Protokoll:
15122

insert_drive_file

Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 15

  • date_rangeSitzungsnummer: 122

  • date_rangeDatum: 8. September 2004

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: None Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 19:08 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 15/122 Tagesordnungspunkt 6: (Haushaltsgesetz 2005) (Drucksache 15/3660) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 2004 bis 2008 (Drucksache 15/3661) . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Einzelplan 04 Bundeskanzleramt Michael Glos (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Gerhard Schröder, Bundeskanzler . . . . . . . . . Dr. Guido Westerwelle (FDP) . . . . . . . . . . . . Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/ Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Ausfüh- rungsgesetzes zum Chemiewaffenüberein- kommen (CWÜAGÄndG 1) (Drucksachen 15/3447, 15/3592, 15/3684) . . Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . Dr. Wolfgang Schäuble (CDU/CSU) . . . . . . . Joseph Fischer (Frankfurt) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gernot Erler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Wolfgang Gerhardt (FDP) . . . . . . . . . . . . 11078 A 11078 A 11078 B 11085 B 11093 B 11126 C 11126 D 11131 B 11133 C 11134 B 11137 A 11139 A Deutscher B Stenografisch 122. Sitz Berlin, Mittwoch, den 8 I n h a l Nachruf auf den Abgeordneten Dr. Günter Rexrodt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Begrüßung der neuen Abgeordneten Hellmut Königshaus, Angela Schmid und Artur Auernhammer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Glückwünsche zum Geburtstag des Bundes- ministers Otto Schily sowie der Abgeordne- ten Barbara Wittig und Hans-Peter Uhl . . . Benennung der Abgeordneten Marianne Tritz als Schriftführerin . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 1 (Fortsetzung): a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Feststellung des Bundeshaus- haltsplans für das Haushaltsjahr 2005 F S A D J B E A i 11077 A 11077 D 11077 D 11077 D DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Angela Merkel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . 11097 D 11102 C undestag er Bericht ung . September 2004 t : ranz Müntefering (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . teffen Kampeter (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . nja Hajduk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Gesine Lötzsch (fraktionslos) . . . . . . . . . oachim Poß (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ernhard Kaster (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . inzelplan 05 uswärtiges Amt n Verbindung mit 11110 C 11118 C 11120 B 11121 B 11123 D 11125 B Uta Zapf (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Rainer Stinner (FDP) . . . . . . . . . . . . . . 11141 B 11142 C II Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 122. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 8. September 2004 Dr. Gerd Müller (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Gernot Erler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Petra Pau (fraktionslos) . . . . . . . . . . . . . . . . . Gert Weisskirchen (Wiesloch) (SPD) . . . . . . . Michael Stübgen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Günter Gloser (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Andreas Schockenhoff (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einzelplan 14 Bundesministerium für Verteidigung Dr. Peter Struck, Bundesminister BMVg . . . . . . . . . . . . . . . Dietrich Austermann (CDU/CSU) . . . . . . . . . Rainer Arnold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Günther Friedrich Nolting (FDP) . . . . . . . . . . Winfried Nachtwei (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christian Schmidt (Fürth) (CDU/CSU) . . . . . Verena Wohlleben (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Kossendey (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Dr. Elke Leonhard (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Helmut Rauber (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Einzelplan 23 Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministerin BMZ . . . . . . . . . . . . . . . Rudolf Kraus (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Markus Löning (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ralf Brauksiepe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Detlef Dzembritzki (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . . . Karin Kortmann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Peter Weiß (Emmendingen) (CDU/CSU) . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 11143 C 11145 A 11146 A 11147 A 11149 A 11150 B 11152 C 11154 B 11155 D 11158 C 11161 A 11162 D 11164 B 11166 C 11168 A 11169 C 11171 B 11172 B 11175 A 11176 C 11178 B 11179 C 11181 C 11183 B 11184 C 11185 B 11185 D 11187 A Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 122. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 8. September 2004 11077 (A) ) (B) ) 122. Sitz Berlin, Mittwoch, den 8 Beginn: 9.0
  • folderAnlagen
    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 122. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 8. September 2004 11187 (A) (C) (B) (D) Anlage zum Stenografischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten * für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung des Europarates ** für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung der NATO Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Deittert, Hubert CDU/CSU 08.09.2004* Dr. Guttmacher, Karlheinz FDP 08.09.2004 Lintner, Eduard CDU/CSU 08.09.2004* Raidel, Hans CDU/CSU 08.09.2004** Sauer, Thomas SPD 08.09.2004 Schauerte, Hartmut CDU/CSU 08.09.2004 Schmidt (Fürth), Christian CDU/CSU 08.09.2004 Schöler, Walter SPD 08.09.2004 Schösser, Fritz SPD 08.09.2004 Schreck, Wilfried SPD 08.09.2004 Wimmer (Neuss), Willy CDU/CSU 08.09.2004 Dr. Wodarg, Wolfgang SPD 08.09.2004* Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich 122. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 8. September 2004 Inhalt: Redetext Anlage zum Stenografischen Bericht Anlage
Gesamtes Protokol
Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1512200000

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

Sitzung ist eröffnet.
Ich bitte Sie, sich von Ihren Plätzen zu erheben.


(Die Anwesenden erheben sich)

Am 19. August hat uns alle vollkommen unvor-

bereitet die Nachricht vom Tode unseres Kollegen
Dr. Günter Rexrodt erreicht. Wir wussten von seiner
schweren Krankheit, hielten sie aber für überwunden. So
kam sein Tod plötzlich und traf uns wie ein Schock.
Seine tatkräftige und lebensbejahende Art hat er sich
auch in einer Zeit bewahrt, in der ihm seine Krankheit
viel Kraft abverlangte.

Am 12. September 1941 in Berlin geboren, blieb
Günter Rexrodt seiner Geburtsstadt lebenslang verbun-
den. Nach dem Studium der Betriebswirtschaft an der
Freien Universität Berlin arbeitete er in einem großen
Berliner Industriebetrieb und bei einer Bank. 1968 nahm
er seine Tätigkeit bei der Berliner Industrie- und Han-
delskammer auf, wo er 1974 Mitglied der Geschäftsfüh-
rung wurde.

Günter Rexrodt wechselte 1979 zum Senator für

p
d
p
t
s
w

R
t
t

K
K
D

1
d
a
d

a
z

Redet
Wirtschaft und begann seinen politischen Weg 1982 als
Staatssekretär des Wirtschaftssenators und übernahm
1985 als Senator das Finanzressort. 1989 ging er zu einer
großen Bank – erst nach New York und dann nach
Frankfurt am Main als Vorstandsvorsitzender. 1991 kam
der Ruf in den Vorstand der Berliner Treuhandanstalt.

Kurze Zeit später führte ihn sein Weg in die Bundes-
politik. Günter Rexrodt übernahm 1993 das Amt des
Bundeswirtschaftsministers, das er, 1994 als Abgeordne-
ter in den Deutschen Bundestag gewählt, bis Oktober
1998 innehatte. 1998 wieder in den Bundestag gewählt,
wurde er haushaltspolitischer Sprecher der FDP-Frak-
tion.

Günter Rexrodt gehörte dem Präsidium de
1999 an und übernahm im Jahr 2001 das
Schatzmeisters der Bundespartei.

(C (D ung . September 2004 0 Uhr Die, die ihm begegneten, beeindruckte seine zuackende Art und die Fähigkeit und Bereitschaft, auf anere Menschen zuzugehen. Er war ein engagierter, in der olitischen Auseinandersetzung streitlustiger Parlamenarier, der trotz aller Meinungsunterschiede seinen politichen Gegnern freundlich und charmant begegnete. Er usste, wie wichtig dies in der Politik ist. Wir betrauern den Tod unseres Kollegen Günter exrodt. Wir werden ihn in ehrender Erinnerung behalen. Seiner Witwe und seinem Sohn drücken wir unser iefes Mitgefühl aus. Ich danke Ihnen. Meine Damen und Herren, für den verstorbenen ollegen Rexrodt hat der Abgeordnete Hellmut önigshaus am 20. August 2004 die Mitgliedschaft im eutschen Bundestag erworben. Ferner hat für die Kollegin Tanja Gönner, die am 3. Juli 2004 auf ihre Mitgliedschaft im Deutschen Bunestag verzichtet hat, die Abgeordnete Angela Schmid m 28. Juli 2004 die Mitgliedschaft im Deutschen Bunestag erworben. Für den Kollegen Albert Deß, der am 19. Juli 2004 uf seine Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag verichtet hat, hat der Abgeordnete Artur Auernhammer ext am 29. Juli 2004 die Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag erworben. Ich begrüße die neue Kollegin und die neuen Kollegen herzlich und wünsche gute Zusammenarbeit. Sodann möchte ich nachträglich Bundesminister Otto Schily, der am 20. Juli dieses Jahres seinen 72. Geburtstag beging, sowie der Kollegin Barbara Wittig und dem Kollegen Hans-Peter Uhl jeweils nachträglich sehr herzlich zum 60. Geburtstag gratulieren. h mit, dass die Kollegin Petra Selg ihr tführerin niedergelegt hat. Die Fraktion 90/Die Grünen benennt als Nachfolgerin r FDP seit Amt des Dann teile ic Amt als Schrif des Bündnisses Präsident Wolfgang Thierse die Kollegin Marianne Tritz. Sind Sie damit einverstanden? – Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist die Kollegin Tritz zur Schriftführerin gewählt. Wir setzen nunmehr die Haushaltsberatungen – Tagesordnungspunkt 1 – fort: a)


(Beifall)


(Beifall)





(A) )


(B) )

gebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die
Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das
Haushaltsjahr 2005

(Haushaltsgesetz 2005)

– Drucksache 15/3660 –
Überweisungsvorschlag:
Haushaltsausschuss

b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundes-
regierung
Finanzplan des Bundes 2004 bis 2008
– Drucksache 15/3661 –
Überweisungsvorschlag:
Haushaltsausschuss

Ich erinnere daran, dass wir gestern für die heutige
Aussprache insgesamt achteinhalb, für morgen neun und
für Freitag dreieinhalb Stunden beschlossen haben.

Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes-
kanzlers und des Bundeskanzleramtes.

Das Wort hat Kollege Michael Glos, CDU/CSU-Frak-
tion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Michael Glos (CSU):
Rede ID: ID1512200100

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Vor knapp zwei Jahren sind die Deutschen an
die Wahlurne gerufen worden. Ich glaube, es ist jetzt an
der Zeit, eine Halbzeitbilanz zu ziehen. Wie sieht unser
Land, Herr Bundeskanzler,


(Peter Dreßen [SPD]: Die Sonne scheint!)

nach sechs Jahren Ihrer Regierung zusammen mit dem
gefährlichsten Minister, was die Wirtschaft anbelangt,
mit Herrn Trittin, aus? Ich würde, wenn ich von der
Wirtschaft ausgehe, die Regierung gerne Schröder/
Trittin-Regierung nennen, weil sich dann gleich zeigt,
wo die Schwachstellen liegen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir haben in unserer Wirtschaft leider – niemand

kann sich darüber freuen – einen Trend zum Substanzab-
bau zu verzeichnen, der erschreckt. Führende deutsche
Unternehmen wie VW und Bayer scheiden aus dem
Euro Stoxx 50 aus. Nun kann man sagen: Das ist eine
Nachricht, die nur die Börsianer interessiert. In Wirk-
lichkeit ist das ein Zeichen des Abstiegs der deutschen
Wirtschaft innerhalb Europas. Der Euro Stoxx 50 enthält
die am stärksten kapitalisierten Unternehmen Europas.
Wenn jetzt auf einmal zwei deutsche Traditionsunterneh-
men ausscheiden, dann muss das auch mit der Politik zu

t
g

b

W
g
j
a
n

m
B
F
H
n

k
g
m
s
B
d
g
r
d
d
a
m

v
G
g
m
k
z
m
P

D
w
e
m
m
b
s
t

O
S
j

(C (D un haben und dann kann das nicht allein an der manelnden Fähigkeit der Unternehmensführer liegen. Ich frage mich: Warum regt das eigentlich niemanden ei uns im Land mehr auf? (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: So eine Aussage regt einen auf, sonst nichts!)


(Beifall bei der CDU/CSU)

eil wir, seitdem Sie regieren, schlechte Nachrichten
ewohnt sind, nach dem Motto, Herr Schmidt: Es hätte
a alles noch schlimmer kommen können. Es hätten ja
uch gleich fünf Unternehmen ausscheiden können. Da
ur zwei ausgeschieden sind, ist also alles prima.
Traditionsreiche deutsche Großbanken sind – Sie
üssen sich nur die Börsenkurse anschauen – in ihrer
örsenkapitalisierung weit abgeschlagen. Sie werden als
usionskandidaten gehandelt und es wird berichtet, Sie,
err Bundeskanzler, würden sich für solche internatio-
alen Fusionen einsetzen.
Ein weiteres Beispiel. Es erfolgt derzeit ein Ausver-

auf deutscher Wohnungen an internationale Fonds-
esellschaften, offensichtlich weil ansonsten niemand
ehr bereit ist zu kaufen. Ich erinnere mich, dass man
ich, als Theo Waigel überlegt hat, die GAGFAH, die der
undesversicherungsanstalt gehört, zu verkaufen, um
ie Eurostabilitätskriterien zu erfüllen, sehr darüber auf-
eregt hat. Was war da alles los! Jetzt ist das Ganze ver-
amscht worden und der Herr Gerster, den Sie als Präsi-
enten der Bundesanstalt für Arbeit geschasst haben, hat
abei noch Geld verdient. Niemand regt sich darüber
uf. Ich glaube, das alles gehört zu den Momentaufnah-
en der heutigen Zeit.
Bei mir war unlängst ein Mensch, der sein Geld damit

erdient, dass er große Kreditpakete von angeschlagenen
roßbanken – er sagt, in Deutschland seien fast alle an-
eschlagen – an amerikanische Fonds vermittelt. Im Mo-
ent gibt es in diesem Bereich einen gewaltigen Ausver-
auf. Es handelt sich dabei nach dem Nominalwert um
ig Milliardenbeträge – wie teuer verkauft wird, weiß
an nicht –, da sich die Großbanken entlasten und diese
akete ins Ausland verramschen.


(Hans Eichel, Bundesminister: So ein Quatsch!)


as heißt aber auch, dass indirekt Firmen mitverkauft
erden und ein Arbeitsplatz- und möglicherweise auch
in Wissenstransfer erfolgt, weil mittelständische Fir-
en, die Bestandteil dieser Pakete sind, plötzlich nicht
ehr eine bestimmte deutsche Großbank als Partner ha-
en, sondern die Anwälte amerikanischer Fondsgesell-
chaften. – Ich glaube, das alles sollte uns eigentlich um-
reiben.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Herr Bundeskanzler, die Firma, die Sie einmal zum
pernball nach Wien eingeladen hat – seinerzeit waren
ie Mitglied im Aufsichtsrat; das alles war korrekt; es ist
a auch ein schöner Ball; auch ich war schon dort –,






(A) )



(B) )


Michael Glos


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Asbach Ur alt! – Lothar Mark [SPD]: Ist das primitiv!)

die Firma VW, verkauft sich selbst zum Teil nach Abu
Dhabi.

Der Wirtschaftspresse hat man entnehmen können,
dass für die Ölscheichs der Kaufpreis wegen der zwi-
schenzeitlichen Börsenentwicklung der VW-Aktie um
10 Prozent billiger wird, als man kalkuliert hat. Ich kann
nur sagen: Offensichtlich hat der Vorstand schlecht gear-
beitet. Zu diesem gehört auch Herr Hartz; er hätte sich
besser um die Personalplanung kümmern sollen, um
rechtzeitig umzuschalten.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das ist ja ein Argumentationsdurcheinander!)


– Herr Schmidt, dass Ihnen das nicht gefällt, kann ich
sehr gut verstehen. Sie sind der unflätigste Zwischenru-
fer.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich würde gern dem Publikum all das vorlesen, was Sie
an Unflätigkeiten während meiner Reden dazwischenru-
fen. Wenn Sie aber glauben, mich damit durcheinander
zu bringen, dann täuschen Sie sich ganz gewaltig.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ob sich die Ölscheichs bei Herrn Hartz bedanken
werden, wird sich erst zeigen. Deutschland wird aber im-
mer mehr zum Schnäppchenmarkt. Man geht heutzutage
auf Schnäppchenjagd. „Geiz ist geil!“, Herr Bundes-
kanzler, auch bezüglich des Ausverkaufs der deutschen
Wirtschaft.


(Waltraud Lehn [SPD]: Ich würde lieber ins Bierzelt gehen! Da passt die Rede besser hin! – Weitere Zurufe von der SPD)


– Ich weiß, Sie wollen das verdrängen, Sie nehmen es
nicht zur Kenntnis. Aber die Wähler nehmen es zur
Kenntnis. Schauen Sie sich einmal Ihre Wahlergebnisse
an. Darauf komme ich noch zu sprechen.

Genauso schlimm ist, dass die Verlagerung von Ar-
beitsplätzen ins Ausland anhält. Sie hat inzwischen den
Mittelstand erfasst. Das Hauptargument sind die poli-
tisch verantworteten Lohnzusatzkosten oder Arbeitskos-
ten in der Bundesrepublik Deutschland, wie der Deut-
sche Industrie- und Handelstag sagt.

Der beispiellose Niedergang Ihrer Partei, Herr Bun-
deskanzler, setzt sich fort. Ich erinnere an die Wahlen in
Hessen, in Niedersachsen und in Bayern – in Bayern ist
es kein Wunder, weil dort die Konkurrenz so gut ist –,
aber auch die Wahlergebnisse in Hamburg und im Saar-
land sind beredtes Beispiel dafür, dass zumindest die
Wählerinnen und Wähler das Ganze zur Notiz nehmen.


(Lothar Mark [SPD]: Das ist eine Wahlniederlage, aber kein Niedergang der Partei!)


W
L
S

is
a
la
m
li
P
D
g
k
s
b

D
z

S
m
le
e
K
u
n
Ä

e
H
S

I
V
d
K
te

E




I
d

(C (D er jetzt die Schuld an diesen Debakeln allein auf Oskar afontaine schiebt, macht sich die Sache zu einfach. ein ehemaliger Kumpel, Joschka Fischer – der Umgang (Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das ist so etwas von lächerlich! – Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sind ja wirklich durcheinander!)


t symptomatisch –, hat gesagt: „Lafontaine litt an einem
kuten Überforderungssyndrom und ist einfach davonge-
ufen.“ Ich weiß nicht, ob Sie in Ihrem Tun nicht auch
anchmal ähnlichen Symptomen begegnen; aber eigent-
ch wollte ich sagen: Es ist richtig, dass Lafontaines
olitik als SPD-Chef und Finanzminister Jobs in
eutschland gekostet hat; er hat falsche Weichenstellun-
en zu verantworten. Richtig ist aber auch, Herr Bundes-
anzler: Die größten, durchschlagendsten Fehler durfte
ich Lafontaine unter Ihrer Richtlinienkompetenz erlau-
en.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Er war nämlich derjenige, der die Reformen in
eutschland, die auf Wachstum angelegt waren, wieder
urückgenommen hat. Sie haben dabei zugesehen.


(Dr. Angela Merkel [CDU/CSU]: So ist es!)

eit Lafontaines Steuerpolitik stottert der Wachstums-
otor im Mittelstand; das muss ich nicht einzeln aufzäh-
n. Für die Beteiligungsmärkte war Deutschland keine
rste Adresse mehr. Die Finanzmärkte schüttelten den
opf über Lafontaines Attacken auf den Stabilitätspakt
nd seinen Feldzug für Wechselkurszielzonen. Ich will
och einmal daran erinnern: Das alles hat er unter Ihrer
gide gemacht.
Die Nachricht von seinem Rücktritt hat ein Kursfeu-

rwerk an den Börsen und Devisenmärkten ausgelöst.
err Bundeskanzler, falls Sie so etwas vorhaben, sagen
ie es uns rechtzeitig.


(Heiterkeit bei der CDU/CSU)

ch kann mir vorstellen – ich weiß natürlich, dass die
erbreitung von Insiderwissen verboten ist –, dass es
ann nicht nur ein Feuerwerk geben wird, dann wird es
ursraketen an den internationalen und deutschen Märk-
n geben.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Meine sehr verehrten Damen und Herren, mit Ihrer
rlaubnis zitiere ich Erhard Eppler.


(Zuruf von der SPD: Wir sind hier nicht beim Oktoberfest!)


Jetzt hören Sie erst einmal zu! – Er hat über Sie gesagt
wo er Recht hat, hat er Recht –:


(Zuruf von der SPD: Was hat Stoiber gesagt?)

Schröder – das ist reine Lotterie.

n der Lotterie haben die Wähler bei der letzten Wahl lei-
er eine Niete gezogen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Michael Glos

Wenn es ernst wird, Herr Bundeskanzler – es sind in

unserem Land leider sehr ernste Zeiten –, dann setzen
die Menschen auf Verlässlichkeit. Sie sind aber kein
Kanzler der Verlässlichkeit. Deshalb erlebt die SPD ein
Debakel nach dem anderen. Die Mitglieder und die
Wähler – das steht fest – befinden sich auf einer Massen-
flucht.

Willy Brandt – er war eine Zeit lang auch im Amt des
Parteivorsitzenden Ihr Vorgänger – hat 1990 gesagt:
„Nun wächst zusammen, was zusammengehört.“ Unter
Ihrer Kanzlerschaft und unter dem Parteivorsitz von
Müntefering – beides in der Nachfolge von Willy
Brandt – brechen im Grunde genommen die Gräben zwi-
schen Ost- und Westdeutschland, die zugeschüttet wa-
ren, wieder auf. Es gibt eine nie gekannte Enttäuschung
der Menschen. Ich finde, das ist eigentlich etwas ganz
Schreckliches.

Es muss Sie nachdenklich machen, wenn jetzt bei den
Demonstrationen – – Ich weigere mich, sie Montagsde-
monstrationen zu nennen; ich finde das ganz makaber,
weil es damals um etwas ganz anderes ging.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ich habe da jetzt ein Plakat gesehen, auf dem stand:
„Wenn Lügen kurze Beine hätten, wären die Politiker Li-
liputaner.“ Wenn man es speziell auf Sie münzte, würde
das Wort „Zwerg“ wahrscheinlich noch besser zutreffen.
Man mag das noch ein Stück weit lustig finden.


(Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es wendet sich aber letztendlich gegen uns alle – auch
gegen die Schreihälse auf der linken Seite –, weil das
Vertrauen in die demokratischen Politiker dadurch unge-
heuer geschwächt wird.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Peinlich!)


Ich kann nur sagen: Seitdem der Aufbau Ost zur
Chefsache erklärt worden ist, fühlen sich unsere Freunde
in Ostdeutschland schlecht behandelt.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Chefsache bei Schröder zu sein ist mehr Drohung als
Verheißung. Ich glaube, man ist da im Osten ganz beson-
ders empfindlich.

Herr Bundeskanzler, es gelingt Ihnen nicht, Ihre eige-
nen Reihen zu überzeugen. Wenn es nur um die Schrei-
hälse hier ginge, würde das keine große Rolle spielen. Es
geht aber auch um die Mitglieder und Anhänger, um die
Menschen, die Vertrauen in die Sozialdemokratische
Partei haben. Die müssen Sie mitnehmen!

Sie müssen auch das unselige Theater mit den DGB-
Gewerkschaften beenden. Gestern gab es wieder ein
Treffen, über das ich – wie über Fischers Reisen – nur
sagen kann: Außer Spesen nichts gewesen! Da läuft
doch ein Spiel ab, das jedes Mal das gleiche Strickmus-
ter trägt:


(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihre Reden haben immer das glei U S t g m R v w s W k i M z m d g z d t d – t h a A m d g c L k e K j H E g a l (C (D che Strickmuster! – Lothar Mark [SPD]: So wie Ihre Reden!)


m die Sympathisanten – die Beitragszahler – bei der
tange zu halten – sie zahlen beim DGB hohe Bei-
räge –, geht man, wenn es darauf ankommt, kräftig ge-
en die Regierung vor. Wenn Wahlen kommen, schiebt
an wieder Millionen herüber, unterstützt die gleiche
egierung und sagt, die Opposition habe alles noch sehr
iel schlimmer gemacht. Wir werden das Strickmuster
ieder beobachten, wenn es auf die Wahlen zugeht. In-
ofern ist all das unglaubwürdig. Ich kann nur sagen:
enn man solche unglaubwürdigen Spiele spielt, dann
ann man die Menschen nicht überzeugen.
In der SPD gibt es genug Spaltpilze. Ich beneide Sie

n dieser Hinsicht nicht. Ich beneide auch nicht Herrn
üntefering, der in seiner Eigenschaft als SPD-Vorsit-
ender überhaupt keine Erfolge aufzuweisen hat. Ich
eine, die Regierungskoalition gleicht zwei Jahre nach
er Bundestagswahl einer gescheiterten Selbsthilfe-
ruppe. Obwohl Sie von einer selbst gegrabenen Grube
ur anderen stolpern, beklagen Sie die Undankbarkeit
er getäuschten Wähler. Sie betreiben Selbstbeschwich-
igung, verkünden Durchhalteparolen, schwören sich bei
en Klausurtagungen an den verschiedensten Orten
von Palais Schaumburg bis Neuhardenberg – gegensei-
ig Beistand. Die Grünen gehen gleichzeitig in Luxus-
otels; sie mögen es nicht mehr so gewöhnlich wie die
nderen Menschen.


(Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das reicht ja nicht mal für einen Aschermittwoch!)


ll das bringt unser Land nicht weiter. Wenn immer
ehr Menschen am Wahltag zu Hause bleiben und wenn
adurch die Parteien am rechten und am linken Rand
estärkt werden, dann muss das uns allen Sorgen ma-
hen. Deswegen kann ich nur sagen: Zur Halbzeit der
egislaturperiode präsentiert sich das Bundeskabinett
raftlos und ausgelaugt.


(Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Krista Sager [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Kraftlos sind Sie doch!)


Eichel ist verschlissen. Man muss heute nur einmal
ine führende Boulevardzeitung aufschlagen: Sie hat den
ern seiner Versprechungen wiedergegeben. All das ist
etzt eingestampft worden. Wo ist der ausgeglichene
aushalt 2006?


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Der Haushalt 2005!)


ichel ist inzwischen Weltmeister im Schuldenmachen
eworden. Der Marsch in den Schuldenstaat hält an. Das
lles müssen einmal die Jungen in Deutschland bezah-
en.


(Jörg Tauss [SPD]: Eure! – Lothar Mark [SPD]: Was Sie hinterlassen haben, waren 1,2 Billionen Mark!)







(A) )



(B) )


Michael Glos

Die Bundesgesundheitsministerin wäre ohne die Un-

terstützung und Zuarbeit der Opposition überfordert.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Pflichtbeifall! – Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist denn mit Ihrer Zahnpauschale, die nicht funktioniert?)


Der für Verkehr und den Aufbau Ost zuständige
Minister – da kann ich nur sagen: Nomen est omen –
„stolpert“ ideenlos über die Politbühne. Seine Hilflosig-
keit ist greifbar, wenn man sieht, wie er mit dem Desas-
ter von 3 Milliarden Euro pro Jahr umgeht, das er selbst
bzw. sein Haus durch Toll Collect verursacht hat.


(Zuruf von der SPD: Wir wollen Stoiber haben!)


Der für Arbeit und Wirtschaft zuständige Minister,
Herr Clement, wird zunehmend als vermeintlicher Neo-
liberaler und Turbokapitalist diskreditiert.


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Vorsicht mit diesem Vorwurf!)


Er dient den Gewerkschaften als Buhmann und Sünden-
bock.

Herr Bundeskanzler, ich kann Ihnen einen Tipp ge-
ben, wie Sie Herrn Sommer und Ihre Genossen befrie-
den können: Führen Sie Herrn Clement doch einmal ge-
fesselt mit sich und lassen Sie sie, während er gefesselt
bleibt, einfach die Aggressionen des DGB an ihm austo-
ben.


(Hubertus Heil [SPD]: Nehmen Sie mal die Hand aus der Tasche!)


– Vielen Dank für Ihren Hinweis.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Ich bin der Meinung, dass sich Herr Clement lieber
um das Thema Wettbewerb kümmern sollte. Wir haben
vorhin Günter Rexrodts gedacht. Günter Rexrodt ist mit
dafür verantwortlich, dass es auf den Energiemärkten
Wettbewerb gibt; denn er hat den Wettbewerb auf dem
Strommarkt eingeführt. Sie versuchen jetzt, das alles
über die Genossenschiene in einem beispiellosen Genos-
senfilz wieder ein Stück weit rückgängig zu machen.

Ich finde es makaber: Ihr Staatssekretär Tacke – ich
weiß nicht, wohin Sie dieser Gipfelsherpa noch führen
soll – war vom früheren Wirtschaftsminister Müller
– das war Ihr Freund, den Sie mitgebracht haben – be-
auftragt, die Fusion zwischen Eon und Ruhrgas, die vom
Kartellamt und von Gerichten abgelehnt worden war,
durch eine Ministererlaubnis zu genehmigen. Jetzt wird
ausgerechnet dieser Staatssekretär, der noch im Amt ist,
im gleichen Konzern und vom Aufsichtsratsvorsitzenden
Müller in diesem Bereich zu einem gut dotierten Vor-
standsvorsitzenden gemacht. Ein solches Vorgehen kann
sich eine seriöse Regierung eigentlich nicht leisten.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Lothar Mark [SPD]: Wie war das denn in Baden-Württemberg?)


b
M
d
s
n
b
S
w
b
m
s
W

s
M
s
u
s

T
W
a
F
M
b
s
d

n
s
D
s
M
s
M
s

f
b
g
s

I
z
n

D
d

(C (D Auch Herr Fischer hat die letzten Monate damit verracht, vor der Innenpolitik wegzutauchen, nach dem otto: Da lassen sich keine Lorbeeren ernten. Er ist urch Entwicklungsländer getingelt, die er sonst nie beucht hat. Ich habe vermutet, er macht gleichzeitig seien Antrittsund Abschiedsbesuch. Aber er hat vorgegeen, dort zu sein, weil er für einen deutschen Sitz im icherheitsrat kämpft. Diese Großmannssucht ist jetzt ieder in sich zusammengebrochen. Ich glaube, wir haen ganz andere Sorgen in Deutschland. Herr Bundesinister, wir sollten gemeinsam versuchen, auf europäicher Ebene voranzukommen, statt dass Sie durch die elt tingeln, um für eine Schimäre zu werben. Ich meine, Ihr Bundestagswahlkampf hat die Men chen über die wahre Lage im Land hinweggetäuscht. it unhaltbaren Versprechungen sind die Perspektiven chöngeredet worden. Nach der Wahl herrschten Hektik nd Konzeptionslosigkeit. Beides ist Deutschland wirtchaftlich teuer zu stehen gekommen. Ein besonderer Rohrkrepierer – ich habe dieses hema schon gestreift – ist inzwischen die so genannte underwaffe Hartz. Ich erinnere mich noch daran, dass uch wir, die Opposition, zu einer Weihehandlung im ranzösischen Dom in Berlin eingeladen worden sind. an hat so getan, als ob eine neue Ära bzw. Epoche anricht, als ob jetzt jemand da sei, der den Stein der Weien gefunden hat. Dadurch sind die Deutschen kurz vor er Wahl noch einmal getäuscht worden. Rechnen Sie doch einmal nach, was aus den so ge annten Hartz-Reformen geworden ist. Bei der praktichen Umsetzung wurden kapitale Fehler gemacht. urch ständiges Nachbessern und permanente Flickchusterei ist der rote Faden verloren gegangen. Die enschen wissen nicht mehr, wie sie darüber denken ollen. Die Folgen sind Enttäuschung und Frust. Die enschen in den neuen Bundesländern sind aus Enttäuchung und Frust auf der Straße. (Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben dem doch zugestimmt, Herr Glos! Haben Sie das schon vergessen? Im Bundesrat haben Sie zugestimmt!)


Herrn Hartz muss man sagen: Wer sich als Messias
eiern lassen will, der muss sich nicht wundern, wenn er
ei einem Scheitern seiner Projekte als falscher Prophet
esteinigt wird. So ist die Geschichte der Menschheit
chon immer verlaufen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf von der SPD: Das ist ja so verlogen!)


ch meine, er hätte besser daran getan, vornehmlich da
u arbeiten, wo er bezahlt wird, nämlich für die Aktio-
äre von VW.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das heillose
urcheinander von Vorschlägen und wiederholten Än-
erungen hat natürlich einen sehr hohen Preis.


(Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bei Ihnen in der Partei ist es heillos mit Vorschlägen!)







(A) )



(B) )


Michael Glos

Wenn jede Woche eine neue Sau durchs Dorf getrieben
wird – wie Franz Josef Strauß einmal gesagt hat –, von
der Mindeststeuer bis zum Mindestlohn, dann fehlt den
Leuten das Mindestvertrauen und sie wenden sich von
der Politik ab. Ich meine, hierin liegt auch der entschei-
dende Grund dafür, dass das Vorziehen der dritten
Stufe der Steuerreform in wesentlichen Teilen, das wir
möglich gemacht haben, einfach verpufft ist, statt kon-
junkturelle Wirkung im Inland zu entfalten.

Unser Problem ist die Kaufzurückhaltung, die wir ge-
genwärtig erleben. Volkswirtschaftlich ist sie zunächst
gut – wir haben eine stark steigende Sparquote –, sie
geht aber zulasten des Mittelstands, des Einzelhandels
und mittlerweile auch der Automobilindustrie: Die Deut-
schen lieben auch ihr liebstes Kind, das Auto, nicht mehr
so wie früher. Weil sie Angst haben vor der Zukunft,
sparen sie das Geld an und das wirkt sich natürlich ver-
heerend auf den Inlandskreislauf aus, ganz abgesehen
davon, dass die Bauwirtschaft am Krückstock geht. Ich

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1512200200
Wer diese Ver-
trauenskrise überwinden will, der braucht Mut zur Wahr-
heit


(Lothar Mark [SPD]: Das sagen gerade Sie!)

und der braucht vor allen Dingen Realismus. Es beginnt
bei der Wahrheit.


(Lachen und Beifall bei Abgeordneten der SPD)


– Sie können mich der Unwahrheit nicht überführen.
Unwahrheit – dein Name ist SPD, liebe Genossinnen
und Genossen:


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Seit Jahren werden illusionäre Konjunktur- und
Wachstumsprognosen präsentiert. Wir sagen jedes
Mal: Es stimmt so nicht. Sie aber halten an Ihren Pro-
gnosen fest. Alle Arbeitsmarktversprechungen haben
sich als unhaltbar erwiesen. 2 Millionen Arbeitsplätze
sollte Hartz binnen ein paar Jahren bringen. Wir sind im-
mer noch beim Stand von 4 Millionen offiziellen Ar-
beitslosen; in Wirklichkeit gibt es ja viel mehr, was nicht
sichtbar ist.

Reformpolitisch, Herr Bundeskanzler und meine ver-
ehrten Herren von der rot-grünen Regierung, stehen wir
ungefähr da, wo die Koalition der Mitte bereits 1998 ge-
wesen ist. Fast zehn Jahre sind verloren gegangen, zehn
verlorene Jahre für Deutschland. Damals wurden wich-
tige Reformen von Ihnen blockiert: Bei der Steuer konn-
ten wir unsere Vorstellungen nicht durchsetzen, weil wir
den Bundesrat gebraucht hätten; deswegen ist das Pe-
tersberger Modell dann verschwunden.

Wir haben den demographischen Faktor bei der Ren-
tenversicherung eingeführt, wir haben die Eigenbeteili-
gung im Gesundheitswesen eingeführt, wir haben erste
Lockerungen im Arbeitsrecht gemacht, zum Beispiel die
mehrmalige Befristung von Arbeitsverträgen. Nach der
Wahl ist das alles mit einem Federstrich wieder zurück-
genommen worden. Mit unseren Reformen im Sozial-
system und vor allen Dingen mit steigenden Beschäfti-
gungszahlen und einer Defizitquote von circa 2 Prozent

w
W
D


L
n
F
w

G
d

s
f

W

d
E
O
h
O
B
k
r

S
h
g
n
d
la
d
r
d
e
s
a
p
lo
S
s
h
s
n
h
n

s
P
a
g
s

(C (D ar der richtige Weg beschritten. Sie haben von Theo aigel ein hervorragendes Erbe hinterlassen bekommen. as steht fest. (Beifall bei der CDU/CSU – Lachen bei der SPD – Waltraud Lehn [SPD]: Es tut weh, Ihnen zuzuhören!)


Wissen Sie, Frau Kollegin, auf Ihrer Seite sitzen viele
eute, die alles bestreiten; sie bestreiten ja zum Teil
icht einmal ihren eigenen Lebensunterhalt. Aber diese
akten müssen Sie zur Kenntnis nehmen, auch wenn sie
ehtun.
Ich muss zwischendrin zu meinem parlamentarischen
eschäftsführer sagen, er soll einmal die Redezeit an-
ers melden; denn die Uhr irritiert mich ständig.
Wir haben in den zurückliegenden Jahren im Gegen-

atz zu Ihnen nicht blockiert, sondern wir haben Ihre re-
ormpolitischen Bemühungen konstruktiv unterstützt.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wann war denn das?)


as in den letzten Jahren erfolgreich verlaufen ist, trägt
das müssen Sie zur Kenntnis nehmen – die Handschrift
er Union. Ohne unsere Mitarbeit stünden wesentliche
lemente des Hartz-Konzeptes nicht im Gesetzblatt.
hne unsere Initiativen bei den Minijobs hätten wir
eute keinen Beschäftigungsboom auf dem Gebiet.
hne die Erfahrungstransfusion von Horst Seehofer zur
undesgesundheitsministerin Schmidt gäbe es jetzt
eine Überschüsse in den Kassen der Krankenversiche-
ung.


(Lachen bei Abgeordneten der SPD)

Bei den Irritationen um Hartz IV tragen Sie die

chuld: Ihre Propagandaabteilung hat geschlafen. Sie
aben viel zu spät über die Wirkungen von Hartz IV auf-
eklärt. Sie haben das Ausfüllen der Fragebögen in den
euen Bundesländern hauptsächlich den Funktionären
er PDS, die ihre Hilfestellung angeboten haben, über-
ssen. Da ist es dann kein Wunder: Diese Hetzer, mit
enen Sie gleichzeitig in zwei wichtigen Bundesländern
egieren, haben natürlich überhaupt kein Interesse daran,
ass es vertrauensbildende Maßnahmen gibt. Wenn man
s sich genau anschaut, dann ist ja angeblich vieles nicht
o schlimm. Ich kann nur sagen: Die Leute ärgern sich
uch, weil sie das Gefühl haben, sie seien einer Mogel-
ackung aufgesessen. Man nannte das Ganze Arbeits-
sengeld II, in Wirklichkeit ist es eine Variante der
ozialhilfe. Man soll die Menschen vorher nicht täu-
chen, sondern ihnen klipp und klar sagen, was man vor-
at und wo die Grenzen liegen. Wir müssen das alles
icherlich tun, weil die öffentlichen Kassen schon lange
icht mehr die Leistungsfähigkeit haben, die sie einmal
atten. Deswegen sind wir ja auch für alle Sparmaß-
ahmen.
Herr Bundeskanzler, ich komme zu Ihrer ökonomi-

chen Bilanz. Ich habe vorhin ein paar Beispiele aus der
raxis gebracht; das hat Ihnen nicht gefallen. Global und
llgemein klingt das alles viel vornehmer. Der Hinter-
rund ist aber genauso schwach. Die Bundesregierung
pricht von einem robusten Wachstum. Das Gegenteil ist






(A) )



(B) )


Michael Glos

heute der Fall. Die Frühindikatoren mahnen zur Vor-
sicht. Das angepeilte Wachstum von 1,5 bis 2 Prozent,
das Sie regierungsamtlich propagieren, wird nur erreicht,
wenn Deutschland weiterhin gut exportieren kann. Der
Inlandskreislauf ist noch lange nicht angesprungen. Wir
segeln im Windschatten der Konjunkturprogramme an-
derer, nämlich im Windschatten der USA und des
Booms in China. Wenn dieser Boom aus irgendwelchen
Gründen nachlassen sollte, dann brechen bei uns die
Prognosen wieder in sich zusammen.

Wie gesagt: Das Hartz-Konzept hat nicht gegriffen.
Ihre Wahlkampfwunderwaffe hat sich als Rohrkrepierer
erwiesen. Herr Bundeskanzler, am 16. August 2002 ha-
ben Sie die neue Wirklichkeit versprochen. Inzwischen
kennen wir die wirkliche Wirklichkeit. Die wirkliche
Wirklichkeit ist – ich sage es noch einmal –: Nach wie
vor gibt es offiziell über 4 Millionen Arbeitslose. Das ist
die Wirklichkeit bei uns im Land und das spüren immer
mehr Menschen.

Der Haushalt wird als „Schicksalsbuch der Nation“
bezeichnet. Ich kann nur sagen: Wenn das, was Herr
Eichel vorgelegt hat, das Schicksalsbuch ist, dann geht
unser Volk einem sehr ungewissen Schicksal entgegen,


(Beifall bei der CDU/CSU – Volker Kauder [CDU/ CSU]: Das kann man laut sagen!)


weil es geschönt und gefälscht ist. Kollege Austermann
hat, nachdem Eichel vom Treffen von Nobelpreisträgern
und Nachwuchswissenschaftlern am Bodensee berichtet
hat, zu Recht gesagt, dass Eichel erst dann eingeladen
wird, wenn es einen Nobelpreis fürs Schuldenmachen
gibt. Dann ist auch Eichel nobelpreisverdächtig.

Herr Bundeskanzler, wir befinden uns inzwischen in
einer Schuldenfalle. Es hat keinen Sinn, das Ganze
schönzureden. Die Schuldenlawine nährt sich aus sich
selbst. Es entsteht ein Teufelskreis, der über kurz oder
lang die politische Gestaltungsfähigkeit unseres Landes
infrage stellt. Deutschlands Staatsfinanzen steuern längst
nicht mehr wie versprochen in den Ausgleich, sondern
sie steuern leider in den Abgrund. Deswegen müssen wir
auch mit dem Stabilitätspakt sehr vorsichtig sein.

Ich will Ihnen nur einmal vorlesen, was die „FAZ“
vorgestern geschrieben hat.


(Lothar Mark [SPD]: Das haben wir gelesen!)

– Da nicht alle Zuhörer das gelesen haben, möchte ich es
doch vorlesen. Sie können mich dadurch nicht abhalten.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sie halten die Menschen ja für ziemlich dumm!)


Unter „Kaschierte Schuldenpolitik“ steht dort:
Eine Sorge allerdings dürfte Eichel nun los sein. Im
Zusammenspiel mit Paris hat es die Bundesregie-
rung geschafft, dem von Deutschland initiierten
Stabilitätspakt die Verbindlichkeit zu rauben. Sank-
tionen für überbordende Schulden sind daher kaum
noch wahrscheinlich. Darauf hat Kanzler Gerhard
Schröder mit Eichels Hilfe hingearbeitet, frei nach

W
M
h

G
G
a
s
ja

E
A
f
b
f

m
z
ti
Z
r

z
le


d
z

S
d
ü
f


K


r
d
d
ti
T

(C (D dem Motto: Ist der Pakt erst ruiniert, verschuldet es sich ungeniert. (Lothar Mark [SPD]: Das war die literarische Form der „Bild“-Zeitung!)

ir brauchen diesen Stabilitätspakt auch, damit die
enschen ausreichend Vertrauen in die neue Währung
aben.
Den knappen EU-Finanzen droht neues Ungemach.
ünter Verheugen ist ja inzwischen Ihr Mann fürs
robe. Er ist nicht in der Türkei, um zu überprüfen, ob
lle Kriterien, die man aufgestellt hat, erfüllt werden,
ondern um Ihre Weisung auszuführen. Deswegen ist er
auch in die neue Kommission berufen worden.


(Lothar Mark [SPD]: Das ist eine unverschämte Unterstellung!)


r soll seine Arbeit zu Ende machen und ohne Wenn und
ber testieren – so wird es kommen –, dass die Türkei
ür die Vollmitgliedschaft in der Europäischen Union
zw. für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen in-
rage kommt.


(Lothar Mark [SPD]: Das hat die CDU vor 40 Jahren gewünscht!)


Ich meine ganz ernsthaft: Auch hier geht es noch ein-
al gegen unsere Finanzen. Wer soll das Ganze denn be-
ahlen? Die EU der 25 ist doch schon heute finanzpoli-
sch pleite. Es würde doch steigende deutsche
ahlungen bedeuten, wenn wir ein wirtschaftlich so
ückständiges Land zusätzlich hereinholen würden.
Wenn ich mehr Redezeit hätte, würde ich noch weiter

itieren, aber so empfehle ich Ihnen, das Ganze nachzu-
sen.


(Lachen bei der SPD – Zuruf von der SPD: Lieber nicht! – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sprechen Sie mal mit Frau Merkel!)


Jetzt hören Sie doch auf. Herr Präsident, wird mir
iese Unruhe, die Sie nie unterbinden, auf meine Rede-
eit angerechnet?


(Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


tefan Kornelius hat in der heutigen Ausgabe der „Süd-
eutschen Zeitung“ einen sehr nachdenklichen Artikel
ber das Für und Wider eines Beitritts der Türkei ver-
asst.


(Waltraud Lehn [SPD]: Vorlesen! – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Eben haben Sie so schön vorgelesen!)


Ich lese ihn nicht vor. Sie können ihn selber nachlesen.
ornelius warnt auch vor zu hohen Erwartungen auf der
rkischen Seite.
Herr Bundeskanzler, warum fürchten Sie ein Refe-

endum über den EU-Verfassungsvertrag wie der Teufel
as Weihwasser? Der Grund ist, dass Sie genau wissen,
ass dann die Deutschen auch über die Zukunftsperspek-
ve der Europäischen Union abstimmen, in der die
ürkei Vollmitglied würde, sodass die Menschen aus






(A) )



(B) )


Michael Glos

Anatolien einen direkten Zugang zu unserem Arbeits-
markt bekommen würden. Das schafft doch bei den
Menschen neue Ängste.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sie schüren die Ängste! Unanständig!)


Durch die Vollmitgliedschaft der Türkei würde Europa
plötzlich undefinierbar gemacht. Deshalb gibt es keine
Abstimmung.

Sie müssen uns noch die Frage beantworten, ob denn
Herr Chirac, mit dem Sie sehr intensiv verbunden sind,
mit Ihnen abgesprochen hat, dass er nun in Frankreich
ohne Notwendigkeit verkündet hat, das französische
Volk solle direkt über den Verfassungsvertrag abstim-
men. Wie sehen Sie das als deutscher Bundeskanzler?
Frankreich und Deutschland müssen im Gleichklang
marschieren. Die Europäische Union ist nichts mehr
wert, wenn sich Deutschland und Frankreich nicht mehr
abstimmen. Haben Sie das gleiche Vertrauen ins deut-
sche Volk, wie der französische Präsident es offensicht-
lich ins französische Volk hat? Was hat er Ihnen darüber
erzählt? Darauf sind wir alle sehr gespannt.

Ich meine, auch Deutschlands Rolle auf der globalen
Ebene muss hinterfragt werden. Abkoppelungsversuche
im Irakkonflikt haben in den USA ein tiefes Misstrauen
gegenüber Deutschland zurückgelassen. Das, Herr Bun-
deskanzler, müsste Sie besorgt machen. Wir können den
Kampf gegen den Terror in Europa langfristig nur in Zu-
sammenarbeit mit den USA gewinnen. Es hat keinen
Wert, auf einem Auge blind zu sein.

Herr Parteivorsitzender Müntefering, die Pöbeleien
der Damen und Herren aus Ihren Reihen – die eine ist
noch in der Regierung, die andere nicht mehr; dafür ist
sie zur Belohnung Ausschussvorsitzende geworden – ge-
genüber den Amerikanern – jüngst von Frau Wieczorek-
Zeul, vorher von Frau Däubler-Gmelin – sind nicht in
Ordnung.


(Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zuruf von der SPD: Diese Rede ist so was von peinlich!)


Herr Bundeskanzler, angesichts der schrecklichen Ereig-
nisse und Bilder in Ossetien, die wir alle vor Augen ha-
ben, gilt unser ganzes Mitgefühl natürlich dem russi-
schen Volk; die Osseten sind Teil des russischen Volkes.
Daher ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, mit Besser-
wisserei zu kommen.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Die ganze Rede war deplatziert!)


Der ganze Unsinn mit der GSG 9, die angeblich alles
besser gemacht hätte, war überflüssig. Menschenrechts-
verletzungen muss man gleichmäßig in der ganzen Welt
verurteilen. Nur dann wird man glaubhaft.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ein letzter Punkt. In der Bibel steht, die Linke soll
nicht wissen, was die Rechte tut.

D
B
n
n
m
D
g
F
ö
s
a
r
e

c
a
l
s
n
m

t
w
G
g
r
g
s

I
I

d
D
s

W
d
t
u
g

(C (D (Lothar Mark [SPD]: Da steht aber auch: Du sollst kein falsches Zeugnis geben wider deinen Nächsten!)


anach wird bei Ihnen regiert, Herr Bundeskanzler. Ihre
undesminister arbeiten gleichzeitig mit- und gegenei-
ander. Ich bringe ein Beispiel – die beiden Herren sitzen
ebeneinander –: Schily hat sich abgemüht, zusammen
it der Union ein restriktives Zuwanderungsrecht für
eutschland zu verabschieden. Ich meine, das ist auch
ut so. Was macht gleichzeitig der neben ihm sitzende
ischer? Er lässt bei der Visaerteilung die Schleusen
ffnen. Demnach halten sich circa 5 Millionen Men-
chen rechtswidrig in der Europäischen Union auf. Die
llermeisten sind mithilfe deutscher Konsulate einge-
eist. Das finde ich nicht in Ordnung. Das ist ein Skandal
rster Größenordnung.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Herr Bundeskanzler, was machen Sie als Regierungs-

hef in diesem Fall? Sie grinsen den einen so freundlich
n wie den anderen. Das ist die Regierungskunst der Be-
iebigkeit. Ich meine, dass das die Deutschen inzwischen
att haben. Deswegen brauchen wir in Deutschland ei-
en Neuanfang, der mit Klarheit und Wahrheit Ernst
acht.


(Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schaffen Sie zuerst einmal Klarheit und Wahrheit in Ihren Reihen!)


Es gibt in Deutschland ermutigende Zeichen. Darun-
er fällt aber nicht die Tatsache, dass Sie, Frau Sager,
ieder mit einem guten Ergebnis zur Vorsitzenden der
rünen gewählt worden sind. Es ist auch kein ermuti-
endes Zeichen, dass die Grünen ihrem heimlichen Füh-
er Fischer folgen. Da er inzwischen ein Besserverdiener
eworden ist, sind auch die Grünen die Partei der Bes-
erverdiener geworden.


(Jörg Tauss [SPD]: Kein Neid!)

nsofern gibt es weiterhin einen Gleichklang zwischen
hnen, Herr Fischer, und Ihrer Partei.
Ein ermutigendes Zeichen ist für mich die auch von

en Arbeitnehmern getragene Lohnzurückhaltung bei
aimler Chrysler und bei Siemens, um den Wirtschafts-
tandort Deutschland wieder zu stärken.


(Franz Müntefering [SPD]: Lesen Sie den Rest doch mal ab. Vielleicht hat man Ihnen wenigstens etwas Vernünftiges aufgeschrieben! Das wäre vielleicht besser!)


ir als Politiker, und Sie als Bundesregierung müssen
as aufnehmen. Wir müssen die Lohnzusatzkosten wei-
er begrenzen. Wir müssen den Arbeitsmarkt entrümpeln
nd wir müssen Deutschland zu einem konkurrenzfähi-
en Standort machen.


(Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann können wir ja beim Zahnersatz zusammen marschieren! Das wäre jetzt mein Vorschlag!)







(A) )



(B)


Michael Glos

Dazu gehört eine grundlegende Reform der Sozialsys-
teme. Wir wollen, dass dieses Land wettbewerbsfähig
bleibt.


(Franz Müntefering [SPD]: Können Sie das alles wiederholen? Das war so schön!)


Herr Bundeskanzler, dazu ist – ob Sie wollen oder nicht,
das kann man auch nicht delegieren, das kann man auch
nicht teilen – politische Führung aus einem Guss gefor-
dert. Ihr Job ist ein harter Job. Ich hätte viel lieber, da ich
manchmal Mitleid mit Ihnen habe, Gutes über Sie ge-
sagt. Menschlich tue ich das gern,


(Lothar Mark [SPD]: Schmeichler!)

aber bei Ihrer Regierungstätigkeit gibt es dazu leider kei-
nen Anlass.

Ich bin der Meinung, man kann die Zukunft nur ge-
winnen, wenn man auf der Basis von Klarheit und Wahr-
heit bleibt.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Waltraud Lehn [SPD]: Ich würde mich allerdings auch daran halten!)


Ich empfehle Ihnen ganz zuletzt Abraham Lincoln.

(Zuruf der Abg. Waltraud Lehn [SPD])


– Jetzt hören Sie doch noch einen Satz lang zu. Ich weiß,
es ist für Sie schwer zu ertragen, aber die Wahrheit ist
nun einmal schwer zu tragen. Ich zitiere Abraham
Lincoln. Er hat gesagt: „Man kann alle Leute für einige
Zeit und einige Leute für alle Zeit, nicht aber alle Leute
für alle Zeit hinters Licht führen.“

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU – Lothar Mark [SPD]: Haben Sie verstanden, was er damit ausdrückt? – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Da hinterlassen Sie uns ein Rätsel! Die Rede hat mir richtig gut gefallen!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1512200300

Ich erteile das Wort Bundeskanzler Gerhard Schröder.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Gerhard Schröder (SPD):
Rede ID: ID1512200400

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Herr Glos, früher waren Ihre Auftritte überwie-
gend lustig und selten peinlich. Heute war es umgekehrt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Das sage ich mit der gleichen freundlichen menschlichen
Sympathie, die ich Ihnen entgegenbringe. Aber politisch
war das, was Sie hier abgeliefert haben, wirklich dane-
ben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Peter Ramsauer [CDU/ CSU]: Schwache Reaktion! Fällt Ihnen nichts h v d t n w d d l n s s A m l e L H a d s n d z f m n l N u s a d D s t d l w d s a m (C (D Besseres ein, Herr Bundeskanzler? – Michael Glos [CDU/CSU]: Da fällt ihm nichts ein!)


Ich will das nur an einem Beispiel, das Sie gebracht
aben, näher erläutern. Sie haben sich über Volkswagen
erbreitet und über die Tatsache, dass Volkswagen mit
en Vereinigten Arabischen Emiraten zusammenarbei-
et, die sich an Volkswagen beteiligen wollen. Aus mei-
er langen Tätigkeit im Aufsichtsrat von Volkswagen
eiß ich, dass nach der Satzung und dem VW-Gesetz,
as ja, jedenfalls bei Ihnen, nicht unumstritten ist, gegen
ie niedersächsische Landesregierung relativ wenig
äuft. Die niedersächsische Landesregierung wird aber
icht von Sozialdemokraten gestellt. Ich bedauere das
ehr. Im Präsidium des Aufsichtsrates von Volkswagen
itzt Herr Wulff und im Aufsichtsrat sitzt Herr Hirche.
uch Sie von der FDP sind beteiligt. Gegen beider Stim-
en würde eine im Übrigen durchaus vernünftige Betei-
igung der Emirate nicht laufen. Wen kritisieren Sie da
igentlich?


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich glaube, es ist an der Zeit, zu den Problemen im
ande zurückzukommen, über die man in diesem Hohen
aus zu debattieren hat. Unser Land ist, wie übrigens
ndere europäische Länder auch, drei großen Herausfor-
erungen ausgesetzt, mit denen wir fertig werden müs-
en. Dabei haben wir uns auf den Weg gemacht.
Zunächst stellt sich die Herausforderung in der inter-

ationalen Lage. Wir haben Grund, über die Herausfor-
erung zu reden, die Terrorismus heißt – und nicht nur
u reden. Wir haben daneben ungelöste regionale Kon-
likte, mit denen auch deutsche Politik fertig werden
uss. Die Stationen des Terrors, einer Bedrohung, die
ach der des Kalten Krieges neu ist und mit der die zivi-
isierte Welt fertig werden muss, sind doch bekannt:
ew York und Wash-ington, Djerba und Bali, Madrid
nd jetzt Moskau und Beslan.
Ich plädiere dafür, Terrorismus nicht danach zu unter-

cheiden, wo er örtlich stattfindet, sondern Terrorismus
ls eine Angelegenheit zu betrachten, die bekämpft wer-
en muss, und zwar gleichgültig, wo sie stattfindet.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


as hat meine Position zu dem, was in Russland ge-
chehen ist, bestimmt und das wird meine Position wei-
er bestimmen. Wenn man über die Ursachen redet, dann
arf man nicht Täter zu Opfern machen. Gelegentlich
ese ich Ähnliches. Ich sage nicht, dass das hier gesagt
orden ist, aber gelegentlich habe ich den Eindruck,
ass man je nachdem, wo Terrorismus stattfindet, unter-
chiedliche Maßstäbe ansetzt.
Natürlich – da sind sowohl der französische Präsident

ls auch ich mit dem russischen Präsidenten einig –
uss es in Tschetschenien eine politische Lösung geben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

)






(A) )



(B) )


Bundeskanzler Gerhard Schröder

Aber diese Lösung muss doch ganz bestimmten Katego-
rien folgen, zum Beispiel der,


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Zum Beispiel freien Wahlen!)


dass wir ein Interesse daran haben, dass die territoriale
Integrität der Russischen Föderation nicht infrage ge-
stellt wird. Wir haben ein eigenes Interesse daran, dass
das nicht passiert. Was würde denn wohl die Folge sein,
wenn die territoriale Integrität Russlands über diesen
Konflikt infrage gestellt würde? Jedenfalls keine, die
mehr an Stabilität in der Welt und in Europa bedeutete.
Das gilt es doch zu beachten, wenn man diese Frage be-
antworten will.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wenn man politische Lösungen will, dann muss es
Gesprächspartner geben. Will mir jemand wirklich er-
klären, dass diejenigen, die für den Mord an unzähligen
Kindern verantwortlich sind, Gesprächspartner für eine
politische Lösung sein können? Das kann doch niemand
erklären.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Deswegen meine Bitte dort wie überall: Terrorismus, der
das Leben unschuldiger Menschen, von Kindern zumal,
nicht achtet, darf nirgendwo eine Chance haben und ist
nirgendwo Partner für seriöse internationale Politik.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Es ist richtig: Dieser Herausforderung, die in der interna-
tionalen Politik liegt, kann man nur mit einem multilate-
ralen Ansatz begegnen. Es wird doch immer klarer in der
internationalen Politik, dass ein anderer nicht geht. Das
ist der Grund, warum der Bundesaußenminister und die
ganze Regierung diesen multilateralen Ansatz sowohl
beim Kampf gegen den Terrorismus als auch bei der Lö-
sung oder bei der Mithilfe zur Lösung regionaler Kon-
flikte stützen.

Wir erleben doch gerade, dass wir alle ein Interesse
daran haben müssen, dass im Irak nicht weniger, son-
dern mehr Stabilität ist. Deutschland leistet seinen Bei-
trag. Wir leisten unseren Beitrag, indem wir helfen,
eigene Sicherheitskräfte, ob Polizei oder Militär, auszu-
bilden. Natürlich geschieht das nicht im Irak; denn es
gilt das, was ich gesagt habe, nämlich dass wir dort
keine Soldaten hinschicken. Aber wir helfen doch bei
der Lösung solcher Fragen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir haben deshalb keinen Grund, uns irgendwelche Vor-
würfe machen zu lassen, übrigens auch, Herr Glos, uns
Selbstvorwürfe zu machen. Es gibt keinen Grund dafür.
Deutschland ist das Land, das seine internationalen
Pflichten, seine Bündnispflichten auf Punkt und Komma
erfüllt. Ich füge hinzu: Wir können stolz darauf sein. Wir
stehen selber materiell dafür ein, dass diese Pflichten er-
füllt werden. Das ist nicht überall so.

D
n
w

g
s
d
A
ih

E
d
w

w
l
h
h
d
S
m

g

z
V
l
k
r
m
d
z
k
P
z
z

S
d
g
s
s
i
g
r
u

r
w
B

(C (D (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


as gilt nach wie vor auf dem Balkan, das gilt in Afgha-
istan. Wir werden demnächst darüber zu reden haben,
enn es um die Verlängerung der Mandate geht.
Das gilt auch für das, was Deutschland bei neuen re-

ionalen Konflikten leistet, zum Beispiel im Iran. Die-
er Konflikt ist höchst besorgniserregend. Wer ist es
enn, der mit dem französischen und dem englischen
ußenminister versucht, diesen Konflikt zu dämmen,
n nicht ausbrechen zu lassen?


(Zuruf von der CDU/CSU: Was hat er erreicht?)


s ist doch der Bundesaußenminister und kein anderer,
er sich im Iran darum bemüht, dieses Land dazu zu be-
egen, den Brennstoffkreislauf nicht zu schließen.
Es ist viel über die Zusammenkunft in Sotschi geredet
orden. Dabei ist aber auch eines klar geworden, näm-
ich dass die Russen das gleiche Interesse wie wir daran
aben, dass es keine neue atomare Macht gibt, die Iran
eißt. Diesem Interesse dienen wir. Diesem Interesse
ienen die Reisen, die der Bundesaußenminister macht.
ie sollten stolz darauf sein und sie nicht diskreditieren,
eine Damen und Herren.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich denke, dass angesichts der neuen Herausforderun-
en klar ist, dass es diese Bundesregierung gewesen ist
wir reden schließlich über Halbzeitbilanzen und Bilan-
en im Allgemeinen –, die selbstbewusst und in eigener
erantwortung definiert hat, was sie international zu
eisten imstande und bereit ist. Wir haben auf dem Bal-
an, in Afghanistan und anderswo zusammen mit unse-
en Bündnispartnern gegen den internationalen Terroris-
us gekämpft, auch mit militärischen Mitteln. Es war
och schwierig genug, das in diesem Hohen Haus – und
war im gesamten Hohen Haus – durchzusetzen. Daran
ann ich mich noch erinnern. Aber weil wir unsere
flichten erfüllen, haben wir auch das Recht, dann Nein
u sagen, wenn wir von der Sinnhaftigkeit nicht über-
eugt sind. Das ist es, was eigenes Handeln ausmacht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die zweite Herausforderung heißt Globalisierung.
ie heißt Globalisierung und meint eine Einbindung in
ie internationale Arbeitsteilung, wie es sie niemals ge-
eben hat, mit der Folge eines verschärften ökonomi-
chen Wettbewerbs, wie er auch noch nie der Fall gewe-
en ist. Wir haben eine europäische und eine
nnenpolitische Antwort darauf zu geben. Das gilt übri-
ens gleichermaßen für die dritte große Herausforde-
ung, nämlich den radikal veränderten Altersaufbau in
nserer Gesellschaft.
Zuzugeben ist doch, dass das schon in den 90er-Jah-

en sichtbar war. Es haben nicht alle so darauf reagiert,
ie darauf hätte reagiert werden müssen und wie zum
eispiel in Schweden reagiert worden ist. Aber tun Sie






(A) )



(B) )


Bundeskanzler Gerhard Schröder

doch jetzt nicht so, als ob in den 90er-Jahren nur die So-
zialdemokraten und die Grünen für die Tatsache verant-
wortlich gewesen wären, dass nicht zureichend reagiert
worden ist! Das waren doch allemal auch Sie.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


So viel Nachdenklichkeit sollte man schon erwarten
können.

Beides – die Globalisierung und der veränderte
demographische Aufbau unserer Gesellschaft – sind
die zwei großen Herausforderungen neben der interna-
tionalen. Es ist richtig, dass die ökonomische und die
politische Antwort auf beide Herausforderungen, die in
den europäischen Ländern gleich groß sind, heißen
muss: Europa auf der einen Seite und Umbau unserer
Gesellschaft nach innen auf der anderen Seite.

In beiden Bereichen handelt diese Regierung und sie
handelt durchaus viel versprechend, auch, was die euro-
päische Dimension angeht. Wer ist es denn gewesen, der
veranlasst hat, dass in Europa wieder über Industriepoli-
tik geredet wird, und zwar nicht in dem Sinne, dass der
Staat anzuordnen hätte, was geschieht, sondern in dem
Sinne, dass man sich auch wieder um das Rückgrat einer
Wirtschaft, nämlich die industrielle Produktion, küm-
mert, statt sich nur auf die Situation von Finanzmärkten
und Ähnliches zu beziehen?


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das waren doch wir Deutschen zusammen mit den Fran-
zosen und Engländern.

Wer ist es denn gewesen, der gesagt hat, wir brauchen
jemanden in der Kommission, der in allererster Linie für
die Frage verantwortlich ist, wie es industriell weiter-
geht, und der für einen Ausgleich zwischen Ökonomie
und Ökologie verantwortlich ist? Dazu ist ein deutscher
Kommissar – der Stellvertreter des Kommissionspräsi-
denten – berufen worden. Das hat etwas mit der Europa-
politik zu tun, die wir machen und die durchaus erfolg-
reich ist. Das kann man auch an solchen Punkten
ablesen.

Ich gestehe zu, dass es hilfreich war, Frau Merkel,
dass auch Sie sich engagiert haben. Warum sollte ich das
denn nicht zugestehen? Natürlich war das hilfreich. Aber
es ist doch ein Erfolg der deutschen Politik, den man
nicht einfach wegdiskutieren kann, weil es in die bayeri-
sche Volksseele passt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Peter Ramsauer [CDU/ CSU]: Von der Volksseele verstehen Sie besonders viel!)


Eine europäische Verfassung hätte es außerdem
ohne deutsche Initiativen nicht gegeben. Der Verfas-
sungsprozess ist auf unseren Vorschlag in Nizza in Gang
gesetzt worden. Ich sage Ihnen: Wir werden die Ersten
bzw. unter den Ersten sein, die den Verfassungsentwurf
zu ratifizieren haben. Ich habe jedenfalls den Anspruch,
dass das in Deutschland passiert.

s
d
s
d
e
a
i
E
L
g
m
f
s

N
g
i
A
A
g
n

W
z
b
u
T
g
t


d
R
I
e
i
w

z
r
q
g

l
b
m
w
d
s
ü

(C (D Ich möchte kurz über die Frage reden, wie das gechehen soll. Herr Glos, das, was Sie beabsichtigen, ist och allzu durchsichtig. Sie sagen mit Bezug auf die Abtimmung über den Verfassungsentwurf: Wir wollen das eutsche Volk direkt beteiligen. Sie wollen es also nur an inem einzigen Punkt beteiligen. Sie sagen das natürlich uch in der Hoffnung, dass Sie dann sozusagen den Fuß n die Tür für Regierungshandeln bekommen; denn die ntscheidung, ob Beitrittsverhandlungen mit einem and aufgenommen werden oder nicht, gehört zum Reierungshandeln und ist nichts anderes. Das, was Sie achen, ist doch, wie gesagt, allzu durchsichtig. Ich inde es in Ordnung, dass die Koalition sagt: Wenn chon direkte Beteiligung, dann aber gründlich. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


atürlich sind auch diejenigen ernst zu nehmen, die sa-
en, das müsse man sich gut überlegen. Gar keine Frage,
ch bin für einen entsprechenden Diskussionsprozess.
ber es ist scheinheilig, das deutsche Volk nur bei der
bstimmung über den Verfassungsentwurf direkt beteili-
en zu wollen und ansonsten nicht. Das wird mit uns
icht zu machen sein.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ie immer diese Diskussion endet, der Ratifikationspro-
ess wird frühzeitig eingeleitet. Das ist die feste Verein-
arung der Regierungskoalition. Das ist auch notwendig
nd stünde Deutschland gut an. Übrigens läge es in der
radition der Europapolitik aller deutschen Regierun-
en, wenn wir hier besonders drängen würden. Das soll-
en wir tun.


(Michael Glos [CDU/CSU]: Was haben Sie mit Chirac ausgemacht?)


Was Jacques Chirac angeht: Der französische Präsi-
ent wird in eigener Verantwortung entscheiden, ob ein
eferendum in Frankreich durchgeführt wird oder nicht.
m Übrigen können Sie ganz beruhigt sein. Natürlich hat
r mich informiert, bevor das öffentlich wurde. Aber das
st eine souveräne französische Entscheidung, aus der
ir uns heraushalten sollten.
Eines ist besonders wichtig: Wie auch immer ratifi-

iert wird, ob rein parlamentarisch oder im Rahmen di-
ekter Demokratie, man sollte keine unterschiedlichen
ualitativen Maßstäbe an das jeweilige Verfahren anle-
en.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die zweite und dritte Herausforderung in Deutsch-
and, aber auch in allen anderen europäischen Ländern,
estehen, wie gesagt, in der Globalisierung und im de-
ographischen Wandel. Unsere Antworten darauf haben
ir mit der Agenda 2010 – dieser Prozess ist zwar auf
en Weg gebracht worden, aber keineswegs abgeschlos-
en – und mit unserer Steuerpolitik gegeben. Damit
berhaupt keine Missverständnisse aufkommen: Ich






(A) )



(B) )


Bundeskanzler Gerhard Schröder

verteidige ausdrücklich das, was der Bundesfinanzmi-
nister mit unser aller Zustimmung in der Steuerpolitik
macht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Da Sie von Wahrheit und Klarheit geredet haben,
möchte ich gerne ein paar wenige Daten nennen. Als wir
in die Regierung kamen, lag der Spitzensteuersatz – die-
ser interessiert Sie augenscheinlich besonders – bei
53 Prozent. Im Jahre 2005, also in ein paar Monaten,
wird er bei 42 Prozent liegen. Ich gebe zu, dass er bei
43 Prozent gelegen hätte, wenn wir seinerzeit nicht mit-
einander hätten reden müssen, Herr Brüderle. Das ist zu-
zugestehen. Immerhin wird er bald 10 Prozentpunkte un-
ter dem damaligen Niveau liegen. Das reicht. Mehr
Spielraum haben wir nicht, wenn wir die Staatsaufgaben
noch finanzieren wollen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wenn wir über Gerechtigkeit in der Steuerpolitik reden,
dann ist etwas anderes – das wird hier nie erwähnt –
noch viel wichtiger. Als wir 1998 in die Regierung ka-
men, lag der Eingangssteuersatz bei 25,9 Prozent.
25,9 Prozent! Dafür war Herr Waigel verantwortlich.
Am 1. Januar 2005 wird er bei 15 Prozent liegen. Das ist
gerecht, weil dies den Geringverdienenden nutzt. Das
wollen wir.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Das wollten wir schon zehn Jahre vorher!)


– Stimmt, das wolltet ihr schon zehn Jahre vorher. Aber
ihr habt es nicht gemacht.


(Lachen bei der CDU/CSU und der FDP – Zurufe von der CDU/CSU: Bundesrat!)


– Entschuldigung, ich habe doch das gleiche Problem.
Aber ihr habt es nicht gemacht. Wir haben das durchge-
setzt. Das, was wir erreicht haben, lassen wir uns nicht
durch eure Sprüche kaputtmachen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Sie hätten doch Gelegenheit gehabt, dafür zu sorgen,
dass die Gewerbesteuer – sie betrifft die kleinen und
mittleren Unternehmen besonders – bei Personengesell-
schaften auf die zu zahlende Einkommensteuer ange-
rechnet wird. Das habt ihr doch nicht gemacht; daran
habt ihr noch nicht einmal im Traum gedacht. Das hat
diese Koalition durchgesetzt. Das ist wirtschaftsfreund-
lich und nichts anderes.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


In puncto Steuer, Unternehmensbesteuerung, aber
auch Besteuerung der Privatpersonen hat die Koalition
überhaupt keinen Grund, in Sack und Asche zu laufen
und sich von Ihnen eine Debatte aufdrängen zu lassen,
die mit der Wirklichkeit nun überhaupt nichts zu tun hat.

A
g
f
b
k
b
c
d
m
A

I
F

I
v
k

h
d
Q
n
d
s
g

S

K
D
g
b

v
r
D
e

d
d
e
e

(C (D (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Jetzt reden wir über das, was in dem Prozess, der mit
genda 2010 beschrieben ist, ansteht. Wir sind es doch
ewesen, die bereits in der letzten Legislaturperiode da-
ür gesorgt haben, dass neben der Umlagefinanzierung
ei der Rente eine Kapitaldeckung aufgebaut werden
ann. Der Prozess, die Säule Kapitaldeckung, die ne-
en der Umlagefinanzierung das Dach der Rentenversi-
herung hält, dicker zu machen, als sie gegenwärtig ist,
auert natürlich länger. Das geht nicht von heute auf
orgen. Das kann auch niemand wirklich erwarten.
ber wir sind es doch gewesen, die das gemacht haben.
Zum Nachhaltigkeitsfaktor habe ich etwas gesagt.

n der Tat, er musste sein. Wir sind es gewesen, die einen
ehler – das ist zuzugeben – korrigiert haben.


(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Ihren eigenen Fehler!)


ch weise nur darauf hin, dass das, was Sie seinerzeit
orgehabt haben, zu den Wirkungen, die der Nachhaltig-
eitsfaktor hat, nicht geführt hätte.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Beschäftigen wir uns doch einmal mit der Gesund-
eitspolitik. Ich erinnere mich noch sehr gut daran, wie
as so gelaufen ist, als die Seele wegen der 10 Euro im
uartal für einen Arztbesuch kochte. Ich erinnere mich
och sehr gut daran, wie Ulla Schmidt standhaft vertei-
igt hat, was gemeinsam beschlossen worden ist und wie
ich viele von Ihnen zur Seite gedrückt, um nicht zu sa-
en: in die Büsche verkrochen haben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Da wir gerade bei der Gesundheitspolitik sind: Das
ystem ist mittlerweile transparenter. Es gibt Ansätze
aber eben nur Ansätze –, dafür zu sorgen, dass die
assen mit den Ärzten Verträge abschließen können.
ass allerdings weniger Transparenz als nötig und weni-
er Freiheit als möglich in diesem System sind, das ha-
en doch Sie zu verantworten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Der Versuch der FDP, den Besitz von Apotheken auf
ier zu beschränken, das heißt, den Markt in diesem Be-
eich nicht freizugeben, grenzt schon ans Lächerliche.
as ist eine marktwirtschaftliche Orientierung, bei der
s einem kalt den Rücken herunterläuft.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich bin im Übrigen dafür, dass man den Menschen
eutlich macht, dass mehr Transparenz im System und
ie Tatsache, dass wir gemeinsam – das ist zuzugeben –
ine neue Balance zwischen Eigenverantwortung
inerseits und Solidarität andererseits geschaffen haben,


(Birgit Homburger [FDP]: Wo denn?)







(A) )



(B) )


Bundeskanzler Gerhard Schröder

Wirkungen zeitigen. Das ist doch bereits gestern deutlich
geworden. Erstes Halbjahr 2003: Defizit der gesetzli-
chen Krankenkassen 2 Milliarden Euro. Das hätte doch
auf die Beitragssätze gedrückt, wenn man es so gelassen
hätte. Erstes Halbjahr 2004: Überschuss der gesetzlichen
Krankenkassen 2,5 Milliarden Euro. Das ist ein Turn-
around von 4,5 Milliarden Euro. Das hat mit der neuen
Balance zwischen Eigenverantwortung und Solidarität,
die gefunden worden und die in sich durchaus gerecht
ist, zu tun. Solidarität ist nicht aufgegeben worden. An-
gesichts der Situation unserer Gesellschaft – das hat mit
dem Altersaufbau zu tun – musste das gemacht werden;
sonst wären die Systeme auf Dauer nicht finanzierbar
geblieben. Das wird uns auch noch bei anderen Punkten
begegnen. Ich komme darauf zurück.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir haben gesagt – wir haben darüber ein Telefonge-
spräch geführt –: Um eine Gemeinsamkeit zu erreichen,
machen wir beim Zahnersatz das, was die Union vorge-
schlagen hat. Sie wissen das. Ich habe mich darauf ein-
gelassen und die Koalition hat sich auch darauf eingelas-
sen. Jetzt stellen wir zusammen fest,


(Dr. Angela Merkel [CDU/CSU]: Nein! Nein!)

dass diese Variante, die eingeführt worden ist, den Kas-
sen in jedem Fall ein Maß an Verwaltungskosten aufbür-
det, das wirklich nicht vernünftig ist. Wenn das so ist,
dann muss man auch die Kraft haben, zu sagen: Wir kor-
rigieren das. Wir haben das gemeinsam gemacht, also
korrigieren wir es auch gemeinsam.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich warne nur davor, dann, wenn es ein besseres Sys-
tem gibt – das hat die Ministerin vorgeschlagen –, zu sa-
gen: Wir wissen noch nicht so richtig, ob wir uns darauf
einlassen können; das können wir erst im Oktober ent-
scheiden. Das ist nicht der richtige Umgang mit der Pro-
blematik, meine Damen und Herren.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Notwendig wäre dagegen, zu sagen: Lassen Sie uns
das, was wir mit zu viel an Verwaltungskosten befrachtet
haben – durchaus gemeinsam –, gemeinsam korrigieren
und eine vernünftigere Lösung finden! Lassen Sie es uns
bald machen; denn es eilt, zum einen, weil es in die
Maastricht-Kriterien eingeht, zum anderen aber auch,
weil Klarheit über den weiteren Weg herrschen muss.
Lassen Sie uns das gemeinsam machen und zögern Sie
das nicht hinaus!


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich verstehe die Abstimmungsnotwendigkeiten in Ih-
ren beiden Parteien. Aber im Laufe des parlamentari-
schen Prozesses müsste es zu schaffen sein,


(Beifall der Abg. Krista Sager [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


s
w
d

d
T
k
H


k

S
k

i
d
s
t
A
w
s
i

w
l
J
s
l
z

d
g
A
a
d
d
s
g

M
t



D
z
s
4

(C (D o weit zu kommen, dass die Abstimmung vollzogen ird und wir miteinander eine vernünftigere Lösung urchsetzen können. (Volker Kauder [CDU/CSU]: Sie hatten lange genug Zeit!)


Auch dort wird die Reform weitergehen müssen, ist
as Ende der Fahnenstange nicht erreicht, was mehr
ransparenz und mehr Markt – auch bei den Apothe-
en – angeht. Diese Frage wird Sie, meine Damen und
erren, noch einholen; ich bin ganz sicher.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Wir fürchten uns, Herr Bundeskanzler!)


Wer sich da vor Ihnen fürchten soll, muss mir noch er-
lärt werden, Herr Westerwelle.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ie werden gleich darstellen, wie furchterregend Sie sein
önnen.
Ich komme zu dem dritten Punkt, der Teil der Agenda

st. Das ist das, was mit dem Namen Hartz IV verbun-
en ist. Die Notwendigkeit, Sozialhilfe und Arbeitslo-
enhilfe zusammenzulegen, ist von niemandem bestrit-
en worden. Im Blick auf die Debatte darüber, wer wann
ufklärung geleistet hat, habe ich einmal herumgefragt,
ann denn das Gesetz abschließend im Bundesrat be-
chlossen worden ist. Kaum einer – außer mir natürlich –
st auf Mitte Juli gekommen.
Als wir wussten, wie das Gesetz aussehen würde – es
ar ein schwieriges Vermittlungsverfahren, das nicht im
etzten Dezember, kurz vor Weihnachten, sondern im
uli 2004 endete –, begann sozusagen die Phase der Um-
etzung in die notwendigen Verordnungen und Richt-
inien. Das musste auch schnell gemacht werden; denn
um 1. Januar 2005 muss Klarheit herrschen.
Jetzt ein paar Bemerkungen zu den Wirkungen und zu

er Art und Weise, wie damit umgegangen wird. Ich
laube, dass die Zusammenlegung von Sozialhilfe und
rbeitslosenhilfe richtig ist. Darüber, denke ich, gibt es
uch keine großen Unterschiede in den Auffassungen in
iesem Hause. Wenn das so ist, reduziert sich das Ganze
och auf die Frage, ob die Umsetzung so, wie sie im Ge-
etz vorgesehen ist und die erst zum 1. Januar 2005 be-
innen soll, dem gemeinsamen Anliegen entspricht.
Dann sollte man einmal buchstabieren, was denn im
oment so diskutiert wird, insbesondere von der verehr-

en Opposition.

(Dr. Angela Merkel [CDU/CSU]: Von Herrn Schreiner!)

Von dem auch; das stimmt.


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Es gibt noch ein paar mehr!)


a wird gesagt, das Schonvermögen sei nicht groß-
ügig genug angesetzt. Ich will Ihnen dazu nur zwei Bei-
piele nennen. Dass ein Ehepaar, die Ehegatten jeweils
5 Jahre, mit zwei Kindern neben Haus und Hausrat,






(A) )



(B) )


Bundeskanzler Gerhard Schröder

was bei der Transferzahlung nicht berücksichtigt wird,
47 500 Euro an Schonvermögen hat, gibt es – wir haben
das überprüft – in keinem anderen europäischen Sozial-
staat.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Was sagt denn Herr Schreiner dazu?)


Ich füge hinzu: Das neue Arbeitslosengeld II, die frü-
here Arbeitslosenhilfe also, ist eine steuerfinanzierte
Leistung. Dieses Geld wird keineswegs nur von den
Spitzenverdienern aufgebracht. Dieses Geld wird auch
aus den Steuern der Verkäuferin, des Gesellen im Hand-
werk, des Krankenpflegers, von wem auch immer aufge-
bracht. Angesichts dieser Tatsache durch die Gegend zu
laufen


(Zuruf von der CDU/CSU: Wer tut das? – Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Heiko Maas!)


– das sind doch Ihre Ministerpräsidenten; fragen Sie
doch einmal Herrn Milbradt! –


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


und zu sagen, das sei zu wenig, wird der Lage nicht ge-
recht.


(Zuruf von der SPD: Üble Heuchler!)

Besonders makaber ist es im Übrigen, dass die glei-

chen Ministerpräsidenten, die jetzt Veränderungen
durchführen wollen – ob sie Müller, Meier oder Schulze
heißen –, im Vermittlungsverfahren dafür gesorgt haben,
dass nicht weniger, sondern mehr an Schärfe und Druck
ins System gekommen ist. Das ist doch keine Art, Politik
zu machen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dann fordern die Gleichen, dass das Arbeitslosen-
geld I je nach Dauer der Beitragszahlung länger be-
zahlt werden muss. Sie bestreiten mit dieser Aussage
Landtagswahlkämpfe. Dabei hätten Sie doch im Vermitt-
lungsverfahren etwas sagen können.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Keiner von denen, die jetzt die Fahne hoch reißen, hat
dazu ein einziges Wort gesagt. So kann man doch nicht
politisch arbeiten, insbesondere dann nicht, wenn man
sich angeblich das Prinzip Verlässlichkeit auf die Fahne
geschrieben hat. Das geht doch nicht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


In den Verhandlungen im Vermittlungsausschuss ist
es unter der nächsten Ziffer um den Zuverdienst gegan-
gen. Jetzt wird von allen gesagt, hier müsse mehr ermög-
licht werden. Ich erinnere mich noch an das Vermitt-
lungsverfahren; wir waren doch alle dabei. Wie ist es da
denn gelaufen? Diejenigen, die weniger Zuverdienst-
möglichkeiten gefordert und angesichts der Machtver-
hältnisse im Bundesrat auch durchgesetzt haben, laufen

j
d

D
D
v

T
d
h
b
a
L
R
s
s
b
t

z
A
g
b
A
D

n
k
r
1
m
s
m
r
s
w

s
M
n
v
W
u
Z
g
w
n
m

s
s
s
k

(C (D etzt herum und sagen, sie hätten sich bessere Zuverienstmöglichkeiten vorgestellt. as ist doch nicht auf einen Nenner zu bringen, meine amen und Herren. Doch die gleichen Leute reden daon, dass sie Vertrauen schaffen wollen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zuruf von der SPD: Heuchler!)


(Zurufe von der SPD: Pfui!)


Richtig makaber wird das vor dem Hintergrund der
atsache, dass Herr Koch aus Hessen öffentlich und in
en Vermittlungsgesprächen gefordert hat, dass es über-
aupt keine Zuverdienstmöglichkeiten geben dürfe; da-
ei hat er auf Erfahrungen in Wisconsin, also auf ein
merikanisches Beispiel, hingewiesen. Die gleichen
eute, die so etwas gesagt haben, laufen jetzt durch die
epublik und diskreditieren das ganze Vorhaben, indem
ie Forderungen nach weiter gehenden Möglichkeiten
tellen, obwohl sie das vorher abgelehnt haben. Sie glau-
en doch selber nicht, Herr Glos, dass man das als ver-
rauensbildend bezeichnen kann.


(Anhaltender Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich will auch, damit das nicht einseitig wird, ein Wort
u der Frage der von uns vorgesehenen zumutbaren
rbeit, die angenommen werden muss, sagen. Ich
laube, dass es ungeheuer schwierig wäre, für alle denk-
aren Fälle abstrakt im Gesetz zu definieren, wann eine
rbeit zumutbar ist und angenommen werden muss.
eswegen hat der Bundesarbeitsminister dafür gesorgt
und das ist richtig –, dass die Fallmanager, also dieje-
igen, die die Vermittlungstätigkeit ausüben – in Zu-
unft wird einer 75 junge Leute betreuen; bei den Älte-
en sind wir noch nicht so weit, da kommt einer auf
40 Fälle; aber das ist auch schon ganz gut –, einen
öglichst weiten Ermessensspielraum haben. So können
ie selber im Einzelfall eine Definition vornehmen und
it dem Arbeitslosen in einer Eingliederungsvereinba-
ung aushandeln, was zumutbar ist und was nicht. Ich
etze darauf, dass damit verantwortlich umgegangen
ird.
Die Beispiele, die jetzt in die Welt gesetzt werden,

ind absurd. Natürlich wird es Aufgabe im Rahmen der
onitoringprozesse sein, zu kontrollieren, ob das ver-
ünftig gemacht wird und ob Gruppen oder Einzelne so
om Gesetz betroffen werden, wie es vorgesehen ist.
enn nicht, muss man über die Prüfung von Einzelfällen
nd über das Monitoringverfahren dafür sorgen, dass die
iele des Gesetzes erreicht werden. Das ist unsere Auf-
abe. Aber mit dieser Aufgabe kann doch erst begonnen
erden, wenn das Gesetz in Kraft ist, wenn es wirkt,
ämlich ab 2005. Das kann man nicht prophylaktisch
achen.
Ich glaube, dass man sich wirklich die Zeit nehmen

ollte, eine der größten Sozialreformen, die in der Ge-
chichte der Bundesrepublik gemacht worden sind, weil
ie gemacht werden musste, sehr sorgfältig auf ihre Wir-
ungen abzuklopfen, und bereit sein sollte, korrigierend






(A) )



(B) )


Bundeskanzler Gerhard Schröder

einzugreifen, wenn Wirkungen erzielt werden, die das
Gesetz nicht vorsieht. Aber schon vorher über die Verän-
derung der Reformen zu reden halte ich für ganz falsch
und deswegen wird das auch nicht geschehen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Falsch wäre es indessen, diese große Reform, die wir
brauchen, um unsere eigene Zukunftsfähigkeit sicherzu-
stellen und die sozialen Sicherungssysteme in Ordnung
zu bringen und zu halten, nur auf den Leistungsbereich
und die dort notwendigen Veränderungen zu beschrän-
ken. Im Übrigen kann sich auch dieser im europäischen
Maßstab sehen lassen. Ziel des Gesetzes ist doch etwas
ganz anderes, nämlich die stetig anwachsende Langzeit-
arbeitslosigkeit besser als in der Vergangenheit zu be-
kämpfen. Das ist das eigentliche Ziel des Gesetzes.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dieses Ziel erreichen wir durch Fördern. Im ersten
Schritt wollen wir die ständige Zufuhr in die Langzeitar-
beitslosigkeit bei denen, die jung sind, abstellen.
Deutschland steht im europäischen Maßstab, was Ju-
gendarbeitslosigkeit angeht, sehr gut da. Aber wir wol-
len noch besser werden. Deswegen schaffen wir ab
1. Januar 2005 einen Rechtsanspruch für junge Leute un-
ter 25 Jahren auf entweder Ausbildung oder Arbeit oder
Qualifizierung. Das dient dem Ziel, die Zufuhr in die
Langzeitarbeitslosigkeit einzudämmen.

Ein Wort zum Fördern im Zusammenhang mit der
Debatte in Deutschland. Wir werden im nächsten Jahr al-
les in allem und flexibel einsetzbar knapp 10 Milliarden
Euro – ich glaube, es sind genau 9,63 Milliarden Euro –
zur Verfügung haben, von denen 42 Prozent dort einge-
setzt werden, wo die Arbeitslosigkeit größer ist als an-
derswo, nämlich im Osten unseres Landes.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wie man vor diesem Hintergrund behaupten kann, für
den Osten des Landes werde nichts Spezielles getan, ent-
zieht sich nun wirklich jedem Verständnis.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Aber eines ist genauso klar: Die gewaltige Aufgabe,
die wir vor uns haben, lässt sich nur durchführen, wenn
Kommunen, Länder und Bund, und zwar unabhängig
von der parteipolitischen Färbung der jeweiligen Regie-
rung, in dieser Frage zusammenarbeiten. Hier geht es
um ein Stück Zukunftsfähigkeit des Landes. Wer meint,
darüber aus parteipolitischem Kalkül oder angesichts
von Wahlkämpfen hinwegsehen zu können, der tut etwas
gegen die Interessen unseres Landes und nicht dafür.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die Aufgabe kann nur gemeinsam durchgeführt werden
und das muss unabhängig von der parteipolitischen Fär-
bung von Landes- oder Kommunalregierungen gesche-
hen. Das ist eindeutig.

d
r

u
g
w
r
e
s
i
K
s
ß
B
w
ß
s
A
m

w
t
d

s
ö
f
n
d
r
t
s

a

d
G
e
S
n
b
K
S
u
f
d
H

g
K
s
r
d

(C (D Abschließend ein paar Bemerkungen zu den Folgen essen, was wir an Umbauarbeit in den sozialen Sicheungssystemen aus den Gründen, die ich genannt habe verschärfter Wettbewerb, Stichwort: Globalisierung, nd radikal anderer Altersaufbau unserer Gesellschaft –, eleistet haben. Wichtig ist, dass niemand glauben darf, enn die Gesetze beschlossen sind, kann man sich zuücklehnen. Das geht aus zwei Gründen nicht: Es wäre in Irrtum, zu glauben, Reformprozesse in reichen Geellschaften – entgegen dem, was Herr Glos gesagt hat, st dies eine Gesellschaft, die wohlhabend ist und voller raft steckt, auch und gerade im internationalen Maßtab; ich werde noch ein paar Punkte dazu nennen – lieen sich bewerkstelligen, indem man hier im Deutschen undestag ein Gesetz verabschiedet. Die Erfahrung, die ir gegenwärtig machen, ist doch, dass bei einer so groen und wichtigen Reform die Umsetzung in der Gesellchaft die eigentliche Aufgabe jeglicher reformerischen rbeit ist. Das ist, glaube ich, ein Gesichtspunkt, dem an sich ganz neu widmen muss, (Volker Kauder [CDU/CSU]: Das haben Sie besonders gut gemacht!)


eil das ganz andere Arbeitsweisen als die hier gepfleg-
en verlangt. Wir befinden uns mitten in dem Prozess,
as zu verklaren.
Die zweite Erkenntnis muss sein: Angesichts der fort-

chreitenden und immer schnelleren Veränderung der
konomischen Basis unserer Gesellschaften sind Re-
ormprozesse nie am Ende. Es ist vielmehr eine perma-
ente Aufgabe, zu überprüfen, ob die Überbausysteme in
er Politik noch mit den radikalen, schnellen Verände-
ungen an der ökonomischen Basis unserer Gesellschaf-
en Schritt halten können. Das ist das eigentlich Ent-
cheidende, worum es geht.
Wir tun das, damit die sozialen Sicherungssysteme

uch in Zukunft haltbar bleiben,

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

amit auch unsere Kinder und deren Kinder noch in den
enuss einer – in unseren Gesellschaften ist es immer
ine relative – Sicherheit kommen. Immerhin ist es eine
icherheit, die in der Geschichte unseres Landes noch
ie erreicht worden ist. Darum machen wir jetzt die Um-
auarbeit und darum nehmen wir die Schwierigkeiten in
auf. Ich weiß sehr wohl um die Schwierigkeiten, die
ie genannt haben. Ich weiß auch – das ist keine Frage –
m die schmerzhaften Wahlniederlagen. Aber ich bin
est davon überzeugt: Wenn wir jetzt nicht handeln wür-
en, dann würde es zu spät sein, wer auch immer das
eft des Handelns dann in der Hand halten würde.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir tun das, weil die Agenda 2010, wie seinerzeit an-
ekündigt, auch ein anderes Gesicht, sozusagen die
ehrseite der Medaille, hat. Dieses Gesicht bedeutet
chlicht: Der Umbau ist nicht nur nötig, um die Siche-
ungssysteme in Ordnung zu halten. Er ist auch nötig,
amit wir gesellschaftliche Ressourcen freisetzen, um






(A) )



(B) )


Bundeskanzler Gerhard Schröder

sie in die Zukunftsfähigkeit unseres Landes zu investie-
ren. Das ist der andere Teil der Agenda 2010.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dieser andere Teil beinhaltet die Notwendigkeit, dass
wir in Forschung und Entwicklung investieren.


(Dr. Angela Merkel [CDU/CSU]: Genau!)

Wir müssen das 3-Prozent-Ziel erreichen. Aber ange-
sichts der Schwarzmalerei will ich sagen: Für Forschung
und Entwicklung werden im europäischen Durchschnitt
2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes ausgegeben. In
Deutschland sind es rund 2,5 Prozent. Schweden hinge-
gen gibt 4,3 Prozent dafür aus. Wir kommen nicht auf
diese Zahl, aber wir müssen in diese Richtung gehen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir sind zwar schon besser als der Durchschnitt, aber
wir müssen noch besser werden und müssen sehen, dass
wir schnell das Ziel von 3 Prozent des Bruttoinlandspro-
duktes erreichen.

Wie geht das? Es geht durch Subventionsabbau. Da
sind auch Sie gefordert. Denn Subventionsabbau heißt,
Ressourcen, die man in der Vergangenheit für Subven-
tionen eingesetzt hat, für Zukunftsinvestitionen auszuge-
ben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Damit bin ich bei der Eigenheimzulage. Sie können un-
ter Beweis stellen, dass Sie mithelfen wollen, das 3-Pro-
zent-Ziel zu erreichen,


(Unruhe bei der CDU/CSU)

indem Sie die Blockade aufgeben, mit der Sie die Eigen-
heimzulage belegt haben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir müssen – das ist nur innerhalb des föderalen Sys-
tems zu schaffen – mehr in Bildung investieren. Das gilt
übrigens auch für die Ausbildung. Damit bin ich beim
Ausbildungspakt. Natürlich gibt es noch eine Lehrstel-
lenlücke. Niemand bedauert das mehr als wir. Aber dass
10 000 Ausbildungsverträge mehr als im letzten Jahr be-
reits jetzt unterschrieben sind, ist ein hoffnungsvolles
Zeichen. Die rechnerische Lücke von 30 000, die es im-
mer noch gibt, muss bis zum Jahresende geschlossen
werden. Das ist Aufgabe der Wirtschaft.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die Tatsache, dass große angelsächsische Zeitungen
Deutschland inzwischen als Investitionsstandort Num-
mer eins ansehen – das können Sie in „Newsweek“
nachlesen; ich bin auch bereit, Ihnen das vorzulesen,
Herr Kollege Glos –,


(Heiterkeit bei der SPD)


h
D
s
e
r

s
b
n
Q
s
z
u
g

g
u

e
u
m
s
A
w
h
D
s

a
n
n

D
G
L
i
s
u
k
n
d
D
n

s
s
s

d
Z

(C (D at eminent mit der Qualifizierung unserer Leute zu tun. iese hat wiederum mit der Fähigkeit und der Bereitchaft zu tun, Ausbildungsplätze bereitzustellen. Das ist twas, was wir im eigenen Interesse und auch im Inteesse der Wirtschaft leisten müssen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Der dritte Punkt. Wir brauchen die Ressourcen, um
ie vor allen Dingen in Betreuung zu investieren. Wir
rauchen sie, weil es sich diese Gesellschaft überhaupt
icht leisten kann – in Zukunft noch viel weniger –, die
ualifikation, die Kreativität und die Leistungsbereit-
chaft von Frauen nur deshalb ökonomisch nicht zu nut-
en, weil es an Betreuungsplätzen fehlt. Das können wir
ns nicht leisten. Außerdem kommt hinzu, dass es nicht
erecht ist.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Das sind die Bereiche, um die es schwerpunktmäßig
eht und für die wir Ressourcen mobilisieren müssen
nd Ressourcen mobilisieren werden.
Wenn man sich einmal anschaut, was von dem Schau-

rgemälde übrig geblieben ist, das Herr Glos gemalt hat,
nd wenn man die Zahlen wirklich betrachtet, dann sieht
an, dass wir zwar keinen Anlass haben, euphorisch und
elbstgerecht in die Zukunft zu blicken, dass wir aber
nlass haben, selbstbewusst und entlang eigener ent-
ickelter Stärke die Zukunftsaufgaben anzugehen. Wir
aben beim Wachstum zur Eurozone aufgeschlossen.
ie Industrieproduktion in Deutschland wächst deutlich
chneller als im europäischen Vergleich.
Übrigens, dass wir Exportweltmeister sind, hat doch

uch etwas mit der Kraft der deutschen Wirtschaft und
icht mit ihrer Schwäche zu tun. Warum sagen wir das
icht?


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ies hat auch etwas mit der Lohnpolitik der deutschen
ewerkschaften zu tun, die dazu geführt hat, dass die
ohnstückkosten schon die ganzen 90er-Jahre über, auch
n der Phase der Stagnation, im Grunde gleich geblieben
ind – es gab eine Steigerung von 0,1 Prozent pro Jahr –
nd dass damit die internationale Wettbewerbsfähig-
eit Deutschlands in einem Maße wie nie zuvor zuge-
ommen hat. Wir haben auch in der schwierigsten Phase
er Weltwirtschaft, in der Stagnationsphase, die Gott sei
ank überwunden ist, abzüglich der Wechselkursberei-
igung real Marktanteile gewonnen.
Das ist doch ein Zeichen von Kraft, auf die wir stolz

ein und worauf wir unabhängig von allen parteipoliti-
chen Auseinandersetzungen auch einmal hinweisen
ollten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir haben das bei einer Inflationsrate erreicht, die
ie stabilste und geringste in Europa ist, was uns bei den
insen gelegentlich Schwierigkeiten macht. Weil wir






(A) )



(B) )


Bundeskanzler Gerhard Schröder

eine so geringe Inflationsrate haben, haben wir das
höchste reale Zinsniveau. Das ist ein Problem, was die
Refinanzierung unserer Unternehmen angeht. Aber es ist
doch auch etwas, worauf man hinweisen kann, was man
nicht einfach vergessen darf.

Wie sieht es schließlich – darüber wird immer wieder
geredet – bei den Patenten aus? Wir liegen im europäi-
schen Maßstab weit an der Spitze. Wir sind besser als die
Konkurrenten, auch besser als die großen europäischen
Konkurrenten. Ja, es ist wahr: Amerika und Japan sind
noch besser. Wir sollten und wollen dazu aufschließen.
Deswegen investieren wir in Forschung und Entwick-
lung.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, ich gehöre wirklich nicht
zu denjenigen, die nicht wüssten, wie schwer die Ar-
beitslosigkeit auf diesem Land lastet und wie sehr uns
das umtreiben muss. Wir sind deswegen weit davon ent-
fernt, nur ein rosiges Bild zu malen. Aber zu sagen, die-
ses Land sei ein einziges Jammertal, nur weil Ihnen die
Regierung nicht passt, das ist hanebüchener Unsinn.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Was wir tun müssen und was wir tun werden, ist, die
Positionierung Deutschlands als eines selbstbewussten,
bündnistreuen Landes in der internationalen Politik nicht
aufzugeben. Was wir nach innen tun müssen, ist, den
Umbau unserer sozialen Sicherungssysteme voranzu-
bringen, weil sie nur so auf Dauer zu sichern sind. Was
wir im Übrigen zu tun haben, ist, Ressourcen in den Be-
reichen einzusetzen, die ich genannt habe.

Dabei können wir auf eine ungeheure Kraft in der
deutschen Gesellschaft und auch in der deutschen Wirt-
schaft bauen – nicht in dem Sinne, dass man sich damit
zufrieden geben könnte, aber schon in dem Sinne, dass
man sie als Ausgangspunkt für eine Zukunft nutzt, die
wir nun wirklich nicht schwarz in schwarz malen müs-
sen.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Lang anhaltender Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1512200500

Ich erteile das Wort dem Kollegen Guido

Westerwelle, FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP – Zurufe von der SPD: Ach, nein! – Um Gottes willen! – Gegenruf der Abg. Dr. Angela Merkel [CDU/CSU]: Das ist Demokratie!)



Dr. Guido Westerwelle (FDP):
Rede ID: ID1512200600

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Herr Bundeskanzler, Sie haben viele bemerkens-
werte Sätze in Ihrer Rede gesagt, aber einer war beson-
ders bemerkenswert. Sie haben gesagt: Diese Regierung
handelt vielversprechend.

D
v
d


r
h
H
s
l
a
s
m
d

s
S
s
l
n
a
m
B

d
l
t
s

a
h
R
l
c
S
E
t
W
g

p
d
l
F
r
a

(C (D as ist das Problem dieser Regierung: Sie verspricht iel, aber sie hält nichts. Deswegen laufen Ihnen auch ie Menschen davon. Es ist bei Ihnen jedes Jahr dasselbe Ritual. (Franz Müntefering [SPD]: Leichtmatrose! – Ute Kumpf [SPD]: Aber mit Schlauchboot!)


(Lachen bei Abgeordneten der FDP)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Herr Müntefering, das war ein fabelhafter Zwischen-
uf. Heute habe ich schon etwas über Zwischenrufe ge-
ört. Herr Schmidt sitzt jetzt nicht neben Ihnen, aber Sie,
err Müntefering, und Herr Schmidt – Frau Kumpf, Sie
ind schöner als Herr Schmidt, das muss man ausdrück-
ich sagen – sitzen hier regelmäßig wie die beiden Opas
uf dem Balkon in der Muppet-Show und rufen dazwi-
chen. Das ist wirklich bemerkenswert. Darüber, was Sie
it Innovation zu tun haben, wollen wir ein andermal re-
en.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/ CSU – Zuruf von der SPD: Geistreich!)

Herr Bundeskanzler, es gibt immer – das ist das Ent-

cheidende – das gleiche Ritual. Es wechselt aus meiner
icht nur jedes Jahr der Verantwortliche. In einem Jahr
agen Sie, dass die Weltwirtschaft für die Massenarbeits-
osigkeit in Deutschland verantwortlich ist, und im
ächsten Jahr sagen Sie, dass die Opposition dafür ver-
ntwortlich ist. Dann verweisen Sie auf die angeblich
angelnde Mitwirkung der Oppositionsparteien hier im
undestag oder im Bundesrat.
Tatsache ist aber etwas ganz anderes. Tatsache ist,

ass sich diese Opposition, zum Beispiel im Vermitt-
ungsverfahren, um ein Vielfaches konstruktiver verhal-
en hat und verhält, als Sie das zu Ihrer Zeit in der Oppo-
ition jemals getan haben.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Sie haben gesagt, Sie wollen den Spitzensteuersatz

uf 42 Prozent senken. Dazu merke ich – wir haben
eute Morgen des verstorbenen Kollegen Günter
exrodt gedacht – an: Wir hätten längst auf der Grund-
age der Petersberger Beschlüsse ein völlig neues, einfa-
heres und gerechteres Steuersystem mit niedrigeren
ätzen. Es waren die Ministerpräsidenten Schröder und
ichel, die das blockiert haben; denn durch den Bundes-
ag war es durch. Sie haben als Ministerpräsidenten aus
ahlkampfgründen gegen die Interessen Deutschlands
earbeitet.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Sie sagen, Sie hätten sich der Probleme der demogra-

hischen Entwicklung angenommen, Sie hätten erkannt,
ass die Sozialstaatsreformen notwendig sind. Wir wol-
en aber nicht vergessen, dass der demographische
aktor in der letzten Legislaturperiode der alten Regie-
ung in das Rentensystem eingeführt worden ist, doch
bermals waren Sie es, die blockiert haben.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Dr. Guido Westerwelle

Wir wollen auch nicht vergessen, wie es bei den

Arbeitsmarktreformen zugegangen ist. Sie sagen, Sie
müssten heute durchfechten, dass es zu einer Vereinfa-
chung und Liberalisierung auf dem Arbeitsmarkt
kommt. Dort, wo Sie das tun, haben Sie unsere Unter-
stützung. Wir weisen aber darauf hin: Das war alles
längst beschlossen und Gesetz. Wenn das Trio Schröder,
Eichel und Lafontaine damals anders gehandelt hätte,
hätten heute Hunderttausende von Arbeitslosen Arbeit.
Das möchte ich an dieser Stelle festhalten.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Lothar Mark [SPD]: Er wird nicht einmal rot dabei!)


Ich habe mich schon gewundert, dass Sie, als Sie über
die Sozialstaatsreformen sprachen, uns und nicht die
Mitglieder der Regierungsfraktionen angeschaut haben.
Uns müssen Sie doch nicht erzählen, dass angebotene
Arbeit auch angenommen werden muss. Uns müssen Sie
doch nicht erzählen, dass sich Leistung wieder lohnen
muss.


(Jörg Tauss [SPD]: Doch, doch! Ihnen schon!)

Sie müssen uns doch nicht erzählen, dass Demonstra-
tionen, wenn sie von Demagogen von der PDS aufge-
hetzt werden, in die falsche Richtung weisen. Auch ich
kritisiere das, was Herr Milbradt dazu gesagt hat, aber
wir wollen doch festhalten, dass bei diesen Montagsde-
monstrationen die PDS vorne mitläuft. Das ist Ihr Koali-
tionspartner, nicht unserer!


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

An der Spitze dieser Montagsdemonstrationen steht

doch kein Freidemokrat und hält wie am letzten Montag
die Rede, sondern es war Ihr Genosse, Ihr früherer Par-
teivorsitzender Oskar Lafontaine, der dort gesprochen
hat. In den Reihen der Montagsdemonstrationen gehen
doch keine Freidemokraten und unterstützen auch noch
diejenigen, die dort aufhetzen. In Wahrheit ist es doch
so, dass Herr Ströbele und Herr Bsirske von den Grünen
dort demonstrieren. Das ist der Grund, warum Ihnen die
Leute weglaufen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Wollen wir hier einmal wiedergeben, wer von Ihnen

sich wie – über das Verständnis, das man für jemanden,
der in Sorge ist und demonstriert, haben muss, hinaus –
geäußert hat? Wollen wir das allen Ernstes wiedergeben?
Alles, was an marktwirtschaftlichen Reformen im Deut-
schen Bundestag und im Dezember im Vermittlungsver-
fahren beschlossen worden ist, ist von uns befördert und
immer wieder verteidigt worden.


(Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auch die Apotheken?)


Das Problem ist, dass Ihre eigenen Leute permanent
mit neuen Vorschlägen kommen; übrigens auch der stell-
vertretende Parteivorsitzende Wolfgang Thierse. Es sind
doch Ihre Leute, die die Stimmung machen und die mei-
nen, sie könnten damit für sich selbst einen Vorteil errei-
chen. Das wollen wir an dieser Stelle einmal festhalten.


g

K
S
d
s
l

k
f
e
k
k
J

D
d
d
t

F
d


a

B

m
r
W
g

D
l
t
I

l
S
d
U

(C (D (Heiterkeit und Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Zuruf von der CDU/CSU: Der Präsident!)


Ich habe den stellvertretenden Parteivorsitzenden an-
esprochen; das ist erlaubt.
Nein, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe
olleginnen und Kollegen, das nächste Problem ist, dass
ie gar keine Linie haben. Sie meinen, Sie bekämen Wi-
erstand in der Bevölkerung, weil Sie Reformen durch-
etzen. Sie bekommen Widerstand, weil Sie keine ver-
ässliche Politik machen. Das ist der Unterschied.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Wie ist es denn abgelaufen? Sechs Jahre lang gab es

eine einzige Klausur. Jetzt jagt eine die nächste. Ange-
angen haben Sie Anfang des Jahres, im Januar, mit
iner Klausur der Bundestagsfraktion der Sozialdemo-
raten. Daher kommt der berühmte Satz des Bundes-
anzlers – damals war er noch SPD-Vorsitzender –: Das
ahr 2004 muss ein Jahr der Innovation werden.


(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)

ie einzige Innovation, die stattgefunden hat, ist die,
ass mittlerweile Herr Müntefering der alten Tante SPD
ie Rheumadecke auflegen kann. Das ist Ihre Innova-
ion.


(Heiterkeit und Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Was ist mit dem, was in der Bildungspolitik, in der
orschungspolitik und der Wissenschaftspolitik stattfin-
en müsste? Wohin sind Sie denn da? Weggetaucht?


(Jörg Tauss [SPD]: Bitte? Eine Frechheit!)

Herr Tauss, in jedem Raum ist einer der Dümmste,
ber melden Sie sich doch nicht freiwillig.


(Heiterkeit und Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Zuruf von der SPD: Der redet doch gerade!)


Meine sehr geehrten Damen und Herren, Frau
ulmahn hat doch Anfang des Jahres damit angefangen
eine sehr bemerkenswerte Sache –: Mal waren es fünf,
al waren es zehn Eliteuniversitäten. Anfang des Jah-
es haben wir noch gedacht, wunders was da kommt.
as ist denn aus dem Programm für Eliteuniversitäten
eworden? – Nichts! Vertagt, vertagt, vertagt!


(Jörg Tauss [SPD]: Ja, durch wen? – Weiterer Zuruf von der SPD: Durch die Länder!)


as ist das Entscheidende. Wissen Sie, warum das mög-
ich ist? Das ist in der Tat auch aufgrund föderaler Struk-
uren möglich, die wir gemeinsam korrigieren wollen.
ch glaube, darüber sind wir uns in diesem Hause einig.


(Beifall bei der FDP)

Das ist aber auch deshalb möglich, weil Sie keine po-

itische, geistige Meinungsführerschaft mehr ausüben.
ie reden von Eliten, beschließen aber gleichzeitig in
iesem Hause ein Verbot von Studiengebühren, das den
niversitäten quasi per staatlichem Diktat verbietet, Ge-






(A) )



(B) )


Dr. Guido Westerwelle

bühren zu erheben. Mehr Freiheit ist die Innovation und
nicht mehr staatliche Regulierung. Das gilt auch und ge-
rade in der Bildungspolitik.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Dann kam die nächste – eine fabelhafte, hochinteres-
sante – Klausurtagung, die sich mit den Folgen von
Hartz beschäftigen sollte. Dort wurde entsprechend
nachgebessert. Es dauerte dann keine zwei Tage, bis sich
Minister aus Ihrer Bundesregierung mit Herrn Stolpe an
der Spitze zu Wort gemeldet und gesagt haben: Es muss
aber auch die Nachbesserung wieder nachgebessert wer-
den. Der arme Herr Clement musste seinen Urlaub un-
terbrechen – mein Mitleid hält sich in Grenzen – und zu
dieser Klausur- bzw. Krisensitzung anreisen. Anschlie-
ßend sagte Herr Stolpe wie auch andere aus Ihrer Koali-
tion, dass das, was zwei Tage zuvor gerade nachgebes-
sert worden war, noch einmal nachgebessert werden
muss.


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Herr Stolpe ist das von Toll Collect gewohnt!)


Sie haben in den wesentlichen Bereichen keine Linie.
Erst haben Sie die Hartz-Reformen beschlossen. Im
Kern ist vieles davon richtig. Dafür haben Sie auch die
Unterstützung der Opposition bekommen.


(Jörg Tauss [SPD]: Milbradt!)

Dann haben Sie gesagt, es müsse nachgebessert werden,
weil die Reformen handwerklich so dilettantisch umge-
setzt wurden. Dann kam es zur Nachbesserung der
Nachbesserung. Auf der Klausursitzung in Bonn verab-
schieden Sie sich dann für den Rest der Legislatur-
periode von allen weiteren Reformprojekten. Sie verwal-
ten die Krisen, aber Sie gestalten nicht die Zukunft. Das
spüren die Menschen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Nun komme ich zu dem, was Sie angesprochen ha-

ben, zuerst zur Ausbildungsplatzabgabe.

(Jörg Tauss [SPD]: Umlage!)


In Ihrer Agenda-2010-Regierungserklärung hieß es zu-
nächst: keine Ausbildungsplatzabgabe.


(Jörg Tauss [SPD]: Umlage!)

Anschließend wurde die Ausbildungsplatzabgabe


(Jörg Tauss [SPD]: Umlage!)

von Ihren beiden Parteitagen beschlossen. Nach dem
Führungswechsel in der SPD führten Sie dann die Aus-
bildungsplatzabgabe


(Jörg Tauss [SPD]: Umlage!)

ein, damit Herr Müntefering gegenüber den Linken in
seiner Partei etwas vorzuweisen hat. Daraufhin nahmen
Sie die Ausbildungsplatzabgabe


(Jörg Tauss [SPD]: Umlage!)


w
d

a

A
h
li
d
g
b

e
s
ü
s
P
s
b
H
h
a
D
V
r
te
b
V

K
m
S
ü
d
u
e
s
u
i
r
d
g

f
s

W
W
n
a
m

(C (D ieder zurück und sagten, wir bräuchten einen Ausbilungspakt. (Jörg Tauss [SPD]: Pädagogik lebt von wertvollen Wiederholungen!)


Meine Damen und Herren, die Menschen sind bereit,
uch einen harten Weg mitzugehen.


(Zuruf von der SPD: Das wissen Sie doch gar nicht!)


ber sie wollen ein Ziel haben. Sie wollen wissen, wo-
in es geht. Sie wollen sehen, dass gerecht und verläss-
ch vorgegangen wird. Sie sind eine Bundesregierung,
ie sich verhält wie ein Hase auf der Flucht: Sie schla-
en Haken, aber Sie haben keinen Kurs. Das ist Ihr Pro-
lem.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

In der letzten Debatte, die hier stattgefunden hat, ging

s um das Thema Mindestbesteuerung. Sie haben ge-
agt, dass wir durch die Wiedervereinigung Europas,
ber die wir hier gesprochen haben, eine Mindestbe-
teuerung brauchen. Anschließend wurde eine Reihe von
apieren erarbeitet. Von den Grünen wurde ein Vor-
chlag zur Vermögensteuer vorgelegt. Mittlerweile ha-
en Sie dazu ein eigenes Gutachten in Auftrag gegeben.
err Kuhn fasste es so zusammen, dass Ihre Steuererhö-
ungspläne in Wahrheit nur mehr Verwaltungskosten,
ber gar nicht mehr Steuereinnahmen bringen würden.
aher wurden sie zurückgezogen. Nachdem diese
orschläge gestern von Ihnen und von Herrn Kuhn zu-
ückgezogen worden sind, sagt am heutigen Tag der Par-
ivorsitzende der Grünen, Herr Bütikofer: Die Mindest-
esteuerung muss kommen und die Instrumente sind die
ermögen- und die Erbschaftsteuer.
Genau das ist der Fehler, der uns in Deutschland zur
apitalflucht treibt und den wir bekämpfen müssen. Wir
üssen mit immer neuen Steuererhöhungsdiskussionen
chluss machen. Ich nenne noch einmal die Debatten
ber die Vermögensteuer, die Mindestbesteuerung und
ie Erbschaftsteuer. Jetzt dreht sich die Diskussion auch
m die Mehrwertsteuer. Sie machen immer neue Steuer-
rhöhungsvorschläge. Aber mit Steuererhöhungsvor-
chlägen treiben Sie die Menschen in Schwarzarbeit
nd Kapitalflucht. Wir brauchen die Investitionen hier
n Deutschland. Deswegen ist ein niedrigeres, einfache-
es und gerechteres Steuersystem das erste Vorhaben,
as die Freien Demokraten bei einer Regierungsbeteili-
ung durchsetzen wollen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Es ist richtig, dass wir dabei auch die Sozialstaatsre-
ormen durchsetzen müssen. Wir wissen das. Wir wis-
en, dass wir Sozialstaatsreformen brauchen.


(Zuruf von der SPD: Nur will das keiner!)

er nicht arbeiten kann, dem muss geholfen werden.
er aber nicht arbeiten will, der kann nicht damit rech-
en, dass Familienväter und allein erziehende Mütter
bends länger arbeiten, damit er sich einen lauen Lenz
achen kann.






(A) )



(B) )


Dr. Guido Westerwelle


(Zuruf von der SPD: Da klatscht doch keiner!)


Hier geht es um die Frage der Treffsicherheit des So-
zialstaates. Wir haben ein anderes Verständnis vom So-
zialstaat als Sie.


(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja, Sie wollen ihn abschaffen!)


Sie sehen darin einen Wohlfahrtsstaat, der zur Beruhi-
gung an alle ein wenig verteilt. Wir wollen einen Sozial-
staat, der seine Hilfen auf die wirklich Bedürftigen kon-
zentriert. Das ist der feine Unterschied.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


All Ihre Reformen – ob Agenda 2010, bei der Sie in
Wahrheit auf halbem Wege stehen geblieben sind, oder
Hartz I bis IV – werden nicht tragen und nicht ausrei-
chen, wenn Sie Ihre Wirtschaftspolitik nicht korrigie-
ren und an die Stelle Ihrer Verteilungsstrategie eine
Wachstumsstrategie setzen. Ihre ganzen Reden drehen
sich in Wahrheit im Kern um die Frage: Wie verteilt der
Staat an wen etwas am besten? Ein Bundeskanzler in
diesen Zeiten müsste hier stehen und müsste sagen:
Wachstum schaffen wir durch: erstens, zweitens, drit-
tens, durch folgende Rahmenbedingungen des Staates.
Das Wort „Wachstum“ kommt in Ihren Reden überhaupt
nicht mehr vor, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Das gibt es überhaupt nicht mehr!


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Sie können noch so sehr vorhandene Arbeit durch eine
Sozialstaatsreform besser verteilen – und es ist notwen-
dig, dass angebotene Arbeit auch angenommen wird –,
Sie müssen aber Ihre Politik ergänzen: durch eine Wirt-
schaftspolitik, die auf Wachstum setzt. Dazu zählen vor
allen Dingen auch die neuen Technologien. Sie spra-
chen doch selbst von der Innovation. Sie sprechen hier
von den Patenten und setzen sie auf Ihre Erfolgsliste, so
als ob Sie ein einziges Patent angemeldet hätten.


(Zuruf von der SPD: Das ist doch primitiv!)

In Wahrheit ist es so, dass Ihre Bundesregierung dazu
beiträgt, dass Patente, die in Deutschland angemeldet
werden und die hier Arbeitsplätze schaffen könnten, ins
Ausland verlagert werden.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Wir haben das doch beim Transrapid als moderner Ver-
kehrstechnologie erlebt: Die Richtlinien der Politik ka-
men nicht von Herrn Schröder; Herr Trittin hat die
Richtlinien bestimmt und der Transrapid durfte hier
nicht gebaut werden. Mittlerweile wollen Sie auf jeder
Chinareise mindestens einmal im Transrapid fotografiert
und gefilmt werden.

Dasselbe erleben wir jetzt wieder bei der Bio- und
Gentechnologie. Es ist doch nicht nur eine ökonomische
Frage, es ist doch auch eine moralische und eine ethische
Frage. Wenn die Forschung für Bio- und Gentechnologie
in Deutschland immer mehr durch die Gesetzgebung, die
Frau Künast zu verantworten hat, ins Ausland vertrieben

w
p
v
d
G
l
n
u
B
f
g
G
m
g

D
u

e
w
d
s
d
s
g



u
B
p
d

d
I
K
E
a
V
z

s
d
b
m
S
B
F
f
b
h
g
z

(C (D ird, dann gehen uns nicht nur Chancen für Arbeitslätze verloren, in Wahrheit gehen uns auch Chancen erloren, Krankheiten zu bekämpfen und etwas gegen en Welthunger zu tun. Ihre Blockadehaltung gegen die rüne Gentechnik, mit der man zum Beispiel schädingsresistente Pflanzen herstellen kann, sodass man icht mehr Millionen von Tonnen von Chemie braucht, m in der Dritten Welt Felder zu bearbeiten, diese Ihre lockade gegen die Grüne Gentechnik hat einen Vorläuer: Ihre Blockade gegen die Rote Gentechnik. Beides ist rottenfalsch. Wer heute moderne Technologien wie enund Biotechnologie blockiert, der verhält sich unoralisch, weil er nicht seinen Beitrag leistet im Kampf egen Krankheiten und gegen den Welthunger. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


as ist die Auseinandersetzung, die wir führen wollen
nd führen müssen.
Sie haben von der Energie gesprochen. In der Tat ist

s richtig, dass die hohen Energiepreise und die Ent-
icklung, die wir dort haben, uns allen Sorgen machen;
as ist gar keine Frage, das wissen wir auch. Ob die Vor-
chläge aus den Reihen der Union kommen oder von an-
eren – ich glaube, dass die Vorstellung, man könnte
taatlich die Preise festsetzen, zu kurz gedacht ist, um es
anz höflich zu formulieren.


(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Die Vorschläge kommen nicht von uns! Das wissen Sie!)


Die kommen nicht von der CDU, ja.
Auf der anderen Seite, meine sehr geehrten Damen

nd Herren, will ich Ihnen genauso sagen: Wenn der
undeskanzler sich hierhin stellt, auf die hohen Energie-
reise hinweist und sagt, es fehle ja an Wettbewerb und
eswegen sei diese Preisentwicklung gefährlich,


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Ökosteuer!)


ann weise ich darauf hin, dass es Ihre Bundesregierung,
hr Staatssekretär Tacke war, der gegen das Votum des
artellamtes gerade für weniger Wettbewerb auf dem
nergiesektor gesorgt hat. Dass dieser Herr Tacke jetzt
uch noch zu dem Unternehmen wechselt, das er mit
erwaltungsentscheidungen begünstigt hat, das stinkt
um Himmel, und das werden wir aufklären.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Da sind viele Fragen zu klären; das wissen wir. Sie

prechen von Subventionen, Sie sprechen davon, dass
ie entsprechenden steuerlichen Ausnahmetatbestände
eseitigt werden müssen. Da haben Sie unsere Zustim-
ung. Wenn Sie hier einfügen, dass Sie das bisher für
ubventionen aufgewendete Geld brauchen, um es für
ildung und Innovation auszugeben – einverstanden.
angen wir doch einmal gleich bei dem an, was am ein-
achsten geht. Der Bundeskanzler, der hier sagt, wir
rauchen diese Gelder, um sie in die Bildung zu stecken,
at vor nicht einmal einem Jahr auf dem Steinkohletag
erade 16 Milliarden Euro an Subventionen zusätzlich
ugesagt – für die Verlängerung von Vergangenheit, statt






(A) )



(B) )


Dr. Guido Westerwelle

dass man daraus Arbeitsplätze in Forschung, Bildung
und Wissenschaft macht.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Nichts kommt von Ihnen dazu.

Jetzt kommen Sie mit Ihrem „Jäger 90“, der Eigen-
heimzulage. Es ist sehr bemerkenswert, wie Sie an die
Eigenheimzulage herangehen. Hermann Otto Solms hat
Ihnen das gestern in der Debatte gesagt und wir stehen
dazu: Wir sind doch bereit, an die ganzen verschiedenen
steuerlichen Ausnahmetatbestände heranzugehen. Wir
werden das aber nicht tun, damit Herr Eichel seine
selbstverschuldeten Haushaltslöcher stopfen kann. Wenn
wir an die steuerlichen Ausnahmetatbestände heran-
gehen, dann müssen die Auswirkungen durch Steuer-
senkungen eins zu eins an die Steuerzahler weitergege-
ben werden. Ansonsten ergibt sich keine Verbreiterung
der Bemessungsgrundlage; in Wahrheit ergeben sich
dann nämlich nur Steuererhöhungen. Das wäre Gift für
die Wirtschaft und brächte noch mehr Arbeitslosigkeit.
Das unterscheidet uns.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Hans Eichel, Bundesminister: So bringen Sie den Haushalt nie in Ordnung! – Volker Kauder [CDU/CSU]: Sie auf der Regierungsbank sind bitte ruhig!)


Sie haben über die Außenpolitik gesprochen. Dies
möchte ich mit zwei Bemerkungen aufgreifen. Herr
Bundeskanzler, ich glaube, dass wir alle in diesem
Hause gestern diese schrecklichen Terrorattentate und
diese grausamen Morde an den Kindern in Russland mit
derselben Betroffenheit verurteilt haben. Ich glaube, nie-
mand ist irgendeiner anderen Meinung dazu. Jeder ist
hier als Mensch tief darüber betroffen. Diejenigen, die
Kinder morden, Geiseln nehmen und Unschuldige in den
Tod schicken oder mitnehmen, sind keine Freiheits-
kämpfer, sondern Kriminelle, die zur Verantwortung ge-
zogen werden müssen. Darin sind wir alle uns einig.

Es geht aber um etwas anderes, nämlich um die
Frage, ob der Terrorismus weltweit bekämpft werden
kann. Wenn er bekämpft werden kann, dann stellt sich
die Frage, wie. Aus unserer Sicht als Oppositionsfrak-
tion kann der Terrorismus in der Welt mit Sicherheit
nicht bekämpft werden, indem man bei Menschen-
rechtsverletzungen schweigt.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Deswegen sage ich Ihnen und dem Bundesaußenminister
hierzu: Sie kritisieren an der amerikanischen Regierung,
an Washington, alles – und vieles davon zu Recht.
Gleichzeitig an Moskau aber nichts zu kritisieren und die
Menschenrechtsverletzungen sowie die mangelnde
Rechtsstaatlichkeit zu übersehen,


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Allein die fehlende Pressefreiheit!)


das ist eine erschreckende Einäugigkeit in der Außenpo-
litik, die wir korrigieren werden.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Zuruf von der SPD: Das ist unglaublich!)


Die Menschenrechte sind unteilbar.

B
b
d
v
S

l
K
d
s


e

W
d
l

B

N
W
u

I
W
g
s
w
i

w
i
W
m
h

(C (D Ich will Ihnen beiden, Herrn Kollegen Glos und Herrn undeskanzler Schröder, die Sie bisher gesprochen haen, in einem Punkt widersprechen: Sie beide haben von er Halbzeitbilanz gesprochen. Nein, das ist eine Dreiiertelbilanz; denn in spätestens zwei Jahren ist dieser puk nach acht Jahren vorbei. Lieber Kollege Westerwelle, Sie haben mich persön ich angesprochen. Da ich nicht die Möglichkeit zu einer urzintervention habe, andererseits aber ein Interesse aran habe, ein Missverständnis nicht bestehen zu lasen, will ich nur – – (Volker Kauder [CDU/CSU]: Nein, nein! – Michael Glos [CDU/CSU]: Sie müssen herunterkommen, Herr Präsident! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1512200700

Einen Moment. Warten Sie doch ab. Ich will doch nur
ine ganz freundliche Bemerkung machen.


(Unruhe – Friedrich Merz [CDU/CSU]: Herr Präsident!)


eil mir daran liegt, möchte ich hier nur darum bitten,
ass wir genau dieses Missverständnis in einem persön-
ichen Gespräch aufklären.


(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Das ist kein Missverständnis! – Gegenruf von der SPD: Kein Respekt vor dem Amt des Bundestagspräsidenten!)


Nun erteile ich Kollegin Katrin Göring-Eckardt,
ündnis 90/Die Grünen, das Wort.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr
esterwelle, wir haben in den 20 Minuten, in denen Sie
ns angeschrieen haben, versucht, Ihnen zuzuhören.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Sie müssen ein bisschen lauter sprechen! Ich verstehe Sie nicht!)


ch gebe zu: Wir waren ein bisschen abgelenkt, Herr
esterwelle, weil wir uns als Fans der Muppet-Show die
anze Zeit überlegt haben, wer die anderen Besetzungen
ind. Ich will das aber nicht weiter ausführen, denn das,
as Sie gemacht haben, hat mit dem Ernst der Situation,
n der wir uns befinden, nichts zu tun.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Zu dem, was Sie zum Thema Halbzeit und dazu, dass
ir auf dem halben Weg sind, ausgeführt haben, kann
ch nur sagen: Sie haben Recht. Wir sind auf dem halben
eg, aber wir werden nicht stehen bleiben, sondern wir
üssen weitergehen. Wir werden das, was wir erreicht
aben, nutzen, um darauf aufzubauen.






(A) )



(B)


Katrin Göring-Eckardt

Was haben wir in der ersten Halbzeit erreicht? Wir

haben bei der Rentenversicherung und bei den Renten-
beiträgen Stabilität erreicht. Ich glaube, dass das ein
großer Erfolg ist. Ich halte – ehrlich gesagt – nichts da-
von, dass Sie in jeder Debatte aufs Neue erklären, Sie
hätten ja damals den demographischen Faktor einge-
führt. Du meine Güte, ja, Sie haben den demographi-
schen Faktor eingeführt und er hätte zu weit höheren
Rentenbeiträgen geführt, als wir sie heute tatsächlich ha-
ben. Auch das gehört zur Erkenntnis der Realität.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Sie profilieren sich immer dann, wenn es um Steuern
geht. Die Bilanz Ihrer Regierungsbeteiligung ist ein
Spitzensteuersatz von 53 Prozent und ein Eingangssteu-
ersatz von 25 Prozent.


(Zuruf von der CDU/CSU: Haben wir alles schon erörtert!)


In dem Fall kann man sich hier nicht hinstellen und stän-
dig hervorheben, wie toll man es gemacht hat.

Lassen Sie mich auf noch etwas hinweisen: Ich habe
die Debatte zu den Haushaltsberatungen ganz intensiv
verfolgt und habe auf das gewartet, was die Union zum
Thema Steuern sagt. Dabei fällt mir ein, dass ich letztes
Jahr zu Weihnachten, am 24. Dezember, in der „Bild“-
Zeitung gelesen habe, dass Herr Merz damals erklärte:
Bis zum Sommer legen wir ein neues Steuerkonzept vor.


(Zuruf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Im Sommer 2020 vielleicht!)


Inzwischen ist der Sommer vorbei, Herr Merz. Ich
frage mich, wo jetzt die Steuerehrlichkeit der Union ge-
blieben ist. Ich kann Ihnen sagen, wo sie geblieben ist.
Ihre Ideen zu Steuersenkungen sind bei all dem ver-
schwunden, was im Zusammenhang mit der Kopfpau-
schale an Finanzierungs- und Steuerlöchern entstanden
ist. Genau das ist Ihr Problem.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wenn wir über Ihre weiterführenden Ideen zur Ge-
sundheitspolitik reden – bei der Gebisspauschale sind
Sie gerade dabei, sich aus dem Staub zu machen –, dann
stellt man fest, dass Sie eines nicht geschafft haben. Sie
haben ein Konzept vorgelegt, es mit großem Tamtam
verabschiedet und sich dafür bejubeln lassen. Dann ha-
ben Sie gesagt: Die Sache mit dem Sozialausgleich ma-
chen wir später. Ich frage mich, wann später ist. Herr
Seehofer hat ausgerechnet, dass 60 Milliarden Euro feh-
len. Diese 60 Milliarden Euro haben Sie noch immer
nicht finanziert. Wie wollen Sie es denn machen? Mit
Steuererhöhungen? Oder erklären Sie irgendwann, dass
die Sache mit dem Sozialausgleich nicht mehr wichtig
ist? Ich habe das Gefühl, dass Sie zuerst die Gebisspau-
schale aus dem Konzept herausgenommen haben, um
dann die Kopfprämie hinterherzuwerfen. Vor allem eines
ist klar: Mit sozialer Gerechtigkeit, Solidarität und ei-
nem stabilen System hat all das gar nichts mehr zu tun.

E
e
k
h
b
W
g
w
d
z
w

h
W
b
e
w
G
g

a
s
d
L
M
d
N
s
u
B
h
v
b
M
x
g
a

b
M
i
s
a

E
r
r

(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wir haben eine Gesundheitsreform gemacht. Sie hat
rfolge gezeigt, wenn man davon absieht, dass die Kli-
ntelpartei FDP verhindert hat, dass es bei den Apothe-
en wirkliche Konkurrenz gibt. Immerhin bestehen
eute 800 Versandapotheken. Da tut sich was beim Wett-
ewerb. Trotzdem sind wir hier noch lange nicht fertig.
ir werden weitermachen müssen. Deswegen sagen wir
anz klar: Wir wollen die Bürgerversicherung. Aus
elchen Gründen? Erstens. Die Bürgerversicherung ist
afür da, eine Antwort auf das demographische Problem
u geben, das im Gesundheitssystem immer deutlicher
ird.


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Eine reine Zwangsveranstaltung!)


Wir wollen eine Versicherung für alle und keine Ein-
eitskasse. Das ist ein Unterschied. Wir wollen mehr
ettbewerb zwischen den Kassen, aber auch mehr Wett-
ewerb zwischen den Leistungsanbietern. Ohne das wird
s nicht gehen. Wettbewerb im System muss sein. Sie
erden darauf verzichten müssen, immer ein schönes
ärtchen um diejenigen zu bauen, von denen Sie hoffen,
ewählt zu werden.


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms)


Zweitens. Wir wollen, dass die Solidarität zwischen
llen stattfindet, nicht nur zwischen denen, die in der ge-
etzlichen Krankenversicherung bleiben müssen. Auch
arauf wird es ankommen; denn wir müssen die reale
ebenssituation in der Zukunft berücksichtigen. Die
enschen werden nicht mehr mit 18 Jahren die Ausbil-
ung abschließen und dann immer bei VW arbeiten.
ein, wir werden eine andere Situation haben: Die Men-
chen werden eine Zeit lang abhängig beschäftigt sein
nd dann vielleicht selbstständig tätig oder auch einmal
eamter sein. Sie werden in ihrem Leben in Zukunft
offentlich sehr viele Berufe ausüben, in Anstellungs-
erhältnissen und als Selbstständige. Genau deswegen
rauchen wir die Bürgerversicherung. Sie gibt den
enschen auch in diesen Situationen, mit der neuen Fle-
ibilität, die wir wollen und brauchen, Sicherheit. Bür-
erversicherung heißt eben auch: eine Versicherung für
lle. Darauf kommt es uns an.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Herr Glos, Sie haben hier heute Morgen in Ihrem sehr
ewegenden Auftritt – ich weiß nicht, warum Frau
erkel uns das immer gönnt – gesagt, die Grünen seien

n einem Luxushotel gewesen. Ich kann Ihnen das Hotel
ehr empfehlen, weil es einen sehr guten Service bietet,
ber ein Luxushotel ist es nicht.


(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Jetzt macht sie auch noch das Hotel herunter! Das ist geschäftsschädigend!)


s zeigt aber eines, Herr Glos: Wir sind nach Bad Saa-
ow in Ostdeutschland gefahren und haben dort Erfah-
ungen sammeln können, die Sie wahrscheinlich nie ma-
)






(A) )



(B) )


Katrin Göring-Eckardt

chen werden, weil Sie mit der Realität in Ostdeutschland
eben leider nichts zu tun haben. Das gilt übrigens auch
für Herrn Westerwelle, der hier wieder von denen gere-
det hat, die nicht arbeiten wollen und sich einen lauen
Lenz machen. Erzählen Sie das einmal auf einer dieser
Demonstrationen in Ostdeutschland! Das ist men-
schenverachtend gegenüber denjenigen, die 250 und
300 Bewerbungen geschrieben und eben keinen Job ge-
funden haben, meine Damen und Herren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Die hat er aber auch nicht gemeint!)


Natürlich gehen viele Menschen in Ostdeutschland
heute auf die Straße, weil sie verunsichert sind, weil sie
berechtigte Ängste haben. Das müssen wir ernst nehmen
und wir müssen genau hinhören.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wenn wir genau hinhören, werden wir feststellen: Das
Gesetz ist richtig und wir müssen es nicht verändern.
Aber wir müssen bei der Umsetzung darauf achten, dass
das Fördern tatsächlich die zentrale Rolle spielt.

Auf der anderen Seite sollten wir aber nicht verken-
nen, was die Populisten dieser Republik machen. Zu de-
nen gehören Gysi, Lafontaine und Bisky, aber es gehö-
ren auch Leute wie Herr Milbradt und viele andere dazu,
die erst Ängste schüren und sie dann gern wieder neh-
men. Dass dieser Populismus auf dem Rücken der Leute,
die wirklich berechtigte Sorge haben, ausgetragen wird,
können wir nicht akzeptieren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Man muss sich auch anschauen, wie Sie versuchen,
darunter durchzutauchen, Frau Merkel. Herr Milbradt ist
ja keine Ausnahme. Am Sonntagabend kam Herr
Seehofer zu mir und sagte: Ich verstehe überhaupt nicht,
dass man jetzt weniger dazuverdienen kann als früher.
Dazu sage ich nur: Guten Morgen! Wann haben Sie ei-
gentlich einmal für das geworben, was wir mit Hartz IV
umsetzen? Schließlich haben Sie dem zugestimmt und
wollten gerade für den Zuverdienst noch schärfere Be-
dingungen.


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Was besprechen Sie denn Sonntagabend mit Herrn Seehofer?)


Herr Milbradt ist keine Ausnahme. Herr Milbradt
kommt mir manchmal vor wie der Sprecher der ostdeut-
schen CDU-Landräte, die überall sagen: Was da gemacht
wird, ist ja furchtbar. Dabei ist es das, was Sie im Ver-
mittlungsausschuss mit beschlossen haben und was Sie
noch sehr viel schärfer haben wollten. Also stehen Sie,
verdammt noch mal, jetzt auch dazu und tauchen Sie
nicht drunter weg! Das wird die Glaubwürdigkeit dieser
Politik nicht bereichern.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Eckart von Klaeden [CDU/ CSU]: Was sagt denn Herr Müller über Sie?)


v
r
d
r
r
s
h
l
S
t
g
d
m

u
m
g
k
m
i
v
d
v
d
d

d
h
s
s
v
a
D
s
h
d
s
s
s
s
d

W
e
D
d
l
L
e
d
W
n

k
E

(C (D Ich will aber auch etwas zu denen sagen, die heute on einer neuen Spaltung zwischen Ost und West eden. Wir werden in den nächsten Jahren 156 Milliaren Euro – darin sind die Kosten für die Sozialversicheungen nicht enthalten – nach Ostdeutschland transferieen. Das ist richtig so und darauf können wir wirklich tolz sein. Wir werden uns mit der Frage zu beschäftigen aben, was wir eigentlich mit diesem Geld machen wolen und wohin es investiert wird. Wir haben sehr viel in traßen investiert, wir haben ein tolles Telekommunikaionsnetz. Ich glaube, jetzt ist das an der Reihe, was man emeinhin weiche Infrastrukturfaktoren nennt; denn erjenige, der will, dass sich Unternehmen ansiedeln, uss für eine entsprechende Umgebung sorgen. Wer heute von einer neuen Spaltung zwischen Ost nd West redet, der tut denen Unrecht, die ganz bewusst, it großer Anstrengung, mit viel Kraft und mit viel Enagement in diesem gemeinsamen Deutschland angeommen sind. Gerade die jungen Leute, die Unternehen gegründet haben und die sich engagieren, nenne ich n diesem Zusammenhang. Ich möchte, dass wir nicht on einer Spaltung zwischen Ost und West reden und ass wir nicht solche Tendenzen schüren. Wir sollten ielmehr sagen: Wir sind ein gemeinsames Land und arauf sind wir stolz. Wir können auch sagen: Wir weren ohnehin nicht voneinander loskommen. Das Wichtigste ist, dass wir uns darüber freuen und ass wir gemeinsam auf das stolz sind, was wir erreicht aben, dass wir stolz auf die Städte in Ostdeutschland ind, die man besichtigen kann und in denen viel gechafft worden ist, und dass wir auf eine ganze Reihe on Unternehmen stolz sind. Schauen Sie sich Multicar n, ein kleines Unternehmen in der Nähe von Gotha. ieses hat inzwischen nicht nur in ganz Deutschland, ondern auch im Ausland einen gigantischen Absatz. Es at auch den Mungo produziert, den die deutsche Buneswehr gerade für die Einsätze, die auf dem Balkan tattfinden, braucht. Natürlich könnten wir auf das stolz ein, was wir gemeinsam geschafft haben. Ich finde, das ollten wir auch. Auch als Politiker sollten wir nicht veruchen, auf der einen Seite aufzuwiegeln und auf der aneren Seite zu beruhigen. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


orauf könnten wir noch stolz sein? Wir könnten uns
inmal die Wachstumsbranchen ansehen, die wir haben.
ie zentralen Wachstumsbranchen gerade in Ost-
eutschland sind alle die, die etwas mit Umwelttechno-
ogie zu tun haben. Arbeitsplätze in Magdeburg, in
auchhammer und in Erfurt sind durch den Push für die
rneuerbaren Energien überhaupt erst entstanden. Das ist
er erste Arbeitsmarkt. Herr Westerwelle, auch das ist
achstum, wenn es auch nicht das Wachstum ist, das Ih-
en gefällt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Natürlich wird man an der Stelle nicht daran vorbei-
ommen – das will ich auch nicht –, etwas über die
nergiepreise zu sagen, weil man den Eindruck haben






(A) )



(B) )


Katrin Göring-Eckardt

muss, dass jemand mit fadenscheinigen Begründungen
noch schnell etwas beiseite schaffen will, und zwar auf
Kosten der Wirtschaft und auf Kosten der Verbrauche-
rinnen und Verbraucher. Das ist nicht akzeptabel. Wenn
man sich diese Situation anschaut, dann erinnert man
sich auch an andere Fragen, die damit zusammenhängen.
Ich meine die Managergehälter in Deutschland, die
endlich transparent werden müssen, weil auch das zur
Ehrlichkeit in einer Gesellschaft gehört.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wenn wir schon dabei sind, dann will ich sagen, dass ich
persönlich das Gefühl habe, dass es einer solchen Stim-
mung nicht zuträglich ist, wenn man den Eindruck hat,
dass die Grenzen zwischen Wirtschaft und Politik nicht
mehr ganz klar sind. Ich bin dafür, dass wir von der
Wirtschaft in die Politik wechseln können und umge-
kehrt. Das ist richtig und das kann auch gut sein. Aber
wenn man den Eindruck haben muss, dass eine Hand die
andere wäscht, sollten wir uns selber fragen, ob das rich-
tig ist, ob das gut ist und welche Diskussion darüber wir
brauchen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Ich habe über die Erfolge der Umweltpolitik geredet.
Wir haben aber auch noch viel vor uns. Die Strategie
„weg vom Öl“ wird in Zukunft die zentrale Aufgabe
sein. Sie wird uns ökonomisch unabhängiger machen
und sie ist zentral für die außenpolitische Sicherheit. Der
Zugang zu Ressourcen spielt übrigens auch eine immer
größere Rolle im Kaukasuskonflikt. Der Zugang zum Öl
wird eine wichtige Rolle bei vielen internationalen The-
men spielen.

Was in Russland geschehen ist, ist ein Verbrechen,
das keinerlei Rechtfertigung hat. Die Terroristen, die
diese Verbrechen begangen haben, sind bestimmt keine
Menschen, mit denen man verhandeln kann. Darin
stimme ich dem Bundeskanzler zu. Ich stimme auch der
Feststellung des Bundeskanzlers zu, dass wir eine politi-
sche Lösung brauchen. Für eine politische Lösung ist es
notwendig, dass wir ehrlich sagen, dass die so genannte
Politik mit unerbittlicher Härte und die dafür eingesetz-
ten Instrumente einer Überprüfung bedürfen. Ich glaube,
dass wir das so ehrlich und klar feststellen können und
dies unter Freunden auch tun sollten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD])


Der Einsatz für die politische Lösung wird ein sehr
schwieriger Weg sein, weil die Spirale der Gewalt auch
eine Spirale der Hoffnungslosigkeit ist. Dem müssen wir
etwas entgegensetzen. Dem Terrorismus wird man nur
die Zivilisation entgegensetzen können. Das ist – das gilt
auch für uns – die zentrale sicherheitspolitische Frage,
auf die es ankommt.

Weil wir uns in den Haushaltsberatungen befinden,
muss ich hinzufügen, dass sich in der Perspektive – das

g
a
li
w
a
f
in
h
D
is
te
z

m
n
d
g
n
S
S
D
r
b

d
w
s

G
A

T
v
w
w
c
k
t

a
t
w
1
i
A
a

g
b
d

(C (D ilt nicht nur für diesen Haushalt, sondern wir müssen uch weiterdenken – das, worauf es uns ankommt, nämch Multilateralität, Einhaltung der Menschenrechte und eltweite Entwicklung, irgendwann einmal viel klarer ls bisher in unserem Haushalt wiederfinden muss. Daür muss man nämlich auch Geld ausgeben. Wir müssen Zukunft mehr Geld in den Bereichen Entwicklungsilfe, Außenpolitik und auch Verteidigung ausgeben. aran werden wir nicht vorbeikommen. Ich glaube, das t eine gemeinsame Aufgabe, die sich uns in den nächsn Jahren noch viel drängender stellen wird, als es dereit der Fall ist. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich will noch etwas ansprechen, Frau Merkel, das Sie
it aller Kraft zu verhindern suchen, was Ihnen aber
icht gelingen wird. Dabei handelt es sich um die Frage
es Beitritts der Türkei zur Europäischen Union. Ich
laube, Sie haben nicht bedacht, dass Sie für einen in-
enpolitischen Benefit dafür sorgen, dass wir zentrale
icherheitsfragen aus den Augen verlieren. Ich glaube,
ie haben auch nicht bedacht, dass die Wirtschaft in
eutschland – Sie können mit jedem Wirtschaftsführer
eden – für den Beitritt der Türkei ist. Ich glaube, Sie ha-
en nicht bedacht,


(Michael Glos [CDU/CSU]: Lassen Sie sie mal in Ruhe!)


ass alles dafür getan wird, dass sich die Türkei ent-
ickelt, und dass sorgfältig auf die Einhaltung der Men-
chenrechte geachtet wird.


(Michael Glos [CDU/CSU]: Das glauben Sie doch selber nicht! Bleiben Sie bei der Wahrheit!)


ünter Verheugen widmet sich in diesen Tagen dieser
ufgabe vorbildlich.
Ich glaube, Sie haben auch nicht bedacht, dass die

ürkinnen und Türken, die in unserem Land leben, sehr
iel zur wirtschaftlichen Entwicklung beitragen. Ich
ürde Sie gerne auffordern, langsam umzudenken; denn
ir brauchen die Erweiterung der Union und wir brau-
hen auch aus Sicherheitsgründen den Beitritt der Tür-
ei. Das ist ein positives Signal, das wir – auch zuguns-
en der eigenen Verlässlichkeit – senden sollten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Angesichts dessen, was vor uns liegt, werden wir uns
uch weiterhin mit Fragen des Arbeitsmarkts beschäf-
igen müssen. Ich möchte, dass das Fördern Wirklichkeit
ird und dass wir uns nicht – auch nicht ab dem
. Januar – zurücklehnen und meinen, das werde schon
rgendwie klappen. Vielmehr hat jeder Einzelne seine
ufgaben zu leisten. Das gilt sowohl für die Kommunen
ls auch für die Wohlfahrtsverbände und die Politik.
Ich möchte, dass es nicht zur Bildung einer immer

rößeren Schicht von Menschen kommt, die außen vor
leiben. Hartz IV ist die Antwort darauf. Es geht darum,
iesen Menschen eine Chance zu bieten, sich wieder ein-






(A) )



(B) )


Katrin Göring-Eckardt

zubringen, indem jeder ein Angebot bekommt. In diesem
Sinne bedeutet Fördern auch, die Kommunen auf Vor-
dermann zu bringen.

Ich will erreichen, dass die Kinder der heutigen So-
zialhilfeempfänger, denen es übrigens in Zukunft allen
besser gehen wird – ich meine, das könnten Sie von der
Union akzeptieren und auch deutlich machen; denn die-
sen Erfolg haben wir mit der Reform erreicht –,


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


in Zukunft sagen können: „Mein Papa ist jetzt Trainer im
Sportverein“ oder „Meine Mama restauriert jetzt Kir-
chen“. Ich will auch erreichen, dass die Stadtteilbiblio-
theken und Schwimmbäder geöffnet bleiben, statt zu
schließen. All das sind Chancen, die mit Hartz IV ver-
bunden sind. Das gilt übrigens auch und ganz besonders
für Ostdeutschland. Es geht darum, dass jeder einen
Platz in der Gesellschaft hat. Wir dürfen nicht sagen:
Was du machst, ist uns eigentlich egal. Du bleibst außen
vor. – Alle sollen dabei sein und mitmachen können. Je-
der muss auch mitmachen. Ich bin ganz sicher, dass das
eine große Chance für unsere Gesellschaft ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Weitere Chancen bietet die älter werdende Gesell-
schaft. Es ist wichtig, dass wir sie nutzen. Wir müssen
sicherlich über die Auswirkungen der demographischen
Entwicklung, insbesondere der Geburtenraten – darauf
werde ich noch ausführlicher eingehen –, auf die Sozial-
systeme, insbesondere auf die Pflegeversicherung, und
auf unser „ganz normales“ Leben reden. Aber ich bin
froh, dass wir einen Diskussionsprozess anstoßen wer-
den, in dessen Mittelpunkt die Fragen stehen werden,
wie wir den Pflegebereich angesichts einer älter werden-
den Gesellschaft gestalten wollen, wie es um Wohnen,
Bildung und Dienstleistungen in einer älter werdenden
Gesellschaft bestellt ist; denn wir dürfen nicht verges-
sen, dass in diesem Zusammenhang auch Arbeitsplätze
entstehen. Ein Beispiel – darauf habe ich schon hinge-
wiesen –: Meine Wahlheimat Weimar gehört zu den we-
nigen Städten, in denen der Zuzug höher ist als die Ab-
wanderung. 500 vorwiegend ältere Menschen ziehen
jedes Jahr nach Weimar, weil sie es schön finden, dort alt
zu werden, wo Goethe einst gelebt hat. Das bietet auch
eine Chance für Jüngere; denn dadurch sind sehr viele
Arbeitsplätze in sehr vielen Bereichen, vor allem im
Dienstleistungsbereich, entstanden. Das ist ein gutes
Beispiel dafür, dass eine älter werdende Gesellschaft
auch Jüngeren Chancen und Arbeitsplätze bietet.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wenn man über neue Arbeitsplätze redet, dann kommt
man an dem Thema Innovationen nicht vorbei. Sie ha-
ben Recht – das sollte man ehrlicherweise zugeben –:
Wir sind mit unserem ersten Anlauf im Bereich der In-
novationen nicht so weit gekommen, wie wir wollten,
weil andere Dinge wichtiger waren. Aber das bedeutet
nicht, dass wir keinen zweiten Anlauf nehmen werden.
Bildung und Forschung müssen die zentralen Themen

b
s
w
g
w
d
g
s
e
w
d
k
e

d
l
d
d
l
d
3
k
S
e
s
L
s
d
s
t

S
n
g
k
n
e
v
e
K
W
a
S
5
D
a

d
I
i
e
d
s
d
d
u

(C (D leiben, wenn Deutschland wettbewerbsfähig bleiben oll. Deswegen müssen wir uns hier anstrengen – das tun ir auch – und alle müssen mitmachen. Wir haben dafür esorgt, dass Professoren nach ihrer Leistung bezahlt erden können. Alle strengen sich offenbar an, bis auf as Land Bayern, das keine entsprechenden Neuregelunen erlassen hat. Aber in allen anderen Bundesländern ind inzwischen Gesetze in Kraft, die diese Möglichkeit röffnen. Natürlich kommt es ebenfalls darauf an, dass ir Geld in die Hand nehmen, damit aus klugen Erfinungen Produkte werden, mit denen man Geld verdienen ann. Wir müssen im zweiten Anlauf versuchen, das zu rreichen. Aber das ist nicht alles. Wir müssen auch Geld in die Hand nehmen, damit as, was Lenin einmal richtigerweise gesagt hat – lernen, ernen und nochmals lernen –, real wird. Ich möchte in iesem Zusammenhang noch etwas sagen, das nichts mit em Bundeshaushalt zu tun hat. Bis 2008 beträgt das Voumen der Eigenheimzulage etwas über 6 Milliaren Euro. Natürlich können Bund und Länder jeweils Milliarden Euro dafür ausgeben. Aber die Länder önnten mit ihrem Anteil bis 2008 auch 50 000 neue tellen für Lehrerinnen und Lehrer schaffen. Ich finde, s wäre ein gutes Signal, wenn wir das gemeinsam chaffen könnten. Wir wollen, dass die Lehrerinnen und ehrer an Schulen arbeiten können, die qualitativ gut ind, die ein Lebensort sind und die allen und nicht nur enjenigen Kindern helfen, die im dreigliedrigen Schulystem sowieso die besten Chancen haben, weil ihre Elern ein dickes Portemonnaie haben. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Noch ein Wort zu dem Vorschlag der FDP, durch
treichung der Eigenheimzulage Steuersenkungen zu fi-
anzieren: Ich sage Ihnen ganz offen, dass dies denjeni-
en Eltern, die die meisten Kinder haben und deren Ein-
ommen sich am unteren Rand bewegen, leider nichts
utzen wird. Es geht vielmehr darum, dass alle Kinder
ine gute Ausbildung bekommen und dass Bildung nicht
om Geldbeutel der Eltern abhängt. Mir leuchtet es nicht
in, dass es richtig sein soll, dass auf der einen Seite die
inder der Gutverdienenden mit Bobby Cars durch die
intergärten der Vorstadtvillen fahren und dass auf der
nderen Seite die Chance nicht genutzt wird, eine gute
chule für alle zu schaffen. Auf Letzteres kommt es an.
0 000 neue Stellen für Lehrerinnen und Lehrer in
eutschland wären eine echte Innovation und ein Schritt
uf dem Weg zu einer Bildungsrevolution.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Weil ich der Auffassung bin, dass wir die Probleme
ort, wo sie auftreten, anpacken sollten, sage ich: Die
dee von Renate Schmidt, ein Elterngeld einzuführen,
st richtig. Dazu gibt es viel Kritik – auch bei uns, in den
igenen Reihen –, weil sich natürlich die Frage stellt, ob
as gerecht ist. Ich sage: Ja, das ist gerecht. Man kann
ich natürlich auch zurücklehnen und sagen: Gut, wenn
ie Akademikerinnen keine Kinder mehr bekommen,
ann müssen eben mehr Kinder aus Sozialhilfefamilien
nd mehr Arbeiterkinder Akademiker werden. Auch das






(A) )



(B) )


Katrin Göring-Eckardt

ist richtig und dafür muss man sorgen, zum Beispiel
durch das, was ich vorhin angesprochen habe, nämlich
durch die Verbesserung unserer Schulen.

Aber es ist eben auch richtig, dass sich 40 Prozent der
Akademikerinnen heute entgegen ihren eigenen Wün-
schen nicht für Kinder entscheiden. Darauf gibt es zwei
Antworten. Die erste Antwort heißt: Kinderbetreuung.
Dafür tun wir etwas und dafür müssen wir etwas tun. Die
zweite Antwort soll aus meiner Sicht heißen: ein ein-
kommensabhängiges Elterngeld. Dieses einkommensab-
hängige Elterngeld kann dazu führen, dass der Schritt,
sich für das erste Kind zu entscheiden, leichter wird. Ich
finde, wir sollten dazu beitragen.

Wir sollten übrigens auch dafür sorgen, dass die Väter
ihren Anteil tragen. Sie reden ja immer gern davon, wie
schön es ist und wie viel Spaß es macht, Kinder zu ha-
ben. Ladys, sagt den Jungs: Es ist nicht nur schön, es
macht nicht nur Spaß, sondern es rechnet sich auch. Da-
für ist das Elterngeld gut.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich komme zum Schluss. Frau Merkel – wir alle ha-

ben lange auf Ihre Rede gewartet –,

(Beifall des Abg. Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP] – Dr. Angela Merkel [CDU/CSU]: Schön!)


Sie haben sich im letzten Jahr zu verantwortungsbewuss-
ter und verantwortungsvoller Politik geäußert. Ich muss
Ihnen ehrlich sagen: Sie haben dazu einen Anlauf ge-
nommen und manches ist gemeinsam auf den Weg ge-
bracht worden. Sie haben Anläufe genommen, um Ge-
setze mit zu beschließen, und das war gut so. Aber die
Anläufe, die Sie genommen haben, um am Ende auch zu
einer verantwortungsvollen Politik zu stehen, sind leider
gescheitert. Ich bedauere das sehr.

Es gibt noch einen, der das sehr bedauert: Kurt
Biedenkopf. Er sagt: Wichtig ist, dass die verantwortli-
chen Politiker zu dem stehen, was sie für richtig halten.
Sie haben die Reformen mit großer Mehrheit im Bundes-
tag beschlossen. Sie haben sie nach langen Beratungen
im Vermittlungsausschuss und im Bundesrat gebilligt.
Jetzt müssen Sie auch vertreten, was sie beschlossen ha-
ben. – Sagen Sie das Herrn Milbradt! Sagen Sie das den
CDU-Landräten! Sagen Sie das Herrn Rüttgers! Sagen
Sie das allen anderen, die heute auf der Straße herumlau-
fen und verkünden: Irgendwie war es doch nicht so ge-
meint! Wer eine verantwortungsvolle Politik machen
will, wer verantwortungsvolle Opposition machen will,
der ist in der Pflicht, diese Verantwortung bis zum Ende
mitzutragen;


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Ganz ruhig bleiben!)


sonst ist er nicht glaubwürdig. Die Frage der Glaubwür-
digkeit wird im Jahre 2006 entscheidend sein, und zwar
– ich bin ganz sicher – nicht zu Ihren Gunsten.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


F

i
g
T
s
r

I
s
t
b
s
s
d

D
d
d
B
k

D
s

s
z
h
s
P
r

U
S
l
g
g
t

(C (D Das Wort hat jetzt die Vorsitzende der CDU/CSU raktion, Frau Dr. Angela Merkel. (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Guido Westerwelle [FDP])

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1512200800


Dr. Angela Merkel (CDU):
Rede ID: ID1512200900

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sind

n der Mitte dieser Legislaturperiode. Das ist die Gele-
enheit, eine erste Bilanz zu ziehen. An einem solchen
ag, Herr Bundeskanzler, muss man den Realitäten
chon ins Auge blicken. Sie haben vor zwei Jahren in Ih-
er Regierungserklärung gesagt – ich zitiere –:

Das Ziel unseres Weges ist klar: ein Leben reicher
an Chancen, reicher an Arbeitsmöglichkeiten und
Arbeitsformen, reicher an Dienstleistungen und
Märkten, reicher an Zukunftshoffnungen sowie an
Kultur und Sicherheit, aber durchaus auch reicher
an Einkommen und Vermögen für alle.

n der Tat, Herr Bundeskanzler, sind die meisten Men-
chen in Deutschland reicher geworden: reicher an Ent-
äuschungen über gebrochene Versprechen, reicher an
itteren Erfahrungen über Tricksereien in der Arbeitslo-
enstatistik, über Neuverschuldung jenseits der Verfas-
ungsgrenze, über Pleiterekorde, über fehlende Ausbil-
ungsplätze, über zunehmende Bürokratie.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Joachim Poß [SPD]: Frau Merkel, das 100-Milliarden-Euro-Missverständnis!)


ie Menschen in diesem Land sind auch ärmer gewor-
en: ärmer an Hoffnung in eine Politik aus einem Guss
urch diese Bundesregierung und – das ist vielleicht das
edrückendste – ärmer an Vertrauen in die Gestaltungs-
raft der Politik insgesamt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

as ist die Halbzeitbilanz und das ist die Bilanz nach
echs Jahren Rot-Grün.


(Joachim Poß [SPD]: Jetzt sagen Sie etwas zu den 100 Milliarden!)


Das Debakel wird komplett, wenn Sie selbst – Sie
elbst! – Ihre Politik als schlimm bezeichnen. Ja, Sie be-
eichnen sie als schlimm. Oder wie soll man es verste-
en, wenn Sie sagen, mit der Union würde es noch
chlimmer? So etwas kann nur sagen, wer seine eigene
olitik als schlimm bezeichnet, meine Damen und Her-
en.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Joachim Poß [SPD]: Sie sind das große 100-Milliarden-Missverständnis!)


Was kann das sein? Ist es vielleicht die raffinierte
msetzung und Weiterentwicklung des lafontaineschen
atzes auf dem legendären Mannheimer Parteitag, der da
autet: „Nur wer sich selbst begeistert, kann andere be-
eistern“? Ist das, was Sie da betreiben, sozusagen Ne-
ativstimulierung: schlimm, schlimmer, am schlimms-
en? Wie wollen Sie die Menschen in diesem Land von






(A) )



(B) )


Dr. Angela Merkel

etwas begeistern, was Sie selber als schlimm bezeich-
nen, und mitnehmen? Das geht nicht!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Viele sehen die Widersprüchlichkeiten und wissen über-
haupt nicht, mit wem sie es nun zu tun haben, mit
Schröder, mit Müntefering, mit Clement oder mit Maas,
mit Steinbrück oder mit Platzeck;


(Lothar Mark [SPD]: Die können die Konkurrenz mit Ihnen aufnehmen!)


vielleicht gibt es immer noch ein ganz kleines bisschen
Lafontaine als Restversicherung.

Herr Bundeskanzler, Sie sitzen bei der Klausurta-
gung. Sie verteidigen überall tapfer, dass das Arbeits-
losengeld II in Ost und West unterschiedlich ist. Dann
ist es Sonntag und Ihr Minister für den Aufbau Ost wirbt
dafür, dass man es in Ost und West doch eigentlich auch
wieder gleichmachen könnte.

Herr Bundeskanzler, schauen Sie sich einmal die
sächsischen Landtagsabgeordneten der Sozialdemokra-
tie an, zum Beispiel Herrn Karl Nolle. Herr Karl Nolle
war es, der gesagt hat: Es wird mit Hartz IV zu Massen-
umsiedlungen in leer stehende unsanierte Plattenbauten
kommen, Armenghettos werden entstehen, ein sozialpo-
litischer Super-GAU. Das ist die Werbekampagne der
sächsischen SPD für Hartz IV. Sie haben Ihren Laden
einfach nicht im Griff, meine Damen und Herren! Das
ist die Wahrheit und das kommt zum Tragen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Joachim Poß [SPD]: Sie haben es im Griff, vor allem Herrn Stoiber haben Sie im Griff! – Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Wo ist denn der Tauss mit Zwischenrufen? Tauss ist nicht da!)


Wie wollen Sie den Menschen denn erklären, dass Sie
jahrelang mangelndes Wachstum mit schwächelnder
Weltkonjunktur begründet haben, dann aber, wenn die
Weltwirtschaft boomt, die Realeinkommen in Deutsch-
land trotzdem nicht steigen? Unser Land wird doch in
der Liste des Pro-Kopf-Volkseinkommens herunterge-
reicht. Dafür haben Sie Entschuldigungen, aber Sie kön-
nen es nicht erklären.

Es ist doch richtig – Herr Eichel hat gestern darauf
hingewiesen und Sie haben es auch getan –: Wir alle
freuen uns darüber, dass Deutschland Exportweltmeister
ist.


(Lothar Mark [SPD]: Aber Sie reden es trotzdem herunter!)


Wir alle profitieren davon. Aber es ist ganz offensicht-
lich, dass das allein nicht ausreicht. Wir müssen es
schaffen, die Binnenkonjunktur wieder in Gang zu brin-
gen und auch intern Wachstum zu haben. Da mangelt es.
Darüber sagen Sie kein einziges Wort, meine Damen und
Herren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Seit sechs Jahren reden Sie nun Jahr für Jahr davon,

dass sich im nächsten Jahr die Beschäftigungssituation

m
t
v
F
T
v
M

d
v
t
g
E
h
i
s
h
k
E
J
W
d

D
w
e
l
l

g
m
g
W
d
s
f
h
G
d
d
a
n
d
t
l
t
f
w
k
D
m
d
d
u

(C (D it Sicherheit verändern wird, dass auch in der Beschäfigungsstatistik der Aufschwung sichtbar wird. In den ergangenen 731Tagen, seit die Hartz-Veranstaltung im ranzösischen Dom stattfand, sind in Deutschland jeden ag 1 547 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze erloren gegangen. Diese Widersprüche kennen die enschen. Wie wollen Sie den Menschen erklären, dass Sie je es Jahr hoch und heilig versprechen, einen Haushalt orzulegen, der die Maastricht-Kriterien wirklich einhalen wird? Wir haben Jahr für Jahr erlebt, dass nach wenien Wochen, wenigen Monaten alles, was uns Herr ichel erzählt – Herrn Eichel war gestern unwohl; man at es an jeder Faser gesehen –, Makulatur ist. Er hat uns m September 2003, vor einem Jahr, gesagt, die Neuverchuldung werde 24 Milliarden Euro betragen. Er muss eute zugeben, dass es 40 Milliarden Euro sind. Es önnten gut mehr sein. 2002 waren es 30 Milliarden uro Neuverschuldung, 2003 38 Milliarden Euro, dieses ahr sind es über 40 Milliarden Euro Neuverschuldung. er soll Ihnen überhaupt noch etwas glauben, Herr Buneskanzler? Das müssen Sie doch verstehen. ieser Mangel an Glaubwürdigkeit, dieses Weghören, eil man es nicht mehr hören kann und weil man weiß, s stimmt nicht, das genau ist Ihr innenpolitisches Diemma, und zwar Ihr ganz ureigenes rot-grünes innenpoitisches Dilemma. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Petra-Evelyne Merkel [SPD]: Sie haben es immer noch nicht verwunden, dass Sie nicht mehr in der Regierung sind! – Waltraud Lehn [SPD]: Die lenkt doch nur ab!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Herr Bundeskanzler, Sie haben über die Außenpolitik
esprochen und dabei die richtigen Worte gefunden. Ich
öchte deshalb ausdrücklich sagen, wir alle sind ent-
eistert und entsetzt über das Geiseldrama in Ossetien.
ir alle haben die grauenhaften Bilder von den Kindern,
en Eltern und Großeltern gesehen. Ich füge ganz per-
öhnlich an: Manche Debatte, die wir in diesem Hause
ühren, relativiert sich angesichts solcher Bilder. Wir se-
en natürlich die Herausforderung; dabei gibt es viele
emeinsamkeiten: Der Terrorismus ist die Herausfor-
erung des 21. Jahrhunderts. Ich persönlich sage sogar,
ie Bekämpfung dieser Herausforderung ist schwieriger
ls die Überwindung des Kalten Krieges, weil wir es
icht mit übersichtlichen Abschreckungsstrukturen, son-
ern mit Gruppen von fundamentalistischen Kräften zu
un haben, die bereit sind, ihr eigenes Leben bedingungs-
os aufs Spiel zu setzen, um westliche, offene, demokra-
ische Gesellschaften zu vernichten. Mit dieser Heraus-
orderung müssen wir uns auseinander setzen. Wir
issen, dass jeden diese terroristischen Attacken treffen
önnen. Wir wissen, dass niemand vor ihnen gefeit ist.
eshalb müssen wir uns – keiner hat eine Patentlösung –
it dieser Frage auseinander setzen. Niemand hat etwas
agegen – im Gegenteil –, wenn deutsche Außenpolitik
abei eine wichtige, konstruktive Rolle spielt. Das ist
nser aller gemeinsames Anliegen.






(A) )



(B) )


Dr. Angela Merkel


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord neten der FDP)

Aber, Herr Bundeskanzler, den Worten und den inter-

nationalen Aktionen müssen natürlich auch Taten fol-
gen. Wenn es richtig ist, dass politische Lösungen gefun-
den werden müssen, dann ist es auch richtig, dass das
Budget für auswärtige Kulturpolitik nicht zum Spar-
schwein der Nation gemacht werden darf. Dann ist es
auch richtig, dass die Situation der Goethe-Institute ver-
bessert werden muss und nicht verschlechtert werden
darf. Dann ist es auch richtig, dass die Deutsche Welle,
die ein wirklicher Übermittler von Kulturgut ist, nicht je-
des Jahr um ihren Etat bangen muss. Es muss doch an
Ihren Taten ersichtlich sein, was Sie wollen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Lothar Mark [SPD]: Sie gaukeln doch hier was vor, was nicht stimmt! Sie lügen sich da etwas hin! – Waltraud Lehn [SPD]: Aber Herr Stoiber will ihnen doch 5 Prozent wegnehmen!)


Es ist auch richtig, dass dieses Haus in großer Mehr-
heit gemeinsam mit Ihnen immer wieder den Einsatz un-
serer Bundeswehrsoldaten für mehr Sicherheit und für
mehr Frieden unterstützt. Das waren keine ganz einfa-
chen Diskussionen, aber wir alle stehen dazu, dass wir
uns dieser internationalen Herausforderung stellen müs-
sen. Aber, Herr Bundeskanzler, wenn wir so etwas wie
ein Parlamentsheer haben – so hat es das Bundesverfas-
sungsgericht ja formuliert –,


(Lothar Mark [SPD]: Nicht „so etwas wie“! Das ist das Parlament!)


dann hat dieses Parlament – dazu hätte ich heute gerne
von Ihnen ein Wort gehört – auch einen Anspruch auf
lückenlose Information, wenn einmal etwas nicht ge-
klappt hat. Bezüglich der Vorgänge in Prizren haben wir
nicht die lückenlosen Informationen bekommen, die wir
gerne erhalten hätten.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Auch Sie müssen sich doch mit der Tatsache ausein-
ander setzen, dass jedes Land, das neues Mitglied der
NATO werden möchte, 2 Prozent seines Bruttoinlands-
produktes in den Verteidigungsetat stecken soll. Der
entsprechende Etat Deutschlands liegt bei 1,4 Prozent,
und das mit fallender Tendenz. Das heißt nichts anderes,
als dass wir, wenn wir heute der NATO beitreten woll-
ten, kaum die Voraussetzungen erfüllen würden. Damit
geht von uns keine Vorbildwirkung aus. In diesem Be-
reich muss gearbeitet werden. Unsere Soldaten müssen
in den Stand versetzt werden, ihre Aufgaben nach innen
und außen ausreichend erfüllen zu können. Hier besteht
Handlungsbedarf, Herr Bundeskanzler. Darauf werden
wir immer wieder hinweisen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Zurufe von der SPD)


Gerade im Kampf gegen den Terror – meine Damen
und Herren, da bin ich mir ganz sicher – darf es keine
Doppelmoral geben. Ich sage Ihnen, es ist nicht in Ord-

n
O
d
t
W
H

m
n
e
f
e
n

f
h
g
S
a
v
n

l
d
d
w
m
u
d
s
e
s
f
t

u
K
a

S
d
I
d
t
d
k
u
v
E

(C (D ung, wenn Sie, Herr Bundeskanzler, nachdem die ECD und die Kommission der Europäischen Union en Verlauf der Parlamentswahlen in Tschetschenien kriisiert haben, keine Notwendigkeit sehen, ein kritisches ort zur Unterstützung dieser Institutionen zu sagen. err Bundeskanzler, das ist nicht in Ordnung. Im Hinblick auf die USA sagen Sie, unter Freunden üsse man sich auch kritisch die Meinung sagen könen. Ich sage: Okay. Im Hinblick auf Russland aber heißt s: Wir brauchen keine Leistungsbilanz vor den Mikroonen. – Das ist ein Messen mit zweierlei Maß. Das ist ine Doppelmoral, die im Kampf gegen den Terrorismus icht hilft. Ich sage es Ihnen auch aus der ganz persönlichen Er ahrung von jemandem, der früher in der DDR gelebt at: Es ist eine unglaubliche Ermutigung für all diejenien, die von innen versuchen, etwas gegen diktatorische ysteme oder Tendenzen zu unternehmen, wenn sie von ußen dafür ein Stück Unterstützung bekommen. Bitte ergessen Sie das angesichts unserer eigenen Geschichte ie! Gerade in Zeiten großer Herausforderungen muss Po itik wahrhaftig und darf sie nicht taktisch sein. Was für ie Außenund Sicherheitspolitik gilt, das gilt auch für ie Europapolitik. Deshalb hinterlässt die Art und Weise, ie Ihr Parteivorsitzender, Herr Müntefering, mit einem öglichen Referendum zum EU-Verfassungsvertrag mgeht, einen mehr als faden Beigeschmack. Sie verbinen das Ganze mal eben schnell mit einem Junktim hinichtlich weiterer Plebiszite. Im Mai haben Sie noch rklärt, dass Sie eine ablehnende Haltung zum Volksentcheid haben, der Bundesaußenminister genauso. Ich inde, Sie entlarven Ihre ganze Initiative damit als rein aktisch, (Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Genau so ist es!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


nd zwar im Gegensatz zu denen, wie zum Beispiel die
ollegen der FDP, die einen Volksentscheid seit langem
us sachlichen Erwägungen heraus richtig finden.


(Joachim Poß [SPD]: Was macht die CSU? Und was macht der Stoiber?)


ie machen Taktik. Ich rate Ihnen: Wenn Sie diesen Ein-
ruck widerlegen wollen, dann bringen Sie, bitte schön,
hre Initiativen auf Punkt und Komma genau in die Fö-
eralismuskommission oder in den Deutschen Bundes-
ag ein; dann sind wir bereit, darüber zu diskutieren und
as Für und Wider abzuwägen. Meine Position ist be-
annt: Ich habe allergrößte Bedenken. Aber wir stellen
ns der Diskussion, jedoch nicht, wenn sie taktisch moti-
iert ist und ein Hü und Hott auf dem Rücken von
uropa und der Außenpolitik stattfindet.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Joachim Poß [SPD]: Klären Sie erst mal mit der CSU ab! Reden Sie erst mal mit Herrn Dr. Angela Merkel Stoiber! – Gegenruf des Abg. Volker Kauder [CDU/CSU]: Herr Poß, entwickeln Sie sich nicht zu einem Kläffer! Sie sind ein Kläffer! – Michael Glos [CDU/CSU]: Wau!)





(A) )


(B) )


Bundespräsident Köhler hat in seiner Antrittsrede am
1. Juli gesagt, dass Deutschland sich kein einziges verlo-
renes Jahr mehr leisten könne. Ich erspare Ihnen jetzt die
Rückschau auf die ersten acht Monate dieses Jahres, in
denen schon wieder viel Zeit verloren wurde. Aber zwei
Jahre nach dem In-Kraft-Treten der Hartz-Reform kann
man nicht einfach über die Folgen hinwegsehen und
keine Bilanz ziehen. Das hätte ich von Ihnen schon er-
wartet. Sie sagen doch immer, wenn man Fehler mache,
dann müsse man auch dazu stehen.

Das Programm „Kapital für Arbeit“, der volksnah
genannte Jobfloater, sollte pro Jahr 120 000 Jobs schaf-
fen, das macht in zwei Jahren 240 000 Jobs. Wissen Sie,
wie viele geschaffen worden sind? 12 000 Jobs in zwei
Jahren! Völliges Versagen eines hochgejubelten Instru-
ments; das sollten wir uns wirklich merken.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wie viele Ich-AGs das zweite Jahr überleben, weiß
keiner. Da gibt es grauenhafte Prognosen. Aber dass Sie
selbst die Notbremse ziehen mussten, dass diese Ich-
AGs eine Konkurrenzveranstaltung für wettbewerbsfä-
hige Betriebe bedeuten,


(Joachim Poß [SPD]: Ihre Ich-AG kommt auch ins Trudeln! Von Tag zu Tag mehr!)


dass in sie unglaublich viel Geld geflossen ist – es ist
doch das Mindeste, dass Sie das einmal kritisch analy-
sieren und sagen, dass andere Instrumente benötigt wer-
den. Dabei habe ich die Personal-Service-Agenturen
noch nicht einmal erwähnt.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, Hartz hat gesagt – man

vergisst es ja fast –, man könne binnen 36 Monaten die
Zahl der Arbeitslosen um 2 Millionen senken. Falls Sie
mit diesen Aussagen noch irgendetwas zu tun haben
wollen, müssen Sie dafür sorgen, dass nicht täglich
1 500 sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsver-
hältnisse verloren gehen, sondern dass 6 415 neue ent-
stehen, damit wir dieses Ziel innerhalb der 36 Monate
noch erreichen. Es wäre schön gewesen, Sie hätten uns
gesagt, ob Sie das für realistisch halten. Auch das ist et-
was, bei dem die Menschen verzweifelt sind, weil es
nicht klappt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Der Herr Bundespräsident hat Recht: Wir können uns

kein einziges verlorenes Jahr mehr leisten. Deshalb sind
für die Zukunft, über die Sie im Übrigen bemerkenswert
wenig gesprochen haben, drei Dinge von allergrößter
Bedeutung.

Erstens. Die jeweils beschlossenen Maßnahmen müs-
sen vernünftig erklärt werden, was eigentlich logisch ist.
Aber Sie haben die Flucht nach vorne angetreten und uns
gefragt, ob wir noch wüssten, wann Hartz IV beschlos-

s
z
h
h
D
K
s
w
Z
A
t
w

G
m
d

v
d
s
k
g
ü
V
d

s
b
d
b
d
d

w
g
Z
h
l
s
A
r
F
v
w
D

m
s
s
l
z

(C (D en wurde. Als wir im Winter im Vermittlungsausschuss usammensaßen – Herr Eichel hat sich dabei sperrig veralten und Sie haben falsche Versprechungen gemacht –, at man gesagt, es würde ein Optionsmodell geben. ann haben wir monatelang darüber verhandelt, dass die ommunen die Wahl haben sollen, dieses Modell, wenn ie es wollen, zu nutzen. Was haben wir dann irgendann im Juni bekommen? In einzelnen Fällen, 69 an der ahl, dürfen die Kommunen dieses Modell anwenden. ber es gibt heute 130 bis 140 Kommunen, die dies gern un würden. Für dieses schlappe Optionsmodell haben ir bis Juni gebraucht. (Waltraud Lehn [SPD]: An wem lag das denn?)


leichzeitig wollte Herr Eichel das Geld für die Kom-
unen nicht herausrücken. Das ist die Ursache dafür,
ass wir so spät fertig geworden sind.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Es war außerdem aberwitzig – Herr Kauder hat Sie

on dieser Stelle aus darauf hingewiesen –, dass Sie erst
iese sehr „volksnahen“ Fragebögen von 16 Seiten ver-
chicken und dann in den Urlaub fahren. Als Sie zurück-
amen, haben Sie gesagt, dass wir jetzt eine Infokampa-
ne brauchen. So können Sie die Menschen nicht
berzeugen. Sie zu überzeugen ist Ihre und nicht unsere
erantwortung. Wir tun das Unsrige. Aber Sie müssen
as Ihrige tun.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Über diese psychologisch geniale Leistung, Men-

chen aus Bonn, die ebenfalls ein schweres Schicksal ha-
en, einzusetzen, damit sie den vielen Arbeitslosen in
en neuen Bundesländern erklären, wie man die Frage-
ögen ausfüllt, müssen Sie sich mit sich selbst auseinan-
er setzen; das erklärt Ihnen vielleicht einmal ein Ost-
eutscher.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Guido Westerwelle [FDP])


Zweitens. Es muss handwerklich sauber gearbeitet
erden. Da haben Sie sich nun zum zweiten Mal mit
roßem Pomp in Neuhardenberg versammelt und das
auberwort Controlling eingeführt. Sie haben hin und
er diskutiert, ob man vielleicht doch mit elf Auszah-
ungsterminen klarkommt, um dann irgendwann festzu-
tellen, dass man natürlich zwölf Termine im Jahr für die
uszahlung dieser neuen Leistung braucht. Etwas ande-
es wäre niemandem zu erklären. Das alles hätten Sie im
rühsommer haben können. Dann wäre uns allen sehr
iel Verdruss erspart geblieben und wir brauchten nicht
ieder nachzubessern. Daran leiden die Menschen in
eutschland.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Sie haben jetzt endlich einen Vorschlag gemacht, wie
an das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Bes-
erstellung von Familien in der Pflegeversicherung um-
etzen kann. Aber wer geglaubt hatte, nach der monate-
angen Diskussion gäbe es irgendeinen tragfähigen und
ukunftsfähigen Vorschlag für eine Weiterentwicklung






(A) )



(B) )


Dr. Angela Merkel

der Pflegeversicherung, der sah sich getäuscht. Frau
Schmidt ist so sehr im Zeitverzug, dass sie es nicht ein-
mal mehr schafft, dass alle Rentner gleich behandelt
werden, wenn das Gesetz am 1. Januar in Kraft tritt. Ich
wünsche Ihnen viel Vergnügen vor dem Bundesverfas-
sungsgericht wegen der unterschiedlichen Behandlung
der Rentnerinnen und Rentner abhängig von ihrem Ge-
burtsjahrgang.


(Waltraud Lehn [SPD]: Ihr Konzept ist doch noch weniger vergnügungssteuerpflichtig!)


Diese Schwierigkeiten gibt es nur, weil Sie nicht recht-
zeitig etwas unternommen haben. Sie hatten für die Um-
setzung des Urteils doch jahrelang Zeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Joachim Poß [SPD]: Systematische Täuschung!)


Lassen Sie mich auch ein Wort zum Zahnersatz sa-
gen.


(Waltraud Lehn [SPD]: Das ist jetzt aber interessant!)


Unser Vorschlag sah anders aus. Wir haben einen Kom-
promiss geschlossen. Zu diesem Kompromiss haben wir
immer gestanden, Herr Bundeskanzler. Aber der Vorsit-
zende der sozialdemokratischen Fraktion


(Zuruf von der SPD: Guter Mann!)

– ich liefere das Zitat gerne nach – hat bereits wenige
Tage nach dem Kompromiss in einer unerträglichen Art
und Weise zu verstehen gegeben, dass er überhaupt nicht
die Absicht hat, sich an diesen Kompromiss zu halten.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Damals habe ich gedacht: der Bundeskanzler – ein

Mann, ein Wort.

(Waltraud Lehn [SPD]: Aber er ist nicht stur – im Gegensatz zu Ihnen!)

Ich habe an den Kompromiss geglaubt. Dann sind Mo-
nate verstrichen. Im Mai haben unsere Kolleginnen und
Kollegen die Bundesgesundheitsministerin darauf auf-
merksam gemacht, dass es im Gesetz eine Lücke gibt. Es
ist nämlich nicht geregelt, wie die Beiträge der Rentner
und der Sozialhilfeempfänger eingezogen werden sollen.
Dann ist von Mai bis August wiederum Zeit verstrichen.
Danach hat uns die Frau Bundesgesundheitsministerin
erklärt, dass eine Regelung ohne bürokratischen Auf-
wand nicht möglich ist. Herr Bundeskanzler, hätte es
diese Äußerung im Juli vergangenen Jahres nicht gege-
ben und hätte Frau Schmidt im Mai dieses Jahres schnell
reagiert, dann hätte ich vielleicht nicht den Argwohn,
dass hinter dieser Sache nicht mehr steckt als nur Büro-
kratie.


(Lachen bei Abgeordneten der SPD)

Aber so habe ich diesen Argwohn und das sollten Sie
verstehen; denn das ist für die Verlässlichkeit im politi-
schen Umgang von Wichtigkeit.

d
k
h
is
z


W
m
W
D
h
g
p
G

m
b
d
w
D

W
A
k
B
F

d
m
li
n
d
k
s
B

E
S
d
r

n
c

(C (D (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Waltraud Lehn [SPD]: Was für ein Armutszeugnis!)


Dennoch werden wir, um das Ganze nicht wieder auf
em Rücken der Bürgerinnen und Bürger auszutragen,
onstruktiv versuchen, eine Lösung zu finden. Aber uns
ier vorzuwerfen, wir hätten Zeitvergeudung betrieben,
t wirklich jenseits der Realität. Das muss man einfach
ur Kenntnis nehmen.
Drittens müssen folgende Fragen beantwortet werden

Herr Bundeskanzler, das ist vielleicht das Wichtigste –:
ie lohnen sich all die Veränderungen und all die Refor-
en für die Menschen? Was steht am Ende des Weges?
as für eine Bundesrepublik Deutschland, was für ein
eutschland möchte ich? Was kommt als Nächstes? Wir
aben Ihnen eben fast 60 Minuten zugehört. Ich muss sa-
en: Fehlanzeige! Sie sind – ich glaube, das ist das Kern-
roblem – nicht in der Lage, zu beantworten, wo das
anze hinführen soll.


(Waltraud Lehn [SPD]: Sie haben zehn Antworten! Das ist auch nicht besser! Jeden Tag eine neue!)


Deshalb flüchten Sie, wenn es nicht weitergeht, im-
er wieder in Schlagworte: Mindestbesteuerung, Aus-
ildungsplatzabgabe, Mindestlohn oder EU-Referen-
um. Das alles ist nicht ernst gemeint; aber Begriffe
erden wie ein Hamster im Laufrad in die Welt gesetzt.
abei denken Sie nicht darüber nach, wohin es geht.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


enn man es genau beobachtet, dann wird der zeitliche
bstand zwischen den einzelnen Schlagworten immer
ürzer. Wissen Sie, was das erzeugt? Das erzeugt bei der
evölkerung Leere, Wahlenthaltung und zum Schluss
lucht in die radikalen Parteien. Das ist die Wahrheit.


(Waltraud Lehn [SPD]: Das ist wirklich eine Unverschämtheit! – Petra-Evelyne Merkel [SPD]: Diese Verbindung ist unglaublich! – Joachim Poß [SPD]: Das ist Diffamierung!)


In besonderer Weise beschäftigt uns in diesen Tagen
ie Lage in den neuen Bundesländern. Wir alle haben
it Erstaunen und Sorge – das sage ich ganz persön-
ch – gesehen, dass die Demonstrationen gerade in den
euen Bundesländern besonders gut besucht sind. Eine
er Antworten des Parteivorsitzenden der Sozialdemo-
raten heißt, dass wir nun nicht mehr von Ost und West
prechen sollen. Ich bin der festen Überzeugung, dass
eschönigen nicht die Antwort ist, die wir brauchen.


(Waltraud Lehn [SPD]: Danach sollten Sie einmal handeln!)


s ist keine Antwort für diejenigen, die aus berechtigten
orgen demonstrieren. Es ist auch keine klare Absage an
iejenigen, die diese Demonstrationen instrumentalisie-
en wollen.
Herr Bundeskanzler, wir haben viel geschafft. Ich bin

och heute der Meinung, dass die grundsätzlichen Wei-
henstellungen von 1989/1990 richtig erfolgt sind. Ich






(A) )



(B) )


Dr. Angela Merkel

bin im Übrigen auch der Meinung, dass es gut war, dass
Helmut Kohl Bundeskanzler der Bundesrepublik
Deutschland war und nicht Oskar Lafontaine oder sonst
wer.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Waltraud Lehn [SPD]: Das ist der größte Täuscher, den wir je hatten! – Petra-Evelyne Merkel [SPD]: Blühende Landschaften! Unglaubliche Erwartungen wurden geweckt!)


Aber ich sage auch ganz freimütig, dass wir uns alle,
was die zeitliche Dimension der Aufgabe anbelangt, ein
Stück getäuscht haben. Nun müssen wir heute feststel-
len, dass ein riesiges Stück des Weges geschafft ist, dass
aber nach wie vor strukturelle Unterschiede zwischen
Ost und West bestehen. Denn in den ostdeutschen Län-
dern werden pro Kopf flächendeckend nur zwei Drittel
des Bruttoinlandsprodukts der westdeutschen Länder er-
reicht. Das ist ein Unterschied zu den von mir durchaus
wahrgenommenen punktuellen Schwierigkeiten auch in
den alten Bundesländern.

Deshalb müssen wir, wenn wir die Menschen auf ei-
nen demokratischen Weg mitnehmen wollen, Antworten
auf folgende Fragen haben: Was ist bei einer Arbeitslo-
sigkeit von 24 Prozent wie bei mir in Stralsund die Per-
spektive für die Menschen? Was müssen wir dort ande-
res tun als in den übrigen Regionen?

Herr Bundeskanzler, 1998 haben Sie den Aufbau Ost
zur Chefsache gemacht. In der Regierungserklärung vor
zwei Jahren war Ihnen Ostdeutschland noch ganze vier
Sätze wert. Danach kam in acht weiteren Reden zur
Lage in Deutschland Ostdeutschland nur ein einziges
Mal vor – und das nur, als Sie sagten, was Sie nicht än-
dern wollen. Das ist der Befund der Chefsache. Genau
aus diesem Grund ist natürlich Enttäuschung vorhanden.
Deshalb sage ich wieder: Lassen Sie uns nicht so tun, als
ob Gleiches schon vorhanden wäre; es gilt viel Ge-
meinsames und niemand will spalten, aber es nicht iden-
tisch.

Die Menschen in den neuen Bundesländern spüren,
dass die Schere zwischen Ost und West seit 1998 wieder
aufgegangen ist, und sie verlangen eine Antwort auf die
Frage: Was könnt ihr tun und was tut ihr, damit sie lang-
sam wieder zugeht? Sie wollen nicht alles sofort, sie
wollen nur eine Antwort auf diese Frage.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Man darf nicht monatelang Verpflichtungsermächti-

gungen, die Investitionen in Ostdeutschland auslösen
könnten, sperren. Man muss auch sagen: Gebt den neuen
Bundesländern die Chance, die Regelungsdichte, die
überall in Deutschland vorhanden ist, wo immer es EU-
rechtlich möglich ist, ein bisschen zu lockern, damit sie
schneller vorankommen. Das ist der Wunsch der neuen
Bundesländer. Setzen Sie sich einmal daran und tun Sie
etwas!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Das Gemeinsame an der Botschaft für Ost und West

ist im Übrigen, dass wir auf gar keinen Fall bei Hartz IV

s
a
g

h
n
a
d
D
t
d

s
S
m

d
d
D
w
z
s
g

s
L
r
W
b
p
D
c
D
o

a
R
R
S
D
d
d


B
m
L

k
n

(C (D tehen bleiben dürfen. Hartz IV, das Sie wie im Übrigen uch ich – wie die allermeisten bei uns – tapfer verteidien, at einen richtigen Befund: Wir können es uns finanziell icht leisten, dauerhaft bestimmte Anreize für Arbeitsufnahmen nicht zu setzen. Unser Ziel muss aber sein, ie Menschen wieder in Beschäftigung zu bringen. Die ifferenzen, zum Beispiel mit einem Ministerpräsidenen wie Georg Milbradt, bestehen nicht über die Frage er Zusammenlegung von Arbeitslosenund Sozialhilfe, (Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach so!)


(Lachen bei der SPD)


ondern darüber, ob wir die richtigen Anreize für die
chaffung von Arbeitsplätzen auf dem ersten Arbeits-
arkt geben. Darin unterscheiden wir uns.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wir sind nicht unterschiedlicher Meinung darüber,
ass der 1-Euro-Job eine Möglichkeit sein kann. Aber
er 1-Euro-Job ist nicht auf dem ersten Arbeitsmarkt.
eshalb ist die alles überspannende Frage: Wie schaffen
ir es, mehr Arbeitsplätze auf dem ersten Arbeitsmarkt
u schaffen? Über die Rolle der Lohnkostenzuschüsse
ind wir unterschiedlicher Meinung. Das kann man auch
anz freimütig sagen.
Herr Bütikofer hat neulich auf Frankreich hingewie-

en. In Frankreich müssen die Betriebe bei den unteren
ohngruppen keine Sozialversicherungsbeiträge abfüh-
en. Ich halte das ordnungspolitisch für keinen guten
eg. Wir haben das Problem erkannt und gesagt, wir
rauchen die Lohnkostenzuschüsse, um nicht Arbeits-
lätze nach Polen, Tschechien und inzwischen auch nach
änemark und Holland abwandern zu lassen. Wir brau-
hen eine Lösung, damit auch die einfachen Arbeiten in
eutschland bleiben. Dieses Thema wird auf der Tages-
rdnung bleiben. Das ist doch schon jetzt klar.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Herr Bundeskanzler, Sie haben in Ihrer Eigenschaft

ls Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland die
ichtlinien dieses Landes zu bestimmen. Statt Ihre
ichtlinienkompetenz wahrzunehmen, fahren Sie oft
chlangenlinien und das macht die Sache so unsicher.
ie Deutschen lieben ihr Land, sie sind auch prima
rauf. Das ist überhaupt keine Frage; keiner von uns re-
et das schlecht.


(Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das glauben Sie selber nicht!)


Wir regieren in vielen Ländern. Schauen Sie sich die
ilanzen der unionsregierten Länder an. Da geht es alle-
al besser zu als in den sozialdemokratisch regierten
ändern.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Menschen erwarten, dass ihnen die Politik eine

lare Vorstellung davon vermittelt, was kommt. Ich kann
ur sagen: Wer sein Land liebt und ein wirklicher Patriot






(A) )



(B) )


Dr. Angela Merkel

ist, der muss verstehen, dass Patriotismus auch bedeutet
– so sehen wir das –, Vorsorge für die Zukunft zu treffen.
Weder dieser Haushalt noch anderes von Ihnen ist Vor-
sorge für die Zukunft; deshalb müssen wir heute darüber
sprechen, welche nächsten Schritte wir tun müssen. Wir
können doch nicht bei Hartz IV stehen bleiben. Wir kön-
nen Hartz IV doch nicht einfach umsetzen und hoffen,
dass uns der Wind der Weltkonjunktur hilft.

Mir haben Ihre nächsten Schritte gefehlt und deshalb
will ich sie aus meiner Sicht ansprechen:


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wir brauchen trotz der Schritte, die wir bereits gegangen
sind, eine Weiterentwicklung des Arbeitsrechts. Wir
sind der Meinung, dass das, was Siemens gemacht hat,
richtig und mit Blick auf die Arbeitszeit gut ist. Dort war
viel Vernunft bei den Betriebsräten und letztlich auch bei
den zuständigen Gewerkschaften vorhanden.

Deutschland lebt aber auch ganz stark vom Mittel-
stand. Die mittelständischen Unternehmen haben jedoch
nicht die Möglichkeit, im Ringen mit den Gewerkschaf-
ten für sich solche flexiblen Lösungen herauszuarbeiten.
Wir brauchen daher Rechtssicherheit. Wir brauchen wei-
terhin die betrieblichen Bündnisse für Arbeit gerade für
kleine und mittlere Betriebe, damit auch sie die Chance
haben, flexibel auf unterschiedliche Wettbewerbsbedin-
gungen zu reagieren.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wir wissen, dass die Gesundheitsreform, die wir ge-
meinsam beschlossen haben, erfreulicherweise wirkt. Ob
sie nun so gut wirkt, wie das jetzt jeden Tag beschrieben
wird, werden wir uns am Jahresende in Ruhe anschauen.
Aber sie wirkt. Wir wissen aber auch, dass das Gesund-
heitssystem mit dieser Reform noch nicht dauerhaft zu-
kunftssicher gemacht ist. Nun hätte ich mir gewünscht,
dass Sie ein Wort zu Ihrer Zukunftsperspektive, zu der
Bürgerversicherung, der Sie sich wohl auch ange-
schlossen haben, sagen.

Tatsache ist, dass der Sachverständigenrat der Bun-
desregierung zwei Dinge in den Vordergrund gestellt
hat:


(Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was sagt Herr Stoiber zu den Kopfpauschalen?)


Er hat erstens gesagt: Wir müssen auf den demographi-
schen Wandel reagieren. Das ist völlig richtig. Das ha-
ben sie richtig beschrieben. Zweitens hat er gesagt: We-
gen der Globalisierung und des internationalen
Wettbewerbes müssen wir eine Entkoppelung der Sozi-
alleistungen von den Lohnkosten bekommen. Das wird
die große deutsche Aufgabe der Zukunft sein.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Man müsste sich wenigstens mit der Tatsache aus-
einander setzen, dass der Sachverständigenrat sagt: Die
Bürgerversicherung kostet Arbeitsplätze, weil sie genau

d
v
s

S
n
G
Z
d

v
z
F
te
z

d
e
h
V
p
d
p
n
A

s
d
d
w
m
n
I
d
w
te
b

Ü
p
D
s
S
s

(C (D iese Koppelung an den Lohn für noch mehr Menschen orsieht, während die Gesundheitsprämie Arbeitsplätze chafft. (Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt doch gar nicht!)


ie brauchen es ja nicht zu glauben, sollten sich aber we-
igstens einmal intellektuell damit auseinander setzen.
enau deshalb entscheiden wir uns anders und sehen die
ukunft in einem Prämienmodell. Diesen Wettstreit wer-
en wir auch weiterhin mit Ihnen führen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Krista Sager [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das sieht Herr Stoiber aber völlig anders! – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dafür werden die Steuern erhöht!)


Frau Göring-Eckardt, Sie haben Aussagen zu einem
ereinfachten Steuersystem vermisst. Friedrich Merz hat
usammen mit dem bayerischen Finanzminister Kurt
altlhauser am 7. März dieses Jahres einen ganz konkre-
n Vorschlag für eine erste und eine zweite Stufe eines
ukünftigen vereinfachten Steuersystems vorgelegt.


(Waltraud Lehn [SPD]: Zulasten der kleinen Einkommen! Na, bravo! – Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich habe dann im Frühjahr dem Bundeskanzler und
em Bundesfinanzminister angeboten, dass wir uns in
iner gemeinsamen Aktion – meinetwegen auch außer-
alb des parlamentarischen Verfahrens – genau diesen
orschlag vornehmen und noch in dieser Legislatur-
eriode etwas auf den Weg bringen. Herr Eichel, es geht
abei nicht vorrangig um Entlastung, sondern um Trans-
arenz und Vereinfachung. Das erwarten die Bürgerin-
en und Bürger und wir sind dazu bereit, genau dies in
ngriff zu nehmen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Was wird den Wohlstand in Deutschland langfristig
ichern? Sicherlich nicht die Minijobs, sicherlich nicht
ie Hinzuverdienstmöglichkeiten und sicherlich nicht
ie Lohnkostenzuschüsse. Unseren Wohlstand können
ir nur sichern – darum muss alles kreisen –, wenn wir
ehr Dinge können, die andere auf der Welt nicht kön-
en. Wir können einige Dinge, die andere nicht können.
ch rede hier nichts schlecht. Wenn man aber trotz des
emographischen Wandels und des höheren Wettbe-
erbs den Wohlstand für 80 Millionen Einwohner erhal-
n möchte, muss man massiv in die neuen Forschungs-
ereiche einsteigen.


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Sehr richtig!)

Sie haben – wie so oft – die richtigen Worte und
berschriften gefunden: Jahr der Innovation! Das ist
rima, aber man fragt sich: Was ist daraus geworden?
as ist die große Preisfrage. Wo sind die Richtungsent-
cheidungen? Ist der Haushalt dieses Jahres in seinen
trukturen entsprechend umgeschichtet? Ich kann nichts
ehen. Sind die Institutionen wirklich auf Dynamik um-






(A) )



(B) )


Dr. Angela Merkel

gestellt? Das ist mir verborgen geblieben. Was ist mit
messbaren Zielen? Sie reden von Mitteln für For-
schungsinnovationen in Höhe von 3 Prozent. Der Haus-
halt der Bundesforschungsministerin in diesem Jahr ist
jedoch wieder auf das Niveau des Jahres 2002 zurückge-
fallen. Sie rechnen zwar die Kosten für die Ganztagsbe-
treuung hinein, kürzen bei der Hochschulbauförderung
und arbeiten mit lauter Tricks, aber der reine For-
schungshaushalt ist auf das Niveau des Jahres 2002 zu-
rückgefallen.


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Richtig!)

Wo haben Sie im Hochschulrecht denn für ein Stück

Freiheit gesorgt? Wir warten darauf, dass die ZVS auf-
gelöst wird. Die brauchen wir nach unserer Auffassung
nicht. Was ist mit dem Verbot von Studiengebühren? Es
gibt, Herr Bundeskanzler, keine Richtungsentscheidung,
die im Lande den Eindruck verbreitet: Jetzt geht es los!
Jetzt geht es ran! Jetzt müssen alle Forscher in Deutsch-
land bleiben! Dieses Signal vermissen wir.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ich glaube, Sie haben eines nicht verstanden: Innova-

tionen haben einen ganz besonderen Charakter. Sie
kommen nicht, wenn man einfach nur ihren Namen laut
ruft. Innovationen brauchen ein bestimmtes Klima. Die-
ses Klima hat nicht etwas mit politischer Vorbestim-
mung, sondern mit Freiheit zu tun.


(Petra-Evelyne Merkel [SPD]: Nicht immer dieses Negative! Dieses Herunterreden brauchen wir nicht!)


Deshalb sage ich Ihnen: Sie müssen Chancen eröffnen
und nicht Risiken betrachten. Aber Rot-Grün betrachtet
an viel zu vielen Stellen zuerst das Risiko und vergeudet
damit Chancen. Genau das ist der Unterschied zwischen
uns und Ihnen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Natürlich können Sie alles ignorieren, sich alles

schönreden und sehr allgemein über Patente sprechen.
Aber man kann auch ganz konkret werden: Im OECD-
Bericht zur Informations- und Kommunikationstechno-
logie belegen wir zum Beispiel bei den Patenten
Platz 14,


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Das Wachstum muss her!)


bei der Biotechnologie Platz 19. Sie können auch die
Stellungnahmen der Wissenschaft ignorieren. So sagt
zum Beispiel der Vizepräsident der Deutschen For-
schungsgemeinschaft, Professor Hacker, zum Gentech-
nikgesetz der Bundesregierung:

Sollte diese Haftungsregelung in Kraft treten,
würde die faktische „Innovation“ auf dem Gebiet
der grünen Gentechnik darin bestehen, dass diese
Arbeiten künftig außerhalb Deutschlands stattfin-
den.

(Michael Glos [CDU/CSU]: So ist es! Genau!)


Auch diese Aussage können wir ignorieren oder ernst
nehmen. Wir bieten Ihnen an, noch einmal genau über

d
Z
r
u

Ü
t
w
d

i
d
t
e
s

w
w
m

r
ß
T
P
d
L
t

v
d
b
w
h
u
b
M
s

d
T
w
I
K
r
d
m
s
m

(C (D iese Dinge zu sprechen. Denn es gibt überhaupt keinen weifel daran, dass die Grüne Gentechnik einer der Beeiche ist, in denen in Zukunft Arbeitsplätze entstehen nd in denen Deutschland eine gute Tradition hat. brigens brächten sie der Frau Entwicklungshilfeminiserin gleichzeitig einen prima Ruf in der Welt ein, weil ir etwas gegen die Welternährungsprobleme tun würen. Herr Bundeskanzler, ich empfehle Ihnen einen Blick n den Verkehrshaushalt. Denn es könnte ja doch sein, ass Verkehrsinfrastruktur auch etwas mit Zukunft zu un hat. Aus unserer Sicht jedenfalls ist das so. Wie sieht s dort aus? Selbst wenn die Mauteinnahmen kommen ollten, oran man ja gewisse Zweifel haben könnte – aber wir ollen ja nichts schlecht reden; deshalb nehmen wir einal an, dass die Einnahmen kommen –, (Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Wie bei der Tabaksteuer!)


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Ja! Genau!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Konjunktiv!)


eicht der Verkehrshaushalt nicht aus, um die im Stra-
enbau begonnenen Projekte nächstes Jahr mit gleichem
empo fortzusetzen. Ihre Aussage dazu ist: kein neues
rojekt im Jahre 2005! Jedenfalls ist bis jetzt kein Geld
afür vorgesehen. Ist das Ihre Zukunftsvorsorge für ein
and, das mitten in Europa liegt und gute Verkehrsstruk-
uren braucht, Herr Bundeskanzler?


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Carsten Schneider [SPD]: Wo würden Sie denn kürzen? – Joachim Poß [SPD]: 10 Prozent Kürzung?)


Deshalb werden wir uns in den nächsten zehn Jahren
orrangig – alles muss daraufhin überprüft werden – mit
er Frage beschäftigen müssen, wie wir zu mehr Ar-
eitsplätzen und zu mehr Beschäftigung kommen. Das
ird ohne Wachstum nicht möglich sein. Natürlich ge-
ört hierzu auch das Thema Vereinbarkeit von Beruf
nd Familie. Wir wissen sehr wohl, dass wir zwei Pro-
leme in diesem Bereich haben: Erstens scheiden die
enschen zu früh aus dem Berufsleben aus. Zweitens
ind noch immer zu wenige Frauen erwerbstätig.
Deshalb werden wir mit Ihnen um die Ideen ringen,

ie in der Diskussion stehen. Wir dürfen nur nicht jeden
ag einen Paradigmenwechsel vollziehen; denn dann
erden die Leute verrückt. Aber wir sind gern bereit, mit
hnen über das Elterngeld zu sprechen und zu fragen:
önnen wir es uns leisten? Ist es richtig? Setzt es die
ichtigen Anreize? Ich glaube im Übrigen, wie auch an-
ere, dass Kinderbetreuung und Ganztagsschulen – ich
eine nicht die Gesamtschule, sondern die Ganztags-
chule – zentrale Themen sind, denen wir uns widmen
üssen.






(A) )



(B) )


Dr. Angela Merkel


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von der SPD: Was? – Schön! – Ach nein!)


Vor allen Dingen aber müssen wir den Wiedereinstieg in
das Berufsleben erleichtern: Wie reagieren wir in unse-
rem Land, wenn eine Frau drei bis vier Jahre nicht be-
rufstätig war, aber noch Karriere machen möchte? Auch
dieses Thema müssen wir angehen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

In den nächsten zehn Jahren wird sich in unserem

Land auch vieles andere ändern müssen, was nicht unbe-
dingt etwas mit der Politik zu tun hat. Ich will nur einige
Stichworte nennen. So wird sich zum Beispiel die Rolle
der Gewerkschaften massiv verändern. Wenn die Ge-
werkschaften überleben wollen, dann müssen sie die
Chancen der Globalisierung im Sinne der Arbeitnehme-
rinnen und Arbeitnehmer und der Arbeitslosen auf ganz
andere Weise betrachten. Wir brauchen Gewerkschaften;
aber bislang haben sie den Schritt in die neue Zeit an
vielen Stellen nicht geschafft.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


An die global agierenden Unternehmen gerichtet sage
ich: Wenn es einen Kodex wie den für Corporate
Governance gibt, dann tun die Unternehmen in diesem
Lande gut daran, sich freiwillig daran zu halten. Denn
soziale Marktwirtschaft beruht auch immer darauf, dass
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verstehen, was
vor sich geht. Die Globalisierung hat es mit sich ge-
bracht, dass eine Grunderfahrung deutschen Vertrauens,
nämlich „Wenn es meinem Betrieb gut geht, geht es
auch mir als Arbeitnehmer gut“, so einfach nicht mehr
gilt. Aber das bedeutet auch, dass mehr Transparenz
zwischen Unternehmensführung und Beschäftigten sein
muss. Dazu ist Corporate Governance ein richtiger
Schritt und ich kann nur empfehlen, dass jedes große
Unternehmen sich an diesen Kodex hält.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, wir brauchen eine Politik

der Vereinfachung, der Entbürokratisierung, der neuen
Wege. Ich stimme Ihnen übrigens zu: Wir brauchen auch
eine Politik, die auch überprüft, ob wir das Richtige ge-
tan haben. Vor allen Dingen aber brauchen wir eine Poli-
tik aus einem Guss, die in den Parteien, die sie machen,
auch von oben bis unten vertreten wird. Genau daran ar-
beitet die Union: Wir wollen nicht nur punktuell, hier
und dort, etwas machen, sondern eine Politik aus einem
Guss bekommen.


(Joachim Poß [SPD]: Das haben wir ja heute Morgen gehört!)


Diese neue Union wollen Sie noch nicht akzeptieren.

(Unruhe bei der SPD)


– Sie nuscheln und maulen schon wieder. Sie können
diese neue Union des 21. Jahrhunderts überhaupt nicht
wahrnehmen, weil Ihre Regierung und Ihre Partei in den
alten Feindbildern denken; damit kommen Sie nicht klar.

D
w
w
m
h

g
w
E
l
l

F

H
v
l

D
t
H
M
D

E

V

c
g

E
w
W

(C (D (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Waltraud Lehn [SPD]: Bei Ihnen weiß doch die rechte Hand nicht, was die linke tut! – Weitere Zurufe von der SPD)


as ist im Übrigen der wahre Grund dafür, dass Leute
ie Sie, die mit der PDS in der Koalition sind, immer
ieder von „Volksfronten“ oder in sonstigen vergam-
elten Begriffen reden. Das ist das alte Denken; das
ilft uns nicht weiter.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Unser Angebot steht: Wann immer es um dieses Land

eht, wann immer die Vorteile die Nachteile überwiegen,
erden wir die richtigen Schritte mit Ihnen mitgehen.
rnüchternd ist, dass der Haushalt von Herrn Eichel al-
es ist, bloß keine gute Grundlage, um dieses Land wirk-
ich in die Zukunft zu führen.
Herzlichen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU – Bei fall bei der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1512201000

Das Wort hat jetzt der Vorsitzende der SPD-Fraktion,

ranz Müntefering.


Franz Müntefering (SPD):
Rede ID: ID1512201100

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
erren! Frau Merkel, Sie haben Politik aus einem Guss
erlangt. Das ist Ihnen gelungen: Das war ein Guss, al-
erdings ein Aufguss.


(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


as hatten wir schon einmal. Das war keine Opposi-
ionsrede, das war eine hochmütige Rechtfertigungsrede.
ochmut kommt ja bekanntlich vor dem Fall. Frau
erkel, falls Sie es noch nicht gemerkt haben sollten:
ie schönen Tage der Union sind vorbei.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Lachen bei der CDU/CSU)


inige von Ihnen scheinen noch ahnungslos zu sein.

(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Ein Männ lein pfeift im Walde!)

ielleicht sind Sie nachher ein bisschen nachdenklicher.
Ihr Versuch, die SPD und die Koalition die Arbeit ma-

hen zu lassen und sich selbst auf die faule Haut zu le-
en, ist gescheitert.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Eckart von Klaeden [CDU/ CSU]: Jetzt arbeiten Sie gar nicht mehr? Hurra!)


s ist richtig, dass uns die Wahlergebnisse im Saarland
ehtun, aber die CDU hat auch nur von jedem vierten
ahlberechtigten im Saarland das Kreuz erhalten.






(A) )



(B) )


Franz Müntefering


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Und Sie? – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Sie von jedem Zehnten!)


25 Prozent der Saarländerinnen und Saarländer haben
die CDU gewählt.


(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Dann sind Sie ja bald unter der 5-Prozent-Hürde!)


Verehrte Frau Merkel, dass Sie zu so wenigen Stimmen
– 25 Prozent Zustimmung – sagen, das sei ein sensatio-
nell gutes Ergebnis, hat mich dazu gebracht, zu sagen:
Dass Sie so viel Selbstironie haben, hätte ich mir nicht
vorstellen können.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Dann sind Sie ja bald unter 10 Prozent!)


Wohl wahr: Dieser von mir angesprochene Punkt geht
uns alle in diesem Haus an. Ich habe Ihnen ja gesagt: Der
Hochmut, mit dem Sie hier auftreten, wird sich schnell
verflüchtigen.

Zu einigen der Punkte, die Sie angesprochen haben,
will ich vorweg etwas sagen:

Erster Punkt. Ziemlich zum Schluss haben Sie rekla-
miert, es müsse bei uns im Land mehr Geld für Ver-
kehrsmaßnahmen und für Investitionen überhaupt ausge-
geben werden. Wenn wir das Geld hätten, dann ja. Ich
wüsste viele gute Dinge, die nicht nur in Ostdeutschland,
sondern in der gesamten Bundesrepublik getan werden
könnten.


(Michael Glos [CDU/CSU]: Toll Collect!)

Sagen Sie mir doch aber bitte einmal, wie sich das zu der
Forderung von Herrn Stoiber verhält, der den ganzen
Haushalt um 5 Prozent kürzen will.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Herr Stoiber fordert: 5 Prozent weniger! 5 Prozent von
258 Milliarden Euro sind 12,9 Milliarden Euro.


(Petra-Evelyne Merkel [SPD]: Das ist Irrsinn!)

Herr Stoiber weiß, dass wir 41 Milliarden Euro an

Zinsen zahlen. Wenn wir hier um 5 Prozent kürzen
könnten, wäre das schön; aber das geht bei Schulden lei-
der nicht. Er weiß auch, dass wir rund 80 Milliarden
Euro im Bereich der Rentenversicherung auszugeben ha-
ben. Was schlägt er vor? Die Renten zu kürzen? Das wä-
ren 1 oder 2 Prozent weniger.


(Michael Glos [CDU/CSU]: Die Platte ist doch gestern schon mal gelaufen!)


– Das wurde aber noch nicht beantwortet. Wir werden es
Ihnen nicht ersparen, dass Sie diese Fragen an dieser
Stelle beantworten müssen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Carsten Schneider [SPD]: Sagen Sie von der CDU/CSU mal was dazu! – – u d g W a H g W E c s C b F b s S u s a m g I je s te s v v L W z d a n e u d m (C (D Michael Glos [CDU/CSU]: Die gleiche Platte haben Sie doch gestern hier schon gespielt!)


Ich merke, dass der Puls an dieser Stelle ein bisschen
nruhig wird. Vielleicht sagen Sie mal etwas dazu. Will
ie CSU vorschlagen, dass die Renten im nächsten Jahr
ekürzt werden, oder nicht?


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


enn Sie Nein sagen, dann beziehen sich die 5 Prozent
uf die verbleibenden rund 140 Milliarden Euro des
aushaltes. Hieran haben der Verkehrshaushalt wie der
esamte Investitionshaushalt einen massiven Anteil.
as bleibt denn sonst?
Frau Merkel, deshalb sage ich Ihnen an dieser Stelle:

s ist ja nett, dass Sie mal eben sagen, dass wir ein biss-
hen mehr Geld für die Verkehrsinfrastruktur ausgeben
ollten. Es ist aber nicht finanzierbar. Dass Sie sich als
hefin der Opposition hier hinstellen und das fordern, ist
lanke Heuchelei. Sie haben das Geld dafür auch nicht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich komme zum zweiten Punkt, der Sache mit der
reiheit. Als Sozialdemokrat ist man natürlich immer
ewegt, wenn jemand von den Konservativen anfängt,
ich über die Freiheit auszulassen. Frau Merkel, so, wie
ie das eingeführt haben, ist das besonders schick. Sie
nd Herr Glos vorneweg haben heute Morgen über die-
es Land wie über ein Jammerland gesprochen, ein Land
lso, dem es schlecht geht. Auch ein Teil der Unterneh-
erschaft in diesem Lande verfährt so. Ich will das hier
anz ausdrücklich in Richtung von Herrn Hundt sagen.
n den letzten Monaten hatte ich den Eindruck, dass er
den Stein, den es bei uns im Land gibt, umdreht, um zu
chauen, ob nicht vielleicht doch noch ein Wurm darun-
r sein könnte. Frau Merkel, bei dem, was Sie über die-
es Land sagen, dürfte ruhig mal ein bisschen mehr Zu-
ersicht zu spüren sein.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Nach einer solchen Rede wie der von Ihnen oder der
on Herr Glos hat man das Gefühl, dass Sie das ganze
and schlecht- bzw. herunterreden und es mies machen.


(Michael Glos [CDU/CSU]: Fakt ist Fakt!)

enn Sie das nun auch noch damit verbinden, für sich
u reklamieren, dass Sie besonders freiheitlich sind,
ann finde ich das völlig unangemessen. Das weise ich
usdrücklich zurück.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Michael Glos [CDU/CSU]: Sie können die Wahrheit nicht hören!)


Ein dritter Punkt. Es klang bei Ihnen, Frau Merkel,
ur ganz leicht an, aber in den letzten Tagen drang es
indeutig nach draußen: Sie haben die SPD – einige von
ns in besonderer Weise – dafür verantwortlich gemacht,
ass die NPD im Saarland am Sonntag derart viele Stim-
en bekommen hat.






(A) )



(B) )


Franz Müntefering


(Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Lafontaine!)

– Nein, Sie haben die SPD angesprochen. Jetzt reden Sie
das nicht klein.


(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Ist er nicht mehr in der SPD?)


Ich sage Ihnen ganz klar, Frau Merkel – darüber sollte in
diesem Hause Einvernehmen herrschen –: Die CDU/
CSU ist für den Stimmenzuwachs der NPD nicht verant-
wortlich; die Sozialdemokraten allerdings auch nicht.
Verantwortlich für die Stimmen der NPD sind diejeni-
gen, die die Neonazis wählen. Wenn wir in diesem Haus
den Verstand einigermaßen beieinander haben, dann pas-
sen wir auf, dass wir uns da nicht auseinander dividieren
lassen. Die braune Soße darf in Deutschland nie wieder
eine Chance haben. Wir sollten uns nicht gegenseitig un-
terstellen, für deren Stimmenzuwachs verantwortlich zu
sein.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Nun noch ein paar Anmerkungen zu Ihren Hinweisen
auf die Situation in Ostdeutschland. Ja, die SPD ist eine
gesamtdeutsche Partei. Wir machen gesamtdeutsche
Politik. Ost- und Westdeutschland sind keine zwei lose
assoziierten Staaten, zwischen denen irgendetwas ausge-
glichen werden muss. Alles, was in Deutschland an guter
Politik gemacht wird, ist gut für ganz Deutschland.
Darauf bestehen wir.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich warne sehr davor, uns an dieser Stelle auseinander
zu dividieren. Wir alle wissen, dass wir in diesem Land
in West und Ost leicht gegeneinander agitieren könnten.
Wir sind alle erfahren genug, um das in vielen Gesprä-
chen zu merken. Ich bitte sehr darum, dass wir der Ver-
antwortung, die wir in diesem Lande miteinander tragen,
gerecht werden. Noch einmal: Wenn es in Deutschland
Wachstum gibt und wenn wir Arbeitsmarktreformen
beschließen, die für bestimmte Regionen und Städte be-
sonders gut sind, dann ist das für ganz Deutschland gut.
Wir sorgen in ganz Deutschland dafür, dass der Solidar-
pakt II, den diese Koalition vereinbart hat, bis zum
Jahre 2019 sicher bleibt. Wir sollten uns an dieser Stelle
nicht auseinander dividieren lassen. Das ist meine ganz
dringende Bitte an Sie alle.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Bartholomäus Kalb [CDU/ CSU]: Haben wir das nicht erlebt?)


Ich mahne da, weil die Lockerheit, mit der auch eben
versucht wurde, sich ein bisschen lieb Kind auf der einen
Seite zu machen, ohne der anderen wehzutun, die falsche
Methode ist. Ein Teil unseres Problems in diesem Lande
hängt damit zusammen, dass Sie dies bisher nicht ehrlich
ausgesprochen haben. Wir sind ein Deutschland. Wir
müssen Politik für ganz Deutschland machen. Wir
müssen aufhören, Ost- und Westdeutschland gegenein-
ander zu stellen. Die beiden Teile sind keine selbststän-

d
e

t
f
f
g
J
d
d
d
d
o
z

e
e
e
L
s

D
V
s
M
s
a

m
k

d
z
H
2

h
n
c
s
te
h
2
d
A
r
m

v
E
w

le

(C (D igen oder assoziierten Staaten, die einfach so nebeninander stehen. Das müssen Sie endlich begreifen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Frau Merkel, Sie haben auch etwas zu den Lohnkos-
enzuschüssen gesagt. Im Haushalt der Bundesagentur
ür Arbeit für das Jahre 2005 sind 6,35 Milliarden Euro
ür Lohnkostenzuschüsse und Eingliederungshilfen ein-
estellt. Das sind rund 25 Prozent mehr als in diesem
ahr. Rund 42 Prozent davon sind für die Aufgaben in
en neuen Ländern vorgesehen. Die Möglichkeiten,
iese Gelder sehr gezielt einzusetzen, liegen bei denen,
ie vor Ort die Entscheidungen zu treffen haben. Weil
as so ist, sollten wir nicht den Eindruck erwecken, als
b wir die Möglichkeiten der Hilfe an dieser Stelle redu-
ieren.
Frau Merkel, das, was Sie ansprechen, hört sich aber

in bisschen anders an. Ich möchte gerne wissen, ob Sie
s wirklich so meinen. Sie sprechen – so empfinde ich
s – über ein Modell, das darauf hinausläuft, dass für die
öhne im unteren Bereich dauerhaft Lohnkostenzu-
chüsse gezahlt werden sollen.


(Joachim Poß [SPD]: So ist es!)

iese Methode, Frau Merkel, die sich auf eine seltsame
orstellung von Ordnungspolitik gründet, hatten wir
chon einmal. Ich sage für uns ganz klar: Ein solches
odell kann die Antwort auf unsere Probleme nicht
ein, weil es letztlich auf eine Finanzierung der Löhne
us der Kasse des Staates, aus dem Steuersäckel, hinaus-
uft. Das wird – so viel sage ich Ihnen für die Sozialde-
okraten – keine Lösung für ganz Deutschland sein
önnen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die Agenda 2010 beginnt zu wirken. Das GKV-Mo-
ernisierungsgesetz zeigt die Erfolge und Konsequen-
en, die wir uns alle miteinander erhofft haben. Im ersten
albjahr dieses Jahres haben wir ein Plus von
,5 Milliarden, das heißt, die Beiträge können sinken.
Wenn wir dieses Gesetz nicht gemacht hätten – wes-

alb sagen wir das eigentlich den Menschen draußen
icht ein bisschen deutlicher? –, lägen die Krankenversi-
herungsbeiträge heute nicht bei 14 oder 14,5 Prozent,
ondern bei 16 oder 16,5 Prozent. Und ohne unsere Ren-
ngesetzgebung läge der Rentenversicherungsbeitrag
eute nicht bei 19,5 Prozent, sondern bei 22 oder
5 Prozent. Das sage ich all denen, die fragen: Gibt es
enn keine Alternative? – Ja, es gibt eine Alternative zur
genda 2010, aber die heißt: höhere Krankenversiche-
ungsbeiträge, höhere Rentenversicherungsbeiträge und
ehr Schulden. Das wäre die Konsequenz gewesen.
Weil das so ist, müssen wir uns alle miteinander nicht

erstecken. Wir sollten zu unseren Beschlüssen stehen.
s ist schließlich nicht so, dass nur die Privaten belastet
erden. Die Entwicklung speist sich aus drei Faktoren:
Erstens. Die Effizienz im Gesundheitswesen wurde
icht verbessert. Wir haben immerhin ansatzweise er-






(A) )



(B) )


Franz Müntefering

reicht, dass die Krankenkassen Verträge mit Ärzten und
mit medizinischen Einrichtungen abschließen können.
Diese verbesserte Effizienz müssen wir weiter vorantrei-
ben – der Bundeskanzler hat es angesprochen –; das ist
bisher an Ihnen gescheitert. Wir wollten weiter und wir
wissen, dass wir die weiteren Schritte noch zu tun haben.
Ob nun Kopfpauschale oder Bürgerversicherung, eines
steht fest: Die Effizienz im System muss weiter gestärkt
werden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das Gesundheitssystem birgt eine große Dynamik in
sich und wir sind gut beraten, wenn wir die richtigen
Wege finden, diese Dynamik einzugrenzen.

Zweitens. Die medizinischen Angebote werden weni-
ger intensiv in Anspruch genommen, als das vorher der
Fall gewesen ist. Auf Deutsch und knapp gesagt: Die
Zahl der Versicherten, die zum Arzt gehen, ist um 8 bis
10 Prozent gesunken. Ich hoffe, das sind nur die Versi-
cherten, die nicht unbedingt auf den Arzt angewiesen
sind. Die sollen allerdings auch nicht hingehen, auch
darüber muss man offen sprechen.

Drittens. Die Menschen zahlen hinzu.
Dieses GKV-Modernisierungsgesetz ist ein Schritt in

die richtige Richtung und das müssen alle, die es be-
schlossen haben, auch nach draußen deutlich machen.

Nun kommen wir allerdings an den Punkt, den Sie,
Frau Merkel, angesprochen haben und der Sie offen-
sichtlich besonders berührt: die Zahnersatzpauschale.
Die Zahnersatzpauschale war Ihre Idee, sie ist ein Stück
Ideologie. Das haben wir immer so gesehen und das
haben wir auch so gesagt. Sie haben eine andere Vorstel-
lung als wir davon, wie es beim Gesundheitswesen
weitergehen muss. Diese Zahnersatzpauschale war ge-
wissermaßen der Feldversuch für die Kopfpauschale, die
folgen soll.

Bei der Umsetzung stellt sich nun heraus, dass der
Einzelne nicht eine Pauschale von monatlich 4,60 Euro
wird zahlen müssen, wie es damals angekündigt war.
Vielmehr werden es 2 oder 3 Euro mehr sein, weil sich
mit dieser komplizierten Pauschale erhöhte Verwal-
tungskosten verbinden. Das bedeutet, dass jeder Versi-
cherte 10 bis 20 Euro im Jahr zusätzlich für Verwal-
tungskosten zahlen müsste. Bei allem Respekt vor Ihren
Ideen, Frau Merkel: Das ist es uns nicht wert und des-
halb wollen wir diese Pauschale nicht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Für Sie wäre es das Einfachste, schlichtweg zuzuge-
ben, dass das ein Irrtum war, dass man solche Pauscha-
len so nicht organisieren kann, weil das so teuer wird,
wie es sich jetzt herausstellt. Wir wollen eine vernünf-
tige neue Regelung haben. Das Gesetz ist eingebracht
und meine dringende Empfehlung an Sie ist, mit uns zu
stimmen, damit wir für den Zahnersatz eine vernünftige
Lösung finden. Wir würden auf der Arbeitgeberseite
eine Senkung der Lohnnebenkosten um 0,2 Prozent er-

r
k

w
d
n
w
z
D

g
w
n
d
w
p
le

w
n
S
is
W

e
M
n
9
b
k
g

E
s
d
h
u
G

S
g
8
S
R
E
t
n
g

(C (D eichen, wenn weiter ein normaler prozentualer Beitrag assiert würde. Die Agenda 2010 beginnt auch an anderen Stellen zu irken. Das gefällt nicht allen und einiges hat sich in iesem Sommer dazu zugetragen. Sie haben bereits eiige Punkte angesprochen, Frau Merkel, aber auch ich ill noch ein paar Anmerkungen zu den Hartz-Geseten machen, vor allem zum Vierten Gesetz für moderne ienstleistungen am Arbeitsmarkt. Wenn eine Opposition die Bundesregierung heftig an reift, gehört das zum Geschäft. Wir sind nicht wachseich und auch alt genug, um das zu wissen, und könen damit umgehen. Wenn die Opposition aber, so wie iese Opposition, gänzlich anders redet, als sie handelt, enn sie intern im Vermittlungsausschuss den puren Kaitalismus fordert und draußen die katholische Sozialhre auf den Lippen hat, (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


enn sie Mitverantwortung leugnet, dann zeigt dies ei-
es, Frau Merkel: Ihnen fehlt Mut, Ihnen fehlt Ausdauer,
ie haben kein Rückgrat in dieser Opposition. Das Land
t froh, dass das Paar an der Spitze nicht Merkel/
esterwelle heißt. Da bin ich ganz sicher.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zuruf von der SPD: Das hat selbst Stoiber erkannt! – Weiterer Zuruf von der SPD: Andere auch!)


Ich will – weil das im Sommer so gelaufen ist, wie
s gelaufen ist – noch einen Punkt nacharbeiten, Frau
erkel, den ich bisher immer sanft behandelt habe,
ämlich betreffend Ihre Politik in den 80er- und
0er-Jahren. Damals schon war das Ausmaß der Glo-
alisierung und der demographischen Entwicklung be-
annt. Dennoch haben Sie, wie bei der Rentengesetz-
ebung, nur kleine Akzentuierungen versucht.


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Aber das hat der heutige Bundeskanzler nicht zum Ausdruck gebracht!)


s ist damals von Ihnen nichts getan worden. Sie haben
chön geredet, aber für das Land nichts getan. Obwohl in
en 80er- und 90er-Jahren schon etliches absehbar war,
at das bei Ihnen nicht zu durchgreifenden Vorschlägen
nd entsprechenden politischen Aktivitäten geführt. Im
egenteil, Sie haben Illusionen verbreitet.


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Das haben Sie!)


ie haben die Arbeit liegen lassen, die eigentlich hätte
etan werden müssen, Sie haben die Probleme in den
0er- und 90er-Jahren ungelöst gelassen, Sie haben
chuldenberge aufgebaut, Sie haben dieses Land an den
and der Handlungsfähigkeit gebracht, Sie haben die
inheit unverantwortlich finanziert, Sie haben auf „Wei-
er so!“ gesetzt, Sie haben die Investitionen in Innovatio-
en gekürzt, Sie haben im Ohrensessel gesessen und ab-
ewartet, was denn werden würde. Das ist die Wahrheit






(A) )



(B) )


Franz Müntefering

der 80er- und 90er-Jahre, mit deren Folgen wir es noch
heute zu tun haben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir haben – da versuche ich ehrlich zu sein –

(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Sind Sie aber nicht!)

in den 90er-Jahren nicht besonders gedrängelt. Das be-
streite ich nicht.


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Sie haben in den Ohrensesseln gesessen!)


Aber wenn ich mir ansehe, mit welcher Arroganz Sie
und Frau Merkel hier versuchen, nach sechs Jahren ein
Urteil über diese Koalition zu sprechen, ein Vorurteil zu
verbreiten, muss ich sagen: Dann müssen wir genauer
auf den Vorlauf dieser Koalition schauen. Wir werden
über einiges noch etwas nachdrücklicher sprechen müs-
sen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Auch über Ihre Position! – Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Kurzzeitgedächtnis!)


Das Gesetz zur Arbeitsmarktreform haben wir ge-
meinsam beschlossen; beteiligt waren der Bundestag,
der Bundesrat und der Vermittlungsausschuss. Das Op-
tionsgesetz, das sich mit der Frage auseinander setzte,
wie das vor Ort organisiert werden soll, hat im Bundes-
rat und im Vermittlungsausschuss zu großen Auseinan-
dersetzungen geführt. Weil Frau Merkel eben aus dem
Vermittlungsausschuss berichtet hat und gesagt hat, man
habe heftig darum kämpfen müssen, ob es solche Op-
tionen gebe oder nicht, will ich noch einmal an folgende
Situation erinnern: Als der hessische Ministerpräsident
dafür gefightet hat, dass das Optionsmodell überall gel-
ten solle, haben wir ihm – wie auch Herrn Milbradt – an-
geboten: In ganz Hessen und für ganz Sachsen kann das
gerne so gelten. Dazu aber haben sie Nein gesagt.


(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Ist doch nicht wahr!)


An dem Abend ist mir klar geworden, dass Sie die Sache
nicht wirklich vernünftig regeln wollten, sondern dass
Sie taktiert haben. Das beherrscht Ihre Politik zu
Hartz IV immer noch.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Nun will ich Ihnen, Frau Merkel, einige Personen aus
Ihren Reihen vorhalten, die sich in den letzten Tagen und
Wochen zu der Arbeitsmarktreform und dem, was zu tun
ist, geäußert haben. Sie haben Karl Nolle zitiert. Ich
schicke ihm das gerne zu. Er hat es verdient. Ich will
Ihnen aber die Äußerungen einiger anderer Personen
vorhalten und Sie damit konfrontieren. Dann können Sie
denen das ebenfalls zuschicken.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Hinterher zählen wir durch!)


I
l
r
w

I
w
s
B
K
d
n
f
e
is
Ü

S
1
P
k
e


j
1
R
h
E
g
li

d
d
D
l
n

d
d
u
d
d
S
g
c
s
L
b
v

(C (D ch nenne erstens Herrn Rüttgers aus Nordrhein-Westfaen. Herr Rüttgers stellt sich in den Landtag von Nordhein-Westfalen und sagt in populistischer Weise, er olle eine Gesamtrevision dieser Arbeitsmarktreform. (Dr. Angela Merkel [CDU/CSU]: Aber nicht im Landtag!)


ch will Herrn Merz nicht ansehen. Ihm muss bei dem,
as Rüttgers da veranstaltet hat, ganz schlecht geworden
ein. Das kann er natürlich gar nicht einhalten, aber die
otschaft an das Land Nordrhein-Westfalen vor der
ommunalwahl und vor der Landtagswahl ist doch ein-
eutig: Ihr Stellvertreter Herr Rüttgers fordert eine Ge-
eralrevision dieser Arbeitsmarktreform. Es ist kein Zu-
all, dass eine Zeitung in Nordrhein-Westfalen, und zwar
ine konservative, getitelt hat: „Rückzieher, dein Name
t Rüttgers“. Das, so finde ich, ist eine ordentliche
berschrift für den Vorgang.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Dann kommt Herr Arentz, CDA, aus Köln und fordert
chonvermögen für die Altersvorsorge in Höhe von
000 Euro je Lebensjahr. Das habe ich übrigens bei der
DS in Sachsen auch schon einmal gehört. Ich will aber
eine Verbindung herstellen. Sprechen Sie mit Herrn Ar-
ntz darüber!
1 000 Euro pro Jahr bedeuten bei einem Ehepaar
beide 60 Jahre alt, 120 000 Euro Altersvorsorge und
e 12 000 Euro für den allgemeinen Verbrauch –
44 000 Euro. Hinzu kommen Wohnung, Auto und
iester-Rente. Wer so etwas fordert, Frau Merkel, ver-
öhnt diejenigen, die mit ihren Steuergeldern zu den
innahmen beitragen, aus denen wir das Arbeitslosen-
eld II bezahlen. Was Sie da betreiben, ist unverantwort-
ch.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Nun komme ich zu Herrn Milbradt,

(Zuruf von der SPD: Oberheuchler!)


er in einer seltsamen Art von Selbstkasteiung angekün-
igt hat, zu einer Demo zu gehen. Will er eine eigene
emo veranstalten oder wie muss man sich das vorstel-
en? Lassen Sie mich dazu ein paar Wahrheiten in Erin-
erung rufen.
Im Vermittlungsausschuss, Frau Merkel, ging es um

ie Frage, ob die unterschiedliche Struktur hinsichtlich
er Arbeitslosenhilfe- und Sozialhilfeempfänger in Ost-
nd Westdeutschland nicht besondere Reaktionen erfor-
ere. Also wurde beschlossen, vorweg den neuen Bun-
esländern 1 Milliarde Euro zu gewähren. Der Freistaat
achsen sollte 319 Millionen Euro erhalten. Meine drin-
ende Bitte an Sie ist, Herrn Milbradt deutlich zu ma-
hen, dass diese 319 Millionen Euro nicht für die sächsi-
che Landeskasse, sondern für die Bekämpfung der
angzeitarbeitslosigkeit in den Städten und Gemeinden
estimmt sind. Bestellen Sie ihm einen schönen Gruß
on mir!


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Franz Müntefering

Wir haben mit der Gemeindefinanzreform und

durch das, was wir durch die Zusammenlegung von
Arbeitslosen- und Sozialhilfe den Städten und Gemein-
den zukommen lassen, dazu beigetragen, dass diese zu-
sätzlich zu der eben genannten 1 Milliarde Euro etwa
2,5 Milliarden in diesem Jahr und etwa 6 bis 6,5 Milliar-
den Euro im nächsten Jahr erhalten werden.

In diesem Zusammenhang stellt sich allerdings die
Frage, was aus diesen 6 bis 6,5 Milliarden Euro wird.
Kommen sie der Konjunktur, dem Handwerk und den
kleinen und mittleren Unternehmen zugute oder kommt
es nur zu einer Umverteilung bei den Schuldenständen
der Kommunen und des Bundes? Meine Erwartung an
die CDU/CSU-Ministerpräsidenten und auch an Sie ist,
dass Sie das aufgreifen und Ihren Leuten deutlich ma-
chen, dass wir in diesem und im nächsten Jahr erreichen
müssen, dass die zusätzlich in die Städte und Gemeinden
fließenden Mittel so eingesetzt werden, dass das Hand-
werk vor Ort und die kleinen Betriebe in der Region et-
was davon haben und Arbeitsplätze entstehen. Das muss
jetzt passieren.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich entnehme Ihrer Reaktion, Frau Merkel, dass wir
einer Meinung sind. Dann ist meine herzliche Bitte, dass
Sie dies Ihren Ministerpräsidenten und Oberbürgermeis-
tern in aller Deutlichkeit sagen.

An dieser Stelle möchte ich Klartext reden. Ich habe
in dem gesamten Gesetzgebungsverfahren und insbeson-
dere nach einigen Äußerungen von Herrn Koch und an-
deren den Eindruck gehabt, dass manche darauf warten,
dass das Arbeitsmarktreformgesetz scheitern möge und
man jemanden dafür verantwortlich machen kann. Ich
will das nicht Ihnen persönlich unterstellen, aber rufen
Sie sich einmal diesen Sommer in Erinnerung!

Im Interesse der Bekämpfung der Langzeitarbeits-
losigkeit muss klar sein, dass in diesem Jahr – und zwar
ab sofort – in allen Ländern, Städten und Gemeinden
alle, die mithelfen können, dafür sorgen, dass diese
wichtige Operation gelingt. In dem Gesetz geht es nicht
primär um die Veränderungen der Transfers; vielmehr
hat das Gesetz zum Ziel, die Langzeitarbeitslosigkeit zu
reduzieren. Entsprechende Ansätze sind vorhanden. Das
Gesetz wird das Problem zwar nicht vollständig lösen,
aber wenn wir es im nächsten Jahr schaffen, einige
Zehntausend oder Hunderttausend aus der Langzeitar-
beitslosigkeit herauszuholen, dann ist das, was wir ge-
meinsam beschlossen haben, gelungen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Sie müssen aber dafür sorgen, dass niemand von Ih-

nen das Gesetz boykottiert oder hängen lässt und darauf
wartet, was wohl daraus werden könnte. Wir werden
schon aktiv werden müssen. Das gilt auch für alle vor
Ort.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Herr Müller im Saarland fordert auch nach der Wahl
noch, die Zahldauer für das Arbeitslosengeld zu än-

d
g
F
s

1
i
w
a
d
s
l
e
w
m
a
d
m
M
f
w
d
g
i
b
s
d
l
A

d
v
l
2
b
h
A
e
s
e
l
u
d
b
W
b
d
i

g
n
d
k
K
l
R

(C (D ern. Das hat nichts mit Hartz IV zu tun, sondern ist ein anz anderes Thema, aber er spricht darüber. Auch dazu, rau Merkel, wäre eine klare Botschaft nach draußen ehr hilfreich. Sie, die CDU/CSU-Bundestagsfraktion, haben am 8. Juli 2003 beschlossen, dass das Arbeitslosengeld I m ersten Monat der Zahlung um 25 Prozent reduziert erden soll. Das haben wir abgelehnt. Dann haben Sie uf Ihrem anschließenden Bundesparteitag beschlossen, ass nur diejenigen, die 55 Jahre und älter sind, Anpruch auf eine 18-monatige Bezugsdauer des Arbeitsosengeldes I haben sollen, während für alle anderen ine zwölfmonatige Bezugsdauer gelten soll. Das setzen ir im Augenblick um. Nun sagt aber Herr Müller, es üsse länger Arbeitslosengeld gezahlt werden. Das ist uch für uns Sozialdemokraten keine leichte Entscheiung. Aber es gibt eine Entwicklung in diesem Land, it der wir uns nicht abfinden können. Dadurch, dass itte der 80er-Jahre unter Norbert Blüm die Zahldauer ür das Arbeitslosengeld auf bis zu 32 Monate verlängert urde – bis dahin galt für alle eine zwölfmonatige Zahlauer; wir haben damals Beifall geklatscht; ich will uns ar nicht außen vor lassen –, haben wir eine Mentalität n diesem Lande erzeugt, die inzwischen dazu führt, dass eispielsweise 53-, 54und 55-jährige Arbeitnehmer chräg angeschaut werden, wenn sie nicht freiwillig in en Vorruhestand gehen. Das ist keine gesunde Entwickung. Deshalb ist die Reduzierung der Zahldauer für das rbeitslosengeld eine vernünftige Entscheidung. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Den Kritikern – dazu zähle ich auch Herrn Müller;
enn anders kann ich das, was er sagt, nicht verstehen;
ielleicht erläutern Sie mir das einmal – sage ich, dass es
ange Übergangsfristen gibt. Wer bis zum 31. Januar
006 Arbeitslosengeld I bezieht, erhält das volle Ar-
eitslosengeld, und zwar bei gleicher Zahldauer wie bis-
er. Ein Beispiel: Ein 58-Jähriger bekommt bis Ende
ugust 2008 Arbeitslosengeld I, also 32 Monate, wenn
r es am 31. Januar 2006 erstmalig bezieht. Wenn er an-
pruchsberechtigt ist – das gilt natürlich auch für Frau-
n –, dann bekommt er danach zwei Jahre lang Arbeits-
osengeld II, das im ersten Jahr um monatlich160 Euro
nd im zweiten Jahr um 80 Euro erhöht ist. Er bekommt
as Arbeitslosengeld II also bis Ende August 2010. Ich
itte Sie! Wer will denn noch längere Übergangsfristen?
ir müssen erreichen, dass die bisherige Mentalität ge-
rochen wird. Diejenigen, die 55 Jahre und älter sind,
ürfen nicht nach Hause geschickt werden. Sie müssen
n Arbeit bleiben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich möchte noch etwas zu Herrn Böhr sagen. Ich
laube, er ist Philosoph. Frau Merkel, Herrn Böhr ken-
en Sie? – Er hat in der vergangenen Woche in einer ost-
eutschen Zeitung geschrieben, das Ganze sei ein Ab-
assiermodell. Da diejenigen aus Ihren Reihen, die
ritik üben, nicht am Rand Ihrer Partei stehen, appel-
iere ich an Sie: Sorgen Sie für Ordnung in Ihren eigenen
eihen!


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Franz Müntefering

Sie dürfen nicht zulassen, dass das, was man an der ei-
nen oder anderen Stelle vermuten kann, wahr wird, näm-
lich dass die CDU/CSU durch ihren hinhaltenden Um-
gang mit dieser Thematik dafür sorgt, dass die
Arbeitsmarktreform nicht ihre volle Wirkung entfaltet;
denn das wäre zum Schaden der Langzeitarbeitslosen.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Das ist doch Quatsch! – Volker Kauder [CDU/CSU]: Zuerst den Gesundheitskompromiss aufkündigen und dann solche Sprüche!)


Meine dringende Bitte: Sorgen Sie dafür, dass das Ihren
Leuten klar wird! Heute haben Sie dazu jedenfalls kein
Wort gesagt. Wenn Sie mit dieser Sache anständig umge-
hen wollten, dann hätten Sie heute hier gesagt: Jawohl,
das haben wir gemeinsam beschlossen und das stehen
wir auch gemeinsam durch. Wir sagen den Menschen,
weshalb das richtig ist. – Aber das hat bisher niemand
von Ihnen getan.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dietrich Austermann [CDU/ CSU]: Quatschkopf! – Volker Kauder [CDU/ CSU]: Das gilt für den Gesundheitskompromiss nicht?)


Sie versuchen, sich an dieser Stelle einen schlanken Fuß
zu machen, und hoffen, dass Sie sich hier durchmogeln
können. Das ist die schlichte Wahrheit.

Die Spitzenleistung hat aber Herr Schönbohm er-
bracht. Er hat gesagt, Herr Schröder solle sich zurück-
halten, wenn er in die neuen Bundesländer komme, weil
die Stimmung so angeheizt sei. Das hat wirklich ein Ge-
schmäckle. Wenn ein Innenminister eines Bundeslandes,
der auch für die innere Sicherheit zuständig ist, den Bun-
deskanzler bittet, er solle nicht sein Land besuchen, dann
kann das natürlich ein Spaß sein. Das kann aber auch
Zynismus sein. Die Art und Weise von Herrn
Schönbohm finde ich jedenfalls ungeheuerlich.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir haben – begleitend zum Haushalt – eine Menge
in Bewegung gesetzt. Es wird noch mehr hinzukommen.
Ganz vorne steht die große Herausforderung – diese ist
noch nicht perfekt beantwortet; an einer entsprechenden
Antwort müssen wir alle noch arbeiten –, wie wir es
schaffen, dass die in Deutschland vorhandene Arbeit von
denjenigen Menschen getan wird, die legal in Deutsch-
land sind. Das ist eine große Herausforderung. An dieser
Stelle gibt es große Spannungen, manchmal auch zwi-
schen uns und den Gewerkschaften. Aber dies ist eine
entscheidende Herausforderung, vor der wir stehen. Wie
bringen wir es zustande, dass die in Deutschland zu leis-
tende Arbeit von denjenigen Menschen getan wird, die
legal hier leben?

Wir können uns keine registrierten 4 Millionen oder
4,3 Millionen Arbeitslose – hinzu kommen stille Reser-
ven im oberen Bereich und bei den Frauen – leisten. Die
Erwerbsquote ist nämlich zu gering. Auch können wir es
uns nicht leisten, dass es in diesem Lande massenhaft
Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung gibt oder dass

M
A

n
w
A
w
l
n
u
c
A
n
L
w

S
s
u
n
m
w

l
w
R
k
i
u
h
s
h
D
m

D
d

d
d
U
s
b
E
e
l


n
l
d
s
t
w
g
s

(C (D enschen in dieses Land geholt werden, die bestimmte rbeiten für uns machen sollen. In Deutschland fehlen 20 000 bis 30 000 Pflegerin en und Pfleger. Wenn dieses Problem größer wird, erden wir dann in Deutschland die Kraft haben, es mit rbeitskräften aus unserer Bevölkerung zu lösen, oder erden wir uns 50 000 Koreanerinnen oder Polinnen hoen müssen, damit diese Arbeit getan wird? Es kann icht sein, dass das so läuft. Weil das so ist, müssen wir ns miteinander darüber klar sein: Wir müssen erreihen, dass die Unternehmen wettbewerbsfähig sind. ber wir müssen miteinander auch erreichen, dass sie icht die Gunst oder Ungunst der Stunde nutzen, ein ohndumping in Bewegung zu setzen, das man so nicht ollen kann. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Da ist in Ostdeutschland, auch an manchen anderen
tellen vieles in Bewegung, worüber wir miteinander
prechen müssen. Auch deshalb dreht sich die Debatte
m die Frage, ob ein Mindestlohn sinnvoll ist oder
icht. Als Anhänger der Tarifautonomie bin ich da im-
er sehr skeptisch gewesen. Aber die Debatte darüber,
as man eigentlich tun kann, müssen wir führen.
Das, was Frau Merkel angesprochen hat – die Zah-

ung von Lohnkostenzuschüssen aus der Staatskasse;
enn ein Unternehmer nur 3 Euro zahlt, dann soll der
est des Lohns aus der Staatskasse finanziert werden –,
ann es doch nicht sein. Wenn das so aber nicht gemeint
st, dann frage ich: Welche andere Methode haben wir,
m zu erreichen, dass die Unternehmen wettbewerbsfä-
ig sind, ohne die Menschen zu missbrauchen, indem sie
ie mit Lohndumping überziehen? Mit diesem Problem
aben wir in Deutschland im Augenblick zu kämpfen.
arüber haben wir mit den Gewerkschaften, aber auch
it den Arbeitgeberverbänden zu sprechen.
Es wäre sehr hilfreich, wenn bei den Unternehmen in
eutschland zwei Dinge, die, wie ich denke, sehr hin-
erlich sind, klarer würden:
Unternehmen müssen nicht nur im eigenen Land, son-

ern auch in Europa und weltweit vertreten sein. Dass
as gut ist, bezweifelt keiner von uns. Die Tatsache, dass
nternehmen weltweit vertreten sind, stärkt unsere Wirt-
chaft ganz zweifellos und trägt zu unserem Wohlstand
ei. Bei manchen Unternehmen hat man freilich den
indruck, dass sie um eines kleinen Vorteils willen die
igenen Mitarbeiter drängen und pressen oder ins Aus-
and gehen.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Verdi!)

Herr Kauder, passen Sie auf! – Es gehört zur Unter-
ehmensethik dazu, dass die Unternehmen in Deutsch-
and wissen: Sie sind den Menschen verantwortlich,
urch die sie reich geworden sind und die bei ihnen be-
chäftigt sind. Ich wiederhole meinen Appell an die Un-
ernehmen an dieser Stelle: Man soll versuchen, wettbe-
erbsfähig zu sein und dabei bis an die Grenze dessen
ehen, was möglich ist. Man soll sich aber auch bewusst
ein, dass Unternehmen für die Menschen, die bei ihnen






(A) )



(B) )


Franz Müntefering

einen Arbeitsplatz haben, verantwortlich sind. Die Un-
ternehmen dürfen mit den existenziellen Sorgen der
Menschen nicht spielen; sie dürfen mit ihnen kein
Schindluder treiben. Leider kommt auch das vor.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Es wäre schon ganz gut, wenn die Bezieher großer
Einkommen in diesem Lande im Umgang mit ihrem
Verdienst mehr Transparenz zeigten. Mit anderen Wor-
ten: Es wäre gar nicht so schlecht, wenn die Bereitschaft
größer wäre, offen zu legen, wie viel man verdient oder
bekommt, was ja nicht immer dasselbe ist. Man sollte
wenigstens sagen, was so in die Tüte fließt. Das gilt
nicht nur für die großen Unternehmen, für die Vorstände
und für die Aufsichtsräte, sondern auch für die großen
Medien in diesem Land. Es wäre auch einmal ganz gut,
zu wissen, wie deren Einkommen eigentlich so aussieht.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das darf man vielleicht einmal ein bisschen kess sagen;
schließlich konzentrieren sie sich meistens auf uns.

Ich will noch kurz ein paar Punkte ansprechen, die für
das nächste Jahr ebenfalls wichtig sind. Stichworte: In-
vestitionen und Innovationen. Wir haben uns vorgenom-
men, für diesen Bereich zusätzliches Geld zu mobilisie-
ren. Frau Merkel, Herr Merz, meine Erwartung an Sie
ist, dass Sie uns schnell sagen, wo man Subventionen
abbauen kann. Ich weiß, dass die Abschaffung der
Eigenheimzulage nicht allen leicht fällt; auch bei uns ist
das so. Die Eigenheimzulage war ein Instrument, das
über Jahre und Jahrzehnte größte Bedeutung gehabt hat
und auch sinnvoll war.

Aber wir müssen in Deutschland eine Wohnungs- und
Städtebaupolitik machen, die sich auf das einrichtet, was
heute und für die Zukunft wichtig ist. Das werden wir
nicht beiseite schieben. Die Tatsache, dass wir hier die
Eigenheimzulage infrage stellen, signalisiert nicht: Man
muss sich nicht mehr um Wohnungs- und Städtebau
kümmern. Dafür wird man da sein müssen, zwar nicht in
dem bisherigen Umfang, aber doch zumindest teilweise.

Trotzdem müssen wir sehr bald wissen: Werden wir
das Geld für Innovationen in diesem Lande haben oder
nicht? Sie müssen wissen, dass derjenige, der sich an
dieser Stelle verweigert, dazu beiträgt, dass im Bereich
der Innovationen nicht das getan werden kann, was ge-
tan werden muss.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Zur Bürgerversicherung will ich heute nur ein paar
Worte sagen. Sie wissen, wir haben dazu Eckpunkte be-
schlossen. Ich freue mich auf die offene Debatte, die es
dazu hoffentlich geben wird. Für uns ist dabei klar: Es
wird im Kern ein solidarisch finanziertes System blei-
ben. Die Finanzierung wird durch Verbeitragung oder
entsprechende Besteuerung hoher Einkünfte ergänzt. Es
bleibt bei der bisherigen Qualität. Die Bürgerversiche-
rung ist keine Versicherung zweiter Klasse. Es wird
PKV und GKV wie bisher geben. Die GKV hat die

C
w
j
G
t

p
d
n
r
m
S
m
k

h
l
d
u
r
b
V
h

J
d
B
o
m
G

I

i
b

s
L

W
s
in
m
h
te
te
a
A
s
m



(C (D hance, sich zu stabilisieren, nicht zuletzt dadurch, dass ir die Versicherungspflichtgrenze aufgeben und auch unge, günstige Risiken die Bürgerversicherung bei der KV nutzen können. Es bleibt dabei, dass wir im Sysem insgesamt die Effizienz deutlich verbessern müssen. Frau Merkel, schauen Sie sich anhand der Zahnersatz auschale an, wie das so mit Kopfpauschalen ist, was as kostet und wie groß die Sinnhaftigkeit solcher Unterehmen ist! Herr Seehofer hat es schon sauber vorgeechnet. Es war einmal von 24 Milliarden Euro und einal von über 30 Milliarden Euro die Rede, die aus der teuerkasse sozusagen quer gezahlt werden müssen, dait die unteren Einkommen das alles noch bezahlen önnen. Stichwort: direkte Demokratie. Ich finde die Debatte ochinteressant. Wir haben in dieser Koalition in der etzten Legislaturperiode vorgeschlagen, Methoden der irekten Demokratie mit vernünftigen Quoren auch bei ns in Deutschland einzuführen. Wir wollen keine Verücktheiten, aber unter bestimmten Bedingungen, unter estimmten Voraussetzungen müssen Volksinitiativen, olksbegehren und Volksentscheide möglich sein. Das aben Sie damals abgelehnt. Nun haben wir vereinbart, das wieder einzubringen. etzt sagen einige von Ihnen: auch Referenden, nicht nur irekte Demokratie sozusagen von unten, sondern auch efragung von oben durch den Deutschen Bundestag der die Bundesregierung mit entsprechendem Quorum, it entsprechender Qualität. – Deshalb werden wir den esetzentwurf gemeinsam einbringen. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


n Teil 1 wird es um die direkte Demokratie gehen
Volksinitiative, Volksbegehren, Volksentscheid – und
n Teil 2 wird stehen, unter welchen Bedingungen Volks-
efragungen stattfinden können.
Wichtig ist, dass das schnell geschieht; denn in einem

ind wir uns ganz einig: Im Grundgesetz wird es keine
ex „europäische Verfassung“ geben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


enn wir uns hier mit der nötigen Mehrheit darauf ver-
tändigen können, das, was ich eben angesprochen habe,
s Grundgesetz zu schreiben, können wir das miteinander
achen. Herr Westerwelle, ich schaue Sie einmal an; Sie
aben sich ja weit aus dem Fenster gehängt. Die Zweidrit-
lmehrheit bekommen wir hin. Wenn die Sozialdemokra-
n und die Grünen und die FDP und die CSU, die das ja
uch will, miteinander stimmen, haben wir 409 Stimmen.
lso lassen Sie uns das miteinander machen und dafür
orgen, dass vielleicht auch die CDU das irgendwie mit-
acht.


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Und was machen Sie dann mit der Verfassungsentscheidung? Heißt das, dass auch über die Türkeifrage abgestimmt wird?)


Bitte?






(A) )



(B) )


Franz Müntefering


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Wird über die Türkeifrage dann auch abgestimmt? – Michael Glos [CDU/CSU]: Wird dann auch über die Türkei abgestimmt?)


– Im Moment

(Unruhe bei der CDU/CSU)


– hören Sie zu! – reden wir über die generelle Frage der
Regelung. Wenn das so kommt, dann wird im Grundge-
setz stehen, dass es im Prinzip eine Möglichkeit der Be-
fragung gibt. Wir werden in den nächsten Wochen und
Monaten miteinander darüber diskutieren, unter welchen
Bedingungen das dann möglich sein soll. Laufen Sie an
der Stelle nicht gleich wieder weg!


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Ich bin noch hier! Ich höre ja zu! – Michael Glos [CDU/CSU]: Ärgern Sie bitte nicht den Bundeskanzler! – Volker Kauder [CDU/CSU]: Der Bundeskanzler ist hoch frustriert und der Außenminister auch!)


Ich will Sie noch über etwas informieren. Wir werden
in dieser Koalition in diesem Herbst – das haben wir uns
vorgenommen – das Thema der Antidiskriminierung
neu auf die Tagesordnung setzen. Das ist auch kein ein-
faches Thema. Das wird uns in diesem und im nächsten
Jahr ganz sicher begleiten. Sie wissen, dass es dazu
Richtlinien in Europa gibt. Wir werden dafür sorgen,
dass wir in Deutschland entsprechend dem, was in Eu-
ropa aufgeschrieben ist, handeln. Wir werden zu prüfen
haben, ob und, wenn ja, in welcher Weise wir das Anti-
diskriminierungsgesetz auch noch darüber hinaus ausge-
stalten.

Wir haben uns in dieser Koalition in dieser Legisla-
turperiode noch mehr als in der vergangenen auf einen
schwierigen Weg gemacht. Fortschritt erfordert Anstren-
gung. Aber wir kommen voran. Ich bin ganz sicher, dass
die starken Unternehmen, die qualifizierten Arbeitneh-
mer, die Infrastruktur, das leistungsfähige Bildungssys-
tem und die Wohlstandsbasis, die wir in diesem Land ha-
ben, gute Voraussetzungen dafür sind, dass wir
gemeinsam diesen guten Weg weitergehen können – in
diesem und im nächsten Jahr und weit darüber hinaus.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir, diese rot-grüne Koalition, werden Deutschland
in eine gute Zukunft führen.


(Lachen bei der CDU/CSU)

Davon wird uns auch nicht eine lahme und opportunisti-
sche Opposition abhalten können.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Aber Besserung ist Ihnen ja möglich.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Anhaltender Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


d

H
R
b
d
1
D

N
s
t
e
d
r
w
a
t

h
r
s
d
D
h
S
l

I
u
d
a

D
m

s
V
li

M
s

(C (D Das Wort hat jetzt der Kollege Steffen Kampeter von er CDU/CSU-Fraktion. Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und erren! Der Kollege Müntefering hat am Anfang seiner ede einen Rückblick in die 80erund 90er-Jahre gegeen. Wir Christlichen Demokraten scheuen den Blick in ie 80erund 90er-Jahre überhaupt nicht. Gerade die 6 Jahre, die wir regiert haben, waren gute Jahre für eutschland. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Widerspruch bei der SPD)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1512201200

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Steffen Kampeter (CDU):
Rede ID: ID1512201300

ur, am Anfang des 21. Jahrhunderts helfen für die Lö-
ung der jetzt anstehenden Fragen nostalgische Betrach-
ungen überhaupt nicht weiter. Sie dienen vielleicht der
motionalen Befriedigung einer Fraktion, die mehr lei-
end als leidenschaftlich dem Kurs dieser Bundesregie-
ung folgt. Sie beinhalten aber keinen Hinweis darauf,
ie die rot-grüne Bundesregierung die in diesem Land
nstehenden Haushalts- und Zukunftsfragen beantwor-
en möchte.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ein weiterer Hinweis, Herr Kollege Müntefering: Sie

aben am Anfang Ihrer Rede auch das Erstarken der
echtsradikalen Kräfte bei der Saarland-Wahl ange-
prochen. Sie haben die Union ermahnt, nicht die Sozial-
emokraten dafür verantwortlich zu machen. Ich bin der
ebatte heute Vormittag sehr interessiert gefolgt. Ich
abe nicht gehört, dass irgendein Redner der Union die
ozialdemokratie für das Erstarken der NPD im Saar-
and verantwortlich gemacht hätte.


(Joachim Poß [SPD]: Was? Frau Merkel!)

ch bin sicher, dass auch alle anderen Redner der Union
nd nicht nur die von heute Morgen Oskar Lafontaine
afür verantwortlich machen, dass die radikalen Kräfte
m linken und am rechten Rand wieder erstarken.


(Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch bei Abgeordneten der SPD)


eswegen, Herr Müntefering, bedarf es auch keiner Er-
ahnung der Union,


(Widerspruch bei Abgeordneten der SPD)

ondern es liegt an der deutschen Sozialdemokratie, das
erhältnis zu Oskar Lafontaine abschließend zu klären,
ebe Freunde, meine sehr verehrten Damen und Herren.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


In den Mittelpunkt Ihrer Ausführungen, Herr
üntefering, haben Sie die Arbeitsmarktpolitik ge-
tellt.


(Petra-Evelyne Merkel [SPD]: Nicht wegducken, sondern etwas dazu sagen!)







(A) )



(B) )


Steffen Kampeter

Auf dem Arbeitsmarkt sind die Reformen, die Sie ja jetzt
nicht mehr mit dem Schlagwort „Hartz“ bezeichnen, al-
lenfalls ein Einstieg in eine Politik, die wir von der
Union für notwendig erachten. In ihrer Wirkung sind sie
in Teilen allerdings völlig überschätzt worden. Von den
vollmundigen Ankündigungen einer Halbierung der Ar-
beitslosenzahl, Herr Müntefering, ist heute nichts mehr
übrig. Die Union hat all denjenigen Teilen der Hartz-Re-
formen, die auf mehr Flexibilität und Öffnung des Ar-
beitsmarktes zielen, im Deutschen Bundestag zuge-
stimmt.

Wenn Sie sich fragen, wie sich die Christlich Demokra-
tische Union bezüglich der Umsetzung von Hartz IV ver-
hält, dann empfehle ich Ihnen, doch einmal nach Nord-
rhein-Westfalen zu schauen. Wir haben im Vermittlungs-
ausschuss von Deutschem Bundestag und Bundesrat
deutlich gemacht, dass wir den Kommunen mehr zu-
trauen als der Arbeitsverwaltung und haben uns für ein
umfassendes Optionsmodell ausgesprochen. Das, was
dabei herausgekommen ist, entspricht nicht ganz unse-
ren Wünschen, denn in Nordrhein-Westfalen gibt es
mehr Kommunen und Kreise, die gemäß dem Options-
modell optieren wollen, als Sie zuzugeben bereit sind.
Wir arbeiten überall da, wo die Möglichkeiten gegeben
sind, Arbeitslosen zu helfen und Brücken in die Beschäf-
tigung zu bauen, aktiv mit, meine sehr verehrten Damen
und Herren. Keiner aus der CDU/CSU-Bundestagsfrak-
tion schlägt sich hier in irgendeinen Busch,


(Jörg Tauss [SPD]: Ihr seid der Busch!)

sondern wir sind auf der Seite derjenigen, die sich für
mehr Beschäftigung in diesem Land einsetzen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Joachim Poß [SPD]: Alter Buschkrieger!)


Wir kritisieren allerdings die dilettantischen Ele-
mente, insbesondere in der Kommunikationsarbeit der
Bundesregierung, bei der Umsetzung und Erläuterung
dieses Reformvorhabens. Wir haben in den vergangenen
Wochen erlebt, dass die Bundesregierung zum ersten
Mal Hartz IV nicht nur durch Überschriften darstellt,
sondern auch mit Texten erläutert. Gerade das lange
Schweigen der Bundesregierung über das gemeinsam
getragene Reformwerk Hartz IV hat zu den Verwirrun-
gen, Verirrungen und Täuschungen bezüglich des We-
sensinhaltes dieses für den Arbeitsmarkt notwendigen
Reformwerks geführt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Nach wie vor fehlt es aber an ergänzenden Elementen

zu dieser Arbeitsmarktreform. Eine durchgreifende
Flexibilisierung des Arbeitsmarktes, wie wir sie in un-
serem Arbeitsmarktreformgesetz bereits vor einigen Mo-
naten vorgeschlagen haben, ist erforderlich, damit die
notwendigen und angesichts der Kürzungen der aktiven
Leistungen von allen Seiten eingeforderten Arbeitsplätze
von der Wirtschaft geschaffen werden können. Wenn Sie
vor dem Hintergrund, dass wir über Hartz IV und die
1-Euro-Jobs die Tarifstruktur öffnen und einen Niedrig-
lohnsektor schaffen wollen, jetzt eine Diskussion über
Mindestlöhne in Deutschland beginnen, dann erweisen
Sie den bisherigen Reformen einen Bärendienst und

s
m

s
w
c
n
b
t
d
e
h
g
w
b
g
h

S
g
s
d
s
M
G
m
h
s
Z
s

d
D
d
f
V
s
s
d
s
d
b
u
l

h
m
s
s
P
w
m
B
f

e
s
d

(C (D chrecken investitionsbereite Unternehmen eher ab, als ehr Beschäftigung in Deutschland zu schaffen. Dies gilt auch für die Abschaffung des demographi chen Faktors in der Rentenversicherung. Das Thema urde von Ihnen, Herr Müntefering, hier kurz angesprohen. Bisher hat Rot-Grün nur Notoperationen vorgeommen, um den Beitragssatz stabil zu halten. Deshalb esteht in diesem Jahr erstmals die Gefahr, dass die Renenversicherung einer Liquiditätsspritze aus dem Buneshaushalt bedarf. Das von Rot-Grün angesichts der xplodierenden Bundeszuschüsse beschlossene Nachaltigkeitsgesetz ist völlig unzureichend, um den demoraphischen Herausforderungen gerecht zu werden. Was ir brauchen, ist eine deutliche Verlängerung der Leensarbeitszeit, eine Entscheidung, um die sich die rotrüne Bundesregierung bis zum heutigen Tag gedrückt at. Vom Bundeskanzler und auch vom Vorsitzenden der PD-Bundestagsfraktion ist die Gesundheitsreform anesprochen worden. Die Gesundheitsreform scheint ich, zumindest unter finanziellen Gesichtspunkten, nach en ersten Monaten dieses Jahres als Erfolg herauszutellen. Aber ich will auf eines hinweisen, Herr üntefering, damit das nicht in Vergessenheit gerät: Der esetzentwurf, den Ihre dafür zuständige Gesundheitsinisterin Anfang des vergangenen Jahres eingebracht atte, hätte zu diesen Einsparungen im Gesundheitsween nicht geführt. Er war ein dirigistischer Angriff zur erschlagung eines freien und selbst verwalteten Geundheitswesens, as wichtige Reformelemente noch nicht enthalten hatte. as Maß an Eigenbeteiligung und Eigenverantwortung, as jetzt zu den Einsparungen im Gesundheitswesen ührt, haben Sie überhaupt nur mithilfe der Union im ermittlungsausschuss gegen Ihre Fraktionslinke durchetzen können. Deswegen können Sie sich nicht hier hintellen und sagen, die Opposition beteilige sich nicht an en für die Bevölkerung notwendigen und auch chmerzlichen Entscheidungen. Vielmehr sind wir es, ie Ihre schrumpeligen Reformansätze in eine Fassung ringen, in der sie zumindest ein Minimum an Erfolg nd Wirkung für die Bevölkerung unseres Landes erzieen können. Dies gilt im Übrigen auch für die Steuerpolitik. Wir aben im vergangenen Jahr im Vermittlungsausschuss it Ihnen einen Kompromiss zur Steuerpolitik geschlosen, der verschiedene Einsparungen umfasste, die uns chwer gefallen sind; dafür sind Sie uns in anderen unkten entgegengekommen. Mit dem Haushaltsenturf 2005 kündigen Sie diesen Kompromiss des Verittlungsausschusses auf. Wenn sich hier jemand in die üsche schlägt, dann sind Sie das, indem Sie die getrofenen steuerpolitischen Kompromisse infrage stellen. Sie stellen ja nicht nur das Vermittlungsausschuss rgebnis infrage. Im Zusammenhang mit der Vermögenteuer lese ich in den Zeitungen, dass die von Sozialemokraten und Grünen erwogene Wiedereinführung Steffen Kampeter der Vermögensteuer zu 50 Prozent ein Angriff auf die Kapitalanlagen von Rentnerinnen und Rentnern in der Bundesrepublik Deutschland sei. Ist das sozialdemokratische Reformpolitik? Ich kann das nicht erkennen. Dies gilt auch für die Tabaksteuererhöhung. Im Rahmen der Gesundheitsreform haben wir schweren Herzens dieser für uns schwierigen Lösung zugestimmt. Wir haben aber unsere Auffassung deutlich gemacht, dass hohe Steuersätze die Gefahr bergen, dass weniger Geld in die Kassen kommt. Ihre Steuerpolitiker haben eine Erhöhung der Tabaksteuer trotzdem durchgesetzt. Aber anstatt dass mehr Geld zur Finanzierung der Gesundheitsreform in die Kassen fließt, führt diese Erhöhung wahrscheinlich dazu, dass wir am Ende dieses Jahres im öffentlichen Haushalt ein zusätzliches Loch in Höhe von 1 Milliarde Euro vorfinden werden. Wir müssen auf diese Fragen jetzt Antworten finden. Da helfen uns nostalgische Betrachtungen der 80er-Jahre in keiner Weise. (Beifall der Abg. Dr. Angela Merkel [CDU/ CSU])


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Norbert Lammert)


Im Übrigen glaube ich, dass Sie, Herr Eichel, eine Party
feiern und in Jubel ausbrechen würden, wenn Sie heute
nur die Finanzprobleme hätten, die Herr Stoltenberg zu
seiner Zeit gelöst hat.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Wandel braucht

Wahrheit. Nur Wahrheit schafft Vertrauen. Dieser Regie-
rung mangelt es an der Fähigkeit, die Wahrheit vor dem
Parlament auszusprechen. Sie verschweigt die Wahrheit
über die Staatsfinanzen und die Wahrheit über die not-
wendigen Anpassungsmaßnahmen. Wir brauchen eine
Regierung, die Vertrauen schafft und die den Menschen
sagt, wie es in der Zukunft weitergehen soll. Sie muss
eine verlässliche Politik machen, die länger als zwei
oder drei Monate Bestand hat. Eine solche Regierung
kann nur von der Union und der FDP gebildet werden.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das wäre das Letzte für Deutschland!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1512201400

Das Wort hat nun die Kollegin Anja Hajduk, Bünd-

nis 90/Die Grünen.

(Jörg Tauss [SPD]: Jetzt wird es seriöser!)



Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512201500

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

Wenn man die bisherige Debatte Revue passieren lässt,
dann erkennt man, dass die Opposition versucht, damit
durchzukommen, Reden von gestern zu halten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


s
d
h
z

D
z
s
s
s
d
d
d
f

R
S
d
F
g
m
l

s
z
z
b
d


R
n
e
V
G
k


g
v

D
V

w

(C (D Zu der Kritik von Frau Merkel, die Regierung verunichere die Menschen, weil sie nicht klar mache, wohin ie Reise gehe, muss ich sagen, dass es sich um eine öchst unehrliche Analyse handelt. Dieses Vorgehen beeichne ich sogar als ein bisschen frech. er Widerstand und die Verunsicherung der Menschen, um Beispiel über Hartz IV, rühren nämlich daher, dass ich viele erst jetzt klar machen, dass der Staat betimmte Leistungen nicht mehr so finanzieren kann, wie ie es gewohnt waren. Das hat aber nichts damit zu tun, ass nicht klar ist, wohin die Reise geht. Es hat vielmehr amit zu tun – das müssen wir uns ehrlich eingestehen –, ass manche Dinge nicht mehr wie gewohnt auf Pump inanziert werden können. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


(Jörg Tauss [SPD]: Ganz frech!)


Diese Ehrlichkeit und Konsequenz, die die rot-grüne
egierung mit ihren Reformen an den Tag legt, haben
ie nicht gezeigt. Herr Müntefering hat das wunderbar
eutlich gemacht. Nein, Sie haben sich in ganz vielen
ällen versteckt. Früher haben Sie gerufen, Hartz IV
ehe nicht weit genug. Jetzt ist von Ihnen dazu gar nichts
ehr zu vernehmen. Das ist peinlich. Aber die Öffent-
ichkeit erkennt das.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Es besteht bei Ihnen außerdem ein Mangel an Vor-
chlägen, wie die schwierige Haushaltslage in den Griff
u bekommen ist. Herr Stoiber schlägt vor, überall 5 Pro-
ent zu kürzen. Er schlägt damit vor, 4 Milliarden Euro
ei der Rente zu kürzen. Ich bin einmal gespannt, ob Sie
iese Forderung aufrechterhalten wollen.


(Jörg Tauss [SPD]: Wir sind sehr gespannt!)

Für Sie wird die Situation noch schwieriger dadurch

diese Unsicherheit hat man nach meiner Ansicht in der
ede der Oppositionsführerin gespürt –, dass die Union
och nicht neu aufgestellt ist. Es besteht bei Ihnen noch
in ganz großer Konflikt hinsichtlich des Konzepts zur
eränderung der sozialen Sicherungssysteme. Die
esundheitsprämie mit der Abkopplung von den Lohn-
osten ist zwar ein sehr ambitioniertes Projekt


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Richtig!)

dafür hat Angela Merkel hier geworben – und Ihre Ar-
umente muss man ernst nehmen. Aber Sie haben ein
öllig illusionistisches Steuerkonzept danebengestellt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Bartholomäus Kalb [CDU/ CSU]: Nein!)


as passt nicht zusammen. Deswegen kann man Ihren
orschlägen wirklich nicht trauen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Neben dem Fehlen von Vorschlägen ist zu kritisieren,
ie Sie sich gegenüber unseren Vorschlägen und Lö-






(A) )



(B) )


Anja Hajduk

sungsangeboten verhalten. Mit einem besonderen Aus-
maß an opportunistischer Neigung lassen Sie sich beim
Subventionsabbau von Lobbygruppen beraten. Diese Art
von Sperre ist unverantwortlich.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Der Bundeskanzler hat deutlich gemacht, wie wichtig
im Bereich Bildung, Forschung und Innovationen das
3-Prozent-Ziel ist. Sie werden verantworten müssen,
dass wir nicht in dem notwendigen Maße Mittel für den
Forschungsbereich zur Verfügung haben. Sie werden
auch verantworten müssen, wenn wir bei der Schulent-
wicklung und insbesondere bei der Kinderbetreuung
nicht so vorankommen, wie es gerade angesichts unserer
demographischen Entwicklung eigentlich nötig ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Bartholomäus Kalb [CDU/ CSU]: Frau Kollegin, ist Ihnen bekannt, dass Steuermittel auch allgemeine Deckungsmittel sind?)


– Ja, Steuermittel sind allgemeine Deckungsmittel. Sie
meinen das jetzt auf die Eigenheimzulage bezogen. Ich
finde unseren Vorschlag sehr sinnvoll. Sie müssen sich
dazu verhalten, ob Sie ihn wirklich nicht unterstützen
wollen. Ich glaube Ihnen das noch nicht einmal.

Zum Abschluss möchte ich festhalten: Wenn Sie
keine Kraft zum Subventionsabbau haben und stattdes-
sen illusionistische Steuerkonzepte vorlegen, dann ist
damit Ihre mangelnde Nachdenklichkeit – der Bundes-
kanzler hat heute zu Recht darauf verwiesen – offenkun-
dig geworden. Ich kann Sie nur auffordern: Denken Sie
nach! Bringen Sie Ihre Konzepte zusammen! Sperren
Sie sich nicht gegen den heute notwendigen Subven-
tionsabbau! Nehmen Sie die Empfehlungen Ihrer
Experten, die Sie selber auswählen – das Kieler Wirt-
schaftsinstitut ist oft dabei –, ernst und bremsen Sie die
Regierung nicht bei richtigen Reformen! Denken Sie
nach! Ich glaube, dann kommen Sie zu größerer Ehrlich-
keit in der Politik. Das steht auch der Opposition gut.
Damit gewinnt man dann auch wieder das Vertrauen der
Bevölkerung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1512201600

Ich erteile das Wort der Kollegin Dr. Gesine Lötzsch.


Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1512201700

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Sehr geehrte Gäste, ich bin Abgeordnete der PDS.

(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das macht die Sache nicht besser!)

Uns als PDS wurden in den vergangenen Monaten im

Zusammenhang mit der Agenda 2010 und mit Hartz IV
vom Kanzler und seinen Verbündeten, aber auch von ei-
nigen Medien viele unbegründete Vorwürfe gemacht.


(Lachen der Abg. Waltraud Lehn [SPD])


I
s

u
r
a
G
l
e
n
k
G
L
k
c

W
u
s
S
4
i

s
O
z

D
v
g
u
s
s
A
g

p
v
r
s
a

D
b
P

b

(C (D ch will mich sachlich mit diesen Vorwürfen auseinander etzen. (Carsten Schneider [SPD]: Das wäre etwas Neues!)


Der erste Vorwurf ist, die PDS spalte unser Land
nd argumentiere gegen den Westen. Das Gegenteil ist
ichtig. Hartz IV ist ein Gesetz der großen Koalition
us SPD, CDU/CSU, Grünen und FDP. Mit diesem
esetz ist die Spaltung festgeschrieben: Ein Arbeits-
osengeld-II-Empfänger im Osten bekommt 331 Euro,
iner im Westen 345 Euro. Dieser Unterschied ist durch
ichts zu rechtfertigen. Wenn man die Lebenshaltungs-
osten in Deutschland vergleicht, kann man eher ein
efälle zwischen Nord und Süd oder zwischen Stadt und
and erkennen als eines zwischen Ost und West. Aber es
ommt keiner auf die Idee, zum Beispiel unterschiedli-
he Sätze für München und Fürstenau zu zahlen.
Es ist auch falsch, dass wir Stimmung gegen den
esten machen. So etwas werden Sie in keiner Rede
nd in keinem Beschluss von uns finden. Schauen Sie
ich einmal die Wahlergebnisse im Saarland an: Die
PD hat im Vergleich zu den Wahlen von 1999 absolut
5 Prozent der Stimmen verloren. Die PDS dagegen hat
m Saarland 128 Prozent dazugewonnen.


(Lachen der Parl. Staatssekretärin Ute Voigt)

Was will ich damit sagen? Das zeigt, dass viele Men-

chen im Westen erkannt haben, dass es nicht um die
st-West-Verteilung geht, sondern um die Verteilung
wischen oben und unten.


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])

ie rot-grüne Regierung hat wie eine seelenlose Um-
erteilungsmaschine die Politik der alten kohlschen Re-
ierung fortgesetzt und weiter von unten nach oben
mverteilt. Ich erinnere nur an die Senkung des Höchst-
teuersatzes ab dem 1. Januar 2005. Ein besonderes Ge-
chmäckle an dieser Sache ist, dass am gleichen Tag das
rbeitslosengeld II in Höhe von 331 bzw. 345 Euro ein-
eführt wird.
Der zweite Vorwurf an uns als PDS lautet, wir seien

opulistisch. Auch dieser Vorwurf ist falsch. Wir haben
on Anfang an hier im Bundestag und auch im Bundes-
at klar gegen die Hartz-Gesetze votiert. Es ist nur kon-
equent, dass wir jetzt zusammen mit den Betroffenen
uf der Straße gegen dieses Gesetz demonstrieren.


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])

ie Leiterin des Meinungsforschungsinstituts Allens-
ach sagt zu diesem Vorwurf – ich darf mit Erlaubnis des
räsidenten zitieren –:

Die PDS ist mit ihrem Protest bei sich selbst, ist au-
thentisch. Sie war immer gegen Einschnitte in das
soziale Netz …

Der dritte Vorwurf lautet, wir als PDS würden wider
esseres Wissen die notwendigen Reformen ablehnen.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Stimmt!)







(A) )



(B) )


Dr. Gesine Lötzsch

Dazu möchte ich einen unverdächtigen Zeugen anfüh-
ren. Der Wirtschaftsweise Peter Bofinger


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Das ist der letzte Keynesianer!)


traf den Nagel auf den Kopf, als er auf die Frage, ob
Hartz IV so etwas wie ein Bypass für den deutschen
Herzpatienten sei, antwortete:

Nein, sie kommt mir eher vor wie eine Bypass-
Operation für einen Asthmakranken. Dem Patienten
wird viel zugemutet, doch er profitiert nicht davon.

Bofinger weiter:
Das Arbeitslosengeld II bleibt ein erhebliches Ri-
siko für die Konjunktur. Bedroht sind nicht nur die
3 Millionen Langzeitarbeitslosen, von denen viele
erhebliche Einkommenseinbußen hinnehmen müs-
sen, es werden auch mehr als 34 Millionen Be-
schäftigte verunsichert.

Das ist ein vernichtendes Urteil für die Bundesregie-
rung. Ihr Programm ist ökonomisch unvernünftig, weil
Sie die Arbeitslosen finanziell unter Druck setzen, ohne
ihnen eine Chance auf dem Arbeitsmarkt zu geben. Im
Gegenteil: Die Chancen werden noch geringer werden,
weil Sie den Menschen mit Ihrem Programm das Geld
aus der Tasche ziehen und damit die Binnennachfrage
schwächen. Die Schwächung der Binnennachfrage wird
die Konjunktur nicht ankurbeln, sondern bremsen und
damit den Arbeitsplatzabbau beschleunigen.

Ich möchte ein weiteres Zitat ausführen. Jim O’Neill,
Chefvolkswirt von Goldman Sachs – er ist kein Freund
der PDS, schätze ich –, sagt zum Problem der sinkenden
Binnennachfrage: Die Bundesregierung sollte an alle
Haushalte Schecks verteilen, die sofort eingelöst werden
können. Sie aber machen natürlich das Gegenteil, Sie
nehmen den Menschen Geld weg und wundern sich an-
schließend über die sinkende Binnennachfrage.

Ich finde, es ist nicht mehr von dieser Welt, wenn eine
Abgeordnete der Grünen dazu aufruft, Produkte made in
Germany zu kaufen, um Arbeitsplätze in unserem Land
zu sichern. Die Kollegin hat offensichtlich noch nichts
von der Globalisierung mitbekommen und klagt Patrio-
tismus von den Konsumenten ein,


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Gut, dass die PDS viel weiter ist!)


während gleichzeitig die vaterlandslosen Gesellen, wie
der Kanzler gern zu sagen pflegt, die Arbeitsplätze in
Billiglohnländer verlagern.

Der vierte Vorwurf, der uns gern gemacht wird, lautet,
dass die PDS den Menschen Angst mache


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: So ist das!)


und es nicht zutreffe, dass Hartz IV Armut per Gesetz
sei.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Stimmt!)

Dieser Vorwurf zeigt, wie weit Sie sich schon von den
Menschen entfernt haben. Die Menschen haben begrün-

d
d
ü
M

w
g
t
a
k
f

e
R
z
l
l
s
d
A
S
I

S
d
s
b
l
M
s
s
s
t

N
d
g
u
L
g
s
b
G

P
d

W
D
s
d

(C (D ete Angst und diese Angst wird ihnen nicht von uns, er PDS, eingejagt – damit würde man uns als PDS auch berschätzen –, sondern die Gesetze selbst machen den enschen Angst. Frau Göring-Eckardt von den Grünen erklärt immer ieder, dass es vielen Menschen durch Hartz IV besser ehen würde. Das stimmt genau für 16 Prozent der Beroffenen. Sie werden mehr Geld haben als vor Hartz IV; ber 48 Prozent, also fast die Hälfte, werden weniger beommen und ein Drittel der bisherigen Arbeitslosenhileempfänger wird gar keine Leistungen mehr erhalten. In Deutschland ist die Armutsrisikoquote nach Ihren igenen Berechnungen, meine Damen und Herren von ot-Grün, im Laufe Ihrer Regierungszeit um etliche Proent angestiegen. Für das Jahr 2005 sind für einen Aleinstehenden monatlich 613 Euro als steuerfrei zu stelendes Existenzminimum angegeben. Es ist also so icher wie das Amen in der Kirche, dass die Mehrheit er Arbeitslosenhilfeempfänger in Armut fallen wird. In nbetracht dieser Zahlen frage ich mich wirklich, wie ie über die Demonstrationen verwundert sein können. ch würde mich wundern, wenn es keine gäbe. Ein letzter Vorwurf, der besonders boshaft ist und den ie uns besonders gern entgegenschleudern, besteht in er Gleichsetzung der PDS mit Neonazis, wie ihn beipielsweise auch der Kanzler in vielen Interviews geraucht hat. Dazu will ich Ihnen eines sagen: Meine Kolegin Petra Pau und ich waren bei der letzten ontagsdemonstration in Berlin, auf der 10 000 Men chen gegen Hartz IV demonstriert haben. Nazis veruchten, sich in den Demonstrationszug einzuschleichen, ie wurden mit wütenden Pfiffen von den Demonstranen vertrieben und das war richtig so. (Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos] – Waltraud Lehn [SPD]: Ich kenne aber leider auch andere Bilder!)


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])


Bei der Wahl des Bundespräsidenten ging man mit den
azis allerdings anders um. Ich darf nur daran erinnern,
ass Hitlers Marinerichter, der in den letzten Kriegsta-
en Todesurteile gegen junge kriegsunwillige Soldaten
nterschrieb, von der CDU, der SPD und den Grünen im
andtag von Baden-Württemberg einstimmig als Mit-
lied der Bundesversammlung zur Wahl des Bundesprä-
identen nominiert wurde und sich kein Politiker der eta-
lierten Parteien daran störte. Ich darf also diese absurde
leichsetzung entschieden zurückweisen.


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])

Meine Damen und Herren, Sie machen nicht nur der

DS Vorwürfe, sondern Sie werfen pauschal allen Ost-
eutschen Undankbarkeit vor.


(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das ist völlig unsinnig, was Sie da behaupten!)


ie sollen Ihrer Meinung nach die Ostdeutschen ihre
ankbarkeit zum Ausdruck bringen? Die Ostdeutschen
ehen die Transferzahlungen sowie die Verbesserung
er Infrastruktur. Aber das eigentliche Problem, nämlich






(A) )



(B) )


Dr. Gesine Lötzsch

fehlende Arbeitsplätze, ist nicht gelöst. Die Ostdeut-
schen möchten eben nicht auf Dauer auf Transferzahlun-
gen angewiesen sein.


(Waltraud Lehn [SPD]: Das ist Stimmungsmache!)


Im Gegenteil. Sie wollen selbstbestimmt leben und das
ist mit Transferleistungen nicht möglich und jetzt mit
Hartz IV noch weniger als vorher.


(Carsten Schneider [SPD]: Also sind Sie gegen Transferleistungen?)


Ich werde das Thema Dankbarkeit einmal von einer
anderen Seite beleuchten. Wo fordern Sie eigentlich die
Dankbarkeit derjenigen ein, denen nach der Wende der
ostdeutsche Markt in den Schoß gefallen ist und die da-
durch saftige Extragewinne erzielen konnten, so zum
Beispiel die Aldi-Brüder?


(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Sie haben eine sehr verschobene Wahrnehmung!)


Sie erwarten auch keine Dankbarkeit von Unterneh-
men, die durch die Politik von Rot-Grün keine Kapital-
steuer zahlen müssen. Sie nehmen es einfach hin, dass
der weltgrößte Mobilfunkkonzern Vodafone 50 Milliar-
den Euro außerplanmäßig abschreiben will, um 20 Mil-
liarden Euro an Steuern zu sparen. Warum klagen Sie,
meine Damen und Herren von Rot-Grün, nicht bei denen
Dankbarkeit ein, die im Kalten Krieg ihren Schnitt ge-
macht oder sich durch üppige Abschreibungen die deut-
sche Einheit persönlich vergoldet haben?


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1512201800

Frau Kollegin, es wird Ihnen nicht entgangen sein,

dass ich relativ großzügig mit Ihrer Redezeit umgehe.

(Brigitte Schulte [Hameln] [SPD]: Das war schon viel zu viel, Herr Präsident!)


Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1512201900

Ja, ich bin gleich fertig. – Ich sage noch zwei, drei

Sätze zum Thema Populismus.

(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Ausgerech net Sie! – Waltraud Lehn [SPD]: Na, na!)

Es ist Populismus, wenn die SPD den Wählern vor der
Wahl soziale Gerechtigkeit und die Wiedereinführung
der Vermögensteuer verspricht und dann nach der Wahl
bei den Arbeitslosenhilfeempfängern abkassiert.


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])

Der Vorwurf des Populismus trifft auch die Grünen,

die auf ihrem Bundesparteitag die Einführung der Ver-
mögensteuer beschlossen haben, aber nichts, aber auch
gar nichts tun, um diesen Beschluss in Regierungshan-
deln umzusetzen.


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos] – Volker Kauder [CDU/CSU]: Weil sie jetzt die Partei der Besserverdienenden ist!)


Abschließend sage ich Ihnen etwas zu den Demons-
trationen und Ihren Reaktionen darauf, und zwar in

F
m
P

u
d

d
n
i

r
n
m
v
f

f

L
s
r

S
l

W
s
A

S
m

(C (D orm eines Zitates aus der „taz“, das Sie sich vielleicht erken sollten. Ich zitiere letztmalig mit Erlaubnis des räsidenten: Jeden Montag Zehntausende auf die Straße zu bringen – das haben die Grünen, heute Adressat des Protestes, nicht einmal zu ihren besten Anti-AKWZeiten geschafft... Dies zu ignorieren, dazu gehört schon eine gewisse Unverfrorenheit. Ich denke, der Protest gegen Hartz IV wird anhalten nd stärker werden. Sie wären schlecht beraten, nicht arauf zu hören. Vielen Dank. Frau Kollegin, ein bisschen Redezeit lässt sich da urch einsparen, dass die Genehmigung für Zitate gar icht mehr eingeholt werden muss. Das haben wir längst n der Geschäftsordnung geregelt. Im Übrigen nutze ich gerne die Gelegenheit, um da auf hinzuweisen, dass das Präsidium bei den zugegebeermaßen knappen Redezeiten, die für Nichtfraktionsitglieder zur Verfügung stehen, entgegen einer oft erbreiteten Vermutung eher besonders großzügig verährt. Nun erteile ich das Wort dem Kollegen Joachim Poß ür die SPD-Fraktion. (Volker Kauder [CDU/CSU]: Ja muss das auch noch sein? – Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Der Stiegler-Ersatz! – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Der hat heute schon so unflätig rumgeschrien!)


(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1512202000


Joachim Poß (SPD):
Rede ID: ID1512202100

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau

ötzsch, mit Ihren Aussagen haben Sie eigentlich bewie-
en, dass alle Vorwürfe an die Adresse der PDS voll be-
echtigt sind.


(Beifall bei der SPD – Zuruf von der CDU/ CSU: Warum habt ihr denn eine Koalition mit denen?)


ie nutzen die Ängste der betroffenen Menschen scham-
os aus.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Das sind doch Ihre politischen Freunde in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern!)


er das macht, der ist populistisch, der hilft den Men-
chen nicht. Er verwirkt jeden Anspruch, für irgendeine
rt von sozialer Gerechtigkeit zu stehen.


(Beifall bei der SPD)

ie nehmen soziale Verantwortung nicht wahr. Was Sie
achen, können wir nicht hinnehmen.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Oh! – Volker Kauder [CDU/CSU]: Berliner Regierungswechsel!)







(A) )



(B) )


Joachim Poß

Ich bin auch ganz sicher: Trotz Ihres jetzt in einigen

Ländern aktuellen Umfragehochs

(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Das PDS Ergebnis hätten Sie gern!)

werden die Menschen erkennen, wie schamlos Sie mit
ihren Interessen umgehen. Was Sie sich hier erlaubt ha-
ben, ist unter aller Kanone.


(Beifall bei der SPD – Volker Kauder [CDU/ CSU]: Dann müssen Sie die Regierung in Berlin auflösen! – Gegenruf des Abg. Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Dann solltet ihr einmal die Bündnisse auf kommunaler Ebene auflösen! Die gibt es nämlich auch!)


Jeder Vorwurf von Ihnen kann widerlegt werden. Das
gilt für das gesamte Leistungsspektrum im Zusammen-
hang mit Hartz IV und dafür, dass wir uns nun zum ers-
ten Mal um Hunderttausende von Menschen, die bisher
auf dem Arbeitsmarkt keine Chance hatten, kümmern.
Wir kümmern uns konkret um die Frauen und Männer,
um die jungen Menschen, die von Langzeitarbeitslosig-
keit betroffen sind. Das unterscheidet uns: Wir kümmern
uns um die Menschen und nehmen unsere Verantwor-
tung wahr, Frau Lötzsch.


(Beifall bei der SPD)

Nach der schwachen Vorstellung von Frau Merkel

wird hier durch Hinweise auf Koalitionen, die bestehen,
abgelenkt.


(Lachen bei der CDU/CSU)

Deren Bestehen ist nicht zu leugnen. Man muss sogar
konstatieren, dass es tüchtige PDS-Stadträte gibt,


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Der Oberbürgermeister auf Schalke bleibt schwarz!)


die dabei helfen, die Menschen über Hartz IV und an-
dere Themen aufzuklären und die die Langzeitarbeitslo-
sigkeit wirklich bekämpfen wollen. Ich äußere mich hier
zu dem Beitrag von Frau Lötzsch und sage Ihnen: Das
ist unter aller Kanone. Das kann nicht hingenommen
werden. Das ist Demagogie pur und Linkspopulismus,
der keinem Menschen hilft.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sie haben die PDS doch erst groß gemacht!)


Frau Merkel hat heute wirklich eine große Chance
vertan.


(Zuruf von der CDU/CSU: Sie haben es nicht verstanden! Das kann man ja auch nicht erwarten!)


Einige von Ihnen werden, wie auch ich, die Sendung
„ARD Morgenmagazin“ gesehen haben, in der vielen
Kollegen aus Ihren Reihen, zum Beispiel Herrn Rauen,
Fragen gestellt wurden. Dort wurden der Vorsitzende der
Jungen Gruppe und andere interviewt und nach dem Zu-
stand der Union gefragt. Herr Rauen – er ist ja kein Un-

b
i

w
m
s

D
t
a

g

W
z
d
M
E

i
g
F
b

S
n


t

Z
w
t

w
s

(C (D ekannter, sondern der Chef der Mittelstandsvereinigung n der Union – (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sie wissen doch gar nicht, was Mittelstand ist!)


urde gefragt, wie die Situation der CDU sei und ob er
it ihr zufrieden sei. Darauf hat Herr Rauen wörtlich ge-
agt: „Überhaupt nicht!“


(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)

as ist doch eine zutreffende Umschreibung der Situa-
ion der CDU. Hier können wir dem Kollegen Rauen
usnahmsweise einmal Recht geben.


(Beifall bei der SPD)

Der Vorsitzende der Jungen Gruppe hat sinngemäß

esagt:

(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Wie heißt der denn eigentlich? – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sie sind doch ein unerträglicher Mann, Herr Poß!)


enn es uns nicht gelingt, die konzeptionellen Defi-
ite und die Streitpunkte, die wir mit der CSU über
as 100-Milliarden-Euro-Missverständnis haben – Frau
erkel wird ja immer mehr zu einem 100-Milliarden-
uro-Missverständnis –,


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Oh Gott! Wie platt!)


n diesem Herbst auszuräumen, dann sind wir nicht re-
ierungsfähig. Im Anschluss an diese Debatte, in der
rau Merkel alle konkreten Antworten schuldig geblie-
en ist, würde ich sagen:


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Warum redet der Stiegler denn nicht? Der Stiegler war doch dran!)


ie sind nicht nur nicht regierungsfähig, sondern noch
icht einmal oppositionsfähig.


(Beifall bei der SPD – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sie sind heute unerträglich! – Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Sie zweimal innerhalb von zwei Tagen ertragen zu müssen, das ist unerträglich!)


Herr Kampeter, auch Sie haben keine Frage beantwor-
et.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: So viel Poß ist unerträglich!)


um Beispiel haben Sie nicht die Frage beantwortet, die
ir gestern schon gestellt haben und deren Beantwor-
ung wir uns von Frau Merkel gewünscht hätten,


(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Poß kommt von Posse!)


ie die Vorschläge von Herrn Stoiber umgesetzt werden
ollen. – Jetzt seien Sie doch mal ein bisschen still! –


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Das sagt gerade der Richtige!)







(A) )



(B) )


Joachim Poß

Frau Merkel hat mehr Investitionen im Bundeshaushalt
gefordert – so war sie jedenfalls zu verstehen – und Herr
Stoiber schlägt eine Kürzung um 5 Prozent vor. Beant-
worten Sie diese Frage doch ganz einfach!


(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Das habe ich Ihnen doch gestern beantwortet! Wären Sie da gewesen, hätten Sie es gehört!)


– Nein, auch Sie haben keine Frage beantwortet.

(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sie sind uner träglich! Das kann so nicht weitergehen!)

Deswegen sind jetzt Sie an der Reihe, in der Öffentlich-
keit erst einmal für Klarheit über Ihre Konzepte zu sor-
gen. Sie sollten sich aber nicht immer dann, wenn es un-
angenehm wird, mit rechtspopulistischem Getue in die
Büsche schlagen und konkreten Fragen ausweichen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Zuerst hat er sich gestern benommen wie ein Giftzwerg und jetzt führt er sich hier noch auf! – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Mangelhaft!)


Daher meine herzliche Bitte an Sie: Nutzen Sie dazu die
Chance, die Ihnen der weitere Verlauf der Haushalts-
debatte bietet!


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Setzen! Fünf!)


– Sie, Herr Kollege Kauder, bitte ich: Kläffen Sie nicht
ständig dazwischen! Denn das, was Sie machen, ist uner-
träglich.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Unerträglich, dieser Kauder!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1512202200

Das Wort hat nun der Kollege Bernhard Kaster, CDU/

CSU-Fraktion.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Bernhard Kaster (CDU):
Rede ID: ID1512202300

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Als Haushälter, der für das Bundeskanzler- und das Bun-
despresseamt zuständig ist, habe ich mich schon ein we-
nig gewundert – nach der letzten Rede tue ich das nicht
mehr –, als quer durch alle Medien zu lesen, zu hören
und zu sehen war – diese Kritik wurde sogar in Ihren ei-
genen Reihen geäußert –, dass die Bundesregierung
mangelhafte Informationspolitik betreibe. Es war die
Rede von einem Kommunikationsdesaster und einem
Kommunikationschaos, wie wir es eben auch hier erlebt
haben. Manch einer im Land wird sich natürlich die
Frage gestellt haben: Fehlt vielleicht einfach das nötige
Geld für eine ordentliche Informationspolitik, um
Hartz IV zu vermitteln?


(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Dieses Thema ist das einzige, wofür sie zu viel Geld haben!)


W
J
f
l

D
i
4
M
n

B
t
n
a
a

e
p
j
b


d
m
g
z
s
g
s
l
n

d
d

d
tr
u
d
m
w
P

(C (D Dazu möchte ich Ihnen die Wahrheit sagen. Die ahrheit ist, dass allein Minister Clement das zweite ahr infolge nur für die Kommunikation der Hartz-Reormen zusätzliche Mittel in Höhe von jährlich 15 Milionen Euro angesetzt hat. (Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Die sind aber schlecht ausgegeben! – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sie wollen doch, dass wir informieren!)


ie Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg hat sich für
hre Öffentlichkeitsarbeit einen Rekordetat in Höhe von
0 Millionen Euro geleistet. Gleichzeitig haben die PR-
ittel von Bundespresseamt und Bundesregierung noch
ie da gewesene Höhen erreicht.


(Zuruf von der CDU/CSU: Trotzdem bleibt die Politik schlecht!)


Die Wahrheit ist auch, um das zu komplettieren: Die
undesregierung hat alleine in den letzten zwölf Mona-
en – und das nach eigenen Angaben! – über 30 Millio-
en Euro für alle möglichen und unmöglichen Zeitungs-
nzeigen und Plakatkampagnen zur Agenda 2010
usgegeben.


(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Deshalb hat Stiegler nicht gesprochen!)


Wir haben es in unserer Fraktion in diesem Sommer
inmal genau nachgerechnet: Die Bundesregierung ver-
rasst zusammen mit der Bundesagentur für Arbeit
ährlich eine viertel Milliarde Euro für Öffentlichkeitsar-
eit.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Unglaublich!)

Das ist unglaublich; diese Höhe gab es noch nie. – Und
ann, man glaubt es nicht, muss in den letzten Wochen
it einer mit heißer Nadel gestrickten Anzeigenkampa-
ne „Betrifft: Hartz IV“ und einem so genannten Lage-
entrum auf das offenkundige Informationsdefizit mehr
chlecht als recht, ja hilflos reagiert werden. Es folgt so-
ar ein Schwarze-Peter-Spiel zwischen Presseamt, Wirt-
chaftsminister und Bundesagentur, wer denn da eigent-
ich was machen soll. Das sind Strategen, kann ich dazu
ur sagen!


(Beifall bei der CDU/CSU)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wieso schafft es

iese Bundesregierung nicht, mit solchen Rekordetats
ie Bevölkerung zu informieren, Vertrauen zu erwecken,


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Die können es nicht!)


ie eigentlichen Botschaften der Hartz-IV-Reform zu
ansportieren? Die Erklärung ist recht einfach: Immer
nd immer wieder haben wir hier in diesem Hause gefor-
ert, dass Informationspolitik nicht auf platte, stim-
ungsmachende Werbung wie im Wahlkampf reduziert
erden darf. Jeder kennt noch die Sprüche, die auf den
lakatwänden überall standen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Bernhard Kaster

Jetzt kam es zur Nagelprobe für die Informationspolitik
und da wurde das Debakel einer vollkommen falsch kon-
zipierten Informationspolitik offenbar.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Werte Kolleginnen und Kollegen der Koalition, Sie

sprechen zwar schon selbst öffentlich vom Kommunika-
tionsdesaster bzw. Kommunikationschaos; Konsequen-
zen werden aber erstaunlicherweise nicht gezogen. Kon-
sequenzen haben dagegen Ihre Ressortminister gezogen:
Mittlerweile wird Regierungssprecher Béla Anda so we-
nig zugetraut, dass jedes Ministerium auf eigene Faust
versucht, in der eigenen Pressestelle ein eigenes
Kommunikationskonzept zu entwickeln und damit die
Lücken zu füllen.


(Waltraud Lehn [SPD]: Das ist ja eine nette Analyse, aber das ist falsch!)


Ich komme jetzt auch zu den Zahlen; das kostet uns ja
alle viel Geld. Die Ressortminister haben seit dem An-
tritt von Herrn Anda im Jahre 2002 ihre Einzeletats von
28,5 Millionen Euro in 2002 auf jetzt 65,98 Millionen
Euro im Haushaltsentwurf für 2005 erhöht. Das sind die
reinen Ausgaben, nur für die einzelnen Ministerien,


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Unglaublich! – Zuruf von der CDU/CSU: Geldverbrenner sind das!)


ohne Bundespresseamt. Damit wird dieser Regierungs-
sprecher zum teuersten Regierungssprecher aller Zeiten.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Die Bundesregierung muss endlich dafür sorgen, dass
wieder sachliche und seriöse Information erfolgt. Fan-
gen Sie hier endlich mit dem Sparen an! Kündigen Sie
diese unsäglichen Werbeverträge! Hier können Sie ein
Zeichen setzen, dass gespart werden kann.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Sparen darf bei dem Haushalt 2005 nicht eine allge-
meine Floskel bleiben.

Um es vorweg zu sagen: Der große Verlierer der gi-
gantischen Schuldenpolitik, die wir erleben, ist eindeutig
die junge Generation: Verlierer sind hier unsere Kinder.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Seit der Regierungsübernahme durch Rot-Grün ist die
Verschuldung des Bundes von 743 Milliarden Euro auf
jetzt 847 Milliarden Euro gestiegen. Schon heute steht
fest: Die Schulden des Bundes werden bis Ende 2005
auf 890 Milliarden Euro angestiegen sein. Unser Schul-
denberg ist unter Rot-Grün in nur sieben Jahren um
150 Milliarden Euro angestiegen. Hinzurechnen muss
man das Verscherbeln von Bundesvermögen in einer
Größenordnung von nachweisbar 100 Milliarden Euro.
In der Addition ergibt das einen Betrag von einer Viertel
Billion Euro. Das muss man sich einmal vorstellen! Es
ist unglaublich, was für eine Last der jungen Generation
hier aufgebürdet wurde. Die großen Verlierer Ihrer
Haushaltspolitik sind damit die jungen Menschen in un-
serem Land. Die letzten Reserven unserer Kinder wer-
den durch Ihre Politik aufgezehrt. Kein verantwortlicher

F
s

g

t

s
d
a
s
t
l

ä
a
V
l
m
n
f
f
z

w
d
S
E
l
f

(C (D amilienvater, weder in Berlin noch in Hannover oder onstwo, würde das wohl seinen Kindern antun. Vielen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU – Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Da sind Sie mit den Zahlen nicht so ganz zurechtgekommen, Herr Kaster!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1512202400

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Wir kommen zum Geschäftsbereich des Auswärti-

en Amtes.
Zugleich rufe ich Tagesordnungspunkt 6 auf:

Zweite und dritte Beratung des von der Bundes-
regierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten
Gesetzes zur Änderung des Ausführungs-
gesetzes zum Chemiewaffenübereinkommen

(CWÜAGÄndG 1)

– Drucksachen 15/3447, 15/3592 –

(Erste Beratung 118. Sitzung)

Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärti-
gen Ausschusses (3. Ausschuss)

– Drucksache 15/3684 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Uta Zapf
Ruprecht Polenz
Dr. Ludger Volmer
Harald Leibrecht

Zunächst erteile ich dem Bundesminister des Auswär-
igen, Joschka Fischer, das Wort.

Joseph Fischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512202500

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die deut-

che Außenpolitik war und ist – dies wird also auch für
ie Zukunft so gelten – in die europäische und die trans-
tlantische Politik eingebunden. Allerdings verändern
ich die beiden Grundpfeiler – die europäische und die
ransatlantische Politik – gegenwärtig tief greifend, viel-
eicht sogar fundamental.
Ihre Bedeutung für unsere Politik wird sich nicht ver-

ndern, die Sache selbst aber wohl. Sowohl Europa als
uch die transatlantische Politik werden tief greifenden
eränderungen unterliegen. Das haben wir gerade in den
etzten Jahren in der Außenpolitik gespürt. Wir haben
ehr und mehr außenpolitische Verantwortung über-
ommen. Zugleich sind die Herausforderungen nicht nur
ür die Diplomatie, sondern auch für die Bundeswehr,
ür den Bereich der Entwicklungshilfe und im Gesamt-
usammenhang der Außenpolitik rapide gestiegen.
Die Welt hat sich radikal verändert. In Kürze werden
ir den Jahrestag des 11. September 2001 begehen, an
em das furchtbare Verbrechen gegen die Vereinigten
taaten verübt wurde. Wir sind noch heute unter dem
indruck eines anderen furchtbaren Verbrechens: in Bes-
an in Ossetien. Ein erster Schultag wurde dort für einen
urchtbaren Terroranschlag genutzt, bei dem so viele






(A) )



(B) )


Bundesminister Joseph Fischer

Menschen – an erster Stelle die Kinder und ihre Mütter –
zu Geiseln genommen und viele von ihnen getötet, um-
gebracht, ermordet wurden. Das macht klar, dass wir es
heute mit einer völlig anderen Situation als zu Zeiten des
Kalten Krieges zu tun haben. Ich denke, wenn wir über
die Außenpolitik sprechen, werden wir uns daran zu ori-
entieren haben.

Es ist richtig, dass wir den jüngsten Terroranschlag in
Russland einmütig verurteilen und voller Abscheu über
dieses furchtbare Verbrechen sind. In diesem Zusam-
menhang wurde aber eine merkwürdige Debatte über die
Frage der Menschenrechte begonnen. Ich möchte das
hier einmal direkt ansprechen. Ich weiß nicht, ob Frau
Merkel gut beraten war oder ob das nicht Ausdruck einer
mangelnden Trittsicherheit ist. Bei allem, was man ohne
jeden Zweifel an Russland kritisieren kann und manch-
mal auch kritisieren muss, glaube ich, dass Frau Merkel
falsch liegt, wenn sie die Erfahrungen mit dem Russland
von heute mit den Erfahrungen in der kommunistischen
DDR und der Sowjetdiktatur vergleicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Deswegen sage ich nochmals: Die Zukunft Russlands
lässt sich nicht an einem solchen Maßstab messen. Wir
wissen heute doch, dass das angesichts der großen Pro-
bleme, aber auch angesichts der Bedeutung, die dieses
Land hat, keine Aufgabe weniger Jahre ist.

Ich kann Ihnen an diesem Punkt nur sagen: Es war
keine Reise, während der wir uns nicht auch selbstver-
ständlich mit den Vertretern der Zivilgesellschaft in
Moskau und der Menschenrechtsorganisationen getrof-
fen haben. Im Übrigen haben wir auch einen ständigen
Dialog über die Entwicklung in Tschetschenien geführt.
Es gab keine Diskussion mit der russischen Seite, bei der
nicht intensiv über die Frage der politischen Lösung in
Tschetschenien und die Menschenrechte gesprochen
wurde.

Ich erinnere mich auch an einen Auftritt meines Kol-
legen Iwanow, des Vorgängers des jetzigen russischen
Außenministers, im Auswärtigen Ausschuss. Die FDP
und die CDU/CSU waren anwesend. Es gab eine sehr
vernünftige Diskussion, bei der manches, was vorher an-
gekündigt wurde, nicht Wirklichkeit wurde. Die Frage,
worin denn die politische Lösung besteht, ohne dass
letztendlich Schlimmeres eingeleitet wird, wurde auch
dort nicht beantwortet. Manchmal ist es einfach notwen-
dig, zu begreifen, dass man zwar Gesamtkonzepte,
Visionen und Ähnliches fordern kann, dass die Welt bis-
weilen aber nicht so einfach ist. Das gilt vor allen Din-
gen dort, wo in der Vergangenheit schwere Fehler ge-
macht wurden.

Die große Problematik, vor der wir heute stehen, ist
die Verbindung zwischen dem islamistischen Terroris-
mus und der Tschetschenienfrage. Die tiefe Penetration
der terroristischen Gruppen hängt mit ihrer Ideologie zu-
sammen. Das ist eines der Elemente, mit denen wir es zu
tun haben. Ich sage Ihnen ganz offen: Dem Bundeskanz-
ler vorzuwerfen, dass er all diese Fragen – das weiß
ich – mit der russischen Seite nicht immer wieder disku-

t
k
S

P
r
l
d
M
d

u
d
s
W
s
s
l
g
a
b
n

d
f
w
e
z

d
t
t
i
S
d
D
v
e
d
l
h
b
s

v
d
V
N
f
n
w
d
K
w

(C (D iert hätte, ist meines Erachtens gegenüber dem Bundesanzler nicht nur zutiefst ungerecht, sondern auch in der ache schlicht und einfach falsch. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich will Ihnen noch etwas sagen: Die Erklärung von
räsident Putin von Sotschi, bezogen auf den Iran – da-
auf komme ich nachher noch zu sprechen –, in der deut-
ich wird, dass Russland dieselbe Position einnimmt wie
ie Europäer, ist angesichts der Gefährdung durch eine
isskalkulation in Teheran von nicht zu unterschätzen-
er Bedeutung.
Ich sagte schon, die Welt hat sich radikal verändert

nd wird sich radikal verändern. Ich behaupte sogar,
ass wir uns von vielem, was uns im Denken selbstver-
tändlich geworden ist, werden verabschieden müssen.
arum? Weil sich vieles nur noch als Scheinoption dar-
tellen wird. Wir leben die Globalisierung. Die Globali-
ierung wird einen politischen Druck in Richtung Multi-
ateralismus auslösen. Das wiederum ist nichts, das sich
egen die einzige Weltmacht, die USA, richtet, sondern
us meiner Sicht – da liegt eine der zukünftigen Aufga-
en, die wir direkt nach den amerikanischen Wahlen auf-
ehmen und fortführen müssen; das müssen wir mit der
Wider Middle East Initiative“, also der Initiative für
en größeren Nahen Osten und seiner friedlichen Trans-
ormation, anpacken – wird die Welt nur funktionieren,
enn die USA ihrer Führungsaufgabe gerecht werden,
inen effektiven Multilateralismus des 21. Jahrhunderts
u entwickeln.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Dass es sich dabei nicht um eine billige Formel han-
elt, zeigt die Geschichte. Das heutige multilaterale Sys-
em ist aus dem Scheitern des ersten multilateralen Sys-
ems entstanden, das nach 1918/19 von Präsident Wilson
nitiiert wurde, des Völkerbundes. Die Konsequenz des
cheiterns des Völkerbundes in der totalitären Epoche
er 30er-Jahre in Europa war das strategische „Grand
esign“ von Roosevelt und nachher im Kalten Krieg
on Truman, die Entwicklung des VN-Systems, wie wir
s heute kennen. Das macht klar, dass es hier keinen Wi-
erspruch gibt. Ich möchte sogar behaupten, der Transat-
antismus der Zukunft – ich meine, er muss eine Zukunft
aben – wird genau diesen strategischen Konsens anstre-
en müssen, und zwar nicht unter Ausschluss Russlands,
ondern unter Einschluss Russlands.
Oft ist es so, dass sich aus dem Negativen auch Positi-

es entwickeln kann. Ich bin der festen Überzeugung,
ass das furchtbare Verbrechen, das wir in der jüngsten
ergangenheit erlebt haben, in Moskau ein erneutes
achdenken nach sich ziehen wird, ob eine wesentlich
estere Verankerung und Orientierung hin zum Westen
icht tatsächlich das Gebot der Stunde ist. Wenn es so
äre, dann sollten wir intensiv daran arbeiten, dass sich
ie russische Demokratie, die Zivilgesellschaft und die
ohärenz dieses Landes in Richtung Moderne ent-
ickelt. Hier hat Deutschland dank seiner exzellenten






(A) )



(B) )


Bundesminister Joseph Fischer

Beziehungen, die wir zu Russland haben, eine besondere
Aufgabe, der wir uns stellen sollten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Auch Europa steht vor wichtigen Herausforderungen.
Wir sind dabei, unsere Hausaufgaben abzuschließen. Die
Verfassung steht zur Ratifizierung an. Ich sage noch-
mals: Sie taugt nicht für innenpolitische Profilierungs-
spiele. Ich bekenne ganz offen, dass ich – nicht als Bun-
desaußenminister, sondern als Mitglied des Hauses –
eine andere Position habe als die überwiegende Mehrheit
meiner Partei. Was ist daran schlimm? Das ist bei mir
nicht das erste Mal der Fall. Es adelt demokratische Par-
teien weiß Gott eher, denn dass es sie beschädigt, wenn
man in einem Punkt unterschiedlicher Meinung ist.

Wovor ich nur warnen kann, sind taktische innenpoli-
tische Spiele zur Ratifizierung der europäischen Verfas-
sung, weil es hier um eine zentrale Zukunftsfrage geht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Freuen Sie sich doch, Herr Glos, dass wir beide hier
vielleicht einer Meinung sind. Wenn Sie meine Meinung
teilen, dann haben Sie vielleicht Probleme mit der Mehr-
heit in der CSU. Ist das schlimm?


(Matthias Wissmann [CDU/CSU]: Meinen Sie Herrn Müntefering?)


– Entschuldigung, ich sage nochmals als Bundesaußen-
minister: Es ist von überragender Bedeutung, dass wir
diese Verfassung nach der Unterzeichnung schnell ratifi-
zieren, nach Möglichkeit mit einer breiten Unterstützung
des Deutschen Bundestages.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wie weit wir die Verfassungsrealität ändern wollen, ist
meines Erachtens eine andere Debatte.

Nur appelliere ich noch einmal auch an Sie, Herr
Glos: Wir können in der Türkeifrage höchst unter-
schiedlicher Meinung sein – ich akzeptiere das, auch
wenn ich Ihre Position nicht teile –, aber wir sollten hier
meines Erachtens klar unterscheiden zwischen der in-
nenpolitischen Kontroverse und außenpolitischer Ver-
antwortung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


In einer ernst gemeinten Diskussion – ich komme gleich
noch einmal auf die Details zu sprechen – sollten wir
hier eine klare Unterscheidung treffen.

Wenn wir hier über den Kampf gegen den Terroris-
mus, über eine Neugestaltung des transatlantischen Ver-
hältnisses und über die Frage der Sicherheit Europas
sprechen, dann müssen wir den Menschen in unserem
Land sagen: Unsere Sicherheit wird bis Mitte des
Jahrhunderts – ich nehme hier den Zeitraum des Kalten
Krieges, weil mir eine andere historische Bezugsgröße
nicht zur Verfügung steht – nicht mehr entlang der Ost-
West-Achse definiert werden, wie wir es gewöhnt sind

u
d
N
d
w
S
h
d
d
g
d
D
t
m

g
b
s
g
b

w
l
m
S
A
A

h
g
R
D
L

I
n
l
s
s
D
a
e
f
m

a
m
n
R
n
o
m
o
s
f
t

(C (D nd in die unsere Generation hineingeboren wurde, sonern unsere Sicherheit wird im Mittelmeerraum und im ahen und Mittleren Osten definiert werden, dort, wo ie neue totalitäre Herausforderung entstanden ist und o die Modernisierungsblockaden existieren. Unsere icherheit, die Sicherheit der Deutschen und die Sichereit der Europäer, wird dort bestimmt werden. Wenn em aber so ist, dann ist die Frage, welche Entscheidung er Westen auf der Grundlage eines gemeinsamen strateischen Konsenses treffen muss, von überragender Beeutung für die zukünftige Gestaltung der Sicherheit. as gehört meines Erachtens, neben der polizeilich-miliärischen Dimension, auch in die Antwort auf das, was an Krieg gegen den Terrorismus nennt. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Es sind Entscheidungen etroffen worden, die leider das Gegenteil bewirkt haen. Bei der gegenwärtigen Sicherheitslage im Irak stellt ich natürlich die Frage: War die Position der Bundesreierung nicht richtig, vor diesem Schritt gewarnt zu haen, (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


eil die zweiten und dritten Folgen eben nicht kontrol-
ierbar und beherrschbar sind? Ich komme mit Sorge von
einer letzten Reise zurück, von der Sie sagen: Außer
pesen nichts gewesen. So ist das halt manchmal beim
ußenminister aus der Sicht eines Oppositionspolitikers.
ber ich sage Ihnen: Sehr viel gewesen außer Spesen.
Zu Tschetschenien habe ich mich geäußert. Beim Irak

offe ich darauf, dass die Vereinbarung von Brahimi um-
esetzt werden kann und wir hier nicht wegrutschen in
ichtung eines Failing State. Im Nahen Osten sind die
inge nicht gerade zum Besseren entwickelt, was die
ösungsmöglichkeiten betrifft.
Alles dieses sind Faktoren europäischer Sicherheit.

ch kann Ihnen an diesem Punkt nur sagen: Wenn hier
icht strategische Entscheidungen zwischen den transat-
antischen Partnern in Richtung Herstellung eines Kon-
enses getroffen werden, wird diese ganze Region ver-
tärkt in eine eher negative Entwicklung hineinrutschen.
as ist meine große Sorge. Wenn dann noch die Nukle-
rdebatte mit Iran hinzukommt, bekommen wir hier
ine zusätzliche Aufladung, die alles andere als sorgen-
rei machen kann. Im Gegenteil, die Entwicklung erfüllt
ich mit großer Sorge.
Wenn aber all das richtig ist, dann müssen Sie doch

kzeptieren – ich verstehe ja all die alten Europäer, die
einen, die Türkei werde uns überfordern, was die in-
ere Kohärenz betrifft, aber ich kann doch diese neuen
ealitäten nicht schlicht und einfach ignorieren und
icht begreifen –, dass für Europa die Entscheidung für
der gegen die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen
it der Türkei angesichts der zu erwartenden positiven
der negativen Reaktionen der Türkei von überragender
trategischer Bedeutung ist. Ich behaupte sogar: Sie ist
ür den Westen von überragender strategischer Bedeu-
ung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)







(A) )



(B) )


Bundesminister Joseph Fischer

Das Zweite: Wir müssen gemeinsam mit den USA

– die USA müssen hier den Driver Seat einnehmen, also
im Führerhaus sitzen – die Entscheidung herbeiführen
und gemeinsam jede Anstrengung unternehmen, um die
Zwei-Staaten-Lösung im israelisch-palästinensischen
Konflikt durchzusetzen. Das sind für mich die beiden
großen Herausforderungen, wenn wir regionale Stabilität
in dieser Region tatsächlich ernst nehmen.

Das Dritte ist: Ich kann nur nochmals an Teheran ap-
pellieren, zu begreifen, wie wichtig es ist, dass Teheran
an den Vereinbarungen festhält und sie von A bis Z um-
setzt. Man muss begreifen, dass das Schließen des
Brennstoffkreislaufes eine hochgefährliche Fehlkalkula-
tion wäre. Wenn wir an der Vereinbarung festhalten, die
die Außenminister mit Teheran getroffen haben – darin
liegt die Bedeutung der Erklärung von Präsident Putin in
Sotschi bei dem Treffen mit Präsident Chirac und Bun-
deskanzler Schröder –, dann besteht die große Chance,
dass wir gemeinsam mit unserem amerikanischen Part-
ner diesen konstruktiven Weg vorangehen. Das setzt
aber voraus, dass keine Fehlkalkulationen vorliegen, von
denen ich meine, dass sie in dieser ohnehin schon hoch
instabilen und gefährlichen Situation zu wesentlich mehr
Gefahr beitragen können.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ich habe mit großer Verwunderung manche Äußerun-
gen gehört – das werden wir bei den Mandatsverlänge-
rungen zu diskutieren haben –, die unser Engagement
betreffen. Ich dachte immer, wir hätten darüber einen
Konsens. Wir betreiben keine nationale deutsche Außen-
politik, sondern das sind unsere nationalen Beiträge. Wir
sind in internationale Entscheidungen eingebunden.
Wenn ich höre, es mangele an einem Gesamtkonzept Af-
ghanistan, dann kann ich nur sagen: Dieses Gesamtkon-
zept Afghanistan ist auf zwei Afghanistankonferenzen
definiert, in Sicherheitsratsresolutionen umgesetzt wor-
den und bildet die Grundlage für das, was die internatio-
nale Staatengemeinschaft unter Einschluss der Bundes-
republik Deutschland und unserer Soldaten und
Diplomaten tatsächlich macht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ich weiß aus eigener Erfahrung nur zu gut, wie schwie-
rig solche Debatten sind. Ich meine das gar nicht über-
heblich, sondern ernsthaft. Die Bundesregierung ist für
jede Anregung sehr dankbar – aber sie muss dann bis zu
Ende diskutiert werden –, wenn es notwendig ist, eine
Strategie zu verändern und sich dafür im internationalen
Rahmen einzusetzen. Nur, zu meinen, wegen der
Schwierigkeiten sollten wir abziehen oder Spielräume
weiter einengen, ist eine sehr kurzsichtige Politik.

Ich habe gestern über Afghanistan im Ausschuss ge-
sagt: Wenn ich vorausblicke, dann frage ich mich, ob wir
diesen Berg von Herausforderungen bewältigen können.
Blicke ich aber zurück, dann denke ich: Was haben wir
nicht alles erreicht! Der Konsens hält bis auf den heuti-
gen Tag. Die verfassungsgebende Versammlung, die
Verfassungs-Loya-Jirga, hat bei allen Schwierigkeiten

u
f
K
d
D
a
a
D
n


P
h
D
n

I
P
w
w
s


S
d

D
p
b
g
m
n
S
I
I
n

d
d
w
b
w
h
d
h

m
b
d
s
S

(C (D nd Vertagungen letztendlich eine belastbare Verfassung ür Afghanistan sozusagen als Institutionalisierung des onsenses vom Petersberg erreicht. Es gibt nach wie vor ie Warlords, die Zersplitterung des Landes und den rogenanbau, der nicht nur für uns, sondern zunehmend uch für die Transitstaaten und vor allen Dingen für die fghanische Entwicklung extrem besorgniserregend ist. iese Probleme anzugehen muss Priorität Nummer eins ach den Wahlen sein. (Dr. Friedbert Pflüger [CDU/CSU]: Das bestreitet auch keiner!)


Es muss doch nicht immer einer bestreiten. Herr
flüger, ich sage doch nur: Nach dem, was ich gehört
abe, werden Mandatsverlängerungen infrage gestellt.
eshalb gestatten Sie mir, dass ich hier die Gelegenheit
utze, unsere Politik darzustellen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


ch weiß doch, Kollege Pflüger, dass wir in diesem
unkt vermutlich keinen Dissens haben. Aber es gibt
elche, die das anders sehen. Deswegen gehe ich darauf,
ie ich meine, in der gebotenen Sachlichkeit und Präzi-
ion ein.


(Zuruf des Abg. Dr. Friedbert Pflüger [CDU/ CSU])


Ich beschwere mich nicht. Ich bedanke mich für die
olidarität der Opposition für diese Mandate und hoffe,
ass es dabei bleibt.


(Beifall des Abg. Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD])


enn das ist im Interesse der eingesetzten Soldaten, Di-
lomaten und Entwicklungshelfer. Auf der anderen Seite
in ich der Meinung, dass wir unseren Verpflichtungen
erecht werden müssen. Wenn die internationale Ge-
einschaft aus Afghanistan abzieht, dann wissen wir ge-
au, was die Folge sein wird. Es wird wieder ein
chlachtfeld der Interessen im Land und der regionalen
nteressen werden. Das ist übrigens eine Gefahr, die im
rak alles andere als ausgeräumt ist, wenn wir das
ächste Jahr betrachten.
Deswegen wird es wichtig sein, dass wir die notwen-

ige Durchhaltefähigkeit haben. Dasselbe gilt auch für
en Balkan. Wenn Fehler bei einem Einsatz gemacht
orden sind, müssen diese selbstverständlich aufgear-
eitet werden. Es kann auch zu Recht die Frage aufge-
orfen werden, ob nicht größere Enklaven aufrechter-
alten werden sollen, wenngleich von der anderen Seite
ie Besorgnis kommt, dass das auf einen Teilungsplan
inausläuft. Das muss man wissen.
Aber ich kann nur davor warnen, davon auszugehen,
an könne die „Standard vor Status“-Politik einfach
eiseite wischen. Egal, wie sich die Statusfrage am Ende
arstellt: Ohne die Schaffung demokratischer, ökonomi-
cher und marktwirtschaftlicher Standards wird jede
tatuslösung letztendlich keine Stabilität, sondern nur






(A) )



(B) )


Bundesminister Joseph Fischer

Instabilität kreieren. Das gilt nicht nur für das Land
Kosovo, sondern für die gesamte Region.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Auch das muss man wissen.
Deswegen meine ich, dass wir diesen Weg weiterge-

hen müssen. Es ist ein schwieriger Weg, zumal ich
meine, dass die Kosovofrage nur dann gelöst werden
kann, wenn sich die Gesamtsituation ändert. Meine Er-
fahrung ist, dass in Bosnien die positiven Wirkungen der
Fortschritte Kroatiens in Richtung Europäische Union
schon heute feststellbar sind. Plötzlich wird nicht mehr
nur unter dem Gesichtspunkt der eingefrorenen ethni-
schen Konfrontation diskutiert; stattdessen erfolgt eine
Öffnung gegenüber der Perspektive Europa. Ich habe es
selbst erlebt.

Es handelt sich um einen langen Prozess. Wir reden
nicht von wenigen Jahren. Das wissen Sie auch, meine
Damen und Herren. Das zeigt schon ein Blick auf die
ökonomischen Fakten. Der Hass, die nach wie vor nicht
geschlossenen Wunden, die dort vorhanden sind, ma-
chen unseren dauerhaften Einsatz notwendig. Ich akzep-
tiere, dass es das Recht und vor allen Dingen auch die
Pflicht der Opposition ist, die Regierung dahin gehend
unter Druck zu setzen, ob Fehler gemacht wurden. Das
habe auch ich als Oppositionsabgeordneter nicht anders
gehandhabt.

Aber ich appelliere nochmals an alle: Lassen Sie uns
sauber zwischen der Innenpolitik und den außenpoliti-
schen Konsequenzen unterscheiden. Dabei handelt es
sich nicht immer um dasselbe Paar Schuhe; das können
durchaus zwei unterschiedliche Paar Schuhe sein. Das
ist oft der Fall und gilt auch und gerade für den Balkan.
Wir stehen hier vor großen Herausforderungen und Ver-
änderungen.

Lassen Sie mich an diesem Punkt darauf eingehen.
Der Kollege Schäuble wird gleich sprechen. Er ist der
Ansicht, wir überheben uns mit unserer Position und
meint, dass Deutschland, wenn es zu einer Änderung der
Sitzverteilung im Sicherheitsrat kommt, keinen Sitz be-
kommen sollte.

Das aber würde doch keiner verstehen, weil nach ob-
jektiven Kriterien entschieden wird. Sie fordern zu
Recht einen europäischen Sitz. Ich wäre der Erste, der
dafür wäre. Damit meine ich aber einen echten europäi-
schen Sitz, der nicht so, wie das bei einem wichtigen
Bündnispartner und Partner in der Europäischen Union
vorgesehen ist, sozusagen im Huckepackverfahren, bei
dem die Staaten rotieren, besetzt wird. Während die Ro-
tation bei der EU-Präsidentschaft abgeschafft wird,
würde sie im Sicherheitsrat eingeführt.

Wenn ein europäischer Sitz geschaffen wird, dann
sollte es ein echter sein. Das heißt, dass dann nicht ein
Mitgliedstaat, sondern die Europäische Union im Sicher-
heitsrat vertreten ist.


(Zuruf des Abg. Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP])



w
I
A
w
l
s
g
G


u
g
d
f
D

n
v
D

u
a
g

T
d
k
p
d
u

e
t
s

a
z
B
a

a
v
s
K
b
W
n
e
d
s
l
E

(C (D Sie hätten mich, wie gesagt, sofort an Ihrer Seite. Ich ürde mich sogar an die Spitze stellen. Ich habe meine ntegrationsüberzeugungen nicht an der Garderobe des ußenministeriums abgegeben, im Gegenteil. Aber Sie erden es nicht schaffen und das wissen Sie auch, Kolege Schäuble. Sie werden es wegen der Gründe nicht chaffen, die bei den derzeit zwei europäischen P-5-Mitliedern zu suchen sind. Das sind nachvollziehbare ründe, die ich nicht kritisiere. Gestatten Sie mir, die entscheidende Frage zu stellen dabei werde ich es belassen –: Was wäre eigentlich, m auf die Ära Roosevelt zurückzukommen, wenn die roße Macht auf der anderen Seite des Atlantiks ein urchbuchstabiertes Interesse an einer umfassenden Reorm des multilateralen Systems artikulieren würde? iese Diskussion darf man nicht vergessen. Am Ende unserer Mitgliedschaft im Sicherheitsrat als icht ständiges Mitglied haben wir doch gesehen, wie iel Zustimmung und Vertrauen die Bundesrepublik eutschland, das wiedervereinigte Deutschland, genießt, nd zwar – das sage ich mit allem Selbstbewusstsein – uch und gerade aufgrund der Politik dieser Bundesreierung unter Bundeskanzler Gerhard Schröder. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


All die Isolationsängste – auch sie nehme ich zum
eil ernst; ein anderer Teil war der Parteipolitik geschul-
et – haben sich als nicht richtig erwiesen. Deswegen
ann ich nur feststellen: Wir werden dieser Politik ver-
flichtet bleiben. Gerade im Kampf gegen den Terror be-
eutet das, dass die Menschenrechte ein essenzieller Teil
nserer Verfassungswirklichkeit sind.


(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Alles leeres Gerede!)


Die Terroristen wollen doch nichts anderes, als uns in
inen Krieg der Zivilisationen und der Revolutionen zu
reiben. Denn sie meinen, über einer solchen Chaosper-
pektive werde ihr Weizen erblühen.
Ich weiß zwar nicht, wie die Lage in unserem Land

ussähe, wenn wir genauso schlimme Terroranschläge
u erleiden gehabt hätten wie einige wichtige Partner im
ündnis oder Russland. Aber wir verteidigen uns und
uch unsere Grundwerte. Darum geht es.
Menschenrechte, die Herrschaft des Rechts, eine un-

bhängige Öffentlichkeit und der Schutz des Indi-
iduums, aber auch eine freie Marktwirtschaft sind es-
enzielle Bestandteile. Das prägt auch die Kopenhagener
riterien der Europäischen Union. Die Türkei hat zwar
ereits gewaltige Fortschritte gemacht und aufgeholt.
enn sie aber erfolgreich sein will, wird sie in Zukunft
och gewaltigere Fortschritte machen müssen. Das wird
in Signal für die gesamte Region sein. Es wird auf je-
en Fall weit über die Türkei hinausgehen. Das wird un-
ere strategische Sicherheit im 21. Jahrhundert gewähr-
eisten. Es wird sicherlich keinen Automatismus geben.
rst wenn die Türkei europafähig ist, werden die dann






(A) )



(B) )


Bundesminister Joseph Fischer

Verantwortlichen auf beiden Seiten über den Beitritt ent-
scheiden müssen. Das wird zehn bis 15 Jahre dauern.

Wir müssen gerade angesichts der gemeinsamen He-
rausforderungen Russland auf seinem Weg Richtung
Westen weiter begleiten und bestärken. Wir müssen au-
ßerdem den Nahostkonflikt lösen und müssen allen jun-
gen Gesellschaften im Nahen Osten auf einer gemeinsa-
men partnerschaftlichen Grundlage eine Perspektive für
eine friedliche Transformation und den Anschluss an die
Moderne auf der Grundlage der großartigen Kultur des
Islams eröffnen. Dafür brauchen wir Europa. Die deut-
sche Außenpolitik kann das nicht alleine. Deutsche Au-
ßenpolitik ist nur als Beitrag zu Europa und zum Trans-
atlantismus denkbar. Hierfür brauchen wir den
strategischen Konsens mit den USA.

Das ist die Politik, die die Bundesregierung verfolgt,
gründend auf unseren Werten. Das ist die Definition un-
serer Interessen. Meines Erachtens ist die entscheidende
Herausforderung, den kommenden Generationen Sicher-
heit, Frieden und Stabilität zu garantieren. Dieser Politik
fühlen wir uns verpflichtet. Wenn wir eines Tages dafür
wieder mehr Mittel zur Verfügung haben, dann freuen
wir uns; denn wir haben sie dringend nötig. Ich weiß na-
türlich, dass die entsprechenden Mittel heute nur sehr
schwer aufzubringen sind.

Ich danke Ihnen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1512202600

Für die CDU/CSU-Fraktion hat nun Dr. Wolfgang

Schäuble das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Wolfgang Schäuble (CDU):
Rede ID: ID1512202700

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Vieles von dem, was der Außenminister gesagt hat,
findet unsere Zustimmung. Man kann dem nur schwer-
lich widersprechen. Der entscheidende Punkt ist aber,
dass eine Reihe von Antworten, die wir gerne gehabt
hätten, nicht gegeben worden sind. Um das gleich vorab
zu sagen: Herr Bundesaußenminister, ich möchte gerne
einmal von Ihnen wissen, ob Sie die Auffassung teilen,
dass sich demnächst der Weltsicherheitsrat mit dem Iran
befassen soll. Genau das ist die Frage, über die in den
Vereinten Nationen, in der IAEO und im transatlanti-
schen Verhältnis diskutiert wird. Nur eine schöne Rede
zu halten, mit der man nicht aneckt und in der man diese
Frage nicht beantwortet, ist im Grunde einer Haushalts-
debatte, in der die Regierung die Grundlinien ihrer Poli-
tik beschreiben soll, nicht angemessen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ich sage aber ausdrücklich, dass ich das, was Sie über

Russland gesagt haben, im Wesentlichen teile. Wir alle
teilen – das kann man nicht oft genug sagen – den Schre-
cken, das Entsetzen über den dort begangenen unvor-
stellbaren terroristischen Angriff, bei dem man Kinder

u
s

h
a
f
u
M

D
r

s
K
k
A
w
E
s
t
r
F
R

d
m
s

J
d
A
W

s
W
d
h

D
k

R
g
s
S
l
n
M
d
h
n
m
K
v
d

(C (D nd Säuglinge als Geiseln genommen und mit Sprengtoff miteinander verbunden hat. Das Maß der Abartigkeit dieser terroristischen Bedro ung wird immer unglaublicher, unvorstellbarer. Es darf ngesichts einer solchen Herausforderung mit den Opern, mit den Bedrohten und auch mit Russland nur eine neingeschränkte Solidarität und ein uneingeschränktes itgefühl geben. as darf man auch nicht in irgendeiner Weise relativieen. Sie haben gesagt: Es ist so schön, eine politische Lö ung des Tschetschenienproblems und der Probleme im aukasus zu fordern; aber es ist furchtbar schwer, sie zu ennen. Ich sage ausdrücklich: Ich schließe mich dieser uffassung an. Ich habe schon oft gesagt: Auch ich üsste nicht so genau, wie diese Probleme zu lösen sind. s steht uns gut an, dabei gelegentlich ein Stück weit becheiden zu sein. Dass wir für die Menschenrechte einreten müssen, dass man dieses Eintreten mit dem Inteesse an der Entwicklung und mit der Würdigung der ortschritte Russlands – Stichwort: Zusammenarbeit mit ussland – verbinden muss, das alles ist richtig. Dennoch stellt sich die Frage, ob der deutsche Bun eskanzler zu den Wahlen in Tschetschenien sagen usste – das hat er ausweislich des Protokolls der Presekonferenz gesagt; ich zitiere –: Sie haben uns nach den Wahlen gefragt. Soweit ich das übersehen kann, kann ich eine empfindliche Störung der Wahlen nicht feststellen. eder, der diese Wahlen beobachtet hat, hat Zweifel an er Seriosität und an der Verlässlichkeit dieser Wahlen. nders ausgedrückt: Man geht davon aus, dass diese ahlen manipuliert worden sind. Wir sind an einer engen Partnerschaft und Freund chaft mit Russland interessiert. Freundschaft muss auf ahrheit gründen. Wenn man sich unter Freunden nicht ie Wahrheit sagen kann, wem soll man dann die Wahreit sagen? as hat der Bundeskanzler falsch gemacht und darüber ann man nicht hinweggehen. Herr Bundesaußenminister, an der Art der deutschen usslandpolitik könnte man manche Fehler und Mänel der deutschen Außenpolitik insgesamt darlegen. Sie chießt eben immer ein Stück weit über das Ziel hinaus. ie ist kurzfristig, sie ist nicht wirklich balanciert und ihr iegt keine langfristige Konzeption zugrunde. Um bei Ihen anzufangen: Sie haben Anfang dieses Jahres vor der ünchener Sicherheitskonferenz eine Rede gehalten, in er Sie das Konzept „Wider Middle East“ vorgetragen aben. Sie hätten wie ich wissen können, dass der ächste Redner nach Ihnen der russische Verteidigungsinister ist. Ich habe nicht verstanden, dass in Ihrem onzept „Wider Middle East“ das Wort Russland nicht orgekommen ist. Wenn wir für die Probleme des „Wier Middle East“ eine Lösung erreichen wollen, dann Dr. Wolfgang Schäuble muss sie Russland einbeziehen. Wenn der deutsche Außenminister dazu ein Konzept vorträgt und dabei Russland vergisst, dann sollte er im Bundestag nicht von der Einbindung Russlands in diese Bemühungen sprechen. Das passt nicht zusammen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Ludger Volmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es gibt den NATO-Russland-Rat! Inklusive!)


(Beifall im ganzen Hause)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)





(A) )


(B) )


– Ich weiß nicht, ob Sie dabei gewesen sind, Herr
Volmer.


(Dr. Ludger Volmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, sicher war ich dabei!)


Ich habe sehr genau zugehört. Es war eben nicht davon
die Rede, dass wir Russland brauchen.

Ich möchte auf den nächsten Punkt zu sprechen kom-
men, der mir im Verhältnis zu Russland überhaupt nicht
gefällt. Ich finde, wir sind in den letzten 15 Jahren im
Verhältnis zu Polen ungeheuer weit vorangekommen
und wir haben große Erfolge erzielt. Das ist ein großes
Glück. Es gehört zu dem, was Deutschland nach den
Schrecken des Zweiten Weltkriegs und der Hitler-Zeit
leisten musste. Aber viele von diesen Erfolgen und Fort-
schritten sind in den letzten zwei Jahren durch viele ge-
fährdet worden, diesseits und jenseits der Grenze, also
auch durch Polen. Es gibt viele Aufgeregtheiten. Das al-
les ist wahr.


(Monika Griefahn [SPD]: Ja, Frau Steinbach zum Beispiel!)


– Wir reden ja über die Politik der Bundesregierung im
Rahmen einer Haushaltsdebatte. Sie sollten nicht so
schnell ablenken.

Gerade wenn es uns um eine enge Beziehung zu
Russland und um die Einbindung Russlands geht, dann
sollten Sie über eine gemeinsame europäische Politik
nachdenken. Es geht nicht um eine deutsch-französische
Politik, bei der die Gefahr bestehen könnte, dass sie von
anderen als Spaltung Europas wahrgenommen wird. Das
ist der Punkt. Deswegen habe ich Polen hier erwähnt.
Der Dreiergipfel hat in polnischen Augen eben eine fal-
sche Wirkung. Man könnte sie vermeiden. Es gibt das
Weimarer Dreieck.

Was spricht eigentlich dagegen – ich habe diese Frage
schon oft gestellt –, die Beziehungen zu Russland auf die
Basis des Weimarer Dreiecks zu stellen, sodass zum
Treffen des französischen Staatspräsidenten, des russi-
schen Präsidenten und des deutschen Bundeskanzlers
der Vertreter Polens hinzukommt? Das würde manche
Missverständnisse vermeiden.

Wir werden eine erfolgreiche Russlandpolitik – das-
selbe gilt für unsere Politik gegenüber der Ukraine und
Weißrussland – nur unter Einbeziehung Polens betrei-
ben. Dies gelingt eben nicht im Konflikt mit Polen und
durch das Schüren neuen Misstrauens und neuer Ver-
dächtigungen, ob berechtigt oder nicht. Da liegt der Feh-
ler. Da man diesen Fehler begeht, ist die Russlandpolitik

n
d

b
P
r
p
z
n
s
i
f
ü

w
b
d
k
i
E
S
D

t
s
e
c
m
s
R
k



g
V
n
I
B
m
n
D

D
d
g
i

g
Z

(C (D icht durchdacht und nicht balanciert. Das kann man und as muss man ändern. Das bringt mich gleich zum nächsten Punkt. Sie ha en zu Recht gesagt: Die Anforderungen an europäische olitik und atlantische Partnerschaft werden in einer sich asch ändernden Welt immer größer. Die Fähigkeit Euroas, eine Gemeinsame Außenund Sicherheitspolitik u betreiben und durchzusetzen, ist in den letzten Jahren icht zuletzt durch die Politik Ihrer Regierung nicht getärkt, sondern empfindlich geschwächt worden. Europa st heute schwächer. Übrigens ist auch der deutsche Einluss in Europa geringer geworden – das wird in Europa berhaupt nicht mehr bestritten –, eil wir nicht eine Politik der Gemeinsamkeit in Europa etrieben haben, sondern weil wir eine Politik wechselner Allianzen betrieben haben, weil es zu Spaltungen geommen ist und weil die deutsch-französische Führung n Europa von den anderen nicht mehr als ein Dienst für uropa, sondern als ein Element der Dominanz und der paltung wahrgenommen wird. Das ist der falsche Weg. as muss geändert werden. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Lothar Mark [SPD]: Das ist ein Märchen!)


Vor diesem Hintergrund bleibe ich bei folgender Posi-
ion – das ist übrigens nicht neu; die Debatte hatten wir
chon mit einer früheren Regierung –: Das Streben nach
inem weiteren nationalen ständigen Sitz im Weltsi-
herheitsrat bringt Europa auf dem Weg zu einer Ge-
einsamen Außen- und Sicherheitspolitik nicht voran,
ondern wirft Europa zurück. Das geht in die falsche
ichtung. Deswegen ist das altes Denken und nicht zu-
unftsgewandte Politik.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Ludger Volmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagen Sie das mal Berlusconi!)


Das hat mit Berlusconi gar nichts zu tun.
Natürlich weiß ich – das weiß jeder –, dass noch ein

anzes Stück Weges zurückzulegen sein wird, bis die
ereinten Nationen so reformiert sein werden, dass es ei-
en europäischen Sitz im Weltsicherheitsrat geben kann.
m Augenblick kommen wir aber mit der Politik der
undesregierung bei der Entwicklung einer gemeinsa-
en europäischen Position nicht voran, sondern entfer-
en uns von gemeinsamen europäischen Positionen.
eswegen bringt uns die Politik nicht voran.
Im Übrigen: Wenn Sie für einen ständigen Sitz
eutschlands im Weltsicherheitsrat sind, müssten Sie
er deutschen Öffentlichkeit und insbesondere Ihrer ei-
enen Koalition ein bisschen genauer darlegen, was das
m Einzelnen bedeutet. Das passt sonst nicht zusammen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Im Ziel sind wir uns einig. Unsere Politik muss darauf

erichtet sein – das ist für mich entscheidend –, dem
iel, einen ständigen Sitz Europas oder einen Sitz Euro-






(A) )



(B) )


Dr. Wolfgang Schäuble

pas im Weltsicherheitsrat zu erreichen – ob es die Unter-
scheidung geben muss, ist eine andere Frage –, näher zu
kommen, und nicht darauf, sich davon zu entfernen.

Dass die Forderung nach einem deutschen Sitz im
Weltsicherheitsrat in Europa nur neue Spaltungen, neue
Rivalitäten hervorrufen würde – nicht nur in Italien; in
Spanien und Portugal genauso –, war vorhersehbar. Das
ist auch eingetreten. Deshalb bringt uns das nicht voran,
sondern wirft uns zurück. Das ist die falsche Politik.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Sie haben ein Bekenntnis zum Multilateralismus

– um auch diesen Punkt noch anzusprechen – abgelegt
und davon gesprochen, dass die Vereinigten Staaten von
Amerika die Führungsmacht auch in einer multilateralen
Weltordnung sein müssen. Dem stimmen wir ausdrück-
lich zu. Aber wenn dies so ist, dann muss sich die Bun-
desregierung doch wieder und wieder fragen und fragen
lassen – sie müsste auch bessere Antworten geben als
bisher –, ob es wirklich glaubwürdig und überzeugend
ist, zu sagen, wir treten für eine stärkere Rolle der
Vereinten Nationen ein, und dann beispielsweise nach
Verabschiedung der Resolution des Weltsicherheits-
rats 1546 vom 8. Juni 2004 zum Irak – daran haben Sie
mitgewirkt; das ist auch in Ordnung –, in der alle
Mitgliedstaaten aufgefordert werden, ihre Beiträge zur
Sicherheit und zur Entwicklung des Irak zu leisten, zu
erklären: Wir werden uns daran aber nicht beteiligen.


(Widerspruch bei der SPD – Dr. Ludger Volmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht mit Soldaten im Irak!)


– Aber natürlich! Noch nicht einmal bei der Gewährung
von Schutz für die Vertreter der Mission der Vereinten
Nationen im Irak! Der Generalsekretär der Vereinten Na-
tionen, Kofi Annan, musste geradezu händeringend
durch die Weltgemeinschaft reisen und darum bitten,
dass man nach der Ermordung von de Mello einer neuen
UN-Mission im Irak die Arbeit ermöglicht. Wer für
Multilateralismus eintritt, aber gleichzeitig sagt, wir be-
teiligen uns nicht, wir machen vielleicht Fahrlehreraus-
bildung in den Vereinigten Arabischen Emiraten – viel-
leicht bieten wir auch noch unser System für die LKW-
Maut als Entwicklungshilfe für den Irak an –, der wird
den Multilateralismus nicht stärken.


(Unruhe bei der SPD – Lothar Mark [SPD]: Das ist aber primitiv! – Dr. Ludger Volmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wollen Sie Soldaten schicken, Herr Schäuble?)


– Ich komme noch auf den Irak zu sprechen, Herr
Volmer. Halten Sie sich einen Moment zurück!

Wer, wie wir, immer gesagt hat, Voraussetzung für die
Entscheidung für Maßnahmen gegen den Irak sei ein
Mandat des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen, der
hätte dafür eintreten müssen, dass der Weltsicherheitsrat
handlungsfähig ist. Der Weltsicherheitsrat ist aber durch
die Uneinigkeit der Europäer und der atlantischen Part-
ner entscheidungsunfähig gewesen. Das ist nicht Multi-
lateralismus.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


W
n
s
m
s
n
d

f

G
s
w
s
g
t
S
A
n
B
i

w
w
s
g
n
r
V
u
d
M
g
s
r
w

d
n
N
g
n
V
h
P
e

(C (D er die Vereinten Nationen stärken will, der muss seien Beitrag leisten, der muss auch bereit sein, die Entcheidungen, die der Weltsicherheitsrat trifft, im Rahen seiner Möglichkeiten umzusetzen, und darf nicht agen: Wir sind dafür, aber wir machen nicht mit. Das ist icht Multilateralismus, sondern das ist das Gegenteil avon. (Beifall bei der CDU/CSU – Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD]: Das ist unter Ihrer Intelligenz!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1512202800

Herr Kollege Schäuble, gestatten Sie eine Zwischen-

rage des Kollegen Fischer?

Dr. Wolfgang Schäuble (CDU):
Rede ID: ID1512202900

Bitte sehr.
Joseph Fischer (Frankfurt) (BÜNDNIS 90/DIE
RÜNEN):
Herr Kollege Schäuble, ich möchte Sie nicht missver-

tehen. Bei diesem von Ihnen angesprochenen ganz
ichtigen Punkt kritisieren Sie, weil Sie eine andere Po-
ition vertreten, aus Ihrer Sicht zu Recht die Bundesre-
ierung. Bezug nehmend auf die Umsetzung der Resolu-
ion 1546 werfen Sie uns vor, wir würden uns nicht beim
chutz der VN im Irak beteiligen. Gehe ich richtig in der
nnahme, dass Sie der Meinung sind, wir sollten uns,
achdem wir ein entsprechendes Mandat des Deutschen
undestages erhalten haben, mit Bundeswehrsoldaten
m Irak daran beteiligen?

Dr. Wolfgang Schäuble (CDU):
Rede ID: ID1512203000

Unsere Position lautete immer – ich wiederhole das,
as ich eben gesagt habe –: Man kann nicht zum einen
ollen, dass die Vereinten Nationen eine stärkere Rolle
pielen und möglichst keine unilateralen Entscheidungen
etroffen werden – durch die wird die Welt nämlich
icht sicherer; darin stimmen wir überein –, zum ande-
en aber sagen, wie auch immer der Sicherheitsrat der
ereinten Nationen entscheidet, wir jedenfalls werden
ns nicht beteiligen. Wenn es darum geht, die Mission
er Vereinten Nationen im Irak zu schützen, sollte kein
itgliedsland, insbesondere kein Land, das einen ständi-
en Sitz im Weltsicherheitsrat anstrebt, von vornherein
agen, man werde sich unter gar keinen Umständen da-
an beteiligen. Das passt nicht zusammen. Das ist in sich
idersprüchlich.


(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe von der SPD: Keine Antwort!)


So werden Sie im Übrigen, Herr Kollege Fischer, bei
en Diskussionen in den Vereinigten Staaten nicht dieje-
igen stärken, die sich für den Weg über die Vereinten
ationen einsetzen. Es war ja die Tragik der zurücklie-
enden Monate und Jahre, dass denjenigen in den Verei-
igten Staaten von Amerika, die für den Weg über die
ereinten Nationen gewesen sind, hinterher entgegenge-
alten worden ist: Ihr seht es ja, unsere europäischen
artner lassen uns am Ende doch im Stich, wir müssen
s alleine machen. Wer multilaterale Entscheidungen






(A) )



(B) )


Dr. Wolfgang Schäuble

will, muss auch bereit sein, multilaterale Verantwortung
zu tragen, sonst stärkt er im Ergebnis zwingend und
zwangsläufig nur die Tendenz hin zum Unilateralismus.
Hier gibt es keine Alternative.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Lothar Mark [SPD]: Multilateral muss auch multilateral sein, nicht unilateral!)


Das muss man diskutieren. Wenn man darüber nicht
diskutiert, sollte man nicht den Blick der Öffentlichkeit
auf ein ohnedies nicht besonders aussichtsreiches Stre-
ben nach einem ständigen Sitz Deutschlands im Weltsi-
cherheitsrat lenken. Wer Verantwortung übernehmen
will, muss auch bereit sein, Verantwortung zu überneh-
men. Wer sich nicht in der Lage sieht, Verantwortung zu
übernehmen, sollte nicht so viel von Multilateralismus
reden, sondern gleich zugeben, dass sich andere stärker
engagieren müssen; sonst verhält er sich widersprüch-
lich.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1512203100

Herr Kollege Schäuble, lassen Sie eine weitere Zu-

satzfrage des Kollegen Volmer zu?

(Michael Glos [CDU/CSU]: Das ist doch derjenige, der die Schleuserkriminalität fördert!)



Dr. Wolfgang Schäuble (CDU):
Rede ID: ID1512203200

Ja, bitte sehr.

Dr. Ludger Volmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512203300

Herr Kollege Schäuble, wären Sie erstens bereit, zur

Kenntnis zu nehmen, dass die Forderung nach einem
ständigen Sitz Deutschlands im Sicherheitsrat insbeson-
dere von Ländern der so genannten Dritten Welt erhoben
wird, und zwar aktiv und unaufgefordert zu Beginn fast
jeden Gesprächs, welches man mit einem Vertreter der
Dritten Welt führt?

Zweitens meine Hauptfrage: Sehen Sie es genauso
wie wir, dass die UNO in ihrer Resolution die Antwort
auf die Frage, welchen Beitrag ein UNO-Mitgliedstaat
konkret leisten soll, in die Entscheidungskompetenz je-
des Mitgliedstaates gelegt hat und dass die Bundesregie-
rung in diesem Sinne nicht nur angekündigt, sondern
auch tatsächlich angefangen hat, Hilfe zu organisieren?
So ist beispielsweise heute Morgen in der Obleutesit-
zung sehr intensiv mit unserem Botschafter im Irak darü-
ber gesprochen worden.

Wären Sie drittens bereit, zur Kenntnis zu nehmen,
dass Sie sich weigern – obwohl Sie diese Politik der
Bundesregierung, die nicht militärisch angelegt ist, kriti-
sieren –, Ihre Alternative in einem deutlichen Satz vor-
zustellen? Solch ein deutlicher Satz könnte beispiels-
weise lauten: Ich, Dr. Wolfgang Schäuble, würde, wäre
ich Außenminister, deutsche Soldaten in den Irak
schicken.


(Lothar Mark [SPD]: Das ist die Frage! – Dr. Friedbert Pflüger [CDU/CSU]: Wahlkampf!)


e
E
t
w

h
s
w
t
d
s
s
u
m
q
h
W
d

P
A
d
m
l
A
s

B
D
v
i
W
h
e
d
A

g
s
l
u
g
m
u
m
S

d
m
s
z
F
r

(C (D Herr Kollege Volmer, wer jemals die Charta der Ver inten Nationen gelesen hat, weiß schon, dass die letzte ntscheidung darüber, welche Beiträge die Mitgliedstaaen leisten, immer ihnen überlassen wird. Diese Frage ar so überflüssig, dass sie sich von selbst beantwortet. Unsere Position ist seit vielen Jahren dieselbe. Wir aben immer gesagt – Sie haben das diffamiert –: Wir ind dafür, dass multilaterale Entscheidungen getroffen erden. Wir sind für eine Stärkung der Rolle der Vereinen Nationen, insbesondere der des Weltsicherheitsrates, er eben, so wie die Dinge liegen, die entscheidende Intanz ist. Aber wenn man für eine Stärkung des Welticherheitsrats ist, wenn man dafür eintritt, dass keine nilateralen Entscheidungen getroffen werden, dann uss man grundsätzlich auch bereit sein, die Konseuenzen, die sich aus Entscheidungen des Weltsichereitsrats ergeben, mitzutragen, und darf nicht sagen: as immer der Weltsicherheitsrat beschließt, wir weren uns nicht beteiligen. Das ist der Grund, warum ich gesagt habe, dass die olitik der Bundesregierung widersprüchlich ist. Der ußenminister plädiert hier für Multilateralismus, aber ie Politik der Bundesregierung hat die Kräfte, die für ultilaterale Entscheidungen sind, weder in Deutschand noch in Europa noch in den Vereinigten Staaten von merika gestärkt. Deshalb steht diese Politik im Widerpruch zu der Erklärung des Außenministers. In diesem Zusammenhang möchte ich eine weitere emerkung machen, die mir ebenfalls sehr wichtig ist. ie Vereinigten Staaten von Amerika stehen zurzeit or Wahlen. Der Wahlkampf ist so, wie er in Amerika mmer ist; Wahlkämpfe sind so. Die Prognosen, wie die ahl ausgeht, sind unterschiedlich und wechseln. Wir aben aber in jedem Fall, egal wie die Wahl ausgeht, ein xistenzielles Interesse an enger Zusammenarbeit mit er gewählten Regierung der Vereinigten Staaten von merika, in der atlantischen Partnerschaft und weltweit. Deswegen sollten wir – insbesondere die Bundesre ierung in ihrer politischen Führungsverantwortung, die ie gegenüber der Öffentlichkeit unseres Landes hat – ales daransetzen, den Menschen in unserem Lande wieder nd wieder zu erklären, dass wir unabhängig vom Ausang der Wahlen in Amerika ein eigenes Interesse an öglichst enger und verlässlicher Partnerschaft haben nd dass wir auf die Vereinigten Staaten von Amerika indestens so sehr angewiesen sind wie die Vereinigten taaten von Amerika auf Europa. Wir sollten bei der Beeinflussung der Öffentlichkeit arauf achten – das ist sehr wichtig –, nicht eine Stimung zu schüren, die es auch der Bundesregierung chwerer macht, mit der amerikanischen Administration usammenzuarbeiten. Da sind in den letzten Jahren viele ehler gemacht worden. Ich will darauf gar nicht rekurieren, sondern dafür plädieren, dass wir für die Zukunft Dr. Wolfgang Schäuble aus Fehlern, die gemacht worden sind, lernen, weil es im Interesse Deutschlands und Europas und auch im Interesse der Stabilität der Welt ist, dass wir eng zusammenarbeiten. Darum müssen wir die Bevölkerung für den Gedanken der Zusammenarbeit gewinnen, statt zum Ausdruck zu bringen, dass an allen Problemen der Welt immer die Amerikaner schuld seien. (Dr. Friedbert Pflüger [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

Dr. Wolfgang Schäuble (CDU):
Rede ID: ID1512203400

(Gernot Erler [SPD]: Nein!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall des Abg. Michael Glos [CDU/CSU])





(A) )


(B) )


Deshalb dürfen wir zum Beispiel Russland und Amerika
auch nicht mit unterschiedlichen Maßstäben messen; das
macht keinen Sinn.

Unser Interesse ist eine enge Partnerschaft. Je mehr
die Europäer zu einer gemeinsamen, geschlossenen Po-
sition fähig sind und Verantwortung übernehmen, umso
mehr wird unser Wort auch in den Vereinigten Staaten
von Amerika partnerschaftlich wahrgenommen. Darauf
müssen wir setzen. In diesem Sinne müssen wir unsere
Politik gestalten.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das heißt ja nicht, dass man mit dem Präsidenten der

Vereinigten Staaten von Amerika in allen Fragen einer
Meinung sein muss. Ich bin zum Beispiel in der Frage
der Mitgliedschaft der Türkei in der EU nicht der
Meinung des Präsidenten der Vereinigten Staaten von
Amerika. Das scheint der einzige Punkt zu sein, in dem
die Bundesregierung mit dem amerikanischen Präsiden-
ten voll übereinstimmt.

Ich sage Ihnen, warum ich anderer Meinung bin. Ihre
These, dass die Rolle der Türkei für die Stabilisierung
des Nahen und Mittleren Ostens von essenzieller Bedeu-
tung ist, ist völlig unbestritten. Das sehen die Amerika-
ner so und das sehen alle in Europa und auch wir so.
Aber dass die Türkei große Fortschritte auf dem Weg zu
einer verlässlichen Demokratie und einem stabilen de-
mokratischen Rechtsstaat gemacht hat und immer ein
verlässlicher Partner war, ist unabhängig von der Frage,
ob die Türkei Mitglied der Europäischen Union werden
soll oder nicht.

Da stellt sich die Frage: Was ist eigentlich der Inhalt
der europäischen Einigung? Wollen wir eine wirkliche
politische Union Europas mit Integration oder wollen
wir – wie Sie es offenbar inzwischen in Abweichung von
früheren Positionen meinen – ein Europa, das möglichst
groß ist und möglichst wenig politische Identifikation
bietet? Wenn wir das Projekt der politischen Einigung
Europas zerstören, weil sich die Menschen nicht mehr in
einem Europa der politischen Einheit wiederfinden wol-
len, dann wird das am Ende auch nicht im Interesse der
Türkei sein.

Deswegen finde ich, dass es notwendig ist, jetzt mit
der Türkei offen darüber zu reden, was in beiderseitigem
Interesse auf Dauer die bessere Lösung ist.

Herr Außenminister, Sie sind nicht ehrlich.

(Gernot Erler [SPD]: Na! Na!)



Z
D







m
e
g
d
t
p
U
F
d
g
d
l
l
d

g
l

w
k
d
t
U
z
u
w
h
c

w
s
j
B

(C (D Doch. – Ich zitiere aus der „Frankfurter Allgemeinen eitung“ vom gestrigen Dienstag, dem 7. September. ort heißt es: Er gemeint ist der Außenminister – beteuerte ein weiteres Mal, die Entscheidung über die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen sei nicht gleichbedeutend mit der Entscheidung über den Beitritt selbst. (Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD]: Das ist doch völlig klar!)


Natürlich ist es klar. Aber es ist eben anders gemeint.

(Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Hören Sie doch zu! – Es heißt weiter:

In jedem Falle werde eines Tages eine „euro-
pareife“ Türkei „leichter“ mit der Entscheidung
umgehen können, ob ein Beitritt vollzogen werden
könne oder nicht.


(Uta Zapf [SPD]: Auch das ist richtig!)

Wenn die Beitrittsverhandlungen jetzt so aufgenom-
en werden, wie Sie es fordern, und wenn die Türkei
uropareif ist, dann ist die Entscheidung für eine Mit-
liedschaft der Türkei gefallen. Unsere Meinung ist,
ass wir jetzt zu Beginn der Verhandlungen sagen soll-
en: Es ist nicht nur die Frage einer künftigen Euro-
areife der Türkei, ob sie Mitglied der Europäischen
nion werden kann, sondern es ist auch und zuerst die
rage, ob die Europäische Union eine Erweiterung über
ie Grenzen des europäischen Kontinents hinaus vertra-
en kann. Wenn Sie diese Frage offen lassen wollen – in
er Passage, die ich vorhin zitiert habe, ist sie offen ge-
assen –, dann sollten Sie dies vor Beginn der Verhand-
ungen sagen. Wenn Sie das tun, dann übernehmen Sie
ie Position der CDU/CSU. Stimmen Sie dem zu!


(Beifall bei der CDU/CSU)

Denn alles andere ist unrealistisch. Eine andere Vor-

ehensweise setzt nur das fort, was Sie, Herr Fischer, ge-
egentlich zu Recht kritisieren.
Ich habe an dieser Stelle oft gesagt: Es ist wahr, dass
ir Europäer seit dem Abschluss des Assoziierungsab-
ommens von 1963 – im Grunde genommen schon seit
em türkischen Antrag 1959 – bei der Türkei die Erwar-
ung geweckt haben, dass sie Mitglied der Europäischen
nion werden kann, wenn sie eines Tages die Vorausset-
ungen erfüllt. Meine Meinung ist – dazu gibt es auch in
nseren Reihen unterschiedliche Auffassungen –, dass
ir uns davon nicht einseitig verabschieden können. Wir
aben Erwartungen geweckt, denen wir auch entspre-
hen müssen.
Wenn Sie kritisieren, dass man 40 Jahre lang diese Er-
artung geweckt hat, sich aber nicht auf eine Mitglied-
chaft festlegen will, dann sollten Sie diesen Prozess
etzt nicht fortsetzen. Deswegen ist unsere dringende
itte und unser Appell: Wenn man jetzt im Europäischen






(A) )



(B) )


Dr. Wolfgang Schäuble

Rat die Entscheidung trifft, Verhandlungen aufzuneh-
men, dann sollte man bei der Formulierung des Mandats
klar sagen, dass diese Entscheidung nicht bedeutet, dass
es nur von der Entwicklung in der Türkei abhängt, ob sie
Mitglied werden kann. Die Frage bleibt offen und sie
muss einvernehmlich beantwortet werden. Das ist der
entscheidende Punkt und nichts anderes.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Hermann Otto Solms [FDP])


Herr Bundesaußenminister, diese Position wird die
Entwicklung der Türkei hin zur Demokratie, zur Stabili-
tät und zu einem verlässlichen Partner des Westens in
gar keiner Weise beschädigen. Deswegen lautet mein
Appell: Hören Sie auf, so zu tun, als würde die Position
der CDU/CSU in irgendeiner Weise den Kampf gegen
den internationalen Terrorismus gefährden und das An-
liegen für mehr Stabilität in der globalisierten Welt
schwächen!


(Uta Zapf [SPD]: Falsch!)

Das ist nicht wahr. Ich glaube, das Gegenteil ist richtig.
Wer die politische Einigung Europas gefährdet – Sie
wissen selber, dass diese Gefahr in der Überdehnung der
Europäischen Union liegt –, wird die Chancen für einen
erfolgreichen Kampf gegen den Terrorismus und für
mehr Stabilität in der globalisierten Welt mindern. Des-
wegen ist es genau andersherum.

Eine letzte Bemerkung will ich zu Ihrem Vorwurf ma-
chen, es gebe taktische Spielchen bei der Ratifizierung
des Verfassungsvertrags. Damit können Sie nur den
Vorschlag von Herrn Müntefering und der SPD gemeint
haben.


(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Genauso ist es!)


Es ist offensichtlich, was mit diesem Vorschlag be-
zweckt werden soll. Ich bin seit langem aus, wie ich
finde, guten Gründen – ich respektiere aber unterschied-
liche Meinungen – gegen die Einführung plebiszitärer
Elemente auf Bundesebene.

Kürzlich ist in einer Diskussion gesagt worden, man
habe Plebiszite wegen der Erfahrungen von Weimar
nicht eingeführt; man wollte mit dem Grundgesetz sta-
bile Verhältnisse schaffen. Heute aber bestehe diese
Sorge nicht mehr; es gebe stabile Verhältnisse und des-
wegen könne man sich plebiszitäre Elemente leisten.
Jetzt aber wird die Einführung von Plebisziten damit be-
gründet, dass die Bindekraft der demokratischen Institu-
tionen, auch des Parlaments, schwächer werde. Deswe-
gen brauche man plebiszitäre Elemente. Dem entgegne
ich: Weil die Verhältnisse offenbar nicht mehr so stabil
sind, wie man seit 1949 geglaubt hat, will man nun das
machen, was man aus Gründen der Stabilität 1949 nicht
gemacht hat. Das scheint mir nicht zwingend logisch zu
sein.

Man kann unterschiedlicher Meinung sein. Ich bin
entschieden gegen solche Elemente. Ich sage Ihnen aber
auch: Wenn Sie mit einem Referendum zum Verfas-
sungsvertrag zündeln, werden Sie ein Referendum über
einen Beitritt der Türkei nicht verhindern können.

D
k
d
h
s
g
r
s
V

W
n

v
I
s
d
ß
s
D
s
j
o
v
d
t
g
P
d
l

s
s
g
f
r
s
M

g
i
b
S
w
V
w
B
s
A
t
d

(C (D (Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Logisch! So ist es!)


arüber muss man sich im Klaren sein. Es macht doch
einen Sinn, zu sagen: Wir wollen Volksentscheide
ann, wenn wir sicher sind, dass die Bevölkerungsmehr-
eit die Position der Bundesregierung bestätigt. Dann
ollte man ehrlicherweise sagen, dass es gar nicht darum
eht, dass das Volk mehr entscheiden soll, sondern da-
um, dass eine schwache Regierung eine zusätzliche Be-
tätigung braucht. Dafür sind Volksentscheide und die
erfassung zu schade.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

enn wir dies wollen, müssen wir es ernst damit mei-
en. Darum geht es.
Wir glauben, dass wir in einer Zeit, in der wir uns aus

ielen Gründen um die Stabilität unserer demokratischen
nstitutionen mehr Sorgen machen müssen, als wir in
olchen Debatten gelegentlich zugeben, behutsam mit
er Frage umgehen sollten, ob wir eine scheinbar grö-
ere Bürgerbeteiligung wollen, die in Wahrheit gar nicht
o gemeint ist, weil sie sich so nicht vollziehen kann.
enn bei einer Volksabstimmung über den EU-Verfas-
ungsvertrag ginge es ja um die Frage, ob man lieber den
etzigen Rechtszustand der Europäischen Gemeinschaft
der in der Summe die Verbesserung des Verfassungs-
ertrags möchte. Diese Frage wird aber ganz sicher we-
er die große Mehrzahl unserer Mitbürger an die Urnen
reiben, noch wird sie bei einer Abstimmung ausschlag-
ebend sein. Deswegen stimme ich Ihnen in diesem
unkt zu. Aber wir sollten dann darauf einwirken, dass
ie taktischen Mätzchen Ihres Koalitionspartners unter-
assen werden.
Mein Plädoyer ist: In einer Welt, in der, wie Sie es be-

chrieben haben – wir brauchen nicht über etwas zu
treiten, worüber gar kein Streit besteht –, die Risiken
rößer und unberechenbarer geworden sind und die An-
orderungen an die deutsche Außenpolitik und an die eu-
opäische Gemeinsamkeit größer werden, müssen wir
eriös arbeiten und dürfen wir keine innenpolitischen
ätzchen machen.


(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Müssten wir! So ist es!)


Lieber Herr Kollege Fischer, Sie haben zum Schluss
esagt, Sie wünschten sich dafür mehr Mittel. Dazu will
ch Ihnen sagen: Es ist schon wahr, dass wir für Ausga-
ensteigerungen – das zeigt die Haushaltsdebatte – keine
pielräume haben. Aber das beantwortet nicht die Frage,
arum der Anteil der Etats des Auswärtigen Amtes, des
erteidigungsministeriums und des Ministeriums für
irtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung am
undeshaushalt zusammengenommen von Jahr zu Jahr
inkt. Das heißt, es geht gar nicht um eine Erhöhung der
usgaben, sondern um die Setzung der richtigen Priori-
äten. Diese Regierung setzt die Prioritäten falsch und
eswegen werden wir dem Haushalt nicht zustimmen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)







(A) )



(B) )



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1512203500

Nächster Redner ist der Kollege Gernot Erler, SPD-

Fraktion.


Dr. h.c. Gernot Erler (SPD):
Rede ID: ID1512203600

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

deutsche Außenpolitik und die gesamte internationale
Politik der Bundesrepublik Deutschland genießen im
Augenblick weltweit ein bisher nicht da gewesenes An-
sehen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Herr Kollege Schäuble, ich bedauere es schon, dass Sie
ein weiteres Mal nicht die Kraft hatten, dies auch nur an-
nähernd zur Kenntnis zu nehmen, sondern dass Sie er-
neut Ihre kleinkarierten Anmerkungen zu Einzelfragen
vorgetragen haben und diesem Hause und der deutschen
Öffentlichkeit eine Auskunft über die großen Linien der
Außen- und Sicherheitspolitik Ihrer Fraktion wieder
schuldig geblieben sind.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Man muss sich schon über Ihren Mut wundern, das
Thema Türkei anzusprechen. Die kürzeste Formel für
die Position Ihrer Fraktion zur Türkei lautet: Mit Volker
Rühe und Friedbert Pflüger für und gegen die EU-Mit-
gliedschaft der Türkei.


(Heiterkeit des Abg. Dr. Ludger Volmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Das müssen Sie erst einmal in Ordnung bringen, bis Sie
zu diesem Thema etwas Glaubwürdiges sagen können.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich habe von dem hohen Ansehen der deutschen Au-
ßenpolitik in der internationalen Politik gesprochen. Das
hat seinen Grund in der konsequenten Haltung der Bun-
desregierung in der Irakfrage, die sich mit unserem gro-
ßen und nachhaltigen Engagement in Afghanistan und
vor allem auf dem Balkan verbindet. Kein Land außer
den Vereinigten Staaten hat mehr Verantwortung in Af-
ghanistan übernommen als Deutschland mit 2 250 Sol-
daten, unseren zwei regionalen Wiederaufbauteams und
mit großen Anstrengungen für den zivilen Wiederaufbau
vor Ort. Kein Land hat so viel Verantwortung in der Bal-
kanregion übernommen wie Deutschland mit 4 600 Sol-
daten im Kosovo und in Bosnien-Herzegovina, mit unse-
rer Unterstützung des Stabilitätspaktes, der SAA, also
des Assoziierungsprozesses, und mit Wiederaufbaumaß-
nahmen in den einzelnen Ländern.

Deutschland setzt sich nach wie vor ganz entschieden
für den Nahostfriedensplan, niedergelegt in der Road-
map, ein. Gerade das Engagement des deutschen Außen-
ministers Joschka Fischer in dieser Frage findet weltweit
außerordentlich große Anerkennung.

Dies alles sind die Gründe für das gestiegene Anse-
hen Deutschlands in der internationalen Politik.

a
B
F
k
d
D
g

w

I
ti

r
li
h
d
d
w
g
s
h
r
D

n
ti
M
s
m
w
s
b
d
S
e
I
e
d
d
u

A
in
b
E
T
w
P
v

(C (D (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Sichtbar geworden ist dieses gestiegene Ansehen
uch an zwei so nicht erwarteten Einladungen an den
undeskanzler. Er wurde eingeladen, an der 60-Jahr-
eier des D-Day in der Normandie und an dem Geden-
en des Aufstandes von Warschau teilzunehmen und
ort zu sprechen. Ich muss für meine Fraktion sagen:
er deutsche Bundeskanzler hat diese beiden Einladun-
en in überzeugender Weise genutzt und zu beiden An-
ssen kluge und einfühlsame Worte gefunden, denen
eltweit hoher Respekt gezollt wurde.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


ch möchte ihm ausdrücklich auch im Namen der Koali-
on für das danken, was er dort getan hat.
Die letzten Monate waren auch von einer anderen He-

ausforderung für die Weltöffentlichkeit geprägt, näm-
ch von der menschlichen Tragödie in Darfur. Auch hier
at es ein ungewöhnlich intensives Engagement der
eutschen Politik durch den Bundesaußenminister und
ie Staatsministerin Frau Müller sowie durch die Ent-
icklungsministerin Frau Heidemarie Wieczorek-Zeul
egeben. Der Letzteren möchte ich herzlich für die Lö-
ung der nicht einfachen Aufgabe danken, anlässlich des
undertjährigen Gedenkens des Hereroaufstands die
ichtigen Worte vor Ort zu finden. Ihr gilt dafür unser
ank und unsere Anerkennung.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Herr Kollege Schäuble, nur weil es dieses internatio-
ale Ansehen der deutschen Politik gibt, ist es realis-
sch, sich im Augenblick ernsthaft um eine ständige
itgliedschaft im Weltsicherheitsrat zu bemühen. Das

ollte eigentlich auch Ihre Unterstützung finden. Sie
üssen einmal der deutschen Öffentlichkeit erklären,
elche Position Sie eigentlich vertreten. Auch Sie wis-
en, dass sich der Sicherheitsrat in einem Reformprozess
efindet. Das Wahrscheinlichste wird sein, dass die Zahl
er Mitglieder auf 24 oder 25 festgelegt wird. Wollen
ie dann ernsthaft sagen, dass es für Europa ausreicht,
inen einzigen Sitz unter 25 zu haben? Das kann nicht
hre Position sein. Bei einer Erweiterung ist es in der Tat
in internationaler Wunsch, dass Deutschland auch für
ie Inhalte der eigenen Politik mehr Verantwortung in
en Vereinten Nationen übernehmen soll. Es ist völlig
nverständlich, dass das nicht Ihre Unterstützung findet.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir haben Fortschritte erzielt – diese tragen auch zum
nsehen der deutschen Politik bei – und konnten unsere
haltlichen Vorstellungen von Politik in der EU voran-
ringen. Ich rede hier vor allen Dingen von dem großen
rfolg einer gemeinsamen EU-Strategie unter dem
itel „Ein sicheres Europa in einer besseren Welt“, in der
ir viele unserer inhaltlichen Überzeugungen mit dem
rimat von präventiver Politik, mit dem Primat von
orausschauender Friedenspolitik wiederfinden. Wir






(A) )



(B) )


Gernot Erler

werden uns weiter mit Zustimmung vieler anderer Län-
der dafür einsetzen, dass sich die internationale Politik
auf starke Weltorganisationen, insbesondere auf eine
starke UN, stützt und sich auf die Geltung und Verteidi-
gung des internationalen Rechts konzentriert. Dabei geht
es um die Abwehr von Gefahren und um das Festhalten
an internationalen Verträgen und an internationaler Ver-
tragspolitik und natürlich auch um die konkrete Lösung
von gefährlichen regionalen Konflikten.

Damit komme ich zu den aktuellen Ereignissen in
der Russischen Föderation und in Beslan. Die russi-
sche Gesellschaft hat in der Tat in den letzten Tagen eine
Eruption von Gewalt erlebt und eine bisher noch nicht da
gewesene Serie von brutalsten Anschlägen ertragen
müssen. Innerhalb von einer Woche wurden zwei Flug-
zeuge zum Absturz gebracht, dabei gab es 90 Tote. Bei
einem Selbstmordattentat mitten in Moskau wurden
11 Menschen getötet. Das Grauen von Beslan hat min-
destens 335 Tote gefordert, davon sind mehr als die
Hälfte Kinder. Es ist kein Zufall, dass sich diese Serie
von Attentaten um den Tag der tschetschenischen Präsi-
dentschaftswahl gruppiert hat.

Die russische Gesellschaft steht unter Schock und ist
traumatisiert. Es ist dort ein Gefühl von Verlassensein
verbreitet. Für uns besteht jetzt das Wichtigste darin, für
die betroffenen Menschen vor Ort eine Demonstration
der tätigen und sichtbaren Unterstützung und Solidarität
auf die Beine zu stellen. Dazu sind jede Form von Hilfe,
jede medizinische und psychologische Unterstützung
und menschliche Kontakte notwendig.

Das Gefährlichste und Falscheste wäre jetzt eine Ein-
igelung Russlands als Reaktion auf diesen Schock. Wir
haben die Absage des Deutschlandbesuchs des russi-
schen Präsidenten mit Bedauern zur Kenntnis genom-
men. Wir haben in dieser Lage aber auch Verständnis da-
für. Wir werden jedoch die Chance nutzen, die sich in
den nächsten zwei Tagen mit dem 4. Petersburger Dialog
in Hamburg bietet, um mit unseren Partnern sowie unse-
ren Kolleginnen und Kollegen aus Russland intensive
Gespräche zu führen.

Jeder von uns wird in den nächsten Tagen und auch in
den nächsten Wochen und Monaten nicht mit erhobenem
Zeigefinger, sondern mit ausgestreckter Hand in diese
Gespräche gehen. Die richtige Form, auf diese Situation
zu reagieren, ist die, dass wir versuchen, gemeinsame
und richtige Antworten in dieser bedrohlichen Situation
zu finden.

Ausgangspunkt dabei müssen unsere gemeinsamen
Sorgen sein, die in diesen Tagen zunehmend auch in der
russischen Gesellschaft formuliert werden. Wir müssen
darüber sprechen, wie realistisch die bisherigen Erfolgs-
meldungen der russischen Regierung in Sachen Lösung
des Konflikts, die so genannte Tschetschenisierung des
Konflikts, gewesen sind. Wir brauchen in Wirklichkeit
eine ehrliche Bestandsaufnahme als Ausgangspunkt für
alle weitere Zusammenarbeit in diesem Feld.

Es muss geklärt werden, was eine politische Lösung,
zu der sich auch der russische Präsident wiederholt be-
kannt hat, eigentlich bedeutet. Natürlich kann das nicht

h
f
m

z
r
w
d
D
n
s
k
K

d

s
z
u
P
d
d
n
d

M
v
w
s

u
f
w
g
s
G
k
r
t
w
s

P

F

(C (D eißen, Verhandlungen mit feigen Kindermördern zu ühren. Es gibt aber andere Elemente, die man erörtern uss, um Beispiel warum die Basis dieser gewaltbereiten Teroristen nicht kleiner, sondern offensichtlich größer ird, immer wieder nachwächst, und welche Rolle dabei ie anhaltende Gewalt gegen die Zivilbevölkerung, die rangsalierung der Zivilbevölkerung in Tschetscheien spielt, teilweise durchgeführt – das muss man leider agen – durch korrupte Teile der russischen Sicherheitsräfte, aber auch durch diese Milizen des Herrn adyrow, die so genannten Kadyrowsy, (Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Da liegen Sie richtig! Sie sollten einmal im Kanzleramt vortragen! Ich glaube nicht, dass Herr Schröder das auch so sieht!)


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Richtig!)


ie illegal gegen die eigene Bevölkerung vorgehen.
Weiterhin ist zu klären, welche Rolle bei der politi-

chen Lösung eine glaubwürdige ökonomische und so-
iale Perspektive für die tschetschenische Bevölkerung
nd die ganze Region des Nordkaukasus spielt. Es war
räsident Putin selber, der sich im Mai bei einer Reise in
ie Region davon überzeugen konnte, dass die Milliar-
en Rubel, die dort investiert werden, offensichtlich gar
icht dort ankommen, wo sie hin sollen. Das trägt zu
ieser Hoffnungslosigkeit vor Ort bei.
Diese Verbindung von fehlender Perspektive und
enschenrechtsverletzungen rechtfertigt keine Form
on Gewalt. Es ist aber wichtig zu erkennen, dass sie
omöglich für dieses Nachwachsen der Gewaltbereit-
chaft mit Verantwortung trägt.
Ingesamt sind wir davon überzeugt: Unser Nachbar

nd Partner Russland braucht jetzt viel Kraft, um die
urchtbaren Prüfungen zu bestehen und um klug und
irksam zu reagieren und sich nicht in Hass- und Rache-
efühlen zu verlieren. Wir sind bereit, dabei Partner zu
ein. Wir sind aber auch überzeugt, dass nur eine offene
esellschaft die Kraft, die dort benötigt wird, aufbringen
ann, eine Gesellschaft, die eine transparente Regie-
ungspolitik öffentlich diskutiert. Diese Kraft, die benö-
igt wird, um mit diesen Herausforderungen fertig zu
erden, kann nur von einer funktionierenden Zivilge-
ellschaft aufgebracht werden.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


In diesem Sinne sind wir bereit, in dieser Situation
artner von Russland zu sein.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Guido Westerwelle [FDP])



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1512203700

Das Wort hat nun der Kollege Dr. Wolfgang Gerhardt,

DP-Fraktion.






(A) )



(B) )



Dr. Wolfgang Gerhardt (FDP):
Rede ID: ID1512203800

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Ich will mit dem ersten Teil meines Beitrages an
die Worte des Kollegen Erler anknüpfen. Herr Erler, ich
habe Ihnen zugehört und stimme Ihnen zu. Ich war mir
aber sehr bewusst, dass diese Differenziertheit, dieser
moralische Kompass beim deutschen Bundeskanzler
nicht so sehr vorhanden war, als er sich zu den Wahl-
vorgängen in Tschetschenien geäußert hat. Das muss
mit aller Klarheit gesagt werden.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: So ist es! – Gernot Erler [SPD]: Unterschätzen Sie das nicht!)


Trotz der großen Entfernung ist uns die Differenziert-
heit, die ethnische Problematik, die historische Proble-
matik im Kaukasus – für manchen auch aus den Ge-
schichtsbüchern – völlig präsent. Aber wir haben uns
nicht vorstellen können, dass die sich langsam öffnende
russische Führung und die russischen Eliten, die eigent-
lich auf dem Weg waren, sich – jedenfalls zum Teil –
von ihrem alten imperialen Größendenken zu verab-
schieden, immer wieder eindimensional reagiert haben.
Immer wieder wurde die Zentralmacht durch Terroris-
mus herausgefordert. Immer wieder erfolgte die
Anwendung militärischer Gewalt. Es gab überhaupt
keine multiple Annäherung an Konfliktlösungen.

Natürlich hat der Bundeskanzler Recht, dass man mit
diesen Terroristen nicht verhandeln kann. Aber jedem,
der – auch im befreundeten Russland – politische Füh-
rungsverantwortung hat, muss klar sein, dass solche Kri-
sen Inkubationszeiten haben und schon vorher Warn-
signale aussenden. Man hätte sich rechtzeitig um ein
Netzwerk bemühen müssen, das einem vielleicht Ver-
handlungssituationen gestattet hätte.

Wir müssen Russland unsere ausgestreckte Hand zei-
gen. Darüber gibt es keinen Streit. Aber das offene Wort
darf deshalb nicht unter den Tisch fallen. Wir wollen die
Kräfte in Russland stärken – dafür gibt es im Bundestag
eine deutliche Mehrheit –, die sich international orientie-
ren und öffnen wollen. Dazu gibt es überhaupt keine Al-
ternative.

Es gibt, wie der Bundesaußenminister gesagt hat,
auch im „wider middle east“ keine Konfliktlösung ohne
Russland. Aber Russland wird nur dann zu einem welt-
weiten Beitrag fähig sein, wenn es sich öffnet, sich
Transparenz gibt, nicht nur nach einem innenpolitischen
Reaktionsmuster verfährt und keine selektiv motivierte
politische Justiz hat. Chodorkowski ist doch nicht der
einzige Oligarch, der gegen Gesetze verstoßen hat. Dort
kommt es zu einem völligen Gleichschalten des russi-
schen Fernsehens: Der eine Kanal wird in einen seichten
Kanal umgewandelt, der andere mit Geldern, die aus
Energiereserven stammen, mal eben aufgekauft.

Neulich schrieb ein Journalist, gegen Realpolitik
wolle man ja nicht wettern. Ich wäre der Letzte, der das
täte; denn ich weiß, was außenpolitisch notwendig ist.
Aber die deutsche Bundesregierung dürfte schon ein
bisschen klarer ihren moralischen Kompass zeigen. Das
will ich hier doch sagen.

ß
B
F
s
s
F
n

s
d
d
m
m
i
r
l
B
k

m
d
w
r
m
a
f
m
m
D

t
a
l
s
E
Ü
d
u
ü

z
m
e
g
w
k
m
g
G
a
w
z
f

(C (D (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ein völlig unbestrittener Punkt, den der Bundesau-
enminister angesprochen hat, ist das transatlantische
ündnis. In dieser Hinsicht braucht die Fraktion der
DP gar keine Hinweise. Für uns gehört es zur Staatsrä-
on der Bundesrepublik Deutschland, und das ist immer
o gewesen. Aber dann muss Deutschland in Europa
ührungsverantwortung übernehmen und darf sich nicht
eben oder hinter Frankreich verstecken.


(Zuruf von der SPD: Das hat niemand getan!)

Seit dem Irakkrieg gibt es einen Verlust der politi-

chen Führungsfähigkeit Deutschlands. Früher war jeder
eutsche Bundeskanzler fähig, willens und in der Lage,
as transatlantische Bündnis zu wahren, Frankreich
öglichst nah dabei zu halten und in Europa zusammen
it Frankreich die Motorfunktion zu übernehmen. Das
st nicht mehr in ausreichendem Maße der Fall. Aber ge-
ade Deutschland ist auf eine funktionierende und hand-
ungsfähige Europäische Union und auf Amerika als
ündnispartner angewiesen. Daran gibt es überhaupt
einen Zweifel.
Wenn man einen Sitz im Sicherheitsrat anstrebt,
uss man wissen, dass er reichlich unbequem ist und
ass man dieser Führungsverantwortung auch gerecht
erden muss. Die Diskussion über einen solchen Sitz
eicht nicht aus; man muss dann auch dafür sorgen, dass
an über die politischen Führungsfähigkeiten und vor
llem über die militärisch-strategischen Fähigkeiten ver-
ügt. Wir sind kein „Enfant chérie“ des Kalten Krieges
ehr. Wir können in Situationen kommen, in denen wir
it anderen zusammen sehr hart reagieren müssen.
ann müssen wir auch gemeinsame Risiken tragen.


(Zuruf von der SPD: Das tun wir doch!)

Aber auf vielen Feldern sind wir, was unsere interna-

ionale Reaktionsfähigkeit betrifft, schon heute praktisch
m Ende. Ich habe mich neulich sehr von einer Mittei-
ung des Bundesverteidigungsministers überraschen las-
en, in der er sich spielerisch über einen militärischen
insatz in Afrika äußerte, während wir bisher – meiner
berzeugung nach zu Recht – dauernd die Erklärungen
er Bundesregierung gehört haben, dass wir bezüglich
nserer Wehrstruktur und unserer Streitkräftesituation
berhaupt kein entsprechendes Volumen mehr haben.
Schon bei den bisherigen Einsätzen sind wir an Gren-

en angelangt; darauf will ich jetzt einmal kommen. Wir,
eine Fraktion, die FDP, haben den meisten Auslands-
insätzen zugestimmt. Wir wissen, dass wir gegenwärtig
ar keine Alternative haben, etwa auf dem Balkan. Aber
ir dürfen doch einmal legitimerweise, ohne in den
leinkarierten innenpolitischen Schlagabtausch zu kom-
en, nachfragen, was denn das bisherige politische Er-
ebnis des Einsatzes deutscher Soldaten ist. Denn im
runde genommen sind wir an einem Punkt angelangt,
n dem Soldaten als Politikersatz in Regionen entsandt
orden sind, ohne dass durchschlagende politische Kon-
epte erkennbar sind, die dort zu politischen Lösungen
ühren.






(A) )



(B) )


Dr. Wolfgang Gerhardt


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das habe ich jetzt einmal zitiert, das sagt Ihnen und der
Bundesregierung Christoph Bertram von der „Stiftung
Wissenschaft und Politik“. Sie haben doch selbst alle ge-
merkt, liebe Kolleginnen und Kollegen, auch aus den
Regierungsfraktionen: Es hat ein kleiner Funke genügt
und im Kosovo entzündete sich innerhalb weniger Stun-
den wieder der Hass, der diese Region seit zig Jahrzehn-
ten prägt.

Ich will jetzt nicht über die militärische Führung re-
den; man muss dem genauer nachgehen, was dort viel-
leicht an strategischen Fehlern gemacht worden ist. Die
Kernfrage ist, ob denn während der Zeit der Stationie-
rung von Militär die politischen Lösungsansätze mit
Kraft weiterbetrieben worden sind. Der Bundesverteidi-
gungsminister hat gestern, zum ersten Mal wohl, gesagt:
Na ja, „Standard vor Status“ – das wird so nicht mehr zu
halten sein. Und er hat dargelegt, dass es doch eigentlich
ohne Ergebnis ist, wenn man mit hohem Milliardenein-
satz Dörfer wieder aufbaut – Eurozusagen pro Haus –,
aber nur eine ältere Bevölkerung einzieht und man nur
kleine Enklaven schützt, ohne dass sich dort mentalitäts-
mäßig etwas bewegt.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das hinterfrage ich auf Dauer und da interessiert mich
bei der Verlängerung von Mandaten schon, wo denn
politisch etwas bewerkstelligt werden könnte.


(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Und da ist Herr Fischer sprachlos!)


Herr Bundesaußenminister, Stichwort Afghanistan;
ich wiederhole meine Fragestellung an Sie. Kunduz ist
bisher für mich, meine Fraktion, meine Kollegen, weiter
eine Stecknadel im Heuhaufen. Es ist nicht die Vielzahl
von Nationen mit Provincial Reconstruction Teams und
der Abdeckung und der Sicherung hinzugekommen, wie
es damals erklärt worden ist.


(Joseph Fischer, Bundesminister: Doch!)

Sie haben eine Zellteilung gemacht, gehen jetzt noch
nach Faizabad. Aber andere sind nicht dabei.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Drei Schweizer sind dazugekommen!)


Ich meine ja nicht, dass wir jetzt leichtfertigerweise
sagen sollten: Wir führen das nicht weiter. Aber ich er-
laube mir doch die Frage, was Sie denn am Ausgang ei-
nes solchen Engagements sehen, wenn andere nicht da-
zukommen. Die Bundesregierung hat am Anfang
vorgetragen, wer bei Kunduz dazukommt. Das stimmt
bis heute nicht. Afghanistan ist ein Riesenland, und wir
haben in der Fläche nicht ein Mindestmaß an Durchset-
zung von Staatsautorität. Sie sind der Außenminister,
Herr Fischer. Wenn ich es wäre, würde ich hierher treten
und dazu etwas erklären.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


S
t
m

G
d
l
a
d
d
n
d
m
r

D
t

d
g
U
P
d
b
m
t

W
z
s
n
z
b
l
H
f
s
l
D
m
a
l
a
B
m
a

n
n
t
I
g
v

I
g

(C (D ie haben damals die Erklärung abgegeben und ein breies Spektrum von Nationen genannt, das so jetzt nicht ehr zutrifft. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass wir an der renze angekommen sind, was die Verteilung von Solaten anbetrifft, und dass wir mehr gegenwärtig nicht eisten können. Wenn wir von einem Parlamentsheer usgehen, hat dieser Bundestag einen Anspruch darauf, ass er bei Mandatsverlängerung immer nicht nur ausrücklich die neuen Kontingente genannt bekommt, die eue Verteilung, die neue Zahl, die neue Führung, sonern dass auch eine klare Unterrichtung stattfindet, was an damit politisch und in welchem Zeitabschnitt zu ereichen gedenkt. as steht aus. Sie sind in dem Bereich gegenwärtig poliisch nur sehr bescheiden auskunftsfähig. In einem weiteren Punkt haben wir keine Kritik an er Außenpolitik, aber doch ernsthafte Nachfragen: Wie eht es, auch mit der Beteiligung der Europäischen nion, weiter in dem Quartett bezüglich Israel/ alästina? Sie, Herr Bundesaußenminister, haben sich abei immer besonders engagiert; das will ich gar nicht estreiten. Aber wahr ist, dass wir in dieser Region imer noch einen Status haben, der für die Menschen unerräglich ist. (Zuruf von der SPD: Das liegt aber nicht an der Bundesregierung!)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


ir hatten damals vorgeschlagen, einen ähnlichen Pro-
ess in die Wege zu leiten, wie die KSZE bzw. der Hel-
inki-Prozess es für Europa gewesen ist. Ich kann mich
och sehr genau an Ihre Miene erinnern: Das war Ihnen
u leicht. Ich habe der Sicherheitskonferenz in München
eigewohnt und hörte dann zu meinem Erstaunen einen
ängeren Vortrag, der diesen gedanklichen Ansatz hatte.
aben Sie ihn auf der internationalen Bühne weiterver-
olgt? Ist daraus etwas geworden? Was ist aus den politi-
chen Ansätzen des Quartetts hinsichtlich Israel und Pa-
ästina geworden? Wird dort noch ein diplomatischer
ruck auf beide Seiten ausgeübt? Begnügt man sich jetzt
it dem Abzug aus dem Gaza-Streifen? Wie sieht man
m Ende die Siedlungspolitik, die auch einer Beschluss-
age der Vereinten Nationen unterliegt? Wird das offen
usgetauscht? Glauben Sie, mit einem solchen deutschen
eitrag in der internationalen Arrondierung dort etwas
it bewerkstelligen zu können? Haben Sie die Hoffnung
ufgegeben oder sehen Sie neue Perspektiven?
Das alles interessiert ein Parlament; das ist kein in-

enpolitischer Schlagabtausch. Wir haben keine Mei-
ungsunterschiede darüber, dass Deutschland einen Bei-
rag gegen die Unebenheiten in der Welt leisten muss.
hre Bescheidenheit, dass Sie sich mit dem gegenwärti-
en Status zufrieden geben, unterscheidet Sie dann doch
on uns.


(Lothar Mark [SPD]: Als ob wir uns zufrieden geben!)


ch würde mich als Bundeskanzler nicht damit begnü-
en, hier zu erklären, dass wir unsere Beiträge an die






(A) )



(B) )


Dr. Wolfgang Gerhardt

Vereinten Nationen zahlen, dass wir unsere Soldaten ent-
senden, was wir selbst bezahlen, und dass wir in der Er-
füllung internationaler Pflichten sehr korrekt sind. Nein,
die deutsche Außenpolitik muss auch außenpolitische
Ziele haben. Die strategischen Entwürfe müssen eine
Annäherung an diese Ziele begründen. Deshalb war mir
das, was Sie ausgedrückt haben, zu bescheiden. Ihren
Problemhorizont bezogen auf „wider middle east“ habe
ich auch.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir beurteilen auch die Lage in Russland nicht unter-
schiedlich. Dass wir Realpolitiker sind und dass wir das
im Laufe der deutschen Geschichte mühsam lernen
mussten, unterscheidet uns nicht. Die Bescheidenheit Ih-
rer Auskünfte über politische Lösungen der deutschen
Außenpolitik überrascht mich aber doch. Wir sind eine
der großen Volkswirtschaften der Welt und haben ein
stabiles demokratisches Parlament. Wenn die Regierung
Mandate verlängert haben will, mit denen wir deutsche
Soldaten entsenden, dann muss sie uns schon mehr sa-
gen. Das kann kein Politikersatz sein.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Dr. Ludger Volmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe Sorge, dass Sie sich überheben!)


Zum Abschluss verknüpfe ich meine Ausführungen
noch einmal mit dem Punkt, über den man sich streitig
unterhalten kann, ob man nämlich im Sicherheitsrat ei-
nen Sitz für die Europäische Union oder einen Sitz für
Deutschland anstrebt. Wir wissen auch, dass die Charta
geändert werden müsste, dass bisher nur Staaten Mit-
glied im Sicherheitsrat sein können und dass es auch dort
Varianten gibt. Mich stört auch nicht, dass unsere italie-
nischen Nachbarn sagen, dass es nicht so gut wäre, wenn
wir einen Sitz anstreben würden. Wenn Deutschland ei-
nen Sitz anstrebt, dann muss es sich in seiner Außen-
und Sicherheitspolitik auch die entsprechende Struktur
und den entsprechenden Gestaltungswillen geben und
dies durch Führungsverantwortung innerhalb der Gesell-
schaft auch vermitteln. Wenn es das nicht tut, dann nutzt
die Diskussion über einen Sitz allein nichts.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Lothar Mark [SPD]: Sehr bescheidener Beitrag!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1512203900

Ich erteile der Kollegin Uta Zapf, SPD-Fraktion, das

Wort.

Uta Zapf (SPD):
Rede ID: ID1512204000

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Ich habe wirklich den Eindruck, dass wir ganz enorm an-
einander vorbeireden, dass die einzelnen Debattenredner
der Opposition hier überhaupt nicht zugehört haben, was
Außenminister Fischer gesagt hat, und dass sie auch gar
nicht begreifen, welche enormen Beiträge der Deutschen
es zur Bildung einer europäischen Außenpolitik gegeben

h
l

v
w
s
P
h

n
V
a
n
s
d
a
n
n
b
K
U
s
A
E
B
b
K
d

G
b
d
r
e
s
b
u
k
d
D
s
w

e

D
K
J
d

I
d
b

(C (D at und welche Beiträge im internationalen Rahmen geeistet worden sind. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Kollege Gerhardt, wenn Sie in Bezug auf den Kosovo
on Soldaten als Politikersatz reden, dann ist das nun
ahrlich zu kurz gesprungen. Wenn Sie von der Be-
cheidenheit der deutschen Beiträge zur internationalen
olitik reden, dann blenden Sie damit aus, was gesche-
en ist.


(Lothar Mark [SPD]: Richtig!)

Der Herr Kollege Erler hat vorhin in einer ganz klei-

en Passage seiner Rede darauf hingewiesen, welche
eränderungen es auf der europäischen Bühne in den
ußenpolitischen Strategien seit 1999 gegeben hat,
achdem wir begriffen hatten, dass auch auf europäi-
chem Boden noch Konflikte entstehen können und dass
ie Europäer in ihrem näheren Umfeld, aber natürlich
uch international Beiträge leisten müssen. Das gipfelt
icht nur in der europäischen Sicherheitstrategie, die ei-
en präventiven Ansatz hat, sondern auch in der Heraus-
ildung der zivilen und militärischen Kapazitäten zur
risenbewältigung. Diese reichen als Beiträge für die
NO. Mit dem Zentrum für internationale Friedensein-
ätze zum Beispiel haben wir entscheidende Beiträge zur
usbildung solcher Kapazitäten auf internationaler
bene geleistet. Es ist das ganz zentrale Verdienst der
undesregierung, dass nicht nur die militärische Seite
etrachtet worden ist, sondern auch der ganze breite
ontext der zivilen Konfliktlösung und Friedenskonsoli-
ierung angewendet worden ist.
Werfen wir doch einmal einen Blick auf den Balkan.
erade auf dem Balkan ist diese Politik trotz aller Pro-
leme, die in den letzten Wochen im Zusammenhang mit
em Kosovo angesprochen worden sind, enorm erfolg-
eich gewesen. Wir haben nämlich den Ländern Südost-
uropas eine belastbare Perspektive gegeben, wonach sie
ich bei Demokratisierung, bei regionaler Zusammenar-
eit und bei der Einlösung gewisser Standards in die EU
nd in die NATO integrieren können. Das hat seine Wir-
ung gezeigt. Denken Sie an Slowenien und an Kroatien,
as jetzt Verhandlungen über einen EU-Beitritt beginnt.
enken Sie auch an die anderen Länder, die sich in die-
er Hinsicht auf den Weg gemacht haben; mal mehr, mal
eniger erfolgreich.
Dazu gehört ebenso der Stabilitätspakt für Südost-

uropa. Dieser Stabilitätspakt ist ein deutsches Kind.

(Zustimmung bei Abgeordneten der SPD)


ieser deutsche Vorschlag wurde wenige Tage nach dem
osovo-Krieg auf den Tisch gelegt. Er ist jetzt fünf
ahre alt. Ich glaube, die Erfolge, die damit erreicht wor-
en sind, darf man in keiner Weise unterschätzen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ch sage auch, dass die konkrete Integrationsperspektive,
ie wir diesen Ländern in Thessaloniki signalisiert ha-
en, ein ausschlaggebendes Moment ist.






(A) )



(B) )


Uta Zapf

Ich komme zu einem anderen Thema, das Kollege

Gloser noch vertiefen wird. Die Kritik an dem, was Au-
ßenminister Fischer in Bezug auf die Türkei und damit
auf andere Konfliktfelder, zum Beispiel im Nahen Os-
ten, unter sicherheitspolitischen Gesichtspunkten vorge-
tragen hat, sollten Sie sich noch einmal überlegen. Auch
hier haben wir im Hinblick auf die regionale Befriedung
eine Erweiterungsperspektive unter sicherheitspoliti-
schen Gesichtspunkten eröffnet. Ich glaube, wir müssen
uns alle erneut zusammensetzen und darüber noch ein-
mal nachdenken.

Ich will mich jetzt der militärischen Sprache bedie-
nen: Ruhig, aber nicht stabil – so möchte ich es ausdrü-
cken – ist die Lage insgesamt auf dem Balkan, nachdem
im Kosovo die Pogrome beendet sind. Aber wir sind
noch lange nicht über den Berg. Wir müssen noch einen
Haufen Probleme anpacken.

Ein ganz wichtiges Problem, das wir lösen müssen, ist
das Problem Kosovo. Mir geht es nicht um den KFOR-
Einsatz. Darüber werden wir anschließend noch debat-
tieren. Dazu werden wir heute noch die gesetzlichen
Grundlagen beschließen, die notwendig sind, um unsere
Kontingente der KFOR adäquat auszurüsten. Darüber
haben wir alle miteinander diskutiert. Vielmehr geht es
mir um die Frage: Wie lösen wir das Kosovo-Problem
angesichts ganz unterschiedlicher Probleme in der Re-
gion – Serbien ist ganz entschieden für einen Verbleib
des Kosovo – und angesichts der Resolution 1244 des
UN-Sicherheitsrates?

Die FDP hat eine Europäisierung in Form eines euro-
päischen Treuhandgebietes vorgeschlagen: also UN raus
und EU rein. Aber das reicht nicht. Ich habe bedauert,
Kollege Stinner, dass Sie damals im Ausschuss nicht be-
reit waren, Ihren Antrag zurückzustellen, damit wir ihn
noch einmal gemeinsam beraten können.

Aber es wird wahrscheinlich ein Stückchen helfen,
wenn wir uns den Bericht des Sonderbeauftragen des
UN-Generalsekretärs, Kai Eide, ansehen. Dort sind un-
terhalb der Schwelle der Resolution 1244 jede Menge
sehr positive und wichtige Vorschläge gemacht, um den
Konflikt vor Ort zu beeinflussen. Der Konflikt ist nicht
nur aufgrund der ethnischen Probleme eskaliert, sondern
auch deshalb, weil sich UNMIK und die provisorische
Regierung gegenseitig enorme Vorwürfe gemacht haben.
Die einen haben gesagt: Ihr tretet auf wie die Kolonial-
herren. Bei den anderen hieß es: Ihr könnt es nicht.

Beides stimmt natürlich nicht ganz, aber Kai Eide hat
darauf hingewiesen, dass gerade bei den Strukturen von
UNMIK ein Bedarf besteht und dass wir an die proviso-
rische Regierung mehr Verantwortung übergeben müs-
sen, als das bisher gelungen ist. Umgekehrt übernimmt
sie damit mehr Verantwortung für die Umsetzung der
Gesetzgebung, die die Statusregelungen betrifft. Das
hilft uns aber alles nicht, wenn wir nicht tatsächlich eine
Statusperspektive aussprechen.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner)


Die Mehrheit der Bevölkerung im Kosovo will Unab-
hängigkeit, Unabhängigkeit und noch mal Unabhängig-

k
E
s
S
l
z

g
d
w
g
w

K

j

s
h
u
P
w
d


n
s
n
a
B
w
g
z
G
t
ü
d

D
e
u
r
h
t
w
b
w
h
n

(C (D eit. Bisher gibt es keine klare Aussage darüber, ob am nde des Weges die Unabhängigkeit steht, sondern es teht Erwartung gegen Erwartung. Zunächst sollen die tandards erfüllt werden, im Jahr 2005 wird die Erfülung der Standards überprüft und erst dann soll der Proess beginnen. Ich war erst kürzlich im Kosovo und kann Ihnen sa en: Die albanischen Kosovaren erwarten im Jahr 2005 ie Unabhängigkeit. Natürlich ist diese schnelle Enticklung illusorisch, weil es in der Region noch eine anze Menge anderer Probleme gibt, die sich auch echselseitig beeinflussen. Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des ollegen Stinner? Wenn es nicht auf meine Redezeit angerechnet wird, a. Frau Kollegin, vielen Dank. Sind Sie bereit zur Kenntnis zu nehmen, dass die Vor chläge im Eide-Bericht sehr nahe in die Richtung geen, die wir vorgeschlagen haben, und sind Sie bereit, ns zuzugestehen, dass Herr Eide in seinem Bericht die osition des Bundesaußenministers, die dieser heute ieder vertreten hat, expressis verbis ablehnt und ausrücklich sagt, dass die formelhafte Wiederholung von Standards vor Status“ nicht mehr adäquat ist? Kollege Stinner, Sie haben Recht und Sie haben auch icht Recht, weil sich Kai Eide peinlichst an eine Löung gemäß der UNO-Resolution 1244 hält. Er regt icht an, jetzt schon den Status auszusprechen. Er regt n, auf einer unteren Schwelle Gespräche zu führen, zum eispiel mit den Russen und mit den Serben. Ich denke, as er sagt, ist richtig. Außenminister Fischer hat davon esprochen – obwohl ich ihm, wenn man den Satz eineln betrachtet, nicht beistimmen würde –, dass der rundsatz „Standards vor Status“ uneingeschränkt gelen muss. Aber es wird ja auch nicht so sein, dass wir ber den Status entscheiden, ohne dass bestimmte Stanards erfüllt sind. (Beifall des Abg. Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD])

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512204100
Uta Zapf (SPD):
Rede ID: ID1512204200
Dr. Rainer Stinner (FDP):
Rede ID: ID1512204300
Uta Zapf (SPD):
Rede ID: ID1512204400

as haben jetzt klugerweise endlich, obwohl sie vorher
twas anderes gesagt haben, auch die Kollegen Schmidt
nd Struck gesagt. Es läuft doch auf eine Parallelisie-
ung der Vorgänge hinaus. Man muss signalisieren – das
aben einige auch schon getan –, dass es nicht beim Sta-
us quo ante und auch nicht beim Status quo bleiben
ird. Es wird auch kein europäisches Treuhandgebiet
leiben, sondern am Ende wird – das ist meine Meinung,
eil es gar nicht anders geht – die kosovarische Unab-
ängigkeit, die Souveränität stehen. Ein solch souverä-
er Staat wird dann in die europäischen Strukturen ein-






(A) )



(B) )


Uta Zapf

gegliedert werden; das ist auch in unserem europäischen
Interesse, Herr Stinner. Ich glaube, dass Ihr Antrag die-
sem Bedürfnis nicht ganz gerecht wird. Aber ich nehme
an, dass wir weiter darüber diskutieren werden und viel-
leicht auch parlamentarisch zu einer Lösung kommen.


(Lothar Mark [SPD]: Man muss das, was man liest, auch verstehen!)


Ich möchte in den zwei Minuten Redezeit, die mir
bleiben, noch auf ein paar Probleme eingehen, die auch
mit der Übergabe von mehr Verantwortung zu tun ha-
ben. Ein wichtiges Problem muss sehr schnell angegan-
gen werden, das Problem der wirtschaftlichen Entwick-
lung im Kosovo. Armut und zurückgehendes Wachstum
im Kosovo haben natürlich zur Frustration und zu den
Ausbrüchen beigetragen. Die Arbeitslosigkeit ist im
letzten Jahr um 10 Prozent gestiegen. Bei den 25-Jähri-
gen liegt die Arbeitslosigkeit bei 71 Prozent und mehr
als 50 Prozent der Arbeitslosen sind schlecht ausgebildet
oder haben keine Ausbildung.

Natürlich muss auch das Verhältnis zwischen der
UNMIK-Verwaltung und der provisorischen Regie-
rung schnell verbessert werden, damit die merkwürdi-
gen gegenseitigen Schuldweisungen aufhören. Das
heißt, es ist mehr Koordination gefordert. Hier könnte
die Europäische Union sehr schnell eine Rolle überneh-
men. Herr Preuß, der Rugova berät, hat dazu sehr weise
Vorschläge gemacht. Im Übrigen ist am 1. September
ein Büro eröffnet worden, mit dem die Europäische
Union endlich besser präsent ist. Ich glaube, dass
Pillar IV jetzt schon ganz in die europäische Verantwor-
tung übergehen könnte. Es wäre eine weise Entschei-
dung, wenn der wirtschaftliche Aufbau nicht nur von der
Europäischen Union finanziert, sondern auch verwal-
tungsmäßig verantwortet würde.


(Dr. Werner Hoyer [FDP]: Da muss die Kommission in die Gänge kommen!)


Wir müssen also von der UNMIK weg. Das können wir
ganz schnell machen.

Lassen Sie mich zuletzt auf die gesamten Probleme in
der Region eingehen. Ich mache mir große Sorgen über
das jetzt von der albanischen wie der mazedonischen
Opposition angestiftete Referendum in Mazedonien.
Dort sind 180 000 Unterschriften gesammelt worden.
Wenn dieses Referendum Erfolg hätte, dann würde es
ein schönes Beispiel von gelungener Politik sehr in Ge-
fahr bringen, weil dann das Ohrid-Abkommen nicht
mehr so umgesetzt werden könnte, wie es beschlossen
worden ist. Dann würden in diesem Bereich Konflikte
aufbrechen. Diese Konflikte würden nicht ohne Auswir-
kung auf den Rest der Region bleiben.

Lassen Sie uns alle daran mitwirken, dass wir dort,
wo es noch Schwierigkeiten gibt, als Deutsche, Europäer
und Parlamentarier diejenigen Kräfte ermutigen, die den
Prozess der Europäisierung mit uns gehen wollen. Das
ist in unserem eigenen Interesse.

Danke sehr.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


C

k
t
i
ü
Y
s

n
K
a
P
d
I
N
k
m

e
s
b
F
s
s

D
S
G
m
m
z
v

M
t
s

s
p

S
t
S


r

(C (D Das Wort hat der Kollege Dr. Gerd Müller, CDU/ SU-Fraktion. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Be ämpfung des internationalen Terrorismus ist die zenrale außenund sicherheitspolitische Herausforderung n der Welt. 350 Anschläge in 25 Ländern der Welt mit ber 4 000 Toten wurden seit dem Anschlag in New ork über Madrid bis Beslan gezählt. Das ist die chreckliche Bilanz, es ist eigentlich eine Kriegsbilanz. Herr Außenminister, Sie haben Recht: Der internatio ale Terrorismus kann nicht losgelöst von den großen risenherden der Welt gesehen werden. Deshalb wird uch der Erfolg unserer Außenpolitik, Ihrer und unserer olitik, davon abhängen, ob wir zur politischen Lösung er Probleme im Nahen Osten, in Tschetschenien, im ran und im Irak beitragen. Dazu hat Herr Gerhardt das otwendige gesagt. Auch Herr Erler hat ganz bemerenswert an das Thema herangeführt. Dem kann ich ich eigentlich anschließen. Ich möchte am Ende der außenpolitischen Debatte ine Bilanz ziehen. Dieser Außenminister hat zwei entcheidende Fehler von politischer Tragweite in seiner isherigen Amtszeit zu verantworten. Der eine zentrale ehler ist die nachhaltige Störung der transatlantichen Partnerschaft und die Gefährdung der Freundchaft zu Amerika. as Problem ist: Sie haben dies nicht einmal erkannt. ie setzen diesen unseligen Weg fort. Frau Däublermelin wird von Frau Wieczorek-Zeul getoppt. Man üsste auch einmal Fehler einsehen. Die Amerikaner üssen im Irak täglich einen hohen Preis auch dafür ahlen, dass sie uns von der schrecklichen, menschenerachtenden Diktatur Saddam Husseins befreit haben. Der zweite gravierende außenpolitische Fehler in der inusbilanz dieses Außenministers ist: Er ist ein Spal er. Er hat nicht nur die deutsch-amerikanische Freundchaft aufs Spiel gesetzt, (Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512204500
Dr. Gerd Müller (CSU):
Rede ID: ID1512204600

(Beifall bei der CDU/CSU)


ondern er ist auch ein Spalter innerhalb der Euro-
äischen Union.


(Lothar Mark [SPD]: Glauben Sie das, was Sie sagen?)


chauen Sie sich die letzten zwei, nicht einmal die letz-
en sechs Jahre an! Ich nenne die Stichworte „deutscher
onderweg Irak“, „Italien“,


(Lothar Mark [SPD]: Stimmen Sie mit mir überein, dass Sie selbst nicht glauben, was Sie sagen?)


Österreich“ und erinnere daran, wie diese Bundesregie-
ung im Ministerrat mit den Kleinen umspringt. Deshalb






(A) )



(B) )


Dr. Gerd Müller

stelle ich fest: Dieser Außenminister spaltet Europa. Das
ist der zweite gravierende Fehler.


(Lothar Mark [SPD]: Das ist ein nicht haltbarer Vorwurf! – Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Glauben Sie den Unsinn, den Sie erzählen, eigentlich wirklich?)


Um die große Herausforderung zu bestehen, die in der
Bekämpfung des internationalen Terrorismus liegt, kön-
nen und müssen wir, Amerikaner und Europäer, gemein-
sam mit Russland und der Weltvölkergemeinschaft eine
gemeinsame Strategie verfolgen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Spalterrolle und die Minusbilanz zeigen sich bei-

spielsweise auch in der Frage nach der Substanz des Ent-
wurfs einer europäischen Verfassung. Wir müssten mit
diesem Entwurf auch in der Außen- und Sicherheitspoli-
tik einen Quantensprung nach vorne machen. Denken
Sie an das klägliche Bild der Europäer bei ihrer Stellung-
nahme zum Iran in den letzten zwei Tagen! Notwendig
wäre eine Vergemeinschaftung der Außen- und Sicher-
heitspolitik über den Verfassungsentwurf. Aber dies ist
uns nicht gelungen, weil dieser Außenminister Europa
nicht zusammenführen kann. Wir alle zahlen einen ho-
hen Preis dafür.


(Lothar Mark [SPD]: Das ist doch lächerlich! Unglaublich, dieser Vorwurf!)


Die Freundschaft mit Russland ist wichtig; darauf hat
Herr Schäuble hingewiesen. Wir sehen ein Problem da-
rin – dass zeigt die Bewertung der Tschetschenien-
wahl –, wie der Bundeskanzler darüber denkt. Herr
Erler, Sie haben mit großer Ruhe, aber in aller Klarheit
die Einbettung des Terrorismusproblems in die politi-
sche und historische Entwicklung dieser Region darge-
legt. Dem kann ich zustimmen. Was wir aber an dieser
Stelle einfordern, ist, in der Bewertung der Frage der
Menschenrechte keine unterschiedlichen Maßstäbe an
die Amerikaner und an die Russen anzulegen. Was für
Bush gilt, muss auch für Putin gelten. Es geht nicht an,
sich auf einem Auge blind zu stellen. Ohne Reagan, der
vor wenigen Wochen gestorben ist, und ohne Bush
senior, die den Mut aufgebracht haben, in schwierigen
Zeiten, als das Brandenburger Tor noch geschlossen war,
den Sowjets zu sagen: „Die Mauer muss weg! Wir sehen
die Menschenrechtsverletzungen und bestehen auf der
Wiedervereinigung“, würde es die Mauer heute noch ge-
ben. Ohne Bushs Vater, Ronald Reagan und den Mut der
Amerikaner wäre die Mauer bis heute nicht geöffnet
worden.


(Beifall bei der CDU/CSU – Lothar Mark [SPD]: Und ohne Willy Brandt!)


Ich frage mich, wo unser grüner Außenminister für
die Menschenrechte, die Rechtsstaatlichkeit und die
weltweite Einhaltung des Völkerrechts – nicht nur in
Tschetschenien, in Russland und in China – eintritt.


(Zuruf von der SPD: Am Stammtisch kann man so etwas sagen, aber nicht hier!)


E
l
G
m

ß
F
r
b

I
d
l

t
s
R
d
s

F
d
p
s
h
b
s
d
d
m
W
s

F
r
d
g
n

F
W
t
d
b
i
F
E
k

(C (D in Held im Kampf für die Menschenrechte ist er sicherich nicht, Frau Roth. Er hat Ihre Seele und die Seele der rünen längst verkauft, nach dem Motto „Was nützt ir?“ (Beifall des Abg. Peter Hintze [CDU/CSU] – Dr. Ludger Volmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er hat mehr Niveau als Sie! – PetraEvelyne Merkel [SPD]: Wir sind doch nicht im Bierzelt!)


Seine politischen Erfolge sind bescheiden. Dieser Au-
enminister hat hohe Analysekapazitäten, aber zu der
rage, wie Probleme gelöst werden können, hat er – da-
auf hat Herr Gerhardt hingewiesen – nicht allzu viel zu
ieten.


(Gernot Erler [SPD]: Er ist aber der beliebteste deutsche Politiker!)


ch nenne als Beispiel den Kosovo und schließe mich
em an, was Minister Struck angemahnt hat: die feh-
ende Konzeption.
Ein weiteres Beispiel ist Afghanistan. Die „Frankfur-

er Rundschau“ hat dieser Tage getitelt: „Bundeswehr
chützt vor allem sich selbst“. In Afghanistan ist eine
ekordernte von Opium zu verzeichnen. Zwei Drittel
es Heroinaufkommens in Deutschland und Europa
tammen aus afghanischen Quellen.
Damit Klarheit besteht, Herr Fischer: Sie haben die

rage der Mandatsverlängerung angesprochen. Auf
ie Opposition konnten Sie sich trotz der Entwicklungs-
robleme und des mangelnden Erfolges immer verlas-
en, obwohl Sie zu Beginn des Mandats in Afghanistan
ier ausgeführt haben, dass sich das Mandat nur auf Ka-
ul erstreckt. Inzwischen sind wir nicht nur in Kabul,
ondern auch in Kunduz engagiert. Die Opposition hat
em nach reiflicher Prüfung zugestimmt. Wir werden
er Verlängerung dieses Mandats auch weiterhin zustim-
en. Aber wir dürfen doch wohl noch Fragen nach der
irkung und dem politischen Erfolg stellen, wenn deut-
che Soldaten ihr Leben im Ausland aufs Spiel setzen.
Wir sagen Ja zu Kabul und „Ja, aber“ zu Kunduz. Was
aizabad angeht, bitte ich Sie, zunächst in der Bundes-
egierung abzuklären, ob der Verteidigungsminister und
ie Entwicklungshilfeministerin Ihren Vorstoß mittra-
en. Wo bleibt das internationale Konzept bzw. die inter-
ationale Einbettung?


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Ja!)

rau Wieczorek-Zeul sagt – zu Recht –: Es wird keine
iederaufbauprojekte in Faizabad geben. Wenn das zu-

rifft, dann stimmt Ihre Argumentation nicht, dass wir
orthin deutsche Soldaten zum Schutz von Wiederauf-
auprojekten schicken müssen. Klären Sie dies einmal
nnerhalb der Bundesregierung! Wir müssen auf jeden
all den deutschen Soldaten jeden Einsatz und jeden
insatzort logisch begründen. Kein Einsatz darf wir-
ungslos sein.






(A) )



(B) )



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512204700

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Erler?

Dr. Gerd Müller (CSU):
Rede ID: ID1512204800

Ja.

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512204900

Bitte, Herr Erler.

Dr. h.c. Gernot Erler (SPD):
Rede ID: ID1512205000

Herr Kollege Müller, ich frage Sie, ob Sie bereit sind,

zur Kenntnis zu nehmen, dass es im Augenblick in der
Region Badakshan, in der das PRT Faizabad eingerichtet
werden soll, Aufbauprojekte von folgenden Organisa-
tionen gibt: UNICEF, UN Office for Project Service, UN
World Food Programme, Weltgesundheitsorganisation,
FAO, UNFPA, UNHCR. Außerdem gibt es dort Aufbau-
projekte von folgenden NGOs: Medair, Afghan Aid,
Child Fund AFG, Concern worldwide, Focus Humanita-
rian Assistance, Mission East, Medical Emergency
Relief Intern., Norwegian Afghan Committee, Oxfam,
Swedish Committee for AFG, Shelter for Life. Wie kom-
men Sie dazu, hier öffentlich zu behaupten, es gebe
keine Aufbauprojekte in dieser Region?


Dr. Gerd Müller (CSU):
Rede ID: ID1512205100

Herr Kollege Erler, ich nehme dies mit großer Freude

zur Kenntnis. Wir unterstützen diese Organisationen und
bewundern ihren Mut, dort tätig zu werden. Aber ich
habe auf die Frage abgestellt, welchen Beitrag die deut-
sche Bundesregierung leisten soll. Verteidigungsminister
Struck und Außenminister Fischer begründen die Aus-
weitung des Mandats mit dem Schutz der zivilen Auf-
bauteams, die dort tätig werden sollen. Entwicklungsmi-
nisterin Wieczorek-Zeul sagt dagegen, dass es dort keine
durch die Bundesregierung finanzierten zivilen Aufbau-
helfer geben wird. Wenn das zutrifft, muss man keine
zusätzlichen Soldaten dorthin schicken.

Alle Organisationen, die Sie aufgezählt haben, sind
dort ohne den Schutz der Bundeswehr tätig. Wir haben
vor wenigen Wochen mit Vertretern einiger dieser Orga-
nisationen Gespräche geführt. Sie haben schon bei der
Ausweitung des Mandats auf Kunduz davor gewarnt, die
Bundeswehr in diese Region zu schicken; denn sie füh-
len sich durch die Bundeswehrsoldaten nicht geschützt,
sondern eher gefährdet. Der Schutz der zivilen Wieder-
aufbauteams kann also nicht als Begründung dienen. Der
Außenminister muss dem Parlament also eine andere
Begründung darlegen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich glaube, dass ich meinen Standpunkt sehr deutlich
dargelegt habe. Sie sehen jetzt sicherlich ein, dass Sie in
Ihren eigenen Reihen, in der Bundesregierung und in der
Fraktion, großen Gesprächs- und Klärungsbedarf haben.

Stichwort „Türkei“: Ohne den EU-Beitritt der
Türkei werde es gefährlich, sagen Sie, Herr Außen-
minister, dieser Tage in einem Interview. Ich zitiere Sie:

Eine europäische Türkei ist für den Kampf gegen
den Terror unverzichtbar.

I
r
b
T
g
r
T
B
E
E
h
S
E
g
v
d
m
u
b
s

d
w
L
r
a
m
n
B

H
d
h

2
B



7
t
d
t

D
d
u
W

(C (D ch erinnere mich, dass Sie, als die Lage im Irak schwieig wurde und als die Amerikaner mit ihren Operationen egonnen haben, noch nicht einmal bereit waren, den ürken Patriot-Abwehrsysteme zum eigenen Schutz zu ewähren. Nun argumentieren Sie plötzlich, dass die teroristische Gefahr in Europa zunehmen werde, wenn die ürkei nicht Mitglied der EU werde. Lesen Sie bei Egon ahr nach, dem Altmeister der Außenpolitik in der SPD. r hat dieser Tage gesagt: „Der Beitritt der Türkei ist das nde der politischen Union in Europa.“ Ich möchte das eute hier nicht weiter vertiefen. Aber ich sage Ihnen: owohl bei der europäischen Verfassung als auch beim U-Beitritt der Türkei können Sie nur mit und nicht geen das deutsche Volk regieren. Sie kommen nicht daran orbei, das deutsche Volk zu befragen. Sie können dem eutschen Volk nicht ständig misstrauen. Herr Außeninister, Sie, der Sie einst als Basissponti gestartet sind nd der heute in den Regierungssitzen gelandet ist, haen inzwischen nicht nur Angst vor Ihrer eigenen Basis, ondern auch vor dem eigenen Volk. (Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ihre Argumentation lautet: Die Türkei sollte Mitglied
er EU werden, damit die Terrorbekämpfung verbessert
erden kann; sonst wird es gefährlich. Wenn man dieser
ogik folgt, dann müssen wir die EU auf weitere Krisen-
egionen ausdehnen und – dem steht nichts entgegen –
uch Israel, Serbien, den Kosovo, die Ukraine und Ar-
enien in die EU aufnehmen. Ihr Argument für die Auf-
ahme der Türkei in die EU gilt natürlich auch für die
ehandlung von Folgeanträgen.
Außenpolitik ist in Deutschland auch Standortpolitik.
err Volmer, ich möchte auf den modernen Sklavenhan-
el, den Sie zu verantworten haben, nicht näher einge-
en.


(Dr. Ludger Volmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist der bayerische Sonderweg hier!)


003 wurden vom deutschen Außenminister über die
otschaften in Osteuropa


(Zuruf des Abg. Dr. Ludger Volmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


nun hören Sie einmal zu! –

(Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das fällt sehr schwer!)

65 000 Einreisevisa an Osteuropäer erteilt. Damit be-
reiben Sie gezielt modernen Sklavenhandel und Sie för-
ern Schwarzarbeit, Frauenhandel und Kinderprostitu-
ion.


(Dr. Ludger Volmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was haben Sie gegen Osteuropäer? Sie sind ein Rassist!)


ie Zahlen für das erste Halbjahr 2004 bestätigen leider
iese Entwicklung: 389 000 Visa wurden in der Ukraine
nd in deutschen Botschaften anderer Länder erteilt.
as tut dieser Außenminister, um den Vorgaben seines






(A) )



(B) )


Dr. Gerd Müller

Innenministers Schily in dieser Frage nachzukommen?
Keine Antwort auf diese und auf viele anderen Fragen.

Ich fasse zusammen: Deutsche Außenpolitik hat
keine Vision, verleugnet unsere Werte, bezieht keine Po-
sition und zerstört das Vertrauen in Deutschland als ver-
lässlichen Partner. Sie, Herr Außenminister, haben deut-
schen Interessen schweren Schaden zugefügt.


(Beifall bei der CDU/CSU – Lothar Mark [SPD]: Das glauben Sie doch alles selbst nicht, was Sie sagen! – Dr. Ludger Volmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war das Niveau der untersten Isar! – Brigitte Schulte [Hameln] [SPD]: Auf was für eine Schule ist der bloß gegangen?)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512205200

Das Wort hat die Kollegin Petra Pau.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1512205300

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die Friedenshoffnungen am Ende des Kalten Krieges
sind abgekühlt. Seit Jahren beobachten wir eine Renais-
sance des Militärischen. Wir beobachten sie nicht nur,
sondern wir stellen auch fest: Die Bundesrepublik hat
dabei einen aktiven Part. Dafür spricht auch der vorlie-
gende Haushalt. Deshalb lehnt die PDS im Bundestag
diesen Haushalt ab.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Ich bin nun seit sechs Jahren Mitglied des Bundesta-
ges. In dieser Zeit musste ich 30-mal über Auslandsein-
sätze der Bundeswehr abstimmen. Ich habe 30-mal mit
Nein gestimmt. Aber das ist nicht das Entscheidende.
Entscheidend ist, dass Auslandseinsätze der Bundeswehr
unter Rot-Grün von der Ausnahme zur Regel geworden
sind. Diese gefährliche Tendenz ist Konzept und sie wird
durch den vorliegenden Entwurf der EU-Verfassung so-
gar noch forciert; denn statt einer Friedens- und Abrüs-
tungspflicht enthält sie genau das Gegenteil. Bundes-
außenminister Fischer hat im Frühjahr in einer Debatte
hier dazu bemerkt, dass das auch gut so sei. Ich finde,
das ist schlecht. Im Übrigen finden wir diesen Teil des
Verfassungsentwurfes auch nicht richtig.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Möglicherweise fürchtet Rot-Grün auch deshalb ein
Plebiszit zur EU-Verfassung. Jedenfalls haben SPD
und Grüne bisher nur taktiert. Mit der CDU/CSU haben
sie dann paktiert, wenn es darum ging, Volksabstimmun-
gen zu verhindern.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch der größte Schwachsinn überhaupt!)


Wir schlagen – wie übrigens 80 Prozent der Bevölke-
rung – mehr Demokratie vor und wir wollen eine Volks-
abstimmung über die EU-Verfassung am 8. Mai des
Jahres 2005.

B
N
e
F
s
t
R
R
b
s
T


h
ü
d
C
w
a

D
w

S
G
d
K
G
h

W
n
h
s
f
u
G

m
a
s
g
d
U
g
s

(C (D (Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


Seit über 14 Jahren kämpfen die Bürgerinnen und
ürger in der Kyritz-Ruppiner Heide gegen die erneute
utzung des so genannten Bombodroms. Sie wollen
ine friedliche, zivile Zukunft ihrer Region. Dies ist eine
orderung, die nun, da in Brandenburg Wahlkampf ist,
elbst Ministerpräsident Platzeck, SPD, und Innenminis-
er Schönbohm, CDU, hochhalten. Ich finde, sie haben
echt; denn ein Bombenübungsplatz wäre ein herber
ückschlag für die Länder Brandenburg, Mecklen-
urg-Vorpommern und Berlin und er wäre ein Rück-
chlag für die Menschen, für die Wirtschaft und für den
ourismus.


(Joseph Fischer, Bundesminister: Wie war es früher?)


Da der Außenminister hier gerade „Wie war es frü-
er?“ fragt: Ich habe mit Absicht die Formulierung „seit
ber 14 Jahren“ gewählt. Ja, die Bürgerinnen und Bürger
ieser Region haben sich auch zu DDR-Zeiten – ohne
hance auf Erfolg, das gebe ich gerne zu – dagegen ge-
ehrt, dass dort Bomben von der sowjetischen Armee
bgeworfen werden.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos])


as legitimiert aber nicht, dass Sie diesen Platz heute
eiter nutzen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der grünen Fraktion,

ie hätten einen Beitrag gegen Populismus und für mehr
laubwürdigkeit Ihrer Politik leisten können, wenn Sie
en in der Prignitzer Presse von Ihren wahlkämpfenden
ollegen angekündigten einstimmig verabschiedeten
ruppenantrag Ihrer Fraktion gegen das Bombodrom
eute auf den Tisch gelegt hätten.


(Dr. Ludger Volmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sind die SED-Nachfolgepartei! Sie haben doch das Bombodrom eingerichtet!)


ir hätten zugestimmt. Abgesehen davon hätten Sie ei-
en Konstruktionsfehler dieses Haushalts ein wenig ge-
eilt. Sie hätten nämlich die Proportionen ein wenig ver-
choben. Schauen Sie sich einmal an, wie wenig Geld
ür Friedens- und Konfliktforschung, für Konversion
nd Entwicklungshilfe Sie im Vergleich zu dem vielen
eld für Rüstung und Aufrüstung eingestellt haben!
Abschließend ein Wort zu einem Thema dieses Som-
ers. Die USA wollen Streitkräfte aus Europa und damit
uch aus der Bundesrepublik abziehen. Kaum verkündet,
etzte, von CDU/CSU bis Bündnis 90/Die Grünen, ein
roßes Barmen ein. Die PDS im Bundestag bewegt bei
iesem Thema etwas ganz anderes, nämlich dass die
S-Armee bei ihrem Abzug nicht ihre Atomwaffen ver-
essen sollte, die noch in der Bundesrepublik stationiert
ind und endlich abzurüsten sind.


(Dr. Ludger Volmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihr wolltet doch immer schon die Amis aus Europa raus haben! Das ist doch nichts Neues!)







(A) )



(B) )


Petra Pau

Da frage ich mich: Wo bleibt da die friedenstiftende In-
tervention des Bundesaußenministers?


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [fraktionslos] – Joseph Fischer, Bundesminister: Die fehlt!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512205400

Das Wort hat der Kollege Gert Weisskirchen, SPD-

Fraktion.

Gert Weisskirchen (SPD):
Rede ID: ID1512205500

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber

Kollege Gerhardt, als Sie hier gesprochen haben, habe
ich mich gefragt, wo denn Ihre Antworten bleiben, wo
denn Ihre Darlegungen dazu bleiben, an welchen Punk-
ten Sie vor dem Deutschen Bundestag eine andere Auf-
fassung präsentieren als die Bundesregierung und die sie
tragenden Fraktionen. Dazu habe ich nichts gehört.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Ein bisschen einfach! – Lothar Mark [SPD]: Er kann auch nichts dazu sagen!)


Wenn schon über Alternativen gesprochen wird, lie-
ber Herr Kollege Gerhardt, dann kann man auch einmal
fragen: Wie hat sich denn die FDP verhalten, als es um
das Mandat zu Kunduz ging?


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Das habe ich ja gerade gesagt!)


Vielleicht könnten Sie die Einladung des Verteidigungs-
ministers annehmen, um sich einmal vor Ort darüber
kundig zu machen,


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Welche Nationen sind denn hinzugekommen?)


dass der Einsatz in Kunduz eben nicht allein von der
Bundeswehr, sondern gemeinsam mit insgesamt sechs
anderen nationalen Armeen getragen wird.

Sie haben hier etwas verbreitet,

(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Nein, nein, nein! – Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Nein, nein, nein!)


von dem Sie offensichtlich – jedenfalls hat sich das so
angehört – keinen blassen Schimmer haben.


(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Nein, nein, nein! – Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Unsinn!)


Es wäre klug, wenn sich jemand, der Außenminister
werden will, wenigstens einmal in der Sache kundig ma-
chen würde.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Ludger Volmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Ich nehme gern einen anderen Punkt auf, der durch-
aus berechtigt ist. Aber auch da gibt es eine klare Ant-
wort. Sie haben danach gefragt, was denn das politische

E
n
t
w
d
c
z

D
b

d
E
te

d
o
te
s
G


e
k

d
g
b
K
e
te
H
U
T
s
g
n
te
s
r

d
r
b
d
g
d
J
tu
s
e
g
O
w

(C (D rgebnis dessen ist, dass sich die Bundeswehr – nicht ur in Afghanistan, aber eben auch in Afghanistan – beeiligt. Wir werden in der zweiten Oktoberwoche sehen, as die Bundeswehr in Afghanistan geleistet hat, wo es arum geht, dafür zu sorgen, dass es ein Klima der Siherheit gibt, das es den Menschen erlaubt, überhaupt ur Wahl zu gehen. as ist eine gewaltige Leistung, zu der die Bundeswehr eigetragen hat. Lieber Kollege Gerhardt, es mag Punkte geben, über ie man diskutieren kann, aber an diesem fundamentalen rgebnis – es geht darum, dass die internationale Staangemeinschaft dafür sorgt, (Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Das ist überhaupt kein Streitpunkt!)


(Beifall bei der SPD)


ass sich in Afghanistan ein Klima des Anstands und des
ffenen Wettbewerbs ausbreitet – ist die Bundeswehr be-
iligt, in Kunduz und demnächst auch in Faizabad. Bitte
tellen Sie das hier nicht infrage, lieber Kollege
erhardt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Bauen Sie doch keinen Popanz auf!)


Dann müssen Sie hier sehr präzise darlegen, was denn
igentlich der Grund Ihrer Kritik ist. Das war nicht zu er-
ennen.
Dem, was Sie gesagt haben, kann ich in einem Punkt

urchaus zustimmen. Ich konnte entnehmen, dass wir
anz nahe beieinander liegende Einschätzungen dazu ha-
en, was in Beslan geschehen ist, und das ist gut so.
inder wollten am 1. September ihren eigenen Weg in
ine andere, in eine bessere Zukunft gehen. Eltern woll-
n sie dabei begleiten. Terroristen aber ermordeten die
offnung auf ein anderes, auf ein besseres Leben. Das
ngeheuerliche dabei ist: Diese Terroristen haben ein
abu gebrochen. Kindern sollte die Chance auf ein
elbstbestimmtes Leben geraubt werden. Das ist ein un-
eheuerlicher Tabubruch, den diese Terroristen unter-
ommen haben. Die Frage, ob man mit diesen Terroris-
n einen politischen Prozess beginnen kann, erledigt
ich nach diesen Geschehnissen von selbst, weil die Ter-
oristen diese Chance selbst zerstört haben.
Wenn darüber Konsens besteht, dann bleibt nur noch

ie Frage, wie denn die russische Gesellschaft und die
ussische Politik diese ungeheuerlichen Schläge verar-
eiten kann. Ich glaube, eine direkte und innere Verbin-
ung dazu ergibt sich aus den Zwischentönen, die man
estern in den Stellungnahmen von dem einen oder an-
eren Moskauer Journalisten hören konnte. So hat der
ournalist Solowjew an diesem Punkte von Verantwor-
ng gesprochen. Ich glaube, dass die russische Gesell-
chaft vor dem Problem steht, wie sie mit dem, was vom
rsten großrussischen Imperium übrig geblieben ist, um-
ehen soll. Tschetschenien und andere Regionen sind ja
pfer dieses großrussischen imperialen Denkens ge-
esen. Leo Tolstoi hat in seinem Roman „Hadschi






(A) )



(B) )


Gert Weisskirchen (Wiesloch)


Murat“ mit folgenden Worten die offenen Wunden be-
schrieben, die das russische Imperium den Tschetsche-
nen zugefügt hat:

Das Gefühl, das alle Tschetschenen vom Jüngsten
bis zum Ältesten, ihnen

– den Russen –
gegenüber empfunden haben, war stärker als Hass.

Nicht Hass, schreibt er weiter, sondern ein
solcher Abscheu und Ekel, ein so fassungsloses Er-
staunen über die sinnlose Grausamkeit

habe sie erfasst. Das war vor 100 Jahren. Danach folgte
stalinscher Terror, der auch diese Region noch einmal
schlimm erfasste. Die Wunden, die er den Menschen zu-
gefügt hat, schmerzen bis heute.

Ich glaube, dass wir vielleicht in einem Dialog mit
den Menschen in Russland und übrigens auch in einem
Dialog mit Tschetschenen, die bei uns, beispielsweise
auch hier in Berlin, leben, den Kreislauf der Gewalt end-
lich durchbrechen können. Dazu hat heute in der „Süd-
deutschen Zeitung“ der stellvertretende Sozialminister
unter Maschadow ausdrücklich gesagt: Ja, al-Qaida
spielt eine Rolle in diesem Terrorkampf. Vielleicht
könnte ein neuer Prozess beginnen, wenn Maschadow
noch einmal das Wort erhebt und zu einem einseitigen
Waffenstillstand derjenigen, die er vielleicht noch beein-
flussen kann, aufruft.

In diesem Zusammenhang, Herr Gerhardt, den Bun-
deskanzler zu ermahnen, offene Worte zu sprechen bzw.,
so haben Sie es formuliert, ein offenes Wort nicht unter
den Tisch fallen zu lassen, ist nicht opportun. Ich bin fel-
senfest davon überzeugt, dass der Bundeskanzler ein of-
fenes Wort zu Putin gesprochen hat.


(Dr. Werner Hoyer [FDP]: Ein gläubiger Mensch!)


Ich bin felsenfest davon überzeugt. Aber ob dies ein öf-
fentliches Wort sein muss, das ist eine Frage, die jeder
für sich,


(Zuruf des Abg. Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP])


Kollege Gerhardt, beantworten kann. Könnte es denn
nicht sein,


(Peter Hintze [CDU/CSU]: Nein!)

dass dann, wenn wir jetzt öffentliche Schuldzuweisun-
gen aussprechen würden, jener schmerzhafte Lernpro-
zess, in dem sich die russische Gesellschaft im Moment
befindet, gestoppt würde und die Sprache der Gewalt
und des Hasses neue Nahrung finden könnte? Das müs-
sen wir doch verhindern, liebe Kolleginnen und Kolle-
gen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sie, Herr Kollege Gerhardt, haben ja von Moralität ge-
sprochen. Ich halte fest, dass dies eine moralische Frage
ist.

l
t
S
g
k
g
k
t
s

c
l
m
J
i
t
l
y
u


r
w
k

y
M
m
g
r
g
M
d

r
e
e
W
g
h
N
u
F
m
w
w
w

(C (D Ich wage zu sagen: Ich glaube, dass der Bundeskanzer Recht hat: Diese moralische Frage hat etwas damit zu un, dass nicht alles, was offen zwischen Personen, auch taatsmännern, gesprochen wird, in die Öffentlichkeit ebracht werden muss, weil das nämlich Folgen haben ann, die der russischen Seele über das hinaus, was geenwärtig geschieht, tiefe, schwere Wunden zufügen önnten. Deshalb bitte ich Sie herzlich, öffentliche Kriik und ein offenes Wort nicht miteinander zu verwecheln oder das zu vermischen, lieber Kollege Gerhardt. (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Dann hätte er sich auch nicht öffentlich zu den Wahlen äußern dürfen!)


Herr Gerhardt, ich möchte einen letzten Punkt anspre-
hen, den auch Sie aufgegriffen haben. Ich bitte den Kol-
egen Müller, auch wenn er nicht mehr da ist, noch ein-
al ein klein wenig nachzudenken und den Aufsatz von
ohn B. Judis zu lesen, der im Juli/August dieses Jahres
n „Foreign Policy“ erschienen ist. Er beschreibt dort un-
er der Überschrift „Imperial Amnesia“, was das eigent-
iche Problem der USA gegenwärtig ist. Francis Fuku-
ama hat das in „The National Interest“ deutlich
nterstrichen.


(Peter Hintze [CDU/CSU]: Ein belesener Mensch!)


Ja; man sollte durchaus zur Kenntnis nehmen, dass ge-
ade in den USA eine öffentliche, harte Debatte geführt
ird, von der wir eine ganze Menge Positives lernen
önnen.
John B. Judis hat sehr klar gesagt und Francis Fuku-

ama hat es unterstrichen: Macht schöpft nicht allein aus
acht. Die zentrale Frage, die sich die USA stellen
uss, dreht sich um Legitimation. Legitimation ist aber
enau das, was die Bundesregierung im Weltsicherheits-
at angemahnt hat. Es darf kein unilaterales Verhalten
eben, schon gar nicht von der allerstärksten Macht, die
oralität und Normen auf sich zieht; wir hoffen, dass
ie USA das auch künftig tun werden.


(Lothar Mark [SPD]: Genau das ist der Punkt! Jawohl!)


Wer an diesem Punkt die Stimme gegen die Bundes-
egierung erhebt, der sieht nicht, dass sich die USA
benso wie Russland, wie wir eben festgestellt haben, in
inem tiefen Verständigungsprozess befinden. Ob der
eg des Imperiums, den die europäischen Mächte ge-
angen sind und der zu einem furchtbaren Ende geführt
at, der richtige ist, darüber gibt es in den USA ein tiefes
achdenken. Legitimation ist die zentrale Kategorie für
nsere künftige außenpolitische Arbeit, weil nur so die
rage beantwortet werden kann, ob Frieden künftig
öglich sein wird. Frieden kann nur möglich werden,
enn Legitimationsfragen öffentlich und offen debattiert
erden und nicht unilaterales Handeln die einzige Ant-
ort in dieser Welt bleibt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Lothar Mark [SPD]: Das musste gesagt werden!)







(A) )



(B) )



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512205600

Das Wort hat der Kollege Michael Stübgen, CDU/

CSU-Fraktion.


Michael Stübgen (CDU):
Rede ID: ID1512205700

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Herr Kollege Weisskirchen, nur eine kurze Re-
aktion auf Ihre Rede. Ich glaube, wir sind uns überhaupt
nicht uneinig in der Frage, dass in der Situation, in der
sich Russland befindet, natürlich sehr vorsichtig mit öf-
fentlichen Äußerungen und öffentlicher Kritik gegen-
über Russland umgegangen werden muss. Dies ist aber
weder vom Kollegen Gerhardt noch von unserer Frak-
tion kritisiert worden.

Ich will kurz erklären, welchen Punkt wir kritisiert
haben. Ich hätte großes Verständnis dafür gehabt, wenn
Bundeskanzler Schröder das Thema der Wahlen um-
schifft und sich nicht dazu geäußert hätte. Das Problem
war aber, dass er im Gegensatz zur Feststellung der Eu-
ropäischen Union öffentlich erklärt hat, dass die Wahlen
nach seiner Einschätzung völlig korrekt verlaufen seien.


(Lothar Mark [SPD]: Das hat er so nicht gesagt!)


Das haben wir kritisiert und diesen Punkt haben Sie auch
nicht widerlegt. Das wollte ich nur kurz darstellen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte

jetzt etwas Ungewöhnliches tun, nämlich in der Haus-
haltsberatung einige Bemerkungen zum Haushalt ma-
chen.


(Heiterkeit bei der CDU/CSU und der FDP – Peter Hintze [CDU/CSU]: Sehr gut!)


Ich glaube, das ist gerade mit Blick auf die Europapolitik
der Bundesregierung absolut notwendig. Wir haben in
jedem Jahr Haushaltsberatungen in diesem Haus und in
jedem Jahr findet in diesen Haushaltsberatungen eine
kritische Auseinandersetzung zwischen Koalition und
Opposition über grundsätzliche aktuelle politische Fra-
gen und Haushaltsthemen statt. Dieses Ritual gibt es, so-
lange es die Bundesrepublik Deutschland gibt, und das
ist für das demokratische Wesen unseres Landes sehr
wichtig.

Seit einigen Jahren – genauer: seit drei Jahren – gibt
es hier aber eine grundlegende Veränderung. Denn seit
dieser Zeit legt das Bundesfinanzministerium dem Bun-
destag Haushaltsentwürfe vor, die nicht einmal ansatz-
weise der finanzpolitischen Realität unseres Landes ent-
sprechen. Das Vorlegen der Bundeshaushalte durch den
Bundesfinanzminister Eichel verkommt mehr und mehr
zu einer Märchenstunde.

Auch der Haushaltsentwurf 2005 entpuppt sich schon
beim zweiten Hinsehen als ein Haushalt, der weder die
Vorgaben unserer Verfassung noch die Vorgaben der ent-
sprechenden europäischen Regelungen erfüllt. Schon
längst hat die Bundesregierung mit ihrer Haushalts- und
Finanzpolitik das Vertrauen der Bevölkerung fast gänz-
lich verspielt. Dies zeigt exemplarisch eine Umfrage, die

g
A
v
N

g
B

D
w
V
t
w
s
n
l
g
g
d
n
h
d
m
d
d
E
d
s

d
d
t
d
r
i
k
l
n

d
p
w
M
W
g
2
w
d
D
s
g
d
s
B
l
t
m

(C (D estern im Nachrichtensender n-tv veröffentlicht wurde. uf die Frage, ob man an die Haushaltsversprechungen on Hans Eichel glaubt, antworteten 89 Prozent mit ein. Bundesfinanzminister Hans Eichel hat sich zum un laubwürdigsten Finanzminister in der Geschichte der undesrepublik Deutschland entwickelt. (Beifall bei der CDU/CSU – Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie dürfen niemals Waigel vergessen!)


iese Entwicklung war seit Jahren abzusehen. Immer
ieder behauptete Eichel, dass wir im nächsten Jahr die
orgaben des europäischen Stabilitäts- und Wachs-
umspaktes erfüllen werden. Immer wieder ist schon
enige Monate später das Gegenteil Realität. Diese de-
aströse deutsche Haushalts- und Finanzpolitik wird
icht mehr nur von der deutschen Bevölkerung abge-
ehnt. Sie zeigt schon längst katastrophale Auswirkun-
en auf der europäischen Ebene. Denn auch in Europa
laubt mittlerweile keiner mehr an die Seriosität der
eutschen Finanzpolitik. Die eigentliche Ursache liegt
icht, wie die Bundesregierung immer versucht zu be-
aupten, in den im Bereich der Wirtschaftspolitik und
er globalen Entwicklung objektiv vorhandenen Proble-
en. Die eigentliche Ursache für dieses Misstrauen und
iesen Vertrauensverlust liegt in der Art und Weise, wie
iese Bundesregierung und insbesondere Hans Eichel in
uropa in Finanzfragen ausschließlich taktiert, ohne
ass echte Konsolidierungsanstrengungen vorhanden
ind.
Der vorliegende Bundeshaushalt ist ein klarer Beleg

afür. Die Nettokreditaufnahme wird mit 22 Milliar-
en Euro angegeben. Das Haushaltsdefizit beträgt aber
atsächlich mehr als 37 Milliarden Euro. Ein großer Teil
ieses Defizits soll durch Sondererlöse und Privatisie-
ungen gedeckt werden. Abgesehen davon, dass unklar
st, ob diese Sondererlöse überhaupt realisiert werden
önnen – da muss man sehr kritisch sein –, sind diese Er-
öse für die Defizitberechnung der Europäischen Union
ach dem Stabilitäts- und Wachstumspakt nicht relevant.
Bei einem Haushaltsdefizit von ungefähr 37 Milliar-

en Euro – auch das werden wir nur erreichen, wenn die
ositiven Annahmen im Haushaltsentwurf zutreffen –
erden wir auch im nächsten Jahr – das ist das vierte
al in Folge – das 3-Prozent-Kriterium überschreiten.
ider besseres Wissen behauptet Hans Eichel das Ge-
enteil. Diese Show hat mittlerweile Tradition. Schon
002 wurde Eichel vor der Bundestagswahl nicht müde,
ider besseres Wissen zu behaupten, dass Deutschland
ie Maastricht-Kriterien im Jahr 2002 erfüllen werde.
ie gegenteilige und richtige Auffassung der Europäi-
chen Kommission versuchte er zu unterdrücken. Das
ing bis zu dem geradezu surrealistischen Theater, dass
er so genannte blaue Brief an Deutschland nicht abge-
chickt wurde, sondern in Brüssel verblieb. Nach der
undestagswahl kam das wahre Ausmaß der finanziel-
en Belastung ans Licht. Aber 2003 sollte das Defizitkri-
erium eingehalten werden. Die Hürde wurde allerdings
it fast 4 Prozent wieder gerissen.






(A) )



(B) )


Michael Stübgen

Im Haushaltsentwurf 2004 gab es dasselbe Spiel. Es

war entlarvend, was der Finanzminister im Finanzminis-
terrat im November des vorigen Jahres getan hat. Er ver-
suchte nämlich – das belegt, dass er seinen eigenen Zah-
len nicht geglaubt hat –, durch einen Mehrheitsbeschluss
das Defizitverfahren gegen Deutschland auszusetzen.
Der Europäische Gerichtshof hat im Juli dieses Jahres
diese Handlungsweise als nicht vertragskonform be-
zeichnet und den Beschluss aufgehoben. Jetzt setzt
Eichel seine letzte Hoffnung in eine Modifizierung des
Stabilitäts- und Wachstumspaktes und meint, damit
durchkommen zu können. Das wird der Bundesregie-
rung aber nicht gelingen.

Denn abgesehen davon, wie wir hier im Bundestag
die Vorschläge zur Modifizierung des Wachstumspaktes
einschätzen – da haben wir unterschiedliche Auffassun-
gen; das werden wir mit Sicherheit noch debattieren –,
und abgesehen davon, ob sich durch eine Modifizierung
dieses Vertrages Auswirkungen auf das Defizitverfahren
ergeben, bleibt die alles entscheidende Tatsache die-
selbe: Die Bundesregierung hat in den letzten Jahren
keine echten Konsolidierungsbemühungen unternom-
men. Jahr um Jahr ist das aktuelle Defizit deutlich höher
als das geplante. Jahr um Jahr überschreitet Deutschland
die Defizitgrenze von 3 Prozent. Das strukturelle Defizit
des Bundes liegt mittlerweile bei fast 40 Milliarden
Euro. Damit kommen wir weder im nächsten noch im
übernächsten Jahr aus der Defizitfalle heraus. Nein, wir
werden zusätzlich in den nächsten Jahren die Gesamt-
verschuldungsgrenze von 60 Prozent des Bruttoinlands-
produkts überschreiten.

Es gibt eine einzige Möglichkeit, diesem Teufelskreis
zu entkommen. Dies ist eine langfristig angelegte, echte
Konsolidierungspolitik des Bundes. Der vorliegende
Haushaltsentwurf taugt dazu in gar keiner Weise.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Notwendig ist eine grundsätzliche Überarbeitung. Wir
als Opposition werden uns dem nicht verschließen. Nein,
wir selber werden im Zuge der Haushaltsberatung Kon-
solidierungsanträge stellen.


(Lothar Mark [SPD]: So wie im letzten Jahr!)

Dies ist für eine Opposition ungewöhnlich genug. Aber
Sie, die Koalition und die Regierung, müssen dazu bereit
sein.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512205800

Das Wort hat der Kollege Günter Gloser, SPD-Frak-

tion.


Günter Gloser (SPD):
Rede ID: ID1512205900

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Zwei Kollegen der Christlich-Sozialen Union
haben heute in negativer Weise Referenzreden gehalten.
Das begann schon am Morgen mit Michael Glos. Herr
Kollege Dr. Müller, Sie sind ja nun wieder anwesend:
Ich kann manche der Ausführungen, die Sie heute ge-

m
n

S
w

o
n
w
d
w

W
t
g
A
u
s
p
s
G
l
h
e
l
s

v
B
E
d
m
b
e
d
m
f
E

v
k
S
t
s
b
s
d
d
s
s

a

(C (D acht haben, nur als politische Geisterfahrerei bezeichen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Gerd Müller [CDU/ CSU]: Es wäre ja schlimm, wenn Sie mir zustimmen würden!)


ie haben bei Ihrem Einstieg in die Debatte gesagt, Sie
ollten eine Bilanz dieser Debatte ziehen,


(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Jawohl!)

bwohl nach Ihnen noch ein paar Rednerinnen und Red-
er gesprochen haben. Da Sie dem Außenminister vor-
erfen, er sei ein Spalter, muss ich angesichts der Bilanz
er Außenpolitik der letzten Jahre wirklich fragen – ich
eiß es natürlich –: Wo leben Sie eigentlich?


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ar es nicht diese Bundesregierung, dieser Außenminis-
er, der nach den Ereignissen auf dem Balkan Vorschläge
emacht hat, wie man nach der dortigen kriegerischen
useinandersetzung zu zivilen Lösungen kommen kann,
nd der einen Stabilitätspakt für Südosteuropa vorge-
chlagen hat? Was ist denn in Bezug auf Afghanistan
assiert? Waren es nicht diese Bundesregierung und die-
er Außenminister, die die Initiative zu den Petersberger
esprächen ergriffen haben, die noch heute eine Grund-
age sind? Wenn Sie jemanden, der zusammengeführt
at, als Spalter bezeichnen, dann leben wir in der Tat in
iner anderen Welt. Ich meine, die rot-grüne Koalition
ebt in der realen Welt und Sie in einer virtuellen, die Sie
ie vielleicht gerne hätten, die aber nicht existiert.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sie haben, auch was die Europäische Union angeht,
on Spaltung gesprochen. War es nicht gerade diese
undesregierung, die auf den verschiedenen Etappen der
rweiterung den größeren und auch den kleineren Län-
ern, die der Europäischen Union beitreten wollten, im-
er wieder gesagt hat: „Wir tun alles“? Wer hat denn
eispielsweise auf dem Gipfel in Kopenhagen versucht,
inen Kompromiss zu finden? Über die Auswirkungen
ieses Kompromisses in der Landwirtschaftspolitik kann
an streiten. Aber es wurden Grundlagen dafür geschaf-
en, die Tür für diejenigen Länder zu öffnen, die der
uropäischen Union beitreten wollten.
Sie legen immer wieder die Platte bzw. CD auf, wir

ernachlässigten die kleinen Mitgliedstaaten und hätten
einen Draht zu ihnen. Das stimmt einfach nicht. Wenn
ie aktuelle Themen der europäischen Politik betrach-
en, so werden Sie feststellen, dass es in der Tat unter-
chiedliche Kombinationen gibt. Wenn Sie zum Beispiel
etrachten, wer der Finanziellen Vorausschau zuge-
timmt hat – auch das war eine Initiative von uns –, wer-
en Sie große, aber auch so genannte kleine Länder fin-
en. Bei Defizitverfahren werden Sie feststellen, dass
ich einige Länder Deutschland oder Frankreich ange-
chlossen haben, darunter auch kleine Länder.
Hören Sie also damit auf, diese Platte immer wieder

ufzulegen! Das ist nicht richtig. Dass es innerhalb der






(A) )



(B) )


Günter Gloser

europäischen Familie Diskussionen gibt, ist angesichts
verschiedener Interessenlagen selbstverständlich.

Ich möchte einen anderen Punkt ansprechen; denn
Herr Dr. Schäuble hat sich im Zusammenhang mit der
Verfassungsdiskussion einseitig an die Koalition ge-
wandt. Er sprach von einem „Zündeln mit einem Refe-
rendum“.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Was soll der Begriff „zündeln“? Und warum richtet er
ihn ausgerechnet an die Adresse dieser Koalition? Neben
Ihnen sitzt doch eine Reihe von Christlich-Sozialen aus
Bayern. Sie müssen doch Herrn Glos, diesen begnadeten
Redner, dem anscheinend immer das bayerische Volks-
fest am Tag vorher nicht gut bekommt, fragen, wer hier
eigentlich zündelt! Da müssen Sie die Frage ansetzen,
anstatt uns einen Vorwurf zu machen.


(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Sie haben Angst!)


Wir haben in der Opposition und auch in der ersten
Legislaturperiode unserer Regierungszeit Initiativen für
Referenden ergriffen.


(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Sie haben Angst vor dem Volke!)


Aber wir wollen nicht nach Ihrem Gusto die Verfassung
als Testfall, wie es Herr Glos ausgedrückt hat, auswählen
und sonst keine Volksabstimmungen zulassen.

Franz Müntefering hat es heute Morgen meines Er-
achtens richtig gesagt: Die Koalition wird in den nächs-
ten Wochen die Bedingungen festlegen, ins Parlament
einbringen und darüber diskutieren. Ich wiederhole aber
ausdrücklich: Diese Debatte darf nicht dazu führen, dass
die Ratifizierung des europäischen Verfassungsvertrages
auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben wird.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Was die Türkei angeht, ist es immer wieder interes-
sant, die Aufsätze Ihrer Kollegen aus der CDU/CSU zu
zitieren. „Wer die Türkei wegstößt, macht einen Fehler“,
so Volker Rühe. „Eine faire Chance für die Türkei. Die
Türkei braucht Europa – Europa braucht die Türkei“,
schreibt Ihr Fraktionskollege Ruprecht Polenz. Daran
gibt es gar nichts zu deuteln.

Vielleicht hat Herr Glos den Aufsatz von Stefan
Kornelius aus der „Süddeutschen“, den er heute Morgen
erwähnt hat, nicht ganz gelesen. Es besteht ein Unter-
schied zwischen den Redakteuren der Zeitungen und der
Politik.


(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Zitieren Sie doch einmal den Kommentar!)


In einem Kommentar kann man schreiben: „Es gibt kein
in den Jahren gewachsenes Anrecht auf den Beitritt.“ Ich
muss dazu sagen – auch Sie, Herr Dr. Schäuble, haben
das gesagt –, dass diese Erwartung bei der Türkei in vie-
len Jahren, ja sogar Jahrzehnten geweckt worden ist.

L
u
n
s
P
d
p
n

h
s
i
s
d
v
n
s
d
e
f

n
A
v
k

s

D
Z
z

n
z
S
g
W
G
i
D
K
d
i

f
d
b

(C (D Das haben auch Sie in Ihrer Regierungszeit bis uxemburg so vertreten, obwohl es auch damals schon nterschiedliche Diskussion gegeben hat. Ich kann mich icht erinnern, dass die Union jemals gesagt hätte, das ei eigentlich falsch; man stehe vor einem ganz neuen rojekt; es stießen demnächst zwölf weitere Länder azu; das müsse alles erst verkraftbar werden; die Türkei asse nicht dazu. – Auch von Kanzler Kohl habe ich das ie so gehört. Wir sollten die Frage des Beitritts der Türkei sehr be utsam angehen. Was haben Sie dem Außenminister chon wieder unterstellt! Es ist doch ganz klar: Es gab nnerhalb der zwölf, dann der 15, jetzt der 25 Mitgliedtaaten Entscheidungen über das Vorgehen. Jetzt kommt er Kommissionsbericht. Danach wird im Dezember om Rat entschieden, wie weiter vorgegangen wird. Keier kann heute schon das Ergebnis vorhersagen. Zu uggerieren, die Türkei werde morgen schon Mitglied er Europäischen Union sein und Deutschland werde ntsprechende finanzielle Lasten zu tragen haben, ist alsch. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wie wir alle gesehen haben, verändert sich die Türkei
icht nur politisch, sondern auch ökonomisch positiv.
uch die Europäische Union wird sich entsprechend
erändern. Wir brauchen hier eine sehr sachliche Dis-
ussion.
Vielleicht, Herr Dr. Schäuble, finden wir einen Kon-

ens:
Deswegen muss die Beitrittsdebatte unter allen
Umständen so geführt werden, dass sie die Integra-
tionschancen nicht behindert, sondern verbessert.
Und sie muss so geführt werden, dass die Entwick-
lung der Türkei im Sinne von Modernisierung, Auf-
klärung, Zugehörigkeit zum Westen nicht beschä-
digt, sondern gefördert wird.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

as haben Sie in einem Interview mit der „Süddeutschen
eitung“ am 3. Juni gesagt. Dem kann ich eigentlich nur
ustimmen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, noch zu ei-

igen Aspekten der aktuellen Politik, die mit der Finan-
iellen Vorausschau zusammenhängen. Herr Kollege
tübgen, Sie haben hier im Schweinsgalopp vorgetra-
en, nach dem Motto: Das wird schon alles stimmen.
as Sie zum Beispiel zu dem Urteil des Europäischen
erichtshofes gesagt haben, stimmt so nicht. Herr Eichel
st nicht der Verlierer. Es hat ganz anders ausgesehen.
ie Frage war, inwieweit der Rat einen Beschluss der
ommission verändern kann. Es ging nicht darum, ob
as, was der Rat mit Mehrheit beschlossen hat, richtig
st. Das sollte man einfach einmal zur Kenntnis nehmen.
Da Sie hier so mit den Zahlen hantieren, kann ich nur

ragen: Haben Sie gestern nicht der Debatte insbeson-
ere während des Beitrags von Finanzminister Eichel
eigewohnt, der die finanziellen Belastungen noch






(A) )



(B) )


Günter Gloser

einmal aufgezeigt hat? Sie können in dieser Haushalts-
debatte und auch noch bis Ende des Jahres unter Beweis
stellen, ob Sie wirklich bereit sind, Subventionen abzu-
bauen, damit wir zu einem konsolidierten Haushalt kom-
men. Hier habe ich Zweifel.

Hinsichtlich der Finanzen der Europäischen Union
wird diese rot-grüne Koalition, wird diese Bundesregie-
rung wie auch in der Vergangenheit Solidarität zeigen.


(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Klar, wir verdoppeln den deutschen Beitrag! Das ist Solidarität!)


Aber ein deutscher Beitrag in einer Größenordnung von
1,14 Prozent des Bruttonationaleinkommens – eine Zahl,
die in den Raum gestellt worden ist – kann natürlich
nicht realisiert werden, weil die Belastungen für diesen
Haushalt zu groß wären.


(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Den Arbeitslosen nehmen wir es und verdoppeln den deutschen EU-Beitrag! Das ist der Vorschlag von Frau Schreyer!)


Es ist wichtig, dass auch diejenigen, die in den letzten
Jahren durch die europäische Politik gestärkt worden
sind, ihren Beitrag leisten. Wir nehmen bewusst unsere
Verpflichtung gegenüber den Ländern wahr, die am
1. Mai dieses Jahres beigetreten sind.

Ein weiterer Punkt, an dem sich auch die Fadenschei-
nigkeit der Union zeigt, betrifft die Strukturpolitik im
Rahmen des Kohäsionsfonds. Es kann nicht angehen,
auf der einen Seite dieser Regierung bezogen auf die
Finanzen alles Mögliche vorzuwerfen, auf der anderen
Seite aber auf Länderebene zu sagen: Liebe EU, öffne
das Füllhorn und gib uns im Bereich der Strukturpolitik
weiterhin Gelder! Man muss nämlich auch sagen, wer
das bezahlen soll. Das nämlich ist die Bundesebene und
nicht die Länderebene. Ich bin gespannt, meine sehr ver-
ehrten Kolleginnen und Kollegen der Union, wie Sie
sich in den entsprechenden Beratungen verhalten wer-
den.

Herr Dr. Müller, Ihre Bilanz bezüglich der Außen-
und Europapolitik ist völlig falsch. Diese Bundesregie-
rung ist in der Außen- und Europapolitik initiativ gewe-
sen. Sie hat Leute zusammengeführt und nicht gespalten.


(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Staub aufgewirbelt, aber keine Spuren hinterlassen!)


Diese Rolle überlasse ich Ihnen gerne. Sie werden diese
Regierung nicht ablösen, weil Sie sich nicht einig sind.
Sie eiern in verschiedenen Politikfeldern herum. Ich
nenne nur die Stichworte Referendum und Haushalts-
konsolidierung und die Vorschläge von Ministerpräsi-
dent Stoiber sowie anderer aus der Union.

Die Außen- und die Europapolitik waren und sind bei
dieser Bundesregierung in guten Händen und das werden
sie auch in den nächsten Jahren sein, über 2006 hinaus.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


C

D
b
l
P

S
S
h
l
A

t
d
h


j

B
s
V
u
d
d
d
h
b

E
P
f
K
a

k
h
d
r
d
s
W
h
p
m
v
M
n
t
p

(C (D Das Wort hat der Kollege Dr. Andreas Schockenhoff, DU/CSU-Fraktion. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! er Kanzler und der Außenminister haben in dieser Deatte versucht, die Bundesregierung in der internationaen Politik als einen selbstbewussten und bündnistreuen artner darzustellen. ie wollten den Menschen in diesem Land suggerieren: chaut uns an, wir sind wer in der Welt! In Wirklichkeit andelt diese Bundesregierung unberechenbar, oft popuistisch und hat die Handlungsspielräume deutscher ußenpolitik damit erheblich eingeengt. Der Bundeskanzler hat in der Pose des selbstbewuss en Lenkers in seiner Rede verkündet: Wir haben auch as Recht, dann Nein zu sagen, wenn wir von der Sinnaftigkeit einer Entscheidung nicht überzeugt sind. Natürlich hat er Recht. Das ist banal. Das ist doch für eden von uns eine Selbstverständlichkeit. Das Problem Ihrer Irakpolitik ist doch, dass sich die undesregierung im Vorhinein festgelegt hat. Sie hat geagt: Ganz unabhängig davon, wie die Entscheidung der ereinten Nationen aussehen wird – ohne uns! Sie haben nseren Bündnispartnern in der Atlantischen Allianz, in er EU und den Vereinten Nationen signalisiert: Diese eutsche Regierung wird sich nicht die Mühe machen, ie Sinnhaftigkeit multinationaler Entscheidungen ernstaft zu prüfen. Das, Herr Bundeskanzler, ist nicht selbstewusst, das ist arrogant. Deutschland hat dadurch nicht mehr, sondern weniger influss. Ohne Zweifel war und ist es die Pflicht eines artners in der NATO, die amerikanische Regierung auf olgenreiche Fehleinschätzungen hinzuweisen und auf orrekturen zu drängen. Das gilt insbesondere in Bezug uf den Nachkriegsirak. Aber vor einer multinationalen kritischen Bewertung ategorisch zu erklären – wie es der Bundeskanzler eute wieder getan hat –: „Es gab keine deutschen Solaten im Irak und es wird keine geben“ schmälert unseen Einfluss auf das UN-Mandat, auf dessen Grundlage ie Koalition den Irak befrieden und aufbauen muss. Es chmälert auch unsere eigene Entscheidungsfreiheit. er vollmundig sagt – auch das hat der Bundeskanzler eute wiederholt –: „Deutschland erfüllt seine Bündnisflichten“, zugleich aber in der derzeit schwierigsten ultinationalen Mission a priori „Ohne uns!“ erklärt, der erantwortet die logische Folge, dass Deutschland in den issionen, an denen es sich beteiligt, so etwa in Afghaistan oder im Kosovo, weniger Spielraum hat, ein mulinationales Mandat und den eigenen Beitrag kritisch zu rüfen und gegebenenfalls Korrekturen durchzusetzen. Dr. Andreas Schockenhoff Wer in der NATO bei akuter Bedrohung eines Part ners Vorbereitungen zum Schutz der Türkei verhindert, wie es die Bundesregierung getan hat, der setzt die eigene Dialogfähigkeit in der transatlantischen strategischen Sicherheitsdebatte ebenso aufs Spiel wie die eigene Entscheidungsfreiheit in den Missionen, an denen deutsche Soldaten beteiligt sind. Auch ist es nicht besonders überzeugend zu argumentieren, dass die Türkei deshalb jetzt EU-Mitglied werden muss, damit der islamistische Terrorismus besser bekämpft werden kann. Auch in dieser Frage hat die Bundesregierung durch eine verfrühte Vorfestlegung den Spielraum der deutschen Außenpolitik beschnitten. Obwohl der Prüfbericht, ob die Türkei die Voraussetzungen für die Aufnahme von Verhandlungen erfüllt, erst im Herbst vorgelegt wird, hat der Bundeskanzler seinem türkischen Kollegen Erdogan schon im Juni eine positive Antwort im Dezember in Aussicht gestellt. Herr Außenminister, dass eine noch engere Verankerung der Türkei in Europa für Deutschland von überragendem strategischen Interesse ist, bestreitet in diesem Haus niemand. Es gibt aber auch gravierende Argumente, die für die Befürchtung sprechen, dass eine Aufnahme der Türkei die EU politisch, wirtschaftlich und institutionell überfrachten, ihre Identität infrage stellen und die Gefahr einer Rückentwicklung zu einer Freihandelszone in sich bergen würde. (Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Friedbert Pflüger [CDU/CSU]: Das ist der entscheidende Punkt!)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512206000
Dr. Andreas Schockenhoff (CDU):
Rede ID: ID1512206100

(Gernot Erler [SPD]: Recht haben sie!)


(Lothar Mark [SPD]: Da hat er Recht!)


(Beifall bei der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


(Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


Deshalb, Herr Außenminister, sind beide Vorfestle-
gungen falsch: Es ist falsch zu sagen, dass die Türkei nie
EU-Mitglied werden kann. Es ist aber auch falsch zu sa-
gen, dass wir uns – unabhängig von den Kopenhagener
Kriterien – jetzt auf ihren Beitritt festlegen müssen, um
den islamistischen Terrorismus zu bekämpfen.


(Jörg van Essen [FDP]: Sehr richtig! – Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat doch keiner gesagt!)


Die Handlungsspielräume der türkischen wie der euro-
päischen Politik sind in den kommenden Jahrzehnten
größer, wenn wir im Jahr 2004 nicht nur zwischen den
Alternativen Vollmitglied oder Nichtmitglied entschei-
den, sondern auch die Möglichkeit einer privilegierten
Partnerschaft ernsthaft prüfen und offen halten.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gehen Sie mal in die Türkei!)


Die Europäische Union darf sich nach ihrer Erweite-
rung nicht vom Prozess der immer tieferen Integration
verabschieden. Die Gefahr einer schleichenden Desinte-
gration ist offenkundig. Leider steht das Handeln der
Bundesregierung auch in der Europapolitik im Gegen-
satz zu ihrer Selbstdarstellung. Die Europäische Union
ist mit 25 Mitgliedern noch mehr als vorher auf eine

k
r
R
n

S
w
m
d
m

E
D
v
d
u
n
d
F
a
d
a
r
t
a

d
d
d
a
h
d
S
r
n
n
a
i
r
d
P
e
F
d
S

W
E
e
t
l
l

V
H

(C (D onstruktive und sensible deutsch-französische Fühungsrolle angewiesen. Die Bundesregierung spielt diese olle oft arrogant und bevormundend und trägt damit icht zur Integration, sondern zur Spaltung Europas bei. (Zuruf von der CDU/CSU: Das kann der Außenminister!)


ie hat den deutschen Einfluss in Europa geschwächt,
as an ihrem unsensiblen und missglückten Versuch, ge-
einsam mit Frankreich einen Kandidaten für das Amt
es Kommissionspräsidenten durchzusetzen, einmal
ehr offenkundig wurde.
Demnächst beginnen die Verhandlungen über den

U-Finanzrahmen für den Zeitraum von 2006 bis 2013.
ie Bundesregierung hat die gegenwärtige Finanz-
erfassung der EU heftig kritisiert. Der Status quo ist
as Ergebnis der von der Bundesregierung vorbereiteten
nd durchgeführten Verhandlungen während des Berli-
er Gipfels. Der Berliner Gipfel zur Finanzausstattung
er EU bis 2006 ist gescheitert, weil Deutschland und
rankreich in offenem Konflikt standen und dadurch alle
nderen zum Basar ihrer nationalen Interessen eingela-
en haben. Wenn Deutschland und Frankreich nun Seite
n Seite in offenen Konflikt zu den Interessen der ande-
en, gerade auch der neuen und kleineren Mitgliedstaa-
en treten, wird es wiederum ein Desaster geben, wie es
uch beim Berliner Gipfel 1999 der Fall war.
Herr Außenminister, wenn einem zu der Frage eines

eutschen bzw. europäischen Sitzes im Sicherheitsrat
er Vereinten Nationen nicht mehr einfällt als zu sagen,
ass die Franzosen und Briten ihren Sitz doch niemals
ufgeben werden, dann ist das sehr vereinfachend und
ochmütig. Es hat doch nie jemand davon gesprochen,
ass Frankreich oder Großbritannien ihren Sitz im
icherheitsrat verlieren würden, sondern es wurde da-
über geredet, wie bei einer Reform der Vereinten Natio-
en sichergestellt ist, dass Europa künftig in multinatio-
alen Strukturen geeint und gemeinsam agiert. Wenn Sie
uf das Argument, dass ein weiterer Sitz für eine europä-
sche Nation – es wäre der dritte – die Einigkeit der eu-
opäischen Außen- und Sicherheitspolitik nicht beför-
ere, wie dies von Italien, Polen, Spanien und anderen
artnern artikuliert wird, lediglich sagen, man brauche
inen zusätzlichen Sitz für Deutschland, weil doch die
ranzosen und die Briten ihren niemals aufgeben wür-
en, so kennzeichnet dies die herablassende Art, in der
ie sich international bewegen.
Es reicht eben nicht, wenn der Bundeskanzler sagt:
ir sind selbstbewusst und bündnistreu. Vertrauen und
influss gewinnt Deutschland durch den verlässlichen,
infühlsamen Umgang mit unseren Partnern in der atlan-
ischen Allianz, in der Europäischen Union und mög-
ichst mit diesen gemeinsam gegenüber der internationa-
en Gemeinschaft.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

ertrauen und Einfluss, meine sehr geehrten Damen und
erren, sind schneller verspielt als zurückgewonnen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)







(A) )



(B) )



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512206200

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kom-

men dann zur Abstimmung über den Tagesordnungs-
punkt 6.

Der Auswärtige Ausschuss empfiehlt unter Nr. 1 sei-
ner Beschlussempfehlung auf Drucksache 15/3684, den
Gesetzentwurf auf Drucksache 15/3447 anzunehmen.
Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen
wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? –
Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter
Beratung mit den Stimmen des ganzen Hauses angenom-
men.

Dritte Beratung
und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzent-
wurf ist mit den Stimmen des ganzen Hauses angenom-
men.

Unter Nr. 2 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt
der Ausschuss, die von der Bundesregierung im Auswär-
tigen Ausschuss abgegebene Erklärung zur Kenntnis zu
nehmen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –
Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Beschluss-
empfehlung ist mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/
Die Grünen und FDP gegen die Stimmen der CDU/CSU
angenommen.

Damit kommen wir jetzt zum Geschäftsbereich des
Bundesministeriums der Verteidigung. Das Wort hat
der Bundesminister der Verteidigung, Dr. Peter Struck.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Peter Struck (SPD):
Rede ID: ID1512206300

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten

Damen und Herren! Da ich während der abschließenden
Gespräche mit dem Finanzminister über den Haushalt
die Arbeit meinen beiden Staatssekretären, Peter
Eickenboom und Hans Georg Wagner, überlassen
musste, habe ich es ursprünglich für richtig gehalten,
Herrn Staatssekretär Wagner die Einbringungsrede zu
überlassen. Offenbar wird dies aber von manchen Kom-
mentatoren als Beweis für eine fortdauernde Krankheit
angesehen. Das ist falsch. Um zu vermeiden, dass sich
aus einer Haushaltsdebatte über den Verteidigungshaus-
halt eine Debatte über meinen Gesundheitszustand ent-
wickelt, rede ich jetzt, bringe den Haushalt ein und
werde natürlich auch zukünftig reden, wenn ich es selbst
für richtig halte.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die Bundeswehr setzt den Weg der Reform und der
Transformation konsequent und mit Erfolg fort. Auch
der Haushalt, den wir jetzt hier in erster Lesung beraten,
ist ein Beweis und ein Ausweis dafür. Wir engagieren
uns intensiv international – in der vorherigen Debatte ist
darüber ausführlich gesprochen worden – und wir tun
dies auf einer verlässlichen finanziellen Grundlage. Das

i
h
F
d
t

D
F
S
e

G
R
h
n
t
i
d
P
l
d
w
a
d
e
b
k

d
S
c
N
l
c
w
S

i
g
d
e
s
e
E
W
A
i

a
m
G
li
F
m

(C (D st die Situation, in der wir heute den Verteidigungshausalt erörtern. Die Transformation der Bundeswehr hat ahrt aufgenommen, das heißt, bis zum Jahr 2010 weren die Streitkräfte konsequent auf die wahrscheinlichsen Aufgaben von heute und morgen ausgerichtet. ie neue Bundeswehr wird bestimmt durch: eine neue ührungsorganisation, ein neues Fähigkeitsprofil, neue treitkräftekategorien, eine neue Einsatzsystematik und ine neue Ausrüstungsplanung. Dieser Prozess erfolgt auf klaren konzeptionellen rundlagen. Dazu gehören die Verteidigungspolitischen ichtlinien vom Mai des vergangenen Jahres, die wir ier schon häufiger erörtert haben. Dazu gehört auch die eue Konzeption der Bundeswehr, die in der Verantworung des Generalinspekteurs erstellt wurde und von mir m August dieses Jahres erlassen worden ist. Noch in iesem Jahr – darüber werden wir uns auch in diesem lenarsaal intensiv unterhalten müssen – wird schließich über ein neues Stationierungskonzept zu entscheien sein, das den neuen Erfordernissen an die Bundesehr und den neuen Bedingungen, unter denen sie rbeitet, Rechnung tragen muss. Mit der Transformation er Bundeswehr sorgen wir dafür, dass die Bundeswehr in leistungsfähiges Instrument deutscher Außenpolitik leibt und wirksam zur Abwehr von Gefahren beitragen ann. Die Bundeswehr ist gegenwärtig mit über 7 000 Sol atinnen und Soldaten im Einsatz. Im Kosovo sind die oldaten der Bundeswehr Teil einer internationalen Siherheitspräsenz, die Streitkräfte von über 30 weiteren ationen mit insgesamt 17 500 Soldaten umfasst. Sie eisten dort trotz der aktuellen Diskussionen, die uns siherlich auch im Verteidigungsausschuss beschäftigen erden, nach wie vor einen ganz wichtigen Beitrag zur tabilität und zur Sicherheit im Kosovo. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Dr. Werner Hoyer [FDP])


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Nach den Unruhen im März dieses Jahres im Kosovo
st die Einsatzplanung der Bundeswehr mit dem Ziel
rößtmöglicher Flexibilität und Mobilität geändert wor-
en. Gleichzeitig wurde die Ausrüstung verbessert, um
in angemessenes Vorgehen auch gegen zivile Unruhe-
tifter zu ermöglichen. Gerade eben hat der Bundestag
in Gesetz beschlossen, durch das den Soldaten auch der
insatz von so genannten einfacheren, nicht tödlichen
affen zur Bekämpfung von Unruhen ermöglicht wird.
uch im Namen der Soldatinnen und Soldaten bedanke
ch mich ausdrücklich dafür.
Auch in Bosnien tragen die Soldaten der Bundeswehr

ls Teil von SFOR mit über 1 200 Mann bzw. Frau zur
ilitärischen Absicherung des Friedensprozesses bei.
emeinsam mit den Streitkräften aus 35 Nationen betei-
gt sich die Bundeswehr an der Operation Enduring
reedom im Kampf gegen den internationalen Terroris-
us. Am Horn von Afrika sind wir mit der Marine und






(A) )



(B) )


Bundesminister Dr. Peter Struck

in Afghanistan sind wir, wenn es erforderlich sein sollte,
mit dem Kommando Spezialkräfte tätig.

In Afghanistan ist die Bundeswehr mit insgesamt
2 100 Soldatinnen und Soldaten in Kabul, in Kunduz
und in Faizabad im Einsatz und erfüllt die Aufgaben ent-
sprechend den Mandaten der Vereinten Nationen und
dieses Parlaments, des Bundestages. Ich bitte insbeson-
dere die Kolleginnen und Kollegen der FDP, die das
Mandat in Kunduz sehr kritisch sehen und ihm nicht zu-
stimmen konnten, sehr darum, sich vor Ort persönlich
ein Bild von der guten Arbeit der PRT-Soldatinnen und
-Soldaten in Kunduz zu machen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die Nichtregierungsorganisationen, die dort tätig sind,
begrüßen es trotz der vorherigen Vorbehalte, dass wir
dort sind.

In Faizabad werden wir die gleiche Aufgabe überneh-
men. In Absprache mit dem Ministerium für wirtschaft-
liche Zusammenarbeit und Entwicklung haben wir Pro-
jekte identifiziert, über die wir noch im Laufe dieser
Woche gemeinsam entscheiden und beraten können.
Kollege Erler hat in der vorherigen Debatte die gesamten
Organisationen aufgezählt, die in Faizabad arbeiten. Wir
wollen mit unserer Präsenz dort helfen und wir werden
das genauso gut wie in Kunduz tun.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Schließlich geht es auch darum, dass wir die Vorbe-
reitung der Präsidentschafts- und der Parlamentswahl
in diesem Land durch unsere Präsenz mit unterstützen.
Für die Präsidentenwahl gehen wir von einem Wahl-
termin im Oktober aus. Möglicherweise wird es einen
zweiten Wahlgang geben. Es gibt 13 Gegenkandidaten
zu Karzai. Im Dezember wird es vielleicht eine Stich-
wahl geben und im März wird dann das Parlament ge-
wählt. Allein dafür ist unsere Präsenz auch in Faizabad,
in der Provinz Badakhshan, über die wir eben gespro-
chen haben, dringend erforderlich.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Zuletzt darf ich einige nur kurze Hinweise zum Haus-
halt geben, weil ich glaube, dass die Rednerinnen und
Redner der Koalition das im Augenblick besser darstel-
len können als ich.

Unser Haushalt beläuft sich auf 24,04 Milliarden Euro.
Natürlich hätte ich wie jeder Minister gerne einen größe-
ren Haushalt, aber ich trage den Konsolidierungskurs
des Finanzministers selbstverständlich mit. Wenn wir je-
doch im Laufe der Beratungen darüber streiten, ob die
Mittel an dieser oder jener Stelle richtig eingesetzt sind,
dann möchte ich darauf hinweisen, dass der Vorschlag,
Kollege Austermann, von Herrn Stoiber, den Haushalt
um 5 Prozent zu kürzen, im Verteidigungsetat 1,2 Mil-
liarden Euro weniger bedeuten würde. Damit können wir
unsere internationalen Aufgaben nicht erfüllen; das wis-
sen Sie ganz genau.

r
b
n

W
B
h
b
w
m
z
d
c
r

C

s
a
d
f
g
z
d
r
h

g
d
m
n
s
d
d
k


D
k

(C (D (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Gerd Müller [CDU/ CSU]: Sie wissen genau, dass dies die CSU bei der Verteidigung nicht vorschlägt!)


Wir können im Einzelnen gern über Ihre Vorschläge
eden. Ich will Ihnen nur sagen, dass ich bei der Linie
leibe, die begonnen worden ist, als ich das Amt über-
ommen habe.


(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Sie haben Herrn Stoiber bewusst missinterpretiert!)


ir führen die größte Reform in der Geschichte der
undeswehr durch, weil wir eine völlig neue Situation
aben. Die Bundeswehr wird das bekommen, was sie
raucht. Wir werden unsere Mittel umschichten, damit
ir sie vernünftig einsetzen. Wir werden keine Mittel
ehr für Waffensysteme oder deren Depotkosten einset-
en, die wir nicht mehr brauchen, sondern wir werden
ie Mittel für die Waffensysteme einsetzen, die wir brau-
hen, und für die Bundeswehr, die wir brauchen, mit ih-
en neuen Aufgaben.
Danke schön.

(Anhaltender Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Lothar Mark [SPD]: Das nennt man konstruktive Umgestaltung!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512206400

Das Wort hat der Kollege Dietrich Austermann,
DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dietrich Austermann (CDU):
Rede ID: ID1512206500

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Politi-

che Meinungsunterschiede gibt es in vielen Bereichen,
uch in diesem Parlament und auch beim Thema Vertei-
igung. Sie führen nicht so weit, dass unser Verständnis
ür den gesundheitlichen Zustand des einen oder anderen
ering ausgeprägt ist. Ich möchte deshalb ausdrücklich
u Beginn sagen, Herr Minister: Wir wünschen Ihnen,
ass Ihre Gesundheit so gut ist wie die eines jeden ande-
en und möglichst bald wieder in optimalem Zustand
ergestellt sein möge.


(Beifall)

Wenn es Spekulationen um den heutigen Termin ge-

eben hat, dann lediglich deshalb, weil uns bekannt war,
ass von Ihnen, Herr Minister, alle Termine wahrgenom-
en werden sollten, bloß dieser nicht. Da kommt man
atürlich auf den Gedanken, das könnte andere als ge-
undheitliche Gründe haben, nämlich zurückgehen auf
ie Fragen, die im Verteidigungsausschuss gestellt wor-
en sind. Ich freue mich, dass Sie Ihre Bereitschaft er-
lärt haben, sich diesen Fragen offen zu stellen.


(Unruhe bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Er hat dieses Thema doch selber offen angesprochen.
aher bitte ich um Verständnis dafür, dass ich diese Er-
lärung abgegeben habe. Wir freuen uns, dass wir diese






(A) )



(B) )


Dietrich Austermann

Debatte wieder und weiter führen können. Damit möchte
ich zum Thema kommen, nämlich zu den Haushaltsrah-
menbedingungen für den Verteidigungsetat.


(Johannes Kahrs [SPD]: Welche 5 Prozent wollen Sie denn einsparen?)


– Ich kann Ihnen diese Frage gleich beantworten, Herr
Kahrs. Der Minister hat dieses Thema selber angespro-
chen. Dies deutet darauf hin, dass er Interesse an einer
streitigen Auseinandersetzung hat, insbesondere zu die-
sem Punkt.

Im Haushalt 2004 ist der Verteidigungsetat durch eine
globale Minderausgabe in einem Maße gebeutelt wor-
den, das weit über die 5 Prozent Kürzung hinausgeht,
die Herr Stoiber angesprochen hat. Im Haushalt 2005 ist
davon auszugehen, dass für die sozialen Sicherungssys-
teme – Opfer für Hartz IV, Opfer für die Rente, globale
Minderausgabe von 1,4 Milliarden Euro – ein weiterer
Milliardenbetrag eingespart werden muss.


(Johannes Kahrs [SPD]: Reine Spekulation!)

So ist doch jedem, der Erfahrungen mit Herrn Eichel und
dieser Bundesregierung hat, klar, dass ein wesentlicher
Teil dieser Kürzung aus der zusätzlichen, enorm hohen
globalen Minderausgabe wieder den Verteidigungsetat
treffen wird. Das werden eher mehr als 5 Prozent.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Machen Sie jetzt also kein Theater wegen der

5 Prozent, von denen Herr Stoiber gesprochen hat. Sie
sind nicht einmal in der Lage, im Etat 1 Prozent zu kür-
zen. Auf Ihrer Klausurtagung haben Sie die Frage offen
gelassen, wie das Problem gelöst wird. Sie haben es
zwar beschrieben, aber Sie haben die Frage, wie sie die
Löcher stopfen können, die Sie offensichtlich genauso
wie wir identifiziert haben, nicht beantwortet.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Der vorliegende Regierungsentwurf umfasst für die-

sen Einzelplan einen Plafond von zunächst einmal – das
muss man nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre
so sagen – 23,9 Milliarden Euro, davon 6,1 Milliarden
Euro für Investitionen.

Die Mittel reichen nach unserer Einschätzung nicht
aus, um die vom Minister angestrebte Bundeswehrre-
form zu bezahlen. Das, was im Etat vorgesehen ist,
reicht für diese Reform nicht aus. Die Ansätze belegen,
dass die Koalition mit ihrer Absicht, eine Reform der
Reform von Herrn Scharping vorzulegen, gescheitert ist.
Weit reichende Einschnitte in Personal, Material und
Standorte sollten Mittel freisetzen, die Minister
Scharping über die GEBB durch den Verkauf von
Grundstücken und Wehrmaterial gewinnen wollte. Sie
wissen alle, dass das nicht gelungen ist. Jetzt kommt ein
anderes Märchen. Wieder sollen 600 Millionen Euro
durch Privatisierungserlöse eingebracht werden.


(Johannes Kahrs [SPD]: Scharping hat mehr geschafft als Rühe vorher!)


Auch das wird wie in der Vergangenheit nicht eintreffen.
Sie werden im Ergebnis eine unterfinanzierte Bundes-

w
d
O
s

s
2
v
F
G
d
n
B
d

S
d
m
w
g
U
d
d
in

S
v
8
W
e
W
m
p
G

B
r
g
b

r
7
ti
r
tu

N
v
b
a

(C (D ehr haben. Die sozialen Sicherungssysteme werden Sie azu zwingen, statt der Reform dieser Reform weitere pfer zu bringen, sodass der Verteidigungsetat auch diees Mal wieder nicht ungeschoren bleibt. Man muss sich nur die Zahlen ansehen. 24 Milliarden ollten es in diesem Jahr sein, 24,2 Milliarden im Jahr 005, 25,2 Milliarden in den Jahren 2006 und 2007. Daon ist in der Finanzplanung keine Rede mehr. Nur diese inanzplanung, die ich eben beschrieben habe – sie ist egenstand des 37. Finanzplanes –, rechtfertigt Veränerungen, die vorgesehen sind. Sie rechtfertigt die Anahme der Realisierbarkeit des Materialvolumens der undeswehr. Sie rechtfertigt letztlich die Gefährdung es Prinzips der allgemeinen Wehrpflicht. ie rechtfertigt letzten Endes die Senkung des Anteils er 25 000 Grundwehrdienstleistenden, sodass heute ehr Zivildienstleistende als Wehrpflichtige einberufen erden. Bei diesem Zustand kann man doch von Wehrerechtigkeit nicht mehr reden und jeder weiß nach den rteilen des Verwaltungsgerichts in Köln und nach aneren Entscheidungen, dass auch die Richter inzwischen er Meinung sind: Mit Wehrgerechtigkeit hat das, was zwischen erreicht worden ist, nichts mehr zu tun. (Beifall bei der CDU/CSU – Johannes Kahrs [SPD]: Das ist doch unglaublich!)


(Johannes Kahrs [SPD]: Das ist doch Unsinn!)


Ich kann das bezogen auf die noch verbliebenen
tandorte in meinem Wahlkreis sagen. Dort erfahren Sie
on den Kommandeuren, dass in diesem Jahr nur
0 Prozent der Wehrpflichtigen eingezogen worden sind.
enn Sie diesen Trend, 20 Prozent eines Jahrgangs nicht
inzuziehen, fortsetzen, werden im nächsten Jahr 25 000
ehrpflichtige weniger einberufen. Auf das Jahr verteilt
acht das, bei neun Monaten Wehrdienst, 37 000 Wehr-
flichtige weniger. Das heißt unter dem Strich: Ganze
enerationen werden nicht mehr berücksichtigt.


(Johannes Kahrs [SPD]: Das ist doch Unsinn! Sie können nicht rechnen! – Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: So ist es!)


eim Zivildienst setzt sich das fort. Das hat mit Wehrge-
echtigkeit nichts mehr zu tun und ruiniert vor allen Din-
en die Strukturen der Bundeswehr, die auf einen ganz
estimmten Ausbildungsumfang eingestellt ist.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, die Finanzerwartung

echtfertigt die Reduzierung des Personalumfangs um
000 Soldaten, wenn alles andere stimmt. Sie rechtfer-
gt die Kürzung um 40 000 Mitarbeiter im zivilen Be-
eich. Welche Folgen das für die Arbeitsplätze in struk-
rschwachen Regionen hat, ist wohl jedermann klar.


(Johannes Kahrs [SPD]: Wollen Sie jetzt sparen oder nicht? Sie können doch nicht mehr fordern!)


ur diese Finanzerwartung rechtfertigt die Schließung
on 100 Standorten mit der Folge konjunktureller Ein-
rüche bei den Gemeinden in Millionenhöhe. Vor nicht
llzu langer Zeit hatten wir 592 Standorte; durch die Re-






(A) )



(B) )


Dietrich Austermann

form von Herrn Scharping wurden sie auf rund 505 redu-
ziert. Im nächsten Jahr sollen es 400 Standorte sein; das
wird im November offiziell bekannt gegeben.


(Zuruf des Abg. Johannes Kahrs [SPD])

– Sie sind davon nicht betroffen; Hamburg ist inzwi-
schen bundeswehrfreie Zone, bis auf einen Standort und
die Führungsakademie.

Bald werden Sie weniger als 400 Standorte haben, das
Heer allein nur noch 161 Standorte. Das ist das Ziel und
das ist das Ergebnis einer Politik, die ausschließlich auf
Einsatzkräfte für internationale Einsätze konzentriert ist.


(Johannes Kahrs [SPD]: Wollen Sie betriebswirtschaftlich rechnen oder nicht?)


Ihnen fehlen in diesem Etat 1,8 Milliarden Euro und der
von mir eben beschriebene Zustand wird sich weiter dra-
matisch verschlechtern.

Meine Damen und Herren, bei den vorgenommenen
Eingriffen in Personal und Infrastruktur kann dieser Ver-
lust nicht mehr von den Betriebsausgaben aufgefangen
werden. Herr Minister, Sie werden um Eingriffe in die
Materialplanung nicht herumkommen. Der Begriff der
Transformation gewinnt dann einen völlig neuen Sinn.
Die Bundeswehr wandelt sich, sie wird ständig verklei-
nert.

Substanzverlust bedeutet: Nicht die Reform der Bun-
deswehr wird durch harte Einschnitte in betroffene Ge-
meinden finanziert,


(Johannes Kahrs [SPD]: Wollen Sie alle Standorte erhalten? Das ist doch unlogisch!)


sondern die Sozialsysteme werden durch das finanziert,
was eigentlich für innere Sicherheit bestimmt sein sollte.

Das hat natürlich auch Konsequenzen für die wehr-
technische Industrie, die unter dieser Bundesregierung
noch nie Planungssicherheit hatte. Das zeigt aber auch
die Wertschätzung der Sicherheitspolitik unter dieser
Bundesregierung. Nicht zuletzt zeigt es die Wertschät-
zung dieser Bundesregierung für das Verteidigungsmi-
nisterium und die dort tätigen Personen.


(Zuruf von der SPD: Schwachsinn!)

Die Reform der Bundeswehr ist also eines der größten
im Stau befindlichen Bundeswehrprojekte.


(Zuruf des Abg. Johannes Kahrs [SPD])

– Herr Kahrs, es wird Ihnen nicht gelingen, Frau Lehn zu
ersetzen. Die war lauter als Sie, Herr Tauss auch. Ich
würde empfehlen, dass Sie sich etwas freundlicher ge-
genüber dem Redner verhalten.


(Beifall bei der CDU/CSU – Johannes Kahrs [SPD]: Es geht hier um Argumente und nicht um Lautstärke!)


Wenn man die Beschreibung der Reform als Transfor-
mation richtig definiert, ist offensichtlich noch nicht
klar, welches Ergebnis erreicht werden soll. Ich will
Ihnen eine Weisung zur Weiterentwicklung des Heeres


e

G
n

M
Z

d
n

D
B
f
w
d
n

s
ü
z

E
p
d
b
v
H
w
n
li

Z
s
s
W
k
F
f
e
s

(C (D möglicherweise kennen Sie die noch nicht – nicht vornthalten. Dort heißt es: Transformation = Qualitätssprung im Hinblick auf neue Anforderungen, verändernde Strukturen, neue Verfahren der Entscheidungsprozesse und die Neugestaltung der Ausbildung. Transformation bleibt ein fortlaufender, dynamischer Prozess des Wandels ohne abschließend definiertes Ziel! enau das ist unser Eindruck, nämlich dass das Ziel icht klar vor Augen ist. (Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nichts kapiert, 15 Jahre Tiefschlaf!)


an gewinnt den Eindruck, hier treibt ein Schiff ohne
iel und ohne klare Führung auf stürmischer See.
So, wie übrigens die gesamte Bundeswehr dümpelt,

ümpeln auch die Projekte der Bundeswehr im Einzel-
en. Lassen Sie mich das stichwortartig erwähnen.


(Zuruf des Abg. Johannes Kahrs [SPD])

as Projekt Herkules, Herr Brüller, die Ausstattung der
undeswehr mit Informationstechnik, ist ein Milliarden-
lop. Man weiß gar nicht, mit welcher Strategie und mit
em zurzeit verhandelt wird. Wer traut sich, den Knoten
urchzuschlagen? Offensichtlich niemand. Gigantoma-
ie ist das Letzte, was die Bundeswehr braucht.
Auch zahlreiche weitere Großprojekte wurden nicht

o richtig abgeschlossen, Fristen und Kosten werden
berschritten. Wer kümmert sich eigentlich um den Voll-
ug beim Tiger und NH-90?
Das Thema Eurofighter ist eine endlose Geschichte.

(Johannes Kahrs [SPD]: Wer hat denn mit die ser Geschichte angefangen?)

rst wurden wir aufgefordert, noch vor der Sommer-
ause einen Leerbeschluss zu fassen, also auf jeden Fall
ie zweite Tranche in Höhe von 4,5 Milliarden Euro zu
eschließen. Es lag aber noch nicht einmal ein Industrie-
ertrag vor. Es wurde davon ausgegangen, dass der
aushaltsausschuss beschließen soll. Herr Bonde, Sie
aren dabei, als wir es abgelehnt haben. Wir ließen das
icht mit uns machen. Das ist das Verhalten von ordent-
chen Haushältern.


(Verena Wohlleben [SPD]: Jetzt holt der Stoiber euch ein!)


wischenzeitlich kam die Nachricht, die Industrie habe
ich über die Preise verständigt und auch die Engländer
eien wieder im Boot. – Wir warten jetzt seit etwa sechs
ochen auf die seinerzeit angekündigte endgültige Er-
lärung. Ich habe – auch nach der beeindruckenden
lugvorführung eines Prototyps – den Eindruck, dass of-
ensichtlich manches aus dem Ruder gelaufen ist und
ine sinnvolle Kontrolle, wie das Ganze weiterlaufen
oll, fehlt.
Wir sind für die zweite Tranche –

(Johannes Kahrs [SPD]: Ich denke, Sie wollten 5 Prozent sparen!)







(A) )



(B) )


Dietrich Austermann

ursprünglich hatten wir den Kauf von 180 Eurofightern
mit beschlossen –, erwarten aber, dass wir die Kosten im
Auge behalten und das Ministerium das auch tut. Bisher
ist der Eurofighter wie der Haushalt selbst ein unfertiges
Projekt. Ohne Zustimmung des Parlaments werden Sie
die abschließende Liste für Mängel, die noch ausgegli-
chen werden, nicht erstellen können. Oder Sie legen eine
völlig geänderte Haltung an den Tag.

In den letzten Tagen ist etwas passiert, das mich etwas
erstaunt hat. Wir haben vom Finanzministerium die Mit-
teilung bekommen, die Liste der „Geheimen Erläuterun-
gen“ habe sich aufgrund einer Plus-Minus-Liste des Ver-
teidigungsministeriums geändert. Also: Im Juni legt der
Finanzminister einen Verteidigungsetat vor. Dieser sieht
etwas anders aus, als es sich der Verteidigungsminister
wünscht. Dann werden Veränderungen vorgenommen,
weil man die Planung der Beschaffung an die Liste des-
sen anpassen muss, was finanziell möglich ist. Anschlie-
ßend wird eine geänderte Plus-Minus-Liste vorgelegt,
die sogleich in die „Geheimen Erläuterungen“ eingear-
beitet wird.

Wofür brauchen wir eigentlich noch das Parlament?
Ich frage mich, was das für Entscheidungswege sind und
was in den Köpfen derer vorgeht, die so etwas veranlas-
sen: Wir geben eine fertige Entscheidung über die Be-
schaffung bekannt, obwohl wir gar nicht wissen, wie viel
Geld verfügbar ist. Ob sich das Parlament damit befasst,
ist ohne jegliche Bedeutung.

So verhalten Sie sich auch bei der GEBB. Die Kolle-
gen von der Union, die nach mir sprechen, werden da-
rauf etwas ausführlicher eingehen. Ich sage Ihnen nur:
Das, was man sich von dieser Gesellschaft erwartet hat,
hat sich offensichtlich nicht erfüllt.


(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Vollkommen untauglich!)


Die Frage ist nur, welche Staatssekretäre und welche In-
dustriefachleute, die im Aufsichtsrat dieser Gesellschaft
sitzen, jetzt den Mut haben, zu sagen, dass sich das
Ganze nicht rechnet, dumm angefangen wurde und ins-
gesamt schlecht gelaufen ist. Das ist eine Versorgungs-
anstalt für ehemalige Mitarbeiter der Bundeswehr. Sie
bringt der Bundeswehr aber überhaupt nichts. Es gibt so-
gar strafrechtlich relevante Vorgänge, wie uns der Be-
richt des Bundesrechnungshofes gezeigt hat.


(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Unglaublich!)

Wir sind der Meinung, dass hier aufgeklärt und für Ver-
änderung gesorgt werden muss. Die Verschleuderung
von Steuergeld muss beendet werden.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Im Moment macht das Bundesverteidigungsministe-

rium in vielen Bereichen den Eindruck, als ob an vielen
Stellschrauben gleichzeitig gedreht wird. Wir haben den
Eindruck, dass es zu viele Stellschrauben gleichzeitig
gibt. Außer Geld fehlt es auch an Führung, wenn es
darum geht, mehr für die Terrorismusbekämpfung im
Detail – auch für die vorbereitende Verteidigungsfor-
schung – zu tun.

r
u
d
v

t

g
e
d

E
m

v
e
e
d
K
k

T
A
b
d
h
2
d
g
P
k

B
d
d
d
r
b

s
a
i
m
S

S
s
z

(C (D Herr Minister, wir fordern Sie auf: Räumen Sie in Ihem Haus auf! Sorgen Sie für eine bessere Information nd eine bessere Zusammenarbeit mit dem Parlament, amit wir die gemeinsamen Haushaltsberatungen auf ernünftige Weise führen können! Vielen Dank. Das Wort hat der Kollege Rainer Arnold, SPD-Frak ion. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und liebe Kolle en! Lassen Sie mich auch von unserer Seite zunächst ines anmerken: Wir freuen uns, dass der Minister wieer voll einsatzfähig in unserer Runde sitzt. s ist richtig: Angesichts des anspruchsvollen Transforationsprozesses, in dem sich die Bundeswehr befindet bei der Bundeswehr ist es ähnlich wie bei den Sozialersicherungssystemen, bei denen sich die Reformen benfalls gerade in der Umsetzungsphase befinden –, ist s wichtig, dass der Kapitän wieder das Kommando von er Brücke aus führen kann. Ich weiß aber, dass er das ommando auch in den vergangenen Wochen führen onnte, wenn er auch nicht immer ganz oben stand. Der Haushalt, den wir heute beraten, spiegelt die ransformation der Bundeswehr exakt wider. Herr ustermann, die konzeptionellen und operativen Vorgaen sind in diesem Haushalt klar und deutlich abgebilet. Sie erzählen manchmal Märchen. Im Bundeshausalt für das nächste Jahr stehen für die Bundeswehr über 00 Millionen Euro mehr zur Verfügung als im laufenen Jahr. Machen Sie also den Soldaten keine Angst! Es eht voran. In der mittelfristigen Finanzplanung sind die rojekte abgesichert. Ich werde noch darauf zu sprechen ommen. Die Zeit, in der der Einzelplan 14 ein so genannter rückenhaushalt war, ist endgültig vorbei. Jetzt bildet ieser Einzelplan den konzeptionellen Rahmen, in den ie Reformvorhaben in den nächsten Jahren passen weren. Das funktioniert deshalb, weil wir uns ernsthaft daangemacht haben, klare Prioritäten zu setzen. Wir haen dafür die richtigen Schwerpunkte gesetzt. Auch weiterhin wird die solide Ausbildung und Ein atzbefähigung der Soldaten ganz oben stehen. Es bleibt uch bei der guten Ausrüstung. Fahren Sie doch einmal n die Einsatzgebiete, Herr Austermann, und reden Sie it den Soldaten! Dann werden Sie erfahren, dass die oldaten alles haben, was sie brauchen. Bei den zukünftigen Projekten steht der Schutz der oldaten ganz oben auf unserer Agenda. Sie müssen chon zuhören, statt nur vom Schreibtisch aus erbsenählerisch zu polemisieren. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512206600
Rainer Arnold (SPD):
Rede ID: ID1512206700

(Beifall)







(A) )



(B) )


Rainer Arnold

Klar ist aber auch, dass dieser Haushalt nicht die Um-

setzung aller Wunschprojekte erlaubt. Es kommt viel-
mehr darauf an, das Notwendige vom Wünschenswerten
zu trennen. Dabei steht die Finanzierung unserer laufen-
den multinationalen Einsätze ganz oben. Sie ist die
wichtigste Wegmarke bei unseren Ausgaben. Das ist
doch eine Selbstverständlichkeit. Dahinter müssen an-
dere Vorhaben ein Stück weit zurücktreten.

Sie vergessen in der gesamten Debatte um den Vertei-
digungsetat immer wieder eines: Sie fordern immer
mehr Geld für den Verteidigungsetat und glauben, dass
dies mehr Sicherheit und Stabilität für unsere Gesell-
schaft und unser Land bringt. Das ist aber schon im An-
satz falsch.

Wir haben ein anderes Verständnis von Sicherheit in
Europa – das lässt sich nicht auf die nationale Ebene be-
schränken –; dabei spielt die soziale Zufriedenheit und
die Wirtschaftskraft der Nationen eine besondere Rolle.
Deshalb liegt es auch im Interesse der Streitkräfte, dass
die soziale Balance in Deutschland gewahrt bleibt.

Wenn Sie immer wieder mehr Geld für die Verteidi-
gung fordern, dann müssen Sie dieser Forderung auch
hinzufügen, dass dies angesichts der Haushaltslage gra-
vierende Einschnitte in wichtigen anderen gesellschaftli-
chen und sozialpolitischen Bereichen unserer Republik
erfordert. Hat das etwas mit Stabilität und Sicherheit zu
tun? Nein. Wir verfolgen einen anderen Weg und orien-
tieren uns bei der Verwendung der Haushaltsmittel an
den Aufgaben der Streitkräfte.

Ich finde es spannend, welche Beispiele Sie bringen.
Ich greife ein Beispiel heraus: den Eurofighter. Herr
Austermann und die Kolleginnen und Kollegen von der
CDU/CSU, Sie haben dieser Koalitionsregierung mit
den Beschlüssen aus Ihrer Regierungszeit einen Euro-
fighter vor die Tür gestellt, an dem vielleicht Sportpilo-
ten ihre helle Freude hätten, aber nicht Soldaten.


(Johannes Kahrs [SPD]: Das ist so!)

Wenn Sie jetzt die latent vorhandenen Mängel des Eu-

rofighters hinsichtlich der Bewaffnung und der Elektro-
nik monieren – wir sind derzeit dabei, neue Technolo-
gien mit aufzunehmen –, muss ich Ihnen entgegnen: Mit
dieser These von Ihrer Seite wird der Brandstifter
schließlich zum Feuerlöscher. Das ist nicht sehr glaub-
würdig.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir bleiben dabei: Wir setzen auch in Zukunft auf
Forschung und Entwicklung bei den Streitkräften. Dazu
passt die Forderung des bayerischen Ministerpräsiden-
ten, die Mittel für die Streitkräfte um 5 Prozent zu kür-
zen, überhaupt nicht.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Das hat er nicht! – Günther Friedrich Nolting [FDP]: 50 Millionen hat er gefordert!)


Nehmen Sie doch einfach zur Kenntnis, dass in diesem
Jahr 200 Millionen Euro mehr in den Verteidigungsetat
eingestellt worden sind. Alles andere ist nur Spekulation.

E
z
I
j
v
I

w
w
n
d
d
S
d
f
s

G
k


s

r

D
G

W
m
V

D
w
D
r
d
z
k
g
l
v
W
g
m
h
k

t

(C (D s hat doch nichts mit einer seriösen Haushaltsdebatte u tun, wenn Sie von fiktiven Veränderungen ausgehen. n den nächsten Wochen und Monaten werden wir auf eden Fall über den Haushaltsentwurf beraten und ihn erabschieden. Dann wird er Gesetz; das ist ganz klar. hre Argumentation ist nicht in Ordnung. Herr Austermann, wenn Ihr Vorschlag, bei den Veraltungskosten 10 Prozent einzusparen, umgesetzt ürde, dann würde dies die Bundeswehr mit 280 Millioen Euro belasten. Gleichzeitig monieren Sie aber, dass ie Regierung exakt bei den Verwaltungskosten spart; enn das Schließen von Standorten ist nichts anderes als paren bei den Verwaltungskosten. Das steigert zudem ie Effizienz und die Wirtschaftlichkeit. Das, was Sie ordern und kritisieren, ist hinten und vorne nicht schlüsig und deshalb nicht glaubwürdig. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Einen ähnlichen Populismus betreiben Sie bei der
EBB. Ich möchte darüber nicht wieder mit Ihnen dis-
utieren, sondern nur ein paar Sätze dazu sagen.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Ich gebe Ihnen gerne den Bericht!)


Ich habe den Bericht des Bundesrechnungshofes gele-
en. Das sollten Sie zur Kenntnis nehmen.
Natürlich gibt es auch in dem Bericht des Bundes-

echnungshofes kritische Anmerkungen.

(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Aha!)


iese beziehen sich aber auf die Gründungsphase der
EBB.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Woher wissen Sie das?)


enn man nicht bereit ist, neue Wege zu beschreiten und
anchmal auch Risiken einzugehen, dann ist man zu
eränderungen und Reformen nicht fähig.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

ie Fehler, die bei der GEBB gemacht worden sind,
urden erkannt. In den letzten zwei Jahren läuft es gut.
as zeigt im Übrigen auch die Wirtschaftlichkeitsbe-
echnung. Es ist richtig, dass 300 Millionen Euro durch
ie GEBB eingespart sind. Auch ist ganz klar, dass Sie
u Reformen nicht fähig sind; denn sonst würden Sie er-
ennen, dass allein die Existenz der GEBB schon dazu
eführt hat, dass sich eine öffentliche Verwaltung plötz-
ich dem Wettbewerb stellen muss. Die Superökonomen
on CDU/CSU und FDP fordern doch ständig mehr
ettbewerb und mehr Markt. Der Wettbewerb hat dazu
eführt, dass sich die Bundeswehrverwaltung von selber
odernisiert und reformiert. Die GEBB ist schon des-
alb wertvoll. Sie hat die Modernisierung der Streit-
räfte vorangetrieben; das ist eindeutig.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Herr Austermann, die Bundeswehr würde Ihr Verhal-
en mit folgendem Standardspruch kommentieren – ich






(A) )



(B) )


Rainer Arnold

kann ihn nicht wörtlich zitieren, weil er der Würde des
Hauses nicht angemessen ist; ich werde deshalb versu-
chen, ihn in leicht modifizierter Form wiederzugeben –:
Sie tarnen, Sie täuschen, und wenn die Dinge einmal
schief laufen, obwohl Sie ursprünglich dafür waren,
dann schlagen Sie sich in die Büsche. Sie verhalten sich
beim Thema „Bundeswehr“ ganz genauso wie bei allen
anderen Politikfeldern, über die wir in dieser Woche de-
battieren.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Lassen Sie mich nun noch ein paar Sätze zu den
schwierigen Auslandseinsätzen sagen. 19 Tote im Ko-
sovo, 4 000 Menschen vertrieben und 610 Häuser ange-
zündet, daran gibt es überhaupt nichts zu beschönigen.
Das ist nicht in Ordnung. Es ist offensichtlich, dass es
hier Probleme gibt. Darum kann man nicht herumreden.
Es ist richtig, dass die Fehler, die dort gemacht worden
sind, uns sehr schmerzen. Sie tun weh. Ich stelle aber
gleichzeitig fest: Die Soldaten, die im Kloster im Tal, am
Bischofssitz, ihren Auftrag erfüllt haben, haben einen
guten und richtigen Job gemacht. Sie verdienen Aner-
kennung und Respekt dafür, dass sie die Verhältnismä-
ßigkeit der Mittel stets gewahrt haben. Das ist die eine
Sache.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Jörg van Essen [FDP])


Die andere ist: Die Vorfälle sind nicht gut. Deshalb ist
es notwendig, dass wir gemeinsam im Verteidigungsaus-
schuss die bestehenden Probleme sorgfältig analysieren.
Angesichts der Tatsache, dass es bereits mehrere Debat-
ten über dieses Thema gegeben hat – in der gestrigen
langen Debatte sind beispielsweise viele Ihrer Fragen
beantwortet worden –, dass der Generalinspekteur be-
reits im Mai dieses Jahres einige Dinge sehr kritisch an-
gemerkt hat und dass der Minister zugesagt hat, dass es
einen schriftlichen Bericht geben wird, ist es aber nicht
fair, dass Sie an die Mikrofone rennen und behaupten,
dass es zig Fragen gibt, die offen geblieben sind. Das ist
so nicht wahr. Es gibt sicherlich Fragen, die noch geklärt
werden müssen. Aber das Entscheidende ist, dass wir
nicht zurückblicken, sondern uns fragen, was die Bun-
deswehr aus den Problemen gelernt hat. Lesson learnt!

Natürlich müssen wir erkennen, dass es Probleme in
der internationalen Struktur, nämlich in der Kommuni-
kation und in der Führung, gegeben hat. Das kann nie-
mand leugnen. Für diese sind wir verantwortlich, wenn
auch nicht alleine. Wir haben aber auch erkannt, dass es
nicht ausreicht, wenn deutsche Soldaten in Bedrängnis
nur die Wahl haben, in die Luft zu schießen oder sehr
ernsthaft von ihrer Waffe Gebrauch zu machen. Das ist
keine gute Alternative.

Es fehlte natürlich an Alternativen, mit solchen Situa-
tionen umzugehen. Diese Lücke haben wir jetzt ge-
schlossen: Die Soldaten haben die entsprechenden tech-
nischen Vorrichtungen, sie haben Schilder und sie haben
Geräte, um Menschenmassen auch einmal abzudrängen.
Wir haben heute ein Gesetz beraten, dessen Verabschie-

d
u
r
d
t

v
u
S
l
z
d
n
m
d
S
t
v
s

d
s
s
a


w
i
g
V
r

A
P
m

B
s
d
f
s
c
B
i
b
s
k
P
m
r
n

(C (D ung sie auch in die Lage versetzen wird, Wasserwerfer nd Reizgas einzusetzen. Dies alles ist notwendig und ichtig. Wir haben es in die Wege geleitet. Ich glaube, as ist entscheidend. Es ist das, was wir in dieser Situaion tun können. Bei aller Kritik bitte ich Sie doch sehr, eines nicht zu ergessen: Die Aufgaben der Bundeswehr vor Ort sind nglaublich kompliziert, komplex und herausfordernd. ie sind auch deshalb kompliziert, weil sie nicht losgeöst von der internationalen Mandatierung, von kompliierten Regelwerken und von komplizierten Kommanostrukturen zu erfüllen sind. Das macht es natürlich icht einfach. Auch deshalb ist es richtig, dass es ein geeinsames Lageund Führungszentrum der KFOR und er UNMIK gibt. All diese Dinge sind doch auf die chiene gesetzt worden. Hierfür danken wir dem Miniser und dem Generalinspekteur. Wir sagen ihnen unsere olle Unterstützung dabei zu, wenn es darum geht, dieen Weg weiterzugehen und diesen Prozess fortzusetzen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Sie üben Kritik am Mandat im Kosovo, sowohl was
as operative Geschäft als auch was die außenpoliti-
chen Bewertungen anbelangt. Zumindest die FDP übt
ehr lautstark Kritik an den Aufgaben in Afghanistan,
m PRT-Mandat.


(Jörg van Essen [FDP]: Zu Recht!)

Sie sagen „zu Recht“. – Sie vergessen eines – das
ollte ich Ihnen gerade sagen –: Ihre Kritik richtet sich
n erster Linie nicht gegen diese Koalition, sondern ge-
en die internationale Staatengemeinschaft, gegen die
ereinten Nationen, gegen die NATO und gegen die Eu-
opäische Union.


(Jörg van Essen [FDP]: Nein!)

ll das, was in Afghanistan passiert, einschließlich der
RTs, geht auf Beschlüsse der internationalen Staatenge-
einschaft zurück.
Herr Schäuble hat heute von der Verlässlichkeit der
undesregierung gesprochen. Er hat dabei an die deut-
che Irakpolitik gedacht. Die Verlässlichkeit der Bun-
esregierung macht sich aber nicht an der Irakpolitik
est. Sie macht sich vielmehr daran fest, dass wir bei un-
erem Wort bleiben und in den Irak keine Soldaten schi-
ken. Darüber hinaus macht sich die Verlässlichkeit der
undesregierung daran fest, dass wir das, was wir in der
nternationalen Staatengemeinschaft mit beschlossen ha-
en und was wir natürlich mit gestalten wollen – es geht
chon darum, dass wir Einfluss nehmen; das ist ganz
lar –, jetzt verlässlich umsetzen. Dazu gehören die
RTs. Sie kritisieren also die internationale Staatenge-
einschaft. Die „Weltmacht“ FDP glaubt der Welt erklä-
en zu können, wo es langgeht. Das kann doch überhaupt
icht angehen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Jörg van Essen [FDP]: Das zeigt doch, wie schlecht Ihre Argumente sind! Wenn Sie mal Argumente hätten, würden Sie sie vortragen!)







(A) )



(B) )


Rainer Arnold

Lassen Sie mich zum Schluss kommen. Herr

Austermann, Sie haben moniert, die Bundeswehr wisse
nicht, was am Ende der Reformen stehe. Sie tun so, als
ob das irgendwie vernebelt wäre. Die Angelegenheit ist
ganz einfach zu erklären: Im Jahr 2010, wenn dieser
Bundeswehrtransformationsprozess abgeschlossen wird,
wird die Bundeswehr mit weniger Personal effizienter
und leistungsfähiger sein. Wir arbeiten gerade daran,
dieses Ziel zu erreichen. Sie haben die Chance, mitzu-
helfen, statt im Grunde genommen immer wieder Sand
ins Getriebe zu streuen und sich zum Helfershelfer derer
zu machen, die die Modernisierung der Streitkräfte ver-
hindern wollen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dietrich Austermann [CDU/ CSU]: Wir zeigen nur die Fehler auf!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512206800

Nächster Redner ist der Kollege Günther Nolting,

FDP-Fraktion.

Günther Friedrich Nolting (FDP):
Rede ID: ID1512206900

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr

Minister Struck, wir freuen uns, dass Sie wieder hier
sind, und wir wünschen Ihnen persönlich alles Gute. Ich
hoffe, dass Sie Ihr Amt bis 2006 ausführen können.


(Beifall – Zuruf von der SPD: Und darüber hinaus!)


Herr Kollege Arnold, wir kritisieren nicht die gute Ar-
beit der Soldatinnen und Soldaten in Afghanistan – auch
der Minister hat sich vorhin in diesem Sinne geäußert –;
wir kritisieren aber das Konzept dieser Bundesregierung.
Sie können sich daran erinnern, dass wir im Verteidi-
gungsausschuss gefragt haben, welche Nationen uns
denn unterstützen. Es wurde groß angekündigt, dass es
eine breite Unterstützung gibt. Diese Unterstützung be-
läuft sich jetzt auf eine Handvoll Soldaten anderer Natio-
nen. Angesichts dessen hier von einem Erfolg zu spre-
chen kann wohl nicht richtig sein.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU])


Bezüglich der Umstrukturierung haben wir vieles ge-
hört. Die Transformation soll die Bundeswehr auf die
neuen Aufgaben, vor allem im Rahmen der internationa-
len Konfliktverhinderung und Konfliktlösung, vorberei-
ten. Der Schwerpunkt der Strukturreform wird folglich
bei der Bewältigung von Auslandseinsätzen liegen. Das
Personal wird auf diese neuen Aufgaben vorbereitet.

Das Material wird unter neuen Gesichtspunkten be-
schafft. Großgerät wird in Krisengebieten mit extremen
klimatischen Bedingungen gebraucht, soll dabei Vorrang
haben und der Truppe schnellstmöglich zur Verfügung
gestellt werden. Dabei wurde und wird vermehrt, auch
auf Drängen der FDP-Bundestagsfraktion, der Schutz
der Soldatinnen und Soldaten berücksichtigt.

Alle diese Ausführungen sind richtig, aber der vorlie-
gende Verteidigungshaushalt wird diesen Anforderungen

n
r
P
W
J
e
s

d
w

s
f
t
d
S
v
A
s
u

b
n
h
E
m
s
g

B
L
V
d
2
m
b
A
s

U
h
W
k
f
l
r
h

k
l
u

d
m

(C (D icht gerecht – trotz aller Zusicherungen der Bundesegierung. Ich denke nur einmal an den Schützenpanzer uma, der den völlig veralteten Marder ablösen soll. ahrscheinlich wird uns dieses Thema noch über ein ahrzehnt verfolgen, allein schon aufgrund der Kostenxplosion. Durch die Summe solcher Beispiele zeichnet ich ein neues haushaltspolitisches Fiasko ab, as die ohnehin schon völlig unterfinanzierte Bundesehr weiter unter Druck setzen wird. Das ist nicht nur für die Angehörigen der Bundeswehr chlecht, sondern auch für unser Land. Durch eine verehlte Finanzpolitik wird der außenund sicherheitspoliische Handlungsspielraum erheblich eingeschränkt. Für ie Bundeswehrsoldaten in Auslandseinsätzen heißt das: ie sollen zwar professionell auftreten und die Aufträge orzüglich erfüllen, aber dem stehen keine adäquate usrüstung und Bewaffnung gegenüber. Das muss sich chnell ändern. Die Bundesregierung kündigt immer an nd verspricht. Der Haushalt zeigt aber ein anderes Bild. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Zuruf von der SPD: Absoluter Quatsch!)


Bei Forschung und Entwicklung zum Beispiel, also
ei den Investitionen in die Zukunft, werden 50 Millio-
en Euro gestrichen. Der Herr Bundeskanzler hat hier
eute Morgen erklärt, dass gerade für Forschung und
ntwicklung mehr Geld zur Verfügung gestellt werden
uss. Aber genau das Gegenteil geschieht. Es wird ge-
trichen. Auch hier gilt: Viel versprochen, aber nichts
ehalten.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Was wirklich gestrichen werden sollte, sind die
eschaffungsvorhaben aus Zeiten der ausschließlichen
andes- und Bündnisverteidigung. Dabei müssen alle
orhaben auf den Prüfstand gestellt werden. Was nützt
er Bundeswehr ein schöner neuer Strukturplan für das
1. Jahrhundert, wenn Ausrüstung und Bewaffnung da-
it nicht kompatibel sind? Nichts! Unsere Soldaten
rauchen jetzt das Gerät, das sie zur Bewältigung ihrer
ufträge im Ausland so dringend benötigen. Dazu müs-
en die Investitionen dem Bedarf angepasst werden.
Der ehemalige General und heutige Professor an der
niversität der Bundeswehr München, Jürgen Schnell,
at die Fehlplanungen der Investitionen vor wenigen
ochen schonungslos offen gelegt. Er stellte klipp und
lar fest: Die Bundeswehr ist und bleibt deutlich unter-
inanziert. Es fehlen ihr jährlich zwischen 1,5 und 3 Mil-
iarden Euro, je nach gewählter Messgröße. – Die Regie-
ung weiß dies. Sie unternimmt aber nichts. Auch hier
ält der Herr Bundeskanzler seine Versprechen nicht.
Die knappen Mittel und Ressourcen für unsere Streit-

räfte werden zusätzlich in eine falsche Richtung ge-
enkt. Es wird zu viel für den Betrieb unserer Streitkräfte
nd zu wenig für Investitionen ausgegeben.
Wir müssen den Personalumfang der Bundeswehr re-

uzieren, vor allem den mobilmachungsabhängigen. Wir
üssen die infolge eingesparter Betriebsausgaben






(A) )



(B) )


Günther Friedrich Nolting

verfügbaren Mittel umschichten und wir müssen die Ver-
teidigungsausgaben auf das notwendige Maß anheben.
Werden diese Forderungen nicht schnell und konsequent
umgesetzt, entstehen negative Auswirkungen auf die
Bundeswehr, die unverantwortbar sind.

Daneben sind die Folgen für die unabdingbare wehr-
wirtschaftliche Basis in Deutschland unabsehbar. Die
Wettbewerbssituation der deutschen wehrtechnischen
Industrie wird weiter geschwächt und die Abhängigkeit
von ausländischen Rüstungsgütern nimmt zu. Dem muss
aus unserer Sicht konsequent entgegengewirkt werden.
Die deutsche wehrtechnische Industrie, gerade die mit-
telständische wehrtechnische Industrie, ist verstärkt ein-
zubinden. Forschung und Entwicklung sind konsequent
voranzutreiben. Die Investitionsquote ist aufzustocken.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Dietrich Austermann [CDU/CSU])


Unter den jetzigen Voraussetzungen können weitere
Einsätze von der Bundeswehr nicht erwartet werden.
Der Fraktionsvorsitzende Dr. Gerhardt hat sich vorhin
dazu geäußert. Erschwerend kommt hinzu, dass die Bun-
desregierung trotz fehlender sicherheitspolitischer Be-
gründung an der Wehrpflicht festhält. Diese Entschei-
dung bindet ungeheure Mittel im personellen wie im
materiellen Bereich. Ein internationaler Vergleich führt
zu dem Ergebnis, dass infolge der Veränderung des An-
forderungsprofils für unsere Streitkräfte die Wehrpflicht
nicht passt und zu einem Auslaufmodell geworden ist.
Wenn Sie sich den letzten Jahresbericht der Jugend-
offiziere ansehen, so stellen Sie fest, dass auch die jun-
gen Leute die Einberufungskriterien und den Auftrag der
Wehrpflichtigen nicht mehr nachvollziehen können.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Meine Damen und Herren, flankiert werden muss der
Transformationsprozess der Bundeswehr durch sinn-
volle Entscheidungen in der Standortfrage. Herr Kol-
lege Austermann, Ihre Aussagen zu Standorten werden
Sie sehr schnell einholen, wenn Sie in absehbarer Zeit an
anderer Stelle oder hier Verantwortung tragen. Sie wer-
den sich dann an dem messen lassen müssen, was Sie
hier ausgeführt haben. Natürlich muss die Anzahl der
Standorte reduziert werden, wenn der Personalumfang
der Streitkräfte reduziert wird. Wir stimmen mit dem
Minister überein, dass militärische und wirtschaftliche
Gesichtspunkte im Vordergrund stehen müssen. Herr
Minister, wir bitten Sie aber auch, so genannte weiche
Faktoren wie Integration einzubeziehen. Ich denke, dass
wir auch da einer Meinung sind.

Darüber hinaus fordern wir, Herr Minister, dass die
betroffenen Kommunen finanziell so unterstützt werden
müssen, wie es die alte CDU/CSU-FDP-Bundesregie-
rung Anfang der 90er-Jahre gemacht hat.


(Zuruf von der SPD: Wo denn?)

Dort sind durch Steuerumschichtungen den betroffenen
Kommunen 7 Milliarden DM zur Verfügung gestellt
worden.

I
G
t
B
p
a
g

U
d
e
d
u
h
e
s
r

d
r
d
A
l
I
h
d
s
i
D

m
b

M
s
m
l
f
w

B

H
w
s
z
g

(C (D (Beifall des Abg. Christian Schmidt [Fürth] [CDU/CSU])


ch denke, liebe Kolleginnen und Kollegen von Rot-
rün, das ist ein Zeichen für verantwortungsvolle Poli-
ik; denn Strukturpolitik ist nicht allein Aufgabe des
undesministers der Verteidigung, sondern für Struktur-
olitik im Zusammenhang mit Konversion ist der Bund
ls Ganzes zuständig. Auch hier müssen Sie Ihrer Auf-
abe nachkommen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Herr Minister Struck, ich hoffe, dass Sie bei der
mstrukturierung unserer Bundeswehr Erfolg haben,
enn die Soldatinnen und Soldaten hätten einen Miss-
rfolg nicht verdient. Sie verrichten ja eine mitunter un-
ankbare und risikobeladene Arbeit. Dafür bedanken wir
ns bei unseren Soldatinnen und Soldaten. Kritik, die ich
ier angebracht habe, richtet sich – ich sage das noch
inmal – nicht gegen unsere Soldatinnen und Soldaten,
ondern gegen Teile dessen, was hier von der Bundes-
egierung vorgelegt wird.
Insofern, Herr Minister Struck, kritisieren wir auch

ie derzeitige Informationspolitik des Bundesministe-
iums der Verteidigung. Wir sind damit absolut unzufrie-
en. Wir erwarten – das haben wir gestern ja auch im
usschuss gesagt –, dass die Informationslücke bezüg-
ich des Toten von Prizren vollständig aufgeklärt wird.
ch hoffe, dass es sich dabei wirklich nur um eine Panne
andelte und dahinter nicht System steckt. Sie wissen,
ass der Verteidigungsausschuss Möglichkeiten hat,
elbst für Aufklärung zu sorgen. Ich denke, Sie werden
n den nächsten 14 Tagen für Aufklärung Sorge tragen.
a wir eine Parlamentsarmee haben,


(Zuruf von der SPD: Gott sei Dank!)

uss das Parlament auch entsprechende Informationen
ekommen.
Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss. – Herr
inister, Sie haben die Strategie im Kosovo infrage ge-
tellt. Das habe ich jedenfalls heute der Presse entnom-
en. Die FDP hat einen entsprechenden Antrag vorge-
egt. Ich hoffe, dass wir weitere Diskussionen darüber
ühren und unser Antrag dann entsprechend unterstützt
ird.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1512207000

Das Wort hat der Kollege Winfried Nachtwei,
ündnis 90/Die Grünen.

Winfried Nachtwei (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512207100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
err Minister, als wir von Ihrer Erkrankung erfuhren,
aren wir sehr erschrocken. Wir sind über Ihre Gene-
ung erleichtert und wünschen Ihnen von ganzem Her-
en stabile Gesundheit und volle Kraft. Sie werden hier
ebraucht.


(Beifall)







(A) )



(B)


Winfried Nachtwei

Zum Schluss der vorherigen Debatte haben wir über

eine Ergänzung des Ausführungsgesetzes zum Chemie-
waffenübereinkommen abgestimmt. Gestatten Sie mir,
da dieses in der vorherigen Debatte inhaltlich fast gar
nicht angesprochen wurde, dazu noch kurze Nachbemer-
kungen. Die März-Unruhen im Kosovo, die ja inzwi-
schen schon mehrfach thematisiert wurden, zeigten sehr
schnell zentrale Ausstattungslücken beim deutschen
KFOR-Kontingent im Hinblick auf die Bewältigung ex-
trem gewalttätiger Demonstrationen. Schon am 24. März
wurde diese Frage im Verteidigungsausschuss themati-
siert.

Die jüngste Gesetzesänderung erlaubt der Bundes-
wehr bei Auslandseinsätzen im Rahmen kollektiver Si-
cherheit zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicher-
heit und Ordnung den Einsatz solcher Reizstoffe, die
bisher im Inland schon für die Polizei und den Bundes-
grenzschutz zugelassen sind. Dabei galt es allerdings, al-
les zu vermeiden, was die Rüstungskontrolle bei chemi-
schen Waffen gefährden könnte. Das ist durch die
Gesetzesänderung und durch die Ergänzung im Auswär-
tigen Ausschuss vollständig gewährleistet; denn erstens
grenzt die klare Beschränkung des Einsatzzweckes die-
sen eindeutig von der Verwendung in Kampfeinsätzen ab
und zweitens sind die Substanzen eindeutig benannt und
werden der Organisation für das Verbot Chemischer
Waffen in Den Haag gegenüber deklariert.

Selbstverständlich ist eine verbesserte Demoausstat-
tung der Bundeswehr nur eine von vielen notwendigen
Konsequenzen aus den März-Unruhen. Um diese Konse-
quenzen genau definieren und bewerten zu können, sind
eine umfassende und offene Aufklärung und eine Aus-
wertung der März-Unruhen notwendig, zu der das Ver-
teidigungsministerium, das Auswärtige Amt und das In-
nenministerium zusammen beitragen müssen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es geht hier um mehr als „nur“ – in Anführungszei-

chen – den Kosovo und mehr als nur den Sinn, die Per-
spektive und die Akzeptanz dieses kostspieligen Einsat-
zes; es geht darüber hinaus um einen Praxistest für den
neuen Auftrag der Bundeswehr und um nicht weniger als
effektiven Multilateralismus.

Bei Parlamentsdebatten um die Bundeswehr ist es
Brauch, den Soldatinnen und Soldaten für ihren riskan-
ten und professionellen Einsatz im Dienste der Gewalt-
verhütung und Krisenbewältigung zu danken. Davon ist
auch nach dem März nichts zurückzunehmen; das gilt
weiter.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Unsere hohe Anerkennung für die Leistungen der
Soldaten, Polizisten, Diplomaten und Zivilexperten ver-
pflichtet uns aber zugleich zu nüchterner Defizitanalyse
ohne Beschönigungen, wie sie vor allem in den ersten
Wochen zum Teil praktiziert wurden, und ohne vor-
schnelle Schuldzuweisungen, Sündenbocksuche oder
Schwarze-Peter-Schiebereien. Meiner Erfahrung nach
sind Minister Struck und Generalinspekteur

S
v

g
r
K
i
s
l
b
k

n
ü
s
i
M
m
b
k
g
a
s
V
w
r
s
o

U
k
I
n
M
t
r

D
g
r
d
c

v
p
b
g

S
k
H
t
d
S

(C (D chneiderhan Garanten dafür, dass die Defizitanalyse orangetrieben wird. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die März-Unruhen und die damit einhergehenden
roßflächigen so genannten ethnischen Säuberungen wa-
en ein massiver Rückschlag und Ansehensverlust für
FOR, UNMIK und die internationale Gemeinschaft
nsgesamt. Es geschahen gravierende Fehler auf ver-
chiedenen Ebenen und bei verschiedenen Akteuren,
ängst nicht nur, wie die Diskussion in der Bundesrepu-
lik zum Teil den Eindruck erweckt, beim Bundeswehr-
ontingent.
Was sind die zentralen Konsequenzen? Unbedingt

otwendig ist – da wiederhole ich mich – eine ressort-
bergreifende integrierte Auswertung. Außerdem dürfen
ich – das ist hier schon öfter festgestellt worden, aber
ch bekräftige es noch einmal – Kontrollverluste wie im
ärz nicht wiederholen. Das UN-legitimierte Gewalt-
onopol muss durchgesetzt werden. Dafür ist eine ver-
esserte nachrichtendienstliche Aufklärung und Be-
ämpfung der organisierten Kriminalität notwendig. Das
eht nicht ohne eine angemessene Personalausstattung,
n der es in der Vergangenheit zum Teil fehlte. Weiterhin
ind eine schnellere Reaktionsfähigkeit der KFOR, die
erbesserung der Führungsstrukturen und der Auf-
uchsfähigkeit sowie vor allem eine verbesserte militä-
isch-polizeiliche Zusammenarbeit in solchen Krisen-
ituationen erforderlich. Von diesen Konsequenzen ist
ffenkundig schon einiges umgesetzt worden.
Schließlich geht es um die Stärkung der Kosovo- und
N-Polizei, insbesondere um die Stärkung ihrer Fähig-
eiten, mit gewalttätigen Demonstrationen umzugehen.
n diesem Bereich haben wir auch in der Bundesrepublik
och einen Nachholbedarf. Eigentlich sollte nicht das
ilitär zur Bewältigung von gewalttätigen Demonstra-

ionen primär zuständig sein, sondern die Polizei mit ih-
en Einsatzhundertschaften.


(Jörg van Essen [FDP]: Sehr richtig! Das ist eine polizeiliche Aufgabe!)


iese Einsatzhundertschaften kommen zurzeit überwie-
end aus der Dritten Welt. Wir haben uns Gedanken da-
über zu machen, welche Beiträge wir für die Stärkung
ieser Polizeikomponente leisten können. Eine entspre-
hende Diskussion muss begonnen werden.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer)

Das Kosovo bleibt weiterhin ein hochexplosives Pul-

erfass, wenn es nicht zugleich sichtbare Fortschritte im
olitischen Prozess, beim wirtschaftlichen Aufbau und
ei der Förderung der kosovarischen Zivilgesellschaft
ibt.
In den letzten Jahren machte sich in Europa und in der

taatengemeinschaft insgesamt eine Art Balkanmüdig-
eit breit. Das war angesichts der neuen terroristischen
erausforderungen und des verlagerten Interesses Rich-
ung Irak verständlich und plausibel, aber ein gravieren-
er Fehler. In den letzten Jahren stand das Interesse der
taatengemeinschaft im Vordergrund, im Kosovo und in
)






(A) )



(B) )


Winfried Nachtwei

Bosnien durch die Reduzierung der Kontingente im Be-
reich KFOR und im Polizeibereich Kosten zu sparen.

Die Entschärfung des Pulverfasses Kosovo braucht
aber das verstärkte, zuverlässige und ausdauernde politi-
sche Engagement der internationalen Gemeinschaft. Da-
bei bleibt die Linie „Standard vor Status“ meiner Auf-
fassung nach ohne verantwortbare Alternative. Zugleich
aber – wir haben es hier nicht mit einem mechanistischen
Dogma zu tun – müssen wir einige Punkte überprüfen.
Wir haben beispielsweise zu überprüfen – dieser Punkt
ist seit gestern wieder verstärkt in der Diskussion –, wel-
che Form von Multiethnizität im Kosovo notwendig und
möglich ist und überhaupt eine Perspektive hat. Auch
dies ist eine Diskussion, die weitergeführt werden muss.

Um Frieden und Stabilität zu bewahren und zu fördern,
ist ein effektiver Multilateralismus unabdingbar. Die
Transformation der Bundeswehr ist dabei ein bedeuten-
der und unverzichtbarer Baustein. Wir können feststellen
– das ist positiv –, dass im kommenden Jahr die Schlüs-
selgröße „Investitionsquote“ von 24,6 auf 25,6 Prozent
erhöht werden kann. Aber wir müssen auch nüchtern fest-
stellen: Dieser Fortschritt im Sinne eines effektiven Mul-
tilateralismus wird nicht helfen, wenn er nicht mit der
Stärkung der Außen-, Sicherheits- und Entwicklungs-
politik der Bundesrepublik insgesamt einhergeht.

Hier im Bundestag sind wir uns meines Wissens im
Hinblick auf die gewachsene internationale Verantwor-
tung der Bundesrepublik einig. Heute ist schon mehrfach
festgestellt worden: Die Anforderungen an die Bundes-
republik und an ihre internationale Politik sind in den
letzten Jahren rapide gewachsen. Die dadurch anfallen-
den Kosten haben sich von der tatsächlichen Finanzaus-
stattung immer weiter entfernt. Investitionen in einen ef-
fektiven Multilateralismus sind Zukunftsinvestitionen
par excellence. Diese Einsicht muss sich in diesem Haus,
aber auch in unserer Gesellschaft durchsetzen.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512207200

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Christian

Schmidt.


Christian Schmidt (CSU):
Rede ID: ID1512207300

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen

und Kollegen! Dem Kollegen Nachtwei bin ich einen
Dank schuldig. Er hat bei der Haushaltsdebatte des letz-
ten Jahres Grüße an mich geschickt. Auch jetzt hat er
wieder den Minister willkommen geheißen. Wenn man
weiß, was es bedeutet, krank zu sein, ist man froh, wenn
man wieder da ist. Deswegen darf ich jenseits aller Poli-
tik wirklich sagen: Wir sind froh, dass Peter Struck wie-
der da ist.


(Beifall im ganzen Hause)

Die Freude hat sich insofern etwas steigern lassen, als

die eine oder andere Personaloption, die in der Zeit sei-
ner Abwesenheit gehandelt worden ist, hinfällig gewor-

d
s
m
t

d
n
h
T
g
g
f
B
s
i

h
h
h
d
d
e

f
n
t

g
u
V
f
G
u
S

d
r
k
S
h
a
s
d
d
g
a

N
v
e
G
v
n
G
A
b
c

(C (D en ist. Wir haben uns gesagt: Solange wir noch einen ozialdemokratischen Verteidigungsminister ertragen üssen, nehmen wir lieber Peter Struck als die Alternaiven, die uns vorgeschlagen worden sind. (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Der Verteidigungsminister ist ja kein Minister wie je-
er andere. Er ist ein entscheidender Minister – leider
icht gegenüber dem Finanzminister –, was die Sicher-
eit unseres Landes und Entscheidungen über Leben und
od von Menschen betrifft. Er muss seine Entscheidun-
en schnell treffen. Deswegen ist es auf der einen Seite
ut und notwendig – das werden wir uns sicherlich alle
ür die Zukunft vornehmen –, dass für diejenigen, die
escheid wissen müssen, gute Informationen vorhanden
ind. Spekulationen sollten auf der anderen Seite nicht
ns Kraut schießen.
Nun müssen wir uns wieder über den Haushalt unter-

alten. Natürlich habe ich gedacht: Sieh an, Peter Struck
at gelesen, was im Haushalt steht, und sich gesagt: Das
at Märchenbuchcharakter, da nehme ich lieber erst in
er zweiten oder dritten Lesung Stellung und nicht jetzt,
a es nach der Steuerschätzung vielleicht doch noch den
inen oder anderen Streitpunkt gibt.
Ich habe bereits im Frühjahr Sekundanz angeboten,

alls es zu Show-downs kommen sollte, weil ich – und
icht nur ich, sondern auch viele andere aus meiner Par-
ei und meiner Fraktion – in der Tat der Meinung bin
das darf ich hier unterstreichen –, dass der Verteidi-
ungshaushalt ein Art Grundkataster für die Sicherheit
nseres Landes ist und er deswegen nicht der normalen
olatilität unterstellt werden kann. Dass er davon nicht
reigestellt werden kann, ist uns auch klar. Dass aber die
rundlagen für eine weitere wirtschaftliche Erholung
nd für neue wirtschaftliche Perspektiven an anderer
telle liegen müssen, ist auch wahr.
Wahr ist aber auch, dass die Diskrepanz zwischen

em Anspruch der Politik und ihrem finanziellen Spiel-
aum immer größer wird. Es geht nicht, dass der Bundes-
anzler oder der Vizekanzler den Kampf um den Sitz im
icherheitsrat der Vereinten Nationen führen, ohne vor-
er zu überlegen, welche Verpflichtungen und Aufträge,
ber auch welche haushaltsrelevanten Kosten das mit
ich bringt. Das bereits jetzt festzustellende Auseinan-
erklaffen zwischen internationalen Verpflichtungen und
en Mitteln, die wir im Verteidigungshaushalt zur Verfü-
ung stellen – nicht nur im Verteidigungsetat, aber eben
uch dort –, wird immer größer.
Ich will nur zwei Begriffe nennen: zum einen die
ATO-Response-Force. Das klingt neu und nach Inno-
ationen. Hier findet über die NATO ausnahmsweise
inmal eine Innovation statt. Diese Innovation kostet
eld. Der andere Begriff bezieht sich auf ein Konzept,
on dem ich gehört habe, dass es der Verteidigungsmi-
ister neuerdings sehr stark befürwortet: das Battle-
roup-Modell, das im Wesentlichen für den Einsatz in
frika vorgesehen ist. Auch das kostet Geld. Dies wurde
ereits gesagt; ich wollte das noch einmal unterstrei-
hen.






(A) )



(B) )


Christian Schmidt (Fürth)


Nun neigt der Kollege Arnold – wenn ich das sagen

darf – dazu, zu sagen: Es ist doch alles in Ordnung; was
schimpft ihr denn? Es ist eben nicht alles in Ordnung.


(Rainer Arnold [SPD]: Wir schimpfen doch gar nicht!)


– Sie haben doch geschimpft. – Ich will Ihnen etwas vor-
lesen; vielleicht kennen Sie das Papier. Dort steht:

Ein Verzicht auf zwingende Neuvorhaben im Be-
reich der militärischen Beschaffungen

– „zwingend“ interpretiere ich so, dass es sich dabei um
Dinge handelt, die notwendig sind, um unsere Sicherheit
zu gewährleisten und die internationalen Verpflichtun-
gen unseres Landes einzuhalten –

konnte nur durch Eingriffe in Finanzierungsabläufe
und nicht zwingend zum jetzigen Zeitpunkt erfor-
derliche Ergänzungsverträge vermieden werden.

Wer etwas vom Haushalt versteht, der weiß, dass der
Etat nicht nur auf Kante genäht ist, sondern dass die
Naht geplatzt ist.

Der nächste Satz lautet:
Für die kommenden Haushalte ist dies nicht wie-
derholbar.

Das ist keine Oppositionsrhetorik. Vielmehr sind das Ein-
schätzungen, die in Ihrer eigenen Fraktion zum Verteidi-
gungshaushalt bestehen. Wir müssen in einen ernsthaften
Dialog darüber eintreten, wie wir den Verteidigungshaus-
halt mittelfristig gestalten müssen und können.

Wir müssen uns genau überlegen, wie die internatio-
nalen Verpflichtungen erfüllt werden und womit sie
verknüpft sind. Was heute der Außenminister, der Vertei-
digungsminister und andere Politiker zu den internatio-
nalen Verpflichtungen in Afghanistan und im Kosovo
gesagt haben, war hörens- und lesenswert. Dazwischen
liegen Welten,


(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Außerhalb aller Welten liegt Frau Wieczorek-Zeul!)


nicht nur bei der Frage „Standards vor Status“.
Wer entscheidet da nun eigentlich? Trifft einer die

Entscheidung, Soldaten zu entsenden, und muss der an-
dere dann sehen, wie er die Truppe zusammenbringt und
den Einsatz bezahlt? So kann die Rechnung auf Dauer
nicht funktionieren. Bei dieser unseriösen Haushaltspoli-
tik nimmt die Glaubwürdigkeit unseres Landes großen
Schaden. Da spreizt sich etwas. Darüber muss geredet
werden.

Damit sind wir bei dem Punkt, den wir seit Jahren be-
klagen. Es gibt die Verteidigungspolitischen Richtlinien
des Verteidigungsministers. Da wurden interessante
– zum Teil sehr begrüßenswerte, zum Teil eher kritik-
würdige – Sachen zusammengeschrieben und zur Richt-
linie für das Ressort gemacht. Das ist in Ordnung. Es
fehlt nach wie vor ein Weißbuch, in dem auch das Aus-
wärtige Amt und der Bundeskanzler sagen, was ihre po-
litische Zielsetzung ist.


(Beifall bei der CDU/CSU)


d
is
s
m
li
w

r
h
s
d
to
b

d
v
ti
d
n
im
w

n
d
r

r
d
in
e

h
z
g
m
te
D
D

P
v
W
d

V
ta
b


K
g
w
d
a
a

(C (D Solange es ein solches Weißbuch nicht gibt, können ie Grundlagen für unser Tun nicht bewertet werden. Es t ein klein wenig wie bei Hartz IV: Man tut sich chwer, zu erklären, wofür man das alles macht. Man uss es immer am Einzelfall erklären. Ich hätte schon eber, wenn wir vorher wüssten, wofür wir das tun, was ir tun. Darunter leidet die Bundeswehr. Die Einsätze kennzeichnen die neue, zu transformie ende und transformierte Bundeswehr. Diese Einsätze aben nicht nur zur Folge, dass Soldaten im Ausland ind. Sie haben auch viel mit den politischen Rahmenbeingungen und damit zu tun, wie man das alles organisarisch im Griff behält und wie man für Risiken gerüstet leibt. Alle diese Fragen sind zu diskutieren. Wir haben gestern ausführlich über das Kosovo gere et. Das Ministerium wurde in einem Fall falsch oder iel zu spät informiert. Sogar der Minister hat Informaonen nicht erhalten. Welche Hintergründe das hat, weren wir erfahren. Den Fragenkatalog, den wir Ihnen och in dieser Woche überreichen, und die Fragen, die Ausschuss gestellt worden sind, werden Sie zu beantorten haben. Die Leistungen der Soldaten im Einsatz stehen dabei icht infrage. Ich will die Gelegenheit nutzen, allen Solaten – ob Obergefreiter, ob Hauptfeldwebel, ob Geneal – ausdrücklich zu danken. Aber fragen müssen wir: Haben wir den Einsatz unse er Soldaten richtig ausgerichtet? Ist er im Hinblick auf ie politischen und Sicherheitsorientierungen sowie die ternationalen Verknüpfungen optimal verlaufen? Gibt s da etwas zu verbessern? Ich denke, dass es viel zu verbessern gibt. Eigentlich ätte ich bei der gestrigen Ausschusssitzung etwas mehr u diesem Thema erwartet. Der Generalinspekteur hat estern Bericht erstattet. Er hätte vielleicht ein bisschen ehr über die Anpassungen und Veränderungen berichn können. Es ist doch keine Schande, zu sagen, welche inge man im Lichte der heutigen Situation anders sieht. as muss man tun, das muss man offen legen. Herr Kollege Nolting hat zu Recht den Begriff des arlamentsheeres gebraucht. Die Armee wird von uns, om Deutschen Bundestag, in den Einsatz geschickt. ir haben einen Anspruch darauf, informiert und auf em Laufenden gehalten zu werden. or allem müssen alle Kollegen des Deutschen Bundesges – nicht nur die, die sich fachlich mit dem Thema eschäftigen – einen vollen Überblick darüber erhalten. Außenminister Fischer hat heute früh das Motto Standards vor Status“ nicht in Zweifel gezogen; der ollege Nachtwei hat sich ihm in grüner Solidarität aneschlossen. Die Verteidigungspolitik sieht das ein klein enig anders. Ich will Ihnen ein Beispiel nennen. „Stanards vor Status“ – das ist so ein schönes Wort. Wenn ber, wie man erfährt, beispielsweise ein Außenhandelsbkommen über die Lieferung von Nahrungsmitteln, Christian Schmidt nämlich Gemüse, das das Kosovo mit einem Nachbarland abschließen möchte, ein halbes Jahr lang in New York bei den Vereinten Nationen nicht abgesegnet wird, dann fragen sich die Leute im Kosovo: Wo sind denn die Erfolge, die ich in der jetzigen Situation in meinem Land, in meiner Region habe? Aufgrund dieser Probleme ist die Außenpolitik gefordert, „Standards vor Status“ anders und neu zu definieren. Wir liefern dem Herrn Außenminister gerne Vorschläge, wie man das tun kann – er hat ja danach gefragt –; daran soll es nicht fehlen. Ich vermute, möglicherweise würde sich sogar der Verteidigungsminister in einer Arbeitsgruppe, die ich hierzu einberufe, einfinden und auch Vorschläge unterbreiten. Er ist jedenfalls herzlich dazu eingeladen. (Günther Friedrich Nolting [FDP]: Der kommt nachher auch, sei vorsichtig!)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)





(A) )


(B) )


Die Afghanistanfrage werden wir in Kürze gesondert
diskutieren. Ich meine aber, dass noch zwei Punkte an-
gesprochen werden müssen. Herr Minister, Sie haben in
den nächsten Monaten eine dicke Packung an Arbeit vor
sich. Sie wollen 100 Standorte schließen. Sie müssen
das gegenüber Politikern der Landes-, der Kommunal-
und der Bundesebene vertreten. Sie müssen dann den
Streit aushalten – den ich für richtig halte –, wieso der
Heimatschutz komplett ausgegliedert wird, wieso die
VBKs auf Null gefahren werden und wieso man eigent-
lich das Konzept einer nationalen Gesamtsicherheitsstra-
tegie nicht weiterführt. Ich halte das für einen groben
Fehler, über den wir noch zu diskutieren haben werden.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir werden natürlich auch über die Fragen zu disku-

tieren haben, die die Wehrpflicht betreffen. Ich bitte da-
rum, dass man über die Wehrpflicht nicht wie über einen
Lichtschalter redet; man kann die Wehrpflicht nicht ein-
und ausschalten, so wie es einem gerade beliebt. Wenn
die Wehrpflicht einmal weg ist, dann ist sie weg. Dann
ist sie politisch nicht mehr zu wiederholen.


(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: So ist es! Wenn die Wehrpflicht wegfällt, wird es teurer, nicht billiger! Das muss man auch wissen!)


Wir alle miteinander haben eine Verpflichtung vor der
Bevölkerung und vor unseren Mitbürgern. Deswegen
müssen wir mit Augenmaß und dort, wo es notwendig
ist, kooperativ arbeiten. Wenn einem diese Sache am
Herzen liegt, dann muss man sie aus dieser Sicht ange-
hen. Betrachten Sie das als ein Angebot zum Ende mei-
nes Debattenbeitrages. Wir werden aber sicherlich nicht
am Ende des Streites über die Zukunft der Bundeswehr
sein.


(Günther Friedrich Nolting [FDP]: Worauf ihr euch verlassen könnt!)


Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512207400

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Verena

Wohlleben.

F
i
d


B
2
2
d
t
S
D

i
i
w
b

g
a
i

D
m
v
h

t
K
s
K
1
l
j
s
a
3

W
5
g
A
d
k

l
h
k

(C (D Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! est steht, dass dieser Verteidigungshaushalt, wie bereits n den Jahren zuvor, seinen Beitrag zur Konsolidierung es Gesamthaushaltes leistet. (Kurt J. Rossmanith [CDU/CSU]: Ein sehr guter Witz!)

Verena Wohlleben (SPD):
Rede ID: ID1512207500

Ach, Kurt, sei nicht so streng. – Trotzdem werden der
undeswehr unter dem Strich im nächsten Jahr rund
00 Millionen Euro mehr zur Verfügung stehen als
004, das ist Fakt. Das ist unter den gegebenen Umstän-
en ein Erfolg, für den ich dem Bundesminister der Ver-
eidigung und den an den Verhandlungen beteiligten
taatssekretären und Mitarbeitern meinen herzlichen
ank aussprechen möchte.


(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition,

ch glaube, Sie werden mir nicht widersprechen, wenn
ch sage, dass es kaum einen Politikbereich gibt, in dem
ir so sachlich und oft auch konstruktiv zusammenar-
eiten wie in der Verteidigungspolitik.
Aber, Herr Schmidt, ich muss Ihnen wirklich Recht

eben: Wir müssen noch mehr in den Dialog treten, vor
llen Dingen über den Haushalt; denn momentan weiß
ch überhaupt nicht mehr, was Sie wirklich wollen.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Das merkt man!)


as wird anderen auch so gehen; denn bisher war es im-
er so, dass Sie alljährlich ohne seriöse Finanzierungs-
orschläge höhere Mittel für den Einzelplan 14 gefordert
aben.


(Zuruf von der SPD: Ja!)

Aber seit dem letzten Wochenende fordert der Minis-

erpräsident Bayerns, Herr Dr. Stoiber, eine pauschale
ürzung des Bundeshaushalts um 5 Prozent. Das ent-
präche, wie der Bundesminister ausgeführt hat, einer
ürzung der Mittel der Bundeswehr in Höhe von
,2 Milliarden Euro. Damit wären die Weiterentwick-
ung der Bundeswehr und wichtige Beschaffungspro-
ekte mehr als gefährdet. Vorschläge, wo gekürzt werden
oll, bleiben aus. Des Weiteren fordert Herr Austermann
ls zuständiger Haushaltsexperte der Union, den Etat um
Prozent zu kürzen.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Den Gesamtetat!)


Können Sie mir die Frage beantworten, was nun gilt?
ollen Sie draufsatteln oder kürzen? Wollen Sie um
Prozent oder um 3 Prozent kürzen? Was wollen Sie ei-
entlich? Diese Fragen müssen Sie uns beantworten.
ber Sie bleiben die Antworten schuldig. Mit Verlaub,
as, was Sie machen, ist nicht das, was wir uns unter
onstruktiver Oppositionspolitik vorstellen.
Zurück zu unserem Haushalt. Das Gebot der Stunde

autet, mit den vorhandenen Mitteln bestmöglich zu
aushalten und gleichzeitig das Verhältnis von Betriebs-
osten zu investiven Ausgaben zu verbessern. Hier ist






(A) )



(B) )


Verena Wohlleben

die Bundeswehr auf dem richtigen Wege. Die ersten
Auswirkungen werden schon im vorliegenden Haus-
haltsentwurf sichtbar; denn sowohl die Personalkosten
als auch die Ausgaben für Materialerhaltung und Betrieb
konnten signifikant reduziert werden.

Im Gegenzug wachsen die verteidigungsinvestiven
Ausgaben um 190 Millionen Euro auf 25,6 Prozent des
Gesamtetats dieses Einzelplans. Herr Austermann, das
haben Sie nicht erwähnt. Aber das ist Fakt. Wohlgemerkt
sind hier die geplanten Veräußerungs- und Verwertungs-
erlöse noch gar nicht veranschlagt. Sie könnten zur wei-
teren Verstärkung der Investitionen verwendet werden.
Ich muss sagen, dass wir sie auch dringend brauchen: für
die Weiterentwicklung der Bundeswehr, für die Einhal-
tung unserer internationalen Verpflichtungen und für den
Erhalt zumindest eines gewissen finanziellen Hand-
lungsspielraumes.

Mittelfristig wird dies allein jedoch nicht ausreichen,
auch das müssen wir eingestehen. Deshalb ist es wichtig
und richtig – Herr Austermann, auf 37 folgt 38 –, dass
auch im vorliegenden 38. Finanzplan eine deutliche Er-
höhung des Verteidigungsetats ab dem Jahr 2007 vorge-
sehen ist.


(Zuruf von der CDU/CSU: Ja, aber wer ist denn dann an der Regierung?)


Die Bundeswehr muss und wird mehr Geld bekommen,
sobald dies finanzpolitisch möglich und verantwortbar
ist.


(Zuruf von der SPD: Allerdings!)

Die Bundeswehr ist Gott sei Dank – Herr Nolting, Sie

haben das erwähnt – eine Parlamentsarmee. Darüber
sind wir sehr froh.


(Günther Friedrich Nolting [FDP]: Das soll sie auch bleiben!)


– Ja, wir als Parlament schicken die Soldaten und Solda-
tinnen durch unsere Beschlüsse in ihre Einsätze.


(Günther Friedrich Nolting [FDP]: So ist das!)

Darum obliegt es insbesondere unserer Verantwortung,
dass ihnen die Ausrüstung zur Verfügung steht, die opti-
male Wirkung bei optimalem Schutz ermöglicht. Ich
weiß, dass wir uns in diesem Punkt alle einig sind. Aber
ich finde, das kann man nicht oft genug sagen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Deshalb ist das Vorhaben Puma zum Beispiel für das
Heer von so großer Bedeutung.


(Günther Friedrich Nolting [FDP]: Richtig!)

Denn die Gefahr für unsere Soldaten im Einsatz geht
nicht von Hightech-Waffen aus, sondern von Minen und
einfachen, aber gefährlichen Waffen wie der weltweit
verbreiteten Panzerfaust RPG-7. Diese Waffe kann man
für sage und schreibe circa 30 Dollar in allen Krisenregi-
onen kaufen. Wie Fernsehbilder beweisen, wird sie in
diesen Regionen von Rebellen und Terroristen mitge-
führt und auch eingesetzt. Dabei handelt es sich um eine

m
p
k
s

l
w
d
z
g
B
d
e
s
s
t
u
t
d

s
n
g
t
d
i
w
m
z
a
z
D
P
z

a
h
d
B
u
g
l
u
t
z
d

M
t

K
2
k

k
w
d
u

(C (D eist tödliche Allerweltswaffe, weil es bisher kein geanzertes Fahrzeug gibt, das vollständig gegen ihre Wirung geschützt ist. Das ist Fakt. Daher müssen wir unere Soldaten davor schützen. Gerade diesen Schutz soll und muss der neue modu are Waffenund Ausrüstungsträger Puma leisten. Er ird ihn auch leisten. Dabei kommt es nicht darauf an, ass von vornherein alle denkbaren Fähigkeitspotenziale u erfüllen sind. Vielmehr muss man sich an anderen roßen Rüstungsvorhaben orientieren – das wäre ein eispiel – und auch diese künftige Standardplattform es Heeres Schritt für Schritt realisieren und im Rahmen iner begleitenden entwicklungstechnischen Betreuung tändig auf dem modernsten Stand halten. „Dreisprung tatt Weitsprung“ ist da die Maxime, damit gewährleiset werden kann, dass bei beherrschbarem Mitteleinsatz nseren Soldaten im Einsatz immer die optimale Ausrüsungsvariante zur Verfügung steht. Mit dem Haushalt, en wir heute einbringen, ist das gewährleistet. Liebe Kolleginnen und Kollegen, es liegt auch in un erer Verantwortung, darauf zu achten, dass wirklich nur och die Systeme beschafft werden, die den neuen Aufaben und den zu ihrer Erfüllung notwendigen Fähigkeien der Bundeswehr dienlich sind. Ebenso muss Sorge afür getragen werden, dass sich der Plattformgedanke n der Bundeswehr noch weiter durchsetzt. Ich glaube, ir können es uns heute nicht leisten, dass die einzelnen ilitärischen Organisationsbereiche zum Beispiel Fahreuge von unterschiedlichen Herstellern fordern – und uch erhalten –, obwohl diese für den gleichen Einsatzweck verwendet werden. Streitkräftegemeinsames enken ist mehr denn je notwendig. Hier sind auch wir olitiker und Politikerinnen gefordert, entsprechend mituwirken. Gestatten Sie mir abschließend einen kurzen Blick uf die wirtschaftlichen Aspekte des Verteidigungshausaltes. Es ist klar, dass die Weiterentwicklung der Buneswehr weniger Beschaffungsaufträge und geringere eschaffungsumfänge mit sich bringt. Das ist richtig nd notwendig. Wir sind uns aber auch fraktionsüberreifend und mit dem BMVg einig, dass diese Entwickung nicht zu einem Verlust von sicherheitspolitisch nverzichtbaren Kernkompetenzen der deutschen wehrechnischen Industrie führen darf. Trotz knapper finanieller Ressourcen müssen wir mit dafür Sorge tragen, ass diese Kompetenzen erhalten bleiben. Herr Nolting, Ihre Behauptung, dass die F-und-Eittel in Kap. 1420 – das ist mein Berichterstatterkapi el –, abgesenkt sind, ist schlichtweg falsch. (Zuruf von der FDP: Darüber unterhalten wir uns noch im Ausschuss!)

ap. 1420 ist bereits über die Plus-Minus-Liste um
1 Millionen Euro verstärkt worden und weitere Verstär-
ung ist möglich; wir werden uns darüber unterhalten.
Die Löcher in der Produktionsauslastung der Firmen

önnen wir nur über verstärkte Forschungs- und Ent-
icklungsaufträge mildern. Dadurch geben wir der In-
ustrie die Möglichkeit, Ingenieurleistungen zu halten
nd somit das Abwandern von hoch qualifiziertem






(A) )



(B) )


Verena Wohlleben

Personal zu verhindern. In diesem Zusammenhang muss
uns weiter daran gelegen sein, dass generell bei der Ver-
gabe von Aufträgen ein Augenmerk auf industrielle
Wertschöpfung in Deutschland gerichtet wird, damit wir
unsere Leistungs- und Konkurrenzfähigkeit, gerade auch
bei unseren mittelständischen Betrieben, erhalten.

Ich komme zum Schluss. Diese Strategie schafft und
erhält Arbeitsplätze. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerk-
samkeit und bitte Sie gleichzeitig: Lassen Sie uns die an-
stehenden Haushaltsberatungen sachlich und konstruktiv
für unsere Bundeswehr führen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512207600

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Thomas

Kossendey.


Thomas Kossendey (CDU):
Rede ID: ID1512207700

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die optimistische Einschätzung, die hier mehrfach zum
Haushalt geäußert worden ist, zuletzt von der Kollegin
Wohlleben, kann ich eigentlich nicht teilen. Mir ist noch
zu deutlich im Ohr, wie wir vor zwei Jahren zum ersten
Mal die Summe von 24,4 Milliarden Euro gehört haben,
die bis 2006 durchgeschrieben werden sollten. Wir ha-
ben jetzt nicht 24,4 Milliarden Euro, sondern 23,9 Mil-
liarden Euro. Wenn wir die Einnahmen dazurechnen, hat
der Minister gesagt, sind wir bei 24,04 Milliarden Euro,
nicht bei 24,40 Milliarden Euro. Dabei ist überhaupt
noch nicht eingerechnet, dass wir wegen Hartz im Haus-
halt noch eine Minderausgabe von über 2 Milliarden
Euro einzukalkulieren haben und dass auch die globale
Minderausgabe von 1,4 Milliarden Euro noch nicht ein-
gerechnet ist. Es wäre schon ziemlich optimistisch,
anzunehmen, dass diese Minderausgaben an unserem
Haushalt vorbeigehen.

Natürlich ist es so, dass die Bundeswehr bei ihren in-
ternationalen Einsätzen gut ausgerüstet ist und dass die
Soldaten auf das Material, das sie mitnehmen, tatsäch-
lich vertrauen können. Aber das ist doch nicht alles, was
wir in der Bundeswehr haben. Gehen Sie doch zum Bei-
spiel einmal zum Fallschirmjägerbataillon 313 nach
Varel und fragen Sie, wie die Übungstätigkeit mit dem
Wiesel abläuft. Die Wiesel sind nämlich alle im Einsatz.
In Varel stehen mitten auf dem Kasernenhof zwar vier
neue, sie dürfen aber nicht zu Übungszwecken genutzt
werden, weil sie stillgelegt sind, da man sie eventuell
irgendwann einmal für einen weiteren internationalen
Einsatz braucht. Sie laufen also immer drum herum, an-
statt mit diesen Fahrzeugen zu üben. Das Problem ist,
dass die mangelnde Ausstattung der Soldaten, die zu
Hause geblieben sind, dazu führt, dass die Motivation
derer, die üben müssten, gar nicht mehr in dem Maße
vorhanden ist, wie es sein müsste. Das ist der politische
Vorwurf, den wir dem Ministerium machen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


I
f
g
t
d
v
w
w
r

b
v
b
t
W
t
r
K
V
r

h
h
n
t
s
d
w
s
h
m
a
h

a
e
F
z
d
z
W
f
d
t

d
E
d
1

z
7
m
w

(C (D Wir haben heute auch über die GEBB gesprochen. ch möchte mich diesem Thema noch einmal etwas ausührlicher zuwenden. Herr Minister, Sie stehen gottlob enesen vor den Scherben der Bemühungen Ihres Miniseriums, die Investitionsmöglichkeiten der Bundeswehr urch die Kooperation mit der Wirtschaft nachhaltig zu erbessern. Es sollte Geld gespart werden. Heute können ir feststellen, dass mehr Geld zum Fenster hinausgeorfen worden ist, als für den Investitionsbereich heausgesprungen ist. Der Dilettantismus, mit dem diese Arbeit von 1998 is 2002 betrieben wurde, hat die gute Idee, die Richard on Weizsäcker in seinem Bericht für uns aufgeschrieen hat, nachhaltig diskreditiert. Das können wir poliisch nicht wollen. Aufgrund dessen, wie Ihr Haus ans erk gegangen ist, hat das Ganze sehr viel Geld gekos et und wurde die Motivation der zivilen und der militäischen Mitarbeiter nachhaltig gestört. Die immensen osten für externe Beratungen stehen im umgekehrten erhältnis zur Beratungsfähigkeit im politischen Beeich. Das können wir heute zumindest feststellen. Ich möchte daraus allerdings nicht den Schluss zie en, den die Kollegin Leonhard, wenn ich die Zeitung eute richtig verstanden habe, gezogen hat, dass wir ämlich mit diesen Privatisierungsdingen aufhören sollen. Für mich stellt sich nicht die Frage, ob wir das tun, ondern wie wir das tun. Ich bin fest davon überzeugt, ass überall dort, wo der Staat nicht notwendigerweise irtschaftlich aktiv werden muss, er das auch nicht tun ollte. Wer das will, muss es aber richtig machen. Das eißt, wir müssen uns gemeinsam Gedanken darüber achen, ob die Rechtsform der GEBB und vielleicht uch der Name, der ja mit dieser unseligen Vergangeneit verknüpft ist, geändert werden sollten. Wir müssen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und uch das Parlament intensiver einbinden. Ich sage noch ines: Sorgfalt muss vor Eile rangieren. So mancher ehler ist gemacht worden, weil aufgrund einer zu kuren Umsetzungsphase Fehler in Kauf genommen wuren. Auch Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit sind u berücksichtigen. Ich frage noch einmal sehr deutlich: ie kann es eigentlich sein, dass im Haushaltsentwurf ür 2005 höhere Zuschüsse für die LH-Bekleidung und en Fuhrparkservice veranschlagt sind als noch im letzen und im vorletzten Jahr? Das wird zu klären sein. (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Ja, das sind die Einsparungen!)


(Beifall der Abg. Ursula Lietz [CDU/CSU])


Eigentlich liest sich der Bericht des Rechnungshofes,
en wir dazu erhalten haben, genauso wie die Liste der
rmahnungen, Warnungen und Hinweise, die wir von
er Opposition dem Ministerium in den vier Jahren von
998 bis 2002 gegeben haben.
Lassen Sie mich zum Schluss noch ein paar Worte

um Thema Zivilpersonal sagen. Dieses soll ja auf
5 000 reduziert werden. Mir hat bis heute noch nie-
and irgendeine Struktur vorgelegt, aus der hervorgeht,
arum es 75 000 sein müssen.






(A) )



(B) )


Thomas Kossendey


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Das ist eine runde Zahl!)

Die einzige Begründung ist die, dass der Finanzminister
das Geld nicht hergibt, um mehr zu bezahlen. Das ärgert
die Zivilbediensteten der Bundeswehr; denn sie haben
eigentlich erwartet, dass diese Kürzung auf der Grund-
lage einer Struktur geschieht.

Ich muss Ihnen ehrlich sagen, dass es nach den Erfah-
rungen der Vergangenheit nicht möglich sein wird, diese
Reduzierung zu erreichen, indem wir darauf warten, dass
viele aus Altersgründen aus der Bundeswehr ausschei-
den. Selbst wenn wir optimistische Zahlen annehmen,
werden bis 2010 immer noch 5 000 bis 10 000 übrig
bleiben. Bis heute weiß niemand, was mit diesen Men-
schen geschehen soll.

Ich glaube, dass wir – Sie als Bundesregierung und
wir als Parlament – uns Gedanken darüber machen müs-
sen, wie wir diesen Menschen ein Angebot für die Zu-
kunft machen können. Das kann durch Tarifverträge ge-
schehen. Die Frage lautet aber: Wer hat mit Verdi
gesprochen? Das kann man möglicherweise auch durch
Abfindungen regeln. Die weitere Frage lautet: Wer leiert
dem Finanzminister das Geld dafür aus den Rippen? Das
kann natürlich auch durch so genannte Auffanggesell-
schaften geschehen, wie es sie bei der Post und bei der
Telekom gab. Ich weiß aber nicht, ob diese Vorgehens-
weise auch für die Bundeswehr klug wäre.

Herr Minister, ich sage Ihnen allerdings eines: Wenn
wir dieses Thema nicht ernsthaft anpacken, dann werden
sich die Menschen in der Bundeswehr ungerecht behan-
delt fühlen. Ich kann Ihnen nur sagen: Es handelt sich
um Menschen, die soziale Beziehungen und Nöte haben,
und nicht etwa nur um Kostenstellen mit zwei Ohren, die
man statistisch hin- und herschieben kann.

Ich komme zum Schluss. Bei der Erblast, die Sie auf-
grund der Fehler bei der GEBB zu tragen haben, können
Sie nicht erwarten, dass wir Ihnen hierbei politisch hel-
fen. Sie haben alle unsere Anregungen in den Wind ge-
schlagen, alleine gehandelt und somit auch allein die
politische Verantwortung zu tragen.

Für die Zukunft will ich Ihnen aber anbieten, dass wir
uns gerne kooperativ mit Ihnen auseinander setzen,
wenn all das, was die GEBB in der Vergangenheit unzu-
reichend gemacht hat, auf eine neue Basis gestellt wird.
Ich bin nämlich der Meinung, dass das ein guter Weg
wäre, der Bundeswehr im Investitionsbereich zu helfen.
Tun Sie es aber bitte mit dem Parlament und mit der Op-
position, damit wir für diese Aktivitäten eine breite Ba-
sis haben. Dann sehe ich langfristig die Möglichkeit, im
Investitionsbereich zu Mehreinnahmen zu kommen. So,
wie es gewesen ist, kann es nicht weitergehen. Ich hoffe,
Sie besinnen sich anlässlich dieser Haushaltsberatungen.

Schönen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512207800

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Elke Leonhard.

l
s
m
e

P
d
R
d
s
m
h
l
c

a
K
g
A

D
d

S
h

A
e
v
d

g
l
l
g
v
l

D
d
k
a

w
t
g
k
g

l
k

(C (D Verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kol eginnen und Kollegen! Eigentlich wollte ich eine trenge Haushaltsrede halten, aber nachdem so viele Beerkungen kamen, gestatten Sie mir, dass ich auf einige ingehe: Erstens. Herr Kollege Kossendey: Ich habe die rivatisierung nicht verteufelt! Im Gegenteil: Nachdem er Haushaltsausschuss mandatiert wurde, habe ich im ahmen der Berichterstattung des Einzelplanes 14 mit en Kollegen Austermann, Koppelin und Bonde eine ehr gründliche und ausführliche Erörterung vorgenomen. Wir haben mehrere Sitzungen gehabt. Daraufhin abe ich einen 400 Seiten umfassenden Bericht vorgeegt und mich darin für die Privatisierung ausgesprohen. Da ich aber keine weiteren Nebelkerzen will, sondern uch der Soldaten und der Planungssicherheit wegen larheit wünsche, habe ich gesagt: Der einzige intelliente Schritt scheint mir jetzt zu sein, eine öffentliche nhörung durchzuführen! (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Dr. Elke Leonhard-Schmid (SPD):
Rede ID: ID1512207900

abei können alle Fragen gestellt und beantwortet wer-
en!
Zweitens. Wie alle anderen freue ich mich – lassen

ie mich das an dieser Stelle sagen –, dass der Minister
ier ist. Keiner freut sich mehr als ich.


(Heiterkeit bei der SPD)

ber ich habe schon in den Wochen zuvor gemerkt, dass
r wieder gesund ist, sonst hätte er nicht mit mir über so
iele Punkte streiten können, was er getan hat. Ich hoffe,
as geht so weiter, sonst würde mir etwas fehlen.
Drittens. Herr Kollege Nolting: Ich glaube, es ist Ihrer

eschätzten Aufmerksamkeit entgangen, dass der Kol-
ege Bonde und ich – flankiert von allen anderen – im
etzten Jahr, als der Forschungsetat um ein Erhebliches
ekürzt werden sollte, erreicht haben, dass der Etat in
erschiedenen Bereichen wieder um ungefähr 100 Mil-
ionen Euro aufgestockt wurde.


(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Der Forschungsetat?)


ie verschiedenen Punkte im Forschungsetat will ich an
ieser Stelle nicht nennen. Ich habe sie in einigen Arti-
eln schon ausführlich behandelt. Insofern wird es uns
uch jetzt wieder gelingen!
Es ist ganz wichtig, dass wir in Forschung und Ent-
icklung investieren. Wer in einem Auslandseinsatz un-
erwegs ist, der sieht natürlich sehr schnell, wo ein Man-
el herrscht und wo nachgebessert werden muss. Das
ann nur durch vernünftige Forschung und Entwicklung
eschehen.
Viertens. Nun zum Thema Wehrpflicht, Herr Kol-

ege Nolting. Zu dem, was ich gerade genannt habe,
ann ich Ihnen positiv mitteilen, dass wir uns dafür






(A) )



(B) )


Dr. Elke Leonhard

einsetzen werden. Aber bei der Wehrpflicht möchte ich
sagen: 65 Prozent dieses Hauses wollen die Wehrpflicht.


(Günther Friedrich Nolting [FDP]: Noch!)

Wir haben eine der intelligentesten Armeen der Welt.
Das bleibt auch so und das hat mit der Wehrpflicht nicht
unwesentlich zu tun!


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Günther Friedrich Nolting [FDP]: Warum haben Sie denn letztes Jahr nicht abgestimmt? Warum haben Sie verschoben?)


– Ich komme gleich dazu. Leider habe ich nur wenige
Minuten Redezeit, sonst würde ich Ihnen darauf gerne
antworten.

Fünftens. Herr Kollege Austermann, wir waren im-
mer bemüht, wirklich absolut an der Sache orientiert zu
arbeiten.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Jawohl!)

Aber im letzten Jahr haben Sie sich der Gesamtberatung
verweigert! Nachdem wir zum Ausdruck gebracht ha-
ben, wie schade das sei und dass Sie doch wenigstens
selbst einbringen sollten, was Sie zu sagen haben, haben
Sie sich dazu bereit erklärt.


(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Auf seinen Sachverstand können Sie gar nicht verzichten!)


Aber: Dann kamen 400 leere Seiten. Herr Austermann,
wenn ich Sie nicht wirklich sehr schätzte und manchmal
als sehr konstruktiv empfände,


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

würde ich sagen, Sie sind die ätzende Ausgabe eines de-
struktiven Charakters.


(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Aber das tun Sie ja nicht!)


Ich will jetzt nicht zu umgangssprachlich werden, aber
passen Sie auf, dass die Sache nicht chronisch wird. Das
wäre ungesund!

Von dieser Stelle möchte ich – lassen Sie mich dies
noch einmal unterstreichen – an die Adresse der Solda-
ten im Einsatz unseren Respekt bekunden. Ihre Profes-
sionalität und Empathie schaffen in vielen Ländern der
Welt Vertrauen. Lassen Sie mich auch dies wiederholen:
Sie und ihre Familien können sich unserer Fürsorge-
pflicht und Verantwortung sicher sein. Ihr Schutz ist ge-
währleistet!

Ich möchte jetzt nicht auf die Einzelheiten des Vertei-
digungsetats eingehen; das haben die Fachpolitiker zum
Teil schon gemacht. Daher nur ein paar Worte.

Der Verteidigungsetat leistet auch in diesem Haus-
haltsjahr einen substanziellen Beitrag zur Konsolidie-
rung des Bundeshaushaltes. Allerdings ist der Einspar-
beitrag an der Grenze des Tolerierbaren, wenn die
erforderlichen Investitionen für die durch die Bundesre-
publik Deutschland eingegangenen internationalen Ver-

p
w

s
s

N
n
H
D
f

ta
N
h
m
tu

n
I

c
e
F
d
H
u
l
Z
s
l
s


u
d
l
d
r
t
A
n

b
g
w
i
h

a
r
s
r
g
w
S


(C (D flichtungen und zugesagten Fähigkeiten nicht gefährdet erden sollen. Ich will nicht auf den Kürzungsvorschlag des bayeri chen Ministerpräsidenten eingehen, der in diesen Tagen ehr oft erwähnt wurde. (Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Dazu habe ich gestern schon einiges ausgeführt!)


ur so viel: Durch eine Kürzung von 5 Prozent würden
atürlich große Beschaffungsvorhaben, insbesondere des
eeres, wie zum Beispiel die Heeresfahrzeuge Dingo 2,
uro, ESK Mungo und der Schützenpanzer Puma ge-
ährdet.
Im Bereich der Entwicklung ist unter anderem auf das
ktische Luftverteidigungssystem MEADS und das
ATO-Vorhaben AGS hinzuweisen. Diese beiden Vor-
aben – das unterstreiche ich als Atlantikerin noch ein-
al – sind die einzigen größeren transatlantischen Rüs-
ngsvorhaben.
Vom Eurofighter will ich gar nicht reden. Dessen Fi-

anzierung – das wissen Sie alle selbst – ist gesichert.
nsofern hieße das Eulen nach Athen tragen.
Ich möchte aber einige Sätze zu den Aufgabenberei-

hen und Erfolgen der Bundesregierung sagen. Zunächst
in Kompliment an den Minister und die militärische
ührung. Die eingeleiteten Maßnahmen zur Umsetzung
er Transformation der Bundeswehr haben bereits im
aushalt 2005 dazu geführt, dass die Betriebsausgaben
m mehr als 550 Millionen Euro auf nunmehr 17,5 Mil-
iarden Euro zurückgeführt werden konnten mit dem
iel, die investiven Ausgaben zu stärken. Allein die Per-
onalausgaben wurden spürbar um mehr als 300 Mil-
ionen Euro auf rund 12 Milliarden Euro gesenkt. Das
ind Zahlen, die sich sehen lassen können.
Durch die Entlastung bei den Betriebsausgaben
unser Ziel ist ja eine Senkung der Betriebsausgaben
nd eine Steigerung der investiven Ausgaben – konnten
ie verteidigungsinvestiven Ausgaben auf rund 6,1 Mil-
iarden Euro erhöht werden. Allerdings konnte wegen
es vom Einzelplan 14 zu erbringenden Konsolidie-
ungsbeitrages nur ein kleiner Anteil der bei den Be-
riebsausgaben eingesparten Mittel tatsächlich für die
ufstockung der verteidigungsinvestiven Ausgaben ge-
utzt werden.
Beim Verhältnis von Betriebs- zu Investitionsausga-

en wurde der Investitionsanteil auf 25,6 Prozent gestei-
ert. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist
enig. Es ist weniger, als wir erreichen wollten, aber es
st mehr als 1997. Das müssen Sie sich immer vor Augen
alten lassen.
Wir müssen uns – das sagte Herr Kollege Kossendey

uch deutlich – der Privatisierung zuwenden. Das ist
ichtig. Lassen Sie mich deshalb mit zwei Bemerkungen
chließen. Erstens. Blicken wir doch endlich auf erfolg-
eiche Beispiele zweier Länder, die jahrelange Erfahrun-
en im Bereich PPP, Public Private Partnership, vorzu-
eisen haben. Es geht schlichtweg um die intelligente
trategie des Staates, Zeit einzukaufen, und es geht auch
dazu bekenne ich mich – um Aufträge an die Wirt-






(A) )



(B) )


Dr. Elke Leonhard

schaft. Ich möchte eine starke und keine schwache Wirt-
schaft.

Die Briten verstehen unter „Smart Acquisition“ eine
effiziente Zeit-Kosten-Leistungsrechnung, beispielsweise
zur Beschaffung von Verteidigungsmaterial. Allerdings
kam der Verteidigungsausschuss des House of Commons
in den letzten Wochen zu dem Ergebnis – der Bericht ist
sehr interessant, ich kann Sie nur animieren, diese Lek-
türe zu lesen –, dass es bei „Smart Acquisition“ Pro-
bleme im Verfahren gibt, die verhindern, dass dieser Pro-
zess funktioniert.

Zweitens möchte ich sagen, dass die Vereinigten
Staaten bereits über eine 20-jährige Erfahrung in der
Frage Outsourcing verfügen. Mit der Richtlinie A 76 ha-
ben sie eine klare Identifikation aller outsourcbaren Akti-
vitäten und sie haben, was wichtig ist, Rechtssicherheit
hergestellt. Als politische Maßgaben stehen dabei – ers-
tens – das Senken der Staatsquote, – zweitens – die Reduk-
tion der Anzahl der Bundesangestellten und – drittens –
Kosteneinsparung im Mittelpunkt der Bemühungen des
Kongresses und des Weißen Hauses. Eine unabhängige
Kommission bewertet die – –


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512208000

Frau Kollegin, Sie sind jetzt weit über die Zeit. Bitte,

beachten Sie das.


Dr. Elke Leonhard-Schmid (SPD):
Rede ID: ID1512208100

Dann komme ich zum Ende. Eine unabhängige Kom-

mission bewertet die Angebote – –


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512208200

Sie müssen jetzt wirklich Schluss machen.


Dr. Elke Leonhard-Schmid (SPD):
Rede ID: ID1512208300

Wer 10 Prozent günstiger ist oder 10 Millionen ein-

spart, der bekommt den Auftrag. Ich glaube, das wäre
ein Weg, der sehr intelligent ist.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512208400

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Helmut Rauber.


Helmut Rauber (CDU):
Rede ID: ID1512208500

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Wer die Reden von Vertretern der Regierungs-
parteien nicht nur heute, sondern auch an anderer Stelle
gehört hat, der kann nur staunen. Sie tun so, als seien sie
es gewesen, die damit anfingen, die Bundeswehr für
neue Aufgaben umzustrukturieren.


(Gernot Erler [SPD]: Stimmt ja auch!)

Die Wahrheit ist eine ganz andere. Herr Erler, sie waren
es, die gegen alles waren, was zu mehr internationaler
Verantwortung Deutschlands geführt hat.

D
e
Ä

n
1
h
U
L
B
a
f
b
A

t
d
d
d
g
w
e
k
d
A
d
r

r
v
t
s
w
l
e
s
g
w
d
b
j
d
d

s
k
H
s
5
e
c
g
s
L
w

(C (D (Gernot Erler [SPD]: Nein, aber gegen den Eurofighter waren wir!)


ie Petersberger Aufgaben stehen heute synonym für
ine neue Außenpolitik. Sie wurden 1992 unter der
gide der CDU auf dem Petersberg formuliert.


(Günther Friedrich Nolting [FDP]: Der Außenminister war ein FDP-Mann!)


Ich selber kann Ihnen einige Hinweise auf früher
icht ersparen. Vor elf Jahren, Mitte 1993, standen
700 Soldaten in Somalia, um Menschen vor dem Ver-
ungern zu retten und vor Verbrechern zu schützen.
nsere Soldaten führten damals Transportaufträge zur
ebensrettung durch, sie reparierten Straßen, sie bauten
rücken, sie räumten Minen weg und bereiteten Wasser
uf. Per einstweiliger Anordnung durch das Bundesver-
assungsgericht hatten Sie versucht, zu verhindern, dass
ewaffnete Infanterie zum Schutz unserer Soldaten nach
frika entsandt wird.
Es war die SPD, die noch im Juni 1994 durch ein Ur-

eil des Bundesverfassungsgerichtes verhindern wollte,
ass deutsche Piloten in den AWACS mitfliegen bzw.
ass sich die Marine in der Adria an der Durchsetzung
es Waffenembargos beteiligt. Es darf schon die Frage
estellt werden, was auf dem Balkan passiert wäre,
enn sich Europa rechtzeitig auch mit Waffengewalt
ingemischt hätte. Dieser Bürgerkrieg auf dem Balkan
ostete 250 000 Menschen das Leben und führte dazu,
ass in der Hochphase bis zu 800 000 Menschen bei uns
syl fanden, wozu jährlich zwischen 10 und 15 Milliar-
en Euro als Hilfe zum Lebensunterhalt notwendig wa-
en.
Als Volker Rühe 1994/95 37 000 Soldaten als Krisen-

eaktionskräfte aufstellen wollte, sprachen die Grünen
on einer Interventionsarmee und von einer Außenpoli-
ik des Neoimperialismus. Es ist die gleiche Partei, die
päter, als 150 000 Soldaten als Einsatzkräfte aufgestellt
erden sollten, Beifall klatschte. Die Verteidigungspo-
itischen Richtlinien waren so gesehen in erster Linie
ine Kurskorrektur von Rot-Grün im Bereich der deut-
chen Außen- und Sicherheitspolitik. Diese Verteidi-
ungspolitischen Richtlinien gehen uns jedoch nicht
eit genug. Wir wollen eine enge Verzahnung zwischen
er Außen- und Innenpolitik. Es ist schlichter Unsinn, zu
ehaupten, wir wollten Wehrpflichtige als Terroristen-
äger einsetzen. Dies will niemand. Wir wollen die Bun-
eswehr auch nicht zum Lückenbüßer für Versäumnisse
er inneren Sicherheit degradieren.
Beslan hat gezeigt, dass diese brutalen Verbrecher, die

ich stellenweise – das ist eine Verhöhnung – Freiheits-
ämpfer nennen, keine Tabus mehr kennen. Diese vor
ass blinden Fanatiker, die Kinder bestialisch ermorden,
chrecken vor nichts zurück. Sie zielen auf 5 000, auf
0 000 oder auch auf 5 Millionen Tote, wenn sie nur die
ntsprechenden Zerstörungsmittel besitzen. Wir brau-
hen heute eine Neudefinition der Landesverteidi-
ung, die sich an dem veränderten Spektrum unter-
chiedlichster Bedrohung ausrichten muss. Unsere
andesverteidigung war bisher in erster Linie eine Ab-
ehr gegen fremde Mächte oder groß angelegte






(A) )



(B) )


Helmut Rauber

Machtblöcke. Heute und zukünftig gilt es, sie verstärkt
auf den Objektschutz und die Luft- und Seeüberwachung
auszurichten.

Katastrophenschutz geht jedoch weit darüber hin-
aus. Er umfasst auch den Kampf gegen Wasser, Feuer
und Stürme, und zwar national wie international.

Erstellen wir mehrere Bedrohungsanalysen, dann
zeigt sich, dass die Polizei in einigen Fällen weder tech-
nisch noch hinsichtlich ihrer personellen Kräfte bzw. der
Ausbildung in der Lage ist, ein Höchstmaß an Sicherheit
zu bieten. Niemand ist so vermessen zu behaupten, dass
es heute einen umfassenden Schutz vor allen möglichen
Gefahren gibt. Zu allem entschlossene Verbrecher und
Fanatiker sind nur begrenzt zu bekämpfen. Dass alle
Kraftwerke, Staudämme, Überlandleitungen, Wasser-
kraftwerke usw. einschließlich der 15 Millionen Contai-
ner, die tagtäglich auf See oder an Land unterwegs sind,
geschützt werden können, ist eine Illusion.

Wir wollen die relative Sicherheit erhöhen. Wir wol-
len die Grundlagen dahin gehend verändern, dass das
vorhandene Kräftepotenzial bei der Bundeswehr über-
greifend und auch präventiv genutzt werden kann. In
Deutschland gibt es 36 verschiedene Einrichtungen, die
sich mit der Terrorismusbekämpfung beschäftigen. Wir
brauchen straffere, überschaubare und effizientere Struk-
turen und eine bessere Abstimmung zwischen dem Bund
und den einzelnen Bundesländern.

Der Schutz unserer Bürgerinnen und Bürger vor den
verschiedensten Gefahren muss alleinige Leitlinie sein.
Wir als CDU/CSU sind bereit, einen Beitrag dazu zu
leisten.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir bedanken uns bei unseren Soldaten und Soldatin-

nen für ihren nicht ungefährlichen Friedensdienst und
wünschen ihnen, dass sie immer sicher und unversehrt
an Leib und Leben zurückkommen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512208600

Danke schön. – Weitere Wortmeldungen zu diesem

Geschäftsbereich liegen mir nicht vor.
Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bun-

desministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit
und Entwicklung, Einzelplan 23. Das Wort hat zu-
nächst die Frau Bundesministerin Heidemarie
Wieczorek-Zeul.

Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministerin für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung:

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor wenigen Tagen
– am vergangenen Sonntag – hat der Weltbank-Präsi-
dent, James Wolfensohn, in der Frankfurter Paulskirche
einen Appell an uns alle gerichtet, den ich an dieser
Stelle aufgreifen will. Er hat darauf hingewiesen, dass
auf unserem Globus 6 Milliarden Menschen leben.
1 Milliarde davon kämpfen Tag für Tag ums Überleben.

1
T
b
c
d
s

8
s
2
g
g
b

e
t
w
u
V
V
g

t
d

g
g
w
A
s
s
K
F
b
a
A
in

d
r
m
h
d
z
lu
d
n
E
W
v
d
1
g
t
I

(C (D Milliarde Menschen haben weniger als 1 Dollar am ag zur Verfügung. 20 Prozent der Weltbevölkerung verrauchen 80 Prozent des Weltsozialprodukts; die restlihen 80 Prozent der Weltbevölkerung müssen sich um ie verbleibenden 20 Prozent des Weltsozialprodukts treiten. In rund einer Generation werden wir rund Milliarden Menschen sein. Von den 2 Milliarden Menchen, die bis dahin dazukommen, werden nur ,5 Prozent in reichen Ländern aufwachsen. Die überroße Mehrheit von 97,5 Prozent dieser neuen Weltjuend wird mit der Perspektive leben, arm zu sein und zu leiben, wenn sich nichts ändert. Diese jungen Menschen werden aber wissen, dass es in besseres Leben gibt. Sie werden sich mit ihrer Situaion nicht abfinden wollen. Wolfensohn hat gefragt, ob ir eine globale Gemeinschaft sind, die durch Umwelt nd Handel, Finanzen und Gesundheit, Fairness und ertrauen verbunden ist, oder ob in 20 oder 30 Jahren erbrechen, Drogen, Gewalt und Terror die Oberhand ewinnen werden. Mein Appell an uns alle – wo auch immer wir poli isch stehen – lautet: Lassen Sie uns alle dazu beitragen, ass die globale Gemeinschaft der Fairness gewinnt! (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die internationale Gemeinschaft hat ein Bündnis ge-
en die Armut geschlossen. Sie hat sich acht Gebote zur
erechten Gestaltung der Globalisierung gegeben. Ent-
icklungspolitik ist die beste Präventivstrategie gegen
rmut und Perspektivlosigkeit, Gewalt und terroristi-
che Ursachen. Der Kampf gegen die Armut macht Fort-
chritte. Das ist eine der guten Nachrichten von gestern.
ofi Annans Bericht an die UN zeigt: Es gibt große
ortschritte bei der Armutsbekämpfung, beispielsweise
ei Bildung und beim Zugang zu Wasser. Wir dürfen
ber nicht nachlassen und müssen die an den Zielen der
rmutsbekämpfung orientierten globalen Regeln für die
ternationale Zusammenarbeit weiter voranbringen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Die Ziele der internationalen Gemeinschaft sind auch

ie Messlatte für die Arbeit und die Politik der Bundes-
egierung sowie für unseren Haushalt. In diesem Zusam-
enhang möchte ich aber auch darauf hinweisen – das
at die Konferenz von Monterrey ja deutlich gemacht –,
ass Handel und Entschuldung in vielen Fällen längst
u den wichtigsten externen Finanzquellen der Entwick-
ngsländer geworden sind. Die Bundesregierung drängt
eshalb darauf, dass die WTO-Konferenz, die so ge-
annte Doha-Runde, zügig abgeschlossen wird und den
ntwicklungsländern tatsächlich Fortschritte bringt. Die
eltbank schätzt, dass ein realer Einkommensgewinn
on rund 350 Milliarden US-Dollar möglich ist, wenn
iese Konferenz erfolgreich ist, und dass damit
44 Millionen Menschen den Sprung über die Armuts-
renze schaffen können. Deshalb müssen wir dazu bei-
ragen, dass die wichtigen Strukturentscheidungen im
nteresse der Entwicklungsländer getroffen werden.






(A) )



(B) )


Bundesministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Der Haushaltsentwurf der Bundesregierung sieht eine

Steigerung der Mittel für das BMZ um 1 Prozent im Ver-
gleich zum Vorjahr vor. Darum habe ich kämpfen müs-
sen. Das sage ich in aller Offenheit; denn jeder kennt die
Haushaltssituation. Wir haben durch unsere Regierung
auch deutliche Steigerungen bei den Mitteln für die Ent-
wicklungszusammenarbeit der Kirchen und der nicht
staatlichen Organisationen vorgesehen. Das finde ich
wichtig. Ich möchte mich gerade an dieser Stelle bei ih-
nen allen für ihre Arbeit sehr herzlich bedanken.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die Steigerung hält uns in dem Korridor, den wir einhal-
ten wollen, um unsere internationalen Verpflichtungen
verlässlich zu erfüllen. Aber um das 0,33-Prozent-Ziel
bis zum Ende dieser Legislaturperiode zu erreichen,
müssen wir weitere Anstrengungen unternehmen. Ich
möchte hinzufügen, damit das hinlänglich klar ist: Ich
habe noch niemandem einen Vorwurf daraus gemacht,
dass er oder sie mehr Geld für Entwicklungspolitik ge-
fordert hat. Das gilt auch für diese Haushaltsberatun-
gen. – Ich sehe, dass Frau Schulte die Botschaft ver-
nommen hat. Ich glaube aber, dass sie das schon vorher
verstanden hat.

Immer deutlicher wird, dass die zunehmende Ver-
knappung und vor allen Dingen auch die Verteuerung
des Erdöls ein gravierendes Hindernis für die Errei-
chung von Entwicklungszielen darstellen. Die dauernde
Abhängigkeit von teurem Erdöl führt für viele arme Län-
der in eine Sackgasse. Aus diesem Dilemma hat die
Konferenz für erneuerbare Energien – wir hatten vorher
noch keine Gelegenheit, über ihre Ergebnisse im Plenum
zu diskutieren – Schlussfolgerungen gezogen. Sie hat
deutlich gemacht, dass die internationale Gemeinschaft
mithilfe der erneuerbaren Energien und der Steigerung
der Energieeffizienz eine globale Energiewende herbei-
führen will und so 1 Milliarde Menschen, die bisher kei-
nen Zugang zu Energie haben, aus der Energiearmut und
damit auch aus der generellen Armut herausholen will.
Das ist eine wichtige Weichenstellung, gerade wenn es
um Armutsbekämpfung in der Welt geht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich möchte daran erinnern, dass auf dieser Konferenz
200 Aktionen verbindlich vereinbarten wurden. Jeder,
der weiß, welch hohen Energieverbrauch China in Zu-
kunft haben wird, erkennt die grundlegende Verände-
rung, die darin liegt, dass ein Land wie China zugesagt
hat, dass es bis zum Jahr 2010 10 Prozent seiner Gesamt-
energieleistung aus erneuerbaren Energien gewinnen
will. Das ist ein unübersehbares Zeichen für die Dyna-
mik dieses Prozesses. Diese wollen wir fördern.


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Drei-SchluchtenStaudamm!)


– Das ist nur unsere Alternative.

d
b
b
z
z
d
l
d

d
w
d
a
d
n

g
d
g
p
b

m
d
e


g

k
g
i
S
w
e

t
T
p
A
d
U
W
T
r
S

m
u
b
B

(C (D Wichtig ist auch der Kurswechsel der Weltbank, auf en wir und auch Sie in diesem Hause sehr gedrängt haen. Wir haben Vorlagen dazu verabschiedet. Die Weltank wird ihre Mittel für erneuerbare Energien substaniell aufstocken und sich damit in Richtung einer Bank ur Förderung erneuerbarer Energien entwickeln, wourch die finanziellen Voraussetzungen für Entwickungsländer in Bezug auf diesen Bereich verbessert weren. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die Bundesregierung wird ihr Engagement zur För-
erung nachhaltiger Energien verstärken. Neben dem,
as wir bisher zugesagt haben – das haben wir auch in
iesem Haushalt verankert –, werden wir mit der Kredit-
nstalt für Wiederaufbau eine Kreditlinie schaffen, durch
ie in den nächsten fünf Jahren mindestens 500 Millio-
en Euro an zinsgünstigen Krediten für Unternehmen
auch für deutsche –, die im Bereich erneuerbare Ener-
ien und Energieeffizienz tätig sind, bereitgestellt wer-
en. Damit wird den Entwicklungsländern vielfach
eholfen. Und wir Deutsche haben eine gute Ausgangs-
osition; denn wir sind in all diesen Bereichen sehr wett-
ewerbsfähig.
Wir werden auch in der Aidsbekämpfung weiterhin
it großem Nachdruck tätig sein müssen. Ich will an
ieser Stelle nur sagen: In diesem Haushalt setzen wir
in deutliches Signal der Steigerung.


(Markus Löning [FDP]: Sie müssen nur tun, was wir gefordert haben!)


Ja, wunderbar, Herr Löning. Sie wissen, in diesen Fra-
en gibt es viel Gemeinsamkeit.
Wir haben die Mittel für den Globalen Fonds zur Be-

ämpfung von HIV/Aids, Tuberkulose und Malaria auf-
estockt. Dieser Haushalt sieht für diesen Fonds Mittel
n Höhe von 72 Millionen Euro vor. Das bedeutet eine
teigerung um 34 Millionen Euro. Wie jeder weiß,
ürde ich diesen Ansatz gern weiter aufstocken, wenn
s die Finanzmittel ermöglichten.
In den heutigen Debatten hat die Zukunft Afghanis-

ans mehrfach eine Rolle gespielt. Ich möchte dieses
hema an dieser Stelle noch einmal unter entwicklungs-
olitischen Gesichtspunkten ansprechen. Die Zukunft
fghanistans muss der Bevölkerung gehören und nicht
en Drogenbaronen. Sie muss den Familien und dem
nternehmergeist gehören und nicht den Terroristen.
ir wollen dazu beitragen, dass Afghanistan aus dem
eufelskreis von Drogen, Extremismus und Terror he-
auskommt und dass es bei den Wahlen ein deutliches
ignal in diese Richtung gibt.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Gemeinsam mit der Aga-Khan-Stiftung – ich habe
it dem Aga Khan gestern einen entsprechenden Vertrag
nterschrieben, der sich auf weitere Regionen der Welt
ezieht – schaffen wir bereits seit 2001 in der Provinz
adakhshan Alternativen zu Einkommen durch






(A) )



(B) )


Bundesministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul

Mohnanbau. Auch dabei gehören politischer und wirt-
schaftlicher Wandel zusammen.

Eine wichtige Nachricht im Kampf gegen den Dro-
genanbau: Großbritannien – wir haben oft darauf ge-
drungen, dass es die Rolle, die es als Führungsnation un-
ter den internationalen Gebern in Afghanistan im
Hinblick auf die Drogenbekämpfung hat, stärker wahr-
nimmt – hat die Provinz Badakhshan zu der Provinz er-
klärt, in der die zivile Drogenbekämpfung in den Mittel-
punkt der gesamten Arbeit gestellt werden muss. Das
unterstützen wir nachdrücklich; denn wir halten es für
wichtig, in diesem Bereich Alternativen aufzuzeigen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Unsere Wiederaufbauarbeit in Afghanistan und das
Wiederaufbauteam in Kunduz – auch das hat in der
Diskussion eben eine Rolle gespielt – haben Modellcha-
rakter gewonnen. Ich will hinzufügen – es hat auch eine
öffentliche Diskussion darüber gegeben –: Das Entwick-
lungsministerium wird in Faizabad helfen, ein Kranken-
haus wiederherzustellen, damit die Bevölkerung besser
versorgt werden kann. Das Verteidigungsministerium
– das habe ich mit dem Kollegen Struck abgesprochen –
wird im Rahmen der Arbeit des Wiederaufbauteams die
Ausstattung des Krankenhauses sicherstellen.

Über weitere Programme kann ich aber erst dann ent-
scheiden, wenn es zusätzliche Mittel in diesem Haushalt
gibt. Ich bin gerne bereit, die notwendigen Prozesse in
Gang zu setzen. Aber das bedarf entsprechender finan-
zieller Möglichkeiten.

Den Soldaten ist bereits gedankt worden. Ich möchte
ihnen ebenfalls meinen Dank ausdrücken. Ich will an
dieser Stelle auch sagen: Ich danke allen zivilen Mitar-
beitern und Mitarbeiterinnen der Nichtregierungsorgani-
sationen, aber auch der deutschen Entwicklungszusam-
menarbeit, die in Afghanistan eine wunderbare Leistung
erbringen.


(Beifall im ganzen Hause)

Zum Schluss möchte ich noch auf zwei Themen zu

sprechen kommen, die sicherlich uns allen auf der Seele
liegen. Morgen werde ich Gelegenheit haben, mit dem
irakischen Übergangspräsidenten al-Jawar zu sprechen.
Unabhängig davon, wo wir in der Frage des Irakkriegs
gestanden haben – wo ich stand, weiß jeder –, haben wir
alle ein Interesse an einem stabilen, souveränen, friedli-
chen Irak und daran, dass dieser Staat nicht zerfällt.

In der Anfangsphase hat die Bundesregierung vor al-
lem Nothilfe geleistet. Auf der Geberkonferenz in Ma-
drid im Oktober vergangenen Jahres haben wir insge-
samt, mit allem Drum und Dran, 200 Millionen Euro für
den Wiederaufbau des Irak zur Verfügung gestellt. Wir
werden auch an der Geberkonferenz im Oktober in
Tokio teilnehmen.

Wir haben Aus-, Fort- und Weiterbildungsaufenthalte
für irakische Hochschullehrer und für Fachleute aus den
Ministerien außerhalb des Irak organisiert. Ich sage noch
einmal: In der jetzigen Situation – jeder weiß, wovon die
Rede ist – kann ich es einfach nicht verantworten, dass

w
r
w
b
A

z
b
e
V
z

r
a
d
A
d
u

t
r
t
s

I
B
G
W
t
S
h
V

V
D
s
r
g
t

v
w
a


d
M
k
m
R
s
V
V
w

(C (D ir deutsche Aufbaufachleute oder staatliche Durchfühungsorganisationen in den Irak schicken. Die dazu notendige Sicherheitslage ist nicht gegeben. Aber wir haen außerhalb des Irak Hilfe und Unterstützung für die usbildung geleistet. Auch da gilt: Der vorliegende Haushalt sieht keine usätzlichen Mittel vor. Ich bin aber selbstverständlich ereit, Fachleute zu entsenden, wenn die Sicherheitslage s erlaubt und wenn auch UN, EU und Weltbank das tun. oraussetzung: entsprechende Sicherheitssituation und usätzliche Finanzmittel. Liebe Kolleginnen und Kollegen, auf meiner Namibia eise im August 2004 habe ich für die Bundesregierung m Waterberg an der Gedenkveranstaltung zum hunertsten Jahrestag der Niederschlagung des Hereroufstands teilgenommen. Es war an der Zeit, denke ich, as Richtige und Notwendige zu tun und das Richtige nd Notwendige zu sagen. (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir erinnern uns: Die deutschen Kolonialherren hat-
en Ende des 19. Jahrhunderts die Bevölkerung von ih-
em Land vertrieben. Als sich die Herero dagegen wehr-
en, führten die Truppen des Generals von Trotha gegen
ie, die Nama und Damara einen Vernichtungskrieg.
Ich bin sicher – Ihre Reaktion eben hat es bestätigt –:

ch konnte mit der Zustimmung von Ihnen im Deutschen
undestag bei der Gedenkveranstaltung dort auf dem
elände am Waterberg das sagen, was ich gesagt habe:
ir Deutschen bekennen uns zu unserer historisch-poli-

ischen, moralisch-ethischen Verantwortung und zu der
chuld, die Deutsche damals auf sich geladen haben. Ich
abe im Sinne unseres gemeinsamen Vaterunsers um
ergebung gebeten.
Mein Ziel war, dass das Gedenkjahr 2004 das Jahr der

ersöhnung zwischen dem namibischen Volk und
eutschland wird. Ich freue mich darüber, dass wir jetzt
agen können: Das ist gelungen. Die Vertreter der He-
ero sagten zu mir: Sie haben die Mauern des Schwei-
ens eingerissen; jetzt können wir in den Dialog eintre-
en. So sieht das auch die namibische Regierung.
Jetzt gilt es, den Weg der Versöhnung nicht wieder zu

erbauen, sondern zu beschreiten. Juristische Schritte
ürden die Versöhnung erschweren. Das habe ich auch
llen Beteiligten gesagt.
Die Bundesregierung wird jetzt auf breiter Ebene
mit der namibischen Regierung, mit Kirchen und mit
er Zivilgesellschaft – den Dialog fortsetzen und dieses
oment um der Versöhnung nutzen. Dafür gibt es kon-
rete Pläne. Die Bischöfe Kameeta und Keeding aus Na-
ibia haben den Vorschlag gemacht, einen Panel on
econciliation, einen Versöhnungsrat, zwischen Deut-
chen und Namibiern einzusetzen. Ich unterstütze diesen
orschlag nachdrücklich. Im November werden wir den
orschlag bei einer Konferenz, die in Bremen stattfinden
ird, gemeinsam weiterentwickeln.






(A) )



(B) )


Bundesministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Mir geht es darum, dass wir das bisherige Engage-

ment ausbauen und dass wir vor allem den Dialog zwi-
schen Jugendlichen fördern. Ich habe dort ja das Kultur-
zentrum in Okakarara eingeweiht. Das sollten wir mit
Leben füllen, zu einem Ort des Kennenlernens und des
Austausches zwischen Jugendlichen machen und damit
die Kenntnis der Kultur und den Respekt voreinander
stärker fördern.

Nie waren die Ansprüche an eine gute Entwicklungs-
zusammenarbeit höher als heute. Aber nie waren eigent-
lich auch die Chancen besser als heute; denn die Geber
gehen im Grundsatz in die gleiche Richtung. Es gibt
nicht mehr das Gegeneinander, das es noch während des
Kalten Krieges gab. Wenn Freiheit, Frieden und Stabili-
tät bei unseren Nachbarn beheimatet sind, dann haben
wir alle etwas davon.

In diesem Sinne danke ich Ihnen für die Aufmerk-
samkeit.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512208700

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Rudolf Kraus.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Rudolf Kraus (CSU):
Rede ID: ID1512208800

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Wunschdenken und Realität fallen in der Politik
oft auseinander,


(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Das ist wahr!)


gerade auch in der Entwicklungspolitik. Noch im April
dieses Jahres hatte das BMZ optimistisch verkündet,
man halte daran fest, bis zum Jahr 2006 0,33 Prozent
des Bruttonationaleinkommens für die Entwicklungszu-
sammenarbeit auszugeben.


(Brigitte Schulte [Hameln] [SPD]: Das werden wir auch schaffen!)


– Das glaube ich nicht. Das wäre nur möglich, wenn es
2005 und 2006 eine deutliche Steigerung des Entwick-
lungshaushaltes gäbe. Frau Kollegin, Sie sind einmal
eine begnadete Haushaltspolitikerin gewesen. Sie wer-
den doch ganz sicherlich übersehen, dass die Steige-
rungsraten, die hierfür notwendig wären, überhaupt nicht
vorstellbar sind.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Umso größer ist nun die Enttäuschung über die bittere

Realität nicht nur unter den Entwicklungspolitikern, son-
dern auch bei den Nichtregierungsorganisationen, den
Kirchen sowie allen entwicklungspolitisch engagierten
Mitbürgern. VENRO hat den Entwicklungsetat 2005 als
herben Dämpfer für die weltweite Armutsbekämpfung
bezeichnet. Ich meine, dass das noch untertrieben ist.
Der Ansatz des nächsten Haushalts liegt ungefähr um

2
d
d
d
n
n
i
g

f
b
e
d
g


w
e
v

s
m
d
g
d
n
z

w
h
is
I
w
w
s
W
s
A
k
W

l
d
a
h
d
r
f
h
h
f
e
n
l
e
b

m

(C (D 00 Millionen Euro unter dem Ansatz des letzten von er Regierung Kohl verabschiedeten Haushalts, also em für das Jahr 1998, auch etwas unter den Ausgaben es vorigen Jahres. Da helfen die ganzen Spielereien ichts. Einmal ist die globale Minderausgabe eingerechet, einmal ist sie herausgerechnet. Ich bleibe dabei: Es st nicht die Steigerung erreicht worden, die notwendig ewesen wäre, um das Ziel zu erreichen. Frau Ministerin hat hier beeindruckend dazu aufge ordert, wir alle müssten zusammenhalten, damit das esser wird. Wir würden das gerne tun, die Sache hat nur inen Haken: Die rot-grüne Koalition hat immer noch ie Mehrheit und ich glaube nicht, dass sie zu überzeuen ist. (Detlef Dzembritzki [SPD]: Das ist doch gut so, Herr Vorsitzender!)


Darüber gehen die Meinungen in Deutschland ganz
eit auseinander. Schauen Sie sich einmal die Umfrage-
rgebnisse an, Herr Kollege, dann werden Sie vielleicht
erstehen, was ich meine.
Ich finde es auch sehr nett von der Ministerin, dass sie

agt, keinem Menschen werde ein Vorwurf daraus ge-
acht, wenn er für die Entwicklungshilfe mehr Geld for-
ere. Das kommt unserem Harmoniebedürfnis sehr ent-
egen, aber helfen tut es natürlich relativ wenig. Ich
enke auch, dass der Haushaltsansatz in Wirklichkeit
och niedriger ausfallen wird, weil noch weitere Kür-
ungen angesagt sind.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir Ent-
icklungspolitiker haben ein Riesenproblem: Ich be-
aupte, die Masse der politisch interessierten Bürger
t an Entwicklungspolitik nur nachrangig interessiert.
ch denke auch, dass sich der Aufschrei der Bevölkerung
egen des heutigen Haushaltes sehr in Grenzen halten
ird. Unsere Bevölkerung ist ungeheuer großzügig und
pendenfreudig. Wir müssen uns vor niemandem auf der
elt verstecken, wenn es darum geht, Nothilfe bei Über-
chwemmungen, Hungersnöten und Katastrophen aller
rt zu leisten. Aber nachhaltige Entwicklungspolitik ist
ein Thema, das die politische Klasse in besonderer
eise bewegt.
Es bedeutet nicht, dass es bei uns nicht eine beacht-

ich große Zahl von persönlich engagierten Leuten gibt,
ie in großen Nichtregierungsorganisationen oder auch
ls Einzelkämpfer große Opfer bringen. Aber insgesamt
andelt es sich hierbei prozentual um eine verschwin-
end geringe Minderheit. Die Vielfalt des Engagements
eicht von einem Dr. Errös, der als Einzelkämpfer ange-
angen hat, vieles und Erstaunliches geleistet hat und
eute 1 500 Leute beschäftigt, über Eine-Welt-Läden bis
in zu Leuten wie dem mir bekannten Bananen-Joe, der
air gehandelte Bananen vertreibt. Dies alles ist sehr be-
indruckend. Ich finde das großartig. Ich denke aber
icht, dass das unser Problem des mangelnden Interesses
öst, das natürlich auch darauf zurückzuführen ist, dass
s die bipolare Welt nicht mehr gibt und dass die Leute
ei uns sagen, sie hätten andere Sorgen.
Wir müssten alle – ich sage es noch einmal – zusam-
enhalten und daran arbeiten, dass sich diese Einstellung






(A) )



(B) )


Rudolf Kraus

ändert. Dazu gehört natürlich auch, dass Entwicklungs-
politik effizient betrieben wird. Da muss man bei man-
chen Organisationen große Zweifel haben. Ich denke
hier zum Beispiel an den EEF. Aber auch in unserem
Land treibt der Bürokratismus teilweise groteske Blüten,
zum Beispiel bei der DEG. Diesen Fall habe ich zurzeit
im Auge; man muss der Sache einmal nachgehen. Man
muss sich nicht wundern, dass die Leute diese Einstel-
lung haben, wenn solche Dinge bekannt werden.

Es gibt viele gute Gründe; die Zeit ist zu kurz, um sie
alle anzuführen. Ich möchte nur kurz vier Gründe anfüh-
ren, warum wir klar machen müssen, dass es in unserem
eigenen Interesse liegt, unseren Nachbarn – das ist prak-
tisch jedes Land auf der Welt, denn die Entfernungen
sind sehr kurz geworden – zu helfen. Sicherheitsgründe
spielen dabei eine große Rolle. Denken Sie an Aids. Das
ist eine Riesenkatastrophe in Südafrika, die sich jetzt
ausbreitet; davon können alle bei uns betroffen sein.
Denken Sie an den Zuwanderungsdruck, der durch Ar-
mut entsteht.

Ebenso haben wir ein Interesse daran, dass es unseren
Nachbarn in wirtschaftlicher Hinsicht gut geht; denn nur
mit Nachbarn, die selber etwas bringen, kann man Han-
del treiben. Spendenquittungen sind eine schöne Sache,
aber sie sind nicht sehr attraktiv und fördern den Handel
nicht besonders.

Wir müssen natürlich auch an die Umwelt und die
globalen Einflüsse auf sie denken. Wenn heute in Suma-
tra die Wälder abgeholzt werden, wird das langfristig
auch uns betreffen. Wir müssen uns überlegen, wie wir
dem Naturschutz und dem Klimaschutz gerecht werden
und gleichzeitig die Menschen – die ein Riesenproblem
haben, denn sie brauchen den Raum zum Leben; dort
lebt man von der Landwirtschaft – über Wasser halten
und sie so stellen können, dass sie ein vernünftiges Le-
ben führen können.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Als weiteren Grund nenne ich unsere humanistische,
christliche Einstellung. Aus moralischen Gründen kann
uns das Schicksal der Menschen auf der Welt nicht
gleichgültig sein.

In diesem Sinne denke ich, dass wir versuchen soll-
ten, diesen Haushalt und das Standing der Entwicklungs-
politik in unserer Bevölkerung deutlich zu verbessern.
Vielleicht gelingt es uns, meine sehr verehrten Damen
und Herren. Die Terrorismusentwicklung wird uns unter
Umständen helfen, die Zusammenhänge klar zu machen.
Wenn jemand nichts mehr zu verlieren hat, wenn er
keine Perspektive hat, ist er eher anfällig für radikale
Ideen. Ich glaube, das ist ein ganz starkes Argument.
Dieses zu verbreiten und uns eindringlich für unsere
Ideen und Anliegen einzusetzen, die per saldo ziemlich
gleichgerichtet sind, dafür möchte ich hier werben.

Ich bedanke mich.

(Beifall im ganzen Hause)


M
l
n
f
j
l
w
w

w
lu
w
n
I
O
i

v
e
g

D
k
v
s
v
l
k

u
d
B
k
m
f
n
c
u
i


e

m
z
r
n

r
k

(C (D Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Thilo Hoppe. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! ir ist es in der Sommerpause manchmal schwer gefal en, zu entspannen und richtig abzuschalten. Das lag eierseits an den Bildern, die sich mir während einer Darur-Reise sehr eingeprägt haben; einige Kollegen waren a dabei und haben die schreckliche Not in den Flüchtingslagern gesehen. Es lag aber auch daran, dass ich usste, dass diese Haushaltsrede auf mich zukommen ürde. Wie soll ich sie beginnen? Wie soll ich argumentieren, enn ich einerseits von der Qualität unserer Entwickngszusammenarbeit sehr überzeugt bin – von einigen enigen Ausnahmen abgesehen –, aber andererseits keieswegs mit der Mittelausstattung zufrieden sein kann? ch will als Mitglied einer Koalitionsfraktion hier keine ppositionsrede halten, aber andererseits kann und will ch mich auch nicht verbiegen und etwas schönreden. Deshalb das Unangenehme zuerst: Der vom Kabinett orgelegte Haushaltsentwurf reicht noch nicht aus, um in deutliches Signal in Richtung 0,33-Prozent-Ziel zu eben. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512208900
Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512209000

amit keine Missverständnisse aufkommen: Dies ist
eine Kritik an der Entwicklungsministerin, die wirklich
ehement für mehr Geld für die Entwicklungspolitik ge-
tritten hat und auch weiterhin streiten wird. Dies ist
ielmehr ein Plädoyer dafür, dass es im Rahmen des par-
amentarischen Verfahrens noch zu Nachbesserungen
ommen möge.
Was heute der Kanzler, der Außenminister und auch

nsere Fraktionssprecherin Katrin Göring-Eckardt zu
en globalen Herausforderungen, zu der wachsenden
edeutung der Entwicklungspolitik als präventiv wir-
endes Mittel gegen den Terrorismus gesagt haben, gibt
ir Hoffnung, dass es noch gelingen wird, mehr Mittel
ür die Entwicklungszusammenarbeit und für die huma-
itäre Hilfe zu bekommen und den Haushalt entspre-
hend aufzustocken. Auch die Zahl der Haushälterinnen
nd Haushälter, die dies ähnlich sehen, wird, so hoffe
ch, wöchentlich größer.


(Lachen bei der CDU/CSU)

Ich bin gar nicht mehr so pessimistisch wie noch vor
inigen Wochen.
Es gibt auch andere Ereignisse und Tendenzen, die
ich optimistisch stimmen und die mich ein anderes Fa-
it ziehen lassen als das, was hier an Schwarzmalerei be-
eits vorgetragen wurde und vielleicht in weiteren Reden
och vorgetragen wird.
Herr Kraus, Sie haben – vielleicht zu Recht – die ge-

inge Akzeptanz der Entwicklungspolitik in der Bevöl-
erung bemängelt. Das Gegenmittel wird im Haushalt






(A) )



(B) )


Thilo Hoppe

bereitgestellt: mehr Gelder für die entwicklungspoliti-
sche Bildungsarbeit. Ich habe die Erfahrung gemacht:
Wenn man mit den Menschen in Schulen, in Vereinen
und in Kirchen spricht und ihnen die Folgen einer unzu-
reichenden Entwicklungspolitik vor Augen hält, dann
kann man sehr viel Akzeptanz für die Entwicklungspoli-
tik gewinnen. Dafür muss man allerdings werben und
sehr viele Gespräche führen.

Unsere Entwicklungspolitik steht auf zwei starken
Beinen. Das eine Bein ist die eher klassische Entwick-
lungszusammenarbeit, also Hilfe zur Selbsthilfe. Das an-
dere Bein ist die internationale Strukturpolitik. In beiden
Bereichen gibt es Fortschritte. Im Bereich der bilateralen
Entwicklungszusammenarbeit ist eine alte Forderung
aufgenommen und umgesetzt worden. Es ist eine Län-
der- und Schwerpunktkonzentration durchgeführt wor-
den. Der Vorwurf der Verzettelung, der oft erhoben
wurde, lässt sich so nicht mehr aufrechterhalten. Es gibt
eine verbesserte internationale Abstimmung. Auch der
Mix von bi- und multilateralen Instrumenten ist gut aus-
tariert.

Im Bereich der internationalen Strukturpolitik gibt es
Fortschritte bei den WTO-Verhandlungen. Was in unse-
rem Antrag zur WTO vom Juli gefordert wurde – Agrar-
fragen zuerst lösen, radikal herunter mit den Agrarex-
portsubventionen und mehr Marktzugang für die
Entwicklungsländer –, ist inzwischen stärker in das Re-
gierungsverhalten und letztendlich auch in die Position
der Europäischen Union eingeflossen. Mein Kollege
Sascha Raabe und ich haben Kritik geübt, auch in den ei-
genen Reihen. Da hat es Veränderungen und Fortschritte
gegeben, zumindest Schritte in die richtige Richtung.

Heidemarie Wieczorek-Zeul hat in Cancun die Baum-
wollsubventionen angeprangert. Renate Künast ist es in
zähen Verhandlungen gelungen, dass die europäischen
Baumwollsubventionen drastisch heruntergefahren wer-
den. Ähnliches muss es nun auch auf dem Zuckersektor
geben. Die europäische Zuckermarktordnung ist ein
entwicklungspolitisch schädliches und für die europäi-
schen Steuerzahler ein sehr teures Subventionsungetüm.
Hier muss es zu einer Reform kommen, die positive Ent-
wicklungsimpulse, aber auch Anreize für eine umwelt-
gerechte und nachhaltige Produktion gibt. Die CDU/
CSU muss sich entscheiden, ob sie sich als Förderer ei-
ner wirklichen Entwicklungsrunde oder in erster Linie
als Lobbyist für Nordzucker und Südzucker versteht. Da
steht Ihnen noch eine wichtige innerfraktionelle Diskus-
sion bevor.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Große Fortschritte gibt es im Energiebereich. Ange-
sichts der Turbulenzen auf den Weltölmärkten schim-
mert es inzwischen auch den hartnäckigsten „Fossilen“,
dass kein Weg an den erneuerbaren Energien vorbei-
führt. Die Ministerin hat bereits eindrucksvoll von den
Erfolgen der Erneuerbare-Energien-Konferenz berichtet.
Zusätzlich zu der Summe von 1 Milliarde Euro, die der
Bundeskanzler bereits in Johannesburg für den Ausbau
erneuerbarer Energien und für Maßnahmen für mehr

E
a
f

m
B
D
Z
t
z
s
d
r
d
n
D
d
s

d
r
g
v
Z
w

H
s

z
d
f
m

D
t
i
F
t
s

Y
m
z
H
R
N
z
d



(C (D nergieeffizienz zugesagt hat, hat die Bundesregierung uf der Konferenz in Bonn weitere 500 Millionen Euro ür diesen Bereich angekündigt. Nehmen wir ein drittes Beispiel – auch das stimmt ich optimistisch –, nämlich die aktive Rolle, die die undesregierung zur Eindämmung des Krieges in arfur spielt. Joschka Fischer, Heidemarie Wieczorekeul und Kerstin Müller waren und sind von der Motivaion getrieben, dass die internationale Gemeinschaft kein weites Ruanda zulassen darf. Deutschland hat dafür georgt – auch gegen Widerstände von Bündnispartnern –, ass dieses Thema auf die Agenda des Weltsicherheitsates kam. Die Krise ist zwar noch längst nicht überwunen; das wissen wir alle. Aber inzwischen gibt es weigstens keine Behinderung der humanitären Hilfe mehr. eutschland leistet seinen Beitrag bei der Versorgung er Flüchtlinge und bei der Unterstützung der Waffentillstandskommission der Afrikanischen Union. Dass es nicht nur durch Umschichtungen in den Etats es Auswärtigen Amts und des Entwicklungsministeiums, sondern auch durch eine gemeinsame Anstrenung im Kabinett zusätzliche außerplanmäßige Mittel om Finanzminister gibt, ist in diesem Fall auf eine gute usammenarbeit des Auswärtigen Amts und des Enticklungsministeriums zurückzuführen. (Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Das war ein echter Zufall! – Markus Löning [FDP]: Zusammenlegen! Dann gibt es das öfter!)


offentlich ist das eine Tendenz für weitere gemeinsame
trategische Anstrengungen.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der SPD)


Wir wissen, dass bei der Erreichung der Millenniums-
iele noch sehr große Herausforderungen bewältigt wer-
en müssen. Die Weltbank hat errechnet, dass die Mittel
ür die Entwicklungszusammenarbeit verdoppelt werden
üssen.


(Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Sauber!)

ieses ehrgeizige Ziel ist nur zu erreichen, wenn es wei-
ere Akteure gibt und wenn die Privatwirtschaft stärker
n die Pflicht genommen wird. Aber es muss auch neue
inanzierungsinstrumente im Bereich der Haushaltsmit-
el für verstärkte Anstrengungen in der Entwicklungszu-
ammenarbeit geben.
Am 20. September dieses Jahres treffen sich in New
ork auf Einladung des brasilianischen Präsidenten Lula
ehrere Staatsoberhäupter, um über innovative Finan-
ierungsinstrumente im Kampf gegen den weltweiten
unger nachzudenken. Ich erwarte von der deutschen
egierung, dass sie mit konkreten Vorschlägen nach
ew York reist. Denn ohne neue Finanzierungsquellen
u erschließen, werden wir die gigantischen Herausfor-
erungen nicht schultern können.


(Markus Löning [FDP]: Die, die da vorgeschlagen werden, sind vom schlimmsten!)


Da bin ich ganz anderer Meinung.






(A) )



(B)


Thilo Hoppe

Ich bringe jetzt noch ein Instrument in die Diskussion,

das vielleicht auch Sie schlimm finden. Die Diskussion
um eine Devisenumsatzsteuer, um die Tobin Tax, und
die Diskussion um eine weltweite Quellensteuer sollten
wieder belebt werden. Es gibt hierzu Beschlüsse des bel-
gischen Parlaments und überraschenderweise auch eine
neue Initiative der indischen Regierung. Das könnte
dazu beitragen, dass dieses Thema wieder neu auf die
Agenda gesetzt wird. Die Bundesrepublik Deutschland
sollte die Diskussion um neue Finanzierungsinstru-
mente, einerseits um die Tobin Tax und andererseits um
die Weltquellensteuer, aber auch die Diskussion um die
Einführung von Nutzungsentgelten für öffentliche Güter
wieder beleben. Wir brauchen diese neuen Finanzie-
rungsinstrumente, um im Kampf gegen den Hunger be-
stehen zu können.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Eine Entwicklungspolitik, die die Kluft zwischen
Arm und Reich verringert, die die Zahl der Hungernden
drastisch senkt, die die natürlichen Ressourcen schont
und die die biologische Vielfalt erhält, damit auch nach-
folgende Generationen auf unserem Planeten leben kön-
nen, eine solche Entwicklungspolitik stellt keine Almo-
sen zur Verfügung, sondern leistet wichtige und
wertvolle Investitionen in unsere gemeinsame Sicherheit
und in unsere Zukunft.

Ich danke Ihnen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512209100

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Markus Löning.

Markus Löning (FDP):
Rede ID: ID1512209200

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist

hier schon mehrfach die ODA-Quote angesprochen wor-
den. Heute Morgen hat der Bundeskanzler in seiner
Rede einen bemerkenswerten Satz gesagt, den ich hier
sinngemäß zitieren will. Er sagte: Deutschland hält seine
internationalen Verpflichtungen auf Punkt und Komma
ein. Das finden wir lobenswert; das ist eine richtige Ein-
stellung für eine Bundesregierung.

Bloß, ich muss ehrlich sagen: Hier im ganzen Haus
glaubt doch niemand ernsthaft – außer vielleicht Frau
Schulte –, dass wir es schaffen, bis zum Jahr 2006, wie Sie
auf internationaler Ebene zugesagt haben, 0,33 Prozent
des Bruttoinlandsprodukts für Entwicklungshilfe auszu-
geben.


(Beifall bei der FDP – Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: So ist es!)


Dies würde bedeuten, dass der Etat von 2005 auf 2006
um 1 Milliarde Euro aufgestockt werden müsste. Es ist
doch eine Illusion und ein Vorgaukeln falscher Tatsa-
chen, was Sie da betreiben, Frau Ministerin. Es ist nicht
in Ordnung, mit unseren internationalen Partnern so um-
zugehen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


f
w
c
g

I
k
f

d
g
h
a
d
w
D
F

m
d
w
d
w
h
f

4
lu
d
h
A
r
e
R
b
z

d
I
z
f
d
W
g
h
a
d

B
s
s
s

(C (D Ich fordere Sie hier auf: Anstatt an dieser Illusion estzuhalten, sollten wir lieber darüber diskutieren, wie ir mit dem Geld, das vorhanden ist – wenn es ein bisshen mehr ist, ist es ja in Ordnung –, vernünftig und zielerichtet umgehen. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Karin Kortmann [SPD])


ch glaube, das wäre für die internationale Glaubwürdig-
eit Deutschlands sehr viel besser, als an dieser Fiktion
estzuhalten.
Dass die Weltgemeinschaft bis 2015 die Halbierung

er Armut erreichen will, ist ehrgeizig, aber ein wichti-
es Ziel für die Weltgemeinschaft; deswegen will ich das
ier ausdrücklich betonen. Das ist ein Signal gerade
uch von uns Industrieländern an die Entwicklungslän-
er; denn es gibt keine Menschenwürde in Armut. Es ist
ichtig, dass wir an diesem politischen Ziel festhalten.
ieses Ziel unterstützen selbstverständlich auch die
reien Demokraten uneingeschränkt.
Was wir nicht unterstützen, sind die Politikansätze,
it denen Sie versuchen, das zu betreiben. Ich glaube,
ie entsprechenden Ansätze im Haushalt sind falsch ge-
ählt. Es wird nämlich nicht danach geschaut, was in
en letzten Jahren erfolgreich war, sondern das gemacht,
as in der Öffentlichkeit gut ankommt und was man dort
ören will. Es wird nicht danach geschaut, wo Länder er-
olgreich waren.
Ich will hier ein Beispiel nennen: Indien ist seit

0 Jahren Schwerpunktland der deutschen Entwick-
ngszusammenarbeit. Indien empfängt in der Summe
en größten Anteil deutschen Entwicklungsgeldes über-
aupt. Indien hat bei der Bekämpfung der Armut seit
nfang der 90er-Jahre Erfolg, seit die indische Regie-
ung dazu übergegangen ist, mutige Wirtschaftsreformen
inzuleiten, Marktwirtschaft und freiem Handel mehr
aum zu geben und den Menschen die Freiheit zu ge-
en, ihren Unternehmensgeist und ihre Kreativität um-
usetzen und sich selbst ihr Geld zu verdienen.
Es ist nachgewiesen – es gibt da Untersuchungen von

er Weltbank, von der KfW und von vielen anderen
nstitutionen –, dass zu dieser sehr erfolgreichen Redu-
ierung der Armut in Indien all die Armutsbekämp-
ungsprogramme im Rahmen der Entwicklungshilfe lei-
er nichts beigetragen haben. Wir müssen uns dieser
ahrheit stellen und umstrukturieren. Statt für Pro-
ramme, von denen wir wissen, dass sie keinen Erfolg
aben, sollten wir das Geld für vernünftige Vorhaben
usgeben, die den Leuten helfen, ihre Armut zu überwin-
en.
Wir brauchen Beratungsprogramme im politischen
ereich und Beratung zur Durchsetzung von Rechts-
taatlichkeit sowie für die Entwicklung von Marktwirt-
chaft und freiem Handel. Das ermöglicht den Men-
chen, ihre Armut aus eigener Kraft zu überwinden.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

)






(A) )



(B) )


Markus Löning

Ich möchte an dieser Stelle noch etwas anderes in Be-

zug auf Indien sagen. Indien hat im Bereich der Soft-
waretechnologie in den letzten Jahren eine beeindru-
ckende Entwicklung genommen. Es ist dabei, in anderen
Technologiebereichen genauso beeindruckende Ent-
wicklungen zu nehmen. Es gibt ein eigenes Ministerium
für Biotechnologie. Die Inder sind sich darüber klar,
dass sie im wissenschaftlichen Bereich mithilfe der bes-
ten Köpfe, die sie haben, und mithilfe von viel Geld sehr
viel erreichen können, dass sie damit ihr Land nach
vorne bringen können. Ich sage Ihnen ehrlich: Ich finde
außerordentlich unterstützenswert, was die indische Re-
gierung da macht.

Aber es kann aus meiner Sicht nicht sein, dass die in-
dische Regierung Geld und Know-how in die Entwick-
lung von Spitzentechnologie und in die Entwicklung
ihres Landes steckt, gleichzeitig aber die Armutsbe-
kämpfung im eigenen Land von uns gemacht wird. Ich
halte das für ein krasses Missverhältnis. Wir müssen den
Eliten sagen: Das müsst ihr selber leisten. Ihr habt die
Ressourcen; ihr habt das Know-how. Es gibt in Indien
eine breite NGO-Landschaft, die sich mit Armutsbe-
kämpfung beschäftigt. Die Inder müssen das alleine auf
die Beine stellen.

Wir müssen die Ehrlichkeit haben, zu sagen: Wir set-
zen das Geld, das wir für Indien ausgeben, für vernünf-
tige Sachen ein. Es würde zum Beispiel sehr viel mehr
Sinn machen, die politischen Stiftungen mit mehr Geld
auszustatten, um politische Beratung zu ermöglichen. Es
würde sehr viel mehr Sinn machen, im wissenschaftli-
chen Bereich eine engere Kooperation zu suchen. Es
würde auch viel Sinn machen, mehr Stipendien von
deutschen Universitäten an indische Studenten zu verge-
ben, um die Austauschmöglichkeiten zu verbessern.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ähnliches könnte man im Übrigen über China sagen.
China empfängt nach wie vor den zweitgrößten Anteil
deutscher Entwicklungshilfe. Frau Ministerin, es ist
doch ein Treppenwitz der Geschichte, dass ein Land, das
einen Taikonauten für 2 Milliarden Euro ins All schickt,
von uns Entwicklungshilfe bekommt. Ich kann das ge-
genüber meinen Wählern nicht vertreten. Ich finde es
nicht richtig, das zu machen.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Wir müssen den Chinesen sagen: Ihr könnt es selber. Tut
es selber! Dabei habt ihr unsere volle Unterstützung.
Aber das Geld brauchen wir für eine andere Art von Zu-
sammenarbeit.

In diesem Zusammenhang kann man zum Beispiel
den Rechtsstaatsdialog unterstützen. Aber Armutsbe-
kämpfungsprogramme, wie Sie sie betreiben, gehen in
die falsche Richtung.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir brauchen in der Entwicklungspolitik – das ist
schon angesprochen worden – eine regionale und sekto-
rale Neusortierung vieler Bereiche. Es ist richtig, dass

e
s
I
d
g
b
M

W
w
ö
l
r

t
m
s
2
l
r

D
f
h
a
K

e
l
t
S
S
A
t
k
E
D
i
R
p

J
t
d
G

(C (D s Länder gibt, die unserer Unterstützung bedürfen, beonders in Afrika. Der Stichpunkt Aids wurde genannt. n solche Länder sollten die Mittel gehen. Wir müssen en Mut aufbringen, Ländern, die es aus eigener Kraft eschafft haben, zu sagen: Ihr könnt es alleine. Ihr raucht unser Geld nicht mehr. Wir konzentrieren die ittel auf die, die sie wirklich brauchen. Vielen Dank. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Ralf Brauksiepe. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! ir ziehen heute Bilanz über sechs Jahre rot-grüner Enticklungszusammenarbeit. Diese Bilanz wird in der Tat ffentlich nicht so intensiv diskutiert wie andere Teilbianzen, sie fällt aber genauso katastrophal aus wie die ot-grüne Regierungspolitik insgesamt. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt aber nicht!)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512209300
Dr. Ralf Brauksiepe (CDU):
Rede ID: ID1512209400

Sie planen gegenüber 2004 – ungeachtet aller Zahlen-
ricksereien, die Sie auch in anderen Bereichen vorneh-
en – eine weitere Kürzung der entwicklungspoliti-
chen Ausgaben. Ihr Etatansatz für 2005 liegt um circa
20 Millionen Euro unter dem des Jahres 1998, dem
etzten Haushalt, den eine CDU/CSU-geführte Bundes-
egierung zu verantworten hatte.


(Brigitte Schulte [Hameln] [SPD]: Den höchsten hatte Helmut Schmidt, nicht Sie!)


er Kollege Hoppe hatte in der ihm eigenen, wie ich
inde: sehr erfrischenden Ehrlichkeit auf das Unbehagen
ingewiesen, das ihn dabei treibt. Es stände Ihnen gut
n, dieses Unbehagen zu teilen und auch die politischen
onsequenzen daraus zu ziehen.
Diese Entwicklung ist schon deshalb überaus bedau-

rlich, weil die Entwicklungszusammenarbeit in den
etzten Jahren bekanntlich einen beträchtlichen Bedeu-
ungszuwachs erlangt hat. Sie ist als dritte wichtige
äule neben die Außen- und Sicherheitspolitik getreten.
ie ist unverzichtbar für die Armutsbekämpfung und den
ufbau funktionsfähiger Staats- und Gesellschaftssys-
eme insbesondere in ehemaligen Kriegs- oder Bürger-
riegsländern. Dies zeigen nicht zuletzt die aktuellen
ntwicklungen in Afghanistan, im Kosovo und im Irak.
ie kontinuierliche Kürzung des Entwicklungshaushalts
st daher ein geradezu fataler Schritt in eine falsche
ichtung, da sie unseren eigenen außen- und sicherheits-
olitischen Interessen eklatant zuwiderläuft.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Rot-Grün versucht zwar – auch das erleben wir seit

ahren – immer die Flucht durch die argumentative Hin-
ertür, es komme nicht so sehr auf die Quantität als auf
ie Qualität der Entwicklungszusammenarbeit an. Im
rundsatz ist das auch richtig, nur hat sich auch die






(A) )



(B) )


Dr. Ralf Brauksiepe

Qualität deutscher Entwicklungszusammenarbeit in
den letzten sechs Jahren markant verschlechtert.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wieso das denn?)


Ich will nur ein paar Beispiele in Erinnerung rufen.
Das Aktionsprogramm 2015 zur Armutsbekämp-

fung muss ehrlicherweise bereits drei Jahre nach seiner
Verkündung als weitgehend gescheitert betrachtet wer-
den.


(Karin Kortmann [SPD]: Das haben Sie doch von Anfang an erzählt!)


Wir begrüßen zwar, dass die Bundesregierung erstmals
einen ressortübergreifenden Ansatz für die Bekämpfung
der Armut anstrebt. Doch kommt das Programm über
den Zustand des Deklaratorischen leider kaum hinaus.
Auf einen Umsetzungsplan für die sehr allgemein for-
mulierten Zielsetzungen warten wir bis heute vergebens.


(Arnold Vaatz [CDU/CSU]: Leider!)

Es ist der rot-grünen Bundesregierung auch nicht ge-

lungen, auf die fortwährenden Kürzungen im BMZ-Etat
mit regionalen und sektoralen Schwerpunktsetzun-
gen erfolgreich zu reagieren. Ein reines, mehr oder we-
niger erratisches Gießkannenprinzip kann nicht die ge-
eignete Antwort sein. Ungeachtet ihrer eigentlichen
Bedeutung für die Armutsbekämpfung gewährt die Bun-
desregierung gerade Sektoren wie Bildung und Gesund-
heit eine immer geringere finanzielle Unterstützung.

Als CDU/CSU-Bundestagsfraktion unterstützen wir
mit Nachdruck Entschuldungsinitiativen. Allerdings
laufen diese ins Leere, wenn die gewonnenen finanziel-
len Ressourcen nicht zur Bekämpfung von Armut ver-
wendet, sondern anderweitig missbraucht werden.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo?)


Leider hat es die Bundesregierung oftmals unterlassen,
die Entschuldung an diese Bedingung zu knüpfen, und
hat damit zur weitgehenden Wirkungslosigkeit dieser
Maßnahmen beigetragen. Es drängt sich, liebe Kollegin-
nen und Kollegen, immer mehr der Verdacht auf, dass
Sie, weil Sie keine Mittel haben, die Sie in den BMZ-
Haushalt einstellen können, versuchen, die Erhöhung der
ODA-Quote auf 0,7 Prozent bzw. 0,33 Prozent dadurch
schönzurechnen, dass Sie vor allem in die Entschuldung
gehen, und das ohne jeden Bezug zur Sachgerechtigkeit
solcher Maßnahmen.


(Zuruf von der SPD: Haben Sie schon etwas von internationaler Vergleichbarkeit gehört?)


Das halten wir für falsch; wir werden das auch in Zu-
kunft entschieden kritisieren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Selbst die Bundesregierung hat übrigens mittlerweile

erkannt, dass eine schlechte Koordination der vielfälti-
gen Geberaktivitäten Effektivitäts- und Effizienzeinbu-
ßen nach sich zieht. Ihrer Ankündigung, auf Verbesse-
rungen in diesem Bereich hinzuwirken, sind bisher

j
g

B
N
e
e

W
H

m
s
z
v

W
h
w
s
a
g
s
z

d
g
g
Z

a
h
d
d
k
h
w
d
c
d
s
S
R
G
r
b

g
A

D
i
s

(C (D edoch keine Taten gefolgt, die finanzielle Auswirkunen gehabt hätten. Eine weitere, auch von der Bundesregierung erkannte austelle ist die EU-Entwicklungszusammenarbeit. un wäre gerade die Bildung einer neuen Kommission in Anlass gewesen, auch in Brüssel entschieden auf ine effizientere Entwicklungsarbeit zu drängen. o bleiben denn da Ihre Initiativen, meine Damen und erren? Wir haben es deutlich als unser Ziel formuliert, dass an – das legt doch die Struktur des BMZ und auch unerer Außenpolitik insgesamt nahe – die Entwicklungsusammenarbeit in Brüssel konzentriert und nicht in iele Kommissionen aufteilt. o sind in diesem Zusammenhang Ihre Initiativen? Sie aben es geschafft, dass eine Partei, die bei der Europaahl 21 Prozent bekommen hat, wieder einen Kommisar stellt. Sie arbeiten aus innenpolitischen Gründen mit llen Kräften daran, mit der Türkei Beitrittsverhandlunen aufzunehmen. Aber Sie sollten sich in der europäichen Entwicklungszusammenarbeit auf anderes konentrieren. Das wäre besser. Diese Beispiele verdeutlichen, dass Rot-Grün auch in iesem von den Menschen in unserem Land leider wenier beachteten politischen Bereich nicht seine Hausaufaben erledigt und nicht in der Lage ist, hier ein gutes eugnis vorzuweisen. Dass die Unionsparteien sowohl in quantitativer als uch in qualitativer Hinsicht bessere Vorschläge haben, aben wir in der Vergangenheit deutlich gemacht und as werden wir auch in Zukunft tun. Wir wollen in der eutschen Entwicklungszusammenarbeit und Armutsbeämpfung endlich effiziente Strukturen schaffen. Das eißt auch, dass regionale Schwerpunkte in der Enticklungszusammenarbeit bei den Staaten gesetzt weren müssen, die stabile interne Rahmenbedingungen siherstellen können. Anderenfalls droht eine Fortsetzung er auch von Rot-Grün betriebenen Ressourcenverchwendung. Auch wollen wir andere sektorale chwerpunkte setzen, die sich mit der Verbesserung der egierungsführung und mit den Basissektoren Bildung, esundheit und Energie beschäftigen, wobei wir eine ein ideologisch motivierte Fokussierung auf erneuerare Energien ablehnen. Die Frau Ministerin hat eben die Anstrengungen an esprochen, die man in China unternehmen will, um den nteil regenerativer Energien zu erhöhen. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lieber Atomkraft, oder was?)


(Zuruf von der SPD: Das tun wir auch!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Arnold Vaatz [CDU/CSU]: Richtig!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


as unterstützen wir. Aber dazu gehört auch, wie heute
n der „Süddeutschen Zeitung“ zu lesen ist, dass chinesi-
che Offizielle gerade in diesen Tagen angekündigt ha-






(A) )



(B)


Dr. Ralf Brauksiepe

ben, in den nächsten 15 Jahren mindestens 30 neue
Kernkraftwerke zu bauen, und dass sie damit im welt-
weiten und europäischen Trend liegen.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Habe ich es doch gewusst!)


Es macht also wirklich Sinn, in diesem Bereich auf einen
bewährten Energiemix zu setzen und sich nicht auf ein-
zelne Bereiche zu fokussieren, die allein keine Lösung
sein können.


(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe von der SPD: Oh, oh!)


Wir machen uns nachdrücklich für die von Rot-Grün
ständig versprochene bessere Koordinierung der Ge-
beraktivitäten stark. In diesem Zusammenhang fordern
wir Sie auch auf, endlich Maßnahmen zu unternehmen,
damit der Rückgang der bilateralen Entwicklungszusam-
menarbeit gestoppt wird. GTZ und KfW müssen mit ih-
rer international hoch anerkannten Arbeit auch zukünftig
eine entscheidende Rolle spielen. Deswegen ist es nötig,
dass die Bundesregierung so schnell es geht Verhandlun-
gen mit multilateralen Entwicklungsinstitutionen dahin
gehend führt, dass wir zukünftig nur noch die Organisa-
tionen bedienen, die Effizienz, Transparenz und Koordi-
nierung garantieren können. Wir brauchen mehr bilate-
rale Entwicklungszusammenarbeit im Rahmen der
beschränkten Mittel, die wir haben.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, ich kann Ihnen nur den

Rat geben: Beschäftigen Sie sich ernsthaft mit unseren
Vorschlägen, anstatt, wie zuletzt durch die Ministerin
mit Blick auf die Politik der USA im Irak geschehen, mit
plumper antiamerikanischer Rhetorik auf sich aufmerk-
sam zu machen. Frau Ministerin – das ist uns wirklich
ein dringendes Anliegen –, Sie vertreten noch für zwei
Jahre eine Institution, die Bundesregierung, die unab-
hängig von Personen in der Welt noch über eine gewisse
Restreputation verfügt.


(Gernot Erler [SPD]: Na, na! – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was soll das denn?)


In der Funktion der Juso-Bundesvorsitzenden müssten
Sie diese Rücksicht nicht nehmen. Aber benehmen Sie
sich gegenüber unseren wichtigen Bündnispartnern bitte
anders, als Sie es in Form Ihrer ständigen antiamerikani-
schen Ausfälle tun.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Achten Sie auf Ihre Worte!)


Damit beschädigen Sie unsere internationale Reputation
und unsere internationalen Interessen.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512209500

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.

a
J
t
l
d

D

W
a
e
R
M
n
m
d

s
S
n
v
m
b
a
is
P
S

h
n
H
g

W
t
n
W
t
s
d
E
s

(C (D Wir sind jedenfalls fest entschlossen, Sie anknüpfend n die erfolgreiche Politik, die wir in den 80erund 90erahren gemacht haben, auch weiterhin mit unseren Alernativen zu konfrontieren. Dann wird die Entwickungspolitik auch wieder den Stellenwert bekommen, er ihr gebührt. Herzlichen Dank. Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Detlef zembritzki. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! ir haben soeben einen erfolgreichen Wadenbeißer, ber einen wenig erfolgreichen Entwicklungspolitiker rlebt. Das ist eigentlich ein bisschen schade, Kollege uck, weil der Austausch bisher sehr kollegial war. anch kritische Bemerkung ist es ja auch wert, aufgeommen zu werden. Aber dann sollte man doch im Rahen der Fachlichkeit bleiben und die Dinge nicht verrehen. (Beifall bei der SPD sowie des Abg. HansChristian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Dr. Ralf Brauksiepe (CDU):
Rede ID: ID1512209600

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512209700
Detlef Dzembritzki (SPD):
Rede ID: ID1512209800

Herr Brauksiepe, da Sie uns den Haushalt vorhalten,
age ich Ihnen: Jeder von uns wäre glücklicher, wenn die
umme noch etwas höher ausfallen würde. Als Sie sei-
erzeit die Regierung übernommen haben, haben Sie
on uns eine ODA-Quote von 0,47 Prozent übernom-
en. Als Sie uns das Ressort dann zurückgegeben ha-
en, lag sie bei 0,26 Prozent. Wir haben eine Steigerung
uf 0,28 Prozent erreicht und wollen 0,33 Prozent. Das
t unbestreitbar. Aber wir dürfen doch die objektiven
robleme nicht so verdrehen, so außer Acht lassen, wie
ie das hier tun.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, ich kann sehr wohl verste-
en, dass der Kollege Hoppe schlaflose Nächte hatte,
achdem er im Sudan gewesen ist. Aber wegen der
aushaltsdiskussion hätte ich keine schlaflosen Nächte
ehabt, denn das Ressort liegt in guten Händen.


(Beifall bei der SPD – Zuruf von der CDU/ CSU: Schmeichler!)


ir haben den Wandel, der gerade im entwicklungspoli-
ischen Bereich seit einigen Jahren weltweit zu verzeich-
en war, mit unserem Haus, mit der Ministerin
ieczorek-Zeul, mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbei-

ern, hervorragend bewältigt. Anders als hier der Oppo-
itionspolitiker Brauksiepe darstellen will, ist der Ruf
er Bundesrepublik doch gerade durch die exzellente
ntwicklungsarbeit in den zurückliegenden Jahren ent-
cheidend verbessert worden.


(Beifall bei der SPD)

)






(A) )



(B) )


Detlef Dzembritzki

Ich glaube, dass es eine richtige Entscheidung der in-

ternationalen Staatengemeinschaft war, für die Bekämp-
fung der weltweiten Armut konkrete Zielmarken zu
formulieren und sich an diesen zu orientieren. Wir dür-
fen doch nicht schon jetzt, im Jahr 2004, meinen, dass
das Ziel bis 2015 nicht erreichbar ist. Wir wollen es er-
reichen und wir müssen uns darum bemühen. Ich denke,
dass die Millenniumsziele, die hier klar formuliert wor-
den sind, für uns weiterhin ein Auftrag bleiben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Dass wir uns gleichzeitig den neuen Herausforderungen
wie der weltweiten Verbreitung von HIV/Aids sowie
dem völligen Zerfall von Staaten und der Bedrohung
durch internationalen Terrorismus zu stellen haben, ist
doch alles unbestreitbar und in diesem Haus auch Kon-
sens.

Wir haben in den zurückliegenden Tagen wieder bitter
erlebt, dass einige Probleme, die uns seit Jahrzehnten be-
gleiten, wie die fortschreitende Zerstörung der Naturres-
sourcen durch Bevölkerungswachstum der ärmeren Län-
der und der ungezügelte Energie- und Rohstoffhunger,
der hier befriedigt wird, unsere klimatische Entwick-
lung weltweit beeinträchtigen. Ich finde es durchaus in-
teressant, dass auch in den USA erneut Diskussionen
stattfinden, ob man sich im Zusammenhang mit dem
Kioto-Protokoll nicht doch anders entscheiden muss, als
man es bisher getan hat.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich finde, dass die Konsequenz, die wir aus den He-
rausforderungen und Problemen gezogen haben, um
unsere Ziele zu erreichen, nämlich in der Entwicklungs-
politik von Einzelprojekten wegzukommen und überzu-
gehen zu einer kohärenten, ressortübergreifenden Arbeit,
eine vernünftige Entscheidung ist; dies wird hier auch
getragen. Herr Kraus, Sie haben zu Recht die gute Nach-
barschaft angesprochen, die wir – auch international –
pflegen wollen. Ich glaube, dass wir gerade mit der Ar-
beit unseres Ministeriums dieser guten Nachbarschaft
dienen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will hier unter-
streichen, dass ich die Rede und die Art und Weise, wie
sich Frau Wieczorek-Zeul in Namibia eingebracht hat,
befürworte – wir Parlamentarier stehen inhaltlich dahin-
ter –, und hier auch ein Wort des Dankes an die Ministe-
rin richten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Von Herrn Brauksiepe ist die Entschuldung ange-
sprochen worden. Auch in diesem Bereich müssen wir
uns nicht verstecken: Ich denke nur an die PRSPs, die als
Instrument entwickelt und gehandhabt werden. Das sind
vernünftige Entscheidungen.

Ich bin dem Kollegen Löning dankbar, dass er nicht
nur die Erhöhung der finanziellen Mittel angesprochen
hat, sondern auch, wie die 3,8 Milliarden Euro, die zur
Verfügung stehen, genutzt werden. Wir haben uns um
Strukturpolitik zu kümmern und können auch hier als

P
E
W

r
a
d
v
o
z
d

D
B
d

s
M
E
W
d
i
m
s

u
z
n
i
f
e

E
s
u
m
u
e
a


v
r
w
n
d
r

(C (D arlamentarier sagen, dass vernünftige strukturpolitische ntscheidungen getroffen worden sind und mit auf den eg gebracht wurden. (Markus Löning [FDP]: Das habe ich nicht gesagt!)


Sie haben China und Indien angesprochen. Leider
eicht die Zeit in einer solchen Plenardebatte für eine
usführliche Diskussion nicht aus. Ich bin der Meinung,
ass wir großen Diskussionsbedarf haben, dass wir aber
orsichtig sein müssen bei der Beantwortung der Frage,
b man hier noch Entwicklungszusammenarbeit prakti-
ieren soll oder nicht. Das Ressort umfasst jedoch auch
en Bereich wirtschaftliche Zusammenarbeit.


(Bundesministerin Heidemarie WieczorekZeul: So ist es!)


ie Erfolge Chinas bei der Hungerbekämpfung zum
eispiel beruhen gerade auf unserer Zusammenarbeit,
ie wir mit diesem Land pflegen und führen.
In diesem Zusammenhang werden immer die Rechts-

taatlichkeit und die Menschenrechte angesprochen. Das
inisterium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
ntwicklung unternimmt hier entscheidende Schritte im
ege des Rechtsstaatsdialogs. Das ist ein Pfund, mit
em wir wuchern können. Wenn man mit jungen Leuten
n den Universitäten in China diskutiert, dann merkt
an, dass diese Arbeit erfolgreich war. Dafür bin ich
ehr dankbar.
Wir hatten gerade mehr oder weniger das Vergnügen,

ns noch einmal mit der Situation in China auseinander
u setzen. In den Gesprächen mit dem Gesundheitsmi-
ister ist zum Ausdruck gebracht worden, dass vor allem
n den Bereichen, in denen die Chinesen besondere Er-
ahrungen haben – nehmen Sie den Medizinbereich –,
ine Zusammenarbeit gesucht wird.


(Markus Löning [FDP]: Das heißt aber nicht, dass wir es bezahlen müssen!)


ine solche Zusammenarbeit müssen wir pflegen. Wir
ind doch darauf angewiesen, mit Ländern wie Indien
nd China eine hervorragende Kooperation und Zusam-
enarbeit zu haben. Ich denke, wir müssen bereit sein,
nsere Interessen zu formulieren. Unser Interesse ist es
ben, die Zukunftssicherung auch durch die Zusammen-
rbeit mit diesen Ländern zu betreiben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Markus Löning [FDP]: Wir lassen uns von ihnen dann zeigen, wie man die Wirtschaft in Schwung bringt!)


Herr Kollege Löning, ich denke, dass man im Dialog
ieles erörtern kann. Ich habe zum Beispiel in China da-
über diskutiert, ob man nicht auch zu trilateralen Ent-
icklungskonzepten kommen kann. Warum denn auch
icht? Wir sind doch nicht so borniert, zu sagen, dass wir
ie Einzigen sind, die Weisheiten haben. Ich finde, da-
aus könnte man durchaus Honig saugen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Detlef Dzembritzki

Die Sonne scheint hier so schön herein und blendet

mich, sodass ich Sie alle gar nicht mehr sehe. Leider
sehe ich aber die Uhr und sie läuft und läuft.


(Heiterkeit)

Nehmen Sie den Aidsfonds und die Arbeit, die von

uns hier geleistet wird. Im Zusammenhang mit den Etat-
debatten habe ich mich noch einmal mit den Zahlen be-
schäftigt; Sie haben sie selbst. Wir erhöhen den Betrag
von 38 Millionen Euro auf 78 Millionen Euro. Schauen
Sie sich an, was zum Beispiel aus dem Europäischen
Entwicklungsfonds in den Aidsfonds geflossen ist! Es
handelt sich um eine dreistellige Millionensumme und
wir sind mit etwas über 23 Prozent daran beteiligt. Hier
ist also viel passiert.

Gerade mit Blick darauf, dass die Bundesregierung
ihre internationalen Aufgaben zu erfüllen und wahrzu-
nehmen hat, sage ich: Ich glaube, dass wir uns in diesem
Bereich nicht zu verstecken brauchen und dass wir alle
miteinander einen guten Grund haben, das 0,33-Prozent-
Ziel anzustreben, weil wir dann ein perfektes Ergebnis
hätten.

In diesem Sinne bedanke ich mich für Ihre Aufmerk-
samkeit und schenke der CDU/CSU 23 Sekunden.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512209900

Dafür wird die schöne Sonne leider abgestellt.
Als Letzter in dieser Debatte hat der Abgeordnete

Peter Weiß das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)



Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1512210000

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es gibt

in der Entwicklungszusammenarbeit eine erfreuliche
Tatsache, die man festhalten sollte, nämlich den Inhalt
des von der Frau Bundesministerin eingangs vorgetrage-
nen Zitats des Weltbankpräsidenten Wolfensohn: Die
acht großen Millenniums-Entwicklungsziele, die
189 Staats- und Regierungschefs, unter ihnen der deut-
sche Bundeskanzler, im Jahre 2000 unterzeichnet haben,
und auch die Festlegung der Bundesregierung, als einen
ersten Schritt zur Erfüllung dieser Ziele den Anteil der
deutschen Entwicklungshilfeausgaben am Bruttonatio-
naleinkommen bis zum Jahr 2006 auf 0,33 Prozent zu
steigern, finden uneingeschränkte Unterstützung. – Ich
finde, das ist eine erfreuliche Tatsache.

Für alle, die guten Willens an die Umsetzung dieser
Ziele gehen, gibt es aber eine große Enttäuschung, näm-
lich den vorliegenden Bundeshaushalt 2005. Frau
Bundesministerin, aufgrund dieses Haushalts sind alle
Aussagen betreffend das 0,33-Prozent-Ziel dieser Bun-
desregierung Schall und Rauch.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zurufe von der SPD: Ist das ein neuer Kollege? – Auch so ein Glaubensbekenntnis!)


l
H
S
v
m
a
h

D
h
z
a

d
d
z
l
k

s
f
s
z
s
i
s
f
d
t

E
b
b
d

z
d
l
s
U
l

s
t
m
m
c
s

(C (D Das Merkwürdigste ist, wie Sie so kunstvoll mit Zahen herumfabulieren. Sie erfinden eine Steigerung Ihres aus-haltsansatzes 2005 gegenüber 2004 dadurch, dass ie einfach eine globale Minderausgabe einrechnen. Sie erspielen Ihre Kämpferqualitäten leider dafür – was Sie eisterhaft verstehen –, in der öffentlichen Darstellung us einem Minus ein Plus zu machen, statt für eine Erhöung der Entwicklungsgelder einzutreten. (Beifall bei der CDU/CSU – Detlef Dzembritzki [SPD]: Minus mal Minus ist Plus!)


as ist das eigentlich Enttäuschende an dieser Haus-
altsdebatte und der Art und Weise, wie Sie das finan-
ielle Desaster der deutschen Entwicklungszusammen-
rbeit öffentlich darstellen.


(Detlef Dzembritzki [SPD]: Stoiber würde um 190 Millionen Euro kürzen wollen!)


Zu Recht ist in der Debatte mehrmals erwähnt wor-
en, dass man die hehren Zielsetzungen, zu denen sich
ie Staats- und Regierungschefs mit den Millenniums-
ielen verabredet haben, auch dann, wenn die finanziel-
en Mittel so beschränkt sind, wie sie es sind, erreichen
önnte, wenn man sich darauf konzentriert.
Schaut man sich aber die inhaltlichen Schwerpunkt-

etzungen des Bundeshaushaltes 2005 an, dann wird man
eststellen, dass die Mittel für die entwicklungspoliti-
chen Handlungsfelder und -aktionen, die nachweislich
ur Armutsbekämpfung beitragen, nicht erhöht worden
ind und Sie die angeblich stärkere Armutsorientierung
m Bundeshaushalt dadurch erreichen, dass Sie unter-
chiedlichen Maßnahmen der indirekten Armutsbekämp-
ung, der so genannten strukturellen Armutsbekämpfung,
as Etikett „Armutsbekämpfung“ als Aufpepperle anhef-
en, die dieses Etikett bisher nicht trugen.


(Gernot Erler [SPD]: Das versteht hier keiner! Rede mal Hochdeutsch!)


ine solche Art von Etikettenschwindel hilft uns nicht
ei der Neuorientierung der Entwicklungszusammenar-
eit und hilft vor allen Dingen den Ärmsten der Armen
ieser Welt nicht.


(Beifall bei der FDP)

Ein weiterer Punkt. Wenn wir schon so wenig Mittel

ur Verfügung haben, dann sollte die Bundesregierung
ies unseren Partnern in Brüssel und New York mittei-
en. Ich finde es beängstigend, in welchem Maße wir un-
ere eigene deutsche Handlungsfähigkeit einschränken.
m in Brüssel und New York nicht den Offenbarungseid
eisten zu müssen,


(Karin Kortmann [SPD]: Welchen?)

teigern wir die Zuschüsse an die europäischen und in-
ernationalen Organisationen der Entwicklungszusam-
enarbeit um 73 Millionen Euro. Weil wir aber nicht
ehr Geld im Haushalt haben, kürzen wir um die glei-
he Summe den deutschen Organisationen die Zu-
chüsse für ihre Arbeit.






(A) )



(B) )


Peter Weiß (Emmendingen)


Nun kenne ich die rechtliche Problematik. Aber wenn

ich erlebe, wie sich auch verehrte Kolleginnen und Kol-
legen aus den rot-grünen Koalitionsfraktionen, insbeson-
dere wenn sie von Reisen zurückkommen, über die In-
effizienz des Einsatzes europäischer Entwicklungsgelder
beklagen, für die sie neue Beweise gefunden haben, und
wie auch immer wieder über die Ineffizienz der Arbeit
von UN-Organisationen berichtet wird, dann frage ich
mich: Welchen Sinn macht es, diejenigen, die wenig ef-
fizient sind, mit diesem Haushalt finanziell zu belohnen
und diejenigen, die anerkannt gut arbeiten, mit diesem
Haushalt finanziell zu bestrafen? Das kann niemand ein-
sehen.


(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Bundesministerin hat zu Recht die erfolgreiche

Entwicklungszusammenarbeit der nichtstaatlichen, der
privaten Träger, der Kirchen, Stiftungen und Nichtregie-
rungsorganisationen, angesprochen. In der Tat halte ich
es für bemerkenswert, dass uns die kirchlichen Hilfs-
werke trotz der wirtschaftlichen Schwierigkeiten, in de-
nen sich viele Menschen in Deutschland befinden, im
letzten Jahr wieder mehr Spendengelder für die Entwick-
lungszusammenarbeit einwerben konnten als im Vorjahr.
Diese beachtliche Leistung muss herausgestellt und
sollte belohnt werden. Nur stimmt Ihre Aussage nicht,
Sie würden die Arbeit dieser Institutionen stärker unter-
stützen, Frau Ministerin. Ich weiß nicht, welchen Haus-
halt Sie lesen; denn Sie halten sie nominell auf dem glei-
chen Stand.

Nach der Haushaltsdebatte in dieser Woche und nach
den Ankündigungen und Berechnungen des Herrn Bun-
desfinanzministers müssen wir damit rechnen, Herr
Staatssekretär Diller, dass Sie eine globale Minder-
ausgabe von mindestens 3,4 Milliarden Euro in den
Haushalt 2005 drücken wollen. Egal, wie hoch die glo-
bale Minderausgabe im Haushalt 2005 ausfällt – es steht
ja schon eine drin –, es ist doch zu erwarten, dass Sie,
Frau Ministerin, wieder so verfahren werden wie in die-
sem Jahr, dass nämlich im Wesentlichen die Nichtregie-
rungsorganisationen, die Kirchen, die Stiftungen und die
Personalfachdienste, diese globale Minderausgabe er-
wirtschaften müssen. Das heißt, dass deren Haushalts-
zahlen schon heute nicht stimmen. Das sollte man der
Ehrlichkeit halber sagen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Brigitte Schulte [Hameln] [SPD]: Das ist falsch!)


Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin der
Überzeugung, dass die Entwicklungspolitik eine echte
Renaissance erleben könnte, wenn wir weltweit eine Be-
wegung für die Milleniumsziele initiieren könnten. Ich
glaube, dass sich viele Menschen, die mittlerweile den
Glauben an und das Zutrauen in die Wirksamkeit der
Entwicklungspolitik verloren haben, wieder für diese
Aufgabe begeistern würden, wenn wir sie davon über-
zeugen könnten, dass im Rahmen der deutschen, der eu-
ropäischen und der internationalen Politik die konkreten
Ziele – bis zum Jahr 2015 wollen wir die Zahl der Men-
schen in extremer Armut um die Hälfte reduzieren – tat-
sächlich umgesetzt werden sollen.

e
r
u
li
ti

u

a
g
w
z

D
B
b
u
s

I
g
O
t
t

z
e
F
n
k
t
S
S

E

b
t

n
p
n
w
h
r
h

(C (D Ich halte es für eines der großen, wenn nicht für das ntscheidende Versagen von Rot-Grün, dass Sie mit Ihen Haushalten sowohl inhaltlich als auch konzeptionell nd finanziell diese großartige Chance, die wir eigentch hätten, nicht wahrnehmen. Das ist leider die Negavbotschaft des Bundeshaushaltes 2005. Die Kollegin Kortmann hat für eine Kurzintervention m das Wort gebeten. – Bitte. Zweck dieser Kurzintervention ist nicht, Herrn Weiß nschließend noch drei Minuten für weitere Darstellunen zu überlassen, sondern ehrlich zu sagen, worüber ir eigentlich reden, wenn wir über Entwicklungsfinanierung sprechen. Der erste Punkt betrifft die ODA-Quote. Detlef zembritzki hat bereits darauf hingewiesen, dass sie zu eginn des Jahres 1982 0,47 Prozent betrug und dann is zum Jahr 1998 auf 0,26 Prozent abgesenkt wurde, nd zwar in wirtschaftlich guten Zeiten. Das müssen Sie ich einmal auf der Zunge zergehen lassen: (Markus Löning [FDP]: Stimmt! Wenn wir dran sind, geht es der Wirtschaft besser!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512210100
Karin Kortmann (SPD):
Rede ID: ID1512210200

n wirtschaftlich guten Zeiten haben die beiden damali-
en Regierungsfraktionen dazu beigetragen, dass die
DA-Quote systematisch gesenkt wurde. Meines Erach-
ens ist viel Gesundbeterei dabei, wenn Sie das jetzt kri-
isieren.
Ich bitte Sie, Ihrem Kollegen Kraus mitzuteilen, dass

ur Erreichung der ODA-Quote auch die Bundesländer
inen wichtigen finanziellen Beitrag leisten sollen. Der
reistaat Bayern ist daran relativ wenig beteiligt. Er fi-
anziert keine eigenen Entwicklungsvorhaben, er hat
einen eigenen Ausschuss und keine eigenen Förderkri-
erien. Ich würde Ihnen aus nordrhein-westfälischer
icht gern ein bisschen Entwicklungshilfe leisten, damit
ie sehen, wie man das besser machen kann.
Zweiter Punkt: Sie betonen hier die Priorität der
ntwicklungspolitik sehr stark, Herr Weiß.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512210300

Frau Kollegen, halten Sie jetzt einen richtigen Rede-

eitrag? Das ist eigentlich nicht Sinn einer Kurzinterven-
ion.


Karin Kortmann (SPD):
Rede ID: ID1512210400

Nein, ich gehe auf die Punkte ein, die Herr Weiß ge-

annt hat. Er sagte, die Bedeutung der Entwicklungs-
olitik müsse hervorgehoben werden. Ich frage mich
ur, warum auf der Website der Union unter den sechs
ichtigsten Politikfeldern die Entwicklungspolitik über-
aupt nicht zu finden ist, nicht einmal unter dem kohä-
enten Ansatz von Außen-, Verteidigungs- und Sicher-
eitspolitik. Also auch da mehr Märchen!






(A) )



(B) )


Karin Kortmann


(Markus Löning [FDP]: Die haben eingesehen, dass Entwicklungspolitik mit Außenpolitik zusammenhängt!)


Zu den Steigerungsraten – heute ist mehrfach von
Halbzeitbilanzen geredet worden –: Eine Bilanz für die
Zeit von 1998 bis 2004 weist Steigerungsraten im Ent-
wicklungshaushalt bei den Kirchen um 10 Prozent, bei
den politischen Stiftungen um 17 Prozent, bei der So-
zialstrukturhilfe um 49 Prozent und bei den privaten Trä-
gern um gar 75 Prozent aus.

Wenn Sie meinen – das als vierter Punkt –, die Finan-
zierung über Budgethilfe, wie Sie sie rühmen, vorneh-
men zu können, kann ich nur sagen: Die bisher geleiste-
ten wissenschaftlichen Untersuchungen zur Budgethilfe
bezeichnen die Ergebnisse als schlecht bis hin zu desas-
trös. Sie sagen, Großbritannien sei darin Vorreiter. Die
verabschieden sich von der Strukturhilfe, von personel-
lem Angebot, von Monitoring und vom multilateralen
Ansatz, weil es nur noch um die finanzielle Bereitstel-
lung geht. Statt heute zu sagen – –


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512210500

Frau Kollegin, das hat nicht den Charakter einer

Kurzintervention. Sie halten eine eigene Rede mit ausge-
arbeiteten Punkten. Das ist eigentlich nicht Sinn der
Sache. Außerdem ist die Zeit jetzt wirklich vorbei.


Karin Kortmann (SPD):
Rede ID: ID1512210600

Ich habe das mitgeschrieben. Herr Weiß kritisierte be-

stimmte Entwicklungsfinanzierungsmodelle.


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512210700

Dann kann Herr Weiß jetzt antworten.


Karin Kortmann (SPD):
Rede ID: ID1512210800

Darf ich noch einen Satz hinzufügen?


Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512210900

Nein, die drei Minuten sind jetzt vorbei.


(Zuruf von der CDU/CSU: Keiner hat Sie angesprochen, Frau Kortmann!)


Herr Weiß, möchten Sie antworten?


Peter Weiß (CDU):
Rede ID: ID1512211000

Frau Kollegin Kortmann! Verehrte Kolleginnen und

Kollegen! Wer seit sechs Jahren die Bundesregierung
stellt, der sollte nicht immer noch Reden halten müssen,
bei denen er weit in die Vergangenheit hineingreift, um
sich für sein Handeln zu entschuldigen,


(Lachen bei der SPD)

sondern er sollte durch eigene Erfolge für sich selber
sprechen können. Dass Sie das offensichtlich nicht tun
können, zeigt das Scheitern Ihrer Politik.


(Petra-Evelyne Merkel [SPD]: Wer die Geschichte nicht kennt, darf nicht in die Zukunft gucken!)


E
V
e
m

z
7
r
t
E
Q
G

B
t
Z
S
N

d
d
s
r

D
u
w

F
li
d
H
s
f
f

o

d
2

d

(C (D rstens. Fakt ist, dass Sie die 0,33 Prozent – das ist ein ersprechen dieser rot-grünen Bundesregierung – nicht rreichen werden. Das müssen wir von der Opposition it Bedauern feststellen. Zweitens. Die deutsche ODA-Quote, also die offi ielle Hilfequote für Entwicklungsländer, setzt sich zu 8 Prozent aus den Beiträgen des Entwicklungsministeiums und zu 18 Prozent aus den Beiträgen des Auswärigen Amtes zusammen. Das zeigt deutlich: Diese beiden lemente beeinflussen im Wesentlichen die ODAuote, nicht die Beiträge von Bundesländern oder von emeinden. Deswegen ist die entscheidende Frage: Schafft es die undesregierung mit ihren beiden wichtigsten Haushalen im Bereich der auswärtigen und der internationalen usammenarbeit, die Mittel bereitzustellen, die zu einer teigerung der ODA-Quote notwendig sind? Ja oder ein? (Karin Kortmann [SPD]: Es sind mehr als diese beiden Haushalte!)


(Markus Löning [FDP]: Die Ministerin nickt!)


Drittens. Die von Ihnen dargestellten Steigerungen
er Mittel für die Nichtregierungsorganisationen und
ie Kirchen resultieren im Wesentlichen aus der Auflö-
ung von Sondertiteln, was ich begrüße, und der Zufüh-
ung dieser Mittel in den Haushalt dieser Institutionen.


(Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Taschenspielertricks!)


eswegen muss ich betonen: Mit Taschenspielertricks
nd Umrechnungsmodalitäten, wie Sie sie praktizieren,
erden die Mittel nicht erhöht.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Sehr peinlich, Herr Weiß!)


akt ist: Mit dem Haushalt 2005 liegt die rot-grüne Koa-
tion immer noch unter dem Ansatz des Jahres 1998, als
ie letzte Bundesregierung unter Helmut Kohl einen
aushaltsentwurf aufgestellt hat. Deswegen sind die
echs Jahre rot-grüner Entwicklungspolitik keine Er-
olgsstory, sondern leider ein Rückschritt. Das bleibt
estzustellen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Das mit Bayern war auch ein Schmarren!)



Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1512211100

Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-

rdnung, weil weitere Wortmeldungen nicht vorliegen.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-

estages auf morgen, Donnerstag, den 9. September
004, 9 Uhr, ein.
Ich wünsche allen einen schönen Abend, besonders

en Besuchern auf der Tribüne.
Die Sitzung ist geschlossen.