Gesamtes Protokol
Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! DieSitzung ist eröffnet.Zunächst möchte ich dem Kollegen KurtJ. Rossmanith, der gestern seinen 60. Geburtstag fei-erte, die besten Wünsche des Hauses übermitteln.
Interfraktionell wurde vereinbart, das von den Frak-tionen der SPD, des Bündnisses 90/Die Grünen und derFDP eingebrachte Neunte Gesetz zur Änderung des Par-teiengesetzes auf Drucksache 15/4246 heute in Verbin-dung mit Einzelplan 06 zu beraten. Außerdem sollen derEntwurf des Gesetzes einer Strategischen Umweltprü-fung auf Drucksache 15/4119 dem Ausschuss für Wirt-schaft und Arbeit sowie das Zweite Gesetz zurNeuregelung des Energiewirtschaftsrechts auf Drucksa-che 15/3917 dem Finanzausschuss jeweils nachträglichzur Mitberatung überwiesen werden. Sind Sie mit diesenVereinbarungen einverstanden? – Das ist der Fall. Dannist so beschlossen.Ich rufe Tagesordnungspunkt I auf:a) Zweite Beratung des von der Bundesregierungeingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über diezvfERedetFeststellung des Bundeshaushaltsplans für dasHaushaltsjahr 2005
– Drucksachen 15/3660, 15/3844 –
b) Beratung der Beschlussempfehlung des Haus-haltsausschusses zu der Unterrich-tung durch die BundesregierungFinanzplan des Bundes 2004 bis 2008– Drucksachen 15/3661, 15/3844, 15/4326 –Berichterstattung:Abgeordnete Dietrich AustermannWalter SchölerAnja HajdukDr. Andreas Pinkwart
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12870 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 140. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 23. November 2004
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Ich möchte ja mit vielen verwechselt werden, aber dasuss nicht unbedingt sein.
Meine Damen und Herren, in der Haushalts- undinanzpolitik haben wir in den letzten Jahren von derot-grünen Bundesregierung, vor allem von Ihnen, Herrundesfinanzminister, schon viel erlebt. Die Prognosen,ie Sie über die Entwicklung der Staatsfinanzen und zuachstum und Beschäftigung abgegeben haben, warenast immer zu optimistisch: Ihre Annahmen über dieusgaben waren regelmäßig zu niedrig angesetzt, Ihrennahmen über die Einnahmen regelmäßig zu hoch.ede Steuerschätzung, von der Sie im Verlaufe der gutünf Jahre Ihrer Amtszeit für den Bundeshaushalt ausge-angen sind, musste korrigiert werden. Die Vorlage ei-es Nachtragshaushaltes – so wie heute wieder für dasahr 2004 wegen massiver Ausgabenüberschreitungen –ird von der Ausnahme zur jährlich wiederkehrendenoutine.Herr Eichel, Sie haben einen Gesetzentwurf zurück-ezogen, den Sie im nächsten Jahr wieder vorlegen wol-n: über die persönliche Haftung von Managern für fal-che Informationen gegenüber dem Kapitalmarkt. Wennie mit dem, was Sie in den letzten Jahren hier im Parla-ent und außerhalb geboten haben, an den Regeln die-es Gesetzes gemessen worden wären,
enn Sie persönlich dem so genannten Kapitalmarktin-ormationshaftungsgesetz unterliegen würden, Herrichel, dann wären Ihre Einkünfte und Ihre Pensionenchon heute bis an Ihr Lebensende gepfändet.
Was Sie uns nun allerdings mit dem Nachtragshaus-alt 2004 und dem Bundeshaushalt 2005 in zweiter undritter Lesung vorlegen, stellt so ziemlich alles in denchatten, was Sie hier in den letzten Jahren geboten ha-en.
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Friedrich Merz
– Vielen Dank für diesen Zwischenruf, HerrMüntefering.
Sie werden mit dem Nachtragshaushalt für dasHaushaltsjahr 2004 die höchste Neuverschuldung aus-weisen,
die der Bund jemals hatte. Auch wenn Sie es nicht mehrerwähnen, haben wir es nicht ganz vergessen: Es wir IhrZiel, Herr Eichel, im Jahre 2006 einen ausgeglichenenHaushalt vorzulegen. Davon sind Sie weiter denn je ent-fernt. Niemand spricht darüber und es gibt auch keineVeranlassung mehr, über dieses Thema zu sprechen.
Für das Haushaltsjahr 2004 bemühen Sie wieder dasGrundgesetz, um diese Verschuldung zu rechtfertigen.Indem Sie erneut eine Störung des gesamtwirtschaft-lichen Gleichgewichts feststellen, wollen Sie diese Ver-schuldung für mit dem Grundgesetz vereinbar erklären.
Herr Eichel, ich stelle Ihnen folgende Frage: Wie wollenSie die Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichge-wichts eigentlich feststellen, wenn am Ende desJahres 2004 ein – wenn auch bescheidenes – Wachstumvon 1,8 Prozent steht? Das ist schlicht und ergreifendeine unzulässige Inanspruchnahme einer verfassungs-rechtlichen Regelung. Auch deshalb haben wir uns dazuentschlossen, jetzt den Weg nach Karlsruhe zum Bun-desverfassungsgericht einzuschlagen. Wir können Ihnendiese Haushaltspolitik nicht mehr durchgehen lassen.
Ich will Ihnen das anhand einer Debatte deutlich ma-chen, die offensichtlich im Kabinett geführt wird. In die-ser – sie ist noch nicht abgeschlossen – hat der Bundes-wirtschaftsminister vor einigen Tagen vorgeschlagen,die Bildungsausgaben zu den im Grundgesetz bezeich-neten Investitionen hinzuzurechnen, sodass sich die In-vestitionsausgaben im Bundeshaushalt erhöhen, wo-durch die Verschuldungsgrenze ebenfalls nach obenverlagert würde. Das Gegenteil von dem, was Sie mit Ih-rem Versuch, den Investitionsbegriff des Grundgeset-zes auszudehnen, tun, wäre richtig. Die Rechnungshöfedes Bundes und der Länder haben nämlich zu Recht ver-langt, den Investitionsbegriff nicht weiter, sondern engerzu fassen, und zwar auch, um die Wertverluste und dieVbvDesgJditd6gSmbGDdzasbgGJngawrudkSBdJwghvdS22twdndt
An den Daten Ihres Haushaltsplanes für das Jahr 2005önnen Sie feststellen, dass Sie genau dies tun wollen.ie haben 22 Milliarden Euro neue Schulden in denundeshaushalt 2005 eingestellt und behaupten, dass Sieie Schulden jetzt endgültig reduzieren und im nächstenahr einen verfassungskonformen Haushalt vorlegenerden, mit dem Sie die Kriterien des Maastricht-Vertra-es erfüllen. Meine Damen und Herren, es ist bereitseute klar absehbar, dass dies auch im Jahre 2005 – imierten Jahr in Folge – nicht gelingen wird. Ich will diesaran deutlich machen, welche einmaligen Einnahmenie in diesem Haushalt veranschlagen: Neben2 Milliarden Euro neuen Schulden wollen Sie3 Milliarden Euro einmalige Einnahmen aus Priva-isierungen und Forderungsverkäufen erzielen. Das,as Sie da tun, ist in der Geschichte der Haushaltspolitikieses Landes nun wirklich einmalig. Sie machen in ei-em Umfang neue Schulden, wie das bisher noch nichter Fall gewesen ist, und verkaufen gleichzeitig zukünf-ige Forderungen. Sie scheuen noch nicht einmal vor
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Friedrich Merzdem Griff in die Pensionskassen der Postbeamten zu-rück, die eigentlich dazu angelegt wurden, zukünftigeBeamtenpensionen abzusichern. Selbst diese verram-schen Sie mit Einmaleinnahmen für das Jahr 2005. HerrEichel, was Sie da machen, ist vor dem Hintergrund vonGenerationengerechtigkeit und Nachhaltigkeit dieasozialste Politik, die in Deutschland jemals gemachtworden ist.
Das ist Politik auf Kosten unserer Kinder, gegen die siesich heute noch nicht mit dem Stimmzettel wehren kön-nen. Jedes Kind, das am heutigen Tag geboren wird,kommt bereits mit 16 500 Euro Schulden auf die Welt.
Das können Sie übrigens auch im Nachhaltigkeitsbe-richt der Bundesregierung nachlesen. Der von Ihnen ein-gesetzte Beirat für nachhaltige Entwicklung schlägt Ih-nen das genauso wie der Bundesrechnungshof links undrechts um die Ohren. Statt Ihre Politik zu ändern, kriti-sieren Sie die Leute, die Sie zu Recht kritisieren.
Diese Art und Weise lassen wir Ihnen nicht durchgehen.
Sie hängen schon kleinen Kindern schwere Mühl-steine hoher Schulden um den Hals, die diese schonheute um ihre Zukunftschancen bringen und sie massivbeeinträchtigen.
Sagen Sie gleich bitte nicht – das werden wir von Ih-nen wieder hören, Herr Eichel –, daran sei die Opposi-tion schuld, weil wir Ihnen die Kooperation verweigerthätten.
– Bevor Sie klatschen, möchte ich Ihnen Folgendes sa-gen: Für diese Lage des Bundeshaushaltes ist ganz alleindie rot-grüne Bundesregierung verantwortlich und nie-mand anderes in diesem Land.
Wir haben hier vor Jahr und Tag – das habe ich inziemlich schlechter Erinnerung – eine intensive Debatteüber die Körperschaftsteuerreform geführt. Lassen wirdie Systemfrage einmal außer Betracht. Das Ergebnisder Körperschaftsteuerreform des Jahres 2000 ist, dassIhnen in den beiden Haushaltsjahren 2001 und 2002 ins-gesamt rund 30 Milliarden Euro Körperschaftsteuerein-nahmen fehlten. Diese Einnahmen haben Sie versenkt,nicht wir, weil Sie ein schludriges Gesetz vorgelegt ha-ben. Ich scheue mich vor dem Begriff „handwerklicherFehler“, weil das eine Beleidigung aller Handwerker inDwsz–teJsteb4DmUnnOnbntäJNndwbssG–TdtuamSDlis
Sie haben übersehen, dass mit diesem Gesetz Körper-chaftsteuererstattungen in ungeahntem Umfang auf Sieukommen würden.
Selbstverständlich. Herr Eichel, wenn Sie das bestrei-n, kann ich noch etwas konkreter werden: Imahre 2000 betrugen die Einnahmen aus der Körper-chaftsteuer 23 Milliarden Euro. Im Jahre 2001, im ers-n Jahr nach In-Kraft-Treten Ihrer Reform, ergab sichei den Körperschaftsteuereinnahmen ein Minus von50 Millionen Euro.
amals hat der Staat mehr Körperschaftsteuer erstattenüssen, als er von allen körperschaftsteuerpflichtigennternehmen zusammen im Haushaltsjahr 2001 verein-ahmt hat. Das ist Ihre Politik gewesen, Herr Eichel,icht unsere. Dafür sind Sie verantwortlich und nicht diepposition.
Übrigens: Wenn die Höhe der Körperschaftsteuerein-ahmen in den Jahren nach 2001 bis heute in etwa so ge-lieben wäre, wie sie früher war, hätten wir seitdemicht ein einziges Mal gegen den europäischen Stabili-ts- und Wachstumspakt verstoßen. Wir hätten in jedemahr die Maastricht-Kriterien erfüllen können. Für dieichteinhaltung dieser Kriterien sind Sie verantwortlich,icht die Opposition.
Das ist nicht Vergangenheit, sondern Gegenwart;enn es geht fröhlich weiter so. Vor einem Jahr habenir über die Tabaksteuererhöhung diskutiert. Wir ha-en Sie dringend davor gewarnt, weiter an der Tabak-teuerschraube zu drehen. Wir haben Ihnen vorausge-agt, dass diese Schraube irgendwann überdreht wird.enau das ist eingetreten.
Da Sie von der Regierungsbank dazwischenrufen: Dieabaksteuererhöhung fällt in die ausschließliche Zustän-igkeit des Bundes und hat mit dem Bundesrat nichts zun. Das haben Sie ganz alleine gemacht und auch ganzlleine zu verantworten. Sie wollten zusätzliche Einnah-en in Höhe von 1 Milliarde Euro haben.
ie haben in diesem Jahr 400 Millionen Euro weniger.er Saldo der Steuereinnahmen beträgt minus 1,4 Mil-arden Euro. Das ist Ihre Politik und nicht die der Oppo-ition.
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Friedrich Merz
Sie beklagen sich darüber, dass ein Drittel des Bun-deshaushalts als Zuschuss in die gesetzliche Renten-versicherung geht. Wir haben Ihnen gesagt, dass diesePolitik falsch ist. Sie haben das ökologisch-soziale Steu-erreform genannt. Das war das große Projekt der rot-grünen Koalition zu Beginn Ihrer Amtszeit.
Sie haben gesagt, Sie wollten die Lohnnebenkosten sen-ken und dies durch höhere Steuereinnahmen ausglei-chen. Das haben Sie mit dem Siegel der Ökologie verse-hen. Das Ergebnis ist, dass der Bundeshaushalt durch dieVerpflichtung, einen Zuschuss zur gesetzlichen Ren-tenversicherung zu geben, erdrosselt wird. HerrMüntefering, Sie hatten einen Vorgänger, der heute aufder Regierungsbank sitzt. Im Plenum sitzt HerrSchlauch, der auch einmal Fraktionsvorsitzender war.Diese beiden haben uns gesagt, dass der Rentenversiche-rungsbeitrag im Jahr 2004 bei 17 Prozent liegen werde.Ich habe das noch ganz gut in Erinnerung. Wir steuernjetzt wieder auf 20 Prozent zu.
Sie beklagen sich über den Zuschuss zur gesetzlichenRentenversicherung in Höhe von 80 Milliarden Euro,den Sie nicht mehr schultern können.
Meine Damen und Herren, Ihre Politik ist falsch unddiese falsche Politik holt Sie heute ein. Sie können denHaushalt nicht mehr ausgleichen, weil Sie diese Fehlergemacht haben.
Herr Kollege Merz, erlauben Sie eine Zusatzfrage des
Kollegen Kuhn?
Ja, bitte.
Herr Merz, ich möchte zu zwei Punkten eine Zwi-
schenfrage stellen. Erstens: Können Sie in Abrede stel-
len, dass die Art, wie der ehemalige Kanzler Kohl die
Einheit finanziert hat, dazu beiträgt,
dass die Sozialversicherungsbeiträge um 4 Prozent hö-
her liegen, als es bei einer anderen Finanzierung der Fall
gewesen wäre?
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Lieber Herr Kuhn, dass nun ausgerechnet aus Ihreneihen Fragen zur deutschen Einheit kommen, erstauntich. Ich hatte eigentlich nicht vor, über das Thema. Oktober zu sprechen. Wir können das aber gerneachholen.
as hätte gerade jemand aus Ihren Reihen nicht fragenollen. Sie haben sich zu Recht gegen das Thema ge-ehrt.
Ja, ich beantworte die Frage. Ich sage etwas zur deut-chen Einheit.
Es sind sich heute alle Fachleute darüber einig – dasönnen Sie in einer hochinteressanten Schriftenreihe dererliner Humboldt-Universität nachlesen –
ich beantworte die Frage zur deutschen Einheit und zuhrer Finanzierung sehr konkret –, dass die Methodik derinanzierung der deutschen Einheit, nämlich ein Drit-el durch höhere Steuern – das haben Sie völlig verges-en; ich erinnere an die Erhöhung der Mineralölsteuer –,in Drittel durch Erhöhung der Beiträge zu den Sozial-ersicherungssystemen und ein Drittel durch höherechulden, richtig war. Dieser Mix zur Finanzierung dereutschen Einheit war – auch aus der Rückschau be-rachtet – der einzig richtige Weg zur Finanzierung dereutschen Einheit.
Sie machen uns jetzt Vorwürfe, die deutsche Einheitei falsch finanziert worden.
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Friedrich MerzHerr Eichel, dass aus Ihren Reihen zu diesem Thema et-was kommt, wundert mich. Wir haben hier am13. September 2000 – ich kann mich genau an das Da-tum erinnern – eine Diskussion über die Finanzierungder deutschen Einheit geführt. Ich bleibe bei dem, wasich damals gesagt habe. Die Diskussion über den3. Oktober bestätigt nachdrücklich meine damalige Ein-schätzung.
Sie haben mit diesem Thema nie etwas am Hut gehabt.
Die Tatsache, dass Sie den 3. Oktober leichtfertig zurDisposition stellen, um auf diese Art und Weise IhrenHaushalt auszugleichen, sagt nicht nur etwas über dengeistigen Zustand der Bundesregierung und dieser Koa-lition aus,
sondern auch über den einiger Beteiligter.Ich bleibe auch beim Thema Ökosteuer bei dem, wasich gesagt habe. Ich sage Ihnen aber noch etwas zurÖkosteuer. Was hätten Sie gesagt, wenn ich oder einervon uns Ihnen, als Sie dieses Projekt auf den Weg ge-bracht haben, vorausgesagt hätte, dass Sie im Jahre 2005trotz Ökosteuer zusätzlich einen Kassenkredit brauchen,damit die Rentenversicherung zahlungsfähig bleibt? Dasist aber keine Vorhersage der Opposition, sondern dieRentenversicherungsträger haben gesagt, dass sie mitdem Geld nicht auskommen, weil die Reserven aufge-braucht sind, und dass sie neben dem Zuschuss von80 Milliarden Euro einen Kassenkredit brauchen, damitdie Zahlungsfähigkeit erhalten bleibt. Sie schütteln denKopf, Herr Kuhn.
Das wird stattfinden. Die Rentenversicherung wird indiesem Jahr zusätzliches Geld brauchen. Das beweist:Sie haben mit Ihrem Beitrag Schiffbruch erlitten. Vor Ih-nen sitzt Herr Schlauch, der Vorgänger von HerrnMüntefering ist Herr Struck. Die beiden haben uns fürdas Jahr 2004 einen Beitragssatz zur Rentenversicherungvon 17 Prozent vorausgesagt. Wir bewegen uns jetztwieder auf 20 Prozent zu.
Sie sind mit der so genannten ökologisch-sozialen Steu-erreform gescheitert. Es ist nicht ökologisch, es ist nichtsozial und es hat mit Steuerreform nichts zu tun. Es istnur die Verschiebung von Problemen aus dem Renten-haushalt in den Bundeshaushalt. Sie haben versucht, eineLösung zu finden – das ist das Ergebnis.
Meine Damen und Herren, was trotz dieser Kassen-lage bei dieser Bundesregierung noch alles möglich ist,knIoUicsdWdrMUsdwETn–uhzgdUfsHglesK–je
ch vermute, der Kollege Austermann wird an der einender anderen Stelle noch darauf zu sprechen kommen.m deutlich zu machen, wofür Sie Geld haben, nenneh ein Beispiel: Für das „Bundesprogramm Ökologi-cher Landbau“ wird viel Geld ausgegeben. Der Bun-esrechnungshof schreibt dazu:Das Bundesministerium sieht die Notwendigkeit, ineiner reizüberfluteten Gesellschaft durch eine vor-geschaltete Sensibilisierungsphase breite Bevölke-rungskreise für die Auseinandersetzung mit derThematik des ökologischen Landbaus zu gewinnen.enig später heißt es in dem Bericht; denn die Prüferes Bundesrechnungshofes waren ja auch im Ministe-ium:Aus dem Bundesprogramm werden Wettbewerbeund Bio-Erlebnistage finanziert. An einzelnen Ver-anstaltungen nehmen Vertreter der Leitungsebenedes Ministeriums teil.eine Damen und Herren, wenn Sie für einen solchennfug Geld haben – in sieben Jahren stellen Sie für die-en Spaß über 100 Millionen Euro zur Verfügung –,ann hören Sie auf, der Opposition Vorwürfe zu machen,ir würden uns nicht am Subventionsabbau beteiligen.
Ich weiß ja, dass Sie hier gleich wieder das Lied derigenheimzulage singen werden. Man kann über dashema reden und man kann in der Tat auch nach Alter-ativen suchen.
Ja, ganz konkret entscheiden. Frau Scheel, wir habenns im letzten Jahr gemeinsam entschieden, die Eigen-eimzulage in einem mehrjährigen Programm erheblichu reduzieren und den Bestandserwerb mit dem Neubauleichzustellen. Jetzt schlagen Sie trotz dieser Einigungie vollständige Abschaffung der Eigenheimzulage vor.nterstellen wir einmal einen Augenblick, die Abschaf-ung der Eigenheimzulage würde tatsächlich beschlos-en und ins Gesetzblatt kommen. Dadurch würden Sie,err Eichel, im Jahr 2005 in Ihrem Bundeshaushaltanze 95 Millionen Euro sparen. Ich habe mir die Zah-n noch einmal angesehen; die tatsächlichen Zahlenind noch viel eindrucksvoller als die Zahlen, die ich imopf hatte.
In den nächsten Jahren steigt die Zahl, nur reden wirtzt über den Bundeshaushalt 2005.
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Friedrich MerzDamit die Relationen klar sind: Sie würden mit derAbschaffung der Eigenheimzulage so viel Geld sparen,wie Sie mit dieser rot-grünen Haushaltspolitik an jedemTag neue Schulden machen. Sie würden einmal 95 Mil-lionen Euro sparen. Diese Summe entspricht ziemlichgenau dem Betrag, um den Sie an jedem Tag im nächs-ten Jahr, 365-mal hintereinander, die Schulden erhöhen.Bauen Sie hier bitte keinen Popanz auf! Fangen Sie nichtan, die Öffentlichkeit über das wahre Ausmaß der Pro-bleme zu täuschen, und fangen Sie vor allen Dingennicht schon wieder an, die Opposition dafür zu be-schimpfen, dass Sie Ihren Haushalt nicht in den Griff be-kommen. Das ist Ihr Problem und nicht unser Problem.
Was sagen Sie eigentlich dazu, dass Ihnen der Bun-desrechnungshof vorgerechnet hat, dass Ihnen wegender fehlerhaften Besteuerung der Automatenaufstellerüber 2 Milliarden Euro an Umsatzsteuererlösen drohen?Was sagen Sie eigentlich dazu, dass Ihr Bundeskanzlermal eben im Vorbeigehen auf dem Deutschen Steinkoh-letag sagt, er wolle die Steinkohlesubventionen ab demJahr 2007 um ungefähr 50 Prozent pro Jahr erhöhen?Was sagen Sie eigentlich dazu, dass Sie für die Förde-rung der deutschen Steinkohle für den Zeitraum von2006 bis 2012 16 Milliarden Euro zugesagt haben? Dasalles ist doch nicht unsere Politik! Es sind vielmehr IhreProbleme, die Sie selbst verursacht haben, und Ihre Zu-sagen, die Sie an anderer Stelle leichtfertig gegeben ha-ben. Es ist Ihr Problem, dass dieser Haushalt völlig ausden Fugen gerät und hinten und vorne nicht mehr zusam-menpasst.
Ich weiß wie jeder andere im Raum, dass wir dieschweren strukturellen Verwerfungen des Haushaltesnicht alleine über die Fiskal- und Haushaltspolitik wer-den beheben können. Dazu gehört sicherlich mehr. DieÜberwindung der Wachstums- und Beschäftigungskrisein Deutschland bedarf eines umfassenden Reformansat-zes.
Ich will Ihnen an einem konkreten Beispiel aufzeigen,wie auch Ihre wirtschaftspolitischen Vorstellungen insLeere laufen, wenn Sie so weitermachen wie bisher. AlleAbgeordneten des Deutschen Bundestages haben An-fang November – also erst vor kurzem – einen Brief desPräsidenten der Max-Planck-Gesellschaft bekommen.Bevor der Präsident der Max-Planck-Gesellschaft einenBrief an alle Abgeordneten schreibt, muss schon relativviel passieren. Wir bekommen so etwas nicht jede Wo-che oder jeden Monat.
Der Präsident der Max-Planck-Gesellschaft fordert unsin einem dramatischen Appell auf, das von Ihnen vorge-legte Gentechnikgesetz zu korrigieren und dafür zu sor-gDGpkgdwSgedaddDmasmhvztlwWinddhwradidkrgd
ann dürfen Sie sich nicht darüber wundern, dass sichie strukturelle Wirtschafts- und Beschäftigungskrise ineutschland immer weiter vertieft und dass Sie es nichtehr schaffen, einen dadurch geprägten Bundeshaushaltuszugleichen.
Das Problem besteht darin, dass Sie in der Wirt-chafts- und Finanzpolitik kein konsistentes Konzeptehr haben und dass Sie, die Sozialdemokraten, viel zuäufig den Spielwiesen der Grünen nachgeben, dass Sieiel zu häufig aussteigen statt einzusteigen und dass Siewar kluge Reden über alle möglichen Innovationen hal-en, dass aber tatsächlich die Bundesrepublik Deutsch-and im internationalen Wettbewerb von Jahr zu Jahreiter zurückfällt.
eil dies so ist und weil es nicht mehr zu verantwortenst, wie Sie insbesondere den nachfolgenden Generatio-en gegenüber vorgehen, werden wir nicht nur gegenen Nachtragshaushalt, sondern auch gegen den Bun-eshaushalt 2004 das Verfassungsgericht anrufen. Ichabe etwas gezögert, dem zuzustimmen, weil ich nachie vor der Meinung bin, dass die Politik nicht in Karls-uhe, sondern in Berlin gestaltet wird. Wenn man sichber gegen Ihr Vorgehen nicht mehr anders wehren kann,ann muss man jedes Instrument nutzen, um diesen Wegn den Verschuldungsstaat zu stoppen und einen Beitragazu zu leisten, dass dieses Land aus der Krise heraus-ommt und dass Sie wieder zu einem Weg zurückkeh-en, der zu Wachstum, Beschäftigung und einem ausge-lichenen Haushalt führt. Aus eigener Kraft schaffen Sieas erkennbar nicht mehr.
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Das Wort hat jetzt der Bundesminister der Finanzen,
Hans Eichel.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Dies ist die Woche der Abschiede der stellver-tretenden Fraktionsvorsitzenden der CDU/CSU. Einensolchen Abschied haben wir eben wieder erlebt.
Über die Arroganz will ich nicht reden, verehrter HerrMerz, aber ich habe Sie in Debatten schon – und zwar zuRecht – nachdenklicher erlebt als eben.
Sie bzw. alle, die auf Ihrer Seite sitzen, eignen sich nichtals Chefankläger in Sachen Schuldenmachen.
Ich will Ihnen das in aller Ruhe, aber mit aller Deutlich-keit vorhalten. Sie haben in den 16 Jahren, in denen Sieregiert haben
– ja sicher! –, neue Schulden in Höhe von580 Milliarden Euro gemacht. Das waren seit 1983 – hö-ren Sie genau zu! –, als das Bruttoinlandsprodukt einenBruchteil des heutigen ausmachte, 36 Milliarden Euroneue Schulden, die der Bund in Ihrer Regierungszeit proJahr gemacht hat. In den sechs Jahren, in denen wir re-gieren, haben wir insgesamt 130 Milliarden Euro neueSchulden – bei einem ganz anderen Niveau des Bruttoin-landsproduktes – gemacht. Das sind im Jahresdurch-schnitt knapp 22 Milliarden Euro neue Schulden.36 Milliarden Euro neue Schulden pro Jahr bei Ihnen,knapp 22 Milliarden Euro pro Jahr bei uns! Das ist dieerste Feststellung.
Zweitens. Nach der Wiedervereinigung betrug diedurchschnittliche Nettoneuverschuldung des Bundesin den Jahren von 1991 bis 1998 nach den Vorgaben desMaastricht-Vertrages im Schnitt 1,8 Prozent. In unsererRegierungszeit betrug sie – ohne Berücksichtigung derUMTS-Erlöse – 1,5 Prozent. Sie behaupten, ich machtehöhere Schulden als Herr Waigel. Das wollen wir unseinmal genauer ansehen. 1996, als das Bruttoinlandspro-dukt auf einem viel niedrigeren Niveau war – so vielökonomischen Sachverstand haben Sie doch wohl, HerrMerz –, hat Herr Waigel 40 Milliarden Euro neue Schul-den gemacht. Das waren 2,2 Prozent des Bruttoinlands-produkts. Wenn das, was im Nachtragshaushalt 2004f2–nDwZaSwnshvmSwbAhEhhNgdtitoJdte–wsdpzicssmöWhrmgwd
Ich werfe Ihnen die Fehler, die Sie im Zusammen-ang mit der deutschen Einheit gemacht haben, nichtor. Aber sie müssen deutlich gemacht werden. Um dasit aller Klarheit zu sagen: Es war nicht möglich, wieie das versprochen haben, die deutsche Einheit aus derestdeutschen Portokasse zu bezahlen und in kurzer Zeitlühende Landschaften in Ostdeutschland zu schaffen.lles ist viel teurer geworden, als Sie es angenommenaben. Eine ganze Generation muss für die deutscheinheit – ich sage ausdrücklich: für das Glück der Ein-eit – mehr arbeiten als alle anderen Generationen vor-er und nachher. Das ist die schlichte Wahrheit.
atürlich wird die deutsche Einheit gefeiert. Aber we-en ihr muss in Deutschland auch mehr gearbeitet wer-en. Das ist mein Verständnis vom Bekenntnis zur Na-on.In meine Regierungszeit fällt auch die niedrigste Net-neuverschuldung nach der Wiedervereinigung. Imahre 2000 betrug sie 1,2 Prozent des Bruttoinlandspro-ukts. Das waren 24 Milliarden Euro. Den größten An-il hatte damals noch der Bund.
Sicherlich wissen Sie das. Aber das muss man immerieder sagen, auch wenn Sie das nicht gerne hören.Ich möchte nicht nur darüber reden, wo der Bundteht. Herr Merz, ich habe wenig gegen das einzuwen-en, was Sie gesagt haben. Ich habe das auf der Bundes-ressekonferenz ebenfalls gesagt. Auch ich halte die jet-ige Entwicklung auf Dauer für nicht durchhaltbar. Aberh möchte nun auf etwas zu sprechen kommen, was ichehr spannend finde. In der Tat macht der Bund in die-em Jahr 43,5 Milliarden Euro neue Schulden. Das istir entschieden zu viel, auch wenn es – wenn man eskonomisch betrachtet – nicht so viel ist wie bei Herrnaigel. So ist der Sachverhalt. Ausweislich des Bundes-aushalts für das nächste Jahr, in den hohe Privatisie-ungserlöse eingestellt sind – anders ginge es nicht –,achen wir weniger Schulden, als wir Investitionen täti-en. Wer übrigens einen europäischen Vergleich anstellt,ird feststellen, dass in den drei Jahren der Stagnationie Defizitentwicklung in Deutschland wesentlich
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Bundesminister Hans Eichelvorsichtiger verlaufen ist als in vielen Nachbarländern,die eine viel größere Abweichung von ihrer Ausgangs-position hatten. Während in den Jahren der Stagnationdie Abweichung bei uns 2,6 Prozent betrug, lag bei-spielsweise der Wert in den Niederlanden, die immer sogelobt werden, bei 4,4 Prozent.Die jetzige Nettoneuverschuldung ist sicherlich au-ßerordentlich unerfreulich. Darum will ich gar nicht he-rumreden. Aber, Herr Merz, vor dem Hintergrund dermessbaren Ergebnisse der Politik, die Sie in 16 Jahrengemacht haben, nehme ich es nicht hin, dass Sie nun ver-suchen, mich anzuklagen. Sie sind auch völlig blind ge-genüber dem, was Ihre Landesregierungen machen.
Darf ich Sie auf Folgendes hinweisen: 2004 waren dieHaushalte von Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Nie-dersachsen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein,Bremen, Berlin und Sachsen-Anhalt verfassungswidrig.Für 2005 legen die fünf Bundesländer Hessen, Nieder-sachsen und das Saarland – diese drei sind CDU-geführt– sowie Bremen und Berlin Haushalte vor, die höhereSchulden als Investitionen vorsehen. Das tue ich nicht.Sie reden über einzelne Maßnahmen wie Forderungs-verkäufe. Solche Verkäufe machen mir keinen Spaß. Dasbringt uns zwar jetzt Geld; es wird uns aber künftig et-was kosten. Darum will ich keinen Moment herumreden.Aber was passiert denn in Hessen? Obwohl Hessen mitseinem Haushalt mehr Schulden macht, als es Investitio-nen tätigt, werden die Liegenschaften von Ministerienveräußert, damit man heute Geld hat. Anschließend zahltman Miete, in Wirklichkeit den doppelten Kapitalzins.Das ist Hessen unter Ihrer Führung!
Baden-Württemberg – es kann möglicherweise ge-rade eben noch einen Haushalt vorlegen, durch den we-niger Schulden gemacht als Neuinvestitionen vorgenom-men werden – hat die Zinsen aufgrund einer Einlage derLandesregierung bei der Landesbank mit Laufzeit bis2017 vorzeitig vereinnahmt, was für den Doppelhaus-halt 2005/2006 einen Mittelzufluss von 550 Millio-nen Euro bedeutet. Das geschah nur, damit man geradenoch unter der Verfassungsgrenze bleibt. Das ist das rei-che Baden-Württemberg.
Ich sage das nicht, um den dortigen Kollegen – ichhabe mit ihm ein gutes, sachliches Verhältnis, auch wennwir nicht immer einer Meinung sind – jetzt zu beschimp-fen; ich sage das nur, damit die gegenwärtige Finanzsitua-tion in Deutschland einmal klar wird. Die ostdeutschenLänder – mit Ausnahme von Sachsen; das will ich aus-drücklich sagen – verwenden die Mittel, die sie für denAufbau Ost bekommen, zum Teil zweckwidrig. Darüberhaben wir im Finanzplanungsrat reden müssen. Das istdie Finanzsituation, mit der wir es in Deutschland zur-zeit zu tun haben.dBmzdüldSgtremslJmbtvfdmFassddeg–gw2
Eine besonders schöne Veranstaltung findet in Bay-rn statt. Da steht in der Verfassung: 2006 ist ein ausge-lichener Haushalt vorzulegen.
Es steht noch nicht drin? Dann haben sie aber Glückehabt. Das haben sie sich vorgenommen. – Wissen Sie,ie die das machen? Passen Sie auf, was da passiert!006 wird dort ein ausgeglichener Haushalt vorgeführt;
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Bundesminister Hans Eichelder Ausgleich basiert aber auf Privatisierungserlösenund auf der Entnahme von Rücklagen,
die durch Kreditermächtigungen in der Größenordnungvon 1,1 Milliarden Euro gebildet worden sind. Das heißtdann im Wahljahr 2006: Bayern hat einen ausgegliche-nen Haushalt. Lassen Sie wenigstens diese Schönfärbe-rei sein! Es macht doch keinen Sinn.Wir, der Bund, sind in einer äußerst schwierigen Fi-nanzlage.
Das bestreite ich nicht. Das habe ich öffentlich nie getan,auch im Haushaltsausschuss nicht. Ich komme auf dieGesetze, die ich Ihnen vorgeschlagen habe, um das Pro-blem zu lösen, gleich noch zurück. Die Länder handelninzwischen genauso wie wir. Über diesen Punkt werdenwir zu reden haben.Was haben wir zur Haushaltskonsolidierung beigetra-gen? Zunächst einmal will ich festhalten – Herr Merz,Sie haben das nicht mehr gesagt –: Herr Austermannwird wieder kommen und behaupten, wir hätten auf derAusgabenseite überhaupt nicht gespart. Da braucht ernur im Gutachten des Sachverständigenrats nachzulesen;darin ist das ausdrücklich bestätigt.Ich will das nur mit ganz wenigen Zahlen deutlichmachen. Der Haushalt 1998 hatte einen Anteil am Brut-toinlandsprodukt von 12,1 Prozent. Der Haushalt 2005hat einen Anteil am Bruttoinlandsprodukt von 11,5 Pro-zent. 1989 hatte der Bund 301 000 Beschäftigte; imHaushalt 2005 sind es 282 000. Wir haben heute im wie-dervereinigten Deutschland beim Bund weniger Mitar-beiterinnen und Mitarbeiter, als wir in der westdeutschenBundesrepublik unter Ihrer Regierung hatten. Das istKonsolidierungspolitik, meine Damen und Herren!
Finden Sie auch nur eine einzige Gebietskörperschaftin Deutschland, die in dieser Zeit die Personalkosten le-diglich um 1,5 Prozent per annum – das ist nämlich dieZiffer für den Bund – hat steigen lassen! Bei allen ist dasKomma um eine Stelle nach rechts verschoben. So istder Sachverhalt!Wenn Sie sich einmal die Gesamtausgaben ansehen,dann stellen Sie fest, dass sie – das will ich ganz deutlichmachen – von 1998 bis jetzt um etwas über20 Milliarden Euro gestiegen sind. Sie sind wenigerstark gestiegen als der Zuschuss zur Rentenversicherung– da haben Sie Recht, Herr Merz –; nur: Der Zuschusszur Rentenversicherung ist finanziert. Er hat nicht zu un-serem Defizit beigetragen. Sie mögen es nicht gutheißen,dass wir das über die Ökosteuer gemacht haben, aber Siehaben damals zum Mittel der Mehrwertsteuererhöhunggegriffen. Sie haben es nicht anders gepackt. Nur mit un-serer Hilfe vor der Bundestagswahl 1998 ist verhindertw2rSamh2ekkgCdvEbnwrSwwFcErdmsraLmtisdAindv1HdasJGnstimLb
Wir haben in den letzten beiden Jahren mit dem Ge-etz zum Abbau von Steuervergünstigungen und mitem Haushaltsbegleitgesetz zum Haushalt 2004 einenbbau von Subventionen im Steuerrecht in Höhe vonsgesamt 26 Milliarden Euro vorgeschlagen. Den Bun-esrat passiert haben nur Vorschläge mit einem Volumenon 8,5 Milliarden Euro. Das ergibt ein Loch von7,5 Milliarden Euro. Dabei will ich gern einräumen,err Merz, dass sich das bei der Eigenheimzulage überie Jahre aufbaut. Das ist doch ganz klar, das haben wiruch ausgewiesen; das braucht überhaupt nicht Gegen-tand der Debatte zu sein. Das ist nachhaltig: Jahr fürahr fehlen 17,5 Milliarden Euro bei Bund, Ländern undemeinden. Das genau ist der Grund dafür, dass jetzticht nur der Bund in einer so schwierigen Situation ist,ondern auch die Länder in einer so schwierigen Situa-on sind. Die Länder haben sich – von Ihnen angeleitet –it Fleiß selber in diese Situation hineingebracht.Das ist übrigens auch der Grund dafür, dass ich zurösung unserer Probleme keine Vorschläge mehr mache,ei deren Umsetzung ich auf den Bundesrat angewiesen
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Bundesminister Hans Eichelbin. Ich will die Zusammenarbeit mit dem Bundesrat– das sage ich, damit wir uns da nicht missverstehen –,aber wenn man auf Ihre Mehrheit im Bundesrat ange-wiesen ist, ist man verraten und verkauft. Damit dasganz klar ist: Das lassen wir mit uns nicht machen!
Der Subventionsabbau als Baustein fehlt. Das sagtIhnen übrigens jeder im Land. Sie erzählen gelegentlich– auch wenn das alles sehr leise geworden ist; insofernist der Abschied ja konsequent, Herr Merz –, Sie bräuch-ten das für Ihre große Steuerreform. Das ist eine Ge-schichte, die Sie bei der gegenwärtigen Haushaltslagekeinem Menschen erzählen können. Niemand kann mehreine Steuerreform machen, bei der er auch nur auf eineneinzigen Cent verzichtet. Sie müssen Subventionen ab-bauen, um die Haushalte zu konsolidieren und um Geldfür die Zukunftsaufgaben dieses Landes zur Verfügungzu haben. Allein dafür müssen Sie Subventionen ab-bauen.
Das ist übrigens auch bei den Ländern angekommen.Immerhin hat sich schon ein Land bei der Abstimmungüber die Abschaffung der Eigenheimzulage derStimme enthalten. Auch hier gibt es also keine ganz ge-schlossene Front mehr. Die Erklärung von Herrn Koch,man könne zwar nicht über die Eigenheimzulage an sich,aber über ihre Höhe reden, wenn man bei der Umsetzungder Koch/Steinbrück-Vorschläge weitermache, ist jaauch schon ein Anfang. Dabei muss ich gleich hinzufü-gen: Das, verehrter Herr Koch, ist viel zu wenig. Denndie Koch/Steinbrück-Vorschläge beliefen sich auf einVolumen von ganzen 1,3 Milliarden für Bund, Länderund Gemeinden. Unser Problem ist aber ein ganz ande-res – da haben Sie Recht – und das betrifft nicht nur unshier, sondern auch die Länder. So dürfte zum Beispieldie Verfassungswidrigkeit des hessischen Haushaltesden Ministerpräsidenten zu einer anderen Einschätzungder Situation bewegen.Das Loch, das Sie durch Ihre Blockadepolitik imBundesrat hervorgerufen haben, umfasst 17,5 Milliar-den. Legen Sie diese Summe einmal auf die Haushaltevon Bund, Ländern und Gemeinden um. Wenn es diesesLoch nicht gäbe, sähe die Lage schon ganz anders aus.Dann brauchten wir auch nicht mehr über die Einhaltungder Maastricht-Kriterien reden. Diese hätten wir ohnedieses Loch schon längst erfüllt. So müssen wir eineReihe zusätzlicher Anstrengungen unternehmen.Fazit: Es sind auf der Ausgabenseite alle Anstrengun-gen unternommen worden, die gemacht werden konnten.Es fehlen, weil der Bundesrat nicht mitgespielt hat, einekongeniale Leistung beim Abbau von Steuersubven-tionen und – jawohl, auch das stimmt – ein entsprechen-des Wachstum. Deswegen sind Steuereinnahmen nichtin der Höhe erzielt worden, wie wir sie erwartet hatten.Ihre Ausführungen dazu, verehrter Herr Merz, warenaISlshgtwfgw1WwsPEwpHauRddf–üszrE–lEEnduWB
ie wissen doch ganz genau, wie sämtliche Prognosenauteten, also nicht nur die der Bundesregierung;
elbst die des Internationalen Währungsfonds als deröchsten Autorität bei internationalen Wachstumspro-nosen sah dementsprechend aus. Ganz sachlich be-rachtet ist die Situation auch sehr einfach: Immer dann,enn eine wirtschaftliche Rezession festzustellen ist,allen die Prognosen besser aus als das tatsächliche Er-ebnis; das kann man historisch belegen. Wenn es auf-ärts geht, verhält es sich umgekehrt. In den Jahren999 und 2000 sind unsere Prognosen vom tatsächlichenirtschaftswachstum übertroffen worden. Nächstes Jahrird das möglicherweise auch wieder der Fall sein: Wirind ja von 1,5 Prozent ausgegangen, während jetzt allerognosen sagen, dass es etwas höher ausfällt.
s könnte also das erste Mal seit Jahren sein, dass wirieder erleben, dass das Wachstum stärker ausfällt alsrognostiziert. Unsere Kernprobleme, meine Damen underren, sind also einerseits unzureichender Subventions-bbau – dem werden Sie sich nicht entziehen können –nd andererseits die Wachstumsschwäche; da haben Sieecht, Herr Merz.Ich will in diesem Zusammenhang jetzt gar nicht überie weltwirtschaftliche Lage und die Probleme, die sicharaus für alle ergeben, reden, sondern über die Heraus-orderungen, die wir meistern müssen.
Ich habe die ganze Zeit über unsere, vor allen Dingenber die von Ihnen hervorgerufenen Probleme geredet.
Die eine Herausforderung ist die alternde Gesell-chaft. Deswegen sind große Anpassungen in den So-ialsystemen nötig. Die andere besondere Herausforde-ung ergibt sich durch die Bewältigung der deutscheninheit. Die Aufwendungen für die deutsche Einheitda hat Herr Kuhn völlig Recht – stellen einen wesent-ichen Grund für unsere Wachstumsschwäche dar. DieU-Kommission hat das untersucht und kommt zu demrgebnis, dass dadurch das Wachstum um zwei Dritteliedriger ist. Also müssen wir alles daran setzen, mitieser besonderen Herausforderung fertig zu werden,nd besondere Anstrengungen unternehmen, um dieachstumsschwäche zu überwinden.
Deswegen machen wir eine Politik für Wachstum undeschäftigung im Dreiklang von Strukturreformen,
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Bundesminister Hans EichelHaushaltskonsolidierung und Wachstumsimpulsen. Esist ja nicht so, als ob wir damit nicht erfolgreich wären.Strukturreformen sind, wie wir alle wissen, anstren-gend und in Bezug auf Wachstum und Vertrauen kurz-fristig sogar eher kontraproduktiv, indem wir den LeutenGeld wegnehmen. Um dieses Faktum brauchen wir garnicht herumzureden. Langfristig sind sie aber notwendigund mittel- und langfristig helfen sie auch.Nehmen wir einmal die Rentenreform: Es kann sein– das hängt von den Entwicklungen auf dem Arbeits-markt ab –, dass wir nächstes Jahr noch diesbezüglicheEntscheidungen treffen müssen. Heute weiß ich dasnoch nicht. Im Moment sehe ich das noch nicht auf unszukommen, aber es kann sein. Mit dem Nachhaltigkeits-faktor haben wir aber – das baut sich ja Schritt umSchritt auf – das Finanzierungsvolumen um 20 Milliar-den Euro, was 1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ent-spricht, abgesenkt und damit die Arbeitgeber, die Arbeit-nehmer und im Übrigen auch die Bundeskasse, die ja indem Maße, wie die Beiträge steigen, ebenfalls in An-spruch genommen wird, entlastet.Auch die Reformen, die wir im Gesundheitssektorvorgenommen haben, zeigen doch Wirkung. Darum wirdman allerdings immer wieder kämpfen müssen. EinSwing von minus 2 Milliarden im ersten Halbjahr desvergangenen Jahres auf plus 2,5 Milliarden im erstenHalbjahr dieses Jahres im Gesundheitssystem, also um4,5 Milliarden im Vergleich der ersten beiden Jahres-hälften, zeigt doch, dass sie greifen.
– Das war doch die ganze Zeit so, Herr ProfessorPinkwart. Da greifen wir zum ersten Mal richtig hinein,wie Sie feststellen, wenn Sie auf die letzten Jahre zu-rückblicken. Sie sehen, dass es wirkt.Aber Sie müssen sich auch Folgendes klar machen.Ein wesentliches Thema, mit dem wir in der Zukunft zutun haben werden und bei dem Sie immer viel zu sehrKlientelpolitik betreiben, lautet: Wie können wir im Ge-sundheitswesen für mehr Wettbewerb auf der Anbieter-seite sorgen?
Das ist ein ganz entscheidendes Thema, bei dem Sie im-mer viel weniger akzeptiert haben, als Ulla Schmidt ge-wollt hat.Durch all diese Reformen in den Sozialsystemen istes möglich, nachhaltiger zu finanzieren, ein neuesGleichgewicht von Solidarität, die den Kern ausmacht,und Eigenverantwortung herzustellen – ein Stück mehrEigenverantwortung ist wichtig; andernfalls wird mandie Solidarität nicht sichern können – sowie die Lohnne-benkosten zu stabilisieren bzw., mühselig genug, zu sen-ken; in Ihrer Zeit sind sie immer nur gestiegen.Der größte Umbauprozess liegt auf dem Arbeits-markt vor uns. Er ist mit Risiken verbunden; darum darfman nicht herumreden. Aber es ist doch allen völlig klar,dass die beiden Systeme der Arbeitslosenhilfe und derSuzenrksrdjuisddmd1seSDESVdjäBFssfgtDdVtKlDnMful
Diese Reform hat aber auch Chancen, weil insbeson-ere die Vermittlungstätigkeit intensiviert wird und allengen Leute bis 25 Jahre ein Angebot bekommen. Dast eine ganz neue Qualität. Deshalb kann und soll maniese Reform offensiv vertreten.Neben den Strukturreformen ist die Konsolidierunger zweite Schwerpunkt; ich habe es schon deutlich ge-acht. Dritter Schwerpunkt: Wachstumsimpulse. Auchie letzte Stufe der Steuerreform wird gemacht. Ab dem. Januar nächsten Jahres wird der niedrigste Eingangs-teuersatz gelten, den wir je hatten. In Ihrer Zeit warens 25,9 Prozent, jetzt wird er auf 15 Prozent gesenkt. Derpitzensteuersatz wird von 53 auf 42 Prozent gesenkt.as Kindergeld wurde erhöht.Insgesamt führt die Steuerreform zu einer jährlichenntlastung von rund 56 Milliarden Euro. Selbst wennie die Ökosteuer gegenrechnen – obwohl man an diesererrechnung Zweifel methodischer Art haben kann,enn dadurch werden Beiträge ersetzt –, haben wir einehrliche Entlastung um die 40 Milliarden Euro für dieürger und die Unternehmen dieses Landes erreicht.
ür die Personenunternehmen haben wir die Gewerbe-teuer als Kostenfaktor abgeschafft. Für die Körper-chaften haben wir einen einheitlichen und wettbewerbs-ähigen Steuersatz eingeführt.An die CDU/CSU gewandt möchte ich Folgendes sa-en. Herr Merz, den Nachklapp bezüglich der Ausschüt-ungen hätte ich an Ihrer Stelle lieber nicht gebracht.ass es überhaupt Ausschüttungen geben kann, hat mitem System, das wir jetzt haben und das auf meinenorschlag hin eingeführt worden ist, überhaupt nichts zuun. Die Ausschüttungen der Unternehmen, die derörperschaftsteuer unterliegen, resultieren ausschließ-ich aus Ihrem alten Vollanrechnungsverfahren.
as wird mit diesem System beendet. – Da müssen Sieicht den Kopf schütteln; das ist, mit Verlaub, Herrerz, steuerpolitisches Einmaleins. Wir haben eine De-initivbesteuerung. Die Unternehmen zahlen 25 Prozentnd dabei bleibt es; da wird nichts gegengerechnet.In Ihrer Zeit wurden, was überhaupt nicht verständ-ich ist, die im Unternehmen verbleibenden Gewinne
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)Bundesminister Hans Eichelhöher besteuert als ausgeschüttete Gewinne. Das war eintoller Beitrag zur Eigenkapitalbildung! Da wundern Siesich, wenn die Unternehmen in schlechten Zeiten Aus-schüttungen vornehmen, zum einen zur Kurspflege undBilanzkosmetik, zum anderen weil sie dann vom StaatGeld zurückbekommen – nur weil Sie den Unsinn einge-führt haben, im Unternehmen verbleibende Gewinne hö-her zu besteuern als ausgeschüttete Gewinne.Ich bin heilfroh, dass wir das abgeschafft haben.
Denn das, was wir immer vorausgesagt haben, ist einge-treten: Der Europäische Gerichtshof hat entschieden,dass das Vollanrechnungsverfahren europarechtswidrigwar. In meinen Albträumen erlebe ich, dass wir bis zumJahre 1977 Ihr System rückabwickeln müssen. Dann istder Staatshaushalt pleite! Das ist der Sachverhalt, umden es wirklich geht.
Im Übrigen weise ich darauf hin, dass Sie ganz gerneeine noch viel umfangreichere Steuerreform durchge-führt hätten.Meine Damen und Herren, das war unsere Antwort.Nun ist die Frage, wie die Rolle der Finanzpolitik kon-kret aussieht. In den Jahren 2001 bis 2003 – das gilt auchfür das Jahr 2004 – mussten wir die automatischen Stabi-lisatoren im Abschwung wirken lassen. Ich sage aus-drücklich, dass das noch für 2004 gilt. Diese Positionwird vom Sachverständigenrat ausdrücklich gestützt,weil die Konjunktur nachweislich nur auf einem Beinsteht und weil wir nichts tun dürfen, um die Binnennach-frage zu schwächen. Sie muss erst noch richtig in Gangkommen.Zu Ihrer Klage in Karlsruhe zum Haushalt 2004 sageich Ihnen in aller Ruhe: Wir haben beim Haushalt 2004gemäß Art. 115 des Grundgesetzes gehandelt, indem wir„zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichenGleichgewichts“ einen Wachstumsimpuls gesetzt haben.Zu diesem Zweck haben wir die Steuerreform vorgezo-gen. Sie haben dabei – wenn auch nur unzureichend –mitgemacht. Auch beim Subventionsabbau haben Sienur unzureichend mitgemacht. Die Folgen werden wirdieses Jahr und die folgenden Jahre noch zu spüren be-kommen.Sie haben die Beschlüsse zur vorgezogenen Steuerre-form im Bundestag und im Bundesrat mitgetragen. EineReihe von Ländern hat daraufhin, genauso wie der Bund,die Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichtserklärt und ist entsprechend vorgegangen. Auch Sie wa-ren an diesen Beschlüssen beteiligt. Klagen Sie ruhig inKarlsruhe gegen das, was Sie in diesem Hause mit be-schlossen haben! Ich bin außerordentlich gespannt.
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ie Voraussetzung für das Vorziehen war, dass wir mehrredite aufnehmen, um eine Störung des gesamtwirt-chaftlichen Gleichgewichts abzuwehren.Ihre Bemerkung zu diesem Punkt war unter Ihrem in-ellektuellen Niveau, Herr Merz. Denn als wir im Jahre003 aus der Rezession heraus wollten, haben wir mitnserer Politik das Ziel erreicht, wirtschaftliches Wachs-um zu bekommen, indem wir gemäß Art. 115 Grundge-etz gehandelt haben.
Ich will noch ein paar wenige Bemerkungen zumaushalt 2005 machen.
Ich habe die ganze Zeit über den Haushalt geredet,err Austermann.
eine Ausführungen haben Ihnen nicht gefallen. Aberas ist völlig in Ordnung.
Die Risiken, mit denen wir es zu tun haben, haben einolumen in Höhe von 8 Milliarden Euro. Diese setzenich zusammen aus Mindereinnahmen in Höhe von,5 Milliarden Euro, im Wesentlichen bei der Tabak-teuer und der Mineralölsteuer, zusätzlichen Zuschüssenn Höhe von 3 Milliarden Euro für den Arbeitsmarkt undinem niedrigeren Bundesbankgewinn. Die Prämissenei der Aufstellung des Haushaltes waren für mich des-alb völlig klar:Erstens. Wir wollen weniger neue Schulden als In-estitionen. Der Art. 115 des Grundgesetzes wird genauingehalten. Wir setzen alles daran – wir werden es auchchaffen –, im nächsten Jahr unter die 3-Prozent-Grenzeu kommen. Ich empfehle, nachzulesen, was der Sach-erständigenrat zu unseren entsprechenden Maßnahmenagt.Zweitens. Der Haushalt muss konjunkturverträglichein. Damit sind Steuererhöhungen ausgeschlossen.uch dazu hat der Sachverständigenrat eine eindeutigealtung.Drittens. Die Maßnahmen müssen unabhängig voner Zustimmung des Bundesrates sein.Das sind die Bedingungen, die bei der Aufstellunges Haushaltes zu beachten sind. Deshalb sind wir zu derösung gekommen, die Sie kennen: Forderungsver-ußerungen bei der Postunterstützungskasse bringen
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Bundesminister Hans Eichel5,5 Milliarden Euro. Die globale Minderausgabe wirdum 1 Milliarde Euro aufgestockt und auf die Häuser um-gelegt. Einnahmen aus Privatisierungserlösen in Höhevon 1,5 Milliarden Euro, die in diesem Jahr nicht benö-tigt werden, weil die Steuereinnahmen besser fließen alsveranschlagt, werden für das nächste Jahr eingestellt.Sie können nachlesen, wie der Sachverständigenratdiese Maßnahmen beurteilt. Der Sachverständigenrat istder Meinung, dass angesichts der Blockade im Bundes-rat die Bundesregierung zu einmalig wirkenden Maß-nahmen greifen muss. Diese sind im Übrigen konjunk-turverträglich.Um es ganz klar zu sagen: Dieser Haushalt ist nichtdas, was ich mir vorgestellt habe. Aber es ist das, wasangesichts der Tatsache, wie sich der Bundesrat unter Ih-rer strategischen Anleitung verhält, möglich ist.
Wohin das in der Vergangenheit geführt hat, haben Sieselber sehen können.Dass Sie nichts zu bieten haben, haben die Haushalts-beratungen gezeigt.
Der Vorschlag von Herrn Stoiber – das habe ich gleicham Anfang gesagt – kommt nie wieder auf den Tisch. Erwollte eine Kürzung von 5 Prozent über alles, auch beiden Zinsausgaben.
Dass Sie die Zinsausgaben kürzen wollen, halte ich fürein starkes Stück.
– Ich komme noch darauf zurück, Herr Koppelin. Ichkann nicht auf jeden einzelnen Antrag eingehen. – Siewollen die Zinsausgaben kürzen, obwohl Sie die ganzeZeit von uns verlangen – da haben Sie Recht –, wir sol-len die Ausgaben abhängig vom Bedarf veranschlagen.Die Finanzagentur sagt mir, dass die Wahrscheinlichkeit85 Prozent beträgt, dass die von Ihnen veranschlagtenZinsausgaben nicht reichen werden. Trotzdem nennenSie das einen Einsparvorschlag. Das macht doch über-haupt keinen Sinn.
Von den Kürzungsvorschlägen der CDU/CSU inHöhe von insgesamt 8 Milliarden Euro sollen 4 Milliar-den Euro zulasten der Arbeitslosenhilfe, der Zuschüssean die Bundesagentur für Arbeit und der Steinkohle ge-hen. Bei der Steinkohle wickeln wir den Vertrag ab, denSie geschlossen haben. Den haben wir im Übrigen sogarnoch ein bisschen ausgerungen.
So sieht die Situation im Jahre 2005 aus.ksDnw––bgWiwttehnHMbvzSdwWsEIx72DrjaDHf
ie Absprache lautet, dass von jetzt 28 Millionen Ton-en im Jahre 2012 noch 16 Millionen Tonnen geförderterden.
Ja natürlich werden noch Subventionen benötigt.
Die gehen doch nicht hoch, sondern runter. – Der Ab-au erfolgt so, dass keine betriebsbedingten Kündigun-en ausgesprochen werden.
enn Sie mehr wollen, müssen Sie das sagen. Dazu sagech als Finanzminister: Betriebsbedingte Kündigungenill ich nicht.
Bei der Arbeitslosenhilfe nehmen Sie eine klare Un-erveranschlagung vor. Das hätte zur Folge, dass wir hin-erher eine überplanmäßige Ausgabe in den Haushaltinstellen müssten. Das dürften wir nicht, weil wir vor-er von der Unterveranschlagung gewusst haben. Sieehmen einfach Kürzungen vor und treiben damit denaushalt in die Rechtswidrigkeit.
it solchen Positionen können Sie in Karlsruhe wunder-ar klagen!Die flexibilisierten Ausgaben – das muss ich nochortragen – sollen nach Meinung der FDP um 12 Pro-ent und der CDU/CSU um 10 Prozent gekürzt werden.ie meinen immer, die Bürger kennen sich nicht aus undenken, das alles müsse doch funktionieren. Wissen Sie,as das heißt? Das bedeutet, dass die Mittel für denehretat um 700 Millionen Euro gekürzt werden müs-en. Ihre Sprecher haben mir vorgeworfen, dass ich dentat um 248 Millionen Euro kürze. Sie aber versteckenhre Kürzungen hinter der Überschrift „Kürzung der fle-ibilisierten Ausgaben“ und wollen die Mittel um00 Millionen Euro kürzen. Das müssen Sie erklären!
Die Mittel für die innere Sicherheit wollen Sie um60 Millionen Euro kürzen. Wissen Sie, was das heißt?as bedeutet, dass 5 200 Stellen wegfallen. Das geht üb-igens überhaupt nicht; das ist gar nicht zu machen. Solletzt der Kollege Innenminister beim BGS 5 200 Leutebbauen? Ist das Ihre Priorität in der inneren Sicherheit?as ist jedenfalls Inhalt Ihres Änderungsantrages zumaushaltsgesetz. Das sollten Sie sich einmal vor Augenühren.
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Bundesminister Hans EichelEine Kleinigkeit am Rande – denn Sie wollen ja nachKarlsruhe gehen –: Ein Senat würde dort komplett ge-strichen.
Da müssen Sie dann lange warten.Ein Zitat des Sachverständigenrates:Angesichts dieser Dilemmasituation – der Abbauvon Steuervergünstigungen ist nur mit Zustimmungdes Bundesrates möglich, die jedoch in vielen Be-reichen nicht absehbar ist; Steuersatzerhöhungensollten in der gegenwärtigen Situation vermiedenwerden – werden von der Bundesregierung unge-wöhnliche Maßnahmen in Erwägung gezogen,
um einerseits die Kreditaufnahme zu reduzieren,aber andererseits die konjunkturelle Erholung nichtzu ersticken.Dann werden die Maßnahmen im Einzelnen aufgezählt.Das ist die Situation. Deswegen sage ich ganz zumSchluss und in aller Ruhe: Wir haben alle Strukturrefor-men, die wir auf den Weg bringen konnten, auf den Weggebracht.
Das ist die langfristige Konsolidierung. Wir haben alleHaushaltskonsolidierungen, die wir machen konnten, aufden Weg gebracht,
soweit wir diese allein beschließen konnten. Wir habenmit einem neuen Innovationsschub dafür gesorgt, dasswir wirklich vorankommen.Ich will heute gar nicht besonders über die Eigen-heimzulage sprechen. Sie müssen den Menschen erklä-ren, warum Sie mit der größten Subvention, die wir imSteuerrecht haben, weiterhin Mittel in einen Markt flie-ßen lassen wollen, der übersättigt ist. Sehen Sie sich diePISA-Studie an! Wer will verantworten, dass nicht ge-nug Geld da ist, um unsere Kinder richtig unterrichten zukönnen?
Mit Ihrer Blockadepolitik bringen Sie nicht nur denBund in eine schwierige Lage. Wir kommen da heraus– da gibt es kein Herumreden –, auch wenn es schwierigist. Aber Sie haben auch die von Ihnen regierten Länderhaushaltsmäßig vor die Wand gefahren. Frau Merkel,können Sie es denn verantworten, dass Sie von Ihren Mi-nisterpräsidenten erwarten, dass sie ihre Länderhaus-halte vor die Wand fahren, damit Ihre Strategie aufgeht?Das kann doch nicht der richtige Weg sein.DWogiRrd–ntEdeWaWjw8hl1ltAWBb
as wird nicht gut gehen; das sage ich Ihnen.Wir sind auf dem richtigen Wege.
ir gehen mit Strukturreformen und einer Innovations-ffensive voran. Herr Merz, es war ganz falsch, dass Sieesagt haben, wir würden Jahr für Jahr weniger Erfolgem Ausland haben. Der Sachverständigenrat stellt seineneport unter die Überschrift „Erfolge im Ausland – He-ausforderungen im Inland“. Wir werden doch überall iner Welt für unsere Erfolge beneidet.
Am Wochenende – Sie hätten sich ja informieren kön-en – waren die Finanzminister und Notenbankpräsiden-en der 20 wirtschaftlich bedeutendsten Länder dieserrde,
ie über 93 Prozent des Bruttosozialprodukts der Weltrwirtschaften, hier versammelt. Es gibt zurzeit keineirtschaft, die im Weltmaßstab wettbewerbsfähiger istls unsere. Das ist der schlichte Sachverhalt.
ir haben ein Nachfrageproblem im Inland. Ich kann esa nicht ändern,
enn Sie noch nicht einmal zur Kenntnis nehmen, dass0 Millionen Deutsche einen größeren Anteil am Welt-andel haben als 280 Millionen Amerikaner, als 130 Mil-ionen Japaner, als – das wird nicht immer so bleiben –,3 Milliarden Chinesen. Das ist nun wirklich eine abso-ute Spitzenleistung.
Deswegen: Hören Sie auf – Vertreter der Wirtschaftun das auch nicht mehr; lesen Sie einmal, was Herrckermann dazu gesagt hat –, dieses Land kleinzureden.ir sind ein starkes Land. Wenn dann auch noch dielockade im Bundesrat verschwindet, können wir auchei den Finanzen zu einer besseren Lage kommen.Dazu fordere ich Sie auf.
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Das Wort hat jetzt der Kollege Professor Andreas
Pinkwart von der FDP-Fraktion.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrtenDamen und Herren! Sehr geehrter Herr Bundesfinanzmi-nister! Wenn Sie hier abschließend ausgeführt haben,dass sich die deutsche Wirtschaft im Weltmaßstab be-hauptet, dann sage ich: Das ist nicht darauf zurückzufüh-ren, dass Sie eine angemessene Politik machen, sondernes ist darauf zurückzuführen, dass es in diesem Landfleißige Menschen und Unternehmer gibt, die sich trotzder widrigen Rahmenbedingungen jeden Tag neu an-strengen, sodass sich dieses Land im Wettbewerb nochbehaupten kann.
In diesem Jahr steigt die Neuverschuldung auf eineRekordhöhe von 43,5 Milliarden Euro. Im Haushalt 2005klafft eine Lücke zwischen laufenden Ausgaben und lau-fenden Einnahmen in Höhe von 45 Milliarden Euro.Hierzu kann man mit den Worten des Präsidenten desBundesrechnungshofes nur feststellen: Das verschlägteinem den Atem.
Trotz eines angenommenen Wachstums von 1,8 Pro-zent in diesem Jahr treibt Deutschland unter Rot-Grünvon Rekordverschuldung zu Rekordverschuldung, vonVerfassungsbruch zu Verfassungsbruch.
Statt auf die Mahnung des Bundesrechnungshofes zu hö-ren und konkrete Sparvorschläge hier in die Debatte ein-zubringen, suchen Sie den Ausweg in immer windigerenFinanztricks. Gleichzeitig kritisieren Sie den Überbrin-ger der schlechten Nachricht, nur weil er als Sozialde-mokrat in aller Deutlichkeit nichts anderes gesagt hat alsdie Wahrheit.
Um Ihre von Haushalt zu Haushalt wachsenden Pro-bleme dann irgendwie noch mit nationalem und interna-tionalem Recht in Einklang zu bringen, Herr Eichel, be-helligen Sie Parlament und Öffentlichkeit Woche fürWoche mit immer neuen Finanztricks, mit denen Sie IhreLöcher stopfen wollen. Wenn die Situation nicht so bit-ter ernst wäre, könnte man auch sagen: Sie, Herr Eichel,befinden sich auf einer ständigen Entdeckungsreise undavancieren zu einer Art Kolumbus der Haushalts- undFinanzpolitik.
Wenn Sie einen Etat aufstellen, wissen Sie nicht, wo eshingehen soll. Wenn Sie den Haushalt vollziehen, wissenSie nicht, wo er sich gerade befindet. Wenn Sie den Ab-sdsSaefLHaBsUsdvdSSZtvatsvgtnseddSskEzhBtdWbcwH
Statt die Probleme des Bundeshaushalts konsequentnzugehen, versuchen Sie – das haben Sie heute Morgenrneut in Ihrer langen Rede sehr eindrucksvoll vorge-ührt –, den Finger auf die anderen, vorzugsweise auf dieänder, zu richten, Stichwort: Subventionsabbau. Dies,err Eichel, ist aber nur dann glaubwürdig, wenn Sieuch konsequent dort, wo Sie allein zuständig sind, inezug auf den Abbau der Finanzhilfen tätig werden.Sie bewegen sich in Wahrheit aber in einem Wider-pruch. Auf der einen Seite sagen Sie, das sei in demmfang nicht möglich, weil Sie die natürlichen Stabili-atoren wirken lassen wollen. Auf der anderen Seite for-ern Sie aber weitere Kürzungen von steuerlichen Sub-entionen ein und rufen den Bundesrat auf, Ihnen anieser Stelle entgegenzukommen. Gleichzeitig tun Sie inonntagsreden, aber auch heute Morgen so, als hättenie mit Ihrer Steuerreform die größte Entlastung allereiten durchgesetzt. Da Sie den Bürgern jedoch auf kal-em Wege das wieder wegnehmen wollen, was Sie ihnenorher versprochen haben, begehen Sie nichts anderesls plumpe Wählertäuschung, Herr Eichel.An dieser Wählertäuschung will sich selbst Ihr Minis-erpräsident Steinbrück in Nordrhein-Westfalen offen-ichtlich nicht beteiligen. Er erklärte mit Blick auf dieon Ihnen eingeforderte Kürzung von Steuervergünsti-ungen vor wenigen Tagen in einem Interview – ich zi-iere –: „Vor dem Hintergrund der Zumutungen bin ichicht bereit, an die Sonn-, Feiertags- und Nachtzu-chläge heranzugehen.“Damit wird deutlich, Herr Eichel: Eine radikale Steu-rvereinfachung, die auch der Sachverständigenrat undie Forschungsinstitute dringend für Deutschland einfor-ern, wird es nicht geben, indem man einfach nur dieteuerzahler zusätzlich belastet. Sie wird nur möglichein, wenn man auch bereit ist, die Tarife weiter zu sen-en.
Wer das nicht will, sondern so vorgeht wie Sie, Herrichel, betreibt die gleiche Politik wie Frau Simonis, dieum Stopfen der Haushaltslöcher die Mehrwertsteuer er-öhen will. Der betreibt die gleiche Politik wie Herrütikofer, der die Erbschaftsteuer erhöhen will. Der be-reibt die gleiche Politik wie Frau Roth von den Grünen,ie angesichts von fast 5 Millionen Arbeitslosen iminter den grandiosen Vorschlag vorgetragen hat, ar-eits- und energieintensive Betriebe jetzt mit zusätzli-hen Steuern belasten zu wollen.
Wohin diese Steuererhöhungspolitik führt, sehenir an den beiden heute zu beratenden Haushaltsplänen.öhere Mineralöl- und Tabaksteuern führen eben nicht
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Dr. Andreas Pinkwartzu zusätzlichen Steuereinnahmen und zu mehr Wachs-tum, sondern bewirken genau das Gegenteil.Nun möchte ich zwei Bemerkungen zu Ihrer besonde-ren Ausgabendisziplin machen, Herr Eichel. Sie weisenzum einen darauf hin – auch die Kollegin Hajduk hat dasin einer Pressekonferenz getan –, dass die Ausgaben desHaushalts im Vergleich zu 1998 bislang noch nicht sostark angestiegen seien. Sie verheimlichen der deutschenÖffentlichkeit aber, dass Ihnen das beim Haushalt 2005nur durch einen Finanztrick gelungen ist. Denn nurdurch ein Tauschgeschäft bezüglich der Pensionsver-pflichtungen von Post und Telekom gelingt es Ihnen, dieAusgaben des Haushalts für dieses und das folgende Jahrum 5,45 Milliarden Euro zu senken, um die Ausgabendes Bundes nach der Bundestagswahl, ab 2007, mit Zinsund Tilgung um 7 Milliarden Euro pro Jahr zu erhöhen.Nur mit diesem Finanztrick können Sie Ihre Ausgaben-entwicklung schönen.
Bei den Etatberatungen geht es natürlich auch um diepersönliche Glaubwürdigkeit im eigenen Ressort.
Bei der Betrachtung Ihres Haushalts fällt auf, dass dieAusgaben für die Öffentlichkeitsarbeit gerade in IhremRessort im Vergleich zu den Ausgaben der Vorgängerre-gierung um sage und schreibe 100 Prozent gestiegensind. Natürlich ist klar, dass sich eine schlechte Politiknur schwer verkaufen lässt.
– Die Freunde sitzen hoffentlich auch bei Ihnen unterden kritischen Haushältern. – Umgekehrt gilt aber auch:Selbst durch eine noch so teure Werbung wird eineschlechte Politik nicht besser. Herr Eichel, betreiben SieIhre Politik ordentlich, dann können Sie auch bei der Öf-fentlichkeitsarbeit Kosten sparen.
Angesichts der Rekordneuverschuldung, die einhistorisches Ausmaß erreicht hat, sage ich ein Wort zuden Grünen: Der Haushalt 2005 und der Nachtrags-haushalt 2004 sind aus meiner Sicht Dokumente, die be-legen, dass Sie sich von Ihrer ehemaligen Leitidee derNachhaltigkeit längst verabschiedet haben.
Das Einzige, was im Haushalt zumindest noch das Label„Nachhaltigkeit“ trägt, ist ein Projekt von Frau Künast:Sie will im kommenden Jahr Steuergelder in Höhe vonmehr als 1 Million Euro für einen bundesweiten „Ak-tionstag Nachhaltiges Waschen“ ausgeben.
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Wir werden uns an dieser verantwortungslosen Politikicht beteiligen. Deshalb lehnen wir den Haushalt 2005b. Aus unserer Sicht muss alles getan werden, um dieinanzen endlich wieder auf eine tragfähige Grundlageu stellen. Hierzu setzen wir auf die Doppelstrategie desonsolidierens und des Reformierens. Zur Konsolidie-ung des Haushalts 2005 haben wir das „Liberale Spar-uch“ erarbeitet. Darin sind 400 konkrete Sparvor-chläge mit einem Einsparvolumen von insgesamt2,5 Milliarden Euro enthalten, durch deren Umsetzunger Bundeshaushalt auf eine verfassungsgemäße und so-ide Grundlage gestellt werden kann.
Darüber hinaus liegen Ihnen vielfältige Anträge undnitiativen zur Verbesserung der gesamtwirtschaftli-hen Lage in Deutschland vor, die wir in den Bundestagingebracht haben.Mit der Doppelstrategie des Konsolidierens auf derinen Seite und des Reformierens in den Bereichen Steu-rn, Sozialversicherung und Arbeitsmarkt auf der ande-en Seite wird es gelingen, Deutschland wieder auf einenachstumspfad zu führen, der dringend erforderlich ist,m die strukturellen Probleme unseres Landes, die auchurch Ihre Politik verursacht worden sind, zu lösen.
Frau Scheel, Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegenm Haushaltsausschuss haben es noch nicht einmal fertigebracht, Kürzungsvorschlägen zu einzelnen Sachausga-en in Höhe von 1 000 Euro, die auch in unserem „Libe-alen Sparbuch“ enthalten sind, zuzustimmen. Hier warhre Sparbereitschaft gleich null. Das ist Ihre Sparpoli-k.
Als Begründung für den Nachtragshaushalt 2004 füh-en Sie zum vierten Mal in Folge eine schwere Störunges gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts an.
Herr Kollege, Sie sollten an dieser Stelle lieber zuhö-en, denn Sie wollen diesen Nachtragshaushalt ja be-chließen. – Hierzu ist Folgendes festzustellen:Erstens ist es angesichts eines Wachstums von,8 Prozent mehr als fraglich, ob überhaupt eine gravie-ende Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichge-ichts vorliegt.
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Dr. Andreas PinkwartZweitens enthält der Nachtragshaushalt 2004, der erstjetzt, kurz vor Jahresende, von Ihnen vorgelegt wird undseine Wirkung erst nach seiner Verabschiedung entfaltenkann, keinerlei Maßnahmen, um eine etwaige gravie-rende Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichge-wichts tatsächlich wirksam abwenden zu können.Daher sind wir im Einklang mit den relevanten Insti-tutionen wie der Deutschen Bundesbank und dem Sach-verständigenrat der Auffassung, dass das Ziel, in der ge-genwärtigen wirtschaftlichen Lage unseres Landes mehrWachstum und Beschäftigung zu schaffen, nicht durchmehr Schulden, sondern nur durch eine mutige und kon-sequente Konsolidierung sowie die entsprechenden Re-formen zur Stärkung unseres Standortes erreicht werdenkann.
Vor diesem Hintergrund liegt nach unserer festenÜberzeugung ein klarer Verstoß gegen Art. 115 desGrundgesetzes vor,
da die Neuverschuldung im Nachtragshaushalt annä-hernd doppelt so hoch ist wie die Investitionsausgaben.Zudem haben Sie im Haushalt 2004 bewusst falscheZahlen angeführt.
Hier liegt ein eindeutiger Verstoß gegen die Grundsätzeder Haushaltswahrheit und -klarheit sowie der Vorherig-keit vor.
Es handelt sich dabei um eine schwerwiegende Verlet-zung des Grundgesetzes, gegen die wir Parlamentarieruns nur noch schützen können, indem wir gegen dasHaushaltsgesetz 2004 und den Nachtragshaushalt 2005vor das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ziehen.
Dieser Schritt fällt uns nicht leicht. Angesichts desfortgesetzten und aus unserer Sicht organisierten Verfas-sungsbruchs durch diese Regierung ist dies allerdingsunsere einzige Möglichkeit, sozusagen unser letztes Mit-tel, um weiteren Schaden von unserem Land abzuwen-den.Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Das Wort hat jetzt die Kollegin Anja Hajduk vom
Bündnis 90/Die Grünen.
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ie haben hier einen Antrag vorgelegt – und Herr Merzat sich einigermaßen Zeit genommen, ihn zu begrün-en –, in dem Sie Gründe aufführen, den Investitionsbe-riff einzugrenzen. Sie beantragen, die Erlöse aus denermögensverwertungen von den Investitionen abzuzie-en. Wenn wir das auf diesen Haushalt anwenden wür-en, dann kämen wir in der Tat zu einem Investitionsvo-umen im einstelligen Milliarden-Euro-Bereich. Sieönnten sagen: Das ist ein Beleg dafür, wie schlecht daserhältnis zwischen Investitionen und notwendigen Pri-atisierungen ist. So weit gehe ich ja noch mit. Aberenn Sie diesen Antrag in der schwierigen Haushalts-age, in der wir sind, ernst meinen, dann ergreifen Sieine Bundesratsinitiative! Ich sage Ihnen: Ihre Länder-hefs werden die Initiative wegfegen wie den Bierdeckelon Herrn Merz. Was Sie hier bieten, ist lächerlich.
Ich will noch einmal auf den Haushalt 2005 und seineedingungen eingehen. Herr Pinkwart, Sie haben geradeesagt, wir würden bei der Ausgabenanalyse nicht red-ich vorgehen, insbesondere weil wir jetzt noch eine Ab-enkung von den 258 Milliarden Euro auf 254 Milliar-en Euro vorgenommen haben.
assen wir diesen Zeitpunkt einmal beiseite. Betrachtenir den Zeitraum von 1999 bis 2004. Dort gab es nurine moderate Ausgabenerhöhung, in den letzten Jahrenogar eine Absenkung. Wenn wir dann noch die Zahlenm die durch den zusätzlichen Rentenzuschuss und dieurch die Anrechnung von Kindererziehungszeiten – et-as, bei dem Sie uns, wie ich glaube, nicht widerspre-hen – entstandenen Kosten von rund 29 Milliardenuro bereinigen, sinken die Ausgaben vom Jahr 1999 bisum Jahr 2004 von 224 Milliarden Euro auf 218 Milliar-en Euro; dabei haben wir über die Inflation noch garicht gesprochen. Ich sage das, um deutlich zu machen:ir sind, was die Ausgabenseite angeht – das könnenie angesichts dieser Tatsachen nicht leugnen –, sehrparsam und restriktiv in den Etats.
ir haben schon bei der Aufstellung dieses Haushaltes,3 Milliarden Euro zusätzlich eingespart, weitere,2 Milliarden kamen während der Beratungen hinzu;as sind insgesamt über 5 Milliarden Euro. Wir kündi-en ferner an: Auch im öffentlichen Dienst wird weiterespart werden.Ich will Ihnen noch etwas vor Augen führen: Betrach-en wir den öffentlichen Haushalt einmal hinsichtlich des
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Anja HajdukRentenzuschusses. Der Rentenzuschuss ist von 1992bis 2003 von 31 Milliarden Euro auf 77 Milliarden Eurogestiegen. Er ist also um 150 Prozent gestiegen! DieAusgaben sind von 1992 bis 2003 nur um 18 Prozent ge-stiegen: von 218 Milliarden Euro auf 257 Milliar-den Euro. Die Steuereinnahmen hingegen sind in dieserZeit nur um 7 Prozent gestiegen: von 180 Milliar-den Euro auf 192 Milliarden Euro.Wenn Sie wirklich nachhaltig sein wollen – Sie habenuns Grünen ja gerade vorgeworfen, wir ließen uns nichtvon dem Prinzip der Nachhaltigkeit leiten, was ich deut-lich zurückweise –,
dann versuchen Sie einmal, auf lange Sicht zu sehen.Wenn Sie auf lange Sicht schauen, dann sehen Sie, wiewichtig es ist, die Finanzierung der Alterssicherungssys-teme ehrlich abzusichern. Ich sage Ihnen hier auch ganzdeutlich: Es ist Augenwischerei und billige Polemik,wenn die CDU klagt, dass die Renten im nächsten Jahrnicht steigen. Dass wir den Nachhaltigkeitsfaktor einge-führt und den Menschen Opfer abverlangt haben, daswar richtig und ehrlich.
Wir müssen die Ausgabenentwicklung bei den Rentenernst nehmen und restriktiv damit umgehen. Ich willgerne zugeben, dass wir mit dem jetzigen Haushalt nichtunbedingt glücklich und zufrieden sind und dass diePrivatisierungserlöse von 17 Milliarden Euro so hochsind, um der Verfassung zu entsprechen. Das wird nichtgeleugnet. Es ist keine nachhaltige Perspektive,
wenn man Privatisierungen in diesem Umfang benötigt.Deswegen wird die Lösung des Haushaltsproblems inStrukturreformen liegen. Darauf komme ich noch zu-rück.Ich möchte Ihren Blick aber auch auf die Einnahme-seite lenken. Die Entwicklung der Steuereinnahmen inden letzten sechs Jahren ist von Stagnation gekennzeich-net. Das ist ein Problem. Ich möchte Ihnen vortragen,was der Finanzsenator der Freien und Hansestadt Ham-burg, Peiner, CDU, bei der Einbringung desDoppelhaushalts 2005/2006 gesagt hat:Die Steuerquote ist mit 20,3 % auf einem historischniedrigen Stand angekommen. In Europa wirdDeutschland dabei nur noch von der Slowakei un-terboten! Dauerhaft benötigt der Staat aber Steuer-einnahmen von etwa 22–23 % am Bruttoinlands-produkt, um die Bereitstellung der notwendigenöffentlichen Güter finanzieren zu können.
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ir sind bereit, auch Tarife zu senken, und handeln seitinigen Jahren entsprechend. Sie haben das nicht ge-chafft.
ährend Sie regiert haben, lag der Spitzensteuersatz beiber 50 Prozent. Jetzt regieren wir und wir haben deningangs- und den Spitzensteuersatz gesenkt. In derpposition sagen Sie nun, Sie würden den Spitzensteu-rsatz noch doller senken. Das ist doch wirklich nichteriös.
Wenn Sie schon den Grünen und der SPD nichtauen, dann sollten Sie zumindest die Mahnungen desachverständigenrats und des Chefs der Deutschen Bun-esbank ernst nehmen, die sie uns vorgetragen haben.ch habe sie so verstanden: Streiten Sie sich ruhig umine bestimmte Tarifhöhe und darum, wie tief man denpitzensteuersatz angeblich senken muss, zum Beispielm das eigene Profil zu wahren. Um jetzt Steuern zuenken und das Steuersystem zu vereinfachen, gibt es, soie Experten in ihrem Rat an uns, die Möglichkeit – undigentlich die Verpflichtung – eines wirklichen Steuer-ubventionsabbaus. Jetzt ist dafür der richtige Zeit-unkt. Herr Eichel hat zu Recht gesagt, dass man Ihnenen Vorwurf nicht ersparen kann, dass durch die von Ih-en verursachte Blockade beim Steuersubventionsabbauine Lücke von über 17 Milliarden Euro für die öffentli-hen Haushalte geblieben ist. Jetzt ist der richtige Zeit-unkt für den Steuersubventionsabbau. Wir können dasinkommensteuersystem letztlich leider nur mit Ihrerilfe vereinfachen.Aufgrund dieser Blockadelücke und trotz Ihrerchlichten Polemik – linke Tasche, rechte Tasche und alliese Dinge – möchte ich Ihnen eines noch einmal erklä-en, Herr Pinkwart.
Sie sind schlicht? Hoffentlich sind Sie nicht auchchlecht. – Sie müssen Mut zum Subventionsabbau ha-en, weil das Voraussetzung dafür ist, dass das Steuer-ystem einfacher wird.
abei sind für bestimmte Gruppen keine Ausnahmenöglich bzw. gerecht.
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Anja HajdukIch will Ihnen auch noch einmal deutlich machen,dass ich es wirklich billig finde und zurückweise, mitwelchem moralischen Anspruch Herr Merz hier aufge-treten ist und uns vorgeworfen hat, wir machten das allesauf Kosten unserer Kinder.
Dabei haben Sie es zu verantworten, dass wir in den öf-fentlichen Haushalten seit zwei Jahren eine Blockadelü-cke von über 17 Milliarden Euro zu verkraften haben.
Es ist wirklich billig, sich hier so aufzustellen, zumalHerr Merz in Ihrer Fraktion vehement für einen ähnli-chen Subventionsabbau gekämpft hat. Von daher ist dasheute vielleicht wirklich ein Abschied von richtigenIdeen. Aus diesem Grunde betrachte ich die Tatsache,dass er seine Verantwortung abgegeben hat, mit einemlachenden und einem weinenden Auge.Ich will auf Ihre Alternativen eingehen. Wenn wirbei der Berechnung des Bundeshaushaltes die Blockade-lücke von 17 Milliarden Euro berücksichtigen, dannwäre – so könnte man sagen – für den Bund möglicher-weise ein hoher einstelliger Milliardenbetrag von min-destens 8 Milliarden Euro herausgekommen. Das ist un-gefähr die Lücke – ich glaube, es waren7,5 Milliarden Euro –, die die CDU/CSU mit ihren An-trägen stopfen will.
Auf das dicke Sparbuch der FDP komme ich gleichnoch. Zuerst aber zur CDU/CSU: Sie will etwa8 Milliarden Euro einsparen, indem 2,5 Milliarden Euroim Bereich des Arbeitsmarktes, also bei der Arbeitslo-senhilfe und der Bundesagentur für Arbeit, gestrichenwerden sollen.
Der Hauptvorwurf an die rot-grüne Regierung ist: Ihrunterveranschlagt den Arbeitsmarktbereich. Das ist allesunseriös. Wir zerren euch vor das Bundesverfassungsge-richt. – Auch Herr Pinkwart hat gerade gefordert, dieKosten für den Arbeitsmarkt zu senken, und das dickeSparbuch vorgezeigt. Mit seinen Vorschlägen sollen850 Millionen Euro eingespart werden. 1 Milliarde Eurosoll im Gesundheitsbereich gestrichen werden, was sichdann allerdings bei den Beitragssätzen negativ auswir-ken würde. – Das ist doch lächerlich und widersprüch-lich.
Wenn wir zu den Kürzungen von 2,5 Milliarden Euroim Arbeitsmarktbereich noch die Subventionen für dieKohle hinzurechnen – diese können Sie aber nicht ein-fach auf null setzen –, wenn dazu noch die hochriskanteund verantwortungslose Absenkung der Zinsen kommt– auch das haben Sie vorgeschlagen –, dann bleiben vonIlEu1gtrwdluisdddBsWmefsÜdHsEcs
Sie werden auch keinen Erfolg mit Ihrer Klage vorem Bundesverfassungsgericht haben. Herr Pinkwart,ie schwerwiegenden Unterveranschlagungen in Ihremicken Buch machen Sie unglaubwürdig.
estimmt sind einzelne Ihrer Anträge gar nicht sochlecht. Aber wir haben eigene Alternativen vorgelegt.
ir haben – das habe ich schon vorhin deutlich ge-acht – in diesem Haushalt mehrere Milliarden Euroingespart.
Frau Kollegin Hajduk, erlauben Sie eine Zwischen-
rage des Kollegen Koppelin?
Selbstverständlich.
Bitte schön, Herr Koppelin.
Vielen Dank. – Ich möchte gerne ein konkretes Bei-
piel aus unseren Anträgen vorstellen.
Es gibt bestimmt mehrere gute Vorschläge.
Es geht natürlich um ein Ministerium der Grünen.brigens hat mich gewundert, dass kein Bundesministerer Grünen auf der Regierungsbank gesessen hat, alserr Eichel gesprochen hat. Aber darüber möge manich in der Koalition unterhalten.Wir haben den Antrag gestellt, 20 Millionen Euro iminzelplan 10 – das ist der von Frau Künast – zu strei-hen, weil der Bundesrechnungshof auf meine Veranlas-ung hin – das gebe ich gerne zu – festgestellt hat, dass
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Jürgen Koppelinim Titel Ökologischer Landbau nur Mittel für Öffent-lichkeitsarbeit stehen. Wenn dafür Mittel zur Verfügunggestellt werden sollen, dann gehören sie in den Titel Öf-fentlichkeitsarbeit. Unseren Vorschlag auf Streichunghat die Koalition aber abgelehnt.Sind Sie der Auffassung, dass Frau Künast in einemJahr 20 Millionen Euro für Öffentlichkeitsarbeitbraucht? Oder warum waren Sie nicht bereit, unserenVorschlag auf Streichung zu unterstützen?
Herr Kollege Koppelin, es ist bekannt, dass wir dievon Ihnen vorgenommene Interpretation nicht teilen.
Man kann sich natürlich darüber streiten, wie man mitdem ökologischen Landbau vorankommen will. IhreFraktion lehnt ihn aus ideologischen Gründen ab. Auchder Rechnungshof kritisiert uns; das ist seine Aufgabe.Aber wir werden dem Rechnungshof nicht in allen Punk-ten folgen. Das verantworte ich auch.Ich halte eine positive Weiterentwicklung des ökolo-gischen Landbaus für wichtig. Sie sehen das anders. Mitdiesen Positionen treten wir bei Wahlen an. Dann wer-den die Wähler entscheiden, ob sie in dieser Frage eheruns oder Ihnen zustimmen. Das ist ganz einfach.
Man muss das, was im Haushalt steht, verantworten.Dieser Haushalt enthält nicht nur Zahlen, sondern auchIdeen und Konzepte. Dabei unterscheiden wir uns; aberdamit habe ich kein Problem.Ich möchte darauf zurückkommen, was wir mit die-sem Haushalt machen und was unsere Perspektiven sind.Ich habe zum Beispiel mit Blick auf die Versorgungsaus-gaben darauf hingewiesen, dass wir Strukturreformenbrauchen. Ich möchte noch einmal deutlich machen:Beim Thema Rente hat die Regierung wichtige Ent-scheidungen getroffen. Sie hat den Nachhaltigkeitsfaktoreingeführt. Trotz der Stagnation in den letzten drei Jah-ren mit einer inzwischen leichten Erholung haben wir esgeschafft, den Rentenbeitragssatz stabil zu halten. Wirhaben durch unsere Rentenreform – um Ihnen, HerrPinkwart, diese Frage zu beantworten – imHaushalt 2005 eine Entlastung in Höhe von 1,5 Milliar-den Euro. Ich weiß, dass Sie von der Opposition bei derBegleitung dieser Reform eher ängstlich sind. Ich be-daure das. Ich möchte darauf hinweisen, dass wir uns un-serer Verantwortung bewusst sind und die Reform mitAugenmaß vornehmen.Wir haben durch die Gesundheitsreform erreicht,dass sich die Einnahmen der Kassen in diesem Jahr we-sentlich erhöht haben.WJZWtrPagdRdblaKeDsrerAwznuwnwgpwgDShhhdHcauMBvsrtebs
ir verbinden damit die Hoffnung, dass im nächstenahr die Beitragssätze gesenkt werden. Es ist ein guteseichen, dass die Kassen ihre Schulden abbauen können.ir hoffen, dass zusätzlich zum Schuldenabbau die Bei-agssätze gesenkt werden können. Das ist ein wichtigerunkt. Sie haben just beantragt, dass wir den Zuschussus dem Haushalt um 1 Milliarde Euro absenken. Ichlaube, das ist die falsche Botschaft für die Entwicklunges Beitragssatzes.Diese Regierung hat sich nicht gescheut, schwierigeeformen auf dem Arbeitsmarkt anzustoßen. Viele re-en von Hartz IV und der Zusammenlegung von Ar-eitslosen- und Sozialhilfe. Diese Zusammenlegung ent-stet den Bund nicht, aber sie entlastet sehr stark dieommunen. Das haben wir gewollt. Sie wird den Bundrst mittelfristig entlasten.
ie rot-grüne Regierung hat sich auch nicht gescheut,chwierige Reformen wie Hartz III zu beschließen, de-en Früchte – ich rede jetzt von finanziellen Früchten –rst 2007 und 2008 geerntet werden, wenn in diesen Jah-en 2,5 Milliarden Euro bzw. 4 Milliarden Euro auf demrbeitsmarkt eingespart werden. Das ist das Ergebnis,enn man die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes aufwölf bzw. 18 Monate senkt. Das ist eine harte Maß-ahme für diejenigen, die betroffen sind, aber wir habenns nicht gescheut, mit Blick auf die langfristige Ent-icklung auch der öffentlichen Haushalte solche Maß-ahmen zu beschließen. Ich möchte darauf hinweisen,eil Sie immer nach der nachhaltigen Perspektive fra-en. Wenn es konkret wird, dann wollen Sie von der Op-osition – in diesem Sommer haben das Ihre Landtags-ahlkämpfer leider deutlich gemacht – nicht dabeiewesen sein. Das muss man sich am Tage einer solchenebatte ganz deutlich machen.
Wir setzen nicht nur auf die Reformen der sozialenicherungssysteme. Wir müssen auch im Bundeshaus-alt eine bessere Perspektive entwickeln und schoneute die Kraft haben, neue Prioritäten zu setzen. Wiraben bei den Beratungen einen besonderen Akzent aufie Entwicklungszusammenarbeit und die humanitärenilfen gelegt. Das wird bei den Einzelplanberatungen si-herlich noch thematisiert werden. Wir haben aber vorllem zum Programm erhoben, die Zukunftsfähigkeitnserer Gesellschaft nicht nur durch eine ökologischeodernisierung, sondern auch durch die Stärkung desildungsbereichs herzustellen.Die Ergebnisse der zweiten PISA-Studie sind jetzteröffentlicht worden. Die Ergebnisse für Deutschlandind so schlecht wie vor einiger Zeit. Wir liegen im unte-en Drittel, wir haben den höchsten Anteil an so genann-n Risikoschülern und die soziale Stellung der Elternestimmt den Bildungserfolg der Kinder in keinem Lando stark wie in Deutschland. Angesichts dieser Tatsache
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Anja Hajdukist es doch richtig, dass die Bundesregierung den Län-dern unter die Arme greift, damit sie Ganztagsschulenschaffen, die bei diesem Hintergrund so wichtig sind.
Sie wissen doch selber: Die Länder stemmen das nichtganz allein. Wenn man eine solche Bildungsreformmacht, dann ist es richtig, dass man die Reform gesamt-staatlich anpackt. Da geht es um Ganztagsschulen, umKinderbetreuung und um bessere Forschungsfinanzie-rung. Diese Bundesregierung hat dafür erhebliche neueMittel zur Verfügung gestellt. Diese Bundesregierungfordert Sie auf, in einem weiteren Schritt eine Subven-tion abzubauen, damit wir mehr Mittel zur Bildungsfi-nanzierung zur Verfügung haben.Was Sie sich leisten, ist geradezu sündhaft angesichtsder Herausforderungen und Veränderungen, die wir imBildungsbereich – das betrifft die gesellschaftlichenChancen der jungen Generation – haben. Sie sagen ein-fach: Wir bleiben stur. – Es ist verwerflich, dass Sie sturbleiben, nur weil Sie glauben, das würde Ihre Chancenbei der Wahl im Jahr 2006 erhöhen. Das ist verantwor-tungslos gegenüber diesem Land und gegenüber denMenschen, die hier leben; das will ich Ihnen ganz deut-lich sagen.
Insofern hoffe ich, dass Sie oder zumindest Ihre Kolle-gen in den Ländern über diese Frage noch einmal nach-denken. Es geht nicht nur um Finanzen, sondern es gehtauch darum, dass wir jetzt neue Prioritäten setzen.Herr Merz nörgelte am Anfang seiner Rede, HerrClement habe angeblich im Kabinett eine Debatte umdie Ausweitung des Investitionsbegriffs begonnen. Daist mir ein kleiner Nachgeschmack geblieben; ich sagtedas schon zu Beginn meiner Rede. Die Frage, ob Bil-dungsausgaben wichtige Investitionen für die Zukunftsind, sollten wir mit Ja beantworten. Ich habe den Ein-druck, dass das bei Ihnen noch nicht richtig angekom-men ist. Bei Ihnen haben Bildungsinvestitionen keineKonjunktur, sondern werden vernachlässigt.
Deshalb ist es wichtig, dass wir dieses Land regieren,auch über 2006 hinaus.
Das Wort hat jetzt der Kollege Dietrich Austermann
von der CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kol-legin Hajduk, Sie haben Ihre Ausführungen mit der Be-szuausbDL–ns–hEWarrweHIb2uhhsnOsastD
Frau Sager, 50 Prozent Abiturienten in Hamburg sindicht der Ausweis für besondere Tüchtigkeit und für be-ondere Qualität.
Gott sei Dank Ole von Beust mit einer Unionsmehr-eit. Deshalb, Frau Kollegin Sager, haben wir auch dortrfahrung mit der Bildungspolitik.
enn man heute in Ländern fragt, was auf Landesebenem meisten über die Fähigkeit, eine Regierung zu füh-en, und über die Bereitschaft der Menschen, eine Regie-ung zu unterstützen, entscheidet, erhält man als Ant-ort: Es ist die Bildungspolitik. Das war unter anderemin Grund dafür, dass Sie persönlich, Frau Sager, inamburg abgewählt worden sind.
ch möchte mit der Frage beginnen: Welche Wirkung ha-en der Nachtragshaushalt für 2004 und der Haushalt für005 mittel- und langfristig für unser Land? Wir habenns in letzter Zeit oft über mögliche Einsparungen unter-alten. Herr Eichel, der ehemalige Finanzminister,
at immer in die Vergangenheit geblickt und hat ver-ucht, Durchschnittszahlen zu ermitteln. Ich vergleicheun einmal zwischen einem Regierungszwerg und demppositionsriesen Friedrich Merz hier am Pult. Durch-chnittlich sind sie beide gleich groß,
ber in der inhaltlichen Aussage gab es schon einen we-entlichen Unterschied bei der Frage, wer wohl die rich-ige Politik vertritt.
er ehemalige Finanzminister – –
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Dietrich Austermann– Ich sage es, damit Sie es wissen, Herr Brinkmann, weilich der Meinung bin, dass man die Dinge nicht einfachgleiten lassen und gar nichts tun kann. Man kann nichtsagen: Ich gucke mir das alles einmal an, warte ab, wiees sich entwickelt, es kommt eine böse Konjunktur aufuns zu, auf einmal bricht das Wachstum weg und auchdie Steuern hauen mir ab. Deswegen sage ich: Er ist ei-gentlich gar nicht mehr im Amt.Der ehemalige Finanzminister hat also gesagt – –
– Ich sage es gern noch einmal: Der ehemalige Finanz-minister hat gesagt, schuld daran seien das fehlendewirtschaftliche Wachstum und das Wegbrechen der Steu-ereinnahmen. Zunächst einmal muss man feststellen,dass wirtschaftliches Wachstum natürlich etwas zu tunhat mit politischer Aktion, mit konkreten Entscheidun-gen der Regierung. Die Rahmenbedingungen werdenvon der Regierung gesetzt.Ich will wiederholen, was Friedrich Merz vorhin ge-sagt hat. Durch die Körperschaftsteuerreform sind überJahre hinweg, bei Bund und Ländern je zu 50 Prozent,etwa 23 Milliarden Euro pro Jahr weggefallen. Das sagtauch etwas über die Situation der Länder. Wenn manheute den Ländern vorwirft, sie machten zum Teil einegenauso schlechte Politik wie der Bund, dann muss maneinfach sehen, dass der Bund sie mit seiner Steuerpolitikin den Strudel gerissen hat.
Ich erinnere an die Steuerbefreiung beim Verkauf vonBeteiligungserlösen. Ich hätte nie gedacht, dass ein ehe-maliger Bundesvorsitzender der Jungsozialisten eineMaßnahme durchsetzt, die zur Folge hat, dass Allianz,Deutsche Bank und viele andere 4 Milliarden Euro Be-teiligungen verkaufen können, ohne 1 Cent Steuern zuzahlen. Dass sich das im Haushalt bemerkbar macht,dürfte sicherlich jeder nachvollziehen.Dass die Leute unter großem Druck in immer größe-rer Zahl in die Schwarzarbeit flüchten, hängt auch da-mit zusammen, dass sie die Steuerpolitik dieser Regie-rung für ungerecht halten. Sie entlohnt die Großen undbelastet die Kleinen. Das ist eindeutig.
Wenn die große Zahl der Schwarzarbeiter in Deutsch-land in regulären Arbeitsverhältnissen beschäftigt wäre,dann gäbe es 6 Millionen zusätzliche Arbeitsplätze. Er-zählen Sie uns also nicht, dass die Regierung nichts fürdie Situation kann, in der sich unser Land befindet!Ich komme zu einem anderen Punkt. Offensichtlichist genug Arbeit vorhanden. Das Beispiel Schwarzarbeitspricht dafür. Die Arbeit wandert aber ab. Dass Betriebeaus Deutschland weggehen, spricht dafür, dass sie zwarArbeit haben, dass sie aber bei den gegenwärtig hohenKosten in Deutschland, für die die Regierung verant-wortlich ist, nicht zu leisten ist.LRwlkPrWsdESsdiDsmtkMKgdIrkhhtkvsKu–WreeudS
Bitte schön.
Bitte schön, Frau Kollegin Hajduk. Sie haben das
ort zu einer Zwischenfrage.
Kollege Austermann, Sie haben gerade auf die Null-unde der Rentner hingewiesen. Ich frage Sie: Halten Sies für falsch, dass es im nächsten Jahr möglicherweiseine Nullrunde gibt, wenn die Beschäftigungssituationnverändert bleibt? Handelt es sich bei dieser Wirkunges Nachhaltigkeitsfaktors nicht um einen Punkt, denie mitvertreten wollen?
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Ich bin mir nicht sicher, ob die Nullrunde bei derRente im nächsten Jahr eine Wirkung des Nachhaltig-keitsfaktors ist. Meines Erachtens ist die Nullrunde vorallem darauf zurückzuführen, dass Sie in den vergange-nen Jahren das Wachstum in Deutschland ruiniert haben.
Erstens hängt die Rentenerhöhung des nächsten Jahresdamit zusammen, wie die Löhne im Vorjahr gestiegensind, und zweitens bin ich mir ziemlich sicher, dass wir,wenn Sie 1999 nicht die Torheit begangen hätten, dievon uns durchgeführten Reformen außer Kraft zu setzen,
eine völlig andere Situation der sozialen Sicherungssys-teme und der Staatseinnahmen hätten.
Das alles führt zu einer Lage, zu der eindeutig festge-stellt werden muss: Deutschland befindet sich in einerdramatischen Haushalts-, Finanz- und Arbeitsmarkt-krise. Die Lage war seit 1949 noch nie so schlecht.Sie haben eine Reihe von Aktionen vor, mit denenSie die Probleme zumindest für ein Jahr in den Griff be-kommen wollen. Dabei handelt es sich um haushalts-rechtliche bzw. haushaltspolitische Eintagsfliegen. Siewollen damit die Entwicklung in den Griff bekommen.Vielleicht gelingt das für ein Jahr. Ich glaube das abernicht. Der von Ihnen vorgestellte Haushalt ist ein virtuel-ler Haushalt. Er enthält erhebliche Risiken. Fraglich ist,ob Sie die Privatisierungserlöse tatsächlich erzielen undob Sie die ERP-Mittel – das ist übrigens eine bemer-kenswerte Situation, auf die ich noch eingehen werde –wie geplant bekommen. In diesem Zusammenhang ha-ben auch die Amerikaner und der Bundesrat mitzureden.Fraglich ist auch, ob Sie bei der Kreditanstalt für Wie-deraufbau das Geld in vorgesehener Höhe abzockenkönnen und ob die Steuereinnahmen Ihren Erwartungenentsprechend ausfallen. Ob Sie außerdem die im Haus-halt vorgesehene globale Minderausgabe wie geplantumsetzen können, ist fraglich. Darauf möchte ich nochetwas näher eingehen, weil es unter anderem darumgeht, wer mehr in der Bildungspolitik tut.Um den Bürgern das zu erklären: Der Begriff „glo-bale Minderausgabe“ bedeutet, dass man im Haushalteinsparen will, dass man aber nicht sagt, wo. Meine Da-men und Herren von der Regierungskoalition, Sie hattenursprünglich eine globale Minderausgabe in Höhe von1,5 Milliarden Euro im Haushalt eingeplant. Sie habendann – das nennen Sie Sparmaßnahme – eine weitereglobale Minderausgabe in Höhe von 1 Milliarde Eurovorgesehen.Sie haben die erste globale Minderausgabe mit derWirkung heruntergebrochen – das lässt sich aber imHaushalt noch nicht ablesen –, dass der Verteidigungs-minister rund 250 Millionen Euro, der Verkehrsministeretwa 250 Millionen Euro, die Bildungs- und For-ssbSteVugatiliwmteE2numnwrHwgwkdnlemdeDgeHmgimvPJnFIhnfmimcmdW
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Dietrich AustermannVor kurzem habe ich in einer Rede gesagt: Die künf-tige Generation ist davon betroffen. Daraufhin hat mirein 29-jähriger Mann aus Schleswig-Holstein wütendgeschrieben: Wie kommen Sie eigentlich darauf, dassdas, was die Bundesregierung macht, nur die nachfol-gende Generation betrifft? Das betrifft auch mich. Selbstwenn ich bis zum 65. oder 67. Lebensjahr arbeite, mussich Schulden des Bundes abstottern.Lassen Sie mich einmal verdeutlichen, was es bedeu-tet, 44 Milliarden Euro neue Schulden in einem Jahr zumachen. Diese Schulden müssen irgendwann getilgtwerden und – wer ein Haus gebaut hat, weiß das – daraufmüssen Zinsen gezahlt werden. Das macht insgesamtetwa 88 Milliarden Euro. Das entspricht in etwa elf Um-satzsteuerpunkten. Herr Eichel hat einmal gesagt: DieSchulden von heute sind die Steuern von morgen. Ichkönnte mir für Herrn Eichel einen ganz schlimmen Alb-traum – davon hat er vorhin gesprochen – vorstellen: Je-mand liest ihm immer wieder seine Haushaltsrede vor,die er vor der Bundestagswahl 2002 gehalten hat.
Damals hat er gesagt, Schulden seien süßes Gift und dieOpposition sei bereit, hemmungslos neue Schulden zumachen. Er macht nun genau das, was er den Bürgernvor der Bundestagswahl 2002 vorgelogen hat, nicht zutun. Deswegen mussten wir den so genannten Lügenaus-schuss einsetzen. Mit nachhaltiger Finanz- und Haus-haltspolitik hat das, was Sie machen, Herr Eichel, jeden-falls nichts zu tun.Lassen Sie mich noch einen Punkt aufgreifen, den ichfür besonders frappant halte: Die Telekom, die Post undder Bund müssen für Postpensionäre, für deren Witwenund für andere Angehörige bis zum Jahre 2090 aufkom-men. Es handelt sich dabei um einen Betrag von 550 Mil-liarden Euro; hinzu kommen Verpflichtungen von Tele-kom und Post in Höhe von 20 Milliarden Euro.Jetzt kommt Herr Eichel und sagt: Ich übernehme so-fort auch die Forderungen, die an die Post und an die Te-lekom gestellt werden; ich zahle also auch die Pensionender entsprechenden Personen; dafür geben sie mir ein-mal schnell Geld. Das ist so, als wenn man zu seinemNachbarn geht, der, um sich ein Auto zu kaufen, einenKredit in Höhe von 18 000 Euro aufgenommen hat, undzu ihm sagt: Ich kaufe dir den Kredit ab; du gibst mirjetzt 5 000 Euro und dann übernehme ich die Abzahlungdeines Autos.
ieso machen wir, wenn es nötig ist, keine Standort-ampagne 2005? Wieso machen wir die Freundlichkeits-ampagne genau drei Monate vor der Bundestagswahl006? Wessen Visage muss denn hier angestrichen wer-en?
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Dietrich AustermannIch glaube, dass ziemlich deutlich ist, dass es hier umeinen schamlosen Griff in die Bundeskasse, in die Kassedes Steuerzahlers – er muss das künftig über Steuern be-zahlen – geht.Herr Präsident, ich glaube, der Kollege Barthlemöchte eine Zwischenfrage stellen.
Aber er hat diesen Wunsch so unscheinbar angemel-
det, dass ich das kaum wahrnehmen konnte.
Bitte schön, Herr Kollege Barthle.
Herr Präsident, wenn Sie meinen, dass ich unschein-
bar bin, dann mache ich mich bemerkbar.
Herr Kollege Austermann, können Sie mir bestätigen,
dass Herr Bundesminister Schily in den Haushaltsbera-
tungen im Haushaltsausschuss auf unsere Fragen, wofür
diese 22 Millionen Euro für die Freundlichkeitskampa-
gne genau gedacht seien, keine konkreten Antworten ge-
geben hat, obwohl ein entsprechendes Treffen schon am
2. November, also zwei Wochen vorher, im Bundeskanz-
leramt stattgefunden hat? Dabei wurden offensichtlich
konkrete Planungen, wie die Freundlichkeitskampagne
kurz vor der Bundestagswahl inhaltlich gestaltet werden
soll, an Wirtschaftsbosse weitergereicht. Stimmen Sie
mir zu, dass das nicht ganz in Ordnung war?
Ziemlich klar ist, dass die alle nicht so richtig wissen,was im Kanzleramt zur Vorbereitung der Wahl beschlos-sen worden ist. Dazu gehört das Ganze auch. NachdemHerr Schily, der für den Sport zuständig ist, weg war, hatman eine Begründung nachgeschoben. Diese Begrün-dung lautete, das Ganze stehe im vierten Fortschrittsbe-richt für die Freundlichkeitskampagne. Jetzt wissenwir ganz genau, worum es geht: Es geht um Wahlwer-bung, um schamlose Wahlwerbung drei Monate vor dernächsten Bundestagswahl und um nichts anderes.
Sie können jeden einzelnen Etat durchgehen. Sie fin-den Posten, bei denen man sich fragt: Muss das eigent-lich sein? Im Umweltministerium wird ein Projekt mitdem Titel „Islam und Umweltschutz am Beispiel desWassers“ gefördert. Das führt der Islamrat durch. Erwird von Milli Görös unterstützt, einer Organisation, dievom Verfassungsschutz beobachtet wird. Außerdemwird zum Duftstoffeinsatz in Innenräumen geforscht. Esgeht um die Stärkung nachhaltiger Reiseangebote oderum Projekte wie „Frauen für eine giftfreie Zukunft“ oder„Zukunftsfähig mit Papier“; ich werde Ihnen gleich einPapier überreichen, nämlich unsere Anträge. Dass dasalles mit Zukunft zu tun hat, kann man bei unseren An-trägen, aber nicht in den anderen Fällen erkennen.Es wird tagaus, tagein Geld für eine Fülle von Dingenverschleudert. Sie geben 700 Millionen Euro aus, um ei-nen Wettbewerber im Mautverfahren einzukaufen, damitder nicht gegen den Betreiber und gegen das ganze Ver-fgdsngf2glwdJfatgdvHVdvmg–Bbv1dbaSLksdltlSAddsduEü
Kollege Kampeter sagt mit Recht: Das war die teuersteewerbungsrede, die wir je hatten.Schauen Sie sich an, was etwa für Öffentlichkeitsar-eit, Projekte, Beraterverträge und Personalausgabenerschwendet wird! Jedes Jahr soll nach dem Gesetz,5 Prozent des Bundespersonals abgebaut werden. Wennas gemacht worden wäre, gäbe es heute 20 000 Mitar-eiter im öffentlichen Dienst weniger. Jeder kann sichusrechnen, welche Einsparungen das mit sich brächte.ie haben für das nächste Jahr sogar 110 neue Stellen imeitungsbereich der Ministerien vorgesehen. Ich habe vorurzem einen Brief von einem Mitarbeiter des For-chungsministeriums, Besoldungsgruppe B 9 – das istas Spitzengehalt –, bekommen, in dem er schreibt: Ichaufe hier herum. Ich weiß nicht, was ich den ganzen Tagun soll. – Sie wollen auch noch 110 Mitarbeiter zusätz-ich einstellen und verschwenden damit das Geld desteuerzahlers! Damit muss Schluss sein!Meine Damen und Herren, wir haben eine Fülle vonnträgen gestellt, die wir im Ausschuss und gegenüberer Öffentlichkeit erläutert haben. Wir wollen 1,3 Milliar-en Euro mehr für Verkehrsinvestitionen und für For-chungsinvestitionen ausgeben. Wir wollen 9 Milliar-en Euro einsparen. Dass das möglich ist, haben wir innseren Anträgen dokumentiert. Ich werde Ihnen, Herrichel, zum Abschied das Konvolut unserer Anträgeberreichen.
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 140. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 23. November 2004 12895
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Dietrich Austermann– Ich gehe davon aus, dass ich im März meinen Amtseidin Schleswig-Holstein leisten werde.
Es tut mir Leid für die Auseinandersetzung mit Ihnen.Herr Poß, Sie können davon ausgehen, dass ich denDiensteid, der besagt, dass man Schaden vom deutschenVolk wenden wird – das wäre dann für das BundeslandSchleswig-Holstein –, ernster nehmen werde, als Sie dasausweislich Ihrer Haushaltspolitik getan haben.Vielen Dank.
Ich erteile Kollegen Walter Schöler, SPD-Fraktion,
das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ichkann ja verstehen, dass der Kollege Austermann seineRede etwas lustlos vorgetragen hat,
nachdem ihm der scheidende stellvertretende Fraktions-vorsitzende als Redner vorgeschaltet worden ist. Aberman sollte zumindest bei der Wahrheit bleiben, wennman von Fakten redet. Das hat der Kollege Austermannweder in der Vergangenheit noch in seiner heutigen Redegetan. Er hat hier nur hohe Erwartungen an sich selbstgeäußert. Wir kennen seine hohen Erwartungen schonlange. Ich weiß gar nicht, der wievielte Anlauf es jetztist, eine neue Funktion zu bekommen, diesmal am22. Februar nächsten Jahres in Schleswig-Holstein. Siewerden sehen, Heide Simonis wird wiedergewählt, dierot-grüne Regierung bleibt in Schleswig-Holstein undwir werden leider Herrn Austermann hier in Berlin wei-ter ertragen müssen.
Wir schwanken zwar immer zwischen Abschied undWehmut; aber er wäre eine glatte Fehlbesetzung als Fi-nanzminister in Schleswig-Holstein, denn mit den klas-sischen Haushaltsgrundsätzen Wahrheit und Vollständig-keit steht er auf Kriegsfuß.
Ihr Paket mit Sparvorschlägen, nachdem es im letztenJahr keinen einzigen gab, beinhaltet nur Luftbuchungenund strotzt vor Unwahrheit, Verlogenheit und Rechts-beugung. Das werde ich Ihnen auch noch belegen, Kol-lege Austermann.fEZnÖSgrttAdchdvaftvDwsWtkwASWNlgZvBrtskscnsinrsk
Im Übrigen haben Sie heute Morgen in einer Rund-unk- bzw. Fernsehsendung erklärt, wenn man an dieigenheimzulage heranginge, würden damit sämtlicheusagen, die bereits gemacht worden seien, zurückge-ommen. Ich würde solche Unwahrheiten nicht an dieffentlichkeit tragen. Jeder weiß, dass eine möglichetreichung der Eigenheimzulage nur für künftige Fälleilt und nicht für die Restlaufzeit von maximal acht Jah-en für bereits bewilligte Zulagen.Wir haben neben dem Haushalt 2005 auch das Nach-ragshaushaltsgesetz 2004 zu beraten. Wir sind der fes-en Auffassung, dass beide Haushalte die Regeln desrt. 115 bezüglich der Verschuldung einhalten; denn inen letzten Wochen und Monaten sind nochmals erhebli-he Finanzierungslücken entstanden, die in beiden Haus-alten von uns geschlossen werden mussten. Ich gebeurchaus zu, dass das nicht einfach war. Zu den dafüron uns beschlossenen Finanzierungskonzepten gibt esber angesichts der für Störungen derzeit äußerst emp-änglichen wirtschaftlichen Lage keine vertretbaren Al-ernativen. Auch wir wissen, dass Vermögen nur einmaleräußerbar ist.
ie Entscheidung zur Veräußerung ist also sehr schwer-iegend und sie fällt uns auch schwer. Es ist aber nichto, dass 2005 der Rest des Tafelsilbers verkauft würde.enn wir die Ideen aufgriffen, die manche Finanzminis-er der Länder entwickeln, könnten wir uns noch Gedan-en über ganz andere Maßnahmen machen. Aber dasollen wir ja gar nicht.Wo würden wir denn landen, wenn wir massiv bei dennsätzen für Investitionen eingriffen oder gar erheblicheteuererhöhungen vornähmen? Wäre das der bessereeg? Wir antworten in diesem Fall mit einem klarenein. Denn all das wäre Gift für die aktuelle wirtschaft-iche Situation, die durch eine anziehende Konjunkturekennzeichnet ist. Die Bürger müssen Vertrauen unduversicht gewinnen, damit der Aufschwung nicht nurom Export, sondern in Zukunft auch wieder von derinnennachfrage mitgetragen wird.Sie von der Opposition sehen das anders. Ich will Ih-en Wust an Anträgen auf massive Kürzungen bei Leis-ungen und Ausgaben des Staates, die völlig unvertretbarind, nicht im Raume stehen lassen, sondern ein wenigommentieren. Sie setzen damit nämlich nicht nur denozialen Frieden aufs Spiel, sondern auch die innere Si-herheit unseres Landes. Ich weiß, dass Sie dieses Sze-ario vor dem Hintergrund der angekündigten Verfas-ungsklage aufgebaut haben. Vor dieser Klage – das sagech auch an die Adresse der FDP – ist uns überhaupticht bange.Angesichts der Ankündigung des Ganges nach Karls-uhe kann ich der Opposition nicht ersparen, die Auffas-ung meiner Fraktion zur Frage der Verfassungsmäßig-eit beider Haushalte etwas breiter darzulegen.
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Walter Schöler
Ich beginne mit dem Nachtragshaushaltsgesetz 2004.Wir wissen, die Nettokreditaufnahme von 43,5 Milliar-den Euro übersteigt das veranschlagte Investitionsvolu-men um 18,9 Milliarden. Das ist nach dem Grundgesetznur dann zulässig, wenn es zur Abwehr einer Störungdes gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts erforder-lich ist. Diese ernste, nachhaltige Störung wollen Siedoch angesichts der Tatsache, dass das Ziel eines hohenBeschäftigungsstandes in diesem Jahr leider gravierendverfehlt wird, nicht bestreiten.Bedauerlicherweise hat die konjunkturelle Erholungbisher kaum Spuren auf dem Arbeitsmarkt hinterlassen.Die Zahl der Sozialversicherungspflichtigen ist nach wievor rückläufig. Deshalb wird der Nachtragshaushalt voneiner erheblichen konjunkturbedingten Mehrbelastungbestimmt.
So fallen die jetzt erwarteten Steuereinnahmen nicht nurum 12 Milliarden niedriger aus, als in der Schätzung beider Verabschiedung im letzten Jahr prognostiziert, son-dern – auch das müssen wir feststellen – sie liegen um12 Milliarden niedriger als noch im Jahre 2000. Sie sinddamit um rund 40 Milliarden geringer, als im Finanzplan2000 bis 2004 seinerzeit erwartet worden war. DieHälfte der Ausfälle ist auf das geringe Wachstum zu-rückzuführen. Wir haben im Bundeshaushalt 2004 alsoeinerseits ganz erhebliche Mehrbelastungen zu verkraf-ten. In konjunkturell weniger angespannten Phasen ha-ben Sie übrigens, als Sie regierten, prozentual gesehenwesentlich höhere Kredite in Anspruch genommen. An-dererseits sind die Einnahmen gegenüber den ursprüngli-chen Erwartungen deutlich zurückgeblieben.Der vorhandene außenwirtschaftliche Funke muss aufdie Binnenkonjunktur überspringen, damit sich die wirt-schaftliche Erholung bei uns verfestigt und auch auf demArbeitsmarkt zu spüren ist. Rechnerisch vermindert eineEinsparung von 19 Milliarden Euro bei den Ausgabendes Bundes die Inlandsnachfrage um rund 1 Prozent.Was wäre das für eine Wirkung, wenn ein solcher Nach-frageausfall den Arbeitsmarkt erreichen würde! Die Zahlder Arbeitslosen würde steigen, statt zurückgeführt zuwerden, und das Beschäftigungsziel würde eindeutigstärker verfehlt als durch die Nutzung der automatischenStabilisatoren. Sie alle wissen das, Sie wollen es nurnicht wahrhaben.Außerdem wären eine deutliche Wachstumseinbußeund damit eine Verletzung des Wachstumszieles dieKonsequenz. Das Bundesverfassungsgericht wird, soll-ten Sie die Klage einreichen, sicherlich all diese Zusam-menhänge würdigen und ermitteln, welche negativenFolgen eine andere Politik für die Binnennachfrage so-wie Wachstum und Beschäftigung hätte. Das jetzt veran-schlagte Nettokreditaufnahmevolumen ist eindeutig daskleinere Übel, auch wenn uns dieses sehr schwer fällt.fg22BWvVsbdsshteKtuaZDBRusuAszHSg„vgsBmBmsuOBaSsWfG
iese Zahlungen fließen im Übrigen gar nicht in denundeshaushalt. Es handelt sich hier nämlich um einechtsgeschäft zwischen der Postunterstützungskassend dem Postnachfolgeunternehmen.Der Bundeshaushalt 2005 ist auch insofern verfas-ungsfest, als er die Haushaltsgrundsätze der Wahrheitnd Vollständigkeit bei der Veranschlagung gemäßrt. 110 Grundgesetz einhält. Die Steuereinnahmean-ätze sind vollständig vom Arbeitskreis „Steuerschät-ung“ übernommen worden. Das sind also nicht, wieerr Merz einmal einfach behauptet hat, irgendwelchechätzungen, die sich der Finanzminister aus den Fin-ern gesogen hat, sondern sie kommen vom ArbeitskreisSteuerschätzung“, an dem der Bund, die Länder undiele Sachverständige beteiligt sind. Das wissen Sieanz genau; dennoch versuchen Sie, hier wieder zu täu-chen, auch Herr Austermann, indem er behauptet, dieundesregierung setze zu optimistische Steuereinnah-en an.Auch die gesamtwirtschaftliche Vorausschätzung derundesregierung mit ihren Annahmen zum Arbeits-arkt – Sie haben sie heute wieder kritisiert – bewegtich im Spektrum der Vorausschätzungen von Institutennd Organisationen. Deshalb sind die Vorhaltungen derpposition völlig gegenstandslos. Wir gehen mit derundesregierung für 2005 von 1,7 Prozent Wachstumus und liegen damit in der Mitte der Schätzungen desachverständigenrates, der Mehrheit der wirtschaftswis-enschaftlichen Institute, dem Institut der deutschenirtschaft und dem Internationalen Währungsfonds, be-inden uns also in bester Gesellschaft.Auch die Privatisierungsmaßnahmen entsprechen denrundsätzen der Wahrheit und Vollständigkeit. Sie sind
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Walter Schölerzwar – das ist unbestritten und das gebe ich auch zu –umfangreich. Keiner verkauft gern in einer solchenPhase Teile seines Vermögens. Aber sie sind zumindestsolide unterlegt. Das hat Ihnen der Bundesfinanzministerschon im Haushaltsausschuss eingehend erläutert.Sehr wichtig ist uns die Einhaltung des Maastricht-Defizitkriteriums ab dem kommenden Jahr.
Der im Haushaltsausschuss beschlossene Bundeshaus-halt 2005 trägt seinen Teil dazu bei, das Defizitkriteriumvon 3 Prozent einzuhalten. Bezüglich dieses Kriteriumshat sich der Finanzplanungsrat in der vergangenen Wo-che mit dem vorliegenden Tableau befasst. Er hat nach-vollziehen können, dass die errechneten Angaben zutref-fend sind. Spitz gerechnet sind es sogar 2,9 Prozent;diesen Prozentsatz hat der Finanzminister nach Brüsselgemeldet.Ich komme nun auf Ihr Paket von Anträgen zu spre-chen. Letztes Jahr waren es 326 Anträge der CDU/CSUund 437 Anträge der FDP. Ich weiß nicht, wie viele esdiesmal sind. Darin sind viele kleine Posten enthalten.
Man kann einmal hochrechnen, wie viel Millionen BlattPapier Ihre Anträge umfassen müssten, damit mit dendarin vorgeschlagenen Einsparungen der Haushalt aus-geglichen werden könnte. Das würde noch nicht einmalauf eine CD-ROM passen. Sie haben Scheinanträge ge-stellt, weil Sie nicht in der Lage sind, Vorschläge zu prä-sentieren, wie man den Haushalt ausgleichen kann.
Ihre Anträge dienen lediglich der Untermauerung IhrerVerfassungsklage. Sie gaukeln den Bürgern vor, es gebeeine ehrliche Alternative zum Finanzierungskonzept derKoalition.
Was sagt der Sachverständigenrat dazu? Er beurteiltden Kurs der Finanzpolitik insgesamt schon als restrik-tiv.
– Er kannte wahrscheinlich Ihre Anträge noch nicht.Aber er kannte zumindest die Politik der Bundesregie-rung und unsere Voranschläge. – Die in den letzten Jah-ren zurückgeführte Ausgabenquote sinkt um weitere0,8 Prozent auf 46,8 Prozent und liegt damit deutlich– so die Ausführungen des Sachverständigenrates – un-ter dem Durchschnitt der Eurozone in Höhe von48 Prozent. Das strukturelle Defizit wird um rund einenhalben Prozentpunkt reduziert.Der Sachverständigenrat schreibt in seinem Gutach-ten weiter:WnwotuEzlie8SBddwHdrtonumafddtrsndstuSrlic
Die angeblichen Einsparungen der Opposition sindum großen Teil nur willkürliche Streichungen gesetz-ch gebundener Ausgaben. Die Fakten entlarven Sie. Sontfallen von den Einsparungen in Höhe von rundMilliarden Euro, die die Vorschläge der Union in derumme ausmachen, über 4 Milliarden Euro auf folgendeereiche: Kürzung der Arbeitslosenhilfe um 1 Milliar-e Euro, Kürzung des Bundeszuschusses an die Bun-esagentur für Arbeit um rund 1,0 Milliarden Euro so-ie die Streichung der Zuschüsse für die Steinkohle inöhe von 1,6 Milliarden Euro. Es ist also schon sehrreist, was Sie sich hier leisten. Sie werfen uns einenechtswidrigen Haushalt vor. Sie selbst wollen aber Leis-ungen streichen, zu denen wir durch Gesetz, Vertragder Vereinbarung verpflichtet sind. Das ist unsolide Fi-anzpolitik, die Sie schon 16 Jahre lang gemacht habennd die Sie mit Ihren Anträgen offensichtlich fortsetzenöchten.
Die Kürzung des Bundeszuschusses an die Bundes-gentur für Arbeit um 1,0 Milliarden Euro würde dazuühren, dass die Ausgaben für die Arbeitsmarktpolitikrastisch reduziert werden müssten. Das würde beson-ers die neuen Länder treffen. Da weinen Sie Krokodils-änen; hier stellen Sie die Kürzungsanträge.Die Kürzung um 1 Milliarde Euro bei der Arbeitslo-enhilfe für die letzte Zahlung im Dezember für den Ja-uar des nächsten Jahres hätte katastrophale Folgen fürie betroffenen Menschen. Sie müssen diesen Menschenagen, dass sie demnach nur ein Drittel der Monatsleis-ng erhalten sollen.
ie wollen die Schwachen schröpfen und wissen im Üb-igen genau, dass diese Kürzung rechtlich gar nicht mög-ch ist.Zu Ihrem Antrag, die Steinkohlenhilfe ganz zu strei-hen, sage ich Ihnen: Die Menschen im Ruhrgebiet wer-
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Walter Schölerden schon aufmerksam registrieren, dass die Oppositionden Bergbau abrupt über die Klinge springen lassenwill.
Wir machen so etwas nicht mit. Wir führen die Hilfeschrittweise zurück. Der Zuruf des Kollegen Kalb zeigt,dass er den Antrag seiner Fraktion nicht kennt.Die FDP will in ihren Anträgen die Arbeitslosenhilfeund den Zuschuss an die Bundesagentur zwar nicht ganzso stark beschneiden. Aber stattdessen haben Sie bean-tragt, 1 Milliarde Euro beim Zuschuss an die gesetzlicheKrankenversicherung zu streichen. Das behindert diemöglichen Beitragssenkungen und die Schuldentilgung,erhöht die Kosten des Faktors Arbeit und wäre im Übri-gen ein Verstoß gegen geltendes Recht.Ich komme jetzt zu den berühmten flexibilisiertenAusgaben, also im Wesentlichen Personal- und Sach-kosten. Die FDP beantragt eine pauschale Kürzung um12 Prozent und die Union um 10 Prozent. Das sind1,9 Milliarden bzw. 1,6 Milliarden Euro.
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
Kollegen Fricke, FDP-Fraktion?
Ja.
Herr Kollege Schöler, Sie haben gerade kritisiert, dass
die FDP – was zutreffend ist – den Subventionszuschuss
an die Krankenversicherung, der im Jahre 2005 von
1 Milliarde auf 2,5 Milliarden Euro steigt, kürzen wollte.
Stimmen Sie mit mir dahin gehend überein, dass Sie ge-
meinsam mit Ihrer Ministerin und den Grünen den Vor-
schlag gemacht hatten, es bei 1,5 Milliarden Euro zu be-
lassen und den Zuschuss nicht auf 2,5 Milliarden Euro
zu erhöhen, wie nachher beantragt wurde? Ist es also mit
anderen Worten nicht so, dass wir genau den Antrag ge-
stellt haben, den Sie eigentlich nach dem Gesetzentwurf
für gerecht und richtig gehalten haben?
Dem kann ich nicht zustimmen. Wir haben ein Ge-setz. In diesem Gesetz ist exakt geregelt, wie hoch dieLeistungen für das Jahr 2004 sind. Ab dem Jahre 2005sind dort 2,5 Milliarden Euro vorgesehen. Nach demJahre 2006 sollen sich die Zuschüsse auf jährlich4,2 Milliarden Euro belaufen. Das ist übrigens eine Ver-einbarung, die gemeinsam mit dem nun nicht mehr imAmt befindlichen Herrn Seehofer getroffen worden ist.Die Frage ist, wer hier Gesundheitskompromisse auf-kündigt. Sie wollten diese Mittel um 1 Milliarde Eurokürzen.DrsSinWwmEKurUagdasuimEfhteisd2nHdugpgtrkS
ie Union wollte zunächst 1,8 Milliarden Euro nur sper-en. Sie hat sich damit nicht nur von Herrn Seehofer,ondern von dem getroffenen Kompromiss ein ganzestück entfernt. Bleiben Sie doch bitte bei der Wahrheit!
Die von Ihnen vorgesehene globale Minderausgabe Höhe von 1,6 bis 1,9 Milliarden Euro bedeutet für denehretat eine Kürzung um rund 700 Millionen Euro. Sieeinen hier Krokodilstränen, wenn der Verteidigungs-inister über die globale Minderausgabe 250 Millionenuro erwirtschaften will, beantragen aber selbst eineürzung von 700 Millionen Euro. Das ist Verlogenheitnd nichts anderes.
Wenn die Personalausgaben beim Innenminister umund 260 Millionen Euro gekürzt würden, wie es dienion oder die FDP will, müssten rund 5 200 Grenzbe-mte und Beamte des Bundeskriminalamtes nach Hauseeschickt werden. Stellen Sie sich einmal vor, wie sichas auf die Sicherheit an den Flughäfen und den Grenzenuswirken würde!Das zeigt die Verantwortungslosigkeit Ihrer Vor-chläge, die Sie gemacht haben,
m eine großmäulige Ankündigung von Herrn Stoiber, Haushalt mal eben 5 Prozent, also 12,9 Milliardenuro, einzusparen, umzusetzen. Sie sind dem nicht ge-olgt. Das ehrt Sie, aber nur ein kleines Stück; denn Sieaben eine Marge von 3 Prozent übernommen und woll-n 7,5 Milliarden Euro einsparen. Was daraus gewordent, habe ich Ihnen gerade vorgetragen.Dazu kommen dann die berühmten Streichungen beien Zinsaufwendungen und dem Disagio mit überMilliarden Euro. Ich glaube, da gab es sogar einmal ei-en Antrag von Ihnen, vertraglichen Verpflichtungen iminblick auf den Eurofighter, für den in erster Linie Sieie Verantwortung tragen, nicht nachzukommen.
Das zeigt: Ihre Konsolidierungsanträge sind Schallnd Rauch. Sie sind das Papier nicht wert, auf dem sieedruckt sind. Wären sie auf wieder verwertbarem Pa-ier mit Perforation gedruckt worden, wäre das besserewesen.
Wir haben hingegen mit dem Bundeshaushalt 2005otz der leider notwendigen Einmaleinnahmen einenonsequenten Konsolidierungshaushalt beschlossen.chließlich haben wir die Koch/Steinbrück-Liste aus
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Walter Schölerdem Vorjahr überwälzt und mit 8 Prozent veranschlagt.Wir haben die globale Minderausgabe des Jahres 2004 inHöhe von 2 Milliarden Euro in das Jahr 2005 überwälztund eine neue eingesetzt.Das zeigt, dass wir die Ausgaben erheblich zurückge-fahren und konsolidiert haben. An diesem Ziel haltenwir, auch wenn wir jetzt in schwierigem Fahrwassersind, fest. Wir lehnen ein kurzatmiges Kaputtsparen, wieSie es hier teilweise vorgeschlagen haben, als für dieWirtschaft und die Konjunktur kontraproduktiv ab. MitBlick auf die demographische Entwicklung und dieGenerationengerechtigkeit kann es im Übrigen zu un-serem Konsolidierungskonzept überhaupt keine Alterna-tive geben, auch wenn dieser Weg etwas länger und et-was steiniger ist, als wir es vor der Stagnationsphaseangenommen haben.Sie tragen ein hohes Maß an Mitverantwortung fürdie Finanzierungsschwierigkeiten in den öffentlichenHaushalten.
Durch Ihre Blockadepolitik im Bundesrat sind Sie mit-verantwortlich. Im Zusammenhang mit dem Steuerver-günstigungsabbaugesetz und dem Haushaltsbegleitge-setz 2004 haben Sie Einnahmeverbesserungen von rund24 Milliarden Euro in den Jahren 2004 bis 2006 blo-ckiert und unserem Land damit – übrigens auch mitBlick auf die Einhaltung der Maastricht-Kriterien –nachhaltig geschadet. Der Bund stünde andernfalls indiesem Zeitraum mit rund 10,6 Milliarden Euro und dieLänder stünden mit 9,9 Milliarden Euro besser da. Diesepfeifen schon jetzt zum großen Teil auf dem letztenLoch.Ich fordere Sie auf, Ihre Blockadehaltung endlich auf-zugeben und Ihrer Gesamtverantwortung für den Staatgerecht zu werden. Geben Sie Ihre Klientelpolitik aufund tragen Sie einen vernünftigen Steuervergünstigungs-abbau und Subventionsabbau mit! Der Finanzministerhat Sie und die Länder dazu eingeladen. Mit ihrem Ver-halten hat die Union auch den Gemeinden erheblichgeschadet; denn den Gemeinden entgehen durch dieseBlockadehaltung der Union und der FDP rund4,4 Milliarden Euro in den drei Jahren. Wir haben denGemeinden geholfen. Wir werden 2005 den Gemeindenetwa – bei steigender Tendenz – 6,5 Milliarden Euro be-lassen bzw. an sie weitergeben oder sie entlasten.Was ist denn eigentlich aus Ihrer Bierdeckelsteuerre-form geworden?
Sie ist lauthals angekündigt worden. Dann haben Siestillschweigend erklärt, dass mit der Umsetzung sowiesoerst ab dem Jahre 2010 gerechnet werden könne. Dannverschwand das Konzept in der Schublade. Dazukommt, dass Sie eine ungerechtfertigte Umverteilungvon unten nach oben vornehmen wollten. Das Ergebnisdieser Bierdeckelrechnung ist: Herr Merz ist zurückge-ttrkwD–nAussdSndvskSrUbsFLdusICsldga
Die soziale Abfederung wollen Sie dann auch nochurch eine Senkung des Spitzensteuersatzes vornehmen;ie wollen also dafür virtuelles Geld, das überhaupticht vorhanden ist, in die Hand nehmen. Das Ergebnisieser Operation: Seehofer warnt durch seinen Rücktrittor Ihrer Konzeption. Dem ist nichts hinzuzufügen.Ich stelle also fest: Sie sind mit Ihren Reformvor-chlägen schon gescheitert, bevor Sie diese überhauptonkretisieren konnten.
ie sind und bleiben der Blockierer einer zukunftsge-ichteten Politik. Aus allen Fachkreisen wird anerkannt:nsere Reformen weisen in die Zukunft. Die Menschenegreifen zunehmend, dass unsere Reformen notwendigind, um die Zukunft zu sichern.
Ich erteile das Wort Kollegen Jürgen Koppelin, FDP-
raktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!assen Sie mich zu Beginn meiner Rede festhalten, dassie Zusammenarbeit im Haushaltsausschuss trotz dernterschiedlichen Positionen ausgesprochen gut gewe-en ist und dass wir fair miteinander umgegangen sind.ch will an dieser Stelle unserem Vorsitzenden Manfredarstens dafür recht herzlich danken, dass wir eine sehrachliche Diskussion gehabt haben.
Natürlich gibt es unterschiedliche Standpunkte. Kol-ege Schöler, zu Ihren Ausführungen und den Anträgen,ie die FDP im Ausschuss vorgelegt hat, möchte ich sa-en: So wie die FDP auch im Ausschuss nun nicht allesbgelehnt hat, was von der Koalition gekommen ist – es
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Jürgen Koppelinsind ja durchaus positive Dinge dabei gewesen –, so,finde ich, hätten Sie sich die Mühe machen sollen undhätten sich von den über 437 Anträgen, die wir gestellthaben, das eine oder andere doch ein bisschen genauerangucken sollen. Sie hätten eben nicht nur auf die Partei-politik oder die Koalitionsräson achten sollen, sondernhätten sagen können: Dieser Antrag von der FDP istdurchaus akzeptabel; ihm können wir zustimmen. Ichglaube, dass die Bürger draußen nicht verstehen, dasswir, wenn wir in Deutschland wirklich in einer derartschwierigen finanzpolitischen Situation sind, als Regie-rung und Opposition nicht bereit sind, zusammenzuar-beiten. Ich denke, es gibt auf beiden Seiten durchausgute Vorschläge. Wir sind stolz auf unsere 437 Anträge;das will ich hier sagen. Es ist das nicht nur eine Fleißar-beit gewesen. Dazu kam, dass wir uns auch mit denFachpolitikern in unseren eigenen Reihen auseinandersetzen mussten, die natürlich gern auch mehr Geld ge-habt hätten. Ihnen musste klar gemacht werden, dass die-ses oder jenes nicht geht. Das Ergebnis war, dass wir nurbei der Bildung draufgesattelt haben.In Richtung der Grünen will ich sagen: In der letztenWoche der Haushaltsberatung habe ich mit Interesse In-terviews der Fraktionsvorsitzenden Göring-Eckhardtgelesen, in denen sie gesagt hat: Wir werden in dieserWoche noch einmal rangehen und richtig streichen undsparen. – Wo ist das Ergebnis? Null! Sie haben unsnichts vorgelegt. Das ist, finde ich, enttäuschend.
Ich will einen anderen Punkt ansprechen, damit Sieerfahren, wie und warum wir so diskutieren. KollegeSchöler, wenn das, was Sie zu Ihren Oppositionszeitengesagt haben – ich denke da zum Beispiel an HerrnDiller –, immer noch gelten würde, dann könnten wiruns ja auf das eine oder andere verständigen. Ich nenneein Beispiel: globale Minderausgaben. Der KollegeAustermann hat ja schon deutlich gemacht, was globaleMinderausgaben sind. Damit ist gemeint, dass im Laufedes Jahres in allen Häusern Einsparungen vorgenommenwerden, wobei die Haushälter, hoffe ich, mit beratenkönnen. Das konnten wir bisher leider nicht. Solche glo-balen Minderausgaben ermöglichen nach meiner Auffas-sung nicht gerade, dass wir im Haushaltsausschuss einevernünftige Politik machen können.Der Kollege Diller – er war damals Sprecher der So-zialdemokraten in der Opposition – nannte globale Min-derausgaben „Aktion Klingelbeutel“. Damals waren dieBeträge noch geringer. Heute sitzt er hier als Staatsse-kretär, freut sich seines Lebens und hat kein Problem mitsteigenden globalen Minderausgaben. Er weiß überhauptnicht mehr, was er früher dazu gesagt hat. Andere Zitatemöchte ich Ihnen ersparen, weil meine Redezeit dafürnicht ausreicht. Das ist nicht in Ordnung, Sie müssensich schon an das halten, was Sie damals in der Opposi-tion gesagt haben, als Sie uns kritisierten.
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r ist ein Musterbeispiel, das für vieles steht. Wir wer-en übermorgen noch über den Etat von Frau Künast re-en. Ich habe nichts gegen den ökologischen Landbau,bwohl ich meine, dass unsere Landwirte auch ökolo-isch arbeiten und dass das, was Frau Künast will, nichtnbedingt der Weisheit letzter Schluss ist.
ie können der deutschen Bevölkerung nicht klar ma-hen – auch denjenigen nicht, die für den ökologischenandbau sind –, warum Frau Künast 20 Millionen Euroür Broschüren und Propagandamaterial dazu ausgibt.as hat auch der Rechnungshof so bezeichnet. Nun kön-en Sie zwar sagen, der Rechnungshof interessiere Sieicht, der deutschen Öffentlichkeit aber können Sie nichtrklären, wieso Frau Künast in ihrer desolaten Haus-altslage 20 Millionen Euro für Propagandamaterial aus-ibt.
Uns wird immer etwas untergejubelt, was wir unduch die Bürger am Fernseher so schnell gar nicht nach-rüfen können. Herr Eichel hat uns erklärt, wie hoch seinchuldenstand sei. Die Zahl stimmt einfach nicht. Erat wesentlich mehr Schulden aufgenommen. 1999 wa-en es 26,1 Milliarden Euro, im Jahr 2000 23,8 Milliar-en Euro, im Jahr 2001 22,8 Milliarden Euro, im Jahr002 31,9 Milliarden Euro, im Jahr 2003 38,6 Milliar-en Euro. Mit dem diesjährigen Nachtragshaushaltimmt er 43,5 Milliarden Euro auf. Er kann uns hiericht solche Schoten erzählen und behaupten, er hätteur wenig Schulden aufgenommen. Er hat wesentlichehr Schulden aufgenommen. Er ist der Schuldenma-her der Nation, er hat andere weit übertroffen.
Dass er völlig hilflos ist, merken wir doch. Es tut mireid, aber man muss das deutlich aussprechen. Er meint,r könnte uns die Dinge unterjubeln. Wie ist er denn aufen 3. Oktober gekommen? Ich will Ihnen jetzt nichtorhalten, was er 1989 als Oberbürgermeister von Kas-el zur deutschen Einheit gesagt hat. Damals hat er abge-tritten, dass es die deutsche Einheit geben würde, sie seiine Utopie. Ich will uns mehr ersparen. Ich sage dazuur: Bei einem Menschen, der solche Äußerungen alsberbürgermeister von Kassel gemacht hat, wundert esinen nicht, dass ihm plötzlich einfällt, man könnte deneiertag am 3. Oktober streichen, um den Haushalt zuanieren.Ich komme zum Schluss und möchte nur noch Fol-endes ausführen: Man sollte nicht die Länder kritisie-en. Bundestag und Bundesregierung müssen vorange-
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Jürgen Koppelinhen und den Ländern zeigen, dass man sparen kann. Wir,die FDP, sind dazu bereit, deshalb haben wir auch unsereAnträge eingebracht. Ich weiß, dass die Koalitionschwer an dieser Regierung trägt, deswegen möchtenwir Ihnen, Herr Kollege Schöler, unsere Anträge nichtnoch einmal überreichen. Stattdessen überreiche ich Ih-nen unsere CD-ROM, die Sie sich zu Weihnachten auchgegenseitig schenken können.Herzlichen Dank für Ihre Geduld.
Ich erteile das Wort der Kollegin Franziska Eichstädt-Bohlig, Bündnis 90/Die Grünen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen undKollegen! Schade, als der Kollege Koppelin seine Redebegann, dachte ich, jetzt würde es endlich so konstruktiv,wie es dem Thema und den Haushaltsproblemen ent-spräche. Insofern schließe ich mich zunächst der Ein-schätzung an, dass wir im Haushaltsausschuss und inden internen Kollegengesprächen sehr viel weiter sind,als diese Diskussion zeigt.
Ferner möchte ich auch ich unserem VorsitzendenManfred Carstens ganz herzlich danken für seine um-sichtige Art, in der er den Ausschuss konstruktiv durchdie Sitzungen führt, auch mitten in der Nacht.
Ich möchte etwas Kritisches zu der Art, in der wir dis-kutieren, anmerken. Schon in der ersten Lesung habenwir uns wie in den letzten zweieinhalb Stunden der heu-tigen Debatte ständig gegenseitig die Schuld zugewie-sen. Ich finde es aber sehr wichtig, dass Minister Eichelsehr deutlich dargelegt hat, wie schwierig die Haushalts-situation ist und wie schwierig es für die Koalition ist, zuhandeln, wenn der Bundesrat blockiert.Sie führen nun an, dass Sie Ihre dicke Bibel – ichmeine Ihre 400 Anträge mit Kürzungsvorschlägen –eingebracht haben. Dabei wissen Sie genau: Wir habenuns Ihre Anträge sehr genau angeguckt,
weil wir natürlich Interesse daran haben, das Hemd anein paar Stellen noch etwas kürzer zu schneiden, wennsich das sinnvoll machen lässt.
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enn natürlich wollen wir auch mit diesem Haushaltazu beitragen, dass die Politik weiterhin im Sinne vonot-Grün gestaltet wird.
Von daher müssen wir Ihre Anträge – bei der CDU/SU geht es um 7,5 Milliarden Euro, bei der FDP um,8 Milliarden Euro – im Großen und Ganzen ablehnen.in paar konkrete Punkte haben wir zwar im Laufe deserfahrens übernommen,
llerdings überwiegend, um damit andere Positionen zuinanzieren. Meine Kollegin Anja Hajduk hat bereits ge-childert, dass wir in Form einer großen globalen Min-erausgabe, die nach der letzten SteuerschätzungMilliarden Euro beträgt, in die Haushalte eingreifen.Zum „Klingelbeutel“-Thema muss ich sagen: Es istinfach so, dass wir bei den flexibilisierten Ausgabenicht mehr so stark kürzen können, unter anderem, weilir von den Häusern erwarten, dass sie viel mehr ausbil-en und dafür das Polster der flexibilisierten Ausgabenusnutzen.
as hat auch Ihre Zustimmung gefunden. Wir könnenlso nicht mehr Leistung erwarten und gleichzeitig Kür-ungen vornehmen. Das haben wir uns sehr genau über-gt; sonst hätten wir es vielleicht so gemacht.Ich möchte meine paar Minuten Redezeit nutzen, um aller Deutlichkeit für das zu werben, was sowohl Mi-ister Eichel als auch meine Kollegin Katrin Göring-ckardt gesagt haben – hier sind wir aufeinander ange-iesen –: für einen umfassenden Abbau der steuerlichenubventionen. Im Winter letzten Jahres haben wir imermittlungsausschuss die Erfahrung gemacht, dass Sieiele Vorschläge zum Subventionsabbau abgelehnt ha-en. Deswegen bringen wir diesmal als einzigen Punkt, dem wir auf den Bundesrat – und damit auf die Oppo-ition hier – angewiesen sind, die Eigenheimzulage ein.
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12902 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 140. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 23. November 2004
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Franziska Eichstädt-BohligMinister Eichel hat das Angebot gemacht, eine Ar-beitsgruppe einzurichten, in der sich Vertreter von Bun-desrat und Koalition an einen Tisch setzen und gemein-sam Punkt für Punkt durchgehen, was im Bereich desSubventionsabbaus geleistet werden kann. Dafürmöchte ich bei Ihnen in aller Deutlichkeit werben. Wirsollten diesen Pingpongball nicht ständig hin- und her-spielen. Es sollte nicht jeder immer wieder sagen: Andieser oder jener Stelle hättet ihr sparen können. Viel-mehr sollten wir uns mit den wirklich großen Brockenbeschäftigen, die gesellschaftlich wehtun. Deswegenkönnen sie formal und inhaltlich nur gemeinsam ange-gangen werden.Bei diesen Themen handelt es sich um die Entfer-nungspauschale und um Probleme wie das Dienstwagen-privileg und
die Nacht- und Feiertagszuschläge; das weiß ich. DiesePunkte kann man nur gemeinsam angehen, und zwarauch politisch.Von daher rufe ich Sie auf, das endlich ernst zu neh-men und diesem Vorschlag zu folgen. Dann, glaube ich,kommen wir zusammen und können im nächsten Jahr ei-nen vernünftigen Haushalt aufstellen, der in den nächs-ten Jahren peu à peu Spielräume bringt. Wir alle wissenauch, dass der Abbau von Subventionen im Steuerbe-reich nicht von heute auf morgen eine Lösung bringt,auch der der Eigenheimzulage nicht. Deswegen war sehrkomisch, was der Kollege Merz heute gesagt hat. Allewissen, dass das volle Volumen erst nach acht Jahren freiwird – das müsste eigentlich auch der Kollege Merzschon gelernt haben –; niemand hat das Gegenteil be-hauptet. Umso wichtiger ist es, dass wir endlich mit demSubventionsabbau beginnen und diese Strukturreformgemeinsam vorantreiben. Hören wir also mit denSchuldzuweisungen auf! Ran an die Buletten!
Ich erteile das Wort Kollegen Bartholomäus Kalb,
CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Ich habe noch sehr gut in Erinnerung, wie Sievon der Koalition im letzten Jahr den KollegenAustermann mit Häme überzogen haben, als er gesagthat, dieser Haushalt – der Haushalt 2004 – sei nicht bera-tungsfähig.
Wenn es eines Beweises bedurft hätte, dass AustermannRecht hat, dann haben Sie ihn mit der Vorlage des Nach-tragshaushaltes erbracht,mdbf51mnFu–satngwnnsmLedddsndffdvdDflWadwhWdssa
it dem Sie ja eingestehen, dass Sie die Neuverschul-ung weit stärker ausdehnen müssen als jemals zugege-en, nämlich von 29,3 auf 43,7 Milliarden Euro. Sie ver-ehlen damit zum dritten Mal Ihr Ziel um rund0 Prozent; im letzten Jahr waren es sogar über00 Prozent. Und das nennen Sie dann solide! Hier kannan Austermann nur zustimmen: Das war nicht in Ord-ung. Das war nicht korrekt. Das war eine Hinters-Licht-ührung des Parlaments und des Volkes.
Jetzt ist keiner da von der Spitze des Finanzministeri-ms.
Entschuldigung, Herr Kollege Diller. – Es ist schonehr bemerkenswert, wie Sie sich sowohl letztes Jahr alsuch dieses Jahr geweigert haben, rechtzeitig – rechtzei-ig – einen Nachtragshaushalt vorzulegen. Wenn Sie jetztoch ein paar Wochen gewartet hätten, hätten Sie uns jaleich die Jahresrechnung präsentieren können. Sie ver-echseln gelegentlich Haushaltsplan und Jahresrech-ung.Die Situation des Haushalts hat sich in einer bishericht für möglich gehaltenen, dramatischen Weise ver-chärft. Das schränkt die Handlungsspielräume immerehr ein und gefährdet die Zukunftsfähigkeit unseresandes. Die Investitionsquote erreicht mit 8,9 Prozentinen historischen Tiefstand. Unsere Infrastruktur erlei-et einen dramatischen Substanzverlust. Neues, Notwen-iges kann nicht geschaffen werden. Das berührt eineer wesentlichen Grundlagen der Leistungsfähigkeit un-erer Volkswirtschaft.Es ist schon darüber gesprochen worden: Wenn Sieicht den Trick mit der Postpensionskasse machen wür-en, wäre der Haushalt, über den wir diese Woche zu be-inden haben, schon am Tage der Verabschiedung ver-assungswidrig. Nur mit diesem Trick erreichen Sie,ass die Investitionen knapp höher liegen als die Neu-erschuldung. Ohne diesen Trick wäre die Neuverschul-ung um 4,7 Milliarden Euro höher als die Investitionen.amit erschleichen Sie sich sozusagen die formale Ver-assungsmäßigkeit: mit dem Eingang langfristiger Zah-ungsverpflichtungen. Das widerspricht in eklatantereise Geist und Sinn des Art. 115 des Grundgesetzes.
Entgegen allen Aussagen ist zu befürchten, dass Sieuch 2005 und damit zum vierten Mal in Folge gegenie Maastrichtkriterien in erheblicher Weise verstoßenerden. Das hat den Bundeskanzler aber nicht daran ge-indert, letzte Woche in einem Interview zu behaupten:ir werden einen Bundeshaushalt 2005 vorlegen, derie Stabilitätskriterien einhält. Nein, Sie haben keinenolchen vorgelegt, Sie haben auch im Haushaltsaus-chuss keinen solchen beschlossen und sie werden auchm Freitag dieser Woche keinen derartigen beschließen.
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Bartholomäus KalbIch kann nur warnen: Melden Sie nach Brüssel korrekteZahlen! Der immer noch gute Ruf Deutschlands bei un-seren Partnern ginge sonst verloren. Griechenland kannnicht der Maßstab für uns sein,
was wir uns leisten sollen und wollen.Die neueste Masche von Finanzminister Eichel ist ja,den Ländern vorzuwerfen – heute Morgen wieder undauch am letzten Sonntag in „Berlin direkt“ –, sie würdenmit geschönten Zahlen und Tricks arbeiten. Dabei erwar-tet gerade er von den Ländern, dass sie mithelfen – er hatsie dazu aufgefordert –, die 3-Prozent-Grenze
der Maastrichtkriterien einzuhalten. Das ist auch richtigund dabei sollten alle zusammenhelfen; das ist im deut-schen Interesse. Aber wenn Sie sagen – so auch der Fi-nanzminister am Sonntag wieder –, einige Länder, da-runter drei unionsgeführte wie Hessen, Niedersachsenund das Saarland, hätten verfassungswidrige Haushalte,dann kann ich nur fragen: Ja wer hat denn dort regiert,wer hat denn die finanziellen Grundlagen dieser Länderzerstört?
Das waren doch die führenden sozialdemokratischenMinisterpräsidenten Hans Eichel, Gerhard Schröder,Oskar Lafontaine und Kollegen. So ist doch die Wahr-heit.
Den Nachfolgern wäre es viel lieber, diese Suppe jetztnicht auslöffeln zu müssen.Im Übrigen – Friedrich Merz hat heute Morgen darü-ber gesprochen –: Sie haben mit Ihrer dilettantischenUnternehmensteuerreform ganz wesentlich dazu bei-getragen, dass nicht nur die Einnahmen des Bundes, son-dern auch die der Länder und Gemeinden beschädigtworden sind. Sie haben ihnen die Grundlagen in ganzwesentlicher Weise entzogen.
Kollege Kalb, gestatten Sie eine Zwischenfrage der
Kollegin Schulte?
Gerne.
Herr Kollege Kalb, würden Sie bitte das Jahresgut-
achten der Sachverständigen zur Kenntnis nehmen.
Dann können Sie feststellen, dass Niedersachsen im
Moment zwar ein Finanzproblem hat, dass die Verschul-
dung des Landes Niedersachsen aber ganz erheblich un-
ter der vieler von der CDU regierten Länder liegt. Ich
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Verehrte Frau Kollegin Schulte, das ist wieder ein un-auglicher Versuch,
on den eigenen Fehlern abzulenken und die Schuld inichtung der Union zu schieben. Das geht so nicht undas kann ich auch nicht durchgehen lassen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, dass Sieen Zwang zum eisernen Sparen in Wirklichkeit nochicht sehen, beweisen die Ansätze für die Öffentlich-eitsarbeit für die grünen Spielwiesen – davon warchon die Rede; dies dient zur Ruhigstellung insbeson-ere des grünen Koalitionspartners – und auch das Fest-alten an den Umzugsplänen für den BND. Wer glaubt, einer solchen Zeit an einem derartigen Prestigeobjektesthalten zu müssen und dafür Mittel in einer Größen-rdnung von 700 Millionen Euro bis geschätzten,2 Milliarden Euro lockermachen zu können, der haten Ernst der haushaltspolitischen Lage wirklich nichtrkannt.
er Hang zum Zentralismus ist in dieser Bundesregie-ung unverkennbar. Wir sollten eine alte Volksweisheiteherzigen: Erst das Notwendige, dann das Nützlichend dann das Angenehme.Man wagt kaum, die Frage nach den finanziellenonsequenzen eines möglichen Beitritts der Türkei zurU anzusprechen, weil man sich damit sofort dem Vor-urf aussetzt, man würde die wahre Bedeutung und dieimension dieser Frage nicht erkennen.
s mag ja sein, dass es wichtigere Aspekte gibt, aber esuss schon die Frage erlaubt sein, ob wir das leistenönnen. Deutschland ist nun einmal der größte Netto-ahler – mit wieder steigender Tendenz. Die Kosten wer-en von seriösen Instituten zwischen 21 und5 Milliarden Euro pro Jahr angegeben. Den größteneil davon hätte Deutschland zu tragen. Sollten wir nichtrst Sorge dafür tragen, dass die jüngste Osterweiterungnd die bevorstehenden Beitritte von Rumänien undulgarien sowie möglicherweise von Kroatien und ande-en bewältigt werden können? Sie haben keinen Knopfeld in der Tasche, handeln aber nach dem Motto: Wasostet die Welt?
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12904 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 140. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 23. November 2004
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Bartholomäus KalbBei der Haushaltslinie für die EU besteht Einigkeit.Im Unterausschuss zu Fragen der EU und im gesamtenHaushaltsausschuss herrscht geschlossen und ganz nach-drücklich die Auffassung, dass die Entwicklung derkünftigen EU-Haushalte auf 1 Prozent des Bruttonatio-naleinkommens begrenzt werden muss. Insoweit unter-stützen wir die Position der Bundesregierung.Im Frühjahr hat der Bundeskanzler das Zeitalter derInnovation ausgerufen. Gleichzeitig verliert Deutsch-land bedingt durch politisches Handeln und infolge zu-widerlaufender Gesetzgebungen in wichtigen Bereichenimmer mehr an Boden. Ich nenne hier nur die Bio- undGentechnik, die pharmazeutische und die chemische In-dustrie und viele andere Bereiche mehr. Innovation heißtnicht nur Erforschen, sondern auch Umsetzen und zurAnwendung bringen.Das Weltwirtschaftsforum sieht Deutschland in derRangliste der wettbewerbsfähigsten Länder auf Platz 13.Viele andere bedeutende und weniger bedeutende Län-der liegen vor uns. Ich gebe Herrn Finanzminister EichelRecht, der vorhin gesagt hat, wir sollten Deutschlandnicht schlechtreden, die Chancen nicht kleinreden undunser Licht nicht unter den Scheffel stellen. Wir müssendann aber auch etwas tun, dass wir wieder Spitze wer-den. Darauf kommt es an.In Deutschland gehen täglich im Durchschnitt1 000 Arbeitsplätze verloren und damit auch Fähigkeitenund zum Teil sogar Kernkompetenzen. Deutschlandzählt aktuell nur noch 26,3 Millionen sozialversiche-rungspflichtige Beschäftigte. Das sind 6,4 ProzentBeschäftigte weniger als 1995. Im gleichen Zeitraum,seit 1995, ist die Zahl der Rentner um fast 16 Prozent,die Zahl der Pensionäre um 17 Prozent, die Zahl derArbeitslosen um 22 Prozent und die Zahl der Sozial-hilfeempfänger um 12 Prozent gestiegen. 26,3 MillionenArbeiter und Angestellte finanzieren 23 Millionen Ren-ten, 4,4 Millionen Arbeitslose und 2,8 Millionen Sozial-hilfeempfänger. Es kann nicht gut gehen, dass eineschrumpfende Leistungsminderheit eine wachsendeEmpfängermehrheit finanziert. Das Ergebnis ist unaus-weichlich: eine explodierende Neuverschuldung. Dassehen wir auch an den Haushalten. Im Bundeshaushalt2002 betrug die Neuverschuldung 32 Milliarden Euro,im Bundeshaushalt 2003 38,6 Milliarden Euro, imBundeshaushalt 2004 43,7 Milliarden Euro. DerHaushalt 2005 ist auf Sand gebaut. Wir werden unsnächstes Jahr um diese Zeit bei der Debatte um einenNachtragshaushalt wiedersehen. Sie nehmen die wirk-lichen Probleme dieses Landes nicht ernst und werdenIhrer Verantwortung nicht gerecht.Ich muss auf das schöne große Inserat aus demJahr 2000 zurückkommen, in dem der Herr Finanzminis-ter verkündet hat: Nur wer eisern spart, kann sich auchetwas leisten.
Ich habe den Eindruck: Dieser Finanzminister und dieseBundesregierung haben sich haushalts- und finanzpoli-tisch zu viel geleistet.Ich danke Ihnen.
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ie notwendige Konsolidierung ist ein steiniger Weg.as gilt für den Bund wie für die Länder und auch fürehr viele Kommunen.Ich hatte gehofft, dass diese Debatte davon geprägtein würde, dass wir über den richtigen Weg für das ge-einsame Ziel streiten.
eider ist dies bisher nicht eingetreten. Herr Merz hateute seine Abschiedsrede gehalten. Von einer seriöseninanzpolitik haben sich allerdings seine Fraktion und erelbst schon vor sehr langer Zeit verabschiedet.Sie haben kein stimmiges Konzept, sondern Sie stel-en sich einander widersprechende Forderungen auf.as, was zum Beispiel Sie, Herr Austermann, mit beson-erem Eifer immer wieder, je nach Bedarf und wie es ge-ade passt, fordern oder ankündigen, passt nicht zusam-en. Heute haben Sie sich darauf konzentriert, die zuohe Nettokreditaufnahme zu beklagen. Bei andererelegenheit verkünden Sie, es müsse eine deftige undräftige Steuersenkung geben.
ann kommen Sie mit neuen Forderungen, wie bei Ih-em Kopfpauschalenungetüm, mit dem neue Finanz-ücken aufgerissen werden.
err Austermann, Sie können noch so viele Purzel-äume schlagen: Ein Konzept wird daraus nicht.
iese drei Elemente passen einfach nicht zusammen. Est traurig, aber wahr: Die größte Oppositionsfraktion imeutschen Bundestag hat an Konstruktivem leider nichtsu bieten.
Herr Austermann und auch andere Kollegen habennsere Steuerreform kritisiert. Ich will noch einmal
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Jörg-Otto Spillersagen, was wir gemacht haben. Wir haben zunächst ein-mal das gute alte Prinzip bei der Lohn- und Einkommen-steuer wiederhergestellt: Starke Schultern tragen mehrals schwache. Das fing damit an, dass wir Steuerspar-künstlern mit einem sehr guten Einkommen die Mög-lichkeit genommen haben, sich dank kühner Konstruk-tionen und fantasiereicher Steuersparmodelle vor demFinanzamt armzurechnen. Es gilt heute wieder, dass einhohes Einkommen zu einer hohen Steuerpflicht führtund ein bescheidenes Einkommen zu einer geringenSteuerpflicht.
Wir haben insbesondere die Familien entlastet. Wirhaben ebenso die Bezieher bescheidener, normaler undmittlerer Einkommen entlastet. Wir haben auch – dazuhat die Senkung des Spitzensteuersatzes gedient – diemittelständischen Unternehmen entlastet; denn nur beiden mittelständischen Unternehmen hat der Spitzensteu-ersatz überhaupt eine Rolle gespielt. Bei Einzelpersonenwar das so gut wie gar nicht der Fall. Ich erinnere trotz-dem daran: Als Sie noch regierten, lag der Spitzensteuer-satz bei 53 Prozent.
Heute liegt er bei 45 Prozent. Ab Januar wird er42 Prozent betragen.
Der Eingangssteuersatz betrug zu Ihrer Zeit 25,9 Pro-zent. Ab 1. Januar 2005 wird er 15 Prozent betragen.
Die Körperschaftsteuer ist ein besonderes Kapitel.Der Bundesfinanzminister hat darauf hingewiesen, dassdas Wegbrechen der Einnahmen aus der Körperschaft-steuer – netto – dadurch verursacht wurde, dass alteSteuerguthaben erstattet wurden. Parallel dazu ging dasAufkommen aus der Kapitalertragsteuer steil in dieHöhe. Das muss man zusammen sehen. Inzwischen ha-ben wir auch wieder eine erfreuliche Zunahme des Auf-kommens aus der Körperschaftsteuer selbst. 2002 hattenwir Einnahmen aus der Körperschaftsteuer in Höhe von2,9 Milliarden Euro. Zugegeben: Das war wenig.
Dafür gab es allerdings Einnahmen in Höhe von14 Milliarden Euro aus der Kapitalertragsteuer. In die-sem Jahr haben wir ein Körperschaftsteueraufkommenvon knapp 14 Milliarden Euro. Im nächsten Jahr werdengut 17 Milliarden Euro erwartet. Das ist die Größenord-nung, die auch vor der Unternehmensteuerreform er-reicht worden ist.
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Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der ge-amtwirtschaftlichen Entwicklung hat vor wenigen Ta-en sein aktuelles Gutachten mit der Überschrift „Er-olge im Ausland – Herausforderungen im Inland“orgelegt. Natürlich spart er nicht mit kritischen Anmer-ungen zur Finanzpolitik bei Bund und Ländern. Wieollte das anders sein? Er ist nicht dazu eingesetzt, damitr nur Lob streut. Man muss aber Fairness walten lassen,enn man aus seinem Gutachten zitiert.Der Sachverständigenrat weist völlig zu Recht daraufin, dass die Gebietskörperschaften auf allen Ebenenchwierigkeiten mit ihren Haushalten haben. Wenn wirber den Stabilitäts- und Wachstumspakt reden, dannommt es auf das Ergebnis des Gesamtstaates an. Alleebietskörperschaften haben mit diesen Schwierigkeitenu kämpfen. Alle haben dazu beigetragen, dass es Pro-leme bei der Nettokreditaufnahme und bei der Höhe dererschuldung gibt. Ich zitiere aus dem Gutachten desachverständigenrates:…; der Föderalismus bundesdeutscher Provenienzerlaubt es … den Ländern zum einen, durch denBund angestrebte Einsparungen in Form eines Ab-baus von Steuervergünstigungen wirksam zu blo-ckieren, und zum anderen die Verantwortung fürdas gesamtstaatliche Defizit öffentlichkeitswirksamdem Bund gleichsam in die Schuhe zu schieben.enau das ist das Problem. Das ist Ihr Rezept. Es wirdhnen bloß nicht abgenommen werden, weil die Bürgeratürlich klüger sind, als Sie sie einschätzen. Die Bürgererden sich ihre eigenen Gedanken darüber machen, fürie unbedarft die Union sie hält.
Ein zweites Zitat des Sachverständigenrates lautet:Bei aller Kritik an diesen Operationen sollte aberauch nicht übersehen werden, dass der Bund zumeinen auf der Ausgabenseite merklich konsolidierthat und zum anderen der Weg über Einnahmeerhö-hungen durch den Abbau steuerlicher Vergünsti-gungen regelmäßig blockiert wird.Mit Ihrer Zustimmung hier im Deutschen Bundestagechnen wir nicht.
uf die Vernunft im Bundesrat hoffen wir immer noch.arauf haben Sie nur beschränkten Einfluss.
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12906 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 140. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 23. November 2004
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Liebe Kolleginnen und Kollegen, auf der Ehrentri-
büne hat der Parlamentspräsident der Republik Mazedo-
nien, Herr Dr. Ljubco Jordanovski, mit einer Delegation
Platz genommen. Wir heißen Sie im Deutschen Bundes-
tag herzlich willkommen.
Der Deutsche Bundestag begrüßt die Fortschritte bei
der Demokratisierung Mazedoniens und insbesondere
den eingeschlagenen Weg des Ausgleichs zwischen eth-
nisch-mazedonischen und ethnisch-albanischen Staats-
bürgern. Wir unterstützen diesen Prozess und wünschen
Ihnen und dem mazedonischen Parlament bei der weite-
ren Entwicklung Ihres Landes alles Gute.
Nun erteile ich dem Kollegen Jochen-Konrad
Fromme, CDU/CSU-Fraktion, das Wort.
Herr Kollege Spiller, Sie haben gerügt, wir hättenkein Alternativkonzept vorgelegt. Sie haben kein einzi-ges Wort zu diesem Haushalt gesagt, sondern nur überdie Opposition gesprochen. Das ist ein Armutszeugnisfür die Mehrheitsfraktionen.
Der Finanzminister hat sich schon mit Grausen vonseinem eigenen Haushalt abgewandt; sonst hätte ich ihmgern einmal vorgehalten, wie die „Hannoversche Allge-meine Zeitung“ ihn gerade kommentiert hat.Liebe Kolleginnen und Kollegen, es könnte ein Ge-winn sein, wenn wir gleichzeitig über den Nachtrags-haushalt 2004 und den Haushalt 2005 diskutieren. Mankönnte davon ausgehen, dass die Erfahrungen der ver-gangenen Jahre in den Haushalt 2005 eingeflossen sind.Nun sind zwar sowohl der Finanzminister als auch seinStaatssekretär Lehrer, aber gelernt haben sie aus denletzten drei Jahren nichts. Die Situation wiederholt sichimmer wieder: Sie legen einen völlig falschen Haushaltvor, beschimpfen uns, wenn wir die Zahlen richtig be-nennen, und müssen später kleinlaut eingestehen, dasswir doch Recht hatten.
Im Grunde genommen steht der Finanzminister heute dawie ein begossener Pudel, wie ein Ritter von der trauri-gen Gestalt, aber nicht wie jemand, der Haushalte gestal-tet.Der Haushalt ist ein Instrument der Gestaltung. Ersoll etwas bewirken. Der Finanzminister hat schon imMai gesagt, dass ein Nachtrag fällig ist. Wer im Mai er-kennt, dass er gestalten müsste, aber erst im Novembereinen Nachtragshaushalt vorlegt, der nur noch buchhal-terisch das nachvollzieht, was die Wahrheit längst ge-lehrt hat, vollzieht nach. Er ist Buchhalter, aber kein Ge-stalter. Sie haben das Prinzip des Nachtragshaushaltsüberhaupt nicht begriffen.
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nd sind nachher völlig enttäuscht, wenn die Realität Sieinholt. Sie stampfen dann wie ein kleines Kind auf denoden. Sie sollten die Realität rechtzeitig zur Kenntnisehmen. Sie sollten auch das zur Kenntnis nehmen, washnen der Bundesrechnungshof – das sind ja nicht wirewesen –
ls unabhängige Institution aufgeschrieben und gesagtat, und zwar so rechtzeitig, dass Sie es noch in einenirkungsvollen Nachtragshaushalt 2004 und in denaushalt 2005 hätten einbringen können.Sie verhalten sich völlig widersprüchlich. Dem Haus-alt 2005 legen Sie eine Wachstumsprognose zugrunde,amit Sie die Einnahmen hoch schätzen können. Das istoch der wahre Grund. Steuerschätzung ist kein Ge-eimnis, sondern der Finanzminister bestimmt mit derachstumsvorgabe das Rechenergebnis. Wenn Sie dieusgangsgröße für das Rechenergebnis zu hoch vorge-en, dürfen Sie sich nicht wundern, wenn die Steuerein-ahmen zu hoch geschätzt werden. Sie streuen damit denenschen Sand in die Augen. Zeitgleich begründen Sieen Nachtragshaushalt mit einer Konjunkturschwäche.as ist denn nun? Haben wir eine Konjunkturschwächeder Wachstum? Eines geht nur.
edenfalls passt beides nicht zusammen.
Der Finanzminister ist ein ausgesprochen schlechterassenwart. Wenn sich der Kassierer in meinem Schüt-enverein so benommen hätte, hätten wir ihn längst zumeufel gejagt.
Sie verkaufen Russlandforderungen mit einem Risi-oabschlag, also mit großen Verlusten, während Ihnenussland selbst gleichzeitig anbietet, die Forderungenurückzukaufen und sogar Vorfälligkeitszinsen zu zah-en. Das wäre ökonomisch richtig gewesen.Sie tun so, als würden Sie sich von den Postpensio-en trennen. In der Öffentlichkeit haben Sie den Ein-ruck erzeugt, Sie verkauften etwas und bekämen nocheld dafür.Ich bekomme täglich Briefe von besorgten Postbeam-en, die mich fragen, wer künftig ihre Pensionen bezahlt.n Wahrheit ist es doch anders: Sie haben mit großenerlusten Risiken – nämlich die Pensionsrisiken – ge-auft. Das könnte man zwar als ordnungsgemäß be-eichnen, wenn es kaufmännisch seriös zum richtigenarwert vonstatten ginge; dies würde aber bedeuten,eute das Geld auf die hohe Kante zu legen, um in
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 140. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 23. November 2004 12907
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Jochen-Konrad FrommeZukunft alle Forderungen daraus bedienen zu können.Aber was machen Sie? Sie schmeißen das ganze Geld inden Orkus des Haushaltslochs und in den nächsten Jah-ren werden neue Risiken auf den Haushalt gezogen.
Jetzt komme ich auf die Körperschaftsteuer zu spre-chen, die eines Ihrer Lieblingsthemen zu sein scheint.Sie haben sich auch in diesem Zusammenhang als ausge-sprochen schlechter Kassenwart erwiesen. Denn dieWirtschaft hat dem Staat ein zinsloses Darlehen in Höhevon 70 Milliarden Euro gewährt. Sie haben durch dieSystemumstellung dafür gesorgt, dass dieses zinsloseDarlehen sofort gekündigt wurde, und wundern sich,dass Sie jetzt jedes Jahr 2,1 Milliarden Euro Zinsen zah-len müssen und dass sich der Haushalt allein aus diesemGrunde verschlechtert hat.Herr Eichel hat das System der Vollanrechnung
als sehr schlimmes System bezeichnet, das er habe be-seitigen müssen. Ich glaube, Sie haben vergessen, wer esseinerzeit eingeführt hat. Das war nämlich HelmutSchmidt, der es 1977 eingeführt hat. Das war nicht un-sere Idee, sondern Ihre. Sie war aber richtig.
Sie haben durch die Systemumstellung und die Be-freiung der Veräußerungsgewinne von der Körperschaft-steuer der deutschen Wirtschaft Milliardengeschenke ge-macht.
Die Zeche bezahlt der kleine Mann. Weil die öffentli-chen Ausgaben finanziert werden müssen, muss derkleine Mann dieses Loch über die Ökosteuer und ande-res ausgleichen.Ich habe es nachgerechnet – übrigens stammen dieZahlen nicht von mir, sondern aus Ihrem Bundesfinanz-bericht –:
Die Einnahmen aus der Körperschaftsteuer betrugen ur-sprünglich 23 Milliarden Euro.
– Im Jahr 2000. Das ist noch gar nicht lange her. Die Lö-cher, die durch Ihre Systemumstellung entstanden sind,belaufen sich auf 77 Milliarden Euro,
die Sie der Wirtschaft geschenkt haben und die nun derkleine Mann bezahlen muss. Das betrachten Sie alsnachhaltige Finanzpolitik!
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Nach Angaben der Deutschen Bundesbank haben Sieen Bürgern über die Ökosteuer, die Tabaksteuer und da-it verbundene Maßnahmen jedes Jahr 0,5 Prozent derealen Kaufkraft genommen. Wer den Menschen jedesahr 0,5 Prozent der Kaufkraft – das macht 3,5 Prozentber die Jahre hinweg aus – nimmt, der darf sich nichtundern, dass die Leute nichts mehr kaufen können.enn sie nichts mehr kaufen können, dann kann nichtsehr verkauft werden. Wenn nichts mehr verkauft wer-en kann, dann muss nichts mehr produziert werden.ann gibt es keine Arbeit mehr und die Zahl der Ar-eitslosen steigt. Sie haben doch die Situation zu einemroßen Teil allein zu verantworten.In Frankreich und in anderen Ländern läuft es unteren gleichen Rahmenbedingungen besser, weil dieseänder nicht denselben Unsinn gemacht haben.
ei Ihnen sind immer die anderen schuld. Schauen Sieinmal richtig hin! Sie haben einen Großteil der Ursa-hen geschaffen. Solange Sie hier die Mehrheit haben,ird sich das auch nicht ändern. Sie können den Leuteneute so viel Geld geben, wie Sie wollen. Inzwischen ha-en Sie die Stimmung so kaputtgemacht,
ass die Leute Angst haben und nicht wissen, was dieukunft bringen wird. Deswegen wird das vorhandeneeld nicht ausgegeben. Die Leute halten es vielmehr zu-ammen, weil sie Ihre Politikrisiken immer stärkerürchten.
Wir diskutieren hier über den Haushalt, die wichtigstearlamentsentscheidung. Ich habe von Ihnen aber heuteoch keinen einzigen Satz zu der Sorge gehört, dass diechere zwischen den Einnahmen und Ausgaben immerrößer geworden ist und inzwischen 45 Milliarden Euro
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Jochen-Konrad Frommebeträgt. Wenn Sie im nächsten Jahr nichts mehr zu ver-kaufen haben, dann müssen Sie mir erklären, wie Sie dennächsten Haushalt ausgleichen wollen. Dann haben Sienämlich kein Tafelsilber mehr, das Sie verscheuern kön-nen.Ihnen ist nichts heilig. Sie gehen an die ERP-Mittelund die Goldvorräte und nehmen einfach Geld aus derKasse der Kreditanstalt für Wiederaufbau, die für diewirtschaftliche Entwicklung das A und O ist. Anschlie-ßend wundern Sie sich noch über die schlechten Ergeb-nisse Ihrer Politik. Ich kann ja verstehen, dass der Bun-desfinanzminister dieser Debatte nicht beiwohnenmöchte. – Herr Eichel, Sie sind ja wieder da. Herzlichwillkommen, Herr Minister.
– Das finde ich ausgesprochen gut; denn hier können Siejederzeit das lernen, was Sie bisher nicht kapiert haben.
Es geht schlicht und einfach darum: Wer die wirt-schaftliche Entwicklung wenden will – das ist dasA und O und entscheidet über das Schicksal der Men-schen und unserer Nation –, der muss die Bedingungenfür das Wirtschaften verbessern und darf nicht durchVerunsicherung und durch Wegnahme von Kauf- und In-vestitionskraft dazu beitragen, dass die Wirtschaft ihreRolle nicht erfüllen kann. Alles, was Sie tun, hat mitnachhaltiger Politik überhaupt nichts zu tun. Das Ein-zige, was Sie tun, ist, Risiken auf künftige Generationennachhaltig zu verlagern. Das ist unseriös. So darf es inDeutschland nicht weitergehen; denn so werden wir nieauf die Beine kommen, so werden wir es nie schaffen.Sie haben unseren Sparantrag überhaupt nicht ver-standen. Wir wollen sozusagen von den Resten, die manseit Jahren vor sich herschiebt, also von den Mitteln, diezwar in den Haushalt eingestellt waren, die aber nichtgebraucht wurden, 10 Prozent wegnehmen. Das ist et-was ganz anderes, als sozusagen aus dem Fleisch etwasherauszuschneiden. Wir wollen vielmehr den angesam-melten Speck wegnehmen. Ihre globale Minderaus-gabe dürfte doch genauso wirken wie das, was wir vor-haben. Aber bei Ihnen soll es richtig und bei uns soll esfalsch sein. So werden Ihnen die Menschen nicht auf denLeim gehen. So wird es nicht gehen.
– Das mag durchaus sein. Da Sie schon bisher nichtsverstanden haben, werden Sie auch dies und insbeson-dere unsere Anträge nicht verstehen.
Die Menschen werden aber eines verstehen: Sie ha-ben ihnen vorgegaukelt, in kurzer Zeit die Staatsfinanzenzu sanieren. In Wahrheit haben Sie die Staatsfinanzen ru-iniert. Das ist das Ergebnis Ihrer Politik.
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err Austermann hat Ihnen doch ausführlich erklärt, wasir alles mitgetragen haben. Wenn wir allem, was Sieoriges Jahr wollten, zugestimmt hätten, dann hätten Sieieses Jahr nichts mehr, um die Haushaltslöcher zu stop-en. Dann wäre der Zustand, der erst nächstes Jahr ein-reten wird, schon jetzt eingetreten.Der jetzt von Ihnen vorgelegte Haushalt ist so ma-ode, dass er im Grunde genommen keiner Beratungert ist. Eigentlich müssten Sie Ihren Haushaltsentwurfurückziehen und von vorne beginnen.
Ich erteile das Wort Kollegen Bernhard Brinkmann,
PD-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dass wiror einer äußerst schwierigen und problematischenaushalts- und Finanzlage stehen, ist heute Vormittageutlich geworden.
as allerdings der Kollege Fromme eben zum Bestenegeben hat,
ann man nur unter die Überschrift stellen: Lasst ihnloß nicht an ein Rednerpult! Denn dann wird aus einemachlichen, fairen und verlässlichen Kollegen im Haus-altsausschuss ein Rambo.
Herr Kollege Fromme, ich kenne Sie schon aus dereit, als Sie noch Kreisdirektor des Landkreises Hildes-eim waren. Aber das, was Sie eben zur Körperschaft-teuer gesagt haben,
uss aufgearbeitet werden; denn das hatte mit Wahrheitnd Wahrhaftigkeit überhaupt nichts zu tun. Wir machenas ein anderes Mal in aller Ruhe; denn meine Redezeitt von sieben auf fünf Minuten gekürzt worden.
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 140. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 23. November 2004 12909
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Bernhard Brinkmann
Nur ein kurzer Hinweis dazu: Wenn Sie die gestiege-nen Kapitalertragsteuereinnahmen eingerechnet hätten,dann hätten Sie nicht solch unrealistische Zahlenbei-spiele genannt und wären stattdessen auf völlig andereZahlen gekommen, werter Kollege Fromme. Aber wiegesagt, das arbeiten wir ein anderes Mal in aller Ruheauf.Ich möchte etwas zu der Abschiedsrede von FriedrichMerz sagen. Wer die Gegenfinanzierung des Bundeszu-schusses zur gesetzlichen Rentenversicherung in derArt und Weise diskreditiert, wie er es getan hat, denmuss man ganz einfach daran erinnern, meine sehr ver-ehrten Damen und Herren von Union und FDP, dass esdie SPD und der seinerzeit von einer SPD-Mehrheit be-herrschte Bundesrat waren, die Ihnen im Frühjahr 1998entgegengekommen sind. Ansonsten wäre damals derRentenversicherungsbeitrag auf fast 23 Prozent gestie-gen. Wir haben Ihnen mit dem 1 Prozent Mehrwertsteuergeholfen. Heute liegt der Beitragssatz in der Rentenver-sicherung bei 19,5 Prozent und nicht bei 23 Prozent.Auch da sollten Sie immer bei der Wahrheit bleiben,meine Damen und Herren von der Opposition.
Man muss Ihnen noch einen weiteren Punkt vor Au-gen führen – das hören Sie natürlich nicht gern; aber dasist so –: Als Sie 1998 abgewählt worden sind, haben SieStaatsschulden in Höhe von 1,5 Billionen DM – derWert des Euro ist übrigens hälftig, Herr KollegeFromme, und nicht doppelt wie bei Herrn Stoiber – hin-terlassen. Diese Kosten haben Sie durch die falsch finan-zierte deutsche Einheit verursacht. Ich wiederhole: Siehaben Staatsschulden in Höhe von 1,5 Billionen DM– in Euro hälftig – hinterlassen.Ich kann Ihnen ein blaues Blatt geben, auf dem Sienachlesen können, welche Steuererhöhungen Sie vorge-nommen haben:
Von 1983 bis 1998 haben Sie Steuererhöhungen in Höhevon 150 Milliarden DM vorgenommen, um auch die Lö-cher zu stopfen, die Sie durch die falsch finanzierte deut-sche Einheit selber aufgerissen haben. Auch das müssenSie hier wieder einmal zur Kenntnis nehmen.
– Dass Sie da laut werden, kann ich verstehen. Das hörenSie nicht gern.Ich will Ihnen dazu drei Punkte nennen:Erstens. Geerbt haben Sie 1983 eine Versicherung-steuer von 5 Prozent. Sie haben sie auf 15 Prozent er-höht, also verdreifacht.
– Jetzt liegt sie bei 16 Prozent; es ist also 1 Prozentmehr. Herr Kollege Austermann, das können Sie sichaenoegherbdmmd2mHvdSwßdtIkSHßwPvEvwngkm
hne dass ein Pfennig zurückgeflossen ist und ohne dasss stabile oder gesunkene Rentenversicherungsbeiträgeegeben hat.Ich glaube schon, dass Sie das nicht gern hören. Sieören auch nicht gern, dass Sie uns einen Eingangssteu-rsatz in Höhe von 26 Prozent – genau genommen wa-en es 25,9 Prozent – hinterlassen haben; heute liegt erei 15 Prozent.Der Kollege Austermann hat davon gesprochen, dassie Schwarzarbeit bei unteren und bei mittleren Einkom-ensschichten wegen gesunkener Steuersätze zugenom-en hat. Angesichts dessen frage ich mich, wie es miter Schwarzarbeit bei einem Eingangssteuersatz von6 Prozent und bei einem weitaus geringeren Existenz-inimum war.
err Kollege Austermann, ich kann nur hoffen, dassiele Bürgerinnen und Bürger aus Schleswig-Holsteiniese Debatte verfolgen, sodass auf Ihnen immer einchatten lastet und Sie nicht Finanzminister in Schles-ig-Holstein werden.
Lassen Sie mich zum Schluss auf den Entschlie-ungsantrag der Unionsfraktion in Sachen Konversionerjenigen Standorte kommen, die von Schließungen be-roffen sind. Das ist auch in meinem Wahlkreis der Fall.ch bedauere es sehr, dass es in Hildesheim demnächsteine Bundeswehr mehr geben wird. Wer allerdings wieie heute ständig von Wahrheit und von Klarheit bei deraushaltsführung spricht und dann einen Entschlie-ungsantrag vorlegt, dessen Umsetzung dazu führt, dassir Liegenschaften des Bundes zu einem symbolischenreis von 1 Euro, auf jeden Fall weit unter Marktpreiserkaufen – nach Ihren Ausführungen haben wir jedenuro bitter nötig –, der geht auch hier an den Realitätenorbei. Wir werden auch diesen Entschließungsantrag,ie wir es im Haushaltsausschuss getan haben, ableh-en. Die Koalitionsfraktionen werden eine Arbeits-ruppe einsetzen, um zu pragmatischen Lösungen zuommen. Wir laden Sie herzlich ein, daran teilzuneh-en.Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Ich erteile das Wort Kollegin Gesine Lötzsch.
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Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-
ren! Ich bin Abgeordnete der PDS.
Es ist wirklich beeindruckend, wie es Finanzminister
Eichel jedes Jahr wieder schafft, sich arm zu rechnen.
Obwohl schon die Kohl-Regierung die Steuerlast der
Unternehmen in großem Umfang gesenkt hatte, legte die
rot-grüne Regierung noch einmal kräftig nach und brach
tatsächlich alle Rekorde. So verzichtet die Bundesregie-
rung seit ihrer Unternehmensteuerreform im Jahre 2000
– das ist heute schon mehrmals gesagt worden – jedes
Jahr auf rund 20 Milliarden Euro Steuereinnahmen. Ab
dem 1. Januar 2005 wird der Spitzensteuersatz wieder
gesenkt. Damit gehen dem Bund und den Ländern etli-
che Milliarden Euro verloren.
Die Bundesregierung glaubt offensichtlich noch im-
mer, dass Steuersenkungen für die Unternehmen zu
mehr Investitionen und damit zu mehr Arbeitsplätzen
führen würden. Doch diese Regierung hat die Rechnung
ohne die Unternehmen gemacht. BASF konnte zum Bei-
spiel im letzten Jahr seinen Gewinn um 55 Prozent stei-
gern. Das sind knapp 5 Milliarden Euro Gewinn in die-
sem Jahr. Der „Spiegel“ schreibt dazu:
Die Konzerne schwimmen förmlich in Geld – fragt
sich nur, wofür sie die Milliarden ausgeben.
Doch die Hoffnung der Bundesregierung, dass die
Gewinne investiert werden, hat sich nicht bestätigt. Seit
vier Jahren reduzieren die deutschen Unternehmen ihre
Ausrüstungsinvestitionen und bauen bei jeder Gelegen-
heit Arbeitsplätze ab. Die Deutsche Bank zum Beispiel
hat in drei Jahren 21 000 Stellen abgebaut und kann in
diesem Jahr mit einem Gewinn von 5 Milliarden Euro
rechnen.
Fazit: Die Gewinne der Konzerne steigen und gleich-
zeitig wird die Arbeitslosigkeit am Jahresende die
Schallmauer von 5 Millionen durchbrechen.
Die Steuerausfälle, die durch die Bundesregierung
verschuldet sind, und die Arbeitslosigkeit grenzen die
Handlungsfähigkeit des Staates immer mehr ein. Das
Geld reicht hinten und vorne nicht, um die dringendsten
Staatsaufgaben zu finanzieren. Wer glaubt, dass es nicht
schlimmer kommen kann, der irrt. Der Kanzler macht
sich Sorgen um den schwachen Dollar. Die Sorgen sind
begründet; denn Deutschland ist schlecht aufgestellt. Es
steht wirtschaftlich auf nur einem Bein. Das Standbein
der deutschen Wirtschaft heißt Export. Das zweite Bein,
die Binnennachfrage, wird von Jahr zu Jahr schwächer
und droht völlig einzuknicken. Ein Wegbrechen unseres
Standbeins können wir uns nicht leisten; denn die
schwache Binnennachfrage wird einen rückläufigen Ex-
port nicht ausgleichen können.
Der schwache Dollar macht die Fehler der Bundesre-
gierung auf dem Gebiet der Arbeitsmarkt- und Sozial-
politik überdeutlich. Die tatsächlich verfügbaren Ein-
kommen der abhängig Beschäftigten sind heute geringer
als vor 14 Jahren. Die, die keine Arbeit haben, trifft es
noch härter. Ab 1. Januar nächsten Jahres – übrigens der
Tag, zu dem der Spitzensteuersatz gesenkt wird – wer-
den Arbeitslose kein Arbeitslosengeld oder sehr viel we-
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Natürlich gibt es die PDS im Bundestag, nämlich Frau
au und mich. – Einen Änderungsantrag will ich beson-
ers hervorheben. Frau Pau und ich wenden uns gegen
ine weitere Senkung des Spitzensteuersatzes von
5 Prozent auf 42 Prozent zum 1. Januar 2005.
enn Sie, meine Damen und Herren, auf die Senkung
es Spitzensteuersatzes verzichten, sind rund 2,55 Mil-
iarden Euro mehr in der Staatskasse. Ich weiß, dass
iele in der SPD und bei den Grünen Sympathie für die-
en Vorschlag haben. Ich bin gespannt, wer von Ihnen
ich traut, unserem Änderungsantrag zuzustimmen.
Vielen Dank.
Ich erteile Kollegen Klaas Hübner, SPD-Fraktion, das
ort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-en! Der Kollege Fromme hat uns eben eine gute Wirt-chaftspolitik attestiert, wofür ich ihm sehr danke.
as gilt besonders für das, was wir bei der Körper-chaftsteuer gemacht haben. Es ist bisher so gewesen,ass die einbehaltenen, also thesaurierten, Gewinne steu-rlich besser gestellt wurden als die ausgeschütteten Ge-inne. Wir haben in Deutschland im Mittelstand ein Ei-enkapitalproblem. Bei einer historischen Betrachtungeigt sich, dass der Mittelstand nämlich eher außenfinan-iert ist. Wir haben dieses Problem gelöst. Wir habenafür gesorgt, dass die einbehaltenen Gewinne steuerlichicht mehr besser behandelt werden als die ausgeschüt-eten Gewinne, sodass die Eigenkapitalquote der
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Klaas HübnerUnternehmen gesteigert werden kann. Das ist eine nach-haltige Maßnahme zur Stärkung des deutschen Mittel-stands.Friedrich Merz hat heute in seiner Abschiedsrede einsehr rührendes Beispiel gebracht. Er sagte, dass zurzeitjedes neugeborene Kind mit Schulden von 16 000 Eurobelastet ist. Er verschwieg dabei aber, dass 70 Prozentdieser 16 000 Euro unter der Regierung von CDU/CSUund FDP entstanden sind. Das gehört zur Wahrheit dazu.
Wenn es Ihnen wirklich um Kinder geht, meine Damenund Herren von der Opposition, dann sollten Sie IhreHaltung zur Eigenheimzulage noch einmal überdenken.
Wir wollen Folgendes: Wir wollen die Eigenheimzulagezurückfahren und das dadurch frei werdende Geld in Bil-dung, Forschung und Wissenschaft stecken, also in dieKöpfe unserer jungen Menschen.
Wir wollen nicht in Beton investieren, sondern in dieKöpfe der nachwachsenden Generation. Wenn Sie etwasfür Kinder in diesem Lande tun wollen, dann müssen Siedie Konsequenz ziehen und im Bundesrat der Abschaf-fung der Eigenheimzulage zustimmen.Die Sparvorschläge der Union waren
vor allem von der Idee geprägt, dass insgesamt10 Prozent der flexibilisierten Mittel eingespart werdensollten. Ich will nur an einem Etat zeigen, was das wirk-lich heißt. Hier besteht nämlich ein Widerspruch zu denAuffassungen Ihrer eigenen Fachpolitiker. Wenn man zudem Streichvolumen von 700 Millionen Euro, das sichgemäß diesem Vorschlag für den Haushalt des Ministersder Verteidigung Peter Struck ergibt, die Kürzungen inHöhe von 250 Millionen infolge der globalen Minder-ausgabe und die Einsparmaßnahmen beim Eurofighterund beim NH90 addiert, dann kommt man auf einStreichvolumen von über 1 Milliarde Euro nur imEinzelplan 14, also dem des Bundesverteidigungsminis-ters.
Wenn man das nun in Beziehung setzt zu der von Ihnenangestoßenen Diskussion um innere und äußere Sicher-heit und zu den fortwährenden Forderungen Ihrer Vertei-digungspolitiker, für einen Aufwuchs beim Verteidi-gungsetat zu sorgen, stellt man fest, dass hier ein krasserWiderspruch besteht. Das zeigt, wie zerrissen Sie selbersind und dass Sie kein Konzept für die Haushaltspolitikin diesem Lande haben.
Es ist unzweifelhaft eine relativ schwierige Zeit fürdie Aufstellung von Haushalten; dennoch haben wir esgeschafft, Akzente zu setzen, vor allen Dingen – dasmddOfdJsENshJahtrvzrAhmtedddwLtemruDuCDVS-
Ich erteile das Wort Kollegen Heinz Seiffert, CDU/
SU-Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!ieser Bundeshaushalt 2005, den Sie dem Parlament zurerabschiedung vorlegen, ist durch und durch unseriös.
ie treten die Grundsätze der Haushaltswahrheit undklarheit mit Füßen.
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Heinz SeiffertDie Finanzen der Bundesrepublik Deutschland sind totalaus den Fugen geraten. Dieser Haushalt leidet wie seinevier Vorgänger an einem gigantischen strukturellenDefizit. Sie bringen die Einnahmen und Ausgaben nichtmehr zusammen, Herr Minister Eichel. Rot-Grün redetvon Haushaltskonsolidierung und Nachhaltigkeit im Fi-nanzbereich; Tatsache ist aber, dass Sie Deutschland inunverantwortlicher Weise in den Schuldenstaat führen.
Sie missachten Art. 115 der Verfassung. Sie brechenfortgesetzt völkerrechtliche Verträge. Das läuft immerwieder nach dem gleichen Schema: Sie planen viel zuoptimistisch – mehr nach dem Prinzip Hoffnung, dieEinnahmen zu hoch, die Ausgaben zu niedrig –, dannweisen Sie auf die Risiken hin, die in der Planung nochstecken – „auf Kante genäht“ war einige Jahre das Stich-wort –, und spätestens im Herbst erklären Sie schließ-lich, warum alles viel schlimmer gekommen ist. Schulddaran sind in aller Regel nicht Sie selbst, sondern äußereEinflüsse und Umstände: fehlendes Wachstum, lah-mende Weltwirtschaft, hoher Dollar und vor allem die„Blockade“ im Bundesrat. Nur eigene Fehler haben Sienie gesehen.
Was sind die Folgen dieser Himmelfahrtsplanung desHauses Eichel? Verschuldung 2002: geplant 17,2 Mil-liarden Euro, tatsächlich 31,9 Milliarden Euro; 2003: ge-plant 18,9 Milliarden Euro, tatsächlich aufgenommen38,6 Milliarden Euro; 2004: geplant 29,3 MilliardenEuro, jetzt stehen wir bei 43,5 Milliarden Euro, wahr-scheinlich landen wir bei 47 Milliarden Euro. Waswürde man wohl mit einem Stadtkämmerer tun, der überJahre hinweg solche Leistungen vorlegt?
Für 2005 haben Sie 22 Milliarden Euro Neuverschul-dung in der Planung; dabei liegt das strukturelle Defizitwieder bei mindestens 45 Milliarden Euro.Ein großes Magazin hat getitelt: „Trickser in Top-form“. Herr Minister Eichel, „Trickser“ stimmt, aber„Topform“ stimmt nicht.
Wenn jemand Tricks vorführt, darf man nicht von vorn-herein schon wissen, wie das Ganze ausgeht.Um von der Realität abzulenken, verkaufen Sie in un-verantwortlicher Weise Tafelsilber. Meine Damen undHerren, es hat überhaupt nichts mit nachhaltiger Finanz-politik zu tun, wenn man nur schnell und um jeden Preisverkauft, um Kasse zu machen. Wenn man dadurch dieSpielräume der nachfolgenden Generationen einengt,dann verkauft man im Prinzip deren Zukunft. Das ist un-verantwortlich.Herr Minister Eichel, denken Sie eigentlich noch da-ran, wie Sie kurz nach Ihrem Amtsantritt über die Schul-den der Vorgängerregierung geredet haben, wie Sie da-gegen polemisiert haben, dass wir gigantische BeträgefvdSdeicDsmdgJsIddstdvßDdgrSDwnStVfeteBEiKllddsAgj
ie haben noch im Jahr 2002 von einer Nullverschul-ung im Jahr 2006 geredet. Davon sind Sie meilenweitntfernt.
Meine Damen und Herren, größter Einnahmebereichm Bundeshaushalt sind die Steuereinnahmen. Sie ma-hen 75 Prozent der Gesamteinnahmen des Bundes aus.ie Steuern steigen zwar ständig, aber in der Gesamt-umme nicht so stark, wie von den Steuerschätzern im-er prognostiziert. Nun beklagen Sie, dies sei die Folgeer Wachstumsschwäche. Dabei vergessen Sie zu sa-en, dass die Wachstumsschwäche in Deutschland seitahren eklatant ist und dass Sie an dieser Wachstums-chwäche einen kräftigen Anteil haben. Sie haben durchhre sprunghafte Steuerpolitik, vor allem durch das stän-ige Herumdoktern an den Bemessungsgrundlagen – ichenke nur daran, wie man ständig die Abschreibungs-ätze verändert hat –, ganz maßgeblich zu einem Ver-rauensverlust beigetragen. Niemand hat doch – zumin-est in Deutschland – wirtschaftliche Investitionenorgenommen und die privaten Verbraucher sind derma-en verunsichert, dass auch sie nicht mehr am Standorteutschland investieren.Ich nenne einige konkrete Beispiele aus jüngster Zeitafür, wie chaotisch und wenig bedacht die Steuerpolitikelaufen ist.Als erstes Beispiel nenne ich das Gesetz zur Förde-ung der Steuerehrlichkeit. Durch das Angebot, dasschwarzgelder, die im Ausland gebunkert sind, nacheutschland zurückgeholt und hier pauschal versteuerterden können, haben Sie 5 Milliarden Euro Steuerein-ahmen für den Fiskus erwartet. Herr Minister Eichel,ie haben alle Ratschläge der Fachleute und der Opposi-ion in den Wind geschlagen. Selbst die Zusage, die imermittlungsausschuss gemacht wurde, steht heute uner-üllt im Raum. Sie haben nämlich bis heute versäumt,ine gesetzliche Regelung vorzuschlagen, wie die Kapi-alerträge, die zurückgekommen sind, künftig versteu-rt werden sollen. Sie bieten den Steuersündern einerücke zur Ehrlichkeit an, ohne zu sagen, wie es amnde der Brücke weitergeht. Sie haben nicht die Kraft,n den Koalitionsfraktionen eine Abgeltungssteuer aufapitaleinkünfte vorzuschlagen und durchzusetzen. Sieassen die Sache lieber laufen und Sie sagen, es hinge al-es am Bundesrat.Begleitet wird dieses Trauerspiel von den Aussagener Frau Simonis, die noch Ministerpräsidentin ist undie zusammen mit ihren Genossinnen und Genossentändig davon redet, die Erbschaftsteuer zu erhöhen.ndere äußern die Auffassung, man müsse die Vermö-ensteuer wieder einführen. Glauben Sie wirklich, dassemand, der Schwarzgeld im Ausland hat, angesichts der
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Heinz Seiffertdiffusen Verhältnisse, die Sie zu verantworten haben,dieses Geld zurück nach Deutschland bringt?
Ich will ein weiteres Beispiel nennen. Die Erhöhungder Tabaksteuer in drei Stufen war verkorkst undfalsch. Alle Fachleute und auch die Opposition habendavor gewarnt. Denn die stufenweisen Erhöhungen sindso hoch und erfolgen in so kurzen Abständen, dass dieBemessungsgrundlagen zerstört werden. Herr Minister,entweder waren Sie in diesem Punkt beratungsresistentoder Sie konnten sich gegen die Gesundheitsministerin,die möglichst schnell Geld sehen wollte, nicht durchset-zen.Tatsache ist nun: Statt der im Haushalt eingeplanten1 Milliarde Euro Mehreinnahmen haben Sie Minderein-nahmen in Höhe von 400 Millionen Euro. Dieses dilet-tantische Vorgehen hat also ein Haushaltsloch von1,4 Milliarden Euro verursacht. Wenn dieses Loch da-durch entstanden wäre, dass möglichst viele Rauchervon ihrem Laster abgekommen wären, dann könnte manwenigstens den gesundheitspolitischen Aspekt hervorhe-ben. Aber dieses Steuerloch ist ausschließlich dadurchentstanden, dass der Schmuggel und der Schwarzhandelfür Zigaretten in einem gigantischen Ausmaß zugenom-men haben.
Ein drittes Beispiel ist der Tanktourismus, der durchdie hohe Mineralölsteuer verursacht wird. Der Preisun-terschied bei Diesel und Benzin ist mittlerweile so groß,dass zig Tausende ins Ausland fahren, um günstig zutanken. Dadurch werden bei uns in den grenznahen Re-gionen die Existenz von Tankstellen und 5 000 Arbeits-plätze gefährdet. Das sind Folgen einer falschen Politik,die sich jetzt im Haushalt niederschlagen.Wir haben heute Morgen im Finanzausschuss be-schlossen, eine Sachverständigenanhörung zu einemAntrag der CDU/CSU durchzuführen, der seit gerau-mer Zeit vorliegt. Es gilt, ein modernes Steuerrecht fürDeutschland gesetzgeberisch auf den Weg zu bringen.Wir haben als Opposition ein Konzept für eine grundle-gende Reform der Steuerstruktur vorgelegt. Wir wollenfür Bürger und Unternehmen ein Steuerrecht, das einfa-cher, gerechter und leistungsfähiger ist.
Die Union hat ganz klare Vorstellungen. Sie werden se-hen, dass die Sachverständigen bei der Anhörung unsereVorschläge durchweg positiv beurteilen.Herr Minister Eichel, Sie und die rot-grüne Koalitionhaben nicht mehr die Kraft, Ihrem selbst verschuldetenSteuerdickicht zu entkommen. Deshalb wäre es fürDeutschland gut, wenn diese verbrauchte Regierungbaldmöglichst Platz für eine bessere Politik machenwürde.Vielen Dank.nFrdndrrr1WrBAFsgmdnnfEgeHDesuwdgmGnumSSDSmDb
Ich schließe die Aussprache.Wir kommen zu den Abstimmungen, und zwar zu-ächst über den Einzelplan 08, Bundesministerium derinanzen, in der Ausschussfassung. Es liegt ein Ände-ungsantrag der Fraktion der CDU/CSU vor, der sich aufie beiden Einzelpläne 08 und 20 und außerdem auf alleoch zu beratenden weiteren Einzelpläne mit Ausnahmeer Einzelpläne 32 und 60 bezieht. Über diesen Ände-ungsantrag soll mit Zustimmung der Antragsteller be-eits jetzt insgesamt abgestimmt werden.Wir kommen also zur Abstimmung über den Ände-ungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Drucksache5/4340. Wer stimmt für diesen Änderungsantrag? –er stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Ände-ungsantrag ist mit den Stimmen von SPD undündnis 90/Die Grünen sowie der beiden fraktionslosenbgeordneten gegen die Stimmen von CDU/CSU undDP abgelehnt.Wir kommen nun zum Einzelplan 08 in der Aus-chussfassung. Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dage-en? – Enthaltungen? – Der Einzelplan ist mit den Stim-en der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen gegenie Stimmen der anderen Abgeordneten im Hause ange-ommen.Abstimmung über den Einzelplan 20 – Bundesrech-ungshof – in der Ausschussfassung. Wer stimmt da-ür? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Derinzelplan 20 ist einstimmig angenommen.Abstimmung über den von der Bundesregierung ein-ebrachten Entwurf eines Gesetzes über die Feststellungines Nachtrages zum Bundeshaushaltsplan für dasaushaltsjahr 2004, Drucksachen 15/4020 und 15/4137.er Haushaltsausschuss empfiehlt in seiner Beschluss-mpfehlung, den Gesetzentwurf in der Ausschussfas-ung anzunehmen. Das sind die Drucksachen 15/4138nd 15/4139. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzent-urf in der Ausschussfassung zustimmen wollen, umas Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltun-en? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratungit den Stimmen der SPD und des Bündnisses 90/Dierünen gegen die übrigen Stimmen des Hauses ange-ommen.Dritte Beratungnd Schlussabstimmung. Es ist namentliche Abstim-ung verlangt. Ich bitte die Schriftführerinnen undchriftführer, die vorgesehenen Plätze einzunehmen. –ind die vorgesehenen Plätze besetzt? – Das ist der Fall.ann eröffne ich die Abstimmung.Ist ein Mitglied des Hauses anwesend, das seinetimme noch nicht abgegeben hat? – Ich frage noch ein-al: Haben alle Kolleginnen und Kollegen abgestimmt? –as ist der Fall. Dann schließe ich die Abstimmung unditte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der
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12914 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 140. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 23. November 2004
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Präsident Wolfgang ThierseAuszählung zu beginnen. Das Ergebnis der Abstimmungwird Ihnen später bekannt gegeben.1)Liebe Kolleginnen und Kollegen, da wir mit Abstim-mungen fortfahren, bitte ich Sie, Platz zu nehmen.Wir kommen zur Abstimmung über den Ent-schließungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksa-che 15/4341. Wer stimmt für diesen Entschließungsan-trag? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – DerEntschließungsantrag ist mit den Stimmen von SPD undBündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen von CDU/CSU und FDP abgelehnt.Ich rufe die Tagesordnungspunkte VII a bis f auf:VII Überweisungen im vereinfachten Verfahrena) Beratung des Antrags der BundesregierungBeteiligung bewaffneter deutscher Streitkräftean der EU-geführten Operation ALTHEA zurweiteren Stabilisierung des Friedensprozessesin Bosnien und Herzegowina im Rahmen derImplementierung der Annexe 1-A und 2 derDayton-Friedensvereinbarung sowie an demNATO-Hauptquartier Sarajevo und seinenAufgaben, auf der Grundlage der Resolu-tion 1575 des Sicherheitsrates der Ver-einten Nationen vom 22. November 2004– Drucksache 15/4245 –Überweisungsvorschlag:Auswärtiger Ausschuss
RechtsausschussVerteidigungsausschussAusschuss für Menschenrechte und Humanitäre HilfeAusschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit undEntwicklungAusschuss für die Angelegenheiten der Europäischen UnionHaushaltsausschuss gemäß § 96 GOb) Beratung des Antrags der BundesregierungEinsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zurUnterstützung der ÜberwachungsmissionAMIS der Afrikanischen Union in Dar-fur/Sudan auf Grundlage der Resolutionen1556 und 1564 (2004) des Sicherheitsra-tes der Vereinten Nationen vom 30. Juli 2004und 18. September 2004– Drucksache 15/4227 –Überweisungsvorschlag:Auswärtiger Ausschuss
RechtsausschussVerteidigungsausschussAusschuss für Menschenrechte und Humanitäre HilfeAusschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit undEntwicklungHaushaltsausschuss gemäß § 96 GOc) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ände-rung dienst- und arbeitsrechtlicher Vorschrif-ten im Hochschulbereich
– Drucksache 15/4229 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Bildung, Forschung undTechnikfolgenabschätzung
düFtl1) Ergebnis Seite 12918 D
Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung desGesetzes über die Gemeinschaftsaufgabe„Verbesserung der Agrarstruktur und desKüstenschutzes“– Drucksache 15/4113 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung undLandwirtschaft
Ausschuss für Wirtschaft und ArbeitAusschuss für Verkehr, Bau- und WohnungswesenAusschuss für Umwelt, Naturschutz und ReaktorsicherheitHaushaltsausschusse) Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachtenEntwurfs eines Gesetzes zur Änderung der§§ 121, 122 StPO und weiterer Vorschriften– Drucksache 15/3651 –Überweisungsvorschlag:Rechtsausschuss
Innenausschussf) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-gebrachten Entwurfs eines Gesetzes über dasInverkehrbringen, die Rücknahme und dieumweltverträgliche Entsorgung von Elektro-
– Drucksache 15/4234 –Überweisungsvorschlag:Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
InnenausschussAusschuss für Wirtschaft und ArbeitInterfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlagen anie in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zuberweisen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist derall. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.Dann kommen wir zu den Tagesordnungspunk-en VIII a bis f. Es handelt sich dabei um Beschlussvor-agen, zu denen keine Aussprache vorgesehen ist.Tagesordnungspunkt VIII a:Zweite Beratung und Schlussabstimmung desvon der Bundesregierung eingebrachten Entwurfseines Gesetzes zu dem Protokoll V vom 28. No-vember 2003 zum VN-Waffenübereinkommen– Drucksache 15/3937 –
Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärti-gen Ausschusses
– Drucksache 15/4247–Berichterstattung:Abgeordnete Gert Weisskirchen
Ruprecht Polenz
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Präsident Wolfgang ThierseDr. Ludger VolmerHarald LeibrechtDer Auswärtige Ausschuss empfiehlt aufDrucksache 15/4247, den Gesetzentwurf anzunehmen.Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmenwollen, sich zu erheben. – Wer stimmt dagegen? – Ent-haltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit einstimmigangenommen.Tagesordnungspunkt VIII b:Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-richts des Ausschusses für Verbraucherschutz,Ernährung und Landwirtschaft
zu der Unterrichtung durch die BundesregierungBericht über die Überprüfung des Saatgut-rechts– Drucksachen 15/2381, 15/2499 Nr. 2, 15/4042 –Berichterstattung:Abgeordnete Elvira Drobinski-WeißHelmut HeiderichFriedrich OstendorffDr. Christel Happach-KasanDer Ausschuss empfiehlt, in Kenntnis der Unterrich-tung auf Drucksache 15/2381 eine Entschließung anzu-nehmen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? –Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Beschluss-empfehlung ist mit den Stimmen von SPD, CDU/CSUund Bündnis 90/Die Grünen bei Enthaltung der FDP an-genommen.Tagesordnungspunkt VIII c:Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-richts des Ausschusses für Verkehr, Bau- undWohnungswesen zu der Unter-richtung durch die BundesregierungVorschlag für eine Richtlinie des EuropäischenParlaments und des Rates zur Verbesserungder Gefahrenabwehr in HäfenKOM 76 endg.; Ratsdok. 6363/04– Drucksachen 15/2793 Nr. 2.14, 15/4098 –Berichterstattung:Abgeordneter Wolfgang Börnsen
Der Ausschuss empfiehlt, in Kenntnis der Unterrich-tung eine Entschließung anzunehmen. Wer stimmt fürdiese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? –Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist einstim-mig angenommen.Wir kommen zu den Beschlussempfehlungen des Pe-titionsausschusses.Tagesordnungspunkt VIII d:Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions-ausschusses
Sammelübersicht 158 zu Petitionen– Drucksache 15/4180 –tgtmtSbtvdtvST
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und die verpassten Chancen dieser Regierung deutlichmacht. Auch nach den neuesten Steuerschätzungen undPrognosen und dem, was uns die Wirtschaftsweisen ge-sagt haben, geht die Bundesregierung mit diesem Ent-wurf von schönfärberischen, irrealen Grundlagen undvon Zahlen aus, die der Wirklichkeit nicht standhaltenwerden.Das Gleiche gilt leider einmal mehr für denEinzelplan 30, Bildung und Forschung.
Auch dieser Einzelplan ist ein Märchenbuch. Der Haus-halt des Finanzministers unterscheidet sich allerdingsdadurch von einem Märchen, dass diese meistens gutausgehen, während bei ihm das dicke Ende immer nach-kommt.
Bevor ich inhaltlich auf die gravierenden Mängel ein-gehe, möchte ich allen Professoren, die an ihrer Hoch-schule etwas bewegen wollen, und allen Institutsleiternund Präsidenten von wissenschaftlichen Einrichtungen,
die nicht so recht wissen, wie sie ihre Mittel aufbringensollen, einen Tipp geben. Sie müssen sich für eine aus-sichtslose Kandidatur bei der SPD zur Verfügung stellen,dann wird ihnen vom Kanzler reichlich gegeben.
Ihnen wird reichlich Geld zur Verfügung gestellt.
Sdnbda–stFFnMLndheeFE–nHfDKAGArusu
Wir können das beim höchsten Amt in diesem Staatachlesen. Beim Bundespräsidentenamt liegt die Quoteei 50 Millionen Euro, bei anderen Posten muss manas, bevor man die Kandidatur annimmt, wahrscheinlichushandeln.
Herr Tauss, schon einen Tag nach dem für die SPDchief gegangenen Wahlgang bei der Bundespräsiden-enwahl konnte man in der Zeitung lesen und aus deminanzministerium hören, dass der erste Anruf mit derrage nach den 50 Millionen Euro bereits am Tag da-ach einging.
an muss sich einmal vorstellen, wie unmittelbar dorteistung und Gegenleistung ausgetauscht werden. Zu-ächst wurde zwar dementiert: Es sei nicht wahr, dassie Europa-Universität Viadrina 50 Millionen Euro er-ält; das müsse erst geprüft werden. Nunmehr haben wirs schwarz auf weiß. Der Kanzler hält sein Versprechenin. Als Vergütung für die aussichtslose Kandidatur vonrau Schwan werden im Einzelplan 30 50 Millionenuro als Verpflichtungsermächtigung veranschlagt.
Herr Tauss, das können Sie in Kap. 30 04, Tit. 687 01achlesen. – Darüber hinaus werden im nächsten Jahraushaltsmittel in Höhe von 8,4 Millionen Euro zur Ver-ügung gestellt.
amit sagt der Kanzler: Frau Schwan, danke für Ihreandidatur.
Ich habe vor dem Amt des Bundespräsidenten großechtung.
erade deshalb finde ich es unanständig, wenn man dasnsehen dieses hohen Amtes durch solch ein Finassie-en beschädigt
nd den Eindruck entstehen lässt, dass man nur eine aus-ichtslose Kandidatur auf sich nehmen muss,
m vom Kanzler üppige Vorteile gewährt zu bekommen.
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Klaus-Peter WillschWas diese Bundesregierung für die Hochschulland-schaft übrig hat bzw. was ihr die Hochschullandschaftwert ist, sieht man an den auf niedrigem Stand verhar-renden 925 Millionen Euro, die als Zuschuss für den Bauvon Hochschulen zur Verfügung gestellt werden.
Diese Mittel reichen gerade einmal zum Überleben. Da-durch wird die Malaise auf niedrigem Niveau fortge-schrieben. Die Hochschulen werden vor nicht mehr zulösende Aufgaben gestellt.Aber das genügt Ihnen nicht. In den Beratungen, diewir im Haushaltsausschuss über den Haushaltsplan führ-ten, haben Sie diesen Titel mit einer zusätzlichen Sperrein Höhe von 63 Millionen Euro versehen und gesagt– ich möchte dies als einen Akt der Erpressung bezeich-nen –: Wenn ihr von der Union im Bundesrat nicht derAbschaffung der Eigenheimzulage zustimmt, dannwerden auch noch diese 63 Millionen Euro, die für dieHochschulen eingeplant waren, einkassiert.
Eine solche Koppelung ist unanständig. Das gehört sichnicht. Auch bei der Hochschulbauförderung müssen Sieendlich wieder zu einer verantwortlichen Politik zurück-finden.
Mit diesem Vorgehen haben Sie mir als stellvertreten-dem Mitglied der Kommission von Bundestag und Bun-desrat zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ord-nung das letzte Argument, das ich noch brauchte,geliefert. Belassen Sie die Kultushoheit bitte schön beiden Ländern und pfuschen Sie in diesem Bereich nichtherum! Geben Sie den Ländern die zur Erfüllung ihrerAufgaben nötigen finanziellen Mittel und lassen Sie unsgemeinsam einen produktiven Wettbewerb zwischen un-seren Bundesländern um die beste Hochschulpolitik her-beiführen! Damit würden wir dem Wirtschafts- und Wis-senschaftsstandort Deutschland helfen.
Unterstützen Sie unseren Antrag zur Aufstockung derMittel für den Hochschulbau – dazu haben Sie nachherGelegenheit –, damit wir das Szenario, das ich geradedargestellt habe, erreichen können!
Wie Sie im Einzelplan 30 Mittel hätten freimachenkönnen, haben wir Ihnen im Verlauf der Beratungendeutlich aufgezeigt.
Vor allen Dingen könnten Sie Ihre Öffentlichkeitsarbeiteindämmen, statt übermäßig viel Geld darauf zu verwen-den, bei der Bevölkerung einen falschen Eindruck zu er-wecken und die Wirklichkeit zu verschleiern:
SFdrzaenWjsMSStasdwgäPHWbdMfsiDsdfuS
ir haben Ihnen vorgeschlagen, den Staatssekretär, deretzt in Pension geht, nicht zu ersetzen. Dennoch werdenchon wieder Namen gehandelt. Hier bestünde eineöglichkeit, Geld einzusparen.
ie haben nicht einmal die Anregung aufgenommen, dieituation in der Abteilung des Ministeriums näher zu be-rachten, in der es ständige Stellvertreter gibt, die keinendere Funktion haben, außer ständige Stellvertreter zuein, und die einen Haufen Geld kosten. Auch der Idee,ie Abteilungen zusammenzufassen und manche Postenegfallen zu lassen, falls sich im Rahmen der Beratun-en der Föderalismuskommission die Zuständigkeitenndern sollten, sind Sie nicht näher getreten.
Meine Damen und Herren von Rot-Grün, an diesemunkt nehmen Sie Ihre Aufgabe nicht ernst, auch imaushaltsausschuss nicht.
ir haben Ihnen aufgezeigt, wie wir durch Kürzungenei überflüssigen Ideologietiteln, die nur dazu dienen,ie rot-grüne Klientel zu befriedigen,
ittel in einer Größenordnung von 100 Millionen Euroreimachen könnten, um sie auf sinnvolle Weise für For-chung und Zukunftstechnologien einzusetzen. Aber esst, wie ich schon bei der ersten Lesung festgestellt habe:er Kanzler kündigt großzügig eine Innovationsoffen-ive an, doch in der Wirklichkeit kommt in diesem Landavon nichts an. Der Kanzler ist immer gut für einenlotten Spruch, aber es mangelt ihm an Solidität
nd Sie, Frau Bulmahn, lassen es ihm durchgehen.Herr Bundeskanzler, Herr Bundesfinanzminister, Herrtaatssekretär Diller,
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Klaus-Peter Willschstellen“ –, auch eingelöst wird, dass sich das in hartenkunftsinvestitionen in Forschung und Entwicklung,Bildung und Informationstechnik und unmittelbardamit verknüpft einem schrumpfenden Humankapi-talvorsprung.
Das ist aus einem Bericht dieser Regierung zitiert.Sie sind nicht dazu da, kontemplativ die Lage in die-sem Land zu beschreiben. Sie haben einen Regierungs-auftrag. Sie sollen handeln, Sie sollen etwas tun. Demverweigern Sie sich. Sie kommen hier nicht vorwärts.Ich will einräumen – das will ich den Haushaltskolle-gen der SPD durchaus zubilligen –, dass Sie sich in ei-nem Bereich in die richtige Richtung bewegt haben: Dienationale Raumfahrt wird, wenn auch nicht so deut-lich, wie wir uns das gewünscht hätten, ein bisschen bes-ser dotiert. Allerdings machen Sie das gleich wieder miteinem Rosstäuschertrick; denn Sie kürzen in gleichemUmfang bei den Verpflichtungen, die wir gegenüber derEuropäischen Weltraumagentur zu leisten haben, undverschieben damit wiederum ein Problem auf die Zu-kunft – zulasten der nächsten Generation, zulasten derkommenden Haushaltsjahre. Das ist unseriös.Sie haben nach wie vor eine globale Minderausgabevon 145 Millionen Euro im Haushalt veranschlagt. Siewissen, dass das wiederum nur dadurch erwirtschaftetwerden kann, dass das, was wir im Ausschuss und imParlament an konkreten Einzelfestlegungen getroffenhaben, hinterher im Vollzug durch das Ministerium kas-siert wird. Es wird Schaden angerichtet: in der Bildungs-landschaft, in der Forschungs- und in der Wissenschafts-landschaft in Deutschland.Sie, Frau Ministerin, machen sich lieber Gedankenum Suppenküchen an Schulen. Sie wollen in allen mög-JnRSKSmsvEENjbknEndgültiges ErgebnisAbgegebene Stimmen: 578;davonja: 295nein: 283JaSPDDr. Lale AkgünGerd AndresIngrid Arndt-BrauerRainer ArnoldHermann BachmaierErnst Bahr
Doris BarnettDr. Hans-Peter BartelsEckhardt Barthel
Klaus Barthel
Sören BartolSabine BätzingUKDUHPLGKW
Herr Kollege Willsch, ich muss Sie auf das Ende Ihrer
edezeit hinweisen.
Ich trete von diesem Pult ab, indem ich meinen
chlusssatz aus der ersten Lesung wiederhole: Herr
anzler, Herr Finanzminister, Frau Ministerin Bulmahn,
ie alle miteinander können es nicht. Treten Sie ab und
achen Sie Platz für eine ordentliche Regierung in die-
em Land.
Danke schön.
Bevor ich den nächsten Redner aufrufe, gebe ich dason den Schriftführerinnen und Schriftführern ermitteltergebnis der namentlichen Abstimmung über denntwurf eines Gesetzes über die Feststellung einesachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushalts-ahr 2004 bekannt. Abgegebene Stimmen 578. Mit Ja ha-en gestimmt 295, mit Nein haben gestimmt 283. Es gabeine Enthaltungen. Der Gesetzentwurf ist damit ange-ommen.we Beckmeyerlaus Uwe Benneterr. Axel Bergte Bergans-Werner Bertletra Bierwirthothar Binding
erd Friedrich Bollmannlaus Brandnerilli BraseBernhard Brinkmann
Hans-Günter BruckmannEdelgard BulmahnMarco BülowUlla BurchardtDr. Michael BürschHans Martin BuryMarion Caspers-MerkDr. Peter DanckertDr. Herta Däubler-Gmelinkeit Deutschlands liegt in unzureichenden Zu- Budgetzahlen niederschlägt. Das verpassen Sie Jahr umSie geben fünfmal so viel für ZBildung und Forschung in diewir: Fünfmal so viel!
unftsgerichtet? Es ist dasrung des Staates zulastenl Ihnen aus dem heutigenesten geben. Dort heißtwenig zufriedenstellendegischen Leistungsfähig-lAdkDSdvichen Angelegenheiten mitmismt gehören. Jetzt wird die Stamit Sie wieder Ihre Gesamönnen.
as alles ist nicht notwendig.ie gewählt sind. Sie müssen daer Kanzler geradezu gebetsmüationsoffensive und „Innovati
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Dr. Maria FlachsbarthKlaus-Peter FlosbachHerbert FrankenhauserDr. Hans-Peter Friedrich
EJDHDNREGMRJDUKRHMMMKOHGKHUSUMJBEPRKJHSDDBIrBSVGEJJKMNHTRMGGDDWDDHrich G. Fritzochen-Konrad Frommer. Michael Fuchsans-Joachim Fuchtelr. Jürgen Gehborbert Geisoland Gewaltberhard Giengereorg Girischichael Glosalf Göbelosef Göppelr. Wolfgang Götzerte Granoldurt-Dieter Grilleinhard Grindelermann Gröheichael Grosse-Brömerarkus Grübelanfred Grundarl-Theodor Freiherr vonund zu Guttenberglav Guttingolger-Heinrich Haibacherda Hasselfeldtlaus-Jürgen Hedrichelmut Heiderichrsula Heineniegfried Heliasda Carmen Freia Hellerichael Hennrichürgen Herrmannernd Heynemannrnst Hinskeneter Hintzeobert Hochbaumlaus Hofbaueroachim Hörsterubert Hüppeusanne Jaffker. Peter Jahrr. Egon Jüttnerartholomäus Kalbmgard Karwatzkiernhard Kaster
olker Kaudererlinde Kaupackart von Klaedenürgen Klimkeulia Klöcknerristina Köhler
anfred Kolbeorbert Königshofenartmut Koschykhomas Kossendeyudolf Krausichael Kretschmerünther Krichbaumünter Kringsr. Martina Krogmannr. Hermann Kueserner Kuhn
r. Karl A. Lamers
r. Norbert Lammertelmut LampBKVWPUWDPDDESDDWDDFLDMHKMDSBHBHMCGDFERDUDSDBRRTHDHPCKHKDHFHDKDDVarbara Lanzingerarl-Josef Laumannera Lengsfelderner Lensingeter Letzgusrsula Lietzalter Link
r. Klaus W. Lippold
atricia Lipsr. Michael Lutherorothee Mantelrwin Marschewski
tephan Mayer
r. Conny Mayer
r. Martin Mayer
olfgang Meckelburgr. Michael Meisterr. Angela Merkelriedrich Merzaurenz Meyer
oris Meyer
aria Michalkans Michelbachlaus Minkelarlene Mortlerr. Gerd Müllertefan Müller
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ildegard Müllerernd Neumann
enry Nitzscheichaela Nolllaudia Nolteünter Nooker. Georg Nüßleinranz Obermeierduard Oswaldita Pawelskir. Peter Pazioreklrich Petzoldr. Joachim Pfeifferibylle Pfeifferr. Friedbert Pflügereatrix Philipponald Pofallauprecht Polenzhomas Rachelans Raidelr. Peter Ramsauerelmut Raubereter Rauenhrista Reichard
atherina Reicheans-Peter Repniklaus Riegertr. Heinz Riesenhuberannelore Roedelranz-Xaver Romereinrich-Wilhelm Ronsöhrr. Klaus Roseurt J. Rossmanithr. Norbert Röttgenr. Christian Ruckolker RüheAPADHANGABCADDBUWHKMMHBTJJECGAMMTLAEDAVAGMPGAKWMWEWWWFDDRAEHJUOHRDH
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Ringen auch Sie sich dazu durch und betreiben Sie bitte445 Millionen Euro für BAföGnur möglich, weil wir Prioritätewir als Haushälter und Fraktioben, dass Bildung und Forschusem Grund haben wir den Ansüber dem Regierungsentwu76,5 Millionen Euro erhöht. Ichknapper Kassen ein wichtigesUmschichtungen im Haushalt-Darlehen. Das alles istn gesetzt haben und weilnen deutlich gemacht ha-ng wichtig sind. Aus die-atz im Einzelplan gegen-rf um noch einmal glaube, dass es in Zeitenund richtiges Zeichen ist,vorzunehmen und zu an-kiDhEureine Klientelpolitik!Wir wollen keine Steuergeldnvestieren. Wir wollen daseutschlands investieren. Herringewiesen, dass es im nächsturo sind. Das stimmt. Alleinnd Forschung sind es 65 Milichtig, dass ich gemeinsam mier in überflüssigen Beton Geld in die Zukunft Merz hat vorhin daraufen Jahr nur 95 Millionenfür den Bereich Bildunglionen Euro. Es ist aucht der Kollegin LührmannJoachim Günther
Dr. Karlheinz GuttmacherDr. Christel Happach-KasanUlrich HeinrichBirgit HomburgerDr. Werner HoyerMichael KauchDr. Heinrich L. KolbHellmut KönigshausGudrun KoppJürgen KoppelinSibylle LaurischkHarald LeibrechtIna LenkeMarkus LöningDirk NiebelGünther Friedrich NoltingHans-Joachim Otto
Eberhard Otto
DCGDDDDCDJJetzt fahren wir in der Debatte fort. Das Wort hat derAbgeordnete Carsten Schneider.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Herr Kollege Willsch, Sie haben in Ihrem Beitrag dieViadrina-Universität angesprochen, insbesondere derenPräsidentin Frau Professor Schwan.
Sie haben das in einer diffamierenden Art und Weise ge-tan, die ich missbillige und die ich ganz weit von unsweise.
Das zieht sich auch durch die Haushaltsberatungen,die mit Ihnen zu verbringen wir vier Monate die Freudehatten. Ich werde versuchen, sowohl dem Hohen Hauseals auch der Öffentlichkeit deutlich zu machen, wo un-sere Schwerpunkte lagen und wie wir diesen Haushaltaufgestellt haben.Seit 1998 hat der Bereich Bildung und Forschung inDeutschland wieder Priorität.
Wir haben die Ausgaben um 37 Prozent gesteigert; daskönnen Sie in allen Haushaltsplänen nachvollziehbarnachlesen.
Im nächsten Jahr werden sie bei fast 10 Milliarden EurodatBdwad–dtztVumSDbdaGsS
Ich bitte Sie eindringlich – das habe ich an diesertelle schon öfter getan –, im Bundesrat zuzustimmen.ort hat es durch das Saarland ja schon Bewegung gege-en. Ich bitte Sie auch eindringlich, auf den Sachverstän-igenrat zu hören, der in seinem letztjährigen Jahresgut-chten dazu schrieb:Die Politik sollte sich zu einer kompletten Strei-chung der Eigenheimzulage durchringen.enau dies tun wir. Wir lassen uns beraten, folgen die-en Ratschlägen und vollziehen die notwendigenchritte.
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– Das mögen Sie so sehen, Frau Pieper.Die Eigenheimzulage hat ein Volumen von 6 MilliardenEuro. 3 Milliarden Euro würden an die Länder gehen,die es nun wirklich nötig haben – dies zeigt die PISA-Studie –, im Schul- und im Vorschulbereich mehr Geldzu investieren. Das gilt auch für Sachsen-Anhalt. Woll-ten Sie dort nicht anfangen?
Ich habe das noch gut in Erinnerung, Frau Pieper. In derEndstufe bekämen sowohl der Bund als auch die Länder3 Milliarden Euro. Ich glaube, dass dies ein sehr wichti-ges Zeichen ist, das uns auch die Gelegenheit böte, vonvergangenheitsbezogenen Investitionen zu zukunftsbe-zogenen Investitionen zu kommen und letztendlich nichtnur darüber zu reden, sondern auch zu handeln. Tun Siedas doch endlich!
Ich kann es Ihnen ganz klar sagen: Bei den Finanzhilfen,bei denen wir nicht auf den Bundesrat angewiesen sind,haben wir die Mittel um fast die Hälfte von 11,4 Milliar-den Euro auf 6 Milliarden Euro im Jahre 2005 halbiert.Dort, wo Sie zustimmen mussten, haben das Klientelund der Opportunismus gesiegt. Es herrschte Mutlosig-keit in diesem Land.
Ich zitiere gerne noch einmal aus dem diesjährigenJahresgutachten des Sachverständigenrats der Bun-desregierung; denn auch er gibt uns bezüglich unsererHaushaltsaufstellung Recht:Der für das nächste Jahr geplante Kurs der Finanz-politik ist schon jetzt insgesamt als restriktiv zu be-urteilen. Die staatliche Ausgabenquote, die bereitsSddz–ShgIkkgsGrdhU–ErhefsdsrVwSLfHkSSrsEdsmcS
liegen wird. Die Abgabenquote geht
Ich als ostdeutscher Abgeordneter sage Ihnen: Dasann so nicht weitergehen. Dies betrifft alle Länder.achsen steht ein bisschen besser da. Es kann an diesertelle als Vorbild genommen werden. Durch die Regie-ungsbeteiligung der SPD wird die Lage noch besser undtabiler werden.
s muss klar sein, dass die wirtschaftliche Entwicklunger ostdeutschen Ländern endlich ist. Die Bundeszu-chüsse werden ab 2008 degressiv sein und auch die de-ographische Entwicklung wird negativ. Dementspre-hend müssen spätestens heute richtungweisendechritte ergriffen werden.
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Carsten SchneiderImmer wieder wird in dieser Diskussion auch derKorb 2 genannt. Das Bundesministerium für Bildungund Forschung leistet durch einen großen Anteil zumKorb 2 seinen Beitrag zur Gesamtfinanzierung der Mit-tel des Bundes für den Aufbau Ost. Diese Mittel sindnicht nur verstetigt, sondern auch zuverlässig eingestelltund in manchen Punkten gegenüber den Regierungsan-sätzen sogar noch erhöht.
Trotz der schwierigen Finanzlage haben wir hiermit einganz deutliches Zeichen gesetzt. Dafür möchte ich demHaus an dieser Stelle besonders danken.Ich komme nun zum Einzelplan selbst. Ich habe be-reits darauf hinwiesen, dass der Ausgabenansatz erstma-lig 8,54 Milliarden Euro beträgt. Noch nie war der Haus-halt des Forschungsministeriums höher. Wenn Sie dieMittel für das Ganztagsschulprogramm hinzurechnen,sind wir bei fast 10 Milliarden Euro. Wir haben insbe-sondere den Anteil für das BAföG noch einmal deutlicherhöht. Gerade in den vergangenen Jahren ist die Inan-spruchnahme des BAföG in Bund und Ländern deutlichgestiegen. Ich zitiere: Im Jahre 2003 nahmen 62 000mehr Menschen ein Studium auf als 2002. Von 2002 auf2003 stieg die Zahl der geförderten Studierenden auf ins-gesamt 326 000. Mehr als zwei Drittel der BAföG-Emp-fänger und -Empfängerinnen gaben an, erst mit der fi-nanziellen Förderung die Möglichkeit ergriffen zuhaben, ein Studium anzufangen.
Ich kann Ihnen nur sagen: Das ist eine Erfolgsstory!
Es war immer Ziel sozialdemokratischer Politik, brei-ten Bevölkerungsschichten – das bezieht sich auch aufbildungsfernere Schichten – das Studium zu ermögli-chen. Die Zahlen belegen zumindest, dass es in die rich-tige Richtung geht.
Dass es nicht immer richtig klappt, Frau ProfessorBöhmer, liegt daran – schauen Sie in die PISA-Studie –,dass in der Bundesrepublik zu wenig Geld in die Bil-dung, insbesondere in die Vorschule und die Grund-schule, investiert wird
und zu wenig für die Förderung von Jugend und Kindernausgegeben wird. Was ist das Ergebnis? Das Ergebnis istvor allem die frühe Selektion, die insbesondere in „Vor-zeigeländern“ wie Bayern stattfindet.
–nzbcrtaSfdEknsfKvddhrmgeWDZbspgs
Deswegen ist das Ganztagsschulprogramm, dasum einen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ver-essert und zum anderen diejenigen Kinder, die Schwä-hen haben, besser fördert, eine Maßnahme, die in dieichtige Richtung geht. Diese Kinder erhalten nachmit-gs zusätzlichen Unterricht.
onst würden sie vor der Playstation hängen. Ich binroh, dass wir in diesem Jahr wieder 1 Milliarde Euro füren Bereich der Ganztagsschulen ausschöpfen werden.
s geht um die Zukunft unseres Landes. Wir habenaum Rohstoffe. Wir haben nur die Köpfe. Ich kann Sieur warnen: Gehen Sie nicht ideologisch an das Schul-ystem heran!
Ich möchte noch darauf eingehen, dass auch Spitzen-örderung wichtig ist. Zu Beginn dieses Jahres hat dieoalition deutlich gemacht, dass auch die Spitzenuni-ersitäten und die Exzellenzförderung für uns ein beson-eres Gewicht haben. Wir haben im Haushaltsplan dafürie finanziellen Mittel bereitgestellt. Das Ministeriumat seit Mitte des Jahres Gespräche geführt und ein kla-es Konzept für die Exzellenzinitiative vorgelegt. Selbstit den zuständigen Fachministern der Bundesländerab es in der BLK eine Übereinkunft. Ideologisch wurdes erst, als die Ministerpräsidenten hinzukamen.
as passierte? Nichts. Es wurde blockiert. Ich zitiere:Leider haben die Ministerpräsidenten diese wich-tige Initiative auf Eis gelegt, nachdem die Verträgeschon unterschriftsreif waren. Ich kann diese Poli-tik nicht nachvollziehen, …
as sagt kein sozialdemokratischer Agitator. Das ist einitat von Herrn Professor Winnacker. Der dürfte Ihnenekannt sein. Er ist der Präsident der Deutschen For-chungsgemeinschaft.
Ich kann Ihnen nur raten: Erklären Sie Ihren Minister-räsidenten, worum es bei diesem Thema geht, und sa-en Sie ihnen, dass die Landesminister eigentlich zu-timmen wollen. 75 Prozent der Mittel trägt der Bund,
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Carsten Schneidernur 25 Prozent tragen die Länder. Das ist eigentlich einUnding, aber wir wollen, dass es in diesem Land voran-geht. Deswegen nehmen wir gerne die höhere finanzielleBelastung in Kauf. 1,9 Milliarden Euro stehen dafür ins-gesamt im Rahmen der mittelfristigen Finanzplanungzur Verfügung. Die Hochschulen warten darauf, dass esein klares Signal gibt und dieses Projekt startet. HaltenSie es nicht auf!
Sorgen Sie in der Föderalismuskommission dafür,dass wir im Bildungsbereich nicht nur klare Kompeten-zen bekommen, sondern dass insgesamt die richtigeRichtung eingeschlagen wird. Überlegen Sie sich dieSache mit der Eigenheimzulage noch einmal genau! Ichhabe auf die Zahlen hingewiesen. Im nächsten Jahr han-delt es sich nur um 65 Millionen Euro. Aber nach dermittelfristigen Finanzplanung sind es 6 Milliarden Eurofür den gesamten Bereich Bildung und Forschung. Dasist der entscheidende Punkt. Setzen Sie sich dafür ein,dass die Politik der Bundesregierung nicht mehr im Bun-desrat blockiert wird und dieses Land eine Politik be-kommt, die das Land wieder voranbringt.Ich danke Ihnen.
Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Cornelia Pieper.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! HerrSchneider, Ihr Problem ist, dass Sie Fakten einfach igno-rieren. Der Sachverständigenrat, die fünf Wirtschafts-weisen, hat Ihnen in seinem Jahresgutachten ein schlech-tes Zeugnis ausgestellt,
und zwar zu Recht, meine Damen und Herren von derRegierungskoalition.
Wir können uns doch hier im Deutschen Bundestag nichtmit kleinkarierten bildungspolitischen und haushaltspo-litischen Diskussionen zufrieden geben.
Schauen Sie sich doch einmal die Effizienz des deut-schen Bildungssystems im internationalen Vergleich an,auch wenn uns die Ergebnisse der neuen PISA-Studienoch nicht vorliegen. Wir haben immer noch 22 bis25 Prozent ausbildungsunfähige Schüler in diesem Land.Wir haben immer noch rund 14 Prozent junge Men-schen, die keinen Berufsabschluss schaffen. Wir habeneine Studienabbrecherquote von 30 Prozent. Bei den Na-turwissenschaften liegt die Quote zum Teil doppelt sohoch. Sollen wir uns damit zufrieden geben? Das istdoch die Diskussion, die wir hier zum Bundeshaushaltführen müssten.
HWurudSBcSmDvDgdFuiddWdSkFDaudIenhg
Mehr Freiheit und Wettbewerb für die Schulen undie Hochschulen bringen mehr Qualität. Ich frage Sie,rau Ministerin: Was haben Sie in Bezug auf Freiheitnd Wettbewerb in Ihrem Ressort bewirkt? Nichts! Wost eine Novelle zum Hochschulrahmengesetz, durch dieie Hochschulen in ihrer Autonomie weiter gestärkt wer-en?
o ist auch nur im Ansatz eine Initiative, um die Länderazu zu bewegen, endlich die Zentrale Vergabestelle fürtudienplätze Deutschland abzuschaffen? Wir braucheneine staatliche Studienlenkung. Wir brauchen mehrreiheit und Wettbewerb.
ie Studierenden sollen sich ihre Hochschulen selbstussuchen und die Hochschulen sollen natürlich auchm gute Studenten werben.
Ich vermisse auch Ihr Bekenntnis zu neuen Wegen iner Bildungsfinanzierung, Frau Ministerin.
ch glaube, dass Sie mit Ihrem Hochschulrahmengesetzine Bauchlandung gemacht haben. Das tut Deutschlandicht gut – das sage ich hier ausdrücklich –; denn diesat sehr viel auch mit dem Image dieses Landes zu tun.Wir haben uns zu sozialverträglichen Studienent-elten bekannt, die den Hochschulen zugute kommen
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Cornelia Piepersollen. Ich will Sie nur einmal darauf hinweisen, dasssich in einer exklusiven „Handelsblatt“-Umfrage mehrals zwei Drittel der Studierenden für die Einführung vonsozialverträglichen Studiengebühren ausgesprochen ha-ben.
Sie laufen hier einer Entwicklung hinterher, die letztend-lich für unser Land, auch im internationalen Vergleich,notwendig ist.
– Herr Tauss, hören Sie mir zu! Dann können Sie etwaslernen.
Die bayerische Wirtschaft hat eine Studie in Auftrag ge-geben. Danach ist die Bildungsqualität in diesem Landalarmierend schlecht. Wir brauchen die Umstellung derFinanzierung von Angebots- auf Nachfrageorientierung.Das ist auch im internationalen Wettbewerb gefordert.Es gibt viel zu tun
– in der Tat –, aber Sie packen es nicht an. Leider hatdie Bundesbildungsministerin viel Porzellan zerschla-gen. Gut gemeint, Frau Bulmahn, ist oft nicht gut ge-macht. Mit Ihrem wenig abgesprochenen Vorstoß zurGanztagsschule, mit Ihrem unausgegorenen und vomVerfassungsgericht wieder einkassierten Hochschulrah-mengesetz und mit ungeschickten Vorstößen zur Elite-universität
haben Sie eine Föderalismusdiskussion befördert, dieseit zwei Jahren die Bildungspolitik in diesem Landelähmt.
Dabei war mit dem „Forum Bildung“, das ich hier nocheinmal in Erinnerung rufen will, und den einstimmig vonden Ländern und vom Bund gefassten Beschlüssen einguter Anfang gemacht. Die FDP-Fraktion hat vor zwei-einhalb Jahren ein von Bund und Ländern finanziertesMonitoring der Umsetzung gefordert. Hätten Sie es ge-macht, wären wir heute weiter. Es muss endlich Schlusssein mit kleinkariertem Kompetenzgerangel. Ich fordere,dass Bildung zum gemeinsamen Zukunftsprojekt vonLändern, Bund und der ganzen Gesellschaft wird. Dasvermisse ich in der bildungspolitischen Diskussion.
Herr Tauss, ich höre Sie immer als Unterton. Bitte et-
was weniger!
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ie haben unserem Subventionsabbaugesetz nicht zuge-
timmt. Wenn ich jetzt höre, dass sogar der hessische
andesverband von Herrn Eichel der Abschaffung der
igenheimzulage nicht zustimmen will,
weifle ich langsam an der Glaubwürdigkeit Ihrer Poli-
ik, meine Damen und Herren von der rot-grünen Regie-
ungskoalition.
Frau Kollegin, achten Sie bitte auf die Zeit.
Vielen Dank, Frau Präsidentin.
Lassen Sie mich zum Schluss noch ein Wort zur For-
chungspolitik sagen. Ich bedauere, dass immer so we-
ig Zeit bleibt, um sich diesem Thema weiter zu wid-
en. Auch auf diesem Gebiet haben Sie sich von
ukunftstechnologien verabschiedet. Ich weise nur da-
auf hin, dass Ihr Koalitionspartner wahrscheinlich das
rößte Innovationshemmnis in Deutschland ist. Wenn
ir ein moderneres, fortschrittlicheres Gesetz zur Grü-
en Gentechnik verabschiedet hätten, dann wären wir
eiter und dann könnte die Wissenschaft auch bald Fort-
chritte vermelden.
Frau Kollegin!
Leider ist das nicht passiert. Sie haben viele Weichen-
tellungen versäumt. Auch Ihr Haushaltsplan für 2005
rägt nicht zu mehr Innovationen in Deutschland bei. Sie
aben auf ganzer Linie versagt.
Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Anna Lührmann.
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen undKollegen! Mit der Agenda 2010 haben wir in Deutsch-land einen Reformprozess in Gang gesetzt, der unserLand in zwei Richtungen entscheidend verändern wird.Erstens haben wir erste Reformen auf den Weg gebracht,damit die sozialen Sicherungssysteme dem Druck globa-ler gesellschaftlicher Veränderungen standhalten kön-nen.
Zweitens sind ein besseres Bildungssystem und innova-tive Forschungseinrichtungen gemäß dem Vorbild er-folgreicher skandinavischer Reformstaaten zu dem prio-ritären Ziel rot-grüner Politik geworden.
Dieses Ziel zu erreichen ist nicht nur notwendig, weilBildung und Forschung ein Wert an sich ist, sondernauch, damit unser Land in Zeiten von Globalisierung, in-dustriellem Strukturwandel und demographischem Wan-del wettbewerbsfähig bleibt.
Denn unsere wichtigste Ressource ist unser geistiges Ka-pital. Um dieses Kapital aufzubauen, bedarf es nicht nurzusätzlicher Finanzmittel, sondern vor allem auch Struk-turreformen in den Grundschulen, Schulen und Hoch-schulen.Aber da wir heute den Bildungsetat beraten, will ichmich auf die finanziellen Prioritätensetzungen beschrän-ken. Was die Prioritätensetzung im Bundeshaushalt an-geht, sind wir auf dem richtigen Weg, und zwar sowohlhinsichtlich der Höhe als auch der Schwerpunktsetzungdieses Etats.Zunächst will ich auf die Höhe eingehen. Die Bil-dungsausgaben sind in diesem Haushalt mit10,097 Milliarden Euro so hoch wie nie zuvor.
Damit liegen sie knapp 40 Prozent über dem Haushalts-ansatz von 1998. Während der Haushaltsberatungen istes den rot-grünen Haushältern gelungen, den Plafondnochmals um 76,5 Millionen Euro aufzustocken. Somitgeben wir 2005 4,6 Prozent mehr für Bildung aus als imJahr 2004. Das kann sich sehen lassen!
Damit unternehmen wir größere Anstrengungen imBildungsbereich als je zuvor. Aber ich sage ehrlich: Dasreicht nicht. Wir müssen den Aufwuchs, der jetzt immer-hin 372 Millionen Euro beträgt, verdoppeln, wenn wirdas Ziel erreichen wollen, im Jahr 2010 3 Prozent desBruttoinlandprodukts für Forschung auszugeben.ArnhsiwusnlgkdAt1uiGaIEhlDdBwjE–JmKskhghEs5tk
anz zu schweigen davon, dass Sie auch den Haushalts-nsatz für die Aufstockung der Mittel für die Deutsch-sraelische Stiftung für wissenschaftliche Forschung undntwicklung um 5 Millionen Euro sperren wollen. Ichalte es eher für Ideologie, beim Thema Ganztagsschu-en von „Suppenküchen“ zu sprechen, Herr Willsch.
eshalb bin ich froh, dass wir und nicht Sie den Bil-ungsetat zu verantworten haben.Derweil blockieren die CDU-regierten Länder imundesrat, dass mehr Mittel für die Bildung ausgegebenerden. Sie können sich sicherlich denken, worauf ichetzt zu sprechen kommen werde, nämlich auf dieigenheimzulage.
Man muss es einfach ständig wiederholen. – Bis zumahr 2012 könnten wir insgesamt 26,15 Milliarden Euroehr für Bildung und Forschung in Bund, Ländern undommunen ausgeben. 26,15 Milliarden Euro! Da manich unter einer so großen Zahl nur schwer etwas Kon-retes vorstellen kann, möchte ich diese Summe einmalerunterbrechen. Von dem Zeitpunkt an, an dem die Ei-enheimzulage nicht mehr gewährt wird, also ab 2012,ätten die Länder jährlich mindestens 2,5 Milliardenuro mehr zur Verfügung. Wissen Sie, wie viele Lehrer-tellen man damit finanzieren könnte? Ich sage es Ihnen:5 000 Stellen im Jahr! Dass sich die Länder diese Mit-el entgehen lassen, zeigt, dass die CDU-Bildungspoliti-er PISA noch immer für ein romantisches Städtchen in
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Anna LührmannItalien und nicht für die größte Herausforderung unseresSchulsystems halten.
Wir, die rot-grüne Koalition, werden die Lehren undKonsequenzen aus PISA ziehen und mehr in Bildungund Forschung investieren.
Ich komme nun – wie angekündigt – auf die Schwer-punktsetzung im Bildungs- und Forschungsetat zu spre-chen. Ziel der Erhöhung der Forschungsausgaben ist, In-novationen zu befördern. Frau Pieper, ich sage ganzdeutlich: Innovativ ist nicht alles, was neu ist, sonderninnovativ ist, was eine qualitative Verbesserung bringt.Das trifft zum Beispiel ganz klar auf die Entwicklungneuer Technologien zu, die es erlauben, vorhandene Res-sourcen effizienter zu nutzen, das heißt, mit vorhande-nen Ressourcen mehr zu produzieren.
So können die natürlichen Lebensgrundlagen bewahrtwerden und gleichzeitig Arbeitsplätze in Deutschlandentstehen. Während der Haushaltsberatungen ist es unsgelungen, im Bildungsetat Mittel in die erwähnten Be-reiche umzuschichten. Ich nenne als Beispiele nur dieTitel „Nachhaltig leben und wirtschaften“, „Vernet-zungsfonds Erneuerbare Energien“ und „Alternative An-triebstechnologien“. All diese Titel sind deutlich aufge-stockt worden, um die Technologien, bei denenDeutschland noch immer Exportweltmeister ist und ander Spitze bleiben soll, weiter zu fördern. Damit fördernwir Innovationen und schützen gleichzeitig Umwelt undNatur.
Ich komme zum Schluss. Bildung und Forschungmüssen in den Etats absolute Priorität haben.
Denken Sie bitte an Ihre Redezeit!
Deswegen komme ich ja zum Schluss.
Wie gesagt, Bildung und Forschung müssen in den Etats
absolute Priorität haben. Die Regierungskoalition ist hier
im Gegensatz zur Union und zu den unionsregierten
Ländern auf dem richtigen Weg. Sie hingegen blockieren
wegen billiger Klientelpolitik den Subventionsabbau
und damit Investitionen in Bildung und Forschung. Des-
halb stimme ich dem Einzelplan 30 mit gutem Gewissen
zu.
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Anfang 2004 verkündete der Bundeskanzler eine In-ovationsoffensive und ein Innovationsbeirat wurde in-talliert. Von diesem hat man bisher kaum etwas gehört.
Er arbeitet offensichtlich sehr im Verborgenen. Aberines war deutlich zu vernehmen: Professor Bullinger,er Vorsitzende des Innovationsbeirates, forderte,00 bis 800 Millionen Euro mehr in den Haushalt desMBF für 2005 einzustellen, und fügte hinzu, dieserde der Testfall sein. Frau Ministerin, Sie haben die-en Test nicht bestanden.
Die Steigerung in Ihrem Haushalt verpufft; denn wirissen schon jetzt, dass es globale Minderausgaben undürzungen geben wird. Angesichts dessen retten Sieuch nicht die 76,5 Millionen Euro, um die die Haushäl-er den Einzelplan Bildung und Forschung erhöht haben.enn sich diese Haushaltsentwicklung fortsetzen wird,erden Sie bis 2010 nicht die auf EU-Ebene festgesetzteielmarke von 3 Prozent des BIP für Forschung undntwicklung erreichen. Das ist ein Ausfall auf der gan-en Linie.
Wir haben Ihnen deshalb vorgeschlagen, den Haus-alt um 300 Millionen Euro zu erhöhen. Wenn Sie unse-em Änderungsantrag zustimmen, dann können Sie nocheute die Chance nutzen, diesen Vorschlag umzusetzen.isher bleiben Sie bei Ihrer alten Auffassung. Sie sagentets Nein, sodass ich mich hier frage: Wer blockiertenn eigentlich?Setzen Sie einmal ein klares Signal für Zukunftsin-estitionen!
Ich will Ihnen sagen, wie wir uns die Deckung vorstel-en. Wir haben Anfang des Jahres vorgeschlagen, bei denteinkohlesubventionen – immerhin 16 Milliarden Eurois zum Jahr 2012 – umzusteuern und mit den frei wer-enden Mitteln für die vor uns liegende Dekadein Hochschulsonderprogramm in Höhe von 5 Milliar-en Euro zu finanzieren. Sie ergreifen diese Möglichkeit
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12928 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 140. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 23. November 2004
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Dr. Maria Böhmernicht. Das ist zum Schaden der Wissenschaft. DiesesGeld wird fehlen. Das halte ich für unverantwortlich.
Sie glauben, Sie könnten mit der Abschaffung derEigenheimzulage der Wissenschaft und der Forschungwirklich helfen. Ich möchte Ihnen einmal Folgendesdeutlich ins Gedächtnis rücken: Heute Vormittag hat derBundesfinanzminister die durch die Abschaffung der Ei-genheimzulage frei werdenden Millionen für die Konso-lidierung des Haushaltes beansprucht.
Es war keine Rede davon, dass es mehr Lehrerstellen ge-ben sollte.
Das ist die Wahrheit.Vergessen Sie auch nicht: Wer die Eigenheimzulagerestlos streichen will, der tut das zulasten der Familien inunserem Land;
denn Familien brauchen eigenes Vermögen. Sie brau-chen ein Eigenheim, um für ihre Kinder Sorge zu tragen.Ich verstehe jeden, der heute in Sachwerte investiert.Angesichts dessen, was Sie den Menschen versprechen,kann man sich nämlich auf nichts mehr verlassen; daherist es gut, Sachwerte zu besitzen.
Ich will einige Worte zur Forschungspolitik sagen;denn das ist der Prüfstein für Zukunft und auch für Inno-vationen. Der Befund ist klar: Im internationalen Ver-gleich landen wir nur noch im Mittelfeld. Spitzentechno-logie importieren wir mehr als wir exportieren. DerForschungs- und Innovationsstandort Deutschland ist insGerede gekommen.
– So ist es, Herr Tauss.Sie werfen uns immer wieder Schwarzmalerei vor. Dakann ich nur sagen: Das, was ich eben zitiert habe,stammt aus dem Bericht „Zukunftsfaktor Innovationen“des Bundeswirtschaftsministeriums. Das zeigt: Die Feh-ler sind auf Ihrer Seite; Sie haben eine falsche Politik ge-macht. Das ist eine Katastrophe für den StandortDeutschland und für die Arbeitsplätze in unserem Land.So kann es nicht weitergehen.
Deutschland war einmal die Apotheke der Welt.Heute macht die Pharmabranche in Deutschland nurnoch halb so viel Umsatz wie der amerikanische Welt-marktführer Pfizer. Allein dieses Datum macht klar, dasswir uns in einer schwierigen wirtschaftlichen Phase be-fgssEzfPUuARlNNkDl„„fwmbsEsaGmHeddsdJSWAuw
Ich sage genauso: Wir brauchen einen wirksamenatentschutz; denn hier gibt es im Unterschied zu denSA Wettbewerbsnachteile. Wir brauchen transparentend unbürokratische Genehmigungsverfahren für neuenlagen und Produkte. Sie dagegen erlassen einEACH-Programm, das die Chemieindustrie weiter be-astet.Aber vor allen Dingen geht es um qualifiziertenachwuchs. Wir wissen, dass ein eklatanter Mangel anaturwissenschaftlern und Ingenieuren auf uns zu-ommt. Das ist eine massive Gefahr für den Standorteutschland. Sie vertreiben die besten Köpfe ins Aus-and.
Zwölf Jahre Deutschland sind genug“, so titelte dieWelt“ vor einigen Tagen. Es zeigt sich: Die starren Be-ristungen von Arbeitsverträgen, an denen Sie festhalten,eil Sie glauben, Gewerkschaftsinteressen vertreten zuüssen,
egrenzen die Arbeit qualifizierter, exzellenter Wissen-chaftler hier in Deutschland. Das muss ein Ende haben.s kann nicht angehen, dass uns eine ganze Wissen-chaftlergeneration verloren geht, weil sie ins Auslandbwandert.
Wir haben Ihnen immer wieder Vorschläge gemacht.eben Sie Ihre Verhinderungspolitik auf! Sie machenit dem Gentechnikgesetz eine Zukunftsbranche zumaftungsrisiko. Sie lähmen mit Ihrer Chemikalienpolitikinen der letzten großen Industriezweige unseres Lan-es, eine Industrie mit hohem Forschungseinsatz und miter Chance, wieder Arbeitsplätze zu schaffen. Sie habenechs Jahre gebraucht, bis Sie sich auf die Umsetzunger Biopatent-Richtlinie geeinigt haben. Sechs verloreneahre für dieses Land! Was ist die Spitze vom Ganzen?ie pulvern 1,2 Milliarden Euro in die Windenergie.
ir haben nichts gegen die Windenergie; im Gegenteil.ber sie muss dort eingesetzt werden, wo sie sinnvoll istnd wo sie effizient ist; sie darf nicht dort eingesetzterden, wo nur Geld verpulvert wird.
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Dr. Maria BöhmerDa entwickelt sich eine neue Steinkohleförderung; daskann nicht der Sinn der Sache sein.
Nehmen Sie die Bremsklötze weg und steuern Sie beidiesen gigantischen Fehlinvestitionen um! Wir haben inunseren Anträgen deutlich gemacht: Wir wollen dieSchlüsseltechnologie Biotechnologie stärker gefördertwissen. Deshalb legen wir zu, nicht nur, wie Sie,1,5 Millionen Euro, sondern wir wollen ein Plus von21 Millionen Euro. Wir sagen zudem: Es ist nicht Geldallein, was die zukünftige Entwicklung bestimmt,
sondern es geht an dieser Stelle um eine wirklich natio-nale Biotechnologiestrategie. Auch hierzu haben wir Ih-nen mit unserem Antrag, den wir im Jahr 2003 hier ein-gebracht haben, den Weg gewiesen. Ergreifen Sie dochendlich diese Chance! Treten Sie nicht auf der Stelle, ge-ben Sie den Weg frei und lassen Sie endlich Raum fürdie Grüne Gentechnologie, statt an ideologischen Ideenfestzuhängen!
Das Gentechnikgesetz ist nicht nur extrem for-schungsfeindlich;
es ist auch in hohem Maße unethisch. Sie verhindern da-mit nämlich, dass Armut in dieser Welt bekämpft wird,dass wir zu einer gesünderen Ernährung kommen unddass die Chancen der Grünen Gentechnologie, auch inVerbindung mit der Bekämpfung von Krankheiten, ge-nutzt werden. Das alles blockieren Sie. Hören Sie damitauf! Lassen Sie von Ihrer Angstkampagne ab!
Einige Worte zur Hochschulpolitik: Ich glaube, dasswir in der Tat alle Anstrengungen unternehmen müssen,damit unsere Hochschulen wieder moderner und leis-tungsfähiger werden. Ich halte nichts davon, die deut-schen Universitäten kleinzureden – wir haben exzellenteForscher in unserem Land –, aber die Hochschulen müs-sen besser werden, und zwar sowohl in der Spitze alsauch in der Breite. In dieser Kombination liegt dieStärke unseres Landes. Das macht auch den Unterschiedzu den USA aus. Wissenschaft ist Kreativität, Leistungs-fähigkeit und Wettbewerb. Exzellenz heißt das Ziel,nicht Gleichmacherei und Masse.
Anfang des Jahres haben Sie sich endlich zu Eliteuni-versitäten bekannt, Frau Ministerin. Ich hatte die Hoff-nung, dass wir jetzt eine Wende in der Hochschulpolitikerfahren. Aber Sie haben erneut die alten Fehler began-gen. Elitehochschulen lassen sich nicht auf dem Reißbrettentwerfen. Elitehochschulen kann man nicht staatlichverordnen. Elitehochschulen müssen sich entwickelnkönnen. Dafür brauchen die Hochschulen in unseremLwgSTsduPssAPufslifnuHGgvtbkSgsdgtrB
Wir brauchen natürlich bundesweite Regelungen, wasie Zulassungen anbetrifft, was die Abschlüsse anbetrifftnd was die Qualitätssicherung anbetrifft. Aber mit Ihrerolitik, Frau Ministerin, immer neue Zuständigkeiten anich zu reißen, haben Sie den Weg für vernünftige Lö-ungen in der Föderalismuskommission versperrt.
lle müssen einen hohen Preis dafür bezahlen. Dieserreis heißt: Es geht zulasten von Bildung und Forschungnd von Hochschulen in unserem Land. Das halten wirür unvertretbar.Ihre Politik ist auf der ganzen Linie ein Debakel. Die-em Haushalt kann man nicht zustimmen. Würde er Rea-tät, bedeutete dies, dass Deutschland weiter auf Tal-ahrt bleibt.
Für die Bundesregierung erteile ich jetzt der Frau Mi-isterin Edelgard Bulmahn das Wort.
Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildungnd Forschung:Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrtenerren und Damen! Der veränderte Altersaufbau unsereresellschaft, die wachsenden Qualifikationsanforderun-en an junge und ältere Menschen, aber auch der sicherschärfende internationale Wettbewerb und die Erwar-ungen, die wir an Wissen, Forschung und Bildung ha-en – all das lässt uns überhaupt keine andere Wahl, alsonsequent in Bildung und Forschung zu investieren.
o weit, so gut. Dem würde wahrscheinlich sogar dasesamte Parlament zustimmen.Es reicht aber nicht aus, dieses zu fordern,
ondern wir alle stehen vor der Aufgabe, zu beweisen,ass wir trotz knapper Kassen in der Lage sind, die Aus-aben der öffentlichen Hand auf die Bereiche zu konzen-ieren, die für die Zukunft unseres Landes von zentraleredeutung sind.
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Bundesministerin Edelgard BulmahnDas eben setzt voraus, dass es uns ernst ist mit der Kür-zung von Subventionen
und wir auch die Bereitschaft und den Mut aufbringen,die Mittel, die wir dadurch erhalten, für Forschung undBildung einzusetzen.
Unser Vorschlag, wie zusätzliches Geld insbesondereauch für die Länder und Kommunen, die ja hierfür dieHauptverantwortung tragen, bereitgestellt werden kann,liegt auf dem Tisch: Wir wollen die Eigenheimzulageabschaffen; die frei werdenden Mittel
– dabei geht es nicht um 16 Milliarden bis zum Jahre2016, sondern um zukünftig 6 Milliarden pro Jahr ohnezeitliche Begrenzung –
könnten Bund und Länder zusätzlich für Bildung undForschung einsetzen.
Ich warte jetzt seit mehr als einem halben Jahr, meinesehr geehrten Damen und Herren von der Opposition,
dass Sie endlich einmal Ja dazu sagen.
Statt immer wieder nur im Deutschen Bundestag zu for-dern, mehr Mittel für Bildung und Forschung zur Verfü-gung zu stellen – wir haben das ja getan; darauf werdeich nun auch eingehen –, sollten Sie endlich einmal auchFarbe bekennen und sagen: Ja, wir machen es. Dannkönnen wir in den nächsten Jahren auch weitere Schrittegehen.
Ich bin gespannt darauf, ob Sie im Bundesrat diesen Vor-schlag unterstützen werden. Das wird die Nagelprobesein. Das ist der Lackmustest für all diejenigen, die poli-tische Verantwortung tragen.Ein Wort an Sie, Frau Böhmer: Es ist schon wirklichhanebüchen von Ihnen, sich hier hinzustellen und so zutun, als wolle die CDU/CSU die Eigenheimzulage nichtabschaffen. Auch Sie wollen sie doch streichen. Das hatIhre Partei mehrfach deutlich erklärt; es gibt sogar einenBeschluss dazu. Sie wollen aber die Mittel nicht für Bil-dung und Forschung einsetzen – nein, überhaupt nicht! –,sFGgdnnbdLimKuudsEG4SWB2AvdsnSud
enau das ist der Unterschied zwischen der Bundesre-ierung und der CDU/CSU,
eren Vertreter sich hier hinstellen und mehr Investitio-en in Bildung und Forschung fordern, aber gleichzeitigicht den Mut und das Rückgrat haben, zu sagen, ja, wirrauchen die Mittel und sind bereit, sie so einzusetzen,ass sie einer großen Zahl von Menschen in unseremande nutzen. Um das Verhalten in dieser Frage geht es Kern. Da versagen Sie kläglich und jämmerlich.
Frau Ministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage desollegen Bergner?Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildungnd Forschung:Nein.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, für Bildungnd Forschung werden im Bundeshaushalt im kommen-en Jahr insgesamt 10 Milliarden Euro zur Verfügungtehen. Im Einzelnen handelt es sich um 8,4 Milliardenuro im Etat des BMBF, um 1 Milliarde Euro für dasanztagsschulprogramm der Bundesregierung und um45 Millionen Euro für BAföG-Darlehen, also für dietudienfinanzierung.
ir werden damit im Haushalt 2005 die Ausgaben fürildung und Forschung gegenüber 1998 um mehr als,7 Milliarden oder fast 38 Prozent erhöht haben.
n diesen konkreten Zahlen müssen sich die Vorschlägeon CDU/CSU und FDP messen lassen.
Wir bekennen uns klar zu mehr Investitionen in Bil-ung und Forschung. Mehr Geld für Bildung und For-chung ist – das ist hier zu Recht gesagt worden – aberur die eine Seite der Medaille. Zeitgerechte effizientetrukturen, also Strukturen, die Wissenschaft, Forschungnd Bildung auch gerecht werden, sind die andere Seiteer Medaille.
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Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin
Pieper?
Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildung
und Forschung:
Jetzt ja.
Frau Ministerin, Sie sprachen gerade davon, dass die
Bundesregierung die Mittel für Bildung und Forschung
im Haushalt 2005 erhöht hat. Können Sie mir bitte erklä-
ren, warum in Ihrem Haushalt dann eine globale Minder-
ausgabe von 145 Millionen Euro enthalten ist, die auf
eine Reduzierung der Mittel hinausläuft, wieso im Ein-
zelplan 60 von Herrn Eichel eine weitere geplante glo-
bale Minderausgabe von 84 Millionen Euro erwähnt
wird und inwieweit Sie darüber hinaus von den Minder-
ausgaben im Einzelplan 60 in Höhe von 1,136 Mil-
liarden Euro betroffen sind, denn auch die werden ja auf
die einzelnen Ressorts aufgeteilt, sodass man mit weite-
ren Kürzungen in Ihrem Haushalt rechnen muss?
Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildung
und Forschung:
Frau Pieper, im Haushalt für Bildung und Forschung
ist immer eine globale Minderausgabe in ungefähr die-
sem Umfang vorgesehen. Schon als ich noch Opposi-
tionsabgeordnete war, habe ich darauf hingewiesen.
Deshalb kann ich sagen, dass sie seit mindestens
18 Jahren in einem solchen Umfang in diesem Haushalt
veranschlagt ist. Das hat auch seinen guten Grund; denn
gerade in der Bildungs- und vor allen Dingen in der For-
schungspolitik können nicht sozusagen auf Knopfdruck
Gelder bereitgestellt oder vergeben werden, sondern die
Vergabe muss von der Qualität der Forschungsprojekte
abhängen. Ich denke, da sind wir uns einig: Wir fördern
in Forschungs- und Wissenschaftspolitik nicht nach dem
Gießkannenprinzip, sondern wir fördern Exzellenz, wir
fördern nach Qualität. Von diesem Anspruch darf man
auch nicht abrücken.
Deshalb ist es vernünftig, dass in diesem Haushalt
eine entsprechende globale Minderausgabe vorgesehen
ist. Das war immer so und das wird auch immer so sein,
egal welche Parteien die Bundesregierung stellen. Ich
freue mich natürlich ganz besonders, dass wir das jetzt
sind und auch noch lange bleiben werden. Aber ich sage
ganz ausdrücklich: Das ist der Sache geschuldet; es ist
von der Sache her vernünftig.
Noch einmal zurück zum Haushalt. Ich habe gesagt,
zeitgerechte, effiziente Strukturen und Investitionen in
Bildung und Forschung sind gleichermaßen notwendig.
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ch möchte den folgenden Punkt erst im Zusammenhangarstellen.Zweitens, Exzellenzinitiative für die Hochschulen:ie ist die zweite wichtige Säule neben dem Pakt für For-chung. Wir sind alle davon überzeugt, dass die Hoch-chulen eine Schlüsselrolle bei der Innovationsfähigkeitnseres Landes spielen. Sie müssen weiter gestärkt wer-en. Zu diesem Zweck ist bereits in den vergangenenahren eine ganze Menge geschehen. Stichworte sind daseue Besoldungsgesetz, aber auch die Bachelor- undasterstudiengänge, die Einführung der Juniorprofessurnd die Programme und Preise zur Nachwuchsförderung.
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Bundesministerin Edelgard BulmahnWir haben in Deutschland sehr viele leistungsfähigeHochschulen. Es geht jetzt darum, das Profil der Hoch-schulen noch weiter zu stärken, und zwar so, dass esweltweit erkennbar wird. Es kann nicht angehen, dass esunsere Hochschulen im internationalen Vergleich mitMühe nur unter die ersten 50 schaffen. Um die For-schung an unseren Hochschulen deutlich zu stärken, ha-ben wir das Verfahren eines Wettbewerbs vorgeschlagen.Die Hochschulen müssen sich im Wettbewerb behauptenkönnen. Es geht darum, dass wir die Universitäten in ih-ren Anstrengungen unterstützen, zu wirklich forschungs-starken Universitäten zu werden. Die Eckpunkte für dieExzellenzinitiative sind zwischen Bund und Ländern ge-klärt. Der Bund ist bereit, 75 Prozent der Kosten in Höhevon insgesamt 1,9 Milliarden Euro zu übernehmen. Die-ses Geld werden wir den Hochschulen in den nächstenJahren für den Aufbau von Spitzenuniversitäten, fachbe-zogenen Exzellenzclustern und Graduiertenschulen zurVerfügung stellen.Die Förderung von Spitzenleistungen geht übrigensnicht zulasten der Breite.
Die Mittel für den Wettbewerb werden den Hochschulenvielmehr zusätzlich zur Verfügung gestellt. Der Hoch-schulbau wird weiterhin mit 925 Millionen Euro geför-dert.Ich will in Erinnerung rufen, dass wir seit 1998735 Millionen Euro zusätzlich in den Hochschulbau in-vestiert haben. Wir stellen im kommenden Jahr insge-samt rund 3,4 Milliarden Euro für den Hochschulbereichzur Verfügung.
Das sind 26,8 Prozent mehr als 1998. Das sind die Fak-ten, über die wir heute reden.Der Bund hat also sowohl seine Breitenförderung wieauch seine Spitzenförderung der Hochschulen massivausgebaut. Leider haben die Länder keine vergleichba-ren Steigerungsraten aufzuweisen. Sie liegen deutlichdarunter. Zum Beispiel wendet Bayern nur ein Zehnteldessen mehr auf, was wir zusätzlich aufgewandt haben.Wenn dies anders wäre, stünden wir insgesamt wesent-lich besser da.Ich schlage den Bogen zum Anfang meiner Rede. Wirkommen nur weiter voran, wenn wir eine Subventionstreichen, wovon Bund und Länder profitieren.
Deshalb ist es so wichtig, diese Entscheidung zu treffen.Die Bund/Länder-Kommission hat den Pakt für For-schung und Innovation und die Exzellenzinitiative am15. November noch einmal grundsätzlich bestätigt. DieMinisterpräsidenten der Länder haben Mitte Dezemberdie Chance, dieses größte Investitionsvorhaben des ver-gangenen Jahrzehnts für unsere Hochschulen und außer-universitären Forschungseinrichtungen auf den Weg zubmDtMPiBshlLAbFLsBWsmtrtrdzWhrzDrndWrgdtes
Jetzt kann Frau Flach eine Zwischenfrage stellen.
Frau Flach, bitte.
Frau Ministerin, Sie wissen, dass die FDP immer dereinung war, dass die Exzellenzförderung und auch derakt für Forschung ein richtiger Weg sind. Wir habenhn deshalb unterstützt.
Die Finanzminister der Länder haben auf der letztenLK-Sitzung sehr deutlich gesagt, dass sie nicht bereitind, zusätzliche Mittel zur Verfügung zu stellen. Des-alb ist die Frage berechtigt: Wie realistisch ist eigent-ich noch Ihr Plan, finanzielle Zusagen vonseiten deränder angesichts der Tatsache zu erwarten, dass dieusgaben in diesem Bereich in den letzten Jahren aufreiter Front nach unten gegangen sind?Edelgard Bulmahn, Bundesministerin für Bildung undorschung:Alle Wissenschaftsminister haben sich in der Bund/änder-Kommission dafür ausgesprochen und so ent-chieden. Ich habe deswegen ausdrücklich gesagt: Dieundesregierung hat diese Mittel zusätzlich eingeplant.ir stehen zu unserem Wort. Wir wollen diese Mittel zu-ätzlich bereitstellen und einsetzen.Die Ministerpräsidenten werden in einem Gesprächit dem Bundeskanzler im Dezember die Entscheidungeffen müssen, ob die Länder diese Entscheidung mit-agen. Ich sage hier ganz ausdrücklich: Beide Entschei-ungen – also der Pakt für Forschung wie auch die Ex-ellenzinitiative – stellen die Weichen für dieissenschaft und Forschung in Deutschland. Es gehtier also um eine Kernfrage. Der Bund wird nach unse-er Verfassung diese Maßnahmen alleine nicht so umset-en können, wie es von der Sache her notwendig wäre.eshalb müssen die Länder hier ihrer Verantwortung ge-echt werden.Ich gehe davon aus, dass die Länder in diesem Punkticht versagen werden. Ich kenne viele Ministerpräsi-enten, die ausdrücklich gesagt haben, dass sie diesenettbewerb wollen und ihn unterstützen werden. Nord-hein-Westfalen hat sich zum Beispiel so geäußert. Ichehe also, wie gesagt, davon aus, dass alle Ministerpräsi-enten entsprechend entscheiden. Ich glaube auch wei-rhin an die Vernunft und an den Verstand des Men-chen.
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Bundesministerin Edelgard BulmahnLassen Sie mich zum Schluss noch kurz auf die For-schungsförderung eingehen. Wir fördern in den beidenBereichen Wissenschaft und Wirtschaft den Kompetenz-aufbau in Schlüsseltechnologien mit 2,3 Milliarden Euround erschließen damit wichtige neue Wachstumsfelder,die sowohl für die Schaffung von Arbeitsplätzen alsauch für die Verbesserung der Lebensqualität eine großeRolle spielen. 2005 werden für die Projektförderung84 Millionen Euro mehr zur Verfügung stehen als in die-sem Jahr. Seit 1998 haben wir die Projektförderung umfast 37 Prozent gesteigert.
Wir setzen ganz klare Schwerpunkte, zum Beispiel inder Biomedizin, in der Nanotechnologie oder in derNachhaltigkeitsforschung. Unser Grundsatz heißt: Ge-fördert wird, was Arbeit schafft und was den Menschennützt. Beispiel Lebenswissenschaften: Wir haben inden vergangenen Jahren gezielt die biomedizinische For-schung gestärkt. Deshalb, Frau Böhmer, ist das Horror-szenario, das Sie hier an die Wand malen, von der Sacheher falsch. Es trifft überhaupt nicht zu.
Ich will das mit Zahlen belegen: 1998 wurden für die bio-medizinische Forschung einschließlich der Nanotechno-logie 203 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Heutesind es 316 Millionen. Das ist die Realität; das sind dieFakten.Natürlich stärkt das nicht nur die Wissenschaft unddie Forschung. Wir haben inzwischen viele kleine undmittlere Unternehmen, die endlich wieder auch inDeutschland eine Perspektive haben und hier eineChance sehen, die Arbeitsplätze schaffen und sich im in-ternationalen Wettbewerb durchsetzen. In der Optoelek-tronik und in der Nanotechnologie sind wir weltweit füh-rend, sind wir an der Spitze. Das wird von jedem außer-halb Deutschlands so gesehen und ist auch in der Wis-senschaft und in der Forschung unbestritten.Deshalb sage ich hier ausdrücklich: Es ist falsch,wenn man die Leistungsfähigkeit der deutschen Wissen-schaft und Forschung kleinredet und Horrorszenarien andie Wand malt. Wir sind ein leistungsstarkes Land.
Wir sind stark. Wir können unheimlich viel leisten. Wirtun dies auch. Es geht darum, dies weiter zu unterstützenund zu stärken, und nicht darum, Horrorszenarien an dieWand zu malen, die von der Sache her überhaupt nichtzutreffen.Vielen Dank.
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ie Probleme in der Bildungspolitik, Herr Tauss, neh-en überhand. Wie lautet, einmal abgesehen von Ihrenurufen, die Antwort der Koalition darauf? Ein unge-eckter Haushalt, keinerlei Perspektiven und Reforman-ätze, die verbaut sind! Wo, Frau Ministerin, ist eigent-ich der Masterplan, der den künftigen Weg in derochschulpolitik beschreibt?
ir haben nichts davon gehört. Wo ist in diesem Zusam-enhang die Chefsache „Innovationen“? Wenn man da-an denkt, wie die bisherigen Chefsachen ausgegangenind, sollte man froh sein, dass der Bundeskanzler diesenereich nicht ernst nimmt. Trotzdem hätte man wenigs-ens ein kleines Signal erwarten können.Der Bildungsbereich in Deutschland ist unterfinan-iert; wir wissen das. Die öffentlichen Mittel werdenurch eine Umverteilungsbürokratie quasi zu Staub zer-ahlen, bis sie der Wind davonträgt. Dazu sagen Sie, dieittel seien aufgestockt worden, und nennen als großeseispiel die Erfolgsstory BAföG. Es ist doch kein Wun-er: Wenn Sie einen solchen wirtschaftlichen Nieder-ang provozieren,
ann erhöhen Sie natürlich den Anteil derer, die An-pruch auf BAföG haben. Das ist ein schlechtes Beispiel.
Was fällt Ihnen ansonsten ein? Nichts! Sie untersagenen Hochschulen die Autonomie, die sie brauchen, umeispielsweise Studiengebühren einzuführen, undchwingen dazu die soziale Keule, weil Studenten hin-rher, wenn sie wirklich Geld verdienen, nachdem sieuf Kosten der Allgemeinheit ausgebildet wurden, ihrearlehen zurückzahlen sollen. Dass aber für einen Kin-ergartenplatz bezahlt werden muss, scheint Sie über-aupt nicht zu stören.
as ist das Erstaunliche. Hier warten wir auf Ihre Ant-orten. Sie wollen nämlich das Dach decken, bevor Sieberhaupt das Fundament standfest haben.
Sie kennen die Mühlen der bildungspolitischen Ebeneberhaupt nicht. Deshalb kommen Sie auf so abwegigedeen wie die Lehrstellenabgabe.
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12934 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 140. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 23. November 2004
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Hellmut Königshaus
– Abgabe, Herr Tauss. – Sie wissen ganz genau, dass dieAusbildungsvergütung ein enormer Kostenfaktor ist, undtrotzdem verbieten Sie den Betrieben und den Beteilig-ten, sich darüber zu einigen, wie damit umgegangenwird.Sie bauen außerdem einen Popanz im Hinblick aufdie angeblich so unwillige Wirtschaft auf. Wenn insge-samt 20 Prozent der jungen Leute gar nicht ausbildungs-fähig sind und 10 Prozent nicht einmal einen Haupt-schulabschluss haben, dann ist das ein Problem derSchule. Das können Sie nicht der Wirtschaft anlasten.
Wo ist dazu eigentlich Ihre Antwort?Was ist mit der Forschung? Was haben wir von Ihnendazu gehört? Nichts als Tricks! Sie erhöhen ein bisschen,wo Sie vorher gekürzt haben,
und kürzen dort, wo Sie vorher erhöht haben. Aber unterdem Strich kommt dabei nichts weiter heraus. Das istlinke Tasche, rechte Tasche oder, wie die Kollegin Flachgesagt hat, heiße Luft. Nichts kommt dabei heraus.
Es geht nicht nur um das Geld. Wir unterstützen übri-gens weitestgehend die Anträge, die die CDU/CSU indiesem Bereich stellt.
– Wir haben Gegenfinanzierungsvorschläge in großerZahl vorgelegt; daran kann es nicht liegen.
Es geht vor allem darum, die Blockaden zu beseitigenund die Bremsen zu lösen. Wo haben wir hier etwas zurGentechnik oder zur Fusionsforschung gehört? – Dorthaben Sie nichts zu bieten. Es ist hier über ethische Fra-gen gesprochen worden; das hat die Kollegin Böhmerausgeführt. Meine Redezeit ist zu Ende; deshalb kannich darauf nicht eingehen. Sie wissen aber, wo die Pro-bleme dort liegen: Wir brauchen ein anderes Denken;wir brauchen mehr Offenheit, mehr Mut, weniger Zau-dern. Aber dafür, meine Damen und Herren – das wurdeheute wieder offenkundig –, brauchen wir wohl vor al-lem eine andere Regierung.Danke schön.
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enn Sie sich hier hinstellen und von diesem Pult ausnwahres und Lügen verbreiten, dann fällt dieser Vor-urf auf Sie zurück. Sie haben behauptet, in diesemaushalt seien 1,2 Milliarden Euro Subventionen für dieindenergie enthalten.
eigen Sie mir den Haushaltstitel! Sie werden keineninzigen finden.
elbst der Europäische Gerichtshof hat festgestellt: Esst keine Subvention.
ie täuschen die Öffentlichkeit mit Unwahrheiten. Esteht nicht in diesem Haushalt. Nehmen Sie Ihre diesbe-üglichen Worte zurück! Ansonsten sind Sie als Lügne-in entlarvt und dies würde ein schlechtes Licht auf Sieerfen.
s ist in diesem Bereich noch schlimmer. Sie gefährdenit solchen unverantwortlichen Aussagen hoch innova-ive Arbeitsplätze, von denen es inzwischen 60 000 gibt.Ich will mich jetzt damit beschäftigen, wie Sie in An-rägen im Ausschuss für Bildung und Forschung unduch im Haushaltsausschuss mit der Frage der Bildungn Deutschland umgehen. Wir alle wissen – auch Sie be-onen es in Sonntagsreden immer –, dass Bildung einohes und zentrales Gut ist. Wenn ich mir Ihre Ände-ungsanträge anschaue, dann stelle ich fest, dass darausin schlimmer Vorwurf an Sie abgeleitet werden kann.ie haben Änderungsanträge vorgelegt – Gott sei Dankind Sie nicht zum Zuge gekommen; denn wir habenicht mitgestimmt –, die Folgendes vorsahen: Im Be-eich Zukunft und Bildung wollte die Union den Etat um8 Millionen Euro kürzen; beim computer- und netzge-tützten Lernen wollten Sie um 10 Millionen Euro kür-en, im Bereich Weiterbildung und lebenslanges Lernenollten Sie um 12 Millionen Euro kürzen; bei der Wei-erentwicklung von Hochschule und Wissenschaft inklu-
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Hans-Josef Fellsive der Ausgaben für die Chancengleichheit wollten Siegar um 30 Millionen kürzen. Es ist unverantwortlich, inden Ländern die Bildungsaufgaben nicht entsprechendwahrzunehmen, unter Ministerpräsidenten von derUnion diese Kürzungen tatsächlich vorzunehmen undhier, auf Bundesebene, das Gleiche vorzuschlagen. IhrBeitrag zu der Bildungsdebatte, die wir vor dem Hinter-grund von PISA führen, ist unverantwortlich.
Ihre Vorschläge gehen ja noch weiter. Wie sieht esdenn in der Frage der Chancengleichheit in Bezug aufdie Unabhängigkeit vom Einkommen der Eltern bei Ih-nen aus? Wir wissen und debattieren es, dass hier geradein Bayern ein großer Missstand herrscht. Dafür stellenwir BAföG auch für diejenigen Schülerinnen und Schü-ler zur Verfügung, die im Vergleich zu denjenigen, derenEltern ein großes Einkommen haben, keine Chancen-gleichheit genießen. Sie haben aber eine Erhöhung desBAföG-Etats für Schülerinnen und Schüler um50 Millionen Euro abgelehnt; Sie haben ferner eine Mit-telerhöhung beim BAföG für Studierende um25 Millionen Euro abgelehnt. Sie meinen es nicht ernstmit der Chancengleichheit im Bildungswesen.
Das hat Ihr Verhalten in den Ausschüssen klar aufge-zeigt. Nein, meine Damen und Herren von der Unionund auch von der FDP, die Sie vieles von der Art mitge-tragen haben
– nicht alles, aber manches; ich weiß es –, mir würdeangst und bange, wenn Sie für die Bildung insgesamt zu-ständig wären. Das stärkt die Position in der Föderalis-muskommission, dass die Bildung nicht allein den Län-dern übertragen werden darf. Nur so kann verhindertwerden, dass die Ministerpräsidenten der unionsregier-ten Länder noch mehr Schaden anrichten.Wir haben einen ausgewogenen Haushalt vorgestellt,der Bildung und Forschung in gleichem Maße stärkt. DieZahlen sind bereits genannt worden, noch nie standen ineinem Einzelplan 30 so viele Mittel für Forschung undBildung zur Verfügung. Dies ist ein großer Erfolg. Wirdürfen aber nicht nur auf den Einzelplan 30 schauen;denn Forschungsmittel sind auch in anderen Haushaltenenthalten, beispielsweise im Haushalt des Umweltminis-teriums. Dort sind 20 Millionen Euro mehr für die For-schung im Bereich der erneuerbaren Energien vorge-sehen.Da Sie immer wieder auf der Biotechnologie herum-reiten, mache ich Sie darauf aufmerksam, dass im Haus-halt des Ministeriums für Verbraucherschutz, Ernährungund Landwirtschaft 23 Millionen Euro mehr für dieneuen Biokraftstoffe vorgesehen sind. Das ist Biotech-nologie und nichts anderes.Ich verstehe nicht, warum Sie uns Forschungsfeind-lichkeit vorwerfen, wenn Sie die Biotechnologien immerwmwlDBaFsEeminwzuDrel5kvLgsdsdSglSSBfEgST
enn Sie so über die Biotechnologie reden und damit al-ein Grüne Gentechnik und Agrogentechnik meinen.iese finden in Deutschland keine Anerkennung in derevölkerung, 80 Prozent der Bürger lehnen sie weiterhinb.Wir haben selbstverständlich auch die Titel für dieorschung im Einzelplan 30 gestärkt. Wir werden bei-pielsweise die Mittel für den Vernetzungsfondsrneuerbare Energien erhöhen und die Finanzierunginer Offenen Universität für Erneuerbare Energien er-öglichen. Darüber hinaus findet sich erstmals ein Titelm Haushaltsplan für die Internationale Agentur für Er-euerbare Energien. Wir haben gleichzeitig eine Um-idmung der Gelder von der Kernfusionsforschung hinur Forschung im Bereich der erneuerbaren Energiennd der Energieeffizienz geschafft.
as entspricht genau den Worten, die die Frau Ministe-in immer wieder sagt: mehr Forschung und Forschungs-rgebnisse fürs Geld.Wir wissen, dass der erste Kernfusionsreaktor viel-eicht in 50 Jahren Strom erzeugen wird. Die ist seit0 Jahren hinausgeworfenes Geld und wird auch in denommenden 50 Jahren hinausgeworfenes Geld sein. Da-on sollten wir uns endlich verabschieden und schnelleösungen finden, die uns aus dem Dilemma in den Ener-iefragen der Welt hinausführen.Wir konnten die Mittel für die sozial- und geisteswis-enschaftliche Forschung erhöhen. Das Gleiche gilt füren Bereich „nachhaltiges Bauen“, für die Verkehrsfor-chung und für die Schifffahrtsforschung. Ich könnteiese Liste noch weiterführen, ich möchte aber zumchluss auf den Vorwurf von Frau Böhmer eingehen, dieesagt hat, wir würden die Mittel für die Eigenheimzu-age in die allgemeine Haushaltskonsolidierung stecken.
ie sollten den Haushaltsplan richtig lesen. Dort findenie exakte Haushaltstitel, die auch eine entsprechendeindung enthalten. Insofern ist Ihre Behauptung einfachalsch.
in Beispiel aus der Innovationsdebatte ist der Hightech-ründerfonds, den wir für richtig halten. Ich weiß, auchie tun das, stimmen Sie also endlich mit. Ein weitereritel bezieht sich auf die Brennstoffzellenförderung.
Herr Kollege, denken Sie bitte an die Redezeit!
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Es ist wichtig, dass wir endlich Ihre Unterstützung
beim Abbau des größten Subventionspostens, der Eigen-
heimzulage, erhalten. Dann haben wir endlich mehr Mit-
tel für Bildung und Forschung, die wir dringend benöti-
gen.
Herr Kollege Fell, Sie haben sich soeben in einem
Randbereich ausgedrückt. Ich möchte für alle festhalten:
Wir haben vereinbart, uns nicht gegenseitig als Lügner
oder Lügnerin zu bezeichnen.
Sie haben das in einen Konditionalsatz gefasst. Deswe-
gen handelt es sich hier nicht um eine Rüge, sondern um
eine Klarstellung dessen, was wir hier vereinbart haben.
– Herr Kollege Tauss, wir sollten auch nicht jeden Satz,
der hier gesprochen wird, kommentieren.
Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Georg Nüßlein.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Ohne Geld kann man nichts machen außerSchulden. Das scheint mir die einzige nachvollziehbareLeitlinie rot-grüner Haushaltspolitik zu sein.
Nun kann man sagen: Geld allein macht nicht glücklichund schon gar nicht intelligent oder gebildet. Das ist ingewisser Weise natürlich richtig. Bildung und Forschungsind nicht nur eine Frage des Geldes. Wir sollten dahernicht zuerst die Frage „Wie viel?“ stellen, sondern dieFrage „Wofür?“ in den Vordergrund rücken.Womit will die junge Generation in Deutschland inZukunft ihr Geld verdienen? Ethnologie und Vogelkundeallein werden uns nicht voranbringen. Spitzentechnolo-gie war und ist der Weg zu Wachstum und die Brückezur Konsolidierung unserer Staatsfinanzen, über die Sie,meine Damen und Herren von Rot-Grün, partout nichtgehen wollen.Die Politik muss Forschungsfelder definieren, die zu-kunftsfähig sind. Aber bei Ihnen steht immer die Frageim Vordergrund: Was ist ideologiekonform?
Rot-Grün sagt, womit wir uns in dieser Republik nichtbeschäftigen sollen. Durch Ihre Politik im Bereich derKernenergie treiben Sie die Experten aus dem Land. Dasist, wie ich meine, der Super-GAU. Die Grüne Gentech-nik ersticken Sie im Keim.DUakgawmDduAwdnDdAdWsGsNdnMEbbdDKnkCrm
ie Pharmaindustrie haben Sie an den Tropf gehängt.nd bei der Luft- und Raumfahrt beschränken Sie sichuf die Erfüllung von Verpflichtungen. Diesen Katalogönnte ich noch fortsetzen.Es gibt zwar – das sage ich ganz offen – manche Ar-umente, über die man in diesem Zusammenhang durch-us diskutieren kann. Aber die Politik darf nicht die Ant-ort darauf schuldig bleiben, was man stattdessenachen will.
iese Antwort hat letztendlich natürlich auch etwas mitem Budget zu tun.Lassen Sie mich das am Beispiel des Themas Luft-nd Raumfahrttechnik deutlich machen.
ls hier das letzte Mal über dieses Thema diskutierturde, spöttelte die linke Seite des Hauses, es ginge umas Leben auf dem Mars. Sie haben dieses Thema zu-ächst nicht ernst genommen.
och dann haben Sie mit einem Versprechen reagiert,as wir nicht ernst nehmen können. Sie haben gesagt, diebschaffung der Eigenheimzulage würde dazu führen,ass mehr Geld für die Raumfahrt zur Verfügung stünde.ir haben das heute mehrfach gehört. Mittlerweilecheint das bei Ihnen, immer wenn es um das Themaeld geht, ein Reflex zu sein.
Vor einem Jahr haben Sie gesagt, diese Einnahmeneien für die Haushaltskonsolidierung zu verwenden.ach der Verwendung der 6 Milliarden Euro, die da-urch eingenommen werden könnten, bliebe im Übrigenicht viel mehr übrig als ein großes Loch.
ittlerweile sagen Sie, es ginge um den Hochschulbau.inige Kollegen sagen, es ginge um die Raumfahrt. Ichin der Meinung, Sie sollten offen sagen: Die Häusle-auer müssen weg; denn sie passen nicht in Ihr Klientel-enken.
as ist doch der Grund, warum Sie über das Themaohle – das haben Sie selbst in der Hand – überhaupticht diskutieren wollen. In diesem Bereich Mittel zuürzen, das passt nämlich in Ihr Klienteldenken.
Frau Bulmahn ist auf das Wahlprogramm der CDU/SU eingegangen. Darin steht jedoch etwas ganz ande-es als das, was sie hier gesagt hat. Wenn Sie sich schonit Programmen beschäftigen, dann sollten Sie sich
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Dr. Georg Nüßleinauch mit Ihrem eigenen beschäftigen; dennim Programm der SPD ist noch immer von dem Ziel der30-Stunden-Woche die Rede. Das wäre allerdings derGenickschuss für die deutsche Wirtschaft.
Überhaupt ist der Aufwuchs im Bildungs- und For-schungsetat, wie ich meine, rein theoretischer Natur. Daskann man deutlich daran erkennen, dass Sie angesichtsder Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat darauf beharren,im Haushalt einen Betrag in Höhe von 63 MillionenEuro zu sperren, bis die Eigenheimzulage abgeschafftist.Herr Fell, in diesem Zusammenhang führe ich einweiteres Beispiel an: Sie haben im Etat 77,3 MillionenEuro für die Stilllegung von Forschungsreaktoren unddie Finanzierung von Endlageraufwendungen für For-schungsanlagen dazugerechnet.
Meine Damen und Herren, das ist nicht Forschung, son-dern Forschungsabbau.Lassen Sie mich nun zum Thema Luft- und Raum-fahrttechnik zurückkommen. Ich will zu Ihrer Ehrenret-tung sagen, dass wir die Bedeutung des nationalen Pro-gramms gemeinsam betont haben. Das nationaleProgramm sichert die europaweite Wettbewerbsfähig-keit. Andere europäische Raumfahrtnationen haben daslängst erkannt. In Frankreich liegt das Verhältnis vonMitteln für das nationale Programm und ESA-Beitragbei 65 : 35, und zwar auf deutlich höherem Niveau. InItalien beträgt es etwa 50 : 50.
Herr Kollege Nüßlein, gestatten Sie eine Zwischen-
frage des Kollegen Fell?
Gerne.
Herr Kollege Dr. Nüßlein, Sie haben die Mittel ange-
sprochen, die im Forschungshaushalt für den Abbau von
Forschungsreaktoren vorgesehen sind. Ist Ihnen bekannt,
dass unter dem Forschungsminister Riesenhuber, der ja
Ihrer Partei angehört, dieser Vertrag geschlossen wurde,
dass der Abbau von Forschungsreaktoren nicht aus den
Gewinnen der Energiewirtschaft, die jetzt großes Geld
mit dem Erzeugen von Strom in Nuklearreaktoren ver-
dient, sondern vom Steuerzahler zu zahlen ist und dass
wir jetzt gebunden sind, diesen aus unserer Sicht fal-
schen Vertrag auszuführen? Wir sind sehr wohl Ihrer
Meinung, dass dies eigentlich keine zukunftsträchtigen
Ausgaben sind, sondern dass sie uns davon abhalten, we-
sentlich mehr Mittel für wirkliche Zukunftsausgaben be-
reitzustellen.
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Lassen Sie mich zu dem Thema zurückkommen, das
ch ansprechen wollte. In diesem Zusammenhang ist es
nerkennenswert, dass Sie das nationale Programm um
0 Millionen Euro aufstocken wollen. Die Union hat an-
esichts der Bedeutung des Themas 20 Millionen Euro
efordert, aber immerhin. Ich will das Ganze nicht
chlechtreden, ich möchte aber doch noch eine Anmer-
ung dazu machen:
Es geht hier offenbar um eine Goodwillaktion zulas-
en des Beitrags zur Europäischen Weltraumagentur;
linke Tasche, rechte Tasche“, eine beliebte Technik die-
er Regierung, wie wir es heute schon gehört haben.
Die Haushaltssperren erschweren eine sinnvolle
urchführung des nationalen Weltraumforschungspro-
ramms. Bis vor kurzem waren 18,2 Millionen Euro des
iesjährigen Budgets gesperrt, das insgesamt 145,5 Mil-
ionen Euro ausmacht. Dann wurden kurz
0 Millionen Euro freigegeben, um dann am 16. Novem-
er doch wieder die Kostenbremse zu ziehen und um
eitere 5,5 Millionen Euro zu kürzen. Es bleiben also
nsgesamt 13,7 Millionen Euro, die man als Bugwelle
or sich herschiebt. Das ist mehr als die 10 Millionen
uro Erhöhung im Jahr 2005. Es handelt sich dabei im
ngsten Sinne des Wortes um Papiergeld: Geld, das nur
uf dem Papier steht, mit dem man weder planen noch
nvestieren kann, zumal absehbar ist, dass im nächsten
ahr weitere Haushaltssperren kommen werden.
Das ist, so meine ich, symptomatisch für Ihren ge-
amten Haushalt: Makulatur, Luftbuchungen. Aber viel-
eicht fällt Ihnen ja auch hier ein „kreatives“ Finanzie-
ungsinstrument ein, wie der unsägliche und teure
erkauf der Forderungen gegenüber Post und Telekom.
ielleicht leasen wir den Zugang zum All und mieten
orscher bei den ach so tollen Personal-Service-Agentu-
en – solange wir sie noch brauchen.
Vielen Dank.
Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Swen Schulz.
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12938 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 140. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 23. November 2004
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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Verehrte Damen und Herren! Nach dieser Rede von Kol-lege Nüßlein möchte ich wieder ein Stück weit zur Sach-lichkeit zurückkehren
und deutlich machen, wie die Dinge tatsächlich liegen.Gemeinsam mit vielen Kolleginnen und Kollegen habeich in den Haushaltsberatungen eine Aufstockung derMittel für Bildung und Forschung gefordert. Nun kannich gerade dank des Engagements der Haushaltspolitikerkonstatieren: Nicht alle, aber viele Forderungen wurdenerfüllt; wir sind ein gutes Stück vorangekommen.
Kollege Nüßlein, dazu zählt auch die Erhöhung der Mit-tel für die nationale Raumfahrt um immerhin10 Millionen Euro. Die Koalition hat die Kraft aufge-bracht, die Mittel über die im Regierungsentwurf so-wieso schon vorgesehene Steigerung hinaus noch einmaldeutlich aufzustocken. Die Koalition hat damit einmalmehr gezeigt: Wir setzen auf Bildung, auf Forschung,wir gestalten die Zukunft.
Dieser Haushalt setzt aber auch Zeichen in einer weite-ren Richtung, die ich gerne betonen möchte: Er fordert diegemeinsame Verantwortung von Bund und Ländernein. Die vorgesehene Erhöhung der Förderung für die For-schungsorganisationen Max-Planck-Gesellschaft, Fraun-hofer-Institute, Helmholtz-Gemeinschaft, Leibniz-Gesell-schaft und für die DFG um 3 Prozent soll nach bewährtemMuster durch die Länder ergänzt werden. Hier funk-tioniert die Zusammenarbeit von Bund und Ländern imWesentlichen gut. Ein anderes Problem mit den Ländern– genauer gesagt: mit den CDU- bzw. CSU-regierten Län-dern – ist dagegen ungelöst, nämlich das Auslaufen derEigenheimzulage.Wenn wir über dieses Thema debattieren, müssen wiruns immer wieder vor Augen führen, in welcher Situa-tion wir uns befinden. Was die Koalition mit EdelgardBulmahn an der Spitze in diesem Bereich seit 1998 un-ablässig forciert, nämlich die Prioritätensetzung für Bil-dung und Forschung, wird inzwischen übereinstimmendals richtiger Weg erkannt. Die fünf Wirtschaftsweisenhaben erstmals in einem eigenen Kapitel ihres Gutach-tens auf die Bedeutung von Bildung für das Wachstumhingewiesen. In dem Bericht zur technologischen Leis-tungsfähigkeit wurde bereits vor zwei Jahren festgestellt,dass wir erheblich mehr tun müssen, um das Bildungsni-veau in Deutschland zu heben, und in den PISA-Studienwerden Schwächen unseres Bildungssystems aufgezeigt.
Wenn wir den von uns eingeschlagenen Weg nicht be-schleunigt gehen, dann geraten wir im internationalenWettbewerb ins Hintertreffen. Wir brauchen Spitzenuni-vuatKwscsBguWteumSübrsnWuBDwdZaMskFhgWwJ
Natürlich sind nicht alle Probleme nur mit Geld zu lö-en. Wir brauchen es aber, um wieder an die Spitze derildungsnationen zu gelangen. Das Auslaufen der Ei-enheimzulage wäre ein ganz großer Schritt, den Bundnd Länder gemeinsam machen könnten.
enn wir das nicht gleich und sofort schaffen, dann soll-n wir wenigstens so weit wie möglich voranschreitennd darüber nachdenken, welche ergänzenden Maßnah-en es gibt.Liebe Kolleginnen und Kollegen der Union, lassenie uns über eine Neugestaltung der Erbschaftsteuer,ber die Goldreserven und über andere Subventionen ne-en der Eigenheimzulage sprechen. Lassen Sie uns da-über sprechen, dass Ausgaben für Bildung und For-chung als das begriffen werden müssen, was sie sind,ämlich Investitionen.
ir benötigen einen gemeinsamen Aufbruch von Bundnd Ländern sowie von Wirtschaft und Gesellschaft fürildung und Forschung.
er Bund allein kann das nicht leisten, er ist aber einichtiger Akteur; das wissen wir. In diesem Sinne istieser Haushalt nicht mehr und nicht weniger als einwischenschritt. Mit ihm machen wir deutlich: Die Ko-lition ist nicht Bremser dieser Bewegung, sondern ihrotor.
Eine verantwortungsvolle Politik verbindet heuteoziale und volkswirtschaftliche Motive zu einer Zu-unftspolitik. Wir wollen an die Spitze in Bildung undorschung sowie bei der technologischen Leistungsfä-igkeit. Es ist immer unbequemer und härter, bergauf zuehen als einfach nur bergab. Wir sind bereit, den harteneg zu gehen.Lassen Sie mich das an dieser Stelle auch ein Stückeit emotional sagen: Meine Tochter ist knapp zweiahre alt. Ich möchte ihr eines Tages nicht erklären
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Swen Schulz
müssen, warum wir den einfachen Weg des Abstiegs ge-wählt haben.
Ich will, dass meine Tochter und ihre Generation eineechte Chance haben. Lassen Sie uns heute zusammenar-beiten, damit wir denen nach uns nicht die Zukunft ver-bauen.Herzlichen Dank.
Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Katherina Reiche.
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-legen! Kein Ressort besitzt so viel Verantwortung für dieZukunftschancen wie das BMBF. Generationengerech-tigkeit ist eben in erster Linie nicht Umverteilung. Gene-rationengerechtigkeit gibt es dann, wenn die junge Ge-neration die Chance hat, aus eigener Kraft etwas zuleisten. Diese Chance hat sie dann, wenn es in diesemLand Wachstum gibt und wenn dieses Land innovations-fähig ist.
Frau Bulmahn, Sie hätten die Chance gehabt, aus Ih-rem Haus ein echtes Innovationsministerium zu machenund die Weichen in Richtung Zukunft zu stellen. Dochalles, was Sie anpacken, läuft falsch. Ihre Konzepte lan-den vor dem Bundesverfassungsgericht und Sie setzendie Prioritäten falsch. Sie behaupten, die Priorität Eigen-heimzulage sei auch von der Union aufgegeben wordenund wir hätten sie schon längst nicht mehr in unseremGrundsatzprogramm. Ich darf Ihnen Folgendes zitieren:Unser Ziel ist es, die Förderung des selbstgenutztenWohneigentums in Neubau und Bestand zu stärken,die Eigenheimförderung familienfreundlicher zugestalten und das Wohneigentum wirksam in dieFörderung der privaten Altersvorsorge einzubinden.
Das ist genau das Gegenteil von dem, was Sie eben er-klärt haben.
Die heutige Debatte zeigt deutlich: Selbstlob, aberauch Ignoranz der tatsächlichen Probleme. Sie vertunmit dem vorgelegten Haushalt Chancen. Wir haben inder Tat eine Reihe von konstruktiven Änderungsvor-schlägen eingereicht. In der Summe wären das 300 Mil-lkWHldbnsaknDvdsVtVtBSduSdwiDhQddLMdsdPaJt
Wir wissen zum Beispiel, dass die neuen Bundeslän-er besonders auf Forschung und Innovation angewiesenind. Wir fragen uns: Warum haben Sie nicht unseremorschlag zugestimmt, der DFG Geld für die Einrich-ung von Innovationsgruppen in den neuen Ländern zurerfügung zu stellen? Am Ende des Jahres der Innova-ion zerplatzt nicht nur Ihr Haushalt, sondern auch Ihreeiräte, Impulsgeber und Arbeitskreise; ein Jahr mit vielhow und ohne Ergebnisse.
Für die Hochschulen heißt die rote Parole seit Anfangieses Jahres Eliteuniversität. Doch warum dürfen dannnsere Hochschulen nicht so agieren wie die Universitättanford oder die ETH Zürich? Mir ist nicht bekannt,ass Washington der Harvard-Universität vorschreibenürde, was sie zu tun oder zu lassen hat. Entscheidendst ein freiheitliches Reizklima für Forschung und Lehre.
Unser Ziel heißt: besser lehren und besser studieren.eshalb müssen wir unter der Schärfe unserer Haus-altszwänge für gute Studienbedingungen und für einenualitätswettbewerb sorgen. Sie allerdings verhindernies mit Ihrem starren Festhalten am Verbot von Stu-ienbeiträgen. Angeblich steht die Einheitlichkeit derebensbedingungen auf dem Spiel und angeblich ist dieobilität gefährdet. Sie vergessen dabei, dass die Stu-enten nicht nur umzugsberechtigt, sondern auch ver-tandesbegabt sind und ihnen als angehende Akademikerurchaus zuzumuten ist, zwischen unterschiedlichenreis-, Mengen- und Qualitätsangeboten einen Vergleichnzustellen.In der „Berliner Zeitung“ vom 8. November diesesahres wiederholen Sie Ihre Meinung, dass Studienbei-räge unsozial seien.
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Katherina ReicheWir fänden es durchaus gerecht, wenn sich all diejenigenan der Finanzierung von Hochschulen beteiligen, die da-von profitieren, nämlich die Unternehmen, der Staat unddie Studierenden selbst.
Zudem müssen wir Wissenschaftlerpflege betreiben.Gerade unsere Nachwuchswissenschaftler haben vieleIdeen, wie unser Forschungssystem zukunftsfähig ge-macht werden kann. Ich schlage Ihnen deshalb vor, einNachwuchsforum für die Wissenschaft zu schaffen. In-dem die Nachwuchswissenschaftler regelmäßig angehörtwerden, zeigen wir ihnen, dass wir sie ernst nehmen.
Ich bin damit bei den Zukunftsfeldern der Innovation.Können wir es uns wirklich leisten, uns Stück für Stückaus der Chemie, der Kerntechnik, der Pharmazie, mitt-lerweile aber auch der Elektrotechnik oder der Biotech-nologie zu verabschieden? Bei der Biotechnologie tretenzwar Sie, Frau Bulmahn, mächtig aufs Gas, aber auf derBremse stehen Frau Künast und Herr Trittin und streuenzusätzlich Nägel. Da wird plakatiert: Good Food stattGenfood. Da erläutert Frau Künast, sie wolle die schlei-chende Einführung der Gentechnik stoppen.Während Frau Künast ihre Ziele in einer Art Feldzuggegen die Grüne Gentechnik durchsetzt, erklärt dieForschungsministerin in der „FAZ“-Sonntagszeitungvom 25. April – ich zitiere –:In der Forschung sind wir hier sicher so gut wieviele andere Länder. Über die Anwendung ent-scheidet nicht die Forschung.Ich frage mich: Was ist das für ein Verständnis vomAmt, von der Verantwortung und vom Funktionierenvon Innovationsketten?
Sie stellen dafür Geld zur Verfügung und lassen gleich-zeitig zu, dass die Kollegen in Ihrem Kabinett die An-wendung und die Produktentwicklung verhindern. Ichhalte das für einen Skandal.
Sie und der Bundeskanzler halten kluge Reden aufder ACATECH und diversen Wirtschaftsforen, in denenSie die Grüne Gentechnik loben. Fakt ist jedoch, dass einGesetz geschaffen wird, das die Anwendung dieserTechnik in Deutschland aushebelt. Der aufschreiendenWissenschaft rufen Sie zu: Macht euch keine Sorgen, ihrkönnt die Forschungsgelder für die Haftung nutzen, dieeuch auch dann trifft, wenn ihr gar keine Schäden verur-sacht habt! – Das ist ein unglaublicher und einmaligerVorgang.
Mit dem Standortregister, das Frau Künast fordert,fordert sie im Prinzip einen Lageplan für Ökofundamen-talisten, um ihnen zu zeigen, wo die Versuchsfelder sind.In Golm ist letztes Jahr durch die Zerstörung eines einzi-gmdBWfWSFGRWRsjcptaZnRNkkAfuSb1DBTvgddwbe
Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Ernst Dieter
ossmann.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!achdem vor vollem Haus die „filigranen“ Argumenteaum mehr zu verstehen waren, möchte ich nur dreiurze Bemerkungen machen und vorweg einen Dank derrbeitsgruppe Bildung und Forschung der Koalitions-raktionen an zwei junge Haushälter ausbringen. Es sindnsere jüngsten Haushälter, Frau Lührmann und Herrchneider, die gut gearbeitet und dazu beigetragen ha-en, dass der Haushalt für Bildung und Forschung auf0 Milliarden Euro angewachsen ist. Ein ausdrücklichesankeschön an sie.
Die erste Bemerkung nimmt etwas auf, was Frauöhmer im Vorgriff auf den 7. Dezember gesagt hat, denag, an dem die Ergebnisse der neuesten PISA-Studieerkündet werden. Wenn sich in diesem Hause Ideolo-en gegenseitig den Vorwurf der Ideologie machen,ann gibt es ein Gegenrezept: Man nehme die Haltunges Fragenden an, und zwar ohne Tabus. Frau Böhmer,ir wünschen uns zum 7. Dezember, dass wir ohne Ta-us in Bezug auf Schulstrukturen in diesem Hause mit-inander reden können. Das ist eine Ansage, damit es
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Dr. Ernst Dieter Rossmannwirklich vorangeht unter uns „Ideologen“, um mit leich-ter Ironie zu sprechen.
Zweite Bemerkung: Es ist uns wichtig, dass einesnicht ohne Gegenrede im Protokoll stehen bleibt, näm-lich die unseres Erachtens nicht akzeptablen Äußerun-gen von Ihnen, Herr Willsch, zu der deutsch-polnischenStiftungsuniversität. Das ist etwas, das wir klarstellenmüssen.
Wer wie Sie für ein solches Projekt in dem Jahr, in demEuropa am 1. Mai zusammengefunden hat und Polen derEuropäischen Union beigetreten ist, nur verächtlich ma-chende Worte findet und kleinlich auf der Schiene derpersonellen Kritik fährt, der versündigt sich an dem, wasdas gemeinsame Anliegen dieses Parlamentes ist.
Stellen Sie sich einmal vor, ein polnischer Parlamenta-rier hätte Ihren Beitrag hier gehört. Was hätte der in Be-zug auf ein gemeinsames universitäres, junge Wissen-schaftler und junge Studenten verbindendes, in derRegion etwas aufbauendes Projekt mitnehmen sollen?Ich glaube, Sie müssten sich schämen. Wir tun das fürSie. Wir finden Ihre Äußerung außerordentlich bedauer-lich.
Dritte Bemerkung: Wir diskutieren in diesem Kreiseden Subventionsabbau, wobei Sie auf die Kohle undwir auf die Eigenheimzulage abzielen. Unsere Wahrneh-mung ist: Wir müssen erst in der Bevölkerung Begeiste-rung dafür wecken, dass man mit dem Geld, das mandurch den Subventionsabbau spart, etwas Positives ge-winnen kann.
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage
Ihres Kollegen Willsch?
Weil das sicherlich persönlich wird, möchte ich den
Gedanken zu Ende bringen und dann die Zwischenfrage
zulassen.
Ich will ein Beispiel für das Positive nennen. Nehmen
Sie 3 Milliarden Euro, die man bei der Subventionierung
der Kohle oder durch die Reduzierung der Eigenheimzu-
lage sparen kann. Mit diesem Geld könnte man
60 000 Lehrerinnen und Lehrer in Deutschland einstel-
len. Das ist ein Zehntel aller Lehrerinnen und Lehrer.
Man könnte auch 75 000 bis 80 000 Frühpädagogen ein-
stellen. Gehen wir in den Hochschulbereich – so wären
3 Milliarden Euro umsetzbar in 30 000 zusätzliche nicht
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ie Ministerin hat beim letzten Mal Ernst Bloch zum
chluss zitiert, der gesagt hat: „Denken heißt überwin-
en.“ Ich glaube, wir müssen an dieser Stelle noch viel
ernen und wir müssen uns dazu überwinden, aus unse-
en Schützengräben herauszukommen.
Herr Willsch ist herausgekommen. Jetzt höre ich mir
ern Ihre Entschuldigung an.
Herr Dr. Rossmann, ich frage Sie, ob Sie bereit sind,
as Ganze einfach nachzulesen. Sie werden dabei fest-
tellen,
ass ich nichts Negatives über Frau Professor Schwan
esagt habe.
ch habe den Vorgang geschildert und gesagt, dass man
n der Öffentlichkeit den Eindruck entstehen lässt oder
eradezu herbeiführt,
ine solche Kandidatur werde vergolten. Der Vorwurf
ichtet sich nicht gegen die Viadrina und nicht gegen
rau Schwan, sondern gegen den Kanzler, der den Ein-
ruck hat entstehen lassen. Sind Sie bereit, das zur
enntnis zu nehmen?
Ich hätte es besser gefunden, Sie hätten jetzt die Gele-enheit genutzt, ein gemeinsames Projekt dieses ganzenarlaments, deutsch-polnisches Zusammenwirken imissenschafts- und Forschungsbereich, positiv zu unter-tützen, statt hier noch mal die kleine Münze zu bemü-en.Danke schön.
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Damit können wir diesen Punkt verlassen und kom- Fall. Dann schließe ich die Abstimmung und bitte diedesministerium für Bildung und Forschung, in der Aus-schussfassung. Dazu liegen fünf Änderungsanträge derFraktion der CDU/CSU vor, über die wir zuerst abstim-men.Wer stimmt für den Änderungsantrag aufDrucksache 15/4332? – Wer stimmt dagegen? – Enthal-tungen? – Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen derKoalitionsfraktionen gegen die Stimmen von CDU/CSUund FDP abgelehnt.Wer stimmt für den Änderungsantrag auf Drucksache15/4333, ebenfalls ein Änderungsantrag der Fraktion derCDU/CSU? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? –Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen von SPD undBündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen von CDU/CSU und FDP abgelehnt.Wer stimmt für den Änderungsantrag auf Drucksache15/4334? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – DerÄnderungsantrag ist ebenfalls mit den Stimmen der Ko-lIEifmCSbtEndgültiges ErgebnisAbgegebene Stimmen: 569;davonja: 234nein: 291enthalten: 44JaCDU/CSUUlrich AdamIlse AignerPeter AltmaierArtur AuernhammerDietrich AustermannNorbert BarthleDr. Wolf BauerGünter BaumannErnst-Reinhard Beck
Veronika BellmannDr. Christoph BergnerOtto BernhardtDr. Rolf BietmannClemens BinningerRenate BlankPeter BleserAntje BlumenthalDr. Maria BöhmerJochen BorchertWolfgang Börnsen
Wolfgang BosbachDr. Wolfgang BötschKlaus BrähmigDr. Ralf BrauksiepeHMGVHCMPGLHAVTMMR
Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.Ich gebe das von den Schriftführerinnen und Schrift-ührern ermittelte Ergebnis der namentlichen Abstim-ung über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU/SU auf Drucksache 15/4336 bekannt. Abgegebenetimmen 569. Mit Ja haben gestimmt 234, mit Nein ha-en gestimmt 291, Enthaltungen 44. Der Änderungsan-rag ist damit abgelehnt.elge Braunonika Brüningeorg Brunnhubererena Butalikakisartmut Büttner
ajus Julius Caesaranfred Carstens
eter H. Carstensen
itta Connemanneo Dautzenbergubert Deittertlexander Dobrindtera Dominkehomas Dörflingerarie-Luise Döttaria Eichhornainer EppelmannAnke Eymer
Georg FahrenschonIlse FalkDr. Hans Georg FaustAlbrecht FeibelHartwig Fischer
Dirk Fischer
Dr. Maria FlachsbarthKlaus-Peter FlosbachHerbert FrankenhauserDr. Hans-Peter Friedrich
Erich G. FritzJochen-Konrad FrommeDr. Michael FuchsHans-Joachim FuchtelDr. Jürgen Gehbmen nun zur Abstimmung über den Einzelplan 30, Bun- Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Auszäh-Vizepräsidentin Dr. AntjeIch schließe damit die AusspWir kommen nun zu den Abmüssen wir der Korrektheit haaus Tagesordnungspunkt VIII wEs geht zunächst um Tagesoschlussempfehlung des Petitioübersicht 158 auf Drucksachdafür? – Wer stimmt dagegen?Sammelübersicht 158 ist einstdes ganzen Hauses angenommeWir kommen zur Wiederhzu Tagesordnungspunkt VIII eauf Drucksache 15/4181. Werstimmt dagegen? – Gibt es Eübersicht 159 ist ebenfalls einstangenommen worden.Vollmer:rache.stimmungen. Zu Beginnlber zwei Abstimmungeniederholen.rdnungspunkt VIII d, Be-nsausschusses, Sammel-e 15/4180. Wer stimmt– Gibt es Enthaltungen? –immig mit den Stimmenn worden.olung der Abstimmung, Sammelübersicht 159 stimmt dafür? – Wernthaltungen? – Sammel-immig vom ganzen HausauDtKuDCSPFslitionsfraktionen gegen die Snd FDP abgelehnt worden.Wer stimmt für denrucksache 15/4335? – Wer stungen? – Der Änderungsantragoalitionsfraktionen gegen diend FDP abgelehnt worden.Wir kommen nun zumrucksache 15/4336. Hier veDU/CSU namentliche Abstchriftführerinnen und Schriftlätze einzunehmen.Sind alle Plätze an den Urnall. Ich eröffne die AbstimmuIst noch ein Mitglied deseine Stimme nicht abgegeben
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 140. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 23. November 2004 12943
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Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne KastnerNorbert GeisRoland GewaltEberhard GiengerGeorg GirischMichael GlosRalf GöbelJosef GöppelDr. Wolfgang GötzerUte GranoldKurt-Dieter GrillReinhard GrindelHermann GröheMichael Grosse-BrömerMarkus GrübelManfred GrundKarl-Theodor Freiherr vonund zu GuttenbergOlav GuttingHolger HaibachGerda HasselfeldtHelmut HeiderichUrsula HeinenSiegfried HeliasUda Carmen Freia HellerMichael HennrichJürgen HerrmannBernd HeynemannErnst HinskenPeter HintzeRobert HochbaumKlaus HofbauerJoachim HörsterHubert HüppeSusanne JaffkeDr. Peter JahrDr. Egon JüttnerBartholomäus KalbIrmgard KarwatzkiBernhard Kaster
Volker KauderGerlinde KaupaEckart von KlaedenJürgen KlimkeJulia KlöcknerKristina Köhler
Manfred KolbeNorbert KönigshofenHartmut KoschykThomas KossendeyRudolf KrausMichael KretschmerGünther KrichbaumGünter KringsDr. Martina KrogmannDr. Hermann KuesWerner Kuhn
Dr. Karl A. Lamers
Dr. Norbert LammertHelmut LampBarbara LanzingerKarl-Josef LaumannVera LengsfeldWerner LensingPeter LetzgusUrsula LietzWDPDDESDDWDDFLDMHKMDSBHBHMCGDFERDUDSDBRRTHDHPCKHKDHFHDKDDVAPADHAalter Link
r. Klaus W. Lippold
atricia Lipsr. Michael Lutherorothee Mantelrwin Marschewski
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r. Conny Mayer
r. Martin Mayer
olfgang Meckelburgr. Michael Meisterr. Angela Merkelriedrich Merzaurenz Meyer
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aria Michalkans Michelbachlaus Minkelarlene Mortlerr. Gerd Müllertefan Müller
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enry Nitzscheichaela Nolllaudia Nolteünter Nooker. Georg Nüßleinranz Obermeierduard Oswaldita Pawelskir. Peter Pazioreklrich Petzoldr. Joachim Pfeifferibylle Pfeifferr. Friedbert Pflügereatrix Philipponald Pofallauprecht Polenzhomas Rachelans Raidelr. Peter Ramsauerelmut Raubereter Rauenhrista Reichard
atherina Reicheans-Peter Repniklaus Riegertr. Heinz Riesenhuberannelore Roedelranz-Xaver Romereinrich-Wilhelm Ronsöhrr. Klaus Roseurt J. Rossmanithr. Norbert Röttgenr. Christian Ruckolker Rühelbert Rupprecht
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r. Wolfgang Schäubleartmut Schauertendreas ScheuerNGABCADBUWHKMMHBTJECGAMMTLAEDAVAGMPGAKWWEWWWFMDPNSDGIRHEDDESSUKDorbert Schindlereorg Schirmbeckngela Schmidernd Schmidbauerhristian Schmidt
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Unser Ansatz ist ein langfristiger, nachhaltiger; unseht es nicht um ein kurzes Spaß-Event.
Beispiel Tagesbetreuungsausbaugesetz: Währender Haushaltsberatungen flatterte uns eine Ausschrei-ung auf den Tisch, in der das Ministerium eine Öffent-ichkeitskampagne unter dem Motto „Kinder und Fami-ien haben Priorität“ auslobt. Bei einer Kürzung um,5 Prozent scheinen Plakate nötig zu sein!
Wir üben das. – Beginn der Kampagne ist der. Dezember 2004. Die Kampagne endet 2006.
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Antje TillmannMich wundert schon, dass bei der katastrophalen Situa-tion des Haushalts 2004 offensichtlich immer noch Geldfür Plakate vorhanden ist.
Haushaltsrechtlich ist diese Aktion mehr als zweifelhaft,da mindestens der Anteil für 2005 und 2006 jeglicherrechtlicher Grundlage entbehrt, solange der Haushaltnicht verabschiedet ist. Ich höre jetzt aus dem Haus, dassdie Kampagne genau aus diesem Grunde verschobenwerden soll.Diese Pressekampagne macht aber auch aus anderenGründen stutzig, Frau Ministerin. Am 27. Oktober die-ses Jahres haben Sie im Familienausschuss mitgeteilt,dass das TAG, das Tagesbetreuungsausbaugesetz, aufge-spalten werden soll, sodass der Bundesrat zu einem Teilkeine Mitwirkungsrechte mehr hat,
obwohl die Länder für die Kosten dieses Gesetzes auf-kommen müssen. Sie haben dem Ausschuss mitgeteilt,das sei so kurzfristig entschieden worden, dass der Aus-schuss nicht rechtzeitig habe informiert werden können.Das war, wie gesagt, am 27. Oktober.
Am 5. Oktober hat Ihr Haus aber schon die Kampa-gne ausgelobt, die den Ausbau der Kinderbetreuung inder breiten Bevölkerung kommunizieren sollte,
obwohl Sie nach eigenen Angaben zu diesem Zeitpunktmit einem In-Kraft-Treten des Gesetzes noch gar nichtrechnen konnten.
Sie haben hiermit den Ländern ein Argument für derenForderung im Rahmen der Bundesstaatskommission ge-geben, die Gesetzgebungskompetenz für die Kinder- undJugendhilfe zu erhalten. Sie kämpfen öffentlich für denErhalt der Gesetzgebungskompetenz des Bundes auf die-sem Gebiet
und schaffen durch Ihr eigenes Verhalten Gründe für Be-gehrlichkeiten der Länder. Erst wenn derjenige, der sichöffentlich für ein Gesetz feiern lässt, auch für die Finan-zierung geradesteht, werden wir in der Bundesstaats-kommission zu klaren Kompetenzen kommen und wer-den die Länder diese Gesetze mit der gleichenBegeisterung umsetzen.
Abgesehen davon ist die Finanzierung dieses Geset-zes, egal was Sie behaupten, nicht gesichert. Hartz IVwird am 1. Januar 2005 in Kraft treten. Leider kann ichIhnen schon jetzt anhand der Haushalte der ostdeutschenKrvd–BsCzsKsgBgBWmJiVhiWlsAtbzkzLFh7wddmKgmlaESw
Die Revisionsklausel bezieht sich nur darauf, dass imundesdurchschnitt die Gelder eingespart werdenollen. – Frau Ministerin, da haben Sie noch einmal diehance, sich für die Belange der Kommunen einzuset-en und für die Kinderbetreuung zu kämpfen. Ich binehr gespannt, wie viel Geld davon bei den ostdeutschenommunen ankommt. Dazu steht in der Revisionsklau-el nämlich nichts.
Liebe Frau Schmidt, verzichten Sie auf diese Kampa-ne! Plakate mit lächelnden Kindern klebt Ihre Kolleginulmahn schon genug. Sorgen Sie lieber für Bedingun-en vor Ort, die Kinder lächeln lassen!
eispiel Freiwilligendienste: Um die Abschaffung derehrpflicht auch Trägern schmackhaft zu machen, dieit Zivildienstleistenden arbeiten, haben Sie im letztenahr die Kommission „Impulse für die Zivilgesellschaft“ns Leben gerufen.
iele gute Ideen wurden da entwickelt. Die Kommissionatte nur einen Mangel, den Sie, Frau Ministerin, gleichn Ihrer Rede bestimmt aufklären werden: Es wurde keinort zur Finanzierung gesagt. Es wurden Versicherungs-eistungen, kostenlose Busfahrkarten und Aufwandsent-chädigungen für Freiwillige sowie Anerkennung ihrerrbeit durch verbilligten Eintritt in öffentliche Einrich-ungen verlangt. Die Umsetzung dieser Ideen verlangteträchtliche Summen. Es fehlen hierfür jedoch Finan-ierungsvorschläge. Dazu hat auch die Kommissioneine Festlegungen getroffen. Tatsächlich ist die Finan-ierung völlig unklar. Nur eines ist klar, nämlich dass dieänder in der Verantwortung für die Finanzierung dieserreiwilligendienste stehen, während der Bundeshaus-alt durch den Wegfall des Zivildienstes um00 Millionen entlastet würde. In dem Augenblick also,enn die Wehrpflicht abgeschafft würde, könnten Sieen Bundeshaushalt sanieren, weil die Freiwilligen-ienste aus den Länderhaushalten finanziert werdenüssten.Plötzlich haben die Kolleginnen und Kollegen deroalition, um Zweifler an der Finanzierung zu beruhi-en, zur Bereinigungssitzung des Haushaltsausschussesal eben ein 10-Millionen-Euro-Programm für Freiwil-igendienste aus dem Hut gezaubert. Aus dem Stand sindus diesem schwierigen Haushalt plötzlich 10 Millionenuro zur Verfügung gestellt worden.
chade nur, dass viele Freiwillige davon erst erfahren,enn das Geld bereits ausgegeben ist.
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Antje TillmannDarüber hinaus dürfen diese Mittel ähnlich wie dieder Jugendförderung nur für kurzfristige Projekte ausge-geben werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben schon beiden Jugendprojekten kritisiert, dass es überhaupt keinenSinn macht, kurzfristige Events und Aktionen zu bezah-len, die Betroffenen aber hinterher mit dem Problem ei-ner weiteren Finanzierung allein zu lassen. Sie stehendann vor der Tür der Kommunen und bitten diese umWeiterfinanzierung.
Sie fördern befristet Einzelprojekte, mit denen Sie sichöffentlichkeitswirksam präsentieren. Nach Auslaufender Förderung können die Kommunen eine Nachfinan-zierung nicht sicherstellen. Das führt zu Frust bei denen,die sich engagieren. Ich glaube nicht, dass das motiva-tionsfördernd ist.Kurzfristige Sonderprogramme ersetzen nicht dielangfristige Anerkennung. Wo lässt sich bei dieser Poli-tik die so oft gepriesene Nachhaltigkeit erkennen? Wobleibt die Vorsorge für künftige Generationen, denensich gerade Ihr Haus, Frau Ministerin, verpflichtet füh-len müsste?Ich könnte nahtlos weitermachen:
Plötzlich werden in einem Haushaltstitel zusätzlicheEinnahmen in Höhe von einer 1 Million veranschlagt.Außerdem ist die Finanzierung zusätzlicher Events imHaushalt vorgesehen. Der Bundesrechnungshof hat ge-rade in seinem letzten Bericht Ihrer Kollegin Künast insStammbuch geschrieben, dass sie zu Unrecht öffentlich-keitswirksame Maßnahmen der Bundesregierung ausBundesprogrammen fördert. Sie tun das in Ihrem Hausgenauso. Die Kinderkampagne wird aus dem Etat desKinder- und Jugendplanes finanziert. Das alles tun Sienur, weil Sie der Öffentlichkeit nicht sagen wollen, dassSie überall sparen, nur nicht bei Ihrer eigenen Imagewer-bung. Das werden wir so nicht mitmachen.
Darauf werden wir auch in Zukunft hinweisen; wir wer-den immer wieder anmahnen, dass hier ein Einsparpo-tenzial vorhanden ist, das noch nicht ausgeschöpft ist.Diese Gelder sollten besser den Familien zugute kom-men.Trotz all dieser inhaltlichen Meinungsverschiedenhei-ten möchte ich es nicht versäumen, mich für die gute Zu-sammenarbeit mit den Berichterstattern und den Mitar-beitern Ihres Hauses zu bedanken. Auch mit Ihnen, FrauMinisterin Schmidt, lief das Ringen um die richtigen Lö-sungen fair und kollegial ab, auch wenn wir selten zumgleichen Ergebnis gekommen sind. Ich denke aber, da-mit können wir beide leben. Zufrieden stellen können al-ldoZdfozMcFLMgnMrBSmaeneDRFngHHlszJS3vdlbSShlPf
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Zu dieser Erblast mit Zins und Zinseszins kamen von1998 bis 2004 noch einmal 130 Milliarden Euro hinzu –eine wahrlich nicht fröhlich stimmende Zahl! Aber esbleibt doch festzuhalten, dass wir diese knapp40 Milliarden Euro Zinsen, die wir auch in diesemJahr zahlen müssen und die uns natürlich anteilig imFamilienetat fehlen, für eine Gesamtschuld von 847 Mil-liarden Euro zahlen, wobei für zwei Drittel dieses Schul-denberges Sie die Verantwortung tragen und nur für einSechstel wir.Vor diesem Hintergrund täten Sie gut daran, für die-sen Schuldenberg eine deutliche Mitverantwortung zuübernehmen, anstatt, wie Herr Merz, von Mühlsteinenum den Hals unserer Kinder zu schwadronieren. Sie ver-weigern sich, wenn es darum geht, diese Mühlsteine los-zuwerden. Stattdessen wollen Sie mit der mangelndenGegenfinanzierung Ihrer Kopfpauschale noch einenzweiten Mühlstein dazuhängen.
Wenn Einnahmen und Ausgaben wieder zueinanderpassen sollen, auch zugunsten unseres Familienhaushal-tes, wenn wir statt nur in die Vergangenheit endlich wie-der verstärkt in die Zukunft investieren wollen, dannbrauchen wir ein stabilisiertes Steueraufkommen undkeine Gespensterdebatten über eine utopische Steuersen-kung auf Bierdeckeln. Gefragt ist beispielsweise Mutzum Subventionsabbau. Wir sprachen heute in diesemHohen Hause schon häufiger davon. Sie kneifen aller-dings, wenn es darum geht, dem Staat solide Einnahmenzu sichern, damit dieser seiner Verantwortung heute undfür die Zukunft unserer Kinder gerecht werden kann.
Damit fehlt eben auch das Geld im Einzelplan 17.Was will ich mit diesen Zahlen deutlich machen? Ichwill deutlich machen, dass die aktuelle Situation natür-lich, wie wir immer wieder hören, mit der wirtschaftli-chen Stagnation, ausbleibenden Steuereinnahmen,
ausbleibenden Einzahlungen in die Sozialkassen und ex-plodierenden Kosten für die Arbeitslosigkeit zu tun hat,aNdDnddidUatFsbFgJüdhHsWhimssteTbkrrngdutAzsrshab
Ich möchte jetzt ganz kurz auf das eingehen, was denamilienetat noch zusätzlich belastet. Die Kürzungsvor-chläge nach Koch/Steinbrück, also der Subventionsab-au nach der Rasenmähermethode, belasten den Etat desamilienministeriums schon in diesem Jahr mit Kürzun-en in Höhe von 9,4 Millionen Euro. Im kommendenahr werden es über 12,6 Millionen Euro sein und imbernächsten Jahr sogar 19 Millionen Euro.Ich lege allerdings Wert auf die Feststellung, dass wirie Koch/Steinbrück-Liste nicht eins zu eins umgesetztaben. Dafür haben wir uns den erbitterten Protest deraushälter von CDU/CSU und FDP im Haushaltsaus-chuss anhören müssen.
enn wir gemäß Koch/Steinbrück gekürzt hätten, dannätten wir schon in diesem Jahr – hören Sie bitte zu! – Kinder- und Jugendplan 6,37 Millionen Euro ein-paren müssen, davon 675 000 Euro allein bei dem An-atz für „Arbeiten zur Verwirklichung der Gleichberech-igung“. Wir haben die geforderten Einsparungen aberrbracht, indem wir intelligent umgeschichtet haben.rotz der Auflage, 12 Millionen Euro einzusparen, ha-en wir den Kinder- und Jugendplan in diesem und imommenden Jahr weitestgehend geschont.
Frau Tillmann, Sie haben vorhin gesagt, wir seien Ih-en Anträgen gefolgt. Ehrlich gesagt kann ich mich da-an nicht erinnern. Frau Lührmann wird dazu sicherlichoch etwas sagen. Richtig ist allerdings – das finde ichanz hervorragend –, dass wir einen parteiübergreifen-en Antrag eingebracht haben. Wir haben den Kinder-nd Jugendplan einstimmig um 1 Million Euro zuguns-en der Jugendverbände aufgestockt. Allerdings sah Ihrntrag anders aus. Sie wollten diese Mehraufwendungulasten des Projektes P im KJP gegenfinanzieren, des-en maßgeblicher Träger der Deutsche Bundesjugend-ing ist. Ich glaube nicht, dass er von Ihrem Vorschlagehr begeistert gewesen wäre. Auf unseren Vorschlagin, dem Sie sich angeschlossen haben, haben wir einendere Gegenfinanzierung im Kap. 17 04 beschlossen.Die Hiobsbotschaften im Rahmen dieser Haushalts-eratungen können eine Haushälterin bei dem Versuch,
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Bettina Hagedornpolitisch gestalten zu wollen, glatt zur Verzweifelungtreiben. Insofern möchte ich jetzt auf den zweiten Teilmeines Mottos „Not macht erfinderisch“, nämlich denErfindungsreichtum, eingehen. Es ist Kreativität erfor-derlich, um angesichts solcher Haushaltseckwerte poli-tisch und gesellschaftlich relevante Schwerpunkte zu-gunsten von Familien, Senioren, Frauen, Jugend undKindern, zugunsten von Verbänden, Netzwerken undInitiativen sowie zum Erhalt von sozialer Infrastrukturund zum Anschub zukunftsweisender Projekte zu setzen.Wir haben im Zuge der Haushaltsberatungen seit Sep-tember sehr wohl einige sehr markante Veränderungenim Haushalt vorgenommen. Ich möchte erwähnen, wo-von wir uns haben leiten lassen und was sozusagen derrote Faden war. Wir wollen den sozialen Kitt, der unsereGesellschaft zusammenhält, stärken und das freiwilligeEngagement noch mehr unterstützen. Wir wollen nichtnur über Werte in unserer Demokratie reden, sondernmehr Geld für jene bereitstellen, die diese Werte leben.
Ich will das an einigen Beispielen erläutern.10 Millionen Euro haben wir trotz aller Haushaltsnöteerstmalig für generationsübergreifende Modellpro-jekte neu bereitgestellt – Frau Tillmann, Sie wiesenschon darauf hin, haben es aber ein bisschen lächerlichgemacht – und haben sie mit Verpflichtungsermächti-gungen für 2006 und 2007 in Höhe von 9 Millio-nen Euro unterlegt. Wir machen damit deutlich: DieseProjekte sind mittelfristig und nachhaltig angelegt undsind eben kein kurzes Strohfeuer.
Diese Projekte gehen auf die Kommission zurück, dieSie angesprochen haben. Diese Kommission hat über-parteilich gearbeitet; an ihr waren Vertreter von Bundund Ländern, von Politik, Wohlfahrtsverbänden und Kir-chen beteiligt. Ich empfinde es allerdings als traurig,dass sich die CDU/CSU als einzige aus dieser Kommis-sion zurückgezogen hat. Deswegen sollten Sie jetzt nichtden Erfolg der überparteilichen Arbeit dieses Gremiumsin irgendeiner Weise in Abrede stellen.
Vor dem Hintergrund einer anhaltenden gesellschaft-lichen Diskussion über die Zukunft von Wehr- undZivildienst gibt es eine Empfehlung dieser Kommission.
Gemeinsam haben die Mitglieder gefordert, das zivileEngagement generationsübergreifend zu stärken.Das Ziel lautet nicht nur: Jung und Alt sollen sich be-gegnen und füreinander da sein. Die Herausforderungheißt vielmehr: Wir wollen Strukturen für das Miteinan-der der Generationen entwickeln; Wissen, Kreativitätund Lebenserfahrung der Älteren wollen wir mobilisie-ren und den Austausch zwischen den Generationen imgzzssbjdfvZmvsngueHsw1tVfntdaggepdsIupfTTltdspu
nd damit zusätzlich 1 000 Plätze für junge Menschenrmöglichen. Wir haben damit in diesem Bereich einenöchststand in diesem Jahr. Darauf können wir gemein-am stolz sein.
Ich habe schon kurz den gemeinsamen Antrag er-ähnt, die Mittel für die Jugendverbandsarbeit umMillion Euro zu erhöhen. Gleichwohl ist es mir wich-ig, zu betonen, dass es, obwohl wir jetzt das Niveau desorjahres wieder erreicht haben, eine Herausforderungür die Jugendverbände bleiben wird, angesichts der fi-anziellen und demographischen Perspektiven die Struk-uren von gestern für die Arbeit von morgen zu verän-ern. Die Mittel für den Kinder- und Jugendplan sindlso um 2 Millionen Euro aufgestockt worden. Sie betra-en jetzt 103 Millionen Euro. Wenn ich das damit ver-leiche, dass der KJP nach der Koch/Steinbrück-Listeigentlich die bevorzugte Kahlschlagsregion im Einzel-lan 17 sein sollte, dann komme ich zu dem Ergebnis,ass wir eine Menge gute Arbeit geleistet haben.
Der Kitt in unserer Gesellschaft wird aber auch in un-eren seit drei Jahren bestehenden und in Hunderten vonnitiativen erfolgreich arbeitenden Projekten Civitasnd Entimon gewährleistet, die in ganz Deutschlandräventiv gegen Rechtsradikalismus und Demokratie-eindlichkeit wirken. Die Stärkung von Zivilcourage undoleranz – in den Medien gerade wieder einmal einopthema – ist in Civitas- und Entimon-Projekten ge-ebte Praxis. SPD und Grüne haben unabhängig von ak-uellen Schlagzeilen bereits im September die Mittel füriese Projekte noch einmal um 5 Millionen Euro ver-tärkt und damit Kontinuität bewiesen. Auch die Ver-flichtungsermächtigungen für 2006 und 2007 wurdenm insgesamt 9 Millionen Euro erhöht, sodass davon das
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Bettina Hagedorndeutliche Signal ausgeht: Auf uns ist Verlass. Wir lassendie Menschen vor Ort, die sich gegen Fremdenfeindlich-keit engagieren, nicht im Stich.
An dieser Stelle ist es mir ein Bedürfnis, der von Civi-tas geförderten Initiative „Bunt statt Braun“ aus Anklamin Mecklenburg-Vorpommern zu gratulieren, die ich imSommer besucht habe und die am 14. November diesesJahres für ihr beispielhaftes Engagement, ihren Bürger-sinn, ihre Zivilcourage und ihre konsequente praktischeArbeit gegen den Rechtsextremismus mit der Hermann-Kesten-Medaille 2004 des P.E.N.-Zentrums Deutschlandin Darmstadt geehrt wurde. Herzlichen Glückwunsch anGünther Hoffmann und seine Crew!
Wichtig ist mir aber auch, zu unterstreichen: Die je-weiligen Länder dürfen sich nicht aus der Verantwortungder Kofinanzierung der Projekte stehlen. Die Aufsto-ckung der Bundesmittel soll keinesfalls die Länder ausihrer ureigenen Finanzverantwortung entlassen, sonderntatsächlich zu einem Mehr an Projekten führen und nochmehr Menschen motivieren, ihr Engagement für Demo-kratie und Toleranz zu verstärken und gegen ein Abdrif-ten nach rechts und gegen Fremdenfeindlichkeit aktiv zuwirken.
Ich muss zum Schluss kommen. Last, but not leastmöchte ich auf den ab 1. Januar 2005 neu eingeführtenKinderzuschlag von maximal 140 Euro monatlich hin-weisen, der circa 150 000 Kinder bundesweit aus der So-zialhilfe herausholen wird. Ich appelliere an alle geringverdienenden Eltern, die mit ihrer Arbeit zwar deneigenen Unterhalt, aber nicht den ihrer Kinder sicherstel-len können, diesen neuen Kinderzuschlag bei ihrer Fa-milienkasse zu beantragen. 217 Millionen Euro stehen2005 dafür neu bereit.
Ich möchte mich abschließend bei meinen Mitbericht-erstattern aller drei anderen Fraktionen für die guteTeamarbeit, aber auch ganz besonders bei der Ministerinund den Mitarbeitern im Ministerium für die wirklichgute Zusammenarbeit bedanken. Ich finde, wir habengute Beratungen in schwieriger Zeit gehabt. So kann esweitergehen.Vielen Dank.
Nächste Rednerin ist die Kollegin Ina Lenke, FDP-
Fraktion.
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on daher ist es unredlich, jetzt CDU/CSU und FDP diechuld für das Defizit in die Schuhe zu schieben; dasinde ich wirklich unmöglich.
Das Zweite. Frau Hagedorn, Sie haben vorgetragen,ie seien die einzigen Sparer der Nation.
ch habe Ihnen einmal unser „Liberales Sparbuch 2005“itgebracht.
Was wollen Sie? Es ist drucksachenreif. Wir haben alleorschläge zusammengetragen, die wir in den Haus-altsberatungen und den sonstigen Ausschussberatungenemacht haben. Diesen Anträgen haben Sie nicht zuge-timmt.
as soll Ihr Verhalten jetzt eigentlich? Das ist alles nuralter Kaffee.
Fest steht, dass in den vergangenen Jahren iminzelplan 17 kräftig gespart wurde und dass auch iniesem Jahr und im nächsten Jahr kräftig gespart werdenird. Wir haben es schon gehört: Es sind über 6 Prozent.n den letzten Jahren ist schon beim Zivildienst gespartorden, und zwar bei den Rentenversicherungsbeiträ-en, dem Entlassungsgeld oder bei anderen Dingen.
ie Bundesregierung sparte Millionen, indem sie dieesamtzahl der Zivildienstplätze kürzte. Das ist Fakt.etzt, meine Damen und Herren – das haben wir alle,laube ich, nicht so richtig mitbekommen –, gibt es eineeue Hiobsbotschaft, wie ein Weihnachtsgeschenk guterpackt. Wussten Sie schon, dass die Zivis ab Oktoberür das gleiche Geld mehr arbeiten müssen? Statt8,5 Stunden sind es nun 40. Damit werden die Zivis oftänger arbeiten müssen als das fest angestellte Personal.a sollten Sie einmal bei Ihrer Ministerin nachfragen.Im Haushalt 2005 kürzt nun die Ministerin das Erzie-ungsgeld – dabei handelt es sich um 245 Millionenuro –, weil weniger Kinder als bisher geboren werden.Hinzu kommt der Anteil unseres Einzelplanes 17 aner so genannten globalen Minderausgabe. Wir wissen,as das bedeutet; viele, die nicht hier im Parlament
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Ina Lenkearbeiten, wissen das nicht. Dabei handelt es sich um Ein-sparungen im Haushalt, die dort heute noch nicht enthal-ten sind. Wir haben schon jetzt für unseren Haushalt17 Millionen Euro quantifiziert; weitere Einsparungenmüssen im Laufe des Jahres erbracht werden. Da hätteich gerne einmal gewusst, Frau Hagedorn, wo Sie aufSparflamme fahren wollen.Das haben Sie uns nicht verraten; die Opposition wirdim Unklaren gelassen.
– Herr Beck, hören Sie mir einmal zu; Sie werden sichwundern, was ich Ihnen alles noch erzähle.
Nun zu einem Wahlversprechen von Rot-Grün, das indiesem Haushalt nicht auftaucht, die Betreuung für Kin-der unter drei Jahren, also für Kleinkinder. Seit einemhalben Jahrzehnt regiert Rot-Grün und bei jeder der vonIhnen gewonnenen Bundestagswahlen wurde geradejungen Frauen mehr Kinderbetreuung versprochen. Bisheute
– Fehlanzeige; Sie haben Recht, Herr Dr. Kolb.Doch statt Geld für die Einlösung dieses Wahlver-sprechens in den Bundeshaushalt einzustellen, ersanndie Bundesregierung ein neues Gesetz, das Tagesbetreu-ungsausbaugesetz für unter Dreijährige. Dafür gibt eskeine gesicherte Finanzierung. Im Bundeshaushalt fin-den wir dafür keinen Cent.
– Frau Hagedorn, sagen Sie mir, wo das imEinzelplan 17 steht.Die FDP sagt Ja zur Kinderbetreuung – wir brauchensie dringend –, aber Nein zu Ihrem äußerst unseriösenFinanzierungsvorschlag. Die Bundesregierung – daswissen wir – will die Finanzierung aus den Einsparungenaufgrund der Zusammenlegung von Arbeitslosen- undSozialhilfe, aus Hartz IV, sicherstellen. In vielen Anfra-gen, die wir an die Bundesregierung gerichtet haben, ha-ben wir versucht, den Finanzierungsweg, den Sie aufge-zeigt haben, transparent zu machen. Bis heute ist dieBundesregierung eine Antwort schuldig geblieben. Ichhoffe, dass die Ministerin uns heute bei ihrer Rede Auf-klärung darüber gibt, wo das Geld bei Hartz IV herkom-men soll. Das würde ich gerne wissen, nicht unbedingtCent für Cent. Mir reichen auch schon 100 Euro für100 Euro.Die Bundesregierung bleibt bei ihrer lapidaren Aus-sage. Wir als Opposition haben Konzepte für mehr Kin-derbetreuung in den Bundestag eingebracht. Das wissenSie, auch die Damen und Herren von der SPD und denGrünen. Wir haben Initiativen zu Tagesmüttern oder zurOrganisation von Kinderbetreuung eingebracht. Bedau-elvemETzhKldsmOsBüHmDlgdismInwgkzwudlwfgpmBf
s läuft bei der Rentenversicherung falsch, weil mancheagesmütter jetzt Rentenversicherungsbeiträge nach-ahlen müssen. Das ist ein Skandal. Sie haben sich biseute nicht darum gekümmert und immer noch keinonzept vorgelegt.
Wenn Sie den Ausbau der Kinderbetreuung ohne so-ide Finanzierung und gegen den Widerstand von Län-ern und Kommunen durchsetzen wollen, wird aus die-em wichtigen Vorhaben zum Leidwesen von Familienit Kindern und zum Leidwesen der Opposition nichtsrdentliches werden. Mit einer gemeinsamen Kraftan-trengung hätten wir dieses Vorhaben im Bundesrat undundestag gemeinsam tragen können. Dazu gab es aberberhaupt keine Möglichkeit.Wir begrüßen die Erhöhung der Mittel in diesemaushalt für Maßnahmen zur Bekämpfung des Extre-ismus von links und rechts.
ie Ergebnisse der jüngsten Landtagswahlen belegen al-erdings den dramatischen Einfluss rechten Gedanken-utes bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen.Das Zuwanderungsgesetz ist verabschiedet worden,araus ergibt sich natürlich finanzieller Handlungsbedarfm Einzelplan 17. Wir müssen die Integration der Men-chen mit Migrationshintergrund endlich politisch syste-atisch angehen. Die Mittel, die im Bundeshaushalt fürntegrationskurse vorgesehen sind, reichen bei weitemicht aus, um den tatsächlichen Bedarf zu decken. Sieissen, dass es nur für Neuzuwanderer aus Drittstaatenilt, während für diejenigen, die schon lange hier sind,ein Geld bereitgestellt wird.Ich denke, die nachholende Integration, die sich ge-ielt der Integration der schon länger hier lebenden Zu-anderungsgruppen annimmt, bleibt eine Aufgabe fürns alle. Vielleicht gibt es im nächsten Jahr Initiativenazu von allen Seiten. Wir würden sie begrüßen.Um die Seniorenpolitik ist es in den letzten Jahreneider sehr still geworden. Das ist umso erstaunlicher, dair alle die demographische Entwicklung kennen. Ichreue mich, dass es aufgrund der FDP-Initiative einenemeinsamen Beschluss in unserem Ausschuss gab, As-ekte des Vierten Altenberichts noch einmal im Parla-ent und in den Ausschüssen zu beraten. Ich fordere dieundesregierung auf, hier neue Impulse zu setzen. Hierehlt neuer Schwung.
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Ina LenkeIn der Kürze der Zeit, die mir noch zur Verfügungsteht, möchte ich den für mich so wichtigen Zivildienstansprechen. Die Koalition hat bisher noch keine Antwortdazu gegeben, wie der Zivildienst der Zukunft aussehenwird. Wie lange wird es ihn noch geben? Sie verschiebendie Debatte über die Wehrpflicht und die Berufsarmeetapfer von Jahr zu Jahr,
um ja keine Entscheidung treffen zu müssen. Die Fach-tagung der SPD zur Wehrpflicht am 13. November gingwie das Hornberger Schießen aus.
– Ich habe mir das im Fernsehen angesehen, es war nichtviel Substanz. Außer Spesen ist bei dieser Sache nichtsgewesen.Die FDP hat sich bereits 2001 auf einem Sonderpar-teitag klar gegen die Wehrpflicht entschieden; denn esgibt keine Wehrgerechtigkeit mehr. Die Wehrungerech-tigkeit wird immer größer und wir alle wissen, dassheute jeder zweite junge Mann zum Wehr- oder Zivil-dienst nicht mehr herangezogen wird. Was erlaubt sicheigentlich die Regierung, Frau Ministerin, gegenüberjungen Männern, die von den Politikern eine faire Be-handlung erwarten? Hier besteht eine Ungleichbehand-lung und es kann nur die Aufgabe der Regierung sein,Änderungsvorschläge vorzulegen.Kräftig gewürzt wird die ewige Warterei auf dieseEntscheidung durch Äußerungen aus der SPD und derBundesministerriege. Es ertönt geradezu ein hysterischerSchrei nach mehr Zwangsdiensten. Sigmar Gabriel, derehemalige Ministerpräsident Niedersachsens, der Innen-und damit Verfassungsminister Schily und die Justizmi-nisterin Frau Zypries wünschen sich einen Zwangsdienstfür alle jungen Frauen und Männer in Deutschland.
Wie tief ist die Sozialdemokratie gesunken? Herr Schilyversteigt sich sogar zu der Aussage, dass ein Zwangs-dienst zur Terrorbekämpfung dringend nötig sei. Als Li-berale verschlägt mir das die Sprache und ich bin froh, inder FDP zu sein.
Ein allgemeiner Pflichtdienst ist verfassungswidrig.Ich komme zum Schluss. Herr Beck, Sie von denGrünen versprechen immer, den Zivildienst abzuschaf-fen und die Wehrpflicht auszusetzen.
Aber Sie tun überhaupt nichts. Sie als Grüne sind garnicht sichtbar. Es passiert nichts.DtwddslBKmwIVguncs0üdndHwssmddglIzDgw
Das Wort hat die Kollegin Anna Lührmann,
ündnis 90/Die Grünen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen undollegen! Liebe Frau Flachsbarth, ich hoffe, Sie könnenich gut sehen; denn die Politik der Grünen ist, auchas diesen Bundeshaushalt betrifft, durchaus sichtbar.m Gegensatz zu den Vorschlägen der FDP sind unsereorschläge solide und gegenfinanziert.Lassen Sie mich auf Ihre These eingehen, Sie hättenenügend Vorschläge zur Gegenfinanzierung gemacht,m auch diesen Etat deutlich aufzustocken. Ich möchteur aus einigen Anträgen zitieren, die sich in Ihrem di-ken Buch verbergen. Unter anderem wird da der Zu-chuss für die Bundesanstalt für Arbeit einfach um,8 Millionen Euro gekürzt, was wahrscheinlich zu einerberplanmäßigen Ausgabe führen würde. Daher wäreas eine sehr unsolide Maßnahme, die nicht zur Gegenfi-anzierung beitragen würde. Genauso verhält es sich mitem Vorschlag, im Gesundheitsbereich eine Kürzung inöhe von 1 Milliarde Euro vorzunehmen; denn dasürde sich wahrscheinlich in höheren Beiträgen nieder-chlagen. Bei den Vorschlägen der CDU/CSU verhält esich ähnlich. Da ich mir meine Redezeit aufsparenöchte, gehe ich nicht im Detail auf sie ein.Lassen Sie mich eingangs hervorheben: Ich denke,ass dieser Etat sehr solide ist und dass sich insbeson-ere die prozentualen Absenkungen in diesem Etat sehrut erklären lassen. Zum Beispiel schichten wir eine re-ativ große Summe, nämlich 68 Millionen Euro, fürntegrationsleistungen für über 27-Jährige in den Ein-elplan des Innenministeriums um. Auch gibt es ineutschland leider immer weniger Kinder, sodass dieesetzlichen Leistungen nicht mehr in derselben Höheie bisher abgerufen werden.
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Anna LührmannDaher glaube ich, dass man von den Prozentzahlen nichtdarauf schließen kann, wie viel die Regierung für Fami-lien, Kinder, Jugendliche und Senioren tut.
Jetzt möchte ich auf drei Themenblöcke zu sprechenkommen, die mir in diesem Etat besonders am Herzenliegen. Zum einen – das hat Frau Hagedorn schon ange-sprochen – geht es um die Programme „CIVITAS“und „entimon“. Es ist uns gelungen, die Mittel für dieseProgramme gegenüber dem Regierungsentwurf deutlichaufzustocken; nun haben sie das gleiche Niveau wie2004 erreicht. Ebenso haben wir es geschafft, klar fest-zuschreiben, dass die Bundesregierung in diesem Be-reich auch in Zukunft aktiv sein wird.Sie von der CDU/CSU und auch der Bundesrech-nungshof sagen jetzt zwar, die Bundesregierung hätte beidiesem Thema nicht die Zuständigkeit, um aktiv zu wer-den. Aber dazu sage ich nur: Erstens. Die Länder neh-men ihre Aufgabe in diesem Bereich leider nicht ernst.
Zweitens. Rechtsextremismus ist ein nationales Pro-blem. Ich bin froh, dass die Bundesregierung alles tut,was sie tun kann, um das weitere Ausbreiten dieser men-schenverachtenden Ideologie zu verhindern.
Ich kann immer noch nicht nachvollziehen, warumSie hier nicht mitmachen. Denn es ist wichtig, Modellezu entwickeln und ganz konkrete Beispiele dafür zu fin-den, wie vor Ort eine Gegenkultur entstehen kann undwie jungen Menschen, die auf der Suche nach einer Per-spektive und nach Identifikation sind, entsprechendeAngebote gemacht werden können. Darauf wird meineKollegin Dümpe-Krüger gleich noch ausführlicher ein-gehen; denn dazu leisten „CIVITAS“ und „entimon“ we-sentliche Beiträge.Mein zweiter Punkt betrifft einen wesentlichen Kerndieses Einzelplans: den Kinder- und Jugendplan. Die-ser orientiert sich in der Jugendpolitik an zwei Leitli-nien: Erstens müssen wir die Strukturen in der Jugendar-beit stärken, um jungen Menschen Einfluss auf Politikund Gesellschaft zu geben. Zweitens zeigt die Shell-Ju-gendstudie, dass man in der Jugendarbeit neue Ansätzebraucht, um junge Leute auch über niedrigschwelligeAngebote und Projekte zu Engagement zu bewegen undsie zu begeistern, sodass auch die Demokratie in der jun-gen Generation größere Zustimmung findet. Deshalb binich sehr froh, dass es uns gelungen ist, die Kürzungenvon 8,17 Millionen Euro im KJP, die Koch/Steinbrückvorgeschlagen haben, nicht durchschlagen zu lassen,sondern dass die Kürzung nur noch 3,6 Millionen Eurobeträgt. Das ist immer noch zu viel, aber ich glaube, esist gerade noch vertretbar. Wir schaffen es damit, ge-meinsame Schwerpunkte zu setzen und die Jugendarbeitin diesen beiden Bereichen zu stärken. Ich glaube, das istgetAbncEdduwEMaddgsKwedvfGndgütlnGbüudkuZgmnf
Abschließend möchte ich noch auf die Freiwilligen-ienste zu sprechen kommen. Zum einen haben wir es jaeschafft, dass die bewährten Programme „freiwilligesoziales Jahr“ und „freiwilliges ökologisches Jahr“ iminder- und Jugendplan um 1 Million Euro gestärkterden. Zum anderen haben wir 10 Millionen Euro fürin Modellvorhaben vorgesehen, um die Empfehlungener Kommission im Hinblick auf die Impulse für die Zi-ilgesellschaft umzusetzen. Hierüber bin ich besondersroh. Ich sage Ihnen das vor allen Dingen aus einemrund – der sie vielleicht überraschen wird –: Ich glaubeämlich, dass es wichtig ist, in der Diskussion um denemographischen Wandel auch die Chancen des demo-raphischen Wandels zu erkennen und nicht immer nurber die Probleme und über die Risiken zu sprechen.
Wie viele rüstige Senioren mit einer Lebenserwar-ung von 80 Jahren oder darüber hinaus gibt es, die – oft:eider – nicht mehr im Erwerbsleben stehen, aber gerneoch etwas zur Gesellschaft beitragen wollen, die dasefühl haben wollen, sie nützen etwas, sie werden ge-raucht. Diesen Seniorinnen und Senioren geben wirber solche Modellprojekte neue Chancen, neue Mittelnd Wege, sich zu engagieren und sich auch bei denrängenden Problemen, zum Beispiel der Integration,onkret einzubringen. Ich glaube, das ist ganz wertvollnd wird dazu beitragen, den sozialen Frieden und denusammenhalt in unserer Gesellschaft zu stärken.
Frau Kollegin, Sie müssen zum Ende kommen.
Ja, das mache ich gerne. Das war auch schon fast einutes Schlusswort.Ich glaube, wir haben mit diesem Einzelplan, auchit den Änderungen, die wir im Haushaltsverfahrenoch durchsetzen konnten, eine gute Grundlage geschaf-en, um neue Impulse zu geben und den demographischen
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Anna LührmannWandel zu gestalten, um Jugendliche zu Engagement zubewegen und um Rechtsextremismus zu bekämpfen.Deshalb freue ich mich darauf, diesem Einzelplan gleichzustimmen zu können.
Das Wort hat die Kollegin Dr. Maria Flachsbarth,
CDU/CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und
Herren! Frau Kollegin Lührmann, ich bin Maria
Flachsbarth und ich gehöre der CDU/CSU-Fraktion an.
Meine Damen und Herren, erlauben Sie mir, zunächst
einen Blick auf das Gesamtkunstwerk Haushalt, die in
Zahlen gegossene Politik dieser Bundesregierung, zu
werfen. Da ist festzustellen: Es gibt kein anderes Politik-
feld, in dem wir vom Grundsatz des nachhaltigen Wirt-
schaftens weiter entfernt sind als in der derzeitigen deut-
schen Fiskalpolitik. Derzeit haben Bund, Länder und
Kommunen nahezu 1 400 Milliarden Euro Schulden.
Würde die öffentliche Hand verpflichtet, jeden Monat
1 Milliarde Euro dieser Schulden zurückzuzahlen, so
würde es 120 Jahre dauern, bis die Schulden tatsächlich
zurückgezahlt sind. Die Staatsverschuldung zu be-
grenzen ist daher eine Verpflichtung gegenüber der
nächsten Generation und Gebot der Stunde zugleich. Da-
bei verschärft sich die Situation noch durch die rückläu-
fige Bevölkerungsentwicklung in Deutschland. Selbst
bei der Annahme einer jährlichen Nettozuwanderung
von 100 000 Menschen sinkt die Bevölkerungsgröße
von heute 82 Millionen auf 68 Millionen im Jahr 2050.
Immer weniger Bürgerinnen und Bürger müssen also
eine wachsende Schuldenlast abtragen. Mit Nachhaltig-
keit und Generationengerechtigkeit hat das tatsächlich
nichts zu tun.
Die demographische Entwicklung ist in den kommen-
den Jahren demnach eine der zentralen Herausforderun-
gen an die Politik. Sie gefährdet zunehmend unsere so-
zialen Sicherungssysteme und auch die Wirtschaftskraft
unseres Landes wird nicht nur unter der kleiner werden-
den Zahl von Konsumenten, sondern auch unter jener
von Erfindern und Existenzgründern leiden. Daher ist
die Schaffung familienfreundlicher Rahmenbedin-
gungen für die Mütter und Väter, die eine Vereinbarkeit
von Familie und Beruf erlauben, eine der zentralen Auf-
gaben der Politik.
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Nein, nein, ich kann Ihnen den Redeauszug gerne ge-
en, dann können Sie sehen, was ich wirklich gesagt
abe.
Ich möchte Sie jetzt gerne mit einer Zahl konfrontie-
en, die heute Morgen zum gleichen Thema von Herrn
erz genannt worden ist. Er hat gesagt, dass jedes Kind,
as hier das Licht der Welt erblickt, im Moment schon
ine Schuldenlast von 16 500 Euro mit sich herum-
chleppt. Das ist ein bedrückender Gedanke.
or dieser Erkenntnis kann man nicht entfliehen. Ich
öchte Sie fragen, ob Sie das zugestehen.
Es ist aber folgendermaßen: 11 220 Euro davon sind
on 1982 bis 1998 aufgelaufen.
Frau Kollegin, Sie haben das Wort nicht für eine
urzintervention, sondern für eine Zwischenfrage.
Gut, die Frage kommt jetzt. – 2 531 Euro sind seit
998 aufgelaufen.
ind Sie bereit, eine Antwort auf die Frage zu geben,
ie wir den nachwachsenden Generationen gemeinsam
ls Parlament und verantwortungsvoll die richtigen Ant-
orten geben können?
Frau Kollegin, auch angesichts der Zahlen, die Siens gerade genannt haben, muss ich feststellen, dass deraushalt unter einer galoppierenden Schwindsucht lei-et. Das darf ich als Tierärztin vielleicht so sagen. Wirewegen uns in einer Schuldenspirale, die sich immer
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Dr. Maria Flachsbarthschneller dreht. Das Tafelsilber ist bis auf die allerletztenReste aufgebraucht. Ich muss Ihnen sagen: Von daher istdie Situation so bedrückend, wie sie ist. Wir brauchentatsächlich einen grundsätzlichen Politikwechsel in die-ser Bundesrepublik. Diesen kann ich bei Ihrer Bundesre-gierung und bei diesem Haushalt im Moment nicht imAnsatz erkennen.
Bei einem Vergleich der Geburtenraten in190 Staaten durch die Weltbank belegt Deutschland mit1,3 Geburten pro Frau den 185. Platz. Welche Gründeführen zu dieser Entwicklung in Deutschland? Einevor wenigen Wochen veröffentlichte Umfrage vonAllensbach sagt aus, dass bei der Lebensplanung derjungen Menschen in Deutschland heute ein stringentesDreistufenmodell vorherrscht, bei dem Ausbildung, Ein-stieg in das Berufsleben und erst dann die Familienphaseeinander folgen. Dadurch kommt die Familienphasehäufig zu kurz. Das Zeitfenster für eigene Kinder wirdgerade bei uns Frauen zu klein.Deshalb fordert die Union eine deutliche Verkürzungder Ausbildungszeiten. Zahlreiche unionsregierte Bun-desländer gehen mit gutem Beispiel voran. Kinder wer-den spätestens in dem Jahr, in dem sie sechs Jahre altwerden, eingeschult und das Abitur wird in Zukunft be-reits nach zwölf Jahren abgelegt.
Nur wenige Bundesländer wie das rot-grün regierteSchleswig-Holstein haben diese Regelung noch nichtübernommen.Doch auch der Bundesgesetzgeber kommt seiner Ver-antwortung nicht im erforderlichen Umfang nach. ImRahmen der Vorgaben für wissenschaftliche Qualifizie-rung, zum Beispiel bei der Juniorprofessur oder früherauch bei der Habilitation, fehlten und fehlen konkreteHilfsangebote zur Vereinbarkeit von Hochschullauf-bahn und Familienphase.
Die Konsequenzen sind unübersehbar: Auch wenngleich viele Frauen und Männer ihr Studium erfolgreichabschließen, fertigen Frauen nur ein Drittel der Disserta-tionen an und stellen Frauen nur ein Fünftel aller Habili-tanden. Lediglich ein Zehntel der Professuren sind weib-lich besetzt.
Deutschland liegt EU-weit wiederum weit hinten.Zehn Jahre nach der Aufnahme der Verwirklichungvon Gleichberechtigung als Staatsziel ins Grundgesetzgibt es damit immer noch keine angemessene Beteili-gung von Frauen an Führungspositionen in Wirtschaft,in Politik und in Wissenschaft.DrvBesRbhswssttutenEsTkasdvMKim2pd–bwmsrSeliEKDpn
Ein weiterer Grund für den Mangel an Frauen in Füh-ungspositionen sind in hohem Maße wechselnde Phasenon Erwerbs- und Familienarbeit in ihrer Biographie.ei einem Wiedereinstieg beginnen Frauen häufig aufiner niedrigeren Position im Vergleich zu der, aus derie ausgeschieden sind. Zum Teil ist überhaupt keineückkehr möglich, sodass ein Ausweichen in niedrigerezahlte anderer Erwerbsbereiche notwendig ist. Des-alb ist die Erarbeitung von Modellen zum Wiederein-tieg nach bzw. zum Halten des Kontakts zum Berufährend der Familienphase gemeinsam mit der Wirt-chaft notwendig. Das Beispiel Niedersachsen zeigt, wieo etwas möglich sein könnte, zum Beispiel die Einrich-ung von Eltern-Kind-Zimmern in Firmen und Verwal-ngen. Wenn die Kinderbetreuung ausfällt, können El-rn ihre Kinder tatsächlich ins Büro mitbringen und dorteben der Arbeit betreuen.
s gibt Programme für Mütter ohne Ausbildung. In Zu-ammenarbeit mit der IHK ist es möglich, Ausbildung ineilzeit zu absolvieren.Was tut nun die Bundesregierung für die Vereinbar-eit von Familie und Beruf? Was ist davon im Haushaltblesbar? Nehmen wir das Tagesbetreuungsausbauge-etz. Es verspricht eine verbesserte Betreuung für Kin-er bis drei Jahre und für Hortkinder. Im Haushalt iston all dem nichts zu erkennen. Er ist eine klassischeogelpackung, denn die Kommunen bleiben auf denosten sitzen. 1,5 Milliarden Euro von den hoffentlich Rahmen von Hartz IV angeblich einzusparenden,5 Milliarden Euro sollen dafür verwendet werden. Ex-erten haben in der Anhörung in diesem Hause gesagt,ass dies viel zu wenig sei.
Ich kann aber lesen. Die Folge wird sein, dass der Aus-au der Betreuung nicht in dem Umfang stattfindenird, wie er versprochen wurde. Gleiches gilt für Tages-ütter, die individuelle Betreuungsangebote schaffenollen, was wir ausdrücklich begrüßen, deren Qualifizie-ung aber nicht vorgesehen ist.Ein anderes Stichwort ist die Ganztagsbetreuung inchulen. Obwohl für das nächste Jahr eine Tranche voniner weiteren Milliarde Euro an Fördermitteln öffent-chkeitswirksam angekündigt wurde, findet man iminzelplan 60 nur etwa 740 Millionen Euro, also eineürzung um über 25 Prozent.
ie Ursache ist, dass die Länder die Mittel nicht in ge-lantem Umfang abrufen; denn die Fördermittel dürfenur für Renovierung, Ausbau, Neubau und Ausstattung
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Dr. Maria Flachsbarthvon Schulen, nicht aber für Personal und Betriebskostenverwendet werden.
Dies ist ebenfalls eine Mogelpackung; denn auch hiersind die Kommunen neben den Familien, die sich Hoff-nungen gemacht haben, wieder die Leidtragenden.
Wir sollten in einer solchen Debatte auch die jüngstveröffentlichte Studie des Bundesinstituts für Bevölke-rungsforschung zur Kenntnis nehmen. Weniger Deut-sche denn je haben überhaupt noch Lust auf Kinder.Circa 17 Prozent der Frauen und über 30 Prozent derMänner zwischen 18 und 34 Jahren geben inzwischendas Ideal der Kinderlosigkeit an und liegen damit weitüber dem Durchschnitt der EU. Im europäischen Ver-gleich belegt Deutschland mit einem statistischen Mittel-wert von 1,52 gewünschten Kindern nach Österreich undItalien den drittletzten Platz.
Auf der anderen Seite der Rangfolge stehen Frankreich,Großbritannien, die Türkei und Dänemark mit über2 Kindern.Kinder werden also dort gewünscht, wo Traditionendie Familienpolitik stützen oder aber das Konzept derFamilienpolitik den Vereinbarkeitsinteressen der Frauenentspricht und signalisiert, dass Kinder haben von derGesellschaft gewollt ist, so der Bevölkerungswissen-schaftler Jürgen Dorbritz. Er kommt zu dem Schluss,dass in Deutschland eine Wertediskussion über Kinderund Familie in Gang gesetzt werden müsse.Deshalb ist es wichtig, in diesem Haus auch über dieGründe, die Männer und Frauen dazu bringen, sich fürein Kind zu entscheiden und die sich eben nicht nur inZahlen ausdrücken lassen, zu sprechen. Kinder machenLärm und Schmutz, kosten Geld und Nerven. WelcherVater und welche Mutter wüsste das nicht? Aber Kindersind für zahlreiche Mütter und Väter die tragende Ant-wort nach dem Sinn des Lebens. Kinder sind unsere Bot-schafter in die Zukunft. Kinder vermitteln persönlichesGlück und Erfüllung.
Aber die Beziehung von Eltern zu Kindern und vonKindern zu Eltern ist eben die einzige zwischenmensch-liche Beziehung, die nicht aufkündbar und nicht rück-gängig zu machen ist. Deshalb brauchen Menschen, diesich für Kinder entscheiden, ein gewisses Maß an Si-cherheit. Aus diesem Grunde sollte es endlich eine kon-sequente, auf Familien ausgelegte Politik geben.
Was aber macht Rot-Grün? Zum 1. Januar 2002wurde die steuerliche Absetzbarkeit von Kinderbetreu-ung gestrichen und dieser Umstand als Dienstmädchen-privileg diskreditiert.NtInTdAfdWib1dLJSlEEzWkhlrFnFWtSÜGwbmwi
icht zuletzt dadurch provoziert Politik eine Auswei-ung der Schwarzarbeit im privaten Sektor.
m Jahr 2003 wurden durch Schwarzarbeit bei haushalts-ahen Dienstleistungen 55 Milliarden Euro umgesetzt.rotz einiger Fortschritte, die auf Betreiben der Unionurchgesetzt wurden – 400-Euro-Jobs und eine teilweisebzugsfähigkeit der Kosten –,
ehlt eine privatwirtschaftliche Struktur für den Bereicher Dienstleistungszentren und -agenturen.
ir haben zu dieser Problematik einen konkreten Antragn dieses Haus eingebracht.Rot-Grün aber steht für konzeptloses Vor und Zurückei der finanziellen Förderung von Familien. Seit dem. Januar dieses Jahres wird die Einkommensgrenze fürie Gewährung von Erziehungsgeld in den ersten sechsebensmonaten bei Ehepaaren schon bei 30 000 Euroahreseinkommen erreicht. Damit ist eine faktischetreichung des Erziehungsgeldes für Mittelverdiener imetzten Jahr vorgenommen worden.Nunmehr schlagen Sie, Frau Ministerin Schmidt, dieinführung eines Elterngeldes in Relation zum letzteninkommen vor, um damit Besserverdienende verstärktu fördern.
as gilt denn nun? Wo ist das Konzept und wo ist dielare Linie?Ich komme noch einmal zur Abschaffung der Eigen-eimzulage. Zurzeit soll sie von Rot-Grün bei jeder Ge-egenheit zum Stopfen unzähliger Haushaltslöcher he-angezogen werden. Auch damit würde in erster Linieamilien eine finanzielle Unterstützung des Staates ge-ommen. Daher lehnen wir die Streichung in dieserorm ab.
ir denken aber sehr wohl im Rahmen eines neuen,ransparenten Steuerkonzeptes über die Streichung vonteuersubventionen nach, doch nur, wenn dann, wie dieberlegungen von Merz/Faltlhauser es vorsehen, einrundfreibetrag von 8 000 Euro pro Person angesetztird, Familien also profitieren.Damit wieder mehr junge Menschen Lust auf Kinderekommen, brauchen wir klare und verlässliche Rah-enbedingungen für Familien. Die Menschen müssenieder Vertrauen in die Zukunft haben. Dieser Haushaltst weit davon entfernt, dieses Vertrauen zu vermitteln.Vielen Dank.
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Das Wort hat die Bundesministerin für Familie,Senioren, Frauen und Jugend, Renate Schmidt.
Renate Schmidt, Bundesministerin für Familie, Se-nioren, Frauen und Jugend:Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! LiebeKolleginnen! Zuerst gilt mein Dank den Berichterstatte-rinnen und Berichterstattern und den Fachpolitikern undFachpolitikerinnen für die gute und vertrauensvolle Zu-sammenarbeit und für das positive Ergebnis der Haus-haltsberatungen.Liebe Frau Tillmann, Sie haben Ihren gesamten Bei-trag auf die Öffentlichkeitsarbeit konzentriert. Ich sageIhnen nur so viel: Bei uns sind die Beiträge nicht aufge-stockt worden, sondern sie bewegen sich in derselbenHöhe wie im vergangenen Jahr. Bei uns hat der Bundes-rechnungshof nichts kritisiert.
Ich gedenke, auch weiterhin die Fachöffentlichkeitund die allgemeine Öffentlichkeit in geeigneter Form zuinformieren und Besuchergruppen zu betreuen.
Ich gedenke, auch weiterhin Pressetermine ordentlichvorzubereiten und Jugendverbandsarbeit durch die vonIhnen gescholtenen Events zu unterstützen. Auch das ge-hört zur Politik – früher bei Ihnen, heute bei uns und ir-gendwann in fernen Zeiten vielleicht wieder einmal beiIhnen.
Ich danke für die 5 Millionen Euro mehr für die ProjekteCivitas und Entimon. Auch über das Jahr 2006 hinaushalte ich eine Fortsetzung des Engagements des Bundesfür Demokratie und Toleranz für unabdingbar; denn nurKontinuität wird zum Erfolg führen, nicht aber kurzfris-tige Reaktionen auf Wahlergebnisse oder spektakuläreEinzelfälle.
Ich danke auch für die 10 Millionen Euro für genera-tionenübergreifende Freiwilligendienste und die1 Million Euro mehr für das FSJ und das FÖJ. An dieserStelle, liebe Frau Lenke, möchte ich sagen: Einen allge-meinen Pflichtdienst wird es nicht geben, weil dagegendie Verfassung spricht,
dagegen internationale Verträge und dagegen auch8 Milliarden Euro Mehrkosten sprechen.
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In diesem Zusammenhang noch eine Informationich bedaure, dass das BAZ offensichtlich eine Infor-ation gegeben hat, die falsch interpretiert wurde –: Dieivis werden nicht länger arbeiten, sondern im selbenmfang wie die anderen Beschäftigten. Das kann in Ost-eutschland 40 Stunden bedeuten, in Westdeutschlandedeutet das 38,5 Stunden. Diese Information ist längstorrigiert worden.Über die Aufstockung der Mittel für die Freiwilligen-ienste können nicht nur wir uns freuen; das ist auchine gute Nachricht für die Menschen, die sich für unseremeinwesen engagieren. Ich danke auch dafür, dassraktionsübergreifend erreicht werden konnte, den Fi-anzansatz für die Jugendverbandsarbeit um insgesamtMillion Euro auf 13 Millionen Euro anzuheben.
s stimmt, meine sehr geehrten Herren, meine sehr ge-hrten Damen: Mein Haushalt wird gegenüber demahr 2004 sinken. Diese Absenkung ergibt sich aberurch die Neuverteilung der Mittel im Bereich der Inte-ration zwischen dem Bundesamt für Migration undeinem Ministerium. Wir werden künftig für alle unter7-jährigen Migrantinnen und Migranten zuständig seinnd die Fachaufsicht über alle Maßnahmen für diesenersonenkreis führen. Das ist wichtig, denn erfolgreichentegration muss bei den jungen Menschen beginnen.
ür uns gilt: Wer bei uns lebt, soll auch mit uns leben.as beginnt in jungen Jahren.
ie Absenkung resultiert darüber hinaus aus den Kür-ungen im Rahmen der Vorschläge von Koch/Steinbrücknd durch die Anpassungen beim Zivildienst und beimrziehungsgeld.Frau Eichhorn, apropos Erziehungsgeld. Sie habenns hier in der ersten Lesung des Haushalts gesagt – ichitiere wörtlich –:…, dass in Bayern gespart wird – aber nicht bei denFamilien. Im Gegenteil, das Erziehungsgeld in Bay-ern bleibt.un zu Ihrer aller Information: Im Haushaltsentwurf füren Doppelhaushalt 2005/2006 wird das bayerische Er-iehungsgeld von 188 Millionen Euro im Jahr 2004 auf7,8 Millionen Euro für das Jahr 2006 gekürzt. Das sind8 Prozent weniger als 2004. Da nehmen sich die,2 Prozent Kürzung in unserem Haushalt 2005 gegen-ber dem Haushalt 2004 eher bescheiden aus.
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Frau Ministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage der
Kollegin Eichhorn?
Renate Schmidt, Bundesministerin für Familie, Se-
nioren, Frauen und Jugend:
Gern.
Sehr geehrte Frau Schmidt, würden Sie zur Kenntnisnehmen, dass es aufgrund eines Beschlusses der CSU-Landtagsfraktion beim bisherigen Ansatz bleiben wirdund es nicht zu den von Ihnen angesprochenen Kürzun-gen kommen wird?Renate Schmidt, Bundesministerin für Familie, Se-nioren, Frauen und Jugend:Frau Eichhorn, ich nehme das nicht zur Kenntnis,weil es noch nicht beschlossen ist und weil es im Haus-haltsentwurf so steht. Darin erkennt man die Absicht derbayerischen Staatsregierung, das bayerische Erziehungs-geld um 58 Prozent zu kürzen.
Nun stehen aber den Absenkungen des Einzel-plans 17, zum Beispiel beim Kinderzuschlag, Zu-wächse gegenüber. Das ist mir besonders wichtig. Dievom Kinderhilfswerk veröffentlichten Horrorzahlenüber steigende Kinderarmut waren, Gott sei Dank, falschund wurden von ihm korrigiert. 1,5 Millionen Kinder,die 2005 vom Arbeitslosengeld II abhängig sein werden,dürfen uns nicht untätig bleiben lassen. Mit dem Kinder-zuschlag haben wir erstmals ein Instrument, um dieSituation der Kinder zu verbessern. Dazu waren Sie,meine sehr geehrten Herren, meine sehr geehrten Damenvon der Opposition, nie fähig,
auch wenn Kinder- und Familienarmut zu Ihren Regie-rungszeiten genauso hoch und genauso bedrückend war.Ihre Konzepte, soweit vorhanden, setzen weiter aufunbezahlbare finanzielle Leistungen. Das unbezahlbareund für Familien ungerechte Steuerkonzept der CDU istmit Friedrich Merz genauso in der Versenkung ver-schwunden, wie vorher schon das unbezahlbare Fami-liengeld.
Ich zitiere Herrn Hundt, den BDA-Präsidenten: Ihr„gemischt lohnabhängiges arbeitgeberbeitragsfondssteu-erergänzungsfinanziertes Teilpauschalenprämiengesund-heitsreformmodell“ ist ungerecht, benachteiligt Fami-lien, ist ein bürokratisches Ungetüm und wird inebenderselben Versenkung verschwinden.
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tatt auf finanzielle Leistungen nach dem Gießkannen-rinzip setzen wir auf einen Mix unterschiedlicher Maß-ahmen. Das TAG wird Anfang 2005 in Kraft treten.
Noch einmal zur Frage der Finanzierung, Frau Lenke:hre Kleine Anfrage wird pünktlich, fristgemäß und of-en beantwortet werden.
Das ist doch selbstverständlich. – Aber es bleibt dabei:eit 1992 ist es Pflichtaufgabe von Ländern und Kom-unen, für einen bedarfsgerechten Ausbau der Kinder-etreuung für alle Altersgruppen zu sorgen.
eider Gottes ist das in den vergangenen zwölf Jahrenicht geschehen. Mit diesem Gesetz und mit der Zusam-enlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe, von derie Kommunen profitieren werden, versuchen wir jetztu helfen, damit die Kinderbetreuung verbessert wird.ir müssen Schwerpunkte dort setzen, wo die Defizitem größten sind, nämlich bei Quantität und Qualität iner Kinderbetreuung. Es kommt auf den Anfang an. Derkandal, dass nirgendwo sonst in Europa die Herkunftines Kindes so sehr über seine Bildungschancen ent-cheidet – PISA lässt grüßen –, muss endlich ein Endeaben.Ihre Politik – das haben wir ja heute wieder gehört,um Beispiel von Frau Flachsbarth – heißt: Eigenheim-ulage, selbstverständlich auch für überdurchschnittlicherdienende kinderlose Paare. Die bekommen Eigen-eimzulage, während zum Beispiel im Freistaat Bayernüchergeld von allein erziehenden Verkäuferinnen erho-en wird. Das ist Ihre Politik.
Unsere Devise heißt: mehr Bildung statt mehr Beton.arum setzen wir auf Ganztagsschulen. Wenn hier kriti-iert wird, dass wir nur Investitionen fördern dürfen,ann ich nur sagen: Es liegt an unserer Verfassung, dassir Ganztagsschulen nicht regelmäßig finanzieren kön-en. Vielleicht nehmen Sie endlich einmal zur Kenntnis,ass wir nur mit großen Aufständen die Länder zwingenönnen, endlich das Notwendige für unsere Kinder zuun.
Des Weiteren brauchen Familien familienfreundlicherbeitsbedingungen. Dafür sind starke Partner in denommunen und Betrieben notwendig. Die Zusammen-rbeit mit der Wirtschaft und den Gewerkschaften ge-taltet sich in diesem Bereich erfreulich konkret. Dieokalen Bündnisse sind ein Erfolgsprojekt. Wir wollen
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Bundesministerin Renate Schmidtdoch erreichen, dass wir in unserem von Kindern ent-wöhnten Land wieder mehr an Kinder und ihre Familiendenken und auch zu ihren Gunsten handeln.
Genau das wird in den Lokalen Bündnissen getan.
Sie haben moniert, die gesamte Frauenpolitik seiFehlanzeige. Abgesehen davon, dass zu diesem Themen-bereich in dieser Legislaturperiode Ihrerseits keine ein-zige Aktivität erfolgt ist,
kann ich Ihre Kritik nicht nachvollziehen. Die Verein-barkeit von Familie und Beruf ist nicht nur Thema derFamilienpolitik, sondern auch ein herausragendesThema der Gleichstellungspolitik. Der Ausbau der Be-treuungseinrichtungen und frauen- und familienfreundli-che Arbeitsbedingungen verbessern die Gleichstellunggenauso wie die im künftigen Antidiskriminierungsge-setz vorgesehene Antidiskriminierungsstelle, die ich imnächsten Jahr aufbauen werde. Im nächsten Jahr wirdauch das neue Frauenportal als New Women Networkeröffnet, um den Old Boys Networks etwas entgegenzu-setzen.
Noch eine kurze Anmerkung zu Ihrer auch in der ers-ten Beratung gebetsmühlenhaft vorgebrachten Wieder-holung, die Frauenerwerbsquote sei mit 66,1 Prozent inBayern am höchsten und deshalb sei die Gleichstellungin Bayern am besten verwirklicht.
– Sie haben das in der ersten Beratung ausgeführt, FrauEichhorn. – Das stimmt in Bezug auf den Prozentsatz; esstimmt aber nicht hinsichtlich der Gleichstellung. DieQuote ist nämlich deshalb höher, weil bei den 15- bis24-Jährigen überdurchschnittlich viele Mädchen undFrauen bereits erwerbstätig sind, also keine weiterfüh-renden Schulen besuchen, kein Abitur machen und nichtstudieren. Das als gleichstellungspolitischen Erfolg zuverkaufen bleibt Ihnen vorbehalten.
Ich habe zunehmend den Eindruck – auch wenn ichlese, dass die CDU in Hessen ihr Frauenbild korrigierenwill und dass Frau Lenke eine Frauenquote für die män-nerdominierte FDP fordert –,
dass die Fehlanzeige in der Gleichstellungs- und Frauen-politik Ihr Problem ist. Sie versuchen mühsam, den An-schluss an das Hier und Jetzt zu finden.
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Das Wort hat die Kollegin Hannelore Roedel, CDU/
SU-Fraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Liebeolleginnen und Kollegen! In der ersten Lesung desaushalts am 9. September dieses Jahres trugen Sie,rau Ministerin, stolz vor, dass Ihr Ministerium das Zer-ifikat „Familienfreundliche Behörde“ erhalten habe. Er-reulich! Aber es reicht nicht aus, wenn sich Familien-reundlichkeit nur innerhalb von Behördenmauernbspielt, während in der Regierungspolitik nicht einmalnsätze davon zu finden sind.
Steuern und Abgaben auf Rekordhöhe – für Familienast nicht mehr tragbar –, die Zahl arbeitsloser Menscheno hoch wie nie und 1,1 Millionen Kinder, die vonozialhilfe leben, das ist das Ergebnis der Politik der Re-ierung. Sie ist familienfeindlich, kinderfeindlich undrauenfeindlich.
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Hannelore Roedel
Oder nennen Sie, Frau Ministerin, es familienfreundlich,wenn Ihr Etat die größten Kürzungen unter allen Minis-terien hinnehmen muss? Ohne den Kindergeldzuschlagbetragen die Kürzungen über 10 Prozent.Ist es kinder- und jugendfreundlich, wenn beim Kin-der- und Jugendplan 5,7 Millionen Euro eingespartwerden sollen? Massive Einschnitte in der langfristigenund verlässlichen Arbeit der Jugendverbände wären dieFolgen. Dass dies verhindert wurde, ist unserer Initiativeund nicht Ihnen zu verdanken, wie Sie, Frau Humme, esbei der 50-Jahr-Feier im Haus der Jugendarbeit gesagthaben. Das ist in unserem Antrag anlässlich der erstenBeratung des Haushalts im Familienausschuss nachzule-sen, der von Ihnen, meine Kolleginnen und Kollegenvon Rot-Grün, damals noch abgelehnt wurde.
Glücklicherweise sind Sie nun doch zur Vernunft ge-kommen und haben 1 Million Euro mehr für die Jugend-verbandsarbeit bewilligt. Ein Glück für die dort Tätigen!An anderer Stelle sind Sie leider noch nicht zu derEinsicht gelangt, dass es sich lohnt, auf unsere Vor-schläge einzugehen, beispielsweise in der Kinder- undJugendhilfe. Ich erinnere an die Beratungen über die Än-derung des SGB VIII. Wir haben mit unserem Gesetz-entwurf und zahlreichen Anträgen aufgezeigt, wie mansinnvoll sparen und trotzdem qualitativ hochwertigeLeistungen erhalten kann.
Doch Sie haben entweder abgelehnt oder sich verwei-gert. So haben Sie in einer Nacht-und-Nebel-Aktion denEntwurf des Tagesbetreuungsausbaugesetzes in zweiTeile aufgespalten, um so eine Auseinandersetzung mitder Union im Bundesrat – vermutlich wegen unserer be-rechtigten Kritik an der unseriösen Finanzierung – zuvermeiden.
Familienfreundlichkeit hat auch etwas mit Familien-förderung zu tun. Das Gegenteil haben Sie, Frau Minis-terin, mit der Senkung der Einkommensgrenzen beimErziehungsgeld getan. Auf die heutige Leistung habenfast nur noch Sozialhilfeberechtigte Anspruch.
Unbestritten ist die Aufgabe großer Volksparteien, denBürgerinnen und Bürgern in diesem Land die Notwen-digkeit von Reformen nahe zu bringen. Diese Aufgabekann aber nur derjenige erfüllen, der Politik – wie esMax Weber formuliert hat – als das Bohren dicker Bret-ter ansieht und nicht, wie Sie, Frau Ministerin, als dasSteigenlassen schöner bunter Luftballons, die alsbaldwieder zerplatzen.In die letzte Kategorie gehört Ihr Vorschlag einesElterngeldes. Ihr Konzept ist ungerecht und unsozial;dmgw2dasdgWgrddMcSnssBnsmsestfSllsPsDddtszlvgsWns
Auch in der Finanzierung ist Ihr Konzept nicht durch-acht und erinnert stark an das Tagesbetreuungsausbau-esetz, das ebenfalls auf dem Prinzip Hoffnung beruht.ir alle wissen: Es ist nicht sicher, ob die von Ihnen auf-rund von Hartz IV erwarteten Einsparungen tatsächlichealisiert werden. Wenn, dann werden die entsprechen-en Mittel sicherlich nicht dort ankommen, wo sie füren Ausbau der Kinderbetreuung gebraucht werden.eine Damen und Herren von der Regierung, Sie ma-hen Haushaltspolitik auf dem Rücken der Gemeinden.tatt Anwalt der Kommunen zu sein, entziehen Sie ih-en die Finanzierungsgrundlagen. Das sagen Ihnen auchozialdemokratische Oberbürgermeister, wie zum Bei-piel Herr Ude aus München, nachzulesen in einemrief an die Regierung.Derartig unausgewogene Konzepte ohne solide Fi-anzierungsgrundlage sind es, die die Menschen in die-em Lande weiter verunsichern. In Anbetracht der de-ographischen und der wirtschaftlichen Entwicklungind dies genau die falschen Signale; denn die Zukunftines Volkes hängt nicht von der Zahl der Kraftwagen,ondern von der Zahl der Kinderwagen ab.
Tatsache ist: Wir haben eine der niedrigsten Gebur-enquoten Europas und sind ein alterndes und schrump-endes Volk, dem nach und nach die potenziellen Eltern,teuer- und Beitragszahler der nächsten Generation feh-en. Wo mangels Kindern die soziale Funktion der Fami-ie geschwächt wird, muss zunehmend der Staat ein-pringen. So wird sich zum Beispiel der Anteil derflegebedürftigen, die heute noch von Verwandten ver-orgt werden, bis 2020 halbieren. Was tun Sie, meineamen und Herren von der Regierung? Sie springen miten Neuregelungen zur Pflegeversicherung wieder aufen falschen Zug auf. Statt Familien zu entlasten, belas-en Sie Kinderlose. Anders dagegen sind unsere Vor-chläge: Mit einem Bonus von 5 Euro für jedes Kind bisum 12. Lebensjahr haben wir eine Entlastung der Fami-ien in der schwierigen Zeit, in der Kinder klein sind,orgesehen.
Umfragen zeigen, dass der hohe Wert der Familie un-ebrochen ist: 74 Prozent aller Jugendlichen wünschenich Kinder, am liebsten zwei. Woran scheitert dieserunsch? Zum einen daran, dass es immer noch zu we-ig Kinderbetreuung gibt, zum anderen daran, dass un-ere Arbeitswelt von Frauen immer noch die Wahl
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Hannelore Roedelzwischen Kind und Familie erzwingt. Dies wird der heu-tigen Lebenswirklichkeit nicht gerecht. 70 Prozent allerjüngeren Frauen wollen beides: Beruf und Familie.
Wegen der katastrophalen Lage am Arbeitsmarkt – dasist eine Folge der falschen Wirtschafts- und Sozialpolitikdieser Bundesregierung – gelingt ihnen dies nicht.Obwohl Frauen heute so gut wie nie zuvor ausgebil-det sind, trifft sie die Arbeitslosigkeit stärker, verdienensie weniger und können sie weniger Karriere machen alsihre männlichen Kollegen. Dies zeigt, dass Frauen schonohne Kinder schlecht dastehen. Mit Kindern sind sie fastchancenlos.Kind und Karriere dürfen heute aber keinen Gegen-satz mehr bilden. Wenn wir in diesem Land mehr Gebur-ten wollen, dann muss sich dies auch in der Gleichstel-lungspolitik widerspiegeln.
Flexible Arbeitszeiten, der Ausbau von Telearbeit, fami-liengerechte Weiterbildung und verbesserte Wiederein-stiegschancen sind geeignete Mittel, um das Leben zwi-schen Kinderzimmer und Konferenzsaal zu ermöglichen.Unsere Anträge dazu liegen Ihnen vor.Bei Ihnen aber, Frau Ministerin, klafft zwischen An-spruch und Wirklichkeit eine erhebliche Lücke.
Nehmen Sie sich Bayern als Beispiel: Sie als Fränkinkennen genauso wie ich als Münchnerin die tatsächli-chen Verhältnisse. Bayern geht in der Familienpolitik ei-nen richtigen Weg. Trotz der schwierigen Haushaltslagewird die Kinderbetreuung mit 313 Millionen Euro indiesem Jahr weiter ausgebaut. Am Landeserziehungs-geld halten wir fest. Das ist nachzulesen in einem Be-schluss der CSU-Landtagsfraktion.
Das zeigt: Sparen und eine familienfreundliche Politikschließen sich eben nicht aus.Zuversicht und Selbstvertrauen können bei den Men-schen aber nicht entstehen, wenn ein konzeptionslosesSparpaket das andere jagt, die soziale Schieflage zu-nimmt, immer neue Meldungen über immer neue Haus-haltslöcher und in deren Folge die Ankündigung weite-rer Einschnitte erfolgen und die Arbeitslosigkeit weitersteigt. Die Bevölkerung versetzen Sie damit in immerneue Schrecken.In den Vereinigten Staaten heißt die Gretchenfrage anjeden Präsidenten: Geht es unserem Land, geht es denMenschen, geht es den Familien heute besser als vor derAmtsübernahme? Für Sie, Frau Ministerin, ist dieseFrage glatt zu verneinen. Deshalb meine Empfehlung:Machen Sie nur weiter so! Die Familien, Senioren, Ju-gendlichen und Frauen werden dann uns in zwei Jahrendie Chance geben, unsere Konzepte in der Regierungumzusetzen.KdsEuRe„nfvz5isFAmRKfdI„wgSTkmTMGgsh
Nächste Rednerin ist die Kollegin Jutta Dümpe-
rüger, Bündnis 90/Die Grünen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir sind
er Ansicht, dass es uns trotz angespannter Haushalts-
ituation des Bundes gelungen ist, mit den in
inzelplan 17 vorhandenen Mitteln Prioritäten zu setzen,
nd das sinnvoll.
Im besonders wichtigen Bereich der Arbeit gegen
echtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit haben wir
rreicht, die Mittel für die Programme „CIVITAS“ und
Entimon“ zu verstetigen. Für die Modellprojekte in den
euen Bundesländern und die Initiativen zur Bekämp-
ung von Gewalt, für Projekte zur Entwicklung von Zi-
ilcourage und zur Einübung von Toleranz werden
usätzlich zum Haushaltsentwurf der Bundesregierung
Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Damit stehen
nsgesamt 19 Millionen Euro zur Verfügung.
Damit setzt Rot-Grün ein ganz wichtiges Signal: Wir
ehen den Einsatz gegen Rechtsextremismus und
remdenfeindlichkeit als eine unserer bedeutsamsten
ufgaben an. Das tun Sie leider wieder nicht. Sie, zu-
indest die Union, haben auch in diesem Jahr in einem
eflex beide Anträge abgelehnt. Ich finde das schade.
Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
ollegen Fricke?
Gerne.
Frau Kollegin Dümpe-Krüger, nachdem ich mich da-
ür bedankt habe, dass Sie beim Abstimmungsverhalten
ifferenziert haben, habe ich doch noch die Frage:
nwiefern greifen die Programme „Entimon“ und
CIVITAS“ – die Ausweitung ist durchaus zu begrüßen –,
enn es um Angriffe aus dem islamistischen Bereich
eht, wenn es um Jugendliche gerade in westdeutschen
tädten geht, die in einen Extremismus abgleiten?
Diese Programme greifen in jedem Fall, nämlich füroleranz, gegen Intoleranz und gegen Fremdenfeindlich-eit. Das zu betonen ist wichtig; deswegen bedanke ichich auch für Ihre Frage.Die Debatten, die wir zumindest in den letzten achtagen zu diesem Thema geführt haben und in denenenschen islamischen Glaubens beinahe unter eineneneralverdacht gestellt wurden, dürfen einfach nicht soeführt werden. Ich finde das ganz verheerend, weil wiro ein bestimmtes Klima in unserer Gesellschaft nahezuerbeireden. So geht es nicht.
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Jutta Dümpe-KrügerDie Programme helfen in jedem Fall. Wir müssen na-türlich auch andere Anstrengungen unternehmen, näm-lich zur Integration, aber nicht zur Assimilation oderAusgrenzung.
Frau Kollegin, gestatten Sie eine weitere Zwischen-
frage, und zwar der Kollegin Beck?
Gern.
Marieluise Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):
Liebe Frau Kollegin, sind Sie bereit, dem Kollegen
Fricke zu übermitteln, dass es in diesen Programmen
eine Leitlinie „Interreligiöser Dialog“ gibt, der insbeson-
dere Jugendarbeit zwischen christlichen und muslimi-
schen Gruppen beinhaltet und mit dem gegen extremisti-
schen Islamismus gearbeitet wird?
Ich danke Ihnen herzlich dafür, dass Sie meine Stel-
lungnahme dazu quasi ergänzt haben. Das ist ein ganz
wichtiger Hinweis, den ich dem Kollegen von hier aus
gern noch einmal gebe.
Die Wahlergebnisse im Saarland, in Brandenburg und
in Sachsen haben uns allen gezeigt, dass dringender
Handlungsbedarf besteht. Es wäre zu kurz gesprungen
– das zu betonen ist mir wichtig –, wenn festgestellt
würde, dass vor allem die jungen Bundesländer ein Pro-
blem mit rechtsradikal motivierter Gewalt oder rechtsra-
dikalen Jugendlichen hätten. Das Problem ist viel erns-
ter. Wir müssen leider zur Kenntnis nehmen: Überall da,
wo rechtsextreme Parteien antreten, werden sie auch
vermehrt gewählt, und zwar auch von jungen Menschen.
Dieser Entwicklung müssen wir begegnen. Wir müssen
an die Ursachen heran. Dazu gehört, Zukunftsperspekti-
ven für junge Menschen zu schaffen. Dazu gehört, dass
wir den jungen Menschen demokratische Werte vermit-
teln und dass wir ihnen Chancen zur Mitwirkung aufzei-
gen.
Jeder von uns – das unterstreiche ich – hat eine große
Verantwortung und hat auch die Verantwortung, Miss-
stände möglichst sachlich zu benennen. Wir als Erwach-
sene, als Mütter, als Väter, als Politiker, als Journalisten,
sind für das gesellschaftliche Klima verantwortlich, in
dem Jugendliche in unserem Land aufwachsen, in dem
sie lernen und in dem ihre Verhaltenseinstellungen ge-
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In Kap. 1704 – Bundesamt für den Zivildienst – gibt
s Einsparungen von etwa 100 Millionen Euro. Die tun
iemandem weh,
eil wir lediglich die Rahmenbedingungen für den
ivildienst an die für den Wehrdienst angleichen.
rau Lenke, darüber sind wir uns doch eigentlich einig;
enn wir sind auf dem richtigen Wege zu mehr Einberu-
ungsgerechtigkeit.
ir sorgen dafür, dass sich diese Gesellschaft neuen He-
ausforderungen nicht nur stellt, sondern sie auch meis-
ert. Bis zum Ende der Legislaturperiode wird die Koali-
ion eine Entscheidung über die künftige Wehrstruktur
ällen.
ch bin der Ansicht, dass sich die Bundeswehr in der
raxis von der Wehrpflicht weitgehend befreit hat. Die
ahlen sprechen eine eindeutige Sprache.
Mit dem Ende der Wehrpflicht wird auch der Zivil-
ienst wegfallen. Ein rechtzeitiger Ausbau der Freiwilli-
endienste und des bürgerschaftlichen Engagements als
in Standbein – das haben wir Grünen immer gesagt –
arantiert einen sanften und effizienten Übergang.
Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage der
ollegin Lenke?
Wenn ich den Gedanken noch zu Ende führen darf,rau Lenke, dann gern.Durch die im Haushalt erreichten Umschichtungenugunsten der Freiwilligendienste haben wir einen erstenchritt in die richtige Richtung getan. Es werden1 Millionen Euro aus dem Bereich des Zivildienstes inen Freiwilligenbereich verlagert. Diese Entwicklungacht deutlich: Wir sind auf dem Weg zu unserem ZielFrau Lenke, da sind Sie doch eigentlich dabei –, daseißt weg von den Zwangsdiensten und hin zu einer star-en und aktiven Zivilgesellschaft.
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Frau Kollegin, ich war sehr erstaunt, als ich hörte,
dass Sie den Begriff Einberufungsgerechtigkeit im Zu-
sammenhang mit Einsparungen in Haushaltstiteln ver-
wendeten. Sie sagten ja, dass Sie durch Einsparungen in
Höhe von 100 Millionen beim Zivildienst für Einberu-
fungsgerechtigkeit sorgten. Ich hätte von daher gern ein-
mal Ihre Definition von Einberufungsgerechtigkeit ge-
hört. Für mich ist Wehrdienstungerechtigkeit bzw.
Einberufungsungerechtigkeit, auf den Punkt gebracht,
dann gegeben, wenn nur jeder zweite junge Mann in un-
serem Land Zivil- oder Wehrdienst leistet.
Dann ist weder Einberufungs- noch Wehrpflichtgerech-
tigkeit gegeben. Ich bin jetzt sehr an Ihrer Definition die-
ser Begriffe interessiert und daran, wie Sie solches mit
Kürzungen in Höhe von 100 Millionen schaffen wollen.
Frau Lenke, wir differenzieren da feiner. Wenn wir
von Einberufungsgerechtigkeit sprechen, meinen wir da-
mit das, was wir in den Koalitionsvertrag geschrieben
haben. Im Koalitionsvertrag steht, dass sich diese Bun-
desregierung dafür einsetzen wird, für größtmögliche
Gerechtigkeit und Gleichbehandlung zwischen Wehr-
und Zivildienstleistenden zu sorgen, und sich bemühen
wird, die Anzahl der Zivildienstplätze dem Wehrdienst
anzugleichen. Das meine ich, wenn ich von Einberu-
fungsgerechtigkeit spreche. Wir sind auf einem guten
Wege, für eine solche Einberufungsgerechtigkeit zu sor-
gen. Sie wissen, auch wenn ich Ihnen das jedes Mal wie-
der erklären muss, dass das nicht von heute auf morgen
geht, sondern gleitend erfolgt. Wir sagen Ihnen auch je-
des Mal, dass wir die Gelder, die wir für den Umbau
brauchen, aus den für den Zivildienst vorgesehenen Mit-
teln nehmen. Woher sonst auch?
Wir stärken die klassischen Jugendfreiwilligen-
dienste. Gegenüber dem Haushaltsentwurf der Bundes-
regierung stellen wir 1 Million Euro mehr ein als ur-
sprünglich vorgesehen. Damit wollen wir das
Engagement junger Leute stärken, die sich gemäß dem
Grundsatz „Frei will ich“ engagieren. An dieser Stelle
muss ich allerdings auch sagen, dass ich mir gerade für
den Bereich der klassischen Jugendfreiwilligendienste
ein noch deutlicheres Zeichen gewünscht hätte. In
Deutschland haben wir derzeit etwa 21 700 Freiwilligen-
dienststellen. Wir stellen fest, das reicht hinten und
vorne nicht. Das reicht unter anderem deswegen nicht,
weil sich junge Leute entgegen manchen Vorurteilen, die
hin und wieder auch in diesem Hause zu hören sind, sehr
wohl engagieren. So könnten zwei- bis dreimal mehr
Plätze als die zur Verfügung gestellten besetzt werden.
Deswegen werden wir als Grüne uns dafür einsetzen,
dass die klassischen Jugendfreiwilligendienste ausge-
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Ich wollte jetzt eigentlich noch kurz auf den Bereich
er Generationen übergreifenden Freiwilligendienste
ingehen. Meine Zeit ist fast abgelaufen, deswegen sage
ch Ihnen, Frau Tillmann, nur eines: Die neuen Modell-
rojekte der Generationen übergreifenden Freiwilligen-
ienste als Event zu bezeichnen, empfand ich als ein
iemlich starkes Stück. Ich würde mich demnächst gerne
inmal mit Ihrem Kollegen Herrn Riegert, der mit mir
m Unterausschuss „Bürgerschaftliches Engagement“
itzt, darüber unterhalten, wie er das findet. Ich denke, er
äre bei einer solchen Einlassung Ihrerseits lang hinge-
allen.
Meine Damen und Herren, Sie sehen also, auch mit
nappen Mitteln lässt sich Politik effektiv und zukunfts-
eisend gestalten. Ich bedanke mich an dieser Stelle bei
hnen.
Das Wort hat die Kollegin Rita Pawelski, CDU/CSU-
raktion.
Verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!iebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Mi-isterin Schmidt, zu den Aufgaben Ihres Ministeriumsehört es, die Probleme aller in Deutschland lebendenrauen aufzugreifen. Das gilt auch für die muslimischenrauen, die in unserem Land leben. Dass Sie diesemnspruch nicht gerecht werden, zeigt die Antwort derundesregierung auf unsere Kleine Anfrage „Lebens-ituation von Frauen und Mädchen aus muslimischenamilien in Deutschland“. Sie ist ein erschreckender Be-eg Ihrer Ahnungslosigkeit und Unkenntnis.
ie verkennen die Wichtigkeit dieses Themas, das in denetzten Tagen so an Brisanz gewonnen hat. Sie wissenicht, wie viele Muslimas in Deutschland leben. Sie wis-en nicht, welchen Einfluss Koranschulen auf die Erzie-ung von muslimischen Mädchen haben.
ie wissen nicht einmal, wie viele muslimische Frauentudieren, im öffentlichen Dienst beschäftigt sind oderls Ärzte, Rechtsanwälte usw. arbeiten und damit
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Rita Pawelskisozusagen als Vorbilder einer gelungenen Integrationfungieren.Frau Ministerin, eine Studie im Auftrag Ihres Hauseshat ergeben, dass 38 Prozent der befragten in Deutsch-land lebenden Türkinnen Opfer von Gewalt, von groberGewalt geworden sind und dass ein Viertel der befragtenFrauen den eigenen Ehemann erst bei der Hochzeit ken-nen lernte. Das ist Zwangsverheiratung. MuslimischeMänner, in deren Herkunftsland die Mehrehe legal ist,dürfen ihre Zweitfrau in begründeten Ausnahmefällennach Deutschland bringen und sie bei einer gesetzlichenKrankenkasse anmelden. Das geht aus einer Stellung-nahme des Bundessozialministeriums vom Juli 2004hervor. Frau Ministerin, das ist Polygamie, was hier ge-duldet wird,
in unserem Land, im Jahr 2004.
Unternommen haben Sie nichts gegen Gewalt undZwangsheirat. Vielmehr decken Sie über die Problemedas Mäntelchen der Toleranz. Sie verschließen die Au-gen nach dem Motto: nichts sehen, nichts hören, nichtssagen.In Deutschland leben viele liberale, moderne und ge-bildete Muslimas. Doch unsichtbar leben viele Musli-minnen hierzulande wie in einem Käfig, einem Käfig ge-schweißt aus Koran, Männerherrschaft, Familienclan,Gewalt und Ehre.
Tausende, wenn nicht Zehntausende fristen einSklavendasein – mitten in Deutschland, ignoriertvon ihren deutschen Mitbürgern, weggeschlossenhinter Mauern, vergessen in ihrer Gefangenschaft.
Ich habe den „Spiegel“ vom 15. November zitiert.
Für diese Frauen sind die universellen Menschenrechtescheinbar außer Kraft gesetzt. Der Film „40 Quadrat-meter Deutschland“ aus dem Jahr 1985 scheint mehr undmehr zur traurigen Realität zu werden. In diesem Filmmöchte sich ein Türke ein Stück Heimat in Deutschlandbewahren, indem er seine Frau in der Wohnung gefangenhält. Er merkt nicht, dass seine Frau dabei an der Isola-tion zugrunde geht.Liebe Frauen von Rot und Grün, ist das das Ergebniseiner Frauenpolitik, für die wir demonstriert haben?
SsIGtmdMPAFFdttMgSw–hatukAggIMFedndw
Ich merke, dass ich das richtige Thema angesprochenabe, sonst würden Sie sich nicht so aufregen.
Der im Zuwanderungsgesetz zugesicherte Anspruchuf einen Integrationskurs für Neuzuwanderer ist ein ers-er wichtiger Schritt auf diesem Weg. Aber auch die beins seit Jahren lebenden Migrantinnen müssen Sprach-urse besuchen. Traurige Erkenntnis ist leider, dass dienzahl der Teilnehmerinnen an Deutschkursen zurück-eht. Dabei weiß doch jeder: Ohne deutsche Spracheibt es keine Integration.Frau Ministerin, setzen Sie Ihre Mittel im Bereich derntegration jüngerer Zuwanderinnen und Zuwanderer füraßnahmen zur Verwirklichung der Gleichstellung vonrauen und Männern mit Blick auf diesen Personenkreisin! Einen eigenen Haushaltstitel zur Förderung auslän-ischer Frauen in Deutschland gibt es ja leider nicht.
Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Nein, ich habe nur wenig Redezeit und will mit mei-en Ausführungen fortfahren.
Wir brauchen diese Frauen in unserem Land, aucheswegen, um die dramatische demographische Ent-icklung abzufedern. Es gibt immer weniger Kinder.
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Rita PawelskiDie Deutschen werden immer älter und die Alten werdenimmer mehr. Im Jahr 2050 wird etwa ein Drittel unsererBevölkerung älter als 60 Jahre sein. Da stellen sich dieFragen: Wann ist man alt? Wie werden wir alt? Die Ant-wort auf die Fragen nach dem Altern ist wichtig für un-sere Zukunft.Geforscht wird dazu im Deutschen Zentrum für Al-ternsforschung in Heidelberg. Sie aber wollen diesemInstitut fast 30 Prozent der Mittel kürzen. Ist blind kür-zen Ihre Antwort auf dieses wichtige Zukunftsthema?
Dieses Institut ist das einzige seiner Art in Deutschland,in dem interdisziplinäre Grundlagenforschung im Be-reich der Gerontologie betrieben wird – mit weltweitanerkanntem Erfolg. Dort werden wichtige Themen wiesoziale Bindungen, Mobilität oder kognitive Leistungs-fähigkeit erforscht. Die Kürzung ist ein schwerer Fehler.Sie ist verantwortungslos.
Frau Ministerin, Sie gefährden die Existenz dieser Ein-richtung. Aber in der Gefährdung von Existenzen istdiese Regierung ja Experte.
Bereits heute besteht ein Forschungsdefizit in der Ge-rontologie. Die Aufstockung der Mittel für das Deut-sche Zentrum für Altersfragen in Berlin kann diese Kür-zung nicht ausgleichen. Denn diese Zentren haben völligunterschiedliche Aufgaben. Jetzt droht ein Verlust vonwissenschaftlicher Begleitung unserer demographischenEntwicklung.Unabhängig von wissenschaftlichen Untersuchungenfrage ich Sie: Was würde unsere Gesellschaft ohne dieälteren Menschen machen? Seniorenpolitik spielt beiRot-Grün nur noch eine untergeordnete Rolle. Von demeinst gepriesenen „Nationalen Aktionsplan“ zur Bewälti-gung der demographischen Herausforderung ist nichtszu sehen. Sie haben auch hier die Zeichen der Zeit nichterkannt. Dabei sind die Älteren aktiv wie nie zuvor.Obwohl sie so aktiv sind, ist festzustellen: Nur knapp40 Prozent aller 55- bis 64-Jährigen stehen noch im Er-werbsleben. Freiwillig? – Nein. Über 50 Prozent unsererUnternehmen beschäftigen keinen über 50. Ein Blicküber unsere Grenzen zeigt, dass es auch anders geht. InSchweden und Norwegen sind mehr als zwei Drittel, inJapan sogar weit über 80 Prozent dieser Jahrgänge er-werbstätig.Frau Ministerin, welche Maßnahmen zur Beschäfti-gung der über 55-Jährigen haben Sie eingeleitet? Wel-che wirtschaftlichen Initiativen haben Sie ergriffen? Be-reits heute ist der sehr große Mangel an Facharbeiternabsehbar. Wir können es uns nicht leisten, das Wissen ei-ner ganzen Generation brachliegen zu lassen.
Frau Kollegin, Ihre Redezeit ist zu Ende.
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Verehrte Frau Kollegin Pawelski, zu meiner großenreude – ich glaube, diese Freude haben sehr viele imolitischen Raum geteilt – haben sich am vergangenenonntag in Köln Muslime ihrer eigenen Sache angenom-en und haben dokumentiert, dass sie ihre Religion iniesem Land nicht für Terror und Gewalt missbrauchenassen.
Ebenso wie der bayerische Innenminister Becksteinon der CSU bin auch ich dorthin gegangen, um dieseremonstration meine Reverenz zu erweisen. Dass Sieir das vorwerfen, kann ich einfach nicht nachvollzie-en.
Da Sie anscheinend die Politik des Hauses in diesemereich nur oberflächlich verfolgen, möchte ich Ihneninige Projekte nennen, die sich genau im Schnittfeldon Migration und Frauenpolitik bewegen. Ich fangeit dem Sechsten Familienbericht aus der letzten Legis-aturperiode an, der sich mit dem Thema „Familie undigration“ auseinander setzt. All das, was Sie im Hin-lick auf kulturelle Konflikte zwischen konservativ-reli-iösen Familien und ihren Töchtern bzw. jungen Frauen,ie städtisch-kosmopolitisch aufwachsen, im Hinblickuf fehlende Bildungszugänge und fehlende Ausbildungngesprochen haben, finden Sie dort, aber auch Hin-eise darauf, dass diese Familien trotz allem oft ohneystematische Unterstützung durch die Politik hohe Inte-rationsleistungen vollbracht haben. Denn es ist 40 Jahreang nicht zur Kenntnis genommen worden – wenn ichs richtig sehe, war Ihre Partei daran nicht ganznbeteiligt –, dass wir es hier mit Einwanderung zu tunaben. Auch die heute viel beschworenen fehlendenprachkenntnisse haben etwas damit zu tun, dass diesen
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Marieluise Beck
Menschen 40 Jahre lang keine Sprachkurse angebotenworden sind.
Die erste interne Anhörung zu dem Problem derZwangsverheiratung hat zusammen mit Terre desFemmes in unserem Hause stattgefunden; das zu IhrerInformation. Es gibt Projekte wie „Hippie“ und„Obstapje“. Dies alles sind Projekte, die sich im Schnitt-feld von Kinder- und Jugenderziehung und Familie be-wegen, wobei es sowohl um das Erlernen der deutschenSprache als auch immer um die Vermittlung von Wertenwie Gleichberechtigung von Mann und Frau und um dasEmpowerment von jungen Frauen geht.Ist Ihnen bekannt, dass es hier in Berlin das Projekt„Papatja“ gibt, das selbstverständlich mit mir in Kontaktsteht? Es ist ein Zufluchtsort für Frauen aus muslimi-schen, aber auch aus anderen Milieus, die verfolgt und inihren Familien unterdrückt werden oder sogar vor ihrenFamilien fliehen müssen. Ist Ihnen bekannt, dass ein gro-ßer Teil der Frauenhäuser einen überproportional hohenAnteil an Migrantinnen aufnimmt,
die dort Schutz suchen? Dies sind zu einem überwiegen-den Teil Frauen aus osteuropäischen Ländern. Daruntersind viele Spätaussiedlerinnen und auch muslimischeFrauen.
Frau Kollegin, Sie haben drei Minuten. Sie müssen
bitte zum Schluss kommen.
Marieluise Beck (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN):
Ich komme zum Schluss. – Wir kämpfen mit allen
Kräften um die Erhaltung dieser Frauenhäuser.
Ich weise strikt zurück, dass Sie in dieser oberflächli-
chen und damit unehrlichen Art all das, was passiert,
nicht zur Kenntnis nehmen wollen.
Frau Kollegin Pawelski bitte.
Frau Staatssekretärin, das war ein sehr hilfloser Ver-
such,
Ihre Integrationspolitik schönzureden.
Während Sie nur reden, handelt der bayerische Minister
Beckstein. Er will nämlich Sprachkurse vorschreiben.
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Sie haben die Frauen angesprochen, die in Frauen-
äusern sind. In der Tat sind 30 Prozent der Frauen in
nseren Frauenhäusern Ausländerinnen. Das hat etwas
it dem Thema „Gewalt in den Familien“ zu tun. Sie
ersuchen, eine Diskussion darüber zu unterdrücken, in-
em Sie die Situation mit Programmen schönreden, die
icht greifen. Sie erreichen damit nicht die Masse der
usländerinnen.
Ein anderes Beispiel: In Hannover – es wird von der
PD und den Grünen regiert – beträgt der Bevölke-
ungsanteil der Ausländerinnen und Ausländer
5 Prozent. Bei den Sozialhilfeempfängern sind es aber
0 Prozent und bei den Arbeitslosen 30 Prozent. Das be-
eist doch einmal mehr, wie verfehlt Ihre Integrations-
olitik ist und wie sehr Ihre Bemühungen im Sande ver-
aufen.
Das Wort hat die Kollegin Kerstin Griese, SPD-Frak-
ion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!iebe Frau Pawelski, Sie haben es durch Ihre Antworticht besser gemacht. Im Gegenteil: Ich bin wirklich ent-etzt, in welcher Art und Weise Sie hier Unterstellungenerbreiten.
enn es um das Thema Gewalt geht, bitte ich Sie, zurenntnis zu nehmen: Diese rot-grüne Bundesregierungat ein Gewaltschutzgesetz initiiert, damit endlich dasrinzip gilt: Das Opfer bleibt, der Täter geht.
Diese rot-grüne Bundesregierung hat dafür gesorgt,ass frauenspezifische Fluchtursachen Asylgrund sind.afür haben wir hart gekämpft, und zwar hauptsächlichegen die CDU/CSU-Fraktion.
Um auf unser Thema, den Einzelplan 17, zu kommen:ch bin froh, dass wir in unserem Haushalt,9 Millionen Euro für die gemeinwesenorientiertenrojekte zur Integration haben. Ich bin froh, dass dieugendmigrationsdienste fachlich zum Familienministe-
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 140. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 23. November 2004 12967
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Kerstin Grieserium gehören, in denen viel für die Integration getanwird, und ich bin froh, dass die Integrationsbeauftragteder Bundesregierung an der Demonstration in Köln teil-genommen hat. Ich danke ihr dafür und ich halte das fürdie richtige Politik.
Wir haben ja in dieser Debatte um den Haushalt desFamilienministeriums viel über Nachhaltigkeit und Zu-kunftsfähigkeit gehört. Wenn wir noch das hinzuneh-men, was wir zurzeit in den Zeitungen über die neuePISA-Studie lesen können, dann sehen wir sehr deutlich:Die mangelhafte Bildungssituation von Kindern undJugendlichen in Deutschland liegt auch an einer verfehl-ten Familienpolitik der 80er- und 90er-Jahre. Sie von derCDU/CSU und auch von der FDP haben es versäumt,mehr für Familien zu tun; Sie haben es versäumt, dendringend nötigen Wandel hinzubekommen, den Wandelnämlich, der erstens darin liegt, dass die Vereinbarkeitvon Familie und Beruf ermöglicht wird, damit auch wie-der mehr Kinder in bildungsnahen Schichten geborenwerden. Zweitens haben Sie es versäumt, eine Politik zumachen, die Kindern und Jugendlichen Chancen ermög-licht, Chancen auf ein gutes Aufwachsen, Chancen aufgute Bildung, Betreuung und Erziehung von Anfang an,Chancen auf Integration und gesellschaftliche Teilhabe.Genau das betrifft ganz besonders Kinder und Jugendli-che mit Migrationshintergrund, denen wir mit unserenProgrammen für bessere Bildung, Betreuung und Erzie-hung diese Chancen geben.
Ich bin froh, dass wir im Haushalt viele gute Ansätzefür eine nachhaltige Kinder- und Jugendpolitik haben.Das ist meines Erachtens auch der beste Garant für denZusammenhalt der Generationen, für mehr Generatio-nengerechtigkeit und für ein soziales Miteinander vonJüngeren und Älteren.
Uns als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokratengeht es hauptsächlich um eines: Die Zukunft von Kin-dern und Jugendlichen darf nicht von ihrer Herkunft ab-hängen. Chancengleichheit zu schaffen, das ist die zen-trale Aufgabe einer guten Kinder- und Jugendpolitik.Mit unserem Ganztagsschulprogramm,
mit der Verbesserung der Betreuung der unter Dreijähri-gen, mit der Einführung des Kinderzuschlages tun wirgenau das: Zukunftschancen für Kinder ermöglichen.
Zukunftschancen – das heißt auch, dass wir wiederGestaltungsmöglichkeiten eröffnen. Angesichts einesGesamthaushaltes, in dem – viele haben es ja schonbeklagt – fast 78 Milliarden Euro Rentenzuschuss sindund fast 40 Milliarden Euro allein für die Schuldzinsenaufgewendet werden müssen – also nicht für den Schul-dmrbhtinzddnkKCuIadoneshEwaMrgadVm
Das ändern wir jetzt und machen eine Haushaltspoli-k, mit der wir endlich wieder an die jungen und dieachfolgenden Generationen denken. Unser Vorschlagum Beispiel, die Eigenheimzulage abzuschaffen undie frei werdenden Gelder in die Bildung und damit inie Zukunft unserer Kinder zu investieren, wird von Ih-en blockiert und das ist wahrlich kein Zeichen von Zu-unftstauglichkeit.
Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage der
ollegin Lenke?
Aber gern.
Frau Griese, eine Kollegin von Ihnen hat uns, CDU/
SU und FDP, vorgeworfen, dass wir zwischen 1988
nd 1998 zu viele Schulden gemacht hätten.
ch frage Sie, ob Sie gegen die zusätzlichen Schulden
ufgrund der deutschen Einheit waren – Sie waren ja
amals noch nicht im Bundestag, genau wie ich – oder
b Sie jetzt nicht sagen, dass es gut war, dass Investitio-
en in den neuen Bundesländern getätigt wurden.
Frau Kollegin Lenke, ich war der Ansicht, dass esine Fehlannahme war, zu glauben, man könne die deut-che Einheit mal eben aus der Portokasse mit Schatten-aushalten und immer mehr Schulden finanzieren.
s ist die Frage, wo intelligente Investitionen getätigterden können. Wir alle waren für die deutsche Einheit,ber es geht darum, sie auch solide zu finanzieren.eine Kollegin Hagedorn hat Ihnen sehr deutlich vorge-echnet, welcher große Anteil der Schulden aus Ihrer Re-ierungszeit stammt. Wir sind diejenigen, die es endlichnpacken, daran etwas zu ändern. Darum geht es doch:ass wir jetzt endlich Schuldenabbau betreiben, damitertreter der zukünftigen Generationen in diesem Parla-ent noch etwas zu tun haben.
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12968 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 140. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 23. November 2004
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Kerstin GrieseIch will Ihnen konkret sagen, was wir im Haushalt desBundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen undJugend getan haben. Ich bedanke mich ausdrücklich beiden Berichterstatterinnen und Berichterstattern für dienotwendige und richtige Erhöhung im Kinder- und Ju-gendplan, die im parlamentarischen Verfahren erzieltworden ist. Es ist mit vereinten Kräften erreicht worden,das um 2 Millionen Euro aufzustocken – trotz derschwierigen Haushaltssituation. Ich will mich ausdrück-lich auch bei meiner Kollegin Hagedorn bedanken; dennhier muss auch einmal die Wahrheit gesagt werden. Mitihrem Vorschlag, meine Damen und Herren von derCDU/CSU, die Erhöhung der Mittel für die Kinder- undJugendverbände um 1 Million Euro mit einer Streichungbeim Projekt „P“ gegenzufinanzieren, hätten Sie nur um-geschichtet; denn das Projekt „P“ betreiben die Jugend-verbände und der Deutsche Bundesjugendring. Insofernwar das keine solide Gegenfinanzierung. Die jetzige Si-tuation ist mir eindeutig lieber.
Die Erhöhung kommt den Freiwilligendiensten und derJugendverbandsarbeit zugute und das zeigt, wie wichtigRot-Grün die Kinder- und Jugendarbeit ist.Ich will ausdrücklich die wichtige und gute Arbeit derJugendverbände hervorheben; denn sie leisten einenwichtigen Beitrag für die Zukunft unserer Gesellschaft.Dort können Jugendliche kreativ und solidarisch Eigen-verantwortung lernen. Wir sind froh, dass die Zuschüsseim Kinder- und Jugendplan konstant gehalten werdenkönnen.Das Projekt „P“ habe ich schon angesprochen. Ichwill dem Deutschen Bundesjugendring ausdrücklichdanken, dass es von ihm mitgetragen wird. Den Nichtju-gendpolitikerinnen und -politikern möchte ich sagen,dass „P“ für Politik und Partizipation steht und nicht fürParty, wie manchmal behauptet wird. Aber Politik darfauch mal Spaß machen. Mit dem Projekt „P“ wird jun-gen Menschen die Möglichkeit gegeben, selber initiativzu werden und sich einzumischen. „Come in Contract“heißt das beim Bundesjugendring. Dort wird Demokratieeingeübt und praktiziert und den Politikerinnen und Poli-tikern auf die Füße getreten, damit sich etwas bewegt.Dafür möchte ich mich bedanken; denn es zeigt, dassauch junge Menschen mündige, interessierte und enga-gierte Bürgerinnen und Bürger sind.Ich will einige weitere Punkte aufzählen, um zu ver-deutlichen, dass es uns darum geht, Chancen für Kinderund Jugendliche zu sichern. Dazu gehören das Pro-gramm „Entwicklung und Chancen junger Menschen insozialen Brennpunkten“ und das Programm „LokalesKapital für soziale Zwecke“. Für Letzteres stehen40 Millionen Euro aus dem Europäischen Sozialfondsfür die Jahre 2003 bis 2006 für sinnvolle Projekte inStadtteilen und für soziale Integrationsprojekte zur Ver-fügung. Ich denke, die Beteiligung von 206 Kommunenan diesem Programm ist ein Erfolg. Auch das FreiwilligeSoziale Trainingsjahr ist ein Erfolgsmodell.Jdn5MMgdtdDtiksdrVsetSeDtnsurfmwuBelsvFLn
Ich möchte ein Thema ansprechen, das zurzeit im ju-endpolitischen Raum heftig diskutiert wird. Die Kin-er- und Jugendhilfe muss weiterhin Bundeskompe-enz bleiben. Sie, Frau Tillmann, haben sich heuteeutlich gegen diese Bundeskompetenz ausgesprochen.
as Kinder- und Jugendhilfegesetz muss Bundeskompe-enz bleiben. Eine rechtliche Zersplitterung kann nichtm Interesse der Menschen sein,
ann nicht im Interesse von Kindern und Jugendlichenein. Die unionsregierten Bundesländer stellen geradeie Bundeskompetenz beim Kinder- und Jugendhilfe-echt zur Disposition. Dagegen haben alle Fachleute underbände und auch die Kinderkommission des Deut-chen Bundestages einstimmig protestiert.Ich möchte jetzt auf die Frauen- und Familienpolitikingehen, auch wenn das durchaus zwei getrennte Poli-ikbereiche sind. Ich habe neulich im Radio den klugenatz gehört: Hinter jedem erfolgreichen Mann steht einerschöpfte Frau.
as darf nicht so bleiben, meine ich als Sozialdemokra-in. Wir wollen, dass es mehr erfolgreiche Frauen gibt –atürlich auch erfolgreiche Männer. Aber hinter ihnenoll nicht eine erschöpfte Frau stehen, sondern Männernd Frauen sollen gemeinsam Kinder erziehen und be-ufstätig sein können.Genau das ist unsere Vorstellung von einer zukunfts-ähigen Gesellschaft: dass Frauen und Männer gleicher-aßen ihre gute Bildung anwenden können, dass sie er-erbstätig und im Berufsleben erfolgreich sein könnennd dass sie selbstverständlich Kinder haben und beides,eruf und Kinder, gut und mit gutem Gewissen mit-inander vereinbaren können. Deshalb sollte es eigent-ich in Zukunft heißen: Hinter jeder erfolgreichen Frauteckt eine gute Kinderbetreuung. Dafür tun wir sehriel!
Ich hatte den Eindruck, dass Frau Kolleginlachsbarth gerade die gleiche Rede wie bei der erstenesung des Haushalts gehalten hat. Daher kann ich nuroch einmal sagen: In der Anhörung im Deutschen Bun-
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Kerstin Griesedestag waren alle Experten einhellig der Meinung, dassdas Tagesbetreuungsausbaugesetz gut und richtig ist undeigentlich noch verstärkt werden müsste. Die Fachleutewaren der Ansicht, dass man eigentlich einen Rechtsan-spruch schaffen müsste, sodass noch mehr Kindern unterdrei Jahren die Möglichkeit von Bildung, Betreuung undErziehung gegeben werden kann. Es gab eine deutlicheUnterstützung des Kurses der Bundesregierung.Ich bedanke mich ausdrücklich bei Frau Bundesmi-nisterin Renate Schmidt dafür, dass sie so erfolgreich lo-kale Bündnisse für Familien angestoßen hat. Ichglaube, sie hat gestern das hundertste eröffnet.
An vielen Orten in der Bundesrepublik engagieren sichganze Kommunen für mehr Familienfreundlichkeit. Sie,Frau Ministerin, haben – das ist eine sehr wichtige Tat –mit der Allianz für die Familie auch die Wirtschaft mitins Boot geholt, die jetzt – endlich, muss ich sagen –langsam erkennt, dass sie Verantwortung für die Verein-barkeit von Familie und Beruf hat.In diesem Sinne sage ich: Der Haushalt für Familie,Senioren, Frauen und Jugend setzt die richtigen Schwer-punkte, setzt auf Chancen und Möglichkeiten für Kinderund Jugendliche, setzt auf die Vereinbarkeit von Familieund Beruf und ist vor allen Dingen zukunftstauglich. Da-für vielen Dank!
Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den
Einzelplan 17 – Bundesministerium für Familie, Senio-
ren, Frauen und Jugend – in der Ausschussfassung. Wer
stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? –
Der Einzelplan 17 ist mit den Stimmen der Koalition bei
Gegenstimmen der CDU/CSU und der FDP angenom-
men.
Ich rufe die Tagesordnungspunkte I.9 und I.10 auf:
Einzelplan 07
Bundesministerium der Justiz
– Drucksachen 15/4307, 15/4323 –
Berichterstattung:
Abgeordnete Dr. Heinz Köhler
Norbert Barthle
Anna Lührmann
Otto Fricke
Einzelplan 19
Bundesverfassungsgericht
– Drucksache 15/3660 –
Über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU/
CSU auf Drucksache 15/4340, der sich auch auf die
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ch glaube, wir haben unsere Aufgabe konzentriert undn gewohnt kooperativer Zusammenarbeit erledigt. Es istositiv, wenn die Beratungen in guter Atmosphäre statt-inden.
Uns fällt das allerdings umso leichter – auch das kannch sagen –, als es, was die haushälterischen Schwer-unkte in Einzelplan 07 anbelangt, keine gravierendeneinungsverschiedenheiten zwischen uns gibt.
as sieht bei den politischen Themenstellungen etwasnders aus; hier besteht durchaus Diskussionsbedarf.azu wird der Kollege Norbert Röttgen noch Ausfüh-ungen machen.Während der Haushaltsansatz für dieses Jahr ein Vo-umen von 340 Millionen Euro hatte, sieht der vorlie-ende Entwurf für das Jahr 2005 Ausgaben in Höhe von38,592 Millionen Euro vor.
umindest das Bundesjustizministerium hat sich also be-üht,
us der desolaten Lage des Bundeshaushalts die richti-en Schlüsse zu ziehen und die Ausgaben zu kürzen.
ir von der Union haben weitere Sparvorschläge ge-acht; dazu sage ich später noch mehr. Allerdings sindie Kolleginnen und Kollegen von der Koalition leidereitestgehend bzw. völlig abgetaucht. Sie haben jegli-hen Sparwillen vermissen lassen.
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12970 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 140. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 23. November 2004
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Norbert BarthleAuch der eigentlich dafür verantwortliche Minister,Hans Eichel, sah sich offenkundig nicht in der Lage, zuhandeln. So verantwortet er in dieser Woche erneut einenHaushaltsentwurf, der in der Tradition der bisherigen ei-chelschen Elaborate steht. Der Volksmund – das erlaubeich mir zu sagen – würde dichten: Schön gerechnet, hin-gebogen, von vorn bis hinten glatt – ich sage einmal –unwahr.Wenn ich in diesem Zusammenhang an Hans Eicheldenke, dann kommt mir spontan ein Namensvetter vonihm in den Sinn, den ich erst kürzlich in einem Kinder-buch meiner Söhne wieder entdeckt habe. Auch im„Struwwelpeter“ gibt es eine Figur, deren Blick stets amHimmel hängt und die auf alles schaut, nur nicht vor dieeigenen Füße. Ich meine Hans Guck-in-die-Luft. AuchHerr Eichel guckt ständig in der Luft umher, wenn ernach den Verantwortlichen für die horrende Neuver-schuldung sucht, wenn er überlegt, wem er die historischniedrige Investitionsquote in die Schuhe schieben kann:vielleicht der Weltwirtschaft, obwohl sie bereits wiederkräftig wächst, vielleicht dem schwachen Dollar, obwohldie Exporte zunehmen, vielleicht der Opposition, ob-wohl wir kooperativer als alle Oppositionen vor uns wa-ren, oder vielleicht am besten dem Bundesrat, obwohlHerr Eichel genau weiß, dass auch die Länder unter denfehlenden Steuereinnahmen leiden. Nur – ich zitiere –:Vor die eignen Füße dicht,Ja, da sah der Bursche nicht,Also daß ein jeder ruft:„Seht den Hans Guck-in-die-Luft!“
Der Bundesfinanzminister schaut tatsächlich in dieLuft. Er ignoriert die Fesseln, die unter seiner Regie die-sem Land, unseren Bürgerinnen und Bürgern und unse-ren Unternehmen angelegt wurden. Vor allem darin liegtder Grund für die Krise, für das dramatische Wachstums-und Finanzdesaster, in dem wir uns befinden und unterdem wir alle – da beziehe ich Sie, Frau Ministerin, aus-drücklich mit ein – zu leiden haben.
– Oh doch!Zurück zum Justizetat. Wir haben hier zu den Diskus-sionen im Haushaltsausschuss zwei Änderungsanträgeeingebracht. Zum einen wollen wir den Titel „Härteleis-tungen für Opfer rechtsextremistischer Übergriffe“endgültig wegfallen lassen. Ursprünglich hatten Sie die-sen parteipolitisch-ideologisch motivierten Titel einmalmit 5 Millionen Euro ausgestattet. Inzwischen ist dieser– ich sage es salopp – „Steinbruch für die globale Min-derausgabe“ auf ein Zehntel der ursprünglichen Summezusammengeschrumpft. Aus unserer Sicht wäre es vielehrlicher, diesen Titel jetzt ganz zu streichen, anstatt ihnquasi als Feigenblatt mit einer halben Million Euro imEtat zu belassen.
Zum anderen haben wir vorgeschlagen, den „Ent-schädigungsfonds für Opfer terroristischer Gewalt“a2HfsdsfnASteledmEPsInmkVgrzdkwdwAuimHFkwssseicpKvs
age ich an dieser Stelle als Haushälter: Für den Fall,ass wir tatsächlich Opfer terroristischer Gewalt zu ent-chädigen haben, ist mit 2 Millionen Euro wenig gehol-en. Dann ist mit wesentlich größeren Schäden zu rech-en und dann wird es ohnehin zu überplanmäßigenusgaben kommen. Deshalb schlagen wir an diesertelle einen Leertitel vor.Im Rahmen der Bereinigungssitzung haben wir wei-re Einsparvorschläge unterbreitet. Sie betrafen vor al-m die Öffentlichkeitsarbeit und die Ausgaben fürie Informationstechnik im Gesamtvolumen von im-erhin 6 Millionen Euro; das entspricht 2 Prozent destats. Damit liegen wir bei diesem Etat, der aufgrund derersonalkosten weitgehend festgelegt ist, am Limit des-en, was man überhaupt einsparen kann. Auch wenn ichhnen zugestehe, Frau Ministerin, dass der Justizetat oh-ehin bereits ein kleiner und knapper Einzelplan ist,üssen wir in diesen Zeiten alle nur denkbaren Möglich-eiten ausschöpfen, zu sparen. Deshalb haben wir dieseorschläge gemacht. Nur mit diesen Vorschlägen wird eselingen, eine erneute Verletzung der Maastricht-Krite-ien zu verhindern und den Art. 115 unseres Grundgeset-es nicht in Anspruch nehmen zu müssen.Anders als die Kollegen von der FDP haben wir beien Sparmaßnahmen das Deutsche Patent- und Mar-enamt ausgenommen; denn bei dieser Einrichtung istirklich jeder Euro gut angelegt. Wir wissen alle, dassort mehr Erträge erwirtschaftet als Kosten aufgewandterden.
ußerdem wächst die Zahl der angemeldeten Patentend Marken stetig: Im Jahr 2004 lag sie erneut höher als Vorjahr. Deshalb meine dringende Bitte an Sie alle:ände weg von dieser Einrichtung!
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, verehrterau Ministerin, lassen Sie mich zum Schluss noch zweileine Anmerkungen zum Fachlichen machen, auchenn mir das als Haushälter vielleicht nicht ganz zu-teht. Ich möchte Ihnen, Frau Ministerin, den Rückentärken in Ihrer Haltung zum Antidiskriminierungsge-etz. Deutschland wird sicherlich handeln müssen; denns geht ja um die Umsetzung der EU-Richtlinie. Wennh aber daran denke, was insbesondere Ihr Koalitions-artner noch alles draufpacken möchte, um der eigenenlientel wieder einmal ein wohlig-warmes Gefühl zuerschaffen, möchte ich an Montesquieu erinnern, deragte:Wenn es nicht notwendig ist, ein Gesetz zu machen,ist es notwendig, kein Gesetz zu machen.
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 140. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 23. November 2004 12971
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Norbert BarthleWenn dieses Gesetz so verwirklicht werden würde, wiees derzeit diskutiert wird – man weiß es ja nicht –, binich überzeugt, dass es eher kontraproduktive Wirkungenentfalten wird. Dieses Gesetz wird genauso scheiternwie das Multi-Kulti-Integrationsprojekt der Grünen.Lassen Sie mich als zweite Anmerkung etwas zumThema „Stiefkindadoption durch gleichgeschlechtli-che Lebenspartner“ sagen. Hier möchte ich dringenddarum bitten, wie bisher das Kindeswohl als den zentra-len Maßstab bei der rechtlichen Bewertung heranzuzie-hen.
Hier kommt es ausdrücklich nicht auf die Selbstverwirk-lichung von Erwachsenen an.
Lifestylepolitik für hedonistische Lebensentwürfe Er-wachsener
ist hier fehl am Platze. Es geht um die Kinder und umderen grundsätzlichen Anspruch darauf, Eltern, Vaterund Mutter, zu haben; das sollte man respektieren.
Reformieren Sie lieber das bestehende Adoptionsrechtund erleichtern Sie es den vielen geeigneten Ehepaaren,die gerne Kinder hätten und denen die Erfüllung diesesWunsches versagt bleibt, sich diesen Wunsch in Zukunftzu erfüllen. Dann tun Sie etwas Gutes.Herzlichen Dank.
Für die SPD-Fraktion hat nun der Kollege Dr. Heinz
Köhler das Wort.
Herr Präsident! Frau Ministerin! Sehr geehrte Kolle-ginnen und Kollegen! Mit dem Bundeshaushalt 2005zeigt die Bundesregierung, dass sie ihre zentralen fi-nanzpolitischen Ziele auch unter schwierigen Bedingun-gen erreicht. Die Ziele bestehen aus dem Dreiklang ausStrukturreformen durch die Agenda 2010, Haushalts-konsolidierung und Stärkung der Wachstumskräfte. AlleEinzelpläne mussten zum Erreichen dieser ehrgeizigenZthdulhdes1grHvdHglb0ktd9smKngccdgGgdsOJfSxUsrts
Der Einzelplan muss der Modernisierung der Justizienen und die Anpassung der Justiz an die Veränderun-en der Gesellschaft sicherstellen; denn Rechtspolitik istesellschaftspolitik. Das wurde in den Jahren der rot-rünen Regierung erreicht.
Im letzten Jahr habe ich die Schuldrechtsreform undie ZPO-Reform als zwei große Reformvorhaben ange-prochen. In diesem Jahr kommen weitere hinzu. Daspferrechtsreformgesetz, das am 1. September diesesahres in Kraft getreten ist, ist ein wichtiger Fortschrittür den Opferschutz. Mit dem Gesetz zur Änderung desexualstrafrechts haben wir den Schutz der Opfer vor se-uellem Missbrauch ganz konkret verbessert. Nach demrteil des Bundesverfassungsgerichts haben wir unschnell auf die Einführung der nachträglichen Siche-ungsverwahrung geeinigt. Daneben haben wir ein Kos-enrecht für die Anwaltschaft und für die Gerichte ge-chaffen. Diese Bilanz kann sich sehen lassen.
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12972 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 140. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 23. November 2004
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Dr. Heinz KöhlerWir müssen den eingeschlagenen Weg fortsetzen undwir werden dies tun. Ich möchte hier nur die Umsetzungder Biopatent-Richtlinie, die Stärkung der Patientenauto-nomie und das Wirtschaftsrecht nennen.Modernisierung ist auch im Justizhaushalt ein Schlüs-selwort. In allen Kapiteln des Einzelplans werden IT-Projekte durchgeführt, die sich unter dem Begriff E-Jus-tiz zusammenfassen lassen. Hierzu gehört beispiels-weise das Projekt „Elektronischer Rechtsverkehr“ beiden Bundesgerichten. Damit setzt sich der Modernisie-rungsprozess fort, den wir in den vergangenen Jahrenbereits forciert haben. So konnte die Bundesregierungam 17. November dieses Jahres die Verordnung über denelektronischen Rechtsverkehr beim Bundesverfassungs-gericht und beim Bundesfinanzhof erlassen. Insofernkönnen wir im Hinblick auf die nächsten Jahre feststel-len: Justitia geht online.
Der Einzelplan 07 enthält wieder einige Schwer-punkte. So steht im Bereich des Ministeriums die be-darfsgerechte Veranschlagung der Finanzierung vonHilfskräften im Zentrum. Dabei handelt es sich insbe-sondere um aus den Ländern abgeordnete Richter undStaatsanwälte. Diese Personaltitel waren in den letztenJahren regelmäßig unterveranschlagt und die Ansatzer-höhungen aus den Vorjahren waren nicht ausreichend.Ein weiterer Schwerpunkt ist die Verwaltungskos-tenerstattung an die Bundesländer. Hier beteiligt sichder Bund an den Baukosten des Hochsicherheitsprozess-gebäudes in Düsseldorf. Das hat eine andere Bundesre-gierung, nämlich eine schwarz-gelbe, schon einmal ge-tan, und zwar 1990. Das Gebäude wird durch denGeneralbundesanwalt im Rahmen von Staatsschutzpro-zessen genutzt.
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
Kollegen Fricke?
Ja.
Herr Kollege Köhler, eigentlich wollte ich dieses lei-
dige Thema nicht ansprechen. Aber nachdem Sie es ge-
tan haben, möchte ich Sie doch Folgendes fragen: Wol-
len Sie uns erklären, dass Sie die Rechtsgrundlage dafür,
dem rot-grün regierten Bundesland Nordrhein-Westfalen
Mittel zur Verfügung zu stellen, die es sozusagen schon
ausgegeben hat, ohne sich dafür die Zustimmung vom
Bund zu holen, darin sehen, dass so etwas vor 15 Jahren
schon einmal geschehen ist? Oder würden Sie mir eher
darin zustimmen, dass der rot-grünen Landesregierung
aufgrund einer Goodwill-Aktion der rot-grünen Bundes-
regierung mit insgesamt 16 Millionen Euro für die kom-
menden Jahre unter die Arme gegriffen wird?
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Das ist die Antwort.
Ich war noch nicht fertig. – Im Einzelplan ist daher imapitel „Generalbundesanwalt“ ein Betrag von6,55 Millionen Euro vorgesehen. Dieser Betrag verteiltich auf drei Jahre.
Für die Härteleistungen an Opfer rechtsextremisti-cher Übergriffe werden im Einzelplan 500 000 Euroeranschlagt. Dass dieser Titel leider nach wie vor not-endig ist, zeigt die Tatsache, dass das Niveau rechtsex-remer Straf- und Gewalttaten weiterhin als hoch einzu-chätzen ist. Zu diesem Resultat kommt dererfassungsschutzbericht über das Jahr 2003. Allein imeptember gab es 38 Gewalttaten mit rechtsextrememintergrund. Dabei wurden 30 Personen verletzt.
ngesichts dieser Situation können wir auf den Titelicht verzichten. Ich appelliere an dieser Stelle an Sie,ndlich von Ihrer ablehnenden Haltung abzurücken. Esilt fraktionsübergreifend ein Zeichen für die Opfer zuetzen.
Für den Entschädigungsfonds für Opfer terroristi-cher Gewalt haben wir 2 Millionen Euro angesetzt.ie Mittel wurden von 4 Millionen auf 2 Millionen Euroeduziert. Doch können wir auch auf diesen Titel in deregenwärtigen Situation nicht verzichten. Die Gefahres Terrors ist nach wie vor allgegenwärtig, was die ak-uellen Ereignisse in den Niederlanden belegen. Daserhalten der Union ist hier doppelzüngig. Während siem letzten Jahr eine Reduzierung des Ansatzes von 9 aufMillionen Euro kritisierte, will sie in diesem Jahr über-aupt nichts einstellen. Über ein solch widersprüchlicheserhalten der Union kann man nur den Kopf schütteln.
Der Schwerpunkt des Justizhaushalts liegt, gemessenm Einnahmevolumen, beim Deutschen Patent- undarkenamt. Das Deutsche Patent- und Markenamt istür unsere Ökonomie und für den Wirtschaftsstandorteutschland von entscheidender Bedeutung. Die Zahl
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 140. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 23. November 2004 12973
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Dr. Heinz Köhlerder Patentanmeldungen ist ein wichtiger Indikator imHinblick auf unseren eigentlichen Reichtum, die Innova-tionsfähigkeit und den Erfindergeist. Das ist unser Kapi-tal. Unter diesem Gesichtspunkt ist die Bedeutung desDPMA als hoch einzustufen.
Die Entwicklung der Patentanmeldungen der vergan-genen Jahre zeigt uns, dass es richtig war, dass die rot-grüne Bundesregierung mit dem Haushalt 2002 ein Zei-chen setzte und das auf drei Jahre begrenzte Stauabbau-konzept in Kraft setzte. Dies hat schon 80 Prüfungsbe-amte und 30 Markenprüfer gebracht. Auch die jüngstenZahlen belegen eine fortdauernde Zunahme der Patent-anmeldungen. So erwartet das Deutsche Patent- undMarkenamt für das laufende Jahr rund 58 000 Patentan-meldungen. Das ist ein Plus von 1,1 Prozent. Die sukzes-sive Zunahme von Patentanmeldungen setzt sich alsonachweisbar fort. Im Markenanteil haben wir sogar eineSteigerung von 8 Prozent. Freilich hat das Stauabbau-konzept noch nicht seine volle Wirksamkeit entfaltet, danoch nicht alle Prüfer eingesetzt werden können. Aberder Kulminationspunkt wird Mitte nächsten Jahres er-reicht werden, sodass wir dann mit einer Verkürzung derWartezeiten rechnen können. Dies ist ein hoffnungsvol-les Zeichen.Zum Schluss gilt mein Dank Ihnen, Frau MinisterinZypries, für diesen vorzüglichen Haushalt, den Sie vor-gelegt haben. Wenn ihn sogar die Opposition lobt, sokann man bei dem sonstigen Verhalten der Union sogardavon sprechen, dass er exzellent ist.
Mein Dank gilt auch den Mitarbeitern des Ministeriumsfür die vorzügliche Vorbereitung und den Mitberichter-statterinnen und Mitberichterstattern der anderen Frakti-onen,
die konstruktiv an den Beratungen mitgewirkt haben. Sostellte die Beratung des Einzelplans 07 kein Problem dar.Vielen Dank.
Nächster Redner ist der Kollege Rainer Funke für die
FDP-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist gu-
ter Brauch, anlässlich der Beratungen zum Justizhaus-
halt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Bundes-
ministeriums der Justiz für ihre Arbeit zu danken. Ich
will das gleich zu Beginn meiner Rede tun;
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Bei den Verhandlungen über den Justizhaushalt gab
s einen Punkt, der schon in der Zwischenfrage von
errn Fricke angesprochen worden ist, nämlich die
inanzierung des geplanten Düsseldorfer Gerichts-
unkers. Da hat sich auch in unseren Beratungen ge-
eigt, dass es keine vernünftige Begründung für die Zu-
endung in Höhe von 5,5 Millionen Euro in diesem Jahr
ibt. Diese Rechtsgrundlage soll offensichtlich mit die-
em Haushalt geschaffen werden. Insoweit würde ich an-
egen, dass auch ein Zuschuss an das Hanseatische
berlandesgericht gegeben wird; denn dort finden eben-
alls Terroristenprozesse statt.
Es gibt den Wunsch und offenkundig auch schon die
ustimmung zu einer Zwischenfrage des Kollegen
artenbach. – Bitte schön.
Sind Sie mit mir der Ansicht, dass ein funktionieren-
er Rechtsstaat alles tun muss, damit die Richterinnen
nd Richter und die Öffentlichkeit bei schwierigen Pro-
essen geschützt werden? Sind Sie mit mir der Ansicht,
ass die schwarz-gelbe Bundesregierung 1992, als Sie
chon Parlamentarischer Staatssekretär waren, zu Recht
en damaligen Justizbunker unterstützt hat? Sind Sie mit
ir der Ansicht, dass der damalige Staatssekretär Kinkel
ine sehr noble und weltmännische Geste geleistet hat
nd dass wir diesen guten Stil beibehalten sollten, wenn
s darum geht, die Sicherheit der Beteiligten in Terroris-
enprozessen zu gewährleisten?
ie können einfach mit Ja antworten.
Herr Hartenbach, ich kann das in der Tat weitestge-end mit Ja beantworten.
ie Sicherheit unserer Bürger und unseres Rechtssys-ems muss uns etwas wert sein. Aber nach unseremrundgesetz müssen eben die Länder für diese Kostenufkommen und nicht der Bund.
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12974 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 140. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 23. November 2004
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Rainer FunkeDer Bund ist zuständig für die Bundesangelegenheitenund nicht für die Oberlandesgerichte. Das wissen Sieaber genauso gut wie ich; denn ich unterstelle, dass Siedas Grundgesetz ganz gut in Erinnerung haben.Die Haushaltsdebatte im September dieses Jahres wargeprägt von der Halbzeitbilanz. Ich möchte in meinerkurzen Rede auf die Arbeit der nächsten zwei Jahre ein-gehen. Es gibt noch viel zu tun. Die Bundesjustizminis-terin hat in der Vergangenheit viele Gesetzesvorhabenangekündigt, teilweise auch bereits Referentenentwürfevorgelegt, die jedoch noch nicht den Weg in den Deut-schen Bundestag gefunden haben.So liegt bereits seit längerem ein Entwurf für einneues Rechtsdienstleistungsgesetz vor. Ebenfalls ange-kündigt ist eine umfassende Reform des Unterhalts-rechts. Ich bitte die Bundesjustizministerin, ihre Vorstel-lungen möglichst schnell in die parlamentarischenBeratungen einzubringen, damit für die Beratung in denparlamentarischen Gremien eine angemessene Zeit ver-bleibt.Das Gleiche gilt für die Pläne der Bundesregierungzur Stärkung der Patientenautonomie und zur Bindungs-wirkung von Patientenverfügungen. Dieses Thema be-wegt insbesondere die Bevölkerung sehr stark. Wir soll-ten die Patientenautonomie wirklich in den Vordergrundstellen. Da sind Sie auf dem richtigen Weg, Frau Minis-terin. Wir werden Sie dabei unterstützen.
Ein eher trauriges Kapitel ist die unendliche Ge-schichte um die Biopatent-Richtlinie.
Nach langem Hin und Her hat die Bundesregierung imvergangenen Jahr endlich einen Gesetzentwurf zur Um-setzung der entsprechenden EU-Richtlinie vorgelegt.
Dieser Gesetzentwurf ist von der FDP-Bundestagsfrak-tion begrüßt worden, Herr Stünker, da er eine Eins-zu-eins-Umsetzung beinhaltet. Nur kommen wir mit denBeratungen nicht voran.
– Dann müssen Sie es aber auch einmal zeigen und denEntwurf im Parlament und in den Ausschüssen zur Bera-tung vorlegen.
Wenn Sie sich mit Ihrem Koalitionspartner nicht einigenkönnen – –
– Dann müssen Sie das im zuständigen Ausschuss auchbeweisen und zeigen.–d–dSBDrGsdeVhsddAfHdArsläBZBkeIdvdbuBnRUPon
Sie hatten das schon für die Sommerpause angekün-igt, lieber Herr Hacker.
Bis Weihnachten ist ja noch Zeit.Ein ganz zentrales Thema der kommenden Jahre wirdie Frage sein, unter welchen Voraussetzungen es demtaat künftig möglich sein wird, die Bürgerinnen undürger zum Zwecke der Gefahrenabwehr abzuhören.as Bundesverfassungsgericht hat im März dieses Jah-es in eindrucksvoller Weise dem Gesetzgeber seinerenzen aufgezeigt. Die Bundesregierung sollte nun einchlüssiges Konzept vorlegen,
as die gesamte Telefonüberwachung überprüft, und dientsprechenden strafrechtlichen und strafprozessualenorschriften überdenken.
Ein zentraler Punkt muss bei der Beratung des Justiz-aushalts aber noch angesprochen werden: die Verfas-ungsgemäßheit des Bundeshaushalts. Nach Ansichter FDP-Bundestagsfraktion hat die Bundesregierung inen Haushaltsjahren 2002 und 2003 wiederholt gegenrt. 115 des Grundgesetzes verstoßen. Dieser Verstoß istür das Haushaltsjahr 2004 besonders eklatant. Deraushaltsvollzug verstößt gegen Art. 115 Abs. 1 Satz 2es Grundgesetzes, da die Einnahmen aus Krediten dieusgaben für Investitionen übersteigen. Er ist aus unse-er Sicht nicht geeignet, die Störung des gesamtwirt-chaftlichen Gleichgewichts abzuwehren.
Der jüngste Jahresbericht des Bundesrechnungshofssst ebenfalls Zweifel an der Verfassungsgemäßheit desundeshaushalts für das Jahr 2005 erkennen. In diesemusammenhang möchte ich daran erinnern, dass dasundesministerium der Justiz mit der Rechtsförmlich-eit und deren Prüfung die Rechtsetzungsaktivitäten derinzelnen Bundesministerien begleitet, Frau Ministerin.m Mittelpunkt der Rechtsförmlichkeitsprüfung stehtie Frage, ob die Regelungen mit höherrangigem Rechtereinbar sind. Die Prüfung konzentriert sich insbeson-ere auf die Verfassungsmäßigkeit. Ich halte es daher füremerkenswert, dass in einer Zeit, in der öffentlich vonnterschiedlichen Seiten die Verfassungsmäßigkeit desundeshaushalts angezweifelt wird, keine Stellung-ahme vom Verfassungsministerium erfolgt. Sollte dieseechtsprüfung dennoch erfolgt sein, wäre ich für einenterrichtung des Parlaments über die Ergebnisse derrüfung sehr dankbar. Aber ich fürchte, Sie haben keinerdnungsgemäße Rechtsförmlichkeitsprüfung vorge-ommen.Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.)
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 140. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 23. November 2004 12975
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Rainer Funke
Das Wort hat nun der Kollege Hans-ChristianStröbele, Bündnis 90/Die Grünen.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!Auch ich bedanke mich bei der Frau Ministerin und ih-ren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Zuarbeit.Wir haben sie gerne und häufig in Anspruch genommenund tun das, wenn ich es richtig sehe, zur Stunde wieder.
Wir machen Ihnen viel Arbeit. Der Kollege Stünkerweist zu Recht darauf hin, dass ich mich dreimal bedan-ken sollte. Deshalb wiederhole ich meinen Dank. Das istsicherlich richtig und wichtig.Herr Kollege Barthle, ich wollte zunächst auf IhreAusführungen eingehen. Sie haben diesen Etat gelobt,weil er leicht abgesenkt worden ist. Ich kann mich die-sem Lob nur anschließen. Sie haben aber einen Punktvergessen: Die Einnahmen wurden zudem noch erhöht.Das heißt, Einnahmen und Ausgaben nähern sich weiteran; die Ausgaben im Einzelplan werden – die Zahlensind vorhin schon genannt worden – fast von den Ein-nahmen gedeckt.
– Sehr gut, dass Sie mir zustimmen.Hinsichtlich Ihres kleinen Ausflugs in die Rechtspoli-tik gebe ich Ihnen hingegen nicht Recht. Er war zwarkurz, aber ein bisschen daneben.
Ich weiß nicht, was in der Diskussion über das Antidis-kriminierungsgesetz Ihre Bemerkung rechtfertigenkönnte, dass etwas ganz Schlimmes dabei herauskom-men werde. Sie haben das auch nicht benannt. Vielleichtkönnen Sie das noch nachholen. Was soll Ihrer Meinungnach an dem, was bei den Verhandlungen herauskommt,so schlimm sein?Was den Ausflug zu den gleichgeschlechtlichen Le-benspartnerschaften angeht, frage ich mich, ob Sie vor-her den Gesetzentwurf gelesen haben. Von Hedonismusist darin nicht die Rede; vielmehr geht es in dem Gesetzum Adoptionen im Interesse der Kinder. Wie in alleneinschlägigen rechtlichen Bestimmungen sollen Adop-tionen allein im Interesse der Kinder erfolgen. AuchAdoptionen von anderen, nicht gleichgeschlechtlichenEltern sollen sich allein danach richten, was dem Wohldes Kindes am meisten dient. Diesen Grundsatz habenwlIckdsdvvfHoolgugcdebfUdgdEüdweSrdngBDzswsbewRBwkspv
nsofern sind Sie offenbar von jemand anders entspre-hend informiert worden; denn in dem Gesetzentwurfönnen Sie es nicht gelesen haben.Der Haushalt, den wir heute beraten, umfasst auchen Haushalt des Bundesverfassungsgerichts. Er eignetich immer wieder besonders gut dazu, nachzuweisen,ass lineare Kürzungen, wie sie auch für diesen Haushalton der Opposition immer wieder verlangt worden sind,öllig fehl am Platz sind. Wollte man beim Bundesver-assungsgericht lineare Kürzungen, beispielsweise inöhe von 10 Prozent vornehmen, stellte sich die Frage,b man aus jedem Senat einen Richter herausnehmender einen halben Senat schließen soll. Daran wird deut-ich, wie unsinnig solche pauschalen Kürzungsforderun-en sind. Deshalb sollten Sie solche nicht mehr erheben.Ich möchte die Diskussion über den Einzelplan 07nd den Einzelplan 19 nutzen, um ein paar Bemerkun-en zur Rechtspolitik zu machen. Ich sehe drei wesentli-he Probleme in der Rechtspolitik, mit denen wir uns inen nächsten Jahren auseinander zu setzen haben. Dasrste Problem ist – das betrifft die gesamte Gesetzge-ung –, dass wir eine ganze Reihe von Gesetzen in Aus-ührung von Rahmenbeschlüssen der Europäischennion erlassen, bei denen wir nicht mehr darüber nach-enken können, was gut und richtig ist, weil wir an Vor-aben aus Brüssel gebunden sind. Das ist ein Problem,as sich bei vielen Gesetzen deutlich bemerkbar macht.in Beispiel: Es war uns nicht möglich, in dem Gesetzber den Europäischen Haftbefehl zu verankern, dass beier Vollstreckung eines solchen Haftbefehls festgestellterden muss, ob das Delikt, weswegen der Strafbefehlrlassen worden ist, in Deutschland überhaupt einetraftat ist.Uns allen ist natürlich klar, dass das der Preis der Eu-opäischen Gemeinschaft ist. Aber wir müssen uns miter Frage auseinander setzen, wie wir es vermeiden kön-en, in Zukunft in solche Situationen zu kommen. Dafüribt es ein Rezept: Wir müssen rechtzeitig sehen, was inrüssel vorbereitet wird. Nur so können wir uns alseutscher Bundestag bereits zu einem frühen Zeitpunktu Wort melden – so wie wir das bei dem Rahmenbe-chluss der Europäischen Union zur Europäischen Be-eisanordnung getan haben – und vor der Beschlussfas-ung darauf aufmerksam machen, was zu beachten ist,eispielsweise dass schon in der europäischen Richtliniein faires Verfahren garantiert wird. Deshalb müssenir, das deutsche Parlament, nicht nur lange Ohren inichtung Brüssel machen, sondern auch Vertreter inrüssel haben, die uns rechtzeitig darüber informieren,as dort im Gange ist, damit wir uns zu Wort meldenönnen.Das zweite Problem ist, inwieweit das Bundesverfas-ungsgericht inzwischen die Gesetze in der Bundesre-ublik Deutschland mitschreibt. Es gibt eine ganze Reiheon Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts,
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Hans-Christian Ströbeledie bis ins Detail vorschreiben, wie eine gesetzliche Re-gelung, beispielsweise zum Lauschangriff, aussehensollte. Ich kann darin nicht – wie manche Kritiker – ei-nen Fehler des Bundesverfassungsgerichts sehen. Das istvielmehr ein Fehler des Gesetzgebers, von uns deut-schen Parlamentariern, die wir es bei einer ganzen Reihevon Gesetzen nicht geschafft haben, die Vorgaben desGrundgesetzes ausreichend zu berücksichtigen. Nur sowird dem Bundesverfassungsgericht die Möglichkeit ge-geben, sich in die Gesetzgebung einzumischen.Ich denke, deshalb ist es richtig und wichtig, dass wiruns in Zukunft gerade auch bei den Gesetzeswerken, dieSie angemahnt haben, zum Beispiel die Regelungen be-treffend die Telekommunikationsüberwachung, daraufkonzentrieren – übrigens nicht in der Prävention, son-dern in der Strafverfolgung –, was verfassungsgemäß istund was man aus bereits bestehenden Entscheidungenherauslesen kann, um Desaster, wie sie sich zum Teil inder Vergangenheit ereignet haben, zu vermeiden. Ichmöchte Sie, die Sie früher die Mehrheit hatten und Ge-setze gemacht haben, daran erinnern, dass die meistenEntscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Gesetzebetreffen, die in der Zeit Ihrer Koalition gemacht wordensind, und dass wir die große Aufgabe haben, Ihre Fehlernachträglich zu korrigieren.Das dritte Problem ist, dass wir uns im Gesetzge-bungsverfahren – sowohl im Rechtsausschuss als auchim Deutschen Bundestag – mit vielen Einzelheiten be-fassen und manchmal auch über Einzelregelungen strei-ten, die man außerhalb des Parlaments gar nicht mehrversteht, und dass wir dabei vergessen, hier im Parla-ment eine Diskussion über ganz zentrale Probleme derGesellschaft zu führen. Wir haben es bisher zum Bei-spiel unterlassen, darüber zu diskutieren, wie wir es inder Bundesrepublik Deutschland mit Art. 1 Abs. 1Satz 1 des Grundgesetzes halten: „Die Würde des Men-schen ist unantastbar.“ Ist die Menschenwürde weiter-hin unantastbar oder darf sie vielleicht – zunächst in we-nigen, kleinen Bereichen – doch angetastet werden?Damit meine ich die jetzige Folterdiskussion, die nichtnur auf populistische Art und Weise in den Medien ge-führt wird, sondern die auch weit hinein in die Kommen-tare zum Grundgesetz reicht. Das heißt, wir müssen indiesem Parlament auch darüber Verständigung erzielen,dass Art. 1 des Grundgesetzes absolut unantastbar ist.Die Würde des Menschen ist und bleibt unantastbar; siedarf in gar keiner Weise angegriffen werden.
Zum Schluss will ich mich einem zentralen Problemzuwenden, dessen Lösung auch Sie angemahnt haben:Ist es Ausfluss der Menschenwürde – wir sollten uns vielmehr Zeit nehmen, um über diese Fragen auch hier imParlament zu diskutieren –, dass wir selber darüber be-stimmen dürfen, wann wir sterben werden, wann eineMaschine, die uns künstlich am Leben hält, abgeschaltetwerden muss? Es gilt, zu klären, ob eine solche Patien-tenverfügung voll zur Autonomie des Menschen gehörtoder ob man Überlegungen folgen sollte, die vorsehen,dd–deteasGIFsBtdZItFKusInü
Auch das sind Menschen. – Aber es geht darum, ob an-ere Menschen die Entscheidung fällen dürfen: „Nun ists genug, länger soll er nicht künstlich am Leben erhal-en werden.“ Oder soll man darüber selbst verfügen? Istine solche Entscheidung überhaupt maßgeblich für dienderen Menschen? Das ist die entscheidende Frage.Lassen Sie uns solche grundsätzlichen Fragen der Ge-ellschaft, –
Herr Kollege Ströbele!
– die in unserer Bevölkerung zu Recht auf erhebliches
nteresse treffen, hier weiter diskutieren. Wenn das der
all ist, dann kommen wir zu einer besseren und fort-
chrittlicheren Rechtspolitik. Ich weiß, dass wir in vielen
ereichen auf einem guten Wege sind. Was die Patien-
enverfügung angeht, kann ich mich den Überlegungen
er Ministerin voll anschließen.
Herr Kollege Ströbele, Sie haben schon vor längerer
eit das Ende Ihrer Rede in Aussicht gestellt.
ch bin erleichtert, dass Sie diese Zusage mittlerweile
atsächlich eingelöst haben.
Nun hat der Kollege Norbert Röttgen, CDU/CSU-
raktion, das Wort.
Herr Präsident! Zunächst darf ich Sie im Namen der
olleginnen und Kollegen als regelmäßigen Teilnehmer
nd Sitzungsleiter unserer interessanten rechtspoliti-
chen Debatten herzlich begrüßen.
ch freue mich, dass Sie wieder einmal dabei sind.
Um das gleich zu Beginn klarzustellen: Das führt aber
icht zu einer verlängerten Redezeit.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Debatteber den Justizhaushalt bietet die Gelegenheit, den Stel-
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Dr. Norbert Röttgenlenwert, den die Rechtspolitik in der Politik der Bundes-regierung hat, zu diskutieren, zu bilanzieren und kritischzu bewerten.Der Stellenwert der Rechtspolitik wird nicht in Geldbemessen. Er drückt sich vielmehr darin aus, welche Be-deutung die Politik der Bundesregierung dem Recht undder Rechtsordnung als gestaltende Antwort auf gesell-schaftliche Entwicklungen beimisst.
Ich denke, Sie stimmen mit mir darin überein, dasswir in Bezug auf die gesellschaftlichen – die innergesell-schaftlichen wie die internationalen – Entwicklungenfeststellen, dass starke Auflösungskräfte am Werk sind:Globalisierung, Unüberschaubarkeit durch ein enormesMaß an Komplexität, Schnelligkeit der Entwicklung,eine Flüchtigkeit der Entwicklungen, Rückzug ins Pri-vate. All das prägt die gesellschaftliche und die interna-tionale Entwicklung.Das Recht kann diesen Entwicklungen hinterherlau-fen und sich auch in der Geschwindigkeit anpassen. DasRecht und die Rechtsordnung können in einer Zeit derAuflösung, in einer Zeit der Flüchtigkeit aber auch ver-suchen zu stabilisieren. Das Recht kann versuchen, dieFreiheit des Einzelnen zu ermöglichen, zu gewährleistenund zu stabilisieren, ebenso wie es versuchen kann, soli-darische Verantwortung in der Gesellschaft zu sichern.Ich glaube, die große Herausforderung der Rechts-politik in unserer Zeit ist, stabilisierend zu sein, ohne zubevormunden, indem man versucht, Freiheit ebenso wiesolidarische Verantwortung mit dem Mittel des Rechtszu stärken.Wenn man die Rechtspolitik der Bundesregierung andiesem Maßstab misst, dann kann man davon nichts er-kennen, auch nicht in Ansätzen. Charakteristisch für diePolitik der Bundesregierung ist richtungsloses Reagierenauf Handlungszwänge. Diese Handlungszwänge entste-hen zumeist durch das europäische Recht oder durchVerfassungsgerichtsentscheidungen. Es gibt keine Linieund keine Gestaltung. Man will der Entwicklung keineRichtung geben; vielmehr arbeitet man das ab, was an-dere auf den Tisch gelegt haben. Ich will das an einigenPunkten konkret verdeutlichen.Der erste Punkt ist die heute schon diskutierte akusti-sche Wohnraumüberwachung. Zum Schutz des Kern-bereichs privater Lebensgestaltung hat es eine Entschei-dung des Bundesverfassungsgerichts gegeben. Alsowurde eine Novelle nötig. In einer ersten Reaktion derBundesjustizministerin hat es das erklärte Ziel gegeben,den gesetzlichen Schutz der Vertraulichkeit der Bezie-hung von Bürgern zu Ärzten, Geistlichen und Anwälten,also so genannten Berufsgeheimnisträgern, zu durchlö-chern und sogar aufzuheben. Frau Zypries ist mit diesemVorhaben sehr schnell gescheitert. Es ist auf nahezuflächendeckende Ablehnung gestoßen.
Aber der Versuch hat stattgefunden.
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Das ist unsere Position. Sie teilen sie. Aber es war einendere Politik, die die Bundesjustizministerin betriebenat, der Sie nicht gefolgt sind, was ich durchaus begrüße.Nachdem in der ersten Reaktion versucht worden ist,as Instrument der akustischen Wohnraumüberwachungechtsstaatswidrig auszuweiten, hat man in der zweiteneaktion versucht, das Instrument praktisch zu entwer-en, also untauglich zu machen – obwohl es im Rahmener Verfolgung unverzichtbar ist und auch im Hinblickuf eine mögliche Verhütung weiterer schwerster Krimi-alität, bis hin zu terroristischer Kriminalität, essenziellst.
it dem Gesetzentwurf, der vorgelegt worden ist, sindie, Herr Ströbele, wahrscheinlich sehr zufrieden; dasnstrument aber ist praktisch tot.
Ich führe das noch zu Ende aus und dann beantwortech gern Ihre Frage. – Über die Umsetzung der Entschei-ung des Bundesverfassungsgerichts hinaus verlangenie nämlich, dass schon für die Anordnung einer Über-achungsmaßnahme – nicht erst für den Vollzug – posi-ive tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen müssen,ass keine Äußerungen aus dem absolut geschützten Be-eich erfasst werden.Das kann man aber nicht vorher wissen. Damit fällter Privatraum, ein Privathaus oder eine Privatwohnung,on vornherein aus der potenziellen Überwachung he-aus, weil in diesen Räumen immer die Möglichkeit be-teht, dass Äußerungen zur privaten Lebensgestaltungrfolgen. Wenn Sie verlangen, dass vorher positiv An-altspunkte vorliegen müssen, um dies auszuschließen,ann setzen Sie bei dem Richter, der dies anordnenuss, hellseherische Fähigkeiten voraus.
it dieser Anforderung ist das Instrument praktisch tot.as ist Ihre Verantwortung.
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Herr Kollege Ströbele, Sie haben das Wort zu Ihrer
Zwischenfrage.
Herr Kollege Röttgen, ist Ihnen bekannt, dass die For-
mulierungen, die jetzt im Gesetzentwurf enthalten sind,
nahezu identisch sind mit den Formulierungen und den
Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts? Meinen Sie
mit der Kritik, die Sie an dem Gesetzentwurf äußern, ei-
gentlich das Bundesverfassungsgericht? Wenn das so ist,
dann sagen Sie es doch bitte.
Die Formulierung des Gesetzentwurfs deckt sich justan dieser Stelle nicht mit der Entscheidung des Bundes-verfassungsgerichts, sondern geht eindeutig über dieseEntscheidung, über die wir uns sehr wohl kritisch unter-halten können, hinaus. Was die Praktikabilität der Ent-scheidung und ihre Abwägung zwischen privaten Inte-ressen und Schutzinteressen der Allgemeinheit angeht,bin ich gern zu einer kritischen Auseinandersetzung be-reit. Es ist legitim – der Auffassung bin ich –, dass wiruns mit den Entscheidungen des Bundesverfassungsge-richts inhaltlich kritisch auseinander setzen. Auch dasBundesverfassungsgericht ist nicht sakrosankt. Es musssich dem öffentlichen Diskurs, auch im Rahmen der Po-litik, stellen. Diese Kritik können wir gern austauschen.Ich hätte sie durchaus zu artikulieren.An dieser Stelle also gehen Sie mit Ihrem Entwurfüber die aus meiner Sicht schon problematische Ent-scheidung des Bundesverfassungsgerichts hinaus, wasdie Gewichtung von privaten Schutzinteressen mögli-cher Schwerstkrimineller und dem Schutzinteresse derAllgemeinheit angeht, indem Sie eine solche Anord-nungsvoraussetzung formulieren – man muss vorherwissen, dass in dem Umfeld Äußerungen zur privatenLebensgestaltung nicht fallen –, also nicht nur Restrik-tionen für den Vollzug vorsehen. Das können Sie für pri-vate Lebensbereiche nicht tun. Deshalb ist dieses Instru-ment mit dieser Formulierung praktisch tot. Das müssenSie wissen. Damit wird das, was Sie in der Presse artiku-lieren: „Studie zur Wohnraumüberwachung des Max-Planck-Instituts belegt vorbildliche Praxis und Unver-zichtbarkeit dieser Maßnahme“, durch Ihr Handeln über-haupt nicht bestätigt. Es besteht also eine absolute Dis-krepanz zwischen Ihrem Reden und Ihrem Handeln. Sienehmen dem Staat die rechtsstaatlichen Möglichkeiten,die er behutsam einsetzt, um schwerste Kriminalität,Terrorismus eingeschlossen, effektiv und rechtsstaatlichbekämpfen zu können. Das ist ein Bereich, in dem Sierichtungslos agieren.Ein weiterer Punkt ist schon angesprochen worden,nämlich dass die Umsetzung der Biopatent-Richtlinieseit vier Jahren überfällig ist. Seit vier Jahren ist die Um-setzungsfrist abgelaufen! Allein das ist schon ein Skan-dal, meine Damen und Herren, dass unser Land über vierJahre hinweg seine Pflicht zur Umsetzung einer Richt-linie nicht wahrnimmt. Dabei geht es ja nicht umirgendeine Richtlinie, sondern es geht in ihr um denSjuvGIvSJsR–wswvRKRNrBEnbsIssnfersddam
Es ist schön, dass Sie kommen. Ich hätte es begrüßt,enn Sie auch beim Thema innere Sicherheit da gewe-en wären. Sie haben Entscheidendes verpasst, aber daserden wir alles nachholen, Herr Minister. – Erst nachier Jahren überführen Sie die Richtlinie in nationalesecht. Warum brauchten Sie so lange? Weil Sie in deroalition keine Einigkeit über die Umsetzung dieserichtlinie erzielen konnten.
ach Ihrem Willen sollten nämlich in Wahrheit die Ge-ichte die Entscheidungen treffen, die eigentlich hier imundestag zu treffen gewesen wären.
s ist ein Zeichen purer Schwäche, diese Umsetzungicht vorher in Angriff genommen zu haben.Nun – da haben Sie Recht, Herr Kollege Montag – ha-en Sie sich offensichtlich geeinigt, aber wiederum nichto, wie die Bundesjustizministerin es wollte.
n dem entscheidenden Punkt der Reichweite des Patent-chutzes – darin bestand ja der eigentliche Dissens – hatich die Bundesjustizministerin nicht durchsetzen kön-en. Dass Sie sich für die Zusammenarbeit besondersreundlich bedankt haben, hat vor diesem Hintergrundine besondere Note.Ein weiterer Punkt ist die Antidiskriminierungs-ichtlinie. Der bemerkenswerteste Vorgang bei der Um-etzung der Antidiskriminierungsrichtlinie besteht darin,ass die Bundesjustizministerin die Federführung fürieses zentrale rechtspolitische Thema abgegeben undn das Familienministerium übertragen hat. Sie hat da-it ihre Zuständigkeit aufgegeben.
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Dr. Norbert RöttgenSie hat sich in diesem Zusammenhang erneut dafür ein-gesetzt und proklamiert, es werde nur eine Eins-zu-eins-Umsetzung geben. Diesen Ausspruch hat sie wiederholtgetätigt und damit das inhaltliche Ziel ihrer Politik pro-klamiert. Wir wissen ja noch nicht, was in Ihrem Eini-gungspapier steht.
Ich sage Ihnen aber eines voraus: Frau Zypries wird sicherneut nicht durchgesetzt haben; es wird mehr drinste-hen, als eine Eins-zu-eins-Umsetzung verlangt. Sie wer-den den sachlichen und persönlichen Anwendungsbe-reich auch dieser Richtlinie gegen den Willen derBundesjustizministerin weit überdehnen. Ich frage Sie,Frau Ministerin: Wer gestaltet eigentlich die Rechtspoli-tik in Deutschland? Haben Sie noch einen prägendenEinfluss auf die Rechtspolitik? Ich kann kein Rechtsge-biet sehen, auf dem Ihnen Ihre eigene Koalition auch nuransatzweise folgt. Sie werden permanent im Stich gelas-sen und stehen im Regen. Das ist die Art, wie die Koali-tion Politik macht.
Ich möchte zu einem zweiten großen Bereich kom-men, in dem das Recht stabilisierend wirken kann – die-ser ist schon angesprochen worden –: Es geht um die Si-tuation der Kinder und die Berücksichtigung vonKindeswohl in der Rechtsordnung. Ich möchte in dieserDebatte für unsere Fraktion in aller Kürze darauf hinwei-sen, dass wir es ablehnen und zurückweisen, wenn Sieversuchen sollten, sich auf das Kindeswohl zu berufen,um nach Ihrer Ansicht gesellschaftspolitische Verände-rungen zulasten der Ehe durchzuführen.
Diesen PR-Trick weisen wir zurück. Wir weisen ihndeshalb zurück, weil wir die freie Entscheidung von El-tern, von Erwachsenen, in der Ehe Verantwortung zuübernehmen, respektieren. Nach einer Presseerklärungdes Bundesjustizministeriums vom 1. November 2004wachsen 95 Prozent aller Kinder in der Ehe auf. Ich habedie Zahl aufgrund meiner natürlichen Skepsis gegenüberIhren Mitteilungen am Anfang gar nicht glauben wollen,
aber inzwischen denke ich, sie stimmt. Das ist eine über-ragende Zahl von Kindern, die in einer Ehe aufwachsen.
Darum müssen wir alles tun, um die Ehe zu stärken, unddürfen sie nicht gegen das Kindeswohl ausspielen.
Deshalb war es falsch, die Stiefkindadoption auszu-weiten. Die Stiefkindadoption als solche ist problema-tisch, weil sie die Beziehung zu einem leiblichen Eltern-teil kappt.MepKNdPgznnntrdgZszdvedPnJuRdfuJbdEfmu
an müsste sie reduzieren, aber Sie weiten sie aus.Darum war es falsch, den bisherigen Rechtsanspruchines Kindes auf Vater und Mutter durch das Lebens-artnerschaftsgesetz zu beseitigen. Das dient nicht demindeswohl. Sie wissen, dass Sie hier allenfalls mitichtwissen operieren. Sie haben keine Sicherheit, dassies dem Kindeswohl dient. Sie führen ein ideologischesrojekt durch.
Wir halten Ihren Versuch, die nichteheliche Lebens-emeinschaft und die Ehe in ihren Rechtsfolgen gleich-ustellen, für falsch, weil er die Freiheit von Erwachse-en, sich für die schwächere Form der Bindung in derichtehelichen Lebensgemeinschaft zu entscheiden,icht respektiert und den Schutz der Ehe vernachlässigt.Ich will zu einem allerletzten Punkt kommen. Er be-ifft die Rolle der Rechtspolitik bei der Stabilisierunges Staates.
Sie sind sich bewusst, Herr Kollege, dass das jetzt un-
ewöhnlich schnell erfolgen muss.
Das werde ich tun. Ich habe am Anfang ein bisschen
eit vergeudet, Herr Präsident.
Das ist wahr. Darauf habe ich auch gleich hingewie-
en.
Ich will mir darum nur erlauben, eine Mahnung aus-usprechen. Bei der Föderalismusreform ist die Rolleer Bundesregierung blamabel. Bei der Justizreform,on der zurzeit alle Justizminister reden, habe ich wederine Stellungnahme noch auch nur einen Pieps der Bun-esjustizministerin gehört. Es handelt sich um ein großesrojekt der Justizpolitik, aber von der Bundesjustizmi-isterin hört man nichts, meine Damen und Herren.Ich möchte für unsere Fraktion den Maßstab jederustizreform darstellen: Es geht nicht um billiger, es gehtm besser. Die Justiz ist eine wesentliche, stabilisierendeessource in unserem Land. Sie ist wesentlich und fun-amental für den Rechtsstaat. Auch die Rechtswege sindundamental für den Rechtsstaat. Sie ist fundamental fürnseren Wirtschaftsstandort. Deshalb geht es darum, dieustiz zu stärken und zu verbessern, anstatt sie abzu-auen. Justiz muss auch etwas kosten. Zurzeit kostet unsie Justiz, die dritte Staatsgewalt, 5 Euro pro Monat undinwohner. Wir brauchen eine bessere, eine leistungs-ähigere Justiz für den Rechtsstaat in unserem Land. Da-it tragen wir auch zur Stabilisierung der Gesellschaftnd zur Stabilisierung staatlicher Tätigkeiten bei.Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
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Dr. Norbert Röttgen
Zum Schluss dieses Tagesordnungspunktes hat für die
Bundesregierung die Ministerin Brigitte Zypries das
Wort.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Vielen Dank, Herr Präsident! Meine sehr geehrten
Damen und Herren! Herr Röttgen, bei Ihren großen,
staatsmännischen Einleitungsworten und den Thesen,
dass man stabilisieren müsse, ohne zu bevormunden,
hatte ich mich gefragt, was da wohl kommen würde.
Und was bleibt übrig? Ein Gesetzentwurf, der hier in der
Beratung ist, ein weiterer Gesetzentwurf, der seit Jahren
hier in der Beratung ist, bei dem diese Bundesregierung
nicht so recht steuern kann,
ein Gesetzentwurf, der überhaupt noch nicht eingebracht
wurde, sondern über den nur geredet wird, eine Födera-
lismusreform, zu der ich vielleicht gleich noch etwas sa-
gen werde, und eine Justizreform, zu der jetzt von Bun-
desländern Entwürfe vorgelegt werden und die
wesentliche Inhalte hat, die jedoch schon meine Amts-
vorgängerin in der letzten Legislaturperiode durchsetzen
wollte, wobei sie aber leider an den Ländern gescheitert
ist.
Sie können uns jetzt also nicht so richtig vorwerfen,
dass wir uns nicht wieder an die Spitze einer Bewegung
stellen, um am Ende von den Ländern im Regen stehen
gelassen zu werden,
ein Problem, das wir nicht nur bei der Justizreform ha-
ben, sondern vielleicht auch noch bei der Föderalismus-
reform bekommen werden. Denn Ihre zahlreichen Ange-
bote – da weiß ich, dass ich auch gegen Teile der SPD-
Fraktion rede – und Versuche, die Länder in diesem
Punkt zu bewegen, waren ziemlich weit gehend. Es muss
aber nicht immer richtig sein, mit den Ländern ins Ge-
spräch zu kommen, wenn die Länder ihrerseits sich
überhaupt nicht zu inhaltlichen Themen verhalten und
nicht sagen, was sie – außer der Kompetenz für die Be-
soldung und Versorgung der Landesbeamten – eigentlich
wollen. Das ist genau der Punkt, an dem ich sagen muss:
So kann es nicht gehen. Vor allen Dingen dieses Hohe
Haus muss sich überlegen, in welchen Bereichen es noch
Gesetzgebungskompetenzen des Bundesgesetzgebers
geben muss, mit anderen Worten: in welchen Bereichen
es eine einheitliche Regelung auf Bundesebene geben
muss.
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Das hat mit konkurrierender Gesetzgebung gar nichts
u tun. Darüber können wir uns später unterhalten.
Ich bitte herzlich darum, sich zu überlegen, welchen
aßstab man zur Beurteilung heranzieht. Man muss fra-
en: Wo soll es bundeseinheitliche Regelungen geben
nd wo ist es angebracht, dass die Länder im Rahmen
nserer föderalen Ordnung abweichen dürfen? Man
uss über bundeseinheitliche Regelungen in den Berei-
hen reden, in denen sie sinnvoll sind.
as zum Thema Föderalismusreform und zur Position
er Bundesregierung. Nicht immer ist es vernünftig, den
ändern Angebote zu machen.
Frau Ministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage der
ollegin Lenke?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ja.
Frau Zypries, Sie haben gerade gesagt, man müsse
nterscheiden, wo bundeseinheitliche Regelungen sinn-
oll sind und wo nicht. Ich beziehe mich auf einen Be-
icht der „taz“ vom April dieses Jahres. Als Liberale
abe ich die Frage, welchen Stellenwert liberale
echtspolitik in der rot-grünen Bundesregierung hat.
Frau Zypries, Sie plädierten im April in einem Schrei-
en an Verteidigungsminister Struck und Familienminis-
erin Renate Schmidt dafür, die Internationale Menschen-
echtskonvention so auszulegen, dass ein Zwangsdienst
ür Frauen und Männer, also ein Pflichtjahr,
erfassungsrechtlich möglich sei. Dazu habe ich zwei
ragen. Erstens. Stehen Sie weiterhin zu dem Inhalt Ih-
es Briefes? Zweitens. Werden Sie ein Rechtsgutachten
n Auftrag geben?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Sie zitieren den Brief ungenau. Ich habe geschrieben,ir sollten prüfen, ob wir ein solches Rechtsgutachten inuftrag geben. Ich habe keine Position bezogen. Wir
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 140. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 23. November 2004 12981
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Bundesministerin Brigitte Zypriessind inzwischen zu der Entscheidung gekommen, dasswir kein Gutachten in Auftrag geben.
– Doch, ich habe gerade das, was Sie in Ihrer erstenFrage angesprochen haben, richtig gestellt. Sie habenfalsch zitiert.
Ich möchte in meiner Rede fortfahren und über dieProbleme sprechen, die wir haben. Herr Röttgen, da Siemich angegriffen haben, gestatten Sie mir, dass ich repli-ziere. Sie sprachen von „Stabilisieren ohne Bevormun-den“. Ich möchte Ihnen gerne ein paar Gesetzentwürfenennen, die Sie offenbar noch nicht wahrgenommen ha-ben und die zeigen, dass wir genau das machen.Wir machen das bei der Patientenverfügung und beimAktienrecht. Denken Sie beispielsweise an die Gesetzent-würfe, die wir gerade vorgelegt haben, um Kleinaktionä-ren im Rahmen des geltenden Rechts mehr Kompetenzenzu verschaffen. Wir machen das im Unterhaltsrecht undbeim Rechtsdienstleistungsgesetz. Wir müssen nämlichzur Kenntnis nehmen, dass sich Berufe anders entwi-ckeln. Wir machen das außerdem mit unserer FGG-Re-form, die wir derzeit erarbeiten und die wir noch in dieserLegislaturperiode vorlegen werden.
Wir machen das vor allen Dingen auch – um auch nochdiese Punkte zu nennen – bei der Novelle des Urheber-rechtes und des Unterhaltsrechtes.Ich glaube deshalb, dass Sie völlig falsch liegen,wenn Sie sagen, beim Lebenspartnerschaftsgesetzwürden wir nicht richtig handeln. Dieser teilweise un-sachliche und auch diffamierende Umgang mit gleichge-schlechtlichen Lebenspartnerschaften ist der Sache nichtangemessen.
Sie müssen zur Kenntnis nehmen, dass es gleichge-schlechtliche Lebenspartnerschaften gibt. Sie habeneben gesagt – ich habe das mitgeschrieben –, dass wirden Rechtsanspruch auf Vater und Mutter aufgeben wür-den.
Ich bitte Sie! Wo gibt es denn einen solchen Rechtsan-spruch? Es ist wünschenswert, dass ein Kind Vater undMutter hat. Das ist völlig unstreitig. Natürlich wollen wirdas Band des Kindes zu seinen leiblichen Eltern nichtkappen. Auch das ist völlig unstreitig. Herr Ströbele hatbereits darauf hingewiesen, dass immer das Jugendamtdarüber entscheiden wird, ob eine Adoption richtig istoder nicht. Sie müssen sich umgekehrt fragen, welchesVerhältnis diese Eltern eigentlich zu ihren Kindern ha-ben, wenn sie sie zur Adoption freigeben. ManchmalfwdgmaSthsgsdmZbsmmiwdzpjdrHszkIe„zwdnc––dz
Noch einen kleinen Hinweis: Ungefähr 50 Gesetzge-ungsverfahren gibt es in dieser Legislaturperiode. Dasollten Sie bei Gelegenheit zur Kenntnis nehmen.Jetzt komme ich auf den Haushalt zu sprechen. Ichöchte dem Haus für die gute Vorbereitung danken undich insoweit dem Dank der Vorredner anschließen. Esst in der Tat so, dass die Vorbereitung sehr sachgerechtar. Vor allen Dingen möchte ich mich aber auch beien Berichterstattern für die sachgerechte, kompetente,ügige und verständnisvolle Beratung unseres Einzel-lans bedanken. Das alles hat dazu beigetragen, dassetzt die notwendigen Ressourcen zur Verfügung stehen,amit die Rechtspolitik, die die Bundesregierung fürichtig hält, weiterverfolgt werden kann.Das ist bedeutend, weil insgesamt auch in unseremaushalt ein Sinken der Mittel zu verzeichnen ist. Unstehen jetzt nur noch 0,13 Prozent der Gesamtausgabenur Verfügung, 1998 waren es noch 0,15 Prozent. Umge-ehrt haben wir die Eigenfinanzierungsquote gesteigert.ch möchte Herrn Barthle mit seinem Lob, das er in derrsten Lesung ausgesprochen hat – er hat von einemMusterhaushalt“ gesprochen –, an dieser Stelle ebensoitieren
ie Herrn Fricke, der zu der Erkenntnis gekommen ist,ass der Haushalt unseres Ministeriums jeden Bürgerur mit 20 Cent im Jahr belastet. Herr Röttgen, Sie spra-hen eben von insgesamt 5 Euro.
Ohne den Bund oder mit dem Bund?
Und es funktioniert sehr gut.Was wir machen müssen – ich bedanke mich dafür,ass Sie es mit ermöglicht haben –, ist, neue Aufgabenu akquirieren, und zwar insbesondere solche, die aus
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Bundesministerin Brigitte ZypriesBrüssel kommen. Ich nenne das Stichwort „Brüssel-II-a-Verordnung“. Das Bundeszentralregister wird als zen-trale Behörde für Deutschland eine neue Zuständigkeitübernehmen. – Sie sollten jetzt zuhören; denn jetzt gehtes wieder um die Kinder. – Unser Ziel ist eine einheitli-che Anlaufstelle für binationale Ehepaare, die sich inTrennung befinden; denn das lässt sich nun einmal auchnicht vermeiden. Wir wollen, dass das Bundeszentralre-gister künftig Mediatoren empfehlen und Informationenüber ausländisches Recht zur Verfügung stellen kannund Eltern bei der Anerkennung und Vollstreckung vongerichtlichen Entscheidungen hilft.Das Deutsche Patent- und Markenamt ist schon ge-nannt worden. Für den IT-Bereich wurden 4 MillionenEuro zur Verfügung gestellt. Das ist ein wichtiger Be-reich. Wir sparen das Geld wiederum durch den Ausbauder EDV-Technik ein; auch das ist schon genannt wor-den.Ich möchte erwähnen, dass wir in diesen Tagen dieVerordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beimBundesverwaltungsgericht und beim Bundesfinanzhofverkünden. Damit kommen wir wieder einen Schrittweiter, was die Geschwindigkeit der Justizgewährunganbelangt.Ein weiteres Projekt im Bereich EDV betrifft die Ver-netzung der Strafregister. Wir haben gemeinsam mitFrankreich und Spanien ein Pilotprojekt durchgeführt.Es ermöglicht künftig eine leichtere Strafverfolgung. Esermöglicht aber auch eine allgemeine Auskunft überVorstrafen. Die schnelle Auskunft über Vorstrafen kanndann natürlich wieder zu einem schnelleren Zugriff füh-ren und trägt damit wiederum zur Sicherheit der Bürge-rinnen und Bürger bei. Dieses Projekt ist für andere Mit-gliedstaaten offen. Die Polen haben ebenso wie dieBelgier gerade signalisiert, dass sie Interesse haben, da-ran teilzunehmen.Bei der Frage, wo wir konsolidieren, wo wir also sta-bilisieren, ohne zu bevormunden, habe ich die beidenGesetze zur Unternehmensintegrität und zur Modernisie-rung des Anfechtungsrechts und zur Einführung von Ka-pitalmusterverfahren genannt. Das ist ein völlig neuerVerfahrensweg innerhalb der Zivilprozessordnung, denwir in dem Bereich, wo es eine Vielzahl von Klagen gibt,erproben wollen. Die eine oder der andere von Ihnen hatvielleicht im „Spiegel“ dieser Woche den Bericht überdie Telekom-Verfahren gelesen, die das Gericht inFrankfurt nahezu lahm legen werden. Für genau solcheFälle ist das Gesetz gedacht. Es ermöglicht eine sachge-rechte und schnelle Bearbeitung solcher Massenverfah-ren. Ich glaube, dass wir da einen guten Weg gefundenhaben, um den Standort zu stärken, vor allen Dingenaber auch Bürgerinnen und Bürgern bei der Durchset-zung ihrer Rechte zu helfen.Ich meine, dass ich deutlich machen konnte, dass dieProbleme, die Sie, Herr Röttgen, hier eben genannt ha-ben, nicht bestehen. Vielmehr gelingt es uns, eine Politikzu machen, die zur Kenntnis nimmt – auch das ist wich-tig –, wie sich die Gesellschaft verändert. Politik, insbe-sondere Rechtspolitik, muss auf geänderte gesellschaftli-che Verhältnisse reagieren und versuchen, für diesegRGvwEdAhMdWglEs
Ich schließe die Aussprache.Wir kommen zu den Abstimmungen, zunächst zuminzelplan 07 in der Ausschussfassung. Wer stimmt füren Haushalt des Bundesministeriums der Justiz in derusschussfassung? – Wer stimmt dagegen? – Wer ent-ält sich der Stimme? – Der Einzelplan 07 ist mit derehrheit der Koalition angenommen.Wir stimmen nun über Einzelplan 19, den Haushaltes Bundesverfassungsgerichts, ab.
er stimmt für diesen Einzelplan? – Wer stimmt dage-en? – Wer enthält sich? – Nach einer gewissen Zöger-ichkeit ist diese Zustimmung einstimmig erfolgt und derinzelplan damit angenommen.Ich rufe nun die Tagesordnungspunkte I.11 und I.12owie den Zusatzpunkt 1 auf:Einzelplan 06Bundesministerium des Innern– Drucksachen 15/4306, 15/4323 –Berichterstattung:Abgeordnete Susanne JaffkeNorbert BarthleKlaus HagemannLothar Binding
Alexander BondeOtto FrickeEinzelplan 33Versorgung– Drucksache 15/4323 –Berichterstattung:Abgeordnete Lothar Binding
Georg SchirmbeckAnja HajdukDr. Andreas PinkwartErste Beratung des von den Fraktionen der SPD,des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und derFDP eingebrachten Entwurfs eines Neunten Ge-setzes zur Änderung des Parteiengesetzes– Drucksache 15/4246 –Überweisungsvorschlag:Innenausschuss
Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität undGeschäftsordnungRechtsausschuss
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)Vizepräsident Dr. Norbert LammertZu Einzelplan 06 liegen zwei Änderungsanträge derFraktion der CDU/CSU sowie zwei Änderungsanträgeder Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch und Petra Pau vor.Über einen Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSUwerden wir später namentlich abstimmen. Über denÄnderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Druck-sache 15/4340, der sich auch auf den Einzelplan 06 be-zieht, ist bereits im Zusammenhang mit Einzelplan 08abgestimmt worden.Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind fürdie Aussprache zu den aufgerufenen Tagesordnungs-punkten insgesamt 75 Minuten vorgesehen. – Ich höredazu keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort zu-nächst der Kollegin Susanne Jaffke, CDU/CSU-Frak-tion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Lassen Sie mich zu Beginn meiner Ausführungen ganzherzlich Dank sagen für die Vorbereitung der Haushalts-beratungen, die zügige, prompte Zulieferung, die Beant-wortung aller Fragen und die gute Zusammenarbeit mitden Fachabteilungen. Lassen Sie mich diesen Dank auchauf den Hauptpersonalrat ausweiten. Es ist ein gutes Ver-fahren und gute Sitte, dass die Berichterstatter im Vor-feld der Beratungen mit dem Hauptpersonalrat ein infor-melles Gespräch führen. Das ist sehr wichtig, weil sichdieser Etat für den Einzelplan 06 zu 55 Prozent aus Per-sonalkosten zusammensetzt. Dennoch bleiben in diesemEinzelplan genügend Dinge übrig, die es heute anzuspre-chen und zu beleuchten gilt. Sie werden gleich an mei-nen Ausführungen merken, dass auch dieser Haushaltmit heißer Nadel genäht wurde.Obwohl fast alle Titel in diesem Etat flexibilisiert sind– sie können in den Hauptgruppen durch die Administra-tive frei bewirtschaftet werden –, wird auch derEinzelplan 06 im Jahre 2005 genau wie in den Jahren2003 und 2004 nicht ohne überplanmäßige Ausgabenauskommen können. Lassen Sie mich zu Beginn einigeAusführungen dazu machen. Die überplanmäßigen Aus-gaben betreffen vor allen Dingen den Bereich IVBB, un-ser Informationsverbundsystem. Hier zeigt sich einmalmehr, wie das Finanzministerium und das Fachressort imHaushaltsaufstellungsverfahren ihre jeweiligen Mus-keln haben spielen lassen. Nachdem der Finanzministernämlich dem Innenminister 18,2 Millionen Euro vertrag-lich gebundene Mittel nicht zur Verfügung gestellt hat,hat das BMI versucht, den Titelansatz durch eigene Be-wirtschaftung zu korrigieren, um Vertragsstrafen ausdem Weg zu gehen. Dieser Idee konnten sich die Regie-rungskoalitionäre jedoch nicht anschließen.Ich möchte betonen: Beim IVBB handelt es um denSicherheitsverbund, der die Ministerien und den Bun-destag beim Datenaustausch untereinander vor Hacker-angriffen schützen soll. Ich möchte auch ausdrücklichbetonen: Das BSI, das für diesen Bereich zuständig ist,lwBdrsdkrsdagmptln3ulFhgsdWslsgLGgudesttBDUBmnd
Als weitere Beispiele nenne ich die Heimkehrerstif-ung und die Stiftung für ehemalige politische Häft-inge. Zum wiederholten Male werden wissentlich zuiedrige Ansätze etatisiert. Im Jahr 2002 mussten bereits7,2 Millionen Euro, im Jahr 2003 23,7 Millionen Eurond im Jahr 2004 23,5 Millionen Euro zusätzlich bewil-igt werden, um die gesetzlichen Aufgaben zu erfüllen.ür uns ist es natürlich mit den Grundsätzen von Haus-altsklarheit und Haushaltswahrheit unvereinbar, wennesetzlich fixierte Leistungen unteretatisiert werden.
Lassen Sie mich den Bereich politische Bildung an-prechen. Es handelt sich dabei unstrittig um ein Thema,em wir alle große Aufmerksamkeit widmen sollten.ir beklagen gemeinsam, dass es in unserer Gesell-chaft punktuell eine zunehmende Unkenntnis und viel-eicht auch ein gewisses Desinteresse im Hinblick auftaatspolitische Zusammenhänge sowie einen Mangel anelebter Toleranz gibt. Die Herangehensweise bei derösung dieses Problems ist natürlich sehr politisch.estatten Sie mir deshalb einige Grundsatzbemerkun-en.Ich fasse den Bereich politische Bildung etwas weiternd ordne die entsprechenden Tätigkeiten nicht alleiner Bundeszentrale für politische Bildung zu. Ich bin,benso wie meine Fraktion, der Auffassung, dass politi-che Bildung sowohl durch die Bundeszentrale für poli-ische Bildung als auch durch die Stiftung zur Aufarbei-ung der SED-Diktatur, die BStU, also die Birthler-ehörde, und die politischen Stiftungen erfolgen sollte.
abei sollen Aufklärungs- und Bildungsarbeit in breitemmfang geleistet werden. Deshalb muss man diese vierereiche im Zusammenhang betrachten.
Natürlich, Herr Minister, waren unsere Anträge – dasöchte ich betonen – im Zusammenhang mit der Berei-igungssitzung zu sehen, in der wir sie gestellt haben;enn wir haben in diesem Bereich andere Schwerpunkte
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Susanne Jaffkegesetzt. Wir sind der Meinung, dass zum Beispiel bei derBundeszentrale für politische Bildung zugunsten derfreien Träger umgeschichtet werden sollte. Denn diefreien Träger stellen durch ihre Breitenarbeit ein sehrwichtiges Fundament dar. Das kann die schulische Bil-dung nicht leisten; aber hier wird leider gekürzt.Ebenso sind wir der Meinung, dass, was die Arbeitder BStU betrifft, die Priorität bei der Rekonstruktionvorvernichteter Stasiunterlagen liegen sollte. Das Au-ßenstellenkonzept lässt sich mit ein bisschen gutemWillen realisieren. Selbstverständlich waren Sie, HerrMinister, nicht einverstanden, als Ihnen die Regierungs-koalition den Etat des BKA gekürzt hat, um das Geld zurRealisierung des Außenstellenkonzepts zu nutzen; daskann ich gut nachvollziehen. Aber wenn man als Haus-hälter weiß, wo in diesem Etat die Reserven sind, kannman ganz kühn behaupten: Das Außenstellenkonzeptlässt sich auch so realisieren.
Wenn man in diesem Zusammenhang wirklich ein-sparen will, dann muss man eigentlich für die berühmteSchnipselmaschine sein. Denn die manuelle Zusammen-setzung eines Sackes dieser berühmten Schnipsel kostetzurzeit 45 500 Euro,
während die virtuelle Rekonstruktion nur noch 16 500Euro kosten würde.
Deshalb frage ich mich, wer eigentlich ein Interesse da-ran hat, die Beschleunigung der Aufarbeitung dieserSchnipsel zu verhindern.Das gilt im Übrigen auch für die Stiftung zur Aufar-beitung der SED-Diktatur. Diese Stiftung hat langeund über Parteigrenzen hinweg dafür gekämpft, dassihre Mittel aufgestockt werden. Dies geschieht nun imRahmen der Etatisierung für das Jahr 2005. Sie be-kommt Geld aus dem SED-Vermögen, das sie gewinn-bringend anlegen soll. Damit kann sie ihren Haushalt fürdas Jahr 2005 aber nicht decken. Wir sind der Meinung– das bringen wir auch in unserem Antrag zum Aus-druck –, dass wir dieser Stiftung besondere Aufmerk-samkeit schenken sollten. Denn nichts ist wichtiger, alsin der jungen Generation wach zu halten, welch einSchaden durch totalitäre Regime in jungen Köpfen ange-richtet werden kann.
Nun möchte ich einige kurze Bemerkungen zum Zu-wanderungsgesetz machen. Dass die Integrationsleis-tungen weitestgehend in die Hände des neuen BAMFverlagert werden, unterstützen wir. Wir hoffen, dass da-mit Doppelförderung und in gewissem Umfang auchSelbstbedienung unterbunden werden können. ImJahre 2005 werden wir gemeinsam nachvollziehen kön-nmwundumZEksdDvshZNsdBmW–s–dgadamDdAFvwWrHiI
Richtig. Herr Minister, ich weiß sehr genau, dass Sieen nochmals verlängerten Goldenen Plan Ost nur mitroßem Unbehagen umsetzen werden. Als Abgeordneteus den neuen Bundesländern fällt es mir nicht leicht,iesbezüglich Konsequenz zu zeigen. Ich unterstützeber Ihre Argumentation: Mit dem Solidarpakt II kannan die Sache realisieren, auch in den neuen Ländern.iesbezüglich sind wir aus den neuen Ländern bereit,ie Konsequenzen zu Hause ein Stückchen umzusetzen.ber es ist schon verwunderlich, dass man im Bereichußballförderung 22 Millionen Euro für eine Auftakt-eranstaltung vorsieht, die man ja nicht mehr braucht,eil die FIFA sie durchführt. Der „Spiegel“ von dieseroche geißelt das als verdeckte Wahlkampffinanzie-ung.
err Minister, diese 22 Millionen Euro für eine wie auchmmer geartete „Freundlichkeitskampagne“ werden wirhnen nicht durchgehen lassen!
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Frau Kollegin Jaffke, erlauben Sie eine Zwischen-
frage des Kollegen Barthle?
Das habe ich mir gedacht, aber ich erlaube es.
Frau Kollegin Jaffke, können Sie zustimmen, dass es
schon ein eigenartiger Vorgang war, wie diese
22 Millionen Euro in den Etat des Herrn Schily einge-
bracht wurden – mit einer neuen Zweckbestimmung: für
eine „Freundlichkeitskampagne“ –, und dass der Herr
Innenminister auf unsere Rückfragen während der Bera-
tungen in der Bereinigungssitzung am 11. November be-
züglich der Inhalte dieser „Freundlichkeitskampagne“
keine konkreten Antworten geben konnte, wir aber
gleichzeitig erfahren haben, dass der Herr Innenminister
und der Herr Außenminister bereits am 2. November im
Kanzleramt inhaltlich ausführlich darüber informiert
worden sind – auch die Werbeagentur „Zum goldenen
Hirschen“ und verschiedene Industrievertreter –, was
sich hinter dieser Kampagne mit einem Fünf-Phasen-
Modell verbirgt? Stimmen Sie mir zu, dass das doch ein
eigenartiger Vorgang war?
Frau Kollegin Jaffke, würden Sie bitte mit der Beant-
wortung der Frage auch zum Ende Ihrer Rede kommen?
Das mache ich gerne. – Selbstverständlich, Herr Kol-
lege Barthle, stimme ich Ihnen zu, dass dem so war. Das
ist umso verwunderlicher, als dass ich sagen muss, dass
der Herr Minister eigentlich immer ein sehr fairer Minis-
ter ist, der dem Ausschuss immer ordentlich Rede und
Antwort steht.
Zwei Dinge sind in diesem Zusammenhang zu benen-
nen. Erstens gibt es ein Urteil des Bundesverfassungsge-
richts, das ab Bekanntgabe des Wahltermins durch den
Bundespräsidenten jegliche – auch verschleierte –
Öffentlichkeitsarbeit und Unterstützung einer Regie-
rungspolitik in einem Wahljahr untersagt; das Urteil ist
von 1977. Wenn Sie mich nach der Kampagne fragen,
die als „Freundlichkeitskampagne“ ausgewiesen ist,
dann muss ich Ihnen sagen: Ich habe versucht, im Inter-
net nachzuschauen, worum es sich da handelt, aber
selbst da haben sich mir die Inhalte nicht erschlossen.
Ich halte dieses Geld für unnütz verpulvert; damit könnte
man viel günstiger zum Beispiel politische Bildung
finanzieren.
In punkto Fußball möchte ich an die Reihen der SPD
nur sagen: Wir müssen uns einmal unterhalten, wer
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Aber lassen Sie mich zum Schluss kommen und noch
inmal zusammenfassen: Dieser Etat, der seit 2002 im-
er schmaler wird und der mit einer immer größeren
lobalen Minderausgabe versehen wird, ist in punkto
aushaltswahrheit und Haushaltsklarheit nicht nachzu-
ollziehen. Demzufolge kann man ihm auch keine Zu-
timmung erteilen.
Danke.
Zur einer Kurzintervention erteile ich dem Kollegen
etlef Parr das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ein Sport-olitiker meldet sich hier zu Wort und möchte Frauaffke gerne unterstützen.
Die Fußball-WM ist für uns alle da. Wir alle freuenns darauf.
heo Zwanziger, der neue Präsident des Deutschen Fuß-allbundes, hat vor Antritt seines Amtes noch einmalehr deutlich gemacht, dass er eine zu große Nähe zurolitik nicht für wünschenswert hält. Ich denke, damitat er Recht. Wir sollten diesen Wunsch respektieren.as, was im „Spiegel“-Artikel zu lesen ist und was imintergrund zu erfahren war, zeigt, dass eine zentralemagekampagne hier völlig überflüssigerweise von derundesregierung geplant ist.
Wenn überhaupt zentrale Imagekampagnen durchge-ührt werden, dann sollte dies parteiübergreifend gesche-en. Wenn man einen Blick auf den diesbezüglichenitel im Haushalt wirft, dann wird man zusätzlich arg-öhnisch. Man erfährt dann nämlich, dass er in „Stand-rtkampagne“ umgewidmet wurde. Diese Standorteönnen eigentlich nur die Austragungsorte der Fußball-eltmeisterschaft sein.
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Detlef ParrDort sind bereits erhebliche Anstrengungen im Gange,entsprechende Kampagnen durchzuführen.
Wenn die Bundesregierung also eine Imagekampagnefür erforderlich hält, dann soll sie sie bitte dort durchfüh-ren, wo sie notwendig ist, nämlich im Ausland, um dortum Sympathie für Deutschland zu werben und dafürSorge zu tragen, dass wir 2006 möglichst viele Gäste ausdem Ausland in Deutschland empfangen können. Wirwollen hier keine rot-grün gesteuerte Imagekampagneals letzte Hoffnung auf eine erfolgreiche Bundestags-wahl akzeptieren.
Das Wort hat jetzt der Kollege Klaus Hagemann von
der SPD-Fraktion.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach der andie eigene Fraktion gerichteten Frage und der letztenRede möchte ich zur Innenpolitik kommen. Ich muss lei-der feststellen, dass uns spät am Abend nur eine Stundefür die Diskussion bleibt.
– Herr Koschyk, das ist traurig, ich stimme Ihnen zu. –Darüber sollte man ruhig einmal nachdenken; denn wirhaben hier wichtige Themen zu behandeln, die zurzeitauch im Fokus der politischen Diskussion stehen. LassenSie mich einige Anmerkungen zu diesen wichtigen The-men machen.Dass wir im Rahmen der Haushaltsberatungen eineUmschichtung zugunsten des Einzelplans 06 in Höhevon rund 80 Millionen Euro vornehmen konnten, macht,so glaube ich, die Bedeutung dieses Etats deutlich, ob-wohl er vom Gesamtvolumen her nicht sehr groß ist.Dies konnten wir trotz der engen Finanzverhältnisse er-reichen. Das macht deutlich, welchen Stellenwert dieserEtat hat.Lassen Sie mich zunächst die innere Sicherheit an-sprechen. Staatsminister Beckstein und auch die Unionbeschimpfen Bundesinnenminister Schily zeitweise alsSicherheitsrisiko; dies ist auch in den letzten Tagen wie-der geschehen. Wenn man sich aus haushalterischerSicht anschaut, welche Leistungen für die Innenpolitikerbracht worden sind, dann erkennt man, dass das ei-gentlich für den Bundesinnenminister und diese Koali-tion, die das trägt, spricht. Gerade für den Bereich der in-n2sA1gIdfskItmIgWueDmDmZsbMdnuBcDR2nnB
Wie wird die Politik der Union in der Presse beurteilt?ch möchte die „Süddeutsche Zeitung“ vom Freitag ver-angener Woche zitieren. Dort heißt es:Bayern und Baden-Württemberg etwa, immer vorndabei, wenn es gilt, die rot-grüne Regierung als zuweich gegenüber Verbrechern zu geißeln, reduzie-ren unter dem Mäntelchen der Verwaltungsreformnebenbei die Polizeipräsenz auf dem Land.Das genau ist Ihre Politik.
ir satteln im Bereich der inneren Sicherheit obendraufnd insbesondere die unionsgeführten Länder bauen dientsprechenden Mittel ab.
ieser Kommentar ist – das ist natürlich bezeichnend –it „Maulhelden der Sicherheit“ überschrieben.
as ist eine gute Charakterisierung. Das ist aber nichteine Formulierung, sondern die der „Süddeutscheneitung“. Nicht nur große Worte, sondern auch Tatenind notwendig.Was ich in diese Kategorie auch einordnen will, isteispielsweise Ihr Antrag, 10 Prozent der flexibilisiertenittel zu streichen. Das ist ebenso Maulheldentum; dennie Auswirkungen sollten wir gerade im Bereich der In-enpolitik sehen. Würde das Realität werden, würdenns insgesamt 280 Millionen Euro fehlen. Allein beimundesgrenzschutz müssten 180 Millionen Euro gestri-hen werden, beim BKA wären es 37 Millionen Euro.as macht beim Sicherheitsbereich, auf den Sie zuecht immer so großen Wert legen, ein Minus von30 Millionen Euro aus. Auch wenn wir hier oder dortoch ein Milliönchen hinzufügen, wird das dadurchicht ausgeglichen.Wenn wir das in Stellen umrechnen würden – derundesfinanzminister hat heute Vormittag in seinem Re-
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Klaus Hagemanndebeitrag schon darauf hingewiesen –, so wären dasmehr als 5 000 Stellen, die wir beim BGS streichenmüssten, um das umzusetzen, was hier beantragt wordenist.
Gott sei Dank haben wir diesen Antrag ablehnen kön-nen. Einen solchen Vorschlag werden wir nicht mittra-gen.
Ein bisschen enttäuscht war ich über die FDP. Siehatte eine Reihe von Anträgen eingebracht, um im Bun-desinnenministerium Mittel für die internationale Arbeitder Bundespolizei zu kürzen. Lieber Kollege OttoFricke, das waren zwar nur geringe Mittel. Aber wer sichdaran vergreift, der weiß wohl nicht, wie wichtig die in-ternationale Zusammenarbeit bei der Bekämpfung derorganisierten Kriminalität ist. Deswegen war dieser An-trag meiner Ansicht nach nicht in Ordnung.Frau Kollegin Jaffke hat vorhin das BSI angespro-chen, eine wichtige Einrichtung zur Sicherheit in der In-formationstechnologie, die auf Initiative von Bundesmi-nister Schily geschaffen worden ist. Hier haben wir eineStärkung vorgenommen und dazu die entsprechendenAnträge eingebracht. Gerade weil die Zahl der Angriffe– das haben wir vom BSI selbst gehört – auf den IVBBund die anderen Informationstechnologien sehr hochwar, musste gehandelt werden. Das trägt sicherlich auchzur inneren Sicherheit bei.Zur Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger zählt auchder Zivil- und Katastrophenschutz. Beim ThemaTHW fällt mir eine Presseerklärung des Innenministersdes Landes Niedersachsen, Herrn Schünemann, ein, dervorgeschlagen hat, das THW als Bundesanstalt zu zer-schlagen; die Aufgaben und die entsprechenden Mittelsollten den Ländern zur Verfügung gestellt werden.
Was ist das für ein seltsamer Vorschlag! Das ist einDenken aus der Zeit der Duodezfürsten des19. Jahrhunderts, das hier zum Tragen kommt.
Dieses Denken können wir nicht mittragen. Gerade beimZivil- und Katastrophenschutz – das hat das katastro-phale Elbehochwasser im Jahre 2002 sehr deutlich ge-macht – brauchen wir keine Kleinstaaterei, sondern wirmüssen gemeinsame Lösungen finden, um gemeinsamplanen und helfen zu können.Dieser Vorschlag war einer von der Marke Schnell-schuss, wie wir es in letzter Zeit ab und zu aus Nieder-sachsen gehört haben. Der vorgeschlagene Austritt ausder Kultusministerkonferenz wäre dafür ein anderes Bei-spiel. Das ist beim Zivil- und Katastrophenschutz derfalsche Weg. Hier ist es notwendig, dass Bund, Länderund Gemeinden enger zusammenarbeiten, in erster Linieder Bund und die Länder. Wir haben gemeinsam – dassdglnIcfsa9nDGtkDhdRkze8WsnmgDhfADetuGgzgdtliinc
adurch wird das Ehrenamt nicht gestärkt, sondern imegenteil geschwächt. Deswegen haben wir diesen An-rag im Haushaltsausschuss abgelehnt.
In diesen Tagen erleben wir eine sehr intensive Dis-ussion über das Zusammenleben von Ausländern undeutschen in unserem Lande. Wir sind hier in der Haus-altsdebatte und können bei diesem Thema jetzt nicht inie Tiefe gehen. Zumindest kann ich es wegen meineredezeit nicht. Aber es seien mir einige wenige Anmer-ungen an dieser Stelle erlaubt. Denn die Fragen, die wiru beantworten haben, lauten doch: Wie organisieren wirin friedliches und tolerantes Zusammenleben aller2 Millionen Menschen, die in unserem Lande leben?elche Werte bestimmen das Zusammenleben der Men-chen mit unterschiedlichen Religionen, mit verschiede-en Denkansätzen und kulturellen Hintergründen undit verschiedenen Einkommens- und Bildungshinter-ründen? Diese Fragen müssen wir in einer größerenebatte beantworten, die – so hat es unsere Fraktioneute Morgen festgelegt – in den nächsten Tagen statt-inden muss.Die Antworten, die sowohl an Deutsche als auch anusländer gleichermaßen gerichtet sind, können lauten:ie Werte können nur Demokratie und Rechtsstaat sein;s können nur die Grundrechte – und zwar für alle – gel-en. Nach diesem Prinzip muss gehandelt werden. Jedernd jede muss verpflichtet werden, die Vorgaben unseresrundgesetzes und der Gesetze einzuhalten. Wer dage-en verstößt, muss bestraft werden. Das ist Vorausset-ung für unsere Arbeit.Aufgabe der staatlichen Gemeinschaft ist es, die Inte-ration voranzubringen und für die richtigen Rahmenbe-ingungen zu sorgen, die da sein müssen, damit Integra-ion stattfindet.Ich möchte Heribert Prantl zitieren,
eber Kollege Dr. Wiefelspütz, der einen wichtigen Satz seinem großen Kommentar vom vergangenen Wo-henende geschrieben hat:
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Klaus HagemannIntegration ist ein forderndes Wort. Es fordert vielvon den Muslimen. Und es fordert immer noch ei-niges von der deutschen Politik, die jahrzehntelangblind war für die Zuwanderung – und die jetzt, mitdem Zuwanderungsgesetz, mühselig versucht, Ver-säumtes nachzuholen.Recht hat er. Wir wollen unseren Beitrag dazu leisten.
Das bringt dieser Etat zum Ausdruck. Wir haben dasBundesamt für Migration und Flüchtlinge geschaf-fen. 385 Millionen Euro stehen zur Verfügung. Wich-tigster Punkt ist sicherlich dabei die Sprachförderung;denn Voraussetzung für Integration ist die Kenntnis derdeutschen Sprache. Hierfür stehen 260 Millionen Eurozur Verfügung. Fordern, die deutsche Sprache zu lernen,ist angesagt. Wir als staatliche Gemeinschaft müssen dasaber auch fördern. Dafür stehen die Mittel zur Verfü-gung. Wir müssen im kommenden Jahr gemeinsam da-rauf achten, wie das Gesetz umgesetzt werden kann, unddie Erfahrungen im nächsten Jahr auswerten.Wichtig ist auch, dass die Integrationsmittel für dieBetreuung von Aussiedlern und von Ausländern erhöhtworden sind.
Wir haben im vergangenen Jahr hier einen Antrag aufErhöhung gestellt. Leider wurde er von der Union abge-lehnt. In diesem Jahr wurde er im Haushaltsausschussunterstützt, lieber Kollege Koschyk. Wir bringen dieSprachförderung voran und fördern die Integration ge-meinsam mit den Verbänden.Zum Schluss noch eine Bemerkung zur Bundeszen-trale für politische Bildung. Ich bin dankbar, dass wirsie haben. Wir werden nicht – wie in Niedersachsen ge-schehen – diese Einrichtung abschaffen. Wir haben sievielmehr unterstützt
und sie gegenüber dem Regierungsentwurf mit3 Millionen Euro zusätzlich ausgestattet, damit die guteArbeit, die von diesem Gremium geleistet wird – es isteine moderne Arbeit für die jungen Menschen –, ver-stärkt weitergeführt werden kann. Darin unterscheidenwir uns, Kollegin Jaffke, voneinander.Ich warne davor, in der politischen Bildung über dieBirthler-Behörde oder die Stiftung zur Aufarbeitung derSED-Diktatur Doppelstrukturen zu schaffen.
Wir sollten die wenigen Mittel, die zur Verfügung ste-hen, bei der Bundeszentrale für politische Bildung kon-zentriert einsetzen.Herr Präsident, meine Damen und Herren, ich kommezum Schluss. Nach meiner Meinung konnten wir in derkurzen Diskussion am heutigen späten Abend aufzeigen,wpndimKZFgzbtbdllgnHmEkKonfafIWmbrgwg
Das Wort hat jetzt der Kollege Otto Fricke von der
DP-Fraktion.
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-en! Wenn wir, lieber Kollege Hagemann, über Kür-ungsanträge reden, dann wollen wir auch bei den Zahlenleiben, obwohl ich glaube, dass das in Haushaltsdebat-en nicht immer nötig ist.Wenn die Kürzung der Ausgaben für die Ausbildungeim THW von 5,2 auf 4,9 Millionen Euro existenzbe-rohend ist, müsste dieses Land schon längst am Bodeniegen. Wenn ich hier in die Reihen schaue, habe ich al-erdings das Gefühl, dass das schon vorbereitet wird.
Als nächsten Punkt haben Sie die Kürzung der Aus-aben für die Ortsverbände von 20,3 auf 19 Millio-en Euro angesprochen. Wollen Sie ernsthaft diesemause und den Bürgern draußen sagen, dass nicht ein-al diese Einsparungen in unserem Land möglich sind?ines sage ich ganz deutlich, Herr Hagemann: Wer jetzteine Kürzungen vornimmt, muss später viel härtereürzungen vornehmen. Ich will nicht, dass das THWder der Bundesgrenzschutz dann eventuell überhauptichts mehr bekommen. Das wäre, mit Verlaub gesagt,ür die innere Sicherheit die größte Katastrophe.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, man kannm heutigen Tage eine innenpolitische Debatte nichtühren, ohne auf das Thema Migration, Ausländer undslamismus einzugehen. Eine Tatsache steht doch fest:ir haben in diesem Land 3 Millionen Mitbürger musli-ischen Glaubens. Wohl niemand in diesem Hause wirdehaupten, dass sich die Situation in den nächsten Jah-en, geschweige denn in den nächsten zehn Jahren, in ir-endeiner Weise ändern wird. Mit diesen Fakten müssenir uns auseinandersetzen.
Der vereinbarte Zuwanderungskompromiss ist nochar nicht in Kraft getreten und wir können überhaupt
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Otto Frickenoch nicht beurteilen, welche Auswirkungen er auf dieMentalität unserer ausländischen Mitbürger hat.
– Frau Kollegin, hören Sie dem Haushälter zu; da kön-nen Sie etwas lernen
und danach Ihre Schlüsse daraus ziehen.Wenn es um gewaltbereite Ausländer geht, muss ei-nes klar sein, damit hier kein Missverständnis entsteht:Wir brauchen eine klare Ansage, was in diesem Landegeht und was nicht geht. Das Gesetz, das wir gemeinsammit der SPD, mit den Grünen und mit der CDU/CSU be-schlossen haben, bietet eine gute Möglichkeit, die Pro-bleme zu lösen.Meine Partei und ich glauben nicht, dass wir durchRepressionen weiterkommen. Im Gegenteil: Wir habeneher die Befürchtung, dass Repressionen zu einer höhe-ren Toleranz gegenüber einer Verletzung unserer Grund-werte und gegenüber denjenigen führen, die meinen, malein bisschen Gewalt zeigen oder auch mal einen Molo-towcocktail werfen zu können.Wir müssen uns auf der Grundlage unseres Grundge-setzes mit dem Problem auseinander setzen, indem wirin einen Dialog eintreten, indem wir klar sagen, was un-sere Werte sind. Köln war – das will ich ausdrücklich sa-gen – dabei eine gute Grundlage. Leider werden die Be-griffe „Werte“ und „Kultur“ in unserer Gesellschaft sehrstark vermischt. Ich glaube kaum, dass man in diesemLand 60 Jahre nach einem Krieg und nach einer schreck-lichen Zeit von einer einheitlichen, klaren deutschenKultur sprechen kann. Oder glauben Sie ernsthaft, dassSie die Kultur junger, agnostischer Menschen in derGroßstadt – ich selber bin bekennender Christ – mit ei-ner etwa in Süddeutschland vorhandenen Dorfkultur ver-gleichen können, die ganz andere Ansichten vertritt? Siekönnen es nicht, Sie werden beides niemals unter einenHut kriegen.Es kann auch nicht um Kultur gehen. Es kann in die-sem Lande nur um die Frage gehen, wie man mit Men-schen umgeht, die anders sind, unabhängig von ihrerHerkunft. Unsere Werte, unsere Verfassung und unserefreiheitlich-demokratische Grundordnung geben vor,wie man sich hier zu verhalten hat und wie man mitein-ander umgeht.
– Jetzt hören Sie doch einmal zu, Frau Kollegin! Ich ver-stehe ja, dass Sie nach Hause wollen. Es ist schon spätam Abend.
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Das wissen Sie auch, Herr Ströbele. Sehen Sie sichoch einmal an, was zum Beispiel in Baden-Württem-erg passiert. Ich weiß, dass das in dieselbe Richtungeht. – Hier sind die Ansätze dafür zu sehen, wo wir un-ere Kultur und Werte schützen müssen.
Nein, Herr Ströbele, fangen Sie nicht so an! Das isthnlich wie bei Ihrer ewigen Graffiti-Verhinderungsdis-ussion. Es bringt auch nichts in der Sache. Wir werdenetztlich zu einem anderen Ergebnis kommen.
Wir werden sicherlich noch vom Minister hören, dassir als FDP mit unseren Einsparvorschlägen in Millio-enhöhe in unglaublicher Weise die innere Sicherheitefährden. Herr Minister, jemand, der vorhandene Mittelür die innere Sicherheit nicht ausgibt, ist nach meinereinung nicht automatisch jemand, der die innere Si-herheit gefährdet. Ich bin mir sicher, dass Sie mir zu-timmen würden, dass jemand, der circa 70 Millio-en Euro im Jahr 2004 nicht für das BKA ausgibt,bwohl sie im Haushalt eingestellt sind, sicherlich nichtie innere Sicherheit gefährdet.
as sind nämlich Sie. Sie geben in diesem Jahr Reste derlexibilisierten Ausgaben in Höhe von 30 Millio-en Euro und weitere Mittel in Höhe von 42 Mil-ionen Euro nicht aus bzw. müssen diese über die globaleinderausgabe abführen. Daran kann man die Frage,er gegen die innere Sicherheit ist oder nicht, nicht mes-en.Man kann sie im Übrigen auch nicht daran messen,ass der Bundesgrenzschutz noch Geld für drei Orches-er hat. Ich will das nicht kritisieren, aber man sollte esesthalten. Falls Sie es noch nicht wussten: Der Bundes-renzschutz unterhält drei Orchester. Ich will gerne zu-estehen, dass Musik beruhigen kann und zu guteraune führt. Aber ich bin nicht der Meinung, dass Musikie innere Sicherheit in diesem Lande stärkt.Jetzt komme ich zu einem der letzten Punkte, demieblingsthema der Haushälter der Koalition: der
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Otto FrickeGoldene Plan Ost. Frau Jaffke, ich will ausdrücklichdarauf hinweisen, dass Sie als CDU/CSU den Antrag zuRecht abgelehnt haben.
Hierin weiß ich auch den Minister auf meiner Seite.
Es kann doch nicht sein, dass sich ein Sportausschuss-vorsitzender – nachdem die Haushälter beschlossen ha-ben, kein weiteres Geld allein deswegen in den Neubauvon Sportstätten fließen zu lassen, weil dieser Neubau inden neuen Bundesländern liegt – beim Bundeskanzlerausheult. Was macht der Kollege am Morgen vor der Be-reinigungssitzung? Er sagt einfach: Schulden sind keinProblem; noch ein paar Millionen für den Sportstätten-neubau!Was machen die Haushälter daraufhin? Sie habenkeine andere Chance mehr, als diesem Vorhaben, für dassie vorher schon in der Öffentlichkeit kujoniert wordensind, zuzustimmen. So kann man die Zukunft unsererKinder auch ein bisschen auf die Kante stellen.Was den Digitalfunk angeht, würde ich mich freuen,wenn Sie noch etwas dazu ausführen könnten, Herr Mi-nister. Das ist ein ewiges Thema. Aber mit Verlaub: Inder letzten Debatte – ich habe das extra nachgelesen –haben Sie sehr positiv geklungen und waren guter Hoff-nung, auch wenn Sie gewisse Bedenken geäußert haben.Es wäre schön, wenn Sie in diesem Zusammenhang rei-nen Tisch machen würden und uns mitteilen würden: Estut uns leid, aber wir bekommen bis zur Weltmeister-schaft keinen Digitalfunk und auch keine Insellösungoder Ähnliches hin. Zur Frage der Weltmeisterschaft hatsich der Kollege Parr schon deutlich geäußert.Abschließend möchte ich darauf hinweisen, HerrHagemann, dass wir entsprechende Anträge vorgelegthaben. Wir haben es uns als Opposition nicht leicht ge-macht. Wir sind damit zwar angreifbar, aber wir zeigen,dass wir den Willen haben, zu sparen, und dass wir be-reit sind, uns darüber auseinander zu setzen. Würden wirdas nicht tun, dann würden wir uns im Zweifel schuldigmachen, dass wir nicht vorausschauen und sparen.Erlauben Sie mir einen letzten Satz: Wer nicht spartzur rechten Zeit, der kann sehen, was übrig bleibt – auchvon einer wehrhaften Demokratie.Herzlichen Dank.
Das Wort hat jetzt die Kollegin Silke Stokar vonNeuforn vom Bündnis 90/Die Grünen.Gdgdwbvtkw1kcdeiedodiAgdkilCk5gwsncIjüutrztunwh
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bun-esminister des Innern hat für den Einzelplan 06 einenuten Haushaltsentwurf vorgelegt. Das sieht man aucharan, dass die Koalitionsfraktionen den Entwurf nur inenigen Punkten geändert haben. Ich bedanke micheim BMI für die Beratung und die Beantwortung derielfältigen Fragen meiner Fraktion.Was von Ihren Innenpolitikern zu den Änderungsan-rägen von CDU/CSU und FDP auf globale Haushalts-ürzungen gesagt worden ist, reicht mir nicht aus. Sieollen die flexibilisierten Ausgaben – die FDP um2 Prozent, die CDU/CSU um 10 Prozent – pauschalürzen, und zwar ohne Ausnahmen in den Kernberei-hen der inneren Sicherheit. Ich kann dazu nur sagen,ass die Zahlen unserer Haushälter richtig sind; dennine solche pauschale Kürzung würde bedeuten, dassm Personalbereich des Innenministeriums 5 200 Stelleningespart werden müssten. Wenn Sie das nicht wollen,ann sollten Sie keine Anträge auf pauschale Kürzunghne Ausnahme stellen. Natürlich fällt es uns angesichtser angespannten Haushaltslage schwer, die Aufwüchsem Bereich der Bundessicherheitsbehörden mitzutragen.ber Rot-Grün ist sich darüber einig; denn die Erhöhun-en in diesem Bereich sind notwendig. Deswegen habenie Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grüneneine Änderungsanträge betreffend die Kernbereiche dernneren Sicherheit gestellt.
Angesichts Ihrer Forderungen und des Verlaufs deretzten Innenministerkonferenz müssen Sie sich von derDU/CSU ernsthaft fragen lassen, ob Sie das BKAomplett auflösen wollen – das entspräche ungefähr200 Stellen – oder ob Sie die Stellen beim Bundes-renzschutz, dem Sie sonst mehr versprechen, einsparenollen. Ich habe die Befürchtung – das ist schon ange-prochen worden –, dass wir uns am Übergang von ei-em guten und sinnvollen Föderalismus zu einem Blo-kadeföderalismus befinden. Das, was auf der letztennnenministerkonferenz angesprochen worden ist, hatteedenfalls nichts mehr mit einer fachpolitischen Debatteber die Aufteilung von Kompetenzen zwischen Bundnd Ländern zu tun. Das war eine rein macht- und par-eipolitische Debatte. Das können wir uns aber im Be-eich der inneren Sicherheit nicht leisten. Nehmen Sieur Kenntnis, dass der einzige konkrete Antrag – er be-rifft eine Grundgesetzänderung im Bereich des Zivil-nd Katastrophenschutzes – von der Fraktion der Grü-en vorgelegt worden ist! Sonst ist nichts eingebrachtorden.
Ich möchte noch auf andere Schwerpunkte des Haus-alts eingehen. Wir halten es für richtig, dass die Mittel
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Silke Stokar von Neufornfür Integrationsmaßnahmen aufgestockt werden. Daich nur wenig Zeit habe, möchte ich zur aktuellen De-batte nur zwei Dinge sagen: Wir Grüne sind weiterhinder Meinung – das ist die Beschreibung der Realität –,dass wir in einer multikulturellen Gesellschaft leben unddass wir auch in Zukunft in einer solchen Gesellschaftleben wollen; denn das Gegenteil wäre eine deutscheMonokultur. Ich glaube, dafür sind die Zeiten lange vor-bei. Integration ist die Antwort auf die aktuelle Debatteüber Parallelgesellschaften. Vielleicht sollten sich die In-nenpolitiker die neuen Ansichten der Städtebauer einmalzu Eigen machen. Längst hat sich die Erkenntnis durch-gesetzt, dass homogene Stadtteile auch mit ethnischenMinderheiten und armen Menschen gestaltet werdenkönnen und dass solche Stadtteile die Zukunft unsererGroßstädte sein werden.In den jetzigen Haushaltsberatungen hat meine Frak-tion – das gehört für mich persönlich zur Ehrlichkeit undzur Glaubwürdigkeit – auch Niederlagen erlitten. Ich be-dauere sehr, dass wir nach einem Jahr Verhandlungen imKonsens mit dem BMI einen Kompromiss beim Außen-stellenkonzept gefunden haben, der ehrlicherweisenichts anderes bedeutet, als dass wir mit den Verhand-lungen von vorne beginnen müssen. Hierdurch habenwir das Vertrauen vieler Menschen in den neuen Bundes-ländern kaputtgemacht.Ich bedauere genauso, dass wir den Einstieg in dieRekonstruktion der vorvernichteten Akten mit diesemHaushalt nicht auf den Weg gebracht haben. Dieses Pro-jekt ist für mich zwar aufgeschoben, aber nicht aufgeho-ben. Wir werden nach diesen Haushaltsberatungen hiererneut in die Verhandlungen eintreten.Ich komme zum Bereich Sport. Meine Damen undHerren von der CDU/CSU, ich verstehe weder Ihren Än-derungsantrag noch Ihre Welt. Einerseits führen Sieirgendeine Theoriedebatte über Patriotismus und ande-rerseits haben Sie keinerlei Verständnis dafür, dass sichDeutschland, der Ausrichter der Fußballweltmeister-schaft, als Gastgeberland präsentiert. Was wir machen,ist so etwas wie gelebter Patriotismus.
Sie wollen die entsprechenden Gelder streichen. Das istdoch albern. Jedes Land wäre stolz darauf, dieFußball-WM 2006 ausrichten zu dürfen, und Sie stellenhier solche nickeligen Änderungsanträge und fordern,dass sich Deutschland als Gastland nicht präsentiert. Mitdiesen Geldern ist natürlich die Absicht verbunden– auch dafür haben wir in diesem Haushalt gesorgt –,dass wir hier ausländische Gäste willkommen heißenund betreuen.Ich finde es ebenfalls gut und richtig, dass es uns ge-lungen ist, im Sportbereich zwei neue Titel aufzuneh-men: Der eine betrifft den Zuschuss an die NationaleAnti-Doping-Agentur für Projekte im Bereich derDopingprävention – nicht nur Kontrolle und Forschungsind wichtig, sondern auch Prävention –, der andere dieEinstellung von 700 000 Euro für die Förderung voninternationalen Sportprojekten und Tagungen. Das istder deutsche Beitrag zum UNO-Jahr des Sports. Er dientdrdMRFdRddLGedi2bsiewsdgwfF
Das Wort hat jetzt der Kollege Hartmut Koschyk von
er CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
iebe Frau Stokar, wenn Sie um den Wahlsieg von Rot-
rün im Jahr 2006 schon jetzt so sehr fürchten, dass Sie
rhebliche Mittel aus dem Haushalt des Bundesministers
es Innern für eine verdeckte Wahlkampfkampagne
m Zusammenhang mit der Fußballweltmeisterschaft
006 herauslösen, dann scheint Ihre Zuversicht im Hin-
lick auf einen Wahlsieg 2006 doch nicht sehr groß zu
ein.
Der Kollege Hagemann und auch Frau Stokar haben
n diese Debatte – wie ich finde, zu Recht – ein Thema
ingeführt, das die Menschen in unserem Land sehr be-
egt, nämlich das friedliche Zusammenleben von deut-
cher Mehrheitsbevölkerung und denjenigen Menschen,
ie als Zuwanderer in unser Land gekommen sind. Ich
laube, dieses Thema gehört in eine Debatte wie die, die
ir heute Abend führen.
Herr Kollege Koschyk, erlauben Sie eine Zwischen-
rage des Kollegen Bürsch?
Herr Kollege Bürsch, bitte.
Herr Kollege, zusammen mit anderen Sprechern Ihrerraktion haben Sie zum wiederholten Male die Kampagne
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Dr. Michael Bürschfür die WM als Werbekampagne für die Bundestagswahlbezeichnet.
Sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass ein Part-ner dieser wunderbaren Kampagne für die WM 2006 derBDI ist?
Der BDI sagt Folgendes – ich darf einmal zitieren –: Mitder Bundestagswahl, die ebenfalls im Jahr 2006 stattfin-det, will der Industrieverband die Aktion nicht verknüpftsehen. Man kann nichts daran ändern, dass beide Ereig-nisse nun mal in dasselbe Jahr fallen. – Sehen Sie unterdiesen Umständen tatsächlich diese Nähe und könnenSie mit dem BDI, der dazu eine völlig andere Ansichtvertritt, darüber reden?
Lieber Kollege Bürsch,
der BDI muss selbst wissen, was er erklärt und was ermit finanziert. Nur muss ich mich schon darüber wun-dern, dass von der sozialdemokratischen Bundestags-fraktion ausgerechnet der BDI als Kronzeuge bemühtwerden muss. Es gibt genug Themen, bei denen Sie undder BDI weit auseinander liegen. Es schadet aber auchder Union gar nichts, wenn es einmal ein Thema gibt,bei dem wir und der BDI nicht einer Meinung sind.
Lassen Sie mich auf das zurückkommen, was ich ge-rade auszuführen begonnen hatte, nämlich dass wir indieser Debatte auch die Sorgen aufgreifen müssen, dieviele Bürgerinnen und Bürger in unserem Land ange-sichts der Gefährdungen empfinden, die durch islamisti-schen Extremismus für die innere Sicherheit und dasfriedliche Zusammenleben in unserem Land entstehen.Wir haben deshalb gestern in unserer Fraktion einen An-trag beschlossen, der sich mit dieser Thematik befasst.Dieser Antrag, Herr Kollege Wiefelspütz, ist auch Er-gebnis der Anhörung, die der Bundestagsinnenausschussam 20. September durchgeführt hat.Ich habe schon den Eindruck, dass sich in diesem Zu-sammenhang eine neue Gemeinsamkeit in unserem Landabzeichnet, eine Gemeinsamkeit, lieber Herr KollegeStröbele, die Sie – Sie haben ja einen absurden Feier-tagsvorschlag gemacht – noch nicht mittragen.
Es war für uns sehr interessant,
ftgdandaMlgiscussrsIFrBWRKJRctghdghzeÜdrci
m den Islam mit christlichen Religionen, aber zum Bei-piel auch mit dem Judentum – da besteht eine ganz be-ondere staatskirchenrechtliche Beziehung zur Bundes-epublik Deutschland und zu den Ländern – gleichzu-etzen.
ch muss also fragen, Herr Minister Schily: Ist das, wasrau Beck als Migrationsbeauftragte der Bundesregie-ung heute vorgeschlagen hat, auch die Auffassung derundesregierung?
Darüber, Frau Beck, gäbe es keine Gemeinsamkeit.
ir machen da schon einen Unterschied zwischen derolle der christlichen Kirchen, auch der israelitischenultusgemeinden in Deutschland, die unser Land inahrhunderten mit geprägt haben, und der islamischeneligionsgemeinschaften. Eine Gleichsetzung christli-her Kirchen in Deutschland und der israelitischen Kul-usgemeinden in Deutschland mit islamischen Religions-emeinschaften lehnen wir ab; das kann ich Ihnen schoneute sagen. Das ist kein Vorschlag, den sich die Bun-esregierung wirklich in Gänze zu Eigen machen sollte.
Worum geht es, meine lieben Kolleginnen und Kolle-en? Wer als Zuwanderer nach Deutschland kommt undier bleiben will, muss bereit sein, sich in diesem Landu integrieren. Das beginnt mit der deutschen Sprache,ndet aber nicht mit ihr. Es gilt auch, einen Kanon vonberzeugungen und Werten anzunehmen und zu leben,er unser Land als ein freiheitlich-demokratisches undechtsstaatliches Gemeinwesen definiert, das auf einemhristlich-jüdischen Wertefundament beruht. Dieser be-nhaltet die volle Akzeptanz der Gleichberechtigung von
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Hartmut KoschykMann und Frau, das staatliche Gewaltmonopol und dieTrennung von Staat und Kirche.Damit wir uns nicht falsch verstehen, Herr MinisterSchily: Sie haben in dem Zusammenhang einmal vonAssimilation gesprochen. Darum geht es nicht; es gehtum Integration. Zuwanderer sollen einerseits ihr Her-kommen und ihre kulturellen Wurzeln nicht verleugnenoder gar kappen müssen. Andererseits geht es aber nichtan, wenn Zuwanderer die kulturelle Identität ihres Hei-matlandes und dessen Wertvorstellungen quasi nachDeutschland importieren und hier, darauf aufbauend,eine Parallelgesellschaft errichten.
Denn aus Nebeneinander wird – das haben die Nieder-lande gezeigt – schnell ein Gegeneinander. Es liegt dochin unser aller Interesse, dass so etwas verhindert wird.Ich sage auch sehr deutlich: Es hat zu lange gedauert,bis es in Deutschland möglich war, eine tabufreie Dis-kussion über misslungene Integration von Zuwande-rern zu führen.
Die Bevölkerung spürt seit langem, dass vor dem Hinter-grund des Ideals eines friedlichen Zusammenlebens vondeutschen und zugewanderten Gesellschaftsteilen eineungute Entwicklung im Gange ist.
Gerade an dieser Stelle wurde von uns immer wiederdarauf hingewiesen, dass es einen untrennbaren Zusam-menhang zwischen innerer Sicherheit und Zuwanderunggibt. Deshalb müssen wir uns verstärkt und ohne ideolo-gische Verbrämung fragen, wie viel Unterschiedlichkeitein Land verträgt und wie viel Gemeinsamkeit esbraucht, um seine innere Bindungskraft und seine Wi-derstandsfähigkeit gegenüber extremistischen Strömun-gen – egal woher sie kommen – nicht zu verlieren.
Ich glaube, wir müssen Verpflichtungen benennen,die eine selbstbewusste, an sich glaubende, ihre kulturel-len und christlich-jüdischen Grundlagen nicht negie-rende Aufnahmegesellschaft von denen verlangen muss,die als Neubürger aus nicht europäischen Kulturkreisenzugewandert sind und auf Dauer in unserer Mitte lebenwollen. Aus dieser Debatte, Herr Bundesinnenminister,müssen sich auch Konsequenzen für die innere Sicher-heit ergeben. Deshalb erwarten wir heute schon von Ih-nen, dass Sie etwas dazu sagen, warum schon wiedernach einem schrecklichen islamistischen Anschlag wiedem Ritualmord in Holland eine Spur nach Deutschlandführt. Es muss aufgeklärt werden, ob ein Zusammenhangzwischen dem Mord an dem Regisseur van Gogh in denNiederlanden und möglichen Versäumnissen von Sicher-heitsbehörden in Deutschland besteht.uEmawgdwJmDdlSKhBsrrpdsslDjIihmgd
timmen Sie mir angesichts dieser Gesamtlage zu, Herr
oschyk, dass wir gerade in diesem Hause allen Grund
aben, vernünftig und rational zu diskutieren, statt in der
evölkerung möglicherweise vorhandene Ängste zu in-
trumentalisieren und damit zu missbrauchen?
Herr Kollege Edathy, niemand will in der Bevölke-ung vorhandene Ängste instrumentalisieren. Sie verlie-en leider Gottes durch die Art und Weise, wie Sie sichersönlich oftmals bei diesem Thema einlassen,
as Problem aus dem Auge, dass Gefährdungen für un-ere innere Sicherheit, die sich aus islamistisch-religiö-em Fundamentalismus ergeben, häufig zu sehr margina-isiert werden.
as kann nicht angehen, Herr Kollege Edathy.
Nicht Zahlen sind das Entscheidende, sondern die ob-ektive Bedrohungslage.
ch werde darauf zurückkommen. Es war dieser Bundes-nnenminister, Herr Edathy, der einmal in einer Haus-altsdebatte des Bundestages im Hinblick auf den isla-istischen Terrorismus von einer epochalen Bedrohungesprochen hat. Ich und meine Fraktion machen unsiese Einschätzung des Bundesinnenministers zu Eigen.
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Hartmut Koschyk
Deshalb müssen wir fragen: Wie konnte der mut-maßliche Drahtzieher der Bluttat an van Gogh jahre-lang unbehelligt als Asylbewerber in Deutschland lebenund dabei möglicherweise noch als Wanderprediger undDrogenhändler zwischen Deutschland und Holland pen-deln, wie der Präsident des Bundesamtes für Verfas-sungsschutz eingeräumt hat? Hätten die deutschen Si-cherheitsbehörden diesen mutmaßlichen Gewalttäter,insbesondere als er 1998 nach einem Terrorverfahren ausden Niederlanden wieder nach Deutschland abgescho-ben wurde, nicht stärker im Blick haben müssen? Wiesoist es eigentlich den zuständigen Bundesbehörden nichtgelungen, den sofort nach der Wiedereinreise nachDeutschland gestellten und offensichtlich missbräuchli-chen Asylfolgeantrag abzulehnen und zweifelsfrei dieIdentität des mutmaßlichen Straftäters festzustellen, da-mit dieser, auch im Zusammenwirken mit holländischenBehörden, hätte dingfest gemacht werden können?Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang, HerrBundesinnenminister, auch auf die Debatte über dieSicherheitsarchitektur unseres Landes im Hinblick aufeine wirksame Terrorismus- und Extremismusbekämp-fung zu sprechen kommen. Wir teilen Ihre Auffassung,dass es sich hier um eine epochale Bedrohung für unserLand handelt, und wir meinen, dass dementsprechendauch die Sicherheitsarchitektur in unserem Land evalu-iert und, wo notwenig, angepasst werden muss. Deshalbhaben wir hier in diesem Haus den Vorschlag gemacht,nicht durch mehr Zentralismus, sondern durch mehr ko-operativen Föderalismus die notwendige Zusammenar-beit der Sicherheitsbehörden von Bund und Ländernzu verstärken.Wir haben ein Zentrum für Terrorismusbekämpfungvorgeschlagen, das Zentralstelle für Informationsaus-tausch und Informationsanalyse sein soll. Es soll einrund um die Uhr betriebenes Lagezentrum beinhalten,welches ein gemeinsames Lagebild erstellt. Dadurch sol-len schnelle Reaktionen auf akute Gefährdungen sicher-gestellt und polizeiliche und nachrichtendienstliche Er-mittlungen unterstützt werden. Schließlich soll dasZentrum bei der Koordination von Einsätzen und Über-wachungsmaßnahmen mitwirken.Herr Bundesinnenminister, wir haben ausdrücklichgesagt, Verantwortung und Betrieb dieses Zentrums sol-len beim Bund liegen. Wir haben bei den Innenministernder unionsregierten Länder die Zusage erreicht, mit Ver-bindungsbeamten an diesem gemeinsamen Zentrum mit-zuwirken.Herr Bundesinnenminister, Sie sollten endlich erken-nen, dass weiteres Setzen auf Zentralismus falsch ist. Siewollen ein Weisungsrecht des Bundeskriminalamtes unddes Bundesamtes für Verfassungsschutz gegenüber denSicherheitsbehörden der Länder. Wir halten Ihnen entge-gen: Mängel im Informationsaustausch lassen sich nichtdurch Weisungen beheben.
Auch eine Kompetenz des BKA für Vorfeldermittlungenallein würde keine grundlegende Verbesserung mit sichbfonHKctuuWetete–dlaleclerVcdpuSDIvdddicBNVteSdu
err Bundesinnenminister, man kann nicht mit seinenollegen von SPD, CDU und CSU aus den Ländern wo-henlang über die Veränderung der Sicherheitsarchitek-r vertraulich verhandeln
nd dann an diesen Kollegen vorbei über Herrnowereit in die so genannte Föderalismuskommissioninen Vorschlag einspeisen, von dem Sie wissen muss-n, dass er auf die geballte Ablehnung aller Innenminis-r, egal ob rot oder schwarz, stoßen würde.
Es ist so: egal ob rot oder schwarz. Herr Behrens lehntas genauso ab wie Herr Rech oder Herr Beckstein.Herr Bundesinnenminister, darüber sollten Sie nichtchen. Sie wissen doch genau, wie das Klima bei dertzten Innenministerkonferenz gewesen ist. Sie brau-hen die Kooperation mit Ihren Länderinnenministerkol-gen. Deshalb sollten Sie hier zu einer Kooperation zu-ückkehren und Ihre Kollegen nicht länger durch solcheorschläge vor den Kopf stoßen.
Herr Minister, ich möchte noch ein Thema anspre-hen, das deutlich macht, dass Ihr Wort nicht so viel gilt,ass man sich darauf verlassen kann. Ich meine das Eck-unktepapier, das Sie mit dem Deutschen Beamtenbundnd Verdi entwickelt haben. Dort heißt es – das habenie unterschrieben –:Auch ohne Änderung der gegenwärtigen Kompe-tenzordnung des Grundgesetzes können Bund undLändern weitergehende Handlungs- und Gestal-tungsoptionen im Personalbereich eröffnet werden.ie Unterschriftstinte war noch nicht ganz trocken, alshre Kollegin Zypries in der Föderalismuskommissionon dieser Zusage abgerückt ist. Sie haben angeboten,en Ländern das Gesetzgebungsrecht für die Besol-ung zu übertragen.Ich will nicht verschweigen, Herr Minister Schily,ass das auch Unionsministerpräsidenten fordern. Aberh will Ihnen sehr deutlich sagen, dass die CDU/CSU-undestagsfraktion dazu eine andere Auffassung hat.ach Ihren Verhandlungen mit dem Beamtenbund underdi haben wir mit den Beteiligten gesprochen. Sie hat-n erwartet, dass Herr Wiefelspütz, nachdem Ministerchily die Vereinbarung unterschrieben hat, dafür sorgt,ass diese Vereinbarung in der Föderalismuskommissionmgesetzt wird.
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Hartmut KoschykDie Vertreter des Beamtenbundes und von Verdi füh-len sich jetzt natürlich getäuscht.
Ich weiß nicht, ob wir als Bundesgesetzgeber und Sie alsBundesregierung von dem Beamtenbund und von Verdinoch einmal solch weitgehende Kooperationsangebotein diesen Fragen erhalten werden.
Wir beraten in dieser verbundenen Debatte – das warder Wunsch und Wille unserer Parlamentarischen Ge-schäftsführer – das Neunte Gesetz zur Änderung desParteiengesetzes. Ich will hier sehr deutlich sagen: Wirstehen zu allem, lieber Herr Ströbele, was wir im AchtenGesetz zur Änderung des Parteiengesetzes an gravieren-den Veränderungen im Parteienrecht vorgenommen ha-ben.
Es gibt nichts, was zur Disposition gestellt werden sollte.Aber jedes Gesetz muss immer auf seine Praktikabili-tät überprüft werden.
Deshalb haben seit Wochen sehr konstruktive und sach-liche Gespräche zwischen denjenigen, die damals amGesetzentwurf mitgewirkt haben, den Berichterstattern,aber auch Vertretern der Parteien stattgefunden. Ich sagesehr deutlich – ich will nämlich nicht, dass sofort ein Ge-schmäckle entsteht, wenn im Parlament mit Vertreternder Parteien über praktische Probleme bei der Umset-zung des Parteienrechts gesprochen wird –: Solche Ge-spräche führen wir auch bei anderen Gelegenheiten.Herr Ströbele, wenn wir über Pressefusionen und ihreAuswirkungen auf Verlage diskutieren, dann ist esselbstverständlich, dass wir als Gesetzgeber auch mitden Verlagen und den Presseinstitutionen unseres Lan-des diskutieren. Wir sollten die Parteien in unseremLand nicht mit Vereinen gleichsetzen. Die Parteien wir-ken an der Willensbildung des Volkes mit. Das ist nachunserer Verfassung ihr Auftrag. Ich glaube, lieber Kol-lege Ströbele, wir sollten das, was die Koalition heuteeinbringt, im Rahmen der Ausschussberatung noch wei-ter diskutieren.
– Lieber Herr Schmidt, Sie wissen, dass wir deshalbnicht mitgemacht haben, weil wir wollen, dass der Ge-setzentwurf, den die Koalition heute einbringt, im Zugeder Ausschussberatung verbessert wird. Herr Schmidt,wir sind uns doch darin einig, was wir verbessern wol-len. Wir sollten deshalb nicht so tun, als gehe es hier umparteipolitische Unterschiede. Wir haben sachliche Ge-spräche geführt. Wir verstehen, dass nicht alles, wassnBeucdIg–sP–edaIbdzndgnbahsdDpz
Nehmen Sie das Lob doch an!Der Einzelplan 06 ist der Ausweis und die Grundlageiner erfolgreichen Innenpolitik der Bundesregierung,ie sich durch Verlässlichkeit, Stetigkeit und Soliditätuszeichnet.
ch will nicht versäumen, mich bei allen, insbesondereei den Koalitionsfraktionen, aber auch bei den Mitglie-ern des Haushaltsausschusses, für eine faire Beratungu bedanken. Lob und Dank gelten natürlich in erster Li-ie den Koalitionsfraktionen, die dafür gesorgt haben,ass dieser Einzelplan mit den notwendigen Mitteln aus-estattet werden wird, die für die Gewährleistung der in-eren Sicherheit in Deutschland erforderlich sind.Es ist mehrfach angesprochen worden – ich will esewusst wiederholen; dies gilt sowohl für die CDU/CSUls auch für die FDP –: Wer verlangt, dass für das Haus-altsjahr 2005 eine 10-prozentige Kürzung der flexibili-ierten Ausgaben vorgenommen wird, versündigt sich aner inneren Sicherheit in unserem Staat.
enn das würde bedeuten, dass sowohl die Personalkör-er des Bundesgrenzschutzes, der künftigen Bundespoli-ei, als auch die des Bundeskriminalamtes und anderer
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)Bundesminister Otto Schilywichtiger Sicherheitsinstitutionen eingeschränkt werdenmüssten, dass die notwendige Ausstattung für diese Si-cherheitsinstitutionen nicht mehr zur Verfügung stündeund dass die notwendigen Maßnahmen, die Sie, HerrKoschyk, gerade angesprochen haben, nicht durchge-führt werden könnten.Man muss feststellen: Sie produzieren Rhetorik; wirproduzieren Taten.
Wir werden Anfang Dezember hier in Berlin die Ana-lyse- und Informationszentren in einer zentralisiertenForm einrichten. Dies muss zentral zusammengeführtwerden; ansonsten kann eine Kooperation gar nichtfunktionieren. Wir werden dafür auch die entsprechendeIT-Technik zur Verfügung stellen. Wenn wir Ihren Kür-zungsvorschlägen folgen würden, dann könnten wir dasalles nicht tun. Insofern ist es in der Tat so, wie es schoneinmal gesagt worden ist: Sie sind Dampfplauderer derinneren Sicherheit, aber nicht jemand, der etwas auf dieBeine stellt.
Wir haben in vielen Bereichen einen Aufwuchs. Es istkein Geheimnis: Wenn ich mit Persönlichkeiten aus Ih-rem politischen Spektrum rede, dann höre ich, dass esdem Bundesgrenzschutz, der künftigen Bundespolizei,noch nie so gut gegangen sei wie unter meiner Verant-wortung. Dieses Lob nehme ich von Ihnen gerne entge-gen; Sie sollten es auch einmal hier im Bundestag aus-sprechen.
Meine Damen und Herren, Sie haben hier einige Fra-gen angesprochen, auf die ich gerne eingehen will. FrauJaffke, Ich bedanke mich bei Ihnen, dass Sie hinsichtlichdes Katastrophenschutzes die Position des Bundesin-nenministers unterstützen. Ich wäre Ihnen dankbar,wenn Sie diese Unterstützung auch in die Debatte in derFöderalismuskommission hineinbringen würden. Geradeweil wir ein Bundesamt für Katastrophenschutz haben,ist es notwendig, dass auch in diesem Bereich, in demdie Verantwortlichkeiten klar zugeordnet sind, die Bun-desverantwortung entsprechend herausgearbeitet wird.Frau Kollegin Stokar, ich will gerne anerkennen, dassauch die Grünen an dem, was wir in diesem Zusammen-hang vorgelegt haben, mitgewirkt haben.
Das Urheberrecht liegt aber, mit Verlaub, nicht nur beiden Grünen. Ich nehme auch für unser Ministerium einwenig Mitwirkung in Anspruch. Wenn Sie sich auch indiesem Fall dem Bundesministerium des Innern an-schließen, bin ich Ihnen dafür herzlich dankbar.Wbsmwggtlkh–S–ledbBaeamlimbDdcFagtd
ir können gerne in dieser Weise weiter zusammenar-eiten.
Herr Kollege Koschyk, Sie haben auch Fragen ange-prochen, die mit der Sicherheitsarchitektur zusam-enhängen. Ich will noch einmal darauf hinweisen: Das,as Sie fordern, machen wir längst. Sie waren aber da-egen, das zu tun; denn Sie haben sich gegen die Umor-anisation des BKA gestellt. Ohne diese Umorganisa-ion des BKA ist das, was Sie fordern, gar nicht zueisten. Diese Widersprüche in Ihrer Verhaltensweiseennen wir aber.Nehmen wir das Thema der Ausstattung der Sicher-eitsinstitutionen mit Befugnis.
Herr Koschyk, lassen Sie das für einen Moment mal.ie können gerne anschließend eine Frage stellen.
Wenn der Herr Präsident mir erst einmal die Frage stel-n will, dann können wir es auch so handhaben.
Herr Koschyk, ich will Ihnen erläutern, wo offenbarie Meinungsverschiedenheit zwischen Ihnen und miresteht. Die geltende Rechtslage ist ganz eindeutig: Dasundeskriminalamt darf, soll und kann in Zusammen-rbeit mit der Bundesanwaltschaft dann ermitteln, wenns zu einem terroristischen Verbrechen gekommen ist,lso im Nachhinein. Das bestreitet hier im Saal wohl nie-and. Warum es aber nicht notwendig und nicht mög-ch sein soll, dass dasselbe Bundeskriminalamt auch er-itteln darf, bevor ein terroristisches Verbrechenegangen ist, kann mir niemand erklären.
as ist reiner Machtkampf, Herr Koschyk. Zu glauben,ass 16 Bundesländer mit dem FBI und mit den entspre-henden Institutionen in Großbritannien, in Italien, inrankreich, in Spanien oder wo auch immer zusammen-rbeiten könnten, ist eine Vorstellung, von der ichlaube, dass sie mit Sicherheitsverantwortung nichts zuun hat.
Herr Minister, erlauben Sie jetzt eine Zwischenfragees Kollegen Koschyk?
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Ja.
Bitte schön, Herr Koschyk.
Herr Bundesinnenminister, wenn diese Auffassung
aus Ihrer Sicht der einzig selig machende Weg ist, um
hier zu Verbesserungen zu kommen, dann habe ich die
Frage, warum nicht die Bundesregierung, sondern Herr
Wowereit diesen Vorschlag, wie Sie ihn gerade vorgetra-
gen haben, in die Föderalismuskommission eingebracht
hat und warum auf unsere Befragung in der letzen Innen-
ausschusssitzung des Bundestages die Parlamentarische
Staatssekretärin Frau Vogt gesagt hat, dieser Vorschlag
sei kein Vorschlag der Bundesregierung, sondern ein
persönlicher Vorschlag von Ihnen, Herr Minister Schily,
und schließlich warum auch die Grünen durch Partei-
tagsbeschluss deutlich gemacht haben, dass sie gegen
diese Erweiterung der Vorfeldbefugnisse des BKA, wie
Sie ihnen gerade das Wort reden, sind. Können Sie mir
sagen, Herr Bundesinnenminister Schily, ob Sie für die-
sen Vorschlag eine Mehrheit der rot-grünen Koalition
hier im Haus haben?
Herr Koschyk, Sie wissen doch genauso gut wie ich,dass sich die Föderalismuskommission aus Vertreterndes Bundestages und des Bundesrates zusammensetzt.Die Bundesregierung tritt dort als Gast auf. Sie kannselbstverständlich dort ihre Vorstellungen vortragen. DieMitglieder der Föderalismuskommission sind gleichbe-rechtigt. Wenn Herr Wowereit einen sehr vernünftigenAntrag stellt, dann bin ich darüber recht zufrieden. Ichhabe natürlich die Gelegenheit genutzt, an verschiede-nen Stellen meine Vorstellungen zu verdeutlichen. Mirist auch bekannt, dass ich dafür werben muss, dass dieGrünen entsprechende Parteitagsbeschlüsse fassen.
Die Politik richtet sich aber nicht immer nach Partei-tagsbeschlüssen, weder nach denen der Grünen nochnach denen der FDP, manchmal nicht einmal nach denender SPD.
Politik ist nämlich etwas anderes als Parteitagsbe-schlüsse. Parteitagsbeschlüsse sind zunächst einmal Er-klärungen, die sicherlich ihre Bedeutung haben; aber amSchluss müssen wir zu Entscheidungen kommen, die imSinne unseres Landes sind. Herr Koschyk, ich halte michdabei an das, was der Bundeskanzler immer wieder be-tont:DssSmDpgdzdmgebp–nädfddügfEgEbüszessZbga
ie Entscheidungen, die in der Föderalismuskommis-ion getroffen werden, müssen so beschaffen sein, dassie so gut wie möglich dem Gesamtinteresse unserestaates entsprechen; die Arbeit der Föderalismuskom-ission darf nicht in kleinlichen Machtkämpfen enden.as ist notwendig. Ich hoffe, dass das gelingt.
Ich komme zu einem anderen Thema. Es ist meineersönliche Auffassung – Sie haben das richtig wieder-egeben; ich halte das für richtig und ich bleibe dabei –,ass bei der Frage der Besoldung und der Versorgungumindest ein Kernbestand in der Kompetenz des Bun-es bleiben sollte. Gerade das Land, aus dem Sie kom-en – der Freistaat Bayern –, steht an der Spitze derjeni-en, die die entsprechenden Befugnisse für die Länderinfordern. Ein anderes Land, Hessen, kämpft ebenfallsesonders engagiert darum, dass die Länder diese Kom-etenzen bekommen. Es gibt ein drittes BundeslandBaden-Württemberg –, das leider immer noch von Ih-en regiert wird – meine Staatssekretärin wird das baldndern –,
as auch in dieser Richtung aktiv ist.Herr Koschyk, wenn Sie die Forderung dieser Länderür falsch halten, sollten Sie jetzt mit Herrn Stoiber re-en und sagen: Wir halten das für falsch. Das wäre wun-erbar. Wir können – ich biete Ihnen das an – ein partei-bergreifendes Bündnis schließen, das in diese Richtungeht. Herr Heesen und Herr Bsirske werden sich darüberreuen. Die Föderalismuskommission ist ohnehin eineinrichtung, bei der Platz für viele Anregungen ist.
Die Sitzung ist heute Abend schon ziemlich weit fort-eschritten.
s würde sich natürlich anbieten, mit Ihnen eine ausgie-ige Diskussion
ber die Frage der Integration zu führen. Das meine ichehr ernst. Ich habe nur noch knapp zwei Minuten Rede-eit. Das reicht nicht aus, um solch ein wichtiges undrnst zu nehmendes Thema zu debattieren. Deswegenchlage ich – nicht als Vertreter der Bundesregierung,ondern als Mitglied dieses Hauses – vor, dass wir unseit dafür nehmen, dieses Thema in einer großen De-atte zu diskutieren. Das fände ich gut. Wir können dannanz offen darüber reden.Herr Koschyk, Sie haben Vorschläge von Frau Beckngesprochen. Dazu muss ich ganz offen bekennen:
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12998 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 140. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 23. November 2004
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Bundesminister Otto SchilyDiese Vorschläge habe ich vor wenigen Minuten hier aufden Tisch bekommen.
Ich sage zugunsten von Frau Beck, dass sie in der erstenPerson davon spricht, welche Maßnahmen sie für sinn-voll hält; sie spricht also nicht für die Bundesregierung.Wir werden das Papier studieren und werden schauen,ob darin etwas Vernünftiges oder auch etwas Falschessteht.
– Ja, ich bitte Sie! Das ist eine Vorlage, über die man dis-kutieren muss. Man kann das nicht ungeprüft – durchHandauflegen – bewerkstelligen.
– Nein, ich kannte das nicht.
Es handelt sich dabei um eine Meinungsäußerung. Art. 5des Grundgesetzes steht auch Frau Beck zu. Als Verfas-sungsminister würde ich immer dafür kämpfen. Ich bin,wie Sie wissen, ein begeisterter und erfolgreicher Sport-minister.
Lassen Sie mich daher zum Schluss noch auf ein anderesThema eingehen: das Fußballfest. Dieses Thema istnämlich sehr interessant.
Herr Koschyk, Sie haben eine solche Angst vor der Bun-destagswahl, dass Sie jede Kampagne fürchten, in derDeutschland als wunderbares und gutes Land dargestelltwird.
Das habe ich heute Vormittag beobachtet. Als HerrEichel aus voller Überzeugung und zu Recht gesagt hat,dass wir stolz auf unser Land, seine Leistungskraft undseine tatkräftigen und fleißigen Menschen sein können,
haben Sie alle nur Schmäh verbreitet.
Das war wirklich keine gute Vorstellung; aber das sageich nur nebenbei.
Jetzt erzähle ich Ihnen etwas über das Fußballfest.Dieses Fest haben wir zunächst einmal mit dem Organi-sgdhdADFwSsfhsÜzgdleWufgVwswedaZIMbAIg
ber diese Vorschläge könnte ich Ihnen stundenlang er-ählen; aber so viel Zeit habe ich nicht. Neuerdings sa-en Sie, dass dieses Geld gestrichen werden soll. Wieas zusammenpassen soll, das weiß der liebe Himmel.
Lieber Herr Koschyk, verehrte Kolleginnen und Kol-gen, Sie täuschen sich, wenn Sie meinen, dies sei eineerbekampagne der Bundesregierung. Es handelt sichm eine Werbekampagne für unser Land. Sie haben ge-ragt, ob der Deutsche Fußballbund überhaupt einbezo-en worden sei. Dazu sage ich Ihnen: Herr Mayer-orfelder, der Ihnen vielleicht noch bekannt ist – icheiß nicht, ob Sie ihn völlig aus Ihrem Gedächtnis ge-trichen haben –,
ar dabei, als wir über dieses Thema geredet haben, undr war begeistert. Er ist weder ein Grüner noch Mitglieder SPD – dagegen würde er sich verwahren –,
ber er ist ein wirklich sympathischer Mann. Herrwanziger ist auch dafür.
Ich möchte Ihnen noch etwas sagen – das erkläre ichhnen ganz geduldig, damit Sie Bescheid wissen –:
anchmal steht im „Spiegel“ etwas Falsches geschrie-en; das kommt vor. Früher haben auch Sie das gewusst.ber das ist lange her.
m „Spiegel“ steht, die Finanzierung würde aus Steuer-eldern bestritten. Das ist so nicht ganz richtig.
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Bundesminister Otto Schily
Dieses Geld ist zwar dem Etat des Bundesinnenministe-riums zugeordnet. Diese 22 Millionen Euro stammen ausdem Verkauf der Goldmünze. Diese Goldmünze wirdmit der Fußballweltmeisterschaft in Verbindung ge-bracht. Wir könnten sie gar nicht herausgeben, wenn dieFIFA nicht ihr Einverständnis erklärt hätte; denn sie hatdie Rechte an dieser Goldmünze. Deshalb muss diesesGeld im Zusammenhang mit der Fußballweltmeister-schaft gegeben werden. Hier müssen wir die entspre-chenden Entscheidungen, die noch offen sind, treffen.Mit dem BDI, den Sie neuerdings sehr distanziert behan-deln
– Sie wollen mit ihm ja nichts mehr zu tun haben; das istgut so und das verstehe ich auch –, werden wir das aus-handeln.Das wird eine sehr gute Kampagne. Man wird sehen,welche Stärken unser Land hat. Dafür werben wir. Dasist unsere Verantwortung. Deshalb bin ich sehr dafür,dass diese Kampagne gestartet wird. Im Übrigen freueich mich auf das große Fußballfest am Vorabend des Be-ginns der Fußballweltmeisterschaft. Ich hoffe, Sie freuensich auch.Danke schön.
Da Herr Schily die Redezeit von Herrn Wiefelspütz
mit verbraucht hat,
erteile ich jetzt als letztem Redner dem Kollegen
Christian Ströbele das Wort.
In einer Minute fängt Fußball an. Trotzdem will ich
reden.
Herr Kollege Koschyk, der Gesetzentwurf, den wir
heute in erster Lesung beraten, ist kein ganz normaler; es
geht um das Parteiengesetz. Das heißt, wir beschließen
die Novellierung eines Gesetzes, das unsere eigenen An-
gelegenheiten betrifft, also ein Gesetz pro domo. So, wie
das Gesetz heute in erster Lesung eingebracht ist, ist es
in Ordnung und auch ausreichend. Dieses Gesetz soll re-
geln, was das Bundesverfassungsgericht vor wenigen
Wochen von uns verlangt hat, nämlich dass wir die Drei-
länderklausel aus dem geltenden Gesetz streichen und
die kleinen Parteien „gleicher“ behandeln, als das nach
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ieser Gesetzentwurf enthält keine Bagatellklausel, wie
ie in der Öffentlichkeit diskutiert worden ist. Dieser Ge-
etzentwurf regelt auch nicht, dass den Parteien von der
ffentlichen Hand schrankenlos ohne Bezahlung Leis-
ungen gewährt werden könnten, etwa in der Zur-Verfü-
ung-Stellung von Stadthallen und Ähnlichem. Dieser
esetzentwurf ist ein Minimum. Das ist richtig; mehr
ollten wir nicht tun, jedenfalls nicht ohne längere De-
atte und ohne ausführliche Prüfung. Die haben wir uns
ür das nächste Jahr vorgenommen.
Zusammenfassend kann ich nur feststellen: Die Öf-
entlichkeit ist zu Recht sehr aufmerksam, wenn Parteien
re Angelegenheiten und Finanzen und ihre Rechen-
chaftspflicht gegenüber der deutschen Bevölkerung re-
eln. Die Öffentlichkeit macht damit nichts anderes, als
r Recht in Anspruch zu nehmen, das sie nach dem
rundgesetz hat: dass die Regelung der Parteifinanzen
ffentlich sein muss, durchschaubar sein muss, für jeden
ahlbürger, für jede Wahlbürgerin überprüfbar. Deshalb
üssen wir hier vorsichtiger sein als bei anderen Geset-
en. Wir müssen uns dieser Verantwortung bewusst sein.
rwecken wir nicht den Eindruck, wir wollten der Be-
ölkerung wichtige Informationen vorenthalten!
Deshalb lassen Sie uns diesen Gesetzentwurf in der
ürze, in der er eingebracht worden ist, verabschieden.
assen Sie uns ab Frühjahr nächsten Jahres nach aus-
ührlicher Beratung andere notwendige Klarstellungen
nd Regelungen in das Parteiengesetz aufnehmen. Ich
etze mich dafür ein, dass auch diese weiteren Regelun-
en mehr Klarheit und mehr Offenheit in Bezug auf die
arteien bringen und im Sinne des Grundgesetzes sind
nd dass sie keinesfalls geheim gehaltene Posten von
echenschaftsberichten vorsehen, die für die Bevölke-
ung nicht einsehbar sind. Deshalb ist der jetzt vorlie-
ende Gesetzentwurf richtig, notwendig und auch aus-
eichend.
Ich schließe die Aussprache.Wir kommen zur Abstimmung über den Einzel-lan 06, Bundesministerium des Innern, in der Aus-chussfassung. Hierzu liegen mehrere Änderungsanträgeor, über die wir zuerst abstimmen. Wer stimmt für dennderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU auf Druck-ache 15/4338? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthältich? – Der Änderungsantrag ist mit den Stimmen der
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13000 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 140. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 23. November 2004
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Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solmsja: 229 Georg BrunnhuberCajus Julius CaesarEberhard GiengerDr. Reinhard GöhnerDr. Egon JüttnerBernhard KasterJaCDU/CSUUlrich AdamPeter AltmaierArtur AuernhammerDietrich AustermannNorbert BarthleDr. Wolf BauerGünter BaumannErnst-Reinhard Beck
Veronika BellmannDr. Christoph BergnerOtto BernhardtDr. Rolf BietmannClemens BinningerRenate BlankPeter BleserAntje BlumenthalDr. Maria BöhmerJochen BorchertWolfgang Börnsen
Wolfgang BosbachDr. Wolfgang BötschManfred Carstens
Peter H. Carstensen
Leo DautzenbergHubert DeittertAlexander DobrindtVera DominkeThomas DörflingerMarie-Luise DöttMaria EichhornRainer EppelmannAnke Eymer
Ilse FalkDr. Hans Georg FaustAlbrecht FeibelHartwig Fischer
Dirk Fischer
Dr. Maria FlachsbarthKlaus-Peter FlosbachHerbert FrankenhauserDr. Hans-Peter Friedrich
Jochen-Konrad FrommeDr. Michael FuchsJDUKRHMMMKOHGKHUSUMJBEPRKosef Göppelr. Wolfgang Götzerte Granoldurt-Dieter Grilleinhard Grindelermann Gröheichael Grosse-Brömerarkus Grübelanfred Grundarl-Theodor Freiherr vonund zu Guttenberglav Guttingolger Haibacherda Hasselfeldtlaus-Jürgen Hedrichelmut Heiderichrsula Heineniegfried Heliasda Carmen Freia Hellerichael Hennrichürgen Herrmannernd Heynemannrnst Hinskeneter Hintzeobert Hochbaumlaus Hofbauer
Volker KauderGerlinde KaupaEckart von KlaedenJürgen KlimkeJulia KlöcknerKristina Köhler
Manfred KolbeNorbert KönigshofenHartmut KoschykThomas KossendeyRudolf KrausMichael KretschmerGünther KrichbaumGünter KringsDr. Martina KrogmannDr. Hermann KuesWerner Kuhn
Dr. Karl A. Lamers
Dr. Norbert LammertHelmut LampBarbara LanzingerKarl-Josef LaumannVera Lengsfeldnein: 293enthalten: 42Verena ButalikakisHartmut Büttner
Georg GirischMichael GlosRalf GöbelBartholomäus KalbSteffen KampeterIrmgard KarwatzkiKoalitionsfraktionen und der Fmung der CDU/CSU-Fraktion aWir kommen nun zum ÄnCSU auf Drucksache 15/4339CSU verlangt namentliche AbSchriftführerinnen und SchriftUrnen einzunehmen. – Sind dieöffne die Abstimmung.Ist ein Mitglied des HausStimme noch nicht abgegebenFall. Dann schließe ich die ASchriftführerinnen und Schriftlung zu beginnen. Das ErgebnIhnen später bekannt gegeben.Wir setzen die Abstimmungnehmen, damit ich einen ÜberbWer stimmt für den Änderunten Dr. Gesine Lötzsch undsache 15/4328? – Wer stimmtsich der Stimme? – Der ÄndStimmen aller Fraktionen gegtragsteller abgelehnt.Endgültiges ErgebnisAbgegebene Stimmen: 564;davonKDHMDP-Fraktion bei Zustim-bgelehnt.derungsantrag der CDU/. Die Fraktion der CDU/stimmung. Ich bitte dieführer, die Plätze an den Plätze besetzt? – Ich er-es anwesend, das seine hat? – Das ist nicht derbstimmung. Ich bitte dieführer, mit der Auszäh-is der Abstimmung wirden fort. Ich bitte, Platz zulick erhalte.gsantrag der Abgeordne-Petra Pau auf Druck-dagegen? – Wer enthälterungsantrag ist mit denen die Stimmen der An-tssmAmCBFHrgNrlaus Brähmigr. Ralf Brauksiepeelge Braunonika BrüningHDNRWer stimmt für den Änderunen Dr. Gesine Lötzsch undache 15/4343? – Wer stimmtich? – Der Änderungsantrag isenverhältnis abgelehnt.Bis zum Vorliegen des Ergebstimmung unterbreche ich d
n Otto Solms:et. namentlichen Abstim-g der Fraktion der CDU/ des Gesetzentwurfs derines Gesetzes über dieushaltsplans für daszelplan 06, Geschäftsbe-Innern – bekannt. Abge-aben gestimmt 228, mithaltungen 42. Der Ände-oachim Hörsterubert Hüppeusanne Jaffker. Peter Jahr
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Vizepräsident Dr. Hermann Otto SolmsWerner LensingPeter LetzgusUrsula LietzWalter Link
Dr. Klaus W. Lippold
Patricia LipsDr. Michael LutherDorothee MantelErwin Marschewski
Stephan Mayer
Dr. Conny Mayer
Dr. Martin Mayer
Wolfgang MeckelburgDr. Michael MeisterDr. Angela MerkelFriedrich MerzLaurenz Meyer
Doris Meyer
Maria MichalkHans MichelbachKlaus MinkelMarlene MortlerDr. Gerd MüllerStefan Müller
Bernward Müller
Hildegard MüllerBernd Neumann
Henry NitzscheMichaela NollClaudia NolteGünter NookeDr. Georg NüßleinFranz ObermeierEduard OswaldRita PawelskiUlrich PetzoldDr. Joachim PfeifferSibylle PfeifferBeatrix PhilippRonald PofallaRuprecht PolenzThomas RachelHans RaidelDr. Peter RamsauerHelmut RauberPeter RauenChrista Reichard
Katherina ReicheHans-Peter RepnikKlaus RiegertDr. Heinz RiesenhuberHannelore RoedelFranz RomerHeinrich-Wilhelm RonsöhrDr. Klaus RoseKurt J. RossmanithDr. Norbert RöttgenDr. Christian RuckVolker RüheAlbert Rupprecht
Peter RzepkaAnita Schäfer
Dr. Wolfgang SchäubleHartmut SchauerteAndreas ScheuerNGABCADBUWHKMMHBTJECGAMMTLAEDAVAGMPGAKWEWWWFJFMNSDGInRHEDDEKSSUKorbert Schindlereorg Schirmbeckngela Schmidernd Schmidbauerhristian Schmidt
ndreas Schmidt
r. Ole Schröderernhard Schulte-Drüggeltewe Schummerilhelm Josef Sebastianorst Seehoferurt Segneratthias Sehlingarion Seibeinz Seifferternd Sieberthomas Silberhornens Spahnrika Steinbachhristian von Stettenero Storjohannndreas Stormax Straubingeratthäus Streblhomas Strobl
ena Strothmannntje Tillmanndeltraut Töpferr. Hans-Peter Uhlrnold Vaatzolkmar Uwe Vogelndrea Astrid Voßhofferhard Wächterarko Wanderwitzeter Weiß
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raktionslose Abgeordneteartin HohmanneinPDr. Lale Akgünerd Andresgrid Arndt-Brauerainer Arnoldermann Bachmaierrnst Bahr
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ans-Günter Bruckmanndelgard Bulmahnarco Bülowlla Burchardtr. Michael Bürschans Martin Buryarion Caspers-Merkr. Peter Danckertarl Dillerartin Dörmanneter Dreßenlvira Drobinski-Weißetlef Dzembritzkiebastian Edathyiegmund Ehrmannartina Eickhoffarga Elserernot Erleretra Ernstbergerarin Evers-Meyernnette Faßelke Fernerabriele Fograscherainer Fornahlabriele Frechenagmar Freitagilo Friedrich
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ans-Joachim Hackerettina Hagedornlaus Hagemannlfred Hartenbachichael Hartmann
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13002 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 140. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 23. November 2004
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Abstimmung über denfassung. Wer stimmt da- Wer enthält sich? – Deren der Koalitionsfraktio-ngisEntje Hermenaueter Hettlichlrike Höfkenhilo Hoppeichaele Hustedtutta Krüger-Jacobritz Kuhnenate Künastarkus Kurthndine Kurth
r. Reinhard Loskenna Lührmannerzy Montagerstin Müller
infried Nachtweihrista Nickelsriedrich Ostendorffimone Probstlaudia Roth
rista Sagerhristine Scheelrmingard Schewe-Gerigkezzo Schlauchlbert Schmidt
erner Schulz
etra Selgrsula Sowaainder Steenblockilke Stokar von Neufornans-Christian Ströbeleürgen Trittinarianne Tritzr. Antje Vogel-Sperlr. Antje Vollmerr. Ludger Volmerosef Philip Winklerargareta Wolf
DDUBMDHGJSHInSMDGHEDCGDDDDCDDDDFPen gegen die Stimmen der CDenommen.Abstimmung über den Einzn der Ausschussfassung. Wetimmt dagegen? – Werinzelplan 33 ist einstimmig an(Dr. Karlheinz Guttmacherr. Christel Happach-Kasanlrich Heinrichirgit Homburgerichael Kauchr. Heinrich L. Kolbellmut Königshausudrun Koppürgen Koppelinibylle Laurischkarald Leibrechta Lenkeabine Leutheusser-Schnarrenbergerarkus Löningirk Niebelünther Friedrich Noltingans-Joachim Otto
berhard Otto
etlef Parrornelia Pieperisela Piltzr. Andreas Pinkwartr. Hermann Otto Solmsr. Max Stadlerr. Rainer Stinnerarl-Ludwig Thieler. Dieter Thomaer. Guido Westerweller. Claudia Wintersteinr. Volker Wissingraktionslose Abgeordneteetra PauU/CSU und der FDP an-elplan 33 – Versorgung –r stimmt dafür? – Werenthält sich? – Dergenommen.Dr. Sascha RaabeKarin Rehbock-ZureichGerold ReichenbachDr. Carola ReimannChristel Riemann-HanewinckelWalter RiesterReinhold RobbeRené RöspelDr. Ernst Dieter RossmannJörg-Otto SpillerDr. Ditmar StaffeltLudwig StieglerRolf StöckelChristoph SträsserRita Streb-HesseDr. Peter StruckJoachim StünkerJörg TaussVCBMGAEDJF(Colker Beck
ornelia Behmirgitt Benderatthias Berningerrietje Bettinlexander Bondekin Deligözr. Thea Dückertutta Dümpe-Krügerranziska Eichstädt-BohligEnthaltenFDPDr. Karl AddicksDaniel Bahr
Rainer BrüderleErnst BurgbacherHelga DaubJörg van Essen
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Vizepräsident Dr. Hermann Otto SolmsZusatzpunkt 1: Interfraktionell wird vorgeschlagen,den Gesetzentwurf auf Drucksache 15/4246 zur feder-führenden Beratung an den Innenausschuss und zur Mit-beratung an den Ausschuss für Wahlprüfung, Immunitätund Geschäftsordnung sowie an den Rechtsausschuss zuüberweisen. Gibt es dazu anderweitige Vorschläge? –Das ist nicht der Fall. Dann ist die Überweisung so be-schlossen.Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-ordnung.Ich berufe die nächste Sitzung des DeutschenBundestages auf morgen, Mittwoch, den 24. November2004, 9 Uhr, ein.Die Sitzung ist geschlossen.