit. Dass diese Situation nicht neu ist, ist

edem hier klar. Im Grunde hätte bereits der Schritt von
75 000 auf 250 000 Soldaten, der eine drastische Redu-
ierung der Anzahl der eingezogenen Wehrpflichtigen
edeutet hat, zu solchen Überlegungen führen müssen;
ber ich glaube, der Blick sollte nach vorne gerichtet
ein.





Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen)



(A) )


)(B)

Der Blick ist richtig nach vorne gerichtet, wenn ich
sage: Die staatspolitische Begründung der Wehrpflicht
kann natürlich auch über die „Pflicht“ hinaus Wirkung
entfalten. In dem Augenblick, in dem gesagt wird: „Tu
etwas für die Gemeinschaft, leiste etwas für dein Land“
und man diesen Impetus durch die Neugestaltung der
Freiwilligendienste erreicht – Herr Kollege Arnold, Sie
haben ja zu Recht ausgeführt, dass wir nicht nur für den
Wehrdienst, sondern auch für die anderen Dienste in die-
ser Gesellschaft zu einer Freiwilligkeit finden müssen –,
sind wir, glaube ich, auf einem guten Weg.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ich sage ganz eindeutig: Der Staatsbürger in Uni-
form war sicher ein wichtiges und notwendiges Ele-
ment. Ein Stück weit nehmen wir davon Abschied; der
Staatsbürger als Soldat ist mit diesem Einschnitt im
Grunde Vergangenheit. Das heißt aber nicht, dass die
Soldaten nicht weiter Staatsbürger sind und ihre staats-
bürgerlichen Rechte nicht in Anspruch nehmen. Was wir
alle gemeinsam verfolgen sollten, ist, dass das Prinzip
der Inneren Führung, das unsere Armee im Vergleich zu
vielen anderen Armeen dieser Welt auszeichnet, inner-
halb der neuen Struktur neu definiert wird. Es kann uns
nicht gleichgültig sein, wer den Nachwuchs stellt und
welcher Geist in dieser neuen Bundeswehr herrscht. Ich
habe überhaupt keine Bedenken, dass dies ein guter
Geist sein wird, getragen von der Inneren Führung und
vom Leitbild des Staatsbürgers in Uniform.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705813800

Herr Kollege Beck, gestatten Sie eine Zwischenfrage

des Kollegen Kahrs?


Ernst-Reinhard Beck (CDU):
Rede ID: ID1705813900

Aber gerne.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705814000

Herr Kahrs, bitte.


Johannes Kahrs (SPD):
Rede ID: ID1705814100

Herr Kollege Beck, ich habe in den letzten Jahren ge-

meinsam mit Ihnen für die Wehrpflicht gestritten. Das
haben wir gut hinbekommen, egal ob Rot-Grün oder die
Große Koalition in diesem Land regiert hat.

Wie man das, was Sie machen, bewertet – geschenkt.
Die Probleme, die Sie deswegen in Ihrer Partei und mit
Ihren Wählern haben, müssen Sie selber aushalten. Aber
wenn Sie sagen, dass der Staatsbürger in Uniform mit
der Abschaffung der Wehrpflicht nicht mehr Realität sei,
dann frage ich mich allen Ernstes, wo die Union gelan-
det ist. Staatsbürger in Uniform sind auch der Zeitsoldat
und der Berufssoldat. Deswegen können Sie sich doch
nicht hier hinstellen und sagen – bei aller Freundschaft
und aller Sympathie –, wenn die Wehrpflicht weg sei,
seien die Zeit- und Berufssoldaten nicht mehr Staatsbür-
ger in Uniform. Dann weiß ich überhaupt nicht mehr,
wohin die Union will.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


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(C (D Lieber Kollege Kahrs, ich habe nicht behauptet und erde nicht sagen, dass wir uns vom Bild des Staatsbürers in Uniform verabschiedet haben. Natürlich sind unere Zeitund Berufssoldaten – und sie waren es immer – taatsbürger in Uniform und Teil unserer Parlamentsaree. Aber Sie müssen mir doch zugestehen, dass ich age, dass wir, wenn man von der Pflicht zur Freiwilligeit übergeht, von dem Leitbild, dass jeder Bürger dieses andes ein geborener Verteidiger desselben ist – das ist in Zitat von Scharnhorst –, ein Stück weit Abschied ehmen. Deshalb habe ich betont: Umso wichtiger ist es, ass wir das Prinzip des Staatsbürgers in Uniform und ie Innere Führung in den Streitkräften mit der entsprehenden Orientierung auf Auslandseinsätze weiterhin tark betonen. Nichts anderes wollte ich damit gesagt haen. Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, eine Frage, ie für mich beinahe noch entscheidender und wichtiger st als die Frage der Wehrform, ist die Frage des Umangs und der Fähigkeiten der Streitkräfte, die wir jetzt eu definieren. Ich sage ganz offen: 163 500 Zeitund erufssoldaten, von denen der Minister spricht, plus 500 Freiwillige sind für mich persönlich die Unter renze dessen, was ich für vertretbar halte. eutschland ist eine Landmacht in der Mitte Europas. ir haben entsprechende Verpflichtungen gegenüber en Bündnispartnern, vor allem im Osten, wo noch betimmte Ängste vorhanden sind und wo man schon von er schieren Zahl her bestimmte militärische Optionen nd Fähigkeiten verkörpert, auch gegenüber der NATO. ch meine, das müsste noch einmal überprüft werden, uch in finanzieller Hinsicht. Man sollte, Herr Kollege onde, nicht in einen Wettbewerb von Zahlen verfallen, ondern in einen Wettbewerb um Fähigkeiten eintreten nd – möglicherweise in Absprache mit den europäischen ündnispartnern – schauen, was angesichts einer Sichereitsvorsorge notwendig ist. Ich persönlich wünsche mir ein funktionsfähiges, fühungsfähiges Landheer. Wir sind eine Landmacht, die andstreitkräfte braucht. Im ozeanischen Zeitalter brauhen wir eine Marine, die unsere Interessen entsprehend vertreten kann. Herr Kollege Koppelin, Sie haben uf die Sanität hingewiesen, etwa ein Attraktivitätsproramm für den medizinischen Bereich. Auch das scheint ir unbedingt notwendig zu sein. Es wird Sie nicht wun ern, dass ich sage: Wir brauchen auch bei Freiwilligentreitkräften eine gut strukturierte, engagierte und qualiizierte Reserve. Hierfür brauchen wir eine neue Reseristenkonzeption, die Nachhaltigkeit und Aufwuchsfähigeit garantiert. Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleinnen und Kollegen, die „größte gestalterische Herausorderung“ hat der Minister diesen Prozess genannt. Es eht nicht nur um Umfang und Struktur, sondern auch m den entsprechenden Aufbau des Ministeriums. Es eht um eine Neuformulierung von Ablauforganisationen, on Materialbeschaffung und Materialerhaltung. Dies ist in wichtiges, ein großes und ein mutiges Projekt. Ich Ernst-Reinhard Beck )

Ernst-Reinhard Beck (CDU):
Rede ID: ID1705814200

(Johannes Kahrs [SPD]: Das ist zu wenig!)





(A) )

meine, dass der Minister dafür die Unterstützung des
Hauses verdient. Die Unterstützung meiner Fraktion hat
er auf jeden Fall.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705814300

Nächster Redner ist der Kollege Bernhard Brinkmann

für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Bernhard Brinkmann (SPD):
Rede ID: ID1705814400

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege
Koppelin, nicht nur, weil Sie gestern einen besonders
schönen Geburtstag gefeiert haben, sondern weil es auch
völlig richtig ist, was Sie zu den Problemen bei der Sani-
tät gesagt haben, will ich zu Beginn meiner Ausführun-
gen deutlich darauf hinweisen, dass dies auch die volle
Unterstützung der SPD-Bundestagsfraktion finden wird.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Allerdings ist das Problem nicht erst seit gestern be-
kannt, sondern schon etwas länger. Hier besteht dringen-
der Handlungsbedarf wie in vielen anderen Bereichen
auch, auf die ich im Laufe meiner Ausführungen noch
zurückkommen werde.

Wer ernsthaft behauptet, mit der Globalen Minderaus-
gabe und den Kürzungen, die Sie, die CDU/CSU und die
FDP, zu verantworten haben, könnte die Truppe gut le-
ben, der redet zu einem Prozentsatz jenseits der
90 Prozent an den Realitäten vorbei.


(Beifall bei der SPD)


Ich will das an einigen Beispielen deutlich machen.

Der Minister hat eine Sommerreise gemacht. Viele
Kolleginnen und Kollegen waren ebenfalls in der Som-
merpause unterwegs. Ich habe mir das auch in dieser
Zeit zu eigen gemacht und mich vor Ort informiert. Herr
Minister zu Guttenberg, wenn wir Attraktivitätssteige-
rung gemeinsam wollen, ist es nach meiner festen Über-
zeugung unerträglich, dass Soldatinnen und Soldaten,
die nach Berlin reisen, um sich weiterzubilden und an
Plenardebatten teilzunehmen, ihre Fahrtkosten selber zu
zahlen haben, weil dafür kein Geld mehr zur Verfügung
steht. Das ist ein Skandal. Dies müsste relativ schnell in
Ihrem Haus, Herr Minister zu Guttenberg, im Interesse
und zugunsten der Soldatinnen und Soldaten pragma-
tisch gelöst werden.

Ich will einen weiteren Punkt ansprechen, der sich
wie ein roter Faden durch die Haushaltsberatungen zie-
hen wird. Die Größenordnung des Einsparvolumens
ist mehr als nebulös. Zunächst wurde eine Summe von
8,3 Milliarden Euro angekündigt. Dann ist aufgrund der
absehbaren Faktoren berechnet worden, wo man denn
landen könnte. Es gibt Berechnungen des Finanzministe-
riums und des Bundeskanzleramtes, die auf 1,5 Milliar-
den Euro kommen. Das ist von 8,3 Milliarden Euro weit
entfernt. Kurz vor der Sommerpause hat die Bundeskanz-

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(C (D erin dazu in der Financial Times Deutschland zum Ausruck gebracht, dass darüber noch nicht das letzte Wort esprochen worden sei; wegen 2 Milliarden Euro würde ie die deutsche Sicherheit niemals infrage stellen, gechweige denn gefährden. Was gilt denn nun? 8,3 Millirden minus 2 Milliarden sind 6,3 Milliarden. Sind es Milliarden oder 1,5 Milliarden Euro? Das ist das Ergebis einer Struktur, aus der nicht erkennbar ist, wohin die eise gehen soll. Ein Blick in die Finanzplanung zeigt, ass Sie auch im Hinblick auf die beiden letzten Jahre inen hohen Milliardenbetrag in die nächste Legislatureriode verschieben. Das hat mit Haushaltswahrheit und aushaltsklarheit nichts zu tun. Was die Ausgabenblöcke im Verteidigungshaushalt ngeht, wird deutlich, dass ein hoher Prozentsatz, nämich ungefähr 53 Prozent, für Personalkosten und Penionslasten vorgesehen ist. Auch wenn man die Bundesehr verkleinert – um welche Größenordnung auch mmer; darüber kann man sich austauschen oder auch arum ringen; ich will auch ausdrücklich aufgreifen, was ie gesagt haben, Herr Minister, nämlich dass es dazu eien breitestmöglichen Konsens geben sollte – und die ahl der Zeitund Berufssoldaten um eine Größenordung X reduziert, werden diese Ausgaben nicht in voller öhe eingespart; denn wer nicht mehr dient, hat An pruch auf Pension. Insofern fordere ich Sie auf bzw. itte ich Sie herzlich: Legen Sie im Laufe der Haushaltseratungen die Berechnungen vor, welche Einsparung nter dem Strich netto erzielt wird, damit wir Haushälter enau wissen, worauf wir uns in diesem Bereich einzuichten haben. Ich bin dem Kollegen Beck dankbar, dass er sich bei en Soldatinnen und Soldaten bedankt hat, die hier im and und darüber hinaus in Auslandseinsätzen – das ilt auch für die zivilen Beschäftigten und viele andere – hren Dienst leisten. Er ist nicht einfach und teilweise uch gefährlich. Ich zolle ausdrücklich allen Soldatinnen nd Soldaten sowie allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiern der Bundeswehr höchste Anerkennung und spreche hnen großen Dank aus. Ich gehe davon aus, dass das ausschließlich der linken Seite dieses Hauses – einen emeinsamen Beifall finden kann. (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der SPD)


Wenn man die Diskussion über das Thema Wehr-
flicht verfolgt, dann stellt man beeindruckt fest, wie
ich innerhalb weniger Monate festgefügte Meinungen
erändern. Ich war 1970 bei der Bundeswehr, und zwar
damals war dort eine stationiert – bei einer Panzergre-
adierbrigade in Hildesheim. Schon damals haben wir
ber dieses Thema diskutiert. Natürlich ging es um ganz
ndere Prozentsätze bei der Einberufungsquote. Aber ei-
es steht fest: Nachdem Sie den Grundwehrdienst auf
echs Monate reduziert hatten, war der nächste Schritt
icht mehr zu verhindern. Wir werden im Laufe der
ächsten Zeit erleben – wenn es nach der FDP geht, wird
s etwas schneller gehen –, dass wir uns Schritt für
chritt auf eine Berufsarmee zubewegen. Wenn das denn
ewollt ist





Bernhard Brinkmann (Hildesheim)



(A) )


)(B)


(Elke Hoff [FDP]: Das ist vollkommener Quatsch!)


– Frau Hoff, ich mache ja einen Vorbehalt –, sollten wir
bereit sein, sehr offen darüber zu diskutieren, wie viel
eine Berufsarmee letztendlich kostet und welche Belas-
tungen sie für künftige Bundeshaushalte bringt.

Die Sicherheit Deutschlands und die Bewältigung
der damit verbundenen Herausforderungen für unsere
Streitkräfte müssen auch künftig durch die erforderli-
chen Finanzmittel gewährleistet sein. Daher muss die
Bundesregierung schnell und klar eine Antwort auf die
Frage finden, welche Bundeswehr wir uns künftig noch
leisten wollen. Einige Zeit ist darüber gesprochen wor-
den, welche wir uns noch leisten können. Das war aber
eine falsche Vorgehensweise.

In diesem Sinne freue ich mich auf die Ausschussbe-
ratungen und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705814500

Nächste Rednerin ist die Kollegin Elke Hoff für die

FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Elke Hoff (FDP):
Rede ID: ID1705814600

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen!

Liebe Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Her-
ren! Ein etwas störender Aspekt in dieser Debatte ist die
Begriffsverwirrung. Deswegen nehme ich Ihre Äußerun-
gen zum Anlass, lieber Herr Kollege Brinkmann, um die
Position meiner Fraktion noch einmal klarzumachen.
Wir sind für eine Freiwilligenarmee. Wir sind für die
Aussetzung der Wehrpflicht. Wir sind für einen vernünf-
tigen Anteil an Kurzzeitdienenden. Hier haben wir eine
etwas andere Auffassung als der Minister; darüber wer-
den wir diskutieren müssen. Wir sind in keinem Fall für
eine Berufsarmee. Wir sind weiterhin glühende Anhän-
ger einer Parlamentsarmee.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. ErnstReinhard Beck [Reutlingen] [CDU/CSU])


Ich muss an dieser Stelle auf Paul Schäfer eingehen.
Der Versuch, den Eindruck zu erwecken, dass ein globa-
les Expeditionskorps oder eine Interventionsarmee durch
den geplanten vernünftigen Umbau der Bundeswehr auf-
gebaut werden soll, läuft schon alleine deswegen völlig
fehl, weil dieses Haus an dieser Stelle über jeden Einsatz
der Bundeswehr entscheiden wird und nicht die Bundes-
regierung oder der Bundesminister der Verteidigung.
Das ist für uns alle ein hohes Gut.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Eben wurde kritisiert, der Minister habe mehrere Mo-
delle vorgelegt und habe sich nicht klar und deutlich für
eines ausgesprochen. Art. 87 a des Grundgesetzes sagt
eindeutig, dass sich Umfang und Struktur der Streitkräfte
aus dem Haushaltsplan ergeben. Ergo entscheidet das
Parlament darüber. Herr Minister, ich begrüße, dass Sie

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(C (D espekt vor dem Hause gezeigt und die Szenarien und hre Konsequenzen aufgezeigt haben, wenn wir uns so der so entscheiden, und zwar auch vor dem Hinterrund der finanziellen Situation. Ich bin sehr froh, dass um ersten Mal ein Minister gesagt hat: Es gibt – auch m Haus selbst – keine Denkverbote. Sie haben damit eien Prozess im Haus in Gang gesetzt, der schon lange berfällig war. Wir haben in den vergangenen Jahren uch in diesem Haus immer wieder beklagt, dass die undeswehr unter verkrusteten Strukturen und unter wängen leidet, die nicht nur den Einsatz, sondern auch ie Motivation der Soldatinnen und Soldaten nachhaltig eeinträchtigen. Es ist Ihnen und unserer Koalition zu erdanken, dass wir diese mutigen Schritte nach vorn achen. An dieser Stelle möchte ich meinen persönli hen Respekt vor den Kolleginnen und Kollegen von DU und CSU zum Ausdruck bringen. Ich weiß, dass as für Sie schwer war. Sie haben aber bewiesen, dass ie aufgrund der Faktenlage in der Lage sind, anhand on Sachargumenten Ihre Positionen zu überdenken. ier hat auch der Generalinspekteur eine hervorragende olle gespielt. Das möchte ich an dieser Stelle ganz klar um Ausdruck bringen. Herr General Wieker, Sie haben uns Parlamentariern urch Ihre nüchterne, sachbezogene und sehr klare Vorage von Informationen die Möglichkeit eröffnet, diese chwierigen Schritte zu vollziehen. Ich bin überhaupt icht bange, dass sich unsere Soldatinnen und Soldaten icht mehr in der Mitte der Gesellschaft befinden. Es ist brigens ein Nebenaspekt, den man nicht hoch genug inschätzen kann und den ich sehr begrüße, dass über ine Reform des Wehrdienstes junge Frauen endlich die öglichkeit haben, von Anfang an gleichwertig mit ih en männlichen Kollegen Zugang zu den Streitkräften zu inden, und zwar auch im Sinne eines freiwilligen Engaements für unsere Gesellschaft. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


ir werden die qualifizierten jungen Frauen in Zukunft
ehr denn je brauchen, nicht nur, weil sie in vielen Be-

eichen qualifizierter sind, sondern auch, weil uns die
emografische Entwicklung dazu bringen und auch
wingen wird, die Bundeswehr für alle gesellschaftli-
hen Gruppen zu öffnen. Insofern ist es wichtig, dass wir
ine vernünftige Nachwuchsgewinnungsstruktur auf den
eg bringen, die flächendeckend ist, und dass die Bun-

eswehr attraktiver wird.

Die entscheidenden Momente sind nicht, wenn wir im
arlament entscheiden. Die Arbeit fängt danach an. Es
uss uns gelingen, die Lebenswirklichkeit junger Män-

er und Frauen auch in den Streitkräften abzubilden. Die
ereinbarkeit von Dienst und Familie wird ein ganz
esentliches Moment für die Attraktivität des Arbeitge-
ers Bundeswehr sein.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, hinzu kommt:
enn wir so viel Wert darauf legen, dass die Bundes-





Elke Hoff


(A) )


)(B)

wehr in der Mitte der Gesellschaft ist, dann müssen wir
– stärker, als wir es in der Vergangenheit bewirkt haben –
endlich zu Verbesserungen für die Soldatinnen und Sol-
daten im Einsatz kommen, die an Seele und Körper
verwundet aus dem Einsatz zurückkommen. Es ist heute
mit Recht sehr häufig den Soldatinnen und Soldaten und
den zivilen Mitarbeitern gedankt worden. Ich finde, wir
müssen an dieser Stelle auch den Familienangehörigen,
den Freunden und den Bekannten von den Soldatinnen
und Soldaten danken, die damit leben müssen, dass das
Leben ihrer Partner, wenn sie aus einem Einsatz zurück-
kommen, in den wir sie geschickt haben, aus den Fugen
geraten ist und nichts mehr so ist, wie es vor dem Einsatz
war. Hier fängt unsere Verantwortung an. Ich glaube,
dass wir an dieser Stelle – wenn wir uns um genau diese
Soldatinnen und Soldaten mehr als bisher kümmern –
wirklich beweisen können, dass die Bundeswehr in der
Mitte der Gesellschaft ist. Ich wäre sehr dankbar, wenn
wir das gemeinsam schaffen würden.


(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD)


Es wurde eben auch über das Thema Einsparungen
geredet. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich glaube,
wenn wir alle der Meinung sind, dass Sicherheitspolitik
nicht nach Kassenlage erfolgen soll, dann werden wir ei-
nen attraktiven Arbeitgeber Bundeswehr finden und uns
durchaus mit dem Gedanken anfreunden, dass wir Ein-
sparziele erreichen wollen – wenn auch vielleicht nicht
so schnell wie geplant – und dass das eine gemeinsame
Anstrengung ist. Ich glaube, dass wir als Parlamentarier
von unserem Recht Gebrauch machen, über Struktur und
Umfang der Streitkräfte so zu entscheiden, wie es die Si-
cherheitsbedürfnisse und die Sicherheitslage unseres
Landes und unsere Bündnisverpflichtungen erfordern.

Ganz kurz an dieser Stelle, bevor ich fertig bin: Kol-
lege Schäfer, gerade der Balkan, gerade der Kosovo, hat
deutlich gemacht, dass eine militärische Intervention in
politischen Situationen dazu führen kann, dass Men-
schen und Nationen am Ende der Reise in Frieden und
Freiheit leben können. Das Kind hier mit dem Bade aus-
zuschütten und zu sagen: „Wir brauchen die Streitkräfte
für solche Dinge nicht“, halte ich an dieser Stelle für
politisch verfehlt.


(Beifall des Abg. Dr. Hans-Peter Bartels [SPD])


Ich darf mich sehr herzlich für die Aufmerksamkeit
bedanken und wünsche dem Minister und uns allen viel
Erfolg bei der Umsetzung dieser sehr ehrgeizigen Re-
form. Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1705814700

Der Kollege Omid Nouripour ist nun der nächste

Redner aus der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705814800

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Karl-

Theodor zu Guttenberg vor sechs Monaten – Zitat –: Die
verkürzte Wehrpflicht W 6, das sind sechs bestens ge-

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(C (D utzte Monate für junge Menschen. – Derselbe vor zwei onaten: Es wäre fatal, die Wehrpflicht abzuschaffen. – erselbe Minister vor zwei Tagen, überraschenderweise n einer Talkshow und nicht im Parlament – ich zitiere –: (Dr. h. c. Susanne Kastner [SPD]: Das ist doch so üblich!)


ie Musterung ist ebenso schwer zu rechtfertigen wie
ie Wehrpflicht als solche. – In einem anderen Zusam-
enhang hat er erklärt, W 6 sei ein entbehrlicher
chnupperkurs. Herr Minister, ich weiß nicht, welches
etränk der Erleuchtung Sie in den letzten zwei Mona-

en getrunken haben. Es wäre schön, dieses in den eige-
en Reihen weiterzureichen. Ich kann nur sagen: Die
offnung, zu verstehen, was Sie eigentlich wollen, habe

ch längst aufgegeben. Mein Eindruck ist: Sie wissen
elber nicht, was Sie wollen, und Sie wollen es auch
icht wissen. Wenn das anders wäre, hätten Sie wenigs-
ens den Übergangsmurks – wir haben derzeit eine

ehrpflicht von sechs Monaten –, den Sie wider besse-
es Wissen vor wenigen Wochen verabschiedet haben, in
en Haushalt geschrieben. Nicht einmal das steht im
aushalt. Das heißt, wir beraten heute über einen Einzel-
lan, der Makulatur ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Es gibt aber noch mehr Probleme. Sie haben es ge-
chafft, in den letzten Monaten zu jeder erdenklichen
rage jede erdenkliche Position einzunehmen,


(Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Seehofer war immer dagegen!)


as dazu führt, dass Sie, völlig gleichgültig, was heraus-
ommt, sagen können: Das habe ich doch gesagt. – Das
st beliebig. Beeindruckend dabei ist, dass Sie es schaf-
en, diese Beliebigkeit in Zahlen zu gießen. Das nennt
ich dann Wehretat 2011. Wer so beliebig ist, muss sich
atürlich Sorgen machen, ob das Auditorium tatsächlich
ach ist. Das ist eine berechtigte Frage. Da diese Ange-

egenheit aber sehr ernst ist, kann ich Ihnen versprechen,
ass wir sehr wachsam sind und zuschauen, was Sie ei-
entlich treiben.

Ich komme zu den fünf Modellen. Sie scheinen in Ih-
em Haus eine unglaubliche Überkapazität zu haben. Im
brigen: Herr Generalinspekteur, vielen Dank für Ihre

eriöse und detaillierte Arbeit. Herr Minister, Sie lassen
n Ihrem Haus fünf Modelle erarbeiten und sagen von
ornherein, vier von diesen seien überhaupt nicht mach-
ar.


(Michael Brand [CDU/CSU]: Stimmt doch nicht!)


rau Kollegin Hoff, diese fünf Modelle sind keine ech-
en Modelle, wenn der Minister so nebenbei sagt, das
ine sei nicht finanzierbar und mit dem anderen sei die
ündnisfähigkeit nicht gewährleistet. Das ist nicht ernst
emeint.


(Elke Hoff [FDP]: Das ist seine Einschätzung!)






Omid Nouripour


(A) )


)(B)

Er scheint es nur mit einem einzigen Modell ernst zu
meinen. Herr Kollege Arnold hat gesagt, was daran un-
redlich ist. Es fehlen dort einige Elemente. Ich weiß
nicht, ob ich ihn ernst nehmen soll, wenn der Minister
sagt, das einzige Modell, das einen Sinn ergebe, sei das
Modell mit 163 500 Soldaten, aber die Zahl sei gar nicht
so wichtig und könne nach oben korrigiert werden, das
sei relativ egal. Das zeugt nach meiner Ansicht von Be-
liebigkeit.


(Michael Brand [CDU/CSU]: Das ist eine falsche Interpretation!)


Dabei braucht die Bundeswehr jetzt Führung, Überblick
und Voraussicht. Das alles ist nicht sichtbar.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ein Problem habe ich: Ich muss Sie jetzt eigentlich
loben – das ist nicht mein Job als Oppositionspolitiker –,
weil Sie Realitätssinn gezeigt haben, indem Sie sich end-
lich an die Wehrpflicht herangewagt haben. Das hat
keine große Tradition in Ihren Reihen. In diesem Zusam-
menhang muss ich ein Wort zur Sozialdemokratie los-
werden. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir haben
sieben Jahre lang gemeinsam regiert. Hätten Sie damals
die Blockade, die ich bis heute nicht verstehe, aufgege-
ben und gemeinsam mit uns die Wehrpflicht abgeschafft,
was wir damals gefordert haben – das war damals ge-
nauso sinnvoll wie heute –, dann könnte der Minister
heute nicht den harten Macher spielen und die Bundes-
wehr hätte sich in den zehn Jahren strukturell weiterent-
wickelt. Es ist sehr bedauerlich, dass dies damals nicht
gelungen ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die Bundeswehr braucht Führung, weil die beabsich-
tigten Einschnitte immens sind. Zur Führung gehört aber
auch, dass man die Ziele benennt und sagt, was man ei-
gentlich vorhat. Sie wollen Strukturen schaffen, alles auf
den Kopf stellen und verändern und am Ende ein neues
Weißbuch herausgeben. Das ist komplett falsch. Sie
müssen erst die Aufgabenkritik machen und formulie-
ren, was die Bundeswehr können muss. Sie müssen zu-
erst beschreiben, welche Fähigkeiten wir brauchen, und
dann können Sie die Strukturen verändern. Sie dürfen
aber nicht Fakten schaffen und die Debatte komplett auf
den Kopf stellen. So ergibt das überhaupt keinen Sinn.

Ich nenne als Beispiel die vernetzte Sicherheit. Alle
wissen – das ist Konsens in diesem Hohen Hause –, dass
die komplexe Sicherheitsrealität des 21. Jahrhunderts
nur ein Instrument kennt, mit dem man arbeiten kann,
und das ist die vernetzte Sicherheit. Ich finde das bei Ih-
nen bisher nicht. Ich weiß nicht, wo das vorkommen
soll, wo sich das in den Strukturen findet. Im Übrigen
fehlt auch ein Bekenntnis zum Primat des Zivilen. Das
werden wir möglicherweise in zwei Jahren in einem
Weißbuch lesen, wenn die Debatte um die Reform der
Bundeswehr vorbei ist.

Der Kahn „Bundeswehr“ ist in schwierigen Gewäs-
sern; das wissen wir alle. Auch den Reformbedarf ken-
nen wir alle. Es wäre jetzt Ihre Aufgabe als Verteidi-
gungsminister, die Bundeswehr vor parteipolitischen

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(C (D pielchen zu schützen; stattdessen tragen Sie das Chaos n den eigenen Reihen, allen voran in der CSU, in die undeswehr hinein. Sie machen nicht Sicherheitspolitik ach Kassenlage, Sie machen Sicherheitspolitik nach arteitagsterminen, und das ist nicht das, was die Solda innen und Soldaten, die einen knochenharten Job mahen, verdienen. Niemand weiß, wohin die Reise geht. Die Generalität eiß es nicht. Die einzelnen Soldatinnen und Soldaten issen es nicht und ihre Familien auch nicht. Sie müss en jetzt Kapitän sein. Stattdessen sind Sie ein Verkäufer on Last-Minute-Reisen. Sie sagen uns: Da, wohin wir ehen, wird es ganz schön, aber was genau das Ziel ist, rkläre ich euch dann, wenn wir angekommen sind. – as ist nicht das, was die Bundeswehr braucht. Das ist icht verlässlich. So führt man diese Armee nicht in eien sicheren Hafen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Elke Hoff [FDP]: Das war eine schlechte Rede!)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705814900

Das Wort hat nun Kollegin Karin Strenz für die CDU/

SU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Karin Strenz (CDU):
Rede ID: ID1705815000

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Bei aller Pflicht zum Sparen ist klar: Wir kür-
en nicht auf Kosten der Sicherheit unserer Soldaten.
er Soldaten in den Einsatz schickt, muss nicht nur für

ie bestmögliche Ausbildung und Ausrüstung sorgen,
ondern auch für die bestmögliche Betreuung. Das gilt
ür die Zeit im Einsatz genauso wie danach. Ich bin der
ollegin Elke Hoff für ihre Einlassungen zu seelischen
erwundungen sehr dankbar; darauf möchte ich mich
onzentrieren.

Mehr als 460 Kameraden ließen sich im vergangenen
ahr wegen Posttraumatischer Belastungsstörungen
ehandeln – doppelt so viele wie im Jahr 2008. In die-
em Jahr werden es wahrscheinlich 600 traumatisierte
rauen und Männer sein. In Wahrheit aber sind es sehr
iel mehr; denn die Dunkelziffer ist sehr hoch. Es ist un-
ere Pflicht, die seelischen Wunden genauso ernst zu
ehmen wie die körperlichen. Soldaten erleben im Ein-
atz Grausamkeiten, die sie manchmal nicht ohne pro-
essionelle Hilfe verarbeiten können. Oft dauert es vier-
inhalb Jahre – viereinhalb Jahre! –, bis ein Soldat eine
insatzbedingte Traumatisierung überhaupt erkennt und
ugibt. Deshalb reicht es nicht, nur die Vorgesetzten zu
ensibilisieren. Wir alle müssen diese besondere Krank-
eit aus dem Schatten holen.

Da die seelisch Verwundeten doch im Dienst für un-
eren Frieden und für unsere Sicherheit ihr Leben ris-
iert haben, ist es selbstverständlich unsere Pflicht, ih-
en zu helfen, gesund ins Leben zurückzufinden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)






Karin Strenz


(A) )


)(B)

Eine seelische Wunde darf kein Stigma sein. Wer sich zu
seiner Schwäche bekennt, ist kein Schwächling.

Gerade vorgestern saß in meinem Büro ein Soldat aus
meiner Heimat; nachgewiesen PTBS. Auf dem Tisch
zwischen ihm und mir: ein Aktenberg. Er musste einen
langen Weg durch viele Instanzen gehen, um sich in ei-
nem Wirrwarr von Zuständigkeiten und Gesetzen zu-
rechtzufinden. Er hat nicht die optimale Für- und Nach-
sorge erfahren. Auch das ist noch Realität, aber das wird
sich ändern. Nicht nur dieser Mann braucht Hilfe, nicht
nur er wird die Bilder aus dem Einsatz nicht los, liegt
nachts wach, schreckt auf, wenn draußen eine Autotür
zuknallt, und war fast dabei, sich aus dem Leben zu ver-
abschieden.

Wir haben die Soldaten in den Einsatz geschickt. Wir
müssen ihnen auch die Rückkehr garantieren. Damit
meine ich: teilnehmen am Leben, die Kinder zur Schule
bringen, dem Partner zur Seite stehen können und den
Alltag meistern. Das gilt auch für ihre Familien; denn in
gewisser Weise ziehen sie selbst mit in den Einsatz.
Auch sie müssen mit ihren Sorgen kämpfen.

Was sie allerdings sehr beruhigt – das als ein Beispiel –,
ist das Krankenhaus in Masar-i-Scharif – ich war dort –,
welches mit modernster Technik und großem Know-how
ausgestattet ist und um das uns andere Nationen benei-
den. Es gibt Sicherheit, ein Höchstmaß an Qualität und
schnellstmögliche Hilfe.

Das Berliner Psychotrauma-Zentrum im Bundes-
wehrkrankenhaus stellt sich den enormen Herausforde-
rungen, etwa bei der lückenlosen Erfassung und Behand-
lung von PTBS-Patienten, aber auch bei der Vernetzung
von nationalem und internationalem Fachwissen. Dort,
wo wir Expertise haben, muss man das Rad nicht neu er-
finden. Es hilft bei der Schulung des Personals von Fa-
milienbetreuungszentren zur Betreuung der Patienten
oder Soldaten und deren ebenfalls belasteten Familien.
Es steht für stärkere Vernetzung regionaler Betreuungs-
einrichtungen und Selbsthilfegruppen. Es geht auch um
die Organisation einer professionellen Begleitung bei
Versorgungsansprüchen.

Das ist ein Fortschritt, aber auch eine große und
schnell zu leistende Aufgabe. In diesem Fall heißt es
nämlich nicht „Zeit ist Geld“, sondern „Zeit ist Leben“.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dies, liebe Kolleginnen und Kollegen, darf aber nicht
nur für die aktiven Soldaten gelten, sondern auch für die
betroffenen Militärpfarrer und die Reservisten. Das ist
eine Frage der Gerechtigkeit und des politischen An-
stands.

Es ist kein Geheimnis, dass wir im Sanitätsdienst ei-
nen akuten Personalmangel haben. Es fehlen Pfleger
und Ärzte. So hat die Bundeswehr beispielsweise nur 23
Psychiater bei doppelt so vielen Planstellen.


(Zuruf von der SPD: Hört! Hört!)


Es ist nicht leicht, Fachleute zu finden. Sie sind Mangel-
ware. Vorerst können nur Psychologen diese Lücke
schließen, und eine Dauerlösung ist das nicht. Es fehlen

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(C (D uch Ärzte, die bereit sind, in den Auslandseinsatz zu ehen. Es stellt sich die Frage: Wie kann man das lösen? Erstens vielleicht mit Planungssicherheit. Auch ein undeswehrarzt will wissen, wo er die nächsten fünf ahre arbeiten und mit seiner Familie leben wird. Das ostet nichts. Zweitens vielleicht mit Bemühen um Konkurrenzfäigkeit und Bürokratieabbau. Die Bundeswehr steht im ampf um Bewerber zivilen Kliniken gegenüber. Hier pielt Geld sicher eine Rolle, aber nicht nur. An der anemessenen Vergütung von Bereitschaftsdiensten und ufbereitschaften arbeitet der Minister bereits. Aber unlare Kompetenzen sind für Bewerber ein Ärgernis. Es auert oft drei bis vier Monate, mitunter sogar ein halbes ahr, bis ein Arzt eingestellt wird. Ich frage Sie: Wer hat o viel Geduld? Dies zu ändern, kostet nichts. Drittens vielleicht durch höhere Anerkennung des Beufsbildes. Wir müssen den Ärzten die Angst vor dem insatz nehmen. Schon in der Ausbildung muss eine insatzrealität präsent sein. Dieser Job ist eben anders ls der der Kollegen im Kreiskrankenhaus nebenan. Sie erden vielleicht selbst in Gefahr sein, sie werden Leen retten müssen, im Gefecht. Es wäre, meine Damen und Herren, sehr viel einfaher, wenn manch einer hier in sich kehren würde und oldaten, ob Feldjägern oder Medizinern, den gleichen espekt entgegenbringen würde wie dem Feuerwehrann, dem Polizisten und den Einsatzkräften des THW n der Heimat; denn sie alle riskieren ihr Leben für uns. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


In der Attraktivitätsagenda 2011 des Bundeswehr-
erbandes gibt es einige Vorschläge, die wir umsetzen
önnten und auch sollten, zum Beispiel bei Vereinbar-
eit von Beruf und Familie, bei der Regelung der Ein-
atzdauer und beim Laufbahnrecht. Ich denke, Herr
inister, Sie selbst werden einige weitere Vorschläge

erücksichtigen wollen.

Dass es eine attraktivere Bundeswehr nicht zum Null-
arif geben kann, ist klar. Aber manches kostet eben den

ut, den Fehler im System, von dem so viele reden,
icht nur erkennen zu wollen, sondern ihn einfach abzu-
tellen. Erst dann werden wir behaupten können, alles
ür das körperliche und auch für das seelische Wohl un-
erer Soldaten und ihrer Familien getan zu haben. Das ist
nsere moralische Pflicht.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705815100

Frau Kollegin Strenz, dies war Ihre erste Rede im

eutschen Bundestag. Unsere herzliche Gratulation und
lle guten Wünsche für die weitere Zusammenarbeit!


(Beifall)






Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse


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)(B)

Das Wort hat nun Klaus-Peter Willsch für die CDU/
CSU-Fraktion.


Klaus-Peter Willsch (CDU):
Rede ID: ID1705815200

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Ich bin der Kollegin Strenz dankbar für den Bei-
trag, den sie geleistet hat, weil sie eine sehr menschliche
Seite der Bundeswehr aufgezeigt hat. Diese Seite ma-
chen wir uns nicht immer bewusst, wenn wir über Ein-
sätze reden, die Soldaten in Einsätze fern der Heimat
schicken, in diese ständige Bedrohung mit Gefahr für
Leib und Leben. Auch die Tatsache, dass, wenn der Ein-
satz vorbei ist, nicht alles andere auch vorbei ist, sondern
manche Erlebnisse in den Menschen weiterarbeiten,
müssen wir uns immer vor Augen halten, wenn wir hier
über die Bundeswehr reden.

Der Verteidigungsminister hat gesagt: Strukturen und
Prozesse sollen konsequent an den Erfordernissen des
Einsatzes ausgerichtet werden. Ich glaube schon, Kol-
lege Nouripour, dass diese Abfolge – Sie haben sie ange-
sprochen; das ist das Henne-Ei-Problem – das richtige
Herangehen ist. Während meiner Zeit bei der Bundes-
wehr in der zweiten Hälfte der 80er-Jahre


(Markus Grübel [CDU/CSU]: So jung ist der!)


war die Lage natürlich völlig anders: Die Landesvertei-
digung stand im Vordergrund. Warschauer Pakt und
NATO standen sich waffenstarrend in der Mitte unseres
Vaterlandes gegenüber. Wir mussten stark genug und so
disloziert sein, dass der Gegner, bei dem eine aggressive
Ideologie vorherrschte, abgeschreckt wurde, sich nicht
traute, Einschüchterungsversuche zu unternehmen oder
uns gar militärisch anzugreifen.

Vor 20 Jahren ist im Zuge der deutschen Einheit die
Integration der unbelasteten Teile der Nationalen Volks-
armee hervorragend gelungen. Seitdem ist Schritt für
Schritt der Übergang zu einer Armee im Einsatz erfolgt.
Es ist sicherlich richtig, dass wir uns, ausgehend von der
Frage, was die Bundeswehr leisten soll, zunächst mit
dem Umfang der Streitkräfte beschäftigen. Genau das
hat der Verteidigungsminister mit seinen Überlegungen,
die auf den Arbeiten des Generalinspekteurs fußen und
für die ich ihm auch noch einmal ganz herzlich danken
möchte, getan. In diesen Überlegungen ist die Ausset-
zung der Wehrpflicht enthalten.

Ich finde es ein bisschen unfair, Herr Kollege
Nouripour, dass Sie uns dafür loben, dass wir uns diesem
Thema nähern,


(Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es ist immer unfair, Sie zu loben! – Lachen bei der CDU/CSU)


und dass Sie zugleich unterstellen, hier würde Verteidi-
gungspolitik nach Parteitagsterminen gemacht. Natür-
lich gibt es hier demokratische Entscheidungserforder-
nisse, die Sie als ausgewiesene Basisdemokraten ohne
Mühe nachvollziehen können müssten. Das behindert in
diesem Jahr unsere Haushaltsberatungen ein wenig, da
wir letzte Gewissheit erst nach Beschlüssen von demo-
kratisch legitimierten Delegiertenversammlungen wie

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(C (D arteitagen bekommen. Aber dieses Vorgehen in eine olche Kiste zu packen, wie Sie es getan haben, finde ich in bisschen unfair. Herr Arnold, Sie beklagen, dass es Auswahlmöglicheiten gibt. Ich finde es intellektuell redlich, dass man icht davon spricht, es gebe keine Alternativen, sondern ass man verschiedene Möglichkeiten präsentiert, wie an vorgehen kann. Der Minister bleibt nichts schuldig, enn es um die Frage geht, welche Variante er für die eeignete und richtige hält. (Bernhard Brinkmann [Hildesheim] [SPD]: Es bleibt nur eine übrig! Das ist das Problem!)


s ist gegenüber dem Parlament ein völlig fairer Ansatz,
enn man verschiedene Möglichkeiten durchrechnet
nd eine bestimmte Variante hervorhebt.

Es wird noch im Herbst die Beschlüsse von Parteita-
en und die Ergebnisse der Weise-Kommission geben.
ann sind wir mit der Festlegung des Umfangs der
treitkräfte durch. Danach schließt sich natürlich die
rage an, wie es um die Standorte steht. Die klare An-
age ist: Nicht vor Mitte des nächsten Jahres werden wir
arüber Aufschluss in Form von Vorschlägen des Minis-
ers bekommen.

Die Festlegung von Ausrüstung und Ausstattung ist
er nächste Schritt, der folgen muss. Die Frage nach dem
level of ambition“, also danach – ich will hier im Parla-
ent deutsch reden –, was die Bundeswehr leisten soll,

at erheblichen Einfluss auf Ausrüstung, Ausbildung
nd Gerät. Dieser Punkt beschäftigt den Haushaltsaus-
chuss natürlich ganz besonders.

Ich habe in diesem Jahr zur Entscheidungsvorberei-
ung mehrere Wehrübungen gemacht und mehrmals die
ruppe besucht. Ich will ausdrücklich sagen, dass der
insatz der Reservisten an den Heimatstandorten, von
enen aus Kontingente in den Einsatz gehen, sehr wich-
ig ist. Permanent sind ungefähr 500 Reservisten im
uslandseinsatz. Diese Tatsache können wir nicht hoch
enug würdigen. Auch in Zukunft soll ein sinnvoller
insatz der Reservisten möglich sein.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Beschaffungsvorhaben haben uns in den letzten Jah-
en im Haushaltsausschuss schon häufig beschäftigt. Die
orwürfe lauteten: zu teuer, zu spät und nicht alle Eigen-
chaften abdeckend, die gefordert sind. Solche Vorhaben
erden wir uns eines nach dem anderen anschauen müs-

en. Aber ich will dazu noch eines sagen: Als wir in
weiter und dritter Lesung den Haushalt 2010 behandelt
aben, habe ich gesagt, dass wir den Einzelplan 14 auf-
rund seiner Enge, mit der er gestrickt ist, nicht mehr da-
ür nutzen dürfen, um Strukturpolitik oder Sektorpolitik
u betreiben. Wir sehen, dass wir im Bereich der Rüs-
ungsindustrie hervorragende Güter produzieren, mit de-
en wir technologisch an der Spitze liegen. Die Bundes-
egierung soll helfen – die entsprechende Aufforderung
st aus meiner Sicht richtig –, den Markt zu erweitern,
m die Exportmöglichkeiten auszubauen. Die Bundes-
egierung kann für unsere Industrie in diesem Bereich
üren öffnen und ihr beim Exportgeschäft helfen. So





Klaus-Peter Willsch


(A) )


)(B)

können wir die Technologieführerschaft in diesen Berei-
chen erhalten oder vielleicht sogar noch ausbauen.

Die Probleme bei der Budgetplanung will ich aus-
drücklich belegen. Ich habe schon etwas zu den Abläu-
fen gesagt, bei denen sich natürlich Veränderungen erge-
ben können. Ich erlebe auch, dass aus dem
parlamentarischen Raum verschiedene Zahlen genannt
werden, die von dem abweichen, was der Minister als
seine Empfehlung vorlegt.

Ich bin weit davon entfernt zu sagen, wir machen Si-
cherheitspolitik nach Kassenlage. Man muss aber zur
Kenntnis nehmen, dass Haushalte, über die man spricht,
und Zahlen, die man aufschreibt, auf irgendeiner Grund-
lage basieren.


(Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haushalt ist immer nach Kassenlage!)


Jeder muss wissen, dass das, was an Zahlengerüst
vorliegt, auf Zahlen vom Jahresbeginn basiert, das heißt
auf 156 000 plus 7 500, also 163 500 Soldaten, und dass
für Attraktivierungsprogramme, die wir uns im Einzel-
nen noch gar nicht ausgedacht haben, nur eine Grund-
ausstattung vorgesehen ist. Jeder, der mehr will, also
nicht Verteidigungspolitik nach Kassenlage machen will,
muss bereit sein, mehr Geld zur Verfügung zu stellen.
Allein mit der ausgebrachten globalen Minderausgabe in
der Größenordnung von 838 Millionen Euro liegt noch
ein sehr schwerer Weg vor uns, den wir in den Detailbe-
ratungen im Haushaltsausschuss bewältigen müssen.

Herr Präsident, ich sehe, meine Redezeit ist abgelau-
fen; daher komme ich zum Schluss. Ich bin – wie der
Kollege Koppelin – der Meinung, dass wir uns das
Thema BImA noch einmal ganz genau daraufhin anse-
hen müssen, ob das, was durch das BImA-Errichtungs-
gesetz auf den Weg gebracht worden ist, wirklich schon
Veranschlagungsreife hat. Vielleicht kann das ein wichti-
ger Ansatz für die Auskleidung der globalen Minderaus-
gabe sein.

Zum Schluss will ich der Hoffnung Ausdruck geben,
dass Martin Walser recht hat. Wir sind auf einem Weg,
bei dem wir noch nicht wissen, wie alles genau werden
wird. Aber ich glaube, dass wir uns in die richtige Rich-
tung bewegen und dass wir damit den Erfordernissen der
Truppe im Einsatz gerecht werden können. Martin Wal-
ser sagt: Den Gehenden schiebt sich der Weg unter die
Füße. – Wir wollen hart daran arbeiten, dass das so ge-
schieht.

Vielen Dank, meine Damen und Herren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705815300

Weitere Wortmeldungen zu diesem Einzelplan liegen

nicht vor.
Wir kommen damit zum letzten Tagesordnungspunkt

für heute, dem Geschäftsbereich des Bundesministe-
riums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent-
wicklung, Einzelplan 23.

Ich erteile dem Bundesminister Dirk Niebel das Wort.


(Beifall bei der FDP)


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(C (D Dirk Niebel, Bundesminister für wirtschaftliche Zuammenarbeit und Entwicklung: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und erren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir debattie en heute über einen Rekordhaushalt im Bereich der irtschaftlichen Zusammenarbeit und Entwicklung, eien Haushalt, der, obwohl die Schuldenbremse schon ilt, als einziger neben dem Bildungshaushalt nicht nur icht gekürzt wird, sondern einen – wenn auch kleinen – ufwuchs hat. Allein die Tatsache, dass hier nicht geürzt wird, ist schon ein Bekenntnis. Ich weiß, dass in der folgenden Debatte von anderen estimmt gleich wieder der Ruf nach noch mehr Geld ommen wird; denn das ist in jeder Haushaltsdebatte zu iesem Etat so. Für alle diejenigen, die das fordern, öchte ich das Forschungsinstitut für soziale Entwick ung der Vereinten Nationen zitieren, das da schreibt: Die bisherige Armutsbekämpfung geht von falschen Annahmen aus. Sie hat sich jahrzehntelang auf die Dinge konzentriert, die fehlen, wie Unterkunft, Lebensmittel und Gesundheitsvorsorge. Es geht aber darum, die Ursachen, warum sie fehlen, anzugehen. Genau das werden wir auch in diesem Haushalt noch inmal beschreiben. Es geht uns darum, die Wirksameit der Entwicklungszusammenarbeit so zu erhöhen, ass wir die Ursachen der Probleme in unseren Partnerändern beheben helfen können, damit unsere Partneränder im Idealfall irgendwann einmal auch ohne unsere ilfe ihre Geschicke selbst lenken können. Wir sprechen über den Haushalt 2011. Im Jahr 2011 ird das BMZ 50 Jahre alt. Der erste Bundesentwick ungsminister war Walter Scheel. Im Jubiläumsjahr ist it mir als Amtschef die Federführung für dieses Res ort wieder bei den Liberalen gelandet. Wir müssen die rage beantworten: Was war eigentlich dazwischen? as war eigentlich in den Jahren nach Walter Scheels mtszeit und vor Beginn meiner Amtszeit? Da müssen ir zur Kenntnis nehmen, dass es Länder auf dieser Welt ibt, die seit 40 Jahren Entwicklungshilfe bekommen nd immer noch auf Platz 155 der Liste der ärmsten änder der Welt stehen, dass es manche Donor-Darlings ibt, die sage und schreibe 60 Prozent ihres gesamten taatshaushalts durch Geber der internationalen Geberemeinschaft finanzieren. Das zu hinterfragen, ist eine zwingende Voraussetung, um gerade in schwierigen finanziellen Situationen ei den Bürgerinnen und Bürger in Deutschland die Leitimität dieses Etats immer wieder zu erwerben. Wir rauchen die Legitimität durch eine höhere Wirksamkeit nserer Entwicklungszusammenarbeit. Sonst wollen die ürgerinnen und Bürger als Steuerzahler womöglich irendwann einmal das Geld nicht mehr für diese wichtige ufgabe zur Verfügung stellen. Ich glaube, das wäre ein normer Fehler. Wirtschaftliche Zusammenarbeit ist icht nur aus unseren Werten heraus zwingend notwenig, sondern auch aus unseren eigenen Interessen heraus. eides müssen wir miteinander verbinden. Bundesminister Dirk Niebel )


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)





(A) )


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Ich bin nach wie vor der Überzeugung: Nicht die
Summe des ausgegebenen Geldes ist das Entscheidende,
sondern die Wirkung, die man damit erzielen kann. Die
ODA-Quote ist zur heiligen Kuh geworden. Bevor der
Saal auf der linken Seite beginnt, sich zu empören,
möchte ich Sie darauf hinweisen, dass ich damit nur
Willy Brandt zitiert habe, den großen Nord-Süd-Politi-
ker, SPD-Bundeskanzler und Nobelpreisträger: Wenn es
nach ihm ginge, sollte man von „heiligen Kühen“ und
„willkürlichen Messlatten“ ablassen. Hier stehe ich zu
Brandt.

Ich stehe aber auch zu unseren internationalen Ver-
pflichtungen und stelle zugleich selbstbewusst fest, dass
sich die Bundesrepublik Deutschland als drittgrößter Ge-
ber in der Entwicklungszusammenarbeit weltweit nicht
verstecken muss. Wir haben uns nicht vorzuwerfen, dass
wir uns zu wenig um die Partnergesellschaften in der
Welt kümmern würden. Weil das so ist, werden Sie bei
Betrachtung dieses Haushalts, der – wenn es der Haus-
haltsgesetzgeber mitträgt – einen kleinen Aufwuchs ha-
ben wird, feststellen, dass das, was wir im letzten Jahr
geschafft haben – eine deutliche Erhöhung der Mittel für
die Zusammenarbeit mit Zivilgesellschaft und Wirt-
schaft um 51 Millionen Euro –, hier fortgeschrieben
wird. Wir wollen weiterhin die Zivilgesellschaft stärken,
bei uns, vor allem aber in den Partnerländern; denn dann
werden die Zivilgesellschaften dort zu Kontrolleuren der
Partnerregierungen.

Wir stärken weiterhin die Zusammenarbeit mit der
deutschen Wirtschaft, weil wir der festen Überzeugung
sind – so steht es auch im Entwurf des Abschlussdoku-
ments des MDG-Gipfels in New York –, dass inklusives
Wirtschaftswachstum in unseren Partnerländern – eigene
Wertschöpfungsketten, die mit eigenen Arbeitsplätzen
und eigenen Einkünften zur Armutsbekämpfung beitra-
gen – der beste Weg ist, um hier zum Ziel zu kommen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Wir haben uns vorgenommen, die Arbeitsteilung zu
verbessern, die Kohärenz zu erhöhen. Das geht sogar so
weit, dass zum ersten Mal in der Geschichte des Ministe-
riums eine deutsche Landwirtschaftsministerin den Ent-
wicklungsminister besucht hat und wir beide gemeinsam
gewaltfrei eine Erklärung abgegeben haben, dass wir uns
für das Auslaufen der EU-Agrarexportsubventionen ein-
setzen, etwas, das Rot-Grün und Schwarz-Rot in der
Vergangenheit nicht geschafft haben.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Burkhard Lischka [SPD]: Das ist schon eine Leistung bei dieser Koalition!)


Wir haben in Deutschland mit unseren Hausaufgaben
begonnen; denn wenn wir von unseren Partnern mehr
Wirksamkeit verlangen, dann müssen wir das auch von
uns selbst verlangen. Deswegen reformieren wir die Ent-
wicklungsorganisationen im staatlichen Bereich der
technischen Durchführung; hier sind wir auf einem gu-
ten Weg. Wir werden Doppelstrukturen abbauen und die
Fähigkeit des Ministeriums zur politischen Steuerung
zurückgewinnen, damit sich die Durchführungsorganisa-

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(C (D ionen um das kümmern können, wofür ihr Name steht: aßnahmen durchzuführen, die im Ministerium poli isch beschlossen worden sind. Wir fördern, wo immer das möglich ist, Multi-Purose-Projekte. Das sind Projekte, bei denen man mit em gleichen Euro mehrere Ziele erreicht. Die deutsche ntwicklungszusammenarbeit fördert den Bau des ersten nd einzigen Zementwerks in Namibia. Es handelt sich m die Direktinvestition eines deutschen Familienunterehmens, die nur mit Krediten unterstützt wird. Dieses rojekt führt dazu, dass Namibia vom Zementimporteur um -exporteur wird. Darum herum passieren viele anere gute Dinge, die in der Region eine wirkliche Enticklungsdynamik auslösen. Wir werden noch in diesem Monat ein Folgeprojekt uf den Weg bringen, das dieses Projekt im biologischen ereich zusätzlich aufwertet: ein Debushing-Projekt, bei em eine Buschart, die dort ausgewildert ist, aber dort iologisch nicht hingehört, genutzt wird, um das Zeentwerk zu befeuern. Wir werden dafür sorgen, dass iese Büsche mit einem Mähdrescher abgeerntet, gechreddert und verfeuert werden. Wir werden mit einem uro, den wir dafür ausgeben – es geht um Kredite in öhe von insgesamt nur 12,3 Millionen Euro, also um leines Geld –, sechs Ziele erreichen: Wir werden Subahara-Afrika stärken, nachhaltiges Wirtschaftswachsum schaffen, die ländliche Entwicklung fördern, die iodiversität schützen, die Armut bekämpfen und die O2-Emissionen dramatisch – um 130 Tonnen pro Jahr – enken. Wenn man solche Multi-Purpose-Projekte in der Zuunft intensiver pflegt, werden wir mit dem gleichen uro bei höherer Wirksamkeit viel mehr für unsere Parter erreichen können, als es in der Vergangenheit der all war. Dieser Haushalt ist ein guter Einstieg, dass wir s schaffen werden. Vielen Dank. Das Wort hat nun Bärbel Kofler für die SPD-Fraktion. Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen nd Kollegen! Herr Minister, das war eine sportliche und pannende Rede. Ich finde es interessant, dass Sie in Iher Rede die Frage der Kohärenz der Politik angesprohen haben: Wie ist das zwischen den Ministerien abgetimmt? Ich habe mir heute die Mühe gemacht, die Debatte ber die verschiedenen Einzelpläne, die die internationaen Beziehungen betreffen, zu verfolgen. Eines hat sich urch alle Debatten durchgezogen: In allen Einzelpläen, die mit der internationalen Zusammenarbeit zu tun aben, versagt diese Regierung. Sie hält ihre internatioalen Zusagen nicht ein. Dr. Bärbel Kofler )


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705815400
Dr. Bärbel Kofler (SPD):
Rede ID: ID1705815500




(A) )

(Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN]: Das ist auch kohärentes Handeln!)

– Das ist auch kohärentes Handeln, sehr richtig.

Schauen wir uns den vorliegenden Haushalt, den Sie
als Rekordhaushalt bezeichnen, näher an. An den vorge-
sehenen 6,1 Milliarden Euro sieht man, dass es sich um
einen stagnierenden Haushalt handelt. Im Vergleich zum
letzten Haushalt sieht man, dass sich nichts geändert hat.
Sie haben außerdem vergessen, ein paar Punkte anzufü-
gen, nämlich Ihre mittelfristige Finanzplanung, die
mittlerweile netterweise vorliegt. Wenn man sich die nä-
her betrachtet, stellt man fest, dass der Etat sinkt. Es ist
vorgesehen, die Ausgaben bis zum Jahr 2014 auf
5,6 Milliarden Euro zu senken. Ich hoffe, dass Sie 2014
nicht mehr an der Regierung sind. Mit dem, was Sie
durch Ihr Tun vorprogrammieren, hinterlassen Sie denje-
nigen, die nach Ihnen vernünftige Entwicklungszusam-
menarbeit gestalten wollen, eine schwere Hypothek.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Herr Minister, ich hätte eigentlich erwartet, dass Sie
uns anhand der mittelfristigen Finanzplanung begrün-
den, wie Sie Ihre internationalen Zusagen erfüllen
wollen. Sie haben eben gesagt, Sie werden es tun, aber
ich frage Sie: Wie erfüllen Sie die ODA-Quote? Wie er-
füllen Sie die internationalen Zusagen mit dieser von Ih-
nen und Ihrem Haus vorgelegten mittelfristigen Finanz-
planung? Das möchte ich von Ihnen, aber auch von der
Kanzlerin wissen, weil sie offensichtlich, im Gegensatz
zu dem, was Herr Niebel vorgetragen hat, auf zahlrei-
chen internationalen Konferenzen Mittel zugesagt hat,
die sich im vorliegenden Haushalt nicht widerfinden.


(Zuruf von der SPD: So ist es!)


Ich kritisiere die Kanzlerin nicht dafür, dass sie diese
Mittel zugesagt hat. Wir als Sozialdemokraten halten die
Bereitstellung von Mitteln für die Ernährungssicherheit,
die HIV-Bekämpfung, für Bildung, Müttergesundheit
und die Bekämpfung der Kindersterblichkeit für wich-
tige und richtige Zusagen der Kanzlerin. Nur: Wo finden
sie sich in diesem Haushalt wieder? Nirgends! Sie stra-
fen mit diesem Haushaltsentwurf die Kanzlerin Lügen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich kann das anhand zahlreicher Beispiele belegen.
Rechnen wir einmal zusammen und fangen mit dem Bei-
spiel Heiligendamm an. Damals hat sich die Kanzlerin
als „Afrika-Kanzlerin“ feiern lassen. Bis 2011 wurden
Mittel in Höhe von 3 Milliarden Euro zugesagt. Wo fin-
det man in diesem Haushalt die Mittel für Afrika? Sie
haben selber gesagt, dass man Subsahara-Afrika mit
demselben Euro stärken muss. Ich habe meine Zweifel
an demselben Euro; denn wenn man die Planung für
Subsahara-Afrika und auch für Afrika insgesamt für das
nächste Jahr betrachtet – dies kann man an den Ver-
pflichtungsermächtigungen ablesen –, stellt man ein Mi-
nus von 42 Prozent fest. Das ist nicht derselbe Euro, den
Sie eben noch angekündigt haben.

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(C (D (Beifall bei der SPD – Ute Koczy [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: HIV!)


Zur HIV-Bekämpfung. In Heiligendamm wurden
Milliarden Euro für den Zeitraum von 2008 bis 2015

ugesagt. Das sind in jedem Jahr Pi mal Daumen
00 Millionen Euro. Heute lese ich in der Presse zum
hema Globaler Fonds:

Bislang konnte die Bundesregierung lediglich für
das Haushaltsjahr 2011 ihre Unterstützung zusagen.
Darüber hinaus ist Deutschlands Beitrag unsicher.

er zuständige Beauftragte des Globalen Fonds, Herr
enn, fordert die Bundesregierung auf, ihre Position zu
berprüfen und auch im nächsten Haushalt die Mittel für
en Globalen Fonds einzustellen. Ich kann mich dieser
orderung nur anschließen.


(Beifall bei der SPD)


enn es darum geht, Effektivität in der Entwicklungszu-
ammenarbeit einzufordern, dann wäre das ein Beispiel
ür effektive Entwicklungszusammenarbeit. Ich nenne
inige Schlagworte: 2,5 Millionen Menschen haben Un-
erstützung bei der HIV-Behandlung erhalten, präventiv
urden 104 Millionen Moskitonetze verteilt, seit 2002
urden Hunderttausende von Menschen als Gesund-
eitsfachkräfte aus- und weitergebildet, es gab Aufklä-
ungskampagnen in Schulen zum Thema Malaria, es
urden Mittel für Malariaschnelltests zur Verfügung ge-

tellt usw. Das ist effektive Entwicklungszusammenar-
eit, die Sie, Herr Minister, stoppen wollen. Damit füh-
en Sie die Zusagen der Kanzlerin ad absurdum.


(Beifall bei der SPD)


Lassen Sie mich weitere Beispiele nennen: L’Aquila,
rnährungssicherheit. Sie selbst haben auf eine Kleine
nfrage, die wir als SPD-Fraktion gestellt haben, geant-
ortet: Sie werden in den Haushalten für die Jahre 2010
is 2012 3 Milliarden US-Dollar einstellen. Wo finden
ich die in Ihrem Haushalt?

Zu Kopenhagen kann ich nur sagen: alter Wein in
euen Schläuchen. Das ist das einzige, was Sie hier ver-
aufen. Die Kanzlerin hat 1,26 Milliarden Euro zuge-
agt, 420 Millionen Euro neues Geld pro Haushaltsjahr.
etzt findet man im Bereich Biodiversität Mittel, die zu
echt ausgegeben werden, die aber bereits 2008 auf ei-
er anderen Konferenz zugesagt wurden.


(Zuruf von der SPD: Die sollen bloß wegbleiben in Cancún!)


an findet auch zinsverbilligte Darlehen, obwohl es um
usätzliche, frische Mittel, um zusätzliche Kredite ging.
lter Wein in neuen Schläuchen. Internationale Zusagen
erden nicht eingehalten. Auch dies ist ein Beispiel für
as Versagen der Kanzlerin und Ihres Hauses.


(Beifall bei der SPD)


Weiteres Beispiel: Mütter- und Kindersterblich-
eit. Das ist ein MDG-Ziel, bei dem wir alle in diesem
aus uns einig sind, dass auf diesem Gebiet wesentlich
ehr getan werden muss. Ich erinnere Sie: Eine halbe
illion Frauen stirbt jährlich aufgrund von Komplika-





Dr. Bärbel Kofler


(A) )


)(B)

tionen während der Schwangerschaft, bei der Entbin-
dung oder kurz nach der Geburt. 9 Millionen Kinder
sterben jährlich an behandelbaren Krankheiten. Wir alle
sind uns einig, dass wir mehr tun müssen, auch mehr
Mittel zur Verfügung stellen müssen; denn ohne einen fi-
nanziellen Einsatz kommt man hier nicht voran.

Die Kanzlerin hat 400 Millionen Euro zugesagt. Das
ist richtig. Nur, wo findet man das im Haushalt? Für die
Haushalte 2011 bis 2015 müssten das 80 Millionen Euro
pro Jahr sein. Wo ist das Geld dafür in diesem Haushalt
zu finden? Nirgends.


(Beifall bei der SPD – Karin Roth [Esslingen] [SPD]: Richtig! Nirgends!)


Auch wenn ich Unterlagen aus Ihrem Haus immer so
spät bekomme, dass es schwerfällt, sie in Debattenbei-
träge einzubauen, habe ich mir die Mühe gemacht, mir
die Erläuterungen anzusehen. Ich zitiere aus dem, was
Sie hier eingestellt haben. Bei der Finanziellen Zusam-
menarbeit gibt es einen kleinen Bereich, bei dem es eine
Erhöhung um 100 Millionen Euro gibt. Es ist völlig
okay, dass man hier erhöht; ich möchte nicht missver-
standen werden. Aber was steht hier? Der angehobene
Ausgabenansatz wird benötigt, um die inhaltlichen
Schwerpunkte in internationalen Verpflichtungen der
Bundesregierung in den Bereichen Klima- und Umwelt-
schutz einschließlich Biodiversität, Grundbildung, Ge-
sundheit, inklusive HIV-/Aidsbekämpfung, Mütter- und
Kindergesundheit umzusetzen. Regionaler Schwerpunkt
der FZ soll weiterhin Afrika sein. – Das wollen Sie mit
einer Erhöhung um 100 Millionen Euro machen? Ich
habe gerade vorgetragen, was auf internationaler Ebene
alles zugesagt wurde. Wie soll das gehen, vor allem,
wenn Sie im nächsten Jahr die Planungen für die Ver-
pflichtungsermächtigungen für das nächste Jahr schon
wieder um 330 Millionen Euro zurückfahren? Das, was
Sie hier tun, ist Mumpitz.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Was ist Mumpitz? Erläutern Sie das doch einmal!)


Das und die Tatsache, dass internationale Zusagen
nicht eingehalten werden, gefährdet die Glaubwürdig-
keit Deutschlands. Das, was Sie betreiben – das haben
Sie auch in dieser Rede getan –, ist mehr als schäbig. Sie
stellen sich hier hin und tun so, als könnte man Wirk-
samkeit der EZ und finanzielle Ausgestaltung gegenein-
ander ausspielen.


(Beifall bei der SPD)


Sie benutzen diese Argumentation nicht, um eine wirk-
samere und effektivere EZ zu gestalten. Sie benutzen sie
nur, um Ihr Versagen hinsichtlich Ihrer finanziellen Ver-
pflichtungen und das finanzielle Desaster dieses Haus-
haltes schönreden zu können.


(Beifall bei der SPD – Harald Leibrecht [FDP]: Na, na!)


Die Arbeitsgruppe unserer Fraktion fordert Sie auf:
Korrigieren Sie den Haushaltsentwurf. Legen Sie einen
Entwurf vor, der den internationalen Zusagen, die die

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(C (D anzlerin gemacht hat, entspricht. Legen Sie einen Plan or, wie die finanziellen Zusagen Deutschlands erfüllt erden können. Zeigen Sie endlich Engagement für Ihr essort und damit bei der Bekämpfung von Armut welteit. Danke. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705815600

Das Wort hat nun Christian Ruck für die CDU/CSU-

raktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Christian Ruck (CSU):
Rede ID: ID1705815700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

reue mich immer, wenn ich nach der Kollegin Kofler
prechen kann;


(Dr. Bärbel Kofler [SPD]: Das weiß ich!)


enn dann können wir wieder über die Grundzüge der
ntwicklungspolitik und nicht nur über ein Feuerwerk
on Taschenspielertricks reden.


(Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hat der Minister getrickst, oder was wollen Sie damit sagen?)


Wir stehen in diesem Herbst vor drei wichtigen inter-
ationalen Konferenzen, die für die Zukunft von
ensch und Natur auf der ganzen Welt von großer Be-

eutung sind – sie sind auch für unseren Haushalt von
roßer Bedeutung; denn an dieser Herausforderung muss
r sich messen lassen –, dem Gipfel der Vereinten Natio-
en in New York zur Überprüfung der Millenniumsziele,
er Vertragsstaatenkonferenz zur Artenvielfalt in Na-
oya und der Vertragsstaatenkonferenz zum Schutz des
limas in Cancún. Auf diesen Konferenzen besprechen
ntwicklungs-, Schwellen- und Industrieländer, wie glo-
ale Missstände eingedämmt werden können – über die
ind wir uns ja einig –: über Armut und unzureichende
ildung, über eigentlich vermeidbare Krankheiten, über
nterversorgung mit Trinkwasser – dies alles sind The-
en, die in den Millenniumszielen behandelt werden –,

ber den kaum gebremsten Verlust von Artenvielfalt und
kosystemen und schließlich über den Klimawandel mit

einen desaströsen Folgen für Entwicklungs- und
chwellenländer.

Ich sage Ihnen und dir, Bärbel, noch einmal ganz klar:
eutschland hat in der Tat für alle Bereiche zu Recht
inanzzusagen ausgesprochen, und die wollen und wer-
en wir einhalten.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Dr. Bärbel Kofler [SPD]: Dann schreibt sie in den Haushalt! – Dr. Sascha Raabe [SPD]: Ihr wisst doch heute schon, dass das nicht geht! – Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Finanzplanung zeigt etwas ganz anderes!)


Jetzt seien Sie doch nicht so kleinmütig.





Dr. Christian Ruck


(A) )


)(B)


(Lachen bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Auch der Haushalt 2011 muss und wird dazu einen
gewichtigen Beitrag leisten.


(Dr. Bärbel Kofler [SPD]: Wo denn? Konkret: Wo?)


Wir werden die Zusagen einhalten. Ich werde Ihnen auch
sagen, wie wir das machen wollen. Trotz der einmaligen
Sparzwänge wächst, wie Minister Niebel schon ausge-
führt hat, der Einzelplan 23 erneut gegen den allgemei-
nen Trend. Dies unterstreicht die große Bedeutung, die
die Bundesregierung diesen globalen Zukunftsfragen
beimisst. Wir haben 2010 eine ODA-Quote von 0,4 Pro-
zent erreicht; das ist der höchste Wert seit 20 Jahren. Na-
türlich sind wir von der ODA-Quote in Höhe von
0,7 Prozent im Jahr 2015 noch ein gutes Stück entfernt.
Aber es ist auch nötig, dass wir dieses Ziel mit Realis-
mus angehen. Wir brauchen bis 2015 10 Milliarden Euro
an zusätzlichen ODA-Mitteln, um das gesteckte Ziel zu
erreichen. Dafür brauchen wir einen realistischen Ent-
wicklungspfad.


(Dr. Bärbel Kofler [SPD]: Wo ist der?)


Dieser realistische Entwicklungspfad, liebe Kolleginnen
und Kollegen von der Sozialdemokratie, liebe ehemali-
gen Koalitionäre, unterscheidet sich in nichts von dem,
was wir damals – das haben Sie offensichtlich
vergessen – zusammen ausgemacht haben.


(Zuruf von der FDP: Hört! Hört! – Widerspruch bei der SPD)


Es nützt niemandem, vor allem nicht den Entwick-
lungsländern und der Entwicklungszusammenarbeit,
wenn wir einen schwachen Euro haben


(Zurufe von der SPD: Oh, oh!)


und wenn die Kraft der europäischen Zusammenarbeit
aufgrund einer Destabilisierungspolitik absinkt. Deswe-
gen halte ich es für vollkommen richtig, wenn auch die
Entwicklungspolitik auf eine stabile Finanzgrundlage
gestellt wird.

Wenn du, Bärbel, von der mittelfristigen Finanzpla-
nung ausgehst,


(Dr. Bärbel Kofler [SPD]: Ja!)


dann schau dir einfach einmal die mittelfristige Finanz-
planung unter Steinbrück an. Wenn wir das alles hätten
einhalten müssen, dann wären wir damals auf keinen
grünen Zweig gekommen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Dr. Bärbel Kofler [SPD]: Da hatten wir eine Ministerin, die gegen den Finanzminister gekämpft hat! – Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hätte ja sein können, dass Sie ehrgeiziger sind!)


Deswegen lassen Sie uns doch darüber nachdenken,
wie wir über das normale Haushaltsverfahren hinaus in
der Lage sind, zum Beispiel durch innovative Finanzie-

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(C (D ungsinstrumente, die wir damals zusammen erkämpft aben, die ODA-Quote von 0,7 Prozent im Jahr 2015 och besser zu erreichen. Da möchte ich auf einen Punkt inweisen, der in der Diskussion über die Verlängerung er Laufzeiten von Kernkraftwerken untergegangen ist: ir können durch die Einnahmeseite der CO2-Emis ionszertifikate auch für den internationalen Bereich ein nergieprogramm erhalten. Im Koalitionsvertrag stanen noch 50 Prozent. Jetzt haben wir die Zusage erämpft, dass es ab 2013 100 Prozent sind. Das ist aus einer Sicht auch für die klimaund umweltpolitische inanzierung in der Entwicklungspolitik ein ganz großer urchbruch. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


as ist etwas, das auch Sie zur Kenntnis nehmen sollten.

Ich bin auch der Meinung, dass wir die sehr klugen
deen, die die KfW und GTZ hinsichtlich einer Mi-
chung von Zuschüssen mit Haushaltsmitteln entwickelt
aben, berücksichtigen sollten.


(Dr. Sascha Raabe [SPD]: Das sind Taschenspielertricks! Das muss ja zurückgezahlt werden!)


Nein, Sascha, auch das haben wir alles gemeinsam ent-
orfen; auch da hast du offensichtlich ein ziemlich

chwaches Gedächtnis. – Damit könnten wir eine ver-
ünftige zusätzliche Finanzierung vor allem auch für
limaschutzmaßnahmen erreichen. Das sollten wir zu-

ammen angehen.

Schließlich wollen wir versuchen – das war immer et-
as, was wir gemeinsam haben erzielen wollen; aber

uch dabei habt ihr euch komplett verabschiedet –, die
inanztransaktionsteuer doch noch in Europa oder im
ationalen Kontext auf die Beine zu stellen.


(Dr. Sascha Raabe [SPD]: Was sagt denn die Bundeskanzlerin dazu?)


uch dabei wollen wir einen Anteil für die Entwick-
ungspolitik haben.


(Dr. Sascha Raabe [SPD]: Herr Niebel ist doch gegen die Finanztransaktionsteuer!)


Bei all diesen Vorschlägen wäre es gut, wenn die Op-
osition in Anbetracht der zurückliegenden erfolgrei-
hen gemeinsamen entwicklungspolitischen Zusammen-
rbeit der Kanzlerin und Minister Niebel den Rücken
tärken würde,


(Dr. Bärbel Kofler [SPD]: Bei was denn?)


nstatt hier mit Schaum vor dem Mund immer wieder
ie gleichen Taschenspielertricks vorzuführen.


(Widerspruch bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705815800

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

ollegen Raabe?






(A) )


)(B)


Dr. Christian Ruck (CSU):
Rede ID: ID1705815900

Der Sascha Raabe hat immer Schaum vor dem Mund,

wenn es um den Haushalt geht.


Dr. Sascha Raabe (SPD):
Rede ID: ID1705816000

Herr Kollege Ruck, nur eine ganz kurze Zwischen-

frage. Sie sagten gerade, die SPD-Bundestagsfraktion
solle doch bitte der Kanzlerin und Minister Niebel den
Rücken stärken bei der Frage der Einführung einer Fi-
nanztransaktionsteuer, damit wir über die entsprechen-
den Mittel verfügen. Herr Kollege Dr. Ruck, ist Ihnen
bekannt, dass Herr Minister Niebel mehrmals öffentlich
und auch im Ausschuss gesagt hat, dass ihn nicht inte-
ressiert, was die Kanzlerin sagt, er sei gegen eine Fi-
nanztransaktionsteuer? Wie passt das Ihrer Meinung
nach zusammen?


(Zuruf von der SPD: Das ist Koalition!)



Dr. Christian Ruck (CSU):
Rede ID: ID1705816100

Erstens hat Herr Minister Niebel das in einem ande-

ren Zusammenhang und mit anderen Worten gesagt.
Zweitens sind wir uns inzwischen auch über dieses De-
tail der Entwicklungspolitik einig geworden und näher-
gekommen.


(Burkhard Lischka [SPD]: Er ist ja lernfähig!)


Ich kann nur sagen: Auch die Sozialdemokratie
könnte sich den Ideen der Union und der Kanzlerin an-
schließen. Da fällt Ihnen kein Zacken aus der Krone.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Ich möchte noch einmal auf den Vorwurf eingehen,
wir würden in puncto Biodiversität oder Klimaschutz
unser Wort nicht halten. Auch das ist falsch. Ich halte es
für eine gute Idee der neuen BMZ-Führung, die Bio-
diversitätsmittel in einer Sonderfazilität zusammenzu-
fassen, die allein im Jahr 2011 300 Millionen Euro um-
fasst. Können Sie sich noch erinnern, worum wir uns
damals bei der Vorgängerministerin bemüht haben? Das
war eine Steigerung von 20 Millionen Euro auf 170 Mil-
lionen Euro in drei Jahren. Ich finde, dabei haben wir ei-
nen gewaltigen Sprung nach vorne gemacht.

Wir werden auch die Verpflichtungen für Cancún er-
füllen. Auch diese Mittel sind in den Haushalt einge-
stellt. Sie müssen aber auch die bilateralen Beiträge zu-
sammenrechnen. Dabei lasse ich mich gern auf jede
Diskussion bei den parlamentarischen Beratungen ein.
Am Schluss wirst du sehen, dass wir auch die Ziele für
Cancún voll und ganz erfüllen werden.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705816200

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der

Kollegin Koczy von den Grünen?


Dr. Christian Ruck (CSU):
Rede ID: ID1705816300

Frau Koczy.

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(C (D Danke, Herr Kollege. – Ist Ihnen zum Thema Bio iversität bekannt, dass das Ministerium nicht mehr beeit ist, den Yasuní-Nationalpark im bisherigen Ausmaß u unterstützen, der unseres Wissens ein großer Schatz st? Hierbei handelt es sich um ein Regenwaldgebiet, um in ITT-Gebiet. Der gesamte Deutsche Bundestag hat em Staat Ecuador angeboten, eventuell Unterstützung u leisten. Wie stehen Sie dazu, die Frage der Biodiverität in diesem Fall nachrangig zu behandeln und dieses egenwaldgebiet nicht zu unterstützen? Das sind zwei Paar Stiefel, Frau Koczy. Erstens habe ch gerade ausgeführt, dass wir im Bereich der Biodiverität im Vergleich zu der jämmerlichen Performance uner rot-grüner Regierung einen Aufwuchs haben, den es och nie zuvor gegeben hat. Das bitte ich anzuerkennen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Ute Koczy (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705816400
Dr. Christian Ruck (CSU):
Rede ID: ID1705816500

Zweitens kennen Sie meine Meinung zum Yasuní-
ationalpark. Wir haben als Union den Antrag der Grü-
en grundsätzlich unterstützt. Das können Sie hier auch
uhig einmal ganz deutlich sagen. Das ist auch nicht all-
äglich. Es gab bei diesem Antrag und bei diesem Vor-
ang insgesamt Tausende von Schwierigkeiten und Pro-
lemen, die gelöst werden mussten. Wir haben ihn aber
mmer unterstützt. Deswegen habe ich überhaupt keine
robleme, zu sagen, dass wir auch weiterhin versuchen,
n diesem Projekt dranzubleiben. Wir müssen uns natür-
ich konkret fragen, aus welchem Topf bzw. aus welchen
uellen dieses Vorhaben finanziert werden kann. Aber

ch habe Ihnen ja schon bilateral zugesagt, dass wir über-
aupt keine Probleme haben, weiterhin gemeinsam zu
ersuchen, dieses Modellprojekt auf den Weg zu brin-
en.


(Ute Koczy [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Danke schön!)


Bitte schön. – Klar ist aber – jetzt sage ich es auch ein-
al öffentlich, Frau Koczy –: Das ist nicht meine Mei-

ung, sondern das war immer die Meinung unserer Ar-
eitsgruppe; das wissen Sie.

Für mich ist ganz wichtig, dass das hohe Niveau der
nterstützung für den NGO-Bereich, für die Kirchen
nd Stiftungen, in diesem Haushalt beibehalten wird.
uch hier, Herr Niebel, stärken wir dem Fonds den Rü-

ken. Für uns ist diese Zusammenarbeit gerade im Hin-
lick auf die Unterstützung der Zivilgesellschaft sehr
ichtig.

Ich bin der Meinung, dass die Unterstützung durch
ie Politik die Unabhängigkeit der NGOs nicht ein-
chränken darf. Ich bin aber auch der Meinung, dass jede
rganisation, die vom Staat Geld bekommt, auch aus

ntwicklungspolitischen Töpfen, zumindest zu einem
inimum an Koordination und Kooperation bereit sein
uss; das hat nicht nur mit Afghanistan zu tun, sondern

st eine allgemeine Anmerkung. Dies muss dazu führen,
ass wir unsere gemeinsamen Anstrengungen noch stär-
er bündeln können.





Dr. Christian Ruck


(A) )


)(B)

Herr Niebel, auch was die laufende Vorfeldreform an-
belangt, haben Sie uns an Ihrer Seite. Ich halte es für
wirklich wichtig, dass wir dieses Reformwerk, das wir
schon unter der Vorgängerregierung durchzusetzen ver-
sucht haben, jetzt zügig und erfolgreich abschließen. Das
ist für mich auch ein Quantensprung in Sachen Koordi-
nation und Effizienz. Auch über diese Aspekte müssen
wir natürlich, wie über die finanzielle Ausstattung, im-
mer diskutieren. Es geht nämlich auch darum: Wie be-
kommen wir mehr politische Effizienz in die Entwick-
lungszusammenarbeit?

Ich darf daran erinnern: Es ist ganz wichtig, auch in
New York auf die Tagesordnung zu setzen, dass es nicht
nur um Geld und Technik gehen darf. Wir müssen nicht
nur von uns selbst, sondern auch von den Entwicklungs-
ländern mehr politische Effizienz einfordern. Wir haben
den Entwicklungsländern damals versprochen, dass wir
unsere finanziellen Anstrengungen erhöhen, und die
Entwicklungsländer haben uns versprochen, dass sie für
Good Governance sorgen. Good Governance, gute Re-
gierungsführung, ist gerade in Afrika die Grundvoraus-
setzung dafür, dass wir mit unseren Finanzen überhaupt
etwas bewegen können.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705816600

Herr Kollege, Sie müssen bitte zum Ende kommen.


Dr. Christian Ruck (CSU):
Rede ID: ID1705816700

Jawohl.

So sehr ich dafür bin, dass wir in den parlamentari-
schen Beratungen noch einmal über die Verpflichtungs-
ermächtigungen für Afrika und andere Teile der Welt
diskutieren, so sehr mahne ich uns, von den Afrikanern
auch Konzeptionen einzufordern – Konzeptionen, die
nicht bei uns entstehen dürfen, sondern in Afrika entste-
hen müssen –, wie der Reichtum in Afrika besser ver-
waltet werden kann und wie zu verhindern ist, dass
Afrika aufgrund der Korruption untergeht. Außerdem
sollten wir über Sicherheit und Entwicklungspolitik
nachdenken.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705816800

Herr Kollege!


Dr. Christian Ruck (CSU):
Rede ID: ID1705816900

Wir sollten uns bei der Beratung des Einzelplans 23

nicht nur über die Finanzen streiten, sondern uns auch
überlegen, wie wir konzeptionell neue Wege gehen kön-
nen, damit wir mit dem Geld, das wir zur Verfügung ha-
ben, am Schluss den optimalen Erfolg erzielen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705817000

Das Wort hat Kollegin Heike Hänsel für die Fraktion

Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die undeskanzlerin hat in der gesamten heutigen Debatte einen einzigen Satz zur Entwicklungspolitik gesagt. einen einzigen Satz! Angesichts der großen Herausforerungen, dass fast 1 Milliarde Menschen hungert und ass aufgrund der Wirtschaftskrise noch mehr Menschen n Armut gefallen sind, zeigt dies die Prioritätensetzung ieser Regierung. Es zeigt auch, dass diese Bundesregieung nicht nur in Deutschland, sondern auch in der interationalen Politik ein Totalausfall ist. (Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Dr. Bärbel Kofler [SPD])

Heike Hänsel (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1705817100

Herr Niebel, Sie stellen sich hier ja gern nassforsch
in und erzählen viel. Aber Fakt ist, dass die Entwick-
ungspolitik auch mit Ihnen auf verlorenem Posten steht.
as sieht man ganz klar an diesem Haushalt. Sie haben

ben nicht für einen deutlicheren Aufwuchs gekämpft.
as wäre ja durchaus möglich gewesen. Sie hätten sich
ielleicht einmal mehr anstrengen müssen. Sie haben
icht dafür gekämpft, und mittlerweile fehlen mehr als
,5 Milliarden Euro, um die ODA-Quote mittelfristig zu
rreichen. Wir sind überhaupt nicht im Zeitplan, und das
iegt natürlich auch an Ihnen. Von daher wäre ich an Ih-
er Stelle einmal ein bisschen bescheidener in meinen
eden.


(Beifall bei der LINKEN)


Ganz zu schweigen ist an dieser Stelle von den sonsti-
en Versprechungen der Kanzlerin. Das wurde hier
uch schon erwähnt. Ich will gar nicht mehr ausführen,
uf wie vielen Regierungs- und Klimagipfeln Geld ver-
prochen wurde, das sich in diesem Haushalt für das
ächste Jahr nicht finden wird. Ich habe heute den gan-
en Tag in den Debatten etwas von einer verantwor-
ungsvollen Politik und davon gehört, dass Sie Ihre inter-
ationale Verantwortung tragen. Dazu kann ich nur
agen: Dieser Haushalt ist Ausdruck einer verantwor-
ungslosen Politik.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich bin einmal gespannt. In New York reisen Sie
ahrscheinlich mit einer großen Delegation an. Dort
ird dann viel über die Millenniumsziele geredet, aber
iese Politik haben die Leute satt. Heute und nicht erst
uf irgendwelchen Gipfeln hätte die Kanzlerin über die
illenniumsziele und über die Entwicklung reden müs-

en.


(Beifall bei der LINKEN)


Es gab in diesem Jahr die großen Katastrophen in
aiti und Pakistan, und es ist beschämend gewesen zu

ehen – das finde ich tragisch –, wie wenig Geld die
undesregierung zur Verfügung gestellt hat. Es war je-
es Mal weit unter dem, was die Bevölkerung gespendet
at. Wenn wir uns die entsprechende Position an-
chauen, dann sehen wir, dass auch diese Mittel weiter
ekürzt werden sollen. Obwohl wir wissen, dass es auf-
rund des Klimawandels mehr Naturkatastrophen geben
ird, will die Bundesregierung die Mittel für die Not-





Heike Hänsel


(A) )


)(B)

hilfe und für die Flüchtlingspolitik noch weiter kürzen.
Das ist ein Skandal.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Das betrifft auch die Anpassungsmaßnahmen auf-
grund des Klimawandels, die überhaupt nicht ausrei-
chend sind. Das betrifft leider auch – Frau Koczy hat es
angesprochen – gute, zukunftsweisende Projekte wie in
Ecuador. Herr Ruck, ich finde es ein Unding, dass
Deutschland jetzt nichts geben wird, nachdem so viele
Schwierigkeiten aus dem Weg geräumt wurden und sich
so viele Leute bemüht haben, dass endlich ein Fonds ent-
steht, in den von der internationalen Gemeinschaft Geld
für Ecuador eingezahlt werden soll, damit das Land auf
die Erdölförderung verzichten kann. Das ist ein Unding.
Für was machen wir die ganze Arbeit hier?


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705817200

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage der

Kollegin Schuster?


Heike Hänsel (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1705817300

Ich möchte jetzt keine zulassen; am Ende kann sie et-

was sagen. Ich möchte jetzt weiter ausführen. – Danke
schön.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705817400

Am Ende ist es ja keine Zwischenfrage mehr.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)



Heike Hänsel (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1705817500

Der Freiwilligendienst „weltwärts“ ist auch ein

wichtiges Zukunftsinstrument. Viele Organisationen
sind darauf angewiesen, und sie brauchen vor allem Pla-
nungssicherheit. Auch in meinem Wahlkreis gibt es etli-
che Jugendliche, die aufgrund dieses Dienstes jetzt ein
Jahr im Ausland verbringen können. Sie brauchen diese
Unterstützung, und sie brauchen das Geld und rechtzei-
tig eine Zusage, um planen zu können. So wie Sie damit
umgehen – es gibt keinen Aufwuchs, die Höhe der Mit-
tel stagniert also, und die Aussagen sind unsicher –, wer-
den viele kleinen Organisationen das nicht mehr machen
können.


(Holger Haibach [CDU/CSU]: 30 Millionen Euro!)


Auch das ist ein Unding. So können Sie damit nicht um-
gehen.

Herr Niebel, Sie sprechen von jungen Menschen, die
Sie unterstützen wollen, und haben eine Werbebroschüre
herausgebracht. Es freut Sie, wenn immer mehr Men-
schen das machen können; aber es gibt nicht genügend
Geld, um Planungssicherheit zu erreichen. Es zeugt für
mich von entwicklungspolitischer Dummheit, wenn man
in diesem Bereich spart.

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(C (D (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Harald Leibrecht [FDP]: Das stimmt doch gar nicht!)


Das betrifft auch den Zivilen Friedensdienst. Auch
ier wird gespart. Das ist ein wichtiges Instrument in
ielen Konfliktregionen. Auch hier könnte man viel
ehr machen. Stattdessen geben Sie lieber noch mehr
eld nach Afghanistan, weil dort ja die Bundeswehr sta-

ioniert ist, die Erfolge aufweisen soll. Dort wird sehr
iel Geld gebunden,


(Holger Haibach [CDU/CSU]: Ich hätte Sie einmal hören wollen, wenn wir das nicht gemacht hätten!)


nd Sie zwingen Entwicklungsorganisationen, mit der
undeswehr zusammenzuarbeiten. Herr Niebel, das ist
eine Aufbauhilfe, das ist Kriegsunterstützung.


(Beifall bei der LINKEN)


Jetzt möchte ich noch einige Sätze sagen: Die Institu-
ionenreform wird ja viel diskutiert. Ihre Hauptreform,
ie Sie vorhaben, ist eine ganz andere. Das Bundesent-
icklungsministerium soll zur Durchführungsorganisa-

ion für die deutsche Wirtschaft werden.


(Harald Leibrecht [FDP]: Unsinn! Blödsinn!)


as ist der Kern Ihrer Politik, und das werden wir be-
ämpfen. Ich frage mich nämlich: Wo ist denn die deut-
che Wirtschaft, wenn es um billigere Medikamente in
en Ländern des Südens geht? Wo ist denn die Pharma-
ndustrie, wenn sie für heilbare Krankheiten in Entwick-
ungsländern forschen soll? Wir laden in den Entwick-
ungsausschuss dazu ein, aber es kommt kein einziger
ertreter. Wenn es um Rohstoffpolitik und Marktzugang
eht, dann kommt der BDI mit 20 Vertretern in unseren
usschuss. Das zeigt doch, in welche Richtung es hier
eht. Das ist in meinen Augen eine fatale Entwicklung,
ie die Linke konsequent bekämpfen wird.


(Beifall bei der LINKEN)


s geht nämlich um eine ganz andere Entwicklung.

Sie sagen immer, mehr Wachstum bringe mehr Ent-
icklung. Schauen wir uns das einmal konkret am Bei-

piel Lateinamerika an, wo es große Infrastrukturpro-
ekte gibt, zum Beispiel von ThyssenKrupp, das ein
tahlwerk baut. Dort verlieren über 10 000 Kleinfischer

hre Existenz. So sieht es konkret aus. Sie brauchen nicht
iese Form von Investitionen. Wir müssen endlich die
usbeutung in diesen Ländern stoppen. Das ist ein Bei-

rag zur Armutsbekämpfung.


(Beifall bei der LINKEN)


Die großen Infrastrukturprojekte sind kein Beitrag zur
ntwicklung. Auch hier, in Stuttgart, erkennen das die
enschen. Darüber wurde heute schon mehrmals disku-

iert. Auch Stuttgart 21 ist ein sinnloses Projekt.


(Harald Leibrecht [FDP]: Ich wusste gar nicht, dass das vom BMZ finanziert wird!)






Heike Hänsel


(A) )


)(B)

Menschen sowohl in den Ländern des Südens als auch
hier gehen gegen solche Projekte auf die Straße. Das
halte ich für sehr wichtig. Die Linke unterstützt diese
Proteste.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705817600

Bitte, Sie müssen zum Ende kommen.


Heike Hänsel (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1705817700

Ich komme zum Schluss. Auch Herr Ruck hat sich

hier sehr lange ausgebreitet.


(Holger Haibach [CDU/CSU]: Der ist ganz schmal! Er kann sich nicht ausbreiten!)


Herr Niebel, bei unserem Wirtschaftssystem geht es
nicht um Solidarität und Entwicklung, sondern da geht
es um Profit um jeden Preis, auch wenn es Menschenle-
ben kostet. Deswegen werden wir den Ausverkauf der
Entwicklungspolitik, wie Sie es vorhaben, verhindern.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705817800

Das Wort hat nun Thilo Hoppe für die Fraktion Bünd-

nis 90/Die Grünen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705817900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

rede jetzt zum Haushalt.


(Beifall bei der CDU/CSU – Holger Haibach [CDU/CSU]: Danke! Ausgesprochen freundlich!)


Es ist schon viel Richtiges, aber auch sehr viel Verwir-
rendes gesagt worden. Ich befürchte, dass wir im weite-
ren Verlauf der Haushaltsdebatte seitens der Regierung
noch viel Jonglieren mit Zahlen und auch viel Schön-
rechnerei erleben werden. Das erinnert mich manchmal
an die Sendung, die man unmittelbar nach Wahlen erle-
ben muss, wenn selbst die Wahlverlierer sagen: Aber im
Vergleich zur Kommunalwahl 1949 haben wir um
0,5 Prozent zugelegt. – Lassen wir diese Rechentricks
einmal beiseite.

Wir haben heute schon das Stichwort „Rekordhaus-
halt“ gehört. Wir haben immer wieder gehört, Deutsch-
land bleibe drittgrößter Geber. Kein Weg führt daran
vorbei, die Fakten einfach anzuschauen und zur Kennt-
nis zu nehmen: In dem Haushalt 2011, den wir heute dis-
kutieren, klaffen zwischen Anspruch und Wirklichkeit
4 Milliarden Euro.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


– Das muss man eigentlich nicht beklatschen. – Es sind
nicht nur 1,5, sondern 4 Milliarden Euro. 4 Milliarden
Euro mehr wären nötig, um auf dem Pfad zu bleiben, der
zur Erreichung des 0,7-Prozent-Ziels führt. Stattdessen
wird der Entwicklungsetat eingefroren. Bei der humani-

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(C (D ären Hilfe, zumindest im Bereich des Auswärtigen Ames, wird sogar noch gekürzt. (Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Wenn Rot-Grün jedes Jahr Aufwuchs gehabt hätte, hätten wir keine Probleme!)


Dazu komme ich noch, Herr Fischer. Das ist der Ein-
and, der jedes Mal vorgebracht wird. Ich werde immer
as Gleiche darauf sagen.


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Aber das ist so!)


Aus den vorgelegten Haushaltszahlen ist klar erkenn-
ar, dass die ODA-Quote 2011 sinken wird. Für diejeni-
en unter den Zuschauerinnen und Zuschauern, die sich
ragen, wer ODA ist: Das ist die Abkürzung für Official
evelopment Assistance. Damit meint man die Summe

ller Finanzmittel, die ein Staat für Entwicklungszusam-
enarbeit und humanitäre Hilfe ausgibt. Schon seit
ehr als 30 Jahren wird auf internationalen Konferenzen

mmer wieder versprochen, mindestens 0,7 Prozent des
ruttonationalprodukts für Entwicklungszusammenar-
eit und humanitäre Hilfe auszugeben und mit den
rmsten der Armen zu teilen. Auf der Millenniumskon-

erenz im Jahr 2000 ist dann versprochen worden – viele
ationen haben es versprochen –, diese Zielmarke bis
015 endlich zu erreichen.

Der Minister hat diese Zielmarke als „heilige Kuh“
ezeichnet, aber nicht klargemacht, ob er diese heilige
uh schlachten will, ob er sich dann von diesem Ziel
erabschiedet. Mit dem Haushalt, mit den Zahlen, die
orgelegt werden, können wir dieses Ziel so nicht errei-
hen.

Wenn der Haushaltsentwurf der Bundesregierung im
arlamentarischen Verfahren nicht noch sensationell und
ubstanziell nachgebessert wird, dann wird Deutschland
ie international gemachten Zusagen definitiv nicht er-
üllen. Jetzt versuchen Sie bitte nicht, die Stagnation
uch noch als Erfolg zu verkaufen. Wir haben das heute
chon in der ersten Rede nach dem Motto gehört: Haus-
altszwänge sind da. Wir mussten überall kürzen, und
ir haben überall gekürzt. Aber dieser Bereich ist uns so
ichtig, dass er vor weiteren Kürzungen bewahrt wurde.

Bitte verkaufen Sie die Bürgerinnen und Bürger und
rst recht nicht diejenigen für dumm, die in den Kirchen,
nitiativen und NGOs und in unseren Durchführungsor-
anisationen in der Entwicklungszusammenarbeit alles
ögliche tun, um extreme Armut und Hunger zu über-
inden. Diese Menschen kennen die Zahlen, und sie
ennen auch die Haushaltszahlen, die heute vorgelegt
urden.

Kommen Sie auch bitte nicht mit dem Argument, es
ei völlig unrealistisch, die ODA-Zusagen einzuhalten.
an hat sich doch bei der Steuerschätzung verrechnet.

etzt ist gerade die gute Nachricht gekommen, dass die
teuereinnahmen höher sind als zunächst angenommen.
llein mit diesen Mehreinnahmen, die man vor kurzem
och gar nicht im Blick hatte, kann die Lücke gefüllt
erden.





Thilo Hoppe


(A) )


)(B)


(Beifall der Abg. Ute Koczy [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN] – Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Ist das auch die Stellungnahme Ihrer Finanzpolitiker?)


Es wäre doch für Frau Merkel und Herrn Niebel viel
schöner und besser, nicht mit leeren Händen nach New
York zu fahren, sondern mitteilen zu können, dass wir
noch einmal die Kurve gekriegt haben und Deutschland
den ODA-Stufenplan erfüllt.

Nein, die Überwindung von extremer Armut und
Hunger, die Bekämpfung von Malaria, Tuberkulose und
Aids nehmen Sie zwar ernst – das wollen wir nicht in
Abrede stellen – und Sie tun auch etwas, aber sie haben
in der Bundesregierung nicht die Priorität, die sie eigent-
lich haben müssten.

Sie tun nicht das, was Sie tun könnten. Sie geben
nicht das, was sie geben müssten.


(Dagmar Wöhrl [CDU/CSU]: 200 Millionen sind wohl nichts!)


Diesen Vorwurf können und werden wir Ihnen nicht er-
sparen. Gleichzeitig sage ich zum wiederholten Male,
Herr Fischer: Dieser Vorwurf trifft auch leider auf beide
Vorgängerregierungen zu. Seit der Millenniumserklä-
rung im Jahr 2000 hat keine Bundesregierung das, was
sie auf internationaler Ebene versprochen hat, mit kon-
kreten Haushaltszahlen unterlegt.


(Zuruf von der CDU/CSU: Wo waren die Steigerungsraten?)


Zu kritisieren ist dabei die Mannschaftsleistung. Die
Entwicklungspolitiker haben sich jedes Mal ins Zeug ge-
worfen und versucht, die Einhaltung der Zusagen zu er-
reichen, aber die Mannschaftsleistung war mangelhaft.
Sie konnten sich nicht durchsetzen.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705818000

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Fischer?


Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705818100

Ja.


Hartwig Fischer (CDU):
Rede ID: ID1705818200

Herr Kollege Hoppe, können Sie mir bestätigen, dass

in der Zeit der rot-grünen Koalition die Beträge im
Haushalt praktisch stabil waren – sie sind sogar leicht
gesunken – und dass es in den vergangenen vier Jahren
einen Aufwuchs um rund 500 Millionen Euro jährlich
gab?


Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1705818300

Herr Kollege Fischer, jetzt geschieht genau das, was

ich am Anfang beschrieben habe. Es ist wie in den Wahl-
sendungen: Jeder bemüht jetzt irgendwelche Statistiken
und Steigerungsraten.


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Nein! Das sind Zahlen!)


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(C (D ch kann das bestätigen, ich kann aber auch wieder anere Zahlen anführen, nämlich dass es 1998 im Verleich zur Kohl-Regierung einen Aufwuchs gegeben hat nd dass die Zahlen unter der Kohl-Regierung erst getiegen und dann im Zuge der deutschen Einheit wieder esunken sind. Das bringt alles nichts. Bleiben wir doch dabei: Keine Regierung hat bisher eliefert. Bisher hat keine Regierung die Zusagen mit onkreten Haushaltszahlen unterlegt. Jetzt werbe ich dafür, dass das nicht für alle Ewigkeit o bleibt, sondern dass wir uns jetzt durch alle Fraktioen einen Ruck geben und uns im Endspurt in Richtung ew York ins Zeug legen. Wir können nicht immer Ver prechungen machen, die wir nicht erfüllen. Wir müssen etzt im Haushaltsverfahren kräftig nachbessern. Sonst roduzieren wir nur schöne Worte, statt das zu liefern, as wir liefern müssen, um die Ärmsten der Armen aus er Armut zu befreien. Ich danke Ihnen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705818400

Das Wort hat nun Kollege Jürgen Koppelin für die

DP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1705818500

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Da

er Haushalt, den wir verabschieden, ein Gesetzentwurf
st, wünsche ich mir, dass sich jeder Abgeordnete, egal
ür welchen Bereich er zuständig ist, mit dem Haushalts-
lan insgesamt beschäftigt. Ich bewundere das Engage-
ent, das jeder in seinem Fachbereich aufbringt, zum
eispiel Frau Kollegin Hänsel. Aber ich vermute, dass
ie die Frage, wie viele Zinsen die Bundesrepublik
eutschland für die Schulden zahlen muss, die im Laufe
er Jahre angehäuft worden sind, nicht beantworten kön-
en. Ich rate Ihnen deshalb dringend, einen Blick in den
undeshaushalt zu werfen.

Insofern habe ich alle Achtung davor, dass es Minis-
er Niebel gelungen ist, den Haushalt so aufzustellen,
ie er vorgelegt worden ist. Denn angesichts der Einspa-

ungen, die wir vornehmen müssen, ist das eine großar-
ige Leistung. Wir haben in den Koalitionsfraktionen er-
ebt, wie er für seinen Haushalt gekämpft hat. Das ist mir
ichtig, und dem gelten meine Anerkennung und mein
espekt.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Es gibt bestimmte Dinge, die bisher nicht erwähnt
urden, die man aber auch ansprechen muss. Es geht

chließlich nicht allein um Geld. Man muss sich auch
ragen, was mit dem Geld geschieht. Insofern hätte ich
elbst von der Opposition eine Bemerkung zu dem er-
artet, was zum Beispiel gerade im Kongo geschehen





Dr. h. c. Jürgen Koppelin


(A) )


)(B)

ist, wo die Konten der GTZ gesperrt und Gegenstände
beschlagnahmt wurden. Man müsste auch über die Bud-
gethilfe und andere Fragen sprechen.

Die Probleme sind vielfältig. Aber Sie wollen nur pau-
schal darlegen, dass diese Regierung nicht genügend
Geld zur Verfügung stellt, und berücksichtigen nicht, dass
wir Probleme auch in unserem Land haben. Die Schulden
sind im Laufe der Jahre so hoch geworden, dass ich im-
mer sage: Auf Schuldenbergen können unsere Kinder
nicht spielen. Daran müssen wir denken. Ich könnte es
mir ganz einfach machen. Nachdem hier beispielsweise
die Hotelsteuer mehrfach angesprochen wurde – darüber
kann man streiten –, sage ich an die Adresse der Sozial-
demokraten: Wenn wir noch die 11 Milliarden hätten, die
Sie durch die Beteiligung der Bundesrepublik Deutsch-
land an der IKB in den Sand gesetzt haben, könnten wir
die ODA-Quote erreichen und noch vieles andere finan-
zieren. Sie haben über 11 Milliarden Euro in den Sand ge-
setzt! Das ist eine einzige Schande für diese Republik.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Herr Minister Niebel, ich bin sehr dankbar, dass Sie
etwas aufgegriffen und gemacht haben, woran schon an-
dere sich versucht haben und teilweise gescheitert sind.
Sie haben endlich die richtigen Schritte zur Zusammen-
führung der deutschen Entwicklungshilfe unternom-
men, um sie zu konzentrierter, wirksamer und zielge-
nauer zu machen. Das ist eine große Leistung. Wir sind
auf einem guten Weg. Über das eine oder andere kann
man noch sprechen. Über die Feinheiten kann noch im
Fachausschuss und im Haushaltsausschuss diskutiert
werden. Aber eines steht fest: Doppelstrukturen werden
abgebaut. Die Entwicklungshilfe wird wirksamer und
zielgenauer. Das ist wichtig.

Noch etwas anderes ist wichtig: Sie haben endlich
dieses Ministerium zu einem vollwertigen Ministerium
gemacht. Es ist nicht mehr ein Marionettenministerium,
wie es zum Beispiel in der letzten Legislaturperiode der
Fall war. Dazu kann ich nur sagen: Alle Achtung!


(Beifall bei der FDP – Dr. Sascha Raabe [SPD]: Ein peinlicher Auftritt, wie immer!)


Ich will noch einen Punkt ansprechen, der mir eben-
falls wichtig ist. Das sind die Freiwilligendienste. Ich
nehme sehr ernst, was Rupert Neudeck und andere zum
Programm „weltwärts“ gesagt haben. Ich bin für Frei-
willigendienste, keine Frage. Aber man darf wohl hinter-
fragen, was mit dem Geld geschieht, ob diese Dienste
sinnvoll sind und wie die Einsätze aussehen. Nach einer
Statistik handelt es sich bei den Teilnehmern zu über
90 Prozent um Abiturienten. Schauen Sie sich das alles
ganz genau an! Lassen Sie uns doch die Freiwilligen-
dienste für die jungen Menschen effektiv und sinnvoll
machen! Es darf sich dabei nicht um eine Art Reiseun-
ternehmen handeln. Herr Neudeck hat das zu Recht kriti-
siert. Ich finde es nicht gut, in welcher Form der Ge-
schäftsführer des Deutschen Entwicklungsdienstes die
Äußerungen von Herrn Neudeck kritisiert hat. Ich sage
als Parlamentarier in aller Deutlichkeit: Kritik an Rupert
Neudeck in dieser Form steht dem Geschäftsführer des
DED nicht zu. Das ist meine Auffassung.

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(C (D Herr Minister, ich finde das, was Sie zur ODA-Quote esagt haben, sehr gut. Wir sollten die Scheuklappen abegen und vernünftig darüber diskutieren, ob die ODAuote in der jetzigen Form langfristig Sinn macht. Aners gefragt: Gibt es nicht viele Dinge in unserer Repulik, die nicht eingerechnet werden, obwohl sie etwas it Entwicklungshilfe zu tun haben? Die Situation ist ei entlich viel besser, als die Zahlen, die auf dem Papier tehen, es vermuten lassen. Deutschland ist bei der Enticklungshilfe wirklich spitze. Herr Minister Niebel und ie Kollegin Gudrun Kopp haben richtig Schwung in die ntwicklungshilfe gebracht. Herzlichen Dank dafür! Das Wort hat nun Lothar Binding für die SPD-Frak ion. Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! iebe Kolleginnen und Kollegen! Minister Niebel hat etas über Maßstäbe gesagt. Wer die Schrumpfung zum aßstab wählt, für den ist Stagnation schon ein Erfolg. er die Schrumpfung als alleinigen Maßstab wählt, für en ist sogar eine ein wenig geringere Schrumpfung chon ein Erfolg. Wir nehmen einen anderen Maßstab, nd zwar die Versprechen des Ministers und der Kanzlein. Gemessen an diesem Maßstab ist der Haushalt ein bsolutes Desaster. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705818600

(Beifall bei der SPD)

Lothar Binding (SPD):
Rede ID: ID1705818700

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)


Ich will trotzdem konzedieren, dass Minister Niebel
ür seinen Etat gekämpft hat. Der Gesamthaushalt steht
ber unter starkem Druck. Aber warum ist das so? Wa-
um schrumpft er? Das liegt daran, dass man bestimmte
inge getan hat: das schreckliche Klientelwachstumsge-

etz, die Maßnahmen zur Schwächung der Binnennach-
rage, die Belastung der Schwachen und die Stärkung der
eichen. Das alles stellt ein großes Problem für den Ge-

amthaushalt dar. Ich erinnere daran, wie sehr die Ent-
icklungsländer unter der Finanz- und Wirtschafts-
rise leiden, und greife die Frage von Herrn Koppelin
uf: Was ist eigentlich mit den Banken? Wir haben be-
timmt Fehler gemacht. Aber warum werden die Banken,
ie den Bundeshaushalt belasten, als Verursacher der
rise nicht stärker finanziell beteiligt? Das wäre verdien-

ermaßen eine Einnahmequelle, die helfen könnte. Aber
as machen Sie? Sie machen nichts.


(Beifall bei der SPD)


Es gäbe auch andere Möglichkeiten. Man könnte bei-
pielsweise über ein Abzinsungsgebot bei den Risiko-
ückstellungen für Atomkraftwerke nachdenken. Das
äre eine gigantische Einnahmequelle. Darüber lohnte





Lothar Binding (Heidelberg)



(A) )


)(B)

es sich nachzudenken. Aber Sie wollen mit den Atom-
kraftwerken etwas anderes machen.

Ihre gravierenden Fehlentscheidungen bei der Außen-
steuer in Form von Konzerngeschenken – ich nenne nur
Funktionsverlagerung und Mantelkauf – sind ein Desas-
ter für diesen Haushalt. Ich nenne auch die fehlende
Finanztransaktionsteuer. Ich wüsste jetzt gern, ob Dirk
Niebel für oder gegen die Finanztransaktionsteuer ist,
aber das klärt ihr besser unter euch. Zusätzlich bringen
noch die Frage der CO2-Zertifikate-Verwendung und na-
türlich die gravierende Fehlentscheidung im Zusammen-
hang mit der Umsatzsteuer für Hotels diesen Gesamt-
haushalt unter Druck. Gemessen an diesem Druck, dem
Desaster und der Schrumpfung ist dieser Haushalt – sta-
gnierend – ein Lob für den Minister, das kann man sicher
sagen.

Was sollen wir nun eigentlich tun, um die Verspre-
chen einzulösen, denn das Ziel haben wir doch alle? –
Wir bräuchten 4 Milliarden Euro, das hat der Kollege
Hoppe schon vorgetragen. Das wird ein ganz schönes
Problem in diesem Haushalt werden. Wir werden uns si-
cher nicht trauen, unsere Vorschläge für 4 Milliarden
Euro vorzutragen, denn wir wissen, dass die Maßnah-
men, die man für die Gegenfinanzierung bräuchte, in der
Koalition keine Mehrheit haben. Hätten diese Maßnah-
men eine Mehrheit, dann hätten wir auch die 4 Milliar-
den Euro. Diesen Widerspruch müsst ihr unter euch aus-
machen.

Wie funktioniert dieser Haushalt überhaupt? Vergli-
chen mit dem Haushalt 2010 ist er stabil. Aber zu wel-
chem Preis? Rechnen wir einmal die Einsparungen bezo-
gen auf den Finanzplan 2011 heraus, die sich durch
disponible und flexibilisierbare Mittel ausgleichen las-
sen, dann wird die Lücke von 250 Millionen Euro da-
durch geschlossen, dass man sich verspricht, dies in den
Folgejahren als Kürzung hinzunehmen und in diesem
Haushalt schon heute eine Schrumpfung der Mittel bis
zum Jahr 2014 eingeplant hat. Jetzt kommt der Kardinal-
fehler: Man verspricht auch heute noch, bis zum Jahr
2015 auf eine ODA-Quote von 0,7 Prozent zu kommen.
Gleichzeitig sieht die Finanzplanung aber sinkende
Haushaltsmittel vor. Wie dieser Widerspruch halbwegs
seriös aufgelöst werden soll, müsste die Koalition uns
noch einmal erklären.

Wie fragil dieses gesamte Gebilde überhaupt ist, merkt
man an Bemerkungen, die plötzlich aus einer ganz ande-
ren – aber keiner unwichtigen – Ecke des politischen Um-
feldes kommen, nämlich aus der Ecke der FDP im Euro-
päischen Parlament. Der Kollege Chatzimarkakis hat
gesagt, man solle das Ministerium mit dem Auswärtigen
Amt verschmelzen. Wenn wir wissen, welche Leistungs-
kraft dort gegenwärtig ist, dann wissen wir auch, was er
damit tatsächlich gemeint hat.


(Beifall bei der SPD)


Noch vor sechs Jahren hat Dirk Niebel gesagt, er setze
sich dafür ein, dass die Staatengemeinschaft hinsichtlich
des Millenniumsgipfels bekräftige, die Ziele bis 2015
gemeinsam erreichen zu wollen. Ich bin zu 100 Prozent
d’accord, frage aber: Wo ist der Aktionsplan? – Ich erin-

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(C (D ere mich an Heidemarie Wieczorek-Zeul, die damals in iner ganz ähnlichen Lage war. Sie hat in einer nicht ganz infachen Operation mit Schröder diesen Aktionsplan ntwickelt. (Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Aber nicht finanziell unterlegt! – Zuruf von der FDP: Was ist daraus geworden?)


a wir damals alles falsch gemacht haben, jetzt aber al-
es sauber laufen soll, vermisse ich diesen Aktionsplan
eute, wenn der Minister diese Erfolge für sich in An-
pruch nehmen will.


(Zurufe von der CDU/CSU)


Es gibt da noch einen zweiten Satz in diesem Inter-
iew: Wir müssen festlegen, was wir bis 2015 unterneh-
en wollen. Ich hätte mir gewünscht, das stünde schon

m Haushalt, anstatt zu sagen: „Wir müssen das einmal
estlegen.“ – Nein, wo sind die Verpflichtungsermächti-
ungen, die das unterlegen? Wo ist der Gesamthaushalt,
er das hergibt? Wo ist die mittelfristige Finanzplanung,
ie das begründet?

Wir stellen fest: Das Versprechen geht in die eine
ichtung, die Haushaltsrealität geht in die andere Rich-

ung. Diesen Widerspruch müsste uns die Koalition noch
rklären. Im Detail gesprochen: Der Finanzplan schrumpft
ei einer ODA-Quote, die eigentlich steigen müsste, um
00 bis 400 Millionen Euro. Das kann man eigentlich
ur dann schaffen, wenn das Bruttoinlandsprodukt dra-
atisch sinken würde, weil die ODA-Quote dann auto-
atisch steigt. Ich glaube aber, das ist nicht das, was Sie
ollen.

Kommen wir zu einem wichtigen Thema, bei dem ich
laube, dass der Minister relativ ordentlich gearbeitet hat,
edenfalls über eine lange Zeit, nämlich die Zusammen-
egung der drei Förderinstitutionen InWEnt, DED
nd GTZ, die jetzt zu einem integrierten Gesamtsystem
erden sollen. Das finden wir gut. Im Ausland einen An-

prechpartner zu haben, ist gut. Es war auch gut, die drei
nstitutionen zu fragen, wie sie sich das vorstellen. Man
uss aber sagen: Gegenwärtig schweben die Arbeitneh-
er in einer gewissen Unsicherheit. Es gibt keinen Über-

eitungsvertrag. Wir kennen noch keinen Gesellschafts-
ertrag. Wir kennen den Gesellschaftszweck noch nicht.
ie tarifrechtlichen Fragen sind noch ebenso offen wie
ragen der Alterssicherung. Ich finde es ganz schlecht,
ass der Integrationsprozess fehlt. Im Moment tut man so,
ls ob es bis zum 31. Dezember keine Zukunft gibt, um ab
em 1. Januar so zu tun, als hätte es nie eine Vergangen-
eit gegeben.

Das ist bei einer Fusion ein schwerer Fehler, wie wir
us Erfahrungen in der Industrie lernen konnten. Da
uss sehr viel passieren. Wir haben zu Recht eine außer-

rdentliche Aufsichtsratssitzung beantragt, um einen ge-
aueren Einblick zu bekommen, was dort eigentlich pas-
iert, was beabsichtigt ist, welche Ziele definiert sind
nd insbesondere wie die politische Steuerung funktio-
iert.


(Harald Leibrecht [FDP]: Wir sind auf einem guten Weg!)






Lothar Binding (Heidelberg)



(A) )


)(B)

Oft wird politische Steuerung falsch verstanden, und es
wird so getan, als ob es ausreiche, wie in einer Abtei-
lung, sich kleinkariert in das operative Geschäft einzu-
mischen. Es ist doch interessant, zu wissen, wie die Ziel-
definition des Ministeriums in eine bisherige Auftrags-
verwaltung übertragen wird.


(Harald Leibrecht [FDP]: Die SPD hat in dieser Frage völlig versagt!)


Man merkt, dass der Haushalt an einer Stelle falsch un-
terlegt ist. Hier kommen drei Strukturen zusammen. Für
die eine gab es Verpflichtungsermächtigungen, für die
beiden anderen nicht. Jetzt wird fusioniert, aber die Ver-
pflichtungsermächtigungen betreffen nur die eine Insti-
tution. Was ist eigentlich mit den anderen? Wie ist die
Zukunft der GIZ, der Gesellschaft für Internationale Zu-
sammenarbeit, überhaupt zu sehen? Da bleibt ein großes
Aufgabengebiet. Wir erkennen, dass ein entwicklungs-
politisches Leitbild fehlt. Eine letzte Bemerkung: Das ist
ein guter Schritt, aber es ist auch wichtig – auch wenn
manche Bankvorstände das nicht so sehen würden –,
künftig die finanzielle Zusammenarbeit in diesen Kom-
plex zu integrieren. Erst dann hat man eine einheitliche
Institution in der Entwicklungszusammenarbeit geschaf-
fen, die Planungssicherheit für die Zukunft gibt.

Ich möchte noch eine Frage stellen, die möglicher-
weise später beantwortet wird. Es fällt bei all diesen Lü-
cken hinsichtlich der Verpflichtungsermächtigungen auf,
dass die Weltbank die höchsten VE bekommen hat, die
es bisher in der Geschichte gab. Jetzt fragt man sich, wie
das eigentlich kommt. Hat das etwas mit dem angestreb-
ten Sitz im Sicherheitsrat zu tun? Würde möglicher-
weise, wenn dieses Ziel erreicht ist, diesbezüglich etwas
ganz anderes geschehen? Wir wissen, dass es immer
noch ein Dogma gibt, über das wir nachdenken müssen:
Das Verhältnis von bilateraler zu multilateraler Hilfe soll
zwei zu eins sein. Dabei wird nicht realisiert, dass sich
inzwischen die Arbeitsweise vieler Institutionen in der
Welt nicht mehr in dieses Schema pressen lässt. Der
Global Fund oder GAVI arbeiten ganz anders, nämlich
in Dreiecksverhältnissen.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705818800

Herr Kollege, Sie müssen zum Ende kommen.


Lothar Binding (SPD):
Rede ID: ID1705818900

Man könnte in der Zukunft eine völlig neue Politik

gestalten. Vielleicht könnte man sogar eine eigene Haus-
haltsstelle für GAVI schaffen und GAVI aus dem UN-Ti-
tel für die UN herausnehmen. Damit würde der Unter-
schied zwischen bilateral, multilateral und einem dritten
Weg deutlicher.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705819000

Herr Kollege, Sie müssen zum Ende kommen.


Lothar Binding (SPD):
Rede ID: ID1705819100

Dieser Unterschied wird zunehmend verwischt.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD)


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(C (D Das Wort hat nun Holger Haibach für die CDU/CSU raktion. Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her en! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin immer ieder erstaunt, wie sich die Haushaltsdebatten zu die em Ressort jedes Jahr ähneln. Frau Kofler erklärt uns, ie schlimm die Welt ist und was wir alles falsch ma hen. Ich will Sie auf Folgendes hinweisen: Das ist jetzt er erste vollständige Haushalt, der in Verantwortung ieser Koalition aufgestellt wird. Wenn Sie schlecht über as, was wir machen, reden, dann reden Sie auch über as schlecht, was Sie gemacht haben, als Sie in Regieungsverantwortung waren. Das sollte Ihnen bewusst ein. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Sascha Raabe [SPD]: Wir reden nur diesen Haushalt schlecht!)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705819200

(Beifall bei der CDU/CSU)

Holger Haibach (CDU):
Rede ID: ID1705819300

enn Sie mit dem Finger auf jemanden zeigen, dann
eigen drei Finger auf Sie selbst. Das ist nicht hilfreich.
s ist auch nicht hilfreich, wenn man wie die Kollegin
änsel das Bild von einem kriegsbesessenen Deutsch-

and mit einer noch kriegsbesesseneren Bundesregierung
alt, der nichts Schöneres passieren kann, als in ein
and, in dem die Bundeswehr im Einsatz ist, Geld zu
tecken. Ich frage mich, wo Sie gewesen sind, als die
ondoner Konferenz und die Kabuler Konferenz stattge-

unden haben. Was hätten Sie denn gesagt, wenn wir uns
ls Einzige in der internationalen Staatengemeinschaft
eweigert hätten, unseren Beitrag zum Wiederaufbau in
fghanistan zu leisten? Es ist doch hanebüchen, was Sie
ier erzählen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Heike Hänsel [DIE LINKE]: Aber anstelle der Bundeswehr und nicht zur Unterstützung!)


Darüber, dass Sie die Bundeswehr in Afghanistan
icht haben wollen und Sie die Bundeswehr eigentlich
irgendwo haben wollen,


(Heike Hänsel [DIE LINKE]: Genau!)


önnen wir lange diskutieren. Aber wir kommen nicht
u einem vernünftigen Ergebnis. – Ich will aber eines sa-
en: Das BMZ hat – das war unter der Leitung von Frau
ieczorek-Zeul, damit keine Legenden gestrickt wer-

en – bei der Freien Universität Berlin eine Studie über
fghanistan in Auftrag gegeben. Eines der Ergebnisse
er Studie war, dass es einen Zusammenhang zwischen
icherheit und Entwicklung gibt und die internationale
emeinschaft dann den größten Erfolg hat, wenn militä-

isches und ziviles Handeln Hand in Hand gehen. Wenn
ie es uns nicht glauben: Der EU können Sie es am Ende
es Tages glauben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Heike Hänsel [DIE LINKE]: Trotzdem müssen die NGOs nicht mit der Bundeswehr zusammenarbeiten!)






Holger Haibach


(A) )


)(B)

Insofern muss man den Einzelplan, wie er heute vor-
liegt, in den Kontext der gegenwärtigen Haushaltssitua-
tion stellen. Das ist genau das, was Herr Binding für
mich überraschenderweise getan hat. Es gibt ein Pro-
blem, aber dieses Problem – das hat Herr Hoppe das
letzte Mal sehr schön gesagt – ist nicht das Problem un-
serer Koalition; das war schon das Problem aller Koali-
tionen vorher. Natürlich haben wir eine massive Schwie-
rigkeit, und die heißt: Verpflichtungsermächtigungen.
Die Verpflichtungsermächtigungen sind ein Problem für
uns – das wissen auch alle Beteiligten –, aber sie waren
es schon unter Herrn Eichel und auch unter Herrn
Steinbrück. Deswegen ist das nichts, was Sie speziell
dieser Bundesregierung oder diesem Minister anlasten
können.


(Thilo Hoppe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir können es doch mal gemeinsam verändern!)


Nichtsdestoweniger finde ich: Wenn wir eine Auf-
gabe im Haushaltsverfahren haben, dann ist es die, ge-
nau an der Stelle etwas zu machen.


(Thilo Hoppe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)


Wir sind uns auch durchaus einig darüber, dass wir das
machen wollen.

Ich möchte die Diskussion über Effizienz und über
die Frage: „Haben wir einen vernünftigen, effizienten
und guten Mitteleinsatz?“ nicht als Ersatzdebatte sehen
nach dem Motto: Jetzt haben die nicht genügend Geld
oder wollen nicht genügend Geld bereitstellen, und des-
wegen reden die mal kurz über Effizienz.


(Beifall des Abg. Thilo Hoppe [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN] – Dr. Bärbel Kofler [SPD]: Aber das tun Sie!)


– Nein. Die Reform des entwicklungspolitischen Vor-
felds zur Effizienzsteigerung der deutschen Entwick-
lungszusammenarbeit war überfällig.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir haben es in einem Jahr hinbekommen, ein Konzept
dazu vorzulegen. Sie haben das nicht geschafft. – Das ist
der eine Punkt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Der zweite Punkt. Man muss immer einmal fragen:
Warum macht man das eigentlich? Es gibt mehrere
Ziele, die erreicht werden sollen, etwa die Effizienzstei-
gerung. Ziel ist aber auch, dass Politik, dass dieses
Ministerium gegenüber den Durchführungsorganisatio-
nen tatsächlich steuerungsfähig ist. Es ist vollkommen
klar, dass ein Ministerium, das mit genauso vielen Mitar-
beitern wie vor vier oder fünf Jahren anderthalb mal so
viele Mittel verausgaben kann, das Problem haben wird,
Steuerungsfähigkeit in irgendeiner Form vernünftig her-
zustellen. Auch das ist etwas, was wir mit der Vorfeldre-
form erreichen wollen. All die Fragen, die Herr Binding
angesprochen hat, sind auch wichtig, müssen auch gelöst
werden, aber das weiß doch auch jeder von uns.

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(C (D Das Vorhandensein eines Handelsregistereintrags am . Januar hat nichts mit der Frage zu tun: Funktioniert ie Organisation? Diese Frage wird danach entschieden. ie Fragen „Hat man einen gemeinsamen Geist in einer rganisation? Hat man eine gemeinsame Idee davon, ie man das machen will? Hat man vernünftig arbei ende Strukturen?“ werden in der Zukunft entschieden. Deswegen glaube ich, dass es richtig war, zu sagen: ir machen in dieser Legislaturperiode die Reform der rei Durchführungsorganisationen, versuchen aber icht das große Modell; denn das ist noch einmal eine anz andere Baustelle. Ich finde, dass es richtig ist, sich a nicht zu beschränken. Es gilt aber, das richtig und gut u machen. Zu sagen: „Wir reformieren das und legen as zusammen“, wäre einfach gewesen. Man hätte entcheiden können: Wir machen eine Holding. Dann sind ie drei Organisationen zusammen, und alles ist prima. – ur hätten wir damit nicht den Effekt erreicht, den wir amit eigentlich erreichen wollen. Wir wollen wirkliche ynergien, wirkliche Steuerungsfähigkeit. Dieses Konept ist die Grundlage und bietet Gewähr dafür, dass es unktionieren kann. Ich würde gern noch auf ein anderes Thema zu sprehen kommen, das aber auch mit Kohärenz und Effiienz zu tun hat. Sie wissen, dass die ODA-fähigen Mitel in Deutschland weit über den 6,07 Milliarden Euro es Einzelplans 23 liegen. Es sind etwa 9,5 Milliaren Euro, wenn ich es richtig im Kopf habe, die von ehr als zehn Ministerien verausgabt werden. Das geht om Kanzleramt über das Forschungsministerium, das uswärtige Amt, das Verteidigungsministerium bis zum inisterium für Ernährung, Landwirtschaft und Ver raucherschutz usw. usf. Das bedeutet einen Vorteil inofern, als die Entwicklungszusammenarbeit bzw. die ntwicklungspolitik einen breiteren Ansatz bekommt. ber der Nachteil ist: Es gibt einen hohen Koordina ionsaufwand, und auch den gibt es schon seit Jahren. Das Konzept besagt nun deutlich: Wir wollen, dass in er Bundesregierung ein Koordinationskreis tätig wird. ir würden uns natürlich wünschen: unter Federführung es BMZ. Damit soll Koordination tatsächlich geleistet erden. Das ist eine neue Qualität. Das halte ich für ichtig; denn wenn wir uns mit einem vernünftigen geeinsamen Auftritt nach außen präsentieren wollen, ann kann uns das nur gelingen, wenn wir unsere Arbeit ntern so reibungslos wie möglich gestalten. – Das ist der weite Punkt. Mit meinem dritten Punkt begebe ich mich un auf die internationale Ebene. Ich bin, ehrlich geagt, immer wieder überrascht, mit welcher ideologichen Verbissenheit darüber gestritten wird, ob etwas inernational, bilateral oder multilateral gemacht wird. abei geht es am Ende des Tages ausschließlich um die rage: Was ist eigentlich erfolgreich? Was ist an welcher telle richtig? Das können internationale oder multilateale Maßnahmen genauso gut wie bilaterale sein. Viel wichtiger ist, dass unser Handeln konsistent ist. ch weise immer wieder darauf hin: Deutschland gibt Holger Haibach )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Zurufe von der SPD)





(A) )

nach sehr strengen Kriterien neun Ländern Budgethilfe.
Gleichzeitig finanzieren wir den Europäischen Entwick-
lungsfonds, der nach viel lascheren Bedingungen we-
sentlich mehr Ländern Budgethilfe gibt. Warum ist das
so? Weil der Europäische Entwicklungsfonds offensicht-
lich ein Mittelabflussproblem hat. Insofern ist es richtig,
sich das einmal genauer anzuschauen. Es kann doch nur
eins von beiden richtig sein. Selbst wenn man ein großer
Fan von multilateralen Maßnahmen ist, sollte man ein
Interesse daran haben, dass das einmal überprüft wird.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Können Sie doch machen! Dafür haben Sie doch Ihre Regierung!)


In dem Zusammenhang möchte ich noch auf ein Wei-
teres zu sprechen kommen: Die ursprüngliche Idee für
europäische Entwicklungshilfe war, abgestimmt vor-
zugehen. Europäische Entwicklungspolitik sollte da ein-
greifen, wo nationalstaatliche Entwicklungspolitik aus
welchen Gründen auch immer keinen Platz hat. Dieses
Verhältnis hat sich inzwischen fast umgedreht. Man
muss inzwischen geradezu aufpassen, dass nationalstaat-
liche Entwicklungspolitik in irgendeiner Form überhaupt
noch stattfindet.

Vielleicht liegt darin aber auch die Lösung für ein
Problem. Christian Ruck hat darauf hingewiesen, dass
die großen Aufwüchse – das ist auch meine persönliche
Überzeugung –, wenn sie denn kommen, nur durch
nichtoriginäre Haushaltsmittel finanziert werden. Er hat
den Emissionshandel und viele andere Möglichkeiten
genannt. Wenn das so kommen sollte, dann gibt es zwar
eine Schnittmenge zwischen Klimaschutz und Armuts-
bekämpfung, aber beides wäre trotzdem nicht zu
100 Prozent deckungsgleich. Armutsbekämpfung muss
aber in vollem Umfang geleistet werden; denn wir sind
uns ja einig, dass diese eine der konstitutiven Elemente
von Entwicklungspolitik ist. Hier stellt sich nun die
Frage, ob man nicht in Kooperation mit der europäi-
schen Ebene zu vernünftigen Lösungen kommen kann,
damit am Ende des Tages wirklich eine vernünftige und
konsistente Entwicklungspolitik gemacht wird.

Es ist also notwendig, alles miteinander zu verzahnen.
Ein nüchterner Blick auf die Dinge hilft dabei. Deswe-
gen habe ich mich ein bisschen über die Bemerkungen
zum Thema „weltwärts“ geärgert. Jeder, der die Debatte
zum Thema „weltwärts“ in den letzten Wochen und Mo-
naten verfolgt hat, weiß, dass die Probleme dadurch ent-
standen sind, dass einige Entsendeorganisationen nicht
gewartet haben, bis der Haushalt verabschiedet wurde,


(Ute Koczy [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie denn?)


sondern auf Basis eines Ansatzes, der aber nicht mit dem
des beschlossenen Haushaltes identisch war, Anmeldun-
gen bestätigt haben.


(Zurufe von der SPD)


So kann man nicht verfahren, weil keiner weiß, was
dann am Ende wirklich kommt. Es ist dem Ministerium

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(C (D u verdanken, dass trotzdem am Ende alle, die eine Zuage bekommen haben, auch einen Platz erhalten haben. Nun zur Frage, ob die vorgesehenen Mittel jetzt reihen. Wir haben in diesem Jahr 30 Millionen Euro im aushalt angesetzt. Das sind 3 Millionen Euro mehr, als m Jahr 2009 abgeflossen sind. Kreieren Sie also bitte ein Problem, wo keines ist. Das können wir Ihnen an ieser Stelle auf keinen Fall durchgehen lassen. Lebendige Entwicklungspolitik wird in Zukunft, wie ch glaube, noch mehr davon abhängen, dass koordiniert orgegangen wird. Wir brauchen ausreichend Mittel, ber wir brauchen auch entsprechende Strukturen. Dass iese entstehen, dabei können wir alle mithelfen. Danke sehr. Das Wort hat nun Niema Movassat von der Fraktion ie Linke. Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ist s blanker Zynismus oder eine Tragikomödie? Das habe ch mich gefragt, als ich mir den Haushalt des Entwickungsministeriums angeschaut habe. Ich muss wohl aum daran erinnern, dass sich Deutschland 1970 durch nnahme einer UN-Resolution verpflichtet hat, 0,7 Pro ent seines Bruttonationaleinkommens für die öffentlihe Entwicklungshilfe aufzuwenden. Trotzdem besaß inister Niebel Anfang des Jahres, also ganze 40 Jahre päter, die Frechheit, dieses Ziel als „sportlich“ zu beeichnen. leichzeitig betonte er, die Regierung halte an dem Ziel est. Der vorliegende Haushaltsentwurf jedoch beweist, ass Sie dieses Ziel bereits aufgegeben haben. Sie haben as EU-weit vereinbarte Zwischenziel für 2010 von ,51 Prozent nicht erreicht und wollen auch 2011 das udget nicht erhöhen. Das Finanzministerium rechnet sogar damit, dass die usgaben für die Entwicklungshilfe bis 2014 um 00 Millionen Euro sinken werden. Zahlreiche europäiche Staaten haben ihre Verpflichtungen trotz Wirtchaftskrise bereits heute erfüllt. Die Fraktion Die Linke at hier beantragt, das 0,7-Prozent-Ziel gesetzlich zu erankern. Geben Sie doch wenigstens zu, dass Sie gar icht mehr den Willen zur Zielerreichung haben. Auch die Ankündigung des Entwicklungsministers, ach 2011 die Zahlungen an den Globalen Fonds zur ekämpfung von HIV/AIDS, Tuberkulose und Malaia einzustellen, ist zynisch. Der Ausstieg steht auch in inem krassen Widerspruch zu dem Versprechen der Niema Movassat )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705819400

(Beifall bei der LINKEN)

Niema Movassat (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1705819500

(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)





(A) )

Bundeskanzlerin. Diese tingelt von Gipfel zu Gipfel und
macht fromme Ankündigungen.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705819600

Herr Kollege Movassat, gestatten Sie eine Zwischen-

frage des Kollegen Haibach?


Niema Movassat (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1705819700

Nein. Er kann gerne nach meiner Rede eine Kurz-

intervention machen.

Noch beim letzten G-8-Treffen vor drei Monaten hat
die Bundeskanzlerin versprochen, sich für den Erfolg
der anstehenden Geberkonferenz für den Globalen
Fonds einzusetzen. Keinen Pfifferling sind die Zusagen
der Kanzlerin wert.


(Beifall bei der LINKEN)


Der Globale Fonds hat seit 2002 fast 6 Millionen
Menschen das Leben gerettet. Trotzdem sterben noch
heute jährlich 2 Millionen Menschen allein an HIV/
AIDS. Ich bin deshalb der Ansicht, die Finanzierung des
Globalen Fonds sollte durch einen völkerrechtlichen
Vertrag abgesichert und deutlich erhöht werden. Dieser
Fonds ist die beste derzeit vorhandene Maßnahme zur
Bekämpfung der Krankheiten, die die Menschheit am
meisten betreffen. Eine Einstellung der Zahlung an den
Globalen Fonds ist deshalb wider jede menschliche Lo-
gik und bedeutet für die Ärmsten dieser Welt eine unter-
lassene Hilfeleistung.


(Beifall bei der LINKEN – Harald Leibrecht [FDP]: Das stimmt doch gar nicht! Das wird doch gar nicht eingestellt! Was sagen Sie denn hier?)


Nächste Woche findet in New York die UN-Konfe-
renz zur Erreichung der Millenniumentwicklungsziele
statt. Es geht um den Kampf gegen die Tatsache, dass
fast 1 Milliarde Menschen hungern und dass Armut und
Krankheiten große Teile der Weltbevölkerung in Geisel-
haft halten. Angesichts Ihrer aktuellen Haushaltsplanung
appelliere ich an Sie, Herr Niebel und Frau Merkel: Fah-
ren Sie nicht, wie angekündigt, zum UN-Gipfel nach
New York! Blamieren Sie Deutschland nicht vor der in-
ternationalen Gemeinschaft mit weiteren Lippenbe-
kenntnissen zu den Millenniumentwicklungszielen.


(Beifall bei der LINKEN)


Dass die Versprechen der reichen Staaten an die ärmsten
Staaten oft Schall und Rauch sind, ist leider nichts
Neues. Ihre Unzuverlässigkeit aber bringt das Fass end-
gültig zum Überlaufen. „Weltmeister im Brechen von
Versprechen“ ist der Titel, den Sie sich zu Recht einhan-
deln werden.


(Beifall bei der LINKEN)


Die eingesparten Mittel steckt Herr Niebel übrigens
nicht etwa in einen anderen Bereich der Entwicklungs-
zusammenarbeit. Er leitet die Gelder stattdessen direkt
weiter an die deutsche Privatwirtschaft. Jetzt will er zum
Beispiel der Papenburger Meyer Werft Unterstützung in
Höhe von 50 Millionen Euro für den Bau einer entwick-

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(C (D ungspolitisch offensichtlich unnützen Fähre für Indoneien leisten. Das Entwicklungsministerium fördert mitterweile über 3 000 öffentlich-private Partnerschaften. s soll noch mehr Geld in diesen Bereich fließen. Längst st jedoch bewiesen: Den größten Nutzen aus diesen Moellen ziehen nicht die Menschen in den Partnerländern, ondern die Privatunternehmen. Sie betreiben daher eine Entwicklungspolitik, sondern Außenwirtschaftsolitik. Das lehnen wir ganz eindeutig ab. tatt einem Menschen in Afrika den Zugang zu lebensichtigen Medikamenten zu verschaffen, ermöglichen ie lieber dem einen oder anderen deutschen Unterneher eine satte Gewinnzulage. (Dagmar Wöhrl [CDU/CSU]: Wer hat Ihnen das aufgeschrieben?)


(Beifall bei der LINKEN)


Diese Wirtschafts- und Wettbewerbsfixierung setzt
ich im Übrigen auch in der Institutionsreform fort. Sie
ollen die Entwicklungsorganisationen der technischen
usammenarbeit fusionieren.


(Harald Leibrecht [FDP]: Richtig!)


abei soll die Unterstützung der deutschen Consulting-
irtschaft eine erhebliche Rolle spielen. Zum anderen
ollen Sie den Wettbewerb der öffentlichen Entwick-

ungsorganisationen mit der Privatwirtschaft um die
ufträge des Ministeriums stärken. Das ist wieder eine
aßnahme vor allem zugunsten der deutschen Unter-

ehmen und nicht primär zugunsten der Entwicklungs-
änder. Eine solche Fusion lehnen wir ab.


(Beifall bei der LINKEN)


Für die Linke ist ganz klar: Die koloniale Vergangen-
eit und unser heutiges Wirtschaftssystem sind Ursache
ür endloses Leid und Elend in der Welt. Entwicklungs-
olitik ist deshalb eine Verpflichtung gegenüber den
rmsten Ländern und darf auf keinen Fall mit eigenen
irtschaftlichen Interessen verknüpft werden. Die Ent-
icklungspolitik dieser Regierung ist deshalb eine Kata-

trophe.

Danke für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. h. c. Jürgen Koppelin [FDP]: Ihre Rede war auch eine Katastrophe!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705819800

Das Wort zu einer Kurzintervention erteile ich dem

ollegen Holger Haibach.


Holger Haibach (CDU):
Rede ID: ID1705819900

Herr Präsident, ich danke Ihnen dafür, dass Sie mir

ie Chance geben, noch etwas zu dem wichtigen Thema
Gesundheitsförderung in Entwicklungsländern“ zu sa-
en. – Herr Movassat, es tut mir wahnsinnig leid, dass
ch sagen muss: Einige Ihrer Aussagen stimmen einfach
icht. Das liegt vielleicht daran, dass Sie noch nicht allzu
ange im Parlament sind.





Holger Haibach


(A) )


)(B)

Erstens. Im Haushaltsentwurf sind 200 Millionen
Euro für den GFATM vorgesehen. Ich bitte darum, das
zur Kenntnis zu nehmen und nichts anders zu behaupten.

Zweitens. Die Zusage der Bundesregierung, der
Kanzlerin, der vorhergehenden Bundesregierung bezieht
sich auf Gelder in dieser Höhe für Maßnahmen in die-
sem Bereich und nicht ausdrücklich auf den GFATM.
Der GFATM ist ein mögliches Mittel; aber es können ge-
nauso gut andere mögliche Mittel genutzt werden. Es
können natürlich genauso gut bilaterale Maßnahmen ge-
nutzt werden, um diese Zusage einzuhalten und damit
auch ein vernünftiges Ergebnis zu erzielen.

Die öffentliche Diskussion, wie sie jetzt in Deutsch-
land abläuft, geht an dieser Stelle leider an der Wahrheit
vorbei. Auch Sie haben diesen Fehler gemacht. Unsere
Politik steht – selbst wenn es irgendwann zu einer Ab-
senkung kommen sollte – nicht in krassem Widerspruch
zu dem, was Zusage deutscher Regierungen gewesen ist,
und dabei bleibt es auch.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705820000

Herr Kollege, wollen Sie darauf erwidern? – Bitte

schön.


Niema Movassat (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1705820100

Sehr geehrter Herr Kollege Haibach, die Kanzlerin

hat vor drei Monaten einen Erfolg bei der Wiederauffül-
lungskonferenz versprochen. Der Globale Fonds ist ein
Erfolgsmittel in diesem Bereich. Deshalb sind die Aus-
sagen der Bundesregierung, die alle darauf abzielen
– Sie haben es mit Ihrem Wortbeitrag gerade im Prinzip
bestätigt –, diesem Fonds mit der Zeit die Mittel zu ent-
ziehen und sie in bilaterale Entwicklungszusammen-
arbeit zu investieren, der falsche Weg. Woher wissen wir
denn, dass die Modelle für bilaterale Entwicklungs-
zusammenarbeit, die entwickelt werden, wirklich besser
sind als der Globale Fonds? Dieser hat Erfolg gehabt.
Ich finde, man sollte eine erfolgreiche Mittelvergabe
fortsetzen und unterstützen. Deshalb ist es richtig und
wichtig, den Globalen Fonds wieder aufzufüllen.

Dieser Fonds braucht noch eine deutliche Mittelerhö-
hung. Insofern sollte Deutschland hier vorbildhaft vo-
rangehen und sich für eine Erhöhung der Mittel einset-
zen, und zwar auch im vorliegenden Haushaltsentwurf,
statt perspektivisch eine Senkung und damit eine Ab-
schaffung der Beiträge in Erwägung zu ziehen.

Danke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705820200

Das Wort hat nun Kollegin Priska Hinz von der Frak-

tion Bündnis 90/Die Grünen.

Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr
Ruck, es geht in dieser Debatte nicht um Kleinmut, son-

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(C (D ern schlicht und einfach um Fakten, die vielleicht auch ie zur Kenntnis nehmen sollten. Der Etat des Bundesinisteriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit sta niert im Jahre 2011. Nach der Finanzplanung wird er m Jahr 2012 um 5 Prozent und im Jahre 2013 um weiere 1,5 Prozent reduziert. Das bedeutet ein Minus von 00 Millionen Euro im Jahre 2013. Nichts gegen Wirksamkeit, was den Einsatz von Miteln angeht, Herr Niebel. Aber wenn immer weniger eld vorhanden ist, dann wird eigentlich nur eines wirk am, nämlich die alte Forderung der FDP, dieses Miniserium abzuschaffen. Denn wenn keine Entwicklungsusammenarbeit zu finanzieren ist, dann brauchen wir es rgendwann nicht mehr. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Auch nach Ihren eigenen Aussagen, Herr Niebel,
ird Deutschland im Jahre 2010 statt einer ODA-Quote
on 0,51 Prozent eine ODA-Quote von nur 0,4 Prozent
rfüllen. Insofern ist es schon ein sportliches Ziel,
,7 Prozent bis 2015 zu erreichen. Bis dahin müssten ei-
entlich 10 Milliarden Euro mehr zur Verfügung gestellt
erden, aber nicht einfach so, damit man Geld ausgibt
so wurde es hier suggeriert –, sondern zum Beispiel,

m Grundbildung in den Entwicklungsländern zu finan-
ieren, damit die Menschen dort ihre Existenz gründen
önnen, damit gute Verwaltungsstrukturen aufgebaut
erden können, damit diese Länder also aus sich selbst
eraus leben und wirtschaften können. Ich verweise in
iesem Zusammenhang auf Maßnahmen zur Anpassung
n den Klimawandel.

Auch hier versagen Sie. In Kopenhagen hat Frau
erkel höchstpersönlich zugesagt, jährlich 420 Millio-

en Euro für Klimaschutzmaßnahmen bereitzustellen.
m letzten Jahr haben Sie nach heftigem Ringen mit der
pposition 70 Millionen Euro eingestellt, davon 35 Mil-

ionen Euro im BMZ-Haushalt. Im Entwurf des Haus-
alts für das Jahr 2011 steht dafür kein einziger Euro zur
erfügung. Wir haben gerade in Pakistan gesehen, wel-
he Auswirkungen es hat, wenn der Klimawandel voran-
chreitet. Es macht doch keinen Sinn, immer wieder
othilfe zu leisten. Nein, wir müssen Gelder präventiv

insetzen, gerade für die Entwicklungszusammenarbeit,
amit der Klimawandel eingedämmt werden kann.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wer hindert Sie eigentlich daran, das, was in der Ka-
inettsvorlage steht, umzusetzen, nämlich die Einfüh-
ung neuer, innovativer Finanzierungsinstrumente?
as steht darin; das brauchen Sie, um die ODA-Quote

u erreichen. Was ist mit der Finanztransaktionsteuer?
ie steht es darum, das Mehrwertsteuerprivileg bei Flü-

en aufzuheben? Sie regieren doch; zumindest sollten
ie regieren. Führen Sie bitte solche innovativen Finan-
ierungsinstrumente ein! Wir unterstützen Sie, damit die
aushaltsentwürfe ab 2011 besser aussehen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Karin Roth [Esslingen] [SPD])






Priska Hinz (Herborn)



(A) )


)(B)

Wenn man sich die Verpflichtungsermächtigungen im
Bereich der technischen Zusammenarbeit im Haushalts-
entwurf ansieht, dann erkennt man, wie ernst Sie die Er-
füllung Ihrer internationalen Verpflichtungen nehmen:
Hier ist ein Minus von 130 Millionen Euro vorgesehen.
Bei der finanziellen Zusammenarbeit ist ein Minus von
311 Millionen Euro veranschlagt. Das bedeutet, dass Sie
die von Ihnen selbst in Angriff genommene Fusion der
Vorfeldorganisationen behindern; denn sie brauchen
VEs, damit sie Projekte planen können, damit die Um-
stellung auf das Auftragsverfahren vollzogen und der
Bestandsschutz für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
– Sie haben ihn versprochen – gewährleistet werden
können.

Wir Grünen werden Ihnen bei den Haushaltsberatun-
gen zeigen, wie wir bei Einhaltung der Schuldenbremse
das 0,7-Prozent-Ziel erreichen können. Wir erwarten
mehr Einsatz vom Minister. Unseren Einsatz werden wir
bringen.

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705820300

Frau Kollegin, ich wollte Sie gerade fragen, ob Sie

eine Zwischenfrage zulassen. Jetzt sind Sie schon da-
vongestürzt. Ich konnte Ihren Redefluss nicht eher unter-
brechen. Sie haben nicht einmal Luft geholt.


(Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Darf ich eine Kurzintervention machen?)


– Ja, dann bitte sofort.


Georg Schirmbeck (CDU):
Rede ID: ID1705820400

Verehrte Frau Kollegin, wenn ich es richtig sehe, sind

wir beide sowohl im Haushaltsausschuss als auch im
Rechnungsprüfungsausschuss des Deutschen Bundes-
tages.


(Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!)


Da ich weiß, dass Sie eine der belesensten Kolleginnen
sind und genau wissen, was in den einzelnen Bereichen
läuft, unterstelle ich einmal, dass Sie davon Kenntnis ha-
ben, dass der Bundesrechnungshof den Bundeshaushalt
überprüft. Der Rechnungshof hat sich einmal mit den
Verpflichtungsermächtigungen in den Bundeshaushal-
ten der Vergangenheit auseinandergesetzt: Er hat war-
nend festgestellt, dass wir viel zu viele Verpflichtungs-
ermächtigungen ausbringen und dass ihre Anzahl
drastisch verringert werden muss.

Wenn sich jetzt die Bundesregierung an das hält, was
der Rechnungshof vorgegeben hat und was wir im Haus-
haltsausschuss zustimmend zur Kenntnis genommen ha-
ben, dann können Sie nicht hingehen und die Bundes-
regierung hier für ihr richtiges Verhalten kritisieren.
Würde man Ihrer Kritik folgen, hätte dies zur Konse-
quenz, dass an der einen oder anderen Stelle mehr Ver-
pflichtungsermächtigungen ausgebracht werden müssen.
Ich sage Ihnen bei allem Respekt unter uns Haushältern
bzw. unter uns Vertretern des Rechnungsprüfungsaus-

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(C (D chusses – wir sind schließlich die Elite dieses Parlaents –: Wir sollten uns an die Vorgaben des Rech ungshofes halten. (Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU – Lachen bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Verehrte Kolleginnen und Kollegen, das ist gar nicht
ächerlich.

Ich sage ernsthaft: Jeder weiß, dass die Mitgliedschaft
m Haushaltsausschuss das Höchste ist, was man im
eutschen Bundestag erreichen kann, es sei denn, man
ird Präsident dieses Parlaments. Ich bitte um Nach-

icht.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705820500

Lieber Kollege, es ist gut, dass Sie gerade noch die

urve gekriegt haben.


(Heiterkeit)


Bitte schön, Kollegin Hinz, zur Erwiderung.

Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
EN):
Herr Kollege, da ich so belesen bin, lese ich nicht nur

echnungsprüfungsberichte und Haushalte, sondern
ümmere mich auch darum, wie die Fusion von GTZ,
nWEnt und DED funktionieren soll. Ich weiß deshalb,
ass diese Fusion und die Umstellung auf das Auftrags-
erfahren nur funktionieren, wenn Verpflichtungsermäch-
gungen nicht nur für die GTZ zur Verfügung stehen, son-
ern eben auch für die neue, größere Organisation; denn
ED und InWEnt müssen das ganze Haushaltsverfahren
mstellen. Deswegen ist es in diesem speziellen Fall tat-
ächlich notwendig – das sollten wir als Haushälter eben
uch zur Kenntnis nehmen –, Umfang und Anzahl der
erpflichtungsermächtigungen zu erhöhen.

Lieber Herr Kollege, ich finde, wir sollten, wenn wir
chon zur Elite gehören, über den Tellerrand hinaus-
chauen und uns neue Erkenntnisse zu Gemüte führen,
m zu guten Ergebnissen im Sinne der Entwicklungszu-
ammenarbeit und der Effizienz bei der Ausgabe von

itteln zu kommen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705820600

Das Wort hat nun Kollege Jürgen Klimke für die

DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Jürgen Klimke (CDU):
Rede ID: ID1705820700

Danke sehr. – Herr Präsident! Meine Damen und Her-

en! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir kommen von
er Elite zur Normalität zurück. Vielleicht erinnern Sie
ich gemeinsam mit mir an die letzte Haushaltsdebatte,
ie wir vor sechs Monaten geführt haben. Dort ging es
hnlich aufgeregt zu. Man hat damals Minister Niebel
orgeworfen, er könne es nicht, das von ihm protegierte
eam in seinem Ministerium würde es ebenfalls nicht





Jürgen Klimke


(A) )


)(B)

packen. Es gab Personal- und Umstrukturierungsdiskus-
sionen. Im Übrigen wurde behauptet, mit der Entwick-
lungszusammenarbeit und der Entwicklungspolitik gehe
es steil bergab. Aber das Gegenteil ist der Fall. Wir ha-
ben mehrfach darauf hingewiesen – ich wiederhole es –:
Der Bundeshaushalt geht insgesamt um 3,8 Prozent zu-
rück. In unserem Einzelplan ist immerhin ein Aufwuchs
von 3 Millionen Euro vorgesehen. Das muss man fest-
halten. Lassen wir doch einmal die Kirche im Dorf.


(Beifall des Abg. Harald Leibrecht [FDP])


Ich möchte auch auf etwas anderes hinweisen. Die taz
und Der Spiegel kommen in diesen Tagen an einem Lob
für Minister Niebel nicht vorbei. Die Lobeshymnen der
Zeitungen aus dem linken Spektrum sind nicht nur eine
Bestätigung, nein, sie stellen zusätzlich eine Prognose
für seine weitere Amtszeit dar. Seine Arbeit wird kurz
und bündig als positiv und konstruktiv beschrieben. Ich
freue mich darüber, dass die meisten anderen Medien die
Richtigkeit dieses Urteils inzwischen eingesehen und die
Kritik an Minister Niebel eingestellt haben.

Nun muss sich die Opposition fragen, ob sie den ei-
nen oder anderen Satz der Anerkennung oder der persön-
lichen Wertschätzung des Ministers – zwei, drei Ansätze
dazu hat es gegeben – artikulieren könnte. Man hat ange-
sichts der Oppositionsarbeit in den letzten Monaten
manchmal das Gefühl, dass die Ideen und die Vorstellun-
gen der Opposition regressiv sind und dass programma-
tisch eher von mangelnder Kreativität gesprochen wer-
den sollte.

Die Opposition will zum Beispiel mehr Budgethilfe
für Länder, die nachweislich korrupt sind. Das ist nicht
kreativ. Die Opposition verneint, dass der Aufbau wirt-
schaftlicher Leistungskraft auf regionalen Märkten mithilfe
des Know-hows der deutschen Wirtschaft zukunftswei-
send ist. Die Opposition stellt sich gegen den entwick-
lungspolitischen Nutzen von Infrastrukturprojekten; das
haben wir hier mehrfach gehört. Sie ist gegen die Förde-
rung innovativer Agrarforschung, mit der in den nächsten
Jahren die Nahrungsmittelknappheit bekämpft werden
kann. Einige von denen, die jetzt in der Opposition sind,
haben in Regierungsverantwortung ein Jahrzehnt lang die
Mittel für zukunftsweisende Sektoren, zum Beispiel für
den Bereich Bildung, zurückgefahren. Im Gegensatz dazu
haben wir, die Entwicklungspolitiker von Union und
FDP, konstruktive Vorstellungen, die wir gemeinsam in
der Koalition umsetzen. Man merkt, dass nicht mehr ge-
bremst wird, wie von der SPD zu Zeiten der Großen Ko-
alition.

Lassen Sie mich auch auf die Fusion der techni-
schen Zusammenarbeit hinweisen; wir haben das
mehrfach angesprochen. Zum 1. Januar 2010 geht es los.
Das möchte ich festhalten.

Außerdem ist es wichtig – ich betone das immer wie-
der gerne, weil es deutliche Defizite in den letzten Jah-
ren gegeben hat –, die Kooperation mit der Wirtschaft
zu stärken. Der vorliegende Haushalt belegt diese pro-
grammatische Neuausrichtung. Das ist eine Grundaus-
richtung, wie die SPD sie immer verhindert hat. Jetzt
werden die Vorhaben endlich umgesetzt.

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(C (D Nichts ist sinnvoller und notwendiger als beispielseise ein verstärktes Engagement des deutschen Mit elstandes in den Entwicklungsländern. Das wird dort uch erwartet. Gerade der deutsche Mittelstand hat einen esonders guten Ruf, in folgenden Bereichen über auseichend Know-how zu verfügen: beim Klimaschutz, im asserbereich, im Energiesektor, im Rohstoffbereich nd bei den Wertschöpfungsketten im Gesundheitsbeeich. Das sind Bereiche, in die sich der deutsche Mitteltand bei der Entwicklungszusammenarbeit einbringen ann. Wir wollen, dass deutsche Unternehmen sozial und mweltfreundlich investieren. Dazu hat das BMZ eine ervicestelle „Entwicklungszusammenarbeit und Wirtchaft“ eingerichtet, die mittelständische Unternehmen erät. Das ist gut so. Darüber hinaus haben wir zusätzlich 0 Millionen Euro für Programme zur Förderung der Zuammenarbeit mit der Wirtschaft in den Haushalt eingetellt, und wir haben sogenannte Entwicklungsscouts als erbindungsreferenten in die großen Wirtschaftsverände geschickt. Diese Scouts sollen vor allen Dingen irektinvestitionen der deutschen mittelständischen Un ernehmen in den Partnerländern unterstützen und neue onzepte bei der Mikrofinanzierung und der Mikroversi herung als zusätzliches Angebot in die Entwicklungsänder mitnehmen. Das ist etwas sehr Gutes. Ein letzter Punkt zu diesem Bereich. Die PPP-Proramme sind ausgebaut worden. „DeveloPPP“ ist ein eues Programm. Es ist klar, liebe Opposition, dass guter ille die Probleme in unseren Partnerländern nur be ingt löst. Wir verfügen auch über die nötigen Konzepte. as ist das Wesentliche. Konzepte für Finanzierungsinstrumente im Rahmen es Einzeletats 23 hat der Kollege Ruck vorhin vorgetellt. Das sind Konzepte kreativer Art; das ist das Entcheidende. Was haben Sie unter Ihrem Kanzler Schröder emacht? Sie haben unter dem Eindruck der damaligen irtschaftskrise einfach bei den Geldern für die Armen n der Welt gespart. Das ist aus meiner Sicht Doppelmoal. Wir sind da kreativer und versuchen, neue Finanzieungsinstrumente zu schaffen. Kreativität ist auch an einem anderen Punkt entscheiend. Ich bin besonders stolz darauf, dass meine Partei usammen mit der CSU dadurch ihre Fähigkeit zu prorammatischer Entwicklung unter Beweis stellt, dass sie ie Bundeswehr zu einer effizienten und den aktuellen roblemen angemessenen Armee im Einsatz umbauen ill, zu einer Armee, die sich der vernetzten Sicherheit erpflichtet fühlt – das zeigt das Beispiel Afghanistan –, u einer Armee, die neben dem sicherheitspolitischen spekt auch einen humanitären Jürgen Klimke )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Heike Hänsel [DIE LINKE]: Oh je!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Lachen der Abg. Heike Hänsel [DIE LINKE])





(A) )

und einen entwicklungspolitischen Ansatz verfolgt, Frau
Hänsel, und diesen Ansatz mehr und mehr in ihre Arbeit
aufnimmt. Gerade diese Reform beweist die Regierungs-
fähigkeit der Union und macht deutlich, dass wir in der
Lage sind, Bewährtes neuen Strukturen anzupassen.

Ein weiterer Punkt ist die Durchsetzung der Men-
schenrechte in der Entwicklungs- und Außenpolitik.
Auch das ist zur Zeit der Großen Koalition nicht immer
leicht gewesen. In unseren Partnerländern, in denen die
Menschenrechte mit Füßen getreten werden, machen wir
deutlich, dass wir dies nicht länger dulden wollen. Das
Gleiche gilt für Korruption. Die Lage der Homosexuel-
len in Uganda, die Rolle der GTZ im Kongo,


(Kerstin Müller [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was machen Sie mit Äthiopien?)


aber auch der Druck von uns und von der EU auf die Re-
gierung in Mosambik machen deutlich, dass wir es ein-
fach nicht mehr hinnehmen, wenn wesentliche Elemente
unserer Grundauffassung von unserer Politik, wie die
Einhaltung der Menschenrechte, mit Füßen getreten wer-
den. Dann wird eingegriffen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Auf einen weiteren Punkt, die Millenniumsentwick-
lungsgrundsätze, die wir in vollem Umfang realisieren
wollen, hat der Kollege Haibach hingewiesen. Es ist
wichtig, zu sagen, dass wir zu den Geldern des Global
Fund stehen und verstärkt bilateral investieren wollen.
Ziel ist die Bekämpfung der Krankheiten mit vielen In-
strumenten, nicht nur global, sondern auch bilateral.

In der nächsten Woche stehen die Millenniumsent-
wicklungsziele auf der Tagesordnung des Gipfels in New
York. Ich glaube, es ist wichtig, dass wir dort folgende
Schwerpunkte setzen: Wir müssen die Eigenverantwor-
tung unserer Partnerländer stärken, die Zivilgesellschaft
in den jeweiligen Ländern stärker fördern, nachhaltiges
Wirtschaftswachstum dort begünstigen und die Fähigkei-
ten der Menschen vor Ort unterstützen, damit sie in der
Lage sind, sich selbst zu helfen und voranzukommen.
Wenn es uns gelingt, die anderen Gebernationen von die-
sen Grundsätzen zu überzeugen, dann kann dieser Gipfel
ein großer Erfolg werden. Wir sollten uns das gemeinsam
wünschen, auch im Interesse der Entwicklungsländer.

Danke sehr.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705820800

Das Wort hat nun Sascha Raabe für die SPD-Fraktion.


Dr. Sascha Raabe (SPD):
Rede ID: ID1705820900

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen

und Kollegen! In der nächsten Woche findet eine wich-
tige Konferenz in New York statt. Auch einige aus die-
sem Haus werden hinfahren, etwa Herr Minister Niebel
und die Kanzlerin. Die Abschlussresolution dieser Kon-
ferenz, der Konferenz zur Überprüfung der Millen-
niumsentwicklungsziele, liegt uns schon vor. Darin

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(C (D erden das 0,7-Prozent-Ziel und das Ziel, schon in dieem Jahr 0,51 Prozent zur Verfügung zu stellen, noch inmal ausdrücklich angemahnt. Ich zitiere aus einer Hausmitteilung des BMZ: Dirk iebel fährt nicht mit leeren Händen nach New York um MDG-Gipfel. Gemeinsam mit der Kanzlerin bringt r wichtige Vorschläge in die Verhandlungen ein. Unsere ichtige Botschaft ist, dass wir unser Versprechen hal en. Ich meine, wer heute die Debatte verfolgt hat, den aushaltsentwurf liest und rechnen kann, Herr Minister, er sieht ganz klar, dass Sie hier das Gegenteil tun. Sie rechen das Versprechen. Sie sollten nicht auch noch die ffentlichkeit auf den Arm nehmen und so tun, als würen Sie das Versprechen halten. Sie fahren mit leeren änden nach New York. Das ist beschämend für die rmsten Menschen der Welt. Das müssen wir hier heute anz klar feststellen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sie müssen sich schon entscheiden. Sie sagen immer,
as Geld sei nicht entscheidend, sondern die Effizienz.


(Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Der gute Wille!)


ann müssen Sie jetzt erst einmal einräumen, dass Sie
as erforderliche Geld nicht zur Verfügung stellen. Ich
in gerne bereit, mit Ihnen die Effizienzdebatte zu füh-
en. Einige Vorredner haben immer so getan, als wäre
as, was Sie da verbessern, schon in Ordnung. Aber was
achen Sie in dem Bereich? Sie treten die Instrumente,

uf die sich die internationale Gemeinschaft geeinigt hat,
m wirksamer zu werden, doch mit Füßen. Statt sich in
ine multilaterale, international abgestimmte Politik ein-
uordnen, wollen Sie weiterhin überall deutsche Flaggen
uf die Projekte setzen und in die Steinzeit der Projekti-
is zurückfallen. All diese Dinge werden Ihnen zu Recht
orgeworfen.

Da der Kollege Klimke behauptet hat, die linke Presse
abe Herrn Niebel gelobt, zitiere ich einmal aus dem Ar-
ikel „Am Hofe Niebel“ aus dem Spiegel vom 23. Au-
ust 2010.


(Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Der Spiegel ist doch keine linke Presse! Was lesen Sie überhaupt für Zeitungen?)


ort steht, dass der Globale Fonds entgegen den Rat-
chlägen der Experten nicht fortgeführt werden soll.
eiter heißt es:

Aus Niebels Sicht hat der Fonds einen Makel: Es ist
eine multilaterale Organisation, die nicht vor ihren
Projekten die deutsche Fahne hochzieht – mit
Folgen. …
Niebel wird in der Branche nicht als erster Anwalt
seiner Sache wahrgenommen. So muss er sich vor-
halten lassen … bei den Etatverhandlungen fast leer
ausgegangen zu sein.





Dr. Sascha Raabe


(A) )


)(B)

An einer anderen Stelle heißt es:

Nichtregierungsorganisationen, die bislang eng mit
dem Ressort kooperierten, gehen auf Distanz. Wer
Kritik übt, bekommt Niebels Zorn zu spüren.

Im Spiegel steht auch, was das Personal im BMZ sagt:
… die Urteile sind vernichtend: „Die FDP hat sich
unser Ministerium zur Beute gemacht“, „Wir wis-
sen nicht, was Niebel inhaltlich will, es kommen
nur Phrasen“. Die Stimmung ist miserabel.

Dem kann ich mich nur anschließen, Herr Minister. Sie
haben es in einem Jahr geschafft, die gute deutsche Ent-
wicklungszusammenarbeit so zu beschädigen, dass Ih-
nen das zu Recht von Nichtregierungsorganisationen
und auch der freien Presse vorgehalten wird.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Patrick Döring [FDP]: Sie glauben doch Ihre eigenen Worte nicht!)


Das müssen Sie sich auch von uns vorhalten lassen,
Herr Minister. Wenn Sie in andere Länder gehen und
gute Regierungsführung einfordern, dann muss man
hier einmal schauen, wie diese Bundesregierung dieses
Land mittlerweile zur Beute von Atomlobbyisten und
Hotellobbyisten gemacht hat.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU/CSU und der FDP: Oh!)


Überall dort wäre Geld zu holen. Meine lieben Haushäl-
ter, die Sie sich hier selbst als Elite des Parlaments be-
zeichnen, wenn Sie bei der Besteuerung der Energiewirt-
schaft einmal auf den Gedanken gekommen wären,
denen jetzt nicht unter dem Strich 80 oder 90 Milliarden
Euro zu schenken, sondern dort ein bisschen kräftiger
zuzuschlagen,


(Patrick Döring [FDP]: Äußern Sie sich doch zu Dingen, die Sie verstehen!)


dann hätten Sie auch das nötige Geld, um die Mittel für
Entwicklungszusammenarbeit entsprechend internatio-
nalen Zusagen zu steigern. Wir sollten, wenn wir von
guter Regierungsführung sprechen, hier in diesem Hause
damit anfangen, Herr Minister. Da gäbe es sehr viel zu
tun.


(Beifall bei der SPD – Georg Schirmbeck [CDU/ CSU]: Das musste gesagt werden!)


In der Tat, wo sollen die Mittel herkommen? Die Ein-
nahmen aus der Flugticketabgabe gehen jetzt in den
Haushalt und werden nicht für die Entwicklungszusam-
menarbeit verwendet, wie es einmal gedacht war. Die Fi-
nanztransaktionsteuer lehnt der Herr Minister ab. Es ist
schon interessant, dass man sich dafür rechtfertigt, dass
man die Mittel nicht erhöht, indem man darauf hinweist,
dass es in vielen Entwicklungsländern Korruption gibt
und man deswegen kein Geld dorthin geben muss. Wenn
Herr Koppelin in seiner Rede sagt, wir Entwicklungspo-
litiker wollten immer nur mehr Geld für die EZ, es gebe
doch genug Probleme in Deutschland, dann liegt das ge-
nau auf der Linie, die auch Frau Steinbach neulich ver-

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(C (D olgt hat: dass die Wohlstandsdeutschen Mitgefühl mit frikanern hätten, dass aber das, was hier im Lande ge chehe, auf der Strecke bleibe. (Patrick Döring [FDP]: Alles abgeräumt! – Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Das war Sarrazin, der das gesagt hat!)


Herr Koppelin hat schon im letzten Jahr dafür ge-
orgt, dass ein erfolgreiches Programm wie „weltwärts“,
as jungen Menschen die Möglichkeit gibt, eigene wert-
olle Erfahrungen zu sammeln – sie leisten dabei in Ent-
icklungsländern wertvolle Aufbauarbeit –, diskreditiert
ird. Herr Niebels Etat wurde an dieser Stelle gekürzt.
an hat sich von Herrn Koppelin schon mehrfach am
asenring herumführen lassen.


(Lachen bei Abgeordneten der FDP)


s ist nicht zu erwarten, dass in diesen Verhandlungen
ür „weltwärts“ noch etwas herausgeholt wird.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705821000

Ihre Redezeit ist bereits vorüber.


Dr. Sascha Raabe (SPD):
Rede ID: ID1705821100

Ich will – –


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705821200

Nein, Ihre Redezeit ist vorüber.


Dr. Sascha Raabe (SPD):
Rede ID: ID1705821300

Dann ist es auch ganz gut, dass der Koppelin jetzt

ichts mehr sagt.


(Patrick Döring [FDP]: Das ist der Kollege Koppelin! Wo sind wir denn hier!)


Ich kann zu Herrn Kollegen Koppelin, der die jungen
enschen hier diskreditiert, nur sagen, dass ich –


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705821400

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist zu Ende. Sie müssen

um Schluss kommen.


Dr. Sascha Raabe (SPD):
Rede ID: ID1705821500

– zum Schluss – auf Auslandsreisen in Entwicklungs-

ändern immer wieder die Erfahrung gemacht habe, dass
iese jungen Leute ganz schwere Arbeit machen, dass
ie etwas Gutes für die Ärmsten der Armen tun und dass
ie in Kindergärten und Schulen helfen. Wenn ein Abi-
urient dort Englisch unterrichtet, ist dieser – leider – oft-
als besser ausgebildet als der eine oder andere Lehrer.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705821600

Herr Kollege!


Dr. Sascha Raabe (SPD):
Rede ID: ID1705821700

Ich habe großen Respekt vor der Aufgabe der Men-

chen dort. Deswegen, Herr Kollege Koppelin, sollten
ie Ihre Kritik an „weltwärts“ zurücknehmen.

Danke.


(Beifall bei der SPD)







(A) )


)(B)


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705821800

Nun hat Kollege Koppelin eine Kurzintervention von

zwei Sätzen erbeten. Mal sehen!


Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1705821900

Satz Nummer eins lautet: Ich hätte auch keine Zwi-

schenfrage mehr gestellt, weil ein allgemeines Aufatmen
zu vernehmen war, als es hieß, die Rede sei zu Ende.

Satz zwei: Ich kann nicht ernst nehmen, was der Kol-
lege vorhin vorgetragen hat, wie ich auch vieles andere
nicht ernst nehmen kann. Ich erinnere an die letzte De-
batte. Damals habe ich zum Beispiel gesagt, die ODA-
Quote habe im Jahr 2009 bei 0,36 Prozent gelegen. Da-
mals hat er mich als Lügner und als sonst etwas bezich-
tigt. Insofern nehme ich auch diese Bemerkung jetzt
nicht so ernst. Meistens haben Sie danebengelegen, Herr
Kollege.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705822000

Können auch Sie sich auf zwei Sätze beschränken?


Dr. Sascha Raabe (SPD):
Rede ID: ID1705822100

Jetzt führen Sie alte Debatten an, in denen ich zu

Recht darauf hingewiesen habe, dass Sie zu dem Zeit-
punkt die ODA-Quote noch nicht kennen konnten, weil
der Entwicklungsausschuss der OECD die Zahlen noch
nicht überprüft hatte. Damals konnten wir nicht wissen,
dass der Herr Minister in den vergangenen Monaten die
vorgesehenen Mittel nicht hat abfließen lassen, um seine
ODA-Zahlen für das Jahr 2009 zu schönen. Das ist be-
legbar.


(Patrick Döring [FDP]: Das ist falsch!)


Deshalb weise ich die Unterstellung der Lüge aufs
Schärfste zurück, Herr Kollege Koppelin.

Sie haben die ODA-Zahlen für 2009 frisiert, um hier
besser dazustehen. Ich möchte Sie bitten, nicht auf eine
Wortwahl zurückzugreifen, die in der Sache nicht richtig
ist.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705822200

Nun hat Kollege Volkmar Klein von der CDU/CSU-

Fraktion das Wort.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Guter Mann! Endlich wieder ein Haushälter!)



Volkmar Klein (CDU):
Rede ID: ID1705822300

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Ich glaube, die gerade geführte Diskussion brau-
chen wir nicht besonders ernst zu nehmen. Bei dem ge-
samten Beitrag des Kollegen Raabe hatte man den Ein-
druck, dass bei ihm die Textbausteine irgendwie ein
bisschen durcheinandergeraten sind.


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Kennst du eigentlich Hans Huckebein?)


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(C (D Meine Damen und Herren, besser ist immer möglich, nd das Bessere ist der Feind des Guten. Das wissen wir lle. Dass mehr Geld auch mehr Freude in jedem Hausalt auslöst, ist ebenfalls klar. Insofern hat der Kollege oppe mit seiner durchaus sehr selbstkritischen Anmerung im Prinzip recht. Am Ende der Diskussion will ich edoch vermeiden, dass ein komplett falscher Eindruck om Haushalt des Ministeriums für wirtschaftliche Zuammenarbeit und Entwicklung entsteht. Natürlich reden wir über einen Sparhaushalt der Bunesrepublik Deutschland für das Jahr 2011. Dieser Sparaushalt beinhaltet, dass wir die Ausgaben im nächsten ahr um 3 Prozent kürzen müssen. Aufgrund unserer erantwortung für kommende Generationen ist das auch ichtig so. Ich glaube, wir müssen uns daran gewöhnen, ass es nicht nur moralisch gut ist, Geld für schöne Zweke auszugeben, sondern dass es auch moralisch gut ist, ein Geld auszugeben und unseren Nachfolgern weniger chulden zu hinterlassen. Deswegen ist es richtig, das Haushaltsvolumen um Prozent herunterzufahren. Wenn vor diesem Hinter rund der Einzelplan, über den wir hier reden, sogar um Millionen Euro aufwächst, dann bedeutet das doch ichts anderes, als dass das Gewicht der internationalen erantwortung innerhalb unseres Gesamthaushalts gröer wird. Das kann man hin und her rechnen, aber es ist un einmal eine Tatsache. Wenn wir ehrlich sind, dann müssen wir uns in den ahlkreisen genau dafür verantworten und begründen, arum wir so viel Geld für diesen Bereich ausgeben. atürlich gibt es kritische Fragen angesichts der Geamtverschuldung und angesichts der anderen Aufgaen, um die wir uns auch kümmern müssen. Wir müssen ber dazu stehen und sagen, dass es richtig ist, für die inernationale Verantwortung so viel auszugeben. Unsere erantwortung endet eben nicht an unseren Grenzen. as sind wir unserem christlichen Menschenbild schulig. Das ist nicht nur altruistisch, sondern auch in unserem igenen, deutschen Interesse. Denn wenn wir anderen ändern helfen, aus der Armut herauszukommen, dann ird die Welt stabiler, dann werden die Chancen auch ür unsere Wirtschaft größer, und dann wird es seltener er Fall sein, dass Menschen aus Armutsgründen in unere Länder migrieren. Es ist also richtig, so viel Geld, ehr Geld als im vergangenen Jahr, für diesen Bereich uszugeben. Trotzdem müssen wir uns fragen: Ist die Effizienz usreichend? Ich glaube, dass es richtig ist, die Schwerunkte ein bisschen zu verändern und effizienter zu weren. Erster Punkt: die Fusion im Rahmen der Vorfeldreorm. Ich will dazu inhaltlich gar nichts mehr sagen, sonern nur Frau Hinz den Hinweis geben: Die gesamte Fuion ist im Haushalt überhaupt noch nicht abgebildet, eil wir alle noch darauf warten, dass die entsprechen Volkmar Klein )


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: So ist es!)





(A) )

den Wirtschaftlichkeitsberechnungen vorgelegt werden;
auch ich hätte sie gerne schon früher gehabt. Erst wenn
diese vorliegen, können wir sie inklusive der Verpflich-
tungsermächtigungen für die bisherigen Zuwendungs-
empfänger InWEnt und DED, nach denen zu Recht ge-
fragt worden ist, im Haushalt für das nächste Jahr
aufgreifen. Dann müssen wir als Parlament die notwen-
digen Änderungen in den Haushalt einbringen, damit das
Verfahren wirklich zum 1. Januar des nächsten Jahres
beginnen kann.


(Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Fragen Sie doch mal Herrn Schirmbeck, was alles notwendig ist! – Gegenruf des Abg. Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Der Mann hat Ahnung! Er ist schließlich im Haushaltsausschuss!)


Zweitens ist es richtig, die Schwerpunkte unserer Ent-
wicklungszusammenarbeit ein bisschen zu verschieben,
in Form von Mikrokrediten und Folgefinanzierungen
mehr Private einzubinden und für mehr Unternehmen,
für mehr Arbeitgeber in den Entwicklungsländern zu
sorgen. Das ist ein Erfolg, den wir anstreben müssen, der
aber wenig mit der Menge des dafür ausgegebenen Gel-
des zu tun hat.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Der Abbau von Handelshemmnissen bringt zwar keine
Erhöhung der ODA-Quote, auf die Sie geradezu fetisch-
artig blicken, mit sich; aber er hilft. Er hilft sogar viel
mehr als manche ODA-Mittel oder Almosen.

Meine Damen und Herren, jüngst hat uns eine Afrika-
nerin, die sambische Wirtschaftswissenschaftlerin Dam-
bisa Moyo, in ihrem eindrucksvollen Buch die Botschaft
präsentiert, dass wir die eine oder andere Selbstverständ-
lichkeit unserer bisherigen Entwicklungshilfe durchaus
einmal hinterfragen sollten. Wir müssen helfen, wirt-
schaftliche Chancen zu eröffnen, die in den Entwick-
lungsländern für Arbeit sorgen. Das ist nicht nur für
deutsche Unternehmen gut, die dort vielleicht über Di-
rektinvestitionen Arbeitsplätze schaffen; vielmehr ist es
auch gut für Afrika, denn diejenigen in Afrika, die Geld
haben, investieren es bisher leider noch viel zu wenig
dort.

Die UNCTAD, die United Nations Conference on
Trade and Development, hat für ihren Bericht im
Jahre 2007 die Kapitalflucht aus Afrika analysiert und
ist zu dem Ergebnis gekommen, dass in den Jahren 1970
bis 2005 rund 400 Milliarden Euro aus Afrika abgeflos-
sen sind. Andere Wirtschaftswissenschaftler haben er-
mittelt, dass das von Privatleuten in einigen Ländern
Afrikas gehaltene Auslandsvermögen – ich könnte Ihnen
jetzt die einzelnen Zahlen nennen – deutlich größer als
die Gesamtverschuldung des jeweiligen Landes ist.
Meine Damen und Herren, wir müssen darauf hinweisen
dürfen, wie wichtig es ist, dass die Menschen in Afrika
Vertrauen in ihr eigenes Land haben und auch ihr eige-
nes Geld für dessen Entwicklung einsetzen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Heike Hänsel [DIE LINKE]: V G s w t v ü M d g t b A h H d z r w g L g w b ö s t e m h d v b d J g n R s (C (D Ja! Wir müssen die Steueroasen schließen! Das Geld liegt auch auf deutschen Konten!)


Gestern Abend fand hier in Berlin eine eindrucksvolle
eranstaltung mit John Kufuor, dem Ex-Präsidenten
hanas und der Afrikanischen Union, statt. Diese Veran-

taltung war unter anderem deswegen eindrucksvoll,
eil der Kollege Fischer dort einen hervorragenden Bei-

rag geleistet hat,


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


or allen Dingen aber, weil wir gemeinsam ein Gespräch
ber die Frage geführt haben: Wie müssen wir soziale
arktwirtschaft im internationalen Kontext heute neu

efinieren? John Kufuor hat seine Erkenntnisse in fol-
endem Satz zusammengefasst: Afrika braucht Compe-
ence for Competition. – Ich finde das toll: Afrika
raucht Wettbewerbsfähigkeit, die es ermöglicht, aus der
rmut herauszukommen, um auf eigenen Beinen zu ste-
en. Das wäre dann auch nachhaltig.

John Kufuor hat beklagt, dass der innerafrikanische
andel bisher leider nur 10 Prozent des Gesamthandels
er afrikanischen Länder ausmacht. Das ist ein Armuts-
eugnis, und das gilt es zu ändern.

Ich denke, wir sollten uns weniger mit dem kleinka-
ierten Aufrechnen irgendwelcher Zahlen beschäftigen,
ie es von der linken Seite dieses Hauses heute ständig
etan wurde.

asst uns gemeinsam helfen und gemeinsam dafür sor-
en, dass John Kufuors Vision von Afrika Wirklichkeit
ird!

Danke sehr.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705822400

Bundesminister Niebel hat noch einmal ums Wort ge-

eten, wohl wissend, dass er damit die Debatte neu er-
ffnet.


(Zuruf von der LINKEN: Nein! Jedes Mal dasselbe Theater!)


Dirk Niebel, Bundesminister für wirtschaftliche Zu-
ammenarbeit und Entwicklung:

Herr Präsident! Ihre Anmerkung ist vollkommen rich-
ig. Da ich in meiner Funktion als Abgeordneter nicht zu
iner Kurzintervention zugelassen wurde, kann ich in
einer Funktion als Bundesminister hier einige Unklar-

eiten ausräumen.

Der Abgeordnete Raabe hat Jürgen Koppelin, der lei-
er wegen einer Veranstaltung eher gehen musste, in der
on ihm angesprochenen Debatte wissentlich der Lüge
ezichtigt, weil Jürgen Koppelin hier behauptet habe,
ass die ODA-Quote der Vorgängerregierung im letzten
ahr 0,36 Prozent des Bruttonationaleinkommens betra-
en habe. Er hat das damit begründet, dass die Zahlen
och nicht haben vorliegen können, weil der DAC Peer
eview noch nicht abschließend durchgeführt worden

ei.





Bundesminister Dirk Niebel


(A) )


)(B)

Er weiß aus seiner Zeit als Mitglied einer Regierungs-
partei natürlich, dass man diese Daten im Wesentlichen
schon im Vorhinein, bevor sie offiziell abgestimmt sind,
hat. Er weiß darüber hinaus auch – deswegen hatte ich
mich zu der Kurzintervention gemeldet –, dass die neue
Bundesregierung zu keinem Zeitpunkt irgendwelche
Mittel willentlich nicht hat abfließen lassen, um irgend-
welche Quoten zu verändern, sondern dass eine Ent-
schuldungsverhandlung – ich meine, es sei mit Liberia
gewesen; das lässt sich aber nachprüfen –, die nicht vom
Ministerium, sondern von der KfW Entwicklungsbank
geführt wurde, nicht abschlussfähig gewesen ist.

Er wollte mit dem Vorwurf, dass die Bundesregierung
willentlich Gelder nicht habe abfließen lassen, um sich
statistisch besser darzustellen, nichts anderes tun, als
vom Versagen der Vorgängerregierung abzulenken, die
eine ODA-Quote von 0,35 Prozent, also deutlich unter
allen vereinbarten Stufenplänen, die man hier immer wie
eine Monstranz vor sich herträgt, erreicht hat. Zudem
wollte er davon ablenken, dass die Quote der neuen Bun-
desregierung im Jahre 2010 aller Voraussicht nach zwar
auch unterhalb des Stufenplans, mit 0,4 Prozent aber im-
merhin deutlich höher sein würde.

Ich glaube, das macht in bezeichnender Art und
Weise deutlich, wie unsinnig es ist, sich über den Ab-
fluss von irgendwelchen Summen zu unterhalten, und
wie richtig es ist, dass sich diese Bundesregierung auf
Effizienz, Wirksamkeit und wirkliche Hilfeleistung kon-
zentriert.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705822500

Herr Kollege Niebel, ich darf Sie an Ihre Zeit als Ab-

geordneter erinnern: Erstens ist es unüblich, dass ein
Präsident kritisiert wird. Zweitens ist es unüblich, dass
eine Kurzintervention auf eine Kurzintervention zuge-
lassen wird. Mit Kurzinterventionen soll auf Reden re-
agiert werden. Das ist unsere Praxis.


(Patrick Döring [FDP]: Aber das hat der Kollege Raabe in seiner Antwort auf die Kurzintervention des Kollegen Koppelin ja nicht gemacht!)


– Ja, aber er wollte auf die Kurzintervention des Kolle-
gen – –


(Patrick Döring [FDP]: Zu Recht! Der Kollege Raabe hat das nicht getan! Dazu hat es also Anlass gegeben)


– Moment! Ob zu Recht oder nicht, ist eine inhaltliche
Frage, die ich nicht zu bewerten habe. Wir haben Forma-
lien und Regularien, an die ich mich halten muss.

Jetzt können wir die Sache vielleicht so verkürzen,
dass Kollege Raabe noch einmal möglichst kurz – zwei,
drei Minuten – darauf reagiert und wir dann zum Schluss
der heutigen Debatte kommen.


(Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Aber nicht dasselbe noch einmal vorlesen!)


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(C (D Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist na ürlich immer ungünstig, wenn ein Kollege einem etwas us einer vorangegangenen Debatte vorwirft, der Kolege nicht mehr da ist und dann der Minister hier dazu tellung nimmt. Ich kann das alles aber noch sehr gut reapitulieren. Ich habe damals in der Debatte gesagt und dabei bleibe ich –, dass Herr Koppelin zum dama igen Zeitpunkt noch nicht die Ergebnisse des Entwickungsausschusses der OECD zu den ODA-Zahlen haben onnte. Herr Minister, Sie haben recht: Ich war Mitglied der egierungspartei, und wir sind fest davon ausgegangen, ass die ODA-Quote im Jahre 2009 bei fast 0,4 Prozent iegen würde, weil wir die Mittel im Gegensatz zu Ihnen m Jahre 2009 noch einmal um 679 Millionen Euro, also m 13,2 Prozent, gesteigert hatten. Wir hatten im Jahr 009 eine Steigerung von 13,2 Prozent, fast 700 Millioen Euro mehr. Deswegen haben wir – zu Recht – geacht, dass sich das auch in der ODA-Quote niederchlägt, Herr Minister. Dann aber haben Sie nach bernahme des Amtes im September in zwei wichtigen eldern die Verträge nicht mehr unterschrieben und die ittel, die dafür vorgesehen waren, nicht abfließen las en. Das war zum einen der Klimaschutzfonds der Weltank, zum anderen waren es die Infrastrukturfazilität der eltbank und auch einige Schuldenerlasse. Herr Niebel, ich würde Ihnen gar nicht bei allen dieen Punkten Boshaftigkeit unterstellen oder dass Sie aus einer Absicht nicht mehr alles auf den Weg gebracht haen. Mich stört aber, dass Sie, obwohl wir die Mittel zur erfügung gestellt haben, um auf eine hohe ODA-Quote u kommen – Sie können es im Haushalt nachlesen; das aren 680 Millionen Euro mehr –, und die Mittel dann urch den Regierungswechsel nicht mehr abgeflossen ind, uns vorwerfen, dass wir wenig Geld zur Verfügung estellt hätten und deshalb die ODA-Quote gesunken ei. (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Patrick Döring [FDP]: Ihr habt es nicht hingekriegt! Das ist der Punkt!)

Dr. Sascha Raabe (SPD):
Rede ID: ID1705822600

ann ist es nur richtig, darauf hinzuweisen, dass die Mit-
el, die wir 2009 eingestellt hatten und die Sie 2010 ver-
usgabt haben, obwohl sie schon ein Jahr früher hätten
erausgabt werden sollen, natürlich die ODA-Quote für
010 nach oben treiben.


(Patrick Döring [FDP]: Eure Ministerin hat es 2009 nicht hingekriegt! So einfach ist das!)


Ich sage einmal: Dem einen oder anderen Mitglied im
arlament nehme ich es nicht übel, wenn er diese zuge-
ebenermaßen komplizierte Berechnung nicht versteht.
ber der Kollege Koppelin weiß, wie es geht. Wenn ein

angjähriger Haushälter wie Herr Koppelin dann behaup-
et, wir hätten so wenig Geld zur Verfügung gestellt, dass
ie ODA-Quote auf einmal auf 0,35 Prozent gesunken
ei – wie soll das gehen, wenn man den Haushalt um
80 Millionen Euro aufwachsen lässt? –,





Dr. Sascha Raabe


(A) (C)



(D)(B)



(Patrick Döring [FDP]: Es geht doch nicht nur um Zahlen! Es muss auch etwas dahinter stecken!)


dann muss ich der Klarheit halber ganz einfach sagen,
dass meine Aussagen und meine Kritik an Herrn
Koppelin richtig waren.

Ich halte fest: Im Gegensatz zu Ihnen haben wir 2008
und 2009 den Haushalt immer um 13 oder 14 Prozent
gesteigert. Bei Ihnen wird er um 0 Prozent gesteigert.
Das macht nach Adam Riese: Wir haben mehr Geld für
Entwicklungszusammenarbeit ausgegeben als Sie. Dabei
bleibt es.


(Beifall bei der SPD – Harald Leibrecht [FDP]: Reine Schönrechnerei!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1705822700

Weitere Wortmeldungen zu diesem Einzelplan liegen

nicht vor.

Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-
ordnung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destages auf morgen, Donnerstag, den 16. September
2010, 9 Uhr, ein.

Die Sitzung ist geschlossen. Ich wünsche Ihnen einen
freundlichen Abend.