Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet. Guten Morgen, liebe Kolle-ginnen und Kollegen; ich begrüße Sie alle herzlich.Ich mache Sie auf die Zusatzpunktliste aufmerksam,die interfraktionell vereinbart worden ist:ZP 1 Wahlvorschlag der Fraktion der SPDWahl eines Mitgliedes des Gemeinsamen Aus-schusses gemäß Artikel 53 a des Grundgeset-zesWahl eines vom Deutschen Bundestag zu ent-sendenden Mitgliedes des Ausschusses nach
Wahl eines Mitgliedes des ParlamentarischenKontrollgremiums gemäß §§ 4 und 5 Abs. 4des Gesetzes über die parlamentarische Kon-trolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit desBundes
– Drucksache 16/7287 –
ZP 2 Weitere Überweisungen im vereinfachten Ver-fahren
PbnRedeta) Beratung des Antrags der AbgeordnetenDr. Petra Sitte, Dr. Kirsten Tackmann, KarinBinder, weiterer Abgeordneter und der Frak-tion DIE LINKENanotechnologie für die Gesellschaft nut-zen – Risiken vermeiden– Drucksache 16/7276 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Bildung, Forschung undTechnikfolgenabschätzung
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft undVerbraucherschutzAusschuss für GesundheitAusschuss für Umwelt, Naturschutz undReaktorsicherheitAusschuss für die Angelegenheiten der EuroUnion
Bettin, Kai Gehring, Ekin Deligöz, weiterer Ab-geordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIEGRÜNENHochwertige Computerspiele fördern und be-wahren– Drucksache 16/7282 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Kultur und Medien
Ausschuss für Wirtschaft und TechnologieAusschuss für Familie, Senioren, Frauen und JugendAusschuss für Bildung, Forschung undTechnikfolgenabschätzungAusschuss für die Angelegenheiten der Europäischen UnionHaushaltsausschussSind Sie mit der Aufsetzung der dort aufgeführtenunkte einverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist das soeschlossen.Wir setzen unsere Haushaltsberatungen – Tagesord-ungspunkt II – fort:a) Zweite Beratung des von der Bundesregierungeingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über dieFeststellung des Bundeshaushaltsplans für dasextHaushaltsjahr 2008
– Drucksachen 16/6000, 16/6002 –b) Beratung der Beschlussempfehlung des Haus-haltsausschusses zu der Unterrich-tung durch die BundesregierungFinanzplan des Bundes 2007 bis 2011– Drucksachen 16/6001, 16/6002, 16/6426 –Berichterstattung:Abgeordnete Steffen KampeterSchneider
kene LötzschjdukpäischenCarstenOtto FricDr. GesiAnja Ha
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Präsident Dr. Norbert LammertDazu rufe ich jetzt den Tagesordnungspunkt II.13 auf:Einzelplan 11Bundesministerium für Arbeit und Soziales– Drucksachen 16/6411, 16/6423 –Berichterstattung:Abgeordnete Waltraud LehnHans-Joachim FuchtelDr. Claudia WintersteinDr. Gesine LötzschAnja HajdukZum Einzelplan 11 liegt ein Änderungsantrag derFraktion Die Linke vor. Außerdem liegt ein Entschlie-ßungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor,über den wir am Freitag nach der Schlussabstimmungabstimmen werden.Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind fürdie Aussprache eineinhalb Stunden vorgesehen. – Ichhöre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.Ich eröffne die Aussprache. Das Wort erhält zunächstdie Kollegin Dr. Claudia Winterstein für die FDP-Frak-tion.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Konrad Adenauer hat einmal gesagt: In der Poli-tik ist es nie zu spät; es ist immer Zeit für einen Neuan-fang. Ich begrüße den neuen Arbeitsminister, für den dieHaushaltsberatung heute eine Premiere ist. Herr Scholz,Sie übernehmen den größten Einzeletat des Bundes inHöhe von 124 Milliarden Euro. Dafür wünsche ich Ih-nen alles Gute und einen klaren Blick; denn Sie überneh-men damit eine große Verantwortung.
Ein personeller Neuanfang bedeutet ja auch immer dieChance einer inhaltlichen Neuausrichtung. Auf diesehoffe ich natürlich sehr, weil ich sie für notwendig halte.Zwei Probleme kennzeichnen diesen Haushalt:Erstens. Die Bundesagentur für Arbeit wird immermehr zum Selbstbedienungsladen für den Bundeshaus-halt.
Den Aussteuerungsbetrag schafft die Koalition zwarab, weil er verfassungswidrig ist und außerdem nur nocheine geringe Summe erbringt; zugleich aber greift dieRegierung dem Beitragszahler noch unverschämter indie Tasche als je zuvor.Die Beschlüsse zur Arbeitsmarktpolitik – das betrifftden Eingliederungsbeitrag, den Beitragssatz und das Ar-beitslosengeld I – bilden sich im Haushalt des Arbeits-ministers recht einseitig ab. Im Haushalt des Arbeitsmi-nisters findet eine Entlastung statt, im Haushalt derBundesagentur für Arbeit eine Belastung. Mit dem Ein-gliederungsbeitrag bereichert sich der ArbeitsministermtBEAdBDld8iBsfKSGpgKDssZmlcVnn
Die Koalition verübt auch beim Arbeitslosengeld Ietrug am Beitragszahler.
ie Verlängerung des Arbeitslosengeldes I sollte näm-ich kostenneutral erfolgen. Stattdessen gibt der Bund le-iglich 270 Millionen Euro zu den insgesamt mindestens00 Millionen Euro Mehrkosten hinzu.Zur Kritik an dem politischen Vorhaben selbst willch nur die Bundesbank zitieren. Sie nennt die längereezugsdauer des Arbeitslosengeldes I einen „Rück-chlag im Bemühen um günstigere Rahmenbedingungenür mehr Beschäftigung“.
urzum: Sie treffen die falschen Beschlüsse, Sie richtenchaden statt Nutzen an, und Sie bezahlen das mit demeld der Beitragszahler.Zweitens. Die Ausgaben für die aktive Arbeitsmarkt-olitik werden erhöht, aber die nötigen Schlussfolgerun-en aus der Evaluierung werden nicht gezogen. In deroalitionsvereinbarung 2005 hieß es:Die Vielzahl unterschiedlicher Förder-Instrumenteist für die Menschen kaum noch überschaubar. Vie-les deutet darauf hin, dass einzelne Maßnahmenund die damit verbundenen, teilweise umfangrei-chen Mittel der Arbeitslosenversicherung zielge-nauer, sparsamer und effizienter eingesetzt werdenkönnen.
ie Erkenntnis war richtig. Geschehen ist bisher jedocho gut wie nichts. Es wird also nach wie vor Geld ver-chwendet.Der bisherige Arbeitsminister hat sich jetzt mit derusage verabschiedet, dass der Bericht zu den Instru-enten der Arbeitsmarktpolitik in diesem Herbst vorge-egt wird. Das hat er im letzten Jahr auch schon verspro-hen. Herr Scholz, ich hoffe, dass Sie diesesersprechen jetzt tatsächlich einlösen.
Im Haushalt 2008 wird der Maßnahmendschungelicht gelichtet. Im Gegenteil: Es kommen immer weitereeue Arbeitsmarktinstrumente hinzu. Die Koalition han-
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Dr. Claudia Wintersteindelt nach dem Motto „Viel hilft viel“. Das ist, wie dieUntersuchungen gezeigt haben, völlig falsch.Das Geldausgeben fällt Ihnen umso leichter, weil alleWohltaten zur Hälfte von der Bundesagentur für Arbeitmitfinanziert werden, und zwar ohne dass diese in ir-gendeiner Form ein Mitspracherecht hätte. Es ist leicht,das Geld anderer Leute zu verschwenden. Das ist dasMotto der Koalition.
Wir haben im liberalen Sparbuch vorgeschlagen,diesen finanziellen Verschiebebahnhof endlich zu been-den. Der Vorschlag lautet: Die Bundesagentur für Arbeitzahlt keinen Eingliederungsbeitrag an den Bund, und derBund überträgt auch keinen Mehrwertsteuerpunkt an dieBundesagentur für Arbeit. Mit dem Verschieben vonMilliarden zwischen den beiden Stellen muss endlichSchluss sein. Wir brauchen eine klare und saubere Tren-nung. Die Bundesagentur würde – das wurde in denHaushaltsberatungen sehr deutlich – einen solchenSchritt begrüßen.Wir haben außerdem gefordert, der Bundesagenturkeine neuen Lasten aufzubürden; denn dadurch wäre esmöglich, den Beitragssatz auf 3 Prozent zu senken. Dashalten wir für sehr richtig.
Zum Schluss will ich eine Personalangelegenheitansprechen. Die Stelle des dritten Staatssekretärs, derzum neuen Vizekanzler ins Außenministerium wandert,
wurde im Stellenplan des Arbeitsministeriums übrigensnicht gestrichen,
sondern nur gesperrt. Als neuer Arbeitsminister könntenSie, Herr Scholz, ein Signal setzen: Verzichten Sie dochauf die Besetzung dieser Stelle! Das wäre ein erster guterSchritt.Auf die weiteren Schritte bin ich gespannt. Wir helfenmit unserem Sparbuch gerne weiter, damit diese Schrittein die richtige Richtung gehen.Danke.
Das Wort erhält nun der Bundesminister für Arbeitund Soziales, Olaf Scholz.
Olaf Scholz, Bundesminister für Arbeit und So-ziales:Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen undKollegen! Zunächst möchte ich mich bei den Bericht-erstattern und den Mitgliedern des Haushaltsausschussesfür die gute Zusammenarbeit mit dem Ministerium inden vergangenen Wochen bedanken. Ich war – das mussnnhdhdPtRtgMMuisBt3vr2Bu1kbkwMdbsAwasmvCs5dfm
Der Bereich Arbeit und Soziales ist entscheidend füren Erfolg der Bundesregierung, für die wirtschaftlicherosperität und für die Entwicklung des Zusammenhal-es in unserer Gesellschaft. Franz Müntefering hat dasessort mit großer Umsicht geleitet und viele bedeu-ende Weichen gestellt. Auch an dieser Stelle geht meinroßer Dank an Franz Müntefering für seine Arbeit alsinister.
Ich kann nahtlos dort fortfahren, wo Franzüntefering aufgehört hat. Es geht in dem Ressort nichtm abstrakte Politik, sondern um Einzelschicksale, umndividuelle Chancen, um Teilhabe und um Selbstbe-timmung. Da kommen wir voran.Ein Beispiel sind die Arbeitsmarktzahlen, die dieundesagentur für Arbeit heute präsentiert: die niedrigs-en in einem November seit 1992. Wir haben derzeit,38 Millionen Arbeitslose, über 600 000 weniger alsor einem Jahr, über 1 Million weniger als vor zwei Jah-en. 40 Millionen Menschen sind in Arbeit, über7 Millionen davon in sozialversicherungspflichtigereschäftigung,
nd – das darf nicht vergessen werden – es gibt knappMillion Stellen, die zum Teil sofort besetzt werdenönnen – eine gute Hoffnung für die Menschen, die Ar-eit suchen. Das sind Erfolge, auf die wir alle stolz seinönnen und die für die Menschen natürlich wichtig sind,eil es nicht nur um Zahlen geht, sondern auch umöglichkeiten, sein Leben zu verbessern.Wachstum ist die entscheidende Voraussetzung dafür,ass wir diese Entwicklung verstetigen können. Dasrauchen wir, damit neue Arbeit entsteht und mehr Men-chen die Chance auf Arbeit haben. Denen, die geringereussichten und Chancen auf einen Arbeitsplatz haben,ollen wir gezielt mit Programmen helfen. Das sind vorllem Jüngere, Ältere, Langzeitarbeitslose und Men-chen mit Behinderungen. Wir haben ein paar Ziele, diean ganz klar verfolgen muss: Kein junger Mensch sollon der Schulbank in die Arbeitslosigkeit geraten. Diehancen „50 plus“ müssen weiter wachsen. Die Be-chäftigungsquote der über 55-Jährigen liegt derzeit bei2 Prozent. Das ist viel zu wenig. Wir wollen das än-ern.
Mehr Chancen auf Arbeit, das ist auch der Maßstabür die Neuordnung der arbeitsmarktpolitischen Instru-ente. Der Instrumentenkasten muss kleiner werden,
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Bundesminister Olaf Scholzum arbeitsuchende Bürgerinnen und Bürger besser undzielgerichteter zu unterstützen. Ich kann Ihnen versi-chern – Sie haben nachgefragt –: In wenigen Wochenwerden Ihnen die Vorschläge des Ministers und der Ko-alitionsparteien dazu vorliegen.
Vor allem aber will ich dafür sorgen, dass dieArbeitsvermittlung in Deutschland die leistungsfä-higste Institution wird, denn die Menschen in diesemLand sind darauf angewiesen. Es darf keine Behörde,keine öffentliche Einrichtung in Deutschland geben, dieleistungsfähiger ist als die Bundesagentur für Arbeit unddie Arbeitsgemeinschaften.
Niemand auf der Welt soll uns berichten können, dass eres besser organisiert hat, als es in diesem Land der Fallist. Das ist eine große und ständige Aufgabe.Ich glaube, dass wir mit den Reformen der letztenJahre gute Fortschritte gemacht haben, aber ich bin auchganz sicher, dass wir noch viel Arbeit vor uns haben– praktische Arbeit und nicht immer nur Gesetzgebungs-arbeit –, damit die Menschen, die arbeitslos werden oderdie nach der Schule das erste Mal einen Arbeitsplatz su-chen, sagen können: Ich weiß, da wird mir mit allenMöglichkeiten geholfen. Die Leute haben Verständnisfür meine Probleme, und sie werden alles tun, damit ichso schnell wie möglich Arbeit finde.
Arbeit ist die Grundlage dafür, dass der Sozialstaatauch in Zukunft soziale Sicherung durch die Sozialversi-cherungen gewährleisten kann. Dieses Modell der orga-nisierten Solidarität, in dem Menschen für Menscheneinstehen, hat in über 100 Jahren bewiesen, dass es kri-senfest und leistungsstark ist. Ich will an dieser Stelleausdrücklich sagen: Das wird auch in Zukunft im Mittel-punkt der sozialen Sicherheit der Menschen in diesemLand stehen.
Da wir schon bei Traditionen sind: Zu den Erfolgsbe-dingungen unserer Wirtschaftsverfassung gehört fürmich auch die Sozialpartnerschaft. Es gibt Leute, diediese Tradition verachten und die Suche nach Konsenszwischen den Parteien des Arbeitslebens eher beklagen.Ganze Leitartikel sind zu diesem Thema geschriebenworden. Aber Deutschland ist gut damit gefahren, dassGewerkschaften und Arbeitgeberverbände ihre Interes-sen zum Ausgleich bringen. Ich will an diese Erfahrunganknüpfen und die Sozialpartnerschaft wieder stärkermit Leben füllen. Gleiche Augenhöhe zwischen Arbeit-nehmern und Arbeitgebern – das ist eine Errungenschaft,auf die wir in Deutschland stolz sein können.
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Die gute Entwicklung in der Wirtschaft und auf demrbeitsmarkt ist auch ein Ergebnis der politischen An-trengungen der letzten Jahre. Wir sind im Jahre 2003uf einen Reformkurs gegangen, der vielen einiges ab-erlangt hat, der sich aber jetzt auszahlt. Das war eineotoperation. Ein weiterer Aufschub war damals nichtöglich. Es ging darum, die Systeme zu stabilisieren,amit sie für die Zukunft funktionsfähig bleiben. Bun-eskanzler Gerhard Schröder hat das am 14. März 2003anz richtig begründet:Entweder wir modernisieren, und zwar als sozialeMarktwirtschaft, oder wir werden modernisiert, undzwar von den ungebremsten Kräften des Marktes,die das Soziale beiseite drängen würden.eine Damen und Herren, das bleibt nach wie vor rich-ig.
Es gab in unserem Land viel aufzuarbeiten – bis in dieeit der Großen Koalition. Aber daraus ist Gutes er-achsen, obwohl ich die schmerzlichen Einschnitte, dieamit verbunden waren, keineswegs kleinreden will.as war nicht leicht. Am leichtesten war es für die Poli-ik. Aber es war natürlich für viele Menschen schwierig,ie mit diesen Reformen unmittelbar konfrontiert waren.eute aber sind sie wirksam geworden, und wir könnenagen: Wir waren erfolgreich.
Natürlich sind Reformen eine konstante Aufgabe fürie Politik, wie Willy Brandt das gesagt hat:Wer morgen sicher leben will, muß heute für Refor-men kämpfen.
Man darf nicht bei einer Meinung, die man 1970 schoninmal hatte, stehen bleiben, Herr Niebel. – Die Weltreht sich weiter. Die Dinge verändern sich. Globalisie-ung, demografischer Wandel und die technologischentwicklung stellen uns vor große Herausforderungen.Aber Reformen – das gilt genauso – dürfen nicht zumelbstzweck werden. Reformen sind Schritte hin zu ei-em Ziel. Es geht darum, etwas zu erreichen. Wer dasußer Acht lässt und die schmerzhafte Reform zur Atti-üde des Regierens werden lässt, wer glaubt, dass Forde-ungen nach immer härteren und tieferen Einschnittenötig sind, der leistet der Modernisierung unserer Ge-ellschaft einen Bärendienst, weil er das nötige Ver-rauen in den Sinn von Veränderungen zerstört, statt Ver-rauen aufzubauen.
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Bundesminister Olaf ScholzBeispiel sind die jüngsten Forderungen nach einerRente mit 70 oder 77. Alle Experten – von Rürup bisRaffelhüschen – sagen uns, dass wir mit der Rente mit 67unsere Hausaufgaben gemacht haben. Wir halten damitbis 2030 die gesetzlichen Beitragssatz- und Niveausiche-rungsziele ein. Wir sorgen für eine generationengerechteVerteilung.Das macht ein Vergleich der Beitragsjahre mit derRentenbezugszeit deutlich. Der Vorsitzende des Sozial-beirats für die Rentenversicherung, Bert Rürup, hat esjetzt vorgerechnet: Wer 1970 aus dem Arbeitsleben aus-geschieden ist, bezog danach im Schnitt noch mehr alself Jahre Rente. Das entsprach rechnerisch 25 Prozentder Zeit, in der er zuvor eingezahlt hatte. Heute beträgtdie Rentenbezugsdauer annähernd 40 Prozent der Le-bensarbeits- und Beitragszeit. Durch die allmähliche An-hebung des Renteneintrittsalters drücken wir diese Rela-tion wieder auf 35 Prozent im Jahre 2030. Wir liegenauch in 2050 noch unter den 40 Prozent von heute. Dasheißt, die Kosten der steigenden Lebenserwartung wer-den nachhaltig generationengerecht verteilt. Wir stabili-sieren die Statik des Rentensystems nicht nur, wir ver-bessern sie sogar.
Statt also Ängste mit neuen Forderungen zu schüren,sollte man besser sagen: Auftrag ausgeführt! Wir habenunser Ziel erreicht. Das Rentensystem steht wieder aufstabileren Füßen.Natürlich gibt es noch Felder und Aufgaben, die wirbeackern müssen. Da geht es vor allem um die alters-und alternsgerechte Arbeit. Das ist die große Aufgabeder Zukunft. Da werden viele Vorschläge zu erörternsein, zum Beispiel, wie man Altersteilzeit und Teilrentegut miteinander verzahnen kann. Dazu gehört auch, dasswir – darüber haben sich die Koalitionsfraktionen jetztverständigt – eine vernünftige Anschlussregelung für diesogenannte 58er-Regelung finden. Auch das ist ein gu-ter, leise und vernünftig diskutierter Fortschritt.
Aber die wichtigste Aufgabe jetzt ist es, das Vertrauenin die Rentenversicherung zu stärken. Die Beitragszahlermüssen wissen, dass ihre Beiträge zu der erwartetenRente führen. Diese Ankündigung muss wieder an Plau-sibilität gewinnen. Das wird Zeit brauchen; denn dieBürgerinnen und Bürger haben in Sachen Rente zu vielehohle Versprechungen gehört. Deshalb sollte niemanderwarten, dass das in einem oder zwei Jahren alles wie-der anders sein wird. Wenn man viele Jahre enttäuschtwar, dann braucht man auch viele Jahre, um das Ver-trauen zurückzugewinnen.Aber eins ist auch völlig klar: Wir werden nie neuesVertrauen gewinnen, wenn wir nach der Reform schonwieder das Werkzeug auspacken und die nächste Reno-vierung angehen wollen, bloß um damit Geschäftigkeitbeweisen zu können.
Meine Damen und Herren, wir wollen, dass Teilhabeam Aufschwung und am Wohlstand für alle möglich ist.Dlwr3JW3evaukBBf2signStBbdlsslHWgnbs
Zweitens. Wir haben mit den Arbeitsmarktreformeniel erreicht: mehr Menschen in Arbeit, mehr Chancenuf Arbeit durch ein gerechteres System des Fördernsnd Forderns, weniger Frühverrentung. Weil das so ist,önnen wir den Gerechtigkeitsvorstellungen unsererürgerinnen und Bürger entsprechen und einen längerenezug des Arbeitslosengeldes ermöglichen: 15 Monateür über 50-Jährige, 18 Monate für über 55-Jährige,4 Monate für über 58-Jährige. Das ist ein guter Fort-chritt.
Drittens. Wir setzen uns für Mindestlöhne ein,
mmer noch im Bereich der Briefdienste, wo wir drin-end eine soziale Flankierung für den Fall des Briefmo-opols brauchen. Ich sage voller Optimismus allenkeptikern hier im Haus: Das werden die Koalitionspar-eien noch miteinander hinbekommen.
Aber wir werden Mindestlöhne nicht nur in diesemereich einführen müssen. Wir haben vereinbart, dass esranchenspezifische Mindestlöhne über die Ausweitunges Arbeitnehmer-Entsendegesetzes und über die Aktua-isierung des Mindestarbeitsbedingungengesetzes gebenoll. Das werden die Gesetzesvorhaben der nächsten Zeitein; daran arbeiten wir. Der Grund dafür liegt übrigens,iebe Freunde und Freundinnen von der FDP, auf derand:
ettbewerb darf nicht über Dumpinglöhne stattfinden.
Noch eine Ergänzung, liebe Kolleginnen und Kolle-en von der FDP: Unsere Unternehmerinnen und Unter-ehmer können mehr. Sie können auch Wettbewerb überesseres Management, intelligente Erfindungen und bes-ere Dienstleistung für ihre Kunden.
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Bundesminister Olaf ScholzWer hart arbeitet, der muss dafür auch einen anständigenLohn bekommen. 3,18 Euro pro Stunde sind keine Basisfür Teilhabe am Wohlstand.
Die Ordnung der sozialen Marktwirtschaft verlangt es:Der Mindestlohn kommt!
Viertens. Wir haben den Auftrag, die staatlichen Un-terstützungen für Geringverdiener neu zu durchdenken.Wohngeld, Kindergeld, Kinderzuschlag und der geplanteErwerbstätigenzuschuss stehen nebeneinander. Zwi-schen diesen Instrumenten gibt es viele Zusammen-hänge. Deshalb macht es Sinn, dass wir über ein Ge-samtkonzept diskutieren. Das ist kompliziert. Wer fürSchnellschüsse ist, berät alle falsch.
Deshalb brauchen wir – und nehmen sie uns auch –Zeit bis in das Frühjahr, um ein vernünftiges Gesamt-konzept zu entwickeln, in dem all diese einzelnen Instru-mente zusammenpassen. Aber eines ist dabei ganz klar,nämlich das Ziel, um das es geht: Wir wollen Arbeit at-traktiver machen und sicherstellen, dass kein Mensch,der arbeitet, auf Arbeitslosengeld II angewiesen ist; je-der soll mithilfe dieser zusätzlichen Instrumente gut zu-rechtkommen. Das hat auch etwas mit dem Stolz unsererBürgerinnen und Bürger zu tun.
Fünftens. Wir wollen die Beteiligung der Mitarbeiteram Betrieb verbessern. Erwin Huber und ich bereiten ineiner Koalitionsarbeitsgruppe ein entsprechendes Kon-zept vor. Wir haben von SPD-Seite aus einen Deutsch-landsfonds vorgeschlagen. Auch im Konzept der Uniongibt es eine Fondslösung. Deshalb bin ich ziemlich si-cher, dass wir Anfang des nächsten Jahres eine gemein-same Lösung finden werden. Es wäre ein guter Fort-schritt, wenn in Deutschland in Zukunft nicht mehr sowenige Menschen an ihren Betrieben beteiligt wären,wie das heute der Fall ist. Da gibt es internationale Vor-bilder, denen wir nachstreben können.
Sechstens. Wir fördern die betriebliche und privateAltersvorsorge. Bis zum Jahresende werden wir weitmehr als 10 Millionen Riester-Verträge haben. Auch dieBetriebsrenten boomen. Das ist ein ganz toller Erfolg.Wir sollten jetzt alles dafür tun, um diese Dynamik auf-rechtzuerhalten. Deshalb ist es gut, dass die Entgeltum-wandlung von Sozialabgaben befreit bleibt.
Deshalb ist es gut, dass jedem ab Januar 2008 geborenenKind 300 Euro Riester-Zuschlag zustehen.
Deshalb ist es gut, dass die Eckpunkte für ein Wohn-Riester-Modell stehen.zgdisKlmgJgJMgslvPAngwwlhsPdMfssawgwdFdvsI
Herr Minister, möchten Sie eine Zwischenfrage des
ollegen Seifert beantworten?
Olaf Scholz, Bundesminister für Arbeit und Sozia-
es:
Ja.
Herr Minister, Sie haben die ganze Zeit eine program-atische Rede gehalten. Sagen Sie doch bitte einmalanz konkret: Was wollen Sie am Ende des europäischenahres der Chancengleichheit, in dem wir die Chancen-leichheit nicht hergestellt haben, tun, damit im nächstenahr wenigstens diejenigen, die es schwerer haben, alsoenschen mit Behinderungen, mit Migrationshinter-rund und andere, tatsächlich in Arbeit kommen? Bisherehe ich die Programme nicht.Olaf Scholz, Bundesminister für Arbeit und Sozia-es:Dass Sie die Programme nicht sehen, finde ich etwaserwunderlich; denn es gibt eine große Menge einzelnerrogramme, die die Bundesagentur für Arbeit und dierbeitsgemeinschaften umsetzen, um insbesondere de-en, die es besonders schwer haben, einen besseren Zu-ang zum Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Ich glaube, dassir gute Ausgangsbedingungen geschaffen haben. Sieissen, dass ich mit dafür gesorgt habe, dass Deutsch-and ein Antidiskriminierungsgesetz auf gutem Niveauat, auf das sich die Menschen berufen können. Sie wis-en, dass es schon jetzt ein paar Fortschritte gibt.Damit komme ich zum siebten und abschließendenunkt; er passt zu der Beantwortung Ihrer Frage. Abem nächsten Jahr wird das persönliche Budget fürenschen mit Behinderungen flächendeckend einge-ührt. Das ist aus meiner Sicht ein ganz großer Fort-chritt, weil die Leistungsempfänger dann selbst ent-cheiden können, wen sie einstellen wollen. Sie könnenls Arbeitgeber ihrer Unterstützer auftreten. Das ist et-as, was mit Selbstachtung und Würde zu tun hat. Es istut, dass wir hier eine Veränderung hingekriegt haben:eg vom Fürsorgestaat und hin zu einem Staat, der aufie Selbstaktivierung der Bürgerinnen und Bürger setzt.
Ich komme zum Schluss. Wir haben einen großenortschritt gemacht auf dem Weg, das zu realisieren, wasie Parteien dieser Koalition sich im Koalitionsvertragorgenommen haben, nämlich das Vertrauen der Men-chen in die Zukunftsfähigkeit des Landes zu stärken.ch sehe meine Aufgabe darin, mich darum zu kümmern,
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Bundesminister Olaf Scholzdass dieses Vertrauen ständig weiter wächst. Vorausset-zung dafür ist, dass die Koalition eine Politik macht, diegerecht und solidarisch ist, eine Politik, in der wirt-schaftliche Dynamik und soziale Vernunft gleichrangignebeneinander stehen. In der Arbeitsmarkt- und Sozial-politik geht es nicht um Luftschlösser, sondern um Ver-besserungen auf dem harten Boden der Realität. Fürdiese Verbesserungen möchte ich gerne mit Ihnen zu-sammen arbeiten.Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Kornelia Möller ist die nächste Rednerin für die Frak-
tion Die Linke.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her-ren! Herr Scholz, ich gratuliere Ihnen herzlich zur Beru-fung in dieses schöne Amt und hoffe, dass den wunder-vollen Worten, die wir gerade gehört haben, wirklichgute Taten folgen werden; denn die haben wir alle nötig.
Erinnern Sie sich eigentlich noch daran, was Sie,meine Damen und Herren von der Koalition, den Men-schen versprochen haben?
Der von Ihnen im November 2005 geschlossene Koali-tionsvertrag hat den schönen Titel „Mit Mut undMenschlichkeit“. Mut und Menschlichkeit – das klingtheute für viele wie Hohn.Ja, es ist wahr, meine Damen und Herren Koalitio-näre, Sie brauchen viel Mut, wenn Sie den Bürgerinnenund Bürgern Ihre Mär von einem Aufschwung erzählen.Denn dieser Aufschwung kommt bei den meisten Men-schen in diesem Land nicht an. Von Menschlichkeit kannbei Ihrer Politik für Millionen von Menschen gar keineRede sein: Sei es bei der ungenügenden Höhe des Regel-satzes, sei es bei der Weigerung, einen flächendeckendengesetzlichen Mindestlohn einzuführen – ich habe jetztwieder schöne Worte von der SPD gehört; schauen wir,was dabei herauskommt – oder beim Festhalten an undVerschärfen von Hartz IV.Die Folgen Ihrer Politik haben für die Menschen ver-heerende Auswirkungen. So ist in Neumarkt-Sankt Veiteine Frau verbrannt. Am 20. November dieses Jahreshieß es in der Münchner AZ: Hartz-IV-Empfängerin stirbtbei Großbrand, Kein Geld für Strom, Sie beleuchtete ihrHaus mit Kerzen. – Warum das Ganze? Wegen Strom-schulden in Höhe von 600 Euro. Ein Mensch musste ster-ben, weil Hartz IV nicht zum Leben reicht. Das ist nichtnur ein Skandal, das ist einfach grauenhaft.Haben Sie schon einmal über die vielfach würdelosenVerhältnisse für die Betroffenen von Erwerbslosigkeit,Niedriglöhnen und prekärer Beschäftigung nachgedacht?Im Alltag bedeutet das: Mehrere Jobs zu Dumpingprei-sadaHsmLWmfMrvwAggAfntbDnblZstasbwsmkddSwsdfgdHgt
Haben Sie eigentlich schon einmal etwas vom Fach-räftemangel in diesem Land gehört? Das scheint nichter Fall zu sein. Denn sonst müssten auch Sie begreifen,ass das Geld für Aus- und Weiterbildung sowie für diechaffung von öffentlich finanzierter Beschäftigung ver-endet werden muss. Meine Fraktion, Die Linke, sprichtich nicht nur gegen die Beitragssatzsenkung aus, son-ern sie hat Ihnen auch immer wieder aufzeigt, wo Geldür diese Gesellschaft und für die Bürgerinnen und Bür-er in dieser Gesellschaft nutzbringend eingesetzt wer-en muss.Ich verweise auf unseren Änderungsantrag zumaushalt 2008. Die Linke fordert die Erhöhung der Re-elsätze auf 435 Euro, die Beibehaltung der Bundesbe-eiligung an den Kosten der Unterkunft mindestens in
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Kornelia Möllerder Höhe von 2007, die Deckungsfähigkeit von passivenzu aktiven Leistungen, damit Arbeit statt Arbeitslosig-keit finanziert werden kann, und die Streichung des Ein-gliederungsbeitrags der BA, damit das Geld für die ak-tive Arbeitsmarktpolitik zur Verfügung steht.
Wenn es Ihnen wirklich ernst ist mit Mut und Mensch-lichkeit und Sie den Haushalt 2008 entlasten wollen,dann schlage ich Ihnen vor, endlich in den von uns gefor-derten flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn von8,44 Euro einzuwilligen. Vielen Menschen bliebe er-spart, zu Hungerlöhnen zu arbeiten und daneben auchnoch ergänzend ALG II beantragen zu müssen. Der Bundkönnte rund 8,5 Milliarden Euro sparen; denn so vielkostet die Lohndrückerei der Unternehmen die Steuer-zahler.Meine Kollegin Gesine Lötzsch hat Sie am Dienstagzu Recht als Lohndrückerkoalition bezeichnet. Denn Sieunterstützen mit Ihrer Weigerung, angemessene Lohn-untergrenzen festzulegen, die Gier vieler Unternehmer.Mut und Menschlichkeit – meine Damen und Herren derKoalition, handeln Sie endlich entsprechend!Ich danke Ihnen.
Nächster Redner ist der Kollege Hans-Joachim
Fuchtel, CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist mirzunächst eine angenehme Aufgabe, namens der Unions-fraktion dem neuen Bundesarbeitsminister zu seiner Er-nennung zu gratulieren. Ich darf Ihnen, Herr Bundesmi-nister, sagen: Sie werden in der größten Fraktion diesesHauses umso mehr Rückhalt haben, je mehr Sie die Prin-zipien der sozialen Marktwirtschaft zur RichtschnurIhrer Politik machen.
Ich möchte es nicht versäumen, auch dem bisherigenBundesarbeitsminister von dieser Stelle aus im Namender Unionsfraktion zu danken. Da jetzt auch der langge-diente Staatssekretär Gerd Andres a. D. ist,
möchte ich ihn in diesen Dank einbeziehen. Er ist einsehr erfahrener Politiker. Er hat es ohne Probleme ge-schafft, von der rot-grünen Koalition in unsere Koalitionzu wechseln,
und er hat dabei eine gute Figur gemacht. HerzlichenDank für das kollegiale Miteinander! Das muss an dieserStelle einmal gesagt werden.dwSrbbsatesVeswsbtjhNFSmtsVsBdlbnmd1msDMdhmS
In den letzten zwei Jahren, also seitdem die Union aner Regierung ist, hat sich sehr vieles zum Positiven ge-andelt; das ist schon gesagt worden. Ich möchte an dieituation der Rentenkasse erinnern. Als wir die Regie-ung übernommen haben, war dort Ebbe. Die Rücklageetrug nur noch 0,02 Monatsausgaben, und das Tafelsil-er war verkauft. Jetzt beträgt die Rücklage immerhinchon wieder 0,7 Monatsausgaben, und wir streben 1,5n. Wenn wir das erreicht haben, werden wir den Bei-ragssatz zur Rentenversicherung senken.Die Große Koalition hat mit ihrer Reformbereitschaftine verlässliche Linie eingeschlagen. Wir haben ver-tanden, dass strukturelle Probleme durch strukturelleeränderungen beseitigt werden müssen und nicht hinteriner Verbesserung der konjunkturellen Situation ver-teckt werden dürfen. Das haben wir erreicht. Das istichtig für unsere Verlässlichkeit.
Die gesetzliche Krankenversicherung erzielt in die-em Jahr Überschüsse. Die Arbeitslosenversicherungraucht mittlerweile keinen Zuschuss mehr. In den letz-en Jahren war es üblich, dass wir in diese Versicherungedes Jahr einen Zuschuss von 10 bis 20 Milliarden Euroineinbuttern mussten. Auch hier haben wir nun einenullstand erreicht. Das ist sehr wichtig. Denn das hat zurolge, dass es keine Zukunftsbelastungen durch neuechulden und Zinsen mehr gibt. Damit sorgen wir fürehr Flexibilität.Insgesamt kann man also sagen: Die Lohnzusatzkos-en sinken. Dies ist für unsere soziale Marktwirtschaftehr wichtig. Es ist auch sehr wichtig, dass dadurch mehrerlässlichkeit in die Politik einkehrt. Die Koalitionchafft mehr Vertrauen in die Politik. Das gilt für dieürgerinnen und Bürger, und das gilt insbesondere fürie Unternehmen. Ein wichtiges Indiz ist die Entwick-ung der Arbeitslosenzahlen. Wie wir heute gehört ha-en, wird die Zahl der Arbeitslosen im Monat Novemberochmals leicht sinken. Das ist ein sehr gutes Zeichen,it dem wir ins neue Jahr starten können.
Wir haben immer gesagt: Es ist eine große Leistung,ass die Zahl der Arbeitslosen in zwei Jahren um,1 Millionen gesunken ist. Ich habe allerdings manch-al das Gefühl, als würde ein Rückgang der Arbeitslo-enzahlen zu mehr Diskussionen über Armut führen.as kann doch nicht wahr sein! Wenn 1 Million mehrenschen in Arbeit gekommen sind,
ann ist die Arbeitslosigkeit gesunken, und, ob Sie dasören wollen oder nicht, dann ist die Relevanz des The-as Armut geringer. Diesen Zusammenhang könnenie nicht wegdiskutieren.
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Hans-Joachim Fuchtel
– Ich lebe wie Sie in Deutschland. Ich schreie bloß nichtso laut, und ich mache vor allem eines nicht: Ich verspre-che den Menschen nicht irgendetwas Großartiges, daswir in diesem Land und mit diesem Haushalt im Augen-blick nicht leisten können.
Wir müssen jetzt einmal an diejenigen denken, diedas Ganze erwirtschaften: die 27 Millionen Arbeitneh-merinnen und Arbeitnehmer und die Unternehmen.
Gerichtet an die Adresse dieser linken Partei, derNachfolgepartei der PDS, deren Vorgängerin die SEDwar, sage ich:
Eine Politik auf Pump führt in die Armut; das wäre dasvolkswirtschaftliche Ergebnis! Deswegen sind Ihre Vor-schläge für die aktuelle Politik überhaupt nicht brauch-bar.
Die Senkung der Beiträge zur Arbeitslosenversiche-rung, und zwar nicht in Mikroschritten, sondern in ei-nem Makroschritt, von immerhin 6,5 Prozent auf 3,3 Pro-zent, also eine Senkung um die Hälfte, hätte man derGroßen Koalition nicht zugetraut. Aber nur so kommtauch etwas im Geldbeutel des Einzelnen an.
– Sie hätten ihr das schon gar nicht zugetraut. Aber es istgelungen, und ich darf in aller Bescheidenheit sagen:Dies trägt die Handschrift der Union in diesem Haushalt.
Meine Damen und Herren, immerhin sind es rund400 Euro, die, wie wir vorhin gehört haben, beim Einzel-nen in der Tasche bleiben. Es ist richtig – statt immer nurzu verwalten –, den Menschen selber entscheiden zu las-sen. Das muss weitergeführt werden.
Wenn es neue Spielräume gibt, werden wir die Beiträgeauch weiter senken, um den Menschen noch mehr Geldin den Taschen zu lassen. Darauf ist die Politik ausge-richtet.
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Der Unterschied liegt darin, dass Sie vorhin gesagt ha-en, man müsse überall noch mehr sparen und die Pro-ramme einfach abschaffen.
Dann ist das ja umso schöner. Dann stimmen Sie un-erm Haushalt doch zu, und lehnen Sie ihn nicht ab! Dasäre doch die Konsequenz.
Ich kann mich nicht auf einen Dialog mit Ihnen einlas-en, sonst verschwende ich meine ganze Redezeit aufolche Diskussionen.Meine Damen und Herren, ich möchte noch deutlichachen – es ist sehr wichtig, das einmal zu sagen –, dasseine Regierung bisher so viele treffsichere Instrumenteur Bekämpfung der Sockelarbeitslosigkeit entwickeltat, wie die große Koalition es in diesem Haushaltsplanetan hat.
Ich kann Ihnen da eine ganze Reihe nennen, zum Bei-piel die Initiative „50 plus“.
Ja, das ist Ihre Meinung, aber nur, weil das bei Ihnenm Kopf vielleicht nicht funktioniert hat.
ie Initiative „50 plus“ hat immerhin dazu geführt, dassir in zwei Jahren über 20 000 ältere Langzeitarbeits-ose in den allgemeinen Arbeitsmarkt vermitteln konn-en. Davon wurden rund 81 Prozent in sozialversiche-ungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse und mehr als7 Prozent in unbefristete Beschäftigungsverhältnissentegriert. Noch Fragen dazu, lieber Herr Niebel?
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13640 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 130. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. November 2007
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Hans-Joachim Fuchtel– Wenn Sie noch mehr hören wollen, dann stehen Sie aufund stellen Sie mir Fragen. Dann beantworte ich siegerne. Sonst geht mir zu viel Zeit dafür verloren.
– Bitte schön, Herr Niebel.
Ganz so einfach geht das nicht. Bilaterale Vereinba-
rungen vor, während und nach den Plenardebatten sind
in unserer Geschäftsordnung nicht vorgesehen. Ich lasse
das jetzt ausnahmsweise einmal zu, weise aber darauf
hin, dass wir daraus keine ständige Übung machen wer-
den.
Bitte schön, Herr Kollege Niebel.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Fuchtel, ich
komme Ihrer Anregung gerne nach und stelle Ihnen die
nächste Frage: Nennen Sie mir bitte ein weiteres von
dieser Regierung entwickeltes arbeitsmarktpolitisches
Instrument, das positiv gewirkt hat.
Ich nenne Ihnen den Qualifizierungs-Kombi für Jün-
gere, womit wir auch gute Ergebnisse erzielt haben.
Ich nenne Ihnen den Beschäftigungszuschuss für Lang-
zeitarbeitslose. Ich nenne Ihnen die Maßnahmen der
Eingliederungshilfe, die dazu führen, dass vermehrt
Leute von ALG II direkt in den ersten Arbeitsmarkt
kommen.
Das hat immerhin eine Verschiebung von 51 000 Fällen
ergeben; das ist ein sehr positives Beispiel. Damit be-
ende ich die Aufzählung, weil ich weiß, dass auch die
Redner nach mir ihre Redezeit benötigen.
Ich möchte noch etwas zu einem Thema sagen, das in
der Vergangenheit zu vielen Briefen an uns Abgeordnete
geführt hat. Das ist die Deckelung der Eingliederungs-
zuschüsse und Eingliederungshilfen, die im letzten
Jahr galt. Dieses Jahr haben wir uns dafür entschieden,
das in die Verantwortung der Beteiligten zu geben. Wir
haben den gesamten Betrag – immerhin 6,4 Milliarden
Euro – freigegeben, damit die Leute planen können. Ich
sage den Beteiligten aber auch, dass sie mit diesem Geld
auskommen müssen; auch das ist das erklärte Ziel dieser
Koalition. Es ist ein großer Betrag, der hier zur Verfü-
gung steht, um den Leuten zu helfen, aus Arbeitslosig-
keit in Arbeit zu kommen. Es kann nämlich nicht darum
gehen, die Leute in der Arbeitslosigkeit zu kultivieren,
Subkulturen zu schaffen, Leute, die mit dem Geld ir-
gendwie zurechtkommen. Die Aufgabe, die wir haben,
ist vielmehr, zu erreichen, dass die Menschen eine Zu-
kunft haben, dass sie eine Arbeit haben, in der sie Erfül-
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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Ar-beitsminister Olaf Scholz, es freut mich, dass Sie gesagthaben, Sie könnten nahtlos – ich unterstelle einmal, dassSie das auch wollen – an die Arbeit Ihres VorgängersFranz Müntefering anknüpfen.Ich kann Ihnen sagen: Wir von den Grünen wünschenuns, dass Sie auch ebenso kraftvoll dagegenstehen, wenndie Große Koalition anfängt, Unsinn zu machen oder dieReformen wieder zurückzudrehen. Uns hat an FranzMüntefering imponiert, wie er gegen die Verlängerungder Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I eingetreten ist.
Wenn Sie diese Widerständigkeit und Kraft aufbringen,dann werden Sie auch von uns ab und zu einmal gelobtwerden.
Außerdem möchte ich bemerken, dass in dieser Haus-haltswoche auffällt, dass der Großen Koalition die ana-lytische Kraft fehlt, einzuschätzen, warum es dem Haus-halt und dem Arbeitsmarkt besser geht. Man lobt sichimmer für die guten Zahlen; die Politik sei zwar viel-leicht nicht allein, aber auch dafür verantwortlich. Es istoffenkundig, dass aufgrund der guten Konjunktur un-glaublich hohe Steuermittel fließen und der Arbeits-markt belebt wird und dass es deswegen, lieber Hans-Joachim Fuchtel, den Rentenkassen besser geht.
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Sie machen Folgendes: Sie verschieben wiederholtdas gilt gerade auch hinsichtlich der Bundesagentur fürrbeit – Milliarden an Kosten in die Sozialversicherun-en, um den Haushalt zu entlasten.
as haben Sie bei der Rente getan – da waren esMilliarden Euro –, und das machen Sie jetzt beim Ar-eitsmarkt – vom Haushalt des Bundesarbeitsministersn die Bundesagentur für Arbeit – in einer noch größerenimension.Zum Beispiel die jüngste Änderung beimrbeitslosengeld I. In der jetzigen guten konjunkturel-en Lage kalkulieren Sie hier mit Kosten von 1 Milliardeuro. Jeder weiß: Wenn die Konjunktur wieder etwaschwächer wird, betragen die Kosten bis zu 3 Milliardenuro.
Diese Zahlen wurden von der BA und nicht von uns al-ein gerechnet. – Das wissen Sie auch. Wenn Sie behaup-en, dass Sie das sauber gegenfinanziert haben, weil Sieür diese passive Leistung die Integrationsmittel in ähnli-her Höhe kürzen, dann kann ich die Sozialdemokratenur fragen: Wo sind Sie eigentlich gelandet? Wollen Sieieder passive Mittel ausgeben, statt in die aktive Förde-ung und Aktivierung zu investieren? Das, was Sie dantschieden haben, ist doch arbeitsmarktpolitischer Un-inn. Herr Minister, ich bedauere es sehr, dass Sie daraufo positiv Bezug genommen haben.
Wir können aber noch weitergehen: Als Sie diesenompromiss hinsichtlich des Arbeitslosengeldes I ge-chmiedet haben, haben Sie entschieden, den Beitrags-atz zur Arbeitslosenversicherung auf 3,3 Prozent zuenken. Ich finde es peinlich, dass die SPD, die das nichtollte, das hier heute feiert. Das ist nicht glaubwürdig.ie wissen, dass die Senkung der Beiträge zur Arbeitslo-enversicherung auf vielleicht 3,5 bis 3,7 Prozent solideinanziert wäre. Die 3,3 Prozent waren sozusagen eineschenk an die CDU/CSU.
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Anja HajdukDer Sachverständigenrat hat Ihnen erklärt, dass dasnicht nachhaltig ist. Das bringt die Bundesagentur fürArbeit bei der nächsten konjunkturellen Delle in denZugzwang, im Abschwung die Beiträge erhöhen zu müs-sen. Das ist wirtschaftlich eine falsche Politik. Wie ge-sagt: Der Sachverständigenrat hat Ihnen das auch klippund klar gesagt.
Frau Kollegin Hajduk, gestatten Sie eine Zwischen-
frage des Kollegen Weiß?
Ja.
Frau Kollegin Hajduk, Sie haben soeben in Ihrer Rede
versucht, den Eindruck zu vermitteln, dass die von der
Großen Koalition beschlossene Verlängerung der Be-
zugsdauer des Arbeitslosengeldes I für ältere und lang-
jährig versicherte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
zulasten der Eingliederungstitel, also der Mittel ginge,
die für die Aktivierung von Arbeitslosen zur Verfügung
stehen.
– Nein.
Laut dem Haushalt der Bundesagentur für Arbeit sind
für Eingliederungsmaßnahmen in diesem Jahr rund
2,7 Milliarden Euro verausgabt worden und stehen im
nächsten Jahr 3,4 Milliarden Euro zur Verfügung.
Also trifft doch eher das Gegenteil dessen zu, was Sie
vorgetragen haben. Wir verlängern das Arbeitslosen-
geld I und stellen gleichzeitig mehr Mittel zur Verfü-
gung, um Arbeitslose durch aktivierende Maßnahmen
der Arbeitsmarktpolitik wieder in Arbeit zu bringen.
Sehr geehrter Herr Kollege, dass Sie im letzten Jahrund vielleicht auch in diesem Jahr zu wenig Mittel fürdie Integration in Arbeit verausgabt haben, ist leiderwahr.
Das macht die Zahlen aber nicht besser.Allerdings müssen Sie in Verbindung mit dem Ziel,das Sie sich setzen, die Bundesagentur für Arbeit imnächsten Jahr in den Stand zu versetzen, dasArbeitslosengeld I zu bezahlen, diese Finanzierungs-summe von den Integrationsmitteln abziehen. – Das ent-spricht der Antwort des ehemaligen Bundesarbeitsminis-ters Müntefering im Haushaltsausschuss. Es tut mir leid;so ist aber die Faktenlage.
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Nun komme ich zu der von Herrn Weise im Aus-chuss vorgestellten Kalkulation zu der Frage: Geheniese widersprüchlichen Entscheidungen der Großenoalition eigentlich für die Bundesagentur für Arbeit gutus? – Es ist deutlich geworden, dass es ein Problem ist,eil er im nächsten Jahr natürlich ein Defizit hinnehmenuss. Aber er hat ja hohe Rücklagen. Herr Weise unduch der ehemalige Bundesarbeitsminister haben deut-ich gemacht, dass die Beschlüsse der Großen Koalitionazu führen, dass die finanzielle Ausstattung der Bun-esagentur für Arbeit für die gesamte Finanzplanperiodeuf Kante genäht ist; sie habe zwar Rücklagen gebildet,ber bei großen Ausschlägen werde es riskant.Dabei ist eines aber noch gar nicht berücksichtigt. Sielanen ja, im nächsten Jahr einen Erwerbstätigenzu-chuss für Empfänger von geringen Löhnen einzufüh-en, der aus Sozialversicherungsbeiträgen finanzierterden soll. Das soll auch ein milliardenschweres Paketerden. Insgesamt geht das doch gar nicht mehr auf.eswegen sage ich Ihnen: Sie haben Ihre Hausaufgabenicht gemacht. Sie überstrapazieren die Bundesagenturür Arbeit. Vor allen Dingen aber hängen Sie einer fal-chen Idee nach.Wir haben mit Blick auf die vielen Menschen, die ihru geringes Einkommen mit Arbeitslosengeld II aufsto-ken müssen, schon quasi einen Kombilohn mit Steuer-itteln. Wenn Sie jetzt den Erwerbstätigenzuschuss ein-ühren – so wünschenswert es ist, dass die Menschenicht Transferleistungen beziehen müssen –, macht esoch keinen Sinn, diesen zweiten Kombilohn mit Sozial-ersicherungsbeiträgen einzurichten.
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Anja HajdukDass Sie zu diesen Kombilöhnen mit Steuern und So-zialversicherungsbeiträgen greifen müssen, liegt nur da-ran, dass Sie eine entscheidende Blockade in der GroßenKoalition nicht aufbrechen können und nicht eine wirk-lich neue Reform schaffen, die da heißen soll: statt mil-liardenschwerer Lohnsubventionen endlich einmal einMindestlohn. Dieser Aufgabe wollen Sie sich ja stellen,Herr Scholz. Aber dass Sie dieses Ziel nicht erreichen,kostet die Steuerzahler – das sind auch Zahlen aus IhremHause – mindestens 1,5 Milliarden Euro.Deswegen möchte ich aus einem ordnungspolitischenVerständnis heraus zum Thema Mindestlohn auch inRichtung von FDP und CDU/CSU, die da ja mehr alsskeptisch sind, fragen: Was ist denn daran richtig, dassder Staat jemandem, der voll arbeiten geht, den Lohn soaufstockt, damit er das Existenzminimum erreicht?
Da müssen Sie sich doch einmal bewegen! Das kanndoch keine Frage der Ideologie sein. Ich verweise in die-sem Zusammenhang auf viele Nachbarländer, insbeson-dere auf die angelsächsischen, die sicherlich nicht be-rühmt dafür sind, einen ausufernden Sozialstaat zuhaben oder zu starke staatliche Regulierungen vorzuneh-men.
Herr Westerwelle hat in seiner gestrigen Rede hier ge-sagt, er wolle keinen Wettlauf der politischen Parteienum die richtige Höhe des Mindestlohns. Damit hat ersicherlich recht. Aber das will auch niemand. Vorge-schlagen ist, eine unabhängige Kommission mit Arbeit-nehmervertretern, Arbeitgebervertretern und anderen Ex-perten einzurichten. Diese sollen sich auf einenMindestlohn einigen, der dann gesetzlich verankert wird.Ich kann Sie von der Union nur auffordern: Zeigen Siesich an dieser Stelle beweglicher! Dann erzielt die GroßeKoalition vielleicht einen Erfolg. Das muss die Grünennicht unbedingt scheren. Wenn es aber der Gesellschaftnutzt, dann ist das ein richtiges und wichtiges Ziel. Dafürwürden wir Ihnen sogar Beifall zollen.
Ein gesetzlicher Mindestlohn sorgt nicht nur für mehrGerechtigkeit, sondern auch für eine deutliche Entlas-tung im Bundeshaushalt; denn es gibt schon 1 MillionMenschen, die Arbeitslosengeld II als aufstockendeHilfe benötigen, obwohl sie arbeiten. Die Hälfte davonsind Menschen, die Vollzeit arbeiten. Daran sieht manschon, wie notwendig es ist, dass wir hier vorankom-men. Das würde, wie gesagt, auch den Bundeshaushaltum einen Milliardenbetrag entlasten.
In diesem Zusammenhang möchte ich auf einen ande-ren wichtigen Punkt hinweisen. Ich bin überzeugt: Es istrichtig, dass wir uns der Aufgabe stellen, die Hartz-IV-Regelsätze zu erhöhen.
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Dass gerade die Sozialdemokraten am lautesten la-hen, zeigt die Irritation. – Lesen Sie doch einmal denrtikel „Weniger Armut ist möglich“ von Franzüntefering in der Frankfurter Rundschau vom0. September! Ich kann fast sagen: Das ist die Grund-age, auf der man die Beschlüsse der Grünen am bestenerstehen kann. In diesem Artikel macht Herrüntefering ganz deutlich, dass fehlende Bildungschan-en und fehlende Infrastruktur Kinder am meisten ge-ährden. Von den 60 Milliarden Euro für das auf mehrereahre angelegte Programm für Bund, Länder und Ge-einden müssten mindestens 35 Milliarden Euro in dieerbesserung der von Herrn Müntefering angesproche-en Bereiche fließen. Ich erwarte, dass die Sozialdemo-raten hier mitmachen. Sie wissen, dass das Ihre Auf-abe wäre.
Zweitens. Herr Poß, der hier – wahrscheinlich aushnungslosigkeit – so geschimpft hat, sollte sich einmallarmachen, dass die Erhöhung der Regelsätze nicht nurine Angelegenheit der Linken – sie haben sich schonange klar positioniert – und der Grünen ist, sondern dassarüber mindestens seit August in der Großen Koalitioniskutiert wird. Herr Seehofer hat bereits im Sommerarauf hingewiesen, dass die Regelsätze angepasst wer-en müssen, wenn es die Inflation notwendig macht.err Althaus fordert ebenfalls einen regelmäßigen Infla-ionsausgleich, genauso wie Herr Stoiber. Auch Herrofalla hat sich noch am 11. August offen gezeigt undesagt, dass man bereit sei, die Regelsätze zu erhöhen,enn entsprechende Erkenntnisse vorlägen.
Für uns war es daher eine Enttäuschung, dass Sieuasi nur auf der Verfahrensebene gesagt haben: Wirind dabei, das zu überprüfen, und wollen die Einkom-ens- und Verbraucherstichprobe im nächsten Jahr ab-arten. Erst dann können wir aufgrund neuer Erkennt-isse über eine Anpassung der Regelsätze entscheiden,ie wahrscheinlich ab 2010 greift. – Wenn Sie dies bis010 auf die lange Bank schieben, ist das unsozial.
as sage ich nicht nur mit Blick darauf, dass wir Grüneit einer Erhöhung auf 420 Euro wahrscheinlich, wasie Zahl angeht, völlig richtig liegen. Wir haben uns anen Erkenntnissen des Paritätischen Wohlfahrtsverban-es orientiert. Ich sage Ihnen: Ein reiner Inflationsaus-leich auf der Basis des Jahres 2003 macht schon heuteinen Regelsatz von 380 Euro erforderlich. Dass Sie hier
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Anja Hajdukgar nichts tun, ist ein Armutszeugnis. Dass Sie leugnen,dass das wichtig ist, ist unehrlich.Wir Grüne schlagen einen Dreiklang für eine erfolg-reiche Arbeitsmarktpolitik vor. Staatliche Leistungensollen nachrangig sein. Dafür ist ein Mindestlohn not-wendig. Ein Progressivmodell für die Sozialversiche-rung und eine Erhöhung der Regelsätze sind ebenfallssinnvoll. Ich hoffe, dass Sie diesen Ideen irgendwannnähertreten und mit einer Sache nächste Woche Schlussmachen.
Frau Kollegin.
Herr Präsident, ich komme wirklich zum Schluss. Ich
danke Ihnen für Ihre Rücksichtnahme.
Die Zwangsverrentung von Langzeitarbeitslosen
muss nächste Woche vom Tisch, sonst machen Sie nicht
nur den nächsten arbeitsmarktpolitischen Unsinn, son-
dern Sie begehen auch die nächste sozialpolitische Un-
gerechtigkeit.
Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Ich erlaube mir für die nachfolgenden Redner die
kleine Anregung, dass das, was man auf jeden Fall sagen
wollte, besser nicht für den Schluss, sondern gleich für
den Anfang vorgesehen wird. Dann kann es nämlich si-
cher vorgetragen werden.
Nun hat die Kollegin Nahles für die SPD-Fraktion das
Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen undKollegen! Dann fange ich direkt einmal damit an: Ich er-laube mir, auch im Namen meiner Fraktion, dem neuenArbeitsminister eine gute Zusammenarbeit anzubieten.Im Gegensatz zu den Vorrednern sind wir uns sicher,dass Olaf Scholz auf der Basis der sozialen Marktwirt-schaft für mehr sozialdemokratische Politik und vor al-lem soziale Gerechtigkeit kämpft.
Wir loben auch aktive SPD-Minister, nicht nur nicht ak-tive SPD-Minister. Das sage ich an die Adresse der Grü-nenfraktion.
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ir haben den Beitrag zur Arbeitslosenversicherung von,5 Prozent auf 3,3 Prozent senken können. Die Auf-endungen für das Arbeitslosengeld II vermindern sichm 3,7 Milliarden Euro. Frau Hajduk, ich kann Ihnenur sagen: Es ist einfach falsch, zu behaupten, dass dieandlungsspielräume beim Eingliederungstitel geringereworden sind. Denn wir haben 6,5 Milliarden Eurohne Sperrvermerk im Eingliederungstitel, und zwar füreniger Betroffene, um das einmal sehr deutlich zu sa-en. Somit können wir im Rahmen der aktiven Arbeits-arkt- und Qualifizierungspolitik sehr viel mehr auf deneg bringen.
as haben Sie unterschlagen.Es ist schlicht und ergreifend so, dass zur guten Fi-anzlage hinzukommt – deswegen versucht die Opposi-ion den ganzen Vormittag, ein Haar in der Suppe zu fin-en –,
ass wir bei der Vermittlung erfolgreich waren. Wir ha-en tatsächlich 600 000 sozialversicherungspflichtigeeschäftigungsverhältnisse mehr. Wir haben 268 000angzeitarbeitslose weniger.
as sind klare Erfolge unserer Arbeitsmarkt- und Wirt-chaftspolitik.
a, das hat auch mit der guten Konjunktur zu tun. Wer istür die gute Konjunktur denn verantwortlich? Daran ha-en wir unseren Anteil. Den beanspruche ich ganzelbstbewusst.
Darüber hinaus nehmen wir uns vor, weiter daran zurbeiten. Wir werden in diesem Haushalt Programmeie die Initiative „50 plus“ um drei Jahre verlängern.ir werden die „Job-Perspektive“ weiter finanzieren,ie ab 1. Oktober dieses Jahres für 100 000 schwer ver-
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Andrea Nahlesmittelbare Langzeitarbeitslose eine echte Perspektivedarstellt. Wir werden mit einem Kommunal-Kombi inRegionen mit einem hohen Prozentsatz von Langzeitar-beitslosen – das betrifft weiß Gott nicht nur Regionen inOstdeutschland – kommunale Arbeitsplätze für Lang-zeitarbeitslose zur Verfügung stellen.
Wir haben aus meiner Sicht noch eine Anstrengungbei der Ausbildung und bei der Beschäftigung von ju-gendlichen Arbeitslosen zu unternehmen. Wir habeneine Verdoppelung der außerbetrieblichen Ausbildungs-plätze auf 93 000 Plätze erreicht. Dafür tragen wir dieVerantwortung. Die Lage wird aber nur dann gut, wenndie Unternehmer in diesem Land beim Übernehmen vonVerantwortung Schritt halten.
Wir müssen leider feststellen, dass wir bei den be-trieblichen Ausbildungsplätzen einen Tiefststand haben.Mittlerweile bilden nur noch 21 Prozent der Betriebe inDeutschland überhaupt aus. Das kann und darf nicht sobleiben.
Wir werden uns deshalb im nächsten Jahr auf einenBonus für Ausbildung verständigen, um Betrieben, dieüber ihren eigenen Bedarf hinaus ausbilden, eine starkeUnterstützung zu geben, weil die Jugendlichen mit ei-nem betrieblichen Ausbildungsplatz mehr anfangen kön-nen als mit allem, was der Staat leisten kann.
In diesem Sinne lautet mein Appell an die Unterneh-men: Der Ausbildungspakt ist schön und gut, aber mankann sich nicht darauf ausruhen.
Darüber hinaus ist es aus unserer Sicht wichtig, imnächsten Jahr auch die Weiterbildungsanstrengungen zuerhöhen. Die Tendenz zur Weiterbildung ist leider sin-kend. Insgesamt nur 6 Prozent der Geringqualifiziertenbekommen überhaupt ein Weiterbildungsangebot. Auchhier ist eine gemeinsame Anstrengung nötig.
Wir wollen gute Arbeit unterstützen. Sie haben es ge-hört: Bei dem Mindestlohn für Postbedienstete gibt esBewegung, die vor allem aufseiten der Tarifpartner zubeobachten ist. Es braucht aber auch eine klare politi-sche Unterstützung dieser tariflichen Vereinbarungen.Die 200 000 Postbotinnen und Postboten in Deutschlandmachen jeden Tag bei Wind und Wetter einen guten Job.Für diesen guten Job verdienen sie auch einen gutenLohn. Deswegen setzen wir uns ganz klar für einen Min-destlohn in der Postdienstleistungsbranche ein.
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ch bin ganz sicher, dass Sie mit uns an dieser Stelle einisschen zufrieden sein werden.
Eine letzte Bemerkung von meiner Seite. Darüber hi-aus wünsche ich mir, dass wir uns hier ganz eindeutigazu äußern und den Leuten – auch was diese Frage an-eht – signalisieren: Jeder, der arbeiten will, muss, auchenn er älter ist, von unserer Seite aus alle Möglichkei-en der Aktivierung und Integration in den Arbeitsmarktrhalten. Die Rente kann wirklich nur die zweitbeste Lö-ung sein; das ist uns wohl bewusst. Deshalb wird es hierine Lösung geben.Vielen Dank.
Das Wort erhält nun der Kollege Dr. Heinrich Kolb
on der FDP-Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!achdem wir mit Andrea und Olaf heute Morgen hierozusagen das A und O des demokratischen Sozialismusrleben durften,
aben wir eine Idee von der Richtung bekommen, in dieie SPD die Koalition ziehen möchte, nämlich hin zuehr Staat, mehr Intervention, weniger Wettbewerb,ehr sozialen Wohltaten. Herr Minister Scholz, dastimmt mich sehr besorgt.
Das Wichtige soll man am Anfang bringen. Deshalböchte ich es nicht versäumen, Ihnen viel Erfolg für Ihreues Amt zu wünschen. Es ist ein wichtiges Amt. Sieragen die Verantwortung für den mit 124 Milliardenuro größten Einzelplan des Bundeshaushalts. Daherommt es schon darauf an, dass die Dinge in die richtigeichtung bewegt werden. Zunächst einmal möchte ich je-och etwas feststellen – dafür können Sie noch nichts –:er Einzelplan 11 ist trotz der immer wieder betontenrfolge am Arbeitsmarkt – auch die Vertreter der Großenoalition haben dies regelmäßig gesagt –, was die Fi-anzierung der Langzeitarbeitslosigkeit anbelangt,raktisch unverändert. Es werden weiterhin 42,6 Milliar-en Euro bereitgestellt, obwohl die Langzeitarbeitslosig-eit um 10 Prozent – um 268 000 Betroffene – zurückge-
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Dr. Heinrich L. Kolbgangen ist. Eine Erklärung dafür ist sicher, dass ein sehrineffizientes arbeitsmarktpolitisches Instrumentariumauch für die Eingliederung Langzeitarbeitsloser genutztwird.Sie sehen: Ein Handeln der Koalition ist hier mehr alsüberfällig. Seit zwei Jahren warten wir auf Ihre Vor-schläge. Herr Minister Scholz, Sie haben zu unseremgroßen Erstaunen gesagt, dass jetzt alles sehr schnell ge-hen werde; das sei in wenigen Wochen auf dem Tisch.Ich frage mich: Warum so plötzlich? Wer hat eigentlichdie ganze Zeit die Weiterentwicklung der arbeitsmarkt-politischen Maßnahmen blockiert? Wie auch immer: Esist höchste Zeit, dass hier etwas passiert. Beitragsgelderdürfen nicht weiter verschleudert werden.
Herr Minister Scholz, Sie haben in einem Interviewmit der Süddeutschen Zeitung vom gestrigen Tage aufdie Frage, was Ihre ersten Vorhaben im neuen Amt seien,geantwortet:Wir müssen zu einer Lösung beim Post-Mindest-lohn kommen.Das war einer der sechs Punkte, die Sie heute hier vorge-stellt haben. Einige Sätze später haben Sie hinzugefügt:… was man politisch fordert, sollte man in demGlauben fordern, dass es zu einer Verbesserungführt.Der Minister hat gerade leider nicht die Zeit, zuzuhö-ren; man möge es ihm berichten.
Herr Minister Scholz, unabhängig von der Frage, obder Postmindestlohn wirklich das drängendste sozial-politische Problem dieses Landes ist, möchte ich Siebösgläubig machen und auf Folgendes hinweisen: DieEinführung von Mindestlöhnen ist, volkswirtschaftlichgesehen, ein ähnlich kapitaler Fehler wie die Einführungder 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich vor et-was mehr als 20 Jahren.
Wir erinnern uns: Die damaligen Rationalisierungen inden Betrieben haben dazu geführt, dass viele Arbeits-plätze für einfache Beschäftigungen dauerhaft weggefal-len sind und die Sockelarbeitslosigkeit angestiegen ist.Herr Minister, ich sage Ihnen voraus: Auch die Ein-führung von Mindestlöhnen wird den betroffenen Men-schen nicht helfen, sondern dazu führen, dass ganze Ar-beitnehmergruppen – nämlich die Arbeitnehmer mitgeringerer Qualifikation oder Leistungsfähigkeit – aufDauer aus dem ersten Arbeitsmarkt herausgedrängt wer-den.
Speziell für den Bereich der Postdienstleistungen gilt,dass der Mindestlohn zu weniger Wettbewerb und – dieAnhörung im federführenden Ausschuss hat das gezeigt –zfbnldVdKBWkdslsSfrt1ÜjgstdhsmkEü
Wir hatten wirklich gehofft, dass dieser Spuk nach deroalitionsrunde am letzten Montag ein Ende findet.undeskanzlerin Merkel hat aber gestern auch gesagt:Dafür gibt es für uns in dieser Bundesregierung ei-nen zentralen Maßstab: Wir beschließen Maßnah-men, mit denen weitere Arbeitsplätze geschaffenwerden, und unterlassen alles, was Arbeitsplätzegefährdet.enn das ernst gemeint war – das will ich hier klipp undlar sagen –, dann darf der Mindestlohn bei den Post-ienstleistungen nicht kommen.
Der Mindestlohn führt ohnehin nur im Ministeriumelbst zu mehr Arbeitsplätzen: Insgesamt zehn Planstel-en werden für den Bereich Arbeitnehmer-Entsendege-etz/Mindestarbeitsbedingungengesetz neu ausgewiesen.o weit zu Theorie und Praxis.Zur Rente. Ich beurteile die Entwicklung der Renten-inanzen zurückhaltender, als es der Rentenversiche-ungsbericht tut. Trotz sprudelnder Beitragsquellen be-rägt der Überschuss in diesem Jahr gerade einmal,2 Milliarden Euro. Wir lesen und staunen, dass sich dieberschüsse in der Zukunft prächtig entwickeln werden;e weiter der Zeitpunkt in der Zukunft liegt, desto günsti-er – das kennen wir schon – sind die Prognosen. Dasoll jetzt aber nicht mein Punkt sein.Ich will für meine Fraktion sehr deutlich sagen: Wirragen den Aufbau einer Nachhaltigkeitsrücklage mit,ie der Rentenversicherung wieder eine größere Unab-ängigkeit verschafft. Da allerdings in der Koalitionchon wieder Vorschläge laut werden, welche Wohltatenan mit dem vielen Geld in der Kasse finanzierenönnte – Stichwörter: Erleichterung des Zugangs zuM-Renten, Aufwertung der Beitragszahlungen vonber 60-Jährigen –, sage ich deutlich: Beitragssenkung
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 130. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. November 2007 13647
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Dr. Heinrich L. Kolbgeht vor Leistungsausweitung. Wenn es Spielräume inder Rentenkasse gibt, dann sollten wir die gesetzlichenVoraussetzungen dafür schaffen, auch schon vor 2011eine Beitragssenkung zu ermöglichen und die Beitrags-zahler in der Rentenversicherung von der wirtschaftli-chen Entwicklung profitieren zu lassen.
Ich beurteile es sehr skeptisch, dass der Sozialbeiratjetzt fordert, man möge Selbstständige in die Rentenver-sicherung einbeziehen. Das würde nämlich kurzfristigdie Überschüsse weiter steigern und zu noch mehr Be-gehrlichkeiten führen. Das kann nicht die Leitlinie sein.Nein, Herr Minister Scholz, Sie sollten wirklich das tun– das muss erste Priorität haben –, was den konjunkturel-len Aufschwung verstetigt und Rückenwind für dieSchaffung neuer Arbeitsplätze bringt. Wir brauchenkeine zusätzlichen sozialen Wohltaten, sondern eine Ab-senkung von Beschäftigungsschwellen am Arbeitsmarkt.Nur so werden wir weiter vorankommen. Hierfür – aberauch wirklich nur hierfür – wünsche ich Ihnen eineglückliche Hand.Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Für die CDU/CSU-Fraktion spricht jetzt die Kollegin
Ilse Falk.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Sehr geehrter Herr Minister, ich sage auch meinerseitsvon dieser Stelle aus einen herzlichen Glückwunsch zuIhrem neuen Amt. Herzlich willkommen an Bord! DieRede, die Sie eben gehalten haben, ist eine gute Basis füreine erfolgreiche Zusammenarbeit in der zweiten Hälfteder Legislaturperiode.Mit dem Einzelplan 11, Bundesarbeitsministerium,steht der Haushalt in zweiter Lesung zur Debatte, der mit129,5 Milliarden Euro nicht nur der größte ist, sondernauch derjenige, der besonders viele Menschen betrifft.Zugleich handelt es sich um den Haushalt, an dem be-sonders deutlich wird, dass sich Reformen auszahlen.Wenn dann auch noch Wachstum und Aufschwung dieKonjunktur beflügeln, können wir mit Recht eine guteZwischenbilanz ziehen.
Sie können sich vorstellen, dass dabei immer wiederdie guten Arbeitsmarktzahlen im Vordergrund stehen.Ich will sie hier gar nicht in allen Einzelheiten wiederho-len – sie sind in den letzten beiden Tagen schon oft ge-nug genannt worden –; trotzdem muss immer wiederdeutlich gemacht werden, wie wichtig und erfreulich esist, dass zum Beispiel Jugendliche unter 25 Jahren, ältereArbeitslose über 55 Jahre und viele Langzeitarbeitslosewieder den Weg in Arbeit gefunden haben. Dies machtbesonders Hoffnung.
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Ihnen gegenüber stehen wir in der Verantwortung. Sieerwarten von uns zu Recht, dass wir alles tun, um daszur Verfügung stehende Geld klug zu verwenden.Darüber sollten vielleicht auch die Linken nachden-ken, die immer meinen, sie seien die Einzigen, die denSchlüssel für eine soziale und gerechte Politik hätten.Wollen Sie wirklich, dass die Menschen noch mehr Steu-ern zahlen? Dann sagen Sie ihnen auch deutlich, dass dievon Ihnen bisher geforderten Leistungen, die sich auf150 Milliarden Euro summieren, eine Erhöhung derMehrwertsteuer um 20 Prozentpunkte auf 39 Prozentnach sich ziehen würden.
Käme noch der von Ihnen geforderte Rentenbeitragvon 28 Prozent hinzu, dann könnten wir in der Tat gleichzum Sozialismus zurückkehren.
– Das muss aber ab und zu auch deutlich gesagt werden.In diesen Tagen war viel von der sogenanntenZwangsverrentung die Rede. Es werden Horrorszena-rien von Arbeitslosen entwickelt, die in Zukunft mit60 einen Rentenantrag stellen und lebenslänglich auf0,3 Prozent Rente pro Monat – auf fünf Jahre bezogensind das 18 Prozent – verzichten müssten.
An einer Stelle gibt es tatsächlich eine Schieflage, undzwar bei den Frauen – noch für einige wenige Jahre – undbei den Schwerbehinderten.
Über diese Schieflage wird es in diesen Tagen eine Ver-ständigung zwischen den Koalitionspartnern dahin ge-hend geben, dass keiner und keine vor dem63. Lebensjahr auf die Rente verwiesen werden darf.Das bedeutet, dass kein Arbeitsloser mit Abschlägen vonmehr als 7,2 Prozent rechnen muss, sofern nach Unbil-ligkeitsgesichtspunkten ein solcher Schritt überhauptvollzogen wird.
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Für uns gilt auch: Wer Vollzeit arbeitet, muss mehraben als jemand, der nicht arbeitet. Er soll selbstver-tändlich davon leben können. Wo dies nicht erarbeiteterden kann, greift die Mindesteinkommensicherunges Staates. Das ist gut so. Wer aber Unternehmen zwin-en will, einen Lohn zu zahlen, der nicht zu erwirtschaf-en ist, der sorgt im Ergebnis dafür, dass viele Menschenar keinen Lohn mehr bekommen und sich die Chancenerade der Schwächeren verschlechtern. Für staatlicherordnete Mindestlöhne, die Arbeitsplätze vernichtennd Wettbewerb aushebeln, können wir im Interesse derenschen daher nicht die Hand reichen.
Wenn die angelsächsischen Länder immer wieder alseispiel herangezogen werden, muss die Frage erlaubtein, zum Beispiel an Frau Hajduk, ob das auch für an-ere arbeitsrechtliche Regelungen wie den Kündigungs-chutz gilt.
Auch wenn das Ziel, Menschen in Beschäftigung zuringen bzw. zu halten, oberste Priorität hat, so dürfenir die Arbeitsbedingungen für die Mehrheit der0 Millionen Erwerbstätigen nicht außer Acht lassen.ier geht es neben der erwähnten Senkung der Lohnzu-atzkosten um die weitere Teilhabe am wirtschaftlichenufschwung. Deswegen ist ein zentrales Thema der
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Ilse Falkpolitischen Agenda der Großen Koalition die Mitarbei-terbeteiligung. Die Politik kann die Rahmenbedingun-gen dafür schaffen, dass Unternehmer mehr als bisherdie Möglichkeit erhalten, ihre Mitarbeiter an den Ergeb-nissen ihrer Arbeit teilhaben zu lassen.
Neben finanziellen Aspekten geht es auch um einehumane Arbeitswelt. Der Erhalt von physischer undpsychischer Gesundheit sowie Fitness der arbeitendenMenschen sind von fundamentaler Bedeutung. Hier gehtes nicht um ein paar Yogakurse, sondern es geht umfrühzeitige und kontinuierliche Gesundheitsprogramme.
Die demografische Entwicklung und die längere Le-bensarbeitszeit führen zwangsläufig dazu, dass wir unsintensiver mit der Frage nach altersgerechten Arbeits-plätzen beschäftigen müssen und werden. Ein Land wieDeutschland, das von seinem Wissen lebt, kann es sichgar nicht leisten, auf die Erfahrung älterer Arbeitnehmerund Arbeitnehmerinnen zu verzichten.Genauso wichtig ist auch, dass wir die familienge-rechte Ausgestaltung von Arbeitsplätzen als zentraleHerausforderung für Wirtschaft und Politik begreifen,damit Väter und Mütter, wenn sie es wünschen, erwerbs-tätig sein und trotzdem Familie leben können. „Haushaltals Arbeitgeber“ ist da ein Stichwort. Weil das schon an-gesprochen worden ist, will ich mit meinen Ausführun-gen nun zum Ende gekommen; der Präsident mahntschon.Zum Abschluss will ich einen hoffnungsvollen Aus-blick geben. Ziel der Arbeits- und Sozialpolitik kann ei-gentlich nur sein – das muss unser wichtigstes Anliegensein –, diesen großen Haushalt herunterzufahren, zu ver-suchen, von den hohen Kosten herunterzukommen; denndas wäre der beste Ausdruck einer guten Arbeits- undSozialpolitik.Vielen Dank.
Nächste Rednerin ist die Kollegin Elke Reinke, Frak-
tion Die Linke.
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kolle-gen! Werte Gäste! Seit fast drei Jahren ist das menschen-unwürdige Hartz-IV-Gesetz in Kraft und wird an leben-den Personen ausprobiert. Es wurde von SPD undGrünen euphorisch eingeführt, durch CDU/CSU undSPD massiv verschärft; wenn die FDP könnte, würde siedie Daumenschrauben für die Erwerbslosen noch festeranziehen.
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Herr Straubinger, Sie erzählten uns in Ihrer Rede am5. November, dass mit der momentanen Regelsatzhöhein menschenwürdiges Leben möglich sei und dass dieoalition die Chancen der Menschen großartig verbes-ert habe. Wenn es so wäre, wie kommt es dann, dassich die Zahl der armen Kinder seit Einführung vonartz IV verdoppelt hat, dass Suppenküchen und Wär-estuben aus den Nähten platzen, dass Tafeln und Klei-erkammern Hochkonjunktur haben und die Wohnungs-osigkeit zunimmt?Und Sie, Herr Haustein, Sie plappern hier wiederholton Sonderbedarfen wie Kühlschrank oder Waschma-
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Elke Reinkeschine, die einfach so auf Antrag verteilt werden. Das istabsoluter Blödsinn! Seit Hartz IV sind die einmaligenBeihilfen Geschichte. 1,39 Euro pro Monat sieht der Re-gelsatz für einen Kühlschrank vor. Das heißt, man mussacht Jahre sparen, um sich einen Kühlschrank für135 Euro leisten zu können. Sie sollten Ihr Supergesetzendlich einmal lesen.
Diese Empfehlung richte ich auch an einige Angestellteder Bundesagentur für Arbeit. Es wird immer wiederdeutlich, wie wichtig es ist, unabhängige Sozialbera-tungsstellen zu unterstützen.
Noch ein Vorschlag: Besuchen Sie statt des x-ten par-lamentarischen Abends von Wirtschaftslobbyisten docheinfach einmal Selbsthilfevereine der Erwerbslosen.Letzte Woche haben mich die Erwerbslosen in Merse-burg, Sachsen-Anhalt, gebeten, Sie dazu einzuladen.Liebe Hartz-IV-Gutfinder im Saal, versuchen Sie, sichdas einmal vorzustellen: Ihr Kind hat nach über100 Versuchen einen Ausbildungsplatz ergattert, und Siemüssen von der Ausbildungsvergütung, die Ihr Kind er-hält, mit durchgefüttert werden. – Ich glaube, das über-steigt Ihre Vorstellungskraft.Viele Betroffene meinen auch, Abgeordnete sollteneinmal ein Jahr von Hartz IV leben müssen, um zu be-greifen, was es heißt, überflüssig zu sein: Offenbarungs-eid, Sanktionen, Existenzangst, Sozialschnüffler in derWohnung, Verzweiflung, Resignation, traurige Kinder-augen, Armut, Hunger und Krankheit.
Nein, meine Damen und Herren, auch Ihnen wünscheich ein solches Leben nicht.Ich fordere Sie auf: Tun Sie endlich etwas! Ihre Poli-tik geht auf Dauer nicht gut. Sie gefährden mehr undmehr den sozialen Frieden im Land. Dass Sie Ähnlichesbefürchten, zeigte unter anderem die Reaktion von FrauConnemann auf unseren Antrag, das Recht auf politi-schen Streik in das Grundgesetz aufzunehmen. Ich zi-tiere aus der Rede von Frau Connemann:Ein Druck – durch wen auch immer – darf nicht aufuns ausgeübt werden.Wovor fürchten Sie sich? Haben Sie Angst vor dem ei-genen Volk?Vielen Dank.
Ich bitte diejenigen Kollegen, die jetzt für die nach
dem übernächsten Redner stattfindende namentliche Ab-
stimmung in den Plenarsaal kommen, Platz zu nehmen
und einen ruhigen Abschluss dieser Debatte zu ermögli-
chen.
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as war vor dem Inkrafttreten des ach so miserablenartz-IV-Gesetzes.Wie sieht es nach dem Inkrafttreten, knapp drei Jahrepäter, aus? Die Arbeitslosenzahlen haben sich auf circa,4 Millionen reduziert. Die Beschäftigungsquote derber 50-Jährigen ist auf 52 Prozent angewachsen. Derusbildungspakt greift; mehr junge Menschen kommenn Arbeit. Die Erwerbstätigenzahl bewegt sich auf einemekordniveau von über 40 Millionen Menschen.Stolze Zahlen, finde ich. Trotzdem gilt es, die Händeicht in den Schoß zu legen und sich auszuruhen. Viel-ehr müssen für die jungen Menschen, die noch keinenusbildungsplatz haben, für jeden Menschen ohne Ar-eit, für alle, die mit körperlichen Handicaps ins Berufs-eben einsteigen wollen, die Rahmenbedingungen so ge-chaffen werden, dass ihre Situation erleichtert wird undass sie ihrem Wunsch folgen können, einen Beruf zu er-ernen oder in einen Job zu kommen. Sie wollen Teil-abe: Teilhabe am Arbeitsleben, Teilhabe an der Mög-ichkeit, das Geld für die eigene Familie selber zuerdienen. Teilhabe an finanziellen Leistungen des Staa-es wollen sie nur – das sage ich insbesondere an diedresse der Linken –, wenn sie tatsächlich nicht diehance haben, ins Berufsleben einzutreten. Entschei-end ist also Teilhabe an der Gesellschaft und am Ar-eitsmarkt und nicht so sehr an finanzieller Unterstüt-ung und Alimentierung durch den Staat.
ns Berufsleben zurückzufinden, trägt auch zur Selbst-erwirklichung bei. Selbstverwirklichung findet nichttatt, wenn man auf Almosen seitens des Staates ange-iesen ist.Mit dem Haushalt senden wir hierzu wichtigeignale. Dies gilt vor allem für den Bereich „Arbeit undoziales“. Insgesamt 124 Milliarden Euro stellen wir imächsten Jahr für diesen Bereich zur Verfügung. Dieute Nachricht für den Arbeitsmarkt ist: Die Arbeits-arktpolitik wird trotz Entlastung auf dem Niveau deretzten Jahre weitergeführt und in Schwerpunktberei-hen sogar verstärkt. Senken können wir die Ausgabenür das Arbeitslosengeld II. Bei den ins Berufsleben Ein-retenden kommt inzwischen die Hälfte aus dem Arbeits-osengeld-II-Bezug; noch vor einem Jahr war es unge-ähr ein Drittel.
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Wolfgang GrotthausAuch bei der Rentenversicherung gibt es gute Nach-richten. Deshalb können die staatlichen Zuschüsse fürdie Rentenversicherung um 400 Millionen Euro abge-senkt werden.Ausgabensenkung ist jedoch nur die eine Seite derMedaille. Die andere Seite der Medaille ist, dass wir dieAusgaben in Schwerpunktbereichen verstärken, um denAbbau der Arbeitslosigkeit weiter zu unterstützen. Da-durch wird der Bundeshaushalt mittelfristig entlastet.Wir haben das Bundesprogramm „Kommunal-Kombi“ neu in den Haushalt eingestellt. So können un-gefähr 50 000 Menschen mit entsprechenden Komple-mentärmitteln aus den Kommunen im nächsten Jahr inArbeit gebracht werden. Wird dieses Programm von denKommunen angenommen, wird diese Maßnahme auchin 2009 weitergeführt. Dann werden wir mit den ent-sprechenden Mitteln dafür sorgen können, dass 100 000Menschen eine bessere Zukunft bekommen.Ähnliches gilt für die Förderung der BeschäftigungÄlterer. Die Entscheidung von Franz Müntefering, einenSchwerpunkt auf die Integration von Menschen über50 Jahren zu setzen, ist richtig und war bisher außeror-dentlich erfolgreich. Die Arbeitslosenquote bei den über50-Jährigen ist gegenüber dem Vorjahr um 20 Prozentgesenkt worden. Ein erfolgreiches Programm, so meinenwir, das auch in den nächsten drei Jahren fortgesetztwird. Außerdem werden wir für ältere Empfänger vonArbeitslosengeld I Eingliederungsgutscheine einführen,wodurch noch mehr Menschen über 50 Jahre in Beschäf-tigung kommen sollen.
Auf eine weitere Entscheidung möchte ich hier deut-lich hinweisen: Wir haben den Eingliederungstitel nichtgekürzt. Damit steht bei weniger Arbeitslosen, aber glei-chen finanziellen Aufwendungen für den einzelnen Ar-beitslosen mehr Geld zur Eingliederung zur Verfügung.
Wer hier also behauptet, es werde gekürzt und wenigerGeld zur Verfügung gestellt, der beherrscht die vierGrundrechenarten nicht. Dem würde ich auch nicht emp-fehlen, beim PISA-Test mitzumachen; denn das würdedas negative Ergebnis noch verstärken. Von daher würdeich all die Abgeordneten, die hier solche Rechnungenaufmachen, bitten, sich zumindest Grundschulkenntnisseim Rechnen anzueignen.
Eines muss hier auch deutlich gesagt werden: Wir er-warten, dass die Mittel, die für den Eingliederungstitelzur Verfügung gestellt werden, im nächsten Jahr auchvollständig ausgeschöpft werden, dass vor Ort die Ver-mittlung, die Eingliederung noch stärker forciert wird.Hier müssen sich die Träger der Grundsicherung imnächsten Jahr noch mehr einsetzen. Kein Arbeitsloserdarf das Gefühl haben, dass vor Ort auf seine Kosten ge-spart wird. Die Bundesregierung hat an dieser Stelle ihreHausaufgaben gemacht.KhglzJgdAbzzsamWlZmGdPnbKgdsawvrfsJVdgsd
Wir entscheiden heute über nicht weniger als über dieerteilung von 124 Milliarden Euro, über den Haushaltes Bundesarbeitsministeriums. Ich nenne diese Zahlanz bewusst, weil man angesichts der Debatten in die-em Hause und angesichts von Parteitagsbeschlüssen inen letzten Wochen den Eindruck gewinnen konnte, dass
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Stefan Müller
es neben diesen 124 Milliarden Euro noch weitere Mittelzu verteilen gäbe.Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, aufIhrem Parteitag in Nürnberg haben Sie es nicht nur ge-schafft, Ihren kompetentesten Finanzfachmann aus demWeg zu räumen, sondern Sie haben es auch geschafft,sich mit Ihren Beschlüssen von seriöser Sozialpolitik,von seriöser Politik insgesamt zu verabschieden.
Die Tatsache, dass Sie den Bürgern 60 Milliarden Eurofür soziale Wohltaten versprechen, zeigt, dass Sie inhöchstem Maße an Realitätsverlust leiden.
Vor diesem Hintergrund erscheint es außerordentlichskurril, wenn Sie uns in Ihrem Entschließungsantrag zudiesem Einzelplan vorwerfen, wir wären der Meinung,wir hätten ein haushaltspolitisches Schlaraffenland. DasGegenteil ist richtig: Das Schlaraffenland versprechenSie den Menschen und nicht wir.In Ihrem Entschließungsantrag kritisieren Sie außer-dem die Lastenverschiebung zwischen Bundeshaushaltund Bundesagentur. Dieser Meinung kann man durch-aus sein; das ist Ihr gutes Recht. In Ihrem Antrag rech-nen Sie uns vor, wodurch die Bundesagentur zusätzlichbelastet wird. Sie kommen auf 10,8 Milliarden Euro. Siefordern, dass diese zusätzlichen Belastungen nicht mehrdurch die BA gegenfinanziert werden. Im Gegenzug solldie BA die Einnahmen aus einem Mehrwertsteuerpunktnicht mehr erhalten. Da gibt es aber einen kleinen Re-chenfehler, der mir aufgefallen ist: Nach Ihrer Meinungwird die Bundesagentur mit 10,8 Milliarden Euro zu-sätzlich belastet. Die Einnahmen aus dem Mehrwertsteu-erpunkt betragen aber nur 7,5 Milliarden Euro. Sie be-antworten nicht die Frage, woher die weiteren über2 Milliarden Euro kommen sollen. Mir jedenfalls istnicht bekannt, dass Sie einen entsprechenden Antrag imHaushaltsausschuss gestellt haben.Zu einem weiteren Thema in Ihrem Entschließungs-antrag. Sie schreiben, die BA müsse von ihren Reservenzehren. Da muss ich Ihnen leider widersprechen. Die BAmuss nicht von ihren Reserven zehren, sie muss auchkeine Rücklagen aufbrauchen. Richtig ist, dass von dem,was in den letzten Jahren an Überschüssen durch zusätz-liche Beitragseinnahmen eingenommen wurde, in dennächsten Jahren etwas weggenommen wird. Es gibtkeine zusätzlichen Belastungen, weil wir erstens die Bei-träge gesenkt haben
und weil wir zweitens Rücklagen gebildet haben. Ichsage ausdrücklich: Dieser Weg ist richtig. Die BA bildetzum ersten Mal eine Rücklage für ihre Pensionäre, damitkünftige Beitragszahler davon nicht mehr belastet wer-den.
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(D)
mert:g über den Einzelplan 11it und Soziales – in der ein Änderungsantrag derche 16/7317 vor, über dention Die Linke hat hierzungt. Ich bitte die Schrift-mir zu signalisieren, ob ist offenkundig der Fall.auses, das seine Stimm-t? – Das ist offenkundigich die Abstimmung. Ichd Schriftführer, mit deratadore werden wir die die Ergebnisse der Ab-sDDdwrdhncdsKdBEr1gNdtimmung nach dem bewährteebatte mitteilen lassen. Sind Sas ist offensichtlich der Fall.Ich bin gerade darauf aufmass wir die Debatte nicht sofoir die Abstimmung über diesekt erst dann durchführen könerungsantrag abgestimmt worat zwar gerade stattgefunden,is, aber wir kennen es noch nhe ich die Sitzung, bis das Erger Fall ist, fahren wir mit den
n Otto Solms:t wieder eröffnet.is der namentlichen Ab-antrag der Abgeordnetenr Fraktion Die Linke zuber die Feststellung desHaushaltsjahr 2008, hier:ch des Bundesministe-s, Drucksachen 16/6000, 16/7317, bekannt: Abge-haben gestimmt 50, mite Enthaltungen. Der Än-nt.
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Vizepräsident Dr. Hermann Otto SolmsReinhard GrindelHermann GröheMichael Grosse-BrömerMarkus GrübelManfred GrundMonika GrüttersDr. Karl-Theodor Freiherr zuGuttenbergOlav GuttingHolger HaibachGerda HasselfeldtUrsula HeinenUda Carmen Freia HellerMichael HennrichJürgen HerrmannBernd HeynemannErnst HinskenPeter HintzeRobert HochbaumKlaus HofbauerFranz-Josef HolzenkampJoachim HörsterAnette HübingerHubert HüppeSusanne JaffkeDr. Peter JahrDr. Hans-Heinrich JordanDr. Franz Josef JungAndreas Jung
Bartholomäus KalbHans-Werner KammerSteffen KampeterAlois KarlBernhard Kaster
Volker KauderEckart von KlaedenJürgen KlimkeJulia KlöcknerJens KoeppenKristina Köhler
Norbert KönigshofenDr. Rolf KoschorrekHartmut KoschykThomas KossendeyGunther KrichbaumDr. Günter KringsDr. Martina KrogmannJohann-HenrichKrummacherDr. Hermann KuesDr. Karl A. Lamers
Andreas G. LämmelDr. Norbert LammertKatharina LandgrafDr. Max LehmerPaul LehriederIngbert LiebingEduard LintnerDr. Klaus W. LippoldPatricia LipsDr. Michael LutherStephan Mayer
Wolfgang MeckelburgDr. Michael MeisterDr. Angela MerkelFLMDPDMDHCSBMDFEHRUDSBRDTDPEKDFJKDDAPAHDHDDKNGBCAInDDBUWHKMBTJECGAMTriedrich Merzaurenz Meyer
aria Michalkr. h. c. Hans Michelbachhilipp Mißfelderr. Eva Möllringarlene Mortlerr. Gerd Müllerildegard Müllerarsten Müller
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ichaela Nollr. Georg Nüßleinranz Obermeierduard Oswaldenning Otteita Pawelskilrich Petzoldr. Joachim Pfeifferibylle Pfeiffereatrix Philipponald Pofallaaniela Raabhomas Rachelr. Peter Ramsauereter Rauenckhardt Rehberglaus Riegertr. Heinz Riesenhuberranz Romerohannes Röringurt J. Rossmanithr. Norbert Röttgenr. Christian Rucklbert Rupprecht
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ermann-Josef Scharfr. Wolfgang Schäubleartmut Schauerter. Annette Schavanr. Andreas Scheuerarl Schiewerlingorbert Schindlereorg Schirmbeckernd Schmidbauerhristian Schmidt
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r. Andreas Schockenhoffr. Ole Schröderernhard Schulte-Drüggeltewe Schummerilhelm Josef Sebastianorst Seehoferurt Segnerarion Seibernd Sieberthomas Silberhornens Spahnrika Steinbachhristian Freiherr von Stettenero Storjohannndreas Stormax Straubingerhomas Strobl
MHAAVAGMKMPGIKAKWEDWWSDGGNIREDDKSSDUKDUPLVKCGDKWBEMMDCMDDKMDEGDSSichael Stübgenans Peter Thulntje Tillmannrnold Vaatzolkmar Uwe Vogelndrea Astrid Voßhofferhard Wächterarco Wanderwitzai Wegnerarcus Weinbergeter Weiß
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lisabeth Winkelmeier-Beckeragmar Wöhrlolfgang Zöllerilli ZylajewPDr. Lale Akgünregor Amannerd Andresiels Annenngrid Arndt-Brauerainer Arnoldrnst Bahr
oris Barnettr. Hans-Peter Bartelslaus Barthelören Bartolabine Bätzingirk Beckerwe Beckmeyerlaus Uwe Benneterr. Axel Bergte Bergetra Bierwirthothar Binding
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delgard Bulmahnarco Bülowartin Burkertr. Michael Bürschhristian Carstensenarion Caspers-Merkr. Peter Danckertr. Herta Däubler-Gmelinarl Dillerartin Dörmannr. Carl-Christian Dressellvira Drobinski-Weißarrelt Duinetlef Dzembritzkiebastian Edathyiegmund EhrmannHPKAEGRGDPSMIrGRDMKGAWWHBKAMNHDRDGPGSPGIrFEKCLJJUDUCHADWFKRAENVDAJHUC
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– Doch. Der Tagesspiegel hat am Samstag unter derÜberschrift „Koalition des Misstrauens“ zu Recht ge-schrieben:Die Innenpolitiker von SPD und Union misstrauensich von Herzen … Es ist hier gut zu beobachten,wie aus Partnern Opponenten geworden sind …
Das ist eigentlich ein verheerender Befund über den Zu-stand dieser Regierung.Aber Politik ist manchmal paradox: Man muss gera-dezu froh sein, dass sich Union und SPD nicht mehr aufneue Gesetze einigen können.
Denn was die Koalition in den bisherigen zwei Jahren inder Gesetzgebung gemacht hat, war ja nichts anderes alseine Kaskade von Einschnitten in die Grundrechte. Mitihrer bürgerrechtsunfreundlichen Politik hat dieseKoalition nahtlos die Politik der rot-grünen Vorgängerre-gierung fortgesetzt.
Die innere Zerrissenheit der Koalition zeigt sich imGroßen wie im Kleinen. Sie streiten ja nicht nur überzentrale Themen wie die heimliche Onlinedurchsu-chung, sondern wir haben hier im Plenum auch oft dieSpannungen in dieser Koalition live miterlebt, wenn sichdie Kontrahenten aus Union und SPD beispielsweiseüber das Ausländerrecht coram publico gestritten ha-ben. Sie sind nicht in der Lage, eine wirkliche Moderni-sierung des öffentlichen Dienstes auf den Weg zu brin-gen, und greifen die Vorschläge und Eckpunkte, die OttoSchily zusammen mit dem Deutschen Beamtenbund undmit Verdi vereinbart hat, eben gerade nicht auf. Sie ver-suchen, die Organisation der Bundespolizei neu zu re-gPds–BzteDddnwelDDzDgtzadhigdBggl
Ein letztes Beispiel würde man vielleicht eher als eineegebenheit am Rande einstufen; es wirft aber ein be-eichnendes Schlaglicht auf den Zustand dieser Koali-ion. Sie wissen, dass in der Vorgängerregierung durchine Verfügung des damaligen Staatssekretärs Lutziwell heimliche Onlinedurchsuchungen erlaubt wor-en sind. Wir haben im Innenausschuss den Wunsch,ass Herr Diwell uns dies persönlich erklärt; denn er hatachher öffentlich gesagt, ihm sei gar nicht bewusst ge-esen, was er da unterschrieben hat. Das scheint mir beiinem solchen Grundrechtseingriff doch ein sehr beacht-icher Vorgang. Daher haben wir Auskunft von Herrniwell im Innenausschuss erbeten.
ie CDU/CSU hat unserem Ansinnen vernünftigerweiseugestimmt – sehr zum Missfallen der SPD.
as ist nur eine Begebenheit am Rande, die aber, wie ichlaube, doch zeigt, wie es um den Zustand dieser Koali-ion bestellt ist.
Meine Damen und Herren, kommen wir jetzt aber zurentralen Kritik der FDP an der Innenpolitik dieser Ko-lition, kommen wir zum alles entscheidenden Thema iner Innenpolitik, nämlich dem Verhältnis von Sicher-eit und Freiheit.Ich möchte durchaus feststellen, dass es um diennere Sicherheit in Deutschland alles in allem befriedi-end steht –
ank der guten Arbeit der Sicherheitsbehörden.
eispielsweise hat die Verhaftung von drei Verdächti-en, die offenbar einen Bombenanschlag geplant hatten,ezeigt, dass unsere Polizeibehörden eine gute Arbeiteisten,
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Dr. Max Stadler
und zwar auf der Basis der bestehenden Gesetze undohne heimliche Onlinedurchsuchungen.
Um die innere Sicherheit mache ich mir daher keineso großen Sorgen, um die innere Liberalität in diesemLand aber schon.
Ich kann es Ihnen nicht ersparen, dies zum wiederholtenMale festzustellen: Der Schutz der Grundrechte ist beiIhnen nicht in den besten Händen. Ich nenne Ihnen bei-spielhaft ein Zitat, das Ihnen doch zu denken gebenmüsste. Der renommierte Staatsrechtler und Verfas-sungsrichter Professor Udo di Fabio hat Ihnen insStammbuch geschrieben – ich zitiere wörtlich aus derSüddeutschen Zeitung, was er gesagt hat –:Ich halte es für eine Krankheit, dass ständig unserSystem in Frage gestellt wird.Das war an die Adresse dieser Großen Koalition gerich-tet, und das müsste Ihnen doch endlich zu denken geben;denn Professor di Fabio hat recht.Das erkennen wir an dem jüngsten Beispiel, nämlichder Vorratsdatenspeicherung. In der Debatte hier vorknapp zwei Wochen – am 16. November 2007 – war ei-nes wirklich nicht nachvollziehbar: Die Redner der Gro-ßen Koalition haben entweder nicht verstanden odernicht verstehen wollen, dass mit der Vorratsdatenspei-cherung jetzt eine neue Qualität der Überwachung ge-setzlich eingeführt worden ist; denn Sie sind damit voneinem wichtigen Grundsatz abgewichen. Dieser Grund-satz lautet: Eingriffe in Bürgerrechte sind dann gerecht-fertigt, wenn es konkrete Verdachtsmomente gegen kon-krete Beschuldigte oder Verdächtige gibt. Das ist dienotwendige Begrenzung, damit nicht uferlos und schran-kenlos in die Grundrechte eingegriffen wird.Wenn jemand konkret in Verdacht steht, eineschlimme Straftat zu planen, dann mag es richtig sein,sein Telefon zu überwachen oder die Telefonverbin-dungsdaten zu speichern. Es ist aber etwas fundamentalNeues und anderes, die Daten von Millionen unverdäch-tigen Bürgerinnen und Bürgern zu speichern.
Das ist der Systemwechsel, den Udo di Fabio Ihnen vor-wirft.
Herr Minister Schäuble, deswegen sind wir auch beiIhren zahlreichen Interviewäußerungen misstrauisch. IchnmNdeWgDddgVdtmbsdlAiwwsheHwmMedIC
er Rechtsstaat ist wehrhaft. Er kann sich auf der Basiser geltenden Gesetze zur Wehr setzen.Wenn ich mir noch einmal das Stakkato, wie der Bun-espräsident es bezeichnet hat, Ihrer Interviewäußerun-en vor Augen führe, in denen Sie über Inhaftierung auferdacht, gezielte Tötungen – targeted killing – und an-eres gesprochen und die Unschuldsvermutung rela-iviert haben, muss ich Ihnen sagen: Ein solcher Satz,it dem Sie Freiheiten bei der Terrorismusbekämpfungeanspruchen, weckt in uns Liberalen den Verdacht, dortolle einem neuen Feindstrafrecht das Wort geredet wer-en, wie es manche in der strafrechtlichen Literatur ver-angen.
uch dagegen hat sich Udo di Fabio in seinem Beitragn der Welt massiv verwahrt.
Meine Damen und Herren, wir wollen keinen System-echsel. Wir wollen, dass der Rechtsstaat sich so be-ährt, wie er von den Müttern und Vätern des Grundge-etzes gestaltet worden ist.In dem eingangs zitierten Artikel des Tagesspiegeließ es am Schluss, mit der FDP in einer Regierung wäres in der Innenpolitik auch schwierig. Meine Damen underren, das nehmen wir erstens als Kompliment; dennenn es darum geht, die Grundrechte zu bewahren, mussan sperrig sein. Zweitens sage ich Ihnen Folgendes:it uns ist einfach zusammenzuarbeiten, mit der FDP istinfach zu regieren, wenn eine Politik betrieben wird,ie sich strikt an den Grundrechten orientiert.
hre Politik tut dies leider nicht.
Jetzt hat der Kollege Dr. Michael Luther von derDU/CSU-Fraktion das Wort.
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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen undKollegen! Herr Stadler, in einem Punkt irren Sie. DieGroße Koalition ist im Bereich der Innenpolitik hand-lungsfähig. Das zeigt dieser Haushalt.
Zum ersten Mal übersteigt der Innenhaushalt die 5-Mil-liarden-Euro-Grenze. Das ist eine ganz gewaltige Steige-rung um 13 Prozent. Dies zeigt, dass die innere Sicher-heit von der Großen Koalition ernst genommen wird.An dieser Stelle will ich allerdings darauf aufmerk-sam machen, dass ein Teil der Steigerung technischerNatur ist. 2010 sollen alle bundeseigenen Immobilienvon der sogenannten BImA übernommen werden. DieNutzer von Immobilien werden dann zu Mietern. Lang-fristig bietet das für uns fiskalische Vorteile, weil dannjedes Bundesministerium im Interesse der eigenen Spar-samkeit darauf achten wird, dass es seinen Raumbedarfoptimiert.2008 beginnt das Innenministerium mit der Bundes-polizei, diese Strukturveränderung durchzuführen.Technisch notwendig ist dann allerdings – und zwarfür den Bundeshaushalt insgesamt ausgabenneutral –,dass eine Anfangsmiete etatisiert wird. Das macht im-merhin eine Steigerung von 108 Millionen Euro aus, diejetzt für Mietzahlungen etatisiert sind.Eine weitere deutliche Ausgabensteigerung erfahrenwir wegen der bedarfsgerechten Etatisierung des BOS-Digitalfunks. Die in der bisherigen mittelfristigenFinanzplanung vorgesehenen Mittel beruhten auf einerSchätzung, die eine andere Datengrundlage hatte. Wirwussten seit längerem, dass dies nicht mehr stimmig ist.Natürlich konnten wir aber erst dann Zahlen einstellen,als das Konzept etatreif war.Uns als Haushaltsberichterstattern war es auch wich-tig, dass dieses wichtige Investitionsprojekt gemeinsammit dem Bundesrechnungshof durchgeführt wird.
Er muss und soll das Konzept akzeptieren. Deshalbkonnten wir erst jetzt am Ende der Haushaltsberatungendie entsprechenden Barmittel und Verpflichtungser-mächtigungen für die nächsten 15 Jahre – insgesamtmacht dieses Projekt immerhin 2,5 Milliarden Euro aus –einstellen.
Wir werden dieses wichtige Investitionsprojekt desBundes auch weiterhin aktiv begleiten. Ich will, dassdieser wichtige Modernisierungsschritt schnell kommt,weil sich damit die Kommunikation unserer Sicher-heitskräfte bei ihrer Arbeit wesentlich verbessert.Ein weiteres Thema ist der ergänzende Katastro-phenschutz. Es hat in den Haushaltsberatungen einewichtige Rolle gespielt.
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it diesem Konzept wird ein wesentlicher und nachhal-iger Schritt in Richtung der notwendigen Verbesserunges Katastrophenschutzes in Deutschland gegangen.ächstes Jahr stehen 26 Millionen Euro mehr zur Verfü-ung. Das ist das Signal seitens des Bundes, dass wir aninem Erfolg des Konzepts interessiert sind. Allerdingsst klar – ich verweise noch einmal auf den Bundesrech-ungshof –: Ein Konzept allein reicht nicht aus. Wirrauchen eine verlässliche gesetzliche Grundlage. Ichoffe, dass diese im nächsten Jahr geschaffen wird. Deraushaltsausschuss fordert dies ein.
Eine für den Katastrophenschutz wichtige Organisa-ion ist das Technische Hilfswerk. Wenn es das Techni-che Hilfswerk nicht gäbe, müsste man es erfinden. Dierbeit des THW wird nicht nur in Deutschland, sondernuch im Ausland hoch geschätzt.
as THW lebt vom Ehrenamt. 80 000 Freiwillige sindine beeindruckende Zahl.
Stimmt. – Allerdings ist klar: Man braucht eine funk-onierende hauptamtliche Struktur, um diese 80 000 ehren-mtlichen Helfer zu führen.
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 130. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. November 2007 13659
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Dr. Michael LutherZurzeit kommen etwa 100 Ehrenamtliche auf einenHauptamtlichen, es gibt also ein Verhältnis von 100 : 1.Nun das Problem: Seit Jahren reduzieren wir pauschaldie Zahl der Beschäftigten des Bundes; das ist richtig.Aber das betrifft auch das THW. Gingen wir diesen Wegdes Stellenabbaus weiter, müssten wir im Rahmen einerkegelgerechten Personalstruktur auch die Zahl der eh-renamtlichen Helfer reduzieren. Das darf nicht sein;denn wir brauchen die 80 000 Ehrenamtlichen. Das Ver-hältnis von 100 : 1 muss in etwa erhalten bleiben.
Wir haben es geschafft, mit diesem Haushalt entspre-chende Schritte zu gehen.
Zum einen gibt es einen Beschluss des Haushaltsaus-schusses, der keine weiteren Stelleneinsparungen beimTHW vorsieht. Zum anderen haben wir 30,5 bestehendekw-Vermerke aufgehoben. Damit kann in etwa die Per-sonalstruktur erhalten werden.
Des Weiteren stärken wir die Mittel für die THW-Ju-gend. Das THW weckt mit seiner Jugendarbeit Inte-resse für gesellschaftliche Verantwortung, ermöglichteine sinnvolle Freizeitgestaltung und wirbt für das Eh-renamt. Eine Vielzahl von Maßnahmen, zum BeispielJugendcamps, wird durchgeführt. Ich finde, damit wirdauch ein wichtiger, nachhaltiger Beitrag zur Bekämp-fung des politischen Extremismus geleistet.
Der Haushaltsausschuss hat in personeller Hinsichtauch den Weg für eine Bundespolizeireform frei ge-macht. Noch ist der entsprechende Gesetzentwurf in derFachberatung. Wenn das Gesetz aber im Laufe desnächsten Jahres in Kraft tritt, wird sich die neue Strukturauch im Personaltableau widerspiegeln müssen. Das hatuns im Haushaltsausschuss vor eine besondere Schwie-rigkeit gestellt: Obwohl es noch keine gesetzlicheGrundlage gab, mussten wir uns vorbereiten, um ent-sprechend reagieren zu können, wenn das Gesetz inKraft tritt. Das ist nun möglich. Wir können die benötig-ten Stellen freischalten, wenn es so weit ist, und im Ge-genzug die nicht benötigten Stellen wegfallen lassen.
Zur Bundespolizei will ich noch einen anderen Ge-danken äußern. Er betrifft die bevorstehende Erweite-rung des Schengen-Raums. Gerade die Menschen inden Grenzregionen zu Polen und Tschechien machenswtksGHPDdADSdsSBdMSIGSbsnruzsFOLaWAmE
ondern er organisiert seine Aktivität über die grünerenze. Aus diesem Grunde ist es viel wichtiger, iminterland zu kontrollieren und dazu das entsprechendeersonal zur Verfügung zu stellen.
amit gibt es nach dem Wegfall der Grenzkontrollen fürie Bundespolizei eigentlich mehr Möglichkeiten, dieseufgabe im Rückraum zu erfüllen.
as ist Teil der Bundespolizeireform. Ich habe mich inachsen und Brandenburg informiert. Es wird genauiese Absicht verfolgt. Ich glaube, Sie, Herr Schäuble,ind hier auf einem richtigen Weg. Ich darf Sie an diesertelle bitten, besonders die Sicherheitsinteressen derürger im grenznahen Raum ernst zu nehmen undurch Öffentlichkeitsarbeit darauf hinzuwirken, dass dieenschen das Gespür bekommen, dass von unserereite tatsächlich alles für die Sicherheit getan wird.
ch will dazu folgendes Bild anführen: Die Lage an denrenzen der neuen Schengen-Staaten ist nicht mit derituation an den Grenzen zu anderen Staaten vergleich-ar. Denn westlich von Frankreich ist der Atlantik. Zwi-chen Polen und dem Pazifik liegt aber noch ein „klei-es“ Stück.Lassen Sie mich einige Gedanken zum Sport ausfüh-en. Der Sportförderetat steigt um gut 15 Prozent oderm 19 Millionen Euro. Allein die Gelder für den Spit-ensport werden um über 14 Millionen Euro erhöht. Die-es Geld kommt der Traineroffensive des DOSB und derörderung der Sportverbände zur Vorbereitung auf dielympischen Spiele 2010 in Vancouver und 2012 inondon zugute. Der Behindertensport wird im Hinblickuf die Paralympics mit 1,4 Millionen Euro gefördert.ir sichern die Arbeit der NADA, also der Nationalennti-Doping-Agentur,
it einer Erhöhung des Stiftungskapitals um 4 Millionenuro.
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Dr. Michael Luther
Auch die Stiftung Deutsche Sporthilfe stärken wir erst-malig mit 1 Million Euro, weil die Einnahmen aus derGlücksspirale und dem Verkauf von Sonderbriefmarkenzurückgehen. Ich denke, gerade im Bereich des Sportslässt sich das Paket, das ich Ihnen eben vorgestellt habe,sehen.
Auf die anderen Themen kann ich leider aus Zeit-gründen nicht weiter eingehen. Deswegen möchte ichzum Schluss kommen. Ich möchte mich beim Ministe-rium und bei dem Haushaltsreferat, das mit uns dieseHaushaltsberatungen – die waren nicht einfach – durch-geführt hat, bedanken. Das Ministerium muss wissen:Uns Haushälter sollte man ernst nehmen. Das Parlamentbestimmt, wofür die Bundesregierung Geld ausgebendarf. Das Budget für 2008 steht fest. Herr Bundesminis-ter, gehen Sie mit dem Geld des Steuerzahlers verant-wortlich um!
Recht herzlichen Dank.
Das Wort hat jetzt der Kollege Jan Korte von der
Fraktion Die Linke.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!Wir beraten heute den Haushalt des Bundesministeriumsdes Innern. Er steigt um fast 400 Millionen Euro.
Das erfreut Sie. Uns macht das große Sorge, weil es indie völlig falsche Richtung geht, wie Innenpolitik in derGroßen Koalition gemacht wird.
Sie wird vor allem mit Angst – die ist das Schmiermittel –betrieben, um bestimmte Maßnahmen durchzusetzen.Dafür bereiten Sie sich heute die finanzielle Grundlage.Ich will das an einigen Beispielen illustrieren. Die ge-plante Onlinedurchsuchung – ein altes Thema mittler-weile –, die Sie mit Vehemenz möglichst schnell durch-zudrücken versuchen, ohne sich die Zeit zu nehmen,anstehende Gerichtsurteile abzuwarten, und ohne da-rüber zu diskutieren, inwieweit die Verhältnismäßigkeitgewahrt wird, ist schon angesprochen worden. DieVorratsdatenspeicherung wurde in der letzten Sit-zungswoche durchgepeitscht.dgegwhddhkvSShSgfsdomndSswdaddnSgtzSthfgtalFdimhscFm
Ich möchte einen zweiten Punkt ansprechen: Wir be-ommen hier im Wochenrhythmus neue Maßnahmenorgestellt, was wir alles tun müssten, um größtmöglicheicherheit zu erhalten. Hinzu kommt, dass hier einicherheitsversprechen gegeben wird, das nicht ein-altbar ist. Sie gehen sogar noch darüber hinaus, indemie Maßnahmen vorschlagen, die mehr Sicherheit brin-en sollen, in der Realität aber zu weniger Sicherheitühren. Ich will das am Beispiel des biometrischen Pas-es deutlich machen. BKA-Präsident Ziercke – das Bun-eskriminalamt steht nicht im Verdacht, eine Vorfeld-rganisation der Linken zu sein – sagt auf unsereehrfache Nachfrage hin – wir haben ungefähr 28-malachgefragt, warum wir die biometrischen Merkmale inen Pässen brauchen –, das sei notwendig, weil damitchindluder getrieben werde und es enorm viele Fäl-chungen gebe. Die Bundesregierung sagt in der Ant-ort auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion, dieeutschen Pässe – übrigens sowohl Personalausweis alsuch Reisepass – seien die sichersten Pässe, die es aufer ganzen Welt gibt. Sie sind sozusagen ein Spitzenpro-ukt. Deshalb bringen biometrische Merkmale garichts. Das Gegenteil ist richtig. Sie bringen wenigericherheit, weil die Experten – übrigens auch vom BKA –esagt haben, die Gefahr von Verfälschungen bei biome-rischen Merkmalen sei eklatant größer als bei dem der-eitigen Reisepass. Auch deshalb fordern wir Sie auf:toppen Sie die Mittelbereitstellung für weitere biome-rische Experimente, die weniger und nicht mehr Sicher-eit bringen und ein Eingriff in die Bürgerrechte sind.
Mit einem Anteil von 11 Prozent machen die Mittelür die Umstrukturierung des Bundeskriminalamts denrößten Posten in diesem Einzelplan aus. Was soll poli-isch erreicht werden? Sie haben sowohl in Interviewsls auch bei der Vorlage für das BKA-Gesetz erkennenassen, dass es Ihr Traum ist, das BKA in ein deutschesBI umzuwandeln, also eine Vergeheimdienstlichunger Polizei, eine Zentralisierung der Polizeiarbeit undnsgesamt der Sicherheitsbehörden vorzunehmen. Manuss einmal deutlich sagen, warum das politisch so ver-eerend ist. Es ist so verheerend, weil wir aus der Ge-chichte heraus die Erfahrung haben, dass die Verqui-kung von Polizei und Geheimdiensten zu katastrophalenolgen führt und nicht mehr kontrollierbar ist. Deshalbuss es eine strikte Trennung von Polizeiarbeit und Ge-
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Jan Korteheimdienstarbeit geben. Diese muss dezentral sein. Siemachen genau das Gegenteil. Übrigens sind auch Föde-ralismusreformen völlig überflüssig, wenn Sie in der ak-tuellen Politik das Gegenteil machen.
Was aber tun? Das ist eine altbekannte Frage. Wir for-dern statt Aktionismus und unhaltbaren Sicherheitsver-sprechen sowie immer weiteren Eingriffen in die Grund-rechte eine wirkliche Überprüfung der Maßnahmendahin gehend, ob sie wirklich mehr Sicherheit bringenund ob sie im Verhältnis zu der Einschränkung von Bür-ger- und Freiheitsrechten stehen. Weiterhin müssen wirdarüber nachdenken, dass die Menschen in diesem Landkeine tägliche Angst vor irgendeinem abstrakten Terro-rismus haben, sondern ganz konkret Angst haben, wennsie nachts auf der Straße unterwegs sind. Sie habenAngst vor Überfällen usw. Da muss man sich doch fra-gen, ob die Steuerpolitik der Bundesregierung richtig ist,wenn in der Folge bis 2009 in den Ländern über 10 000Polizeibeamte abgebaut werden, die vor Ort ganz kon-kret ansprechbar sind. Die Kontaktbereichsbeamten, diefür die Menschen draußen ansprechbar sind, sind die ers-ten, die gestrichen werden. Diese Beamten kürzen Siemit Ihrer verfehlten Politik weg. Hier sollte man aufMenschen statt auf Technik setzen. Das ist unsere Posi-tion.
Ich komme zu einem letzten Vorschlag, über den wireinmal nachdenken müssten, weil er wirklich mehr Si-cherheit bringt. Es wurden durch die Bundespolizei di-verse Kontrollen der Fluggastkontrollen an deutschenFlughäfen durchgeführt. Dort kam eine Fehlerquote von30 bis 50 Prozent zutage. Man konnte durch die Flug-gastkontrollen offensichtlich halbe Waffensystemeschleusen. Warum ist das so? Das liegt daran, dass dieFluggastkontrollen privatisiert worden sind und dortDumpinglöhne gezahlt werden. Deshalb gibt es hier einwirkliches Sicherheitsproblem. Wir fordern Sie daherauf, die Fluggastkontrollen wieder zu verstaatlichen. Daswäre sinnvoll. Im Übrigen hat dies auch die Gewerk-schaft der Polizei richtigerweise gefordert. Das würdemehr Sicherheit bringen.
Zum Schluss. Es ist wichtig, heute über das, was inden letzten zwei Jahren passiert ist, Bilanz zu ziehen. Ichdenke an die Vorratsdatenspeicherung, die Antiterrorda-tei und vieles anderes. Nun wäre es wirklich einmal ander Zeit – übrigens auch für die SPD, die auf ihremHamburger Parteitag beschlossen hat, wieder Bürger-rechtspartei zu sein –, eine Umkehr der völlig verfehltenInnenpolitik vorzunehmen. Lassen Sie den Worten Tatenfolgen und wagen Sie mehr Freiheit – das haben Sie an-gekündigt – und nicht weniger. Da würden wir Linkenglatt mitmachen.Vielen Dank.
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Wir haben den Etat mit einem Gesamtvolumen vonber 5 Milliarden Euro – mein Kollege Michael Lutherat schon darauf hingewiesen – gegenüber dem Regie-ungsentwurf um 215 Millionen Euro aufwachsen las-en. In fünf zusätzlichen Berichterstattergesprächen ha-en wir bis ins Detail geklärt, ob die Höhe derorgesehenen Ausgaben des Innenministeriums gerecht-ertigt ist und wo es wirklich Engpässe gibt. Wir habens uns also wirklich nicht leicht gemacht.Wir haben die Prüfbemerkungen des Bundesrech-ungshofs, die hier bei der Debatte im September, beier Einbringung des Haushalts, von vielen Rednern an-esprochen worden sind, solide abgearbeitet, haben An-ätze gekürzt und Mittel auf neue Schwerpunkte verla-ert. Wir haben wohl fast 100 Berichte angefordert.abei wurden wir von den Mitarbeiterinnen und Mitar-eitern des Innenministeriums, des Finanzministeriumsnd des Bundesrechnungshofs hervorragend informiertnd unterstützt. Dafür möchte ich mich im Namen allerünf Berichterstatter ganz herzlich und aufrichtig bedan-en.
Der Hauptgrund für den notwendigen Aufwuchs beimnnenministerium liegt in der nun endlich unmittelbarevorstehenden bundesweiten Einführung des Digital-unks. Der Bund stellt zusätzlich knapp 190 Millionenuro bereit und verdoppelt damit in etwa seine Ansätzeür 2008. Das ist eine gute Botschaft für alle, die inund, Ländern und Kommunen im Sicherheitsbereich,m Katastrophen- und Brandschutz haupt- und ehrenamt-ich tätig sind. Viele, die sich bisher Tag und Nacht beieuerwehr, Sanitäts- und Rettungsdiensten, bei THWnd Polizei mit den Tücken der veralteten Analogtech-ik quälen müssen, sehen jetzt endlich Licht am Endees Tunnels.
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Bettina HagedornJetzt liegt ein sehr ehrgeiziger Roll-out-Plan vor, derfür jeden Zipfel der Republik detailliert festlegt, in wel-chen Etappen der Digitalfunk von 2008 bis 2010 aufge-baut wird. Um diesen ehrgeizigen Zeitplan einzuhalten,stellt der Bund für 2008 insgesamt knapp 390 MillionenEuro bereit. Außerdem haben wir für die Folgejahre dieVerpflichtungsermächtigungen um circa 400 MillionenEuro auf 819 Millionen Euro erhöht. Davon sind aller-dings 560 Millionen Euro gesperrt, sodass auch künftigeine enge parlamentarische Begleitung dieses Mammut-projekts gerade im Haushaltsausschuss sichergestellt ist.
Ich hoffe sehr, dass auch alle Bundesländer und Kom-munen solide Haushaltsvorsorge für die von ihnen zu-gesicherten Leistungen getroffen haben, damit der Digi-talfunk schon bald die Arbeit der Sicherheits- undRettungskräfte bis hin zur Feuerwehr optimal unterstüt-zen kann.Der größte Brocken im Haushalt des Innenministe-riums ist aber zweifelsohne die Bundespolizei mit ei-nem Etat von 2,2 Milliarden Euro; das ist immerhinknapp die Hälfte des kompletten Haushalts des Innenmi-nisteriums.
Für die circa 40 000 Polizeivollzugs- und Verwaltungs-beamten sowie die Angestellten sind Personalausgabenvon 1,4 Milliarden Euro veranschlagt. Darin sind dieMittel für die Fortsetzung des Attraktivitätsprogrammszur Hebung von 635 Stellen enthalten.
Bei den Beratungen der letzten Wochen stand dieser Be-reich vor allem deshalb im Zentrum vieler Debatten,weil der Innenminister Ende April eine große Bundespo-lizeireform angekündigt hat, die zwar im Parlament nochnicht abschließend beraten ist, aber dennoch bereits ihreSchatten auf den Haushalt wirft.Herr Minister, Sie reagieren mit dieser Reform zuRecht auf die Herausforderungen, die nach dem Wegfallder Grenze zu Polen innerhalb eines zusammenwachsen-den Europas einerseits und angesichts der Zunahme derBrennpunkte gerade auf den großen Flughäfen undBahnhöfen andererseits auf die Bundespolizei zukom-men.
Diese veränderte Situation bedeutet eine notwendigeSchwerpunktverlagerung der Bundespolizei von Ostnach West, die für viele Beamte und Angestellte sowieihre Familien mit einem Verlust ihres bisherigen Arbeits-und Lebensumfeldes verbunden sein wird. Dass diesverständlicherweise für Unruhe sorgt, dürfte allen klarsein. Deshalb ist es der SPD sehr wichtig, dass die ge-planten Umstrukturierungen transparent verlaufen undauf das dienstlich und fachlich notwendige Maß be-grenzt werden.
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nd die Organisation gestrafft werden sollen, um mehritarbeiter „in die Fläche“ zu bringen, im Einsatz „nahei den Menschen“ im operativen Dienst. Diesem Zielann nicht nur ich, sondern können sicherlich wir alleier im Parlament zustimmen.
ies vorangestellt, werden wir Abgeordneten uns aller-ings sehr genau anschauen müssen, ob dieses Ziel auchuf dem von Ihnen vorgeschlagenen Weg erreicht wer-en kann.
Die von Ihnen vorgesehene Aufstockung in der B-Be-oldung bei der Bundespolizei um mehr als das Dop-elte passt jedenfalls auf den ersten Blick nicht zu die-em Ziel, zumal Sie diese Stellenaufstockung mitegfallenden Stellen bei der Bundespolizei gegenfinan-ieren wollen. Man könnte auch sagen: weniger Indianerür mehr Häuptlinge.
er Haushaltsausschuss hat diesen Stellenaufwuchs vor-äufig qualifiziert gesperrt. Wir werden darüber zu bera-en haben, wie wir das bewerten. Ich bin gespannt, mitelchem Ergebnis sich die Fachpolitiker damit befassenerden und wie ihr mit dem Bundesrechnungshof abge-timmter Bericht an den Haushaltsausschuss zu diesemhema aussehen wird.Bei der Bundespolizei haben wir in den parlamentari-chen Beratungen aber auch einen sehr erfreulichen
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Bettina HagedornSchwerpunkt setzen können, und zwar beim 2004 eta-blierten Maritimen Schulungs- und Trainingszentruman der Ostseeküste, das 2005 mit ersten Lehrgangsteil-nehmern gestartet ist. Dort wird nicht nur die gesamtemaritime Aus- und Fortbildung der Bundespolizei ge-bündelt, sondern dort werden auch Schiffsbesatzungenanderer Bundes- und Länderbehörden trainiert, zum Bei-spiel die Mitarbeiter von Zoll und Wasserschutzpolizei.Dieses Zentrum haben wir jetzt mit zusätzlichen Sach-mitteln und Personalmitteln ausgestattet, was einen Qua-litätssprung für die Ausbildung und eine Kapazitätser-weiterung ermöglicht. Angesichts der stark wachsendenSchiffsverkehre auf Nord- und Ostsee mit ihrem hohenGefährdungspotenzial ist die verbesserte Ausbildungund Qualifizierung in diesem Zentrum eine wichtige undzukunftsweisende Aufgabe.
Der Gewinner im Haushalt 2008 ist zweifelsohne derSpitzensport mit einem dicken Plus von 19 MillionenEuro. Da meine Kollegin Dagmar Freitag darauf nachhernoch detailliert eingehen wird, will ich nur darauf hin-weisen, dass ich ganz besonders froh darüber bin, dassdie Mittel für die Dopingbekämpfung um 1,8 MillionenEuro erhöht werden konnten und dass zusätzlich1 Million Euro in den Topf der Nationalen Antidoping-Agentur eingezahlt werden, nachdem wir Haushälter be-reits vor einem Jahr dafür gesorgt haben, dass 2 Millio-nen Euro außerplanmäßig in diesen Topf hineinkamen.Allerdings halte ich es schon ein Stück weit für einenSkandal, dass die im Stiftungsvermögen der NADA vor-handenen Mittel zu 82 Prozent vom Bund aufgebrachtworden sind, obwohl sich alle Beteiligten bei Einrich-tung der NADA einig waren, dass die Mittel vom Bund,von den Ländern und von der Wirtschaft zu gleichen Tei-len aufgebracht werden sollen. Ich denke, daran siehtman ganz deutlich, dass diejenigen, die sich in Schau-fensterreden gegen Doping aussprechen, mehr reden alshandeln. Viel glaubwürdiger wäre das Engagement ge-rade vonseiten der Wirtschaft und auch der Länder, wennsie sich finanziell am Stiftungsvermögen beteiligen wür-den. Das ist mein Appell.
Mein Kollege Michael Luther hat schon darauf hinge-wiesen, dass der ergänzende Katastrophenschutz inden Etatberatungen eine wichtige Rolle gespielt hat,Herr Minister.
Das ist vor allem vor dem Hintergrund von Bedeutung,dass der aktuelle Bundesrechnungshofbericht nicht vonPappe ist, der sich mit der Bund-Länder-Finanzierungbeschäftigt, die auch in der Föderalismuskommissioneine entscheidende Rolle spielt. Der Bundesrechnungs-h3Ddnbad2ektGnVzdfwSkkanLtsSnsHiwrGdssgtLksgBdf
emeinsam heißt allerdings auch, dass sich die Länderaran messen lassen müssen, welche Anstrengungen sieelbst beim Bevölkerungsschutz unternehmen. Sie müs-en auch Transparenz in die Bereitstellung der zur Verfü-ung gestellten Mittel bringen und sich etwas aktiver be-eiligen als bisher. Denn es darf nicht passieren, dass dieänder die Finanzspritze des Bundes vor allem als will-ommene Gelegenheit auffassen, eigene Finanzmittel zuparen. Dann wäre für den Bevölkerungsschutz nichtsewonnen.Die herausragende Rolle, die das THW in unsereneratungen gespielt hat, hat mein Kollege Luther schonargestellt. Dem kann ich mich nur anschließen. Ich binroh, dass wir bei den 800 hauptamtlichen Mitarbeitern
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Bettina Hagedornbleiben, um die 80 000 Ehrenamtlichen auch in Zukunftgut zu organisieren.
Ich bin auch froh, dass es parteiübergreifend gelungenist, die Mittel für das Bündnis für Demokratie und Tole-ranz wie schon im Vorjahr zu erhöhen, und zwar um43 Prozent auf 1 Million Euro. Ich erwarte jetzt aller-dings, Herr Minister,
dass Sie diesem Votum des Parlaments Rechnung tragenund im nächsten Regierungsentwurf 2009 das Geld nichtwieder kürzen.
Das gilt im Übrigen auch für die Bundeszentrale fürpolitische Bildung, deren Titel wir in diesen Haushalts-beratungen um 1 Million Euro stärken konnten. Je500 000 Euro sind für die 340 Träger, die bildungspoli-tische Aufgaben in der gesamten Bundesrepublikwahrnehmen, und für die Zielgruppe der Kinder und Ju-gendlichen und darin speziell für diejenigen in bildungs-fernen Schichten vorgesehen. Ich freue mich besonders,dass es gelingen wird, 2008 die bewährte Ecopolicyadebundesweit einzuführen, weil sie sich gerade in der Ar-beit von Hauptschulen und anderen Schularten sehr be-währt hat.Ich bin auch glücklich, dass es uns gelungen ist, denZuschuss für das Abraham-Geiger-Kolleg auf200 000 Euro aufzustocken, und vor allen Dingen, dassuns endlich der Kraftakt gelungen ist, diese wunderbareEinrichtung institutionell zu fördern. Das gibt demAbraham-Geiger-Kolleg Planungssicherheit, und das istein wunderbares Zeichen in der heutigen Zeit.
Als Schleswig-Holsteinerin freue ich natürlich darü-ber, dass es gelungen ist – auch das in parteiübergreifen-dem Konsens –, die Mittel für den Bund der Nordschles-wiger um 100 000 Euro zu verstärken und damit eineKürzung rückgängig zu machen. Das war ein einstimmi-ges Votum des Haushaltsausschusses. Herr Minister,nehmen Sie diese Aufstockung im Haushaltsentwurf2009 bitte nicht wieder zurück!
Abschließend möchte ich mich bei meinen vier Mit-berichterstattern für die insgesamt sehr sachlichen Haus-haltsberatungen bedanken.
In den Beratungen haben wir eine Fülle an Informatio-nen gemeinsam verantwortungsvoll abgearbeitet. Natur-gemäß konnten wir nicht immer einer Auffassung sein,amABaecDmTAdPa–üggdlmbW–ÜvDt
lles Gute für den Haushalt!
Das Wort hat der Kollege Wolfgang Wieland von
ündnis 90/Die Grünen.
Lieber Kollege Bürsch, ich nehme das auf. „Die Ko-lition ist am Ende“, sagen Sie. Die ist so am Ende, dasss Leichenschändung wäre, im Bereich der inneren Si-herheit noch auf sie einzuprügeln.
as kann man in jeder Zeitung lesen. Kollege Gunkelacht zur Reform der Bundespolizei nur Trickserei undäuscherei beim Innenminister aus.
lso, das Beschimpfen überlassen wir euch untereinan-er.Ich halte mich an Kurt Tucholsky: „Wo bleibt dasositive?“ und knüpfe zunächst einmal an das Positiven, das uns die Kollegin Hagedorn hier geschildert hat.
„Sehr gut“, sagen Sie. Eben. Es wird auch richtig gut.Noch vor einem Jahr haben wir hier eine Debatteber Antiterrordatei und Terrorismusbekämpfungser-änzungsgesetz geführt. Das war eine Debatte sozusa-en unter Fachleuten. Heute haben wir die Situation,ass Zehntausende auf die Straßen gehen, hier in Ber-in, in Frankfurt am Main, in anderen Orten,
it Transparenten „Meine Daten gehören mir“ und ins-esondere auch gegen Sie demonstrieren, Herr Kollegeiefelspütz.
Auch gegen Sie, Herr Kollege Wiefelspütz.
Die Parolen der 80er-Jahre von Orwell und vomberwachungsstaat gehen um. Wir hatten sie beinaheergessen. Der Stern titelt wieder: „SOS – Freiheit ineutschland“. Eine ganze Generation erklärt ihren Lap-op per Aufkleber zur schäublefreien Zone. Deswegen,
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Wolfgang WielandKompliment, Herr Bundesinnenminister! Das haben Siebeinahe als Solist geschafft.
– Sie haben sich auch Mühe gegeben, aber Schäuble warnoch besser, Herr Wiefelspütz. Glauben Sie es doch end-lich!
Wir begrüßen diese Bürgerrechtsbewegung ganz au-ßerordentlich. Sie hat so recht: Es ist die Gier nach Da-ten im Handy oder im Internet, auf biometrische Daten,die die Angst vor dem Überwachungsstaat virulentmacht.Es geht aber weiter. Der Bundesinnenminister willnicht nur überwachen. Er hat eine völlig andere Sicher-heitsphilosophie und will eine völlig andere Sicher-heitsarchitektur, als wir sie haben.
„Meister der asymmetrischen Wortkriegsführung“, sohat ihn nicht etwa die taz genannt; so hat ihn die Frank-furter Allgemeine Zeitung genannt. Was meint sie denndamit? Sie meint damit, dass dieser Innenminister mo-bilmacht gegen jede Trennung von äußerer Sicherheitund innerer Sicherheit, gegen die Trennung von Polizeiund Militär, gegen den Unterschied zwischen Krieg undFrieden und gegen den Unterschied zwischen zivilerRechtsordnung und Kriegsrecht
und folgerichtig bei der Frage der Liquidierung von Ter-rorverdächtigen landet.
Ich wiederhole hier, gerade weil es die CDU/CSU soaufgeregt hat: Einen solchen Müll: „In den Metropolenherrscht Krieg“, „Wir sind Kriegsgefangene“ habe ich indiesem Land das letzte Mal von Andreas Baader gehört.Das war aber ein Terrorist, der das aus seiner Gefängnis-zelle heraus sagte.
Hier redet der Verfassungsminister,
und der hat die Menschenwürde auch des terroristischenStraftäters zu garantieren, er hat ihn nicht zu liquidieren.
Wo kommen wir denn hin, wenn so etwas gesellschafts-fähig wird? Er hat doch keine Narrenfreiheit.–sbtLfAdz––hhwJDsrEcB–hEbrD
Ich denke nicht daran. Ich habe ihn nicht gleichgesetzt,ondern gesagt: Solche Äußerungen und solche Töne ha-en wir in der Zwischenzeit nicht gehört.Nicht umsonst empfiehlt er das Buch Selbstbehaup-ung des Rechtsstaates von Otto Depenheuer als seineieblingslektüre. Ich bin dieser Lektüreempfehlung ge-olgt. Unentwegt wird Carl Schmitt, der Theoretiker desusnahmezustandes, zitiert, den viele aus guten Grün-en für einen geistigen Wegbereiter des Nationalso-ialismus gehalten haben.
Das ist völlig unbestritten bei Carl Schmitt.
Ich rede über eine Buchempfehlung, die er gegebenat. Dies ist ein Buch, das ich mit Schaudern gelesenabe und das ich deswegen jedem empfehle, damit ereiß, welcher Geist dort inzwischen umgeht.Es wird nicht nur Carl Schmitt, sondern auch Ernstünger zitiert:Das tiefste Glück des Menschen besteht darin, dasser geopfert wird, und die höchste Befehlskunst da-rin, Ziele zu zeigen, die des Opfers würdig sind.as muss man sich einmal auf der Zunge zergehen las-en.Nun sagt Depenheuer nicht, das sei ein für alle Malichtig.
r sagt vielmehr: Das war falsch und wurde zu verbre-herischen Zwecken eingesetzt. Aber heute gibt es ja dasürgeropfer zu guten Zwecken, zur Terrorabwehr.
Sie regen sich auf, weil ich darlege, welches Denkenier verbreitet wird.
s ist das Denken nach dem Motto: Not kennt kein Ge-ot. Es ist das Denken, dass der Zweck jedes Mittelechtfertigt.
as hat mit unserer Verfassung nichts zu tun.
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Wolfgang WielandDieser Autor hat eine richtige Kampfschrift gegen dasBundesverfassungsgericht geschrieben, dem er – manhöre und staune – Verfassungsautismus vorwirft. Dies isteine Kampfschrift des Konservatismus, die grauenhaftist.
Entsprechend geht man inzwischen gegen unsereobersten Richter vor. Man lässt sie nicht nur in Büchernbeschimpfen. Ein Beispiel ist der Vorsitzende Richterdes 3. Strafsenats des BGH. Er hat gerade gestern dieEntscheidung gefällt, wonach die nächtlichen Brandstif-ter der „militanten gruppe“ als Mitglieder einer kriminel-len Vereinigung und nicht als Mitglieder einer terroristi-schen Vereinigung verfolgt werden müssen. Er hat dieUnterscheidung, die der Gesetzgeber gemacht hat, nach-vollzogen, verstanden und in einen Beschluss gefasst.Dieser Richter hat sich bei Ihnen offenbar sehr unbeliebtgemacht. Der Spiegel schreibt, dass dieser Richter nachAnsicht der Union zu wenig konziliant sei und deswegennicht als Präsident des BGH infrage komme. Dazu sageich: Wenn Sie hier in Richtung amerikanische Verhält-nisse gehen,
wenn Sie Richter für Entscheidungen, die sie gefällt ha-ben, karrieremäßig bestrafen wollen, dann versündigenSie sich an der Unabhängigkeit unserer Justiz. Darübersollten Sie einmal nachdenken.
Gleichzeitig geht diese Bundesregierung, insbeson-dere dieser Innenminister – die SPD hält teilweise dage-gen –, den Weg der Zentralisierung. Es gibt das BKA-Gesetz. Das BKA soll tatsächlich zu einem deutschenFBI mit vollen geheimdienstlichen Kompetenzen ausge-baut werden. Darin ist alles enthalten, was schön teuerund schrecklich ist: IMSI-Catcher, Rasterfahndung,Schleierfahndung, verdeckte Ermittler, V-Leute. Es fehltwirklich nichts aus dem Warenhauskatalog.Man streitet sich offenbar – zu Recht – nur noch umdie Onlinedurchsuchung. Aber auch was sonst noch da-rin steht, muss beachtet werden. Vor allem muss dochgesehen werden, dass die Länder völlig außen vor blei-ben.
Sie dürfen nur noch Hilfsdienste und Amtshilfe leis-ten.
Durch die Vorverlegung in den präventiven Bereichbleibt die Generalbundesanwaltschaft außen vor; siemecaHndvhie–lbwwsDwDewIgOAdgk–bidnvkD6
Jetzt regt ihr euch auf.Das gilt natürlich auch für die Bundespolizei. Die Po-izisten, die in Frankfurt demonstriert haben, ha-en doch nicht nur demonstriert, weil sie gerne dortohnen bleiben möchten, aus eigensüchtigen Interessen,ie Sie hier unterstellt haben. Sie haben auch demon-triert, weil sie zum Ausdruck bringen wollten, dass dasoppelsignal – die Grenze fällt, was natürlich begrüßtird und gewollt ist, und die Polizei geht – sinnlos ist.as ist ein kriminalgeografischer Raum. Da muss manrst einmal sehen, ob und wie sich Kriminalität dort ent-ickelt. Das gehört doch zum kleinen Einmaleins.
ch verstehe nicht, dass ausgerechnet ein Grüner das sa-en muss. Aber er muss es offenbar sagen.Erfolgreiche Kriminalitätsbekämpfung erfolgt vorrt, in dezentralen Einheiten und nicht in gigantischenpparaten, die diesem Innenminister vorschweben undie er Schritt für Schritt umsetzt. Auch dazu hätte icherne etwas von Ihnen gehört, Herr Dr. Luther; aber daam wenig.
Das ist alles zum Haushalt. Dafür werden die Gelderereitgestellt. Genau dafür haben wir diesen Aufwuchsm Haushalt.An anderer Stelle ist der Aufwuchs zu gering. Auchazu will ich Ihnen etwas sagen. Ein Plus von 14 Millio-en Euro ist bei dem Lieblingsthema Ihres Nachbarn zuerzeichnen, nämlich bei den Integrationskursen. Manönnte natürlich sagen: Tolle Sache, 14 Millionen mehr! –ie Mittel wurden aber zunächst zwei Jahre lang um7 Millionen Euro gekürzt.
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Wolfgang WielandDas ist nicht ausgeglichen worden. Bei diesen Kursenbesteht nach wie vor ein Mangel. Noch nicht einmal dieHälfte der Teilnehmer durchläuft die Kurse erfolgreich.Nur 45 Prozent bekommen am Ende das Zertifikat. Daswollten wir verbessern.
Dazu braucht man mehr Geld; das ist völlig klar. Eslangt nicht, Integrationsgipfel zu veranstalten undShowveranstaltungen für die Kameras zu machen, son-dern man muss wirklich etwas für die Integration tun.
Das hat die Umsetzung der Novelle des Zuwanderungs-gesetzes nicht erreicht. Das haben wir hier gehört. Es istbeeindruckend, dass der Kollege Edathy gesagt hat, erstimme einem Gesetz zu in der Hoffnung, dass Karls-ruhe eine wesentliche Entscheidung kippt, nämlich dassdie Ehepartner im Heimatland Deutsch lernen müssen.Das ist eine besondere Dialektik.
Herr Kollege Wieland – –
Ja, ich komme zum Ende, Herr Präsident.
– Ja, das tut Ihnen weh, wenn jemand Ihre Politik einmal
richtig charakterisiert.
Dieser Haushalt gießt die falsche Politik der Zentrali-
sierung und des Überwachungsstaats in Zahlen. Wir leh-
nen ihn vollständig ab.
Das Wort hat jetzt der Bundesminister WolfgangSchäuble.
Dr. Wolfgang Schäuble, Bundesminister des In-nern:Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-ren! Herr Kollege Wieland, da Sie meine Literaturemp-fehlungen so aufmerksam aufgreifen, gebe ich Ihnengleich wieder eine.
Der Schriftsteller Daniel Kehlmann hat das wunder-bare Buch Die Vermessung der Welt geschrieben. Dafürhat er den Welt-Literaturpreis bekommen. Bei der Preis-verleihung hat er, wie es sich gehört, eine DankesredegudD–DgShdmBGtchtwunuuziZ
Anknüpfend an das, was der Kollege Stadler zu Be-inn ausgeführt hat, will ich sagen: Es ist wahr, dieicherheit in unserem Lande ist gut. Mit diesem Haus-alt wird haushalterisch dafür Vorgesorge geleistet, dassas auch im kommenden Jahr so sein wird. Ich bedankeich beim Haushaltsausschuss, insbesondere bei denerichterstattern, für eine intensive Arbeit. Da dasanze vielfältig, zum Teil auch unterschiedlich, debat-iert worden ist, will ich die folgende Bemerkung ma-hen: Dass die Sicherheit in unserem Lande so gut ist,at vor allen Dingen mit der bewährten Sicherheitsarchi-ektur unseres Grundgesetzes zu tun,
onach die Länder die vorrangige Zuständigkeit habennd der Bund eine ergänzende. Wir machen das mitei-ander.Es ist merkwürdig: Auf der einen Seite wird kritisiertnd gesagt, wir würden überhaupt nichts hinbekommen,nd auf der anderen Seite wird gesagt, wir würden vielu viel machen. Die Wahrheit liegt wahrscheinlich wiemmer in der Mitte.Wir haben in den vergangenen zwei Jahren gerade imusammenwirken von Bund und Ländern eine
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13668 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 130. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. November 2007
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Bundesminister Dr. Wolfgang SchäubleMenge schwierigster Punkte, die jahrelang nicht lösbarerschienen, vorangebracht. Das spiegelt sich im Haus-halt wider. Dass wir bei der Einführung des Digitalfunksfür die Behörden bezüglich der öffentlichen Sicherheitendlich vorankommen, ist ein Erfolg im Zusammenwir-ken von Bund und Ländern. Das Ganze war zwarschwierig, aber es ist gelungen.
Dass wir die Antiterrordatei haben, ist ein Erfolg. Dasswir das Gemeinsame Antiterrorzentrum haben, ist einErfolg der gemeinsamen Arbeit der Sicherheitsbehördenvon Bund und Ländern. Wir werden auf diesem Wegweiter voranschreiten.Die meisten Menschen in unserem Land und in derWelt haben uns nicht zugetraut, mit den unglaublichenHerausforderungen, die sich uns im vergangenen Jahr imZusammenhang mit der Ausrichtung der Fußballwelt-meisterschaft gestellt haben – denken Sie an das PublicViewing –, fertig zu werden.
Wir haben das hervorragend gemacht. Dass das ein Som-mermärchen geworden ist, hat nicht zuletzt damit zu tun.Ohne das Zusammenwirken von Bund und Ländern imRahmen der föderalen Struktur wäre das nicht möglichgewesen.
– Wenn Sie den großen Beitrag, den die Soldatinnen undSoldaten der Bundeswehr in diesem Verbund geleistethaben, richtig würdigen, gehen Sie mit ihnen fair um.
– Darum geht es doch gar nicht. Ich rede von dem Si-cherheitsverbund.Ich möchte gerne dafür werben, dass wir im Zusam-menwirken von Ländern und Bund beim Bevölkerungs-und Katastrophenschutz genau diese guten Erfahrun-gen beherzigen. Der Bund ist nicht der Befehlsgeber derLänder. Das würde schiefgehen; das entspricht nicht derArchitektur des Grundgesetzes. Der Bund hat eine er-gänzende Funktion. Diese Aufgabe nehmen wir mit denMitteln wahr, die wir für den Bevölkerungsschutz zurVerfügung stellen. Wir haben mit den Ländern darübergesprochen, dass der Bund im Rahmen des Katastro-phenschutzes neue Schwerpunkte wahrnehmen muss. Esgibt eine gemeinsame Verantwortung von Bund undLändern. Ich bedanke mich sehr, dass Sie auch unter denschwierigen Voraussetzungen – der Rechnungshofbe-richt wurde erwähnt – in diesem Haushalt die Vorausset-zungen dafür geschaffen haben.Nächste Woche tagt die Innenministerkonferenz. Wirwerden in der gemeinsamen Verhandlung alles daranset-zen, zu einem Zusammenwirken zu kommen, aber indem Verständnis – dafür werbe ich in diesem HohenHaus –, dass gemäß der richtigen GrundentscheidungudiEdc–cMdUemdredlgrRWGdbuthswEFMcSmwSdbmdtcdni
Ich bin in einer Grenzregion – sie liegt an dereutsch-französischen Grenze – zu Hause. Wir warenange Zeit benachteiligt. Das wissen die Jüngeren heutear nicht mehr; Kollege Göbel, wir wissen, wovon wireden. Ich weiß noch, dass Grenzregionen wegen ihrerandlage generell benachteiligt waren.
enn Grenzen nicht mehr trennen, dann bekommen dierenzregionen ganz neue Chancen. Das wird jetzt fürie Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern, Branden-urg, Sachsen und auch Bayern der Fall sein.Im Übrigen ist es so: Die Art von Kriminalität, diens heute bedroht und die weitgehend grenzüberschrei-end ist, wird durch die Grenzkontrollen, die wir heuteaben – Kollege Michael Luther hat es sehr richtig ge-agt –, überhaupt nicht behindert. Deswegen brauchenir neue Formen polizeilicher Zusammenarbeit inuropa über die Grenzen hinweg. Da haben wir großeortschritte erzielt. Wir sind auf dem richtigen Weg. Dieenschen in der Nachbarschaft zu Polen und Tsche-hien können darauf vertrauen, dass die Erweiterung deschengen-Raums nicht weniger Sicherheit, sondernehr Freiheit und mehr Sicherheit zugleich bedeutenird. Deswegen freuen wir uns darauf, dass wir diesenchritt am Ende des Jahres in Europa gehen.
Wir haben eine hervorragende Zusammenarbeit miten Polizeien der neuen Schengen-Vertragsstaaten, ins-esondere mit Polen und Tschechien. Dafür will ichich hier bedanken. Wir werden ab dem 17. Dezemberieses Jahres, also schon vor dem Wegfall der Grenzkon-rollen, die gemeinsamen Zentren der polnischen, tsche-hischen und deutschen Polizei mit den jeweiligen Lan-espolizeien aus den vier Grenzländern in Betriebehmen, und zwar im 24-Stunden-Betrieb, sieben Tagen der Woche. Wir werden den Grenzraum gemeinsam
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Bundesminister Dr. Wolfgang Schäubleintensiver bestreifen: polnische, tschechische, bayeri-sche, sächsische, brandenburgische, mecklenburgischeund Bundespolizei gemeinsam. Wir werden wenigerPräsenz der Polizei an den Kontrollhäuschen, aber mehrPräsenz in der Region haben. Deswegen ist es ein Mehran Sicherheit.Dazu ist es notwendig – Frau Hagedorn hat es richtiggesagt –, dass wir die Bundespolizei umorganisieren.Das ist keine reine Freude für die Bundespolizei und fürdie Mitarbeiter. Deswegen haben wir gesagt: Wir ma-chen es so, dass wir uns auf die neuen Aufgabenschwer-punkte konzentrieren. Wir machen es für das Personal soschonend wie möglich. Das Konzept wird in drei Jahrenumgesetzt. Es ist, wie im Bundespolizeigesetz vorgese-hen, mit allen Landesregierungen abgestimmt. Es machtdie Ost-West-Verlagerung so erträglich wie möglich. Esführt übrigens dazu, dass wir bei der gegebenen Stärkeder Bundespolizei rund 1 000 Polizeibeamte mehr ausden Städten heraus in den Vollzug bringen. Das ist einEffizienzgewinn. Es stärkt die Leistungsfähigkeit derBundespolizei und dient der inneren Sicherheit unseresLandes.
Ich will trotz der gebotenen Kürze dieser Ausspracheeine weitere Bemerkung machen. Es ist interessant: Voreinem Jahr war das große Thema, dass die Mittel für dieIntegrationskurse angeblich nicht ausreichen. Wir ha-ben sie aufgestockt. Sie haben aber auch im vergangenenJahr ausgereicht. Wir sind in dieser Regierung insgesamtauf einem guten Weg. Wir haben es am Beginn derLegislaturperiode gemeinsam zu einem Schwerpunktunserer Politik gemacht, vorhandene Defizite in der Inte-gration von Menschen mit Migrationshintergrund abzu-arbeiten und zu bekämpfen. Wir kommen auf diesemWeg voran und stellen für den Haushalt 2008 die ent-sprechenden Mittel zur Verfügung.Es ist bereits gesagt worden – darauf werden die Kol-legin Freitag und andere noch zu sprechen kommen –,dass wir im Haushalt die Mittel für die Sportförderungund für die Dopingbekämpfung erhöht haben; auch da-für bedanke ich mich. Ich füge hinzu: Wir haben diegroße Sorge, dass das ungeheuer Attraktive, das derSport in all seinen Erscheinungsformen für unser Land,für die Bevölkerung und für die Gesellschaft bedeutet,durch Übermaß bzw. Übertreibung zerstört wird. Auchdie Auswirkungen der überzogenen Professionalisierungbis hin zum Missbrauch bei den Sportwetten, den es zubekämpfen gilt – vom Doping ganz zu schweigen –, be-reiten uns große Sorgen.Wir müssen deshalb am richtigen Verständnis vonSubsidiarität festhalten. Wir müssen die Eigenverant-wortung der Sportorganisationen einfordern und stärkenund vonseiten des Staates, der Politik und des Gesetzge-bers, subsidiäre Unterstützung leisten. Wir dürfen abernicht glauben, dass dann, wenn wir die Freiheit der Sport-organisationen durch staatliche Reglementierung erset-zen würden, irgendetwas besser würde. Dadurch würdedie Situation nur schlechter.sSfißZkprSrPaWectrggnDLsDSGdtGsrGAghghnsdtmsst
Meine letzte Bemerkung. Auch wenn Deutschland einicheres Land ist, haben sich die Bedrohungen unserericherheit verändert. Die Welt verändert sich fort undort, und die technologischen Entwicklungen schreitenmmer weiter voran. Das ist in jeder fachlich einigerma-en ernsthaft geführten Diskussion Konsens.Herr Kollege Stadler hat richtig beschrieben, was imusammenhang mit der Entwicklung neuer Kommuni-ationstechnologien in der vergangenen Legislatur-eriode geschehen ist. Nun, nachdem der Bundesge-ichtshof entschieden hat, müssen wir regeln, wie dieicherheitsbehörden auf technologische Entwicklungeneagieren.Als das Auto noch nicht erfunden war, brauchte dieolizei keine Kraftfahrzeuge; das ist wahr. Als das Autober erfunden war, brauchte die Polizei Kraftfahrzeuge.enn Kommunikation nicht mehr nur über das Telefonrfolgt, sondern in anderer Weise, dann müssen die Si-herheitsbehörden die Möglichkeit haben, unter Beach-ung der gleichen engen Voraussetzungen – eine klareechtliche Grundlage, die Entscheidung einer unabhän-igen Stelle bzw. eines Richters im Einzelfall und der-leichen mehr – mit der technischen Ausstattung derje-igen, die unsere Sicherheit bedrohen, Schritt zu halten.er Staat ist ein Rechtsstaat nur so lange, wie er in derage ist, das Recht durchzusetzen. Die Gesetzlosigkeitichert nicht Freiheit und Grundrechte.
as ist kein Widerspruch, sondern ein notwendigerchritt. Hier haben wir eine Verantwortung.Wir haben gesagt: Dafür schaffen wir eine rechtlicherundlage. – Deswegen: Kritisieren Sie nicht zu schnelliejenigen, die versuchen, für das, was als Folge derechnischen Entwicklung notwendig ist, eine rechtlicherundlage zu schaffen. Mein Verständnis vom Verfas-ungsstaat ist – hier lasse ich mich von niemandem beir-en –, dass wir nur im Rahmen der Verfassung, auf derrundlage klarer rechtlicher Regelungen, begrenzt aufusnahmefälle, mit Transparenz und unter Berücksichti-ung datenschutzrechtlicher Vorschriften, den Sicher-eitsbehörden die rechtlichen Instrumente an die Handeben dürfen, die sie brauchen, um nicht in Grauzonenandeln zu müssen.
Bei allem Respekt: Ich halte nichts, aber auch garichts davon, dass uns Mitglieder des Bundesverfas-ungsgerichts raten, wir sollten uns im Zweifel nicht anie Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts hal-en. Das entspricht nicht meinem Verständnis. Ichöchte, dass wir im Rahmen von Verfassung und Ge-etz, und zwar nur im Rahmen von Verfassung und Ge-etz, handeln. Hier müssen der Gesetzgeber und die poli-isch Verantwortlichen ihre Verantwortung übernehmen.
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Bundesminister Dr. Wolfgang SchäubleWir dürfen nicht einfach nur hoffen, dass sich im Zwei-fel irgendjemand bei der Polizei oder bei der Bundes-wehr nicht an Verfassung und Gesetz hält. Das ist nichtunser Verständnis.Wir dienen dem Rechtsstaat mehr, wenn wir offen,transparent und sachlich über die Frage diskutieren: Un-ter welchen Voraussetzungen muss wer in welcher Lageeine Entscheidung treffen, um Schaden von unseremLand zu wenden? Darum geht es – um nicht mehr undnicht weniger.Herzlichen Dank.
Das Wort hat der Kollege Hartfrid Wolff von der
FDP-Fraktion.
Hartfrid Wolff (FDP):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kritik an
der Bundesregierung ist nötig. Ich glaube aber, dass Sie,
Herr Kollege Wieland, sich eben vergaloppiert haben.
Die Stichpunkte, die Sie genannt haben, und die Verglei-
che, die Sie gezogen haben, waren nicht erforderlich,
um die existierenden Widersprüche in der Regierungs-
politik deutlich zu machen.
Herr Innenminister Schäuble, Sie sagten gerade, dass
Sie sich an das Gesetz – vor allem an das Grundgesetz –
halten möchten. Interessant ist dabei, dass einige Perso-
nen – nicht nur Verfassungsrechtler – erhebliche Schwie-
rigkeiten bei den Initiativen sehen, die Sie bisher vorge-
legt haben. Die Vorratsdatenspeicherung harrt noch der
Überprüfung. Ich habe aber große Zweifel, ob Sie an
dieser Stelle Ihrem eigenen Ziel gerecht werden können.
Die Widersprüche sind deutlich. Einerseits haben Sie
neue Forderungen wie die Onlinedurchsuchung – übri-
gens gibt es auch da verfassungsrechtliche Bedenken –,
die Videoüberwachung und Abhörmaßnahmen. Ande-
rerseits wird die Einsatzfähigkeit und Motivation der
Polizei durch Umstrukturierungen, Personalabbau so-
wie schlechte Bezahlung und Versorgung auf breiter
Ebene konsequent reduziert.
Die Furcht vor Terroranschlägen wird von Bundesmi-
nister Schäuble mit seiner Panikmache verstärkt. Das
Ziel ist, die Öffentlichkeit für Verschärfungen der Si-
cherheitsgesetze geneigt zu machen, die eigentlich nicht
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Liebe Kolleginnen und Kollegen, organisatorischer
ktionismus hilft nicht. Ein besonders unerfreuliches
apitel ist dabei tatsächlich die Bundespolizeireform.
hne Beteiligung der Betroffenen wurden vollendete
atsachen geschaffen. Leider wird das vorgegebene Ziel,
en operativen Bereich der Bundespolizei zu stärken,
icht erreicht werden, indem die Zahl der Inspektionen
nd Verantwortlichen vor Ort nahezu halbiert wurde.
Herr Körper nickt zu Recht. – Stattdessen wird in Pots-
am ein gigantischer Wasserkopf geschaffen. Die Kos-
en der Reform in Höhe von mehr als 100 Millionen
uro, die die Bundesregierung auf Anfrage der FDP
chon zugegeben hat, sind kein Pappenstiel. Insofern
anke ich Ihnen, Frau Hagedorn, für Ihren Hinweis.
Ich frage Sie, Herr Schäuble: Warum legen Sie schon
eit Jahren keinen Bericht zur Bundespolizei mehr vor?
o ist zum Beispiel Ihre Definition der Leitlinien über
ie Ziele der Bundespolizei nach der Schengen-Erweite-
ung? Brauchen wir wirklich mehr hochdotierte Posten
n der neuen Zentrale? Sie schaffen mit dem neuen Bun-
espolizeipräsidium in Potsdam Parallelstrukturen. Das
KA und die Bundespolizei müssen zusammenarbeiten,
tatt sich gegenseitig Konkurrenz zu machen.
Bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität
ehlt die Abstimmung. Der Zoll hat leider – ich sage
anz bewusst „leider“ – keine Erkenntnisse darüber, ob
ich die organisierte Kriminalität zum Beispiel über den
igarettenschmuggel ausweitet. Andererseits fordert das
nnenministerium immer neue Gesetze zur Bekämpfung
erselben. Das ist unabgestimmt, chaotisch, und, Herr
inister, Ihre Sicherheitsarchitektur gleicht einer Bruch-
ude.
Auch an vielen anderen Baustellen im Innenressort
ehlt der Architekt. Beim Waffenrecht wusste das Minis-
erium nicht, was es tut. 2006 forderten Sie die Entwick-
ung des Instruments der Onlinedurchsuchung und ha-
en im Haushaltsausschuss extra Mittel dafür beantragt,
bwohl Ihre Geheimdienste dieses bereits seit 2005
echtswidrig angewandt haben.
Meine Damen und Herren, die innere Sicherheit
eutschlands benötigt keine panischen Gesetzgebungs-
ttacken, sondern eine ruhige, entschlossene und über-
egte politische Führung.
Für die FDP gilt: Sicherheit ist nicht gegen, sondern
ur in Zusammenarbeit mit den Bürgern zu erreichen.
Vielen Dank.
Das Wort hat jetzt der Kollege Michael Hartmann voner SPD-Fraktion.
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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Sehr geehrter Herr Minister, ich bin Ihnen sehr dankbarfür die maßvolle und abgewogene Rede, die Sie gehaltenhaben.
Sie zeugt davon, dass manches Gespräch, das wir in denletzten Wochen in vielleicht etwas härterem Ton führenmussten, doch etwas genutzt hat. Vielen Dank, so kön-nen wir gut weitermachen, Herr Minister Schäuble.
Wir haben in dieser Wahlperiode allen Unkenrufenzum Trotz allein im Bereich der inneren Sicherheit be-reits 13 Gesetze verabschiedet. Es handelte sich um Ge-setze, die nicht skandalträchtig waren, die uns aber in derTat weitergebracht haben.Lieber Herr Wolff, ich kann Ihnen das nicht ersparen:Es ist schon eine pikante und unangenehme Situation füreinen Abgeordneten der FDP, wenn er hier zur innerenSicherheit spricht. Denn es gibt ja ein Landesgesetz ausNordrhein-Westfalen, das sich auf den Verfassungs-schutz bezieht, mit dem Tür und Tor geöffnet werden,ohne dass bürgerliche Freiheitsrechte respektiert werden.Dieses Gesetz ist unter der Federführung eines FDP-Ministers entstanden. Gehen Sie da in sich! Wir machengründlichere und gute Gesetze.
Warten Sie es ab: Das NRW-Gesetz wird in Karlsruhetragisch scheitern.
Die Gesetzgebung im Bereich der inneren Sicherheitist auch deshalb eine gute, lieber Herr Kollege Wieland,weil wir hier in einer Kontinuität stehen. Ich möchtejetzt gar nicht darauf hinweisen, dass das Luftsicher-heitsgesetz, das vor dem Bundesverfassungsgericht ge-scheitert ist, auch mit den Stimmen der Grünen verab-schiedet wurde.
Tun Sie also nicht so, als seien Sie bei all diesen Dingennicht dabei gewesen, als hätten Sie schon immer Alarmgerufen, wenn vermeintlich Bürgerrechte angegriffensind!Vor diesem Hintergrund sage ich Ihnen: Wir sind der-zeit dabei – ganz in der Tradition von Rot-Grün und auf-bauend auf dem, was an guter und solider Politik vonOtto Schily und seinem Staatssekretär Fritz RudolfKörper und vielen anderen vorbereitet wurde –,
bDWwausoewrvzsduhnrcPDlccTgmnBvSsbsgnnnüDPMötFhsw
Wenn wir über die große Herausforderung des Terro-ismus reden, die begründetermaßen im Vordergrundon innenpolitischen Debatten steht, wird immer wiederu Recht das Argument wiederholt: Die Bedrohungenind asymmetrisch geworden, Staaten sind implodiert,ie Situation ist nicht mehr wie einst, und wir müssenns darauf einstellen. – Sehr richtig: Innen und außenaben nicht mehr die gleiche Bedeutung wie einst. Den-och ist die Bedrohung durch den internationalen Terro-ismus eine Bedrohung durch Verbrecher, und Verbre-hern legt man das Handwerk mit den Mitteln derolizei.
eshalb sagen wir Nein zu einer Militarisierung der Po-izei und zu einer Verpolizeilichung des Militärs.Übrigens macht innere Sicherheit im subjektiven Si-herheitsgefühl der Menschen und in der objektiven Si-herheitslage mehr aus als nur den Kampf gegen denerror. Denken Sie an die großen, dramatischen und tra-ischen Herausforderungen durch die organisierte Kri-inalität, ob das nun das ekelhafte Feld der Kinderpor-ografie ist, ob wir über Datenklau in Firmen – eineedrohung für die Wirtschaft – oder Datenklau bei Pri-atpersonen – eine Bedrohung für jeden, der einecheckkarte besitzt – reden oder ob wir – Sie erinnernich – an die schrecklichen Mafiamorde denken. Wir ha-en hier ein großes Feld, dessen wir uns annehmen müs-en. Ich würde mir wünschen, dass wir nicht nach vorneegen al-Qaida kämpfen, während im Rücken die orga-isierte Kriminalität tobt. Wir müssen in Zukunft ge-auso viel Energie auf diesen Bereich verwenden.
Auch bei diesen Tat- und Deliktfeldern ist das Inter-et – Herr Minister, auch darin stimmen wir weitgehendberein – ein wichtiges Medium zur Vorbereitung undurchführung der Taten. Doch gleichzeitig geben wir alsrivatpersonen leichtfertig oder unvorsichtig eineenge von Daten im Internet preis: Bei jedem Kauf er-ffnen wir der gewerblichen Wirtschaft unsere privates-en Neigungen und Interessen, oder wir legen unsereinanzströme dar und vieles andere mehr. Ich bin des-alb der Meinung, dass wir auch bei dem, was da ge-chieht und was wir alle leichtfertig zulassen – eine Ent-icklung, die nicht aufhaltbar sein wird und auch ihr
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Michael Hartmann
Positives hat –, viel mehr aufpassen müssen. Deshalbwollen wir uns als SPD gemeinsam mit unserem Koali-tionspartner der Frage annehmen, ob wir einen Raum derFreiheit und der Sicherheit im Internet nicht genausobrauchen wie anderswo. Das scheint mir dringend gebo-ten und ein Projekt zu sein, das wir gemeinsam vielleichtnoch in dieser Wahlperiode stemmen können. Wenn derStaat nur ein Achtel so viel Daten erfassen würde, wiewir leichtfertig im Internet preisgeben, gäbe es Demon-strationen durchs Brandenburger Tor. Deshalb müssenwir im Umgang mit der gewerblichen Wirtschaft vielstärker auf den Datenschutz achten.
Bei aller Unterschiedlichkeit und bei allem – übrigensnotwendigen – Ringen um den richtigen Standpunkt inder inneren Sicherheit bleibt eines klar: Kernaufgabe desStaates, des neuzeitlichen Verfassungsstaates, ist dieStiftung und Gewährleistung des innergesellschaftli-chen Friedens in Freiheit. Diesem Ziel sind wir gemein-sam verpflichtet. Deshalb wird es immer gute Ergeb-nisse geben, auch wenn dafür manchmal längerdiskutiert werden muss.Vielen Dank.
Zu einer Kurzintervention erteile ich dem Kollegen
Detlef Parr das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eingangs
der Debatte hat der Kollege Luther etwas zur Finanzie-
rung des Sports gesagt und die Unterstützung der Deut-
schen Sporthilfe mit 1 Million Euro noch einmal heraus-
gestellt. Ein Grund dafür, dass dort 1 Million Euro an
Steuermitteln hineinfließen sollen, ist, dass unter ande-
rem die Einnahmen der Glücksspirale weggebrochen
sind. Auch der Herr Minister hat über den Wettbereich
geredet und die Missbräuche angesprochen.
Ich möchte bei dieser Gelegenheit noch einmal beto-
nen, dass Deutschland im Moment im Jackpot-Fieber ist
und wir vor der Frage stehen, ob sich dieses Fieber noch
häufiger wiederholen wird oder ob es das letzte Mal ist,
dass es hierzu kommt. Wir als Politiker sind nämlich da-
bei, den Menschen den Spaß am Spiel zu nehmen.
Das Bundesverfassungsgericht hat in Sachen Sport-
wetten ein Urteil gesprochen und dabei die Suchtbe-
kämpfung als Voraussetzung für die Beibehaltung des
Glücksspielmonopols herausgearbeitet.
Werbeverbote, Verbote entsprechender Angebote im In-
ternet und eine Begrenzung des Wettangebotes werden
die Folge sein. Damit wird man bei der Finanzierung des
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Ich weiß, dass Sie bei diesem Thema, das ich hier an-
preche, sehr unruhig werden, weil es ganz unangenehm
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ir wissen, dass der Staatsvertrag europarechtlich nicht
altbar ist.
enn Sie gestern das Spiel Werder Bremen gegen Real
adrid gesehen haben, dann konnten Sie feststellen,
ass Real Madrid mit Trikots mit der Aufschrift „bwin“
ufgelaufen ist. Dies ist bei uns verboten.
b wir mit dem Glücksspielstaatsvertrag gut fahren, ist
lso die Frage.
Deswegen fordere ich Sie noch einmal auf bzw. bitte
ie, noch einmal darüber nachzudenken, dass der Bund
ier in Verantwortung ist. Wir dürfen nicht abwarten, bis
ie Länder hier vor die Wand fahren, sondern wir müs-
en selber tätig werden.
ir müssen den Sportwettenbereich aus dem Staatsver-
rag herauslösen und dafür Sorge tragen, dass der Bund
onzessionsmodelle oder eine gewerberechtliche Lö-
ung anbietet. Nur so werden wir die Sportförderung auf
auer sichern können. Ansonsten werden wir alle die
erantwortung dafür tragen, dass die Sportförderung auf
anz schwache Füße gerät. Das wollte ich bei dieser Ge-
egenheit noch einmal anmerken.
Ich danke fürs Zuhören.
Herr Kollege Luther, wollen Sie erwidern? – Herrundesminister Schäuble, wollen Sie erwidern? – Nein,as ist nicht der Fall.
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Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms– Herr Hartmann, Sie waren nicht angesprochen. HerrLuther und Herr Bundesminister Schäuble waren ange-sprochen.
Jetzt hat die Kollegin Petra Pau von der Fraktion DieLinke das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Kollege Körper, Ihrem Wunsch kann ich nicht entspre-chen. Ich muss über den Inhalt der Kurzinterventionnoch einen Moment nachdenken. Dann können wir dasklären.
Mein erstes Thema ist ein anderes, nämlich derRechtsextremismus und der Kampf dagegen. Er istnach wie vor ein gesellschaftliches Problem – in Ost undWest. In einigen Regionen verfestigt er sich – und das imOsten und im Westen der Republik. Er ist eine perma-nente Gefahr, häufig auch für Leib und Leben, und erlässt sich nicht auf die Frage reduzieren, ob die NPD nunverboten werden soll oder nicht.Die Zahlen bleiben alarmierend: Im bundesdeutschenSchnitt werden jede Stunde zweieinhalb rechtsextremmotivierte Straftaten registriert. Täglich werden im sta-tistischen Schnitt zweieinhalb rechtsextrem motivierteGewalttaten ausgewiesen. Mit den offiziellen Zahlenwird tiefgestapelt, auch deshalb, weil das Ausmaßrechtsextremer Gewalt noch immer verharmlost wird.Sachsen-Anhalt liefert dafür ein aktuelles Beispiel. Da-durch wird das Problem verschärft; denn wenn die Ana-lyse nicht stimmt, dann kann auch die Lösung dagegennicht stimmig sein. Deshalb fordert die Linke heute ineinem Antrag eine unabhängige Beobachtungsstelle fürRechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismusnach EU-Vorbild. Ich bitte alle Fraktionen, denen dieDemokratie am Herzen liegt, diesem Antrag zuzustim-men.
Mein zweites Thema ist die Reform der Bundespoli-zei. Sie ist aus dem Bundesgrenzschutz hervorgegangen.Sie steht mit dem Beitritt weiterer Nachbarländer zurEU vor einer Sinnfrage. Diese wiederum soll mit einergroßen Reform beantwortet werden. Das Bundesinnen-ministerium arbeitet eifrig daran – allerdings im Verbor-genen –: Dienststellen werden aufgelöst und umorgani-siert; neue Dienststellen werden geschaffen. Polizistinnenund Polizisten werden versetzt, ohne dass sie erfahren,warum und wozu. Die Gewerkschaften werden übergan-gen –
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as halte ich für illegal und für eine grobe Missachtunger Beschäftigten der Bundespolizei, aber auch für einerobe Missachtung des Bundestages.
ch finde, diese Praxis darf keine Schule machen; dennie dient mitnichten der Sicherheit. Im Gegenteil: Siechafft Unsicherheit, und sie beschädigt die Demokratie.Mein drittes Thema ist der Umgang mit der Verfas-ung, mit dem Grundgesetz. Der Bundesinnenministerähnt sich dabei aus dem Schneider. Er hat im Frühsom-er sinngemäß verkündet, dass das Grundgesetz mit sei-en Bürger- und Grundrechten ein historisches Reliktnd im Kampf gegen den Terrorismus oft ein Hemmnisst. Das war, wie ich fand, ein starkes Stück. Für denürger Schäuble fällt eine solche Äußerung in die Kate-orie Meinungsfreiheit, für den Verfassungsminister, dereinen Diensteid auf das Grundgesetz geschworen hat,llerdings nicht.
Ob Vorratsdatenspeicherung, ob Onlineuntersu-hung, ob Abschuss entführter Passagierflugzeuge – ichalte das alles für verfassungswidrig.
ch kann nur dringend an die SPD appellieren, den Be-ehren der Union nicht weiter nachzugeben. Sie sind sei-erzeit schon Otto Schily zu weit gefolgt – übrigens ge-einsam mit den Grünen. Ich finde, wir solltenerbriefte Bürgerrechte gemeinsam besser schützen.Lassen Sie mich zum Schluss noch zu einem anderenhema kommen, nämlich der Integration. Es ist unstrit-ig, dass Menschen, die in der Bundesrepublik leben unditwirken wollen, der deutschen Sprache mächtig seinüssen. Aber allein die Aufstockung der Mittel für Inte-rationskurse reicht hier nicht aus. Der Kollege Wielandat den Taschenspielertrick gerade schon aufgedeckt.Es ist auch unstrittig, dass Menschen, die hier leben,as Grundgesetz achten und sich daran halten sollen. Al-erdings ist Integration eben keine Einbahnstraße – undbrigens auch nicht nur eine Frage des Innenressorts. In-egration heißt auch Ermöglichung von Teilhabe: von so-ialer und demokratischer Teilhabe. Deshalb finde ich esehr bedauerlich, dass wir noch immer kein kommunales
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Petra PauWahlrecht für Nicht-EU-Bürgerinnen und -Bürger habenund dass Sie unserem Antrag nicht zugestimmt haben.Danke.
Das Wort hat Herr Kollege Alois Karl von der CDU/
CSU-Fraktion.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrtenDamen und Herren! Sehr geehrter Herr Bundesinnenmi-nister! Der Gesamthaushalt steigt um 4 Prozent, derHaushalt des Innenministers um 13 Prozent. Das ist füruns eine gute Nachricht. Auch wenn andere das anders se-hen wollen – Ihr Beitrag hat das bewiesen, Herr Korte –:Diese Steigerung bedeutet auch ein Mehr an Sicherheitin unserem Lande. Das wollen wir. Dafür stehen wir.Herr Stadler, Sie haben zu Recht angesprochen, dassSicherheitspolitik mit der Ausübung von Freiheitsrech-ten kollidiert. Beides gehört aber zusammen. Die Men-schen wollen frei in unserem Lande leben, und sie wol-len sicher in unserem Lande leben. Der Haushalt bringtbeides zum Ausdruck.2007 war ein gutes Jahr. Wir haben keine großen Ter-roranschläge zu beklagen gehabt. Wir wissen, dass Si-cherheit nicht wie ein Lichtschalter ein- oder auszuknip-sen ist. Vielmehr liegt das daran, dass unsere Politikrichtig war. So wissen wir, dass es der Einsatzbereit-schaft vieler Sicherheitsbehörden zu verdanken ist, dassheuer Terroranschläge vermieden werden konnten. Hier-für bedanken wir uns herzlich.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir wissen,dass die Bedrohung oft nicht gesehen wird. Wir wissen,dass eine latente, eine labile Sorglosigkeit herrscht, ge-rade weil Terroranschläge in den letzten Jahren bei unsGott sei Dank vermieden worden sind. Deshalb müssenwir heute die richtigen Entscheidungen treffen, damitwir auch in Zukunft in unserem Land sicher leben kön-nen.Wenn ich die Ausführungen der Kollegen der Opposi-tion richtig verstanden habe, dann war die Quintessenz,dass die Bilanz nach zwei Jahren Große Koalition er-nüchternd ist.
In der Tat ist die Bilanz ernüchternd für jene, dieDeutschland als ein schwächelndes Land ausmachenwollten, ernüchternd für jene, die in Deutschland denTerrorismus mit seinen internationalen Verflechtungenfestsetzen wollten. Für uns ist die Bilanz glänzend:Deutschland ist heute sicherer als vor zwei Jahren; dasist die gute Nachricht. Darüber freuen wir uns. Dafürdanken wir Ihnen, sehr geehrter Herr Bundesinnenminis-ter, sehr herzlich.
pBvGSguFgdeBthEiAElmafFnfgusavDaBHscezin
s war eine verworrene Argumentation, die Ihrer eigent-ich nicht würdig ist, lieber Herr Kollege Wieland.
Sehr geehrter Herr Bundesinnenminister, auch wennanche meinen, kübelweise Spott und Hohn über Sieusschütten zu müssen, darf ich Ihnen für die Unions-raktion versichern: Wir stehen in dieser Sache auf jedenall auf Ihrer Seite. Wir haben Sie als starken Innenmi-ister kennengelernt und wissen, dass den neuen Heraus-orderungen in der Tat mit entsprechenden Mitteln be-egnet werden muss.Die Polizeipräsenz in der Nähe der Grenzen zu Polennd zur Tschechischen Republik wird nicht verringert,ondern verstärkt. Wir wissen, dass schon bislang vielesn den Schlagbäumen vorbei geschmuggelt wurde undiele ungebetene Gäste in unser Land gekommen sind.ie Bundespolizei wird ihre Aufgaben in Bayern und innderen grenznahen Bundesländern sicherlich erfüllen.Ein Wort zur Situierung der neuen Polizeidirektion inayern, worüber wir schon viel gesprochen haben, liebererr Bundesinnenminister: Die Bayern fordern gemein-chaftlich, die geplante Polizeidirektion nicht in Mün-hen, sondern in der Nähe der tschechischen Grenze zurrichten. Ich bitte Sie, das in Ihre Erwägungen einzube-iehen; denn alle Bayern gemeinschaftlich können nichtrren, Herr Bundesinnenminister. Darüber sollten Sieoch einmal nachdenken.
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Herr Kollege Karl, bitte kommen Sie zum Schluss.
Meine Redezeit wurde etwas gekürzt.
Ein letztes Wort. Der Bundesinnenminister ist ja auch
Sportminister. Wir freuen uns über die Erhöhung der An-
sätze für den Sport. Es wurde bislang nur kurz erwähnt,
dass wir 2,8 Millionen Euro mehr für die Dopingbe-
kämpfung ausgeben. Wir dürfen nicht vergessen: Das
Geld, das wir ausgeben, ist uns anvertraut.
Herr Kollege Karl, Ihre Redezeit ist gekürzt worden,
weil der Herr Bundesminister länger geredet hat. Das ist
aber kein Grund, dass Sie sich jetzt die Zeit zurückholen.
Das geht nicht.
Ich komme zum vorletzten Satz, lieber Herr Präsi-
dent.
Wir wollen mit jenen Sportlern, Betreuern und Funk-
tionären nichts zu tun haben, deren oberstes Ziel offen-
sichtlich die Befriedigung ihrer Gier ist. Wer dopt, ist ein
Betrüger. Mit Betrügern wollen wir nichts zu tun haben.
Betrüger subventionieren wir nicht. Das können wir uns
nicht leisten.
Ich danke Ihnen, sehr geehrter Herr Bundesinnenmi-
nister, für Ihr Engagement.
Herr Kollege Karl, es reicht jetzt wirklich. Bitte kom-
men Sie zum Schluss.
Herr Bundesinnenminister, ich hätte Sie noch mehr
gelobt, wenn ich mehr Zeit gehabt hätte.
Vielen herzlichen Dank.
Das Wort hat der Kollege Michael Bürsch von der
SPD-Fraktion.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!Ich kehre an den Anfang zurück. Herr Kollege Stadler,diese Koalition ist handlungsfähig. Sie arbeitet nach demPrinzip: Das Bessere ist der Feind des Guten. – Das istetwas, worüber man manchmal streiten muss. Wie es derZüusIdIIAGr6denDedHzgBdPufeotrAbRnKZdcg
Aber das ist noch nicht das Ende der Fahnenstange.ch werde das beweisen. Es bleiben noch Dinge zu tun.uch da gilt: Einiges können wir noch besser machen.ut ist jedenfalls, dass wir an der Stelle die Kurse diffe-enzieren, dass wir zum Beispiel an einigen Stellen statt00 Stunden 900 Stunden anbieten können,
ass wir Kurse für Analphabeten anbieten und dass wirtwas mehr Gebühren für die Kurse zahlen.Eines, was die SPD weiter fordern und wobei sieicht zurückstecken wird, ist noch nicht ganz gelungen.ie Einführung der Migrationserstberatung ist durchausin Erfolg gewesen. Die wollen wir fördern. Die Gruppeer etwa 50 000 benachteiligten Jugendlichen ohneauptschulabschluss müssen wir auch etwas differen-ierter betrachten. Man kann für diese Gruppe keine all-emeine Lösung finden. Da bedarf es der individuellenetreuung.
Dazu erwähne ich zwei Beispiele aus Deutschland,ie mir sehr imponiert haben.In Köln gibt es mit der Initiative „Coach e. V.“ desädagogen Mustafa Bayram eine Initiative zur Bildungnd Integration junger Migranten. Dieser betreut unge-ähr 200 Jugendliche, die es sehr schwer haben, ohneine entsprechende Ausbildung einen Ausbildungsplatzder einen Beruf zu finden. Diese Initiative braucht Un-erstützung und ein Stück weit auch öffentliche Förde-ung.Das zweite Beispiel ist eine Initiative, die gesternbend ausgezeichnet wurde. Sie nennt sich „Work andox“. Ein Unternehmer aus München, der Schreinerupert Voß,
immt jedes Jahr 20 Jugendliche mit einer kriminellenarriere, um die sich sonst kein Mensch kümmerte, auf.u diesem Zweck hat er sogar das Boxen gelernt, weilas zunächst die einzige Sprache war, die diese Jugendli-hen überhaupt verstanden haben. Von diesen 20 Ju-endlichen pro Jahr hat er 18, manchmal auch 19, in eine
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Dr. Michael BürschAusbildung gebracht. Das kostet Geld, und auch solcheInitiativen müssen wir unterstützen. Das ist nämlich einesehr sinnvolle Initiative. Wenn diese jungen Menschenim Gefängnis wären, dann müsste man mit Kosten von30 000 Euro pro Jahr rechnen. Das bedeutet im Zeitraumeiner dreijährigen Ausbildung Kosten von rund 100 000Euro. Wenn man sich vor Augen hält, dass diese Initiati-ven eine nur geringe Unterstützung erfordern, dann müs-sen wir in die Lage versetzt werden, diese Unterstützungzu geben.Es gibt also noch einiges zu tun, insbesondere was In-dividualisierung und Differenzierung betrifft. Das sinddie Beispiele dafür, was ich meine, wenn ich sage, dassdas Bessere der Feind des Guten ist. Insofern wird unsIntegration weiter beschäftigen, und wir von der SPDwerden an diesem Thema mit besonderem Interesse wei-terarbeiten.
Ich sage noch ein letztes Stichwort. Wir haben hiermehrfach über Zuwanderung und die Möglichkeit, dieZuwanderung zu steuern, geredet. Ich habe mit großerFreude gesehen, dass die Bundesregierung in Mesebergbeschlossen hat, ein Konzept für eine Zuwanderung zuentwickeln,
das – so heißt es –:den Interessen unseres Landes auch in der nächstenDekade Rechnung trägt. Bei der Erarbeitung desKonzeptes sollen quantitative und qualitative In-strumente geprüft und die Erfahrungen andererLänder bei der arbeitsmarktbezogenen Steuerungvon Zuwanderung einbezogen werden.
Da rufe ich meinen Kolleginnen und Kollegen von derCDU/CSU zu: Bitte lassen Sie einmal weg, dass offen-bar das Wort „Punkteregelung“ inzwischen ein Unwortgeworden ist bzw. dass Sie damit etwas verbinden, wasIhnen nicht ins Konzept passt. Wir können das auch an-ders nennen; wir können das beispielsweise Auswahl-verfahren nennen. Es ist aber von allen Experten einhel-lig gesagt worden, dass wir zwischen 2010 und 2020einen Bedarf an 3 Millionen qualifizierter Facharbeiterhaben werden. Diesen können wir nicht decken,
indem wir diese Menschen allein auf dem Binnenarbeits-markt aus- und fortbilden.
Das wird nicht reichen. Es ist entscheidend, dass wirnach dem Prinzip „Sowohl-als-auch“ vorgehen und nichtein Entweder-oder postulieren.
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as wird Deutschland zugutekommen.
Als letzte Rednerin zu diesem Einzelplan hat die Kol-
egin Dagmar Freitag von der SPD-Fraktion das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!achdem eben etwas unerwartet der Werbeblock derDP zum Sporthaushalt über uns hereingebrochen ist,öchte ich gern wieder zu unserem eigentlichen Themaurückkommen, nämlich zu einem deutlich aufgestock-en Haushalt für den Sport.Vorab möchte ich sagen: Für die konstruktiven Bera-ungen gilt mein Dank den Sportpolitikern der Koalitionowie den Herren Ministern Schäuble und Steinbrück.nsbesondere gilt er aber den beiden zuständigen Be-ichterstattern der Koalition, dem Kollegen Norbertarthle und meiner Fraktionskollegin Bettina Hagedorn.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist heute bereitsrwähnt worden: Erstmalig wird der Bund die Stiftungeutsche Sporthilfe mit einer Summe von 1 Millionuro unterstützen.
ies tun wir aus der festen Überzeugung heraus, dassiese Summe gut angelegtes Geld ist, das den Sportlerin-en und Sportlern unmittelbar zugutekommt. Die Stif-ung Deutsche Sporthilfe verdient und benötigt unserenterstützung; Koalition und Regierung stehen dazu.
Wir stärken einmal mehr die Nationale Anti-Doping-gentur. Die Betonung liegt an dieser Stelle auf demort „wir“. Es ist der Bund, der einmal mehr seiner Ver-ntwortung gerecht wird und den berechtigten Forderun-en an die Arbeit der NADA Taten folgen lässt. Es sindarüber hinaus die Mitglieder des Sportausschusses, dieich in Gesprächen mit der Wirtschaft um zusätzlicheelder bemühen.
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Dagmar FreitagDer Deutsche Olympische Sportbund, kurz DOSB,hatte die Bundesländer im Laufe des Jahres aufgefordert,sich ebenfalls an der Finanzierung der NADA zu beteili-gen. Soweit mir bekannt ist, haben sich die Sportministerder Länder bislang nicht auf eine Zusage verständigenkönnen. Das ist möglicherweise auch kein Wunder, dader Deutsche Olympische Sportbund im selben Atemzugseine eigene Finanzierung für 2008 flugs wieder halbierthat. Das ist vielleicht ein schlechtes Signal, wenn manvon anderen Geld eintreiben will.Es stellt sich also wirklich die Frage: Sind immer nurdie anderen für die Finanzierung des Anti-Doping-Kampfes zuständig?
Unsere Antwort ist eindeutig. Sie heißt Nein. Statt sichdieser Aufgabe endlich in aller Konsequenz zu stellen,lamentieren Spitzensportfunktionäre öffentlich über dieKosten für den Kampf gegen Doping. NationalesSchiedsgericht? Zu teuer. Nationaler Testpool? Zu teuer.Mehr und intelligente statt der bisherigen Zufallskontrol-len? Zu teuer.Da wird von Spitzensportfunktionären allen Ernstesals Gegenargument die Frage in den Raum gestellt: Wiesage ich es meinen Breitensportlern? Das kann dochwohl nicht wahr sein! Haben solche Funktionäre immernoch nicht verstanden, dass jeder neue Dopingfall dasImage und damit auch die Basis des Sports insgesamtzerstört
und dass Spitzen- und Breitensport letztlich in einemBoot sitzen? Ein von Dopingskandalen durchsetzterSport wird in letzter Konsequenz dazu führen, dass sichdie Menschen vom Sport abwenden und dass es sich El-tern dreimal überlegen werden, ob sie ihre Kinder nochin die Sportvereine schicken können.
Dass ein halbherziger Kampf gegen Doping den Sport inseinen Grundfesten gefährdet und erschüttert, das kannman den Breitensportlern in den Verbänden sehr wohlerklären. Man muss es nur wollen.
Erste Sponsoren ziehen die Reißleine. AusbleibendeZahlungen, aber auch harte Strafen für überführte Doperund ihr Umfeld sind eine klare Ansage: Das ist eineSprache, die die Leute aus der Szene verstehen. Frank-reich wird nach meinen Informationen sein Antidoping-gesetz überarbeiten. Wir werden die dortige Entwick-lung mit größtem Interesse beobachten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der von uns entwi-ckelte Sporthaushalt bietet dem Sport beste Vorausset-zuJdnDtdfzSSEAtaHsmZDDEmmEAgngdV1)2)
as Bundesinnenministerium ist gefordert, die Einhal-ung dieser Bedingung konsequent zu kontrollieren undie Gelder bei Verstoß ohne Wenn und Aber zurückzu-ordern. Ansonsten gilt: Sponsoren können sich zurück-iehen. Das sollten sich alle vor Augen führen, die diepitzensportförderung durch den Bund für eine schlichteelbstverständlichkeit halten.Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich schließe die Aussprache.Wir kommen zur Abstimmung über deninzelplan 06, Bundesministerium des Innern, in derusschussfassung. Hierzu liegen zwei Änderungsan-räge vor, über die wir zuerst abstimmen.Wer für den Änderungsantrag der Fraktion Die Linkeuf Drucksache 16/7320 stimmt, den bitte ich um dasandzeichen! – Wer stimmt dagegen? – Wer enthältich? – Der Änderungsantrag ist abgelehnt mit den Stim-en der Koalitionsfraktionen und der FDP-Fraktion beiustimmung der Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/ie Grünen.1)Wer stimmt für den Änderungsantrag der Fraktionie Linke auf Drucksache 16/7321? – Gegenstimmen? –nthaltungen? – Der Änderungsantrag ist bei Zustim-ung der Fraktion Die Linke abgelehnt mit den Stim-en aller übrigen Fraktionen.2)Wir kommen nun zur Abstimmung über deninzelplan 06, Bundesministerium des Innern, in derusschussfassung. Wer stimmt dafür? – Wer stimmt da-egen? – Enthaltungen? – Der Einzelplan 06 ist ange-ommen mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen ge-en die Stimmen der Oppositionsfraktionen.Ich rufe die Tagesordnungspunkte V a und b sowieie Zusatzpunkte 2 a und 2 b auf: a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verein-fachung und Anpassung statistischer Rechts-vorschriften– Drucksache 16/7248 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
InnenausschussAusschuss für Umwelt, Naturschutz und ReaktorsicherheitAnlage 2Anlage 3
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Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solmsb) Beratung des Antrags der Abgeordneten PatrickDöring, Horst Friedrich , JoachimGünther , weiterer Abgeordneter und derFraktion der FDPRollende Supermärkte von fahrpersonalrecht-lichen Vorschriften ausnehmen– Drucksache 16/6639 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
InnenausschussAusschuss für Wirtschaft und TechnologieAusschuss für Arbeit und SozialesZP 2 a)Beratung des Antrags der AbgeordnetenDr. Petra Sitte, Dr. Kirsten Tackmann, KarinBinder, weiterer Abgeordneter und der FraktionDIE LINKENanotechnologie für die Gesellschaft nutzen –Risiken vermeiden– Drucksache 16/7276 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Bildung, Forschung undTechnikfolgenabschätzung
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft undVerbraucherschutzAusschuss für GesundheitAusschuss für Umwelt, Naturschutz und ReaktorsicherheitAusschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Unionb) Beratung des Antrags der Abgeordneten GrietjeBettin, Kai Gehring, Ekin Deligöz, weiterer Ab-geordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIEGRÜNENHochwertige Computerspiele fördern und be-wahren– Drucksache 16/7282 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Kultur und Medien
Ausschuss für Wirtschaft und TechnologieAusschuss für Familie, Senioren, Frauen und JugendAusschuss für Bildung, Forschung undTechnikfolgenabschätzungAusschuss für die Angelegenheiten der Europäischen UnionHaushaltsausschussEs handelt sich um Überweisungen im vereinfach-ten Verfahren ohne Debatte. Interfraktionell wird vor-geschlagen, die Vorlagen an die in der Tagesordnungaufgeführten Ausschüsse zu überweisen. Sind Sie damiteinverstanden? – Das scheint der Fall zu sein. Dann sinddie Überweisungen so beschlossen.Wir kommen nun zu den Tagesordnungspunkten VI abis j. Es handelt sich um Beschlussfassungen zu Vorla-gen, zu denen keine Aussprache vorgesehen ist.Tagesordnungspunkt VI a:Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-ausschusses
Sammelübersicht 307 zu Petitionen– Drucksache 16/7123 –dehdFEgtggmgFügFt
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ies wird den Kollegen der Koalition und uns Haushäl-ern insgesamt die Möglichkeit geben, vor der Freigabeer Gelder einen kritischen Blick auf die Klimainitia-ive zu werfen.Weder die Unterstützung von Offshore-Windparksoch die Schulung von Handwerkern und Architektenm Hinblick auf energieeffizientes Bauen noch der Ver-uch, den Föderalismus zugunsten der Unterstützungon Kommunen zu umgehen und dort klimaschützendundesgeld anzulegen, macht einen sehr durchdachtenindruck. Ich frage mich, warum Milliardenbeträge ver-ienende Energieunternehmen bei ihren ureigenen Auf-aben mithilfe von Herrn Gabriel auch noch finanziellom Staat unterstützt werden müssen.
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Ulrike Flach
Hier haben die Haushälter der Koalition – das muss ichihnen ins Stammbuch schreiben – dem Herrn Ministerdeutlich den Wind aus den Segeln genommen.
Die FDP hält dies für vernünftig, aber leider nicht fürausreichend.
Wir hätten gerne gesehen, wenn Sie als Haushälter eindeutlicheres Stoppsignal gesetzt hätten und die zu erwar-tenden Erlöse dorthin leiten würden, wohin sie gehören,nämlich in den allgemeinen Haushalt statt in Pro-gramme, die mit heißer Nadel gestrickt wurden. Im all-gemeinen Haushalt können sie unserer Meinung nacham besten eingesetzt werden, nämlich zur Absenkungder Stromsteuer, um die Bürger in diesem Lande zu ent-lasten, die derzeit weiß Gott genug Lasten zu tragen ha-ben.
Die Stromsteuer macht immerhin 12 Prozent desStrompreises aus. Sie bringt jährlich rund 6,5 MilliardenEuro ein. Hier hätten Sie wirken können und durch denEinsatz der Zertifikatserlöse eine notwendige Entlastungfür die Bürger erreichen können, die seit Wochen undMonaten unter hohen Strompreisen ächzen.Im Übrigen teilen wir absolut die Meinung von FrauMerkel, die gestern festgestellt hat, dass der Strom nichtzu billig sei. Aber dann erwarte ich von der Kanzlerin,dass sie sich entsprechend einsetzt. Wir erwarten übri-gens auch von der CDU/CSU-Fraktion, an dieser Stelleetwas Kante zu zeigen; denn es gibt unter Ihnen eineganze Reihe von Finanzpolitikern, die genau das woll-ten, was wir jetzt vorgeschlagen haben.
An dieser Stelle haben Sie den ordnungspolitischen Wegeindeutig verlassen und sich offensichtlich von Ihrem ro-ten Koalitionspartner einfangen lassen.Wir bezweifeln definitiv, dass Sie mit dieser InitiativeIhr Ziel erreichen werden, Herr Minister. Das Interes-sante ist, dass nicht nur wir das bezweifeln. Im Spiegel,den auch Sie wahrscheinlich lesen, hat Greenpeacekürzlich deutlich gemacht, dass die Gesamtergebnisseder 29 Maßnahmen der Klimaschutzinitiative absolutgeschönt sind. Statt der Reduzierung der CO2-Emissio-nen um 270 Millionen Tonnen könnten bis 2020 nur160 Millionen Tonnen eingespart werden. Ich zitiere:So seien insbesondere bei der Kraft-Wärme-Kopp-lung und den Stromsparmaßnahmen in der Industrie„deutlich zu hohe“ oder „optimistische“ Werte an-gesetzt worden, die selbst von internen Berechnun-gen des Umweltbundesamtes abweichen.DdisKgmdFeAbCsedikgmtnADdMdhzutgRFE
Unser Weg zu mehr Klimaschutz ist ein anderer. Wirrauchen international eine technische Revolution inhina und in den afrikanischen Ländern, die bisher zutark auf fossile Energien setzen, und wir brauchen dortinen massiven Einstieg in die erneuerbaren Energien.
Wir wollen mehr Markt im Emissionshandel, nationalurch die Einbeziehung beispielsweise des Verkehrs undnternational durch die Instrumente des Kioto-Proto-olls. Wir wollen mehr CDM-Projekte, um Treibhaus-ase da zu verringern, wo dies zu den geringsten Kostenöglich ist.
Ihr Weg, Herr Gabriel, ist der nationale Weg der Ver-euerung und der Abhängigkeit. Unser Weg ist der inter-ationale Weg des Marktes und des Wettbewerbs.
Für die SPD-Fraktion hat nun das Wort der Kollege
ndreas Weigel.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrtenamen und Herren! Liebe Frau Flach, die Haushälterer Koalition haben nicht kühl auf die Vorschläge desinisteriums reagiert; vielmehr haben wir mit Herzblutafür gekämpft. Das Verhältnis zum Minister ist warm-erzig. Das will ich an dieser Stelle klar und deutlichum Ausdruck bringen.
Was der Haushalt 2008 für das Ministerium und fürns bedeutet, kann man durchaus mit dem Begriff „rich-ungweisend“ charakterisieren. Die Arbeit und die Auf-aben des Ministeriums werden sich weitaus aktiver inichtung Programmpolitik bewegen, als das bisher derall war. Zusammen mit den zusätzlichen 400 Millionenuro aus dem Klimaschutzprogramm erhöht sich das
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Andreas WeigelVolumen des Haushalts des Umweltministeriums umfast 50 Prozent; das muss man an dieser Stelle deutlichsagen.
Daraus ergeben sich ganz neue Handlungsoptionenfür unsere Klimaschutzinitiative, eine Initiative, die ih-ren Ansprüchen nur dann gerecht werden kann, wenn sieaus einer Hand koordiniert wird, wenn sie in ständigemAustausch mit der Klimaforschung steht, wenn sie nachinnen und außen politisch von einer starken Stimme ge-tragen wird und wenn sie konzeptionell an einem Ortverankert wird. Dieser Ort kann nur das Umweltministe-rium sein.Wenn, wie es beim Klimaschutzprogramm der Fallist, zusätzlich Geld in den Bundeshaushalt fließt, gibt esnatürlich den einen oder anderen Minister, der daraufAnspruch erheben möchte.
Dennoch hat das Bundeskabinett eine richtige Entschei-dung getroffen. Es hat entschieden, dass ein Großteil derErlöse aus dem Zertifikatehandel dem Umwelthaushaltzuzuschreiben ist.
Diese Entscheidung ist zwar von dem einen oder ande-ren Ministerium hinterfragt worden;
doch dank der Standfestigkeit unseres Umweltministersund einer überzeugenden Konzeption für das Klimapro-gramm durch sein Haus haben wir jetzt Planungssicher-heit für das Haushaltsjahr 2008 und darüber hinaus.
Mit dem vorliegenden Haushalt wird das Umweltmi-nisterium zum handelnden Akteur mit einem deutlichgestärkten programmatischen Anteil. Die Fäden des Kli-maschutzprogramms werden hier zusammenlaufen. Dasist deshalb so wichtig und richtig, weil im Umweltminis-terium mit seinen untergeordneten Behörden die Exper-tise für eine effektive Klimapolitik vorhanden ist. Bei ei-ner Aufteilung der Erlöse auf verschiedene Ressortswürden die Wirksamkeit und die Abstimmung der ver-schiedenen Programme für den Klimaschutz verlorengehen. Natürlich ist es verständlich und nachvollziehbar,dass jeder Minister für seinen Bereich am Topf des Kli-maschutzprogramms teilhaben will; aber wir brauchenein Klimaschutzprogramm aus einer Hand mit einem ko-ordinierten Konzept und keine Gießkannenpolitik.
Durch das Klimaschutzprogramm steigt das Volumendes Programmhaushalts des BMU im Vergleich zu 2005vDNbbInShgÄrudwdPvUdlzlemnuFbvhiviSBBbnusEEdJ
Ich möchte noch einmal zum Klimaschutzprogrammurückkommen. Das Umweltministerium wird 400 Mil-ionen Euro aus dem Verkauf der Emissionszertifikaterhalten und davon 280 Millionen Euro in nationale Kli-aschutzinitiativen und 120 Millionen Euro in internatio-ale Klimaschutzinitiativen investieren. National wird esnter anderem eine Aufstockung der Mittel und neueördertatbestände für das Marktanreizprogramm ge-en. Innovative Technologien im Bereich Wärme sollenorangebracht werden. Bis zu 349 Millionen Euro ste-en hierfür zur Verfügung.Darüber hinaus werden wir in Zukunftstechnologien,nsbesondere in eine nachhaltige Energieversorgung, in-estieren: in netzgekoppelte Windkraft, in Geothermie,n Projekte wie das Turmkraftwerk für Solarenergie inpanien – das sei hier auch erwähnt –; Deponiegas undiogas leisten ebenfalls einen wichtigen Beitrag. Dasiomasse-Forschungszentrum in Leipzig wird seine Ar-eit aufnehmen, was mich als sächsischen Abgeordnetenatürlich ganz besonders freut.Ich will noch auf die Haushaltssperre eingehen. Ausnserer Sicht ist es gut und richtig, dass die Haushalts-perre verhängt wird.
s gibt gute Gründe dafür, Frau Flach.
in Grund ist zum Beispiel, dass die Einnahmen ausem Verkauf der CO2-Zertifikate erst im kommendenahr realisiert werden.
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Andreas Weigel
Das bedeutet, dass wir im kommenden Jahr die MittelZug um Zug freigeben, so wie die Erlöse kommen. Waswir derzeit darüber wissen, stimmt uns außerordentlichpositiv; denn der Handel mit CO2-Zertifikaten wird of-fensichtlich noch mehr Geld einbringen, als das bisherder Fall ist. Es ist verantwortungsvolle Politik, an dieserStelle eine Sperre zu verhängen. Im Übrigen werden dieMittel nicht komplett gesperrt. 25 Prozent der Mittel ge-ben wir frei, damit das Ministerium mit seiner Arbeit so-fort beginnen kann.
Darüber hinaus fordern wir das Ministerium auf, För-derrichtlinien zu erarbeiten, die mit dem Haushaltsaus-schuss und mit den Fachausschüssen abgestimmt werdensollen. Das ist übrigens ein Beitrag zur Transparenz. IhreVorstellung vom Ministerium als einer Blackbox trifftnicht zu. Wir wollen die parlamentarische Beteiligung andiesem Programm. Wir werden das Ministerium in sei-ner Arbeit unterstützen und überhaupt nicht blockieren.
Wir sind der Auffassung, dass mit dieser Klimaschutz-initiative im kommenden Jahr im Umweltministeriumeine gute Politik gemacht werden kann. Wir leisten Un-terstützung und wünschen dem Minister und seinen Mit-arbeitern alles Gute.Ich bedanke mich für die Zusammenarbeit mit denBerichterstattern im Haushaltsausschuss und für die mitdem Ministerium gut abgestimmte Arbeit.
Nächster Redner ist nun der Kollege Hans-Kurt Hill
für die Fraktion Die Linke.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!„Klimaschutz nach Kassenlage“ und „Naturschutz fristetein Nischendasein“, so präsentiert sich der vorliegendeHaushalt für das Umweltministerium.Ich sehe aber auch gute und wichtige Ansätze in die-sem Haushalt, so im Bereich Klimaschutz: Die Mittel fürdas Marktanreizprogramm zum Ausbau erneuerbarerEnergien sollen verdoppelt werden; das ist gut so. Dashat die Linke bereits im vergangenen Jahr gefordert. Da-mals fanden Sie, Herr Minister, die Höhe unserer Forde-rungen noch populistisch. Schön, dass Sie jetzt unserenVorschlägen folgen, denn konsequenter Klimaschutz istgefordert.
Herr Kelber, wir wissen: Erstens. Die Anreize im Be-eich der erneuerbaren Energien lösen zusätzliche Inves-itionen in der Wirtschaft aus. Zweitens. Sie schaffen Ar-eitsplätze. Drittens. Sie senken die Kosten, die durchmweltschäden entstehen.Wir brauchen aber mehr Mittel für Forschung undntwicklung der Zukunftsenergien. Hier ist eine deutli-he Aufstockung ausgeblieben. Wir brauchen jedoch ge-ade in diesem Bereich zügig neue Erkenntnisse: zu deneiteren Entwicklungen der Grundlastfähigkeit der er-euerbaren Energien und zu Speichertechnologien, umur zwei Beispiele zu nennen. Insgesamt fordert dieinke deshalb eine Verdoppelung der Mittel für erneuer-are Energien auf 520 Millionen Euro; das ist finanzier-ar. Leider trägt der BMU-Haushalt die Handschrift voninanzminister Steinbrück und nicht die des Umweltmi-isters Gabriel. Das kennen wir schon aus anderen Be-eichen. Ich erinnere hier an das leidige Thema Energie-teuergesetz.Die Bundesregierung – und das ist gut – hat sich immissionshandel dazu durchgerungen, 9 Prozent derO2-Zertifikate zu versteigern, anstatt sie, wie bisher, zuerschenken. Natürlich – ich verstehe das – möchte derundesfinanzminister mit den Einnahmen den Haushaltanieren. Aber, Herr Finanzminister, das ist Diebstahl.as Geld gehört in den Klimaschutz und sonst nirgend-ohin.
Nicht einmal die Hälfte der Einnahmen von mindes-ens 880 Millionen Euro findet sich im BMU-Haushaltieder, und da sind sie, wie eben angesprochen, weitge-end gesperrt, weil die Herren Haushälter noch kein Ver-rauen in den Handel mit den Verschmutzungsrechtenaben. Aber da hoffen wir einmal das Beste.
ie Energiekonzerne tun das jedenfalls. Erneute Mani-ulation mit Zertifikatspreisen – wie bei den Stromprei-en – durch RWE und Co. ist nicht unbedingt ausge-chlossen.Die Konzerne machen auf jeden Fall mächtig Kasseit dem Emissionshandel, natürlich zulasten der Strom-unden. Noch immer werden über 90 Prozent der CO2-cheine an die Strombosse verschenkt. Diese preisen sieann wieder zu einem hohen Marktwert in die Strom-echnung ein. Bei dem Wert der versteigerten Zertifikate man kann mit immerhin 880 Millionen Euro rechnen –arf man eines nicht vergessen: Die Energieriesen wer-en durch die Einpreisung zwischen 7 und 10 Milliardenuro an geschenkten Gewinnen einstreichen. Kein Wun-er, dass sich klimaschädliche Kohlekraftwerke nochmmer lohnen.
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Hans-Kurt HillAber, Herr Nüßlein, die kleine Gemeinde Ensdorf hatbeispielhaft gezeigt, dass die Menschen den Klima-schutz ernst nehmen und dass man Konzernen wie RWEund Co. einen Riegel vorschieben kann.
Da, wo die Politik versagt, muss man eben selber ran. Sowar die Meinung dort, und man war entsprechend er-folgreich.Ich fordere die Bundesregierung deshalb auf, endlichin die klimaschädliche Kraftwerksplanung des Energie-kartells einzugreifen. Herr Minister Gabriel, vielleichtsagen Sie dem Parlament heute einmal, wo die geplan-ten Kraftwerke – Sie sprechen immer von 9, auf ande-ren Listen sind es 25, auf manchen sogar 40 – und vomwem sie gebaut werden sollen.Eine weitere Forderung: Besteuern Sie endlich dieungerechtfertigten Gewinne aus dem Emissionshandel.Ich sehe sie als unfair an. Damit wäre dann auf jedenFall eine konsequente Förderung erneuerbarer Energienzu machen. Ich weiß, Sie werden behaupten, das gehenicht, da die Steuer zu weiteren Preiserhöhungen führenwürde. Ich sage Ihnen: Wenn Ihre Kartellrechtsnovelleso gut ist, wie es behauptet wird, dann dürfte das Ab-schöpfen dieser Profite kein Problem sein. Das Geld ge-hört nämlich den Stromkunden, und da muss es auchhinfließen.
Noch ein Wort zum Naturschutz im Umwelthaus-halt. Wir begrüßen die Ausrichtung der UN-Konferenzfür Artenvielfalt im kommenden Jahr. Dass dafür aberdie Mittel für den Naturschutz vor der eigenen Haustürzusammengestrichen werden, ist meines Erachtens nichthinnehmbar. Ohnehin steht der Naturschutz unter der jet-zigen BMU-Führung ein wenig im Schatten. Es ist klar:Mit diesem Thema kann man sich nicht so gut profilie-ren wie mit anderen Themen. Aber man sollte wenigs-tens die Mittel für die ehrenamtlichen Naturschützer inden Umweltverbänden anständig aufstocken. Deren Bei-trag zum Schutz der Artenvielfalt in Deutschland kanngar nicht hoch genug bemessen werden.Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Das Wort hat nun der Kollege Bernhard Schulte-
Drüggelte für die CDU/CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!In den Beratungen über den Einzelplan 16 des Bundes-ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-sicherheit haben wir uns auf die Klimaschutzinitiativekonzentriert. Es wurde gesagt, dass der Bundeshaushalt2008 vorsieht, dass bis zu 400 Millionen Euro der Erlöseaus der Veräußerung von Emissionsrechten in nationaleund – was ich auch richtig finde – internationale ProjekteinsfewlawssdthdDMHBz–sDswldeIdriuGtEu
Natürlich. – Ich will deutlich sagen: Wir wollen keinechnelle Antwort, wir wollen die richtige Antwort.
eshalb hat der Haushaltsausschuss einige Titel ge-perrt; auch um das parlamentarische Budgetrecht zuahren. Darauf sollten wir Wert legen.Die Grünen haben einen Entschließungsantrag formu-iert, in dem etwas von „heißer Luft“ steht. Ich möchteeutlich sagen, dass dieses Konzept die solide Basis fürine konkrete und nachhaltige Klimapolitik ist.
ch bin zuversichtlich, dass der Umweltminister Anfanges nächsten Jahres die richtige Antwort gibt und da-über im Fachausschuss, also im Umweltausschuss, undm Haushaltsausschuss entsprechend diskutiert wird.Alle Programme, die wir vorlegen, sollen verlässlichnd in den nächsten Jahren nachhaltig sein. Aus diesemrunde wurden die entsprechenden Titel mit Verpflich-ungsermächtigungen versehen.
in Beispiel für die Verlässlichkeit ist die Verstärkungnd Verstetigung des Marktanreizprogrammes. 350 Mil-
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Bernhard Schulte-Drüggeltelionen Euro sind für die nächsten Jahre vorgesehen. Dassind 137 Millionen Euro mehr als im Vorjahr.
Herr Hill, ich will niemanden kritisieren, aber das ist aufjeden Fall keine Verdoppelung. Ich würde sagen, das istknapp unter 40 Prozent. Das nur als Hinweis.
Mit dem Rechnen ist es sowieso nicht so einfach.Die Union steht für den Dreiklang aus Sanieren, In-vestieren und Reformieren. Wir haben bei der Beratungder anderen Einzelpläne deutlich gesehen, welche Er-folge daraus hervorgegangen sind. Ein Erfolg ist, dassder Bund für die Klimapolitik insgesamt 2,6 MilliardenEuro ausgibt. Das ist eine beachtliche Leistung.
Das sind – um es deutlich zu sagen – 1,8 Milliarden Euromehr als im Haushalt 2005. Das ist eine Steigerung um200 Prozent. Vielleicht hören die Grünen das nicht sogerne, aber die Leistung der Großen Koalition in diesemBereich war außerordentlich.
Wir werden mehr einsparen als investieren. Das Geld istgut angelegt.
Dieser Einzelplan des Bundesministeriums für Um-welt, Naturschutz und Reaktorsicherheit ist ein gutesSignal für die Konferenz in Bali in der nächsten Woche.Die Koalitionsfraktionen haben zu dieser UNO-Konfe-renz einen Antrag vorgelegt. Wir stellen uns hinter die
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Wir müssen uns
mehr anstrengen; wir müssen mehr CO2-Emissionen ein-
sparen; Deutschland muss mit gutem Beispiel vorange-
hen, damit andere Staaten folgen können.
Es ist völlig klar, dass der Klimaschutz eine globale
Herausforderung ist. Nationale Anstrengungen allein
reichen nicht. Deshalb ist es richtig, dass im Rahmen der
Klimaschutzinitiative 120 Millionen Euro für internatio-
nale Projekte vorgesehen sind.
Es ist aber auch wichtig, die Menschen vor Ort zu
motivieren.
– Einen Moment! – Ich möchte ein Beispiel geben: In
der kleinen Gemeinde Möhnesee gibt es einen Kinder-
garten, in dem den Kindern spielerisch die Energiege-
winnung gezeigt werden soll. Aus diesem Grunde wurde
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Wir werden die anderen Bereiche des Umwelthaus-
altes nicht vernachlässigen. Ich erwähne die atomare
ndlagerung, den Verlauf der Arbeiten am Schacht
onrad und die Perspektiven für Gorleben. Ich habe in
er ersten Lesung auch das Endlager Morsleben ange-
prochen. Der Planfeststellungsbeschluss war einst für
007 versprochen worden. Im vorliegenden Regierungs-
ntwurf heißt es 2011. Jetzt wird er auf 2012 verscho-
en. Ich darf in diesem Fall im Besonderen, aber viel-
eicht auch im Allgemeinen die Frage stellen: Muss das
enn alles so lange dauern? – Hoffentlich nicht.
Ich darf mich zum Schluss bei allen Mitarbeitern und
itberichterstatten für die gute Zusammenarbeit bedan-
en. Mein besonderer Dank – wenn ich das sagen darf –
ilt dem neuen Berichterstatterkollegen von der SPD,
ndreas Weigel.
Herzlichen Dank.
Nächste Rednerin ist nun die Kollegin Anna
ührmann für die Fraktion Bündnis 90/Grünen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen undollegen! Trotz vollmundiger Ankündigungen in Mese-erg haben die Koalitionsfraktionen bei den Haushalts-eratungen keinen zusätzlichen Cent für Klimaschutzereitgestellt. Im Gegenteil: In der Bereinigungssitzung wir haben es gerade gehört – wurden 75 Prozent des00-Millionen-Euro-Klimaschutzprogramms, ohne kon-rete Bedingungen anzugeben, gesperrt. Dabei geht esicht, wie es eben Kollege Weigel formuliert hat, nur umie Frage, ob die Einnahmen aus dem Emissionshandelommen. Das stimmt nicht. Denn Sie haben sowiesochon festgelegt, dass die Ausgaben nur dann geleisteterden dürfen, wenn die Einnahmen aus dem Emis-ionshandel kommen.
ie haben das Geld jetzt gesperrt; das geht mit demaushaltsrechtlichen Instrument ganz einfach. Dadurch
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Anna Lührmannwird es für Herrn Gabriel viel schwieriger, das Geld fürnachhaltige Projekte sinnvoll auszugeben,
weil er erst im Laufe des nächsten Jahres weiß, ob Sie sognädig sind, ihm die Gelder freizugeben. Vielleicht ge-ben Sie die Gelder ja gar nicht frei, wenn sich Herr Glosin der CDU/CSU wieder einmal durchsetzen kann.
Ernstgemeinter Klimaschutz sieht anders aus.
Außerdem wird die Koalition nur weniger als dieHälfte der erwarteten Einnahmen aus dem Emissions-handel für Klimaschutz ausgeben. Sie haben die zusätzli-chen möglichen Ausgaben für Klimaschutz auf 400 Mil-lionen Euro begrenzt, obwohl das Umweltministeriumselber von Einnahmen in Höhe von 880 Millionen Euroausgeht. Herr Weigel, Sie haben gerade selber gesagt,dass auch Sie von höheren Einnahmen ausgehen. Daskann man ganz klar nachrechnen; Ihre Basis sind diePreise, die momentan schon an der Börse gezahlt wer-den. Finanzielle Möglichkeiten für mehr Klimaschutzlassen Sie also einfach verstreichen. Damit wird deutlich,dass die Klimaschutzpolitik der Regierung aus viel hei-ßer Luft besteht.
Herr Schulte-Drüggelte, Sie haben gerade damit an-gegeben, dass die Regierung 2,6 Milliarden Euro für Kli-maschutz ausgibt.
Unter einer solchen Summe kann sich der Otto Normal-verbraucher nicht besonders viel vorstellen. Ich setze Ih-nen das einmal in eine Relation. 2,6 Milliarden Euro ent-sprechen ungefähr der Summe, die in Deutschland fürdie Subventionierung der Steinkohle ausgegeben wird.Ernstgemeinter Klimaschutz sieht anders aus.
Wir haben Ihnen in den Haushaltsberatungen ganzkonkret gezeigt, wie substanzieller Klimaschutz ausse-hen kann. Wir haben einen Klimaschutzhaushalt mit zu-sätzlich 2,9 Milliarden Euro aufgestellt. Damit verdop-peln wir die Ausgaben für Klimaschutz.
Alles ist solide gegenfinanziert, und zwar durch Kürzun-gen bei umweltschädlichen Subventionen von alleinim nächsten Jahr 5,3 Milliarden Euro. Die Koalition hin-gegen gibt nicht nur zu wenig Geld für Klimaschutz aus,szDsawaskpDbt9fsgbSfmkvbMlDEgedss
Drei Beispiele:Erstens. Wir wollen die Ausnahmen bei der Öko-teuer abschaffen. Die Koalition verheizt weiterhinnapp 5 Milliarden Euro.Zweitens. Wir wollen, dass die steigenden Weltmarkt-reise für Steinkohle dem Klimaschutz zugutekommen.ie Koalition schenkt Werner Müller 711 Millionen Euro.
Drittens. Wir wollen die Luftfahrtindustrie genausoehandeln wie alle anderen Verkehrsträger. Die Koali-ion subventioniert den Klimakiller Flugzeug mit knapp00 Millionen Euro im Jahr. Von wegen, es sei kein Geldür mehr Klimaschutz da! Ihnen fehlt nur der Mut, wirk-ame Maßnahmen zum Klimaschutz durchzuführen.
Wir wollen die dadurch eingesparten Gelder zumrößten Teil für Investitionen in den Klimaschutz ausge-en. So sollen unter anderem ein 1-Millarde-Euro-tromsparfonds, eine Klimaforschungsinitiative, klima-reundliche Mobilität sowie mehr internationale Zusam-enarbeit beim Klimaschutz finanziert werden; all dieseonkreten Maßnahmen können Sie in unserem heuteorliegenden Antrag nachlesen. Die Klimaschutzausga-en der Regierung könnten wir so mehr als verdoppeln.it diesem Maßnahmenpaket könnte man ab 2011 jähr-ich mindestens 34 Millionen Tonnen CO2 einsparen.
as wäre ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zurrfüllung der Kioto-Verpflichtungen. Mit Ihren zö-erlichen Maßnahmen werden Sie die international ver-inbarten Ziele jedoch nicht erreichen;
as hat Ihnen Greenpeace gerade erst bestätigt.
Herr Gabriel, Sie beschwören ja immer, Deutschlandei beim Klimaschutz Vorreiter. Das mag heute nochtimmen. Mit Ihrer Zaghaftigkeit tun Sie gerade aber al-
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Anna Lührmannles dafür, dass Deutschland diese Spitzenstellung ver-liert.
Ihnen fehlt der Mut für substanziellen Klimaschutz. An-dere Länder sind hier viel weiter, zum Beispiel Neusee-land. Die neuseeländische Premierministerin HelenClark hat angekündigt, dass Neuseeland das erste klima-neutrale Land der Welt wird. Bundeskanzlerin Merkelhingegen zeigt lieber mit dem Finger auf andere, stattselber die Ärmel hochzukrempeln.
Das hat Methode. Am Mittwoch dieser Woche er-klärte Kanzlerin Merkel an diesem Pult – ich zitiere –:Das Klimathema … entscheidet sich nicht an derFrage, ob in Saarbrücken oder in Lubmin ein Koh-lekraftwerk steht …, sondern daran, dass wir inter-national … zu Reduktionen kommen …
Darauf möchte ich mit einem Zitat von Petra Kellyantworten, die heute 60 Jahre alt geworden wäre:Beginne dort, wo du bist, warte nicht auf bessereUmstände. Sie kommen automatisch, in dem Mo-ment, wo du beginnst.Vielen Dank.
Nun hat der Kollege Marco Bülow für die SPD-Frak-
tion das Wort.
Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren!Diese Debatte ist typisch. Sie begann damit, dass dieFDP sagte, wir würden im Umwelthaushalt viel zu vielGeld einplanen,
und wir sollten dieses Geld lieber für andere Dinge aus-geben und die Mittel am besten gar nicht erhöhen. DieGrünen hingegen kritisierten, eine 50-prozentige Erhö-hung sei viel zu wenig. Es wurde aber mit keinem Worterwähnt, dass unser Haushaltsansatz gut ist.Die Realität sieht so aus, dass wir einen Riesenschrittgetan haben, indem wir diesen Haushalt um 50 ProzentamndtdnmBfKvvdtmfvfNWNnMdndcbdngKwdnnseddslgnArD
Die Haushaltsdebatte ist traditionell die Debatte, iner man auf grundsätzliche Punkte hinweisen kann, dieatürlich auch mit dem Haushalt zu tun haben. Diesöchte ich tun. Anfangen möchte ich mit dem Themaiodiversität bzw., wie ich es lieber nenne, Lebensviel-alt. Ich möchte auf die nationale Strategie und auf dieampagne zu diesem Thema eingehen, die der Ministeror ein paar Wochen, am 7. November dieses Jahres,orgestellt hat.Ich glaube, das ist ein sehr wichtiger Schritt, der zeigt,ass wir neben dem Klimaschutz auch andere bedeu-ende Schwerpunkte setzen. Der Minister hat deutlichachen können, wie wichtig der Schutz der Artenviel-alt ist: einerseits um ihrer selbst willen – das steht anorderster Stelle –, andererseits aufgrund des Nutzensür die Menschen.An diesem Beispiel kann man lernen, wie man mit deratur und mit dem Thema Umwelt umgehen muss.enn man schnellen Profit erzielen will, kann man dieatur natürlich ausbeuten und langfristig zerstören; ei-ige hätten davon sicherlich auch kurzfristig Vorteile.an kann aber auch einen Gewinn erzielen, indem manie natürlichen Ressourcen sanft und kontinuierlichutzt; so erzielt man einen langfristigen Nutzen, vonem viele Generationen etwas haben.Der jährliche Marktwert der genetischen Ressour-en und der daraus entstehenden Produkte beträgt 500is 800 Milliarden Dollar; auch das hat der Ministereutlich gemacht. Das beträgt er in Zukunft aber auchur, wenn wir diesen Bereich weiter stützen. Deswegenibt es von unserer Seite große Unterstützung für dieseampagne und für die nationale Strategie. Ich denke, esird eine sehr gute Weltkonferenz im nächsten Jahr wer-en.
Als zweiten Punkt möchte ich gerne auf das natio-ale Klimaschutzprogramm eingehen, mit dem unsereationale Klimaschutzstrategie in vielen Punkten umge-etzt werden wird. Wir können stolz darauf sein, damitinen riesigen Schritt vorwärts zu machen, und wir wer-en unserem Ziel, 40 Prozent Emissionen einzusparen,eutlich näher kommen.Natürlich kann man immer noch weitergehende Vor-tellungen vorbringen. Auch die SPD hat solche formu-iert und wird sie auch in Zukunft immer wieder einbrin-en. Das wird immer wieder ein Thema sein. Wir dürfenicht nachlassen, noch mehr Klimaschutz zu fordern.ber ich glaube, dass wir mit diesem Programm auf demichtigen Weg sind.Die Bereitstellung von 400 Millionen Euro vor alleningen für Klimaschutzmaßnahmen ergänzt dieses Pro-
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Marco Bülowgramm sehr gut. Insgesamt wird damit das Bestreben derKoalition unterstützt, den Klimaschutz ernst zu nehmenund auch ernst zu nehmende Maßnahmen einzuführen.Dann kommt, wie immer, die FDP und behauptet, dassei alles unausgewogen und unkonkret. Wenn wir in be-stimmten Bereichen Anreize setzen, heißt es, es würdeGeld verschleudert. Führen wir auf der anderen Seiteordnungspolitische Maßnahmen ein, heißt es, die Men-schen würden gegängelt. Dazu muss man sagen: In denletzten neun Jahren wurden zig Klimaschutzmaßnahmenhier im Bundestag vorgestellt. Die FDP hat alle – jedeeinzelne – abgelehnt. Deshalb möchte ich gerne wissen,wie denn Ihre Vorstellungen zum Klimaschutz aussehen.
Eine Antwort kann ich vorwegnehmen: Bei den er-neuerbaren Energien zum Beispiel werden Sie, wie im-mer, sagen, dass Sie nicht das Förderprogramm wollen,das die Deutschen aufgelegt haben, sondern ein anderesProgramm, das in einigen Ländern ausprobiert wird. Inden Ländern, die das Programm eingeführt haben, wel-ches Sie fordern, hat das dazu geführt, dass zum Beispieldie Preise für Windenergie nicht zurückgegangen sindund der Ausbau der erneuerbaren Energien nicht so von-statten gegangen ist, wie es in Deutschland der Fall ge-wesen ist. Unser EEG – unser Erneuerbare-Energien-Ge-setz – hat mit dafür gesorgt, dass wir jetzt 15 Prozent desStroms aus erneuerbaren Energien gewinnen, dass wir250 000 Arbeitsplätze geschaffen haben und dass wir100 Millionen Tonnen CO2 einsparen. Deswegen ist esdas richtige Programm, nicht aber Ihre Vorschläge, dieverpuffen und zu höheren Kosten führen.
Zum Schluss möchte ich auf die Weltklimakonfe-renz zu sprechen kommen, zu der wir noch einen Antrageingebracht haben. Es ist wichtig, mit einem abgestimm-ten Konzept nach Bali zu fahren. Über die Grundlagebrauche ich, glaube ich, nicht viel zu sagen. Es ist klar,dass wir uns alle bemühen müssen, weltweit das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen, und dass wir die dafür erforderli-chen Maßnahmen auf den Tisch legen müssen. Darüberhinaus muss es das Ziel sein, die USA mit ins Boot zuholen. Australien wird jetzt Gott sei Dank ins Boot kom-men. Nach dem Wahlsieg der Labor Party wird auchAustralien das Kioto-Protokoll unterstützen. Wir müssenaber auch die Schwellen- und Entwicklungsländer undnatürlich Länder wie China dazu bewegen, mitzuma-chen.Deswegen unterstützen wir den von der Kanzlerinaufgegriffenen, schon länger existierenden Vorschlag,dass weltweit pro Kopf und Jahr nur noch 2 Tonnen CO2verursacht werden dürfen. Dahin müssen wir kommen.Das bedeutet auf der einen Seite natürlich einen Sinkflugfür die Industrieländer; teilweise ist eine Reduktion von80 Prozent notwendig. Auf der anderen Seite bedeutet eseSmwloWharTndeuKfGzwkHsgwdcnMwtisgmS3lUhd
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ichinde es schön, dass sich der Kollege Bülow so intensivedanken über die Politik der FDP macht; denn daseigt, dass die SPD die FDP inzwischen auch im Um-eltschutz als Wettbewerber in diesem Parlament er-annt hat.
err Bülow, ich kann Ihnen ganz klar sagen, worauf wiretzen. Wir setzen nicht auf Subventionshuberei, wirlauben nicht, dass mehr Geld automatisch besserer Um-eltschutz ist, und wir glauben auch nicht daran, dassie Gängelung der Bürger der richtige Weg ist. Wir brau-hen vielmehr einen ordnungspolitischen Rahmen für ei-en marktwirtschaftlichen Klimaschutz. Wir müssenengenziele vorgeben und es dem Markt überlassen,ie er diese Ziele erreicht. Das ist liberale Umweltpoli-k.
Klimaschutz wird letztendlich nur dann erfolgreichein, wenn nicht nur Deutschland Verpflichtungen ein-eht, sondern wenn sich alle Länder auf dieser Welt – zu-indest die großen Emittenten – auf eine gemeinsametrategie verpflichten. Angesichts unseres Anteils vonProzent der Emissionen werden wir auch mit optima-em Klimaschutz das Klima nicht retten. Wir müssen dieSA, wir müssen China, wir müssen Indien mit ins Bootolen. Und – das sollten wir nicht vergessen, auch wennas immer unter den Tisch fallen gelassen wird – wir
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Michael Kauchmüssen auch an die Länder denken, in denen die großenWälder, die großen CO2-Speicher, stehen: Wir müssenBrasilien, den Kongo und Indonesien auf den internatio-nalen Konferenzen endlich als gleichwertige Partner an-nehmen, so auch jetzt auf Bali.
Wir brauchen auf Bali ein Ergebnis für Verhandlun-gen unter dem Dach der Klimarahmenkonvention. Wirbrauchen verpflichtende Ziele, damit wir die Erderwär-mung auf 2 Grad begrenzen. Wir brauchen klare Ziele.Wir begrüßen es deshalb ausdrücklich, dass die Koali-tion in ihrem Entschließungsantrag die Halbierung derCO2-Emissionen bis zum Jahr 2050 vorsieht. Ich persön-lich halte es für einen richtigen Schritt, dass wir uns fürdas Jahr 2050 die 2 Tonnen CO2 pro Kopf und pro Jahrvornehmen. Denn nur dann werden wir es schaffen, dassdie großen Schwellenländer bei den Bemühungen, dasKlima zu schützen, mitmachen.
In diesem Sinne ist der Entschließungsantrag, der mitdem Haushalt zur Abstimmung steht, eine gute Grund-lage, und wir finden den Inhalt mit Ausnahme des letz-ten Punktes ziemlich gut. Ich finde es deshalb bedauer-lich, dass es der schwarz-roten Koalition nicht gelungenist, auf die Opposition zuzugehen, um für die Verhand-lungslinie für Bali einen fraktionsübergreifenden Be-schluss dieses Parlaments zu bekommen. Es geht hierum unsere nationalen Interessen. Da finde ich es ausge-sprochen schade, dass man nicht einmal den Versuch un-ternommen hat, einen einstimmigen Beschluss diesesParlaments zu bekommen.
Wir sind uns in den Grundlinien für die internationa-len Verhandlungen einig. Aber wir sind ganz andererMeinung im Hinblick auf das, was diese Koalition mitden Bürgern vorhat: den Klimaschutz durch das Vertei-len von Staatsgeldern und durch die Gängelung der Bür-ger umzusetzen. Herr Gabriel legt das vor, und HerrGlos schaut zu. Der Umweltminister wird demnächst dieÖkopolizei losschicken in jedes Haus, um nachzu-schauen, ob die erneuerbare Wärme auch zum richtigenProzentsatz genutzt wird. Mit einem Erneuerbare-Wärme-Gesetz sollen die Hausbesitzer verpflichtet wer-den, hier etwas zu tun, koste es, was es wolle, das heißt,unabhängig davon, ob das effizient ist. Effizienz ist fürdiese Koalition ein Fremdwort.
Durch die Härtefallregelungen, die Herr Glos eingebauthat, wird die ökologische Wirkung aufgeweicht. JedeBehörde wird mal so und mal so entscheiden, ob dieMaßnahmen noch wirtschaftlich sind oder ob ein Härte-fall vorliegt. Da kann ich nur fragen: Was ist mit einerRentnerin, die ein Mehrfamilienhaus, das vielleichtschon 50 Jahre alt ist, als Altersvorsorge hat? Diese Fraumuss sich fragen, ob sich diese Investitionen in ihrer Le-benszeit noch lohnen. Das ist eine ausgesprochen unso-ziale Politik, die hier von der Koalition gefahren wird.dmGFzDdNWFKnswAtFSznNodtgtdshdgRkfmnadwg
as bedeutet: Versorgungsmonopole statt Wettbewerber Lösungen. Warum denn ein Zwang? Wir könneneubauten heute schon so bauen, dass sie ohne externeärmezufuhr auskommen. Warum dann noch einenernwärmeanschluss?Ansonsten muss man auch einmal beachten, dassWK-Kraftwerke auch CO2 emittieren und dass es kei-en Sinn macht, eine Anlage für erneuerbare Wärme, diechon eingebaut ist, durch einen Fernwärmeanschlussieder verdrängen zu wollen.
uch das ist ein Geburtsfehler dieses Gesetzentwurfs.Man muss sich schon einmal an die CDU/CSU-Frak-ion wenden, deren Kanzlerin mit dem Ausspruch „Mehrreiheit wagen“ angetreten ist, während nun mehrtaatswirtschaft kommt. Sie haben noch eine Woche Zeitur Umkehr. Nutzen Sie diese Zeit, um dieses Gesetzoch zu verhindern.
Ein weiteres Beispiel für die Regelungsorgie sind dieachtspeicherheizungen. Warum lassen Sie die Frage,b sich diese Heizungen in Zukunft noch rechnen wer-en, nicht den Strompreis, der ohnehin steigt, beantwor-en? Ich glaube, dieses Thema wird sich sehr bald erledi-en.Es ist eben ein Problem, dass diese Regierung dirigis-isch sagt, dass diese Technologie ganz schlimm ist undass andere – Ölheizungen oder so – nur ein bisschenchlimm sind, weshalb sie weiterlaufen dürfen. Auchier sind Härtefalllösungen wieder keine Hilfe. Es han-elt sich um Kann-Bestimmungen, auf die sich die Bür-er nicht verlassen können und aufgrund derer sie keineechtssicherheit haben.
Auf unsere Kleine Anfrage hin, was das Ganze dennostet, hat die Große Koalition das nicht einmal bezif-ern können. Das macht den ganzen Blindflug deutlich,it dem Sie bei diesem Gesetzespaket arbeiten. Ich kannur noch einmal betonen: Die CDU/CSU-Fraktion istufgerufen, diesen Dirigismus, diese Subventionen undiese Bürokratie zu beenden und endlich einen markt-irtschaftlichen Klimaschutz mit auf den Weg zu brin-en.Vielen Dank.
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Nächste Rednerin ist nun die Kollegin Marie-Luise
Dött für die CDU/CSU.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit die-sem Umwelthaushalt 2008 stellen wir die Weichen fürmehr Klimaschutz. Mit 400 Millionen Euro mehr fürden Klimaschutz im Umwelthaushalt setzen wir ein Zei-chen dafür, dass wir zu unseren anspruchsvollen Klima-schutzzielen stehen und diese auch erreichen werden.Jetzt kommt es aber darauf an, dieses Geld möglichsteffizient zu nutzen. Um den Klimaschutz wirklich vo-ranzubringen, muss durch diese Mittel vor allem eineserreicht werden: Innovationsprozesse müssen in derBreite angeregt werden.
Wir wollen, dass Deutschland im internationalen In-novationswettlauf um Klimaschutzeffizienztechnolo-gien mit dabei ist. Klimatechnologien Made in Germanymüssen weltweit zu einem Synonym für technologischeLeistungsfähigkeit, Wirtschaftlichkeit und Klimaeffizienzwerden. Davon werden der globale Klimaschutz, aberauch das wirtschaftliche Wachstum und die Beschäfti-gung in Deutschland gleichermaßen profitieren. Die Be-reitstellung der zusätzlichen Mittel für den Umwelthaus-halt wird somit zum Innovationsmodell für denWirtschaftsstandort Deutschland.Meine Damen und Herren, heute und auch zukünftigbenötigen wir alle verfügbaren Energieträger und alleEnergietechnologien, um die Versorgungssicherheit,Preiswürdigkeit und Umweltverträglichkeit der Energie-versorgung in unserem Land jederzeit sicherzustellen.Angesichts stetig steigender Energiepreise, die die Bür-ger und Unternehmen zunehmend belasten, müssen wirbeim Klimaschutz darauf achten, was er kostet. Mit an-deren Worten: Klimaschutz ist eine zentrale Herausfor-derung, die wir annehmen. Er ist aber keine Legitima-tion, den Bürgern ungehemmt in die Tasche zu greifen.Technologieoffenheit ist die Voraussetzung für Innova-tionsdynamik und Kosteneffizienz.
Sich von grundlastfähigen Energietechnologien wieder Kernenergie oder hocheffizienten Kohlekraftwerkenaus ideologischen Gründen zu trennen, halte ich dahernicht für sinnvoll;
denn dies geht zulasten der CO2-Minderung, der Versor-gungssicherheit und der Energiekosten.
Professor Schellnhuber, einer der anerkanntesten Kli-maforscher weltweit, hat es am Montag dieser WocheatfdmnbrtTcscgElüTgmnsFzDgEwgasashrMMwaUVs
echnologievorverurteilungen sind für mich die eigentli-he Scharlatanerie. Nicht gegen moderne Technologie,ondern mit ihr werden wir Klimaschutz, Versorgungssi-herheit und sozial verträgliche Energiepreise sichern.Es ist auch sozial völlig inakzeptabel, wenn Sie auf-rund Ihrer Technikvorverurteilung jeden vernünftigennergiemix ablehnen und stattdessen mit Ihren Lieb-ingstechnologien Wind- und Solarenergie den Bürgernber die Einspeisevergütung weiterhin das Geld aus derasche ziehen wollen.
Damit ich hier nicht verdächtigt werde: Natürlichehören in einen modernen, klimaverträglichen Energie-ix auch die erneuerbaren Energien. Es ist aber unver-ünftig, für Wind- und Solarenergie subventionspoliti-che Totalreservate zu schaffen, die den technologischenortschritt bremsen und die Verbraucher dauerhaft finan-iell belasten.
Deshalb werden wir die Einstiegsvergütungen und dieegression der Vergütungssätze der erneuerbaren Ener-ien bei den Beratungen zur Novelle des Erneuerbare-nergien-Gesetzes sehr genau prüfen.
Mit den zur Verfügung stehenden Haushaltsmittelnerden wir in den nächsten Jahren eine breite technolo-ische Offensive für neue Produkte und Verfahren, aberuch Dienstleistungen unterstützen, die dem Klima-chutz nützen, und gleichzeitig unsere Führungspositionls internationale Umwelt- und Effizienztechnologie-chmiede ausbauen.Die vordringlichste Aufgabe beim Klimaschutz isteute die Umsetzung der Beschlüsse der Bundesregie-ung zum integrierten Energie- und Klimaprogramm.it der Arbeit an den ganz konkreten Maßnahmen deseseberg-Programms wird jetzt zunehmend deutlich,elche Wirkungen die einzelnen Maßnahmevorschlägeuf die Bürger und die Unternehmen haben werden.mso wichtiger ist es, sehr genau das Kosten-Nutzen-erhältnis der einzelnen Maßnahmevorschläge und ihreozialen Wirkungen zu prüfen.
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Marie-Luise DöttMittelumverteilungen zulasten der Bürger und derUnternehmen werden wir uns vor dem Hintergrund vonAktienkursgewinnen zum Beispiel bei den Solarherstel-lern, deren Kurse sich binnen zweier Jahre verzwanzig-facht haben, ganz genau ansehen und prüfen, ob einigeTechnologien nicht eher Subventionsstaubsauger alsEnergiequellen sind.
Überförderung und Überforderung müssen gleicher-maßen vermieden werden. Das ist das Spannungsfeldder Diskussion – auch bei der Umsetzung der Meseberg-Beschlüsse.Vorreiter im Klimaschutz können und wollen wirsein. Alle Maßnahmen müssen aber im Zieldreieck vonökologischer Effizienz, wirtschaftlicher Verträglichkeitund sozialer Gerechtigkeit liegen. Umwelt- und Klima-schutz auf Kosten wirtschaftlicher Entwicklung und mitsozialer Schieflage würde die gerade gewonnene breitegesellschaftliche Akzeptanz für den Klimaschutz gefähr-den.Die Arbeit an der Umsetzung der Meseberg-Be-schlüsse wird die deutsche Delegation in die Lage ver-setzen, bei der Weltklimakonferenz auf Bali mit einemanspruchsvollen nationalen Klimaschutzpaket aufzuwar-ten. Wir haben mit dem Programm von Meseberg dasehrgeizigste und anspruchsvollste Klimaschutzpaket, dases in Deutschland jemals gegeben hat. Unser Umweltmi-nister kann mit diesem Paket glaubwürdig in die Ver-handlungen auf Bali gehen.
Wir geben das deutliche Signal an die internationaleStaatengemeinschaft, dass Deutschland mit dem Klima-schutz Ernst macht, und das nicht nur national.
Mit der zusätzlichen Bereitstellung von 120 Millio-nen Euro für den internationalen Klimaschutz beinhaltetder Haushalt 2008 auch ein konkretes Angebot an dieEntwicklungs- und Schwellenländer zum Ausbau derZusammenarbeit. Herr Minister Gabriel, Ihr Koffer fürBali ist gut gefüllt: Erstens mit dem Umsetzungspaketder Meseberg-Beschlüsse, zweitens mit dem Umwelt-haushalt 2008, und drittens mit unserem Entschließungs-antrag zu Bali sind Sie für die Verhandlungen dort gutgerüstet. Wir wünschen Ihnen jedenfalls Erfolg.
Nun hat das Wort der Kollege Michael Leutert für die
Fraktion Die Linke.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Im Kern geht es um 400 Millionen Euro Mehreinnah-mW4trd–kmsIlsKs–sslsewsJV1fUnnHdg–srMasFv
ch empfehle Ihnen, die neue Studie des IfG Leipzig zuesen, wonach zum Beispiel das Endlager Asse nichticher ist. Darüber können Sie gerne einmal mit Herrnönig, dem Präsidenten des Bundesamtes für Strahlen-chutz, diskutieren.Die vernünftige, eigentliche Mehrheit in diesem Haus von der Linken über die SPD bis zu den Grünen –, dieich durchgesetzt hat, hat gesagt: Die Einnahmen müs-en verwendet werden, wofür sie vorgesehen sind, näm-ich für den Klimaschutz.
Die Kollegin Lührmann hat vorhin Vergleiche ange-tellt, damit die Bürgerinnen und Bürger wissen, worums hier geht. Genau das möchte ich auch machen. Esird gefeiert, dass nun 400 Millionen Euro mehr daind. Aber allein 600 Millionen Euro geben wir jedesahr – es wird niemanden verwundern, dass ich diesenergleich ziehe – für den Afghanistan-Einsatz aus.Milliarde Euro im Wehretat geben wir auch dieses Jahrür die militärische Forschung aus. Selbst wenn wir dasmweltministerium komplett abschafften, hätten wiroch nicht einmal so viel Geld zur Verfügung, um dieächste Rate für den Eurofighter zu zahlen. In diesemause muss sich endlich die Einsicht durchsetzen, dassie ökologische Sicherheit mittlerweile eine viel wichti-ere Herausforderung ist.
Dass Sie das nicht gerne hören, ist mir völlig klar.Wenn Sie mir aber nicht glauben, dass die ökologi-che Sicherheit mittlerweile eine größere Herausforde-ung ist als die militärische, dann glauben Sie bitte Ihreminister. Im Vorwort des UN-Weltklimareports, den Sieuch in der Parlamentsbuchhandlung erhalten können,agt der Minister: In Afrika gibt es mittlerweile mehrlüchtlinge aufgrund der Klimakatastrophe als aufgrundon Krieg und Bürgerkrieg.
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Michael LeutertDieser Vergleich sollte uns zu denken geben und unsveranlassen, die Verteilung der Haushaltsmittel für Pro-jekte anders zu gestalten.
– Es ist natürlich Ansichtssache, ob das ein falschesBuch ist. Sie können einen Gegenvorschlag machen.
Da Sie mit unseren Deckungsvorschlägen offensicht-lich nicht einverstanden sind, sollten wir uns einmal dieEinnahmeseite anschauen. Dort sieht es nicht viel bes-ser aus. Wir leben in einem Land – das ist absurd –, indem sich diejenigen, die einen hohen CO2-Ausstoß zuverantworten haben, eine goldene Nase verdienen, wäh-rend wir versuchen, den angerichteten Schaden mit400 Millionen Euro zu beheben. Lesen Sie die heutigeAusgabe von Spiegel Online! Ein Beispiel aus der Auto-mobilindustrie: Porsche hat seinen Gewinn von knapp2 Milliarden Euro im letzten Jahr auf nun fast6 Milliarden Euro verdreifacht.
– Nein, es geht um die Einnahmeseite, darum, woher wirGeld bekommen können.Die sechs Topmanager von Porsche, die im letztenJahr noch 45 Millionen Euro erhalten haben, verdienennun 117 Millionen Euro.
Wenn Ihnen diese Vergleiche nicht passen, dann schauenwir einmal auf die Stromkonzerne. Ich freue mich, dassdie FDP mittlerweile auf unserer Seite ist und gegen dieStromkonzerne mit ins Feld zieht.
Allein Vattenfall hat durch die Unternehmensteuerre-form der Koalition einen Gewinn von 300 MillionenEuro in diesem Jahr. Das sind 300 Millionen Euro, diejetzt im Haushalt fehlen. Wir aber sagen: Über denEmissionshandel nehmen wir 400 Millionen Euro mehrein, und dieses Geld reicht für ein tolles, großes Pro-gramm.Wenn wir nicht verstehen, dass der Klimawandel der-zeit die wichtigste Herausforderung ist, vor der wir ste-hen, dass wir die gesellschaftlichen Kräfte bündeln undtatsächlich Geld in einer relevanten Größenordnung indie Hand nehmen müssen, um diesen Prozess aufzuhal-ten, dann wird in den nächsten Jahren vielleicht ein Buchauf dem Markt sein, dessen Untertitel nicht wie der desUN-Weltklimareports „Bericht über eine aufhaltsameKatastrophe“ lautet, sondern „Bericht über eine unauf-haltsame Katastrophe“.Vielen Dank.
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Drittens. Zur Kohledebatte, die Sie führen – daraufabe ich schon einmal hingewiesen; Ihr Kollege sitztier –, sage ich Folgendes: Immer dann, wenn es bei Ih-en zu Hause um die Braunkohle geht, treten Ihre Abge-rdneten für mehr Verschmutzungsrechte ein. Hier imundestag halten Sie Brandreden gegen die Kohle. Ichabe gehört – das scheint wohl zu stimmen –, dass Ihrarteivorsitzender Oskar Lafontaine ins Saarland gefah-en ist und eine Brandrede gegen den Bau des Kohle-raftwerks in Ensdorf gehalten hat. Die Begründung warnteressant: Er soll gesagt haben, es sei deshalb einchlechtes Kohlekraftwerk, weil dann Auslandskohle zuns komme. Das macht noch einmal deutlich, worum eshm eigentlich geht.
m Zweifel wäre es ihm recht, wenn CO2 in die Atmo-phäre käme, wenn heimische Steinkohle verwendetürde. Was er will, ist: mit neonationalistischen Sprü-hen Populismus betreiben und die Leute aufhetzen. Dasaben auch Sie eben hier versucht. Das ist der Punkt, inem man Ihnen entgegentreten muss.
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Bundesminister Sigmar GabrielDer Haushalt ist in Zahlen geronnene Politik. Er zeigt– darauf haben die meisten Redner hingewiesen –, dassKlimaschutz im kommenden Bundeshaushalt eine weit-aus größere Bedeutung haben wird als in der Vergangen-heit. Wir steigern die Mittel im Bundeshaushalt von875 Millionen Euro im Jahr 2005 auf jetzt 2,6 MilliardenEuro – Herr Schulte-Drüggelte hat darauf hingewiesen –:Das ist eine Steigerung um rund 200 Prozent. Der Pro-grammhaushalt des Bundesumweltministeriums, mitdem wir fördern können, steigt um fast 100 Prozent. DerHaushalt des Bundesumweltministeriums insgesamtsteigt um 50 Prozent.Ich bin den Haushaltspolitikern der Koalition und denFachpolitikern dankbar, dass das möglich ist; denn wirleben immer noch in Zeiten der Notwendigkeit derHaushaltskonsolidierung. Dass entgegen der Notwen-digkeit, zu sparen, in diesem Bereich investiert wordenist, ist keine Selbstverständlichkeit. Ich danke insbeson-dere den Parlamentariern, aber auch dem Finanzminister.Zum Thema „Kritik am Finanzminister“: Nur wennman Konsolidierungspolitik betreibt, muss man am Endenicht das ganze Geld, das Steuerzahler einbringen, fürden Zinsendienst und die Schuldentilgung ausgeben;vielmehr hat man nach der Konsolidierung wieder Geld,um in Kinder, in Familien, in Bildung, aber eben auch inKlimaschutz zu investieren. Das ist das Ergebnis derFinanzpolitik dieser Regierung.
Frau Kollegin Flach, zur Frage, ob kalt oder warm,sage ich Ihnen: Kühler Kopf und warmes Herz – das istim Zweifel das Beste.Ich finde, es ist absolut selbstverständlich, dass dieParlamentarier – ich selbst bin auch einer – dann, wennes aufgrund dieser 400 Millionen Euro eine Verdoppe-lung des Haushalts des Bundesumweltministeriums ge-ben soll, sagen: Wir wollen einmal sehen, was das fürkonkrete Richtlinien sind. Wir wollen hier mitbestim-men. Schließlich haben wir die Verantwortung gegen-über dem Volk für eine korrekte Mittelausgabe. – Dage-gen habe ich nichts einzuwenden. Wenn Sie fair gewesenwären, dann hätten Sie darüber berichtet, dass ich imHaushaltsausschuss gesagt habe, dass ich das verstehe,dass ich das für notwendig halte und dass ich darumbitte, dass wir hier korrekt zusammenarbeiten, damit wirgute Richtlinien erarbeiten, um möglichst frühzeitig zueiner Freigabe der Mittel zu kommen.
Wir werden schon Anfang des Jahres mit Vorschlägenkommen.Machen Sie keine Scheindebatten! Sagen Sie einfach,was Sie eigentlich meinen! Sie wollen nicht, dass dasGeld für den Klimaschutz ausgegeben wird. Wir wollenes. Deshalb machen wir eine bessere Klimaschutzpolitikals die FDP. So einfach ist das.
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 130. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. November 2007 13693
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Wenn Sie auf internationale Konferenzen fahren undden Eindruck vermitteln, Deutschland würde seine Zielenicht erreichen, obwohl Sie wissen, dass 75 Prozent derEmissionsminderungen in Europa ausschließlich ausdiesem Land kommen, dann dürfen Sie nicht erwarten,dass Sie international Freunde finden, die sagen: Wir fol-gen den deutschen Vorschlägen. – Sie können doch nichtständig das, was wir anbieten, im eigenen Land diskredi-tieren und darauf hoffen, dass andere uns dabei folgen.Das ist eine abenteuerliche Strategie, die Sie hier verfol-gen. Das geht doch nicht.
Ich will mich gern mit Ihnen darüber streiten, ob mannicht noch mehr machen könnte. Die Debatte überKohle, zu der ich gleich komme, ist notwendig; ihr kannman nicht aus dem Weg gehen. Wir haben übrigens nichtvon 270 Millionen Tonnen gesprochen. Vielmehr sparenwir mit dem Programm gut 220 Millionen Tonnen ein.Den Rest müssen wir in den nächsten Jahren noch er-bringen.
– Frau Flach, ich kenne übrigens keinen Politiker, wahr-scheinlich außer solchen von der FDP, der es sich zu-traut, 12 Jahre im Voraus eine Punktlandung bei derFrage zu machen, wie viele Tonnen CO2 er einsparenwill.
Deswegen müssen wir das alle zwei Jahre überprüfenund gegebenenfalls nachsteuern. Das ist, glaube ich, ver-nünftig.Wenn Greenpeace sagt, dass wir eine Reduzierungum nur 160 Millionen Tonnen erreichen werden, dannantworte ich: Wenn das stimmte – wir glauben das nicht;wir glauben, wir schaffen mehr –, dann änderte dasnichts daran, dass das Programm weltweit das einzigeist, das konkrete Instrumente und Maßnahmen zur Errei-chung der Klimaschutzziele enthält. Bisher hat nochkein anderes Land in der Welt – auch nicht Neuseeland –etwas Vergleichbares aufgesetzt. Die Briten wollen zwarin sechs Monaten etwas vorlegen; Deutschland ist heuteaber das einzige Land in der Welt, das präzise sagt, wiees seine Klimaschutzziele konkret erreichen will. Außer-dem sind wir das einzige Land, das neben einem solchenProgramm auch noch Geld für die internationale Klima-schutzpolitik nach Bali mitbringt. Kein anderes Land aufder Erde tut das.Wenn Sie wollen, dass uns die anderen folgen, dannmüssen Sie sagen: Das sollen uns andere erst einmalnachmachen. – Frau Lührmann, dann werden wir in Baliund international Erfolg haben. Das ist die Realität derinternationalen Klimaschutzpolitik.
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enn Sie Ordnungsrecht anwenden und den Staat beauf-ragen wollen, im Detail zu sagen, welche Technik anelchem Standort angewandt werden darf, dann kannh nur gute Besserung wünschen; das wird nicht funktio-ieren.
Wir wollen dafür Sorge tragen, dass der Emissions-andel besser funktioniert. Wir werden dafür Sorge tra-
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13694 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 130. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. November 2007
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Bundesminister Sigmar Gabrielgen, dass in der dritten Handelsperiode bis zu 100 Pro-zent auktioniert werden. Die Europäische Kommissionwird das übrigens am 23. Januar selbst vorschlagen. Wirwerden das unterstützen. Wir werden die Emissionsbud-gets weiter heruntersetzen. Es wird bei uns keine riesi-gen Kohlekraftwerke geben können, weil sie sich garnicht rechnen. Man kann den vier großen Stromerzeu-gern einiges unterstellen, aber eines nicht: dass sie nichtrechnen können.Ich bin sicher, dass uns der Emissionshandel am Enderecht geben wird: Es ist so wie bei einem Glas Wasser:Wir legen fest, wie viele Zertifikate und Emissionsbe-rechtigungen zugelassen werden. Darüber hinaus darfnichts ausgestoßen werden. Damit regulieren wir auchden Einsatz von Kohle.Völlig auf Kohle zu verzichten – Sie wollen das –, be-deutet bei gleichzeitigem Ausstieg aus der Kernenergie,dass Sie bei einem Anteil der regenerativen Energienvon 30 Prozent im Jahr 2020 den Rest mit Gas erreichenwollen. Es gibt so viel Gas; man kann es besorgen. Er-klären Sie aber einmal den Leuten, wie sie dann diePreise für Gas bezahlen sollen!
Sie drücken sich vor der Beantwortung dieser Frage, wirnicht.Es geht hier um eine interessante Debatte, die abernicht so populistisch geführt werden darf: Kohle raus,Kernenergie raus, alles mit Gas und erneuerbaren Ener-gien. Das wird am Ende nicht funktionieren. Wir machendas von Ihnen mitentwickelte Instrument funktionsfähig.Damit verhindern wir, dass zu viel Kohle eingesetztwird, und erreichen unsere Emissionsziele.Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Kollege Hill hat sich zu einer Kurzintervention
gemeldet.
Herr Minister Gabriel, erlauben Sie mir, kurz auf Ihre
einleitenden Worte einzugehen, insbesondere auf das,
was im Saarland geschehen ist.
Erstens dürfte Ihnen bekannt sein, dass unsere Frak-
tion eine Kohleposition verabschiedet hat, die sie ge-
schlossen vertritt und der sich auch einzelne Landesver-
bände angeschlossen haben, insbesondere solche, die mit
Bergbau zu tun haben. Ich erinnere nur daran, dass sich
die Linkspartei in Sachsen-Anhalt und in Brandenburg
an den entsprechenden Bürgerinitiativen beteiligt, um
die gewünschten Ergebnisse zu erzielen.
Zweitens komme ich auf das zu sprechen, was Oskar
Lafontaine in Ensdorf gesagt haben soll, wie Sie es
selbst ausgedrückt haben.
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ch habe darüber gesprochen, wie RWE damit umgegan-
en ist, die Bevölkerung dazu zu zwingen, ein solches
raftwerk zu akzeptieren. Was Oskar Lafontaine gesagt
at, kann ich natürlich nicht mehr wörtlich wiedergeben.
Ich weiß nicht, ob Sie immer alles aufschreiben. – Er
at Folgendes gesagt: Selbst wenn wir wollten, wären
ir nicht in der Lage, mit der Kohle, die im Saarland
roduziert wird, ein solches Kraftwerk zu betreiben, und
s ist nicht vorgesehen, in diesem Kraftwerk überhaupt
aarländische Kohle zu verbrennen. Er hat hinzugefügt,
ass wir ein Kraftwerk wollen, das in die Energieland-
chaft des Saarlandes passt, und darauf abgestellt, dass
ir für eine dezentrale Versorgungsstruktur und gegen
ine zentralistische fossile Energiepolitik sind.
r hat von der ausländischen Kohle nichts in der Form
esagt, wie es hier dargestellt wurde.
Herr Minister, wollen Sie darauf antworten?
Dann erteile ich nun der Kollegin Bärbel Höhn für die
raktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herrinister Gabriel, dass Sie ein guter Selbstdarsteller sind,issen wir. Aber die entscheidende Frage ist nicht, obie ein guter Selbstdarsteller sind, sondern, ob Sie auchin guter Umweltpolitiker sind.
arauf sage ich Nein. Dies kann man auch an mehrerenunkten begründen.
Als Beispiel nenne ich den Klimaschutz und dieohlepolitik, und zwar nicht nur Ihre, sondern auch dieohlepolitik der SPD insgesamt. Sie argumentieren hiera sehr offensiv; aber de facto sind Sie bei diesem Thema
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Bärbel Höhnabsolut in der Defensive. Dass sich der Kollege Hill mitseiner Kurzintervention noch mehr in die Bredouille ge-bracht hat, haben wir alle erlebt. Aber Sie sind nicht bes-ser, Herr Gabriel. Was war denn die Position der SPD inEnsdorf? Zuerst war die SPD total für dieses große Koh-lekraftwerk. Als dann der Druck zu groß wurde, hat siegesagt: Lieber nur die Hälfte, danach nur ein kleinesKohlekraftwerk. Sie hat ihre Position am Ende immerweiter heruntergefahren. Als die Stimmen der Bevölke-rung sich gegen die SPD richteten, war auch sie plötzlichgegen die Kohle. Aber eigentlich ist die SPD der Kohleund damit dem Klimakiller Nummer eins verhaftet. Dasist das Problem der SPD in der Klimapolitik.
Sagen Sie doch einmal, wie Sie es mit diesen neuenKohlekraftwerken halten wollen! Sie sagen: Nur nochneun Kohlekraftwerke. – Was werden Sie eigentlich ma-chen, wenn ein weiteres zur Genehmigung ansteht? Wol-len Sie dann persönlich dorthin gehen und sagen: „RWE,das gibt es nicht“? Andersherum wird ein Schuh daraus:Wenn die SPD vor Ort endlich einmal eine vernünftigePosition gefunden hat, wie es in Krefeld der Fall war, alsdie SPD mit der CDU im Rat gegen das Kohlekraftwerkgestimmt hat, dann holt die Bezirks-SPD den MinisterGabriel, der in einer Brandrede die SPD umdrehen muss,damit sie für die Kohle ist. Das, meine Damen und Her-ren, ist die Politik des Umweltministers. Er streitet fürdie Klimakillerkohle. Aber das will er sich gar nicht an-hören, weshalb er gerade in komische Briefumschlägehineinguckt.
Stellen Sie sich doch der Realität, Herr Gabriel!
Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
Kollegen Fricke?
Ja, klar.
Frau Kollegin Höhn, Sie haben das geplante Stein-
kohlekraftwerk in meinem Wahlkreis Krefeld angespro-
chen. Ich finde es zwar nett, dass Sie versuchen, die
Stärke dieses Umweltministers hervorzuheben. Aber war
es nicht vielmehr so – auch nach Ihrer Erinnerung und
nach dem, was Ihnen Ihre Freunde berichtet haben –,
dass in Krefeld das Umdenken eingesetzt hat, nachdem
man das gesamte Tableau betrachtet hat und die Frage
aufkam, wie im industriellen Kern noch Menschen be-
schäftigt werden sollen? War es nicht auch so, dass in
der Bevölkerung in Krefeld ein erhebliches Umdenken
eingesetzt hat, als es um die Frage der Alternativen ging
und Ihre Freunde vor Ort leider auch keine Alternativen
einbringen konnten?
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ir sind nicht gegen Gaskraftwerke. Das sage ich sehr
eutlich.
Gestatten Sie mir noch eine Bemerkung zur Ideolo-
ie, Frau Dött. Ich finde es spannend, dass Sie gerade im
usammenhang mit CCS den Grünen Ideologie vorwer-
en. Was sagt eigentlich Herr Tacke dazu? Herr Tacke
eint, dass sich Kohlekraftwerke mit CCS nicht rech-
en, weil Windkraft leistungsstärker und wirtschaftlich
ünstiger ist als Kohlekraftwerke. Werden Sie auch
errn Tacke Ideologie vorwerfen, Frau Dött?
Ideologisch handeln Ihre Kollegen von der CDU und
er FDP in Nordrhein-Westfalen, die jede Windkraftan-
age und damit jede Alternative verhindern. Das ist Ideo-
ogie.
Frau Kollegin, gestatten Sie eine weitere Zwischen-
rage des Kollegen Kauch?
Klar.
Ich erlaube alles, was die Redezeit verlängert. Das ist
och logisch. – Bitte schön.
Frau Kollegin, ich finde es sehr interessant, dass Sien Richtung der Union auf das Thema CCS eingegangenind. Kann ich daraus herauslesen, dass Sie jetzt die Po-ition der Linken zur CO2-Abscheidung übernehmen?isher hatte ich immer den Eindruck, dass die Grünenie CO2-Abscheidung durchaus als technologische Op-ion sehen. Das ist der entscheidende Punkt. Wenn dasnternehmen STEAG bzw. Evonik, wie es jetzt heißt,avon ausgeht, dass sich diese Technologie nicht rech-en wird, dann ist es doch seine marktwirtschaftlichentscheidung, darauf zu verzichten. Es stellt sich aberie Frage, ob wir anderen Unternehmen wie Vattenfall,
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Michael Kauchdie zu anderen Berechnungen kommen, diese Optionverwehren sollen. Die entscheidende Frage ist, ob wireine Technologieoption offenhalten oder ausschließenwollen. Wie ist die klare Position der Grünen dazu?
Herr Kauch, wir haben eine klare Position dazu, und
zwar meinen wir aus sehr vielen Gründen, dass in der
Tat weitere Forschung notwendig ist. Wir sehen aber die
CO2-Abscheidung durchaus kritisch, und zwar aus meh-
reren Gründen. Es ist immer noch nicht geklärt, wohin
das CO2 wirklich verbracht werden soll. Es soll vor allen
Dingen nach Norddeutschland verbracht werden, und
zwar in unterirdische Bereiche, die 40 mal 40 Kilometer
groß sind. Sowohl was die Pipeline als auch was die
Planfeststellung für dieses Gebiet angeht, wünsche ich
viel Erfolg. Das wird noch extrem schwierig. Wir wis-
sen, dass CO2 unter Tage sehr aggressiv ist. Es ist noch
nicht geklärt, ob das CO2 wieder an die Oberfläche steigt
und später wieder massive Probleme erzeugt.
Wir sprechen uns also aus vielen Gründen für weitere
Forschung aus; aber wir sehen bei dieser Technologie
enorme Probleme, die erst einmal ausgeräumt werden
müssen. Anderenfalls sind wir nicht dafür.
Ich komme zu einem weiteren Bereich, Herr Gabriel,
dem Naturschutz. Es gibt zwei Punkte, die aus meiner
Sicht in den letzten Monaten für Furore gesorgt haben.
Das ist zum einen die Neunte Vertragsstaatenkonferenz
Biodiversität, die im Mai 2008 in Bonn stattfinden soll.
Auf dieser Konferenz wollen Sie glänzen. Der zweite
Punkt ist Ihre Patenschaft für den Eisbären Knut. Zwi-
schen diesen beiden Punkten gibt es einen Widerspruch.
Die Konferenz in Bonn nächstes Jahr wird 11,3 Millio-
nen Euro kosten. Sie wollen dort damit glänzen, dass Sie
etwas für die Biodiversität tun. Aber woher nehmen Sie
diese 11,3 Millionen Euro? Die entnehmen Sie Natur-
schutzgroßprojekten und Titeln für internationale Pro-
gramme. Das heißt, Sie gehen auf diese Konferenz, ver-
künden, was Sie für die Biodiversität tun, und nehmen
das Geld bei den Programmen weg, mit denen Sie ei-
gentlich die Artenvielfalt schützen wollen. Zulasten der
Artenvielfalt wollen Sie große Worte schwingen. Große
Worte verkünden und gleichzeitig Programmen zum
Schutz der Artenvielfalt das Geld streichen, das darf
nicht gehen.
Zu Knut muss ich sagen: Machen Sie das, knuddeln
Sie den Eisbären Knut! Aber sagen Sie dabei vielleicht
auch, warum Sie das jetzt nicht mehr tun, wenn die Nase
länger wird und er kein kleines Baby mehr ist. Sagen Sie
vielleicht auch einmal, dass es besser wäre, Geld für den
Schutz der wild lebenden Artgenossen von Knut zur Ver-
fügung zu stellen, als mit possierlichen Bildern eines Zoo-
tieres für den Artenschutz Karriere machen zu wollen.
Das ist gegen die Biodiversität.
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hr Ministerium hat von diesem Problem 18 Monate lang
ewusst. Sie haben es zugelassen, dass in die Autos der
erbraucherinnen und Verbraucher falsche Filter einge-
aut wurden.
Jetzt stellen Sie eine Kulanzlösung in Aussicht. Dazu
age ich: Das geht nicht. Vielleicht 5 Prozent der Betrof-
enen werden die Filter austauschen. Die anderen wer-
en mit diesen unbrauchbaren Filtern weiter in die In-
enstädte fahren. Sie werden die grüne Plakette weiter
ehalten und weiter von der Steuerbefreiung profitieren.
ie sollen die Bürgermeister vor Ort eigentlich erklären,
ass andere viel Geld investieren müssen, um in die In-
enstädte zu kommen, während Sie bei 95 Prozent dieser
tinker sagen: „Das interessiert uns nicht; die können
eiter so fahren, wie sie wollen“? Herr Gabriel, das ist
ein Umweltschutz. Da geht es nicht um die Reduktion
on Feinstaub, sondern einfach nur darum, dass Sie Ihre
ehler wegwischen wollen. Das werden wir Ihnen nicht
urchgehen lassen.
Meine Damen und Herren, –
Frau Kollegin, ich dachte, Sie sind am Ende. Ich habe
ie bisher nicht unterbrochen, aber Ihre Redezeit ist zu
nde.
– ich komme zum Schluss –, wir wünschen Ihnen viel
rfolg für die Bali-Konferenz, auch im Sinne des Klima-
chutzes. Ein Erfolg wird Ihnen allerdings nicht gelin-
en, wenn Sie so wie in Heiligendamm aufgestellt sind.
ie müssen die Schwellenländer überzeugen. Das geht
ur mit konkretem Klimaschutz vor Ort. Daran fehlt es.
Vielen Dank.
Das Wort hat nun der Kollege Dr. Georg Nüßlein für
ie CDU/CSU-Fraktion.
Hochverehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrtenamen! Meine Herren! Was wir von den Grünen in die-er Debatte gehört haben, ist unglaublich. Ich meineicht einmal so sehr Sie, Frau Höhn. Wir wissen, dass
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Dr. Georg NüßleinSie ohne Punkt und Komma reden und nie eine Antwortdarauf geben, woher, wenn Sie im Hinblick auf die er-neuerbaren Energien von einem Anteil von 30 Prozentsprechen, die anderen 70 Prozent unseres Stroms letzt-endlich kommen sollen.
Ich beziehe mich auf das, was Frau Lührmann, IhreHaushälterin, heute vorgetragen hat. Es ist unglaublich,dass man sagt: Die Regierung wartet ab, bis die Einnah-men da sind, um dann Ausgaben zu tätigen. – FrauLührmann, genauso funktioniert doch Haushalt, so funk-tioniert doch Wirtschaften. Was gibt es denn da zu kriti-sieren?Ich muss Sie auch fragen, ob Sie Äsops Fabel vomFuchs und den Trauben kennen. So hat nämlich IhreRede geklungen. Die Trauben, die Früchte, die man sei-nerzeit nicht selber ernten konnte – man hat sie nichteinmal anständig ausgesät –, redet man jetzt schlechtund sagt, sie seien sauer. Das, was sich im Klimaschutztut, ist anzuerkennen. Ich erwarte, dass das auch die Grü-nen tun.
Das, was wir hier machen, ist eine Chance für dieUmwelt. Aber es muss auch eine Chance für die deut-sche Wirtschaft sein. Es ist kein unkalkulierbares Risiko,sondern eine Chance für die Wirtschaft, wenn wir mitden vorgesehenen 2,6 Milliarden Euro einen Hightech-klimaschutz als Querschnittsaufgabe befördern.
Wir müssen das Umwelttechnologiezentrum der Weltsein. Dass die Grünen das nicht einsehen wollen, ist mirklar,
weil sie nicht von ihrem Rückschrittsumweltschutz weg-kommen und sich nicht in diese Richtung bewegen wol-len.Frau Lührmann, weil Sie dazwischenrufen: Sie habenbei der letzten Debatte hier von den Chefdreckschleu-dern gesprochen. Es ist ein Skandal, in einem Autobau-erland wie Deutschland so etwas überhaupt in den Mundzu nehmen.
Ich möchte, dass unsere Autos – Mercedes, BMW, Audi,Opel – weltweit gefahren werden. Ich möchte aber, dasssie auf hohem technischem Niveau sind. Man darf sienicht einfach wegdiskutieren nach dem Motto: Wir brau-chen sie nicht. – Davon leben wir, meine Damen undHerren!
Am 5. Dezember werden im Kabinett einige Meilen-steine diskutiert. Ich räume ein, dass es im Hinblick aufBali einen gewissen Erfolgsdruck gibt, der auch zu Zeit-dEsmtGgwbdAzwdKnbwkwWkCtsEsbcnl
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen
auch?
Ja.
Bitte sehr.
Herr Nüßlein, ich habe mit Interesse zur Kenntnis ge-
ommen, dass Sie sagen: Wir beschließen am 5. Dezem-
er dieses Jahres im Kabinett etwas, und dann gucken
ir als Koalition hier im Parlament, was dabei heraus-
ommt.
So habe ich es nicht gesagt.
Natürlich gilt das Struck’sche Gesetz – das kennen
ir –: Jedes Gesetz wird im Parlament noch verändert. –
enn Sie allerdings meinen, dass das Ganze schon jetzt
orrekturbedürftig ist: Könnten Sie als Abgeordneter der
SU mir erklären, welchen Anteil der Wirtschaftsminis-
er, den Ihre Partei stellt, an diesem Paket hat?
Zunächst einmal ist bei diesem Thema, wie Sie wis-en, der Bundesumweltminister federführend.
r verfolgt eine klare Linie. Er hat einen guten Vor-chlag geliefert, welcher sich in der Ressortabstimmungefindet. Dabei wird der Wirtschaftsminister entspre-henden Einfluss nehmen. Wenn es dann am Schlussoch etwas gibt, von dem wir meinen, es gemeinschaft-ich in der Großen Koalition anpassen zu müssen – ich
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Dr. Georg Nüßleinbin überzeugt, dass etwas übrig bleiben wird –, dannwerden wir das in der geeigneten Weise tun. Ich habegroßes Verständnis dafür, wenn die FDP es nicht gut fin-det, dass sie an dieser Stelle nicht mitreden darf. Daswird sich aber nicht ändern, auch wenn Sie es gern hät-ten.
Nun noch einmal zum Thema EEG. Es ist ein Regu-lierungsinstrument. Kleine Produzenten stehen einergroßen Marktmacht gegenüber. Deshalb brauchen wir eszum Zwecke der Regulierung. Es ist auch ein Teil derMittelstandspolitik, und es ist Technologieförderung;denn Technik, die im Inland nicht läuft, kann man letzt-endlich auch im Ausland nicht verkaufen.
Es gibt noch das eine oder andere Technologiefeld,das hier zu nennen wäre. Ich erinnere an die Geother-mie, bei der wir noch ganz am Anfang stehen. Das istein Thema, Herr Kauch, über dessen Zukunft wir einmalreden müssen. Es geht nicht immer nur um Förderung,sondern es geht auch darum, das eine oder andere ent-sprechend zu gestalten.Bei der Windenergie geht es um die Frage der Na-benhöhe. Das haben wir als Bund leider nicht in derHand.Beim Thema Wasser geht es darum, unnötige Ver-knüpfungen mit dem Wasserhaushaltsgesetz zu vermei-den. Es darf nicht sein, dass wir vorhandene Potenzialenicht mehr nutzen können oder dass wir in Altrechte ein-greifen; ich erinnere an all das, was wir am Anfang dis-kutiert haben. Das muss schon in der Ressortabstim-mung herausgenommen werden, damit nicht nachher dasParlament nachbessern muss, Herr Kauch.
Zum Erneuerbare-Wärme-Gesetz sage ich ganz of-fen: Die Union ist nicht mit dem zufrieden, was momen-tan auf dem Tisch liegt.
Ich gehöre zu denen, die das Thema immer verteidigt ha-ben, weil ich meine: Mit diesem Eingriff kann man inordnungspolitisch schlanker und einfacher Weise dafürsorgen, dass in unseren Haushalten erneuerbare Wärmezum Heizen genutzt wird; davon bin ich nach wie vorüberzeugt. An den Eckpunkten dieses Gesetzes müssenwir noch das eine oder andere tun, sodass es am Endetatsächlich schlank und vor allem technologieoffen ist.Da ist Baden-Württemberg ein Vorbild, an dem wir unsorientieren sollten.
Lassen Sie mich auch noch etwas zu den Biokraft-stoffen sagen. Ich meine, dass wir, getrieben von einzel-nen Finanzinteressen und von den Interessen der Mine-ralölindustrie, vor einer Weile einen Fehler gemachthaben–mIbsKrMDsdDdgUUSHkbsAtuabbfdE2ufwedo
das haben wir von Anfang an gesagt –, den wir, auseiner Sicht jedenfalls, sinnvoll korrigieren müssen imnteresse derjenigen, die in diesen Bereich investiert ha-en. Es kann doch nicht sein, dass man diejenigen, dieich darauf verlassen, dass es eine Linie gibt und derlimaschutz vorangetrieben wird, und deshalb investie-en – im Übrigen mit einem hohen Anteil öffentlicherittel –, komplett hängen lässt.
eshalb müssen wir darüber reden, wie wir, wenn wirchon steuerlich nichts machen wollen, am Ende zumin-est eine Quotenerhöhung auf 7 Prozent hinbekommen.as ist wichtig;
enn eines braucht die Branche der erneuerbaren Ener-ien, eine junge Branche, unbedingt: Verlässlichkeit.nd niemand steht mehr für Verlässlichkeit als dienion.Vielen Dank.
Nächster Redner ist der Kollege Ulrich Kelber für die
PD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen underren! In der nächsten Woche beginnt die Klimaschutz-onferenz in Bali. Zwei Ereignisse der letzten Tage ha-en zumindest mich diesbezüglich hoffnungsfroh ge-timmt: erstens dass Konservative und Liberale inustralien abgewählt wurden, auch wegen ihrer Hal-ung zum Klimaschutz,
nd mit der Labor Party jetzt ein Partner für Klimaschutzn der Regierung ist, wo bisher die Bremser gesessen ha-en.Der zweite Punkt bezieht sich auf etwas, was ich sel-er in der letzten Woche auf einer der Vorbereitungskon-erenzen in Indien hören konnte. Da hat nämlich einerer indischen Partner die deutsche Haltung eingeschätzt.r hat gesagt: Ihr habt die richtigen Ziele für 2020 und050 benannt, nämlich die, die die Wissenschaftlerinnennd Wissenschaftler empfehlen. Ihr erfüllt eure Zusageür 2012. Ihr legt als einziges Land ein Programm vor,ie ihr die Ziele für 2020 erreichen wollt. Ihr kommt mitinem fairen Vorschlag für die Entwicklungsländer undie Schwellenländer, nämlich einer gleichen Emissions-bergrenze für alle. Außerdem bringt ihr noch Geld mit,
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 130. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. November 2007 13699
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Ulrich Kelberum diese Ziele zu erreichen und die Adaptionsmaßnah-men zu unterstützen. –
Deutschland wird nach indischer Einschätzung dieSchlüsselrolle für den Erfolg oder Nichterfolg in Balispielen, weil wir das einzige Industrieland sind, dem sieglauben, dass wir es ernst meinen und nicht nur Grenzenfür die Entwicklungs- und Schwellenländer vorsehenwollen.
Ich wollte heute eigentlich in großkoalitionärer Ein-tracht sprechen. Aber da meine beiden Vorredner vonder konservativen Seite etwas anders vorgegangen sind,vielleicht eine kleine Ergänzung. Ich empfehle jedem,zwei Dinge nebeneinanderzulegen: zum einen das Proto-koll der heutigen Reden von Frau Dött und dem Kolle-gen Nüßlein und zum anderen das Protokoll der Redenvom Montag auf dem Klimaschutzkongress der CDU.Diese Reden passen nicht zusammen.
Sie dürfen nicht nur klatschen, wenn Ihre Kanzlerin re-det, sondern Sie müssen auch so handeln, wie Ihre Kanz-lerin redet.
Das heißt, Sie dürfen nicht immer dann, wenn wir unsüber die Gesetze unterhalten, sagen: Das ist aber zu viel,das machen wir nicht mit. – Sie müssen die Instrumenteso umsetzen, wie wir es vorher gemeinsam beschließen.
Gott sei Dank habe ich ein internetfähiges Handy,Frau Dött. Deswegen habe ich mir das letzte Interviewmit Herrn Schellnhuber, den Sie hier für Ihre Atomkraftin Beschlag nehmen,
noch einmal wörtlich aus dem Internet geholt. ZitatSchellnhuber auf die Frage „Soll man die Atomenergieverwenden für den Klimaschutz?“:Man müsste gigantische Summen ins Spiel bringen …Und weiter:Die Uranvorräte aber sind begrenzt, und die Plutoni-umtechnologie birgt zu hohe Sicherheitsrisiken.Günstiger ist es, erneuerbare Energien auszubauen …Das ist original Schellnhuber und nicht das, was Sieheute als seine Worte vorgetragen haben.
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Der nächste Punkt ist ganz wichtig. Frau Flach, ichäre Ihnen dankbar, wenn Sie zuhören würden. Sie ha-en gesagt: Ein Hauptproblem für unser Klima ist, dassan in Afrika unverantwortlich mit den fossilen Ener-ien umgeht. Wissen Sie, dass über 800 Millionen Afri-anerinnen und Afrikaner weniger CO2-Emissionen zuerantworten haben als die Bundesrepublik Deutschlandit ihren 80 Millionen Einwohnern allein?
enn man mit einer solch arroganten Haltung auf inter-ationale Konferenzen geht, ist das Scheitern vorpro-rammiert. Wir müssen handeln und Vorbild sein.ndere können nachziehen, wenn wir eine saubere Ent-icklung garantieren.
as, was Sie vorschlagen, ist arroganter Neokolonialis-us.
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Ulrich Kelber
Herr Kollege, wollen Sie am Ende Ihrer Redezeit
noch eine Frage des Herrn Kollegen Kauch beantwor-
ten?
Aber selbstverständlich.
Herr Kelber, wir kennen Ihre Wortwahl schon. Es
macht immer wieder Spaß, Sie als SPD-Entertainer in
den Debatten zu erleben.
Stimmen Sie mir zu, dass es darum geht, erneuerbare
Energien nicht nur in Deutschland, sondern gerade auch
in Afrika einzusetzen, und dass es klug wäre, wenn die
Bundesrepublik Deutschland gemeinsam mit den Part-
nern – und nicht quasi neokolonial auftretend – zu Fort-
schritten käme? Stimmen Sie mir zu, dass die Sonne in
Afrika häufiger scheint und dies für den Einsatz von So-
laranlagen spricht und dass dadurch eine Stabilisierung
der Länder erreicht werden könnte? Stimmen Sie mir zu,
dass es völlig unpassend ist, wie Sie hier dem Vorschlag
von Frau Flach, in diesen Ländern mehr für erneuer-
bare Energien zu tun, entgegentreten?
Herr Kollege, das Spannende ist ja, dass Frau Flach
nicht etwa vorgeschlagen hat, in Afrika mehr für die er-
neuerbaren Energien zu tun.
Wir machen schon sehr viel mehr als jede Vorgänger-
regierung, an der die FDP zum Teil beteiligt war. Wir
machen auch mehr als jedes andere europäische Land.
Wir können Technologien anbieten, die besser sind als
die aller anderen Länder, weil wir sie nicht nur in unse-
rem Heimatland entwickelt, sondern auch in Massen
produziert und zum Einsatz gebracht haben. Das ist übri-
gens der Unterschied zu den FDP-Vorschlägen, die
kleine Quoten und reine Forschungsförderung vorsehen.
Es geht darum, ob man bei der Gewinnung sauberer
Energie helfen will oder sagt: Ihr seid das Hauptpro-
blem, weil ihr so viele seid und euer Verbrauch steigt.
Das sagte Frau Flach mit dem Satz: Ein Hauptproblem
ist, dass in Afrika so unverantwortlich mit fossiler Ener-
gie umgegangen wird. – Entweder hatten Sie keine Ah-
nung, oder Sie haben absichtlich etwas gesagt, was inter-
nationale Vereinbarungen gefährdet.
Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage der Kollegin
Flach?
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Wir werden das anhand des Protokolls prüfen. Mitusnahme der FDP-Leute, die gezwungen sind, es an-ers gehört zu haben, haben alle in diesem Raum das soehört. Wir werden es nachher prüfen.
Das passt nicht zusammen. Wenn Sie sich mit Unter-ändlern Chinas, Indiens oder afrikanischer Länder un-erhalten, stellen Sie fest, dass das bei den Verhandlun-en ein Blockadeinstrument ist. Die Länder müssen unslauben, dass wir unseren besonderen Verpflichtungenachkommen. Ich habe Ihnen die Zahlen genannt.eutschland ist für mehr Emissionen verantwortlich alsanz Afrika. Historisch betrachtet, ist Deutschland fürehr Emissionen verantwortlich als China. Die ent-cheidende Frage ist, mit welcher Vehemenz, welcherortwahl und welchem Anspruch man auftritt.Es geht nicht an – das ist der letzte Teil meiner Ant-ort –, dass FDP-Leute immer dann, wenn man sie beiiner Falschaussage erwischt, behaupten, dass sie das nieo gesagt haben.
as gilt für alle Ihre Instrumente. Immer wenn man sagt,ass das einen bestimmten Effekt hat, sagen Sie: Dasabe ich so nicht gesagt. Lesen Sie es nach. Dann wer-en Sie sehen, dass Sie es gesagt haben.
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 130. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. November 2007 13701
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Ulrich Kelber
Das kann sicherlich von beiden Seiten aufgeklärt wer-
den, wenn die Protokolle nachgelesen werden.
Letzter Redner in dieser Debatte ist nun der Kollege
Ulrich Petzold für die CDU/CSU-Fraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrtenDamen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Lieber Kollege Kelber, ich glaube, das, was Frau Dötthier zur Kernenergie ausgeführt hat, stimmte absolutmit dem überein, was die Kanzlerin sagt.
Hier geht es um die Frage: Brauchen wir die Kernener-gie als Brückentechnologie? Wir werden in den nächstenJahren mit Sicherheit eine große Debatte über erneuer-bare Energien und Biodiversität zu führen haben. Wirsollten in manches nicht ganz so blauäugig hineinstol-pern. Wir sollten die Probleme ansprechen – das istklar –, aber in aller Ruhe und mit viel Sachlichkeit, umdie Menschen nicht zu verunsichern.
Wenn eigene Anregungen aus dem Vorjahr bei derAufstellung des neuen Haushaltes aufgenommen wurdenund das mit breiter Unterstützung auch aus Ihrem Haus,sehr geehrter Herr Minister, und von den Kollegen desHaushaltsausschusses, dann ist hier die richtige Stelle,einmal Dank zu sagen. Ganz besonderen Dank möchteich meinem Kollegen Bernhard Schulte-Drüggelte sa-gen, der sich hier für Themen eingesetzt hat, die mir sehram Herzen liegen.
Lassen Sie mich drei Anregungen aus den letzten Jah-ren, die aufgegriffen wurden, besonders benennen: Ers-tens. Die Gebühreneinnahmen der nachgeordneten Be-hörden verschwinden nicht mehr im allgemeinenHaushalt, sondern werden dort eingesetzt, wo sie erwirt-schaftet werden. Zweitens. Der Ansatz für befristet Be-schäftigte wurde so erhöht, dass allen Auszubildendennach ihrer Ausbildung bei entsprechender Leistung eineBetriebspraxis vermittelt werden kann.
Drittens. Bei der Deutschen Emissionshandelsstellekonnte die eklatante Unterbesetzung bei den Feststellenendlich beseitigt werden.
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Die Chancen liegen auf beiden Seiten. Natürlich ist esine Chance für die jungen Menschen, nach der Ausbil-ung die erste richtige Berufserfahrung zu sammeln undrste berufliche Verantwortung zu tragen. Auf der ande-en Seite haben wir als Bund ein Jahr lang die Möglich-eit, Stellen aus einem Reservoir von gut ausgebildetennd gut eingearbeiteten jungen Arbeitnehmern zu beset-en. So macht dies auch aus betriebswirtschaftlichenründen Sinn.Zur Deutschen Emissionshandelsstelle. Dort könnenir nun endlich in die Vollen gehen. Wir haben sie fürie Bewältigung der Probleme, die in den nächsten Wo-hen vor ihr liegen, mit genügend finanziellen Mittelnnd Personal ausgestattet. Dazu brauche ich wohl nichtseiter auszuführen.Sparen ist die richtige Mitte zwischen Geiz und Ver-chwendung, sagte schon Theodor Heuss. Wir müssenns für die Zukunft die Frage stellen: Welche Kompeten-
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Ulrich Petzoldzen wollen wir in unserem Ministerium und in den Be-hörden ansiedeln? Wenn in den Referaten „Umwelt undEnergie“, KI I 1 bis 4, zurzeit von den 17,15 Mitarbei-tern 9,15 Mitarbeiter über Zeitverträge beschäftigt sindund wenn in der Abteilung „Sicherheit kerntechnischerEinrichtungen, Strahlenschutz, nukleare Ver- und Ent-sorgung“ schon jetzt gravierende Kompetenzverlustefestzustellen sind, dann müssen wir uns diese Frage stel-len. Herr Minister, wir sind der Meinung, in Ihrem Mi-nisterium und in den nachgelagerten Behörden darf esnicht zu einem Kompetenzabriss, zu Überalterung undzu einer ungesunden Altersstruktur kommen. Sie habenuns in den nächsten Jahren an Ihrer Seite.Danke schön.
Zu einer Kurzintervention erteile ich nun der Kollegin
Ulrike Flach das Wort.
Ich sehe mich leider gezwungen, aus meiner Rede zu
zitieren; das ist allerdings etwas schwierig, weil sie, wie
Sie wissen, inzwischen beim Protokoll ist. Ich habe an
keiner Stelle in irgendeiner Weise Vorwürfe gegenüber
dem afrikanischen Kontinent erhoben, sondern ich habe
unsere Vorstellung von Klimaschutz mit der der Großen
Koalition verglichen. Ich habe gesagt: Unser Weg ist ein
anderer. Wir brauchen international eine technische
Revolution, in Ländern wie China oder auf dem afrikani-
schen Kontinent, wo man bislang stark auf fossile Ener-
gien setzt. Wir brauchen dort erst einmal einen massiven
Einstieg in erneuerbare Energien.
Das entspricht der politischen Linie, die das Wirt-
schaftsministerium Tag für Tag vertritt.
Auch Sie diskutieren über dieses Thema in unserem
Sinne. Ich bitte Sie: Wenn Sie schon zitieren, zitieren Sie
richtig!
Herr Kollege Kelber, wollen Sie antworten?
Gerne.
Bitte.
Ich habe den Nachteil, dass ich keine aufgeschriebene
Rede zur Verfügung hatte.
– Augenblick! – Aber das, was Sie, Frau Flach, gerade
gesagt haben, bestätigt meinen Vorwurf. Sie haben das,
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Ich habe gerade versucht, Ihnen deutlich zu machen,
ass 800 Millionen Menschen, die in Afrika leben, noch
icht einmal so viele Emissionen verursachen wie
0 Millionen Menschen hierzulande.
enn Sie so auf einer internationalen Konferenz aufträ-
en, würden diese Länder die Verhandlungen abbrechen;
enn Herr Kauch von Bali zurückgekehrt ist, kann er Ih-
en das bestätigen.
as müssen Sie endlich einmal verstehen, Frau Flach.
ndem Sie Ihr Zitat vorgelesen haben, ist Ihre Aussage
och schlimmer geworden, nicht besser.
Eine weitere Kurzintervention vom Kollegen Kauch.
Herr Kelber, ich glaube, Sie verrennen sich in etwas.erade mit Blick auf die internationalen Verhandlungenind wir inhaltlich nämlich viel näher beieinander, alsas, was der deutschen Öffentlichkeit gerade vorgespieltird, vermuten lässt. Frau Flach hat zu keinem Zeit-unkt gesagt, dass die genannten Länder eine überdurch-chnittliche Verantwortung für die CO2-Emissionen ha-en. Sie hat nur festgestellt, dass diese Länder immeroch sehr stark auf fossile Strukturen setzen. Das ist so-ohl im Hinblick auf China als auch im Hinblick auf dasüdliche Afrika korrekt. Hierbei handelt es sich also umine Tatsachenbeschreibung.Der Weg, den wir gehen wollen, besteht darin, dassir nicht nur in unserem eigenen Land, sondern auchort – über einen Technologietransfer; darauf haben Sieingewiesen – für den Ausbau erneuerbarer Energienintreten müssen. Das bedeutet allerdings keine Schwä-hung der Position Deutschlands. Wenn man das positivendet, kann man sogar sagen: Das ist ein Angebot aniese Länder, durch das unsere Verhandlungsposition ge-tärkt, nicht aber geschwächt werden kann.
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Herr Kelber zur Beantwortung. Dann können wir zur
Abstimmung kommen.
Herr Kauch, Sie wissen, dass ich Sie und Ihr Engage-
ment für die Sache schätze. Der entscheidende Punkt
war allerdings die Betonung.
Das, was wir machen, wurde einer anderen Politik ge-
genübergestellt. Die FDP sagt immer, das, was die
Große Koalition macht – oder früher Rot-Grün gemacht
hat –, sei falsch, und sie mache etwas anderes. Ich weiß
auch, dass zum Beispiel in Südafrika, Nigeria, aber auch
in den armen Ländern Afrikas Biomasse, in Großkraft-
werken aber auch fossile Ressourcen genutzt werden.
Der entscheidende Punkt ist aber, dass der Verbrauch des
gesamten Kontinents Afrika unter dem eines einzigen
Industrielandes in Europa liegt.
Wir müssen zeigen, dass wir die Industriegesellschaft
auf erneuerbare Energien umstellen können. Das ist das
Signal, das Länder wie China und die afrikanischen
Staaten erwarten. Dann werden sie diese Entwicklung
nachmachen – nicht andersherum.
Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den Einzel-
plan 16, Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit, in der Ausschussfassung. Es lie-
gen dazu drei Änderungsanträge vor, über die wir zuerst
abstimmen.
Zunächst stimmen wir über den Änderungsantrag der
Fraktion der FDP auf Drucksache 16/7340 ab. Wer
stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? –
Der Änderungsantrag ist damit mit den Stimmen des
Hauses gegen die Stimmen der FDP-Fraktion abgelehnt.
Wer stimmt für den Änderungsantrag der Fraktion
Die Linke auf Drucksache 16/7324? – Wer stimmt dage-
gen? – Enthaltungen? – Der Änderungsantrag ist damit
abgelehnt mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und
der FDP gegen die Stimmen der Fraktion Die Linke bei
Enthaltung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Wer stimmt für den Änderungsantrag der Fraktion
Die Linke auf Drucksache 16/7325? – Wer stimmt dage-
gen? – Enthaltungen? – Dann ist auch dieser Änderungs-
antrag abgelehnt mit den Stimmen der Koalitionsfraktio-
nen und der FDP-Fraktion gegen die Stimmen der
Fraktion Die Linke bei Enthaltung der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen.
Nun stimmen wir über den Einzelplan 16 in der Aus-
schussfassung ab. Wer stimmt dafür? – Wer ist dagegen?
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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Zunächst bedanke ich mich bei der Hauptbe-
richterstatterin für die gute Zusammenarbeit bei der Be-
ratung des Einzelplans 17. Natürlich bedanke ich mich
auch bei den Mitberichterstattern. Ganz besonders be-
danke ich mich für die vertrauensvolle und konstruktive
Beratung dieses Einzelplans beim Ministerium und hier
vor allen Dingen bei der Ministerin.
Die gewohnte Ausnahme, was konstruktive Zusam-
menarbeit angeht, hat leider wieder die Fraktion Die
Linke gebildet. Es ist schon bemerkenswert, was Sie al-
les an zusätzlichen Ausgaben fordern: Sie fordern ernst-
haft, mal eben 3,5 Milliarden Euro mehr für den Kinder-
zuschlag auszugeben, 2,46 Milliarden Euro mehr für das
Kindergeld, 2 Milliarden Euro mehr für den Ausbau der
Kinderbetreuung.
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ie wollen, dass insgesamt 8 Milliarden Euro mehr aus-
egeben werden, und das – das ist das Problem – ohne
inen einzigen seriösen Vorschlag der Gegenfinanzie-
ung.
ie wollen dauerhafte Ausgabensteigerungen in Höhe
on rund 6 Milliarden Euro und damit eine 100-prozen-
ige Erhöhung dieses Einzelplans.
Als SED-Nachfolgepartei
üssten Sie doch eigentlich wissen, was eine zu hohe
erschuldung bedeutet: Armut und letztendlich den
taatsbankrott.
ann realisieren Sie endlich, dass wir trotz der guten
irtschaftlichen Entwicklung immer noch Tag für Tag
chulden aufnehmen? Wann realisieren Sie, dass der
und mittlerweile nahezu 1 Billion Euro Schulden auf-
enommen hat und dass jeder weitere Euro Schulden die
ukünftigen Handlungsspielräume für die junge Genera-
ion einschränken wird?
Ich appelliere auch an die Grünen, damit aufzuhören
ich denke da an ihren letzten Parteitag –, diese Art der
opulistischen Angebote auch noch mitzumachen.
Wir dürfen nicht glauben, dass Kinderarmut in
eutschland nur ein materielles Problem ist. Es wäre da-
er auch falsch, das Problem nur durch staatliche Ali-
entation lösen zu wollen, wie das die Sozialisten tun
ollen. Kinderarmut hat vielfältige Ausprägungen und
rsachen. Es geht nicht nur darum, dass Kinder, die in
rmut leben, unter materieller Armut leiden. Viele Kin-
er leiden insbesondere unter der Armut an Fürsorge und
uwendung.
Kollege Schröder, gestatten Sie eine Zwischenfrage
er Kollegin Gruß?
Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Schröder, Sie haben gerade sochön gesagt, dass Kinderarmut nicht nur materielle Ar-
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Miriam Grußmut ist. Deshalb würde mich gerade Ihre Position zumBetreuungsgeld interessieren.
Ich habe gesagt, dass das nicht nur eine Frage der ma-teriellen Armut ist. Ich habe deutlich gemacht, dass dieArmut unterschiedliche Auswirkungen hat, dass wir vondaher auch unterschiedliche Lösungen brauchen
und dass es nicht ausreicht, Kinder und Eltern einfachnur stärker zu alimentieren.
Sicherlich müssen wir aber auch an die Eltern denken,die sich bewusst dazu entscheiden, ihr Kind selbst zuHause zu betreuen. Sie sollten uns genauso lieb sein wiediejenigen, die sich bewusst dafür entscheiden, rechtfrühzeitig – zum Beispiel nach einem Jahr – ihren Berufwieder aufzunehmen. Wir als CDU/CSU-Fraktion haltenüberhaupt nichts davon, diese beiden Gruppen gegenein-ander auszuspielen.
Ich finde, dass der Weg, den die Ministerin einschlägtund auf dem sie beides berücksichtigt und Wahlfreiheitfür die Familien schafft, genau richtig ist. Diesem Wegsollten wir weiter folgen.
Die reine Alimentation ist eben kein Allheilmittel.Wir brauchen eine Mischung aus mehr Zeit für Kinder,aus Infrastruktur und natürlich auch aus einer besserenfinanziellen Unterstützung sowie aus solchen Elementenwie der Beratung.Durch eine gute Familienpolitik wird daher dafür ge-sorgt, dass es den Eltern ermöglicht wird, ausreichendZeit mit ihren Kindern zu verbringen, dass Eltern eineechte Wahlfreiheit zwischen einem Betreuungsplatz fürihre Kinder und dem Verzicht auf eine Berufstätigkeithaben und dass sie eben auch ausreichend finanziell un-terstützt werden. Durch eine verantwortungsvolle Politikfür Familien wird dafür gesorgt, dass Familien Hilfe be-kommen, wenn sie mit der Erziehung der Kinder über-fordert sind, und dass durch den Staat auch entschiedenund frühzeitig eingegriffen wird, wenn Eltern ihre Kin-der vernachlässigen.Meine Damen und Herren, in diesem Haushalt kommtdas Elterngeld voll zum Tragen. Damit können sich dieFamilien für ihr Kind im ersten Lebensjahr Zeit nehmenund auf eine Berufstätigkeit verzichten. Aufgrund derEinkommensabsicherung droht ihnen nun kein Abrut-schen in die Armut mehr.Es freut mich, dass sich die Familienministerin auchdarangemacht hat, den Kinderzuschlag so auszugestal-tbwcDDugdgkdKgKmüsvsdgsdupBbEüvHKrzAdsAglmDdPc
Wir dürfen auch den weiteren Ausbau der Regelun-en zum Kindergeld nicht vergessen. Ich sage Ihneneutlich: Die CDU/CSU-Fraktion wird nicht am Kinder-eld rütteln. Vielmehr sollten wir das Kindergeld in denommenden Jahren – gegebenenfalls nach der Anzahler Kinder – weiter aufstocken; denn gerade durch dasindergeld werden die Eltern mit mittlerem und niedri-em Einkommen unterstützt. Diese Eltern sind für ihreinder wirklich auf jeden Euro angewiesen. Das mo-entane Kindergeld in Höhe von 154 Euro reicht, wennberhaupt, nur zur Deckung eines Teils der Kosten, bei-pielsweise für die Schulausstattung.Ich finde es wirklich anmaßend, wenn solchen Elternorgeworfen wird, dass sie dieses Geld für Flachbild-chirme und Alkohol ausgeben. Wer so etwas behauptet,er kennt die Realität und die Lebenswirklichkeit derroßen Mehrheit der Familien in Deutschland nicht. Dasind nämlich Eltern, die sich für ihr Kind aufreiben undie für ihre Kinder wirklich den letzten Cent ausgeben.
Auch der deutliche Ausbau der Betreuungsplätze fürnter Dreijährige dient dem Ziel, Kinderarmut schonräventiv zu bekämpfen; denn nur ein gutes Angebot anetreuungsplätzen erlaubt es dem zweiten Elternteilzw. dem Alleinerziehenden, ein ausreichendes eigenesinkommen zu erzielen.Mit der Einigung mit den Ländern und Kommunenber die Finanzierung und der Einstellung des Sonder-ermögens in Höhe von 2,15 Milliarden Euro in denaushalt ist nun der Weg für eine Verdreifachung derapazitäten in der Kinderbetreuung für unter Dreijäh-ige frei.Wir wollen ein Betreuungsangebot von 750 000 Plät-en erreichen. Jetzt kommt es darauf an, dass wir diesenusbau auch in der Praxis zielgenau umsetzen. Dabeiürfen wir nicht nur den quantitativen Schritt machen,ondern müssen natürlich auch darauf achten, dass beimusbau der Betreuung unsere qualitativen Anforderun-en erfüllt werden.
Vor dem Hintergrund der demografischen Entwick-ung rücken auch die Belange von älteren Menschen im-er stärker in den Mittelpunkt der gesellschaftlicheniskussion. Zum einen gilt dies für die wachsende Zahler Pflegebedürftigen. Hier werden wir durch dieflegereform einen deutlichen Schritt nach vorne ma-hen. Zum anderen gilt das aber auch für die wachsende
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Dr. Ole SchröderZahl der Senioren, die in immer stärkerem Ausmaß ak-tiv am gesellschaftlichen Leben teilhaben.Das Ministerium für Familie, Senioren, Frauen undJugend hat sich auf den Weg gemacht, diesen gesell-schaftlichen Wandel aktiv zu begleiten und stärker zugestalten. Das wird auch in diesem Haushalt deutlich. Indiesem Zusammenhang denke ich zum Beispiel an dieFörderung von Seniorenorganisationen, das Unterneh-mensprogramm „Wirtschaftsfaktor Alter – Unternehmengewinnen“ oder die Initiative „Erfahrung ist Zukunft“,um nur einige wenige Beispiele herauszunehmen.
Meine Damen und Herren, einen besonderen Schwer-punkt setzen wir in diesem Haushalt bei der Unterstüt-zung des ehrenamtlichen Engagements. Aus gutemGrund haben wir den Titel „Modellvorhaben zur Stär-kung des bürgerschaftlichen Engagements“ um weitere2 Millionen Euro auf 12 Millionen Euro erhöht.Die Regierung Merkel unterstützt wie keine andereBundesregierung zuvor das ehrenamtliche Engagement;
denn es kann durch keine staatliche Einrichtung, auchwenn sie finanziell noch so gut ausgestattet ist, ersetztwerden. Das ehrenamtliche Engagement ist wertvoll – seies bei der Unterstützung älterer Menschen, die auf Hilfeangewiesen sind, sei es bei der Betreuung von Jugendli-chen.Mit dem in diesem Sommer verabschiedeten Gesetzzur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engage-ments haben wir die steuerlichen Rahmenbedingungenfür bürgerschaftliches Engagement deutlich verbessert –dem Finanzminister sei Dank.
Mit der schnellen Umsetzung dieses Gesetzes habenwir gezeigt, dass die Große Koalition nicht nur vom Eh-renamt redet, sondern auch etwas tut. Wir bringen kon-krete Maßnahmen auf den Weg.Die Erfahrungen zeigen, dass die Menschen auch dieentsprechenden Strukturen vorfinden müssen, denen siesich ohne viel Aufwand anschließen können, wenn siesich ehrenamtlich engagieren wollen. Sie brauchen In-formationen darüber, welche Möglichkeiten es gibt, sicheinzubringen. Genau dies unterstützen wir durch die nunstärker geförderten Modellvorhaben des Ministeriums.In diesem Zusammenhang denke ich insbesondere andie Bürgerstiftungen. Hier engagieren sich Bürgerinnenund Bürger in zunehmendem Maße für ihr direktes Le-bensumfeld. Die meisten Stiftungen haben die Förde-rung von Kindern und Jugendlichen zum Ziel. Inzwi-schen gibt es 150 Stiftungen mit 10 000 Stifterinnen undStiftern. Genau solche Erfolge wollen wir mit unsererPolitik, auch mit diesem Haushaltsplan, weiter aus-bauen.
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ie das Abendland in Gefahr sieht. Dann trifft sich in deregel Frau von der Leyen mit dem Finanzminister. He-aus kommt ein sogenannter Kompromiss. Wie dieserussieht, haben wir beim geplanten Vorziehen der Kin-ergelderhöhung auf 2009 erlebt.
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Roland ClausDer vom Kinderhilfswerk herausgegebene Kinderre-port 2007 sollte uns allen zu denken geben. Wenn manden Bogen etwas weiter spannt und sich die letzten30 Jahre der Bundesrepublik anschaut, dann stellt manfest, dass es den Bundesregierungen mit ihrer Politik ge-lungen ist, die Geburtenzahl zu halbieren. Innerhalbvon nur 15 Jahren ist ihnen das auch im Osten Deutsch-lands gelungen. Im gleichen Zeitraum hat sich der pri-vate Reichtum vervielfacht, die Kinderarmut leiderverfünfzehnfacht. Das ist ein Skandal, mit dem wir unsnie abfinden werden, weder in diesem Hause noch an-derswo.
Wir alle müssen uns fragen, ob wir nicht klammheim-lich den Grundsatz „Den Kindern soll es einmal bessergehen“ – den haben Christen und Nichtchristen einmalgeteilt – allmählich durch die Einstellung „Nach mir dieSintflut“ ersetzen. Gerade weil Sie den Zusammenhangvon Demokratie und Familie betonen, müssen Sie sichein paar Fragen gefallen lassen. Wie soll der Langzeitar-beitslose in seinem Umfeld Selbstbewusstsein vorleben?Was ist daran noch demokratisch, wenn die Verkäuferinihrer Tochter den Schulausflug wiederholt nicht bezah-len kann? Wie soll nach einer fünfeinhalb Tage dauern-den Arbeitswoche weit weg von zu Hause Kinderliebeim Zeitraffer möglich sein? Warum muss eine Schülerinein Schuljahr wiederholen, wenn ihre Eltern in ein ande-res Bundesland umziehen? Zusammengefasst: Was istdas für ein Reichtum, der nicht bei den Kindern an-kommt?Das ist ein Skandal in diesem reichen Land.
Wenn Sie uns erneut für unsere Vorschläge kritisieren,dann sage ich Ihnen: Das Steuerkonzept, das wir vorge-legt haben, deckt alle diese Vorschläge ab. Diese Vor-schläge hätten es verdient, Wirklichkeit in diesem Landezu werden.
Ein Beispiel: Wir werden im nächsten Jahr darangehen,die ersten Zivildienstschulen zu schließen. Ende desJahres 2008 soll das vollzogen sein. Wir finden, das istein falscher Schritt, weil die soziale und bildungspoliti-sche Kompetenz dieser Einrichtungen mehr denn je ge-fragt ist. Natürlich verschließen wir nicht die Augen da-vor, dass die Zahl der Zivildienstleistenden kleiner wird,aber statt über Schließungen nachzudenken, müsste dochin einer Situation, in der wir über so viele gesellschaftli-che Umbrüche reden, die soziale und bildungspolitischeKompetenz genutzt und die Einrichtungen müssten um-gewidmet und dürften nicht eingestellt werden. Daswäre vernünftig und logisch.
Wir schlagen Ihnen erneut vor, im Kampf gegen denRechtsextremismus die Mittel für die vorgesehenenProgramme von 19 Millionen Euro auf 38 MillionenEuro zu verdoppeln. Das ergibt einen Sinn. Wir redengegenwärtig über 90 bewilligte Anträge. Es gibt 149 ab-gelehnte Anträge. Die meisten wurden wegen Geldman-guskdoemwdMddRnSeWlinnhfdfLuidsmtWafFDn
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!er Haushalt des Bundesministeriums für Familie, Se-ioren, Frauen und Jugend ist in den zurückliegenden
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Petra Hinz
Beratungen um 13,6 Millionen Euro aufgestockt wor-den. Wir legen dem Parlament ein Ausgabenvolumen inHöhe von rund 6,2 Milliarden Euro zur Beschlussfas-sung vor. Die Aufstockung gegenüber dem Vorjahr be-trägt damit 1 Milliarde Euro. Also von wegen „nicht zu-kunftsweisend“.
Das resultiert unter anderem auch aus der Überlappungvon bisherigem Erziehungsgeld und dem neuen Eltern-geld.Aber es wurden auch weitere Veränderungen vorge-nommen. Ich möchte hier die Stärkung der Zivilgesell-schaft nennen. Zur besseren Transparenz wurden alleTitel des bürgerschaftlichen Engagements in einer Titel-gruppe zusammengefasst. Das ist jetzt sehr technokra-tisch, aber es gibt tatsächlich mehr Transparenz. Wir ha-ben darüber hinaus eine Umformulierung vorgenommenund – das hat schon mein Kollege Ole Schröder gesagt –den bisherigen Ansatz von 10 Millionen Euro um weitere2 Millionen Euro auf 12 Millionen Euro aufgestockt. Ins-gesamt stehen für die Stärkung der Zivilgesellschaft jetzt32,46 Millionen Euro zur Verfügung. Dies ist auf denersten Blick richtig, aber wenn wir einmal genauer in denHaushalt schauen, und zwar in den Bereich „AllgemeineBewilligungen“, dann werden wir noch weitere Mittelsehen. Für die Freiwilligendienste stehen weitere1 Million Euro zur Verfügung. Für die Förderung zentra-ler Maßnahmen und die Organisation des Ehrenamtesund der Selbsthilfe stehen an anderer Haushaltsstelle, je-doch auch in diesem Bereich, weitere 500 000 Euro zurVerfügung. Eine weitere Veränderung hat stattgefunden:Die Bundesregierung bzw. die Ministerin hat einen Be-auftragten für Zivilengagement eingesetzt. Für seinenAufwand sind wir der Empfehlung des Ministeriums,eine Aufwandsentschädigung bereitzustellen, gefolgt.Die heutige Verabschiedung des Haushaltes ist einegute Gelegenheit, um deutlich zu machen, welche Per-spektiven und Schwerpunkte damit verbunden sind. ImOktober wurde der Koalitionsantrag „Häusliche Gewaltgegen Frauen konsequent weiterbekämpfen“, Aktions-plan II der Bundesregierung zur Bekämpfung der Gewaltgegen Frauen, an dieser Stelle beraten. Wenn das einzigeZuhause ein Ort der Gewalt ist – ich rede von Gewaltgegen Frauen –, dann ist es auch oft ein gefährlicher Ortfür Kinder. Ich denke, es ist richtig, dass hier festgehal-ten wird, dass mehr als 40 000 Frauen in Deutschlandgemeinsam mit ihren Kindern ins Frauenhaus flüchtenmüssen.Für die Koordinierungsstelle Frauenhaus stehen imHaushalt rund 300 000 Euro zur Verfügung. Ich will hiernur zwei Projektpunkte und Aufgaben benennen: Ar-beitshilfen zur Unterstützung der Frauenhauspraxis undder Frauenhausträger und die Aufbereitung von zentra-len Rechts- und Finanzierungsfragen, die für die von Ge-walt betroffenen Frauen und Kindern relevant sind.Grundsätzlich ist die Finanzierung von FrauenhäusernAufgabe der Länder und Kommunen. Das Thema wirdregelmäßig in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Häusli-che Gewalt“ beraten.dGdBegVkrdszenZstawaiidlinVleipgteenzMadsughgmA
In der Frage der Kinder- und Jugendhilfe habenund, Länder und Kommunen durch das Gesetz jeweilsigene Kompetenzen. Es darf aber nicht um Kompetenz-erangel oder um Zuständigkeiten gehen, damit man dieerantwortung schön auf eine andere Ebene abgebenann. Nein, wir müssen über alle Ebenen hinweg erfolg-eich für Familien, Kinder und Frauen kämpfen.Der Haushalt spiegelt genau diese Anforderungen wi-er. Unsere Aufgabe als Politiker ist es, Wege und Lö-ungen aufzuzeigen. Seit Anfang Oktober liegt derweite Aktionsplan der Bundesregierung vor. Das istine starke Leistung. Mit seinen rund 130 Einzelmaß-ahmen beschreibt dieser Aktionsplan ein ehrgeizigesiel. Alle Maßnahmen, die umgesetzt werden, werdenich auch in diesem Haushalt widerspiegeln. In dem Ak-ionsplan „Für ein kindergerechtes Deutschland“ wirdufgezeigt, wie wichtig es ist, dass Kinder in einer ge-altfreien Umgebung, in einer gewaltfreien Gesellschaftufwachsen. Umso wichtiger ist es, die Kinderrechtens Grundgesetz aufzunehmen.
Meine Fraktion will die Kinderrechte ausdrücklichns Grundgesetz aufnehmen. Wir müssen den Kindernas Recht auf Entwicklung und Entfaltung ihrer Persön-ichkeit geben, und zwar nicht nur in Sonntagsreden.
Sie haben das Recht auf Förderung ihrer Stärken undnsbesondere ihrer Talente. Ich möchte an dieser Stelleicht die zurückliegende Woche strapazieren, in der derorlesetag stattfand und in der es was weiß ich nicht al-es gegeben hat. Wir alle waren im Wahlkreis aktiv undngagiert. Es sind 7 000 Menschen und 200 000 Kindern den Genuss gekommen, einen Tag lang im Mittel-unkt zu stehen. Das ist unsere Politik. Diese Überzeu-ung ist der rote Faden unserer Kinder- und Jugendpoli-ik. Wir haben das Recht auf gewaltfreie Erziehungingeführt sowie dass Kinder ab dem ersten Lebensjahrinen Rechtsanspruch auf Bildung und Betreuung in ei-er Kita oder in der Tagespflege haben. Bereits in derurückliegenden Legislaturperiode haben wir einenaßnahmenkatalog für mehr Kinderfreundlichkeit ver-bschiedet. Dies wird kontinuierlich fortgeführt. Jetztie Kinderrechte im Grundgesetz klarzustellen, ist einechlüssige und für mich absolut logische Konsequenznserer Politik.Der rote Faden heißt Kinderbetreuungsfinanzierungs-esetz. Dieses Gesetz haben wir bereits im Nachtrags-aushalt 2007 beschlossen. Das ist ein ausgesprochenutes Gesetz. Dem Haushalt 2008 könnten wir eigentlichehrere Überschriften geben. Eine könnte heißen: Vonnfang an groß und stark. Genau das muss unser Ziel
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Petra Hinz
sein; denn wenn unsere Kinder von Anfang an gefördertwerden und eine Chance bekommen, werden sie starkeErwachsene und müssen beispielsweise nicht ins Frau-enhaus. Nicht umsonst heißt es im Volksmund: WasHänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr.Die Seniorinnen- und Seniorenpolitik ist ein weite-rer Bereich dieses Ministeriums. Es geht darum, dass dieChancen des längeren Lebens für alle eröffnet werden.Wir wollen den demografischen Wandel gestalten undnicht nur erdulden. Ich zitiere unsere Ministerin a. D.Renate Schmidt im Rahmen der Haushaltsberatungen imSeptember 2004:Alter ist kein Synonym für Hilfsbedürftigkeit undGebrechlichkeit, sondern für Lebenserfahrung,Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit beider allergrößten Zahl der Menschen, und zwar bisins höchste Alter.
Viele, die sich ehrenamtlich engagieren, sind Senio-rinnen und Senioren. Mit diesem Haushalt würdigen wirdiese Arbeit im Rahmen des ehrenamtlichen Engage-ments. Das ist aber nur ein Aspekt. Diejenigen, die imAlter Unterstützung brauchen, bekommen die notwen-dige Hilfe. Hier gibt es Berührungspunkte zwischen demMinisterium von Frau Dr. von der Leyen und dem derGesundheitsministerin Ulla Schmidt.Ich komme zum Schluss. Ich möchte mich bei meinenMitberichterstattern, insbesondere bei meinem Kollegenund Koalitionspartner Ole Schröder, für die gute Zusam-menarbeit bedanken, aber auch bei der Ministerin, beiden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ministe-riums.Ich habe nach der Einbringung des Haushalts,Einzelplan 17, in erster Lesung zugesagt, etwas klarzu-stellen. Ich habe Ihnen vorgeworfen, dass von den98 Millionen Euro, die für das Mehrgenerationenhauszur Verfügung stehen, rund 10 Prozent für Öffentlich-keitsarbeit und Pressearbeit verausgabt werden. Ich habegelernt, dass das in diesem Fall nicht so ist. Vielmehr hatdie begleitende Evaluierung einen erheblichen Anteil andiesen 10 Prozent. Es war mir wichtig, das klarzustellen;denn Politik muss glaubwürdig und ehrlich sein.Mit dem Haushalt 2008 legen wir ein gutes, solidesFundament für die Herausforderungen, die jetzt anste-hen. Wie gesagt: Von Anfang an groß und stark – für dieKinder.Vielen Dank.
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun die
Kollegin Ekin Deligöz das Wort.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! LiebeKolleginnen und Kollegen von der Koalition, ich kannIevWhEstsgidbSFknsDdStsDbdaaggnvsrvIKdK
ie Antwort auf diese Frage ist entscheidend dafür, obas Elterngeld Wirkung zeigen wird oder nicht.Wir machen Ihnen deshalb einen Vorschlag: Führenie einen konditionierten Rechtsanspruch auf Kinderbe-reuung bis 2009 ein! Führen Sie einen echten Rechtsan-pruch bis 2011 ein!
ann könnten wir ernsthaft über die Frage der Verein-arkeit von Familie und Beruf reden; dann würde sich iniesem Land etwas verändern. Schieben Sie das nichtuf die lange Bank; das wäre eine falsche Politik.
Zweites Beispiel – Sie, Herr Schröder, haben es auchngeführt –: Betreuungsgeld. Es geht um die Frage, wieerecht ein Betreuungsgeld wäre. Ich denke, der Haupt-rund dafür, dass die Ministerin diesen Vorschlag aufge-ommen hat, liegt darin, dass der Druck vom konservati-en Teil der CDU/CSU zu hoch ist. Das ist der Preis, denie dafür zahlen muss, um die Betreuung überhaupt vo-anzubringen; darum geht es, nicht darum, ob eine sinn-olle Maßnahme dahintersteckt.
n diesem Punkt schluckt die Familienpolitik eine dickeröte.Man sollte mit der konservativen Legende aufräumen,as Betreuungsgeld sei eine gerechte Ergänzung zurinderbetreuung. Das ist es nicht. Sie wissen selbst
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Ekin Deligöz– auch die DIW-Studie, die das Ministerium vor ein paarTagen veröffentlicht hat, zeigt dies –, dass nur einBruchteil der Mittel für Familien mit unter dreijährigenKindern in die Infrastruktur fließt; ein großer Teil landetals unterstützende Transferleistungen bei den Familien.Wir haben Defizite bei der Infrastruktur. Wenn Sie vomPopulismus der Grünen reden, Herr Schröder, dann soll-ten Sie sich die IGLU-Studie von gestern anschauen, diebesagt, wie wichtig die Elementarförderung ist und wiesehr das schulische Fortkommen der Kinder nach wievor vom Einkommen und von der Bildungsnähe der El-ternhäuser abhängt. In dieser Studie steht auch, dass wirin Deutschland Investitionen in Elementarbildung undFrühförderung, in Kinderkrippen, Ganztagskindergärtenund Ganztagsschulen brauchen. Sie wollen das nichtwahrhaben. Wir sagen die Wahrheit. Das nennen Sie Po-pulismus. Gehen Sie in sich und überlegen Sie einmal,was Sie eigentlich wollen!
Nun zum Kinderzuschlag: Sie haben angekündigt,dass dort etwas passieren soll. Dann gab es irgendwelcheSitzungen, aus denen mit Mühe und Not nur ein Ergeb-nis herauskam, und das war sehr mau. Sie haben gerademal die Entfristung des Kinderzuschlages beschlossen.Zugleich sagen Sie von der Koalition, dass sich Arbeit indiesem Land lohnen soll; aber bei einem Instrument, dasgenau daran ansetzt, dass Arbeit sich lohnt, kommen Sieseit Jahr und Tag nicht weiter. Das ist keine Armutspoli-tik, sondern eher ein Armutszeugnis.
Ich bleibe bei der Untätigkeit der Bundesregierung.Natürlich reden wir über den Betreuungsausbau, und wirwerden wahrscheinlich auch noch des Öfteren darüberreden. Sie reden in diesem Plenum aber nicht – das be-daure ich sehr – über die qualitativen Verbesserungen beiBetreuung und Elementarbildung. Sie reden auch nichtdavon, wie Sie es schaffen können, die Qualitätsdebatteaufzugreifen und durch konkrete Maßnahmen voranzu-treiben. Schließlich nutzen Sie auch die Chance der Gro-ßen Koalition nicht, dieses Thema mit den Ländern, diehier ebenfalls in der Verantwortung sind, gemeinsam an-zupacken. Das nenne ich Untätigkeit, und sie wird aufuns zurückfallen. Das müssen Sie sich nachsagen lassen.
Der nächste Punkt der Untätigkeit: Geplante Steu-eränderungen bei der Kindertagespflege, die jetzt anste-hen, mögen ordnungspolitisch womöglich eine Berechti-gung haben. Gleichzeitig sind sie aber kontraproduktiv,weil vor allem die Tagesmütter die Leidtragenden seinwerden; denn sie werden dann in vollem Umfang versi-cherungs- und steuerpflichtig sein. Insbesondere die Ver-sicherungspflicht fällt bei ihnen ins Gewicht. Dies machteine solche Tätigkeit für viele Frauen finanziell immerweniger lohnenswert. Wir wollen den Ausbau der Infra-struktur für die unter Dreijährigen, und den Tagesmüt-trerühgwwWBsthVGEeudjprgzLFFGlhmrdzM
as Sie hier machen, ist für den Krippenausbau und dieetreuung der unter Dreijährigen eher kontraproduktiv.
Ein weiteres Beispiel Ihrer Untätigkeit: Sie habenchon seit längerem angekündigt, dass die Familienleis-ungen in Deutschland überprüft werden sollten. Davonören wir nichts mehr.
on einer Bestandsaufnahme ist nicht mehr die Rede.leichzeitig kündigen Sie, Frau Familienministerin, einerhöhung des Kindergeldes ab dem zweiten Kind undin Familiensplitting an, sagen aber nicht, was das kostetnd wo Ihre Konzepte sind. Sie vermitteln uns damit,ass Sie selbst auch nicht wissen, wie es weitergeht. Aufeden Fall kann man sagen: Außer einer Ankündigungs-olitik haben Sie in diesem Bereich nichts zu bieten.
Kollegin Deligöz, wir freuen uns alle, dass Sie esechtzeitig zur Debatte dieses Haushalts wieder zu unseschafft haben, und gratulieren Ihnen recht herzlichum Nachwuchs.
Das Wort hat die Bundesministerin Dr. Ursula von dereyen.
Dr. Ursula von der Leyen, Bundesministerin füramilie, Senioren, Frauen und Jugend:Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieberau Deligöz, auch von mir herzlichen Glückwunsch zureburt Ihres Kindes! Ich sehe Ihnen nach, dass Sie viel-eicht einige Dinge, die wir in der Zwischenzeit getanaben, nicht mitbekommen haben. Deshalb freue ichich, Ihnen darlegen zu können, dass dieses Ministe-ium sein Geld nicht nur sehr effizient einsetzt, sondernass dies auch auf der Grundlage eines ganz klaren Kon-eptes erfolgt.
Es gibt einen schönen Spruch von Michel deontaigne: Es ist gar nicht so wichtig, ob man sein Geld
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Bundesministerin Dr. Ursula von der Leyenspart oder ausgibt. Entscheidend ist, was man damit will. –Ich will gleich hinzufügen: Für öffentliche Haushaltekann das nur sehr eingeschränkt gelten; denn Konsoli-dieren ist – auch im Hinblick auf die kommenden Gene-rationen – ein Gebot der Vernunft. Aber er hat zum Teilrecht, wenn er betont, dass Zweck und Erfolg entschei-dend sind, um zu bewerten, ob wir das Geld sinnvoll ein-setzen.Lassen Sie mich daran aufzeigen, dass das Grundkon-zept, im Lebensverlauf Perspektiven für Familie undKinder zu schaffen, richtig ist. Das Ziel des Einzelplansist nicht, möglichst viel Geld zur Verfügung zu stellen,sondern es gezielt dort zu investieren, wo Unterstützungnotwendig und sinnvoll ist. Das beginnt zum Beispielbeim Elterngeld. Für den Lebensanfang der Kinder inFamilien, die sich neu gründen, haben wir 4 Milliar-den Euro veranschlagt. Das Elterngeld wirkt ganz gezieltin einer Lebenssituation, in der den jungen Eltern Zeitmit ihrem Kind besonders wichtig ist und in der sie nichtzuallererst die Erfahrung machen sollen, dass das Ein-kommen wegbricht. Deswegen ist das Elterngeld an die-ser Stelle richtig und wirkungsvoll.
Es gibt einen zweiten Aspekt beim Elterngeld, undder ist anfangs heftig diskutiert, belächelt, verspottetoder bekämpft worden: die Partnermonate. Jetzt zeigtsich aber, dass sie insbesondere für die Frage der Vater-und Mutterrolle genau richtig waren und dass auch Väterdie Vereinbarkeit von Beruf und Familie wünschen undsich Zeit für ihre Kinder nehmen wollen. Ich finde esklasse, dass die jungen Menschen mit den Füßen abstim-men und entscheiden, was sie möchten, wenn die Rah-menbedingungen stimmen. In den ersten vier Monatenseit der Einführung des Elterngelds hat sich die Zahl derjungen Väter, die sich Zeit für ihr Kind nehmen, verdop-pelt. Bis Sommer dieses Jahres – so weit reicht die Sta-tistik – hat sich die Zahl verdreifacht. Jeder dritte derjungen Väter des Jahres 2007 hat vor, seine Partnermo-nate in Anspruch zu nehmen. Ich kann deshalb nur fest-stellen: Auf die Väter ist Verlass.
Allen Unkenrufen zum Trotz, Herr Claus – Sie habenden Geburtenrückgang der letzten zehn Jahre der Bun-desregierung angelastet –, sollten wir in den trockenenStatistiken auch zur Kenntnis nehmen, dass im erstenHalbjahr 2007 die Geburtenrate erstmals seit langemnicht mehr gesunken ist, obwohl es heute 1 Million we-niger junge Frauen gibt, die Kinder bekommen könnten,als vor zehn Jahren. Das zeigt, dass sich mehr jungeMenschen für Kinder entscheiden. Ich will nicht sagen,dass das ein Ergebnis der Politik an sich ist. Es ist viel-mehr ein Ergebnis von Perspektiven, die für ein Lebenmit Kindern in der Welt von heute aufgezeigt werden.Das muss unser Ziel sein.
Wenn das Elterngeld endet, dann spielt die Kinderbe-treuung eine große Rolle. Es ist eine Tatsache, dass sichBzüdndmZIswwrg–fnjrdtSefmaPaAEwsbsntgfKTswfesEdv
ntscheidend sind da eine gute Konjunktur – die habenir – und Möglichkeiten der Kinderbetreuung zum Bei-piel für Alleinerziehende, damit sie, wenn sie ein Ar-eitsangebot haben, dies auch annehmen können. Dieschaffen wir durch die Investitionen, die ich eben ge-annt habe.Zweitens. Ein Grund für Armut ist die über Genera-ionen vererbte Armut, Bildungsarmut. Hier hilft nur Zu-ang zu früher Bildung von Kindern. Auch da ist dierühkindliche Bildung ein entscheidendes Feld, alsoindergärten, Kinderkrippen, altersgemischte Gruppen,agesmütternetze.Drittens. Es gibt eine Schwelle für Armut, die insbe-ondere kinderreiche Familien betrifft, nämlich dann,enn die Eltern erwerbstätig sind, aber das Geld nichtür die vielen Köpfe reicht. Hier ist in der Tat ein ganzntscheidendes Instrument der Kinderzuschlag, der eineinnvolle und wirkungsvolle Hilfe ist.
r hilft gezielt gegen die Form der Kinderarmut, wennie Eltern erwerbstätig sind und fleißig ihr Einkommenerdienen, es aber nicht für die vielen Kinder reicht. Er
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Bundesministerin Dr. Ursula von der Leyenist ein ganz klarer arbeitsmarktpolitischer Anreiz. Ermacht nämlich klar: Wenn ihr erwerbstätig seid, so un-terstützen wir euch, damit ihr nicht wegen der Kinderlänger in Hartz IV bleibt. Gerade bei niedrigen Einkom-men muss gelten: Arbeit muss sich lohnen.Ich weiß, dass der Kinderzuschlag im Haushalt 2008noch nicht berücksichtigt ist. Wir alle wissen aber, dassim Koalitionsausschuss am 12. November der ganz klareAuftrag erteilt worden ist, in Abstimmung mit den Res-sorts ein Konzept für den Kinderzuschlag innerhalb desNiedriglohnsektors vorzulegen. Wir haben gestern in dergroßen Debatte zum Etat des Kanzleramtes gehört, dassdafür 200 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werdensollen. Wir arbeiten jetzt an diesem Konzept. Im Prinzipliegen die Pläne auf dem Tisch. Ich bin der festen Über-zeugung, dass wir gemeinsam im Hinblick auf das Ziel,mehr Kinder aus Hartz IV herauszuholen und ihre Fami-lien in der Erwerbstätigkeit zu unterstützen, zeitnah zueiner guten Lösung kommen werden.
Meine Damen und Herren Abgeordnete, ich bedankemich für die gute und konstruktive Zusammenarbeit undUnterstützung in der parlamentarischen Beratung desEinzelplans 17.Ich möchte noch ein Thema herausgreifen, das mir inder Tat sehr wichtig ist, nämlich das ehrenamtliche En-gagement. Ich danke für die Aufstockung der Mittel um2 Millionen Euro in diesem Titel. Ich nehme diese Auf-stockung als Auftrag mit, so wie dies in den Reden zuvordeutlich gemacht wurde. Das Spannende am bürger-schaftlichen Engagement, am Prinzip des Ehrenamtes,ist, dass das Prinzip der Gegenseitigkeit und der Wech-selseitigkeit, das Prinzip des Gebens und Nehmens, dazuführt, dass man am Ende gar nicht mehr so genau sagenkann, wer eigentlich gibt und wer eigentlich empfängt,weil alle davon profitieren, wenn wir den Rahmen rich-tig gestalten.Ich möchte zum Schluss an Montaigne erinnern: Waswir mit dem Geld wollen und bewirken, das ist entschei-dend. – Wir investieren in unserem Einzelplan 17 in et-was, was man eigentlich gar nicht mit Geld kaufen kann.Wir investieren in die Bereitschaft, füreinander da zusein. Wir investieren darin, dass wir uns umeinanderkümmern und dass wir gut miteinander leben, das heißtin die Bereitschaft, eine Familie zu haben, zu erziehen,in der Gesellschaft Verantwortung zu übernehmen, sichum die ältere Generation zu kümmern und vice versaauch um die junge Generation. Wir geben den Menschenkein Geld, damit sie Kinder bekommen oder ehrenamt-lich tätig werden. Das wäre ein Kurzschluss und würdegar nicht funktionieren. Aber wir können objektive Hür-den abbauen, damit Menschen es leichter haben, Verant-wortung zu übernehmen.Das ist es, was wir mit unserem Einzelplan 17 imnächsten Jahr vorantreiben wollen – nicht mehr, aberauch nicht weniger.Vielen Dank.
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Ich stelle immer gern die Frage: Warum sind Kinderohnenswert? Da erinnern wir uns alle – sei es in unsererunktion als Eltern, Onkel oder Großeltern –, wie es ist,enn man nachts noch einmal ins Kinderzimmerchleicht und das Deckbett, das mal wieder irgendwoerwühlt in der Ecke liegt, über die Schultern legt. Dasefühl, das man dabei hat, ist ein Gefühl der Belohnung.Unsere Aufgabe als Haushälter des Staates, als Ver-ntwortliche für das Schicksalsbuch ist haargenau die-elbe. Wir haben dafür zu sorgen, dass das Deckbett dast und dass der Schutz für unsere Gesellschaft da ist.
eswegen kann man nicht einfach nur – an dieser Stelleritisiere ich die Große Koalition – in guten Zeiten mehreld ausgeben. Es ist die Verantwortung einer Großenoalition, die auch großen Mut haben müsste, zu sparen;enn sparen heißt dann wieder – da schließt sich derreis –: Ich spare für Kinder. – Das tun Sie leider zu we-ig.
Ihr Vorschlag zur Kindergelderhöhung, Frau Minis-erin, war schon sehr interessant. Ich rätsele bis heute:ar das ein Kommunikationsproblem Ihrerseits – dasann ich mir bei Ihrer kommunikativen Strahlkraft nichto richtig vorstellen –, oder war das etwas, was Sie ver-bredet hatten? Haben Sie beim Kindergeld gesagt:
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Otto Fricke„Wenn es nicht rauskommt, schieben wir es“, oder wardas alles nur ein böser Zufall, oder war es möglicher-weise der böse Finanzminister, der hier versucht hat, inder Koalitionsrunde, in der Sie nicht dabei waren, zulas-ten von Familien und Kindern beim Kindergeld zu kür-zen? Ich hätte mir gewünscht, dass Sie heute dazu eineAufklärung gegeben hätten.
Warum hat es diese Aufklärung nicht gegeben? Ichkann Ihnen genau sagen, warum es die nicht gegebenhat, meine lieben Kolleginnen und Kollegen: Sie habenimmer noch nicht die Evaluierung der Leistungen fürdie Familien vorgelegt.
185 Milliarden Euro im Jahr, das ist eine Schätzung. Daskann man so oder so sehen. Das ist ein Betrag, den wir– das ist grundsätzlich richtig – in den Bereich Familiegeben; gar keine Frage. Aber darüber, was davon gut ist,was davon Luxus ist, was ineffektiv ist, was überhauptnichts bringt, was etwas bringen würde, wenn es ein bis-schen verändert würde, wissen wir nichts.Nun sagt das Ministerium: Wir evaluieren ständig. –Das ist schön. Das ganze Leben ist Evaluierung.
Aber Sie haben verdammt noch mal die Pflicht, an dieserStelle irgendwann zu dem Punkt zu kommen, festzustel-len: Die Leistung ist nicht in Ordnung; die Mittel dafürgeben wir dahin und dorthin.
Was passiert, wenn Sie das nicht tun? Was passiert,wenn wir irgendwann wieder zu wenig Geld haben?Dann werden wir im Zweifel an der falschen Stelle spa-ren, weil Sie nicht geschaut haben: Was sind die Leistun-gen, die wir noch brauchen, und was sind die Leistun-gen, auf die wir verzichten können? Es ist kein einfacherWeg, Frau Ministerin, aber es ist auch nicht Ihre Auf-gabe, nur die einfachen und schönen Dinge zu tun.Eine Befürchtung habe ich schon – das ärgert michbeim Kindergeld ganz besonders –, nämlich dass jetztmöglicherweise herauskommt: Man hat sich ein biss-chen gestritten; irgendwann ist man zu dem Ergebnis ge-kommen, dass man doch sehr kinderfreundlich ist,
und dann kommt die Kindergelderhöhung genau zurWahl, möglichst in einer Staffelung, die noch mehrHerzwärme erzeugt. – Wenn Sie schon jetzt anfangen,mit Wahlkampfgeschenken zu taktieren, ist das eine Ver-sündigung an unseren Kindern. Ich hoffe, dass das nichtder Fall ist.
Frau Ministerin, zu einigen Themen habe ich nichtsgehört, und ich habe genau zugehört. Ihr Ministerium istfür viel mehr als nur für Kinder und das Ehrenamt zu-ständig. Ich habe zum Zivildienst nichts gehört. Ich habeaSmtdfrabdKnnTCdZMgdaw„eseKüdeKhDnIweSGBCwF
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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnenund Kollegen! Ich kann nicht Blockflöte spielen; es tutmir sehr leid. Ich nehme auch nicht immer Vollwertkostzu mir; das gebe ich ehrlich zu. Gerade während des Be-triebs in Berlin ist das manchmal etwas schwierig.Ich möchte schwerpunktmäßig auf das Thema bürger-schaftliches Engagement eingehen, das sich heute schondurch viele Reden gezogen hat. Es macht uns Engage-mentpolitiker etwas stolz, dass fast alle Rednerinnen undRedner auf dieses Thema eingegangen sind. Das zeigt,dass es nicht nur in der Gesellschaft stärker angekom-men ist, sondern auch in der Politik weiterhin stärker an-kommt und immer mehr auch in die politischen Ausei-nandersetzungen einzieht, über die Parteigrenzen hinwegund – zugunsten der Sache, wie ich finde – häufig imEinvernehmen. Das spiegelt sich auch im Haushalt wi-der.Ich möchte auf einige Themen eingehen, die im Haus-halt nur am Rande eine Rolle spielen, aber in der Zu-kunft eine größere Bedeutung haben werden.Wir beraten gerade, auch im Rahmen einer Anhörung,intensiv das Jugendfreiwilligendienstegesetz. Wir ha-ben leider vor kurzem unsere Debatte zu diesem Themahier im Plenum nicht stattfinden lassen können, weil dieUhrzeit – es wäre gegen Mitternacht gewesen – diesemThema nicht angemessen gewesen wäre. Deshalb werdeich heute in meiner Rede zum Haushalt etwas stärkerdarauf eingehen.Warum reden wir über eine Novellierung des Jugend-freiwilligendienstegesetzes? Wir reden aus ganz banalenGründen darüber, zum Beispiel wegen der Umsatzsteu-erpflicht. Die zuständigen Finanzbehörden haben dieseals notwendig erkannt. Ich bin kein Steuerfachmann; daskönnen andere Kollegen besser beurteilen. Wir alle indiesem Haus wollen diese Umsatzsteuerpflicht nicht.Deshalb wollen wir diesen Punkt gemeinsam ändern.Dazu liegt jetzt ein Vorschlag des Ministeriums auf demTisch. Ich als Laie habe empfohlen, einen Ausnahmetat-bestand einzuführen, habe mich aber von den zuständi-gen Fachpolitikern aus dem Finanzbereich und dem ju-ristischen Bereich belehren lassen, dass das nichteuropatauglich sei und dass leider diese komplizierte Artund Weise erforderlich sei. Wir haben mit den Verbän-den darüber gesprochen, und sie nehmen es zähneknir-schend hin. Sie haben, glaube ich, eingesehen, dass es invielen Bereichen nicht anders geht.Aber wir haben die Gesetzesänderung als Chance ge-nutzt, eine Weiterentwicklung und Verbesserung des Ge-setzes vorzunehmen. Wir haben in der letzten Legislatur-periode fraktionsübergreifend einen Antrag formuliert,in dem wir eine Weiterentwicklung und Verbesserungder Situation der Freiwilligen im FSJ und im FÖJ for-dern. Im Rahmen dieser Gesetzesnovellierung packenwir nun ein paar Dinge an. Es sind zunächst kleineSvdmwddEssWasdascBwMcdwstwaDlruwWbFtDmwlcagd
In der Anhörung und der fraktionsübergreifendeniskussion unter den zuständigen Kolleginnen und Kol-egen hat sich herausgestellt, dass neben der Flexibilisie-ung auch klare Strukturen notwendig sind. Das FSJnd das FÖJ sind Erfolgsgeschichten. Darauf könnenir gemeinsam stolz sein.
ir sollten diese Namen – ich danke für den Hinweis –eibehalten.
SJ und FÖJ sind Markennamen, die diese Modelle wei-erhin tragen sollten.
as ist eine ganz wichtige Angelegenheit. Warum solltean Erfolgsgeschichten beenden?
Deshalb sage ich: Wir brauchen so viel Flexibilitätie nötig, um die Programme für benachteiligte Jugend-iche attraktiv zu machen. Wir müssen die unterschiedli-hen Lebenssituationen anerkennen. Wir brauchen aberuch klare Strukturen, und zwar nicht nur, um den Trä-ern entgegenzukommen – ich glaube nämlich schon,ass sie manchmal etwas mehr Flexibilität an den Tag le-
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Sönke Rixgen könnten –, sondern auch, um zwischen FSJ, FÖJ unddem, was Schule und andere Institutionen leisten sollen,eine Grenze zu ziehen. Von daher brauchen wir eineklare Trennung. Ich bin guten Mutes, dass wir das in derKoalition und gemeinsam mit den anderen Fraktionenhinbekommen können.
Da ich im Zusammenhang mit den Freiwilligendiens-ten von „klaren Strukturen“ gesprochen habe, möchteich zumindest anmerken, dass wir uns hinsichtlich derTrägerschaft der Freiwilligendienste vielleicht einmal et-was Neues überlegen müssen. In der letzten Sitzungswo-che haben wir im Zusammenhang mit dem Integrations-plan eine intensive Debatte über die Migrations- undIntegrationspolitik geführt. Wir haben uns vorgenom-men, das Thema Migration und Integration bei jedemneuen Gesetz im Hinterkopf zu haben.Die SPD-Fraktion hatte die Idee, bei den Trägerstruk-turen im Gesetz die Möglichkeit einer Tandemlösungfestzuhalten. Ein klassischer Träger, zum Beispiel dasRote Kreuz, könnte mit einer Gruppierung, einer Vereini-gung oder einem Verein von Menschen mit Migrations-hintergrund, also mit einer Organisation, die als Trägereines freiwilligen sozialen oder freiwilligen ökologi-schen Jahres nicht anerkannt ist, ein Tandem bilden. Sokönnten wir unser Ziel, die Jugendlichen mit Migrations-hintergrund anzusprechen, erreichen. Ich hoffe, dass wirnoch einmal gemeinsam darüber nachdenken werden.Die SPD ist auf jeden Fall dafür, dass wir das tun.
Im Haushalt des letzten Jahres war das Programm„Freiwilligendienste machen kompetent“ ausgewiesen.Damit sprechen wir Jugendliche aus bildungsfernenSchichten an. Dieses Programm wird zurzeit evaluiert.Wir arbeiten an diesen Projekten. Ich bin übrigens imBeirat. Die Arbeit, die dort geleistet wird, ist sehr gut.Wir müssen dafür sorgen, dass diese Programme weiter-hin auf guten Füßen stehen.Auch wenn wir uns darüber freuen, dass wir 2 Millio-nen Euro mehr im Engagementtopf – wenn ich ihn ein-mal so nennen darf – haben, würde ich mir wünschen,dass wir beim nächsten Mal vielleicht noch ein paarEuro mehr bekommen, um auch die Jugendfreiwilligen-dienste unterstützen zu können. Dazu gehören Modelle,mit denen wir benachteiligte Jugendliche unterstützen.Darüber sollten wir gemeinsam nachdenken. Mit der ei-nen oder anderen Million mehr könnte man gerade aufdiesem Gebiet einen Schritt in die richtige Richtung ma-chen.Wir wissen, dass die Nachfrage nach FSJ und FÖJsteigt.
– Dazu komme ich noch, Frau Kollegin. – Wir habenmehr Nachfragen als Plätze.
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Ich frage Ministerin von der Leyen: Wo sind die konkre-ten Konzepte der Großen Koalition zur Verbesserung derTeilhabe von Jugendlichen?
Wann kommt zum Beispiel die KJHG-Reform? So man-cher Ihrer Vorschläge wird ja medienwirksam präsen-tiert. Aber statt mehr für PR auszugeben, sollten Siemehr in die Substanz Ihrer Jugendpolitik investieren.
Wo man hinschaut, sieht man nur Stückwerk. Die we-nigen eigenen jugendpolitischen Initiativen von Ihnensind doch meist unausgegoren. Nehmen wir als BeispielIhren Gesetzentwurf zu den Jugendfreiwilligendiens-ten FSJ und FÖJ. Die Anhörung der Verbände hat ge-zeigt, dass der Entwurf Licht, aber auch Schatten hat undzu kurz greift. Ihrem Entwurf fehlt eine klare bildungs-und jugendpolitische Gesamtkonzeption für Freiwilli-gendienste.
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Gestern hat zum Jugendschutz ein runder Tisch ge-agt, bei dem wir grüne Vorschläge für einen effektiverennd besseren Jugendschutz eingebracht haben. Der ver-bredete Sieben-Punkte-Plan ist ein Schritt in die rich-ige Richtung: Die Alterskennzeichnung ist besser sicht-ar zu machen, Kassensysteme sind mit akustischenignalen auszustatten, und insgesamt soll es mehr Infor-ation und Aufklärung geben. All das ist wirksam undernünftig.Ich freue mich, dass gerade unser Vorschlag, denußgeldkatalog zu überarbeiten, eine Hauptbotschaftes runden Tisches gewesen ist.
Viel zu dünn sind aber die Überlegungen, mit denenir das Vollzugs- und Umsetzungsdefizit auf allen poli-ischen Ebenen in den Griff bekommen können. Ich er-arte, dass wir die Kontrolldichte deutlich erhöhen, umas Risiko zu erhöhen, erwischt zu werden, wenn manegen den Jugendschutz verstößt. Zudem muss die Zu-ammenarbeit zwischen den Kontrollbehörden – also Ju-endhilfe und Ordnungsämtern – verstärkt und verbind-icher gemacht werden.Wir erwarten von Ihnen, dass Sie zügig eine überar-eitete Jugendschutzgesetznovelle zur Beratung hier imarlament einbringen. Wenn es ein vernünftiges Gesamt-aket ist, werden wir uns ihm auch nicht verschließen.
Meine Damen und Herren, immer mehr Eltern sind inhrer Erziehungskompetenz überfordert. Die Aufgabener Kinder- und Jugendhilfe nehmen somit zu. Beileichbleibenden oder sogar sinkenden Finanzmittelnrohen eine verhängnisvolle Unterfinanzierung und in-olgedessen auch eine Überforderung der Jugendhilfe.in Aufgabenzuwachs erfordert einen Mittelzuwachs so-ie Strukturreformen. Dazu haben Sie heute leider nichtsesagt.Die Kinder- und Jugendhilfe darf nicht als Feuerwehrach erschütternden und wirklich traurigen Einzelfällen,ondern muss vor allem als wichtiges gesellschaftliches
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Kai GehringFrühwarnsystem und als zentraler Problemlöser gesehenwerden.
Meine Damen und Herren, um mehr Teilhabe zu er-möglichen, müssen wir im Haushalt klare Prioritäten set-zen und alte Zöpfe abschneiden. Zu den ältesten Zöpfengehört mit Sicherheit die Wehrpflicht.
Die Wehrpflicht muss schnellstmöglich ausgesetzt wer-den, weil sie ungerecht ist und sich sicherheitspolitischüberlebt hat.
Statt wenigstens Auszubildende und Studierende von derWehrpflicht freizustellen, werden diese entgegen allerVernunft aus ihren Ausbildungsgängen herausgezogen.Doppelt ungerecht ist, dass 8 000 Zivildienstleistendemehr eingezogen werden als Wehrdienstleistende. DieseUngerechtigkeit muss sofort beendet werden.
Mit den frei werdenden Mitteln im Zivildiensthaus-halt in Höhe von über 66 Millionen Euro wollen wir vorallem die Jugendfreiwilligendienste massiv ausbauen,um damit der enormen Engagementbereitschaft von Ju-gendlichen gerecht zu werden.Zudem wollen wir die Mittel gegen Rechtsextremis-mus verdoppeln. Die Förderung der Arbeit für Vielfaltund Respekt ist zentral, damit Andersaussehende, An-dersdenkende, Andersgläubige und Andersliebende ineiner pluralen und angstfreien Gesellschaft statt in „na-tional befreiten Zonen“ leben können.
Kollege Gehring, Sie müssen bitte zum Schluss kom-
men.
Ja, ich komme zum Schluss. – Vielfältige Jugendkul-
turarbeit und Elterninformation sind dazu dringend er-
forderlich. Die Stärkung der Zivilgesellschaft sowie die
Einbindung bewährter Initiativen im Kampf gegen
Rechtsextremismus müssen stärker und gleichberechtigt
berücksichtigt werden.
Es ist wichtig, auch in diesem Haushalt klare Prioritä-
ten dafür zu setzen und durchdachte Konzepte zu entwi-
ckeln. Ich würde mir wünschen, dass Sie in diesen Berei-
chen richtige Prioritäten setzen und auf diese Weise
junge Menschen bei der Gestaltung ihrer Zukunft besser
unterstützen.
Herzlichen Dank.
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enn die Welt heute schreibt: „Die Stunde der hilflosenpposition“ – mit Ihrem gnädigen Einverständnis, Frauräsidentin, darf ich zitieren –, dann hat sie recht.
Das betrifft leider auch die heutige familienpolitischeiskussion. Es hätte der Opposition – Ihnen, liebe Kolle-innen und Kollegen von der FDP und von den Grünen;ei der Linkspartei habe ich meine Zweifel – gut ange-tanden, das, was erreicht worden ist, was es im nächstenahr an familienpolitischen Leistungen gibt, anzuerken-en. Zur Wahrheit gehört die gesamte Wahrheit
nd nicht nur das Haar in der Suppe, das Sie in dieseriskussion wieder verzweifelt zu finden versuchen.Der bisherige Verlauf der Haushaltsdebatte hat insbe-ondere eines deutlich gemacht: Die Familienpolitik hatnter unserer Familienministerin von der Leyen enormn Bedeutung gewonnen. Die Familienpolitik hat nun-ehr endlich den Stellenwert, der ihr zusteht. Keiner iniesem Hohen Hause würde heute noch sagen: Familien-olitik ist Gedöns.Mit dem Haushalt 2008 machen wir folgerichtig klar,ass sich daran in Zukunft nichts ändern wird. Im Ge-enteil: Wir stärken die Familienpolitik noch. Trotz not-endiger Haushaltskonsolidierung setzt die Große Ko-lition im Jahr 2008 erneut einen Schwerpunkt bei derörderung der Familien und Kinder in unserem Land.Zu den Leistungen im Einzelnen. Der größte Postenm Einzelplan 17 ist im kommenden Jahr das Eltern-eld. Im Haushalt 2008 kommt es zum ersten Mal vollum Tragen. 4 Milliarden Euro – Frau Ministerin hat be-eits darauf hingewiesen – sind allein hierfür veran-chlagt. Erste Auswertungen zum Elterngeld haben be-tätigt, dass das Elterngeld von den jungen Eltern sehrut angenommen wird und ihren Erwartungen voll ent-pricht.
ach einer Umfrage des Allensbach-Instituts vom Juni007 erleben junge Paare und gerade auch Alleinerzie-ende die Zeit nach der Geburt weniger häufig als Phase
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Paul Lehriedergroßer Einschränkungen. Bei einer relativen Mehrheitherrscht die Wahrnehmung vor, dass sich die finanzielleFörderung junger Familien mit Kindern deutlich verbes-sert hat.Auch die sogenannten Vätermonate – von dem einenoder anderen etwas humorvoll als „Wickelvolontariat“bezeichnet; diese Vätermonate sind ja in der Vergangen-heit durchaus kontrovers diskutiert worden – findenmehrheitlich die Zustimmung der jungen Eltern.
– „Humorvoll“, ich habe das ausdrücklich betont. –Diese positive Entwicklung ist auch an der steigendenZahl der Väter in Elternzeit abzulesen: In den ersten vierMonaten dieses Jahres haben mit 8,5 Prozent mehr alsdoppelt so viele Väter Elternzeit genommen als bisher.Zwei Bundesländer sind hier eigens zu erwähnen: Ander Spitze der Bewegung steht erstaunlicherweise Ber-lin. Den zweiten Platz – 11,2 Prozent der Väter nehmenhier Vätermonate – hat Bayern. Respekt! Komplimentan die bayerischen Väter, die vorbildlich die Elternzeit inAnspruch nehmen! Eine Befragung aus dem drittenQuartal 2007 hat ergeben: 57 Prozent der Väter nehmenimmerhin zwei Monate Elternzeit, und 43 Prozent sogarmehr als zwei Monate. Die Vätermonate sind also eintoller Erfolg geworden, sie werden von den Vätern bes-ser angenommen, als man es sich vorstellen konnte.
Das Elterngeld ist somit unstrittig der richtige Weg, umjungen Eltern die Entscheidung für Kinder und für dasLeben mit Kindern leichter zu machen.Ich bin stolz darauf, dass wir vor einigen Wochen ei-nen weiteren Meilenstein für Familien in unserem Landauf den Weg bringen konnten: Bis zum Jahr 2013 wer-den bundesweit Betreuungsplätze in Kindertagesein-richtungen und in der Kindertagespflege für rund einDrittel der Kinder unter drei Jahren entstehen. Mit demgeplanten Betreuungsgeld – Kollege Peter Struck hatsich ja gestern in der Diskussion ebenfalls ausdrücklichdazu bekannt –
– so habe ich ihn verstanden –
setzen wir zudem ein Zeichen, dass auch die Erziehungvon Kindern zu Hause unser aller Wertschätzung ver-dient.
Damit sind die Weichen für eine gute, flexible Kinderbe-treuung in unserem Land gestellt, für eine Betreuung,die, liebe Frau Lenke, ein Maximum an Wahlmöglich-keiten für Mutter und Vater bietet.ndmKnBldGdZSbvKrcvn1SksdwunfwemhtlmfWFham–sswbg
Auch in der PISA-Studie ist uns ein Sprung nachorne gelungen. Wir sind jetzt auf einem guten Platz,ämlich Platz 13 von 57. 2003 waren wir noch auf Platz8. Insbesondere die Zahl der besonders schwachenchüler ist nach der neuen PISA-Studie deutlich gesun-en. Ich glaube, das ist ein Erfolg. Die größere wirt-chaftliche Prosperität der Familien wird dazu beitragen,ass hier auch in Zukunft Bildungsschwächen beseitigterden können.Die Schaffung von mehr Betreuungsangeboten fürnter Dreijährige ist daher auch eine geeignete Maß-ahme, die Kinderarmut dauerhaft zu reduzieren. Es dür-en nicht nur Transferleistungen gezahlt werden. Vielichtiger ist es, dass die Familien Zugang zur Bildungrhalten; denn Kinder geraten insbesondere dann in Ar-ut, wenn ihre Eltern keine Arbeit haben. Wir habeneute Morgen hier über den Haushalt des Arbeitsminis-eriums diskutiert. Die neueste Zahl vom Arbeitsmarktautet: 3,38 Millionen Arbeitslose. Das heißt, es gibt im-erhin 682 000 Beschäftigte mehr als noch vor Jahres-rist im November 2006. Ich glaube, das ist der richtigeeg. Arbeitsmarktpolitik ist gleichzeitig Kinder- undamilienpolitik, weil Eltern, die in Lohn und Brot ste-en, für ihre Kinder natürlich mehr tun können. Das istlso ein probates und richtiges Mittel gegen Kinderar-ut.
Über die Frage Mindestlohn müssen wir in den Aus-chüssen diskutieren. Wir streiten uns in den Ausschüs-en ohnehin oft genug über den Mindestlohn. Darübererden wir noch einige Diskussionen zu führen haben.
Deshalb ist die Steigerung der Nachfrage auf dem Ar-eitsmarkt auf der einen Seite gemeinsam mit dem zügi-en Ausbau der Kinderbetreuung auf der anderen Seite
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Paul Lehriederder entscheidende Weg, die Kinderarmut mittelfristigund dauerhaft zu senken.Erfahrungen in unseren Nachbarländern zeigen zu-dem, dass materielle Kinderarmut durch gezielte Leis-tungen wie das Elterngeld und den Kinderzuschlag er-folgreich gesenkt werden kann. So wird die Förderungvon Familien mithilfe des Kinderzuschlages künftig un-befristet fortgeführt. Auch darauf muss man noch einmalausdrücklich hinweisen.Wir sind auch ganz klar für eine Erhöhung des Kin-dergeldes bereits im Jahr 2009. Lieber Kollege Fricke,wenn die Kinder das Geld im Jahr 2009 brauchen, dannerhöhen wir das 2009, und zwar nicht im Hinblick aufdie nächste Bundestagswahl. Die Familien und nicht dieWahlchancen, wie vielleicht bei Ihnen – der Menschgeht ja bekanntlich von sich selber aus –, stehen bei unsim Fokus.
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Das Wort hat die Kollegin Sibylle Laurischk für die
FDP-Fraktion.
Herr Kollege Lehrieder! Meine sehr verehrten Damen
und Herren! Für Lobhudeleien haben wir bei der Oppo-
sition leider keine Zeit.
Deswegen wende ich mich auch gleich an die Ministe-
rin.
Zum Kinderzuschlag möchte ich zumindest kurz be-
merken: Bisher ist der Kinderzuschlag eine rein bürokra-
tische Veranstaltung.
Aus der beruflichen Praxis ist mir nicht ein Fall bekannt,
in dem der Kinderzuschlag wirklich gewährt wurde.
Wenn sich das ändern sollte, dann werde ich das sehr
wohl vermerken, aber ich habe größte Zweifel, dass es
sich hier um mehr als um ein Placebo handelt.
Schauen wir uns den Haushalt an. Im Haushalt des
Familienministeriums waren bisher für die Position „In-
tegration junger Zuwanderinnen und Zuwanderer“
66 Millionen Euro eingestellt. 44 Millionen Euro davon
werden jetzt in den Kinder- und Jugendplan verschoben.
Weitere 14 Millionen Euro bleiben offen. In dem Haus-
haltstitel stehen dann nur noch 8 Millionen Euro. Die
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Eine weitere Chance verpassen Sie, wenn Sie bei den
ugendfreiwilligendiensten nicht die Möglichkeiten der
ahmengesetzgebung nutzen. Wir haben angemahnt, für
ie Jugendfreiwilligendienste eine Rahmengesetzge-
ung in ausschließlicher Zuständigkeit des für die Ju-
endpolitik verantwortlichen Familienministeriums zu
chaffen.
ier erkenne ich einen erstaunlichen Mangel an Durch-
etzungskraft, Frau Ministerin. Ich kann nur hoffen, dass
ie zumindest Ihre Skepsis hinsichtlich des Betreuungs-
eldes, das die FDP-Fraktion für falsch hält, aufrechter-
alten und wenigstens in diesem Punkt in Zukunft stand-
after sind.
Gestatten Sie mir noch einige Worte zur Seniorenpo-
itik. Dazu haben wir nichts von Ihnen gehört. Zum
tichwort „Mehrgenerationenhäuser“ ist zu sagen: Ihre
olitik greift hier zu kurz. Die in diesem Rahmen verteil-
en Gelder fließen zum Teil in bereits bestehende kom-
unale Einrichtungen. Wir haben heute – wie schon in
er Vergangenheit – zu wenig von Ihnen zu dieser Frage
ehört.
Ich komme zu den Stichworten „Renteneintritts-
lter 67“ und „Zwangsverrentung“. Mit Letzterem wird
ie Arbeitslosenstatistik geschönt. Wie Sie als die für äl-
ere Menschen zuständige Ressortministerin dazu ste-
en, haben wir aber nicht gehört.
Mein Resümee zur Jugend-, aber auch zur Senioren-
olitik lautet: Es ist zu wenig.
Zu einer Kurzintervention hat der Kollege Ole
chröder das Wort.
Frau Kollegin, Sie haben den Titel „Integration jungeruwanderinnen und Zuwanderer“ angesprochen. Wie
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 130. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. November 2007 13721
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Dr. Ole SchröderSie richtig bemerkt haben, waren im Haushalt 2007 hiernoch 66,2 Millionen Euro eingestellt. Das bedeutet aller-dings nicht, dass wir jetzt weniger für die Integrationjunger Zuwanderinnen und Zuwanderer tun. Vielmehrist es so, dass wir 44,2 Millionen Euro in den KJP über-führt haben.
Davon erhoffen wir uns erhebliche Synergieeffekte mitanderen Programmen.In den Haushaltsberatungen haben wir auch mit demMinisterium abgesprochen, dass im nächsten Jahr keineeinzige Integrationsmaßnahme daran scheitern wird,dass nicht genügend Geld aus diesem Haushalt zur Ver-fügung gestellt wird. Das hat uns das Ministerium zuge-sichert. Ebenfalls haben wir für eine entsprechende Fle-xibilisierung gesorgt, damit wir das im Haushaltsvollzugauch so hinbekommen.Zur Klarstellung musste das hier noch einmal deutlichgemacht werden.
Sie haben das Wort zur Erwiderung.
Herr Kollege, ich habe das so dargestellt, wie Sie es
gerade beschrieben haben. Ich habe aber auch festge-
stellt, dass der Haushalt des Familienministeriums, der ja
auch die Mittel für die Jugendpolitik beinhaltet, letztend-
lich um 14 Millionen Euro gekürzt worden ist. Das ist
nichts anderes als ein Verschiebebahnhof. Ob die Mittel
wirklich der Integration von Jugendlichen – das ist mein
spezielles Thema, das ich hier angeschnitten habe – zu-
gute kommen, werden wir sehen. Das werden wir aus
der Sicht der Opposition sehr genau prüfen.
Das Wort hat die Kollegin Kerstin Griese für die
SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Zuerst ein Satz zu Ihnen, Frau Laurischk: Wir haben imKinder- und Jugendbereich nicht gekürzt. Es ist mirwichtig, das noch einmal deutlich zu sagen. Die Fragevon Integration und Migration ist eine Querschnittsauf-gabe. Wir haben sie anders strukturiert. Dort ist nicht ge-kürzt worden! Das möchte ich festhalten, damit nichtsFalsches stehen bleibt.Ich wende mich direkt noch einmal an Ihre Fraktion,und zwar an Ihren hochverehrten Kollegen Ausschuss-vorsitzenden Otto Fricke. Es ist zwar schön, in jeder De-batte zu einem Haushaltstitel darauf zu verweisen, dasswdFgkzHBaWsbmdSwrdKfdOIsdBlAsgBf2sgzwmDujdnAgtdeG
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir können zuralbzeit der Großen Koalition eine äußerst erfolgreicheilanz unserer Familienpolitik ziehen. Das Beste kommtber noch. Wir haben nicht nur schon sehr viel auf deneg gebracht, sondern auch noch sehr viel vor.Liebe Ekin Deligöz, von mir und im Namen des ge-amten Ausschusses herzlichen Glückwunsch zur Ge-urt von Alina. Wir haben gemeinsam unter Rot-Grünit dem Betreuungsausbau begonnen. Deutschland lagamals weit zurück. Eine nun veröffentlichte OECD-tudie zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind, wennir in die Kinderbetreuung und das Elterngeld investie-en. Deutschland gibt aber noch immer weniger als an-ere Länder für Infrastruktur und Dienstleistungen fürinder und Familien aus, dafür aber noch immer mehrür finanzielle Leistungen. Wir sind dabei, das zu verän-ern und die Betreuung auszubauen. Dem könnte diepposition eigentlich begeistert zustimmen.Es gibt eine erfreuliche kontinuierliche Entwicklung:nzwischen 6 400 Ganztagsschulen bundesweit, dieteuerliche Absetzbarkeit der Kinderbetreuungskosten,as Elterngeld und der Betreuungsausbau, aber auch dieündnisse mit der Wirtschaft für mehr Familienfreund-ichkeit am Arbeitsplatz – das alles sind Meilensteine.ber, wie gesagt, das Beste kommt noch mit dem Ge-etz, das wir so schnell wie möglich auf den Weg brin-en werden und das einen Rechtsanspruch auf einenetreuungsplatz ab dem ersten Geburtstag des Kindesestschreibt. Darüber, dass dieser Rechtsanspruch erst ab013 gelten soll, kann man sicherlich meckern. Es wärechön gewesen, wenn das ein, zwei Jahre früher möglichewesen wäre. Aber ich sage Ihnen ganz ehrlich: Nochu Beginn dieses Jahres hätte niemand geglaubt, dassir es überhaupt schaffen. Wir packen es nun an undachen es.
afür, dass der Bund bis 2013 hierfür 4 Milliarden Eurond ab 2014 für die Betreuung der unter Dreijährigenährlich 770 Millionen Euro ausgeben wird, danke ichem Bundesfinanzminister und der Bundesfamilienmi-isterin herzlich; denn das ist gut investiertes Geld.uch das muss man in einer Haushaltsdebatte einmal sa-en.
Ich möchte dazu noch anmerken: Wir Sozialdemokra-innen und Sozialdemokraten freuen uns natürlich sehr,ass wir die Mehrheit des Hauses von der Notwendigkeitines Rechtsanspruches überzeugen konnten. Frauolze, Sie haben gefordert, dass wir für alle Familien
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Kerstin Griesemehr tun sollten. Der Betreuungsausbau stellt einenFortschritt für alle Familien dar; denn alle Kinder be-kommen dadurch bessere Bildungschancen und werdenoptimal betreut und zuverlässig gefördert.
Damit wird aber auch – einige haben das schon betont;auch mir ist das ganz wichtig – nachhaltige Armutsprä-vention betrieben, weil Berufstätigkeit und Kinder fürMütter und Väter besser vereinbar sein werden. Genaudas ist der richtige Ansatz.Daran zeigt sich, dass unsere moderne Familienpoli-tik gleichzeitig eine gute Gleichstellungspolitik und einegerechte Sozialpolitik ist. Ich will für all diejenigen, dievielleicht noch immer die Sorge haben, dass die stunden-weise Abwesenheit der Eltern und der Aufenthalt derKinder in einer Kita negative Wirkungen haben könnten,aus der World Vision Kinderstudie zitieren:Erwerbstätigkeit beider Eltern und Zuwendung sindkein Widerspruch. Im Gegenteil: eine geregelte Er-werbsbeteiligung der Eltern stabilisiert die häusli-chen Verhältnisse und hilft, die gemeinsam ver-brachte Zeit intensiver miteinander zu nutzen.Das heißt, unser Ansatz beim Ausbau der Kinderbetreu-ung ist genau richtig.
Wir müssen gemeinsam mit den Arbeits- und Sozial-politikern deshalb darüber nachdenken, wie wir dieChancen von berufstätigen Eltern verbessern können.Wir haben den Kinderzuschlag entfristet; das ist einerster richtiger Schritt. Wir wollen nun 200 MillionenEuro mehr in den Kinderzuschlag investieren. Wir müs-sen das mit dem Erwerbstätigenzuschuss abstimmen.Das ist kein einfacher Prozess, weil hier viele Sozialge-setze geändert werden müssen. Ich sage ganz deutlich:Richtig gut wird es erst dann, wenn es einen Mindest-lohn gibt. Auf ihm aufbauend werden wir effektive So-zialleistungen erbringen können.
Ich bin sehr froh, dass es bei der Post endlich geklappthat. Das sollte uns ein Anreiz sein, voranzuschreiten.
Ich bin des Weiteren sehr froh, dass der Arbeits- undSozialminister ein Schulstartpaket im Wert von150 Euro einführen will, damit Kinder die notwendigeAusstattung für die Schule bekommen. Da vom Haus-haltsausschussvorsitzenden angemahnt wurde, dass ge-zielte finanzielle Leistungen notwendig sind, möchte ichfesthalten: Eine solche Schulstarthilfe ist eine gezielte fi-nanzielle Leistung und besser, als Geld nach dem Gieß-kannenprinzip zu verteilen.KILffelevmndszszdAmkDdKKgwkcKRlzIzdz
Lieber Kollege, welchen Bären Sie den Menschen mit
hrer kurzfristig zurückgezogenen Ankündigung, die
ohnsteuerklasse V im Jahressteuergesetz abzuschaf-
en, aufgebunden haben, ist Ihr Problem, nicht meines.
Frau Griese, Sie haben eben gesagt, ganz wichtig sei
ür die Berechnung des Kinderzuschlags die Einführung
ines flächendeckenden Mindestlohnes. Meine Frage
autet: Was hat es mit dem Kinderzuschlag zu tun, wenn
s jetzt in jeder Branche einen Mindestlohn gibt? Das
erstehe ich nun überhaupt nicht.
Ich erkläre es Ihnen gerne, Frau Lenke. Der Zusam-enhang ist der: Wenn Sie einen Erwerbstätigen- und ei-en Kinderzuschlag einführen, dann funktioniert das erstann richtig gut, wenn es einen Mindestlohn gibt; sonstchieben Sie allein dem Staat die Verpflichtung zu, dieu niedrigen Löhne, die die Unternehmen zahlen, aufzu-tocken. Die hohe Anzahl der Aufstocker, die wir haben,eigt, dass das ein Problem ist. Das heißt: Wir wollenen schon bestehenden Kinderzuschlag gerne ausbauen.ber erst dann, wenn es einen Mindestlohn gibt, kannan ihn mit einem Erwerbstätigenzuschlag vernünftigombinieren.
ass die Postbranche es heute geschafft hat, zeigt, dassas tatsächlich funktionieren kann.
Meine Partei, die SPD, will einen nationalen Pakt, umindern mehr Chancen zu geben und die Zahl der voninderarmut Betroffenen nachhaltig zu senken. Dazuehört auch, mit Ländern und Kommunen zu sprechen,ie wir die Ernährung von Kindern in Kitas verbessernönnen; denn wir brauchen gerechte und gleiche Chan-en für alle Kinder.Wir haben erste Erfolge. Die Zahl der Menschen mitinderwunsch ist gestiegen. Endlich gibt es keinenückgang der Geburtenrate mehr. Moderne Gleichstel-ungspolitik heißt eben auch, dass inzwischen fast jederehnte Vater Elterngeld beantragt. Das Elterngeld wirkt.ch finde, ehrlich gesagt, dass 10 Prozent immer nochiemlich wenig sind, aber man muss sehen, dass die Ten-enz eindeutig steigt. Knapp ein Viertel der Väter nimmtwischen drei und elf Monate in Anspruch, jeder fünfte
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Kerstin Griesesogar zwölf Monate. Wir sind auf dem richtigen Weg,wir könnten aber noch ein bisschen schneller vorankom-men.Wie wir Kinder besser vor Vernachlässigung schüt-zen können, beschäftigte und berührte uns gerade in denletzten Tagen leider wieder erneut. Wir sind entsetzt da-rüber, dass es in unserem Land Eltern gibt, die ihre eige-nen Kinder verhungern lassen und misshandeln. Ichglaube, wir sind uns alle einig, dass unser Ziel ist, dassalle Kinder gesund und geschützt aufwachsen und Chan-cen im Leben bekommen. Aber die Wahrheit ist, dass eseine ernst zu nehmende Zahl von Eltern gibt, die ihre Fa-miliensituation nicht bewältigen können. Obwohl es dieEltern sein sollten, die ihren Kindern einen guten Startins Leben ermöglichen, klappt das leider in einigen Fa-milien nicht. Es gibt hier eine gesamtgesellschaftlicheVerantwortung. Wir müssen deutlich machen, dass esauch eine öffentliche Verantwortung dafür gibt, dassKinder geschützt werden. Wir brauchen eine Kultur desHinsehens, nicht des Wegschauens.Wir müssen Eltern frühzeitig unterstützen. Das kannauch bedeuten, dass Eltern schon vor der Geburt beglei-tet werden. Dafür brauchen wir ein flächendeckendesFrühwarnsystem. Mit dem Bundesprogramm „FrüheHilfen“, das wir aufgelegt haben, fördern wir Modell-projekte. Das ist gut, aber ich sage auch ganz deutlich:Modellprojekte und Forschungserhebungen reichennicht aus. Wir müssen zu verbindlichen Vereinbarungenzwischen Bund, Ländern und Kommunen kommen, da-mit Kinder besser geschützt werden.
Familien brauchen eine niedrigschwellige, frühzeitigeFörderung und eine bedarfsgerechte Unterstützung. Ichfinde es deshalb richtig, dass in vielen Kommunen damitbegonnen wurde, alle Familien zu besuchen, in denenKinder neu geboren wurden. Es geht nicht darum, zustigmatisieren, sondern alle nach dem Motto zu errei-chen: Willkommen im Leben.
Obwohl wir hier über den Bundeshaushalt reden,muss man deutlich sagen, dass es ganz entscheidend ist,dass Länder und Kommunen für eine bessere Ausstat-tung der Jugendämter sorgen; denn wir wissen vonvielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die uns geradein den letzten Tagen noch einmal geschrieben haben,dass sie verzweifelt sind, weil sie den enorm gestiegenenAnforderungen nicht gerecht werden können. Deswegenmuss in den Bereich der Kinder- und Jugendhilfe inves-tiert werden; hier darf nicht gespart werden.
Genauso muss die Vernetzung zwischen Jugendäm-tern, Sozialämtern und Gesundheitsämtern verbessertwerden. Ich will ausdrücklich lobend hervorheben, dassmit dem Kinderschutzgesetz, das der Schleswig-Hol-shMedwdnGrfnGsdkSdi–i–akntwsdrshJSdveznazVbmbsWsgt
itta Trauernicht, die schleswig-holsteinische Ministe-in, hat es angepackt und gesagt: Wir machen das jetztlächendeckend. – Wenn sich die Eltern oder die Ärzteicht zurückmelden, schauen das Jugendamt und dasesundheitsamt nach. Ganz wichtig ist – auch das müs-en wir deutlich sagen –, dass die Amtspersonen, dieort hingehen, die Kinder auch wirklich zu sehen be-ommen.Wir haben die Situation, dass Kinder in manchentadtteilen nicht nur unter materieller Armut leiden, son-ern auch unter geringen Bildungschancen, die oft undmmer mehr mit einem schlechten GesundheitszustandStichwort Bewegungsmangel – einhergehen. Deshalbst es mir so wichtig, zu sagen: Wir alle zusammenBund, Länder und Kommunen – müssen schauen, dasslle Kinder das Recht auf eine gesunde Entwicklung be-ommen. Wir müssen uns anstrengen, in dieser Hinsichtoch mehr zu tun. Ich weiß auch, dass die Vorsorgeun-ersuchungen nicht alle Extremfälle von Kindesver-ahrlosung aufdecken können. Aber sie sind ein Bau-tein neben denen, die ich eben genannt habe, nämlichie aufsuchenden Hilfen und das Einladewesen im Be-eich der Kinder- und Jugendhilfe, damit die Kinder bes-er geschützt werden.Liebe Kolleginnen und Kollegen, die deutlichen Er-öhungen im Haushalt für Familie, Senioren, Frauen undugend zeigen, dass diese Bundesregierung einenchwerpunkt in diesem Bereich setzt. Wir wollen denemografischen Wandel gestalten und das Engagementon Jüngeren und Älteren, das Engagement für- und mit-inander stärken. Wir wollen alles daran setzen, Kinderu schützen, Familien zu stärken und Frauen und Män-ern gleiche Chancen zu ermöglichen.Wir blicken zuversichtlich auf die weitere Arbeit unduf das, was wir noch anpacken können. Wir packeniemlich große und notwendige, geradezu umwälzendeeränderungen an. Dabei orientieren wir uns an der Le-ensrealität der Menschen. Weil man in der Politikanchmal ein bisschen mehr Energie und Kreativität ha-en muss, möchte ich gern Astrid Lindgren zitieren, daie am 14. November vor 100 Jahren geboren wurde.ir bemühen uns, frei nach dem Motto von Pippi Lang-trumpf zu handeln: „Heute schon die Welt auf den Kopfestellt?“ Wir versuchen es, und wir versuchen, sie rich-ig herum zu stellen.Vielen Dank.
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13724 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 130. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. November 2007
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Zu einer Kurzintervention hat der Kollege Fricke das
Wort.
Liebe und geschätzte Ausschussvorsitzendenkollegin
Griese, eigentlich war das, was Sie da gerade versucht
haben, etwas unter dem, was Sie an Wissen und Können
haben.
Halten wir erstens fest: Ich habe mich beim Kanzler-
amt erkundigt, warum während der ganzen Debatte kei-
ner vom Kanzleramt den Mut hat, hier zu erscheinen. Es
scheint irgendwelche Probleme in der Koalition zu ge-
ben.
– Nein, das ist ein Staatssekretär im Innenministerium,
falls ich die Große Koalition einmal darüber aufklären
darf, wer sie regiert.
– Jetzt kommen wir zum Kleinkarierten, lieber Herr Kol-
lege.
Zweitens. So zu tun, als hätten wir nur diesen einen
Antrag in dem dicken Buch, ist ein bisschen unfair. Ich
habe eben noch einmal schnell nachgezählt. Auf den
Seiten 369 bis 388 befinden sich insgesamt 20 Anträge,
die darstellen, wo wir überall Kürzungen vorschlagen.
Dazu gehört auch der von Ihnen benannte Antrag. Dazu
sage ich klar: Wenn man für unsere Kinder sparen will,
damit sie nicht mit weiteren Schulden belastet werden,
dann kann man das nicht so machen, wie es viele in un-
serem Land tun, indem sie sagen: Klar bin ich für das
Sparen, aber bitte nicht bei mir. Wenn man sparen will,
dann muss man auch im eigenen Bereich sparen.
Nun zu dem konkreten Vorwurf, wir wollten für
Hartz-IV-Empfänger keine Leistungen nach dem Eltern-
geld:
Erstens haben wir darüber diskutiert. Sie wissen also,
warum.
Zweitens. In Ihrer Koalition war dies doch auch um-
stritten.
Drittens. Wenn das Elterngeld, wie von Ihnen und
auch heute von der Frau Ministerin immer dargestellt,
zur Ermöglichung der Vereinbarkeit von Familie und
Beruf dient, dann hat es im Bereich Hartz IV nichts zu
suchen. Wenn Sie bei Hartz-IV-Berechtigten dafür sor-
gen wollen, dass diese gerade im ersten Jahr und nicht
im zweiten, denn dann gibt es das Elterngeld nämlich
nicht, ausreichende Finanzmittel für ihre Kinder haben,
dann müssen Sie in diesem Bereich die Leistungen erhö-
hen. Das ist dann aber eine andere Baustelle. Das, was
Sie vorhaben, stellt eine Systemwidrigkeit dar.
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Ich schließe die Aussprache.Wir kommen zur Abstimmung über den Einzel-lan 17, Bundesministerium für Familie, Senioren,rauen und Jugend, in der Ausschussfassung. Hierzu lie-en zwei Änderungsanträge der Fraktion Die Linke vor,ber die wir zuerst abstimmen.Wer stimmt für den Änderungsantrag auf Druck-ache 16/7326? – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Ent-altungen? – Der Änderungsantrag ist damit abgelehnt.Wer stimmt für den Änderungsantrag auf Druck-ache 16/7327? – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Ent-altungen? – Das ist nicht der Fall. Auch dieser Ände-ungsantrag ist damit abgelehnt.Wir kommen zur Abstimmung über den Einzel-lan 17 in der Ausschussfassung. Wer stimmt für deninzelplan 17? – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Enthal-
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Vizepräsidentin Petra Pautungen? – Der Einzelplan 17 ist mit den Stimmen derKoalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Fraktionder FDP, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bünd-nis 90/Die Grünen angenommen.Ich rufe Tagesordnungspunkt II.17 auf:a) Einzelplan 07Bundesministerium der Justiz– Drucksachen 16/6407, 16/6423 –Berichterstattung:Abgeordnete Otto FrickeLothar Binding
Dr. Ole SchröderRoland ClausOmid Nouripourb) Einzelplan 19Bundesverfassungsgericht– Drucksachen 16/6423, 16/6424 –Berichterstattung:Abgeordnete Dr. Ole SchröderLothar Binding
Otto FrickeDr. Dietmar BartschOmid NouripourZum Einzelplan 07 liegt ein Entschließungsantrag derFraktion Die Linke vor. Über diesen stimmen wir amFreitag nach der Schlussabstimmung ab.Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind fürdie Aussprache eineinviertel Stunden vorgesehen. – Ichhöre dazu keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kolle-gin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger für die FDP-Fraktion.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kol-legen! „Recht ist, was der Freiheit dient.“ – Dies ist einZitat des ersten Bundesjustizministers der Bundesrepu-blik Deutschland, des Liberalen Thomas Dehler, dessen110. Geburtstag wir in diesem Jahr feiern. Der Aus-spruch zeigt, dass für Thomas Dehler die Grund- undFreiheitsrechte politische Ideale waren. Geprägt von denEreignissen des Unrechtsregimes im Nationalsozialis-mus, war Dehler überzeugt von der Idee des freiheitli-chen Rechtsstaates. Dehler wollte ebenso den hand-lungsfähigen Rechtsstaat. Er hat sehr wohl dieHerausforderungen gesehen, die es heute in unterschied-licher Form gibt, aber auch in vergangenen Jahren gege-ben hat. Dennoch hätte er auch heute ganz bewusst ge-sagt: „Recht ist, was der Freiheit dient.“Heute wäre für ihn selbstverständlich, dass der Kern-bereich privater Lebensgestaltung geschützt werdenmuss, und zwar genau so, wie es letztendlich durch dieRechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vorge-geben ist.DtscsZwfSpDRudunnabROüFGtwgüdSwOnmvVbBunvrvwspRMBks
iesen Schutz zu gewährleisten, wäre für ihn keine läs-ige Kleinigkeit gewesen; das ist es auch heute nicht. Ichage deswegen deutlich: Die Kritik an der Rechtspre-hung des Bundesverfassungsgerichts stimmt uns be-orgt. Jüngst führte ja der Bundesinnenminister in dereitschrift für Rechtspolitik aus, es sei problematisch,enn auch das Abhören und Aufzeichnen des nicht öf-entlich gesprochenen Wortes in Wohnungen von diesemchutz erfasst werde; das gehe zu weit; die Löschungs-flicht und das Verwertungsverbot reichten doch aus. –ieses Argument zieht sich durch viele Debatten.Ich erwähne das, weil es bei der Debatte über dasichterband um genau dieses Problem geht: Wenn esm die Erfassung und das Speichern von Gesprächen ausem Kernbereich privater Lebensgestaltung geht, alsom privat geführte Gespräche, nicht um Gespräche, dieotwendigerweise der Aufklärung von Kriminalität die-en, halten wir nichts davon, nun sozusagen das Besteus der Rechtsprechung herauszuholen und ein Richter-and als zulässig zu erachten. Das ist nämlich mit derechtsprechung schwerlich in Einklang zu bringen.Ich erwähne das auch, weil uns Beratungen zurnlinedurchsuchung – das hat sich ja aus der Debatteber den Haushalt ergeben – im nächsten Jahr auf jedenall beschäftigen werden. Auch da wird es um dierundsatzfrage gehen: Wie kann der Kernbereich priva-er Lebensgestaltung geschützt werden?Auf der einen Seite ist die Informationsgewinnungichtig, gerade auch diejenige, die notwendig ist, umegen Kriminalität vorzugehen und um Erkenntnisseber den internationalen Terrorismus zu gewinnen. Aufer anderen Seite ist mit dieser Rechtsprechung einpannungsbogen dergestalt angelegt, dass nicht alles,as möglich ist, auch erlaubt ist. Deshalb wird sich dienlineuntersuchung in den Beratungen, die wir hierzuoch häufig führen werden, an dieser Rechtsprechungessen lassen müssen. Wenn es zutrifft, was alle Sach-erständigen in der Anhörung während der mündlichenerhandlung des Bundesverfassungsgerichts gesagt ha-en, dass bei der Entwicklung einer Software in diesemereich eine Trennung zwischen kernbereichsrelevantennd nicht kernbereichsrelevanten Gesprächen technischicht möglich ist, dann zeigt dies, dass wir hier, ganzorsichtig ausgedrückt, in schwierigstes verfassungs-echtliches Gelände kommen werden.
Als FDP-Fraktion wollen wir nicht, dass das Bundes-erfassungsgericht immer mehr zum Ersatzgesetzgeberird. Dies wird ja zu Recht von manchen kritisiert. Wirehen, dass schwierige verfassungsrechtliche Fragen zurüfen sind. Aber es ist doch angemessener, nach einemingen um die beste Lösung im Zweifel lieber von eineraßnahme abzusehen, wenn wir Gefahr laufen, vomundesverfassungsgericht die rote Karte gezeigt zu be-ommen. Das muss das Anliegen aller hier im Hauseein.)
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Sabine Leutheusser-SchnarrenbergerDie FDP-Bundestagsfraktion hat in der Rechtspolitikgerade im letzten Jahr immer großen Wert darauf gelegt,konstruktive Oppositionspolitik zu machen. Wir habenbeim Unterhaltsrecht nicht nur mit eigenen Anträgen zurDebatte beigetragen, sondern nachher dem gefundenenKompromiss auch zugestimmt. Genauso haben wir esbeim Urheberrecht gemacht, weil wir die gute Traditionfortsetzen wollten, hier gemeinsam zu einer Lösung zukommen, die die widerstreitenden Interessen miteinan-der auszugleichen versucht.
In diesem Zusammenhang erwähne ich die Compu-terkriminalität.Wenn wir aber berechtigte Kritik äußern, dann ge-schieht dies aus der Sorge heraus, dass wir uns in diesemBereich vielleicht selbst entmachten und die Entschei-dungen dorthin geben, wo sie eigentlich nicht fallen soll-ten. Sie sollten aber hier im Bundestag getroffen werden.Vielen Dank.
Ich gebe das Wort dem Kollegen Lothar Binding,
SPD-Fraktion.
Liebe Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kol-legen! Sehr geehrte Damen und Herren! Zunächst macheich eine Bemerkung zu Frau Golze, auch wenn es Siewundern mag, weil es nicht zum aufgerufenen Themagehört. Aber es ist eine allgemeine Bemerkung, die einSchlaglicht auf die Art wirft, sich Dinge zu überlegen.Sie, Frau Golze, haben vorhin etwas sehr Gutes gesagt:
Kinderarmut kann man nicht in einer Talkshow bekämp-fen. Das ist richtig, und das unterstütze ich sehr. Jetztfrage ich mich natürlich, wie das jemand aus einer Frak-tion sagen kann – hier hatten mein Kollege Sönke Rixund ich dieselbe Idee –, in deren Reihen OskarLafontaine und Gysi sitzen. Sie sind ja die Spezialistenfür diese Art der Politik.
Ich glaube, man muss hier sehr vorsichtig sein.Nun eine Vorbemerkung zu dem Einzelplan 07, Bun-desjustizministerium, und dem Einzelplan 19, Bundes-verfassungsgericht. Das Volumen der Einzelpläne ist re-lativ klein. Deshalb kann ich die Ausschussdebattevielleicht so beschreiben: Das Volumen der Einzelpläneund die Dauer der Diskussion waren umgekehrt propor-tional. Dass wir trotzdem sehr viel erreicht haben, ver-danken wir einer Gruppe von Menschen, die sich schonlange um diese beiden Einzelpläne kümmern: die Be-richterstatter Dr. Ole Schröder, Otto Fricke, OmidNMEdWaMsfidwuHEwlrt–2AwnM2thhwHfnh1awmgdagadM–DGsM
Ja, aber ich halte das für ein kritisches Instrument.enn wir wollen nicht zurück in die Zeit, als man dieebührenmarke noch mit der Zunge anfeuchten musste.Ich will kurz erläutern, warum wir so stolz auf dasind, was wir erreicht haben. Das Deutsche Patent- undarkenamt könnte nämlich auch zum Nadelöhr werden.
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Lothar Binding
Denn wir haben einen sehr starken Aufwuchs im For-schungsetat. Die Forschungsmittel werden um mehr als800 Millionen Euro verstärkt. Wenn diese Mittel in demvon uns gewünschten Sinne wirken, dann wird es in allerKürze sehr viel mehr Patentanmeldungen geben. Inso-fern ist es essenziell, unsere Ämter so auszustatten, dasssie die notwendige Prüfgeschwindigkeit an den Tag le-gen und die Abläufe so organisieren können, dass diePatente möglichst schnell am Weltmarkt verfügbar sind.Das ergibt sich aus der Kombination von Forschung,Wirtschaft und Politik und der Arbeit im Deutschen Pa-tent- und Markenamt.
Wir haben einen zweiten Stellenaufwuchs vorgese-hen, den ich etwas ambivalent vortrage; denn eigentlichhoffen wir, dass wir ihn nicht brauchen. Dabei geht esum das Bundesamt für Justiz, das nach dem EHUG fürdas elektronische Handelsregister zuständig ist. Wennalle Unternehmen, die verpflichtet sind, künftig dort ihreBilanzen zu veröffentlichen, dieser Pflicht nachkommen,dann brauchen wir keine Ordnungsgelder und kein Per-sonal, um die Unternehmen zu motivieren, dieser Pflichtnachzukommen. Gegenwärtig hat es aber den Anschein– die Frist läuft erst am 31. Dezember aus –, dass ein sehrgroßer Teil der etwas über 1 Million Unternehmen dieserMeldepflicht, der sie unterliegen, zunächst nicht nach-kommt.
– Weil wir nicht glauben, dass im letzten Zwölftel desJahres noch überproportional viele Meldungen kommenwerden, wenn in elf Zwölfteln des Jahres große Ver-säumnisse zu verzeichnen sind.Wir sind, wie gesagt, sehr vorsichtig vorgegangen.Schätzungen zufolge sind viele hundert Stellen notwen-dig, aber es sind nur 98 Planstellen in diesem Bereicheingestellt worden. Um der Unsicherheit Rechnung zutragen, sind 30 dieser Stellen gesperrt. Ich glaube, das isteine sehr gute politische Maßnahme, um verfolgen zukönnen, wie sich das Amt entwickelt und welche Not-wendigkeiten existieren.Wir freuen uns, dass es gelungen ist – in diesem Zu-sammenhang möchte ich Karl Diller besonders danken,der ein schönes Modell entwickelt hat –, der Europäi-schen Rechtsakademie in Trier zu einer Erweiterung zuverhelfen. Auch diese Mittel sind zunächst gesperrt, aberwir haben die Möglichkeit, die Erweiterung durch denZukauf eines Anbaus sicherzustellen und damit die ERAzu stärken. Wir glauben, dass das eine sehr gute Maß-nahme ist.Wir sind auch froh, dass wir sogar in der mittelfristi-gen Finanzplanung einen kleinen Betrag für das Präven-tionsprojekt „Dunkelfeld“ verfügbar halten können.
Darauf wird die Ministerin sicherlich noch besonderseingehen, weil ihr das sehr am Herzen gelegen hat. Wirglauben, dass das eine wichtige Sache ist, die deutlichmdKvwSdmhlskblmwFDdHBsaEpaTGps–H
Last, but not least: Ein Lieblingsprojekt von Olechröder und mir ist die Vereinfachung der Sprache iner Gesetzgebung. Dies ist ein Projekt, das wir im kom-enden Jahr fortführen. Ich möchte Ihnen hier „andro-en“, dass wir uns nächstes Jahr darum kümmern wol-en, dieses Projekt zu institutionalisieren, nachdem wirchon jetzt aufgrund eines Zwischenberichtes erkennenönnen, dass die zuständige Abteilung sehr produktiv ar-eitet. Sie vereinfacht die Sprache der Gesetze tatsäch-ich und hilft den Juristen bei ihren Formulierungenanchmal sogar so, dass sie von den Bürgern verstandenerden. Das ist eigentlich eine ganz gute Sache.Schönen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Nächster Redner ist der Kollege Wolfgang Nešković,
raktion Die Linke.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrtenamen und Herren! Für die Linke brachte ich währender letzten Haushaltsdebatte am 11. September 2007 dieoffnung zum Ausdruck, dass sich der Widerstand derundesjustizministerin Zypries gegen die vordemokrati-chen Sicherheitsvorschläge des Bundesinnenministersls dauerhaft erweisen möge. Wir verbanden damit dierwartung, dass es bei diesem Widerstand nicht nur umarteipolitisches Kalkül ginge. Einige Vertreter der Ko-lition riefen mir zu, ich solle besser über die Töpfe undöpfchen im Einzelplan 07 reden und die lästigenrundsatzfragen zu Recht und Freiheit beiseitelassen.Herr Stünker von der SPD nannte die Kritik der Op-osition vom 11. September 2007 eine rein hypotheti-che Debatte und sagte wörtlich:Ich darf den Damen und Herren von den drei Oppo-sitionsparteien eines versichern: … Wir zuvor sprach er von den „Sozialdemokraten in diesemause“ –brauchen uns von niemandem vorwerfen zu lassen,dass wir in … neun Jahren bei einer einzigen Sach-frage, die zu entscheiden war, auch nur ein einzigesMal die Rechtsstaatlichkeit in diesem Land aufsSpiel gesetzt hätten, auch nicht in schwierigen Zei-ten.
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13728 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 130. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. November 2007
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Wolfgang NeškoviæWolfgang NeškovićHerr Stünker muss wohl verdrängt haben, dass esauch die SPD-Fraktion war, die in der 15. Wahlperiodemit dem Luftsicherheitsgesetz den Luftraum unsichermachen wollte,
bis das Bundesverfassungsgericht dieses Gesetz kas-sierte. Es war die SPD-Fraktion, die ein Zollfahndungs-dienstgesetz mit auf den Weg brachte, das den Kernbe-reich privater Lebensgestaltung missachtete. Es warauch die SPD-Fraktion, die dieses Gesetz als befristetenVerfassungsbruch in die Verlängerung schickte. Es warFrau Ministerin Zypries, die ihr Haus anwies, dem Deut-schen Bundestag ein Gesetz zur Umsetzung des Europäi-schen Haftbefehls vorzulegen, das mit den Stimmen derSPD-Fraktion beschlossen wurde und am 18. Juli 2005vor dem Bundesverfassungsgericht scheiterte.Erwarten Sie bitte nicht, dass ich meine neun MinutenRedezeit darauf verwende, diese Liste zu vervollständi-gen.
Bei dieser Aufzählung von Verfassungsverstößen bin ichauch nicht darüber verwundert, wie die KolleginKramme von der SPD-Fraktion kürzlich ihre Jastimmezur Vorratsdatenspeicherung begründete.
In ihrer Erklärung nach § 31 der Geschäftsordnung hießes:Eine Zustimmung ist auch deshalb vertretbar, weildavon auszugehen ist, dass in absehbarer Zeit eineEntscheidung des Bundesverfassungsgerichts mög-licherweise verfassungswidrige Bestandteile für un-wirksam erklären wird.Bemerkenswert!Herr Stünker, nur zu gern würden wir uns darauf ver-lassen können, dass schon die SPD in der Koalition undnicht erst das Bundesverfassungsgericht für die Wahrungrechtsstaatlicher Grundsätze sorgt.
Es ist nur so, dass zwischen Ihren Beteuerungen und Ih-ren Taten ein tiefer Abgrund klafft. Zumindest hat HerrSchäuble wohl ausreichend Vertrauen in Ihre rechtsstaat-liche Unzuverlässigkeit. Oder welche Erklärung habenSie dafür, dass er weiterhin unverdrossen mit dem ent-sprechenden finanziellen und personellen Aufwand anden technischen Grundlagen zur Onlinedurchsuchungbasteln lässt?
Die SPD-Fraktion hat mit fast allen ihren Stimmendie Vorratsdatenspeicherung zum Gesetz gemacht – mitfast allen; vor denen, die ausgeschert sind, habe ich aus-drücklich Respekt. Ab dem 1. Januar 2008 werden dieKVlrvbgrhDFhmaBattwsAWhKgdlmEHdaFdSvhEaTSsH§iBldb
tatt Straftaten aufzuklären, werden so Verdächtige ge-chaffen.Doch zum Glück: Nicht nur der Haftbefehl für Herrn., sondern auch die leichtfertige Handhabung des129 a Strafgesetzbuch hat nun der Bundesgerichtshofn zwei Entscheidungen in aller Schärfe gerügt. DerGH hat damit Frau Harms deftige Abfuhren erteilt, dieetztlich auch Sie, Frau Zypries, treffen, weil Sie sich füriese Frau als Generalbundesanwältin entschieden ha-en.
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Wolfgang NeškoviæWolfgang NeškovićWährend der Staat sich mit diesem Verhalten als ver-meintlicher Beschützer vor Kriminalität und Terrorismusaufspielt, entzieht er gleichzeitig den Menschen dennotwendigen sozialen Schutz, den er nach dem Sozial-staatsprinzip schuldet. Derselbe Staat, der vorgibt, denMenschen mit großem Kosten- und Personalaufwandmaximalen Schutz vor Kriminalität und Terrorismus zubieten, erklärt, er könne aus finanziellen Gründen nichtmehr ausreichend für die soziale Sicherheit sorgen.Schauen Sie doch einmal auf das Gesamtbild dieser„gesicherten Verarmung“! In diesen kalten Tagen kön-nen die unzähligen Berliner Obdachlosen ruhig schlafen.Die Regierung scheut keine Mühe, wenn es darum geht,ihren Schlaf vor Terroristen und Verbrechern zu schüt-zen. Wer dank Hartz IV zum Überleben genug und zumLeben zu wenig hat, kann heute ohne Sorgen sein;
denn die parlamentarische Mehrheit hat ihn so arm ge-macht, dass er sich weder den Computer noch den Inter-net- und Telefonanschluss leisten könnte, deren Kom-munikationsprofile man ansonsten speichern lassenwürde.
Während aber der Schutz der Menschen vor sozialenHärten und Risiken als Ausdruck des Sozialstaatsprin-zips zu den verfassungsrechtlichen Kernpflichten gehört,ist das behauptete Grundrecht auf Sicherheit nicht mehrals eine zielgerichtete Erfindung, um die Freiheitsrechtezu untergraben. Es gibt kein Grundrecht auf Sicherheit.Die Koalition gestaltet und vertieft nicht nur das Klimader sozialen Kälte, sondern sie verantwortet auch denAufzug eines Klimas der Repression und der Angst.
Vielleicht werden wir eines Tages erkennen müssen,dass zwischen einem ohnmächtigen Sozialstaat und ei-nem übermächtigen Überwachungsstaat durchaus einZusammenhang besteht.
Vielleicht werden eines Tages die Mittel des Überwa-chungsstaats auch verwendet werden, um sozialen Unru-hen entgegenzutreten. Das wäre das fürchterliche, aberleider vorstellbare Ergebnis einer Politik, an der auch dieSozialdemokraten maßgeblich und entscheidend mitge-wirkt haben.Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen underren! Vorweg meinen Dank an Sie, Frau Ministerin,nd an Ihr Ministerium für die hervorragende Zusam-enarbeit bei den Beratungen über diese Einzelpläne.ielen Dank an den Hauptberichterstatter Lothar Bindingnd an die Mitberichterstatter für die konstruktiven Bera-ungen.Wenn ich von Konstruktivität rede, dann möchte ichusdrücklich die Fraktion Die Linke ausschließen. Wasir gerade gehört haben, hatte wenig mit der Realität zuun, die wir hier in Deutschland erleben.
ch hatte eher das Gefühl, Sie reden über die ehemaligeDR,
o die SED, Ihre Vorgängerpartei – Sie sind zwar nichtitglied der Nachfolgepartei, aber gehören ihrer Fraktionn –, verantwortlich für das dort herrschende Unrechtar. Ich finde es schon unglaublich, dass die Fraktion, de-en Vorgängerpartei für dieses Unrecht verantwortlich ist,o herablassend über diesen Rechtsstaat, in dem wir le-en, redet.
Man kann sich sicherlich über die eine oder andereacette unterhalten: Was ist noch verhältnismäßig, wasst nicht verhältnismäßig? Aber mit einem so pauschalenrteil so herablassend über die rechtsstaatlichen Errun-enschaften, die wir in unserem Land genießen dürfen,u reden, das ist wirklich unwürdig.
Ich möchte zu der Haushaltsberatung zurückkommen.ufgrund der konstruktiven Haushaltsberatung gab es re-ativ wenig Anträge im Verfahren, insbesondere im Aus-chuss. Natürlich gab es die obligatorischen Kürzungs-nträge der FDP.
esonders interessant fand ich in dem Zusammenhangin Zitat des FDP-Berichterstatters Otto Fricke im Gene-al-Anzeiger aus Bonn. Dort werden Sie damit zitiert,dass in dem in Bonn ansässigen Bundesamt für Justizemnächst 98 neue Stellen eingerichtet werden“.
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Dr. Ole SchröderWie das mit dem Antrag zusammenpasst, den die FDPzur gleichen Zeit eingebracht hat,
nach dem die Personalmittel um 20 Prozent gekürzt wer-den sollen, bleibt das Geheimnis der FDP.
Aber offensichtlich ist auf die Große Koalition Verlass.
Wir beraten heute traditionell über zwei Einzelpläne,den Einzelplan 07 für das Bundesministerium der Justizund den Einzelplan 19 für das Bundesverfassungsge-richt. In beiden Einzelplänen haben wir fast ausschließ-lich Personalkosten; im Einzelplan 07 sind es circa75 Prozent der veranschlagten Ausgaben. Wir als Haus-hälter haben in den letzten Jahren dafür gesorgt, dass diePersonalkosten durch die jährliche lineare Stelleneinspa-rung massiv gesenkt werden konnten. Wir haben in allenBundesbehörden im Haushaltsjahr 2008 weniger Plan-stellen als vor der Wiedervereinigung allein in den Bun-desbehörden Westdeutschlands. Daran zeigt sich, dasswir massiv eingespart haben. Das gilt natürlich auch fürden Einzelplan 07 des Bundesministeriums der Justiz.Die Einsparungen waren richtig. Aber es ist selbstver-ständlich, dass wir als Haushälter genau darauf achtenmüssen, wo diese Einsparungen noch vertretbar sind.
Ein wichtiges Beispiel dafür ist das Deutsche Patent-und Markenamt, das in diesem Einzelplan etatisiertwird. Seine Einnahmen decken nahezu 95 Prozent desEtats. Gleichzeitig hat dieses Amt eine große gesamt-wirtschaftliche Bedeutung. Beim DPMA haben wir des-halb im parlamentarischen Verfahren 15 neue Stellen imBereich der Marke und 20 neue Stellen im Patentbereichgeschaffen.
Für den Technologiestandort Deutschland ist das beson-ders wichtig.Das Prinzip des Patents ist, dass der Erfinder der Öf-fentlichkeit sein geistiges Eigentum zur Verfügung stelltund gleichzeitig die Möglichkeit hat, es zu schützen, da-mit zu kommerzialisieren und zu verwerten. Was pas-siert, wenn von der Patentanmeldung bis zum Patent-schutz zu viel Zeit verstreicht? Dann ist das Patent nichtmehr so viel wert. Dann fehlen die Anreize, etwas zu er-finden. Deshalb ist es wichtig, dass wir im parlamentari-schen Verfahren an dieser Stelle noch einmal nachgebes-sert haben.
Jährlich haben wir rund 60 000 Patentanmeldungen.Umgerechnet heißt das: alle neun Minuten eine Patent-anmeldung. Das Deutsche Patent- und Markenamt istdamit das erfolgreichste in ganz Europa.dumfsfdnSüdkldJkhfAihNiawbiusrIddswvatsNiedWngmdcEmn
ur so kann gewährleistet werden, dass die Stellen nichtrgendwann mehr kosten, als sie zurzeit nützen.Es freut mich, dass wir für die Europäische Rechts-kademie etwas tun konnten. Ich finde, das ist eineichtige Institution, die im parlamentarischen Verfahrenisher nie große Bedeutung erfahren hat. Aufgrund desmmer stärker werdenden europäischen Einflusses aufnsere Gesetzgebung und unsere Rechtsanwendung wirdie in Zukunft noch wichtiger werden. Deshalb ist esichtig, dass wir diesen Standort in Deutschland stärken.ch denke, wir haben einen guten Kompromiss gefun-en: 50 Prozent stellt der Bund zur Verfügung. Jetzt stehtas Land Rheinland-Pfalz in der Pflicht und muss dafürorgen, dass das ehemalige Gebäude der Bundesbank er-orben und umgebaut werden kann.Im letzten Jahr haben wir das Modellprojekt für eineerständliche Sprache in Gesetzen und Verordnungenngeschoben. Es freut mich, dass das Bundesjustizminis-erium dieses Projekt so gut aufgenommen hat. Zwei Ge-etze, das Gesetz über den Versorgungsausgleich und dieeufassung des Wohngeldgesetzes, wurden bereits aufhre Verständlichkeit überprüft. Es wurde gezeigt, dassine verständlichere Sprache möglich ist. Wir wollenieses Projekt im nächsten Jahr zum Abschluss bringen.ir Parlamentarier sollten den Evaluierungsbericht imächsten Jahr genau studieren und die Schlussfolgerun-en ziehen, die notwendig sind, damit Gesetze im parla-entarischen Verfahren verständlicher formuliert wer-en.Das ist keine Utopie. Wir können eine Menge errei-hen. Das sehen wir, wenn wir in die Schweiz schauen.s geht nicht darum, Gesetze allgemeinverständlich zuachen. Das ist sicherlich eine Wunschvorstellung, dieicht realisierbar ist.
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Dr. Ole SchröderWir haben es hier natürlich mit Fachsprache zu tun. Wirhaben es mit spezifischen Regelungsbereichen zu tun,wo Fachsprache benötigt wird. Es geht aber darum, dieRechtsanwendung für die Experten einfacher zu ma-chen. Verständlichere Sprache ist ein wesentlicher As-pekt beim Bürokratieabbau. Ich möchte Sie alle bitten,an einer besseren Rechtsetzung mitzuarbeiten. Ichdenke, da tun wir unserem Rechtsstaat etwas Gutes.
Nächster Redner ist der Kollege Omid Nouripour,
Bündnis 90/Die Grünen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auchich muss meiner Rede einige Worte des Dankes voran-stellen, speziell danke ich den Kollegen Mitberichter-stattern für die vertrauensvolle Zusammenarbeit, aberauch Ihnen, Frau Ministerin, und Ihrem Haus für dengroßen Einsatz, den Sie gezeigt haben, wenn es darumging, offene Fragen zu klären, die es naturgemäß in denGesprächen gab.
Wir beraten heute zwei Einzelpläne, die sich im Ver-gleich zu anderen quantitativ bescheiden ausnehmen.Lassen Sie mich wenige Sätze zum Einzelplan 19 desBundesverfassungsgerichts sagen. Für das nächste Jahrsind 22 Millionen Euro veranschlagt. Natürlich wird die-ses Geld der Bedeutung dieses Gerichts für unsere De-mokratie in keiner Weise gerecht. Ich glaube, wir alle indiesem Haus können stolz darauf sein, dass wir ein un-abhängiges und selbstbewusstes Bundesverfassungsge-richt in diesem Land haben,
ganz besonders in diesen Zeiten, in denen es sonst nochunerträglicher wäre, zuzuschauen, was die Große Koali-tion in den Bereichen Freiheit und Bürgerrechte eigent-lich tut.Zurück zum Haushalt. Es gibt ein Sonderlob von denGrünen; denn das Bundesverfassungsgericht plant eineenergetische Bausanierung. Die einfachen Fenstergläserdes Altbaus sollen ersetzt werden. Das ist ein guter Bei-trag, um dem Klimawandel entgegenzuwirken. An die-ser Stelle kann ich nur sagen: Meine Fraktion wird schonallein deswegen dem Einzelplan 19 mit großer Freudezustimmen.
Wir wollen zum Einzelplan 07 auf der einen Seite un-ser Wohlwollen, aber auf der anderen Seite auch unsereKritik zum Ausdruck bringen. Wir haben uns den Ent-wurf im August angeschaut und waren ein wenig über-rascht bezüglich des Stellenaufwuchses beim BfJ, demBthgDwAüsEeczwAsegalgbDwdWlüßWeiFsnnkigGifwmSia
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Omid NouripourZum Patent- und Markenamt muss ich sagen, dassdieses Amt und der Stau, den des dort bei der Anmel-dung von Patenten gegeben hat, in meiner Fraktionschon länger für Aufmerksamkeit gesorgt haben. Wir ha-ben uns seit 2002 mit dem rot-grünen Programm desStauabbaus beschäftigt und waren immer wieder dafür,dass dort mehr Stellen eingerichtet werden. Selbstver-ständlich waren wir auch aufgeschlossen, als es darumging, die 35 neuen Stellen zu schaffen. Denn wir wissen,dass es bei Patenten angesichts des internationalen Wett-bewerbs auch um Geschwindigkeit geht. Deshalb brau-chen wir kürzere Verfahren und mehr Personal. Patent-stau führt nämlich immer auch zu Innovationsstau. Es istgut, dass das gesamte Haus dieses Amt nicht alleinlässt.So viel zur nüchternen Betrachtung der Zahlen desHaushalts des Bundesministeriums der Justiz.Allerdings stellt sich die Frage: Wie sieht die Situa-tion im Allgemeinen aus? Hätte man mir vor zwei Jahrenbeschrieben, wie die heutige Situation aussieht, dannhätte ich davon wahrscheinlich Albträume bekommen:Vor drei Wochen wurde die Vorratsdatenspeicherungbeschlossen. In dieser Frage kann man von der CDU/CSU-Fraktion nicht viel erwarten. Denn traditionellspielt die Freiheit für Sie eine größere Rolle als die Si-cherheit.
– Ja. Für Sie spielt natürlich die Sicherheit eine deutlichgrößere Rolle als die Freiheit.
Mein Versprecher war mein Wunsch, leider aber nichtdie Realität.
Es stellt sich die Frage, wo eigentlich die SPD abge-taucht ist. Ich weiß es nicht. Wer sich anschaut, was dieSPD in diesem Bereich tut, stellt fest: Das wichtigsteProjekt der SPD ist zurzeit, darüber zu diskutieren, obman einen erneuten Anlauf für ein NPD-Verbot unter-nehmen sollte. Ich persönlich bin der festen Überzeu-gung, dass ein NPD-Verbot notwendig ist. Ich fragemich aber,
ob jetzt nicht die absolute Unzeit ist, um über diesesThema zu diskutieren,
und ob Sie keine Lehren aus dem Scheitern des erstenVerbotsantrags von vor vier Jahren gezogen haben.Die Voraussetzungen, die für ein Verbot der NPD er-füllt sein müssen, sind noch nicht erfüllt; das wissen wiraNuDSddVgasSdhiFsSb2SwFkbhnkRpPlbuBusvtauns
rau Ministerin, Sie persönlich haben während der deut-chen EU-Ratspräsidentschaft einen Vorstoß gemacht.
ie haben sich dafür eingesetzt, dass nazistische Sym-ole europaweit verboten werden. Es ist nicht einfach,7 Meinungen unter einen Hut zu bekommen. An diesertelle muss ich feststellen, dass Sie gescheitert sind. Esar allerdings von Anfang an klar, dass es in dieserrage keine Einstimmigkeit geben wird. Schließlichennen wir die verschiedenen Kulturen und Traditionen,eispielsweise die in Dänemark. Die dänischen Vertreteraben von vornherein gesagt, dass sie diesem Begehrenicht entsprechen werden.In der gegenwärtigen Situation wird jede noch soleine Niederlage von Demokraten im Kampf gegen denechtsextremismus von der anderen Seite für einen pro-agandistischen Erfolg benutzt. Deshalb meine Bitte:rüfen Sie zuerst die Machbarkeit Ihrer Vorschläge, undegen Sie sie erst dann vor. In diesem Fall war die Mach-arkeit ganz eindeutig nicht gegeben.In den Zeiten, in denen sich der Bundesinnenministernd die Landesinnenminister immer weiter von eineralance zwischen Freiheit und Sicherheit verabschiedennd in der Wolfgang Schäuble jeden Tag die Illusion ab-oluter Sicherheit auf Kosten der Freiheit zu verkaufenersucht, müsste die Justizministerin eigentlich die Hü-erin der Bürgerrechte sein. Frau Zypries, das sind Sieber leider nicht. Sie sind nicht das Korrektiv, das wirns erhofft haben. Daher bleibt meiner Fraktion leiderichts anderes übrig, als diesem Haushalt nicht zuzu-timmen.
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Ich gebe das Wort der Bundesjustizministerin Brigitte
Zypries.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! Meine sehr geehrtenDamen und Herren! Es war und ist eine gute Sitte, dassman zunächst einmal Dank sagt. Das möchte ich auchgerne machen. Sie haben sich beim Bundesjustizministe-rium bedankt, und diesen Dank gebe ich gern weiter; dieMitarbeiter sitzen hinter der Regierungsbank und hörengespannt zu, wie man gerade sehen kann. Ich möchteden Berichterstattern danken. Wie Herr Binding schongesagt hat, waren es dieses Mal in der Tat langwierigeVerhandlungen. Aber es waren gute und, wie ich finde,vor allen Dingen erfolgreiche Haushaltsberatungen.Deswegen geht mein ganz herzlicher Dank an alle Be-richterstatter und alle diejenigen, die sich für uns einge-setzt haben.Ich würde mir wünschen, dass jede meiner Reden vordem Deutschen Bundestag so einen Erfolg hat wie diezum Haushalt. Bei der ersten Lesung zum Haushalt habeich eine Philippika gegen das unsinnige Verfahren beimDeutschen Patent- und Markenamt gehalten, nämlichdagegen, dass man keine Stellen bereithält, obwohl mandurch Einsatz dieser Stellen sehr viel mehr Einnahmenerzielen kann.
– Wunderbar, Herr Fricke, Sie hören zu. Sie haben dasumgesetzt, und wir haben 35 echte, zusätzliche Stellenfür das DPMA bekommen.
Dazu noch einmal mein Dank an Sie alle, aber auch anden Kollegen Diller vom Bundesministerium der Finan-zen, der diese Forderung damals auch gehört und bei derUmsetzung geholfen hat.Was das EHUG anbelangt, gilt Ihnen ebenfalls meinDank. Sie können sicher sein, dass wir uns alle Mühe ge-ben werden, die 30 Stellen, die Sie gesperrt haben, nichtzu brauchen. Denn uns wäre es natürlich auch am liebs-ten, wir würden sie nicht brauchen.
Wer hat denn ein größeres Interesse daran als wir,dass die Unternehmen in Deutschland ihren Verpflich-tungen nachkommen und nicht durch Bußgeldbescheidevom Staat daran erinnert werden müssen?
– Ordnungsgeld und Zwangsgeld, okay.
–mgcDgnuschzDbWbtPJ–bjvDgnwfAbrss1ndvWfadw
Ja, sie ist gut gemacht. Aber damit ist das Geld ver-raucht. Wir können all die anderen wunderbaren Pro-ekte, die wir vorschlagen und der Deutsche Bundestagerabschiedet, nicht bewerben. Das ist schade.
eswegen habe ich die herzliche Bitte, dass alle diejeni-en, die sich dem Haushalt des BMJ verpflichtet fühlen,och einmal überlegen, ob da nicht Abhilfe nötig ist.Wir haben, wie immer, Veranstaltungen organisiert,ir haben die Verbände eingeladen, ich habe Editorialsür die Fachzeitschriften geschrieben, und ich habe einenrtikel geschrieben, den wir den IHK-Zeitungen ange-oten haben. Darin haben wir erläutert, wie das Verfah-en der Offenlegung funktioniert. Aber das Anzeigen-chalten, wie Sie es gerade dieser Tag in den Zeitungenehen können, und die Einrichtung eines Callcenters für4 Tage, bei dem sich Unternehmen informieren kön-en, sind vernünftige Maßnahmen,
ie das Ganze begleiten und jetzt dankenswerterweiseom Wirtschaftsminister bezahlt werden.
ie gesagt, wir könnten es nicht. Das finde ich schade.
Das Wesentliche zu dem Standort des Bundesamtesür Justiz und weshalb man diese Stellen nicht im Ostennsiedeln kann, haben Sie, Herr Nouripour, gesagt. Wasas Bundesministerium der Justiz in Bonn anbelangt,issen Sie, dass es, glaube ich, kein anderes Ministe-
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Bundesministerin Brigitte Zypriesrium dieser Regierung gibt, das eine solche Bereitschafthat, über eine Begradigung nachzudenken.
Das ist gerade der Grund gewesen, weshalb wir das Bun-desamt für Justiz gegründet haben.
Ich verspreche Ihnen, dass es weiter dabei bleibt. AlsBundesministerium der Justiz bewegen wir uns aberauch gerne im Rahmen der geltenden Gesetze, und des-halb haben wir noch eine kleine Außenstelle.Lassen Sie mich zu einem anderen Thema kommen,das hier erst kurz angesprochen wurde. Das ist das Pro-jekt der Charité, für das Sie dankenswerterweise750 000 Euro bereitgestellt haben. Es ist in der Tat so,dass ich mich für dieses Projekt starkgemacht habe, undzwar aus einem Grund, den, wenn ich das richtig sehe,alle Fraktionen dieses Hauses nachvollzogen haben: weiles besser ist, Taten zu verhindern, statt Opfern zu helfen.Bei diesem Projekt der Charité wird mit potenziellen Tä-tern psychologisch, psychotherapeutisch gearbeitet, umzu verhindern, dass sie Taten begehen. Das ist, zumal ineinem Bereich wie der Pädophilie, dem Missbrauch vonKindern, der richtige Ansatz.
Insofern gilt unser Dank Herrn Professor Beier, dersich dieses Projekt ausgedacht hat und es bewirbt. DerDank gilt mit aller Hochachtung auch den Männern, diesich dort melden und bereit sind, sich einer solchen Be-handlung zu unterziehen. Denn es ist keine einfache Ent-scheidung, zu solchen Neigungen zu stehen und zu sa-gen: Ich will etwas dagegen tun und mich behandelnlassen. Die Tatsache, dass es ein überregionales Interessean diesem Projekt gibt, zeigt, dass wirklich Bedarf be-steht.Ich habe die Kolleginnen und Kollegen aus den Bun-desländern angeschrieben und dafür geworben, bei die-sem Projekt mitzumachen. Dazu sahen sich die Länderfinanziell nicht in der Lage. Aber der Erfolg war, dassdie Länder ihrerseits überlegt haben, an Universitätskli-niken Vergleichbares zu initiieren. Wenn das die Folgewäre, dann, kann ich nur sagen, sollten wir alle sehr frohsein!
Jetzt wollte ich Ihnen eigentlich gerne darstellen, waswir noch alles für den Opferschutz getan haben. Ich geheaber lieber auf ein paar konkrete Punkte ein, die meineVorrednerinnen und Vorredner angesprochen haben.Frau Leutheusser-Schnarrenberger, Sie haben gesagt,dass wir über die Onlinedurchsuchung dann doch wie-der im nächsten Jahr reden. Ich muss Ihnen ehrlich sa-gen: Ich habe mich sehr gefreut, als der Bundesinnenmi-nister heute endlich einmal gesagt hat, dass er bis zurEwIIftddddzdEtIdrwsbsdzcrWeszug–nkVhMws
ch muss sagen, das ist ein erheblicher Fortschritt.
ch glaube, die Tatsache, dass wir es hier mit einem ver-assungsrechtlichen Bereich zu tun haben, der in der Li-eratur nicht annähernd aufgearbeitet ist, geschweigeenn durch die Rechtsprechung aufgearbeitet ist, zeigt,ass es Fälle gibt, in denen es gut ist, auf die Entschei-ung des Bundesverfassungsgerichts zu warten. Aucher Präsident des Bundesverfassungsgerichts, der ja eherur Kritik an der Politik neigt, hat in diesem Fall aus-rücklich gesagt, dass die Politik gut beraten wäre, dientscheidung des Bundesverfassungsgerichts abzuwar-en.
nsofern freue ich mich, dass der Bundesinnenministeras jetzt zugesagt hat.Herr Nouripour, es ist schade, dass die Grünen unse-em Haushalt nicht zustimmen werden. Denn sinnvolläre es natürlich, sie würden zustimmen, ja, sie müsstenich sogar dafür aussprechen, dass uns noch mehr Geldereitgestellt wird, damit wir noch mehr Mitarbeiter ein-tellen können, um die Gesetze gut zu machen. Denn miter Reform der Telekommunikationsüberwachungeigen wir ja, dass wir sehr wohl sehr gute rechtsstaatli-he Gesetze machen können, auch im Sicherheitsbe-eich.
ir haben mit diesem Gesetz unter Beweis gestellt, dasss möglich ist, obwohl es sich bei den Maßnahmen umtaatliche Eingriffe handelt, den Schutz der Bürgerrechteu verbessern
nd die Befugnisse der Bürger zu erweitern, sich dage-en zu wehren.
Liebe Frau Stokar von Neuforn, Sie haben immer nochicht begriffen, dass es sich bei dem Gesetz zur Tele-ommunikationsüberwachung und bei dem Gesetz zurorratsdatenspeicherung um zwei verschiedene Gesetzeandelt.
it dem Gesetz zur Telekommunikationsüberwachungerden wir mit Sicherheit nicht vor dem Bundesverfas-ungsgericht scheitern. Denn, wie gesagt, die Befugnisse
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Bundesministerin Brigitte Zypriesder Menschen, sich gegen staatliche Maßnahmen zuwehren, sind durch dieses Gesetz erweitert worden, siesind verbessert worden.
Wenn die heute geltenden, weniger umfänglichen Maß-nahmen verfassungskonform sind, wie sollen dann bes-sere Maßnahmen verfassungswidrig sein? Das ist dochabwegig.
Jetzt ist meine Redezeit leider schon um. Lassen Siemich noch einen Hinweis geben, Herr Nouripour: Wirwerden beim NPD-Verbotsverfahren Sorgfalt waltenlassen. Wir werden als SPD unsere Hausaufgaben ma-chen; nichts anderes ist das, was unser Parteivorsitzendeankündigt.
Er sagt: Wir werden schauen, ob die Voraussetzungenreichen. Erst wenn wir das alles geprüft haben, werdenwir eine Entscheidung fällen. – Insofern müssen Sie sichhier gar nicht echauffieren.
– Lassen Sie mich jetzt doch einmal ausreden, ich kanndoch gleich nicht mehr weiterreden.
Sie sollten also einfach zur Kenntnis nehmen, dass wirdas prüfen und dass wir gegebenenfalls genauso erfolg-reich sein werden wie übrigens auch beim Rahmenbe-schluss gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit.
Entgegen Ihrer Annahme haben wir diesen Rahmen-beschluss auf europäischer Ebene nämlich durchgesetzt.Es war einer der großen Erfolge unserer Präsidentschaft,dass wir das geschafft haben.
Es ist keineswegs so, wie Sie das gesagt haben, dass wirdort keinen Erfolg gehabt hätten.Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Nächster Redner ist der Kollege Otto Fricke, FDP-
Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-legen! Die Opposition kann auch einmal anders anfan-gen. Fangen wir also einmal mit einem Lob an: IchgviHdEBErgfGde–nbSlnhdfI–k–WkznaGwMKsgmvB
Ich weiß. Gerade der Kollege Gehb macht das auchoch einmal deutlich.Man muss einfach sehen, dass Sie sich an einer Stelleisher wirklich nicht durchsetzen konnten. Daschlimme daran ist, dass alle Dinge, zu denen wir inetzter Zeit vom Verfassungsgericht Hinweise und Mah-ungen hinsichtlich der Verfassungswidrigkeit erhaltenaben, durch Ihr Ministerium gelaufen sind und zumin-est den Stempel bekommen haben, dass sie mit der Ver-assung vereinbar sind.
ch fürchte, dass das so weitergehen wird.
Herr Stünker, Sie haben gleich noch Redezeit und er-lären dann, warum das nicht stimmt.Ich will beim Thema Vorratsdatenspeicherungvorsichtig differenzierend – auf eine Sache hinweisen.as wir dort jetzt erleben und was dabei auf uns zu-ommt, das wird für uns gegen Ende des Jahres wiederu einer sehr peinlichen Veranstaltung führen. Es gehticht nur um die Frage, ob dieses Gesetz hält, sondernuch um die Frage, was der Bundespräsident mit diesemesetz macht. Unterzeichnet er das nach all dem, wasir jetzt dazu gehört haben, einfach so?
uss er wieder die Frage klären, wo die Grenzen seinerompetenzen sind?Ich finde, dass das – jedenfalls für einen Rechtsstaat –ehr bedrohlich und die falsche Richtung ist. Ich mussanz ehrlich sagen: Wenn die Große Koalition so weiter-acht, dann wird in der nächsten Legislaturperiode soiel Arbeit auf wen auch immer zukommen, dass mir inezug auf unseren Rechtsstaat erheblich grault.
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Otto FrickeWenn wir über den Rechtsstaat reden, dann ist es oftso, dass der Bürger sagt: Sicherheit ist doch wichtig. –Dahinter steckt die Sehnsucht des Menschen nach Frie-den und auch danach, dass alles, was dafür getan werdenkann, auch getan wird. Wohin das führt, will ich Ihneneinmal an einem praktischen Beispiel zeigen, weil derBürger immer das Gefühl hat, dass es dabei doch nur umStraftäter geht.Ein einfacher Fall: Einer von uns Kollegen fährt nacheiner Veranstaltung mit seinem Auto los. Es rumpelt einbisschen. Er merkt das, und er fährt weiter. Das war Un-fallflucht, weil er nämlich einen anderen Wagen ange-ditscht hat.
– Ja, ist ja gut, Herr Stünker. Sie können das alles präzi-sieren. Das können Sie viel besser als ich, und dasglaube ich Ihnen auch.
– Hören Sie mir doch einfach einmal zu! Sie solltennämlich darüber nachdenken, ob Sie das wollen.Es gibt ein Strafverfahren und einen Strafbefehl. DieAnzahl der Tagessätze ist gemessen daran, wie schwerdie Tat war, völlig in Ordnung. Es war eine kleine Tatund ist nicht so viel. Bei einem Lehrer geht man bei derBemessung der Tagessatzhöhe dann davon aus, dass er9 000 Euro pro Monat verdient.
Der Lehrer schüttelt sich und fragt, wie sie denn daraufkommen. Er legt Einspruch dagegen ein.Jetzt kommt das Interessante: Staatsanwaltschaft undGericht sagen: Na ja, du beziehst ja nicht nur ein Ein-kommen als Lehrer, du hast auch noch Einkommen ausKapital. – Der Lehrer sagt: Nein, das habe ich nicht. –Daraufhin sagt die Staatsanwaltschaft: Wir haben bei derBaFin nachgefragt. Du hast fünf Konten. Wir wissenzwar nicht, was da drauf ist, aber du hast da bestimmtsehr viel Geld.
– „Ja“, sagen Sie. Genau das ist das Misstrauen gegenden Bürger, und genau das ist das Eingreifen.Was muss der liebe Bürger jetzt machen, um von sei-ner viel zu hohen Strafe herunterzukommen? – Er mussblankziehen. Er muss den Inhalt aller fünf Konten darle-gen und sagen, welche Bewegungen vorliegen, was alsorein- und rausgegangen ist. Warum das alles? – Er mussdas tun, weil er bei einem Unfall nicht aufgepasst hatund dadurch in die entsprechenden Mühlen geraten ist.
Daran sehen Sie, wohin Sie im Verhältnis von Sicher-heit und Freiheit mit Ihrer Art inzwischen gekommensind.–K–aZPGdsdkSüIwhep–llfnwscW–F
Nein, ich werde keine Zwischenfrage zulassen, Herrollege.
Er wird das doch nachher in einer Kurzinterventionusführen. – Auf besonderen Wunsch würde ich diewischenfrage aber zulassen, weil er so drängt, Frauräsidentin.
Bitte schön.
Herr Kollege Fricke, woher nehmen Sie eigentlich die
ewissheit, dass die Staatsanwaltschaft anlassbezogen
ie Möglichkeit hat, solche Anfragen beim BaFin zu
tellen? Sagen Sie uns das doch einmal. Wo soll das
enn geregelt sein? Wer soll dies denn gesetzlich veran-
ert haben?
Das haben Sie verankert, Herr Kollege. Sie haben den
taatsanwaltschaften nämlich die Möglichkeit gegeben,
ber die BaFin auf die Kontenstammdaten zuzugreifen.
ch finde es auch bemerkenswert, dass Sie noch gar nicht
issen, welche Gesetze Sie in letzter Zeit beschlossen
aben.
Falls Sie mir nicht glauben: Das ist alles im Rahmen
ines Verfahrens, das an mich herangetragen worden ist,
assiert.
Wir klären das nachher. – Sollte ich mich geirrt haben,
ade ich Sie ein. Sollten Sie sich geirrt haben, Herr Kol-
ege, dann versprechen Sie mir und uns, dass Sie diese
alsche gesetzliche Regelung, die so hart und unverhält-
ismäßig in Bürgerrechte eingreift, ändern. Dann wären
ir sofort auf dem richtigen Weg. Ich würde das für Sie
ogar öffentlich machen, und Sie machen einen öffentli-
hen Rückzug aus dieser völlig verkorksten Regelung.
underbar; dann sind wir uns sofort einig
Ich würde diese Frage des Kollegen Wieland zulassen,
rau Präsidentin.
Bitte schön, Herr Kollege Wieland.
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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 130. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 29. November 2007 13737
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Danke schön, Frau Präsidentin. – Herr Kollege
Fricke, das, was Sie sagen, alarmiert mich geradezu. Ich
weiß, dass die Staatsanwaltschaft Abfragen vornehmen
kann, wenn sie beispielsweise wegen Wirtschaftsstrafta-
ten ermittelt.
Nicht nur wegen Wirtschaftsstraftaten.
Ja. – Nun sagen Sie, dass auch Abfragen erfolgen, um
die Höhe der Tagessätze festzulegen.
Nein.
Kennen Sie denn einen solchen Fall? Welches Amts-
gericht war es? Wer hat das nach Ihrer Kenntnis je ge-
macht?
Ja, ich kenne einen Fall.
Wo? Welches Amtsgericht?
Das werde ich Ihnen nachher sagen.
– Das Lachen der SPD finde ich an dieser Stelle sehr be-
merkenswert.
– Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, jetzt werde
ich langsam ärgerlich. Das ist etwas, was ich nicht so toll
finde. Sie wissen ganz genau, dass man sich beim Um-
gang mit Verfahrensdaten, die an einen Abgeordneten
herangetragen werden, sehr zurückhält. Dann lacht man
auch nicht darüber, wenn jemand sich zurückhält.
Ich werde das dem Kollegen Wieland sagen. Der Kol-
lege Wieland wird es erfahren.
Ich finde es bemerkenswert, wie sehr Sie sich an die-
ser Stelle aufregen. Das liegt schlichtweg daran, dass Sie
Angst haben, dass Ihnen bei all den von Ihnen erlassenen
Sicherheitsvorschriften so etwas durchgerutscht ist.
Ich bin mir auch sicher, dass die Justizministerin dieser
Sache nachgehen und überprüfen wird, ob das so ist.
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bgesehen davon, dass die Kategorien „Liebe“ undHass“ in der Politik ohnehin nichts zu suchen haben,
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Dr. Jürgen Gehbkann ich dazu nur sagen: Ich habe ein super Verhältniszu der Justizministerin – achten Sie sehr gut auf die Prä-position: zu der Justizministerin, nicht mit der Justizmi-nisterin –, nicht wahr, liebe Brigitte?
Das Gleiche gilt auch für mein Verhältnis zu allen ande-ren, insbesondere zu Alfred Hartenbach und HerrnStünker. Wenn wir uns in einer Debatte einmal hart strei-ten, dann ist das kein Ausdruck von Hass. Derjenige, derdas behauptet, gibt ein beredtes Beispiel dafür, wie ver-bittert er eigentlich darüber ist, dass er nicht dort sitzt,wohin er seit Jahren will und wohin er möglicherweiseauch gar nicht gehört.
Im Gegensatz zur Koalition ist das Bild von der Op-position – gestern hat Herr Ramsauer gesagt: Opposi-tiönchen –
völlig diffus. Das ist eigentlich keine Opposition, son-dern eine Destruktion. Von den Linksaußen will ich ei-gentlich gar nicht reden. Herr Nešković, Sie haben heuteAbend den letzten Rest an Satisfaktionsfähigkeit einge-büßt. Dazu hat der Kollege Ole Schröder alles gesagt.Die Grünen waren heute erstaunlich zurückhaltend.Herr Montag, ich weiß nicht, ob Sie Baldrian genommenhaben. Sie haben Herrn Nouripour reden lassen. HerrWieland, Sie kommen seit Wochen nicht mehr in denRechtsausschuss. Es verwundert mich, dass Sie heutehier sind.
Sie schämen sich wahrscheinlich, überhaupt noch etwasdazu zu sagen.Wenn ich mich daran erinnere, dass Sie sich, HerrMontag, bei der letzten Debatte über die Telekommuni-kationsüberwachung und die Vorratsdatenspeicherungnachgerade wie ein Rumpelstilzchen mit schriller, sichüberschlagender Stimme aufgeführt haben und zum Hö-hepunkt der Gaudi noch eine Zeitung hochgehalten ha-ben,
dann kann ich nur sagen: Das ist völlig unter Ihrem Ni-veau. Dass Sie in Ihrer grenzenlosen Einfallslosigkeitdenselben Gag auf dem Parteitag der Grünen wiederholthaben, mag daran liegen, dass sie sich bei dem NiveauIhrer Zuhörer dort mehr Applaus haben ergaunern kön-nen, als Sie in diesem Hohen Haus zu Recht nicht be-kommen haben.sSdwvgKwuddsDAtsrKswrMDdRfbuwwmealdnPRdf
Nun bleibt mir nichts anderes übrig, als auf die FDP zuprechen zu kommen. Frau Leutheusser-Schnarrenberger,ie sagen immer, das Bundesverfassungsgericht hebeas Gesetz auf und dann sei alles nicht rechtsstaatlich. Ichar viele Jahre am Verwaltungsgericht. Dort heißt es inielen Urteilen: Die Klage ist begründet; denn der ange-riffene Verwaltungsakt ist rechtswidrig und verletzt denläger in seinen Rechten. Aber wollen wir nun immerieder sagen, dass die Verwaltung rechtswidrig handelt,nd das möglicherweise noch vorsätzlich? Unser Prinziper Gewaltenteilung ist darauf aufgebaut, dass das Bun-esverfassungsgericht hier und da – gerade bei einemolch verminten Gelände – Gesetze auch aufhebt.
as ist doch das Normalste der Welt. Wenn wir ausngst vor dem Tod jedes Mal Selbstmord begehen woll-en, dann brauchten wir hier kein Gesetz mehr zu erlas-en, weil wir stets befürchten müssten, dass es in Karls-uhe aufgehoben wird.
Es hieß eben, unser Innenminister wolle warten, bisarlsruhe entscheide. Das wäre richtig, wenn eine Ent-cheidung kurz bevorstünde, also mit Händen zu greifenäre. Aber viele Verfahren beim Bundesverfassungsge-icht dauern fünf, sechs Jahre. Soll der Gesetzgeber jedesal so lange warten, bis in Karlsruhe entschieden wird?ann sind wir erst recht nicht mehr Gesetzgeber, son-ern ein Richterstaat, ein Staat, in dem sozusagen dasichterrecht dominant ist. Das kann es nicht sein.
Solange Sie, Frau Leutheusser-Schnarrenberger, of-enbar abends mit dem Recht auf informationelle Selbst-estimmung ins Bett gehen
nd nachts geradezu von Albträumen geplagt werden,enn Sie daran denken, dass durch die Geräte zur Über-achung von Mautsündern vielleicht auch ein Frauen-örder entdeckt wird, um am nächsten Morgen mit deminzigen Gedanken aufzuwachen, wie man den Bürgerufwiegeln und davon überzeugen kann, dass in Deutsch-and die Rechtsstaatlichkeit mit Füßen getreten wird undie Sicherheitsinteressen völlig hintanstehen, gehören Sieicht zu den Wunschgegnern, Wunschpartnern, die auflatz eins unserer Agenda stehen.
Man braucht sich nicht zu wundern. Die konfuseechtspolitik der Grünen ist sicherlich auch der Aus-ruck des Zwiespalts, den die Welt am Sonntag so tref-end ausgedrückt hat. Über die Grünen liest man:
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Dr. Jürgen GehbDie Basis sehnt sich nach Friede, Freude, Eierku-chen und sozialen Wohltaten. Die Führung sehntsich nach Regierungsjobs, Macht und Einfluss.
Ich jedenfalls hoffe, dass die Erfüllung der letzten Sehn-sucht noch viele Jahre auf sich warten lässt.
Wenn ich die Befunde über alle drei Oppositionspar-teien zusammennehme, dann kann ich nur an das Zitatvon Frank Walter – nicht zu verwechseln mit FritzWalter – in der Rheinischen Post vom 23. November er-innern. Er sagt sinngemäß – fast wörtlich –: Die GroßeKoalition mag nerven, und doch läuft das Volk nicht inScharen zu den wartenden Parteien der Opposition. ImGegenteil: Kaum jemand interessiert sich für die Grü-nen, für die Linken und für die FDP. – Dem ist eigentlichnichts hinzuzufügen.
Ich spreche heute nur in der Eigenschaft als Rechts-politiker. Es mag sein, dass in anderen Bereichen der Po-litik andere Sehnsüchte Platz greifen. Aber ich habeheute für den Bereich der Rechtspolitik geredet. Damitdas so bleibt und damit wir weiterhin geradezu mit derPräzision eines Schweizer Uhrwerks das abarbeiten, waswir in der Koalitionsvereinbarung niedergeschrieben ha-ben, hoffe ich, dass wir in diesem Klima weiterarbeitenund dass wir uns nicht von anderen anstecken lassen.Wir haben immerhin noch gewichtige Dinge zu verab-schieden, jenseits von den ganzen „Schnüffeleien“, vondenen ich immer höre. Herr Korte von den Linkensprach neulich von der Rumschnüffelei. Wenn bereitsdie Speicherung eines Datums noch vor dem Zugriff aufdieses als Schnüffelei bezeichnet wird, dann muss ichüber ihn sagen: mit sicherem Auftreten bei völliger Ah-nungslosigkeit der Sach- und Rechtslage!
Ich hoffe, dass wir, Frau Ministerin, Herr Stünker, lie-ber Alfred, die größeren Projekte wie die GmbH-Re-form, die FGG-Reform, den Versorgungsausgleich, dieKronzeugenregelung und die Absprache noch erledigen.Ich will auch daran erinnern, dass wir so große Werkewie das Rechtsdienstleistungsgesetz oder das VVG ver-abschiedet haben.Es sind nur noch wenige Zuhörer hier. Anfangs habeich bedauert, dass wir hier so schlechte Redezeiten be-kommen und nicht an prominenter Stelle reden, obwohlwir sehr wichtige Themen haben. Nachdem ich aller-dings einige Redebeiträge gehört habe, bin ich froh, dassdiese Redner so spät drangekommen sind und nicht nochmehr Zuhörer auf der Tribüne sich das anhören mussten.
ch hoffe, dass wir weiterhin nur durch qualifizierte Zwi-chenrufe gestört werden und ansonsten die Karawaneer großen Koalitionsparteien auf dem Gebiet der Rechts-olitik weiterzieht
nd mit Erfolg Gesetze verabschiedet.Herzlichen Dank.
Nächster Redner ist der Kollege Joachim Stünker,
PD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!u Beginn, Herr Kollege Fricke: Ich glaube, wir imeutschen Bundestag sind nicht dazu da, jeden Einzel-all, bei dem irgendein Staatsanwalt in Deutschlandöglicherweise einen Fehlgriff getan hat, auf den einmtsgericht hereingefallen ist, zur Grundlage unsereriskussionen zu machen. Das sollten wir in der Rechts-olitik nicht machen.
Die nächste Anmerkung, die ich machen möchte, ist:s wird immer davon gesprochen, der Justizhaushaltabe kein großes Volumen. Das ist richtig, aber die pe-uniäre Bedeutung steht in einem umgekehrten Verhält-is zur gesamtgesellschaftlichen Bedeutung der Rechts-olitik. Auf die Inhalte kommt es letzten Endes an, undie Inhalte sind mir heute in einigen Beiträgen doch et-as zu kurz gekommen.Was in einigen Beiträgen leider auch nicht deutlicheworden ist: Rechtspolitik ist letzten Endes Gestaltunger gesellschaftlichen Wirklichkeit in diesem Land. Dasird oftmals nicht bemerkt, auch nicht im Deutschenundestag. Herr Kollege Nešković, solche Reden wieie, die Sie heute gehalten haben, können Sie nur halten,eil Sie an den Beratungen des Rechtsausschusses inen letzten zwei Jahren eigentlich nicht mehr teilgenom-en haben. Das ist Ihr Problem.
Ich darf einige Punkte nennen, die wir für die Men-chen in diesem Land gestaltet haben: das Europäischeaftbefehlsgesetz im zweiten Anlauf, die Verbesserunger Vermögensabschöpfung bei Straftaten und das elek-ronische Handelsregister. Wir haben endlich das Stalkingönalisiert. Wir haben mit Veränderungen im Wohnungs-
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Joachim Stünkereigentumsgesetz für viele Wohnungseigentumsgemein-schaften nachhaltige Verbesserungen gebracht. Geradefür Selbstständige in diesem Land ist der Pfändungs-schutz bei der Altersvorsorge ein wichtiger Schritt gewe-sen. Wir haben die Führungsaufsicht im Maßregelvollzugim Sinne der Sicherheit der Menschen in diesem Land no-velliert.Wir haben das Zollfahndungsdienstgesetz unter Be-achtung der rechtstaatlichen Bedingungen, die das Bun-desverfassungsgericht von uns fordert, geändert. Wirhaben mit dem Versicherungsvertragsrecht ein hundert-jähriges Recht in die Neuzeit überführt. Im Bereich desUrheberrechts haben wir wichtige Schritte zur Wahrungdes geistigen Eigentums der Urheber vollzogen. Wir ha-ben das Rechtsberatungsrecht aus den 30er-Jahren end-lich in das 21. Jahrhundert gebracht. Zu der Telekommu-nikationsüberwachung hat die Frau Ministerin schongesprochen. Im Unterhaltsrecht haben wir einen Para-digmenwechsel in dieser Gesellschaft durchgesetzt, undmit der Föderalismusreform I haben wir Weichen ge-stellt, deren Bedeutung erst in der Zukunft deutlich wird.Das ist eine beeindruckende Bilanz, und darauf kanndiese Koalition im Ergebnis stolz sein.
Es war harte Arbeit in der Rechtspolitik, von der nichtjeden Tag in der Zeitung zu lesen war und für die manauch nicht an jedem Tag Schlagzeilen bekommt. Es warharte Arbeit, die für die Menschen in diesem Land posi-tiv gewirkt hat und in der Zukunft auch weiterhin positivwirken wird. Daran wollen wir weiterarbeiten.Herr Kollege Gehb, ich gebe das Kompliment gernzurück. Ich habe darüber nachgedacht, woran es liegenmag, dass wir das so gut geschafft haben – als Sie in derOpposition waren und Rot-Grün regiert hat, haben wirso manchen Strauß miteinander ausgefochten –: Ichdenke, das liegt daran, dass wir wissen, was mit demPartner geht und was nicht. Keiner von uns hat versucht,das gängig zu machen, was nicht geht. So einfach ist das.Das sollten sich auch andere einmal hinter die Ohrenschreiben. Dann wäre in dieser Koalition vieles einfa-cher.
– Was hat sie gesagt? Das habe ich nicht verstanden.
– Bei Ihnen war das anders. Sie wollten das gängig ma-chen, was nicht ging. Das war Ihr Problem, Frau Stokar.Genau in diesem Sinne werden wir in den vor uns lie-genden zwei Jahren weiterarbeiten. Wie Sie wissen, istdas bereits auf den Weg gebracht – es stehen Anhörun-gen vor der Tür –: Wir werden mit der Einführung einesgroßen Familiengerichts eine umfassende Reform derfurveicggggKfHddghwwßnds–smBrdlsrddWsdrddHeAn
err Kollege Nešković, so viel Weltfremdheit, so viellitäre Abgehobenheit, so viel Missachtung der gutenrbeit deutscher Instanzgerichte war in diesem Hausoch nie; Sie haben das hier eingeführt.
Herr Kollege Stünker!
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Frau Präsidentin, es folgt mein letzter Satz. – Die
Wählerinnen und Wähler in diesem Land mögen wirk-
lich Gutes für Deutschland tun und dafür Sorge tragen,
dass diese Fraktion in diesem Hause nie etwas zu sagen
bekommt.
Schönen Dank.
Letzte Rednerin in dieser Debatte ist die Kollegin
Daniela Raab, CDU/CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Eigentlich muss man den Ausführungen des KollegenStünker nicht mehr sehr viel hinzufügen. Er hat an dieserStelle einmal mehr zur Fachdebatte zurückgefunden,nachdem wir zuerst die bei diesen Themen zurzeit übli-che Panikmache der Oppositionsparteien vernehmenkonnten: Der totale Überwachungsstaat drohe; wir wür-den bespitzelt und beschnüffelt; wir seien gläserne Bür-ger. Davon sind wir weit entfernt.Ich höre immer wieder, die TKÜ-Reform sei nichtverfassungsgemäß. Dabei ist sie mehr als nur verfas-sungsgemäß. Das entsprechende Gesetz ist fast die Um-setzung eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts zuden Berufsgeheimnisträgern. Ich empfehle das Nachle-sen. Regen Sie sich nicht weiter auf! Wir können unsdarauf einstellen, dass das Thema Bürgerrechte das Ein-zige ist, auf das Sie sich einigermaßen kaprizieren kön-nen. Die Rechtspolitik, die wir hier betreiben, und dieSicherheitsgesetze sind – das muss ich deutlich sagen –von erheblicher Qualität und werden getragen von derKompetenz der drei beteiligten Fraktionen.
Kollege Stünker hat einige sehr wichtige Beispieleangeführt. Man muss sich auf der Zunge zergehen las-sen, was wir, die Große Koalition, in zwei Jahren ge-schafft haben. Sie haben völlig recht: Man hätte uns dasam Anfang sicherlich nicht zugetraut. Wir hätten es unswahrscheinlich selbst nicht zugetraut. Die Zusammen-arbeit gestaltet sich aber trotz vieler fachlicher Differen-zen auf menschlicher Ebene immer sehr ordentlich.Letzten Endes kommen wir immer wieder zusammen,weil wir stets einen Ausgleich zwischen den unter-schiedlichen Interessen schaffen.Das Rechtsdienstleistungsgesetz ist schon angespro-chen worden. Wir haben dazu einen Referentenentwurfaus dem BMJ erhalten, dessen Umsetzung die Qualitätund Kompetenz der Rechtsberatung ein wenig ad ab-surdum geführt hätte. Wir, die Union, haben uns starkdafür eingesetzt, dass auch in Zukunft nur derjenigeRechtsberatung anbieten darf, der eine entsprechendeAusbildung hat. Zum einen kann nur dann Rechtsbera-tung qualitativ hochwertig sein. Zum anderen kann nuretkrwiR„nsmcAdbuFsgbhddünErkhtsvdgdKbRlAfddutggRliwa
Das zweite große Gesetzeswerk – Herr Stünker hat esurz angesprochen – betrifft die Reform des Versiche-ungsvertragsrechts. An diesem Beispiel sieht man,ie nah am täglichen Leben die Rechtspolitik eigentlichst. Wir meinen immer, wir bewegten uns im waberndenaum; das seien Dinge, die keiner so wirklich verstehe.Versicherungsvertragsrecht“ klingt im ersten Momentatürlich relativ trocken; es ist aber genau das, womitich der potenzielle Versicherungsnehmer beschäftigenuss, wenn er eine Versicherung abschließt, egal wel-hes Volumen sie hat.Auch hier haben wir es geschafft, nach umfangreicherrbeit ein wirklich gutes Gesetz hinzubekommen, dasen Ausgleich zwischen der dringend notwendigen Ver-esserung des Verbraucherschutzes – mehr Aufklärungnd Transparenz bei Abschluss eines Vertrages – und derörderung des Versicherungsstandorts Deutschlandchafft. Wir wollen natürlich keine Gesetze, die unsereut funktionierenden Unternehmen außer Landes trei-en; das war uns, der Union, besonders wichtig.Wir haben – das war schwierig – ein neues Unter-altsrecht verabschiedet. Das Ergebnis begrüße ich aus-rücklich. Die alte Gesetzeslage hat zu vielen unbefrie-igenden Situationen geführt; sie war ein Stück weitberholt. Wir haben länger gebraucht. Das heißt abericht, dass das Gesetz schlechter geworden ist als derntwurf, der zu Beginn der Verhandlungen vorlag. Ge-ade dadurch, dass wir uns länger hingesetzt haben,onnten wir Verbesserungen erreichen – unter Einbezie-ung des Urteils aus Karlsruhe, das wir abwarten konn-en –: Wahrung des Schutzes der Ehe – des Vertrauens-chutzes, der aus dem Ehestatus hervorgeht –, Schutzon langjährigen Ehepartnern, Besserstellung aller kin-erbetreuenden Elternteile, Beseitigung der Benachteili-ung von Zweitfamilien, die nach der ersten Ehe gegrün-et werden, und – nicht zuletzt – Vorrangstellung derinder. Hier hat sich gezeigt, dass wir es zusammen hin-ekommen können, obwohl die Reform auch in unsereneihen stark konfliktbehaftet war. Was wir jetzt vorge-egt haben, ist ein sehr gelungener, zukunftsträchtigerusgleich, der so schnell nicht mehr einer großen Re-orm bedürfen wird.
Wir haben natürlich noch einiges vor uns. Die Reformer freiwilligen Gerichtsbarkeit ist angesprochen wor-en; Kollegin Granold betreibt dies mit großer Akribiend Kompetenz.Uns liegt nun der Referentenentwurf des Bundesjus-izministeriums zum Bilanzrechtsmodernisierungs-esetz vor. Das schaut auch wieder nach einem großen Un-etüm aus, ist aber gerade im Zuge europäischerechtssetzung für unsere Unternehmen von nicht unerheb-cher Bedeutung. Im Vorfeld sind Befürchtungen geäußertorden, dass wir unter dem Eindruck der Bemühungenuf internationaler Ebene, Rechnungslegungsstandards
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Daniela Raabzu vereinheitlichen, Regelungen beschließen könnten,die erhebliche Nachteile für unsere kleinen und mittlerenUnternehmen und mehr Kosten und Bürokratie bedeute-ten.Sie, Frau Ministerin, schütteln zu Recht den Kopf; derjetzt vorliegende Referentenentwurf bewegt sich weiter-hin im bewährten Bereich unseres Handelsgesetzbuchesund führt im Gegensatz zu den Befürchtungen dazu, dassin Zukunft insbesondere die kleineren und mittleren Un-ternehmen in Bezug auf die Rechnungslegung mit erheb-lichen Vereinfachungen zu rechnen haben. Ich bitte sehrentschieden darum, dass wir dann, wenn ein Gesetzent-wurf vom Kabinett eingebracht worden ist, die Gesetzes-beratungen in die aufgezeigte Richtung führen und unsnicht den internationalen Trends anschließen. Wir solltenbei solchen Vorhaben also ganz klar darauf schauen, wasunseren kleinen Unternehmen nützt. Aber hier sieht esdurchaus gut aus, da niemand eine Kostensteigerung undeine Zunahme von Bürokratie für die kleinen Unterneh-men will. Ich danke Ihnen für den durchaus hoffnung-machenden Referentenentwurf.Die GmbH-Reform, die durchaus in diesen Kontextpasst, spreche ich zum Schluss noch ganz kurz an. DerKollege Jürgen Gehb, der sich mit diesem Thema inten-siv beschäftigt, hat hier einige wichtige Akzente für unsGesellschaftsrecht sind, diese Gesetzesvorhaben anzu-sprechen, mit denen wir mehr als nur ein Stück weitWirtschaftspolitik machen. Wenn wir auf diesem Gebietweiterhin so konstruktiv zusammenarbeiten, wird esauch in Zukunft zu guten Ergebnissen kommen.Vielen Dank.
Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zu den Abstimmungen.
Wer stimmt für den Einzelplan 07 – Bundesministe-
rium der Justiz – in der Ausschussfassung? – Wer stimmt
dagegen? – Enthaltungen? – Der Einzelplan 07 ist mit
den Stimmen der Koalitionsfraktionen bei Gegenstim-
men der Oppositionsfraktionen angenommen.
Wer stimmt für den Einzelplan 19 – Bundesverfas-
sungsgericht – in der Ausschussfassung? – Wer stimmt
dagegen? – Enthaltungen? – Der Einzelplan 19 ist mit
den Stimmen des ganzen Hauses angenommen.
Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-
ordnung.
als Union gesetzt. Hier geht es zum einen natürlich da-
rum, wettbewerbs- und europarechtsfähig zu bleiben.
Zum anderen machen wir unser Gesellschaftsrecht fit für
die Zukunft. Wir werden den hier ansässigen Unterneh-
men auch in Zukunft gute Gesellschaftsformen anbieten
und vertreiben sie nicht aus dem Land.
Die Haushaltsdebatte war eine gute Gelegenheit, ne-
ben allen Strafrechtsthemen, die wir hier behandelt ha-
ben und die immer viel interessanter als das Zivil- und
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Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
estages auf morgen, Freitag, den 30. November 2007,
Uhr, ein.
Ich wünsche allen Kolleginnen und Kollegen, unseren
uschauerinnen und Zuschauern auf der Tribüne, aber
uch unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einen
chönen Abend.
Die Sitzung ist geschlossen.