Gesamtes Protokol
Die Sitzung ist eröffnet.Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße Sie alleherzlich zur ersten Arbeitssitzung des Deutschen Bun-destages nach der parlamentarischen Sommerpause.Heute gedenken nicht nur in Amerika viele Menschender entsetzlichen Anschläge vom 11. September 2001und der Tausenden von Opfern, die diese Terroran-schläge gefordert haben. Unser Gedenken an die Opferverbindet sich mit der Entschlossenheit, jeder Form vonTerrorismus, mit welcher Begründung auch immer, ent-gegenzutreten und allen möglichen Bedrohungen derFreiheit und des Lebens der Menschen in diesem Landeentgegenzuwirken.
Vor Eintritt in unsere Tagesordnung möchte ich einigeMitteilungen machen:Während der parlamentarischen Sommerpause habeneine Reihe von Kolleginnen und Kollegen runde Ge-burtstage gefeiert. Der Kollege Otto Schily wurde am20. Juli 75 Jahre alt, und der Kollege Detlef Parr wurdeam 8. September 65 Jahre alt. Diesen beiden kann manddsduBHTdseaedRedetschon einmal gesondert gratulieren.
Ihren 60. Geburtstag haben im gleichen Zeitraum dieKolleginnen und Kollegen Klaus Hofbauer, GünterBaumann, Waltraud Lehn, Dr. Marlies Volkmer,Annette Faße und Eduard Oswald begangen. Im Na-men des ganzen Hauses gratuliere ich nachträglich herz-lich und wünsche alles Gute!
Die Kollegen Dr. Reinhard Göhner, Dr. PeterPaziorek und Dr. Reinhard Loske haben zwischenzeit-lich auf ihre Mitgliedschaft im Deutschenverzichtet. Als Nachfolger für Herrn Dr. Göhnich herzlich den Kollegen Cajus Julius Caesa
Metadaten/Kopzeile:
11378 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007
)
)
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes über dieFeststellung des Bundeshaushaltsplans für dasHaushaltsjahr 2008
– Drucksache 16/6000 –Überweisungsvorschlag:Haushaltsausschussb) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesre-gierungFinanzplan des Bundes 2007 bis 2011– Drucksache 16/6001 –Überweisungsvorschlag:HaushaltsausschussNach einer interfraktionellen Vereinbarung sind imRahmen der Haushaltsberatungen für die heutige Aus-sprache im Anschluss an die einstündige Einbringungdes Haushalts sechseinhalb Stunden, für Mittwoch sie-bendreiviertel Stunden, für Donnerstag sieben Stundenund für Freitag drei Stunden vorgesehen. Ich nehme an,dass es auch dazu keinen Widerspruch gibt – in weiserVorahnung, dass es am Ende jeweils vermutlich etwaslänger dauern wird. – Dann ist das so beschlossen.Ich erteile nun das Wort zur Einbringung des Haus-haltes dem Bundesminister der Finanzen PeerSteinbrück.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrtenDamen und Herren! Der Präsident hat daran erinnert:Heute auf den Tag genau vor sechs Jahren fanden dieheimtückischen Terrorakte in New York und Washingtonstatt. Seitdem ist nichts mehr so, wie es war, vor allem inden USA, wo bei diesen Anschlägen Tausende von Men-schen umgekommen sind, derer wir nicht nur heute ge-denken. Es ist auch nichts mehr so in der übrigen Welt,wohin sich die politischen, die wirtschaftlichen und auchdie psychologischen Schockwellen, die für unsere inzwi-schen hochgradig vernetzte und globalisierte Welt cha-rakteristisch sind, mit sehr großer Geschwindigkeit aus-gebreitet haben.Unbestreitbar ruft diese globalisierte Welt bei vielenMenschen Unsicherheit, ja gelegentlich sogar ausge-prägte Angst hervor. Dennoch oder gerade deshalb er-scheint es mir unverantwortlich, bei den Menschen denEindruck zu vermitteln, man könne Globalisierungquasi zurückdrehen, man könne sich gegen Globalisie-rung und ihre unerwünschten Folgewirkungen – wäh-rgaddWdsDldstusNm„sgasgsdnwsmtmNtnVsHtlhsslaplGpBwwtS
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007 11379
)
)
Metadaten/Kopzeile:
11380 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007
)
)
Einige sind uns allerdings immer noch voraus, insbeson-dere die Skandinavier, deren Prozentanteil zum Teil bei3,5 bis 4 liegt. Unser Ziel bleibt, die Dreiprozentmarkezu erreichen, die erforderlich ist, um Deutschland globalweiterhin wettbewerbsfähig zu halten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die wieder-gewonnene Stärke der deutschen Volkswirtschaft wirdauch dadurch eindrucksvoll bestätigt, wie sie die kon-junkturell unzweifelhaft belastende Wirkung der Mehr-wertsteuererhöhung weggesteckt hat. Gut acht Monatenach ihrem Inkrafttreten sind alle Horrorszenarien, die inder Vergangenheit auch an die Wände dieses HohenHauses gemalt worden sind – Stichwort: Gift für dieKonjunktur – zerplatzt.Ich bin noch einmal in die Reden insbesondere vonOppositionspolitikern der letzten Monate eingestiegenund finde dort folgende Zitate: „Die wirtschaftlicheBelebung im Jahr 2007 wird kaputt gemacht“, „Die Neu-verschuldung wird in den nächsten Jahren nicht abge-baut“, „Das Konsumklima wird eingetrübt“ oder „Hoff-nung auf Wachstum wird sich mit dem rot-schwarzenHaushalt nicht erfüllen“, „Der Haushalt 2007 ist nichtsolide“. Letzteres stammt von Herrn Koppelin.
HwLtWsbhkNtddhsbndasZr–wsckiErBkr8nlCdddt
as ist aus diesen Einschätzungen geworden? Wenn Sieich in Ihren vergangenen Haushaltsreden so geirrt ha-en, warum sollten wir Ihren im Rahmen dieser Haus-altsdebatte bevorstehenden Beiträgen Glauben schen-en?
ichts von dem, was Sie prophezeit haben, ist eingetre-en: weder das mit Blick auf die Haushaltslücken nochas bezogen auf die Konjunktur, noch das bezogen aufie anderen Faktoren, die Sie angesprochen haben.Die finanzpolitische Strategie der Großen Koalitionat funktioniert. Es war richtig, 2006 alles zu unterlas-en, was den konjunkturellen Himmel erkennbar in trü-ere Farben hätte bringen können, und erst 2007 mit ei-er nachhaltigen Konsolidierung zu beginnen. Ich bleibeabei: Die Anhebung der Mehrwertsteuer war und ist derm wenigsten schädliche einnahmeseitige Beitrag zurtrukturellen Konsolidierung der Staatsfinanzen, und deneitpunkt für diese Erhöhung hat die Große Koalitionichtig gewählt.
Ach! – Das, was meistens auch von Ihnen verdrängtird, ist, dass es mit dem weitergereichten Mehrwert-teuerpunkt möglich gewesen ist, den Arbeitslosenversi-herungsbeitrag von 6,5 auf 4,2 Prozent deutlich zu sen-en. Wir werden diesen Weg weitergehen. Das hat alleinm laufenden Jahr zu einer Entlastung von 17 Milliardenuro, paritätisch für Arbeitgeber und für Arbeitnehme-innen und Arbeitnehmer, geführt. Dadurch sind dieruttoarbeitskosten in Deutschland tendenziell gesun-en, und die verfügbaren Einkommen der Arbeitnehme-innen und Arbeitnehmer sind dabei um immerhin,5 Milliarden Euro gestiegen.
Dies ist in meinen Augen nicht die einzige dringendotwendige Maßnahme gewesen. Und ich bin mir ziem-ich sicher: Wenn die FDP im November 2005 diehance gehabt hätte, Partner in einer Koalition zu wer-en,
ann hätten Sie mit Blick auf die Mehrwertsteuer genauieselbe Entscheidung getroffen wie die Große Koali-ion.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007 11381
)
)
Bundesminister Peer SteinbrückDiese Maßnahme ist nicht die einzige Maßnahme, umeine solidere Haushaltspolitik zu implementieren. DieAbsenkung der Neuverschuldung erfolgt in dieser Le-gislatur zu 60 Prozent durch Ausgabenkürzungen, zumBeispiel im öffentlichen Dienst, auch mit Blick auf einehöhere Effizienz der Arbeitsmarktpolitik, auch in einzel-nen Bereichen wie vornehmlich der Landwirtschaft, so-wie durch die Streichung von Steuersubventionen.40 Prozent des Konsolidierungsvolumens wird überSteuererhöhungen erbracht. Die Kritiker werden esselbstredend weiter verdrängen. Nicht verdrängt werdenallerdings verständlicherweise die schmerzhaften Folgendieser Kürzung von Steuersubventionen. Das führt ja injüngster Zeit zu gewissen Beiträgen. Ich möchte in die-sem Zusammenhang einen Begriff aufgreifen, der indem lesenswerten Buch Nervöse Zone von LutzHachmeister erwähnt wird; ich glaube, unter Bezug-nahme auf die Journalistin Tissy Bruns. Dieser Begrifflautet „strukturelle Doppelmoral“. Ich will Folgendes sa-gen: Während weite Teile der Wirtschaft, wichtige Stim-men der Politik und viele Kommentatoren immer wiedertiefgreifende Reformen, teilweise radikale Reformen an-mahnen, werden die Folgen selbst der zaghaftesten Re-form auf der politischen Bühne und in medialen Berich-ten mit einem ausgeprägten Sinn für Dramatikgeschildert und problematisiert.
– Meist von denselben; dies ist eine gewisse Schizophre-nie.
Ich will ein aktuelles Beispiel aufgreifen: Es gab undgibt einen abstrakten Konsens – auch vor dem Hinter-grund der Notwendigkeit der Haushaltskonsolidierung –,dass Steuersubventionen abgebaut werden sollen.
Die Große Koalition hat dazu im November 2005 einTableau vorgelegt, das wir übrigens weitgehend, wennauch mit vielen Schmerzen, realisiert haben. Dazu ge-hörte nicht die Kürzung der Pendlerpauschale, sonderndie Abschaffung der Pendlerpauschale; denn in Wirk-lichkeit haben wir sie abgeschafft.
Wir haben das sogenannte Werktorprinzip eingeführt,was bedeutet, dass der Arbeitstag der Arbeitnehmerin-nen und Arbeitnehmer, wenn Sie so wollen, nicht mehrbeim Verlassen des Wohnortes anfängt, sondern beimPassieren des Werktors.
– Nein, nein, nein: Ich komme bei der Pendlerpauschalelieber auf Ihren Fraktionskollegen Solms zu sprechen.
– „Meine Sozis“ sind da völlig konform mit mir.–csaefFmrrwpdvdPFdig–subcmSdsdbIuAdImsdlS
Arbeiten Sie sich lieber an Ihren eigenen Widersprü-hen ab!Das heißt, wir haben die Pendlerpauschale abge-chafft und dafür, wie in den Koalitionsverhandlungenbgesprochen, eine Härtefallregelung für Fernpendleringeführt, übrigens aufgrund des maßgeblichen Ein-lusses von Unionspolitikern und SPD-Politikern, dielächenländer repräsentieren. Diese Maßnahme ist da-als getroffen worden. Schon der erste verfassungs-echtliche Zweifel – der, wie ich finde, heute zunehmendeflexhaft und inflationär gegen fast alles vorgebrachtird, und zwar meistens unter Verbrämung von Grup-eninteressen – führt unter Umständen dazu, dass sicher Konsens, der damals auch in Ihren Reihen bestand,erflüchtigt und die Lage unübersichtlich wird. Aufiese Art und Weise untergräbt man leistungsfähigeolitik.
Ich füge in diesem Zusammenhang hinzu: Wederinanzgerichtshöfe noch der Bundesfinanzhof entschei-en darüber, was in Deutschland verfassungskonformst. Das geschieht allein durch das Bundesverfassungs-ericht.
Auch der Bundesfinanzminister nicht. Aber das ent-pricht der geltenden Rechtslage, die auch weiterhin giltnd die im Übrigen parlamentarisch legitimiert ist.
Unbenommen notwendiger Prüfungen auch im Hin-lick darauf, wie wir unbürokratisch mit einem mögli-hen Einspruchsverhalten umgehen – das werden wirit den Ländern sicherlich auch zur Zufriedenheit derteuerbürger lösen –, reden hier einige leichthin davon,ass man für den Bund 1,15 Milliarden Euro aufgebenolle. Auf der einen Seite fordert mich Herr Fricke voner FDP-Fraktion auf, Steuersubventionen weiter abzu-auen.
ch soll übrigens auch die Sozialleistungen weiter kürzennd die Neuverschuldung noch schneller senken.
uf der anderen Seite vertritt Herr Solms nur Positionen,ie das derzeitige Transfersystem massiv zementieren.n einer sehr statischen Betrachtung listet er nur die Zu-utungen im Einzelnen auf – auch bei der Pendlerpau-chale – und, wenn ich es richtig sehe, insinuiert, wirürften an der Pendlerpauschale keine Änderungen zu-asten des Haushaltes vornehmen. Vielleicht unterhaltenie sich einmal mit Herrn Fricke darüber, wie ich mich
Metadaten/Kopzeile:
11382 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007
)
)
Bundesminister Peer Steinbrückangesichts dieses Abgrunds bewegen soll, in den hof-fentlich nicht ich hineinfallen werde, sondern Sie.
Es entspricht der strukturellen Doppelmoral, dassmich der eine aus der Fraktion auffordert, Steuersubven-tionen abzubauen, und mir vorwirft, ich sei bei der Ab-senkung der Nettokreditaufnahme viel zu wenig ehrgei-zig, während sich der andere das Empörungspotenzialder Menschen zu eigen macht, die verständlicherweiseam liebsten die alte Regelung beibehalten hätten. Er ze-mentiert aber damit genau das System staatlicher Trans-ferzahlungen, gegen das Sie doch sonst immer ord-nungspolitisch argumentiert haben, Herr Solms. Wasdenn nun? Das ist nicht konzise. Eine solche Positionkann sich der Finanzminister in seinem Verantwortungs-bereich nicht zu eigen machen.Mit den Reformen der Agenda 2010 hat die frühereBundesregierung unter Gerhard Schröder begonnen, dasWirtschaftsmodell der sozialen Marktwirtschaft zu re-formieren.
Ich will an dieser Stelle mit Absicht daran erinnern, dassdie Agenda 2010 sehr viel mehr ist als Hartz IV. Sie för-dert Investitionen über Steuersenkungen; sie hat dazubeigetragen, die Situation der Kommunen zu stabilisie-ren; sie hat den Mittelstand gefördert; sie setzt Schwer-punkte bei Forschung und Entwicklung, und sie hat aucheinen ersten Impuls bei dem Ausbau der Kinderbetreu-ung gegeben. Das ist, wie ich finde, auch ein standort-politisches Thema vor dem Hintergrund der Tatsache,dass wir in Deutschland durch eine bessere Vereinbarkeitvon Beruf und Familie zu einer höheren Erwerbstätigen-quote der Frauen kommen müssen. Darauf ist diese Re-publik angesichts der demografischen Entwicklungzwingend angewiesen.
Die Große Koalition hat auf diesen Reformen aufbau-end gleich zu Beginn der Legislaturperiode unter ande-rem mit einem 25-Milliarden-Euro-Impulsprogramm– das die Länder übrigens mit einem weiteren 12,5-Mil-liarden-Euro-Programm unterstützt haben, sodass es umeinen Impuls von immerhin 37,5 Milliarden Euro geht –weitere Impulse gesetzt. Wir haben eine Unternehmen-steuerreform verabschiedet. Wir bleiben dabei, dass wirdie Vererbung betrieblicher Vermögen durch Nachfolge-regelungen im Mittelstand weiter fördern wollen. Wirhaben eine Gesundheitsreform verabschiedet, von derich den Eindruck habe, dass sich die Kritikpunkte zuneh-mend verflüchtigen, weil einige merken, dass das Vorha-ben doch Hand und Fuß hat. Mit der Debatte um dieFöderalismusreform II werden wir auch weitere Beiträgezur Reform des deutschen Föderalismus leisten.Wir fahren jetzt die Ernte dieser teilweise auchschmerzhaften Anstrengungen ein, ich gebe zu: mit einerfür Strukturreformen üblichen Zeitverzögerung. DieGszrSsdgDvgvsMLgmurSttdupMrdkDGGsatthRginiflBsdbEszmkpf
Die Chancen, hier voranzukommen – es ist dieseundesregierung gewesen, die während ihres G-7-Vor-itzes und ihrer EU-Ratspräsidentschaft zum ersten Maliesen Punkt auf die Tagesordnung gesetzt hat –, stehenesser denn je. Das erhoffe und erwarte ich unter demindruck der jüngsten Turbulenzen und krisenhaften Zu-pitzungen. Auch im angloamerikanischen Raum wirdunehmend wahrgenommen, dass die potenziellen syste-ischen Risiken auf die Finanzmärkte zurückschlagenönnten und dass man im Sinne von Prävention und Pro-hylaxe Vereinbarungen mit der Finanzindustrie tref-en muss.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007 11383
)
)
Bundesminister Peer SteinbrückWir haben in diesem Land einen guten Zwischenstanderreicht. Die guten Zahlen des Jahres 2007 dürfen aller-dings nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Problem-druck im Kessel nach wie vor hoch ist. Die guten Nach-richten vom Arbeitsmarkt oder aus der Wirtschaft dürfennicht wie Valium wirken, sondern müssen Adrenalin fürweitere Anstrengungen sein. Dabei ist es leicht, aber fürdas breite Verständnis der Bevölkerung für Reformeneine sehr schädliche Haltung, anderen viel abzuverlan-gen, zum Beispiel den Gürtel enger zu schnallen, wennman selber ziemlich beleibt ist. Die radikalsten Reform-rufer – weg mit der Erbschaftsteuer; runter mit dem Ein-kommensteuerspitzensatz; weg mit dem Kündigungs-schutz; Streichung von Sozialleistungen – sind inmeinen Augen die größten Reformblockierer, weil ihnender Sinn für gesellschaftlichen Ausgleich, der Sinn fürgesellschaftliche Balance – man kann auch sagen: derSinn für soziale Gerechtigkeit – verloren gegangen ist.
Das gilt umso mehr, als wir wissen, dass der Auf-schwung in den letzten zwei Jahren noch immer in ersterLinie jenen zugute kommt, die einen qualifizierten Ar-beitsplatz haben, und dass er noch nicht ausreichend je-nen zugute kommt, die seit über einem Jahr erwerbslossind oder deren Niedriglöhne nicht ausreichen, ihren Le-bensunterhalt ohne staatliche Unterstützung zu bestrei-ten.Das Bundeskabinett hat bei seiner Klausur in Mese-berg das Programm für die kommenden zwei Jahre unterdas Motto „Aufschwung für alle“ gestellt. Das bedeutetfür mich zuallererst deutlich weniger Arbeitslosigkeitund Chancengerechtigkeit vor allem für Kinder und Ju-gendliche bei der Bildung.
Dafür ist eine gestaltende Finanzpolitik nach meinemVerständnis bereit, Geld zur Verfügung zu stellen. Einenwichtigen Schritt haben wir bereits geschafft. Ein Auf-schwung für viele – nicht für alle – ist in greifbarer Rea-lität, zum Beispiel für die 800 000 Menschen, die seitBeginn dieser Legislaturperiode einen Arbeitsplatz ge-funden haben, für die Millionen Arbeitnehmerinnen undArbeitnehmer, die sich heute erkennbar weniger Sorgenum die Sicherheit ihres Arbeitsplatzes machen müssen,für alle, die mehr Lohn in der Lohntüte haben, weil eszum ersten Mal seit langem reale Lohnsteigerungen gibt,sowie für alle Kinder und junge Menschen, die von denVerbesserungen im Betreuungs- und Bildungsbereichprofitieren. Das reicht von dem 4-Milliarden-Euro-Pro-gramm zum Ausbau der Tagesbetreuung in Grundschu-len über die Förderung von Betreuungsplätzen der unterDreijährigen bis hin zur Einrichtung zusätzlicher Stu-dienplätze im Rahmen des Hochschulpaktes. Es giltnicht zuletzt für die vielen Menschen in unserem Land,die durch ihre ehrenamtliche Tätigkeit Gemeinsinn überEigennutz stellen.
Deshalb haben wir mit unserem Programm „Hilfen fürHelfer“ zumindest ein Zeichen der Anerkennung gesetzt,auch materiell unterlegt. Aufschwung für alle bedeutetammifuhEgWrBsDEUSWPmsUdighlSZidece–awedurVgFszViz
rstens ist die Staatsverschuldung generell die größtemverteilung von unten nach oben, und zweitens sindteuersenkungen auf Pump nicht generationengerecht.
as wir jetzt brauchen, sind nicht Steuersenkungen aufump, sondern solide Haushaltspolitik verbunden mitehr Zukunftsinvestitionen vor allem in Bildung, For-chung, Infrastruktur, Energieeffizienz und Klimaschutz.nsere Verpflichtung gegenüber den ärmsten Ländernieser Welt und gegenüber der Bundeswehr im Rahmenhrer internationalen Mandate will ich bei dieser Gele-enheit nicht unerwähnt lassen.Ich kann den Spannungsbogen nicht auflösen – ichabe den Eindruck, niemand kann ihn auflösen –, näm-ich auf der einen Seite möglichst rasch keine neuenchulden zu machen und parallel dazu in die wichtigstenukunftsfelder dieser Republik mehr zu investieren. Dien meinen Augen richtige, ausgewogene Balance machten Erfolg aus. Diese verlieren wir, wenn wir die Steu-rn weiter senken, bevor wir keine neuen Schulden ma-hen. Deshalb wird die Bundesregierung ihre bisherigerfolgreiche wirtschafts- und finanzpolitische StrategieSanieren, Investieren, Reformieren – fortsetzen.Dass dieser Kurs nicht zur Disposition steht, wurdeuch bei der Kabinettsklausur in Meseberg durch zweiichtige und klare Bestätigungen unterstrichen. Erstensrhält die Haushaltskonsolidierung eine überragende Be-eutung, und zweitens bilden der Haushaltsplan 2008nd die mittelfristige Finanzplanung bis 2011 den unver-ückbaren Mindestrahmen für alle kostenwirksamenorschläge. In diesem Rahmen mag es aus Respekt ge-enüber dem Souverän zu Veränderungen kommen.inanzielle Spielräume für neue Maßnahmen ergebenich nur dann, wenn es gegenüber den bisherigen Schät-ungen zusätzliche Steuermehreinnahmen geben sollte.on denen sollten wir allerdings, wie bisher erfolgreichn der Großen Koalition getan, den überwiegenden Teilur beschleunigten Rückführung der Nettokreditauf-
Metadaten/Kopzeile:
11384 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007
)
)
Bundesminister Peer Steinbrücknahme verwenden, dann aber auch einen anderen Teil,dem Gestaltungsanspruch der Koalition folgend, zurVerfügung stellen. Das ist uns gemeinsam bisher rechtgut gelungen. Darauf haben wir uns gemeinsam verstän-digt.Deswegen war ich auch wenig von manchen Stimmenin der Sommerpause begeistert. Einzelne fordern vonmir noch mehr Tempo bei der Rückführung der Netto-neuverschuldung, während andere zur selben Zeit fürSteuersenkungen oder für eine Aufstockung der Regel-sätze beim ALG II – da gibt es eine völlig ungeklärteAufstockungsproblematik – plädieren oder auch die Ab-schaffung des Soli fordern. Nur, um Ihnen einmal dieProportionen zu verdeutlichen: Der Soli steht aus-schließlich dem Bundeshaushalt zu. Er dürfte nächstesJahr 11 bis 12 Milliarden Euro betragen. Jemand, der fürdie Abschaffung des Soli plädiert, aus welcher momen-tanen Regung heraus auch immer, stellt so eben einmal12 Milliarden Euro Einnahmen für den Bundeshaushaltinfrage.
Derjenige, der den Soli um 1 oder 2 Prozentpunkte sen-ken möchte, stellt 2 oder 4 Milliarden Euro zur Disposi-tion. Wie soll ich bei solchen Vorschlägen mit Blick aufdie Haushaltskonsolidierung Kurs halten?
Eine solche Einstellung ist nicht gut. Auch folgende Ar-beitsteilung in der Koalition ist nicht möglich: Die einenfordern fröhlich Unvereinbares, aber Populäres. Die an-dere Seite muss sich auf der mühsamen Ebene der Erklä-rungsarbeit bewegen und den Menschen sagen: Das gehtnicht.
Das politische Muster darf nicht dem amerikanischerGangsterfilme – „good cop and bad cop“ – entsprechen.Im Zweifelsfall soll dann nämlich der Bundesfinanz-minister der „bad cop“ sein, und alle fragen mich, wes-halb ich so unfreundlich aussehe.
Der Haushaltsentwurf 2008 und der Finanzplan bis2011 sind Ausdruck unserer finanzpolitischen Strategie,den Haushalt einerseits zu sanieren und andererseits Im-pulse für Wachstum und Beschäftigung zu geben. Damitleistet die Bundesregierung bis zum Jahre 2010 ihrenBeitrag, zum Beispiel das Drei-Prozent-Ziel bei der For-schung und Entwicklung zu erreichen. Hierzu stellen wirpro Jahr zusätzlich 220 Millionen Euro zur Verfügung.Zum 1. Januar dieses Jahres haben wir das Elterngeldeingeführt. Das Elterngeld ist übrigens deutlich höher alsdas Erziehungsgeld. Für das bisherige Erziehungsgeldwaren, glaube ich, 2,6 Milliarden Euro veranschlagt, fürdas Elterngeld 4 Milliarden Euro. Die Menschen bekom-men auf diese Weise also mehr Geld, um die Vereinbar-keit von Beruf und Familie zu fördern.JKgCb4gtgzunZddBRdddh–mNAaglwZdAg2hvhiFcDdl
Das war immer so selbstverständlich. Sie, Herr Fricke,ussten das nur noch einmal fordern, damit Sie eineachricht in den Zeitungen darüber finden.
Dieser Nachtragshaushalt wird sich allerdings nachuffassung der Bundesregierung auf der Ausgabenseiteusschließlich auf die Einrichtung dieses Sondervermö-ens konzentrieren. Ich werde ihn im Lichte der aktuel-en Steuerentwicklung – die nächste Steuerschätzungird Anfang November stattfinden – zum gegebeneneitpunkt über das Kabinett dem Bundestag vorlegen.Im zentralen Zukunftsbereich der Bildung werden wirie Bedingungen der Studierenden durch eine deutlichenhebung der BAföG-Sätze verbessern. Der vorlie-ende Haushaltsentwurf sieht diesbezüglich gegenüber007 schon deutliche Mehrausgaben vor. Diese Erhö-ung ist mir gerade vor dem Hintergrund der Einführungon Studiengebühren in vielen Ländern wichtig. Ichoffe nämlich, dass wir damit verhindern können, dassmmer mehr Jugendliche aus einkommensschwächerenamilien nicht in der Lage sind, zu studieren. Wir brau-hen sie alle.
ie Akademikerquote in Deutschland ist nicht zu hoch,ie Akademikerquote in Deutschland ist im internationa-en Vergleich zu niedrig.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007 11385
)
)
Bundesminister Peer SteinbrückDie parlamentarischen Bestrebungen zu weiteren Erhö-hungen sind mir sehr geläufig. Wenn der gesamte Rah-men des Haushalts dadurch nicht gesprengt wird, HerrVorsitzender, nehme ich diese Bemühungen respektvollzur Kenntnis.Die Bundesregierung stellt sich ferner mit demEnergie- und Klimapaket den Herausforderungen desKlimawandels. Hierfür werden wir die Einnahmen ausder Versteigerung von Emissionszertifikaten verwenden.Es ist nicht unwahrscheinlich, dass diese Einnahmen– ich suche jetzt den Kollegen Gabriel auf der Regie-rungsbank – höher sind.
– Er ist auf der Klimakonferenz. Wenn die Einnahmenaus dem Zertifikatehandel höher sein sollten, gibt es zu-sätzliche Spielräume, um das Energie- und Klimapaketzu finanzieren.
Die Bundesregierung legt einen Finanzplan vor, mitdem wir, die Bundesebene, realistischerweise spätestensim Jahre 2011 erstmals seit 40 Jahren einen ausge-glichenen Haushalt erreichen werden. Jemand, der diesschon für das Jahr 2008 oder 2009 verspricht, der begehtden alten Fehler des Zweckoptimismus. Wenn es denn2010 so sein sollte, dass wir einen ausgeglichenen Haus-halt haben, dann gebe ich einen aus:
für die beiden Koalitionsfraktionen zwei FlaschenSaint-Émilion – –
– Okay, je.
Die Oppositionsfraktion bekommen je eine Flasche Kal-terer See.
– Es kann auch Lambrusco sein. Er ist vornehmlichdeutscher Wein, wie ich vermute, große Lage.Ich freue mich über die Tatsache, dass der gesamt-staatliche Haushalt, also der Haushalt von Bund, Län-dern, Kommunen und Sozialversicherungen – es ist sehrschwer, dem Publikum den Unterschied zwischen Bun-deshaushalt und gesamtstaatlichem Haushalt verständ-lHlwdedhsvhvdwrfuüddösmlfLhhrgieddneFzdDsvnm
Wenn ich Ihnen angesichts dessen spätestens für 2011inen ausgeglichenen Bundeshaushalt in Aussicht stelle,ann weiß ich, wie die Reflexe aussehen – Frau Hajdukeutet das gerade an –: Der Steinbrück ist nicht ambitio-iert genug; der müsste viel ehrgeiziger sein; der machts sich leicht; das ginge alles noch viel schneller.
rau Hajduk, Sie brauchen mir gar nicht Ihr Manuskriptu geben. Diese Rede kann ich auch halten, nachts umrei auf Knopfdruck.
as ist im parlamentarischen Schlagabtausch nun einmalo üblich. Rituelle Elemente sind gelegentlich nicht ganzon der Hand zu weisen.Jeder Finanzminister ist sehr gut beraten, den Mundicht zu voll zu nehmen. Die Erfahrung vieler Finanz-inister zeigt einem, dass die Bürger dies zu würdigen
Metadaten/Kopzeile:
11386 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007
)
)
Bundesminister Peer Steinbrückwissen, weil sie des Wortgeklingels in diesem Zusam-menhang gelegentlich ziemlich müde sind.Ich bleibe dabei: Gerade die Finanzpolitik muss vonrealistischen, eher vorsichtigen Annahmen getragensein, so wie wir das im Koalitionsvertrag verabredet ha-ben und so wie wir das als Große Koalition bisher immergehandhabt haben, und zwar mit einer wichtigen ver-trauensbildenden Auswirkung: Wir haben uns am Endeder vergangenen Jahre zugunsten und nicht mehr zulas-ten der Bundesrepublik Deutschland verschätzt, und diesist für die weiteren Debatten vertrauensbildend.
Haushaltsausgleich 2011 oder früher, fest steht: Mitdem vorliegenden Finanzplan haben wir – auch wenn espathetisch klingt – eine historische Chance, nämlich dieChance, nach 40 Jahren Politik auf Pump aus demHamsterrad einer immer weiter steigenden Verschul-dung mit einer entsprechenden Zinslast – wir zahlennach wie vor über 40 Milliarden Euro Zinsen – heraus-zukommen. Diese Verschuldung drückt uns aktuell mit1 500 Milliarden Euro. Das ist eine Zahl, die keinMensch mehr verstehen kann. 1 500 Milliarden EuroSchulden, das bedeutet, dass jeder Bürger in Deutsch-land – 80 Millionen Einwohner, vom Baby bis zumGreis – Schulden in der Größenordnung des Wertes ei-nes Mittelklassewagens von 18 000 bis 20 000 Euro hat.Das ist das, was auf uns gemeinsam lastet.Dafür fallen immer mehr Zinsen an. Die Zinsen sindinzwischen der zweitgrößte Ausgabenblock. Sie liegenuns wie eine Schlinge um den Hals. Wenn wir von die-sem Zinsblock herunterkämen, hätten wir mehr Geld fürBildung, mehr Geld für Familie, mehr Geld für Infra-struktur, mehr Geld für die Zukunftsinvestitionen, vondenen unser zukünftiger Wohlstand und unsere zukünf-tige Wohlfahrt abhängen.
Wir haben die historische Chance, damit aufzuhören,unseren Kindern und Enkelkindern immer mehr Wacker-steine in den Rucksack für ihr Leben zu legen – will sa-gen: immer mehr Lasten aufzubürden –, übrigens zusätz-lich zu den Lasten einer älter werdenden Gesellschaft.Eines ist klar: In dem Umfang, in dem wir das nach wievor tun, führt das zu einer gigantischen Umverteilungvon unten nach oben.Wir sind deshalb in meinen Augen an einer entschei-denden finanzpolitischen Wegmarke angelangt, dieeine klare politische Entscheidung von uns verlangt. Zu-gespitzt – das gebe ich zu – lautet die Alternative für dieFinanzpolitik: kurzfristiger Rausch oder langfristigeRendite. Wir können uns entscheiden: Geben wir weiterGeld mit vollen Händen aus, solange der Aufschwungträgt, und vergrößern wir den Schuldenberg immer noch,oder machen wir im Hinblick auf konjunkturell mal wie-der schlechtere Zeiten – hoffentlich später als früher –jetzt Ernst mit dem Einstieg in den Schuldenabbau undvergrößern damit Schritt für Schritt und langfristig un-sere finanzpolitischen Gestaltungsspielräume?
brsdcnsvFwEdirdvlJwgbMazdSAndglWbldetds3g2RwwI
Zweitens. Ihr Vorschlag, die Rentenreformen von001 und 2004 sowie die schrittweise Anhebung desenteneintrittsalters rückgängig zu machen. Natürlicheiß ich, dass niemand gern länger arbeitet. Natürlicheiß ich, dass wir alle weniger Steuern zahlen wollen.hr alle zahlt aber ganz richtig und angemessen Steuern.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007 11387
)
)
Bundesminister Peer SteinbrückIhr Vorschlag ist generationenungerecht. Die heutigen40-Jährigen und die Jüngeren wissen ganz genau, dasssie länger arbeiten müssen, weil anders alles nicht zu be-zahlen ist. Darüber ist natürlich niemand begeistert, aberes ist unverantwortlich, so zu tun, als ob man es ändernkönnte.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass Sie mit einer solchenVoodoo-Ökonomie nicht sehr weit kommen. Die Men-schen haben ein sehr feines Gespür dafür, was Mogel-packungen sind, nicht nur in der Werbung, sondern auchin der Politik. Die Menschen wissen, dass es nichts um-sonst gibt. Die Menschen wissen, dass man zwar heuteüber seine Verhältnisse leben kann, aber eines Tages da-für die Rechnung zu bezahlen hat.Meine Damen und Herren, eine robuste Konjunktur,gestützt von einer erfolgreichen Wirtschafts- und Fi-nanzpolitik der Großen Koalition, ein ausgeglichenerHaushalt – jedenfalls in greifbarer Nähe –: Man könnteglauben, all das müsste den Finanzminister sehr zufrie-denstellen. Aber es fehlt noch etwas. Auf dem Weg zudauerhaft tragfähigen öffentlichen Finanzen kann dasnur ein erster Schritt sein. Schon die erste Große Koali-tion in der Geschichte der Bundesrepublik hat sich untermaßgeblicher Mitwirkung von Karl Schiller und FranzJosef Strauß an die Reform der Finanzverfassung ge-macht. Das Stabilitäts- und Wachstumsgesetz vom Juni1967 ist ziemlich genau 40 Jahre her. Zwei Jahre späterfand diese Reform mit der übrigens heute noch gültigenSchuldenregel in Art. 115 Grundgesetz ihren Abschluss.Der Unterschied zwischen damals und heute beträgt900 Milliarden Euro. Dabei handelt es sich um den An-stieg der Verschuldung allein des Bundes, nämlich von24 Milliarden Euro 1967 auf 930 Milliarden Euro heute.An dieser Tatsache wird deutlich, dass wir als zweitenSchritt nach dem Erreichen eines strukturell ausgegli-chenen Haushalts eine neue Schuldenregelung in unsererVerfassung brauchen.
Diese Schuldenregel muss verhindern, dass in dem Au-genblick, wo das strukturelle Defizit endlich null beträgt,wir dieselben Fluchtbewegungen wie früher auch unter-nehmen und in die Spiralbewegung einer wieder zuneh-menden Verschuldung hineingeraten. Sinn der neuenSchuldenregelung ist, das zu verhindern.Es ist heute vielleicht noch zu früh, ein bestimmtesModell für diese Schuldenregel vorzustellen. Ich freuemich jedoch, dass es in den Debattenbeiträgen hierzu zu-nehmend Annäherung auch zwischen den beiden Koali-tionsfraktionen gibt. Aus meiner Sicht muss eine Neure-gelung des Art. 115, die in dieser Legislaturperiode mitden uns zur Verfügung stehenden Mehrheiten im Bun-desrat und Bundestag erreicht werden muss, folgendenKriterien genügen:Erstens sollte sie mit den Bestimmungen des europäi-schen Stabilitäts- und Wachstumspaktes in Übereinstim-mung zu bringen sein.glHssriwccAudngwduddgwRgWeBmsEsrfwrneumntgfdd
Metadaten/Kopzeile:
11388 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007
)
)
Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort zu-
nächst für die FDP-Fraktion dem Kollegen Jürgen
Koppelin.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Herr Bundesfinanzminister, ich will gar nicht so sehr aufIhre Rede eingehen. Man hatte den Eindruck, Sie hattendrei Redenschreiber: einen aus dem Finanzministerium,einen aus dem Willy-Brandt-Haus und einen aus derBundestagsfraktion der SPD; so war das anscheinendaufgeteilt. Dass Sie Ihrer SPD-Bundestagsfraktion dieWeltwirtschaft erklären müssen, ist Ihre Sache; vielleichthaben die es nötig.
Ich will auf einen Punkt eingehen, weil Sie da diegroße Keule vor allem gegen die FDP und Kollegen mei-ner Fraktion herausgeholt haben. Wissen Sie, Herr Bun-desfinanzminister: Sie sind der schlechteste Kronzeugefür Glaubwürdigkeit. Sie, Ihre Fraktion und Ihre Parteihaben vor der Bundestagswahl erklärt, die Merkel-Steuer, also eine Erhöhung der Mehrwertsteuer, kommemit Ihnen auf keinen Fall infrage. Anschließend habenSie die Mehrwertsteuer jedoch um drei Punkte angeho-ben. Wenn Sie das den Wählern vorher gesagt hätten, sä-ßen in Ihren Reihen 40 Abgeordnete weniger.
Eigentlich sind es gute Zeiten für einen Finanzminis-ter: Die Einnahmen des Bundes sprudeln, die Medienberichten sogar von Überschüssen. Außerdem haben wir– in dem Punkt hat der Bundesfinanzminister recht –eine gute Konjunktur; das schafft Steuereinnahmen.Aber für diese gute Konjunktur – das ist mit keinemWort erwähnt worden; wenn man aber als Bundesregie-rung selbstkritisch ist, hätte man das eigentlich tun müs-sen – haben Sie selber keinen Handschlag getan. Dafürist die Wirtschaft verantwortlich. Ich will ausdrücklichauch die Gewerkschaften loben, die mit moderaten Ab-schlüssen bei den Gehältern dazu beigetragen haben.Was wäre, wenn diese Bundesregierung etwas getanhätte? Dann hätten wir ja noch mehr Steuereinnahmen.
In diesem Zusammenhang muss man die Aktivitätendes Bundesfinanzministers und der Bundesregierung se-hen: Sie haben die Mehrwertsteuer um drei Punkte an-gehoben. Da haben Sie ordentlich abkassiert; das giltauch für Sie, Herr Kauder. Und weil der Bundesfinanz-minister und die Bundesregierung beim Abkassierengerade in Übung waren, haben sie das auch bei der Bun-desagentur für Arbeit getan. So wollen Sie Ihren Haus-halt sanieren; so kommt es zu diesen Mehreinnahmen.Aber man fragt sich – darauf sind Sie mit keinemWort eingegangen –: Wie kommt eine Bundesregierungdazu, jetzt weitere Ausgaben zu beschließen, vor allemihSOhg2mKpzwhsgKlpSlülafeweBGvhgpgnozasHcMhnedddhgAaSsw
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007 11389
)
)
Wie sind Sie eigentlich dazu gekommen, HerrnSchäuble im Jahr 2007 und in diesem Bundeshaushaltdas Geld für die Onlinedurchsuchung zu geben? Die So-zialdemokraten haben im Haushaltsausschuss und hierim Plenum des Deutschen Bundestages zugestimmt. TunSie doch nicht so, als seien Sie dagegen!Also: Kümmern Sie sich um die Ausgabenseite! Da-rauf haben Sie nicht einen Blick geworfen.
Hallo!
ie vergangenen Wochen und Monate haben gezeigt,ass die Koalition und die Regierung zu solchen Beiträ-en nicht in der Lage waren. Hier setzen wir auch auf diebgeordneten der Koalitionsfraktionen im Haushalts-usschuss. Herr Bundesfinanzminister, Sie haben Ihrerigenen Partei kürzlich eine Heulsusenmentalität vorge-orfen. Ich kann nur sagen: Sie hätten mit gutem Bei-piel vorangehen können. Sie hätten Ihrer Fraktion Mutachen können. Sie hätten sagen können: Ich, derinanzminister, bin in der Politik hart. – Das wäre posi-iv gewesen. Vielleicht hätten Sie die Heulsusenmentali-ät in Ihrer Fraktion damit ein Stück weit abbauen kön-en.
Die Ratschläge von Bundesbank und Finanzpla-ungsrat sind in den Wind geschlagen worden. Die Bür-er werden das teuer bezahlen müssen, wenn man nichtnderungen am Haushalt 2008 vornimmt.Herzlichen Dank für Ihre Geduld.
Nächster Redner für die CDU/CSU-Fraktion ist derollege Dr. Michael Meister.
Metadaten/Kopzeile:
11390 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007
)
)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächsteinmal fühle ich mich als Vertreter der Großen Koalitionund der Unionsfraktion durch den Redebeitrag des Kol-legen Koppelin bestärkt. Wir haben gesehen: Die GroßeKoalition legt ein geschlossenes Konzept vor, um dasWachstum zu stärken, den Haushalt zu konsolidierenund die Rahmenbedingungen zu verbessern.
Wir haben punktuelle Kritik, aber kein Alternativkon-zept gehört. Daraus schließe ich, dass wir grundsätzlichauf dem richtigen Weg sind und dass wir Kurs haltensollten.
Ich möchte ausdrücklich, auch für meine Fraktion, sa-gen, dass ich Dank und Anerkennung für die Akteure amFinanzmarkt teile. Wir haben in den vergangenen Ta-gen und Wochen einige Turbulenzen erlebt. Ich glaube,das besonnene und überlegte Verhalten der Akteure hatdazu geführt, dass der Schaden begrenzt werden konnteund wir in der Lage sind, mit Blick auf den FinanzplatzDeutschland gestärkt aus diesen Turbulenzen hervorzu-gehen. Ich möchte in diesem Zusammenhang das, wasHerr Steinbrück gesagt hat, im Namen meiner Fraktionausdrücklich unterstreichen. Wir sind gut aufgestellt undbefinden uns auf einem guten Weg. Wir sollten in Ruheüberlegen, welche Konsequenzen notwendig sind, umuns für die Zukunft weiter zu stärken.Ich will eine zweite Feststellung treffen. Zum einenist der Finanzmarkt, der auch Arbeitgeber ist, ein wichti-ger Wirtschaftsfaktor. Zum anderen gibt es indirekteAuswirkungen auf die Realwirtschaft bei der Finanzie-rung. Wir müssen sehr aufpassen und dafür sorgen, dasswir die angesprochenen Risiken weiter begrenzen. Wirdürfen aber nicht verhindern, dass sich Unternehmenweiterhin vernünftig – und zwar außerhalb der Fremdka-pitalschiene – finanzieren können. Die Möglichkeit, sichZugang zu neuem Eigenkapital zu verschaffen, dürfenwir nicht beschneiden, sondern diese müssen wir aus-bauen. Darin liegt ein massiver Beitrag zu mehr Wachs-tum, zu mehr Arbeitsplätzen und zu mehr Chancen fürunser Land.
Angesichts unserer Debatte über den Haushalt 2008möchte ich Folgendes zitieren:In der Politik gibt es einen unstillbaren Drang, sichzu verschulden, weil die Kosten von den Nachkom-menden getragen werden, der Nutzen aber in derGegenwart anfällt.So der Staatsrechtler Hans Meyer, ehemaliger Präsidentder Humboldt-Universität.Die Große Koalition tritt mit dem Haushaltsentwurf2008 den Beweis des Gegenteils an. Wir wollen damitSchluss machen, dass der Nutzen von heute zulasten zu-künftiger Generationen geht. Damit muss es ein Endehaben. Deshalb setzen wir uns für HaushaltsausgleicheDndnTFv2nSzRfsSdnwgttKFssBtHdMddSdwazsstt„ddEnMggn
Wir müssen natürlich nicht nur das Delta bei derinanzierung betrachten und es auf null zurückführen,ondern wir müssen auch die Belastungen der Menschenehen. Hier wird gelegentlich suggeriert, als würde dieelastung ansteigen. Natürlich haben wir einige Zumu-ungen auf den Weg gebracht. Diese waren aber ob deraushaltssituation, die wir vorgefunden haben, notwen-ig. Aber es ist auch richtig, dass die Belastung derenschen in dem Haushalt, den wir jetzt beraten, aufen Stand zurückgeführt wird, wie wir ihn 1989, vor dereutschen Wiedervereinigung, hatten. Das, was Gerhardtoltenberg damals erreicht hat, erreichen wir jetzt wie-er. Dazu müssen wir den Menschen sagen: Auch damiterden Rahmenbedingungen geschaffen, die es wiederttraktiv machen, in Deutschland etwas zu leisten, etwasu unternehmen, etwas zu tun. Betrachtet man die Ge-amtbilanz, heißt das: Wir belasten die Menschen nicht,ondern entlasten sie.
Herr Koppelin, ich bin gerne bereit, darüber zu disku-ieren, dass wir nicht allein für die Verbesserung der Si-uation verantwortlich sind; ich habe die StichworteVertrauen“ und „Glaubwürdigkeit“ genannt. Ich willaran erinnern: In Genshagen wurde das Gesetz zur För-erung von Wachstum und Beschäftigung beschlossen.s wurde übrigens von Ihnen nicht unterstützt. Es hat ei-en wesentlichen Beitrag dazu geleistet, dass gerade imittelstand in Deutschland die Konjunktur angesprun-en ist, neue Bewegung hineinkam und Arbeitsplätzeeschaffen worden sind. Deshalb ist es aus meiner Sichticht redlich, einerseits zu sagen: „Die Koalition hat
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007 11391
)
)
Dr. Michael Meisterkein Verdienst am jetzigen Aufschwung“, und anderer-seits die Maßnahmen, die dazu beigetragen haben, zukritisieren. Sie sollten sich einmal für eine Linie und fürdie Wahrheit entscheiden.Meine Damen und Herren, ich bin der Meinung, dasswir diesen Kurs weiterführen sollten. Dies bedeutet zu-sätzlich dazu, dass wir die Konjunktur angeschoben ha-ben, den Klimaschutz anzugehen. In diesem Zusammen-hang werden wir gerade im mittelständischen Bereichdie Situation verbessern, indem wir die Förderpro-gramme zur CO2-Einsparung mit Maßnahmen zum Bei-spiel des Gebäudesanierungsprogramms so verbinden,dass dies auch wirtschaftlich eine positive Auswirkunghat. Das Ganze ist deshalb kein Widerspruch, sondernergänzt sich und trägt sich gegenseitig.Wir sollten auch darüber reden, was das alles denMenschen bringt. Wenn wir die Ausbildungsplatzlage imLande anschauen, dann ist festzustellen: Sie ist besserals vor einem Jahr. Sie ist nicht zufriedenstellend; abersie ist besser. Das heißt, junge Menschen haben größereChancen, eine Ausbildung zu finden und damit ihreExistenz zu sichern. Die Chance, einen Arbeitsplatz zufinden, ist besser als vor einem Jahr. Im Vergleich zu derLage vor zwei Jahren sind 1 Million Menschen wenigerarbeitslos. Das heißt, auch hier wurden die Chancen ge-steigert.Mittlerweile kommt bei denjenigen, die eine Beschäf-tigung haben, auch etwas im Geldbeutel an. Wir habenden Arbeitslosenversicherungsbeitrag gesenkt und wol-len dafür sorgen, dass er weiter sinkt. Frau Bundeskanz-lerin, hierzu sage ich: Mir geht der Beschluss von Mese-berg nicht weit genug. Ich bin für einen niedrigerenBeitragssatz als den geplanten von 3,9 Prozent, nämlichfür einen Beitragssatz von 3,5 Prozent.
Dieser Satz sollte nachhaltig und dauerhaft gesenkt wer-den, um den Menschen etwas zugutekommen zu lassenund die Arbeitsplätze zu sichern.Wir haben eine Unternehmensteuerreform zustandegebracht, die die Wettbewerbsfähigkeit des Unterneh-mensstandortes Deutschland und des Arbeitsplatzstand-ortes Deutschland wesentlich verbessert. Hierzu will ichsagen: Auch das muss im Haushalt finanziert und abge-bildet werden. Darüber besteht mittlerweile keine Dis-kussion mehr. Wir haben das mit eingebaut.Ich will darauf hinweisen, dass wir jetzt natürlichüberlegen müssen: Wo können überhaupt neue Arbeits-plätze entstehen? Da haben wir zum einen den BereichForschung und Entwicklung. Trotz der Tatsache, dasswir ein Staatsdefizit haben, trotz der Tatsache, dass wirsparen müssen, versuchen wir, die Haushaltspositionenim Bereich Forschung, Innovation und Entwicklung zustärken und dort das 3-Prozent-Ziel von Lissabon zu er-reichen. Wir, die Unionsfraktion, stehen ausdrücklichdahinter. Denn wir sind der Meinung: An dieser Stellekönnen wir im Hinblick auf Arbeitsplätze, Wettbewerbs-fähigkeit unseres Standorts und Zukunftschancen nur ge-wavfggwkgdsdeaSAdmsdttrdrrwrwIwaLknwwwnkCnldn3dsrvk
Ich will zum Abschluss auf einen Punkt zu sprechenommen, der mir sehr wichtig ist. Ich habe vorhin vonachhaltiger Haushaltskonsolidierung gesprochen. Wirollen hier nicht nur über kurzfristige Ziele diskutieren,ir wollen nicht nur über den Haushalt 2008 diskutieren,ir wollen nicht nur über die mittelfristige Finanzpla-ung diskutieren, sondern wir wollen auch darüber dis-utieren, dass wir die aus meiner Sicht einmaligehance haben, ein Regelwerk in die Verfassung aufzu-ehmen, das dafür sorgt, dass dauerhaft keine strukturel-en Defizite mehr geschaffen werden können. Wenn wiriese Aufgabe nicht lösen, delegieren wir sie an dieächste Generation; das ist ein Zeitraum von 25 bis0 Jahren. Wir stehen in der Verantwortung und müsseniese Chance nutzen. Ich möchte am Ende der Diskus-ion ein Regelwerk haben, das vorgibt, dass das struktu-elle Defizit bei null liegen muss, und das, abgesehenon Ausnahmefällen wie Katastrophen und Ähnlichem,eine Ausnahmen vorsieht.
Metadaten/Kopzeile:
11392 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007
)
)
Dr. Michael MeisterWir müssen das vernünftig fassen. Ich bin kein Ver-fassungsjurist, sondern nur bescheidener Mathematiker;daher hoffe ich auf die Hilfe der Rechtsgelehrten. Ichhoffe, dass Bund und Länder eine Verantwortungsge-meinschaft bilden; denn diese Aufgabe kann nur ge-meinschaftlich von Bund und Ländern gelöst werden.Wir müssen das, was wir Konjunktur nennen, vernünftigfassen. Ich glaube, dass wir von dem einen oder anderenLand in unserer Nachbarschaft lernen können, wie dortkonjunkturelle Entwicklungen aufgefasst werden.Über den konjunkturellen Anteil an der Staatsver-schuldung dürfen wir nicht nur dann diskutieren, wennSchulden gemacht werden. Wir müssen auch dann da-rüber sprechen, wenn die Konjunktur positiv verläuft;denn dann muss Vorsorge für den nächsten Abschwunggetroffen werden. In diesem Sinne müssen wir inArt. 115 des Grundgesetzes ein neues Regelwerk schaf-fen. Wenn uns das gelingt, dann werden wir gemein-schaftlich unserer Verantwortung gerecht.Ich möchte jeden einladen, mit Ideen und alternativenVorschlägen dazu beizutragen. Ich warne aber davor,eine solch wichtige Diskussion durch kleingeistige undkleinkarierte Kritik zu zerreden.Vielen Dank.
Dr. Gesine Lötzsch ist die nächste Rednerin für die
Fraktion Die Linke.
Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr geehrtenDamen und Herren! Sehr geehrte Gäste! Stellen Sie sichvor, Sie beobachten in einem Einkaufszentrum einen Ta-schendieb, der gerade einen Passanten dreist um eine be-trächtliche Summe erleichtert. Doch dann rennt er nichtweg. Nein, er hält die Geldscheine in die Höhe undstrahlt über das ganze Gesicht. Jeder würde doch den-ken: Dieser Mann ist verrückt. Nicht so in der Politik.Die Bundesregierung hat mit der umfangreichstenSteuererhöhung in der Geschichte der Bundesrepublikden Bürgern kräftig in die Tasche gegriffen, und nun se-hen wir den Finanzminister aus allen Zeitungen strahlen.Er freut sich über sein gelungenes Gesellenstück. Er-staunlich ist nur, dass keiner ruft: Haltet den Dieb!
Zur Erinnerung: Die Bundesregierung hat nicht nurdie Mehrwertsteuer erhöht, sondern auch die Versiche-rungsteuer. Sie hat die Entfernungspauschale und denSparerfreibetrag verringert, und auch der Beitragssatzfür die Renten- und Krankenversicherungen stieg im Ja-nuar. Verwundert es da, dass sich keiner so richtig mitHerrn Steinbrück freuen kann? Wie wir heute in einerZeitung lesen können, genießt er das gesammelte Miss-trauen der SPD.Doch eine Ausnahme gibt es: Die Unternehmensteu-erreform tritt im nächsten Jahr in Kraft und wird vor al-ldldmrhtslSDndvzAseAurdnuhAHmawtnvedeldw
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007 11393
)
)
Ich sage Ihnen: Mit dieser Art von Politik, mit der SieArbeitnehmern, Rentnern und Arbeitslosen alles ver-sprechen und in der Realität nichts halten können, täu-schen Sie die Menschen.
Sie verlieren jeden ernsthaften Anspruch auf Gestaltung.Das wird noch deutlicher werden als in der Vergangen-heit.wEGsbnDnlZIsMhdwiltdhiSlhDlHgwHsAsSffthsrmfg
Ich will gar nicht auf einzelne Stichworte eingehen.Aber zur Unternehmensteuerreform möchte ich et-as sagen: Ja, wir beseitigen eine Gerechtigkeitslücke.s kann doch nicht sein, dass 100 Milliarden Euro anewinnen in Deutschland erzielt und im Ausland ver-teuert werden. Das ändern wir; das ist richtig so. Wireseitigen Gerechtigkeitslücken und schaffen keineeuen.
eswegen: Die Auseinandersetzung mit Ihnen darf manicht übertreiben. Aber wir werden Sie Zug um Zug ent-arven. Die von der SPD-Bundestagsfraktion vorgelegteusammenstellung zu den finanziellen Auswirkungenhrer Anträge und Initiativen war ein erster Schritt dazu.
Wer vor eineinhalb Jahren vorhergesagt hätte, wie gutich die Lage auf dem Arbeitsmarkt, insbesondere imittelstand, und die Situation der öffentlichen Haus-alte, insbesondere in den Kommunen, entwickeln wür-en, der wäre doch als Fantast bezeichnet und verspottetorden. Jeder von uns, der vorhergesagt hätte, dass wirm September dieses Jahres auf der Grundlage der vor-iegenden Zahlen würden beraten können, wäre verspot-et worden. Deswegen sage ich Ihnen: Eine Rede wieie, die Bundesfinanzminister Peer Steinbrück heute ge-alten hat, konnte seit fast 20 Jahren kein Finanzministern Deutschland mehr halten. Eigentlich sollte von alleneiten dieses Hauses begrüßt werden, dass es ihm mög-ich war, eine solche Rede zu halten.
Mit dem von Peer Steinbrück eingebrachten Haus-altsentwurf bleibt die Koalition sich selbst und ihreroppelstrategie treu, die erforderliche Haushaltskonso-idierung und die notwendige politische Gestaltungand in Hand zu betreiben.Das erfolgreiche 25-Milliarden-Euro-Impulspro-ramm fortzusetzen, die Mittel für Forschung und Ent-icklung zu erhöhen, die BAföG-Erhöhung und denochschulpakt zu finanzieren, die Mittel für Klima-chutzprogramme hochzufahren und das Programm zumusbau der Krippenplätze zu starten, all das bringt un-ere Wirtschaft und unsere Gesellschaft Schritt fürchritt voran. Diese Maßnahmen werden sich auch iniskalischer Hinsicht auszahlen; das gilt übrigens auchür die Unternehmensteuerreform.Konsolidieren und Gestalten, das ist die richtige Stra-egie, die auch in Zukunft verfolgt werden muss. Daseißt aber auch, dass die fiskalischen Spielräume, dieich ergeben, konsequent und glaubwürdig zur Rückfüh-ung der Verschuldung genutzt werden müssen. Wirüssen unsere Defizitziele im nächsten Jahr und in denolgenden Jahren erreichen. Wir haben die Chance, dasesamtstaatliche Defizit im nächsten Jahr auf null zu
Metadaten/Kopzeile:
11394 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007
)
)
Joachim Poßfahren. Ich finde, dass das Tempo des stattfindenden De-fizitabbaus bemerkenswert ist.Die Haushaltspolitik muss ökonomische und gesell-schaftliche Erfordernisse im Blick behalten; ansonstenist sie letztlich zum Scheitern verurteilt. In diesem Sinnewerden wir die anstehenden parlamentarischen Haus-haltsberatungen führen.Die Haushaltspolitiker der Koalition haben sich dasZiel gesetzt, die von der Bundesregierung beschlosseneund im Etatentwurf für 2008 aufgeführte maximaleHöhe der Neuverschuldung des Bundes in Höhe von12,9 Milliarden Euro zu verringern. Wir streben an, die-ses Ziel zu erreichen. Allerdings ist bereits der Betragvon 12,9 Milliarden Euro die niedrigste jährliche Ver-schuldung des Bundes seit fast 20 Jahren. Wer uns indieser Situation vorwirft, wir seien bei der Haushalts-konsolidierung nicht ehrgeizig genug, der muss schonsehr konkrete und umsetzbare Konsolidierungsvor-schläge vorlegen.
Bisher konnte ich nicht erkennen, dass solche Vor-schläge gemacht wurden, weder von der FDP noch – daskann Frau Hajduk gleich ändern – von den Grünen.Wenn wir hier streiten, dann sollten wir das bitte auf derGrundlage realitätstüchtiger Vorschläge und nicht imWolkenkuckucksheim tun.
Wenn die derzeit günstige wirtschaftliche Entwick-lung anhält – es gibt durchaus Anzeichen der Unsicher-heit, über die heute schon gesprochen wurde –, dannwerden wir voraussichtlich spätestens im Jahre 2011 ei-nen ausgeglichenen Bundeshaushalt vorlegen können.Wenn wir all diese Ziele – gute Entwicklung vonWirtschaft, Beschäftigung und Haushaltskonsolidierung –erreichen wollen, ist es allerdings notwendig, dass überJahre hinweg die richtigen Entscheidungen getroffenund die richtigen Weichenstellungen vorgenommen wer-den. Ich will zwei Beispiele nennen.Erstens. Bereits jetzt wird immer wieder gefordertbzw. sogar angekündigt, dass in der nächsten Legislatur-periode die Einkommensteuer oder andere Steuern ge-senkt werden. Herr Kollege Kampeter, die Medien be-richten, dass auch in Strategiezirkeln von CDU undCSU, und zwar weit über das Ministerium des Bundes-wirtschaftsministers hinaus, Konzepte für massiveSteuersenkungen erarbeitet werden. Offensichtlichwird hier gezielt versucht, sich eine populäre Ausgangs-position für die Auseinandersetzung mit dem Koalitions-partner in anstehenden Wahlkämpfen aufzubauen.Da wir heute eine haushaltspolitische Debatte führen,ist zu fragen: Wie ernst meinen es diejenigen, die schonheute für einen nicht sehr weit in der Zukunft liegendenZeitpunkt Steuersenkungen in Aussicht stellen, eigent-lich mit der Haushaltskonsolidierung, die in dieser Le-gislaturperiode noch nicht abgeschlossen werden kann?Wenn in einem Jahr keine neuen Schulden gemacht wer-den müssen, heißt das nicht, dass alle Probleme bereitsgaikzaapIfedslg1BElmPsmDzuüuLldVkhBrnneGkibhrrB
Das scheint für diejenigen, die solche Steuersen-ungsvorschläge machen, offenbar nicht im Vordergrundu stehen. Erst wird die Verschuldung über Jahre hinwegls große Staatskrise dargestellt – wir haben das erlebt –,ber dann hat man es mit der Tilgung der Altschuldenlötzlich nicht mehr so eilig. Das ist widersprüchlich.ch habe an alle, die derartige Vorschläge in ihren Köp-en haben, die herzliche Bitte, darüber nachdenken, obs nicht zu widersprüchlich ist, davon zu sprechen, dassie Abschaffung des Solidaritätszuschlags oder der Erb-chaftsteuer möglich wäre, wenn die politische Konstel-ation eine andere wäre. Nein, vor dem Hintergrund vonesamtstaatlichen Schulden in Höhe von immer noch,5 Billionen Euro geht dies nicht.Auch was die Reform der Finanzbeziehungen vonund und Ländern angeht, dürfen keine unbedachtenntscheidungen gefällt werden. Ich begrüße ausdrück-ich die Kriterien, die Peer Steinbrück in diesem Zusam-enhang genannt hat, will aber auch auf folgendenunkt hinweisen: Meines Erachtens krankt die Diskus-ion bisher daran, dass grundlegende Fakten und Zusam-enhänge nicht beachtet werden. Viele Teilnehmer deriskussion sind davon überzeugt, dass die unbestreitbaru hohe öffentliche Verschuldung eine Folge vor allemnzureichender Verfassungsregeln sei. Diese Auffassungbersieht, dass es für die öffentliche Kreditaufnahmend die Finanzpolitik sowohl des Bundes als auch deränder beachtliche andere Gründe gab und gibt: vor al-em die Bewältigung der deutschen Einheit, aber auchie Vermeidung prozyklischer Finanzpolitik.Auch ist bisher weitgehend unklar, was die einzelnenorschläge zur Modifikation des Art. 115 Grundgesetzonkret an Politik erfordern und konkret bewirken. Des-alb halte ich es für dringend erforderlich, dass fundierteerechnungen vorgelegt werden, mit denen die Verände-ungsabsichten gestützt werden müssen und die die öko-omischen Auswirkungen der einzelnen Vorschläge ge-au aufzeigen. Es darf nicht dazu kommen, dass mitiner Modifikation der Verfassung das gerade gefundeneleichgewicht von wirtschaftlicher Impulsgebung, Zu-unftsgestaltung und Haushaltskonsolidierung, das wirn den letzten beiden Jahren so erfolgreich erprobt ha-en, möglicherweise wieder infrage gestellt wird. Daseißt, neue Regeln, für die wir alle eintreten, müssenealitätstüchtig sein; sie müssen sich in der Realität unse-er Ökonomie auch bewähren können.Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Das Wort hat nun die Kollegin Anja Hajduk,ündnis 90/Die Grünen.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007 11395
)
)
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her-ren! Sehr geehrter Herr Steinbrück, Sie haben angenom-men, schon zu wissen, was die Opposition heute zu sa-gen hat. Da Sie es wissen, weiß ich nicht, ob Sie schonwild entschlossen sind, sich unsere Ausführungen nichternsthaft anzuhören. Aber ich werbe doch noch einmalum Ihr Gehör.Worum geht es, wenn wir sagen, die gute Situation,die wir jetzt haben – die gute konjunkturelle Entwick-lung, die gute Situation auf dem Arbeitsmarkt –, solltegenutzt werden, um unsere Schulden abzubauen? Wo-rum geht es, wenn wir darum werben, die historischeChance wahrzunehmen und vier gute Jahre zu nutzen,um 2009 einen ausgeglichenen Haushalt zu haben?Was macht Sie so gewiss, dass Sie ein Abonnement aufeine positive Dauerkonjunktur bis 2011 haben?
Aus der Erfahrung, die Rot-Grün in den Jahren 1999und 2000 gemacht hat, erinnere ich Sie an Folgendes:Damals haben wir vielleicht zu einem falschen Zeitpunktim Boom Ausgabensteigerungen im Haushalt und Steu-ersenkungen beschlossen, die konjunkturell nicht dierichtige Strategie darstellten.
Deswegen geht es mir jetzt nicht um ein bisschen schnel-ler, ein bisschen höher und ein bisschen weiter, sondernum die Verantwortung, die auch Sie für sich in Anspruchnehmen: Packen wir doch der nächsten Generation nichtden Rucksack mit Wackersteinen von Schulden voll,sondern nutzen wir einen Konjunkturboom, der sage undschreibe vier Jahre lang ein reales Wachstum von imSchnitt knapp 2 Prozent verspricht! Angesichts der Steu-ermehreinnahmen in Höhe von 45 Milliarden Euro – dassind die Steuermehreinnahmen Ihrer Finanzplanung; ichhabe den im Moment absehbaren Konjunkturbonus vonzusätzlichen 8 bis 10 Milliarden Euro noch gar nicht auf-geschlagen, wahrscheinlich sind es in dieser Legislatur-periode also Steuermehreinnahmen von mehr als 50 Mil-liarden Euro – frage ich Sie, warum die Einnahmen nichtausreichen sollen. Erklären Sie einmal der deutschen Be-völkerung, warum Ihnen 50 Milliarden Euro nicht aus-reichen sollen, um ein Defizit von 30 Milliarden Euroauszugleichen!
Ich nenn Ihnen den Grund: Die Große Koalition haterfolgreich am Steuerrad gedreht. In einigen Punkten un-terstützen wir das auch; wir schlagen uns nicht in dieBüsche, wenn es um Subventionsabbau geht, der dieBürgerinnen und Bürger auch einmal belastet. Sie habensich aber auch verdammt viele Ausgabenwünsche ge-nehmigt.
Die passen nicht in eine Zeit guter Konjunktur; so etwasmuss man sich für schlechtere Zeiten reservieren. Eben-darin liegt die strategische Panne, die Schwäche IhrerPolitik, Herr Steinbrück; da können Sie sie noch so ge-hgDt–kdDHEwMddd7cTA–udSSvvg–tADskmdm
eswegen werben wir für eine Veränderung dieser Stra-egie.
Sie müssen nicht aufgeregt rufen, Herr Poß. Ichomme noch zu den Vorschlägen. Im Übrigen haben wiras in den letzten Jahren immer so gehalten.Ich möchte beispielhaft auf das Jahr 2007 eingehen.amit komme ich auch zu einem konkreten Vorschlag,err Poß. Für das Jahr 2007 ist geplant, 19 Milliardenuro Schulden aufzunehmen. Der Steuerschätzung nacherden wir 10 Milliarden Euro zusätzlich einnehmen.ittlerweile zeichnet sich ab, dass es bis zu 15 Milliar-en Euro sein werden, und das ist noch nicht die Spitzeer Prognosen. Dann muss man doch erwarten, dass Sieieses Jahr statt 19 Milliarden Euro nur 6 Milliarden,Milliarden oder 8 Milliarden Euro neue Schulden ma-hen. Doch nein, es ist angekündigt: Wir brauchen eineneil dieser Steuermehreinnahmen für den Fonds zumusbau der Kinderbetreuung.
Nein! Jetzt wird es wieder billig bei Ihnen! – Wenn esm eine gute Sache und Ausgabe geht, nehmen Sie dafürie konjunkturellen Steuermehreinnahmen.
o hat Frau Merkel schon im letzten Jahr konjunkturelleteuermehreinnahmen für die Gesundheitsversicherungerwendet.
Wir, Bündnis 90/Die Grünen, haben Ihnen ein sehrernünftiges Konzept vorgelegt, wie man aus dem Ehe-attensplitting ein Familiensplitting macht.
Hören Sie einmal zu! – Dann kann man die Kinderbe-reuung sehr gut finanzieren. Dann kann der Bund seinennteil an den Investitionen tragen.
ann können die Länder statt dieser Fehlsubvention – ichehe schon, Sie stimmen mir zu, Herr Kampeter; das er-enne ich an Ihrem Lachen –
it den Steuermehreinnahmen, die sie haben werden,ie Betriebskosten finanzieren, und Herr Steinbrücküsste nichts zwischen Bund und Ländern aushandeln
Metadaten/Kopzeile:
11396 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007
)
)
Anja Hajdukund den Bund bei den Mehrwertsteuereinnahmen nichtstrukturell schlechter stellen, ihn zusätzlich belasten.Kurz gesagt: Wir haben ein Konzept für die Kinder-betreuung. Wir werben für den Rechtsanspruch auf Kin-derbetreuung, und zwar nicht erst ab irgendwann, son-dern ab dem nächsten Jahr. Wir können das umsetzen,wir haben eine Gegenfinanzierung. Sie bedienen sich da-gegen, wie immer, schlicht bei der guten Konjunktur;das ist langfristig nicht tragfähig.
Ich komme zu einem weiteren Punkt, der belegt, dassnicht so leicht gesagt werden kann: Es macht nichts,wenn man sich mit der Konsolidierung des Haushaltsund dem Haushaltsausgleich bis 2011 Zeit lässt, statt ihnin dieser Legislaturperiode, für die Sie Verantwortungübernommen haben, zu erreichen. Ich nenne das, wasSie machen, eine künstliche Streckung des Haushalts-ausgleichs. Man kann das an den Zinszahlungen sehen:Wir machen einen Sprung um 2,8 Milliarden Euro vonknapp über 40 Milliarden Euro auf über 43 MilliardenEuro. Ich glaube, auch das ist Rekord. Das ist Folge Ih-rer Politik, weil Sie bei der Verschuldung nicht die nö-tige Strenge walten lassen. Deswegen sage ich Ihnen:Ihre Strategie sieht im Lichte der gegenwärtig gutenKonjunktur gut aus, aber sie ist nicht konsequent undauch nicht verantwortungsvoll.
Ich komme zu einem anderen Thema. HerrSteinbrück, ich bin froh – das sind auch die Kollegen,die zuvor gesprochen haben –, dass die Große Koalitionwenigstens in einem Punkt bereit ist, Verantwortung zuübernehmen, nämlich dass Sie die Zweidrittelmehrheit,die Sie im Bundesrat und im Bundestag organisierenkönnen, nutzen wollen, um unsere gesetzlichen Regelnfür die Schuldenaufnahme zu überarbeiten.Wir Grünen haben aus der Verschuldungsspirale, inder wir in den letzten Jahren gefangen waren, Konse-quenzen gezogen. Wir haben einen Gesetzentwurf vor-gelegt, in dem wir nach dem Beispiel der Schweiz, aberan deutsche Verhältnisse angepasst, in Deutschland eineSchuldenbremse vorsehen, die uns vorschreibt, in gutenZeiten Überschüsse zu erwirtschaften, um für schlechteZeiten vorzubeugen. Ich wiederhole mich, Herr Meister– man kann es nicht oft genug sagen –: Wir müssen unsin konjunkturell guten Zeiten darum bemühen, die Ver-schuldung zu begrenzen. Ich habe Sie gerade dazu ein-geladen, das schon im Haushalt 2008 endlich wahrzuma-chen. Wir wollen, dass eine entsprechende Regelung insGrundgesetz aufgenommen wird. Unser Regelwerk er-füllt folgende Anforderungen: Es ist Maastricht-konform– das halte ich für notwendig – und „atmet“ mit der Kon-junktur. Es lässt auch Ausnahmen zu, wenn es im Kata-strophenfall erforderlich ist. Dafür haben wir aber strikteverbindliche Regelungen vorgesehen, bei denen eineZweidrittelmehrheit im Bundestag notwendig wäre, umausnahmsweise den Kreditrahmen zu erweitern.Ich bin froh, dass Sie Ihren Willen deutlich gemachthaben, in dieser Legislaturperiode zu neuen Schuldenre-geln zu kommen, und halte das auch für notwendig. IchnrkAIpudewphwDg13TöIvBStlE1lemmIIussndTwEfbde7l
ch fordere Sie auf, an dieser Stelle neu zu überlegen.
nsbesondere fordere ich die Fraktionen der CDU/CSUnd der SPD auf, diesem Vorhaben aus ordnungspoliti-chen Gründen und vielleicht auch aus anderen grund-ätzlichen Erwägungen, was Privatisierungen angeht,icht zuzustimmen. Auch das gehört in eine Haushalts-ebatte des Bundestages.
Ich komme zu meinem letzten Punkt. Bei einemhema hätte ich mir von Ihnen mehr Ehrlichkeit ge-ünscht, Frau Merkel.
s ist mittlerweile klar geworden, dass die Bundesagenturür Arbeit wegen der guten Entwicklung auf dem Ar-eitsmarkt Geld im Überfluss hat. Es ist mehr als klar,ass die Bundesagentur die zusätzlichen Mehrwertsteu-reinnahmen in Höhe von über 6 Milliarden bzw. knappMilliarden Euro nicht benötigt hätte, um ihre Arbeit zueisten und die Beiträge zu senken. Deswegen hätte ich
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007 11397
)
)
Anja Hajdukmir gewünscht, dass Sie dem Vorschlag des KollegenSteinbrück gefolgt wären, die Mehrwertsteuereinnahmenaus dem Haushalt der Bundesagentur für Arbeit heraus-zunehmen und den Haushalt der Bundesagentur und denBundeshaushalt zu trennen. Aber nein: Um zu vertu-schen, dass Sie die Mehrwertsteuereinnahmen nicht fürdie Beitragssenkung gebraucht haben – die Beitragssen-kung um 2,3 Prozentpunkte ist durch die BA selber fi-nanzierbar –, konstruieren Sie jetzt einen künstlichenund seltsamen Finanzierungskreislauf zwischen BA undBundeshaushalt. Ich finde, das ist maßlos intransparent.Eigentlich hätten Sie sich einen Ruck geben müssen unddas der Öffentlichkeit gegenüber zugeben können.
Frau Kollegin!
Ich habe leider etwas überzogen. – Letzter Satz.
Haushaltspolitik ist eigentlich ganz einfach. Spare in der
Zeit, dann hast du in der Not! Oder: Wenn du eine Ge-
haltserhöhung von 8 Prozent bekommst, wie es bei den
Steuereinnahmen der Fall ist, dann überziehe nicht wei-
ter deinen Dispo, sondern löse ihn ab, statt einen neuen
Leasingvertrag zu unterschreiben. Das versteht doch je-
der Mensch.
Danke schön.
Das gerade zitierte schöne Sprichwort „Spare in der
Zeit, dann hast du in der Not“ ließe sich übrigens auch
bei der Bewirtschaftung von Redezeiten sinnvoll zur An-
wendung bringen.
Das war sozusagen eine generelle Empfehlung, weil wir
uns noch eine ganze Woche mit diesem Thema werden
auseinander setzen dürfen.
Nun hat das Wort der Kollege Steffen Kampeter für
die CDU/CSU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Die Debatte über den Haushaltsentwurf 2008gibt die Möglichkeit, einmal auf das zurückzuschauen,was bisher erreicht wurde. Ich möchte mit einem Dankan die Menschen in Deutschland beginnen, die es in denletzten zwei, drei Jahren – gemeinsam mit der Politik –durch ihre Arbeit, ihren Einsatz und ihr Engagement ge-schafft haben, dieses Land wirtschaftlich nach vorne zubringen,uföNBabwgrtsc35hduSNUlagetraddbrfdenvdnvAsrwgB3
nd erheblich dazu beigetragen haben, dass wir eine großeinanzpolitische Erfolgsgeschichte bei der Sanierung derffentlichen Staatsfinanzen vorweisen können.
atürlich sind die Bundesregierung, insbesondere derundesfinanzminister, sowie die Koalition hier ebenfallsktiv. Aber der Einsatz der Menschen wird nun damitelohnt, dass wir wieder ausschütten können, nachdemir abverlangt haben. Wir können zwar nicht mehr aus-eben, wohl aber zurückgeben.
Ich will belegen, warum ich glaube, dass diese Sanie-ung mit Perspektive eine kluge Form der Bewirtschaf-ung öffentlicher Finanzen ist. Wir sind 2006 mit einemtrukturellen Defizit gestartet, das ausweislich öffentli-her Erklärungen vor der Bundestagswahl bei0 Milliarden Euro und nach der Bundestagswahl bei5 Milliarden Euro lag. Der von uns aufgestellte Haus-alt 2007 weist die niedrigste Nettokreditaufnahme seiter Wiedervereinigung auf. Wir haben in der Koalitionnd im Haushaltsausschuss für eine weitere massiveenkung gesorgt. Es ist kein Geheimnis, dass wir dieettokreditaufnahme in diesem Jahr nicht in vollemmfang in Anspruch nehmen müssen, weil die Entwick-ung wahrscheinlich sowohl auf der Ausgabenseite alsuch auf der Einnahmeseite besser ist.Wir haben den vom Bundesfinanzminister mit eineruten Rede vorgestellten und eingebrachten Haushalts-ntwurf 2008 unter das Motto „Sanieren mit Perspek-ive“ gestellt. Dieser Haushalt weist wieder die nied-igste Nettokreditaufnahme seit der Wiedervereinigunguf. Carsten Schneider und ich haben gemeinsam miten Kolleginnen und Kollegen aus der Haushaltsgruppeer Koalition den Ehrgeiz, hier noch einmal nachzuar-eiten und noch weniger Schulden aufzunehmen.
Ich will in aller Klarheit sagen: Die erzielten Sanie-ungserfolge sind nicht selbstverständlich. Die Verwer-ungen auf den Finanzmärkten haben deutlich gemacht,ass die Sanierung jede Woche und jeden Monat erneutrkämpft werden muss. Aber unsere Haushaltspolitikutzt den Menschen in Deutschland, weil sie etwas da-on haben. Ich will darauf hinweisen, dass kein Land, inem es wirtschaftlich aufwärts geht, ruinierte Staatsfi-anzen hat. Solide Staatsfinanzen, die Vertrauen bei In-estoren und Konsumenten schaffen, flankieren unserenufschwung und schaffen Möglichkeiten, den Men-chen wieder etwas zurückzugeben.Wir wollten den Beitrag zur Arbeitslosenversiche-ung ein Stück weit senken. Wir senken ihn nun nocheiter. Der Kollege Meister hat gesagt, dass die Ziel-röße 3,5 Prozent sei. Das entspräche einer Senkung deseitrags zur Arbeitslosenversicherung um insgesamtProzentpunkte, wenn ich richtig gerechnet habe. Das
Metadaten/Kopzeile:
11398 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007
)
)
Steffen Kampeterist die größte Senkung in einem sozialen Sicherungssys-tem, die es jemals in so kurzer Zeit gegeben hat. Wo wirdas Geld nicht benötigen, geben wir es den Menschenzurück. Auch das ist eine Dividende, ein Ergebnis dieserSanierungsschritte.
Schulden von heute – diese Erkenntnis vermittelt je-des wirtschaftliche Seminar – sind die Steuererhöhungenvon morgen. Wenn wir Schulden senken und die Null-Neuverschuldung anstreben, dann verhindern wir nichtnur Steuererhöhungen, sondern schaffen auch Spiel-räume für Steuersenkungen.
Herr Kollege Poß, je früher wir die Null-Neuverschul-dung haben, umso eher können wir uns Gedanken da-rüber machen, in welchem Maße wir Schulden abbauenund in welchem Maße wir den Menschen die gezahltenSteuern zurückgeben. Wir haben das Projekt Stoltenbergim Sinn, wonach den Menschen nicht das Geld aus derTasche gezogen werden soll, um es ihnen in komplizier-ten Verfahren wieder zurückzugeben; wir wollen ihnenvielmehr das lassen, was sie für ihr Leben brauchen, undihnen nur das wegnehmen, was wir ihnen gut begründetwegnehmen müssen, um wichtige Aufgaben zu finanzie-ren. Das ist legitim und vermittelbar. Unsere Perspektivefür die nächste Legislaturperiode ist es, nach der Null-Neuverschuldung auch über Steuersenkungen weiternachzudenken. Das ist unser fester Wille.
Ich will noch eines sagen: In dem Umfeld von solide-ren Staatsfinanzen, das wir jetzt haben, fangen auch an-dere an, wieder Vertrauen zu gewinnen. Es ist kein Zu-fall, dass gerade in Zeiten des wirtschaftlichenAufschwungs und eines sinkenden Schuldenstands dieTarifvertragsparteien zum ersten Mal seit langem wie-der Lohnsteigerungen in einer vernünftigen Größenord-nung vereinbaren. Das kommt bei den Menschen an. DieStabilität der Rahmenbedingungen schlägt sich auch inMut und Zuversicht bei den Tarifvertragsparteien nieder.Das ist eine ganz konkrete Dividende, das ist ein ganzkonkreter Erfolg von Stabilisierungs- und Konsolidie-rungspolitik.
An dieser Stelle will ich aus Anlass des bösen Be-griffs des Kaputtsparens bzw. des Ins-Koma-Sparensfesthalten: Ich halte es mit der Kollegin Hajduk, die ge-rade der Debatte nicht zuhört, sondern telefoniert: Sparein der Zeit, dann hast du in der Not! – Ich finde, manmuss etwas zurücklegen können. Der Grundgedanke derSchuldenregel, die der Kollege Meister, aber auch derKollege Poß im Kopf haben, ist, dass wir demnächst fürschlechte Zeiten Geld aus Haushaltsüberschüssen – dasheißt technisch: Ausgleichskonto – zurücklegen. Dakommen wir zueinander.Trotzdem ist zu diesem Zeitpunkt nicht alles finan-zierbar. So wünschenswert es für die Betroffenen seinmag, Regelleistungen in bestimmten Sozialversiche-rungssystemen, zum Beispiel Hartz IV, auszuweiten;inwRnldbauafinzdusaj–mMu–DMgwsessLslwmmKhmSkwur
154, Entschuldigung. – Ich will aber auch auf die vonir aus gesehen rechte Seite des Hauses hinweisen:orgens fordert der Kollege Fricke Subventionsabbaund Null-Neuverschuldung.
Ich finde, das ist eine solide Forderung.
ann kommt der Kollege Solms und beklagt, dass wir dieehrwertsteuer erhöht haben, dass die Familienleistun-en geändert wurden und das Erziehungsgeld eingeführtorden ist, und er erwähnt die Kürzung der Pendlerpau-chale. Das sind Leistungen von zusammengenommentwa 30 Milliarden Euro pro Jahr. Ich weiß ehrlich ge-agt nicht, was das soll. Bisher dachte ich, Liberalismusei das Eintreten für die Freiheit. Wenn man aber unteriberalismus die Freiheit versteht, jeden finanzpoliti-chen Unsinn erzählen zu können, dann habe ich Libera-ismus bisher falsch verstanden. Entweder man fordertie der Kollege Fricke die Null-Neuverschuldung, oderan äußert Kritik wie der Kollege Solms, die, würdean die Kritik aufgreifen, zur Folge hätte, dass sich diereditaufnahme jedes Jahr um 30 Milliarden Euro erhö-en würde. Es ist unseriös, was Sie in diesem Bereichachen. Populismus auf der linken und auf der rechteneite ist schädlich. Dem werden wir keinesfalls folgenönnen.
Die Perspektive bei der Sanierung besteht darin, dassir, obwohl wir die Spendierhosen im Schrank lassennd die Sparstrümpfe heraushängen, in bestimmten Be-eichen Schwerpunkte setzen.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007 11399
)
)
Steffen KampeterIch will zwei erwähnen: Ein Schwerpunkt sind füruns die Familien, wobei es dabei nur vordergründig umGeld geht. Im Kern geht es uns um einen Wandel des ge-sellschaftlichen Klimas gegenüber den Menschen, diesich in diesem Land für eine Familie und Kinder ent-scheiden. Dieser Klimawandel drückt sich im Haushaltkonkret aus – im Elterngeld und in der Betreuungsinfra-struktur –, vor allen Dingen aber in der veränderten ge-sellschaftlichen Wahrnehmung der Familienpolitik, wiesie von dieser Großen Koalition, wie sie von Ursula vonder Leyen betrieben wird.
Das ist ein großer perspektivischer Gewinn, der trotzHaushaltskonsolidierung möglich wird. Das setzt einZeichen und gibt eine Perspektive.
Das rohstoffarme Land Deutschland muss in dieKöpfe seiner Menschen investieren. Deswegen ist un-sere Investition in Bildung und Forschung als einePartnerschaftsaufgabe zwischen öffentlicher und priva-ter Hand schon auf einem guten Weg. 2,5 Prozent unse-res Bruttoinlandsprodukts fließen in diesen Bereich.Michael Glos und Annette Schavan sind die beidenMinister, die dafür stehen. Dies ist eine Zukunftsinvesti-tion, die auch während der Konsolidierung möglich ist.Man kann beides miteinander verbinden: sparsam seinund trotzdem an die Zukunft denken. Das ist der Kernder Haushaltspolitik der Großen Koalition.
Ich will eine letzte Perspektive dieser Haushaltspoli-tik ansprechen: die Null-Neuverschuldung. Es ist mehr-fach schon gesagt worden, dass man sich diesbezüglichnicht festlegen soll. Aber sie ist greifbar und es wird kei-ner in diesem Hause ausgelacht, der behauptet, sie kämejetzt bald. Wir würden damit rund 40 Jahre Verschul-dungspolitik in Deutschland erstmals – hoffentlich auchdauerhaft – beenden. Ich will mit einem Zitat schließen,das ungefähr so alt wie unsere Verschuldungspolitik ist.Dieses Zitat stammt von Ludwig Erhard, dem Bundes-kanzler und langjährigen Wirtschaftsminister einerunionsgeführten Regierung:Die Menschen haben es zwar zuwege gebracht, dasAtom zu spalten, aber nimmermehr wird es ihnengelingen, jenes eherne wirtschaftliche Gesetz auf-zusprengen, das uns mit unseren Mitteln haushaltenheißt, d. h., das uns verbietet, mehr zu verbrauchenals wir erzeugen können …Das ist die eigentliche Verheißung. Dieses konservative,nachhaltige Prinzip der Haushaltspolitik,
das Ludwig Erhard formuliert hat, als wir angefangenhaben, Schulden zu machen, ist die Mission der Haus-haltspolitik der Großen Koalition. Das ist die Mission,die die Union kräftig unterstützen wird.SHhskdthnIgesw22dthrzDtgkDddSv4DKzDrSuumwg
Als Nächster spricht der Kollege Dr. Hermann Otto
olms für die FDP-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen underren! Die FDP freut sich über die begonnene Haus-altskonsolidierung und über den Abbau der Arbeitslo-igkeit genauso wie die Regierungsfraktionen. Da gibt eseinen Zweifel. Wir haben nur den Verdacht – der durchie Reden heute bestätigt worden ist –, dass Sie sich hin-er dieser entstandenen Konsolidierung, für die Sie über-aupt nichts können, verbergen und Ihre Hausaufgabenicht machen.
hre Aufgabe wäre es, den Haushalt durch Einsparun-en zu konsolidieren. Das wäre eine mutige Politik, dieiner Großen Koalition würdig wäre. Aber Sie erweisenich als schwache und kleinmütige Koalition. Das be-eisen die Zahlen: 2006 beliefen sich die Ausgaben auf61 Milliarden Euro, 2007 auf 270 Milliarden Euro und008 auf 283 Milliarden Euro. Sie legen jedes Jahr etwasarauf. Würden Sie das nicht tun, könnten wir im nächs-en Jahr natürlich leicht einen ausgeglichenen Haushaltaben.
Wir wehren uns dagegen, dass Sie diese Konsolidie-ung – immer mit schönen Worten verbrämt – einseitigu Lasten der Bürger in diesem Lande durchführen.
ie Bürger zahlen die Zeche, obwohl sie am Erfolg be-eiligt werden müssten.Im Gegensatz zu dem, was Sie, Herr Finanzminister,esagt haben, blüht die Konjunktur nicht. Die Export-onjunktur läuft, aber die Binnenkonjunktur lahmt.as ist kein Wunder, weil die Bürger in diesem Landeurch gewaltige Erhöhungen bei der Mehrwertsteuer, beier Einkommensteuer, bei der Versicherungsteuer, beiteuern auf biogene Kraftstoffe und durch den Abbauon Steuervergünstigungen insgesamt in Höhe von0 Milliarden Euro pro Jahr zusätzlich belastet werden.ann haben sie natürlich nicht mehr das Geld, um ihrenonsum, ihre Altersvorsorge oder sonstige Investitionenu finanzieren.
as ist eben so. Wenn Sie einen dauerhaften konjunktu-ellen Aufschwung möglich machen wollten, müsstenie die Konsolidierung auf der Ausgabenseite fortführennd die Bürger von den zusätzlichen Belastungen nachnd nach befreien. Das ist unsere Strategie. Herr Finanz-inister, wir haben den Menschen vor der Bundestags-ahl tatsächlich gesagt: Wir wollen die steuerlichen Ver-ünstigungen kategorisch abbauen, allerdings gegen
Metadaten/Kopzeile:
11400 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007
)
)
Dr. Hermann Otto SolmsEntlastungen im Tarif und nicht als reine Zusatzbelas-tung.
Eine so hohe Mehrbelastung können viele Bürger garnicht verkraften.Wir haben einige Beispiele rechnerisch dargelegt.Diejenigen, die sich dafür interessieren, weise ich aufmeine Homepage hin: Hermann minus Otto minusSolms.de.
Wenn man diese Beispiele nachvollzieht, kommt man zudem Ergebnis, dass der normale Arbeitnehmerhaushaltin Deutschland durch die Maßnahmen dieser Regierungpro Jahr in einem Bereich zwischen 1 000 und 2 000 Euromehr belastet ist; manche Haushalte sind noch höher be-troffen. Das verfügbare Einkommen dieses Haushalts istalso entsprechend geringer.Das passt sehr gut zur gesamten Steuerpolitik dieserBundesregierung. Die Unternehmensteuerreform wareine absolute Katastrophe, und das wird sich noch aus-wirken. Mittlerweile haben die Unternehmen nämlichangefangen, zu rechnen. Mir liegen beispielsweise Rech-nungen aus dem Handel vor, die zu dem Ergebnis kom-men, dass die Einbeziehung der Mieten in die steuerlicheBemessungsgrundlage bei der Gewerbesteuer dazuführt, dass die Steuerbelastung von Handelsunterneh-men, die in Mietobjekten ansässig sind, steigt – vonheute etwas über 40 Prozent auf nahezu 70 Prozent –,und Sie haben ihnen Steuerentlastungen versprochen.Wenn die Gewinne dieser Unternehmen sinken, dannsteigt die Steuerbelastung auf 80, 90 und sogar auf über100 Prozent. Was ist denn das für eine Steuerpolitik?!Herr Meister, aus Ihrem Land – aus unserem gemein-samen Land –, aus Hessen, kommen die dämlichstenVorschläge: die Einführung der Zinsschranke, die Ein-beziehung von Mieten und Pachten in die Gewerbesteu-ergrundlage, zur Funktionsverlagerung und zum Mantel-kauf. All diese Vorschläge kommen von Herrn Koch undHerrn Weimar. Das ist steuerpolitisch völlig widersinnig,unsystematisch, kompliziert, und es macht den Standortschwächer und nicht stärker.
Das wussten Sie genauso gut wie ich. Sie hätten das inIhrem Landesverband einmal sagen sollen, anstatt dasalles hier zu vertreten.Erbschaftsteuer: bis heute keine Antwort. Seit zweiJahren diskutieren Sie darüber. Die Menschen sind totalverunsichert. Sie wissen nicht mehr, wie sie ihren Nach-lass regeln sollen, weil Sie sich nicht einigen können.Jahressteuergesetz. Ich erinnere nur an das, was darinwieder geregelt ist: § 42 der Abgabenordnung soll so ge-ändert werden, dass die Bürger einen Nachweis erbrin-gen und sich ihre privaten Entscheidungen quasi vomFinanzamt genehmigen lassen müssen. Wenn ein Paaralso im Dezember heiraten möchte, dann muss es zumFinanzamt gehen und fragen, ob es das darf, weil es dasEitt–kstndKfdPc–zmnsdDg2tghhaL
Doch, das steht darin. Sie haben es nicht gelesen. Dasann ich mir gut vorstellen; schließlich liest man einenolchen Unsinn nicht gern.
Letzte Bemerkung. Mit der zentralen Lohnsteuerkar-ei, die eingerichtet werden soll, schafft man den gläser-en Bürger, und zwar von der Wiege bis 20 Jahre nachem Tod. Öffentliche Stellen haben Zugriff auf dieseartei. Es gibt keine Kontrolle und keine Informationür den Bürger. Auch Private, wie Arbeitgeber, könnenarauf Zugriff nehmen.
Herr Kollege!
All das zeigt, dass die verfassungsrechtlich geschützte
rivatheit von dieser Koalition ausgehöhlt wird. Das ma-
hen wir nicht mit.
Es geht nicht um Steuerhinterziehung.
Kommen Sie bitte zum Ende, Herr Kollege.
Ihnen geht es darum, den Bürger von der Wiege bis
ur Bahre zu kontrollieren und zu überwachen. Das ist
it unserer Vorstellung von einem liberalen Rechtsstaat
icht in Einklang zu bringen, und das lehnen wir grund-
ätzlich ab.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Das Wort hat jetzt der Kollege Carsten Schneider für
ie SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!er Bundeshaushalt, den der Finanzminister heute ein-ebracht hat, und die mittelfristige Finanzplanung bis011 sind nicht nur der Marken-Kern der Großen Koali-ion, sondern sie bieten auch Anlass, eine Bilanz der ver-angenen zwei Jahre – ich erinnere an die negativen Vor-ersagen der FDP, die der Finanzminister heute zitiertat – zu ziehen. Sie sind vor allen Dingen ein Ausblickuf das, was wir in den nächsten zwei Jahren in diesemand noch zu tun gedenken.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007 11401
)
)
Carsten Schneider
Ich finde, dass der Haushalt 2008 insgesamt eine sehrgute Vorlage ist. Ich möchte dem Finanzminister dazugratulieren, dass es ihm gelungen ist, gegen die wider-strebenden Einzelinteressen, die es im Kabinett natürlichund berechtigterweise gibt, durchzusetzen, dass wir spä-testens 2011 im Bundeshaushalt bei der Neuverschul-dung eine Null stehen haben,
eine Null, was zusätzliche Kredite betrifft.Den Zeitungen und manchen Reden hier zufolgemüssten wir im Geld schwimmen. Im Unterschied dazumuss man das sehen, was real hereinkommt. Es ist rich-tig: Wir haben eine sehr gute Konjunktur, gestützt vorallen Dingen auf die Reformen der Jahre 2002 bis 2005,verstärkt durch die vergangenen zwei Jahre, insbeson-dere durch die Impulse, die wir gegeben haben, durchdas Vertrauen, das die Bevölkerung in die Bundesregie-rung gesetzt hat, und durch eine Finanzpolitik, die sichnicht nur dadurch auszeichnet, Nein zu sagen. Das klas-sische Haushälter-Nein ist zu einem Gestaltungs-Ja ge-worden. Dieses Gestaltungs-Ja heißt, dass man nicht nurspart und kürzt, so wie das von den Kollegen der FDPgefordert wurde, sondern auch wichtige Zukunftsberei-che stärkt.Ich glaube, dass dem Kabinett damit insgesamt einEntwurf gelungen ist, der sehr ausgewogen ist. Ich nenneBereiche wie Forschung und Entwicklung, aber auch In-frastruktur. Ich denke an unsere internationalen Ver-pflichtungen im Rahmen der ODA-Quote. Diese Ausga-ben sind maßvoll und tragen zur Zukunftsfähigkeitunseres Landes bei.Wir planen im Jahr 2008 eine Nettokreditaufnahmevon 12,9 Milliarden Euro. Unser Ziel als Haushälter ist es– der Kollege Kampeter hat schon darauf hingewiesen –,diese möglichst noch zu senken; denn jeder Euro Kredit,den wir in einem Jahr mehr aufnehmen, heißt mehr Zin-sen im nächsten Jahr und weniger Spielraum. Wir wollenaber wieder Spielraum zurückgewinnen. Spielraumwurde uns ja auch genommen, nämlich durch Entschei-dungen der vergangenen 30 Jahre, die von allen Fraktio-nen hier – da sind wir nicht schuldlos – mitgetragen wur-den.Es ist richtig, dass wir mit der Finanzplanung und mitdem Kurs, den der Finanzminister vorgegeben hat, ausder Schuldenfalle herauskommen. „Raus aus der Schul-denfalle“ heißt nicht, dass wir dann, wenn wir einen aus-geglichenen Bundeshaushalt erreicht haben, stehenblei-ben können. Wenn ich an das Grundsatzpapier vonWirtschaftsminister Glos denke, sehe ich da einen Dis-sens; den muss man klar benennen. Mein Ziel und dasZiel der SPD ist es, dass wir dazu kommen, Schulden zutilgen, nachdem wir in guten Zeiten den Ausgleich er-reicht haben werden, das heißt 2011, hoffentlich schonfrüher, mit den Mitteln, die wir einnehmen, auch aus-kommen. Jede Verschuldung von heute ist die Steuer-erhöhung von morgen.Ich möchte an dieser Stelle den Präsidenten des Bun-desrechnungshofs zitieren, der heute in der FrankfurterRundschau ein sehr bedenkenswertes Interview gegebenhKcnUtg–sdegaisu24FWwvuafeiaHsk
Metadaten/Kopzeile:
11402 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007
)
)
Carsten Schneider
– „Auf“ 3,5 Prozent, ich korrigiere mich. – Nun sind wirin einer sehr guten konjunkturellen Situation. Der Über-schuss bei der Bundesagentur hat maßgeblich auch mitden Reformen bei der Arbeitsverwaltung zu tun. Ichfinde, gerade in guten Zeiten müssen wir Vorsorge fürschlechte Zeiten treffen. So haben wir in den vergange-nen zehn Jahren etwa 40 Milliarden Euro aus Steuermit-teln an die Bundesagentur für Arbeit überwiesen. Wennwir den Beitragssatz jetzt senken, müssten wir ihn inschlechten Zeiten sofort wieder erhöhen. Ist es nichtsinnvoller, logischer, plausibler und auch gerechter, inguten Zeiten Vorsorge für kommende schlechte Zeitenzu treffen?
Ich bin der Auffassung, das sollten wir tun.Im Übrigen muss die Bundesagentur ja auch ihre Ar-beit machen können. Das ist wichtig gerade für struktur-schwache Regionen mit hoher Arbeitslosigkeit. So binich froh, dass im nächsten Jahr für aktive Arbeitsmarkt-politik 6,4 Milliarden Euro zur Verfügung stehen. Diesesollten wir auch möglichst gezielt zum Nutzen der Men-schen einsetzen.Ich möchte zum Abschluss noch auf ein Missverhält-nis zu sprechen kommen, das in diesen Tagen immerwieder unter dem Stichwort „gesamtstaatlicher Haus-haltsausgleich“ debattiert wird. Ja, wir werden spätes-tens 2008 einen gesamtstaatlichen Haushaltsausgleichhaben. Das heißt, alle staatlichen Ebenen und die Sozial-versicherungen zusammengenommen werden genausoviel einnehmen wie sie ausgeben. Hier gibt es aber Un-terschiede: Der Bund zum Beispiel wird noch weiterhinein Defizit haben. Das ist manchmal schwer zu erklären,ist aber Folge der Verhandlungen im Bundesrat in denvergangenen Jahren und Jahrzehnten, die im Hinblickauf die Aufgaben immer zulasten des Bundes ausgingen.So kommt es zustande, dass die Kommunen insbeson-dere aufgrund der Stärkung der Gewerbesteuer, die wirim Rahmen der Unternehmensteuerreform vorgenom-men haben – das ist in Richtung der Linken gesagt –, ei-nen Überschuss aufweisen und somit die Möglichkeithaben, vor Ort Sozial- und Wirtschaftspolitik zu betrei-ben, und ebenso auch die Länder in diesem Jahr einenÜberschuss erzielen, wahrscheinlich in Höhe von etwa7 Milliarden Euro, während der Bund ein Defizit auf-weist.Ich will einmal fragen – heute ist kein Vertreter desBundesrates anwesend; sie scheinen alles bekommen zuhaben –, ob im Zusammenhang mit den Deckungsquotenjede staatliche Ebene auch den Ausgleich auf der Ein-nahmeseite bekommt, der ihr für ihre Ausgaben zusteht.Denn es steht uns als Bund ein Mehrwertsteuerpunkt inHöhe von 7 bis 8 Milliarden Euro zu. Auch möchte ichden Bundesfinanzminister nachhaltig in seiner Auffas-sung unterstützen, dass weitere Zusagen in Richtung derLänder oder der Kommunen seitens des Bundes nichtmöglich sind, da wir insgesamt die schlechteste Finan-zierungsstruktur und das höchste Defizit haben. Werhätte denn gedacht, dass ein Land wie Berlin, das vornicht allzu langer Zeit wegen Haushaltsnotlage gegendrontmguda–IbIasAsseBAImdBmsfmsgzuddsvsd
nd möglichst das Defizit des Bundes zu senken. Ichenke, wir sind dabei auf einem guten Weg.
Dr. Dietmar Bartsch spricht jetzt für die Linke.
Gerade jetzt geht die Bundeskanzlerin, wo jemandus ihrem Bundesland spricht.
Ja, wahrscheinlich hat sie Angst; das wird es sein.Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!m Koalitionsvertrag steht so schön: „Deutschlandraucht einen Dreiklang aus Sanieren, Reformieren undnvestieren.“ Frau Merkel betont das immer wieder, unduch Herr Steinbrück hat das heute in seiner Rede ange-prochen. Das klingt sehr schön und ist auch richtig.ber das Stück, das Sie den Menschen seit 2005 vor-pielen, ist nicht so harmonisch. Es ist für viele Men-chen in diesem Land schlecht.Zunächst zwei Klarstellungen zu Ihrer Rede. Dierste: Nicht Sie, Herr Bundesfinanzminister, nicht dieundesregierung, sondern die Arbeitnehmerinnen undrbeitnehmer, die Rentnerinnen und Rentner, die Hartz-V-Empfänger und diejenigen, die kein Hartz IV bekom-en, obwohl sie arbeitslos sind, sowie der Mittelstand,as sind diejenigen, die zu den besseren Ergebnissen desundeshaushalts beigetragen haben.
Die zweite Klarstellung bezieht sich auf Ihre Refor-en. Ich will nur auf eine in Kürze eingehen, die Ge-undheitsreform, über die Sie gar nicht mehr reden. Ichinde, allein das sagt sehr viel. Die Gesundheitsreformacht Kranke und Pflegebedürftige nicht schneller ge-und; aber sie führt dazu, dass die medizinische Versor-ung für die Menschen teurer und die Zweiklassenmedi-in weiter verfestigt wird. Die Finanzierung ist unklar,nd die Krankenkassenbeiträge sind gestiegen. Das istas einzige Ergebnis dieser Reform.Warum ist die Haushaltslage besser? Wir alle wissen,ass die Steuergesetze der Bundesregierung das Kern-tück sind. Ich will auf das zurückkommen, was auchon der FDP schon erwähnt worden ist: Die Mehrwert-teuererhöhung entzieht den Konsumenten 20 Milliar-en Euro. Wissen Sie, was Voodoo-Ökonomie ist, Herr
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007 11403
)
)
Dr. Dietmar BartschSteinbrück? Wenn die SPD vor der Wahl von 0 ProzentMehrwertsteuererhöhung spricht, die CDU von 2 Pro-zent Mehrwertsteuererhöhung und das Ergebnis dann bei3 Prozent liegt. Das ist Voodoo-Ökonomie, und nichtdas, was Sie den Linken vorwerfen.
Bei der Entfernungspauschale, die die Betroffenen imÜbrigen auch 2,5 Milliarden Euro kostet, ist es ähnlich.Nicht Sie oder ich oder das Haus entscheiden, ob dasverfassungskonform ist; das wird das Verfassungsgerichtfeststellen. Mir ist nur wichtig, dass Sie das haushalte-risch berücksichtigen. Das wäre sinnvoll und notwendig.Ich will noch auf zwei Punkte zu sprechen kommen.Wer musste beim Sparerfreibetrag die Kosten in Höhevon 750 Millionen Euro tragen? Diejenigen, die etwasfür ihre Altersvorsorge getan haben, denn die trifft dieseReduzierung. Es geht also wieder gegen die sozialSchwächeren. Das gilt auch für die Kindergeldzahlun-gen. Den Eltern werden in diesem Jahr 700 Millio-nen Euro genommen. Wenn das jemanden wie michtrifft – zweimal im Übrigen –, dann ist das nicht soschlimm. Aber viele Kinder von sozial Schwächerenkönnen deshalb nicht mehr studieren. Das ist das Pro-blem Ihrer Politik.
Ich will ein weiteres Missverständnis, das man zurHalbzeit der Legislaturperiode auch in der Öffentlichkeithäufig hört, ausräumen. Die Große Koalition hat in denJahren 2006 und 2007 neue Schulden in Höhe von über40 Milliarden Euro aufgenommen. Mit dem Haushalt2008 wollen Sie weitere 12,9 Milliarden Euro Schuldenaufnehmen. Damit plant die Bundesregierung, die Zins-zahlung von 37,5 Milliarden Euro auf 42,1 Milliarden Eurozu schrauben. Wir leben zulasten unserer Kinder undEnkel. Das ist keine Generationsgerechtigkeit. Da ha-ben Sie ausnahmsweise recht. Das ist eine gigantischeUmverteilung von unten nach oben, weil die Banken da-von profitieren.
Es ist ein Riesenfehler, dass Sie nur so geringe Inves-titionen planen. Jährliche Steigerungsraten von300 Millionen Euro sind viel zu wenig. Da hat HerrKampeter ausnahmsweise recht. Wenn Sie die Investitio-nen bis 2011 sogar um 600 Millionen Euro senken wol-len, dann ist das unverantwortlich. Die Linke fordert einZukunftsprogramm für Jugend und Innovation. Wir for-dern Investitionssteigerungen, um Arbeitsplätze zuschaffen und weitere zu initiieren. Ihr politisches Credoist dafür verantwortlich, dass immer mehr Arme trotzKonjunktur ärmer werden, dass es die erschreckendeKinderarmut gibt und dass die Reichen immer zahlrei-cher in diesem Land werden. Die Bundesregierung strebtoffensichtlich danach, beim Wachstum der Zahl der Su-perreichen Spitze zu sein. Das ist unsozial und unsolida-risch. Das muss nicht sein, es geht anders.Es ist falsch, wenn Sie behaupten, in Deutschland seinicht mehr Geld für eine soziale Politik vorhanden.
D2Dc2mDmccEsnEufDmkrsgJDvbHzbdHwdgRmddZkvsnwn
Metadaten/Kopzeile:
11404 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007
)
)
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007 11405
)
)
Ich gebe jetzt dem Kollegen Jörg-Otto Spiller für die
SPD-Fraktion das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Herr Kollege Fahrenschon, das Bild von der Ei-gernordwand ist etwas heikel. Mir würde es im Zusam-menhang mit dem Schuldenberg reichen, wenn wir unsin Richtung Brocken bewegen würden. Das wäre mir lie-ber; die Eigernordwand ist mir ein bisschen zu steil undzu massiv.Deutschland befindet sich in einem soliden wirt-schaftlichen Aufschwung, wie wir ihn seit geraumer Zeitnicht mehr gehabt haben. Das reale Wirtschaftswachs-tum betrug im vorigen Jahr rund 2,8 Prozent. In diesemJahr erwarten Bundesbank und die Wirtschaftsfor-schungsinstitute ähnlich wie für 2008 ein reales Wachs-tum in der Größenordnung von 2,5 Prozent.Herr Kollege Dr. Solms, erfreulicherweise hat sichauch bei den Komponenten des Wachstums, also bei derNachfrage, ein Wandel ergeben. Wir haben nicht mehrausschließlich eine starke Auslandsnachfrage. Hauptträ-ger des Wachstums in diesem Jahr ist vielmehr die hoch-erfreuliche Zunahme der Ausrüstungsinvestitionen derdeutschen Wirtschaft.ucWnhbsnb5gszbsdgvpwbthdujdZnDpdbafgkzjgbnStudZGbmWf
Zur Verbesserung der Situation hat aber auch beige-ragen, dass wir in der vorigen Wahlperiode den Mut ge-abt haben, Reformen am Arbeitsmarkt durchzusetzen,ie überhaupt nicht bequem waren und die uns viel Streitnd Auseinandersetzungen eingebracht haben, die sichetzt aber auszahlen und die greifen. Es ist eine Zunahmeer Beschäftigung zu verzeichnen. Bei einer erhöhtenahl von offenen Stellen ist es leichter geworden, eineneuen Job zu bekommen. Besonders erfreulich finde ich:er Rückgang bei der Langzeitarbeitslosigkeit ist über-roportional hoch. Dies hat zwei Gründe: Zum einenauert es nicht mehr sehr lange, bis jemand aus der Ar-eitslosigkeit heraus eine neue Anstellung findet. Zumnderen hat inzwischen – das ist aber noch steigerungs-ähig – im Bereich des Arbeitslosengeldes II ein Rück-ang von gut 11 Prozent stattgefunden.Das ist überhaupt nicht selbstverständlich. Daraufönnen wir, so finde ich, stolz sein. Das sage ich als So-ialdemokrat mit besonderem Bewusstsein; dazu habena mehrere beigetragen. Es ist ein Erfolg der vorange-angenen Regierung, dass wir diese Entwicklung am Ar-eitsmarkt haben.Angesichts der Situation beim Wachstum und der Zu-ahme der Beschäftigung ist es kein Wunder, dass dieteuerquellen relativ kräftig sprudeln. Es ist nicht in ers-er Linie der notwendigen Erhöhung der Mehrwertsteuernd dem Abbau von Steuervergünstigungen an verschie-enen Stellen zu verdanken, dass es heute eine kräftigereunahme der Steuereinnahmen bei Bund, Ländern undemeinden gibt. Dies ist vielmehr ein Spiegelbild deresseren wirtschaftlichen Entwicklung. Ich schließeich dem an, was Kollege Fahrenschon gesagt hat:irtschaftliches Wachstum ist eine Grundvoraussetzungür die Haushaltskonsolidierung.
Metadaten/Kopzeile:
11406 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007
)
)
Jörg-Otto SpillerIch drehe das allerdings auch um: Ohne solide Staats-finanzen wird es schwierig werden, auf Dauer ein nach-haltiges Wachstum in Deutschland zu erreichen.Zum Stichwort „Verschuldung“. Kollege Koppelinhat so getan – er ist leider nicht mehr anwesend –, als seidie FDP, die in Deutschland eine Weile mitregiert hat– es war nicht viel mehr als drei Viertel der Zeit, seit esdiese Bundesrepublik gibt –, für die heutigen Schuldenim Bundeshaushalt nicht verantwortlich.
– Herr Kollege Dr. Solms, von den heutigen Schuldendes Bundes stammen 80 Prozent aus Zeiten, in denen dieFDP im Bund mitregiert hat.
Ich werfe Ihnen das gar nicht vor. Der Ehrlichkeit halbersollte man aber nicht so tun, als hätte Herr Koppelin garnichts damit zu tun, bloß weil er erst 1990 in den Bun-destag gewählt wurde. Das stimmt nicht.
Noch eine kleine Erwiderung bzw. Korrektur: Sie,Herr Dr. Solms, haben gefragt, wann die Große Koali-tion endlich einen Entwurf zur Reform der Erbschaft-steuer vorlegt. Wir müssen ihn schon solide erarbeiten.
– Nein. Das Bundesverfassungsgericht hat Ende Januardieses Jahres seine Entscheidung vorgelegt. Sie müssenauch die Begründung lesen; es reicht nicht, nur die zweiLeitsätze zu lesen. Man muss sich die Entscheidungschon genau anschauen. Der Bund bzw. die Große Ko-alition und die Länder haben eine solide Vorarbeit ge-leistet. Daher werden wir eine vernünftige Regelung fin-den.
– Das haben wir schon vor geraumer Zeit getan. WennSie darauf hoffen, dass die Erbschaftsteuer abgeschafftwird, muss ich Sie enttäuschen. Dazu wird es nicht kom-men.
– Das ist schön. Dann haben wir ja Ihre Unterstützung.Das freut mich.Ich möchte das, was die Kollegen Schneider, Poß undder Bundesfinanzminister gesagt haben, unterstreichen:Wenn der Haushalt in einem Jahr ausgeglichen ist, habenwir die Schulden trotzdem noch lange nicht abgebaut.Es ist schon ein Problem, wenn man einen solchenBrocken vor sich hertragen muss. Die Verpflichtung, je-des Jahr Zinsen zu zahlen, engt natürlich den Hand-lungsspielraum der künftigen Generationen ein. Gleich-wohl sage ich: Wir müssen auch die für das WachstumedditwDlu–BagSsWdhtsdZFWbddVHLbBPbwcsP
Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.
Wir kommen nun zu dem Geschäftsbereich des Bun-
esministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und
erbraucherschutz, Einzelplan 10.
Als Erster hat das Wort der Kollege Bundesminister
orst Seehofer für die Bundesregierung.
Horst Seehofer, Bundesminister für Ernährung,
andwirtschaft und Verbraucherschutz:
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe
ei aufgehender Sonne zum Einzelplan 10 auch frohe
otschaften. Nach dem Weggang unseres bisherigen
arla
un-ere Kollegin Ursula Heinen, der ich auch hier vor demarlament noch einmal gratulieren möchte.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007 11407
)
)
Bundesminister Horst SeehoferIch bitte um gute Zusammenarbeit.
Der Einzelplan, den ich zu verantworten habe, stehtunter guten Vorzeichen. Wir haben jetzt knapp zur Halb-zeit dieser Legislaturperiode alles, was diese Koalitionvereinbart hat, entweder längst erledigt, verabschiedetoder es steht kurz vor der Verabschiedung.Das gilt zum Beispiel – das freut mich am meisten –dafür, dass der Haushaltsplan 2008 nach über zehn Jah-ren Kürzungen im Bereich der Gemeinschaftsaufgabe„Verbesserung der Agrarstruktur und des Küsten-schutzes“ zum ersten Mal wieder einen Aufwuchs derMittel für die Agrarstruktur vorsieht. Das bedeutet imGrunde nichts anderes, als dass wir mit unserer politi-schen Aussage Ernst machen, nämlich dass wir die länd-lichen Räume wieder stärker fördern und nicht nur gutüber die ländlichen Räume sprechen.
Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Die Mittel werden indiesem Bereich von 615 auf 660 Millionen Euro auf-wachsen. Das ist eine Komplementärfinanzierung mitden Bundesländern. Es ist nach Beginn der Kürzungenin diesem Bereich unter der Regierung Helmut Kohl undin Fortsetzung unter der Regierung Schröder zum erstenMal seit über zehn Jahren wieder so, dass die Mittelnicht gekürzt werden oder stagnieren, sondern dass zu-sätzliches Geld verwandt wird.Wir werden diese Mittel sehr stark in einem Bereichkonzentrieren – dort sind sie auch gebunden –, und zwarauf die Breitbandversorgung, auf den Anschluss vonstrukturschwachen Räumen an das Internet. Ich glaube,es ist für die Entwicklung des ländlichen Raumes einerder zentralen Punkte, dass wir ihn ans Internet anschlie-ßen.
Der andere Teil der Mittel wird verstärkt in der Ener-gieversorgung eingesetzt werden. Wir diskutieren sehrviel über CO2. Ich persönlich bin ein großer Anhängereiner stärkeren dezentralen Energieversorgung in derBundesrepublik Deutschland. Diese Mittelverwendunghätte zur Folge, dass wir nicht nur viel für den Klima-schutz tun und viele Zukunftsperspektiven für die Land-wirte eröffnen, sondern dass wir auch dafür sorgen, dieWertschöpfung im ländlichen Raum zu verbessern.
Das ist der erste große Punkt, der mich freut.Der zweite Punkt, der mich freut, sind die nachwach-senden Rohstoffe. Das ist mittlerweile eine feste Größein der deutschen Agrarkultur. Wir bebauen etwa 13 Pro-zent der Ackerflächen mit nachwachsenden Rohstoffen.Unsere Vorstellung ist, dass wir diesen Anteil verdop-peln. Auch hier haben wir einen Mehrfacheffekt, näm-lich den Beitrag zum Umweltschutz, die Einkommens-mScdzuaaOmwsTsD1a2wgsvnnsdSNssbrtSgagwslnfeStekdadt
Wenn ich gleichzeitig sehe, dass im Bundeshaushalt008 erneut 50 Millionen Euro für den Bereich „Nach-achsende Rohstoffe“ bereitgestellt werden, dannlaube ich, ist das ein guter Beweis dafür, dass wir die-en Sektor ernst nehmen. Die Biomasse – das wisseniele nicht – deckt mittlerweile rund 70 Prozent der rege-erativen Energien in Deutschland ab. Man hat ja immerur die Windräder, die Sonnenkollektoren oder die Was-erkraft im Auge. Aber mittlerweile ist es die Biomasse,ie rund 70 Prozent des Bedarfs deckt.Der dritte Punkt, der mir wichtig ist, ist die agrarsozialeicherung. Ich bitte unseren Koalitionspartner umachsicht, dass ich sage: Wir sind jetzt zum ersten Maleit sehr vielen Jahren in der Lage, die Höhe der Zu-chüsse des Bundes zur agrarsozialen Sicherung beizu-ehalten. Wir müssen sie also nicht kürzen.Das ist gegenüber den Bäuerinnen und Bauern ge-echtfertigt. Sie haben nämlich einen sehr großen Struk-urwandel erlebt, mit der Folge, dass es auf der eineneite viele Leistungsempfänger aus der Vergangenheitibt – die Fachleute nennen sie: die Altlasten – und dassuf der anderen Seite die Zahl der Beitragszahler auf-rund des Produktivitätsfortschritts immer geringer ge-orden ist. Insofern ist es für die bäuerlichen Familienehr wichtig, dass der Bund seine Zusage einhält. Wirassen die Höhe der Zuschüsse unverändert; darauf kön-en sich die Bauern verlassen.Würden wir beispielsweise unseren Zuschuss zur Un-allversicherung streichen, würde das für die meisten bäu-rlichen Familien bedeuten, dass ihre Beiträge zu dieserozialversicherung um 50 Prozent erhöht werden müss-n; das sind bei Jahresbeiträgen von 4 000 bis 5 000 Euroeine zu vernachlässigenden Größen.Ich bin froh, dass der Staat seine Verlässlichkeit anieser Stelle vorexerziert. Wir werden die Zuschüsseufrechterhalten. Wir sind uns in der Koalition einig,ass auch die landwirtschaftliche Krankenversicherungeilhaben soll, wenn die allgemeine Krankenversiche-
Metadaten/Kopzeile:
11408 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007
)
)
Bundesminister Horst Seehoferrung höhere Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt be-kommt.
Eine Behauptung, die immer wieder aufgestellt wird,möchte ich korrigieren: Es bleibt bei der beitragsfreienVersicherung der Kinder in der landwirtschaftlichenKrankenversicherung; auch das ist pausenlos infrage ge-stellt worden.
Wir gehen jetzt eine Reform der landwirtschaftlichenUnfallversicherung an; sie ist bereits vom Kabinett be-schlossen worden. Nach allem, was ich höre, wird dieseReform im Parlament noch zu intensiven Diskussionenführen, insbesondere was den Verwaltungsaufwand unddie Organisation der landwirtschaftlichen Unfallversi-cherung betrifft; auch dieses Thema haben wir auf denWeg gebracht.Drei Bereiche, die unmittelbar mit dem Haushalt bzw.mit Finanzen zusammenhängen – die GAK, also die Ge-meinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstrukturund des Küstenschutzes“, die nachwachsenden Roh-stoffe und die Verlässlichkeit in der agrarsozialen Siche-rung –, wurden im vorliegenden Haushaltsentwurf fürdas Jahr 2008 sehr gut gelöst.Ich darf darauf hinweisen, dass wir außerdem eineumfassende Reform der Ressortforschung auf den Weggebracht haben, mit dem Ziel, dass wir nicht nur auf na-tionaler, sondern auch auf internationaler Ebene Reputa-tion erwerben, und zwar auf allen Feldern: von derPflanzenzucht bis hin zur Tiergesundheit.Ich bin sehr froh, dass das in meinem Hause die Zu-stimmung des Personalrats gefunden hat, obwohl es mitpersonellen Veränderungen, mit Personalabbau undÄhnlichem verbunden ist. Bemerkenswert ist, dass mirder Personalrat, die Personalvertretung der Beschäftig-ten, immer wieder gesagt hat: Uns sind die Nachhaltig-keit und die Verlässlichkeit, dass es in den nächsten Jah-ren in die richtige Richtung geht und wir unser Tun stolznach außen vertreten können, wichtiger als das Festhal-ten und Festklammern an einigen Planstellen. Ich halteeine solche Einstellung eines Personalrats in unserer Zeitfür sehr bemerkenswert; denn gelegentlich wird das Ge-genteil gesagt.
Den Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung der Res-sortforschung werden wir in den nächsten Wochen hierim Parlament beraten, allerdings – das habe ich beidenKoalitionsfraktionen zugesagt – mit einer Ausnahme,mit der wir uns noch beschäftigen müssen; dieses Themalassen wir gerade vom Bundesrechnungshof überprüfen.Es geht um die Frage, ob die Bundesforschungsanstaltfür Fischerei ihren Sitz in Hamburg oder Bremerhavenhaben wird. Bis auf diese eine Ausnahme ist mittlerweileeinvernehmlich mit den betroffenen Bundesländern überawishbtOkeßisdnAldgki3tdzfstklsislahtstwPvmb
in Ende. Ich glaube, dass ein ohnehin verfassungsgemä-es Gesetz jetzt noch verfassungskonformer gewordenst, und hoffe, dass der Bundespräsident seine Unter-chrift unter dieses Gesetz setzen wird.
Ich darf darauf hinweisen, meine Damen und Herren,ass wir auch das ungeheuer sensible Thema Gentechnikach sehr langen Beratungen in der Koalition vor demuftakt der parlamentarischen Beratungen zu einem vor-äufigen Abschluss gebracht haben.Ich glaube, wir können drei Dinge festhalten:Erstens. Im Haftungsrecht bleibt es bei der verschul-ensunabhängigen Haftung.Zweitens. Wir haben in der Koalition vernünftige Re-eln zum Abstand zwischen GVO-Anbau, Bioanbau undonventionellem Anbau festgelegt; der Abstand beträgtn dem einen Fall 150 Meter, in dem anderen Fall00 Meter. Dadurch wird gewährleistet, dass die Koexis-enz ihren Namen verdient. Koexistenz bedeutet nachem Brockhaus nämlich das „gute Nebeneinander vonwei Dingen“; politisch könnte man auch sagen: dasriedliche Nebeneinander von zwei Dingen. Da wir Ab-tandsregelungen getroffen haben, durch die gewährleis-et wird, dass es im Regelfall nicht zur Auskreuzungommt, glaube ich, dass wir hier im Sinne der Verläss-ichkeit einen ganz gewaltigen Schritt vorangekommenind.Ich sage ein Drittes: Wir wollen auch die Forschungn Deutschland voranbringen. Wir wären gut beraten, dieich in den Bereichen Entwicklung und Sicherheit stel-enden Fragen durch Forschung in Deutschland zu be-ntworten, anstatt uns sozusagen künstlich unwissend zualten. Letzteres wäre nicht in Ordnung.Da es meine Nachredner wahrscheinlich dazu verlei-en wird, etwas zu Gammelfleisch und Vogelgrippe zuagen, noch wenige Sätze dazu.Wir haben es bei der Vogelgrippe mit einer sehr erns-en Situation zu tun; dies verschweige ich nicht. Ichünsche mir mehr Aufmerksamkeit für diese H5N1-roblematik, da sie für die Gesundheit der Menschenon ungleich größerer Bedeutung – hier lasse ich nie-anden in Zweifel – als manches ist, was sonst im Le-ensmittelbereich diskutiert wird. Wir sind mit Hoch-
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007 11409
)
)
Bundesminister Horst Seehoferdruck dabei, zusätzliche Erkenntnisse zu gewinnen.Dieses gigantische Naturgeschehen hat mittlerweilegroße Nutzgeflügelbereiche in Bayern erreicht. VomImpfstoff bis zur Ursachenforschung müssen wir allestun, um die Gefahr für die Lebensmittelkette zu bannen.Ich erwähne dies nicht, weil wir hier etwa neue gesetz-geberische Maßnahmen brauchen, sondern weil ich denBlick darauf lenken will, dass die Herausforderungdurch das H5N1-Virus um ein gewaltiges Stück größerist als das, was wir gelegentlich unter dem Stichwort„Ekel-“ oder „Gammelfleisch“ diskutieren. Hier geht eswirklich um eine potenzielle Gesundheitsgefährdungauch von Menschen durch Nutztierhaltung.Meine Damen und Herren, zum Thema Gammel-fleisch werden wir in der nächsten Woche im Ausschussvorstellen, was wir von unseren 13 Punkten wie umge-setzt haben und was möglicherweise auf europäischerEbene noch zu leisten ist. Aber eines mache ich bereitsheute deutlich: Wir müssen mit der Übung aufräumen,dass bei jedem Vorkommnis – es gibt nicht an jedem Tagein Vorkommnis; das ist eher selten – reflexartig nachneuen Paragrafen gerufen wird. Denken Sie bitte daran,dass jeder neue Paragraf die Anständigen in dieser Szenebestraft.
Es ist übrigens in allen Bereichen des Strafrechtsselbstverständlich, dass man Rechtsumgehungen oft nurmithilfe der Bevölkerung aufklärt. Daher habe ich gro-ßen Respekt vor dem Lkw-Fahrer, der trotz einer gewis-sen arbeitsrechtlichen Gefährdung für sich selbst die Zi-vilcourage aufgebracht hat, zu erklären, er mache danicht mehr mit.
– Ja, Herr Kollege, mein Staatssekretär ist beauftragt, zuschauen, für welche öffentliche Auszeichnung wir denLkw-Fahrer vorschlagen können. Das hat er auch ver-dient.
Ein zweiter Grund, warum ich dagegen bin, dass manin diesem Bereich schon wieder reflexartig nach Para-grafen und Richtlinien ruft, ist, dass es in diesem FallHinweise der Nachbarschaft gegeben hat. Für solcheFälle einer komplexen Gesetzesumgehung haben dieBayern eine interdisziplinär besetzte Taskforce einge-richtet, die sich nicht darauf beschränkt, Fleisch optischzu begutachten oder Laboruntersuchungen auszulösen,sondern die das tun kann, was hier notwendig gewesenwäre. Wenn 100 Tonnen und mehr Fleisch innerhalbDeutschlands verfrachtet werden, diese Verfrachtungaber in den Büchern nicht festgehalten wird, dann bedarfes einer sehr intelligenten, bei den Finanzämtern übli-chen Durchforschung der Bücher. Wie kann es sein, dass1adesGndkHgimFnSIswhfsgsbdADwBsgsseAZbDee
Deshalb bin ich froh, dass die Sonne, die aufgegangenst, als ich an das Rednerpult getreten bin, bis zum Endeeiner Rede geschienen hat.Herzlichen Dank.
Hans-Michael Goldmann spricht jetzt für die FDP-
raktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Mi-ister Seehofer! Liebe Kollegen Parlamentarischetaatssekretäre! Herzlichen Glückwunsch, Ulla Heinen!ch habe dir sogar einen Brief geschrieben, weil ich die-en Glückwunsch fristgerecht zum Ausdruck bringenollte. Denn wir werden sicherlich noch Diskussionenaben, bei denen wir in der Sache unterschiedlicher Auf-assung sind.Herr Minister Seehofer, Sie haben eben zum Schlusso flapsig zwei, drei Sätze zu Gammelfleisch und Vogel-rippe gesagt. Wissen Sie, das ist der Kardinalunter-chied zwischen meiner Arbeitshaltung und Ihrer: Icheschäftige mich zunächst mit den wichtigen Dingen,ie die Menschen beschäftigen, mit den Dingen, dieuswirkungen haben.
er erneute Gammelfleischskandal – interessanterweiseieder in Bayern – hat Auswirkungen auf die gesamteranche, hat Auswirkungen auf die Arbeitsplätze in die-em Bereich. Das Problem der Vogelgrippe berührt eineroße Anzahl von Menschen. Wenn ein paar Hunderttau-end Tiere getötet werden müssen, geht das an den Men-chen Gott sei Dank nicht spurlos vorüber. Deswegen ists Ihre Kernaufgabe, sich in besonderer Weise diesenufgabenfeldern zu widmen. Ich will Ihnen in diesemusammenhang im Rahmen einer sogenannten Halbzeit-ilanz einmal sagen, was bei Ihnen herumgekommen ist.enn das ist erschreckend wenig, es ist enttäuschend.
Nehmen wir das Beispiel Gammelfleisch. Sie warens doch, Herr Minister Seehofer, der das Aktionsprogrammrfunden und die Sofortzusammenkunft organisiert hat, und
Metadaten/Kopzeile:
11410 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007
)
)
Hans-Michael GoldmannSie sind es doch, der mit einem bescheidenen – um es vor-sichtig zu formulieren – Verbraucherinformationsgesetzkeine Schranke eingeschoben hat, die uns hilft, den – weni-gen – kriminellen Elementen in diesem Bereich zu begeg-nen. Herr Minister Seehofer, Sie hätten doch die Möglich-keit gehabt, das Fleisch einfärben zu lassen. Es ist dochfalsch, wenn Sie sagen, dass Sie das nicht hätten tun dür-fen. Es ist schlicht falsch, wenn Sie erklären, dass es denkriminellen Elementen nicht entgegengestanden hätte,wenn Sie das Fleisch hätten einfärben lassen. Veterinärehaben dieses Fleisch wieder freigegeben. Wenn es einge-färbt gewesen wäre, hätte man es nicht freigeben kön-nen, und es wäre eben nicht dort gelandet, wo es denMenschen Schaden zufügt. Wenn Sie jetzt erklären: „Su-per, klasse, diese Taskforce vor Ort!“, dann sage ich Ih-nen: Sie waren es doch, der die Bundestaskforce wollte.Ich habe Ihnen gesagt, dass das dummes Zeug ist, weilsich die Situation vor Ort durch Leute, die einreisen,nicht kontrollieren lässt. Sie muss vor Ort im Auge be-halten werden.Beim Thema Gammelfleisch haben Sie also bis jetztversagt.
Ich kann Sie nur dringend bitten, deutliche Verbesserun-gen herbeizuführen.Nehmen wir das nächste Thema, die Vogelgrippe. Ichhabe Sie gestern Abend auf Phoenix gesehen. Es istnicht so, wie Sie es darstellen: dass man sich gegen Imp-fungen sperren müsse. Wir müssen uns auf den Weg ma-chen, zu impfen. Das hat man zur Bekämpfung derSchweinepest gemacht, das muss man zur Bekämpfungder Maul- und Klauenseuche machen, und das muss manauch bei der Vogelgrippe machen. Es ist eben nicht mehrso, dass das Virus irgendwann vorbeikommt; das Virusist permanent unter uns. Deswegen müssen wir die hoch-unternehmerischen Bereiche, aber auch die anders orien-tierten Bereiche – die Freilandhaltung zum Beispiel, dieVogelzüchtung, die Hobbyhaltung, die Zootierhaltung –durch Impfen schützen. Da müssen wir einmal über denTellerrand hinausschauen. Wir können doch nicht so tun,als ob die Niederländer mit ihrem Impfen ein bisschenblöd wären.Die Niederländer gehen intelligente Wege. Diesen in-telligenten Wegen müssen wir gemeinsam den Weg eb-nen und dafür sorgen, dass dies auf europäischer Ebeneund international Anerkennung findet. Wir müssen ver-hindern, dass ein Land aus Eigeninteresse nicht geimpf-tes Material nicht mehr von uns abnehmen will – nichtaus Angst davor, dass die Vogelgrippe eingeschlepptwird, sondern um einen Marktvorteil missbräuchlich zunutzen. Dafür müssen Sie sich auf europäischer Ebeneeinsetzen. Dann brauchen Sie auch nicht mehr die Mittelfür die Gemeinschaftsaufgabe zur Entwicklung der länd-lichen Räume einzusetzen. Der ländliche Raum kannsich dann nämlich aus eigener Kraft stärken. Unser poli-tischer Ansatz sollte darin bestehen, unternehmerischenLandwirten Rückenwind zu geben und sie bei den anste-henden Herausforderungen zu unterstützen.
idDzWAkksdfÜeWdSSdVRdnssaDsPsaiLgwHctDkmic
ie soll denn ein deutscher Landwirt Vertrauen in Ihrerbeit und in die Rentabilität seiner Investitionen be-ommen, wenn Sie zu diesem Komplex nicht klipp undlar sagen, dass die Quote nichts gebracht hat und abge-chafft werden muss, damit unternehmerische Landwirteen Segen der globalen Entwicklung in diesem Bereichür sich in Anspruch nehmen können?
Wir haben es nicht mehr mit dem alten Problem derberproduktion von Milch und Butter zu tun. Heute gibts zu wenig Milch für gute Milchprodukte wie Butter.enn wir in unserem alten Quotensystem verharren,ann werden wir die Chance zur Weichenstellung für dietärkung des ländlichen Raumes verspielen. Ich kannie aus meiner Sicht nur entschieden davor warnen, inieser Frage Ihren Weg der Zögerlichkeit weiterzugehen.
Ich verstehe das auch nicht richtig. Dass Sie CSU-orsitzender in Bayern werden wollen, ist zwar Ihr gutesecht, aber Sie können nicht Ihre fachliche Position anieser persönlichen Interessenlage ausrichten. Sie kön-en von mir aus der Meinung sein, der beste CSU-Vor-itzende zu sein. Aber Sie können nicht auf dem Deut-chen Bauerntag in Bamberg den Ausstieg aus der Quotenkündigen und feststellen, dass Sie die Position deseutschen Bauernverbandes in Begleitung dieses Aus-tiegs akzeptieren, um dann kurze Zeit später Ihre eigeneosition grundsätzlich infrage zu stellen und zu signali-ieren, dass Sie noch nicht wissen, ob Sie am Ausstiegus der Quote festhalten wollen. Das führt zu dem, wasn der Landwirtschaft gegenwärtig festzustellen ist. Derandwirtschaft geht es trotz Ihrer Politik zurzeit sehrut, weil die globale Entwicklung hervorragend ist.
Ja, das ist so. Du kommst doch viel herum, Peter, undeißt selber, wie die Landwirte über die Politik vonerrn Seehofer denken. Das wissen wir alle. Wir brau-hen uns doch nichts vorzumachen. Sie sind maßlos ent-äuscht.
as wird auch in den Fachkreisen transportiert.Sie sind deshalb enttäuscht, weil in Deutschland nichtonsequent die Weichen für gutes, praktisches Handelnit der Chance zur Teilhabe an der globalen Expansionm Lebensmittelbereich im Hinblick auf Qualität und Si-herheit gestellt werden.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007 11411
)
)
Hans-Michael GoldmannDiese Weichenstellung ist erforderlich. Die Weichenwerden aber nicht über den Haushalt, sondern über einegute, zukunftsorientierte Politik gestellt. Dabei sind Sieaber aus meiner Sicht und aus der Sicht der FDP fast al-les schuldig geblieben.
Jetzt spricht die Kollegin Waltraud Wolff für die
SPD-Fraktion.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen undKollegen! Ich hatte schon den Eindruck, wir diskutierenüber den Agrarbericht. Aber soweit mir bekannt ist, bera-ten wir heute den Haushalt. Insofern danke ich Ihnen,Herr Minister Seehofer, dass Sie den Haushalt kurz umris-sen haben, und möchte nach der Rede von HerrnGoldmann auch wieder auf den Haushalt zurückkommen.Wir haben einen Aufwuchs von 108 Millionen Euro.Das sichert – darauf hat Herr Minister auch hingewiesen –auf jeden Fall die Beiträge für die landwirtschaftlicheUnfallversicherung. Damit bin ich schon beim erstenPunkt im Haushalt angelangt. Wir haben darin etwas un-terschiedliche Auffassungen. Das haben Sie auch schondeutlich gemacht.Wir haben – das haben wir im Koalitionsvertrag fest-gelegt – eine große Reform der landwirtschaftlichenUnfallversicherung vor uns. Das hatten wir uns in dieHand versprochen. Was wurde uns in diesem Sommerpräsentiert? Wir haben eine Einigung bekommen, diemithilfe der Bundesländer möglich war. Das heißt, wirbekommen keine große, fortschrittliche Reform derlandwirtschaftlichen Unfallversicherung. Wir hattenschon in den vergangenen Legislaturperioden an dieserStelle zu kämpfen. Mein Appell geht nicht an das Minis-terium. Die Verantwortung dafür, dass der landwirt-schaftlichen Unfallversicherung nach 2009 Beitragssatz-steigerungen ins Haus stehen, haben vielmehr dieBundesländer. So geht es nicht weiter. Es kann nichtsein, dass der Bund ständig die Mittel in voller Höhe be-reitstellt. Schließlich haben die Bundesländer die Hoheitüber die Aufgabenverteilung. Aber sie tun nichts. Siewollen sogar noch einen Lastenausgleich bei der Bei-tragsgestaltung. Nicht mit diesem Parlament!
Ich glaube, dass die Bundesländer hier in Zukunft nochetwas zu tun haben.Der nächste Punkt, den ich ansprechen möchte, ist derÖkolandbau. Biologische Produkte erleben einen rie-sengroßen Boom in Deutschland. Sicherlich hätten dieBauern in den letzten Jahren hier viel stärker ins Feldziehen können. Wir importieren nun viele Biolebensmit-tel. Das finde ich sehr schade. Dennoch ist es nicht derrichtige Weg, hier die Mittel zu kürzen, sodass nur noch10 Millionen Euro für den Ökolandbau vorgesehen sind.WtKIkwKnsnezeIsmdhdSnDgl–IlmhbtasggZsEuahmäZsb
ch hoffe, dass wir uns in den Fraktionen über einen zu-unftsweisenden Weg im Ökolandbau verständigen.Damit komme ich zum nächsten Punkt, zu den nach-achsenden Rohstoffen. Wir alle wissen, dass es eineonkurrenz zwischen Lebensmitteln und Tierfutter ei-erseits sowie nachwachsenden Rohstoffen für Biotreib-toffe und Biogasgewinnung andererseits gibt. Wir kön-en dem entgegentreten, indem wir sagen: Orientiertuch doch an Bio; wir helfen euch seitens des Bundesumindest auf gleichem Niveau weiter. Ich denke, das istine Möglichkeit, noch eine Marke zu setzen.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist ein breitbandigernternetzugang. Das ist etwas ganz Neues. Die SPD hatchon seit Jahren gesagt: Ländliche Entwicklung istehr als Landwirtschaft. Genau aus diesem Grund be-anke ich mich sehr herzlich, Herr Seehofer, dass Sieier einen neuen Weg über die GAK gehen. Ich hoffe,ass wir die Möglichkeit bekommen, Mittel aus demtrukturfonds und dem Etat des Bundeswirtschaftsmi-isteriums zu akquirieren und so die weißen Flecken ineutschland beim Internetzugang zu beseitigen. Die jun-en Leute, die auf der Zuschauertribüne sitzen und viel-eicht irgendwo in der Pampa wohnen, – –
Okay, der Lacher ist auf Ihrer Seite. Aber nun habe ichhre volle Aufmerksamkeit. Auch ich komme aus demändlichen Raum. Ich revidiere mich.Wenn man sich mit Studenten unterhält, stellt mananchmal fest, dass viele in die nächstgrößere Stadt zie-en müssen, weil sie ohne Internetzugang keinen Ar-eitsplatz zu Hause einrichten können. Das ist ein wich-iger Punkt.
Der letzte Punkt, den ich aus dem Haushaltsentwurfufgreifen will, ist der Klausurtagung des Kabinetts ge-chuldet. Frau Bundeskanzlerin Merkel hat für die Re-ierung die Klimaschutzziele ziemlich hoch gehängt. Ichlaube, dass wir der Landwirtschaft Antworten für dieukunft geben können. Ich erwähne das Biomassefor-chungszentrum. Wir haben den Weg für Forschung undntwicklung frei gemacht. Ich glaube, dass es wichtignd richtig ist, hier ganz entschieden vorzugehen unduf der einen Seite Monokulturen in Deutschland zu ver-indern – das ist eine Aufgabe –; auf der anderen Seiteüssen wir aber darauf achten, den Raubbau in denrmsten Ländern der Welt zu verhindern. Daher ist dieertifizierung ein wichtiger Punkt. Wir müssen im Zu-ammenhang mit der künftigen EEG-Novelle über alleiologischen Restprodukte nachdenken, angefangen von
Metadaten/Kopzeile:
11412 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007
)
)
Waltraud Wolff
Rübenhackschnitzeln über Getreideschlempe bis hin zutierischen Fetten, und wir müssen sehen, was wir für dieTreibstoffgewinnung und die Energiegewinnung festle-gen können.Der Einzelplan 10 ist kein spektakulärer Haushalts-titel in diesem Jahr, aber wir können unsere Arbeit ganzsolide fortsetzen. Deshalb lade ich Sie ein, bei den Bera-tungen mitzumachen und in der zweiten und dritten Be-ratung unserem Haushaltsplan zuzustimmen.Vielen Dank.
Der Kollege Roland Claus hat jetzt das Wort für die
Linke.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Herr Bundesminister, ich finde es völlig in Ord-
nung, dass wir die Haushaltsberatungen für das
Jahr 2008 mit dem Etat für Landwirtschaft, Ernährung
und Verbraucherschutz beginnen, hat doch schließlich
schon Karl Marx festgestellt, dass sich der Mensch erst
ernähren und kleiden muss, ehe er sich mit Politik, Reli-
gion und Philosophie beschäftigen kann.
Nun erklärt uns der Minister, der Aufschwung sei
überall, auch auf dem Lande. Ich habe es täglich mit ei-
ner Uns-geht-es-gut-Berichterstattung zu tun. Wenn man
sich heute einmal die Mühe macht, eine Tageszeitung
von vor 18 Monaten zu lesen, dann hat man den Ein-
druck, man lebe in einer ganz anderen Republik. Die
Menschen im ländlichen Raum allerdings – ich werde
nicht über Einzelheiten reden; das werden auch Sie wis-
sen – fragen sich: Wann kommt dieser Aufschwung zu
uns, wann gelingt es uns, den Abwanderungstrend zu
stoppen, wann kommt das, was die Regierung als Erfolg
und Fortschritt verkündet, tatsächlich bei mir an? Sie er-
leben es nicht in dem Maße.
Man muss nach wie vor ausdrücklich darauf hinwei-
sen, dass Beschäftigte in der Landwirtschaft benachtei-
ligt sind. Wir haben es mit einem durchschnittlichen Mo-
natsverdienst von 1 550 Euro zu tun. Das ist gerade
einmal ein bisschen über dem, was meine Fraktion als
Mindestlohn fordert. Der Verdienst liegt durchschnittlich
1 000 Euro unter den Verdiensten im verarbeitenden Ge-
werbe. Deshalb sage ich Ihnen: Ein Aufschwung – auch
wenn sie ihn noch tausendmal predigen –, der bei den
Leuten auf dem Lande nicht ankommt, hat diesen Na-
men nicht verdient.
p
g
M
c
M
s
s
a
W
w
P
e
h
W
s
l
c
w
v
d
d
z
d
A
S
n
P
T
s
m
z
S
s
d
h
i
z
d
d
w
d
n
Das, womit wir es zu tun haben und womit wir fertig
erden müssen, sind ein Wettbewerbsdruck und ein
reiskrieg bei Nahrungsgütern und Futtermitteln, die zu
iner Selbstausbeutung der Landwirte bei uns und zu er-
eblichen Naturzerstörungen in der sogenannten Dritten
elt führen. Deshalb muss immer wieder deutlich ge-
agt werden: Eine Globalisierung ohne soziale und öko-
ogische Verantwortung gefährdet die Welt. Wir brau-
hen eine soziale Gestaltung der Globalisierung.
Ein Beispiel: Biomasse als Energiequelle und nach-
achsende Rohstoffe – 50 Millionen Euro Förderung;
olle Unterstützung – sind aus dem belächelten Nischen-
asein zu einem dynamischen Wirtschaftsfaktor gewor-
en.
Wir sehen jetzt aber auch die Grenzen. Fast 20 Pro-
ent der Ackerflächen werden bereits für die Erzeugung
ieser nachwachsenden Rohstoffe genutzt, bei einem
nteil von 3 Prozent an der Gesamtenergieerzeugung.
elbst wenn man jeden Quadratmeter Acker dafür
utzte, käme man nur auf einen sehr überschaubaren
rozentsatz des Gesamtaufkommens. Deshalb ist in der
at die einzige Stellschraube, die uns zur Verfügung
teht, die Effizienzsteigerung beim Einsatz von Bio-
asse.
Deshalb ist es völlig richtig, dieses Forschungs-
entrum zu installieren. Ich finde es gut, dass es zum
tandort Leipzig gefunden hat, nicht nur wegen der
chlichten geografischen Verortung und unserer Zustän-
igkeit für die neuen Bundesländer, sondern auch des-
alb, weil inzwischen ein riesiges Erfahrungspotenzial
m Umgang mit gesellschaftlichen Transformationspro-
essen im Osten vorliegt, aber nicht abgerufen wird.
Wir sind der Meinung, dass, wenn man sich einmal
ie Herausforderung und ihre Größenordnung anschaut,
iese 5 Millionen Euro zu wenig sind. Wir werden uns
eiterhin dafür einsetzen – das wird Sie nicht wundern –,
ass –
Kommen Sie bitte zum Ende, Herr Kollege.
– die Agrargenossenschaften auch im Osten nicht be-achteiligt, sondern weiter gefördert werden.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007 11413
)
)
Roland ClausIch möchte, da nicht nur in meinem Wahlkreis diefünfte Jahreszeit, also die Weinlese, angebrochen ist,eine letzte Bitte an den Herrn Minister richten:
Lassen Sie uns gemeinsam noch einmal etwas dafür tun,dass die europäische Weinmarktordnung nicht so wird,wie es der Entwurf noch vorsieht.Vielen Dank.
Jetzt spricht Cornelia Behm für Bündnis 90/Die Grü-
nen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter HerrMinister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Erlauben Siemir bitte, dass ich zuerst Frau Heinen ganz herzlich zuihrem neuen Amt gratuliere.Jetzt komme ich aber zum Haushalt. Herr Minister,Sie versuchen auch bei Ihrem dritten Agrarhaushalt,durch Buchungstricks und Intransparenz von den Unzu-länglichkeiten Ihrer Finanzpolitik abzulenken.
– Ich werde Ihnen dazu einiges erzählen. – Die vollmun-dig verkündete Aufstockung der Mittel für die Förde-rung des ländlichen Raumes um 45 Millionen Euroentpuppt sich bei näherem Hinsehen als ein ungedeckterScheck. Denn der Haushaltsentwurf für das Jahr 2008weist den gleichen Ausgabenposten aus wie der für daslaufende Jahr, nämlich 615 Millionen Euro. Er wirdlediglich durch die Bemerkung ergänzt, dass eine Erhö-hung der Mittel um 45 Millionen Euro durch Vermö-gensverkäufe möglich ist. Versprechungen auf derGrundlage ungedeckter Schecks sind jedoch keine Auf-stockung.
Es ist auch kein Ausdruck von Ehrlichkeit, wenn Siesich mit dem Argument zu schmücken versuchen, dassdas die erste Aufstockung der GAK seit vielen Jahrenwäre.Herr Minister, ich darf Sie daran erinnern, dass seitIhrer Regierungsübernahme für die zweite Säule jähr-lich 400 Millionen Euro weniger zur Verfügung stehenals zu rot-grünen Zeiten. Damit entziehen Sie vielenarbeitenden Menschen auf dem Lande ihre Lebens-grundlage. Herr Minister, mit einem Placebo ändern Sieüberhaupt nichts. Aber gleichzeitig binden Sie Mittel derGemeinschaftsaufgabe für neue Infrastrukturprogramme.Das fasse ich nicht. Auch uns Grünen liegt die flächen-dlEwerwhdsDiJADdv1rhfwKdKMsmP2DSahrtmdlkwZnWbwuL
Das betrifft im Übrigen auch die von Ihnen erwähntenergieversorgung, also die Versorgung durch Nah-ärmenetze. Aber, Herr Minister, der ländliche Raum istine Querschnittsaufgabe. Da frage ich mich schon, wa-um Sie nicht Ihren Kollegen Tiefensee in die Verant-ortung nehmen und stattdessen das Geld aus der GAKerausziehen.
Schon jetzt reichen die Mittel für das vorhandene För-erangebot nicht aus. Ich möchte nur kurz die stark ge-unkenen Förderprämien für den Ökolandbau erwähnen.adurch haben unsere Landwirte wichtige Marktanteilen Deutschland verloren. Das Ergebnis Ihrer Politik istahr für Jahr gleich: Die zweite Säule der Gemeinsamengrarpolitik wird konsequent abgewickelt.Ich komme zur Unfallversicherung der Landwirte.a wenden Sie das Prinzip an, das Sie auch schon beier GAK anwenden: Intransparenz und Verscherbelungon Vermögen. Sie wollen die Hälfte des Ansatzes,00 Millionen Euro, durch Veräußerungserlöse finanzie-en. Wer die Sozialversicherungssysteme über den er-offten Verkauf von Vermögenswerten des Bundesinanziert, handelt aber nicht seriös. Zumal Sie bis 2009eitere 400 Millionen Euro für die Abfindung vonleinrenten brauchen. Es ist wohl nicht ganz zufällig,ass Sie dieses Geld im Haushalt nicht ausweisen. Liebeollegen, schauen Sie in den Haushalt einmal hinein!Von Haushaltswahrheit und -klarheit halten Sie, Herrinister, offensichtlich gar nichts. Wenn Sie Ihr Hauspätestens 2009 verlassen müssen, werden Sie sein Ver-ögen durchgebracht haben. Mit verantwortungsvollerolitik hat das nichts zu tun.
Man sollte sich in diesem Zusammenhang einmal den1. Subventionsbericht der Bundesregierung anschauen.ie Bundesregierung verkündet stolz eine Senkung derubventionen im Agrarbereich von 1,3 Milliarden Eurouf 0,9 Milliarden Euro zwischen 2005 und 2008. Dasat den Deutschen Bauernverband sofort veranlasst, da-auf hinzuweisen, dass die Landwirtschaft überpropor-ional zum Subventionsabbau beiträgt. Doch schautan in die Haushaltsvermerke, dann stellt man fest, dassie – vermeintlich gestrichenen – Subventionen für dieandwirtschaftliche Unfallversicherung nicht nur nichtorrekt bilanziert werden, sondern auch in einer Fußnoteieder auftauchen. Diese Verschleierungstaktik fruchtet.umindest den Verfassern des Subventionsberichts isticht aufgefallen, dass sie die Agrarsubventionen inirklichkeit gar nicht verringern.Kommen wir noch einmal zum ökologischen Land-au. Dieser scheint Ihnen außerhalb von Fototerminenirklich ein Dorn im Auge zu sein. Nach den Kürzungenm 4 Millionen Euro im Bundesprogramm Ökologischerandbau im letzten Jahr setzen Sie nun noch eins drauf
Metadaten/Kopzeile:
11414 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007
)
)
Cornelia Behmund streichen weitere 6 Millionen Euro. Damit haben Siedie Mittel dieses Haushaltstitels innerhalb von zwei Jah-ren halbiert. Sie strafen damit Ihre eigenen Ankündigun-gen, alle Landwirtschaftsbereiche gleich zu behandeln,Lügen. Sie tun das Gegenteil dessen, was Sie angekün-digt haben: Sie stellen weniger Geld für die Forschungim boomenden Ökolandbau und mehr Geld für die vonder Bevölkerung abgelehnte Agrogentechnik zur Verfü-gung. Herr Minister, ich frage Sie: Ganz ehrlich, wessenInteressen vertreten Sie eigentlich?
Georg Schirmbeck hat jetzt das Wort für die CDU/
CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen undHerren! Auch ich war als Parlamentsabgeordneter schoneinmal Mitglied einer Oppositionsfraktion. Daher kannich mich in die Situation der Opposition ein bisschenhineindenken. Es gehört zum demokratischen Kräfte-spiel: Für eine Opposition ist nichts schlimmer, als dassder Regierung etwas gelingt. Wir haben einen Bundes-minister, dem etwas gelingt.
Alles, was er anfasst, gelingt ihm.
Herr Goldmann, ich finde es toll, dass Sie in so einerSituation als Liberaler sagen: Es gibt da immer noch ei-nen Kriminellen, der mit Gammelfleisch handelt. Wennes doch noch solch einen Kriminellen gibt, will ein Libe-raler dann jeden Tag ein neues Gesetz oder eine neueVerordnung erlassen? Ein Liberaler vertraut doch ersteinmal den Menschen! Auch wenn man noch so spe-zielle Gesetze verabschiedet, wird man immer wiederfeststellen, dass es einige gibt, die ausbüxen und das ma-chen, was sie eigentlich nicht machen sollen.
Herr Claus, ich wollte eigentlich einen ganz anderenSchwerpunkt setzen; aber Sie haben mich dazu animiert,auf etwas anderes einzugehen. Sie haben gesagt – ichsage es mit meinen Worten –: Erst kommt das Fressen,und dann kommen Ethik, Moral und Religion. Daraufmöchte ich Ihnen entgegnen: Da, wo ethisch, moralischund religiös alles am Boden liegt, hilft auch das besteFressen nicht mehr; da geht es in die Pampa, da geht esden Berg runter.
Ich bringe Ihnen einmal ein Beispiel. Ich habe einenFreund. Er heißt Albert Focke. Er ist Landrat in einemLandkreis in Norddeutschland, im Landkreis Vechta. Dasind die Kirchen voll. Da werden die meisten Kinder inDbsleaRwkdlEDwhbDeBntlwEnsHWLdpdüLgunmH
Lieber Michael Goldmann, ich war gestern beim Lan-esbauerntag. Ich kenne da viele Leute oder sogar die al-ermeisten. Da war beste Stimmung.
s wird Geld verdient, unternehmerisch Geld verdient.as ist eine tolle Sache. Die einzelnen Aspekte müssenir unterstützen. Das heißt überhaupt nicht, dass überalleile Welt ist. Natürlich haben die Ferkelzüchter Pro-leme.
a muss man sich im Detail anschauen, was man an derinen oder anderen Stelle tun kann. Es gibt in diesemereich aber auch Unternehmer, die sagen: Tut uns ei-en Gefallen: Fangt nicht an, irgendetwas zu reglemen-ieren! Der unternehmerische Landwirt will in Ruhe ge-assen werden, will sich seine Märkte suchen können,ill etwas gestalten können.
r will nicht jeden Tag irgendein neues Gesetz oder eineeue Verordnung von uns.
Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Ernährungswirt-chaft boomen. Wir waren mit einer Delegation desaushaltsausschusses in Kiew.
ir haben uns auch in Russland angesehen, wie sichandwirtschaft dort entwickelt. Wir können feststellen,ass die deutschen Berater, die wir über diesen Einzel-lan finanzieren, da nicht nur gute Arbeit leisten, son-ern sogar die beste Investitionsförderung betreiben, dieberhaupt denkbar ist. Sie sorgen dafür, dass deutscheandmaschinen, deutsche Forsttechnik, deutsches Saat-ut, deutsche Pflanzen, deutsche Produktionsverfahrennd -anlagen sowie deutsche Tiere dort begehrt sind undach dorthin verkauft oder exportiert werden.Voraussetzung dafür, dass diese Geschäfte weiter boo-en, sich weiterentwickeln, ist, dass wir eine liberaleandelspolitik betreiben.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007 11415
)
)
Georg SchirmbeckDazu gehört auch, dass wir uns einmal überlegen, ob dieVisapolitik,
die wir in diesem Zusammenhang betreiben, so ist, wiesie für diese Unternehmen sein müsste. Wenn wir inKiew und in Moskau neun Wochen brauchen, damit einukrainischer Unternehmer bei Claas in Harsewinkel ei-nen Mähdrescher kaufen kann, dann ist irgendetwasfalsch. Wenn unsere Botschaft in der Ukraine Claas inHarsewinkel quasi auf eine Liste setzt, sodass die keineHandelsbeziehungen mehr pflegen können, dann ist et-was falsch. Das haben uns beide Botschafter dort vorge-tragen. Das sind Handelshemmnisse, die vom Auswärti-gen Amt verursacht werden. Wenn ich nach einemVierteljahr vom Auswärtigen Amt dazu noch keine zu-friedenstellende Stellungnahme habe, dann ist das etwas,was ich auch als Vertreter der Regierungskoalition hierkritisieren muss.
Wir haben im Zusammenhang mit diesem Einzelplanzu reden über Projekte wie „Ernährung und Bewegung“,wirtschaftlichen Verbraucherschutz, Mittel für Küsten-schutz und Schutz vor Binnenhochwasser, mittelfristigeFinanzplanung für die Fachagentur NachwachsendeRohstoffe, Breitbandversorgung im ländlichen Raum,vor allen Dingen die Baumaßnahme des Friedrich-Loeffler-Instituts auf der Insel Riems und die landwirt-schaftliche Unfallversicherung. Seien wir doch mal ehr-lich! Man kann natürlich über alles polemisch reden.
Ich nehme aber einmal das Beispiel der landwirtschaft-lichen Unfallversicherung. Wir alle wissen, dass wirgerade bei diesem Punkt auch regionale Probleme ha-ben, weil es regional sehr unterschiedliche Strukturengibt. Deshalb ist es schwierig, hier einen gerechten Aus-gleich zu finden. Ich bin sicher, dass Ernst Bahr und ich,unterstützt durch die Fachleute, nach ausgiebigen Dis-kussionen einen guten Weg finden werden. Wir werdenin der zweiten und dritten Beratung gute Vorschläge ma-chen. Ich freue mich auf die Beratungen in den Fachaus-schüssen.Herzlichen Dank.
Der Kollege Dr. Edmund Geisen spricht jetzt für die
FDP-Fraktion.
u
W
n
c
f
f
u
S
e
v
K
T
–
e
g
k
b
s
m
f
s
K
g
V
w
h
f
G
S
E
w
K
m
f
S
v
s
Scherz beiseite. – Fakt ist, dass viele für die Landwirtexistenziellen Themen entweder nur halbherzig ange-angen wurden oder es sogar zu Verschlechterungenommt, so bei der Gesundheitsreform, bei der Biodiesel-esteuerung oder ganz aktuell bei den Plänen zur Erb-chaftsteuer. Wirksame Reformen sehen anders aus,eine Damen und Herren!
Nun zum Dauerbrenner „landwirtschaftliche Un-allversicherung“: Es ist meines Erachtens ein Trauer-piel, mit ansehen zu müssen, wie diese schwarz-roteoalition mit groß angekündigten Reformvorhaben um-eht.
erehrter Herr Minister, Ihre Reformschwäche geht so-ohl zulasten der Landwirte als auch zulasten des Haus-alts und damit zulasten aller Steuerzahler. Ihre Ab-indungsaktion für Kleinrenten ist für mich reineeldverschwendung.
ie stecken in den nächsten beiden Jahren 800 Millionenuro in ein längst nicht mehr finanzierbares System underden sich wundern, wenn wir 2010 erneut vor leerenassen stehen werden. Die FDP setzt sich stattdessenit ihrem Vorschlag zur Kapitaldeckung
ür einen nachhaltigen, zukunftsfesten Umgang mitteuermitteln ein.
Sehr verehrte Damen und Herren, wir stehen wiederor der Obst- und Weinernte. Wieder müssen wir fest-tellen: Die Eckpunkteregelung ist ein Flop.
Metadaten/Kopzeile:
11416 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007
)
)
Dr. Edmund Peter GeisenDavon konnte ich mich bei der Kirschernte im Rhein-land selbst überzeugen. Sie hilft nicht den Arbeitslosen,nicht den Saisonarbeitskräften, nicht den Bauern. Nein,sie verdirbt wieder die Ernte.
Die FDP-Fraktion fordert erneut: erstens weg mit derEckpunkteregelung, zweitens volle Arbeitnehmerfreizü-gigkeit in der EU und drittens bilaterale Vereinbarungenmit Ländern wie Serbien, Weißrussland und der Ukraine.
Haushalterisch gesprochen: Geben Sie den Landwirtenendlich ihre unternehmerische Freiheit zurück, dannbrauchen Sie sich auch nicht ständig für Ihre Subven-tionspolitik zu rechtfertigen.Meine Damen und Herren, abschließend möchte ichnoch davor warnen, vor lauter Klimawandelstrategiendie Nahrungsmittelversorgung in Deutschland aufsSpiel zu setzen.
Die FDP-Fraktion wird sich dafür einsetzen, dass – beiallen berechtigten Forderungen zum Klimaschutz – auchin Zukunft die Erzeugung gesunder Nahrungsmittel zufairen Preisen möglich bleibt, faire Preise übrigens fürbeide Seiten: für die Landwirte ebenso wie für die Ver-braucher.
Sie müssen zum Ende kommen.
Mein letzter Satz: Die FDP hat im Bereich Ernährung,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz viele konkrete
Lösungen vorgelegt. Auf Ihre Vorschläge, Herr Minister,
warten wir noch, hoffentlich nur bis Ende September!
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Jetzt spricht Manfred Zöllmer für die SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen undHerren! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin Heinen, auchvon dieser Stelle noch einmal ganz herzlichen Glück-wunsch! Ich wünsche Ihnen Glück und Erfolg in derneuen Aufgabe sowie uns eine gute Zusammenarbeit.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt eine Weltjenseits von Gammelfleisch und Vogelgrippe. Ichmöchte gerade im Zusammenhang mit diesem Haushaltdie Aufmerksamkeit ein bisschen auf diese Welt lenken.Die Herausforderungen an eine aktive und gestaltendeVerbraucherpolitik sind größer und wichtiger als je zu-vbbEAlVVMchcwsVIprsintdtwbvdwubsnktwruitsuITbcvdSmgm
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007 11417
)
)
Verbraucherpolitik ist und bleibt Querschnittsauf-gabe. Daher will ich nicht versäumen, der Bundesminis-terin Frau Zypries ausdrücklich dafür zu danken, dass siemit ihrem Entwurf einer Reform des Verbraucher-insolvenzverfahrens und dem geplanten Pfändungs-schutzkonto eine Verbesserung für viele überschuldeteMenschen in unserem Land durchsetzen wird. Damitwird es in Zukunft auch sehr viel einfacher werden, dasRecht auf ein Girokonto für jedermann gegenüber denBanken durchzusetzen.In der Energiepolitik sind wir mit einer Vielzahl vongesetzlichen Initiativen und Maßnahmen auf einem gu-ten Weg zu einem funktionierenden Wettbewerb. Ener-giewirtschaftsgesetz, Unbundling, Missbrauchsaufsichtim GWB, Vorschriften zur Verbesserung im Bereich desAnbieterwechsels, zur Anreizregulierung und zur Kraft-werks-Netzanschlussverordnung seien hier genannt.
Kommen Sie bitte zum Ende, Herr Kollege.
Verbraucherpolitik ist bei dieser Bundesregierung in
guten Händen. Wir werden auch in Zukunft gemeinsam
daran arbeiten, sie voranzubringen.
Herzlichen Dank.
Jetzt gebe ich Karin Binder für Die Linke das Wort.
Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren!Unsere Debatte über den Haushalt des Verbraucher-schutzministeriums wird auch in diesem Jahr von uner-fMiltEuMgwFdSgNdTlmmkbQgDDtmdSeNdQbegkBBsnekGhVDMbE
Metadaten/Kopzeile:
11418 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007
)
)
Wenn wir jetzt noch zwei Jahre warten müssen, biseine Studie zur Finanzierung der Verbraucherberatungerstellt wird, dann sind die Strukturen der Verbraucher-zentralen bis dahin zerbröselt. Viele Mitarbeiterinnenund Mitarbeiter und wichtige Expertinnen und Expertensind dann abgewandert.
Sehr geehrte Damen und Herren, dieser Haushaltbleibt weit hinter den aktuellen Anforderungen eines ge-sundheitlichen, wirtschaftlichen und digitalen Verbrau-cherschutzes zurück. Mit diesem Haushalt stärken Siedie Rechte von Verbraucherinnen und Verbrauchernnicht.Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Jetzt spricht Bärbel Höhn für Bündnis 90/Die Grünen.
Meine Damen und Herren! Die Haushaltberatungen2008 finden zur Halbzeit der Legislaturperiode statt.Nach zwei Jahren kann man Bilanz ziehen. Die Bilanznach zwei Jahren Seehofer sieht so aus: große Ankündi-gungen und kleine Taten. Die entscheidende Frage istnämlich: Was kommt für die Menschen dabei herum?GiwrEAtwMrsgnnmffsnmBhrKsgSWuWAdiev
Ich fand interessant, was Minister Seehofer zumammelfleischskandal gesagt hat. Das Einzige, washm bei diesem Skandal einfiel – immerhin der dritteährend seiner Amtszeit –, war, dem mutigen Lkw-Fah-er herzlich zu danken.
s war zwar gut, dass er ihm gedankt hat.
ber ist es nicht ein Armutszeugnis, dass man auf mu-ige Lkw-Fahrer und mutige Mitarbeiter angewiesen ist,eil die Kontrollen nicht funktionieren?
it der Frage, warum die Kontrollen nicht funktionie-en, muss sich die Politik beschäftigen.Herr Seehofer hat vor anderthalb Jahren selber ge-agt: Wenn wir feststellen, dass es zu wenig Kontrolleureibt, müssen wir selbstverständlich aufstocken. – Vor ei-igen Monaten hat auf meine Frage, wie es denn jetztun mit dem Personal sei, sein Ministerium zugebenüssen, dass der Bundesregierung keine konkreten In-ormationen über die Aufstockung des Personals bei denür die Durchführung der Lebensmittelüberwachung zu-tändigen Ländern vorliegen. Wer den Mund so vollimmt, muss damit rechnen, dass seine Taten an dem ge-essen werden, was er vorher gesagt hat. Da sieht dieilanz sehr mager aus.
Nächster Punkt: Fahrgastrechte. Minister Seehoferat im Juli 2006 angekündigt, er wolle eine Verbesse-ung bei den Fahrgastrechten. Was lese ich jetzt? Dieollegin Zypries hat letzte Woche versprochen, ein Ge-etz vorzulegen. Ankündigung, Ankündigung, Ankündi-ung. Das nützt den Menschen in diesem Land nichts.ie werden an Ihren Taten gemessen und nicht an Ihrenorten.
Nächster Punkt: Bioprodukte. Die Verbraucherinnennd Verbraucher fragen immer mehr Bioprodukte nach.as passiert? Immer mehr Bioprodukte werden aus demusland eingeführt. Auch das ist eine schlechte Ten-enz. Wer Bioprodukte kauft, will, dass diese Produkten der Nähe produziert werden und dass unsere Bauernine Chance haben, sie anzubauen. Auch das haben Sieerschlafen. Das ist nicht in Ordnung.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007 11419
)
)
Bärbel HöhnNächster Punkt: Tierseuchen. Wir haben in den letz-ten Wochen erlebt, dass über 350 000 Tiere getötet wer-den mussten – die größte Tötungsaktion in der Bundes-republik Deutschland. Das ist das Ergebnis einesfehlenden Tierseuchenkonzeptes. Immer nur auf Tötun-gen zu setzen, ist nicht die Lösung. Schauen Sie auf dieNiederlande! Dieses Land hat die größte Erfahrung mitTierseuchen in der EU. Dort wird es anders gemacht;denn dort wird geimpft. Es wäre angemessen, auch inDeutschland freiwillige Impfungen durchzuführen.
Am Ende werden Sie, Herr Minister Seehofer, in derTat daran gemessen, wie Sie öffentlich dastehen. Siewerden aber nicht an selbstgefälligen Reden und Schön-rederei gemessen. Schauen wir einmal, wie die Öffent-lichkeit mittlerweile über Sie urteilt. Sie, Herr Seehofer,haben selber gesagt, es gebe zwei Sorten von Menschen:Handwerker und Mundwerker.
Was haben Sie nicht alles verkündet! In der Monatszeit-schrift Capital wurden Sie kürzlich als „Untätigkeitsmi-nister“ bezeichnet. Untätigkeitsminister heißt in der Tat:viel ankündigen und wenig tun.Sie haben bewiesen, dass Sie mit dem Mund gut sind.Dass Sie aber Ihr Handwerk beherrschen, müssen Sienoch beweisen.
Es wäre für die Menschen gut, wenn es Ihnen gelingenwürde. Bis jetzt fällt Ihre Bilanz sehr mager aus. Das istschade; denn es ist nicht gut für die Bevölkerung inDeutschland.Danke schön.
Jetzt spricht der Kollege Peter Bleser für die CDU/
CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-legen! Manchmal kommt man sich vor, als wenn man imfalschen Saal wäre. Frau Höhn, was Sie gerade vorgetra-gen haben, hat mit der Realität überhaupt nichts zu tun.
Ich nenne das Thema Seuchen gleich beim Namen:Keine Bundesregierung zuvor hat so viel in dasFriedrich-Loeffler-Institut auf der Insel Riems inves-tiert, wie diese es getan hat und noch zu tun vorhat.
DZeehendzguwmImwZbDlKrdssbbhzs2rDph„zh5sDG
Es ist schon merkwürdig, Herr Goldmann: Habenicht auch Sie die Stimmung aufgenommen, die sich iner Landwirtschaft und der Bevölkerung nicht nur in Be-ug auf unser Fachthema, sondern insgesamt wegen deruten Konjunkturentwicklung, der Arbeitsmarktzahlennd der positiven Entwicklung des Haushaltes, über denir heute diskutieren, breitmacht? Haben Sie diese Stim-ung nicht wahrgenommen?
ch kann Ihnen nur sagen: Das Agrarkonjunkturbaro-eter, das seit einigen Jahren erhoben wird, ist mittler-eile bei der Punktzahl 32 angekommen. Frau Höhn, zueiten Ihrer Kollegin Künast lag es bei minus 18. Da ha-en sich in der Zwischenzeit Welten verändert.
as zeigt am deutlichsten die Entwicklung, die in denetzten zwei Jahren stattgefunden hat.
Es ist nun einmal so: Neue Ideen, Verlässlichkeit undontinuität sind die Markenzeichen dieser Bundesregie-ung und unseres Ministers Seehofer. Das zeigt sich wie-er bei der Vorlage dieses Haushaltes. Wir sind sehrtolz darauf und sehr zufrieden, dass dies auch draußeno gesehen wird.Ich will die Schwerpunkte zusammenfassen: Wir ha-en die Haushaltsansätze für die Durchsetzung der Ver-raucherrechte und des Verbraucherschutzes erhöht. Wiraben zum Beispiel vorgesehen, dass die Verbraucher-entralen in den Ländern – dies sollte eigentlich in die-em Jahr auslaufen – auch im nächsten Jahr,5 Millionen Euro für projektbezogene Verbraucherbe-atung aufwenden dürfen.
as ist ein echter Fortschritt. Das haben wir jetzt einge-lant. Herr Kollege Bahr, ich weiß, dass Sie dabei mitge-olfen haben.Wir haben die Mittel für die GemeinschaftsaufgabeVerbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschut-es“ erstmals wieder aufgestockt; der Minister hat daraufingewiesen. In den nächsten drei Jahren dürfen bis zu0 Millionen Euro für die Förderung von Breitbandan-chlüssen in ländlichen Regionen, in unseren schönenörfern, liebe Waltraud Wolff, aufgewendet werden.enau das wollen wir. Wir wollen die Chancengleichheit
Metadaten/Kopzeile:
11420 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007
)
)
Peter Bleserzwischen städtischen und ländlichen Regionen sicher-stellen. Das wird damit am ehesten erreicht. Dies führtzu Investitionen im ländlichen Raum.
Ein weiterer Punkt – er ist genauso wichtig – ist dieAgrarsozialpolitik. Hier hat es in den letzten Jahren im-mer wieder Einschnitte und Belastungen gegeben. Dasist, wenn der Haushalt so beschlossen wird, im drittenJahr in Folge nicht mehr der Fall. Wir haben auch hierdie Mittel aufgestockt; auch hier ist Planungssicherheitgeschaffen worden. Ich sage an dieser Stelle aber auch– Frau Wolff, da bin ich mit Ihnen einig –: Dazu gehörteine Reform der landwirtschaftlichen Unfallver-sicherung, die über mehrere Jahre Bestand hat. Da müs-sen unsere Länder noch etwas nachlegen.
Ich stimme mit Ihnen völlig überein: Man kann es nichtbeim Status quo belassen. Das sehen wir genauso. Ichbin erfreut, dass wir in der Koalition darüber Einigkeithaben.Manchmal sind kleine Zeichen viel wichtiger für dieBewertung einer Lage als umfangreiche Statistiken. Fürmich ist ein solches Zeichen die Tatsache, dass die Zahlder Auszubildenden in den 15 grünen Berufen – ichmeine die richtigen grünen Berufe, Frau Höhn – auf42 000, also um 1,3 Prozent, gestiegen ist. Das ist eineTrendwende. Das sind die wahren Zeichen der Hoffnungund der Zuversicht, die wir in der Bevölkerung feststel-len können.
Dazu gehört natürlich auch Verlässlichkeit. Ich willdeswegen noch etwas ansprechen, was in den letztenMonaten in der öffentlichen Diskussion häufig eineRolle gespielt hat: die Milchquote. Wir bleiben bei derVerlässlichkeit unserer Aussage: 2015 endet sie. Wirwollen aber vorher wissen, wie das Ausstiegsszenarioaussieht, bevor wir das endgültige Go geben.
Das ist völlig in Ordnung. Das muss draußen auch sovertreten werden.Nun möchte ich noch etwas ansprechen, was mir aufdem Herzen liegt. In den letzten Wochen hat ein großesUnternehmen im Lebensmitteleinzelhandel – ich nenneden Namen: Aldi – in für mich vorbildlicher Weiseagiert, indem es den Molkereien aus der Not geholfenhat, als die Kosten für die weiße Ware Frischmilch,Joghurt und ähnliche Produkte in Konkurrenz zu Mager-milchpulver und Butter nicht mehr wettbewerbsfähigwaren.
Herr Kollege, Sie müssen bitte zum Ende kommen.
i
t
h
E
s
v
t
i
r
A
d
L
B
s
ß
f
P
k
a
v
s
w
D
a
u
V
S
M
f
t
B
E
g
v
P
c
n
f
c
z
g
l
d
E
Jetzt spricht die Kollegin Elvira Drobinski-Weiß für
ie SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!iebe Kolleginnen und Kollegen! Der Entwurf desundeshaushaltes 2008 liegt uns vor. Da sich die Wirt-chaft weiterhin gut entwickelt, wollen wir an den gro-en Zielen Konsolidierung und Wachstumsförderungesthalten.Wir wollen aber auch an dem Bemühen festhalten, dieosition der Verbraucherinnen und Verbraucher zu stär-en; denn eine gute wirtschaftliche Entwicklung undufgeklärte, mündige Konsumenten gehören zusammen,or allen Dingen, wenn diese Entwicklung nachhaltigein soll. Verbraucherpolitik ist schließlich – das wissenir alle – Wirtschaftspolitik von der Nachfrageseite.eshalb ist es wichtig, dass im Verbraucherministeriumuf der Ausgabenseite zukunftsorientierte Maßnahmennd Programme gestärkt werden und gleichzeitig imerwaltungsbereich gespart wird.Aufklärung und Information der Verbraucher sind einchwerpunkt. Deshalb unterstütze ich den Ansatz, dieittel für entsprechende Projekte nicht zu kürzen. Ichinde es richtig, dass Minister Seehofer an der Schlich-ungsstelle Mobilität festhalten will, auch wenn Frauundesministerin Zypries inzwischen erfreulicherweiseckpunkte für ein Gesetz zur Verbesserung der Fahr-astrechte von Bahnfahrerinnen und Bahnfahrernorgestellt hat. Solange die Einhaltung der Rechte vonersonen auf Flug-, Schiffs- und Busreisen nicht ausrei-hend gewährleistet ist, darf diese Projektförderungicht eingestellt werden. Es muss aber auch ein Weg ge-unden werden, die Projektförderung in den 16 Verbrau-herzentralen der Länder für wenigstens zwei Jahre fort-uführen. Wir wissen, dass es leider einige Bundesländeribt, die sich zunehmend aus der Verantwortung gestoh-en haben.Nicht nur das belastete Spielzeug aus China sollteie Verantwortlichen in den Ländern aufhorchen lassen.ine warenkundliche Verbraucheraufklärung wird in
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007 11421
)
)
Elvira Drobinski-Weißallen Bereichen zunehmend nachgefragt und tut not. DieLänder sind, so denke ich, dazu verpflichtet. Gift imSpielzeug unserer Jüngsten, bleibelastete Barbies ausChina, Wachsmalstifte mit einem Schwermetallgehalt,der den zulässigen Höchstwert um das 17-Fache über-steigt, Spieltelefone, die Hörschäden verursachen – vorall diesen gefährlichen Produkten müssen wir unsereKinder schützen und über sie müssen wir die Verbrau-cher entsprechend aufklären.Auch Kinder und Jugendliche sind Verbraucher. Einbeträchtlicher Teil des Taschengeldes wird in Handys,Klingeltöne, Kleidung und Fast Food gesteckt. Kinderund Jugendliche werden mit einer speziell auf sie ausge-richteten Werbung umworben. Die Wirtschaft hat sielängst als Zielgruppe entdeckt. Es ist an der Zeit, dassdie Verbraucherpolitik das ebenfalls tut. Nicht nur un-sere Sicherheits- und Gesundheitsstandards müssen sichan den Kleinsten und Schwächsten unserer Gesellschaftorientieren; auch die Verbraucheraufklärung muss stär-ker auf sie ausgerichtet werden, wenn sie zu kritischen,selbstbestimmten Marktteilnehmern heranwachsen sol-len.Auch junge Verbraucherinnen und Verbraucher müs-sen besser über das Angebot auf dem Markt informiertwerden, zum Beispiel über die Zusammensetzung derProdukte, über ihre Wirkung, aber auch über die Um-stände, unter denen sie erzeugt werden, und zwar sowohlüber die sozialen als auch über die umwelt- und gesund-heitsrelevanten Aspekte. Das gilt für beinahe alle Be-reiche; denn Verbraucherpolitik – wir haben es schonmehrfach gehört – ist ein Querschnittsthema. Das gilt fürErnährung, für Warenkunde, für Verträge, für Finanz-dienstleistungen sowie für den Umgang mit Medien undTelekommunikation.Ein zukunftsfähiges Angebot auf dem Markt setzteine nachhaltige Nachfrage voraus. Dafür müssen wirdie Verbraucher von morgen fit machen. Wir müssen sievor üblen Angeboten von heute schützen: vor Gift imSpielzeug, vor Gammelfleisch im Döner, vor Blei in derKleidung, vor nicht zugelassenem Gentech-Reis und vorPestiziden im Obst. Neben verstärkten und effektiverenLebensmittel- und Produktkontrollen und harten Sank-tionen bei Verstößen sind Aufklärung und Transparenzdie wichtigsten Instrumente gegen solche Skandale.
Wo die freien Kräfte des Marktes wirken, muss dieSeite der Nachfragenden durch Schutzrechte, durch In-formation und Aufklärung gestärkt werden. Wir solltendabei verstärkt und zielgruppengerecht auch unserejüngsten Verbraucher im Auge haben und dies bei derGestaltung des Haushaltes berücksichtigen.Vielen Dank.
Das Wort hat der Kollege Ulrich Kelber für die SPD-
Fraktion.
H
p
i
c
I
p
a
g
z
r
d
e
m
U
b
D
v
d
s
u
n
D
b
g
–
m
m
s
d
i
s
l
g
r
d
g
D
w
g
v
g
u
d
v
d
a
„
nd Deutschland nutze seine Chancen auf den Äckernicht.
en zweiten Punkt sollten Sie in der FDP unbedingt bei-ehalten, weil ich es immer gut finde, wenn die FDP ge-en den erklärten Willen der Mehrheit der Bevölkerung in diesem Fall 80 Prozent – Politik betreibt; denn dasacht es dann leichter für die anderen Parteien.Ich komme zur Forschungslandschaft zurück. Manuss einfach die FDP-Pressemitteilung neben die Ein-chätzung der Forschungsinstitute legen. Dann sieht manen Unterschied zwischen Parteiideologie und Realitätn diesem Land. Denn die Forschungsinstitute haben ge-agt, dass es gut war. Sie haben seltsamerweise in deretzten Woche feststellen müssen, dass es FDP-mitre-ierte Bundesländer waren, die manche der Erleichte-ungen für die Forschung im Agrarausschuss des Bun-esrates ablehnen wollen. Da, wo wir Anzeigepflichtenefordert haben, sollen Genehmigungspflichten gelten.as ist völlig unverständlich und passt nicht zu dem,as Sie behauptet haben.Die Kritik von Grünen und Linkspartei war in etwaleichlautend. Auch da wurde behauptet, dies sei dieöllige Öffnung gegenüber der Grünen Gentechnik, esebe keinerlei Koexistenz mehr, die Verbraucherinnennd Verbraucher würden im Stich gelassen. Das warenie Stichworte. Auch das sollte man neben die Kritikon Umwelt- und Verbraucherschutzverbänden legen,eren erste Zusammenfassung – ich beziehe mich hieruf die des Kampagnenzusammenschlusses – lautete:Der angekündigte Durchmarsch der Gentechnik findet
Metadaten/Kopzeile:
11422 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007
)
)
Ulrich Kelbernicht statt.“ Das war der erste und entscheidende Satzauf der Webseite von Campact. Das ist auch richtig.Denn – jetzt müssen meine Koalitionspartner die Oh-ren einmal kurz halb schließen –
wir haben beim Schutz der gentechnikfreien Landwirt-schaft und bei der Wahlfreiheit der Verbraucherinnenund Verbraucher gegenüber der unter SPD und Grünenerzielten Rechtslage noch etwas drauflegen können, ins-besondere bei der Frage der Kennzeichnung. In Zukunftist auch bei tierischen Produkten zu erkennen, ob sie vonTieren stammen, die mit gentechnisch veränderten Orga-nismen gefüttert worden sind oder nicht.
Das ist ein deutlicher Fortschritt, der gerade von denVerbraucher- und den Umweltschutzverbänden einstim-mig unterstützt wird.Wir haben im Bereich der Haftung für die gentechnik-anwendende Landwirtschaft keine Veränderungen vor-genommen. Der einzige Punkt, der angesprochen wurde,waren die sogenannten privatrechtlichen Vereinbarun-gen. Sie werden am Ende in einem sehr geringen Um-fang angewandt werden und auch nichts anderes, alsman heute über Umgehungstatbestände schon tunkönnte, und zwar aus einem einfachen Grund: JederLandwirt, der eine privatrechtliche Absprache trifft,muss sofort vollständig kennzeichnen, weil er nicht allesVermeidbare in Bezug auf die Abstände getan hat.Es ist sehr leicht, mit dieser Kritik umzugehen. Denndiejenigen, die etwas von diesem Thema verstehen, dieExpertinnen und Experten, sagen: Alles, was ihr miteurem nationalem Recht zum Schutz der gentechnik-freien Landwirtschaft und zur Erhaltung der Wahlfrei-heit der Verbraucherinnen und Verbraucher tun konntet,habt ihr getan.
Weil das, was man mit nationalem Recht machenkann, Grenzen hat, wird die SPD nach der Verabschie-dung des Haushalts weitere Vorschläge vorlegen, wiedas europäische Recht weiterentwickelt werden kann,um das, womit wir auf nationaler Ebene begonnen ha-ben, im Rahmen einer Veränderung des europäischenRechts fortzusetzen.Der zweite Aspekt sind die gestiegenen Lebensmit-telpreise; wenn Peter Bleser dieses Thema nicht ange-sprochen hätte, wäre es in dieser Debatte wahrscheinlichgar nicht erwähnt worden. Das wäre schade gewesen,weil diejenigen, die Landwirtschaftspolitik, Ernährungs-politik und Verbraucherschutz betreiben, hierzu Stellungnehmen müssen; denn dieses Thema steht mindestenseinmal pro Woche auf der Tagesordnung.LZhWhanuddswapwaVtPzcEbspdwdsedPeWüfmuoslgzJibwtdbzp
enn man sich ansieht, wo die Erzeugerpreise gelegenaben, muss man feststellen: Auf diesem Niveau warenuf Dauer weder Qualität noch Lebensmittelsicherheit,och eine gesunde Entwicklung des ländlichen Raumsnd der Kulturlandschaft möglich. Deswegen ist es gut,ass die Einnahmen aus den Preissteigerungen – zumin-est ein Teil von ihnen – bei den Landwirten in den ver-chiedenen Regionen Deutschlands angekommen sind.Genau hinsehen muss man bei denjenigen, die so et-as zu nutzen versuchen, indem sie ihre Preise stärkernheben, als es aufgrund der Veränderung der Rohstoff-reise und der Erzeugerpreise eigentlich notwendigäre. Um dem zu begegnen, gibt es im Kartellrecht undn anderen Stellen geeignete Mittel. Insbesondere dieerbraucherinnen und Verbraucher müssen darauf ach-en, dass sie nicht in diese Falle gehen und überhöhtereise zahlen. Vielmehr müssen sie den Wettbewerb nut-en, um die Preise auf ein angemessenes Niveau zu drü-ken. Damit würden sie auch dazu beitragen, dass dieinnahmen bei den Landwirten ankommen.Ich bitte diejenigen, die Landwirtschaftspolitik betrei-en, eines nicht außer Acht zu lassen: Zu verzeichnenind gestiegene Erzeugerpreise, aufgrund des EU-Kom-romisses nach wie vor ungekürzte Direktzahlungen undeutliche Kürzungen der Mittel für die ländliche Ent-icklung und die ökologische Landwirtschaft. Wer dieserei Aspekte miteinander verbindet, der stellt fest: Daschreit danach, dass über diesen Zusammenhang nochinmal diskutiert wird, allerdings aus dem Blickwinkeler deutschen Landwirtschaft, nicht aus europäischererspektive über Deutschland.Man darf nicht erst aufgrund des Drucks von außentwas ändern. Wir sollten nicht zulassen, dass man sagt:ir werden die Direktzahlungen – draußen werden siebrigens Subventionen genannt – in beliebiger, vorherestgelegter Höhe beibehalten, obwohl sich die Einnah-esituation verbessert hat. – Wir müssen uns darübernterhalten, wann wir Korrekturen vornehmen wollen,b wirklich bis 2009 oder bis 2013, und wie wir eschaffen können, mehr Mittel für die Entwicklung derändlichen Räume und insbesondere für eine Beschleuni-ung der Umstellung auf ökologischen Landbau bereit-ustellen. Das ist eine gemeinsame Verantwortung.Man muss dazusagen: Der geringe Zuwachs imahr 2007 ist auf diejenigen zurückzuführen, die schonm Jahr 2004 mit der Umstellung begonnen haben. Esesteht schon seit mehreren Jahren die Situation, dass zuenig umgestellt wird. Das ist eine geteilte Verantwor-ung. Geteilte Verantwortung heißt, dass wir gemeinsamie Aufgabe haben, diesen Prozess in den Ländern zueschleunigen, die dringend wieder Umstellungshilfenahlen müssen. Außerdem sollte der Bund das Förder-rogramm in ungekürzter Höhe fortführen. Das verlan-
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007 11423
)
)
Ulrich Kelbergen die Märkte. Wir verspielen im Augenblick einenMilliardenmarkt. Das darf nicht die Politik der Bundes-republik Deutschland sein.Vielen Dank.
Weitere Wortmeldungen zu diesem Einzelplan liegennicht vor.Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bundes-ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-sicherheit, Einzelplan 16.Das Wort hat der Bundesminister für Umwelt, Natur-schutz und Reaktorsicherheit, Sigmar Gabriel.Sigmar Gabriel, Bundesminister für Umwelt, Natur-schutz und Reaktorsicherheit:Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! DieUmweltschutzausgaben im Entwurf der Bundesregie-rung für den Bundeshaushalt 2008 betragen insgesamt4,7 Milliarden Euro, davon allein fast 1 Milliarde Euroim Geschäftsbereich des Bundesministeriums für wirt-schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung – dies be-trifft unsere Entwicklungszusammenarbeit mit vielen an-deren Ländern im Bereich des Umweltschutzes –, über300 Millionen Euro im Bereich des Bundesfinanzminis-teriums, vor allen Dingen für die Altlastensanierung inder ehemaligen DDR, und über 700 Millionen Euro imForschungsministerium zum einen für umweltbezogeneGrundlagenforschung und zum anderen fast zur Hälfte– über 330 Millionen Euro – für die Klimaforschung,ein, wie ich finde, außerordentlich wichtiger Beitrag imRahmen der internationalen Klima- und Energiedebatte.Da im Haushalt des Bundesumweltministeriums vondiesen 4,7 Milliarden Euro nur 845 Millionen Euro ver-anschlagt sind, darf man, wenn man sich die umweltpoli-tischen Leistungen des Bundeshaushalts anschauen will,nicht nur begrenzt auf das BMU schauen, sondern mussdas BMZ, das BMWi, das Forschungsministerium, dasBMF und das Verkehrsministerium hinzunehmen.Da es in den letzten Sitzungen immer wieder eineRolle gespielt hat – wenn ich mich richtig erinnere, ins-besondere aus der FDP heraus –, mache ich darauf auf-merksam, dass im Haushalt des BMU zum ersten Malknapp 28 Millionen Euro für die Einrichtung vonSchacht Konrad ausgewiesen werden. Ich sage das nur,damit Sie in diesem Punkt keine Zweifel mehr an unse-rem Willen hegen müssen, hier etwas zu tun.
Nun, da es rechtskräftig ist, gehen wir natürlich auch andie Umsetzung heran.Die 845 Millionen Euro im Haushalt des Bundes-umweltministeriums sind ein bisschen untertrieben; denndurch den Beschluss der Koalitionsfraktionen zur Auktio-nierung von Emissionszertifikaten gibt es eine Einnah-meberechtigung in der Größenordnung von 400 Millio-nAadutdwlAcgndiEDüSkJhvWntObdeAegHburgHdf2dgwMeg4Ddrfdzn
Metadaten/Kopzeile:
11424 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007
)
)
Natürlich ist der Klimaschutz der Bereich im Haus-halt des Umweltministeriums, der von der Debatte unddavon, dass die Große Koalition hier einen Schwerpunktgesetzt hat, am meisten profitiert. Im Jahre 2005 warenfür den Klimaschutz im Gesamthaushalt ganze 875 Mil-lionen Euro vorgesehen. Jetzt sind es 2,6 MilliardenEuro. Das bedeutet eine Steigerung der Klimaschutzaus-gaben um rund 200 Prozent. Ich glaube, auf diesen Be-leg, dass Klimaschutz ein Schwerpunkt ihrer Politik ist,kann die Große Koalition tatsächlich stolz sein.
Überhaupt ist es ganz interessant, zu sehen, wie sichder Bereich des Umweltschutzes und insbesondere desKlimaschutzes unter der Großen Koalition entwickelthat. Ich habe bereits gesagt: 875 Millionen Euro 2005 –2,6 Milliarden Euro 2008, Tendenz steigend. 2005 wa-ren es 45 Millionen Euro für Forschung und Entwick-lung im Bereich der erneuerbaren Energien, jetzt lie-gen wir bereits bei über 93 Millionen Euro. Wir sinddabei, diese Mittel mehr als zu verdoppeln: Wir werdendie Mittel für das Marktanreizprogramm im Rahmen desgeplanten Erneuerbare-Wärme-Gesetzes durch den Ein-satz der bei der Auktionierung erzielten Erlöse gegen-über 2006 um immerhin 150 Millionen Euro erhöhen.Ich sage das deshalb, weil in einer vorangegangenen De-batte ein Oppositionskollege gesagt hat, wir würden dieMittel für das Marktanreizprogramm kürzen. Im Haus-halt für 2008 mag das so aussehen, weil für das Markt-anreizprogramm 44 Millionen Euro weniger als 2007 ver-anschlagt sind. Da wir aber beabsichtigen, dies aus denMitteln für die nationalen Klimaschutzprogramme – dafürgibt es 400 Millionen Euro – um 150 Millionen Euro auf-zustocken, reden wir in Wahrheit über eine Erhöhung derMittel für das Marktanreizprogramm für erneuerbareWärme um mehr als 100 Millionen Euro. Ich glaube,auch das ist ein Beweis, dass Klimaschutzpolitik und er-neuerbare Energien eindeutig zur Habenseite der GroßenKoalition gehören.
Hinter diesen Zahlen – Haushaltspolitik ist ja sozusa-gen in Zahlen gegossene Politik – steht natürlich einkonkretes Programm zur Umsetzung der anspruchsvol-len Klimaschutzziele. Wir haben hier nicht nur mit derRegierungserklärung vom April deutlich gemacht, wodie Messlatte hängt, sondern auch mit den Ergebnissendes Energiegipfels. Die Bundesregierung will die inter-nationalen Klimaschutzverhandlungen auf Bali EndednJaOMtddsfwiUtgBWKbwdJwbdmh–SDmttzdswKrduRKsvzDlW
Es wäre gut, wenn Sie einmal vortragen würden, wieie das, was Sie öffentlich fordern, finanzieren wollen.as wäre ein hilfreicher Beitrag der Linken zur Parla-entsdebatte. Bisher haben Sie sich das aber nicht ge-raut. Sie fordern uns zwar immer wieder auf, mehr zuun, aber vor Ort verlangen Sie dann mehr Verschmut-ungsrechte für die Braunkohle. Das ist doch die Politiker Linken zum Klimaschutz.
Des Weiteren wollen wir den Anteil der Biokraft-toffe auf immerhin 17 Prozent erhöhen. All das, wasir in Meseberg beschlossen haben – die Umstellung derfz-Steuer, die Verschärfung der energetischen Anforde-ungen in der Energieeinsparverordnung um 30 Prozent,ie Weiterentwicklung des Gebäudesanierungsprogrammsnd das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz – wird dieegierung im Herbst dieses Jahres als Gesetzespaket insabinett einbringen.Das heißt, die Regierungsbeschlüsse sollen in die ent-prechenden Rechtsverordnungen und Gesetzgebungs-erfahren im Parlament münden, und zwar bevor wir unsur internationalen Klimakonferenz nach Bali begeben.as ist von großer Bedeutung, weil wir dort zeigen wol-en, dass wir nicht nur von anderen fordern, sich auf deneg zu machen, sondern dass wir auch bereit sind, das
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007 11425
)
)
Bundesminister Sigmar Gabrielbei uns umzusetzen, um zu zeigen, dass wirtschaftlicherWohlstand, wirtschaftliches Wachstum, zusätzlicheArbeitsplätze und Klimaschutz selbstverständlich mit-einander vereinbar und in Wahrheit zwei Seiten einerMedaille sind.Ich glaube, dass man auf dieses Paket der Bundes-regierung mit Blick auf das, was andere bislang auf denWeg gebracht haben, sehr stolz sein kann. Wir wissen,dass wir von den 40 Prozent bis 2020 mit dem Klima-paket „nur“ 35 bis 36 Prozent abbilden können. Dieübrigen 4 bis 5 Prozent werden wir in den Beratungender kommenden Jahre über die Fragen, welche Förder-programme wir zusätzlich auf den Weg bringen können,was im Gebäude- und Energiebereich weiter zu tun istund wie wir mit der dritten Handelsperiode im europäi-schen Emissionshandel vorankommen, angehen müssen.Aber 90 Prozent unseres Ziels bilden wir mit dem Mese-berger Klima- und Energiepaket ab. Es kommt jetzt da-rauf an, dieses Paket im Deutschen Bundestag zu be-schließen. Die Finanzierung der 90 Prozent ist durch denHaushaltsplanentwurf gesichert. Das belegt, dass wirnicht nur darüber reden, was wir wollen, sondern auchmit dem Haushaltsplanentwurf entsprechende Finanzie-rungsvorschläge vorlegen.Sie werden feststellen – vielleicht kann das auch dereine oder andere Beobachter des Gleneagles-Dialogs, ei-ner Tagung mit den 20 größten CO2-Emittenten, bestäti-gen, die soeben in Berlin zu Ende gegangen ist –, dassdas international große Aufmerksamkeit verursacht hat.Es gibt weltweit kein anderes Land, das seine klimapoli-tischen Vorstellungen – selbst wenn sie ähnlich ambitio-niert sind wie die deutschen – in einen konkreten Instru-menten-, Methoden- und Maßnahmenkatalog umgesetzthat. Die Bundesrepublik Deutschland ist nicht nur imHinblick auf ihre Zielsetzungen weltweit führend, son-dern auch hinsichtlich ihrer Bereitschaft, diese mit finan-ziellen Mitteln und konkreten Maßnahmen zu unterle-gen.
Dafür, dass daran alle mitgewirkt haben, möchte ichmich ausdrücklich bedanken. Das gilt insbesondere fürdie Koalitionsfraktionen, ohne deren finanziellesBacking auch in der Debatte um die Auktionierung wirdas nicht ermöglicht hätten. Ich richte den Dank aberauch ausdrücklich an die Kolleginnen und Kollegen imKabinett, die Klimaschutz nicht allein als Aufgabe desUmweltministers begriffen haben, sodass wir mit demKollegen Tiefensee, der Forschungsministerin und demKollegen Glos zusammengearbeitet haben, der mit mirum den richtigen Weg gerungen hat, weil er aus seinerSicht nicht nur für Effizienz im Klimaschutz sorgen will,sondern auch – das ist völlig klar – für Effizienz in derFrage der Kosten.Ich schließe aber auch ausdrücklich den Finanzminis-ter in den Dank ein, der an dieser Stelle ebenfalls gese-hen hat, dass neben dem Konsolidierungskurs diesesneue Politikfeld mit finanziellen Mitteln unterlegt wer-den muss. Es war, glaube ich, eine gute Gesamtleistungdes Kabinetts. Herzlichen Dank an alle Kolleginnen undKollegen dafür. Hoffentlich lästert der StaatssekretärnsKgrSegWfhKmKVtPsSrgsAwPfgnmstHWemtmd
Die Umweltverbände haben recht: Das Verfehlen derlimaziele ist durch zahlreiche Hintertüren vorprogram-iert. In der Welt mahnend vor den Gletschern in dieameras schauen, das ist das eine. Das andere ist, dieersprechen, die man den Bürgern gegeben hat, zu hal-en. Ich habe meine Zweifel, ob das mit dem vorgelegtenrogramm gelingen wird.
Noch etwas anderes ist kritikwürdig. Schwarz-Rotetzt bei diesem Programm vor allem auf Dirigismus undubventionen und nicht auf marktwirtschaftliche An-eize. Minister Gabriel hat ein staatsorientiertes Pro-ramm vorgelegt. Das Ergebnis ist, dass der Klima-chutz unnötig teuer und bürokratisch gemacht wird.
n die Adresse der Union muss man die Frage stellen,as denn eigentlich der Wirtschaftsminister in diesemrozess gemacht hat. Statt klare Gegenmodelle zu lie-ern, hat er schrittweise vor allem für neue Ausnahmere-elungen im Regierungsprogramm gesorgt in der Hoff-ung, damit die Kosten zu senken. Das Ergebnis sindehr Bürokratie und mehr Willkür. So endet ein Wirt-chaftsminister der Union, dem ein klares ordnungspoli-isches Konzept für den Klimaschutz völlig fehlt.
Nehmen wir als Beispiel die erneuerbare Wärme.ausbesitzer werden zur Nutzung der erneuerbarenärme verpflichtet, egal wie hoch die Kosten für dasinzelne Gebäude sind. Es ist aber ein Unterschied, oban eine Solaranlage in Flensburg oder in Freiburg be-reibt; der Output ist unterschiedlich hoch. Das müsstean berücksichtigen. Außerdem ist Ihr Programm anieser Stelle erneut bürokratisch; denn wenn man eine
Metadaten/Kopzeile:
11426 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007
)
)
Michael KauchNutzungspflicht für jeden Standort in Deutschland fest-legt, dann braucht man auch eine umfangreiche Kon-trollbürokratie, letztlich in jedem Haushalt. Vielleichtkann der GEZ-Kontrolleur hier eine Vorbildfunktion ha-ben.
Gleichzeitig wird das Konzept durch zahlreiche Härte-fall- und Ausweichklauseln zerlöchert. Beamte werdeneinmal so oder einmal so entscheiden. Das ist ein Schlaggegen die Rechtssicherheit. Damit erweisen Sie derMarkteinführung erneuerbarer Energien einen Bären-dienst.
Dass die Bundesregierung selbst nicht an den Erfolgihres Konzeptes glaubt, zeigt die Tatsache – der Ministerhat es angekündigt –, dass erneut 350 Millionen Euromehr für Subventionen eingestellt werden sollen. Icherinnere daran, welches der Ausgangspunkt war, an das,was wir alle gemeinsam beim Thema erneuerbareWärme erreichen wollten, nämlich ein Förderinstrumentzu schaffen, unabhängig vom Bundeshaushalt. Das Ge-genteil wird mit diesem Bundeshaushalt erreicht.
Ein anderer Punkt. Die vom Umweltminister befür-wortete Nebenkostenkürzung im Mietrecht ist in der Tatein gutes Programm für Anwälte und Prozesshanseln,die gerne zu den Gerichten laufen. Es ist aber kein Pro-gramm, das der Verbesserung der Energieeffizienz dient.Besser wäre es, Vermietern zu ermöglichen, Betriebs-kosteneinsparungen zu garantieren und im Gegenzug dieInvestitionen bis zur Höhe der Einsparungen auf dieMiete umzulegen. Das nützte sowohl Vermietern alsauch Mietern und wahrte den Rechtsfrieden in Deutsch-land.
Interessant ist, was in Meseberg nicht beschlossenwurde. Zum Beispiel wurde keine klare Linie festgelegt,die deutlich macht, wie die Bundesregierung im EU-Ministerrat verhandeln will, wenn es um die Weiterent-wicklung des Emissionshandels in der EU nach 2012geht. Die EU-Kommission hat angekündigt, dass siebald Vorschläge machen will. Die Bundesregierungsollte eigentlich sagen, wie sie dazu steht. Wir als FDPsagen ganz klar: Wir wollen eine Ausweitung des Emis-sionshandels auf die Bereiche Wärme und Verkehr, wirwollen eine weitgehende Versteigerung der Emissions-zertifikate, und vor allen Dingen wollen wir ein Ende derKleinstaaterei in diesem Politikfeld. Wir brauchen ein-heitliche Regelungen und einheitliche Allokationspläneauf europäischer Ebene.
Andere ökologische Probleme blendet der Umwelt-minister aus. Die Frage der nuklearen Endlagerung wirdnur ansatzweise angegangen. Der Entwurf über Rege-lungen für die Feinstaubbelastung durch Holzheizungenliegt seit Monaten auf Eis. Bei der geplanten Biodiver-sLfgseGgKSmdEbwwtihISsmeaesdlIKsdlsiusb
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007 11427
)
)
Katherina Reiche
Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländer müs-sen beim Klimaschutz an einem Strang ziehen. Nur dannwerden wir erfolgreich sein. Bundespräsident Köhler hatdiese Länder bei einer Rede in Schanghai im Mai diesesJahres als „Schicksalsgemeinschaft“ bezeichnet. Ichglaube, er hat recht. Nehmen wir zum Beispiel China:China ist weltweit der zweitgrößte Emittent von Treib-hausgasen und wird die USA weit überholen. Es ergibtsich aber ein differenziertes Bild, wenn man den Pro-Kopf-Ausstoß betrachtet: 3,5 Tonnen CO2 pro Einwoh-ner in China, 10 Tonnen in Europa und 20 Tonnen in denUSA. Dass man über diese unterschiedlichen Emissions-niveaus nicht einfach hinweggehen kann, versteht sicheigentlich fast von selbst. Deshalb war es wichtig undrichtig, dass Angela Merkel auf ihrer Asienreise diesesThema auf die Agenda gesetzt und den Vorschlag ge-macht hat, den Pro-Kopf-Ausstoß als Maßstab zu disku-tieren. Das ist ein wichtiges Signal an die Schwellenlän-der, dass wir ihre Bedenken ernst nehmen. Dieser Ansatzlässt sich nicht von heute auf morgen umsetzen, aber wirsollten ihn weiter verfolgen.Die wichtigste Aufgabe der Europäer, auch von unsDeutschen, wird meines Erachtens sein, dass wir eineVorbildfunktion und eine Vorreiterrolle zum Beispielbei der Technologieentwicklung und bei dem Einsatzund Export erneuerbarer Energien einnehmen. Wir müs-sen zeigen, dass Energieversorgung und Klimaschutz so-wie Wohlstand zwei Seiten einer Medaille sind.Man muss sich – wie im Sport – Ziele setzen. Damitwir vorankommen, brauchen wir ehrgeizige Ziele. ImRahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft und derG 8 ist es unter dem Vorsitz von Angela Merkel gelun-gen, wichtige Pflöcke einzuschlagen. Nun müssen dievereinbarten Ziele umgesetzt werden.Auf der Klausurtagung in Meseberg – das ist schonangesprochen worden – hat die Bundesregierung ein ehr-geiziges Energie- und Klimaprogramm beschlossen. Ichglaube, dass die Financial Times recht hat, wenn sie dasals „Fitnessprogramm“ bezeichnet. Die Financial Timesschrieb am 28. August 2007:So viel Umbau war nie. Werden die Maßnahmenverwirklicht, wird Deutschland im Jahr 2020 nurnoch rund 730 Millionen Tonnen Treibhausgaseausstoßen, verglichen mit rund einer Milliarde Ton-nen heute. Pro erwirtschaftetem Euro wird die deut-sche Wirtschaft deutlich weniger, vielleicht sogarnur halb so viel Energie verbrauchen und bezahlenmüssen.Wir als Unionsfraktion haben übrigens schon imApril dieses Jahres ein sehr ehrgeiziges Papier verab-schiedet. Viele Elemente, die wir im April aufgeschrie-ben haben, finden sich heute im Klimaprogramm derBundesregierung; darüber sind wir natürlich sehr froh.Ich nenne als Beispiele die Fortführung des CO2-Gebäu-desanierungsprogramms, die Aufstockung des Marktan-reizprogramms und die Verbesserung der Energieeffizi-enzstandards. Diese Punkte unterstützen wir unteranderem deshalb, weil ihnen eines gemeinsam ist: dieMarktnähe. Wir vertrauen darauf, dass Verbraucher undWirtschaft durch staatliche Unterstützung einander nä-hKssKhSwfmmssNdivAGEwbwJWrewssbAwDDKsWlmaest
enn dem tatsächlich so wäre, hätten die Behördenängst handeln und Anlagen endgültig vom Netz nehmenüssen. Alle Kernkraftwerke in Deutschland, egal wielt sie sind, müssen dieselben Sicherheitsanforderungenrfüllen. Das Alter allein ist nicht der Sicherheitsmaß-tab.
Ich gebe sofort zu, dass die Kommunikation der Be-reiber im Sommer äußerst mangelhaft war. Aber wenn
Metadaten/Kopzeile:
11428 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007
)
)
Katherina Reiche
die Antwort der Politik Populismus ist, dann erreichenwir auch keine zukunftsweisende Energiepolitik. Auchdiesbezüglich brauchen wir wieder mehr Sachlichkeit.
Ich möchte noch einmal das Thema eines Endlagersansprechen. Die Entscheidung für Schacht Konrad stehtnun fest. Wir als Union werden bei den Haushaltsbera-tungen darauf achten, dass im Haushalt die Vorausset-zungen dafür geschaffen werden, dass dieses Endlagergenutzt wird. Ich bin mir sicher, dass wir bei der Be-handlung dieser Fragen einen gewaltigen Schritt nachvorn machen.Ein letztes Thema. In dieser Woche beginnt in Frank-furt die IAA. Sie steht in diesem Jahr unter dem Motto„Sehen, was morgen bewegt“. Die Automobilbranche istin den letzten Wochen und Monaten oft hart kritisiertworden. Das Zeichen, das der neue Präsident des Ver-bandes der Automobilindustrie, Matthias Wissmann, ge-setzt hat, ist wichtig: Auch die Automobilindustrie inDeutschland will in der Klimadebatte in die Offensivegehen. Dieses Signal ist deshalb wichtig, weil unsereAutomobilindustrie eine Schlüsselindustrie ist. Wenn siejetzt ansetzt, beim Klimaschutz zu überholen, dann wer-den wir sie dabei unterstützen.Vielen Dank.
Für die Fraktion Die Linke hat nun die Kollegin Eva
Bulling-Schröter das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Zuerst einmal möchte ich sagen, dass ich mich über dasKlimaschutzprogramm sehr gefreut habe.
Durch den zweiten Blick wurde meine Freude allerdingsetwas getrübt, und zwar nachhaltig. Mit dem Energie-und Klimaschutzprogramm will die Bundesregierung imVergleich zu 1990 den Ausstoß von Kohlendioxid bis2020 um 40 Prozent senken.
Sie räumt aber selbst ein, dass damit nur rund 35 Prozentzu schaffen sind. Auch das wäre schon revolutionär,
Vor allem aber soll nun erst einmal eine Selbstver-flichtung der Wirtschaft geprüft werden, Nachtspei-heröfen gegen Wärmepumpen auszutauschen. Selbstver-flichtungen werden in der Regel – darüber haben wirchon des Öfteren diskutiert – nicht eingehalten, auchicht von der vielgelobten Automobilindustrie, die hiererade gepriesen wurde.Wir brauchen also klare Regelungen und klare Fris-en. Die Haushalte derjenigen, die die Umstellungenurchführen wollen und eben nicht das notwendige Geldaben, müssen finanzielle Unterstützung bekommen.ir wollen wissen, wie es mit dem Emissionshandel ab012 weitergehen soll, Stichwort „100-prozentige Ver-teigerung“. Wir wollen noch einmal über die Sonderge-inne, über die Windfall-Profits, über CDM und übernrechenbare Klimaschutzprojekte in Dritte-Welt-Län-ern diskutieren. Wir haben dazu eine Anhörung durch-eführt, und es waren eben keine „Linksradikalinskis“,ondern gestandene Marktwirtschaftler, die sich füriese Projekte eingesetzt haben. Ich bitte Sie, sich dientsprechenden Unterlagen anzuschauen; sie befindenich in meinem Büro.
Minister Gabriel hat uns vorgeworfen, wir würdenas Geld zweimal ausgeben, wir seien populistisch. Dieorgaben wurden in der Sommerpause schriftlich an alle
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007 11429
)
)
Eva Bulling-SchröterSozialdemokraten gegeben. Ich kann hier nur sagen: Wirwissen schon, woher das Geld kommen könnte. Ichnenne die Windfall-Profits oder auch die Ökosteuerpri-vilegien, die 3,3 Milliarden Euro ausmachen. Da kannich mir sehr vieles vorstellen. Wir wollen das Geld nichtzweimal ausgeben, sondern an der richtigen Stelle.Ganz zum Schluss noch: Holen Sie Soldaten aus Af-ghanistan heim! Auch das wäre Klimaschutz. Am Sams-tag ist die große Demo. Auch damit könnten wir Geldeinsparen.
Wir machen Vorschläge. Wir sind nicht populistisch,auch wenn Sie es noch hundertmal sagen.
Das Wort hat die Kollegin Anna Lührmann für die
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen undKollegen! Hier wurde heute schon sehr viel vom Klima-schutz geredet. Nur, was steckt wirklich dahinter? Wassteht wirklich im Bundeshaushalt und nicht nur in denRedemanuskripten der Großen Koalition?
In Meseberg haben Sie stolz verkündet, jetzt ein Kli-maschutzprogramm im Umfang von 2,6 Milliarden Euroauflegen zu wollen. Das war das Ergebnis – Sie erinnernsich vielleicht noch, meine Damen und Herren – eineslang inszenierten Streits zwischen Herrn Gabriel undHerrn Glos. Ich habe einmal in den Bundeshaushaltsent-wurf vom Juni – das war deutlich vor Meseberg – ge-schaut. Darin standen auch 2,6 Milliarden Euro. Wo-rüber haben sich die beiden Herren also gestritten? Ichwürde sagen: Das Klimaschutzprogramm von Mese-berg ist nichts anderes als alter Wein in neuen Schläu-chen.
Außerdem muss man bei diesen 2,6 Milliarden Eurozwei Projekte eindeutig sozusagen in Klammern setzen.Das erste ist das Gebäudesanierungsprogramm. Wer sichdie Summen, die die Regierung angibt, genau anschaut,stellt fest: Da werden Ausgaben, die in künftigen Haus-haltsjahren für das Gebäudesanierungsprogramm getä-tigt werden, zusammengerechnet. Es wird so getan, alswürde man das auf einmal ausgeben. Dabei geht es um600 Millionen Euro.Das Zweite, was ich in Klammern setzen muss, sinddie Einnahmen aus dem Emissionshandel. Da setzt dieRegierung nur die Hälfte des Betrages an, von dem dieExperten momentan, gemessen an den aktuellen Future-Preisen, ausgehen.ajDgdlnegMDsramntmeaalaWsSfut–dgddlvdHKEzlZw
Wenn man das alles zusammenrechnet, kommt manuf 1,6 Milliarden Euro Steuergelder, die im Haushalts-ahr 2008 von der Regierung ausgegeben werden sollen.a gibt es aber noch drei Vorbehalte. Wenn Sie einmalenau hinschauen, stellen Sie das fest. Der größte Teilieses Geldes wurde erstens schon in Programmen imetzten Haushaltsjahr ausgegeben – das ist eigentlich ge-au das Gleiche –, oder die Gelder stehen zweitens unterinem Finanzierungsvorbehalt von Steinbrück, oder esibt drittens noch ein Kosten-Nutzen-Gutachten voninister Glos.
a können wir alle uns vorstellen, wie das am Ende aus-ieht.Ernst gemeinter Klimaschutz, meine Damen und Her-en, sieht anders aus. Ihr Verständnis von Klimaschutzn der Stelle ist: viel heiße Luft statt konkreter Taten. Ichöchte Ihnen sagen: Die globale Erderwärmung warteticht auf den schwerfälligen Tanker der Großen Koali-ion, darauf, dass sich Glos und Gabriel mal einigen; wirüssen jetzt handeln.
Deswegen wollen wir grüne Haushälter der Regierunginmal konkret zeigen, wie substanzieller Klimaschutzussehen soll. Wir werden einen Klimaschutzhaushaltufstellen, in dem mit konkreten Haushaltsanträgen be-egt wird, wie man die Ausgaben für Klimaschutz mehrls verdoppeln kann.
ir wollen 2 Milliarden Euro zusätzlich für Klima-chutz ausgeben. Dabei geht es um Stichworte wie einentromsparfonds für energieeffiziente Geräte, Klima-orschung, Ökobeschaffung, Plug-in-Hybrid-Fahrzeugend andere Projekte, auf die wir in den Haushaltsbera-ungen ganz konkret eingehen werden.Das Beste an diesem Klimaschutzhaushalt ist aberdarauf bin ich als Haushaltspolitikerin besonders stolz –,ass die Ausgaben für Klimaschutz auch mehr als ge-enfinanziert sind. Wir machen konkrete Vorschläge füren Abbau von ökologisch schädlichen Subventionen iner Finanzplanperiode von insgesamt mehr als 21 Mil-iarden Euro. Es sind drei konkrete Punkte: der Abbauon Subventionen für die stark stromverbrauchende In-ustrie – das sind 1,2 Milliarden Euro allein im nächstenaushaltsjahr –, die Streichung der Subventionen fürerosin und für die Luftfahrtindustrie von 900 Millionenuro allein im nächsten Haushaltsjahr sowie eine Redu-ierung und ökologische Reform des Dienstwagenprivi-egs; das heißt, dass dicke Chefdreckschleudern inukunft nicht mehr vom Steuerzahler subventionierterden sollen.
Metadaten/Kopzeile:
11430 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007
)
)
Anna LührmannDas sind drei konkrete Beispiele, mit denen wir klarma-chen wollen, dass die Regierung viel vom Klimaschutzredet, aber ganz konkret immer noch Geld für Klimaver-schmutzung ausgibt. Dieser Zustand muss endlich been-det werden.
– Für eine Große Koalition sollte das Organisieren einerBundesratsmehrheit doch wirklich kein Problem sein,Kollege Kelber.Liebe Kolleginnen und Kollegen von der GroßenKoalition, Sie haben jetzt die große Chance, zum Bei-spiel indem Sie eine Bundesratsmehrheit organisieren,zu zeigen, dass Sie es wirklich ernst meinen mit demKlimaschutz und Ihre Reden hier im Plenum nicht nurheiße Luft sind, sondern ihnen auch konkrete Taten fol-gen. Wir werden Ihnen dafür in den Haushaltsberatun-gen ganz konkrete Anregungen geben. Wie immer gilt:Das Kopieren unserer Anträge ist ausdrücklich er-wünscht.
Das Wort hat die Kollegin Petra Hinz für die SPD-
Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist eigentlich be-schämend für die Opposition: Seit einem halben Jahr re-den wirklich alle, seien es Industrievertreter, Verbrau-cher, wir Parlamentarier, die Bundesregierung oder dieLandesregierungen, vom Klimaschutz. Die Oppositionhat jetzt in der ersten Lesung des Haushalts nichts ande-res zu tun, als darüber zu sprechen, worüber man nochhätte reden können.
Wäre es nicht viel besser, Sie würden das anerkennenund das honorieren, was jetzt tatsächlich in diesem hal-ben Jahr auf den Weg gebracht worden ist?
Zu Ihnen, Frau Lührmann: Ich finde es schon interes-sant, dass Sie als Haushälterin ein Klimaschutzpro-gramm in unsere Haushaltsberatung einbringen wollen.Ich frage mich da in der Tat, was Ihr Kollege oder IhreKollegin im Umweltausschuss macht. Warum findet erbzw. sie keine Möglichkeit, um sich dort konstruktiv ein-zubringen, wo doch da derzeit die Themen beraten wer-den? Das finde ich schon sehr verwunderlich.
Nach den bisherigen Beratungen zum Haushalt 2007wundert es mich noch mehr, zumal der Minister sehr ein-ddBdpbpgekmJZdikdkwvgHcnRaüAtsGdiSsrhsNdgvwsDwkWd2ER
Man könnte zum Haushalt auch Folgendes sagen:eine Überraschungen, eher konsequentes Handeln. Soar es auch im zurückliegenden Halbjahr: Wir habeniele Themen und viele Projekte seit den ersten Beratun-en des Haushalts bis zur heutigen ersten Lesung desaushalts eingebracht, und zwar Projekte in den Berei-hen Umwelt, Energie und Naturschutz. Wir haben ganzeue Berufsfelder entwickelt bzw. zumindest dafür dieahmenbedingungen geschaffen. Ich selber habe michm Montag in der Arbeitsagentur meines Wahlkreisesberzeugt. Dort hat man mir gesagt, dass es mit unserennreizprogrammen – es geht also nicht um Subven-ionsprogramme! – gelungen ist, ganz neue Felder zu er-chließen. Die Industrie macht davon sehr intensivenebrauch. Wenn auch Sie, Frau Flach, das Gespräch miter Agentur gesucht haben, dann wissen Sie, dass geraden unserer Region Essen/Mülheim in Form derchaffung neuer Berufe zukunftsweisende Wege be-chritten werden.Die EU-Ratspräsidentschaft und der G-8-Gipfel wa-en erfolgreich. Es ist nicht so, wie die Opposition esier darzustellen versucht, dass es einfach nur viele Ver-prechungen gegeben hat und dass alles heiße Luft war.ein, die Konferenzen haben Erfolge mit sich gebracht,ie natürlich viele Mütter und Väter haben. Natürlichibt es immer eine oder zwei Personen, die das nachorne tragen. Aber ich möchte auch das herausstreichen,as unser Parlament im Vorfeld der EU-Ratspräsident-chaft und des G-8-Gipfels auf den Weg gebracht hat.enn nicht nur die Regierung hat ihren Beitrag geleistet,enn im Rahmen dieser Konferenzen gepunktet werdenann, sondern auch wir, das Parlament.
ir haben sowohl der Kanzlerin als auch dem Bun-esumweltminister im Rahmen der Haushaltsberatungen007 einen ganz klaren Verhandlungsauftrag erteilt. Diergebnisse haben wir in Heiligendamm und auch imahmen der EU-Präsidentschaft deutlich gesehen.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007 11431
)
)
Petra Hinz
Einen Erfolg möchte ich besonders hervorheben,nämlich dass wir einen weiteren Verbündeten im Klima-schutz gewonnen haben, und zwar die USA, die den Pro-zess als das zentrale Instrument anerkennen, um Klima-schutzmaßnahmen zu verabreden. Präzise gesagt ist dasnicht die USA insgesamt – es gibt dort sehr viele Staa-ten, die mit großem Know-how arbeiten und gerade inder Umwelttechnologie Fortschritte zu verzeichnen ha-ben –, aber der Präsident hat sich in den zurückliegendenJahren sehr zögerlich verhalten und in erster Linie seineeigenen Interessen vertreten.
Die Staats- und Regierungschefs haben die Grundlagefür ein langfristiges Ziel geschaffen. Die Klimaerwär-mung ist Realität; ich glaube, darüber brauchen wir indieser Debatte nicht mehr zu streiten. Auch in der inter-nationalen Klimaforschung besteht darüber keinerleiZweifel. Selbst wenn wir sofort die Emissionen stoppenwürden, würde der Meeresspiegel weiter ansteigen. Wirhaben in der Sommerpause viel darüber hören und lesenkönnen.Bei allen Herausforderungen sollte eines deutlichwerden: dass wir in Deutschland Vorreiter in SachenKlimapolitik sind. Beim Blick nach vorn sollte man, ge-rade in den Haushaltsberatungen, auch einmal zurück-schauen, um zu erkennen, wie lange manche Prozessedauern. Jeder von Ihnen kann sich innerhalb seiner Frak-tion fragen, zu welchem Zeitpunkt er sich an welchemOrt hätte stärker einbringen können. Ich aus dem Ruhr-gebiet
– wir aus dem Ruhrgebiet, Frau Flach – kann sagen: Be-reits im April 1961, also vor 46 Jahren, hat Willy Brandtgemahnt, der Himmel über der Ruhr müsse wieder blauwerden. Recht hat er gehabt!
– Wir haben es gemeinsam geschafft. Dabei denke ich,dass Willy Brandt – ohne seine Bemühungen hintanstel-len zu wollen – die Tragweite des Ganzen gar nicht sobewusst war.Das galt natürlich für alle Ballungsräume weltweit, sozum Beispiel auch für London, in den 50er-Jahren dergrößte Smogverursacher. Zu dem Zeitpunkt gab es nochkeine CO2-Debatte; damals war noch nicht klar, wie sehrIndustrie- bzw. Wohlstandsemissionen zu unseremTreibhausklima beitragen.1992 war die Rio-Konferenz, die eine weitere Phaseim Klimaschutz eröffnete.
Die Kommission hatte eindringlich auf den Handlungs-bedarf der internationalen Völkergemeinschaft hinge-wiesen. Dann folgten die Klimaschutzkonvention, dieArtenschutzkonvention, die Walddeklaration und dieAgenda 21; gerade dieses Programm wird in den Kom-munen sehr intensiv beraten und umgesetzt. Seit RiosNgsEs2rRdDdpbFinnsPnmmUkdmurtdsbzds1hdmedFhfwmns
Kommen wir auf das 400-Millionen-Euro-Programmu sprechen. Auch hier ist schon deutlich gemacht wor-en, in welchem Verhältnis die Mittel verausgabt werdenollen: 280 Millionen Euro für nationale Maßnahmen,20 Millionen Euro für internationale Maßnahmen. Wiraben uns für die Koalition im Vorfeld darauf verstän-igt, dass wir dem so, wie es hier diskutiert wird, zustim-en wollen. Wir erwarten aber eine Berichtspflicht. Wirrwarten, dass wir nachvollziehen können, wo die Gel-er investiert werden.Ich komme noch einmal auf die internationaleinanzierung zurück. Die globale Öffnung der Märkteat in einer Vielzahl von Schwellenländern für einenantastischen Aufschwung gesorgt. Wir wollen das; undir haben mit dafür gesorgt. China wird im Moment im-er wieder als Beispiel genannt, und auch ich möchte esennen. Wenn sich deutsche Unternehmen aus der Was-erwirtschaft, aus der Autoindustrie oder egal welchem
Metadaten/Kopzeile:
11432 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007
)
)
Petra Hinz
Industriezweig in China niederlassen und dort nicht denStand der Technik umsetzen, sondern den Stand des na-tionalen Rechts, dann gibt das Anlass zu Fragen. Wirkönnten beim Klimaschutz schon viel weiter sein. Ich er-warte, dass der Minister im Rahmen seiner Tätigkeitenund im Rahmen von internationalen Konferenzen seinenEinfluss entsprechend geltend macht.Es gibt darüber hinaus im Einzelplan noch andereThemen, etwa: die Bereiche Personal, Öffentlichkeits-arbeit, Endlager und Atomenergie, wobei die CDU nichtmüde wird, dieses Thema immer wieder auf die Tages-ordnung zu setzen, obwohl es hier ganz klare Beschlüssegibt, an denen auch nicht gerüttelt wird.
Wir werden unabhängig davon weiter versuchen, konti-nuierlich zu prüfen, zu optimieren und die Politiker inden Fachausschüssen inhaltlich zu begleiten. In diesemSinne wünsche ich uns bis zur zweiten und dritten Le-sung gute Haushaltsberatungen.Danke schön.
Für die FDP-Fraktion hat nun die Kollegin Ulrike
Flach das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! DerHaushalt des Bundesumweltministers ist wie immerklein, aber fein. Irgendwie erinnert er mich doch an denMinister, der für diesen Haushalt zuständig ist. Er ist so-zusagen ein verstecktes Schwergewicht, wartend auf dengroßen Sprung.
Herr Gabriel, Sie haben eben darauf hingewiesen: IhrHaushalt ist nur scheinbar bescheiden. Er steigt um le-diglich 1,6 Millionen Euro. Sie erwarten aber für denHaushalt aus der Versteigerung von Emissionsrechten280 Millionen Euro für das Marktanreizprogramm undweitere 120 Millionen Euro für das neue Projekt Klima-schutz und Biodiversität. Das heißt, auf den zweitenBlick ergibt sich ein Gesamtetat von 1,24 MilliardenEuro. Das ist eine Steigerung von 50 Prozent. HerrGabriel, Sie haben es erneut geschafft, sich um die glo-bale Minderausgabe herumzudrücken. Unter dem Strichist dies also ein Haushalt, der sich sehen lassen kann.Wenn ich aber genauer hinschaue, dann erinnert ermich an vielen Stellen etwas an eine Blackbox; denndas, was Sie in Meseberg beschlossen haben, ist etwas,was über alle Ressorts verteilt ist, was vom Finanzminis-ter allerdings zu Recht unter einen entsprechendenFinanzierungsvorbehalt gestellt worden und vom Wirt-schaftsminister ebenfalls zu Recht mit einer Kosten-Nut-zen-Analyse belegt worden ist. Frau Lührmann, wir sindaMraAgSnReiwhmkhswrmKhKMRcgdwJb–KsfhlEGWnK–mza
Für uns Liberale war es ganz interessant, in den Som-ermonaten die Diskussion im Zusammenhang mit demollegen Glos zu beobachten. Bis zum heutigen Tag ste-en die 70 Milliarden Euro, die der Kollege Glos alsosten für die deutsche Wirtschaft in der Folge des ineseberg verabredeten Programms beziffert hat, imaum. Sie selbst haben von 2,8 Milliarden Euro gespro-hen. Die Regierung wird sich irgendwann einmal eini-en müssen.Wir haben den Eindruck, Sie leben in zwei verschie-enen Welten. Wie verschieden diese Welten sind, habenir bei der Rede von Frau Reiche wieder gesehen. Jedesahr um diese Zeit erleben wir regelmäßig, dass Sie sichei den für ein Umweltministerium wichtigen Punktenwie viel Geld gibt man aus? Wie geht man mit derernkraft um? – nach wie vor offensichtlich nicht einigind. Angesichts der Tatsache, dass Sie in diesem Jahrür den Schacht Konrad 28 Millionen Euro bereitgestelltaben – das finden wir positiv –, fragen wir uns natür-ich, Frau Reiche, wie Sie angesichts Ihres standhaftenintretens für die Kernkraft damit umgehen, dass fürorleben nichts im Haushalt eingestellt wurde.
ie steht die CDU/CSU dazu, dass der Umweltministerach wie vor nicht einmal im Traum daran denkt, dieernkraft so zu behandeln, wie Sie es vorhaben?
Das wäre sehr schön.Was den Haushalt insgesamt angeht, Herr Gabriel,uss ich sagen, dass Sie offensichtlich im Vertrauen aufukünftige Einnahmen Ihren Personalbestand deutlichusgeweitet haben. Frau Hinz, ich bin erstaunt, dass Sie
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007 11433
)
)
Ulrike Flachdies alles so mitgetragen haben. Immerhin handelt essich um 180 neue Stellen, und das in einer Zeit, in derwir eigentlich sparen wollen. Heute Morgen haben wirvon Herrn Steinbrück zu Recht gehört, wie wichtig Spa-ren ist. Wenn ich an Herrn Kampeter denke, dann klin-geln mir jetzt noch die Ohren. 180 neue Stellen, einNettoaufwuchs von 83 Stellen – das ist schon beeindru-ckend. Ich denke, wir haben noch viel zu tun.Lassen Sie mich zum Abschluss noch etwas zumThema Marktanreizprogramm sagen. Wenn Sie, FrauHinz, als Gutmensch sagen – ich unterstelle einmal, dassSie einer sind –, dies sei keine Subvention, dann mag dasso sein. Aber Ihre eigene Regierung spricht im Subven-tionsbericht davon, dass es sich um eine Subvention han-delt. Die FDP geht in diese Haushaltsberatung mit demerklärten Willen, 20 Prozent bei den Subventionen ein-zusparen.
Sie müssen irgendwann einmal an die Substanz diesesNot leidenden Haushalts herangehen. Das werden Sieaber mit dieser Art von Begrifflichkeit – wenn es gut fürdie Umwelt ist, dann ist es keine Subvention – nicht er-reichen.Herr Minister, ich habe mit dem Bild vom Schwerge-wicht angefangen und möchte mit einem anderen Bildaufhören. Für die FDP ist der Haushalt eine Art Eisberg,bei dem nur ein Teil über der Wasseroberfläche sichtbarist; ein großer Teil ist unter der Wasseroberfläche. Wirwissen aus leidvoller Erfahrung mit dem Klimawandel,dass Eisberge abschmelzen. Ich kann Ihnen von der Gro-ßen Koalition versichern, dass die FDP-Haushälter allestun werden, dass dieser Eisberg deutlich abschmilzt.
Für die Unionsfraktion hat nun der Kollege Bernhard
Schulte-Drüggelte das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen undKollegen! Ich möchte zunächst einmal feststellen, dassdie sachbezogene Zusammenarbeit der letzten Zeit auchin den vorbereitenden Beratungen fortgesetzt wurde. Ichmöchte einen Punkt herausgreifen. Wir haben in der letz-ten Debatte gefordert, dass der VN-Campus in Bonn ausdem Einzelplan 16 herausgenommen und dem Haushaltdes Außenministeriums zugeschlagen wird. Ich finde,das war ein sehr vernünftiger Vorschlag.
Das ist inzwischen geschehen. Ich bedanke mich dafür.Ich bedanke mich auch bei meinem Kollegen BertiFrankenhauser, der das unterstützt hat; wenn ich das andieser Stelle einmal sagen darf.Gerade wurde der Schacht Konrad angesprochen;auch ich will das tun. Sie finden im vorliegenden Ent-wHnssgsKaf4Vk0hsbssdutRFHv–e4hDwHEdglrsudmn
Es wurde gerade gesagt: Klimaschutz ist eine Quer-chnittsaufgabe. Vier weitere Ministerien sind daraneteiligt: das Bundesministerium für Bildung und For-chung, das Bundesministerium für wirtschaftliche Zu-ammenarbeit und Entwicklung, das Bundesministeriumer Finanzen und das Bundesministerium für Wirtschaftnd Technologie. Man kann es vielleicht als eine konzer-ierte Aktion für den Klimaschutz bezeichnen, was dieseegierung hier vorhat. Das ist eine sehr gute Sache.
Ich möchte auf einen Punkt eingehen, den Sie, Fraulach, vorhin angesprochen haben. Das Volumen desaushaltes wird sich voraussichtlich durch den Verkaufon Emissionszertifikaten vergrößern.
Das kann man ja ruhig einmal sagen. – Dabei handelts sich voraussichtlich um einen Betrag von00 Millionen Euro. Wenn man sieht, dass dieser Haus-alt 845 Millionen Euro umfasst, dann erkennt man dieimension dieser neuen Einnahmen.Als Parlamentarier möchte ich aber auch darauf hin-eisen, dass diese 400 Millionen Euro nur in einemaushaltsvermerk dargestellt werden.
s wurde eine Leerstellenstruktur gewählt. Ich möchteeutlich fordern, dass das parlamentarische Budgetrechtewährleistet wird. Diese Forderung sollten wir als Par-amentarier stellen.
Klimaschutz ist eine zentrale Aufgabe dieser Regie-ung. Wir unterstützen das. Es ist richtig, dass voraus-ichtlich zusätzlich 280 Millionen Euro im nationalennd 120 Millionen Euro im internationalen Bereich füren Klimaschutz eingesetzt werden. Es ist gut, dass dieediale Wirkung dieser Diskussion groß ist. Das fördertatürlich die Durchsetzung solcher Beschlüsse. Es ist
Metadaten/Kopzeile:
11434 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007
)
)
Bernhard Schulte-Drüggelterichtig, dass derjenige, der den Klimaschutz für wichtighält, etwas tun möchte, zum Beispiel sein Haus dämmen,und dafür Geld investiert, gefördert wird. Aber man darfbei all diesen Forderungen nicht vergessen, dass diesGeld kostet und sich dies auch langfristig für den Häus-lebauer rechnen muss. Daher sind die entsprechendenFörderungen anzupassen.Ich finde es richtig, dass der Minister vor ein paarWochen die Fördersätze im Marktanreizprogramm, dasim Augenblick ein bisschen schwächelt, angepasst hat.Das war die richtige Maßnahme, um auf diese Entwick-lung zu reagieren.
Wir müssen darauf achten, dass sich dieses Programmstetig weiterentwickelt, dass sich die Menschen daraufverlassen können und motiviert werden, in regenerativeEnergien zu investieren.Ein anderer Bereich, der vielleicht auch gefördertwerden sollte, ist die Steigerung der Energieeffizienz.Ich spreche in diesem Zusammenhang nur energieeffi-ziente Haushaltsgeräte an. Auch hier ist in den letztenJahren eine Entwicklung zu verzeichnen, die nicht sehrpositiv ist, die aber durch Anreize vielleicht wieder um-gekehrt werden kann.Ich möchte auf einen Punkt hinweisen, der am Randeangesprochen worden ist – Sie, Frau Flach, haben es er-wähnt –: das Thema Personal. Sie haben es freundli-cherweise korrigiert: Es sind nicht real 180 Stellen, son-dern natürlich weniger. Wir sind uns zwar darin einiggewesen, dass pauschale Stellenkürzungen nicht sehreffektiv sind. Wir haben aber trotzdem gesagt, dass wirdie Zahl der Stellen um 0,75 Prozent kürzen sollten. Imvorliegenden Entwurf sind jedoch neue Stellen vorgese-hen; das ist ganz klar. Wir müssen klären, wie dies zuden pauschalen Stellenkürzungen, die wir vorhaben, undzu einem Bericht des Bundesministeriums der Finanzenvon April dieses Jahres darüber, wie sich die Stellen ent-wickelt haben, passt. Wir müssen überprüfen, ob es danicht Widersprüche gibt.
Denn dort steht, dass es einen kontinuierlichen Anstiegder Zahl der Stellen gibt.Ich möchte noch einen Punkt im Personalbereich an-sprechen: Für das Forschungsbergwerk Asse sind zweiStellen vorgesehen. Dieses Forschungsbergwerk befin-det sich im Zuständigkeitsbereich des Bundesministe-riums für Bildung und Forschung. Wie passt das zusam-men?
Kollege Schulte-Drüggelte, gestatten Sie eine Zwi-
schenfrage?
Frau Hinz, aber immer doch.
Bitte.
a
i
t
–
r
r
w
E
v
H
s
s
r
d
B
s
d
n
w
d
–
e
w
d
d
P
d
b
n
s
J
D
d
d
a
Meine Frage kommt. Man muss manchmal erst zuhö-
en, um verstehen zu können.
Im Entwurf ist jetzt von Mehrstellen die Rede. Ist es
ichtig, dass die eine oder andere Mehrstelle möglicher-
eise durch Gebühren refinanziert wird? Habe ich den
ntwurf richtig interpretiert, oder habe ich das falsch
erstanden?
Wie immer haben Sie das richtig verstanden, Frauinz. In dem Entwurf steht auch, wie sich die Personal-ituation in den letzten Jahren entwickelt hat. Ein-chließlich aller Behörden verfügt das Umweltministe-ium jetzt über 2 770 Stellen.Sie haben die Stellen erwähnt, die refinanziert wer-en. Ich möchte in diesem Zusammenhang speziell dasundesamt für Strahlenschutz ansprechen. 27,5 Stellenind für den Schacht Konrad ausgewiesen. Es ist von Be-eutung, ob diese Stellen wirklich notwendig sind; dennur, wenn nachgewiesen wird, dass diese Stellen not-endig sind, werden sie refinanziert. Das werden wir inen Beratungen überprüfen.
So ist es doch. Wir müssen das überprüfen, und wenns nötig ist, wird es refinanziert, und wenn nicht, müssenir uns darüber noch einmal unterhalten.Ich möchte noch die Verstärkung im Personalbereicher Deutschen Emissionshandelsstelle ansprechen. Icharf Ulli Petzold für seine Initiative danken, die zu mehrlanungssicherheit bei den Mitarbeitern geführt hat.
Ein anderes Thema, über das wir reden müssen, ister Planfeststellungsbeschluss für das Endlager Morsle-en. Der Planfeststellungsbeschluss wird immer weiterach hinten verschoben. Vor einigen Jahren wurde ge-agt, er würde im Jahr 2008 gefasst werden. Im letztenahr war die Rede von 2010, in diesem Jahr von 2011.iesbezüglich muss eine Entscheidung getroffen wer-en; denn das kostet uns 60 Millionen Euro pro Jahr, undas wird nicht refinanziert.
Es gibt also reichlich Gesprächsstoff. Ich freue michuf die weiteren Beratungen.Danke schön.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007 11435
)
)
Das Wort hat der Kollege Lutz Heilmann für die Frak-
tion Die Linke.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Werte Gäste! Herr Minister, Sie nennen meinen Frak-tionsvorsitzenden Oskar Lafontaine einen Scheinriesender deutschen Politik, der umso kleiner werde, je näherman ihm komme.
Herr Minister, wer sich so weit aus dem Fenster lehnt,der muss damit rechnen, dass man sich genau anguckt,wer sich da so weit aus dem Fenster lehnt. Ich möchtejetzt nicht in der Vergangenheit wühlen; denn dannmüsste ich feststellen, dass Oskar Lafontaine im Gegen-satz zu Ihnen als Spitzenkandidat unter anderem Land-tagswahlen gewonnen hat.Da stellt sich mir die Frage nach Ihrer Erfolgsbilanz.Bleiben wir bei Ihrer Arbeit als Umweltminister. An of-fensiver Rhetorik und flotten Ankündigungen mangelt esIhnen nicht; das gebe ich zu. Was folgte aber daraus?Lassen Sie mich das an zwei Beispielen verdeutlichen:Die nationale Strategie zum Schutz der Artenvielfaltund die Eckpunkte für ein integriertes Energie- und Kli-maprogramm sehen auf den ersten Blick beeindruckendaus. Je genauer man hinschaut, desto mehr verblasst die-ser Eindruck aber. Ich könnte auch sagen: Je näher manihnen kommt, desto kleiner werden sie.Die Biodiversitätsstrategie liest sich zwar schön,fast wie ein Grimm’sches Märchen, sie wird aber weit-gehend wirkungslos bleiben. Die tollen Ziele sind unver-bindlich und nicht überprüfbar.
– Danke schön. – Diese Strategie wird zu keinem wirk-samen Schutz der Arten führen. Sicher kann man dieseStrategie auf der 9. Vertragsstaatenkonferenz der Biodi-versitätskonvention im Mai 2008 in Bonn gut präsentie-ren. Ich habe auch nichts dagegen, dass Sie für dieseKonferenz über 8 Millionen Euro locker machen. Ichstimme Ihnen zu, wenn Sie sagen: Wir sind reich genug,um uns Naturschutz zu leisten. – Aber ich habe sehrwohl etwas dagegen, dass Sie die Konferenz überwie-gend mit Mitteln finanzieren wollen, die bislang dempraktischen Naturschutz zur Verfügung standen.
Wenn Sie auf Konferenzen schöne Reden schwingenund schöne Hochglanzbroschüren präsentieren, im All-tag aber den Naturschutz finanziell ausbluten lassen,dann sind Sie, Herr Minister, nicht glaubwürdig. Sie wa-ren doch selbst in Naturschutzgebieten unterwegs, wennich es richtig gelesen habe. Sie wissen doch, dass dort inameDwNEwhdbezaRdtgdidfwFnmmVhdDgszsssgdcdhf
Dienstwagen haben einen Anteil von über 50 Prozentn den verkauften Neuwagen. Hier wollen Sie mit deregelung zur Besteuerung abwarten, bis auf EU-Ebeneie CO2-Strategie beschlossen ist. „Abwarten und Teerinken“ würde der Engländer sagen. Dort gibt es übri-ens eine steuerliche Regelung, mit der die Dienstwageneutlich sparsamer geworden sind. Während die Firmenn unserem Land geschont werden, darf es wieder einmaler kleine Mann berappen. Die Reform der Kfz-Steuerür Neuwagen wollen auch wir. Schade ist nur, dass das,as Sie machen wollen, fast nichts bringt. In einigenällen kann es sogar so weit kommen, dass Spritfresserach Ihren Vorstellungen weniger und nicht mehr zahlenüssen. Das kann nicht sein. Ich sage Ihnen: Spritfresserüssen zukünftig ordentlich zur Kasse gebeten werden.
So viel zu Ihrer Arbeit in Sachen Naturschutz underkehr. Ich frage mich angesichts dieser Bilanz: Wer istier eigentlich der Scheinriese?Zum Abschluss noch zwei Sätze zur IAA, die sichen Klimaschutz groß auf die Fahnen geschrieben hat.ie deutsche Autoindustrie hat mit Ihnen, Herr Minister,emein, dass sie sich in Ankündigungen übertrifft. Festteht aber, dass die Autoindustrie die Selbstverpflichtungur CO2-Reduzierung nicht eingehalten hat. Ich bin ge-pannt, wie die neuerliche Vereinbarung der europäi-chen Autoindustrie aussehen wird, die heute verab-chiedet werden soll.Ich möchte noch etwas zu Frau Kollegin Reiche sa-en. Ich empfehle Ihnen, eine Woche Bildungsurlaub inen Atomkraftwerken Brunsbüttel und Krümmel zu ma-hen. Vielleicht haben Sie dort einen Erkenntnisgewinnarüber, welche Sorgen und Nöte die Menschen vor Ortaben, wenn ihnen so ein Meiler beinahe um die Ohrenliegt.
Danke schön für Ihre Aufmerksamkeit.
Metadaten/Kopzeile:
11436 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007
)
)
Das Wort hat die Kollegin Sylvia Kotting-Uhl für die
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Der Gesamthaushalt hat einen deutlich höheren Umfangals in den vergangenen Jahren. Wir haben eine Bundes-kanzlerin, die den Klimaschutz zur Chefinnensachemacht und alles daransetzt, den Ruf der obersten Klima-schützerin zu erobern. Das sind beste Voraussetzungenfür ambitionierte Umwelt- und Klimaschutzpolitik –sollte man zumindest meinen.Man glaubt erst einmal, man sei im falschen Film,wenn man dann nachrechnet, dass der Umweltetat imGegensatz zum Gesamthaushalt, der um 4,7 Prozentsteigt, nicht einmal um 0,2 Prozent steigt. Aber, HerrMinister, wir haben natürlich noch das Klimaschutzpa-ket von Meseberg, das großenteils unter dem Finanzie-rungsvorbehalt des Finanzministers steht. Frau Merkel,Herr Gabriel, wie sollen wir das verstehen? Sind dieZiele doch nicht so ganz ernst gemeint, oder konnten Siesich gegenüber Ihrem Finanzminister nicht durchsetzen?Denn bei Ihrer schönen Rechnung, Herr MinisterGabriel, bei der Sie auf die 400 Millionen Euro kom-men, möchte ich daran erinnern, dass Emissionszertifi-kate auch schon einmal für 50 Cent an der Börse gehan-delt wurden.
Bringt der Emissionshandel ordentlich etwas ein?Darf das für den Klimaschutz ausgegeben werden? Da-rauf bezogen sich übrigens die einzigen drei Sätze, diedem Finanzminister in seiner einstündigen Rede derKomplex Umwelt und Klima wert war. DieserSteinbrück’sche Kuhhandel ist letztlich nicht mehr undnicht weniger als Basargefeilsche. Wir brauchen aber zu-verlässige Investitionspolitik, Herr InvestitionsministerGabriel, als der Sie selber sich so gerne sehen.Ich will Sie noch einmal an Ihren Sündenfall erinnern,
Ihren unseligen Hang zur Kohle. Bei Ihrem Basargefeil-sche haben Sie akzeptiert, dass Ihre Geschenke an dieKohleindustrie im Rahmen des Emissionshandels di-rekt den erneuerbaren Energien und damit dem Klima-schutz ein zweites Mal im Wege stehen werden. AnnaLührmann hat Ihnen vorgerechnet, wie es gehen kann.Ein ambitionierter, konsequenter Klimaschutz ohneHalbherzigkeiten und in guter Haushältermanier führtunterm Strich auch in finanzieller Hinsicht zu einem bes-seren Ergebnis.
Umweltschutz ist nichts, was man sich leisten könnenmuss. Umweltschutz rechnet sich, wenn man das Wort„Nachhaltigkeit“ richtig versteht und anwendet undwenn die Regierung eine Politik macht, die in sichschlüssig ist und sich nicht von Ressort zu Ressort wi-derspricht. Allerdings will ich gerne zugestehen: MitHkkTwDdKTGfrtDdlgtntuknpsVkmKngfwiaSm1sdkRuilvbEtMs
as ist eine gelungene Demonstration des Stellenwerts,en das Thema der Konferenz in unserem Land tatsäch-ich hat. Reicht es uns, zu sagen: Gut, dass wir darübereredet haben? Fazit: große Worte, keine Taten.Am Einzelplan für Umwelt, Naturschutz und Reak-orsicherheit fällt auf, dass die Mittel für die internatio-ale Zusammenarbeit bzw. die Mittel des Titels „Interna-ionale Sicherheit“, zum Beispiel beim Strahlenschutz,nd die Beiträge an internationale Organisationen ge-ürzt werden. Wie kann das sein? Führen Sie, Herr Mi-ister, nicht zu Recht das Wort im Mund, dass Umwelt-robleme keine Grenzen kennen? Haben Sie Forsmarkchon vergessen? Wie wollen wir Problemen wie derermüllung der Meere, die nicht in nationale Zuständig-eiten fallen, beikommen? Wird darüber nicht einmalehr geredet? Keine Worte, keine Taten?Ihr Ministerium lädt heute und morgen zu einemongress zum Thema Bioraffinerie ein. Das ist in mei-en Augen im Hinblick auf den zukunftsfähigen Um-ang mit Ressourcen ein unverzichtbares Projekt. Woindet sich Entsprechendes im Haushaltsentwurf? Eserden insgesamt 33 Millionen Euro für Pilotprojektem Bereich der nachwachsenden Rohstoffe bereitgestellt,llerdings im Einzelplan des Ministerium Ihres Kollegeneehofer. Wollten wir hier so viel tun wie die USA,üssten wir auf Basis einer Pro-Kopf-Berechnung rund00 Millionen Euro in den Haushalt einstellen.Nein, Herr Minister, Ihr Umwelthaushalt ist ange-ichts der zur Verfügung stehenden Mittel, angesichtser Ansprüche der Kanzlerin und Ihrer großen Worteeine Glanzleistung. Er ist bescheiden, er akzeptiert dieandrolle, die ihm der Finanzminister zugewiesen hat,nd er macht sich klein, obwohl die Umweltproblematikm Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit und der zuösenden Aufgaben steht.Der nicht unter Finanzierungsvorbehalt stehende In-estitionszuschuss für die Entwicklung von Erneuer-are-Energien-Technologien in Höhe von 40 Millionenuro ist angesichts der Aufgaben lächerlich gering. Geo-hermie, Meereswellentechnologie und die bestehendenöglichkeiten zur Speicherung von Windenergie müs-en marktreif gemacht werden, um dem Mantra der
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007 11437
)
)
Sylvia Kotting-UhlEnergiekonzerne von der Unverzichtbarkeit der Atom-kraft den letzten Wind aus den Segeln zu nehmen.
Dass diese Segel aus Illusion und wissentlich falscherArgumentation zusammengeflickt sind, wissen auch dieSegler, spätestens dann, wenn sie auf die Homepage desweltweit zweitgrößten Brennstofflieferanten NUKEMschauen, der unter dem Schlagwort „Vergesst die Re-naissance der Atomkraft“ darlegt, dass uns der Peak-Uranium noch vor dem Peak-Oil erreicht.Umwelt- und Klimaschutz sind mit konsequenter Po-litik möglich. Umweltpolitik ist notwendig. Sie brauchtdas Wort, die Überzeugung, aber auch die Tat und dasentschlossene Handeln.
Der Haushaltsplan für das Jahr 2008 lässt diese Ent-schlossenheit bisher nicht erkennen.
Kollegin Kotting-Uhl, Sie müssten bitte zum Schluss
kommen.
Ich komme gerne zum Schluss. – Es besteht die
Chance, dass er sich nach den Ausschussberatungen an-
ders darstellt. Vielleicht gelingt es uns im Umweltaus-
schuss, den Klimaschutz im Haushalt auf einen reellen
Boden zu stellen, anstatt ihn an die Börse zu schicken.
Vielen Dank.
Für die Unionsfraktion hat der Kollege Josef Göppel
das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!Ich empfinde die Debatte heute als richtig erfreulich.Alle Rednerinnen und Redner sind für mehr Umwelt-und Klimaschutz, und die von der Opposition suchennach Möglichkeiten, wie man es noch besser machenkann.
Zweifellos ist das Thema Umwelt wieder im Zentrumder politischen Debatte angelangt. Wenn man die Zeitetwa von 1970, als das erste europäische Naturschutz-jahr ausgerufen wurde, bis heute überblickt, dann mussman sagen, dass die Probleme immer drängender gewor-den sind. Ich erinnere mich – etliche unter uns sicherlichauch – noch an das Jahr 1973, an die erste Ölkrise unddie autofreien Sonntage, die Willy Brandt damals ver-ordnet hat. Das war wie ein erstes Aufleuchten am Hori-zwEsGndgesedmKkcümsg–nnISegwwprbsVjtmutHüdmrnr
Bei dieser Gelegenheit beziehe ich unseren gemeinsa-en Umweltminister ein. Herr Kollege Gabriel, die Ab-prache mit Michael Glos war gute Arbeit; das kann manar nicht anders sagen.
Michel Glos ist natürlich ein harter Verhandlungspart-er, der die Interessen seines Amtes sorgfältig wahr-immt. Das gehört sich auch so.
ch halte übrigens gar nichts davon, dass manche vonPD-Ministern und Unionsministern reden. Wir habenine Bundesregierung, die, von uns gemeinsam getra-en, bis 2009 einen Erfolg gegenüber den Wählern vor-eisen will.
Das Programm von Meseberg wird noch eine ge-altige Schubkraft entfalten. Hier richte ich einen Ap-ell an uns alle: Wir beobachten jetzt eine große Kaufzu-ückhaltung bei Anlagen für erneuerbare Energien undei den Wärmedämmungen in den Häusern. Die Men-chen warten darauf, was sich konkret in Gesetzen underordnungen niederschlagen wird. Sie sagen, wenn sieetzt investierten, wüssten sie noch nicht, ob ihre Investi-ionen letztlich dem Standard entsprechen würden. Wirüssen diese Unsicherheit noch in diesem Jahr beendennd Nägel mit Köpfen machen.
Ich spreche das Marktanreizprogramm an, das eineolle Geschichte ist. Nur dürfen wir dabei kein ständigeserauf und Herunter zulassen. Wenn es einen Antrags-berhang gibt, dürfen nicht gleich die Sätze gesenkt wer-en, um sie sofort wieder heraufzusetzen, wenn niemandehr das Programm abrufen will, weil es zu wenig An-eize bietet. Damit schaffen wir Unzufriedenheit bei de-en, die gerade ein paar Tage vorher einen Antrag einge-eicht haben. In dieses Programm muss also, Herr
Metadaten/Kopzeile:
11438 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007
)
)
Josef GöppelKollege Gabriel, unbedingt eine Verstetigung hineinge-bracht werden. Ich hoffe, dass dies mit den Verkaufserlö-sen aus den Emissionszertifikaten auch gelingt.
Ich komme nun auf das mehrfach erwähnte ThemaAutomobilindustrie zu sprechen. Ich habe gelesen, dassVDA-Präsident Wissmann gesagt hat, die IAA werdekeine Grüne Woche. Ich muss sagen: Wenn sich die Au-tomobilindustrie gegen die Festlegungen unserer Kanz-lerin und unserer Bundesregierung wehrt und dagegenangeht, dann werden wir von der Union das nicht unter-stützen.
Wenn die Automobilindustrie will, dass die EuropäischeKommission und die Bundesregierung nicht in die tech-nische Entwicklung eingreifen, dann muss sie ihreSelbstverpflichtungen entschlossen umsetzen. Das istder Weg.
Ein Letztes: die Biotreibstoffe. Es gibt jetzt die Dis-kussion, angefacht vom Sachverständigenrat für Um-weltfragen, dass Biotreibstoffe von der Energiebilanzher nicht so gut abschneiden wie Biogas oder der Einsatzvon Biomasse zur Wärmegewinnung. Das ist prinzipiellrichtig. Aber ich frage diejenigen, die gegen Biotreib-stoffe sind, welche Alternativen sie anbieten können. Ichrate uns allen, die Festlegungen, die die Koalition getrof-fen hat, einzulösen und die entsprechenden Anteile, wiebeschlossen, zu realisieren. Dazu ist es nötig, dass wirvor dem 1. Januar 2008 das Gesetz über die Besteuerungder Biokraftstoffe ändern. Denn es darf nicht sein, dassim Jahr 2008 die Biotreibstoffe an der Tankstelle teurersind als der aus Erdölgewonnene Treibstoff.
Das würde den Markt abwürgen.Ich will bei dieser Gelegenheit sagen: Ich finde dieVorschläge, die jetzt aus verschiedenen Arbeitsgruppenunseres Koalitionspartners, der Sozialdemokraten, kom-men, gut, nämlich auch eine Unterkompensation einzu-führen und den öffentlichen Nahverkehr freizustellen.Ich denke, dass wir auf dieser Basis zu einem guten ge-meinsamen Ergebnis kommen können.Ein letzter Punkt, der mir sehr am Herzen liegt – –
Kollege Göppel, das müssen Sie dann bitte in Ihren
Beratungen in der Koalition fortführen. Sie sind über die
Redezeit.
Hier steht: noch 45 Sekunden.
s
a
a
u
B
D
n
r
z
d
w
z
s
s
k
b
i
g
u
t
a
D
g
d
t
t
d
K
d
c
g
u
h
w
t
i
o
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007 11439
)
)
Bundesminister Dr. Wolfgang SchäubleEs geht vielmehr darum, in der Verbürgung unserer frei-heitlichen Verfassung das notwendige Maß an Schutz,das ein Rechtsstaat gewährleisten muss, zu gewährleis-ten.
Das bedeutet im Einzelfall schwierige Abwägungen,aber es wird möglich und auch notwendig sein, abernicht flächendeckend – das ist völlig verzerrt dargestelltworden; es ist eine völlig falsche Wahrnehmung –, son-dern in eng begrenzten Ausnahmefällen als Ultima Ra-tio, wie der Präsident des Bundeskriminalamtes gesagthat, in die Strukturen moderner und sich weiter entwi-ckelnder Kommunikation einzudringen.Wie gesagt, die technischen wie die rechtlichen Fra-gen sind nicht einfach. Wir arbeiten intensiv daran undhaben auch unterschiedliche Meinungen. Auch das istwahr. Warum sollte man nicht darüber reden?
– Sie haben sich bisher nicht durch ein Übermaß an Ent-schlossenheit, diese Regelung einzuführen, hervorgetan.Lassen wir das so stehen. Ich finde, es tut der freiheitli-chen Demokratie keinen Abbruch, wenn man überschwierige Fragen notfalls auch streitig debattiert unddann zu einem Ende kommt.Wichtig ist nach den Erfahrungen der vergangenenWoche nicht nur, dass wir der Arbeit unserer Sicher-heitsbehörden vertrauen können, sondern, dass wir auchauf sie hören müssen, wenn sie unter bestimmten Um-ständen etwas als Ultima Ratio für nötig halten. Dafürwerbe ich.
Im Übrigen sind wir in den letzten Jahren auch im Si-cherheitsverbund von Bund und Ländern gut vorange-kommen. Wir haben nach jahrelangen Auseinanderset-zungen die Antiterrordatei zustande gebracht. Siefunktioniert gut. Wir haben das Gemeinsame Terroris-musabwehrzentrum aller Sicherheitsbehörden vonBund und Ländern eingerichtet. Die Zusammenarbeit imGTAZ auch in diesen langen Monaten – sie war von An-fang an schwierig, und viele unserer ausländischen Part-ner haben besorgt gefragt, ob wir das in unseren födera-len Strukturen leisten könnten; die Antwort lautet: wirkönnen es – trägt dazu bei, auch im Alltag mehr Ver-trauen zueinander zu finden.
– Auch die gemeinsame Antiterrordatei. Darauf habe ichschon hingewiesen.Wir kommen auch mit der Einführung des Digital-funks für die Behörden für öffentliche Sicherheit voran.Das war ebenfalls mit jahrelangen Auseinandersetzun-gen verbunden, die wir jetzt zu einer Lösung gebrachthaben. Wir führen den Digitalfunk jetzt schrittweise ein.IntggVddmeGsaeteRDdlasndhdGhzfnWaDSSdrAWhunRzhsttmuaw
Wir haben zu diesem Zweck eine schwierige – undür die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitericht nur einfache – Reform der Bundespolizei auf deneg gebracht. Die muss sein. Die Bundespolizei mussuf die neuen Aufgabenschwerpunkte vorbereitet sein.eswegen ist die Reform der Bundespolizei notwendig.ie hat im Übrigen auch das Ziel, dass wir bei gleichemtellenbestand bei der Bundespolizei mehr Beamte füren polizeilichen Vollzug gewinnen, indem wir die Füh-ungsstrukturen schlanker und effizienter gestalten.uch dafür bitte ich um entsprechende Unterstützung.ir werden das im Haushalt 2008 im Rahmen der beste-enden Ansätze leisten. Ich füge vorsichtig hinzu: 2009nd 2010 wird wahrscheinlich eine gewisse Erhöhungicht zu vermeiden sein, wenn die Bundespolizei dieseeform bewältigen soll.Ich will noch ein Wort – weil es mir wichtig erscheint –um Themenbereich Katastrophenschutz sagen. Wiraben an der schrecklichen Erfahrung unseres europäi-chen Partnerlandes Griechenland mit der Waldbrandka-astrophe gesehen, wie dankbar wir für die breiten Struk-uren in unserem Katastrophen- und Bevölkerungsschutzit der Kombination von Hauptamt und Ehrenamt, mitnserem hochleistungsfähigen Technischen Hilfswerk,ber auch mit unseren hervorragenden Berufs- und Frei-illigenfeuerwehren überall im Land sein können.
Metadaten/Kopzeile:
11440 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007
)
)
Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble
Auch hier bewähren sich föderale Grundstrukturen,bewährt sich das Subsidiaritätsprinzip, auch mit demVorrang ehrenamtlicher Organisationen. Wir haben dasProgramm für den ergänzenden Katastrophenschutz. Dashat keine ganz einfache Geschichte, auch nicht im Hin-blick auf die verfassungsrechtliche Begründung. Es istaber in mühevollen Verhandlungen mit den Innenminis-tern der Bundesländer gelungen, die Vereinbarung zu er-zielen, dass dann, wenn der Bund seine Mittel für diesesProgramm nur in begrenztem Umfang zurückführt, dieBundesländer ihre Mittel entsprechend aufstocken, so-dass wir den Gesamtbestand an ehrenamtlichen Helfernin den Freiwilligen Feuerwehren erhalten können. Wirerwiesen unserem Land einen schlechten Dienst, wennwir das ehrenamtliche Engagement in unserem Landschwächten. Deswegen werbe ich sehr dafür, dass wirdieses Programm unterstützen.
– Wir kürzen nicht. Im Gegenteil: Im Vergleich zur mit-telfristigen Finanzplanung stocken wir erheblich auf.Herr Kollege, schauen Sie es sich an! Unterstützen Siees! Dann machen wir gemeinsam einen wichtigen Schrittund tun etwas Gutes für die Sicherheit in unseremLande.Wir haben vielfältige Debatten darüber geführt, waswir tun können, um die Tendenzen zu Extremismus,insbesondere zu Ausländerfeindlichkeit, Rechtsextre-mismus, Gewalt bis hin zu Neonazismus zu bekämpfen.Wir haben viele Programme; diese müssen wir fortfüh-ren. Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass wir den jungenMännern in den Regionen Angebote machen, in denenes gelegentlich heißt, die Rechtsextremen hätten die at-traktivsten Freizeitangebote. Das kann nicht wahr sein.Zum Beispiel hat das Technische Hilfswerk in diesemSommer Ferienlager durchgeführt. Ich glaube, dass diesepraktische Arbeit – zusammen mit den Sportverbänden –mit der richtige Weg ist, diese Tendenzen zu bekämpfen.Deswegen bitte ich um Unterstützung.
Wir haben in aller Kürze die Konsequenzen aus derEvaluierung der Integrationskurse gezogen. Es geht umdie Verbesserung der Integration. Mit unserem neuenZuwanderungsrecht, das nun dabei ist, sich in der Praxiszu bewähren – all der Streit in vergangenen Monaten istlängst vergessen –, sind wir auf dem richtigen Weg undfördern und fordern Integration. Wir ziehen auch in die-sem Haushalt die Konsequenzen aus der Evaluierung derIntegrationskurse, um entsprechende Verbesserungendurchzusetzen.Da das Innenministerium eine große Fülle von Zu-ständigkeiten hat, möchte ich nur noch ein paar Stich-worte nennen. Stichwort Sport: Wir stehen vor der dop-pelten Herausforderung, die WettbewerbsfähigkeitutsdswzbtefgwbVEnwitdrFksFlveosnnZsrrDsaFu–
u erhalten und ihnen faire Wettbewerbschancen zu ge-en und zugleich den Kampf gegen den Missbrauch leis-ungsfördernder Mittel weiter zu verstärken. Deswegenrhöhen wir die Mittel für die Dopingbekämpfung. Ichüge allerdings hinzu: Wir werden weiterhin darauf an-ewiesen sein, dass die Sportorganisationen ihre Verant-ortung wahrnehmen. Wir haben zwar einiges gesetzge-erisch auf den Weg gebracht. Aber wir müssen von denerantwortlichen – selbst im Radsport – die notwendigentschiedenheit und Klarheit einfordern. Ich sehe, dassoch nicht überall die Überzeugung vorherrscht, dass einirklicher Neuanfang notwendig ist.
Letzte Bemerkung. Im Grunde geht es bei allem, wasn meinem Geschäftsbereich liegt, darum, im Alltag un-er Beweis zu stellen, dass unser föderales System undas Subsidiaritätsprinzip eine Freiheitsordnung garantie-en, die besser als jede andere den Menschen nicht nurreiheit, sondern auch Sicherheit und Wettbewerbsfähig-eit gewährleisten kann. Dafür bitte ich um Ihre Unter-tützung.
Das Wort hat die Kollegin Gisela Piltz für die FDP-
raktion.
Verehrtes Präsidium! Verehrte Kolleginnen und Kol-egen! Worum geht es eigentlich heute, am 6. Jahrestagon 9/11, beim Thema „innere Sicherheit“? Worum gehts dabei genau? Nach der öffentlichen Meinung geht esffensichtlich darum, wer am meisten Sicherheit ver-pricht. Das war in der Vergangenheit der ehemalige In-enminister, Herr Schily; das ist jetzt der amtierende In-enminister, Herr Schäuble. Herr Schäuble, zu denwischentönen, die Sie heute hier haben anklingen las-en, und dazu, dass Sie zurückgerudert sind und das zu-ückgenommen haben, was Sie in dem einen oder ande-en Interview angesprochen haben, kann ich nur sagen:ie Worte hör ich wohl, allein mein Glaube beschränktich auf die Annahme, dass das heute ein Zugeständnisn die SPD war, nicht aber an unseren Staat und unserereiheit. Wir sind sehr gespannt, wie Sie damit weitermgehen.
Im Versprechen von Sicherheit sind Sie groß, aberdas muss man ganz klar sagen – absolute Sicherheit
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007 11441
)
)
Gisela Piltzwird es niemals geben. Das ist eine bittere, aber wahreErkenntnis, zu der man stehen muss. Absolute Sicherheitgibt es mit keinem neuen Gesetz, mit keiner neuen Vor-schrift, mit keiner neuen Technik und mit keinem neuenProgramm.Apropos Programm, Herr Minister: Im letzten Herbst,etwa vor einem Jahr, haben Sie in letzter Minute im Zu-sammenhang mit der Verabschiedung des Haushaltes dasProgramm zur Stärkung der Inneren Sicherheit vorge-legt, das von der Großen Koalition verabschiedet wurde.Mit diesem Programm nahm das Schicksal der Online-durchsuchung seinen Lauf. Ich kann mich noch gut da-ran erinnern, als wir als FDP das ausgegraben haben.Meine Kolleginnen und Kollegen von der SPD, es gabniemanden von Ihnen, der das verurteilt hätte,
im Innenausschuss nicht und im Haushaltsausschussnicht.
Sie haben das toleriert, Sie waren dafür. Ob es eineRechtsgrundlage dafür gibt oder nicht, war Ihnen ge-nauso wie damals dem Innenminister völlig egal.
Heimliche Durchsuchung – das ist eine Methode imdeutschen Rechtsstaat, die wir bisher nicht kennen, undzwar in keinem einzigen Fall. Das in einem Handstreichund möglichst auch noch heimlich einführen zu wollen,ist aus der Sicht der FDP eines Verfassungsministersnicht würdig.
Zurück zum Programm. Der Bericht des Bundesrech-nungshofes, der es untersucht hat, spricht eine sehr deut-liche Sprache. Er ist eigentlich eine schallende Ohrfeigefür die Umsetzung des Programms. Kein Wunder, dassSie lieber über heimliche Onlinedurchsuchungen alsüber das Programm sprechen; denn das ist schon durch-gefallen. Der Bundesrechnungshof führt aus – wenn ichkurz zitieren darf –: Bei der Mehrzahl der untersuchtenMaßnahmenpakete ist nicht erkennbar, dass die Bundes-polizei ihre Ziele in absehbarer Zeit erreichen kann. Essind Beschaffungen vorgesehen, die den parlamentarischbewilligten Umfang deutlich übersteigen. Folgekostenbleiben unberücksichtigt, und Konzeptionen für spätereEvaluierungen gibt es erst gar nicht. – Nicht, dass unsdas mit den Evaluierungen wundern würde, der Restaber schon. Sie versprechen mit Ihren Maßnahmen Si-cherheit und halten Ihre Versprechungen nicht einmalmit dem, was der Bundestag Ihnen zur Verfügung ge-stellt hat. Wie wollen Sie dann den Bürgern eigentlichnoch klarmachen, wie Sie für Sicherheit sorgen wollen?
Es geht noch weiter: Seit dem 11. September 2001sind in Deutschland 10 000 Polizistenstellen und dazunoch einmal 7 000 Tarifbeschäftigte bei den Polizeieneingespart worden.DtmTzPraH–bFtivaildwnietTDtukfNVtIfPelDWThs
as ist wirklich ein Wort in Sachen Sicherheit. Compu-er, die heute im Zusammenhang mit organisierter Kri-inalität, Kinderpornografie oder auch islamistischemerrorismus beschlagnahmt werden, liegen teilweisewei Jahre in den Kellern der Behörden, weil dort keinersonal ist. Macht das dieses Land sicherer? DNA-Spu-en warten teilweise Jahre auf die Auswertung, und daslles, weil es an Ressourcen und Personal fehlt.Wo bleiben da bitte schön Ihre warnenden Worte,err Minister?
Ich wusste, dass Sie sich das leicht machen.Wenn Sie sich jetzt auf die fehlenden Zuständigkeitenerufen, dann frage ich Sie: Ist eine IMK wie die amreitag dann eigentlich nur noch eine Show-Veranstal-ung? Es ist ja schön, wenn Sie sich mit den Landes-nnenministern auf einen Straftatbestand für den Besuchon Terrorcamps einigen. Diesbezüglich möchte ich Sieber auf zwei Sachen hinweisen: Erstens sind die Landes-nnenminister dafür gar nicht zuständig. Einzig und al-ein der Bundestag kann das beschließen, nicht die IMK;as muss ganz klar sein. Sie können vieles beschließen,as der Bundestag dann umsetzen soll. Ich habe aberoch kein warnendes Wort von Ihnen an die Landes-nnenminister gehört, dass diese bei der Polizei und denntsprechenden Ressourcen dringend aufstocken müss-en. Wenn eine IMK Sinn ergeben soll, ist auch das einhema, das auf die Tagesordnung gesetzt werden muss.a habe ich Ihre Stimme wirklich vermisst.
Es ist uns klar, dass mehr Polizei und bessere Ausstat-ung viel Geld kosten. Aber innere Sicherheit darf ausnserer Sicht nicht am Geld scheitern. Das ist eine ganzlare Haltung meiner Fraktion, und wir würden unsreuen, wenn die anderen das so umsetzen würden. Inordrhein-Westfalen, wo ein liberaler Innenminister dieerantwortung übernommen hat, werden mehr Polizis-en eingestellt als in jedem anderen Bundesland.
ch frage mich, ob Ihre sogenannte Große Koalition daunktioniert.Zum Schluss noch eine Aufforderung an das ganzearlament: Der Wettlauf um die besten Vorschläge nachinem vereitelten Anschlag hat aus meiner Sicht wirk-ich nichts mit seriöser Politik zu tun.
as ist eine Missachtung derjenigen – im Fall der letztenoche waren es 300 Beamtinnen und Beamten –, dieag und Nacht gearbeitet und einen Erfolg vorzuweisenaben. Das erste, was Sie machen, sind neue Vorschläge,tatt diesen Menschen ausführlich zu danken und in
Metadaten/Kopzeile:
11442 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007
)
)
Gisela PiltzRuhe neue Vorschläge zu überdenken. Das hat aus mei-ner Sicht mit ruhiger Politik nichts zu tun.
Zweitens frage ich mich, warum Sie diese Vorschläge,wenn sie denn so toll sind, nicht schon längst gemachthaben.
Das ist keine seriöse Politik.
Uns geht es nicht darum, absolute Sicherheit zu ver-sprechen, uns geht es darum, größtmögliche Sicherheitfür die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land zu errei-chen. Das ist die bessere Alternative.Herzlichen Dank.
Ich erteile das Wort dem Kollegen Fritz Rudolf
Körper von der SPD-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! LassenSie mich – gerade in diesen Tagen – eine Bemerkungmachen, die mir sehr wichtig ist: Deutschland kann stolzsein, dass es im internationalen Vergleich eines dersichersten Länder der Welt ist.
Ich bitte dies bei allen Debatten, die wir über dieSicherheitslage führen, nicht zu vergessen. Wir müssenalles daransetzen, dass Objektivität und Subjektivität– die objektive Ausgangsposition und das subjektiveEmpfinden der Bürgerinnen und Bürger – zusammenge-führt werden.
– Das kann man hinzufügen, Herr Kollege Tauss: stattHysterie. – Ich finde es ganz wichtig, dass wir mit derSicherheitslage sorgfältig und objektiv umgehen unddass keine falschen Schlussfolgerungen gezogen wer-den.Die jüngsten Tage haben deutlich gemacht, wie er-folgreich unsere Sicherheitsbehörden mit dem vorhande-nen Instrumentarium arbeiten können. Dafür sei ihnenherzlich gedankt!
Diese Aktionen machen auch deutlich, wie wichtigunsere Fähigkeiten im Vollzug sind. Denn es kommtnicht nur auf die Gesetze an, sondern darauf, wie gut wirim polizeilichen Vollzug sind.steBdsrBcWelldv–düwkgdgrdTVznkttfkkraT
Frau Kollegin Piltz, es ist immer ein bisschen schwie-ig, mit Steinen zu werfen, wie Sie es getan haben. Inezug auf das, was Sie zum Thema Onlinedurchsu-hungen gesagt haben, bedarf es folgenden Hinweises:arum liegt diese Sachfrage in Karlsruhe vor? Weil esin Landesverfassungsschutzgesetz gibt, das diese Rege-ung enthält. Dieses Gesetz wurde in Nordrhein-Westfa-en beschlossen, und zwar mit Zustimmung der FDP undes dortigen FDP-Innenministers. Sie sollten daher ganzorsichtig sein, über diese Durchsuchungen zu richten.
Meine Bemerkung hat offensichtlich gesessen. – Wir,ie rot-grüne Bundesregierung, haben dieses Instrumentbrigens nicht angewendet.Ich halte es für einen beachtlichen Vorgang – auch dasill ich deutlich machen –, dass in der Öffentlichkeiteine Bemerkung gemacht worden ist, die die Ermittlun-en gefährdet hätte, obwohl Hunderte von Beamten anen Maßnahmen beteiligt waren, die zu den Verhaftun-en geführt haben. Es ist festzustellen, dass sich das Ter-orabwehrzentrum – wir haben dafür gesorgt, dass sichie Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern an einenisch setzen – bewährt hat: Es war entscheidend, um denollzug zu effektivieren und um zu diesen Ergebnissenu kommen. Darauf können wir stolz sein.
Es ist wichtig, dass wir nicht immer wieder nacheuen Instrumenten rufen. Manch ein Ruf überlebteine 24 Stunden. Wir sollten vielmehr mit den bewähr-en Instrumenten sehr sorgfältig umgehen, und wir soll-en klären, was wir darüber hinaus noch tun müssen. Ichinde es ganz richtig und wichtig, dass wir das Bundes-riminalamt zukünftig mit einer sogenannten Präventiv-ompetenz im Kampf gegen den internationalen Terro-ismus ausstatten. Das ist nämlich die richtige Antwortuf die Herausforderungen durch den internationalenerrorismus.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007 11443
)
)
Fritz Rudolf KörperWas die Frage der Onlinedurchsuchungen anbelangt:Das ist nach meinem Dafürhalten zwar eine wichtige,letztlich aber nur eine Detailfrage, die wir nicht überhö-hen sollten.
Ich finde es richtig und wichtig, dass wir an der Beant-wortung dieser Frage sorgfältig arbeiten. Ich halte esauch für notwendig, die Karlsruher Entscheidung einzu-beziehen. Ich denke, das ist die richtige Vorgehensweise.
Unser ausdrückliches Angebot ist, über das BKA-Gesetzmöglichst zügig zu beraten und zu entscheiden.
Herr Kollege Schäuble, ich verstehe allerdings nicht,dass dem Bundeskriminalamt nach der Haushaltsvorlage8 Millionen Euro genommen werden, um sie der Bun-despolizei zukommen zu lassen. Ich habe die Neuorgani-sationsmaßnahmen im Bereich der Bundespolizei immerso verstanden, dass es nicht zu einer Vermehrung vonPersonalkosten kommen soll. Angesichts der Herausfor-derungen im Bereich des internationalen Terrorismussind diese 8 Millionen Euro beim Bundeskriminalamtbesser eingesetzt als bei der Bundespolizei.
Wir müssen noch einmal darüber reden, Kollege Uhl,wie wir das Thema der Neuorganisation der Bundes-polizei grundsätzlich angehen. Mir stellt sich die Frage:Welche Synergieeffekte kann man bei Bundeskriminal-amt und Bundespolizei nutzen? Ich nenne beispielsweiseden kriminaltechnischen Bereich oder den IT-Bereich.Es geht darum, wie wir das bei einer Neuorganisationforcieren können. Doppelstrukturen bei BKA und Bun-despolizei halte ich nicht für sonderlich sinnvoll.
Wir möchten noch einmal grundsätzlich über dieNeuorganisation der Bundespolizei reden – das sage ichganz deutlich –; denn die Auswirkungen, wie sie sichdarstellen können, sind unserer Auffassung nach nichtgeeignet, polizeiliche Arbeit zu effektivieren und zu for-cieren. Deswegen ausdrücklich noch einmal dieses Ge-sprächsangebot. Es ist notwendig, das Bundespolizeige-setz zu ändern.
Das bedarf der Zustimmung dieses Hauses. Das Inte-resse an einer Effektivität der Neuorganisation ist selbst-verständlich.Herr Kollege Schäuble, Sie haben das TechnischeHilfswerk und den Katastrophenschutz angesprochen.Auf das Technische Hilfswerk und die Arbeit, die vondwWedkdEn8hgetnneHOügckdRwWrÜkeddzwD
enn es eine solche Einrichtung nicht gäbe, müsste sieigentlich erfunden werden.Das Technische Hilfswerk zeichnet sich dadurch aus,ass es eine besondere Kombination von Ehrenamtlich-eit auf der einen Seite und Hauptamtlichkeit auf der an-eren Seite gibt. Es ist dann gut, wenn es zwischen denhrenamtlichen und den Hauptamtlichen gut funktio-iert. Die Planungen des Bundesinnenministeriums, von00 Hauptamtlichen 100 Hauptamtliche einzusparen,alte ich schlichtweg für falsch.
Es kommt hinzu, dass das Technische Hilfswerk einelobale Minderausgabe in Höhe von 7 Millionen Eurorwirtschaften soll. Ich bitte insbesondere die Haushäl-er, da noch einmal genau hinzuschauen; denn das kön-en wir dem Technischen Hilfswerk weder materielloch personell zumuten. Meine herzliche Bitte wäre,ine verbesserte finanzielle Situation für das Technischeilfswerk zu erreichen.
b wir im Bereich des Katastrophenschutzes gegen-ber den Ländern ohne rechtliche Grundlage so großzü-ig sein sollten, will ich zumindest mit einem Fragezei-hen versehen.Der Innenhaushalt ist sehr facettenreich. Ich will eineurze Bemerkung zum Thema Sport machen. Sie habenas Rudern angesprochen. Wir müssen feststellen: Imudern sind wir im Moment nicht so erfolgreich, wieir waren.
arum sind wir im Rudern der Männer nicht so erfolg-eich? Weil wir ein Problem haben, was den beruflichenbergang der Athleten anbelangt. Sie haben gesagt: Wirönnen uns das quasi beruflich nicht leisten. – Da wäres ganz wichtig, noch einmal den Hinweis an den Bun-esverteidigungsminister zu geben, die Mittel, die er füren Leistungssport und die Sportlerinnen und Sportlerur Verfügung stellt, nicht unbedingt zu reduzieren. Dasäre ein guter Beitrag für den Sport in Deutschland.Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Ich erteile das Wort Kollegin Ulla Jelpke, Fraktionie Linke.
Metadaten/Kopzeile:
11444 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007
)
)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! JederHaushaltsentwurf gibt die Grundrichtung an, in die eineRegierung gehen will. Wir sagen an dieser Stelle ganzklar: Die Grundrichtung, die hier vorgegeben wird, HerrInnenminister, ist grundfalsch.
Falsch ist der Galoppritt zum Überwachungsstaat.Falsch ist die Weigerung, Einwanderern und Flüchtlin-gen endlich ernsthafte Integrationsangebote zu machen.Wir haben vor wenigen Wochen anlässlich des G-8-Gipfels einen erschreckenden Anschauungsunterrichtdarin erhalten, wie der Staat aussieht, den sich diese Re-gierung wünscht.
Um den legitimen Protest gegen den Gipfel zu verhin-dern, sind der Protest und der Widerstand über Monatehinweg diffamiert worden, Sitzblockaden wurden alsGewalttaten verunglimpft. Rund um den Gipfelherrschte ein pauschales Demonstrationsverbot, und wiralle haben die Käfige gesehen. Die Bundeswehr hat sichmit Spähpanzern und Tornados an der Überwachung undEinschüchterung von Demonstrantinnen und Demonst-ranten beteiligt.Die G-8-Szenen zeigen aber auch, dass es Protest undWiderstand gegen diese Entwicklung gibt, und das istgut so. Zehntausende von Demonstrantinnen und De-monstranten haben trotz willkürlicher Verbote ihreGrundrechte wahrgenommen und demonstriert.
Dieser Protest wird von unserer Fraktion ausdrücklichunterstützt.Meine Damen und Herren, zwei Drittel des gesamtenEtats für die Innenpolitik, insgesamt 3,3 MilliardenEuro, fließen in den Bereich Sicherheit.
2008 sollen es noch einmal 270 Millionen Euro mehrwerden. Schauen wir uns einmal genauer an, was hier ei-gentlich finanziert wird: Die Trennung von Polizei undGeheimdiensten ist mit der Einrichtung des Antiterror-zentrums und der sogenannten Anti-Terror-Datei weitge-hend aufgehoben worden. Passfotos werden schon ge-speichert und ab 1. November auch die Fingerabdrückevon allen, die Reisepässe haben wollen. Die nächstenÜberwachungsmaßnahmen sind schon vorbereitet. DasBundeskriminalamt wird zur Geheimpolizei mit weitrei-chenden Befugnissen
zur Telefonüberwachung, zur Verwanzung von Wohnun-gen und zur heimlichen Onlinedurchsuchung, die jaschon Gegenstand dieser Debatte war.giWtCbdwtdhMnmnggh1V6udjghstHtaGegsmDzk
er ja, bevor er vom Bundesverfassungsgericht gestoppturde, weidlich ausgeweitet wurde.An dieser Stelle möchte ich gerne Heribert Prantl zi-ieren, der vor wenigen Tagen im NZZ Folio die Logikes Überwachungsstaats folgendermaßen beschriebenat:Jeder Einzelne gilt als potentiell verdächtig – solange, bis sich durch die Kontroll- und Überwa-chungsmassnahmen seine Entlastung ergibt.
it dem Rechtsstaatgedanken, an dem die Linksfraktionach wie vor festhält, hat das nichts mehr zu tun. Daranuss man gerade auch heute, am 11. September, erin-ern.Meine Damen und Herren, wie falsch die Gelder an-elegt wurden – die Kollegin Piltz ist schon darauf ein-egangen –, die angeblich der Sicherheit dienen sollen,at der Bundesrechnungshof gerade gerügt. Von7 Millionen Euro, die voriges Jahr für den Ausbau vonideoüberwachung bewilligt worden waren, sind erst00 000 Euro ausgegeben worden,
nd zwar nicht, weil die Regierung so sparsam ist, son-ern weil sie niemals Vorstellungen für konkrete Pro-ekte entwickelt hatte. Erst wird mit Angstmache Alarmeschlagen, dann wird dringender Handlungsbedarf be-auptet, Gelder werden eingefordert, und am Ende stelltich heraus, dass die Bundesregierung völlig konzep-ionslos agiert, so zum Beispiel beim Feldversuch amauptbahnhof in Mainz, wo mit Videokameras eine au-omatische Gesichtserkennung erprobt wurde, die sichls großer Flop erwiesen hat und damit eine riesigeeldverschwendung darstellt.Die Linke hat andere Vorstellungen davon, wo Gelderingesetzt werden müssten. Letztes Jahr hat die Bundesre-ierung hier mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen einpontanes Programm zur Stärkung der inneren Sicherheitit einem Volumen von 130 Millionen Euro beschlossen.ie Linke fordert jetzt ein ähnliches Sofortprogramm, undwar zur Bekämpfung des Rechtsextremismus.
Herr Schäuble, meine Damen und Herren, niemandann ernsthaft bestreiten, dass die größte Gefährdung
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007 11445
)
)
Ulla Jelpkeder öffentlichen Sicherheit zurzeit von den Neofaschis-ten und Rechtsextremisten ausgeht.
Das hat vor einigen Tagen besonders die rassistischeHetzjagd in Mügeln gezeigt. Das Beispiel Mügeln hatauch gezeigt, dass es falsch war, die Verantwortung fürdie Projekte gegen Rechts an die Kommunen zu dele-gieren. Die örtlichen Amtsträger wollen das Problem desRechtsextremismus oftmals nicht sehen. Basisinitiati-ven und Beratungsteams gegen Rechtsextremismus müs-sen ständig um ihre weitere Finanzierung bangen. Etli-che Projekte wurden schon eingestellt, weil sie nichtmehr finanziert werden.Da läuft doch wirklich etwas falsch. Während Linkestets mit dem § 129 a StGB bedroht sind und damit rech-nen müssen, als terroristische Vereinigung zu gelten,verüben Rechtsextremisten Tausende von rechtsextre-mistischen Straftaten, ohne dass die Bundesregierungernsthafte Gegenmaßnahmen anzubieten hätte.Die Linke fordert deswegen: Wenn schon 270 Millio-nen Euro zusätzlich für sogenannte Sicherheitsausgabenbereitstehen sollen, dann muss dieses Geld voll und ganzin den Kampf gegen Rechtsextremismus und Rassismusfließen.
Die schon vor Jahren vom Bundestag beschlossene un-abhängige Beobachtungsstelle gegen Rechts muss end-lich geschaffen werden. Das könnte dazu beitragen, dassauch Dunkelziffern rechter Gewalt offengelegt würdenund tatsächlich mehr Sicherheit zu erreichen wäre, ins-besondere was den Schutz der potenziellen Opfer an-geht.Noch ein paar Worte zur Integrationspolitik. DieSprachkurse für Neuzuwanderer und Flüchtlinge sindeindeutig unterfinanziert. Notwendig wären eine höhereStundenzahl, kleinere Kurse und eine bessere Entloh-nung des Lehrpersonals. Wir wollen, dass auch soge-nannte Geduldete und Asylsuchende diese Kurse besu-chen dürfen. Selbst das von der Bundesregierung inAuftrag gegebene Rambøll-Gutachten geht von einemMehrbedarf von fast 60 Millionen Euro aus. Veran-schlagt sind aber nur 14 Millionen Euro. Wir sagen hierganz klar: Wer Integration zur nationalen Aufgabe er-klärt, wie das vor allen Dingen die CDU/CSU tut, mussauch entsprechende Mittel bereitstellen, damit diese In-tegrationskurse optimal ausgestaltet werden können.
Während die Regierung weiterhin bei der Integrationspart, wird die sogenannte EU-GrenzschutzagenturFrontex weiter aufgerüstet. Deren Schiffe und Hub-schrauber sollen Flüchtlinge abschrecken, was in derPraxis bedeutet, dass noch mehr Menschen gefährdeteFluchtrouten benutzen müssen. Die Flüchtlingsorganisa-tion „Pro Asyl“ hat am Tag des Flüchtlings erklärt: Werdas Sterben vor den Toren Europas wirklich verhindernmöchte, muss sich Gedanken darüber machen, wieFdmDadstSKth„sdPBGStnghwmndwsdwDgsILlm
Ich erteile das Wort Kollegin Silke Stokar, Fraktionündnis 90/Die Grünen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassenie mich zwei Vorbemerkungen machen. Zunächst gra-ulieren natürlich auch wir den Frauen der Fußballnatio-almannschaft, die gestern mit 11 zu 0 hervorragend ge-en Argentinien gewonnen haben. Das ist eineervorragende Leistung, die ganz ohne Doping erreichturde und die hier im Hause auch gewürdigt sein soll.
Meine zweite Bemerkung richtet sich an die parla-entarische Verantwortung in diesem Haus. Ich vertreteicht die Auffassung, dass der BKA-Präsident Zierckeem Parlament über öffentliche Interviews sagen sollte,as die Polizei braucht. Ich glaube, es ist im demokrati-chen Rechtsstaat gute Tradition, dass das Parlamenter Polizei auch Grenzen setzt und dass wir bestimmen,o das Ende der Wunschliste der Polizei ist.
as sollten wir hier nicht durch einige laxe Bemerkun-en des Innenministers in das Gegenteil umkehren las-en.
Lassen Sie mich auch sagen: Gleiches gilt für dieMK. Selbstverständlich haben die Innenminister deränder das Recht, sich zu versammeln. Selbstverständ-ich haben sie auch das Recht, den Herrn Bundesinnen-inister als Gast dazu einzuladen.
Metadaten/Kopzeile:
11446 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007
)
)
Silke Stokar von NeufornGesetzgeber zur Bundesinnenpolitik ist jedoch derDeutsche Bundestag; Gesetzgeber ist das Parlament undsonst niemand. Dieses Selbstverständnis sollten zumin-dest wir hier unten in den Reihen alle miteinander teilen.
Weiterhin möchte ich eine Frage an Sie, MinisterSchäuble, richten. Wir sind in den Haushaltsberatungen.Ich frage Sie: Was machen Sie eigentlich mit dem Geld,das Ihnen das Parlament zur Verfügung stellt? Es ist von-seiten der Opposition von einigen Rednern angespro-chen worden: Zum Haushalt 2007 haben Sie ein zusätz-liches Programm zur Stärkung der inneren Sicherheitgefordert und es nach den zum Glück vereitelten Koffer-bombenanschlägen von der Mehrheit des Hauses aucherhalten. Von diesen 26 Millionen Euro haben Sie nacheinem Bericht des Bundesrechnungshofs lediglich3,4 Prozent für die Terrorismusbekämpfung ausgegeben.Für mich ist dieser Vorgang ein Skandal. Für mich istdieser Vorgang eine Missachtung des Haushaltsrechtsdes Parlaments. So geht das nicht! Der Begriff Terroris-musbekämpfung wird für Sie zum Sesam-öffne-dich derSteuerkasse. Anschließend verschwindet das Geld in denschwarzen Kassen des BMI, und Sie sagen uns nicht,was Sie mit diesem Geld konkret gemacht haben.
Vor diesem Hintergrund wundert es mich überhauptnicht, dass mein Antrag auf Akteneinsicht zur Sicher-heitszentrale der Bahn seit zwei Monaten im Übrigenrechtswidrig vom BMI nicht beantwortet wird. Wir wol-len wissen, wie es um die Videoüberwachung der Bahn-höfe steht. Wir wollen es nicht länger zulassen, dass derBundesinnenminister öffentlich überall mehr Videoüber-wachung fordert. Wir sind nicht der Auffassung, dassdies der richtige Weg ist, wenn der Minister dann in sei-nem Zuständigkeitsbereich der Bahnsicherheit das zurVerfügung gestellte Geld nicht ausgibt, wofür er eineRechtsgrundlage hat. Dort, wo er Verantwortung trägt,handelt er nicht. Um es ganz deutlich zu sagen: Wir ha-ben die Schnauze voll von Denkanstößen.
Wir haben keine Lust mehr auf Ankündigungen im Be-reich der Innenpolitik. Wir haben auch keine Lust mehrauf das innenpolitische Theater, das wir seit zwei Jahrenhier verfolgen können.
Wir sagen: Sechs Jahre nach den verheerenden An-schlägen des 11. Septembers ist die Lage viel zu ernst,als dass wir es uns hier in Deutschland leisten könnten,dass der Bundesinnenminister im Wochentakt – mankönnte fast sagen: im Stundentakt – eine Forderung inden Raum stellt. Die Justizministerin sagt dann: Nein,ddstpagknitwHbWladtsvBtmfBeids–miC„ssiasVhsNh
Lassen Sie mich zu zwei der umstrittenen Projekte et-as sagen. Wir wollen keine Onlinedurchsuchungen.err Kollege Uhl, der Unsinn, den Sie dazu gesagt ha-en, ist eigentlich nur Ausdruck Ihrer Desinformation.as ist denn schon heute alles möglich? Selbstverständ-ich kann das BKA im Internet nach Bombenbau-nleitungen fahnden; selbstverständlich kann der BNDie E-Mail-Kontakte zwischen Deutschland und Pakis-an überwachen; selbstverständlich hat das BKA auchchon heute bei Terrorismusverdacht die Möglichkeit,ersandte E-Mails zu überwachen. All dies sagen Sie derevölkerung nicht.
Herr Schäuble will das Eindringen in private Compu-er mit einer staatlich entwickelten Spionagesoftware er-öglichen. Ich lehne diese Maßnahme nicht nur aus ver-assungsrechtlichen Gründen ab. Ich möchte, dassundeskanzlerin Merkel auf dem nächsten IT-Kongressinmal der IT-Wirtschaft erklärt, wie Internetsicherheitn Deutschland hergestellt werden soll. Ich möchte, dassie Bundeskanzlerin erläutert, zu welchem ökonomi-chen Schaden die Umsetzung von Schäubles Plänennach meiner Auffassung führen sie zu Internetgefahrade in Germany – führen kann.
Wenn Sie mir an diesem Punkt nicht glauben, kannch Ihnen nur sagen: Chip, eine der besten deutschenomputerzeitschriften, forderte auf ihrer Titelseite denSchäuble-Blocker“. Die Computerzeitschrift Chip be-chreibt sehr genau die ökonomischen Schäden, die ent-tehen, wenn der Staat Spionagesoftware entwickelt. Esst nur eine Frage der Zeit, dass diese Spionagesoftwareuch in kriminellen Händen ist und dass damit zum Bei-piel Onlinebankkonten leergeräumt werden. Das ganzeorhaben ist Unsinn und kein Beitrag zu mehr Sicher-eit.Meine Damen und Herren – ich wende mich insbe-ondere an die SPD – ich kann Ihre Begeisterung für dieovelle des BKA-Gesetzes wahrlich nicht nachvollzie-en. Die Novelle führt zu einer grundlegenden Ände-
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007 11447
)
)
Silke Stokar von Neufornrung der Sicherheitsstruktur in Deutschland, hin zu mehrZentralismus. Das BKA wird zukünftig, ohne in Koope-ration und Kommunikation mit den Landeskriminaläm-tern treten zu müssen, in eigenem polizeilichen Ermessen,befreit von der Kontrolle durch die Bundesanwaltschaft,ermitteln können. Damit werden Wünsche erfüllt, die dasBKA schon in den 70er-Jahren hatte. Um im ganzenLand agieren zu können, bedarf es nur der Zauberformel„Terrorismusverdacht“. Vor dem G-8-Gipfel haben wirgesehen, wie in Deutschland nach wie vor mit demBegriff „Terrorismusverdacht“ umgegangen wird. Wirwollen nicht, dass das BKA sozusagen alleine, ohneRichterbeschluss, auch nachts, Häuser in Deutschlanddurchsuchen kann.Irgendwer wird mir vielleicht einmal erläutern, wasman mit einem Platzverweis für Terrorverdächtige errei-chen will. Ich habe erst überlegt, ob ich darüber lachensoll; aber offensichtlich meinen Sie das ernst.
– Nein.Zu den Themen Integration und Rechtsextremismusist hier einiges gesagt worden, auch von der Bundesre-gierung. Es gab ein großes öffentliches Tamtam, großesTheater. Es wurde ein nationaler Integrationsgipfel insLeben gerufen. Die Ergebnisse der Evaluation der Inte-grationskurse – Sie haben die Evaluation selbst in Auf-trag gegeben – werden nicht ernst genommen. Sie setzennicht die erforderlichen Mittel ein, um Ihre eigene For-derung – Zuwanderer sollen Deutsch lernen – in die Tatumzusetzen. Zum Deutschlernen braucht man Kurse.Dazu benötigt man ausreichend bezahltes und qualifi-ziertes Lehrpersonal und eine Kinderbetreuung. Was ma-chen Sie? Erst kürzen Sie die Haushaltsmittel erheblich;dann legen Sie wieder etwas drauf. Aber Sie wissen ganzgenau, dass diese Haushaltsmittel nicht ausreichendsind,
um vernünftige Integrationskurse, die wir in Deutsch-land dringend brauchen, zu finanzieren.
Ein weiterer Bereich; das Stichwort „Mügeln“ ist schongefallen. Sie haben es innerhalb von kürzester Zeit ge-schafft, die guten Programme gegen Rechtsextremismus,mit denen eine Struktur der Gegenwehr gerade in denneuen Bundesländern aufgebaut worden ist, kaputtzuma-chen. Sie leiten die Gelder in die falschen Hände.
Sie haben den Begriff „Rechtsextremismus“ aus derÜberschrift dieser Programme gestrichen. Sie unter-scheiden sich nicht sehr von dem Bürgermeister in Mü-geln; denn in der Realität meinen Sie es gar nicht ernstmit der Bekämpfung des Rechtsextremismus.GrddKTfütfBCKhhHsAhmnkMwsnwiEmdDmtgf
Herr Präsident, ich komme zum Schluss.
Ich möchte zum Schluss eine Bitte an alle Fraktionen
ichten. Wir haben erneut einen Brief von der liberal-jü-
ischen Gemeinde bekommen mit der Bitte, uns im Bun-
estag dafür einzusetzen, dass das Abraham-Geiger-
olleg – es bildet Rabbiner nach der liberal-jüdischen
radition aus – endlich ausreichend aus Bundesmitteln
inanziert wird. Ich bin der Meinung, dass wir fraktions-
bergreifend mit einem Antrag zugunsten dieses Projek-
es in die Haushaltsberatungen eingreifen sollten und da-
ür sorgen sollten, dass dieses Rabbiner-Kolleg mit
undesmitteln anständig finanziert wird.
Danke schön.
Das Wort hat nun Kollege Michael Luther, CDU/
SU-Fraktion.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen undollegen! Es geht heute um die Einbringung des Haus-altes des Bundesinnenministers; als Mitglied des Haus-altsauschusses will ich ein paar Dinge dazu sagen. Deraushalt hat ein Volumen von 4,85 Milliarden Euro. Dasind 360 Millionen Euro oder 8 Prozent mehr als 2007.n dieser Stelle stelle ich fest: Unser Minister Schäubleat gegenüber dem Finanzminister einen guten Job ge-acht. Ich habe nicht den Eindruck, dass er seine Arbeiticht gerne macht.Der Haushalt – das ist ein wichtiges Signal – weisteine globale Minderausgabe mehr aus. Es ist für uns alsitglieder des Haushaltsausschusses ausgesprochenichtig gewesen, dies zu erreichen. Denn das Damokles-chwert, das im Laufe des Jahres immer über den einzel-en Kapiteln hing – das THW wurde angesprochen –,ird es in Zukunft nicht mehr geben.Der überdurchschnittliche Zuwachs ist durch diennere Sicherheit begründet. Es werden 230 Millionenuro mehr ausgegeben. Es ist nun einmal so: Das Innen-inisterium ist das Sicherheitsministerium unseres Lan-es.
eshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass dafür daseiste Geld ausgegeben wird. Ich denke, gerade in Zei-en der Haushaltskonsolidierung bleibt eine Aufgabeanz wichtig: dass das Ministerium seine Verantwortungür die Sicherheit der Menschen wahrnimmt.
Metadaten/Kopzeile:
11448 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007
)
)
Dr. Michael LutherDass das notwendig ist, hat gerade die letzte Woche ge-zeigt, in der drei militante Islamisten festgenommenworden sind, die, wenn man das nicht gemacht hätte, ei-nen Anschlag mit ungeahnten Folgen für die Bürger un-seres Landes hätten ausführen können.Heute ist ein denkwürdiger Tag: der sechste Jahrestagdes sogenannten 9/11. Damals wurde der Welt gezeigt,wie Terrorismus funktioniert. Daher ist heute der rich-tige Zeitpunkt, darüber zu reden. Ich will es ganz klar sa-gen: Dass es bei uns bislang keine Anschläge wie inMadrid oder London gegeben hat, kann man vielleichtunter dem Stichwort „Glück gehabt“ abhaken.
Aber das liegt ganz wesentlich auch an unseren Sicher-heitsbehörden in Deutschland,
die eine gute Arbeit leisten und bislang an der einen oderanderen Stelle Schlimmeres verhindern konnten.
Wenn man Sicherheit als wichtiges Thema erkennt,dann weiß man, dass es der haushaltsmäßigen Unterset-zung bedarf. Ich bin Haushälter, und jeder weiß, dass ichgrundsätzlich eher für weniger bin. An dieser Stelle aberbin ich für die Zurverfügungstellung von Mitteln in aus-reichender Höhe, gegebenenfalls von mehr. Der Deut-sche Bundestag sollte nicht Gefahr laufen, sich eines Ta-ges vorwerfen lassen zu müssen, wir hätten zu wenig fürdie Sicherheit der Menschen getan und einen Anschlag,den man hätte verhindern können, aus finanziellen Grün-den nicht verhindert.An dieser Stelle will ich klar sagen: Man darf techno-logisch nicht stehen bleiben. Die Erfolge, die heute mitden vorhandenen Mitteln erreicht werden können, kön-nen morgen nur dann erreicht werden, wenn den Sicher-heitsbehörden auch die Mittel von morgen zur Verfü-gung stehen. Wir dürfen technologisch nicht stehenbleiben.
Ich will noch ein anderes Thema ansprechen. DasBundesministerium des Inneren wird seine Immobilienbis Ende dieses Jahres an die Bundesanstalt für Immobi-lienaufgaben übergeben. Damit wird das Bundesinnen-ministerium das erste Ministerium sein, das das ge-schafft hat. Die Auswirkungen – das will ich an dieserStelle klar sagen – sind im Einzelplan noch nicht voll-ständig etatisiert; das werden wir im Laufe der Haus-haltsberatungen tun. Mit der Umstrukturierung wurdeein wichtiges Signal gesetzt: Zukünftig wird das Minis-terium sehr darauf achten, dass nur die Objekte angemie-tet bzw. genutzt werden, die tatsächlich benötigt werden.Man wird darauf achten, nur so viel Miete zu zahlen wienötig; schließlich sollen alle Aufgaben des Ministeriumserfüllt werden können.Als Haushälter muss ich noch einen Satz zum BOS-Digitalfunk sagen. Es ist ein großer Erfolg des Bundes-innenministers, dass es ihm letztendlich gelungen ist, dieFzIhewftmBtgDFdALw–mfKKmmlnbAHhdWVdmE1wTwtdt
m Haushaltsausschuss und im Plenum des Bundestagesaben wir schon oft darüber geredet. Allerdings kannrst jetzt gesagt werden – das muss man bedauerlicher-eise feststellen –, welche finanziellen Mittel für die Er-üllung dieser Aufgabe notwendig sind. Die mittelfris-ige Finanzplanung sieht für die nächsten Jahreomentan 1,1 Milliarden Euro vor. Das ist zu wenig.is 2021 brauchen wir mehr Geld. In den Haushaltsbera-ungen werden wir auch darüber reden müssen.Der Katastrophenschutz ist hier schon mehrfach an-esprochen worden. Auch ich will etwas dazu sagen.er Bund hat die erforderlichen Einsatzfahrzeuge für dieeuerwehren vor Ort jahrelang finanziert. Im Rahmener Föderalismusreform wurde klar geregelt, welcheufgaben Bund und Länder wahrzunehmen haben. Dieänder haben diesbezüglich jetzt eine größere Verant-ortung. Der Bund hat in diesem Zusammenhang aberdas sage ich ganz klar, und diesbezüglich bin ich miteiner Fraktion einer Meinung – eine Koordinierungs-unktion wahrzunehmen, damit die Einheitlichkeit desatastrophenschutzes gewährleistet werden kann.Das Ergebnis der Verhandlungen über ein angepasstesatastrophenschutzkonzept von Bund und Ländern isteiner Ansicht nach interessant. Der Bund zahlt nun-ehr zwei Drittel und die Länder ein Drittel. Mit Ver-aub: Ich hätte mir das auch andersherum vorstellen kön-en. Ich halte das aber für einen Erfolg; denn die Ländereteiligen sich jetzt immerhin zu einem Drittel an dieserufgabe. Auch das ist ein Erfolg der Verhandlungen vonerrn Schäuble. An dieser Stelle möchte ich ihm meinenerzlichen Dank dafür aussprechen.
In den letzten Haushaltsberatungen haben wir oft überas Thema Integration geredet.
ir haben gesagt, dass wir die notwendigen Mittel zurerfügung stellen müssen. Es gab den Integrationsgipfel,er auch im Haushalt 2008 eingeplant ist. Gleichwohluss ich sagen, dass mich das Ergebnis überrascht hat.s gibt zwar ein Mehr, aber nur ein Mehr von0 Prozent. Auf der anderen Seite zeigt das aber, dassir die benötigten Mittel zur Verfügung gestellt haben.
Gleichwohl sage ich, dass ich mich mit diesemhema noch nicht ausreichend beschäftigt habe. Wirerden das im Rahmen der Haushaltsberatungen nochun. Wir müssen dieses Thema noch einmal anpacken;enn die Sprachförderung bleibt für die Union ein wich-iges Thema.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007 11449
)
)
Dr. Michael LutherLassen Sie mich einen letzten Satz zur Sportförderungsagen: 17,3 Millionen Euro mehr sind ein gutes Signalan den Spitzensport. Gerade im Bereich der Sommer-sportarten müssen wir mehr Mittel zur Verfügung stel-len. Ich denke, der Haushalt 2008 ist ein gutes Signal fürunsere Athleten, die Deutschland im nächsten Jahr beiden Olympischen Spielen in Peking vertreten werden.Wir haben in den Haushaltsberatungen viel vor uns.Packen wir es an!Schönen Dank für die Aufmerksamkeit.
Ich erteile das Wort Kollegen Max Stadler, FDP-Frak-
tion.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-ren! Ich möchte einen Gedanken von Minister Schäubleaufgreifen. Herr Minister, Sie haben gesagt: Wir könnenauf die Arbeit unserer Sicherheitsbehörden vertrauen.Der Meinung sind wir als FDP auch.
Der Fahndungserfolg der letzten Woche war ein Belegfür die gute Arbeit der Sicherheitsbehörden.
Aber die Sicherheitsbehörden brauchen dafür auch dasVertrauen der Bürgerinnen und Bürger. Durch die Politikder letzten Monate mit einem unangebrachten Stakkatovon unausgegorenen Verschärfungsvorschlägen wurdegerade dieses Vertrauen gestört.
Ich will versuchen, Ihnen an einem Beispiel deutlichzu machen, welche Fehlentwicklung die Innenpolitikhier nimmt. Sie sagten heute in Ihrer Rede hier und auchzuvor im Morgenmagazin, die umstrittene Online-durchsuchung sei eine Maßnahme, die in nur ganz we-nigen Fällen im Jahr in Betracht komme. Das glaubtnach den Erfahrungen, die die Bürgerinnen und Bürgermit der Innenpolitik machen mussten, niemand.Ich nenne folgende Beispiele:Dieser Bundestag hat einmütig beschlossen, dass wirkeine Speicherung der Telekommunikationsdaten, derDaten von Millionen unverdächtiger Bürgerinnen undBürger, auf Vorrat haben wollen. Die Bundesregierungbeschließt auf EU-Ebene genau das Gegenteil mit.
DdjDbDsnDPaMDzIfrmnASt§ünweBatPwmtMKsd
Wem das noch nicht genügt, der möge einen Blick in100 a Strafprozessordnung werfen, der die Telefon-berwachung regelt. Damit hat man im Jahr 1968 begon-en; bezüglich vier schwerer Delikte war Telefonüber-achung zulässig. Ich habe jetzt einmal in diesemllenlangen Paragrafen die möglichen Delikte gezählt.ei 90 Delikten habe ich aufgehört, zu zählen. So ist dasusgeweitet worden.
Herr Minister Schäuble, daher besteht unser Miss-rauen. Sie sagen: Regt euch nicht auf, ein Eingriff in dierivatsphäre ja, aber für wenige Fälle im Jahr. Spätererden immer mehr Fälle dazukommen; es wird immerehr ausgeweitet. Der hessische Datenschutzbeauf-ragte, ein angesehener Professor für öffentliches Recht,ichael Ronellenfitsch – installiert von der Regierungoch –, hat davor gewarnt, indem er in einer Fachzeit-chrift schrieb:Sind Zugriffsmöglichkeiten einmal geschaffen, ver-selbständigen sie sich leicht gegenüber ihrem ur-sprünglichen Zweck.Dagegen müssen wir als Opposition angehen.Herr Minister, Sie haben heute – das sei zugestan-en – eine relativ moderate Rede gehalten.
Metadaten/Kopzeile:
11450 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007
)
)
Dr. Max StadlerAber es ist noch nicht sehr lange her – deswegen mussman hier im Hohen Haus nach der Sommerpause daranerinnern –, dass Sie Interviews gegeben haben, wie etwaim Spiegel, die – ich sage das einmal vorsichtig – grenz-wertig waren: mit der Relativierung der Unschuldsver-mutung, mit dem Aufwerfen der Frage der gezieltenTötung von Terrorverdächtigen und anderem.
Minister Schäuble hat sich darauf berufen, er habe Fra-gen aufgeworfen und das dürfe man doch wohl noch.Wir sagen: Das reicht uns nicht. Von einem Verfassungs-minister erwarten wir Antworten,
und zwar Antworten, die Freiheit und Sicherheit mit-einander verknüpfen. Diese Antworten von Ihnen ver-missen wir.
Ich erteile das Wort Kollegin Gabriele Fograscher,
SPD-Fraktion.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!Heute ist der 11. September; das ist schon mehrfach er-wähnt worden. Ich denke, dieses Datum hat in der heu-tigen innenpolitischen Debatte eine besondere Bedeu-tung. Die damalige rot-grüne Bundesregierung hat nachdem 11. September 2001 reagiert. Sie hat umfassendeSicherheitspakete beschlossen, die den Sicherheitsbe-hörden ein effektives Instrumentarium an die Hand ge-geben haben. Dass die geplanten Anschläge in der letz-ten Woche vereitelt werden konnten, hat gezeigt: DieSicherheitspakete haben sich bewährt.Herr Minister Schäuble, Sie haben zu Recht hervorge-hoben, dass die gute Zusammenarbeit zwischen denLänder- und Bundesbehörden für den Fahndungserfolgausschlaggebend war. Das kam nicht von selbst, sondernes mussten zuerst Strukturen geschaffen werden. DieserErfolg ist das Ergebnis des Zusammenführens dieser Be-hörden im gemeinsamen Terrorabwehrzentrum.Maßstab war und ist für uns, dass es auch in Zukunfteine Balance zwischen den Sicherheitsanforderungenund den individuellen Bürgerrechten, die unsere Demo-kratie ausmachen, geben muss. Dies gilt vor allen Din-gen dann, wenn neue Instrumente geschaffen werdensollen.Hinter dem Schlagwort „Onlinedurchsuchung“ ver-bergen sich ganz erhebliche rechtliche und technischeProbleme, für deren Klärung wir uns die nötige Zeit neh-men müssen; wir werden sie uns auch nehmen.SgzziUwgHcIIkeZdigBlwWsMamwdntecgEDvmgggdgatSBEBeetws
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007 11451
)
)
– Wir schauen durchaus auf die Umsetzung.Auch die Bundeszentrale für politische Bildung stehtwieder vor Mittelkürzungen. Laut Entwurf soll sie133 000 Euro weniger erhalten. Auch dies werden wirnicht hinnehmen.
Wenn wir Jugendliche und junge Menschen nicht in dieFänge von Rechtsextremisten geraten lassen wollen,müssen wir die Werte unserer Demokratie besser vermit-teln. Für diese Aufgabe ist die Bundeszentrale ganz si-cher eine wichtige Institution. Allerdings sind politischeBildung und die Bekämpfung von Extremismus – vor al-lem des Rechtsextremismus – nicht alleinige Aufgabedes Bundes. Hier brauchen wir auch mehr Engagementvon Ländern und Kommunen; diesbezüglich vermisseich eine deutliche Aufforderung des Bundesinnenminis-ters.Zum Sport ist heute schon einiges gesagt worden.Wir unterstützen die Mittelaufstockung für den Sport.Wir müssen wettbewerbs- und konkurrenzfähig sein, umbei den Olympischen Spielen und bei der Leichtathletik-WM, die 2009 in Berlin stattfinden wird, mithalten zukönnen. Ein besonderes Anliegen ist uns die Unterstüt-zung des Behindertensports. Leider führen wir zumThema Spitzensport und Doping erneut eine Diskussion.Die Aufgabe der Nationalen Anti-Doping-Agentur ist es,Doping im Sport zu unterbinden. Der Bund kommt hierseinen Verpflichtungen nach; aber die zugesagten Mittelder Sponsoren, des organisierten Sports und der Ländersind noch nicht in der Weise eingetroffen, wie wir es unswünschen.Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Haushaltsrechtist ein Parlamentsrecht. Deshalb bin ich mir sicher, dasswir einige Schieflagen, die im Entwurf des Haushaltsenthalten sind, in den anstehenden Beratungen noch kor-rigieren können.Herzlichen Dank.
FKswdgtskatbmJandnvWlGzrdsHhSadfiWüH–
Der Unterschied zwischen den Kofferbomben-Atten-ätern und den Tätern, die jetzt festgenommen wordenind, ist der, dass Letztere hochprofessionell und hoch-onspirativ tätig waren. Wir wissen, dass sie in Pakistanusgebildet wurden und dass sie ihre Befehle aus Pakis-an erhielten. Sie haben ihre Anleitungen zum Bomben-au aus dem Internet bezogen und sich daran lehrbuch-äßig gehalten. Sie wurden angewiesen, zum heutigenahrestag ihr schreckliches Handwerk in Deutschlanduszuüben. Aber wir wissen auch, dass nur drei festge-ommen wurden und es eine ganze Reihe von Gefähr-ern gibt, die in Deutschland noch unter uns sind und dieatürlich den Auftrag haben, in allernächster Zeit denerhinderten Anschlag in Deutschland nachzuholen.Wir werden uns im Innenausschuss noch in dieseroche von den Fachleuten, Frau Stokar, genau erklärenassen müssen, was technisch benötigt wird, um dieseefahren zu erkennen und die notwendigen Maßnahmenu ergreifen. Wir werden – das ist unsere Aufgabe – dieechtlichen und die finanziellen Möglichkeiten schaffen,amit wir gewappnet sind. Es wird ein Wettlauf mit die-en hoch konspirativen, technisch versierten Leuten,err Stadler. Wir dürfen nicht den Kürzeren ziehen. Daseißt, die FDP wird sich entscheiden müssen: Wird Ihreorge davor, dass der Staat die Onlinedurchsuchung oderndere Fahndungsmaßnahmen missbräuchlich anwen-et, größer sein? Werden Sie dafür sein, dass das Internetür Terroristen ein rechtsfreier Raum zur Vorbereitunghrer Aktivitäten bleibt? Sie müssen sich entscheiden.
as ist Ihnen wichtiger? Wollen Sie Angst schüren vorbereifrigen Beamten und damit den Terroristen dasandwerk erleichtern?
Rufen Sie nicht so laut dazwischen, Frau Stokar!
Metadaten/Kopzeile:
11452 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007
)
)
Dr. Hans-Peter Uhl
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des
Kollegen Ströbele?
Auf den komme ich gerade zu sprechen; dann soll er
die Zwischenfrage stellen.
Frau Kollegin Stokar, fragen Sie bitte einmal Herrn
Ströbele, ob er, als er in dem zuständigen Gremium mit
dem Gedanken und der politischen Absicht konfrontiert
wurde,
die Onlinedurchsuchung in Kraft treten zu lassen, dazu
etwas gesagt hat oder ob er geschwiegen hat.
Sollte er antworten: „Ich habe geschwiegen“, dann fra-
gen Sie sofort weiter: War dir, Kollege Ströbele, be-
wusst, dass du durch Schweigen der Onlinedurchsu-
chung zustimmst?
Sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass in der
rot-grünen Regierungszeit die Grünen durch Schweigen
der Onlinedurchsuchung zugestimmt haben?
Jetzt kann Herr Ströbele seine Frage stellen.
Kollege Ströbele, bitte.
Herr Kollege Uhl, kann es sein, dass Sie von PC- und
Internetnutzung noch weniger verstehen als ich –
Ich weiß nicht, was Sie davon verstehen.
G
w
h
s
I
w
b
H
n
t
G
a
d
z
A
z
K
Z
F
t
S
d
w
a
u
–
– und dass Sie deshalb vorhin nicht verstanden haben,
as die Kollegin Stokar auch Ihnen mitzuteilen versucht
at: dass es selbstverständlich schon heute, wenn die ge-
etzlichen Voraussetzungen vorliegen, möglich ist, die
nternetverbindungen, die Sie eingehen – vielleicht,
enn Ihnen jemand hilft – oder die ich eingehe, mitzu-
ekommen?
aben Sie das nicht verstanden, oder wollen Sie das
icht verstehen? Oder warum behaupten Sie, dass der In-
ernetverkehr für den Staat nicht tabu sein darf?
Herr Kollege Ströbele, schon in dem einschlägigenremium, aus dem ich vorhin nicht berichtet habe,
ber auf das ich zu sprechen kam, habe ich verstanden,ass wir beide von der Technik der IT-Kommunikationiemlich wenig verstehen.
ber wir beide haben so viel verstanden, dass es dabeiweierlei Dinge zu trennen gilt: Es geht zum einen umommunikation per Internet und zum anderen um denugriff auf, wenn Sie so wollen, geronnene, auf derestplatte fixierte, stattgefunden habende Kommunika-ion oder nicht einmal dies. Das habe ich verstanden undie, glaube ich, auch.
Jetzt geht es darum, dass Sie damals möglicherweiseeswegen geschwiegen haben – ich weiß es ja nicht –,eil Sie nicht verstanden haben, dass man den Zugriffuf die Festplatte rechtlich möglich machen wollte,
nd somit zugestimmt haben.
Die Grünen haben zugestimmt, Frau Stokar.Ist das die ausreichende Antwort auf das Thema?
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007 11453
)
)
– Herr Präsident, läuft die Zeit weiter?
Sie können weiterreden.
Bei mir läuft die Zeit weiter und Herr Ströbele sitzt,
gut.
Nicht Herr Ströbele befindet über Ihre Redezeit.
Lassen Sie mich wieder ernst werden. Es ist schwer
zu ertragen, wenn hier von einer Hopplahopp-Gesetzge-
bung, neuen Erkenntnissen und neuen technischen und
rechtlichen Fragen die Rede ist. Ich möchte daran erin-
nern, dass vor dreieinhalb Jahren die Anschläge auf die
Vorortzüge in Madrid stattgefunden haben. Unmittelbar
danach hat der damalige Bundesinnenminister Schily
– übrigens zu Recht – gefordert, dass die Internetkom-
munikation und alles, was damit zusammenhängt – bis
hin zur Festplatte, Herr Ströbele – durchsucht werden
können.
Daraufhin wurden alle rechtlichen und technischen Fra-
gen in diesem Zusammenhang von Grund auf geprüft. In
einem langen Gutachten wurde abschließend festgestellt,
dass die Durchsuchung technisch möglich und rechtlich
zulässig ist.
Herr Kollege, gestatten Sie eine weitere Zwischen-
frage der Kollegin Stokar?
Wenn es sein muss, Frau Stokar.
Herr Kollege Uhl, Sie sind auch Mitglied im Innen-
ausschuss des Bundestages. Über den anderen Aus-
schuss dürfen wir hier nicht reden – das wissen Sie sehr
genau –; denn er ist zur Geheimhaltung verpflichtet.
Über den Innenausschuss des Bundestages dürfen wir
aber sicherlich reden.
Ich frage Sie: Können Sie sich daran erinnern, dass
wir und auch andere Mitglieder der Opposition vor der
Sommerpause dreimal schriftlich beantragt haben, dass
der damals zuständige Staatssekretär, Herr Diwell, im
Innenausschuss erläutern möge, was es mit seinem omi-
nösen Erlass bzw. seiner Richtlinie auf sich hat, die bis
heute keiner – wahrscheinlich auch Herr Staatssekretär
Diwell selber nicht – versteht. Auf jeden Fall gibt es wi-
d
B
G
d
G
s
l
h
S
–
G
V
s
Z
S
R
s
P
s
r
d
l
H
f
b
f
d
d
h
v
n
B
Ich frage Sie, ob Sie sich daran erinnern und das be-
tätigen können. Stattdessen stellen Sie in der Öffent-
ichkeit erneut die falsche Behauptung auf, die Grünen
ätten einer Onlinedurchsuchung zugestimmt. Stimmen
ie mir zu, dass das Propaganda ist –
billige Propaganda –
Frau Kollegin, die Frage ist gestellt.
– und dass Ihr Verhalten im Innenausschuss bzw. die
erhinderung, der Wahrheit näher zu kommen, ein
chlechter politischer Stil ist?
Danke.
Herr Kollege, gestatten Sie gleich noch eine zweite
wischenfrage der Kollegin Hagedorn? Dann können
ie zusammenhängend antworten. Das verlängert Ihre
edezeit ohnehin. – Bitte.
Herr Kollege Uhl, Sie haben es eingangs so darge-tellt, als sei es vor allen Dingen Aufgabe der politischenarteien und der Fraktionen, beim Thema Onlinedurch-uchung in die Puschen zu kommen. Geben Sie mirecht, dass in Wahrheit die Onlinedurchsuchungen undie notwendigen Ausgaben für Forschung und Entwick-ung schon Bestandteile des Sicherheitspaketes für denaushalt 2007 gewesen sind, über den hier schon mehr-ach gesprochen worden ist? Geben Sie mir recht, dassei den Beratungen über dieses Sicherheitspaket die Ver-assungskonformität dieser Haushaltsansätze kritischiskutiert und hinterfragt worden ist,
ass das Innenministerium Unterlagen dazu vorgelegtat und wir als Koalitionsfraktion auf diese Angabenertraut haben und dass die Tatsache, dass Gelder bishericht ausgegeben worden sind, nur mit dem Urteil desundesgerichtshofs vom Februar zu tun hat? Es hat
Metadaten/Kopzeile:
11454 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007
)
)
Bettina Hagedornnichts mit den Parlamentariern und den Fraktionen zutun. Geben Sie mir auch recht, dass die Behebung nurmöglich ist, wenn ein mehrheitsfähiger Gesetzentwurfvorgelegt wird, was Sache des Ministers ist? StimmenSie mir darin zu?
Frau Kollegin Hagedorn, Frau Kollegin Stokar, ich
gebe Ihnen nur sehr begrenzt recht bei dem, was Sie ge-
fragt haben. Zunächst komme ich zu Herrn Lutz Diwell,
der mehrfach erwähnt wurde. Es ist richtig, dass Sie sich
darum bemüht haben, dass er im Innenausschuss erläu-
tern möge, was er damals gesagt und getan hat. Das ist
ein legitimes Ansinnen. Auch ich habe mir diese Frage
bis heute schon öfter gestellt.
Frau Kollegin Stokar, es ist richtig, dass ich im Innen-
ausschuss in der Tat dreimal mitgestimmt habe, als es
darum ging, dass Herr Kollege Lutz Diwell nicht kom-
men wollte, und zwar mit wechselnden Begründungen.
Aber es gibt in der Koalition eine Art kollektive Solida-
rität mit Menschen, die in Bedrängnis geraten sind.
Allein dieses samariterhafte Verhalten hat mein Handeln
geprägt. Ich bleibe dabei, dass Sie den Antrag stellen
sollten, dass sich der Kollege äußern möge. Ich weiß
nicht, wie das Ganze enden wird. Aber irgendwann wird
er sicherlich sagen, was er damals gedacht und getan hat
und warum er heute möglicherweise andere Briefe
schreibt. Ich weiß es jedenfalls nicht. Ich kann Ihnen
nicht helfen.
Frau Kollegin Hagedorn, Sie haben die finanziellen
Mittel für Forschung und Entwicklung im Zusammen-
hang mit der Internetüberwachung und -kontrolle ange-
sprochen. Das ist nicht Kern des Themas. Was Sie gesagt
haben, ist zwar alles richtig. Aber es geht um die bis zum
Überdruss gestellten Fragen, ob es technisch möglich ist,
ob es rechtlich zulässig ist und was wir überhaupt ma-
chen sollen. Diese Fragen hat Herr Bundesinnenminister
Schily vor dreieinhalb Jahren gestellt. Sie wurden durch
sein Haus mit Ja beantwortet. Es ist technisch möglich
und rechtlich zulässig. Man schritt daraufhin zur Tat
und hat die Onlinedurchsuchung eingeführt. Auf welche
Weise, in welchem Gremium und mit welcher Begrün-
d
i
c
g
i
R
J
g
S
b
S
I
f
f
r
a
e
2
n
b
m
H
G
I
Herr Kollege Uhl, Sie machen es einem schwer, weil
ie aus einem Gremium berichten, –
Eben nicht.
– aus dem Sie in dieser Form und Konkretion nicht
erichten dürften, insbesondere was den Kollegen
tröbele anbelangt.
ch stelle Ihnen die Frage, ob Sie diese Verfahrensweise
ür kollegial und korrekt halten. Ich halte sie jedenfalls
ür nicht kollegial und korrekt.
Ich will Ihnen noch eine andere Frage stellen. Ist es
ichtig, dass der von Ihnen erwähnte Erlass, basierend
uf § 8 des Bundesverfassungsschutzgesetzes, nur eine
inzige Anwendung gefunden hat, und zwar im Jahre
006? Soviel ich weiß, hat die SPD damals nicht den In-
enminister gestellt.
Herr Kollege Körper, Sie müssen schon stehen blei-en. Sonst läuft meine Uhr weiter.Zu Ihrer ersten Frage: Ich habe nicht aus dem Gre-ium berichtet, sondern Frau Stokar geraten, einmalerrn Ströbele zu fragen, ob er in einem einschlägigenremium geschwiegen habe.
ch habe ihr einen Rat gegeben, wen sie befragen soll.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007 11455
)
)
– Regen Sie sich doch nicht so auf!Ich habe des Weiteren gesagt: Wenn er sagt, er habegeschwiegen, solle sie ihn fragen, ob er sich bewusst ge-wesen sei, dass er der Onlinedurchsuchung zugestimmthabe. Das war meine Rede. Ich weiß, was ich sage.
Nun zu Ihrer zweiten Frage: Sie haben etwas gesagt,was ich weder bestätigen noch verneinen kann, nämlichdass von dem damals eingeführten Instrument derOnlinedurchsuchung einmal Gebrauch gemacht wordensei. Das haben Sie gesagt, nicht ich.Dies sei in einem Zusammenhang geschehen, als HerrSchily – das sagen Sie –, der die Onlinedurchsuchungeingeführt hat – das sage ich –, nicht mehr im Amt ge-wesen sei. Das stimmt doch?
Das konnte aber doch nur geschehen, nachdem HerrSchily die Onlinedurchsuchung mit Ihrer Unterstützung,Herr Kollege Körper, eingeführt hat. Habe ich recht? –Danke.
Quod erat demonstrandum, was zu beweisen war, HerrKörper. Darum ging es mir in meiner Rede.
Jetzt komme ich noch auf etwas anderes zu sprechen:home-grown terrorism. Der Umstand, dass der Terror fürjeden erkennbar bei uns angekommen ist, zeigt auch,dass es höchste Zeit war, das zu tun, was InnenministerSchäuble mit großer Energie und großem Erfolg begon-nen hat, nämlich die Islamkonferenz einzuberufen. DieIslamkonferenz ist der Beginn eines dringend nötigenDialogs mit dem Islam, um zu klären, welche Werte inunserer Gesellschaft gelten und welche Position der Is-lam auch in Bezug auf Terror und Sicherheitsgefährdun-gen einnehmen muss. Diese Islamkonferenz hat mehr-fach stattgefunden und muss fortgeführt werden. Das istein Erfolg dieser Koalition.Die Gewaltbereitschaft und die Radikalisierungsten-denzen bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund neh-men zu. Das wissen wir seit vielen Jahren. Wir müssenheute zugeben – ich glaube, darin sind wir uns einig –,dass das auch das Ergebnis einer jahrzehntelang ver-säumten konsequenten Integrationspolitik ist.
JdIdttEddemwmWsgDAVFrMzdgwsgdpZndb–shDZsmedeDfu
iel der Bundesregierung ist die elektronische Kommu-ikation sowohl zwischen dem Bund, den Ländern unden Kommunen als auch mit den Bürgern. Die muss ver-essert werden.
Das wird gemacht. – Frau Stokar, ein wichtiger Be-tandteil dieses Programms ist, dass wir die IT-Systemearmonisieren und verbessern.
as ist für den Wirtschaftsstandort Deutschland wichtig.um E-Government gehört auch die bereits beschlos-ene Einführung des elektronischen Reisepasses mit bio-etrischen Merkmalen. Weiter wird die Einführung derlektronischen Personalausweise mit digitaler Signaturazugehören. Dies alles ist ein Sicherheitsgewinn undin Effizienzgewinn, worauf wir großen Wert legen.ies werden wir in der nächsten Zeit einführen.Wir sollten bei der Gelegenheit nicht versäumen, unsür all das zu bedanken, was die Sicherheitsbehördennd das Innenministerium im Verbund mit uns im Innen-
Metadaten/Kopzeile:
11456 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007
)
)
Dr. Hans-Peter Uhlausschuss für die Sicherheit Deutschlands getan haben.Wir bedanken uns für die gute Zusammenarbeit.
Ich erteile das Wort dem Kollegen Sebastian Edathy
von der SPD-Fraktion.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es
ist eine besondere Herausforderung, nach dem sehr ge-
schätzten Kollegen Dr. Uhl sprechen zu dürfen. Ich
komme nicht ganz umhin, noch ein Wort zur Online-
durchsuchung zu sagen. Es ist eine Frage der politi-
schen Klugheit und des seriösen Umgangs mit einer tat-
sächlich vorhandenen terroristischen Bedrohung, nicht
überstürzt Gesetze zu machen, wenn zugleich noch tech-
nische und vor allen Dingen verfassungsrechtliche Fra-
gen völlig offen sind. Es ist ein Gebot der Klugheit, ge-
rade in schwierigen Zeiten Gesetze mit Besonnenheit zu
machen. Gerade in Zeiten, in denen die Öffentlichkeit
sehr bewegt ist von dieser Thematik, dürfen wir uns
diese Hektik und Erregtheit nicht zu eigen machen, son-
dern müssen mit Klugheit entscheiden.
Die Gleichung, dass mehr Gesetze zwangsläufig mehr
Sicherheit schaffen, stimmt nicht; und wir wissen nicht
erst seit Friedrich Dürrenmatts Buch Die Physiker, dass
wir in einer demokratischen Gesellschaft nicht alles
machen dürfen, nur weil es technisch möglich ist. Das
technisch Mögliche sollten wir dann tun, wenn es ver-
hältnismäßig und zielführend ist und sich in unsere
Rechtsordnung einfügen lässt, zu der es gehört, immer
die Balance zwischen der Wahrnehmung von Sicher-
heitsbelangen und der Verteidigung von Bürgerrechten
im Auge zu behalten. Wir müssen sehr großen Wert da-
rauf legen, dass diese Balance nicht verloren geht in die-
sem Land.
Wir haben noch viele Möglichkeiten, im Rahmen der
bestehenden Rechtslage Sicherheitslücken zu schließen.
Wir werden noch einmal, wie Herr Körper das angedeu-
tet hat, darüber reden müssen, ob es gerade vor dem Hin-
tergrund der aktuellen Entwicklung vertretbar ist, für das
Bundeskriminalamt im nächsten Haushaltsjahr 8 Millio-
nen Euro weniger zu verausgaben als im laufenden
Haushalt. Da klafft zwischen der öffentlichen Darstel-
lung und dem Haushaltsentwurf eine Lücke, die man
schließen sollte.
Ich finde es sehr gut, dass wir im nächsten Jahr für die
Verbesserung und Finanzierung der Gepäck- und Per-
sonenkontrollen an den deutschen Flughäfen 17 Mil-
lionen Euro mehr ausgeben werden. Das muss aber mit
e
f
d
h
v
S
h
s
W
f
t
o
s
s
h
w
M
n
s
a
l
e
d
e
d
g
n
i
a
b
K
r
S
s
S
d
D
E
g
n
A
f
Herr Kollege Edathy, gestatten Sie eine Zwischen-
rage des Kollegen Grindel?
Gerne.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007 11457
)
)
Herr Kollege Edathy, wenn man solche Aussagen
macht, wäre es schon ganz schön, sich über die Sachver-
halte kundig zu machen.
Ist Ihnen bekannt, dass bis zum Ende des Monats
Juni 2007 von den 140 Millionen Euro, die wir im Bun-
deshaushalt 2007 für Integrationskurse vorgesehen ha-
ben – aus bestimmten Gründen wollte ich diese Zahl ei-
gentlich nicht nennen –, tatsächlich nur 52 Millionen
Euro abgeflossen sind? Das hängt damit zusammen, dass
wir folgendes Problem bekommen werden: Die Anzahl
derjenigen, die die Integrationskurse freiwillig besuchen,
wird immer geringer – es ist schlicht und ergreifend so,
dass sie mit dem Absolvieren dieser Kurse langsam fer-
tig sind –, ohne dass wir gleichzeitig in ausreichendem
Maße diejenigen, die es besonders nötig hätten, an Inte-
grationskursen teilzunehmen, zur Teilnahme verpflich-
ten.
Wir wissen, dass in den Urlaubsmonaten Juli und
August fast gar keine Integrationskurse stattfinden.
Stimmen Sie mir vor diesem Hintergrund zu, dass für
diese Kurse am Jahresende hochgerechnet etwa 100 Mil-
lionen Euro abgeflossen sein werden? Das sollten wir
den Haushaltspolitikern übrigens nicht durch solche
– ich muss das einmal so nennen – fahrlässigen Bemer-
kungen, wie Sie sie gemacht haben, noch auf die Nase
binden.
Es werden genau die 50 bis 60 Millionen Euro übrig
bleiben, die Sie hier eingefordert haben. Wenn man
wirklich die Fakten kennt, weiß man, dass das, was wir
im Haushalt 2008 vorsehen, ausreichend sein wird. Den
gewaltigen Sprung, den wir trotz zurückgehender Inan-
spruchnahme der Kursmittel machen werden, reden Sie
hier schlecht, anstatt zu sagen, dass wir bei den Integra-
tionskursen wirklich einen gewaltigen Qualitätssprung
nach vorne machen können. Ich verstehe das nicht.
Lieber Herr Kollege Grindel, ich weise zunächst dieUnterstellung der Fahrlässigkeit oder des Äußerns derUnwahrheit ausdrücklich zurück.
– Auch den Vorwurf des Schlechtredens weise ich zu-rück. Ich rede das nicht schlecht, sondern, ganz im Ge-genteil, ich begrüße es ausdrücklich, dass wir – auch imInnenausschuss – parteiübergreifend große Einigkeit er-zielt haben, im Bereich der Integrationskurse etwas vo-ranzubringen.Der Bedarf, den Sie prognostizieren, muss sich aller-dings an den Parametern messen lassen, die wir bei derqualitativen Verbesserung der Kurse zugrunde legen.
Ich will Ihnen in diesem Zusammenhang einmal einigePunkte nennen.HdsSqnBdcAIgisdctmbdsRmrkHddhudlsdedddbdupbbRdTks
Abschließend möchte ich einen Punkt ansprechen, derir besonders am Herzen liegt. Wir können seit Jahreneobachten, dass jüdisches Leben in Deutschland wie-er erstarkt. Vor wenigen Wochen hat die größte deut-che Synagoge – sie befindet sich hier in Berlin, in derykestraße – wieder eröffnet. Im letzten Jahr haben erst-als Rabbiner eine Ausbildung an einer Bildungsein-ichtung des liberalen Judentums abgeschlossen. Dafürönnen wir dankbar sein.Ich finde es ganz hervorragend, dass im Entwurf desaushalts des Bundesinnenministeriums vorgesehen ist,ie Mittel für die sehr gute Arbeit des Zentralrats der Ju-en von 3 Millionen Euro auf 5 Millionen Euro zu erhö-en. Durch den Bundeshaushalt wird diese Arbeit alsonterstützt. Ich freue mich auch, dass es gelungen ist,as von mir eben angesprochene Abraham-Geiger-Kol-eg, in dem die Rabbinerausbildung betrieben wird, ver-tetigt finanziell zu fördern und zudem zu gewährleisten,ass die dort jüngst begonnene Kantorenausbildungbenfalls Unterstützung bekommt. Wir können überiese Entwicklung froh und dankbar sein.Wenn es zu der fälligen Neuverhandlung zwischener Bundesrepublik und dem Zentralrat der Juden überie Frage „Wer wird von den erhöhten Mittelansätzenegünstigt?“ kommt, sollten wir aber auch sicherstellen,ass jüdisches Leben in Deutschland gleich behandeltnd gleich gefördert wird, unabhängig von seiner Aus-rägung.Vielleicht ist es auch ganz gut, bei einer solchen De-atte, bei der es die eine oder andere Kontroverse gege-en hat, noch einmal festzuhalten: Antisemitismus undechtsextremismus, das sind Themen, die sich nicht fürie parteipolitische Instrumentalisierung eignen; es sindhemen, bei denen wir als Demokratinnen und Demo-raten in der gemeinsamen Verantwortung stehen, etwasicherzustellen: Das Grundversprechen dieses Staates
Metadaten/Kopzeile:
11458 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007
)
)
Sebastian Edathyist, dass jeder in diesem Land ohne Angst sicher lebenkönnen muss. Dazu gehört, dass organisierte Menschen-feindlichkeit hier und da vielleicht Realität ist; sie istaber nichts, was wir als Demokraten jemals als Normali-tät betrachten werden.Ich danke Ihnen.
Das Wort zu einer Kurzintervention erteile ich Kolle-
gen Reinhard Grindel, CDU/CSU-Fraktion.
Herr Kollege Edathy, damit das nicht – meines Erach-
tens nicht ganz korrekt – stehen bleibt, will ich zwei
Punkte ansprechen. Es ist nicht so, dass das Eckpunkte-
papier 930 Stunden nur für Jugend- und Alphabetisie-
rungskurse vorsieht. Bei den Alphabetisierungskursen
kann man sogar auf 1 200 Stunden kommen. Es ist viel-
mehr so, dass jeder, der den Kurs nach 630 Stunden ver-
lässt und nicht das Sprachniveau B 1 erreicht hat, wei-
tere 300 Stunden bekommen soll. Das ist die Regelung.
Wenn jemand nach 600 Stunden das Niveau B 1 ge-
schafft hat, ist das Ziel erreicht. Wenn jemand es da nicht
geschafft hat, soll er es nach 900 Stunden bzw.
930 Stunden erreichen. Das heißt, dass man bei den Al-
phabetisierten sogar auf 1 200 Stunden kommen wird.
Was Sie da erwähnt haben, ist insofern also nicht in Ord-
nung. Das ist die Zielsetzung, die wir verfolgen.
Zweiter Punkt. Die 2,35 Euro sind nach den Ergebnis-
sen der Ramboll-Untersuchung ausreichend. Sie müssen
zugestehen, dass wir eine noch bessere Bezahlung bei
den Kinder-, Jugend- und Frauenkursen, gerade wenn es
um Betreuung von Kindern geht, vorsehen.
Wir können im Übrigen – insofern sind die Papiere,
die Ihnen jetzt dazu vorliegen, auch von relativer Bedeu-
tung – doch eines miteinander festhalten: Die Integra-
tionskursverordnung ist noch nicht geändert. Wir können
dabei über alles reden. Ich hoffe, dass der Bundesinnen-
minister uns als Abgeordnete an diesen Diskussionen be-
teiligt. Die Frage der Bezahlung der Lehrkräfte zum Bei-
spiel entscheidet sich nicht danach, wie viel wir für den
Kurs ausgeben, sondern unter anderem danach, ob wir so
etwas wie Mindesthonorare vorsehen, wofür ich wäre.
Daher sollten wir der Öffentlichkeit durchaus sagen:
Die Integrationskursverordnung ist noch nicht geändert.
Das ist offen. Wir können vernünftige Lösungen für alle
Beteiligten finden.
Lassen Sie mich eine weitere Bemerkung machen,
weil Sie die Frage der Rabbinerausbildung angesprochen
haben. Sie haben nach Mügeln ein Stakkato von Inter-
views gegeben. Das ist in Ordnung. Das, was dort vorge-
fallen ist, war ein schlimmes Verbrechen. Ich hätte mir
aber eigentlich gewünscht, dass Sie nach dem Messerat-
tentat auf den Rabbiner in Frankfurt öffentlich auch ein-
mal ein Wort dazu gesagt hätten.
Herzlichen Dank.
n
d
w
b
l
S
i
d
b
R
s
S
m
M
n
z
n
s
w
O
w
m
R
d
w
H
f
r
h
m
n
r
p
b
P
z
Z
Kollege Edathy, Sie haben Gelegenheit zur Antwort.
Zum ersten Punkt, den Sprachkursen, brauche ich
icht viel zu sagen. Ich bin recht sicher, dass bei uns in
er Koalition auch nach dem Integrationsgipfel gilt, dass
ir nicht nur die Lippen spitzen, sondern auch zu pfeifen
ereit sind. Wir müssen über die Frage der Honorarzah-
ung für die Lehrkräfte und darüber sprechen, ob der
prung von 2,05 Euro auf 2,35 Euro hinreichend groß
st, um zu einer wirklichen Verbesserung der Situation
er Beschäftigten zu kommen. Im Gutachten wird von
is zu 3 Euro gesprochen. Darüber können wir einmal in
uhe mit den Haushältern, aber auch im Innenausschuss
prechen.
Dann will ich etwas zu dem zweiten Punkt sagen, den
ie angesprochen haben. Sie haben dargelegt, ich hätte
ich zu den Ereignissen von Mügeln geäußert, wo sich
enschen in einem Haus verbarrikadieren mussten, um
icht noch schwerere Schadenseinwirkungen erdulden
u müssen; ich hätte mich nicht zu dem Attentat auf ei-
en Rabbiner in Frankfurt geäußert. Das trifft mich
chon. Ich will Ihnen dazu zwei Punkte sagen.
Der erste ist: Was Sie mir unterstellen, nämlich ich
ürde mich nur äußern, wenn bestimmte Gruppen zu
pfern würden, weise ich zurück. Das ist falsch. Sie
issen, wie es in der Medienlandschaft ist. In der Regel
acht man nicht eine Pressemitteilung, sondern in der
egel wird man von Journalisten gefragt. Da stellt sich
ie Frage vielleicht eher in eine andere Richtung.
Das Zweite, was ich Ihnen dazu sehr deutlich sagen
ill, weil das Relativieren ein bisschen mitschwang:
ans Magnus Enzensberger hat einmal sehr zutreffend
ormuliert, dass man Unrecht nicht gegeneinander auf-
echnen darf, sondern dass sich Unrecht summiert. Ich
offe, dass dieser Konsens hier in diesem Hause von nie-
andem infrage gestellt wird.
Weitere Wortmeldungen zu diesem Einzelplan liegenicht vor.Damit kommen wir schließlich zu dem Geschäftsbe-eich des Bundesministeriums der Justiz, Einzel-lan 07.Das Wort hat Bundesministerin Brigitte Zypries.Liebe Kolleginnen und Kollegen, nehmen Sie dochitte Platz oder setzen Sie Ihre Gespräche außerhalb deslenarsaals fort. Wir wollen doch die Beratungen fortset-en.So, ich glaube, jetzt ist es so weit. – Bitte, Frauypries.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007 11459
)
)
Vielen Dank, Herr Präsident. – Meine sehr geehrtenDamen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Wir re-den jetzt über den Haushalt des Bundesministeriums derJustiz und damit über den Haushalt, von dem jederFinanzminister träumt. Es ist ein Haushalt mit geringenAusgaben, aber hohen Einnahmen. Wer hätte das nichtgerne in seinem Bereich?Der Einzelplan 07 ist einerseits der kleinste Haushaltunter den Ministerien. Sie wissen wahrscheinlich, dassder Anteil schwankt. Bei diesem Haushalt beträgt unserAnteil 0,16 Prozent.
– Das ist wahr. – Andererseits haben wir die höchsteDeckungsquote. Ohne die Versorgungsausgaben könnenwir 96 Prozent der Ausgaben durch eigene Einnahmendecken. Das ist eine Bilanz, die wir schon seit mehrerenJahren hier immer wieder gerne verkünden.Jetzt gibt es im nächsten Jahr einen Ausgabenzu-wachs um 2,2 Prozent. Dem steht allerdings auch einEinnahmenzuwachs gegenüber – wie sollte es auch an-ders sein? – um voraussichtlich, so prognostizieren wirwenigstens, 4,3 Prozent. Wir brauchen diese zusätzli-chen Mittel – das sind ja schon wenig genug – für denJustizhaushalt aus drei Gründen: Der eine ist, wir müs-sen unseren Anteil zu den Versorgungslasten erbringen.Der zweite ist, wir müssen uns weiter um das DeutschePatent- und Markenamt kümmern; das ist ein wichtigesThema. Der dritte ist, wir bekommen im Bereich des Ge-sellschaftsrechts neue Aufgaben, die durch zusätzlichesPersonal abgedeckt werden müssen.Zu den Versorgungsausgaben: Sie wissen, dass eskünftig bei den einzelnen Ministerien jeweils einen so-genannten Versorgungsfonds geben wird. Für einenHaushalt wie den Justizhaushalt, der besonders durchPersonalausgaben geprägt ist, stellt das natürlich einehohe Zusatzbelastung dar. Deswegen haben wir für dieSicherung der späteren Versorgung von Menschen, diewir jetzt neu im Ministerium einstellen, 5,5 MillionenEuro veranschlagt.Der zweite Bereich, für den wir mehr Geld brauchen,betrifft das Deutsche Patent- und Markenamt. DiesenPunkt sprechen wir in jeder Haushaltsrede an. Er sollauch dieses Mal nicht fehlen. Das Deutsche Patent- undMarkenamt ist eine Behörde, die uns besonders am Her-zen liegt, nicht nur, weil sie eine der wenigen nachgeord-neten Behörden im Geschäftsbereich ist – da gibt es imJustizbereich ja auch so gut wie keine –, sondern auch,weil dieses Amt in einem Bereich tätig ist, der ganz be-sonders wichtig ist. Es kümmert sich nämlich um denSchutz des geistigen Eigentums in Deutschland, indemes Patente erteilt und Markenrechte verleiht. Dabei istdie Zuständigkeit auf zwei Standorte aufgespalten: Pa-tente in München, Markenrechte in Jena.Der Umgang mit geistigem Eigentum ist ja einThema, das die Bundesregierung in diesem Jahr schonbei vielen Gelegenheiten angesprochen hat und um dassie sich auch immer weiter kümmert. Dies war Gegen-swgwzaztgTvstsvSDsSsFdBsavMtIstSrudmktkbmddnmjadts2dPeIMga
Metadaten/Kopzeile:
11460 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007
)
)
Ich glaube, das würde uns allen hier im Hause sehr nüt-zen und könnte auch in anderen Bereichen zum Tragenkommen. Es würde uns allen erleichtern, die anfallendeArbeit vernünftig zu leisten. Denn wir arbeiten ja nichtfür das Bundesministerium der Justiz, ein anderes Minis-terium oder irgendein Amt, sondern für eine funktionie-rende rechtsstaatliche Verwaltung in dieser Gesellschaft.Sie machen die Vorgaben, aber wir müssen die Verwal-tung übernehmen. Dafür brauchen wir die entsprechen-den Mittel.Der dritte Grund, warum wir mehr Geld brauchen,sind die Mehraufgaben im Gesellschaftsrecht, die unszugewachsen sind. Das hängt damit zusammen, dass wirdie Unternehmen in Deutschland verpflichtet haben,künftig ihre Bilanzen offenzulegen. Das gilt künftignicht nur für die großen DAX-Unternehmen, die ohne-hin schon dazu verpflichtet sind, sondern auch für diekleinen Aktiengesellschaften und die kleinen GmbHs.Das ist eine Verabredung auf europäischer Ebene, unddafür gibt es ein elektronisches Register, das in Bonn ge-führt wird. Es geht um ungefähr 1 Million Firmen, diedavon betroffen sind. Deswegen an dieser Stelle dieherzliche Bitte an Sie als Abgeordnete: Wenn Sie in Ih-ren Wahlkreisen mit diesen Firmen reden, werben Siebitte dafür, dass sie dieser gesetzlichen Verpflichtungnachkommen. Denn je mehr Firmen in Deutschland die-ser gesetzlichen Verpflichtung nachkommen, desto we-niger Personal brauchen wir, um sie dazu anzuhalten.Wir reden hier über Mittel im Haushalt für das Personal,das erforderlich ist, um diese Aufgabe zu erfüllen: säu-migen Offenlegern zu sagen, dass sie offenlegen müs-sen.Wir werden im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit da-für etwas tun. Wir können eine öffentliche Kampagneleider nicht so gestalten, wie wir es gerne machen wür-den, weil wir in unserem Etat so gut wie kein Geld fürÖffentlichkeitsarbeit haben. Wir können nicht – anderekönnen das – große Anzeigen schalten. Wir werden abernatürlich auf unserer Ebene mithilfe von Presseartikelnusw. dafür werben. Meine herzliche Bitte ist: Unterstüt-zen Sie uns dabei! Verstehen Sie bitte, dass es hierbei umdie Umsetzung eines aufwendigen Verfahrens, einesOrdnungsgeldverfahrens, geht, das wir nach Beschlussdes Deutschen Bundestages eingeführt haben. DiesesVerfahren ist aufwendiger als das von uns vorgeschla-gene Bußgeldverfahren und verursacht deshalb mehrKosten.Ich möchte sehr darum bitten, keine Debatte anzufan-gen, in der behauptet wird, wir führten bewusst eineKampagne gegen den Osten; damit hat das überhauptnBdwwdzgdrzSdnnikgHJsWIdcbzvfwjLPdsnMtOgkiwsai
Es geht um ein großes Projekt, das an der Charitéurchgeführt wird und bei dem man versucht, mit mögli-hen Tätern vorbeugend zu arbeiten, um Kindesmiss-rauch zu verhindern. Ich meine, um Kindesmissbrauchu verhindern, sollten uns dreimal 250 000 Euro nicht zuiel sein.
Das Projekt hat schon jetzt zu einem guten Erfolg ge-ührt. Es hat eine Anschubfinanzierung von der Volks-agen-Stiftung erhalten; die Stiftung finanziert das Pro-ekt jetzt nicht weiter. Damit hängt das Projekt in deruft. Ich habe die herzliche Bitte: Verankern Sie dasrojekt in unserem Haushalt! Sie können sicher sein,ass wir das Geld weiterleiten, dass wir das Projekt ent-prechend begleiten. Bringen Sie das Projekt nicht in ei-em anderen Haushalt unter, in dem es sehr viele freieittel gibt, sodass man nicht so richtig weiß, ob die Mit-el vielleicht doch einmal den Sparmaßnahmen zumpfer fallen.Ich muss jetzt noch ein paar Worte zu dem Thema sa-en, das vorhin schon im Bereich der Innenpolitik rechtontrovers besprochen wurde: die Frage, wie wir diennere Sicherheit schützen, wie wir in diesem Bereicheiter vorgehen. Sie erwarten sicherlich, dass ich zu die-em Thema etwas sage. Sie erwarten aber sicherlichuch, dass wir eine andere Tonlage verwenden, wenn wirm Bereich der Rechtspolitik darüber sprechen.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007 11461
)
)
Bundesministerin Brigitte ZypriesDie Tonlage ist im Bereich der Rechtspolitik generelletwas anders: Wir sprechen sachlich miteinander, nichtnur innerhalb der Regierung, sondern auch – so ist esTradition – mit der Opposition. Traditionell werden dieGesetze im Bereich der Rechtspolitik mit einer großenMehrheit des Hauses verabschiedet. Ich möchte mich andieser Stelle bei allen recht herzlich dafür bedanken,dass diese sachlichen Diskussionen möglich sind, dasses immer sachliche Auseinandersetzungen gibt.Im Bereich der Sicherheit nehmen wir Änderungenvor. Wir haben eine Neufassung der Regelungen zurTelekommunikationsüberwachung vorgelegt, mit de-nen wir – so meine ich zumindest – deutlich gemacht ha-ben, dass man Sicherheit auf rechtsstaatlich hohemNiveau gewähren kann. Wir verbessern nämlich dieRechte der Betroffenen. Wir verbessern die Rechte der-jenigen, die besondere Berufsgruppen aufsuchen. Wirverbessern die Verfahrensregelungen, indem wir eineZuständigkeit für die Anordnung beim Ermittlungsrich-ter am Sitz der Staatsanwaltschaft schaffen. Wir schrei-ben zum Beispiel ausdrücklich einen absoluten Schutzfür den Kontakt zwischen Verteidigern und Beschuldig-ten fest. Damit haben wir einen Weg gefunden, mit demwir die Voraussetzungen für die erforderlichen Ermitt-lungsmaßnahmen rechtsstaatlich schaffen können.Wir setzen mit diesem Gesetz auch die EU-Richtliniezur Vorratsdatenspeicherung um, und zwar in demMindestmaß, wie es die europäische Richtlinie erfordert.Ich meine, dass es bei dem, was jetzt übrig bleibt, nichtangezeigt ist, allzu emotionale und aufgeregte Diskus-sionen zu führen. Denn es geht im Grunde nur darum,dass man Daten, die heute freiwillig für drei Monate ge-speichert werden, künftig sechs Monate speichert, alsoum eine Einschränkung, von der ich meine, dass wir da-mit leben können.Dieses eher unaufgeregte Sachliche sollten wir auchbeibehalten, wenn es um die Frage geht, welche Konse-quenzen aus den gerade verhinderten Anschlägen zuziehen sind. Zunächst einmal auch von meiner Seite derDank an die Ermittlungsbehörden, vor allen Dingenauch für die erfolgreiche Präventionsarbeit.
Denn es ist ein bisschen untergegangen, dass die Fahn-der schon lange vorher die mit Wasserstoffperoxid ge-füllten Fässer ausgetauscht hatten und eine reale Gefah-renlage für die Menschen deshalb schon lange nichtmehr bestand. Das sollte man einmal honorieren und sa-gen: Da hat jemand wirklich mit Weitsicht gehandelt.Genauso unaufgeregt sollten wir die Dinge für dieZukunft prüfen. Das gilt beispielsweise für die Online-durchsuchung, über die wir schon längere Zeit diskutie-ren. Das ist aber auch richtig, wie ich meine; denn eshandelt sich hierbei sowohl technisch als auch rechtlichum ein sehr komplexes Thema und um völliges Neuland.Die Frage, welche Grundrechte davon betroffen seinkönnten, ist verfassungsrechtlich völlig ungeklärt. Des-wegen ist es erforderlich, über dieses Thema unaufge-regt zu diskutieren.gvnwDmusFtDggfMhddMDnwlVaanFgddbssI
enn es macht doch wohl keinen Sinn, dass jeder, deröchte, hochgefährliche Chemikalien kaufen kannnd sich aus dem Internet die Bauanleitung für Spreng-toff herunterlädt, aber gleichzeitig jeder Fluggast amlughafen auf sein Eau de Toilette im Handgepäck un-ersucht wird.
as ist doch völlig widersinnig. Lassen Sie uns deswe-en ganz praktisch an dieser Stelle anfangen und überle-en: Nützt eine Regelung hier etwas?Ich habe darüber mit Sigmar Gabriel gesprochen, derür die Chemikalienverordnung zuständig ist. Unsereitarbeiter haben heute zusammengesessen und werdenoffentlich bald einen Vorschlag machen. Ich sage: Nachem, was ich heute in den Tickern von den Fachleuten iniesem Bereich gelesen habe, gab es nur zustimmendeeinungen.
eswegen hoffe ich, dass wir hier etwas erreichen kön-en. Wenn sich herausstellen sollte, dass das aus irgend-elchen Gründen nicht funktioniert, dann muss man esassen. Aber es muss zumindest möglich sein, solcheorschläge einmal unaufgeregt zu prüfen.
Ich würde zwar gerne noch viele Dinge im Hinblickuf das Ministerium ansprechen, habe meine Redezeitber schon zwei Minuten überzogen. Wenn ich jetzticht aufhöre, wird Herr Stünker böse.
Ich erteile das Wort Kollegin Mechthild Dyckmans,
DP-Fraktion.
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-en! Der Rechtsausschuss hat in den vergangenen bei-en Jahren einiges an Arbeit geleistet. Ich möchte daherie heutige Rede auch zum Anlass nehmen, den Mitar-eiterinnen und Mitarbeitern des Ausschusssekretariatsehr herzlich für ihre Arbeit zu danken.
Die FDP-Bundestagsfraktion hat sich im Rechtsaus-chuss stets konstruktiv beteiligt. Einige Initiativen aushrem Haus, Frau Ministerin, konnten im Laufe des
Metadaten/Kopzeile:
11462 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007
)
)
Mechthild DyckmansGesetzgebungsverfahrens wesentlich verbessert wer-den, sodass die FDP-Fraktion am Ende zustimmenkonnte. Ich nenne hier nur das Gesetz zur Änderung desWohnungseigentumsgesetzes, das Gesetz zur Bekämp-fung der Computerkriminalität sowie das Gesetz zur Re-gelung des Urheberrechts in der Informationsgesell-schaft.Es gab aber auch eine Reihe von Initiativen, die großeKritik herausgefordert haben. Ein besonders gutes Bei-spiel für eine handwerklich misslungene Gesetzgebungs-arbeit war das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz.
Die FDP bleibt dabei: Dieses Gesetz ist handwerklichmangelhaft, in sich widersprüchlich und mit vielfältigenbürokratischen und finanziellen Belastungen für die Un-ternehmen verbunden.
Bereits Ende letzten Jahres hat die FDP eine Große An-frage zum AGG vorgelegt. Wir haben gerade in den letz-ten Tagen die Antwort der Bundesregierung darauf be-kommen. Lassen Sie mich nur eine Antwort zitieren,nämlich die auf die Frage nach den finanziellen Auswir-kungen des Gesetzes für die Wirtschaft. Ich zitiere:… zeitaufwändige Erhebungen mussten unter-bleiben, weil das Gesetzgebungsverfahren zurVermeidung erheblicher Strafzahlungen an die Eu-ropäische Union wegen verspäteter Richtlinienum-setzung spätestens bis August 2006 abzuschließenwar.Ich halte dies für einen beispiellosen Vorgang. Dieserverantwortungslose Umgang mit den legitimen Interes-sen der Wirtschaft ist ein Skandal.
Auch an anderer Stelle hat die Bundesregierung unse-rer Meinung nach in der Rechtspolitik versagt. Insbeson-dere beim Zollfahndungsdienstleistungsgesetz werdenwichtige Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts igno-riert. Im Vorwort zum Entwurf des Bundeshaus-haltes 2008 zum Einzelplan 07 heißt es:Das Bundesministerium der Justiz ist außerdem„Verfassungsressort“. Gemeinsam mit dem Bundes-ministerium des Innern hat es zu gewährleisten,dass gesetzliche Regelungen mit dem Grundgesetzvereinbar sind.Frau Ministerin, ich fordere Sie auf: Nehmen Sie IhreFunktion als Verfassungsministerin wieder ernst!Die Reform der Telekommunikationsüberwa-chung, über die wir in den kommenden Monaten inten-siv beraten werden, wird ein erneuter Test für die Bun-desregierung sein, der zeigen wird, inwieweit sie bereitist, die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts und diePrinzipien des Grundgesetzes zu berücksichtigen. Wirglauben, dass da noch einige Änderungen notwendigsind.shddeDrsbfIMsgmnmmswcPnsikEngjchIpUrbDgRrF
Ich möchte noch einen Punkt ansprechen, den Sie er-ähnt haben, nämlich die heimlichen Onlinedurchsu-hungen. Auf die zahlreichen verfassungsrechtlichenrobleme in diesem Zusammenhang möchte ich jetzt garicht eingehen. Ich möchte den Bezug zur Internet-icherheit ansprechen. Frau Ministerin, Sie haben sichmmer, auch in Ihren früheren Funktionen, für eine Stär-ung und den Ausbau von E-Government eingesetzt.-Government ist eine gute Möglichkeit, die Bürgerin-en und Bürger stärker an den staatlichen Entscheidun-en partizipieren zu lassen. Voraussetzung dafür istedoch ein sicheres Internet. Wenn Sie Onlinedurchsu-hungen zulassen, müssen die Schutzprogramme Sicher-eitslücken lassen.Die FDP-Fraktion fordert Sie auf, alles zu tun, um dienternetsicherheit zu verbessern. Tun Sie alles, um Com-uterkriminalität zu bekämpfen. Dabei haben Sie unserenterstützung.
Mit Freude habe ich gelesen, dass Sie, Frau Ministe-in, unseren Vorschlag aufgreifen, die Musterwiderrufs-elehrung für Internetgeschäfte gerichtsfest zu machen.as bestätigt mich in der Hoffnung, dass die Bundesre-ierung wieder zu einer vernunft- und sachorientiertenechtspolitik zurückkehrt. In den kommenden zwei Jah-en können Sie das unter Beweis stellen.Vielen Dank.
Das Wort hat nun Kollege Jürgen Gehb, CDU/CSU-raktion.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007 11463
)
)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dendiesjährigen Haushaltsberatungen läuten wir nicht nurdie zweite Jahreshälfte ein, sondern auch die zweiteHalbzeit der Legislaturperiode. In der ersten Hälfte ha-ben wir jedenfalls auf dem Gebiet der Rechtspolitikgroße Vorhaben angepackt und zu Ende geführt. Daswerden wir auch in der zweiten Hälfte mit Kraft undWillen tun.
Liebe Mechthild Dyckmans, bevor du gleich Kritikanmeldest: Es handelt sich übrigens um das Zollfahn-dungsdienstgesetz und das Rechtsdienstleistungsgesetz.Du hattest dich ein bisschen verlesen und warst wohlschon beim nächsten Absatz. Das nur einmal zur Rich-tigstellung, damit klar ist, worüber wir hier reden.Ich will daran erinnern, dass wir vor der Sommer-pause Änderungen des Urheberrechts und des Versiche-rungsvertragsrechts verabschiedet haben. Das sind wahr-lich keine Petitessen, sondern große Kaliber in derRechtspolitik. Auch damit werden wir fortfahren.Ich sage: Wir stehen nicht nur im Wettbewerb bei derErbringung von Dienstleistungen und Erzeugung vonWaren, sondern wir stehen auch im Wettbewerb mit denRechtsordnungen anderer Länder. Es ist eine große He-rausforderung für den nationalen Gesetzgeber und insbe-sondere für uns Rechtspolitiker, im Konzert der Rechts-ordnungen mithalten zu können. Es wird internationaler,zumindest europäischer. Wir waren vor einem Jahr inFrankfurt bei einer Veranstaltung der IHK mit demschmissigen Titel European and German Law goesHollywood. Dieser Titel hatte schon seinen Sinn. Wirmerken zum Beispiel, wie wir durch europäische Vorga-ben immer mehr präjudiziert werden.Ich will die Antidiskriminierungsrichtlinien undunser AGG ansprechen. Ich habe immer gesagt – dazustehe ich auch –: Diese Antidiskriminierungsrichtlinienaus Europa kommen mir vor wie ein stinkender Hand-käse.
Man kann ihn entweder elegant in einen Parfümflakonstecken oder in Zeitungspapier einwickeln. Das olfakto-rische Grundunbehagen bleibt auf jeden Fall gleich.
So haben wir auch andere europäische Vorgaben. Ichnenne einmal die FFH- und die Vogelschutzrichtlinie,die uns in Deutschland an den Rande der Wettbewerbs-fähigkeit bringen. Wenn ich mir überlege, dass ich inKassel an der A 44 im 20. Jahr nach der Wiedervereini-gung immer noch darum kämpfen muss, drei KilometerStraße zu bauen, dann muss ich Ihnen eines sagen: Wirlösen uns immer mehr von unserem anthropozentrischenGrundverständnis, dass der Mensch im Mittelpunktsteht, wenn die Lastwagen bei uns auf der B 7 entlang-fahren und mit ihren Rückspiegeln die Hecken touchie-ren, sodass die Tassen daheim im Schrank umfallen, nurdamit der Kammmolch und irgendein Hirschkäfer unbe-snDddLwbhFsmBgmdlsemeddvssSkrgrmdhdtssadrdhdkKddema
Metadaten/Kopzeile:
11464 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007
)
)
Dafür muss es erstens verfassungsfest sein, und zweitensmüssen auch all diejenigen zufrieden sein, die ein biss-chen Sorge haben, dass die Ehefrauen dabei schlechterwegkommen.Dieses Vorhaben ist schwierig; das gebe ich gerne zu.Auch innerhalb meiner Fraktion gibt es hierzu unter-schiedliche Auffassungen. So ist das nun einmal: Die ei-nen haben eine hohe Streitkultur, und die anderen strei-ten sich nicht. Ich finde, dass man im Diskurs die bestenLösungen findet. Wir werden sie finden.
Meine Damen und Herren, ich will einen Schwenkmachen. Heute ist kein ganz gewöhnlicher Tag, sondernder Jahrestag von 9/11. Vor sechs Jahren sind nicht nurdie Twin-Towers angegriffen worden – das haben Siealle noch in Erinnerung –, sondern man konnte endgültigdie Hoffnung aufgeben, dass mit dem Ende des KaltenKrieges, in dem sich Kombattanten gegenüberstanden,ein Zustand des Friedens auf der Welt erreicht wordenist. Das ist nicht der Fall.An dieser Stelle sage ich Ihnen, Frau Ministerin, imNamen meiner Fraktion, zumindest aber im Namen derArbeitsgruppe Recht, großen Dank: sowohl dafür, dassSie uns während der deutschen EU-Ratspräsidentschaftgut vertreten haben, als auch dafür, dass die Zusammen-arbeit mit Ihnen und Ihrem Hause hervorragend funktio-niert und menschlich in einer Superatmosphäre verläuft.Frau Dyckmans, zu Ihrem Dank an die Mitarbeitermöchte ich sagen: Diese machen das nicht unentgeltlich,denn sie sind nicht ehrenamtlich tätig.
Trotzdem kann man ihnen natürlich danken; dafür ist dieZeit immer günstig. Das tue auch ich.Einen kleinen Wermutstropfen muss ich Ihnen trotz-dem mit auf den Weg geben. Es gibt in der Rechtspolitikeigentlich nur einen großen Streitpunkt, nämlich daskleine Scharnier Rechtspolitik/Innenpolitik.
Zum Thema Onlinedurchsuchung ist in der Debattezum vorherigen Einzelplan in den letzten 75 Minuten ei-gentlich alles Wichtige gesagt worden. Es gibt aber nochein anderes Feld: die Strafbewehrung des Besuchs dersogenannten Terrorausbildungslager. Wir haben in un-serer Koalitionsvereinbarung festgehalten, dass wir unsmit diesem Thema beschäftigen wollen. Mittlerweilesind knapp zwei Jahre vergangen. Ich selbst habe vorwesHsGdIBemtnzBlgcdnduWatdt3Slwnhemd
An dieser Stelle möchte ich den Besserwissereribert Prantl erwähnen. In der Süddeutschen Zeitungchreibt er – das hat mich heute geärgert –, ein Blick insesetz erleichtere die Rechtsfindung und übrigens auchie Gesetzgebung.
ch kann Heribert Prantl nur mit auf den Weg geben: Einlick in einen Strafrechtskommentar und die Lektüre derinschlägigen Entscheidungen würden verhindern, dassan auf so überhebliche Art und Weise falsche Informa-ionen an die Bevölkerung weitergibt.
Wenn er im Jahre 1959 – damals könnte er gerade sei-en großen Schein im Strafrecht gemacht haben – imwölften Band der Sammlung der Entscheidungen desundesgerichtshofes gelesen hätte, wäre ihm aufgefal-en, dass es für die Verabredung zu einer Straftat einerewissen Konkretisierung bedarf. Es würde nicht ausrei-hen, wenn wir beide, Herr Danckert, vereinbaren wür-en, gemeinsam eine Bank zu knacken. Wir müssten ge-au sagen, dass wir uns am Donnerstag um 17 Uhr vorer Berliner Sparkasse treffen,
nd müssten verabreden, wer das Brecheisen mitbringt.enn diese Konkretisierung fehlt, handelt es sich um einbstraktes Gefährdungsdelikt, das nach der gegenwär-igen Rechtslage nicht bestraft werden kann. So vielazu, wenn Besserwisser meinen, sie müssten den Leu-en einen einschenken.Ich sehe mit Schrecken, dass ich nur noch5 Sekunden Redezeit habe. Frau Präsidentin, könnenie nicht meine Redezeit verlängern? – Also nicht.
Noch ganz kurz: Wir Rechtspolitiker sollten uns über-egen, ob wir nur an der Vielzahl der Gesetzentwürfe, dieir verabschieden, gemessen werden wollen, oder ob esicht manchmal besser ist, etwas nicht zu regeln. Ichabe das schon in meiner letzten Rede zum Haushalt vorinem Jahr gesagt, damals in Bezug auf die, wie icheine, hypertrophe Neigung, immer mehr Staatsziele inas Grundgesetz aufnehmen zu wollen.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007 11465
)
)
Dr. Jürgen GehbNoch eine Bemerkung zum Nichtraucherschutz. Ichmöchte die Diskussion über die Raucher nicht schonwieder führen. Aber eines möchte ich sagen: Sofern die-ses Gesetz dem Schutz der Nichtraucher dient, findet esmeine volle Unterstützung. Wenn damit aber, zumindestals Konnotation, auch beabsichtigt ist, den Raucher zuseinem Glück zu zwingen – wenn es also eine Art Be-glückungsgesetz sein soll –,
dann fehlt nicht mehr viel, bis wir irgendwann auch nochregeln, was die Menschen essen sollten.Neulich hat jemand verlangt – ich habe erst gedacht,das sei Spaß –, dass es in Diskotheken leiser sein müsse.Es gibt einen alten römischen Rechtsgrundsatz: „volentinon fit iniuria“, dem Freiwilligen geschieht keinUnrecht. Wer also in eine laute Diskothek geht, der mussdamit rechnen, dass es laut ist. Wer selber raucht, wirdvielleicht irgendwann krank sein. Wir müssen dem Rau-chen den Kampf ansagen, aber nicht als Gesetzgeber,sondern mit Aufklärungsbroschüren. Deswegen ist auchin der Rechtspolitik weniger manchmal mehr. Wie hat esschon Montesquieu gesagt?Wenn es nicht nötig ist, ein Gesetz zu erlassen,dann ist es nötig, keines zu erlassen.Herzlichen Dank, meine Damen und Herren, und ei-nen schönen Abend.
Das Wort hat nun der Kollege Wolfgang Nešković für
die Fraktion Die Linke.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrtenDamen und Herren! Am 30. März des vergangenen Jah-res nannte ich Frau Justizministerin Zypries die Chefindes Rechtsstaatsministeriums. Ich wollte damit zumAusdruck bringen, dass die Wahrung rechtsstaatlicherErrungenschaften und die Abwehr von Angriffen aufdiese Errungenschaften auch im Zuständigkeitsbereichdes Justizministeriums liegen. Nachdem die Justizminis-terin dieser Aufgabe zunächst, wie ich meine, zaghaftund verhalten nachging, ist sie insbesondere währendder Sommerpause dann doch noch in Fahrt gekommen.Man gewinnt den Eindruck, Herr Schäuble und FrauZypries proben in diesen Tagen die kabinettsinterne Va-riante eines neuen Jobsharing-Konzepts. Es agierenRechtsstaatsministerin und vermeintlicher Verfassungs-minister als „job sharing good girl and bad boy“, wennes um die Werte unseres Grundgesetzes geht.
Seit über einem halben Jahr reihen der Innenministerund seine Hilfstruppen, rechtsstaatlich gesehen, eine un-geheuerliche Überlegung an die nächste. Als HerrnSchäuble im Sommer wegen der öffentlichen ErwägungvpBenfIdkWwFVVScsRddsdßwsshWs–ndSdLiS–s
s gehe doch nur darum, die rechtlichen Grundlagen füreue Handlungsinstrumente zu diskutieren und zu schaf-en, und er sei ein glühender Anhänger des Rechtsstaats.ch weiß nicht, wofür unser Innenminister glüht; aberer Rechtsstaat ist es gewiss nicht.Verfassungsbruch und rechtsstaatliche Unerträglich-eiten lassen sich nicht in rechtliche Grundlagen fassen.
er das Unerträgliche will, wird selbst untragbar. Dieichtigste Sicherheitsfrage unserer Tage ist doch dierage, wie sicher der Innenminister im Umgang mit dererfassung ist oder – noch zutreffender – wie sicher dieerfassung vor unserem Innenminister ist.
Der Kollege Struck drückte diese Kritik in seinemommerbrief an seine Fraktionskollegen etwas freundli-her aus, als ich es tue. Er schrieb sinngemäß, die Vor-chläge des Innenministers seien Angriffe auf denechtsstaat, dessen Schutz aber die eigentliche Aufgabees Verfassungsministers sei. Man habe den Eindruck,ie Freiheit solle durch einen Überwachungsstaat abge-chafft werden. – Das hat die SPD gesagt. Wir hoffen,ass es sich bei dieser SPD-Kritik nicht nur um ein blo-es Taktieren handelt.
Auch ist es uns nicht entgangen, dass die SPD den ge-ünschten Onlinedurchsuchungen nicht etwa ein ent-chiedenes Nein entgegensetzt, sondern lediglich Skep-is formuliert und auf die Hilfe des Verfassungsgerichtsofft.
ir werden deshalb genau beobachten, ob der Wider-tand der SPD und der Justizministerin anhält, ob sienicht zuletzt angesichts der Ereignisse der vergange-en Woche – standhaft bleiben oder am Ende doch wie-er einknicken. Ich wünsche Ihnen, Frau Ministerin, dietandfestigkeit einer Frau Leutheusser-Schnarrenberger,ie ihren Widerstand gegen den sogenannten großenauschangriff so weit betrieb, dass sie bereit war, dafürhr Amt aufzugeben, was sie schließlich getan hat. Diesetandfestigkeit wünsche ich Ihnen.
Ja, gekommen ist er trotzdem, aber mit deutlichen Ein-chränkungen.
Metadaten/Kopzeile:
11466 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007
)
)
Wolfgang NeškoviæWolfgang NeškovićVon Frau Zypries konnte man in der Onlineausgabeder Frankfurter Rundschau vom 28. Juli die folgendewichtige Feststellung lesen:Nicht die Verteidigung der Bürgerrechte bedarf derRechtfertigung, sondern deren Einschränkung.Frau Zypries, dem schließen wir uns ausdrücklich an.
Denn es ist dieser kleine Satz, der die aktuelle Debatte inunserem Land vom Kopf zurück auf die Füße stellt. DerRechtfertigungsbedarf liegt nicht bei den Kritikern unse-res Innenministers, sondern bei ihm und seinen Anhän-gern. Es gilt: Nicht die Befürworter lang gewachsenerrechtsstaatlicher Grundsätze sind in Erklärungsnot, son-dern diejenigen, die diese Grundsätze aufweichen undbeseitigen wollen.Soweit diese Begründungen liefern, ist ihnen gemein-sam, dass immer nur der Zweck der angestrebten Maß-nahme ins Auge gefasst wird. Sie gründen sich allesamtauf die kreuzgefährliche Behauptung, im Grunde ge-nommen könne man kaum zu viel tun, wenn es um denSchutz unseres Staatswesens geht. Jedem dieser Vor-schläge liegt die Behauptung zugrunde, es gebe eineneue, nie dagewesene Bedrohung für unser Gemeinwe-sen, auf die man folglich mit neuen, nie dagewesenenMitteln zu reagieren habe.Zur Frage der verbindlichen Grenze für solches Vor-gehen erklärte der Bundesinnenminister im Spiegel-In-terview vom 9. Juli, eine rote Linie gebe es: die Verfas-sung – und die könne man ändern. Zum Glück irrt HerrSchäuble, was seine Möglichkeiten und was die Mög-lichkeiten dieses Parlaments angeht.
Frau Ministerin Zypries, ich darf Sie bitten, HerrnSchäuble einmal die Bedeutung des Art. 79 Abs. 3 desGrundgesetzes zu erläutern. Dann müsste ihm aufgehen,dass der dort gegen Veränderung geschützte Art. 1 eineverbindliche Demarkationslinie für seine Angriffe aufdie Verfassung darstellt.
Der nicht veränderbare Art. 1 ist es, der verhindert, dassjemals zivile Luftfahrzeuge vom Himmel abgeschossenwerden können. Der nicht veränderbare Art. 1 ist es, derden Kernbereich der privaten Lebensgestaltung verläss-lich gegen jedwede Überwachungsmaßnahme schützt.Technische Schwierigkeiten bei Überwachungsmaßnah-men rechtfertigen es nicht, diesen Schutz außer Acht zulassen.Insofern ist die eben zitierte These der Justizministe-rin dringend ergänzungsbedürftig. Denn wesentlich istnicht nur die Frage, wer sich zu rechtfertigen hat, son-dern auch, welchen Inhalt diese Rechtfertigung aufweist.Das gilt im Übrigen auch für den Teil der Verfassung,der tatsächlich geändert werden kann. Denn bei derRechtfertigung freiheitsbeschränkender Maßnahmen ge-nlhwdggzlgSMHnSsuhSsgdkHVfAsszUsd
Es ist daher Ihre Aufgabe, Frau Zypries, Herrnchäuble dabei zu helfen, diese Trübung seiner verfas-ungsrechtlichen Sichtweise zu beheben,
nd dabei gleichzeitig deutlich zu machen, welche in-altliche Position die SPD hierbei konkret einnimmt.Abschließend ist festzustellen: Die von Herrnchäuble erklärte Strategie, einer Bedrohung des Rechts-taats mit dem Abbau rechtsstaatlicher Prinzipien zu be-egnen, ist widersinnig. Der Rechtsstaat wird nicht da-urch geschützt, dass man ihn abschafft. Ebenso gutönnte einer sein eigenes Haus abbrennen, um seineabe vor Einbrechern zu schützen.
or Diebstahl wäre der ehemalige Hausherr nunmehr ef-izient geschützt.
llerdings entzieht er seine Habe nicht nur dem Dieb,ondern auch sich selbst. Er verliert, was er doch be-chützen wollte, und erweist sich als schlechter Beschüt-er.
Frau Zypries, ich darf Sie bitten: Stellen Sie diesemnsinn Ihre Vernunft entgegen und bleiben Sie dabeitandhaft!Ich danke Ihnen.
Nächster Redner ist nun der Kollege Jerzy Montag fürie Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007 11467
)
)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! DerHaushalt des Bundesjustizministeriums ist in der Tat einHaushalt, um den Sie jedes Ministerium beneiden kann,Frau Zypries. Sie haben erneut einen Deckungsgrad vonetwa 70 Prozent bei einer Ausgabensteigerung von2 Prozent und einer Einnahmensteigerung von 3 Pro-zent. Über die Zahlen Ihres Hauses lässt sich auch von-seiten der Opposition nicht meckern. Das will ich auchnicht tun.Ich will nur darauf hinweisen, dass wir uns in denHaushaltsberatungen intensiv mit der erheblichen Erhö-hung der Zahl der Stellen im Bundesamt für Justiz aus-einandersetzen werden müssen. Sie haben dazu Stellunggenommen und darauf hingewiesen, dass diese Erhö-hung mit neuen Aufgaben korrespondiert. Ich habe aberin Erinnerung, dass wir vor einem Jahr darüber gespro-chen haben, dass das Bundesamt für Justiz durch Über-tragung von Stellen aus anderen Bundesbehörden, auchaus Ihrem Haus, langfristig stellenneutral gehalten wer-den kann. Dies ist so nicht eingetroffen, und wir werdenuns intensiv über die Gründe unterhalten müssen.Trotzdem muss man im Zusammenhang mit der Justizund dem Rechtsstaat auch immer über Geld reden. DerRechtsstaat kostet die Bürgerinnen und Bürger wahrlichnicht viel Geld, aber er ist nicht billig zu haben. Als ichvor einem Jahr davon gesprochen habe, dass für die Aus-stattung der Gerichte die Länder zuständig sind, dassaber – wenn man den Rechtsstaat nicht nur proklamiert,sondern auch faktisch durchsetzen und stärken will – dieBundesjustizministerin in der Aufgabe steht, auf dieLänderebene einzuwirken, damit dort endlich mehrGeld, mehr Personal und eine bessere Ausstattung fürdie Justiz bereitgestellt werden, hat der Kollege Stünkergerufen – den Zwischenruf kann man im Protokoll nach-lesen –: „Doch! Doch!“Tatsächlich ist aber nichts geschehen. Das größteAmtsgerichts der Bundesrepublik Deutschland – dasAmtsgericht München, meiner Heimatstadt – hätte voreinigen Monaten eigentlich Konkurs anmelden müssen.Die Situation, dass die Justiz mit den zur Verfügung ge-stellten Mitteln keine qualitativ angemessene rechts-staatliche Arbeit leisten kann, ist auch in der Fläche hochdramatisch. Deswegen glaube ich, dass wir auch an die-ser Stelle noch einmal darauf aufmerksam machen müs-sen, dass die Landesfinanzminister endlich die notwen-digen Mittel zur Verfügung stellen müssen, um denRechtsstaat auch auf Landesebene mit Leben zu erfüllen.
Bundesjustizministerin Zypries hat den Koalitions-vertrag seinerzeit mit den Worten kommentiert, Rechts-staatlichkeit und Grundrechtsschutz seien der strikteMaßstab, an dem sich die Große Koalition messen lassenmüsse.
MbSsbeaUdgmDiPsssTdhFSIl–mFdhSsemedVebdrgGBcs
Metadaten/Kopzeile:
11468 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007
)
)
Herr Kollege Montag, bedeutete das nicht, dass man
in konsequenter Fortführung Ihrer Auffassung § 31
BtMG, mit dem wir gute Erfahrungen gemacht haben,
ersatzlos streichen müsste?
Herr Kollege Kauder, ich weiß nicht, wen Sie mit
„wir“ meinen, wenn Sie von guten Erfahrungen mit
§ 31 BtMG sprechen. Die Erfahrungen, die ich, der ich
genauso ein Praktiker des Strafrechts bin wie Sie, kenne,
gehen in die völlig entgegengesetzte Richtung. Wir brau-
chen weder eine Kronzeugenregelung bei der Bekämp-
fung der Geldwäsche noch eine Kronzeugenregelung
beim Antiterrorkampf noch eine Kronzeugenregelung
beim Betäubungsmittelrecht.
Dem Rechtsstaat Bundesrepublik Deutschland wäre
gedient, wenn wir die gesamte Kronzeugenregelung aus-
laufen ließen und sie aus dem Strafgesetzbuch streichen
würden. Diese Forderung erhebe ich für die Grünen an
dieser Stelle ausdrücklich. Wir würden dadurch bei der
Rechtssicherheit nichts einbüßen. Denjenigen Täterin-
nen und Tätern, die aus Reue über ihre Tat oder aus wel-
chen Gründen auch immer einen Beitrag zur Aufklärung
von anderen Straftaten leisten, kann man schon jetzt
nach geltendem Recht bei der Strafzumessung entgegen-
kommen. Dafür brauchen wir die rechtsstaatlich höchst
problematische und höchst kontrovers diskutierte Kron-
zeugenregelung nicht.
Angesichts der fortgeschrittenen Zeit will ich von den
vielen Punkten, zu denen ich etwas sagen wollte, nur
noch einen Punkt herausgreifen. Frau Zypries, es wird
darüber diskutiert, ob § 129 a StGB durch weitere Rege-
lungen angereichert werden soll. Vonseiten der Konser-
vativen kommt der törichte Vorschlag, Einzeltäter als
terroristische Vereinigungen zu behandeln. Was das au-
ßer Meinungs- oder Gesinnungsterror oder Hate-Crime
nach amerikanischem Muster bringen soll, weiß ich
nicht. Aber es wird auch diskutiert – da haben Sie eben
nicht klar Nein gesagt, sondern lediglich die Prüfung in
Ihrem Hause zugesagt –, den sogenannten Besuch von
Terrorcamps unter Strafe zu stellen. Herr Gehb, Sie
sind darauf auf Ihre Art und Weise eingegangen. Ich will
Ihnen sagen: Der belgische Kesselschmied Duchesne ist
im 19. Jahrhundert nicht nach Afghanistan gefahren – da
gab es keine Terrorcamps –, sondern nach Paris zum ka-
tholischen Bischof und wollte Geld haben, um Bismarck
zu töten. Er hat das Geld nicht bekommen. Aber dieser
Vorfall war der Grund dafür, dass 1876 der § 30 – Ver-
such der Beteiligung – ins deutsche Strafgesetzbuch ein-
g
D
i
c
u
d
R
d
n
S
w
V
Z
I
a
m
n
D
s
S
E
d
d
s
t
d
p
b
r
w
n
e
a
t
S
d
g
eswegen wünsche ich mir und Ihnen, dass Sie von die-
em Koalitionspartner bald befreit werden können.
Danke.
Nun hat das Wort der Kollege Joachim Stünker für die
PD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!s tut mir leid, seit einer guten halben Stunde habe ichas Gefühl, dass in diesem Hohen Hause eine Phantom-iskussion geführt und zum Einzelplan 7 nicht mehr ge-prochen wird.
Ich darf den Damen und Herren von den drei Opposi-ionsparteien eines versichern: Die Sozialdemokraten iniesem Hause sind jetzt im zehnten Jahr für die Rechts-olitik in diesem Land verantwortlich, und wir führenzw. führten mit zwei Ministerinnen das Bundesministe-ium der Justiz. Wir brauchen uns von niemandem vor-erfen zu lassen, dass wir in diesen neun Jahren bei ei-er einzigen Sachfrage, die zu entscheiden war, auch nurin einziges Mal die Rechtsstaatlichkeit in diesem Landufs Spiel gesetzt hätten, auch nicht in schwierigen Zei-en.
echs Jahre ist es seit 9/11 her. Auch damals sind wir iner Lage gewesen, in der Rechts- und in der Innenpolitikenau die Waage zu halten, die zwischen Sicherheit und
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007 11469
)
)
Joachim StünkerFreiheit zu halten ist. Wir haben die Sicherheit nichtüber die Freiheit gesetzt, was Sie uns in Ihren Reden je-des Mal vorzuwerfen versuchen.Beenden Sie die hypothetischen Debatten, die hier ge-führt werden, und lassen Sie uns doch in der Mitte derLegislaturperiode ganz nüchtern anschauen, was wir inder Rechtspolitik in diesen zwei Jahren geleistet haben!Lassen Sie uns anschauen, wie es mit den Freiheitsrech-ten des Einzelnen aussieht. Ich sage Ihnen: Diese Koali-tion hat mit ihrer Rechtspolitik immer einen Ausgleichzwischen dem Bedürfnis der Menschen nach Sicherheitund ihrem Recht auf Freiheit geschaffen. Ich füge hinzu:Auch in Zukunft werden wir den rechtlichen Rahmengarantieren, um Kriminalität in allen Erscheinungsfor-men wirksam zu bekämpfen. Gleichzeitig muss aber derCharakter unserer Rechtsordnung als Fundament unsererfreiheitlichen Demokratie gewahrt bleiben. Dazu gehö-ren für uns unabdingbar die Freiheitsrechte des Einzel-nen, und die werden wir in dieser Koalition weiter wah-ren. Da bin ich absolut sicher.
Lassen Sie mich einige Beispiele dafür nennen, waswir in den zwei Jahren dieser Koalition geleistet haben,damit Sie, Herr Nešković, und Sie, Herr Montag, die Siesich so ereifert haben, wieder auf den Boden der Tat-sachen kommen. Wir haben mit der Novellierung desZollfahndungsdienstgesetzes den Kernbereich der priva-ten Lebensgestaltung bei der Überwachung von Post undTelekommunikation wirksam geschützt. Darin warenwir uns alle gemeinsam weitgehend in diesem Hauseeinig.Wir haben mit dem Gesetz über die Regelung derVermögensabschöpfung bei Straftaten vor allem einenachhaltige Stärkung des Opferschutzes in die Strafpro-zessordnung implementiert. Wir haben im Wege desStraftatbestandes des sogenannten Stalking erstmals diefortgesetzte Verfolgung oder Belästigung einer anderenPerson und damit auch den Opferschutz wirksam in dasStrafgesetzbuch implementiert. Das bedeutet mehr Frei-heit für viele belästigte Opfer.
Auch die Novellierung der Führungsaufsicht bewirktverbesserten Schutz vieler Menschen vor allen Dingenvor rückfälligen Sexualstraftätern. Das Gleiche gilt fürdie Reform des Rechts der Unterbringung in psychiatri-schen Krankenhäusern und Entziehungsanstalten. Dasalles sind Reformen, die wir in den vergangenen zweiJahren in diesem Hause umgesetzt haben. Auch wenn eseinigen wehtun wird, das zu hören, bewirken wir mitdem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz den Schutzvieler Menschen vor Diskriminierungen jeder Art in un-serer Gesellschaft.
Eine entsprechende Gleichbehandlungsstelle steht zurInformation und Unterstützung der Betroffenen bereit.
znQAvahdHsSdgndMdSzmEsßisidighrrzgSlssfüFVKsww
Wir haben mit dem Gesetz zum Pfändungsschutz derltersvorsorge und zur Anpassung des Rechts der Insol-enzanfechtung vor allem die Altersvorsorge wirksamerbgesichert, als es bisher der Fall gewesen ist.Mit dem zweiten Korb zur Reform des Urheberrechtsaben wir das Recht des geistigen Eigentums erneut anie Bedingungen des digitalen Zeitalters angepasst.ierdurch werden insbesondere die berechtigten An-prüche der Urheber im Medienzeitalter verbessert.chlussendlich – es ist schon darauf hingewiesen wor-en – haben wir mit dem neuen Versicherungsvertrags-esetz das 100 Jahre alte Versicherungsvertragsrechtachhaltig und insbesondere verbraucherfreundlich inas 21. Jahrhundert befördert. Es hat den Schutz vonillionen von Verbraucherinnen und Verbrauchern vorem übermächtigen Vertragspartner auf der andereneite gestärkt.Das sind praktische Beispiele für Rechtspolitik inwei Jahren Großer Koalition. Ich glaube, Sie alle gebenir darin recht, dass wir den Rechtsstaat dabei in jedeminzelfall gewahrt und die Rechte des Einzelnen in die-er Gesellschaft gestärkt haben.
Das ist eine überzeugende Halbzeitbilanz der Gro-en Koalition. Ich bedanke mich bei der Ministerin undhren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die gute Zu-ammenarbeit mit dem Bundesministerium der Justiz. Esst eine Bilanz, die anschaulich zeigt und beweist, dasser individuelle Rechtsschutz des einzelnen Mitbürgersm Mittelpunkt unserer Politik stand und nicht das Ge-enteil. Auch weiterhin werden wir dafür einstehen.Diese Bilanz zeigt, dass die von der Opposition aucheute wieder wortgewaltig vorgetragenen Kassandrarufeeiner Populismus und Stimmungsmache sind. Mit derechtspolitischen Wirklichkeit haben sie hingegen wenigu tun. Dieser Linie werden wir auch in den vor uns lie-enden zwei Jahren treu bleiben. Da können Sie, diekeptiker, ganz sicher sein. Wir werden in den vor unsiegenden Entscheidungen, die teilweise sicherlichchwierig sind, rechtsstaatliche Grundsätze nicht infragetellen.Lassen Sie mich beispielhaft nennen, was wir feder-ührend zu erledigen haben: die Reform der Telefon-berwachung und die Vorratsdatenspeicherung, dieGG-Reform und die Reform des familiengerichtlichenerfahrens sowie die Kronzeugenregelung, die wir, Herrollege Montag, mit Sicherheit rechtsstaatskonform ge-talten werden, übrigens auf der Grundlage eines Ent-urfs, der vor einigen Jahren unter Rot-Grün erarbeitetorden ist.
Metadaten/Kopzeile:
11470 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007
)
)
Joachim Stünker
– Das ist doch gar nicht wahr, Herr Montag. Dazu kom-men wir später noch. Das ist damals nur am KollegenStröbele gescheitert, der noch mehr wollte, sodass wirnicht mehr mitmachen konnten. Das andere war schonalles in trockenen Tüchern mit ihm.Das Vaterschaftsfeststellungsverfahren werden wirregeln, ebenso die nachträgliche Sicherungsverwahrungfür Jugendliche, die Verständigung im Strafverfahren,die Reform des Kontopfändungsschutzes und die Ent-schuldung mittelloser Personen durch Änderung desVerbraucherinsolvenzverfahrens. Wir werden eine wirt-schafts- und verbraucherfreundliche GmbH-Reform ma-chen und die Beratungen zum Entwurf eines Rechtsbera-tungsgesetzes in den nächsten Tagen abschließen.Das ist eine riesige Menge an Reformen, die wir zurHälfte schon hinter uns, zur Hälfte aber auch noch voruns haben. Wir haben also viel Arbeit und ein anspruchs-volles Programm für die nächsten zwei Jahre vor uns.Ich bin sicher: Am Ende dieser Legislaturperiode wer-den wir die Freiheits- und Bürgerrechte der Menschen inunserem Land weiter gestärkt, ausgebaut und nicht ein-geschränkt haben.
Gleichzeitig werden wir das Notwendige für die innereSicherheit tun. Bei diesem leidigen Thema, das hier seitbald zwei Stunden eine Rolle spielt, werden wir – dasgarantiere ich Ihnen – zu rechtsstaatskonformen Lösun-gen kommen.Meine Überzeugung ist – nachdem einige hier ihreRedezeit überschritten haben, möchte ich von meinerRedezeit etwas abgeben –, dass es keine individuelleFreiheit ohne Sicherheit vor äußerer fremder Gewaltgibt.
Es gibt keine Freiheit ohne wirksamen staatlichenSchutz vor Straftaten. Dabei müssen wir immer die Ba-lance wahren, also auch die individuellen Freiheitsrechteim Blick behalten. Das werden wir mit Augenmaß tun.Von diesem Weg werden wir auch im zehnten Jahr, indem Sozialdemokraten die Rechtspolitik in diesem Landbestimmen, nicht abweichen.Schönen Dank.
Nun hat das Wort der Kollege Otto Fricke für die
FDP-Fraktion.
l
p
S
r
l
h
g
S
s
W
d
–
a
R
w
a
h
d
d
s
F
g
R
v
ü
a
a
h
m
s
z
w
l
b
h
H
d
A
p
L
b
i
w
a
I
Ich bestreite nicht, dass das zu unserer Regierungszeituch einmal so war; aber Sie sind seit zehn Jahren an deregierung, Herr Stünker. Sie hätten all die verfassungs-idrigen Gesetze ändern können. Sie hatten dazu Zeit,ls Sie mit den Grünen eine Koalition bildeten, und Sieaben jetzt, da Sie mit der CDU/CSU eine Koalition bil-en, dazu Zeit. Insofern würde ich bei der Beantwortunger Frage, wer hier der Hüter und Schützer ist, ganz vor-ichtig sein. Es gibt an dieser Stelle keinen, der nichtehler macht. – Sich selber herauszustellen und zu sa-en: „Wir sind diejenigen …“, halte ich angesichts derechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in denergangenen zehn Jahren für vollkommen unangebracht.
Frau Ministerin, wenn man als Oppositionspolitikerber den Haushalt redet, dann liegt es erst einmal nahe,uf Angriff zu setzen. Aber angesichts dessen, was Sien der Rechtsstaatsfront im Moment auszuhaltenaben – meistens von der linken Seite dieses Hauses –,öchte ich Ihnen ein wenig Schonung gewähren. Es istchade, dass der Kollege Schäuble nicht da ist. Sie habenugehört, als der Haushalt seines Ministeriums beratenurde. Er kann nun leider nicht anwesend sein.Für den Haushalt des Justizministeriums gilt natür-ich, dass er die Rechtspolitik selber nicht allzu sehr ab-ildet. Was Kosten angeht, findet diese Abbildung – Sieaben es gesagt – an vielen Stellen in den Ländern statt.err Montag, ich will ausdrücklich sagen: Ich hoffe,ass mit Ihren berechtigten Forderungen bezüglich derusstattung der Justiz in den Ländern nicht dasselbeassiert, was mit dem passiert ist, was Frau von dereyen durchzusetzen versucht hat: Der Bund soll einigesezahlen, was außerhalb seiner Zuständigkeit liegt. Dasst nicht gut; denn wann immer der Bund etwas bezahlt,as außerhalb seiner Zuständigkeit liegt, hat er fürndere Dinge kein Geld. Ich denke, das ist nicht Ihrmpetus gewesen.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007 11471
)
)
Otto FrickeDas Deutsche Patent- und Markenamt ist weiterhinder Teil unseres Justizwesens, der einen hohen De-ckungsgrad gewährleistet. Hier ist über Jahre gesagtworden, dass zu Zeiten der schwarz-gelben Regierunggroße Fehler gemacht worden sind, dass eine Bugwelleentstanden sei und dass man sie nun beseitige. Dem istnicht so. Wir stellen fest: Es gibt weiterhin eine hoheBugwelle. Wir stellen fest, Herr Stünker: Entscheidendist nicht, ob das Justizministerium in Händen der SPDoder der FDP ist; vielmehr handelt es sich um ein syste-matisches Problem.Die Unterdeckung von 200 Stellen, mit der wir es hierzu tun haben, bereitet wirkliche Sorgen. Frau Ministerin,Sie haben gefragt, wie man dieses Problem lösen kann.Ich glaube, dass man es nur lösen kann, indem man ganzklar sagt, dass wir mit Einsparungen von Stellen in einerBehörde mit einem hohen Einnahmeanteil – diese Be-hörde „finanziert sich selbst“ – anders umgehen müssen.Ich bin der Meinung: Wenn wir einen klaren betriebs-wirtschaftlichen Plan haben, dann müssen wir diesenBehörden mehr Möglichkeiten geben, ihre Stellen so zubesetzen, wie sie es selbst für angemessen halten.Diesbezüglich müssen Sie mit Herrn Diller einmal einbisschen reden; er ist dazu durchaus bereit. Die Unter-stützung des Haushaltsausschussvorsitzenden an dieserStelle haben Sie.Das Bundesamt für Justiz ist zu Recht angesprochenworden. Wie wir gehört haben, soll es eigentlich beimStatus quo bleiben. Wir müssen ehrlich sein: Wir habeneine neue Aufgabe bekommen, und man muss sich fra-gen, warum die Europäische Union ein weiteres büro-kratisches Verfahren durchführt. Fest steht: Zu diesemVerfahren wird es kommen. Ob die Anzahl der Stellenrichtig ist, das weiß ich noch nicht. 98 Stellen kommenhinzu. Nur ein Teil dieser Stellen ist mit einem Wegfall-vermerk versehen. Ich möchte ausdrücklich kritisieren,dass diese Stellen am Standort Bonn angesiedelt sind.Auch das ist richtig. Es ist ebenfalls richtig, dass siebeim Bundesamt für Justiz sind, weil es keine originäreAufgabe ist, die man in Berlin erfüllen muss.Nur, wo ist der Ausgleich? Wir bringen 98 neue Stel-len nach Bonn. Bekommen wir dafür auch einen Effi-zienzgewinn an anderer Stelle, in Berlin? Wir haben im-mer gesagt: Bonn hat Probleme. Nur, wenn wir jetzt hierneue Stellen aufbauen, dann bitte ich doch darum, effi-zientere Arbeit möglich zu machen. Ich weiß, dass ge-genwärtig noch über 30 Leute des BMJ in Bonn sind.Man könnte auch daran denken, diese nach Berlin zuversetzen.Im Übrigen empfehle ich, bei den 98 Stellen durchauszu schauen, ob wir wirklich alle brauchen und ob wirhierbei nicht mit einer qualifizierten Sperre arbeiten soll-ten nach dem Motto: Lasst uns einmal sehen, wie dieEntwicklung verläuft. – Der Haushaltsausschuss könntedann nach einer entsprechenden Vorlage sagen: DenRest bekommt ihr, je nachdem, wie die Entwicklung ver-läuft und wie die Unternehmen reagieren.Wir haben beim letzten Mal die Vereinfachung derRechtssprache thematisiert; Kollege Schröder hat dasahIsehdMdSswrPWÜrSetSWhhdeülCHhdwddaGnfDdHPsbD
Metadaten/Kopzeile:
11472 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007
)
)
m Rahmen der Haushaltsberatungen sollten wir nachegen suchen, um mit der Beteiligung des Landesheinland-Pfalz der Rechtsakademie eine Erweiterungu ermöglichen, ohne den sowieso sehr engen Haushaltes Bundesministeriums der Justiz übermäßig zu belas-en.Es freut mich, dass das Modellprojekt für eine ver-tändliche Sprache in Gesetzen jetzt anläuft, wie ichöre, sehr erfolgversprechend. Zusammen mit der Ge-ellschaft für deutsche Sprache werden im BMJ Gesetzeuf verständliche Sprache überprüft und wird mit demachministerium im Gesetzgebungsverfahren an ver-tändlicher Sprache gearbeitet. Wir sollten dieses Mo-ellprojekt im nächsten Jahr zum Abschluss bringen, da-it die Fachpolitiker die entsprechenden Ergebnissevaluieren können und wir gemeinsam die notwendigenchlussfolgerungen daraus ziehen können.Meine Damen und Herren, lassen Sie uns gemeinsamn einer besseren Rechtsetzung und an einer gutenechtspflege arbeiten. Ich freue mich auf die gemeinsa-en Haushaltsberatungen.
Letzte Rednerin in dieser Debatte ist nun die Kollegin
aniela Raab für die CDU/CSU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!ch denke, der Kollege Gehb und der Kollege Stünkeraben sehr eindrucksvoll dargelegt, dass die Rechtspoli-ik allen Unkenrufen zum Trotz in der Großen Koalitionrstaunlich gut aufgehoben ist.
Metadaten/Kopzeile:
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007 11473
)
)
Daniela Raab– Ich gehe gern darauf ein, warum ich das für erstaunlichhalte. Ich gestehe, ich hatte am Anfang etwas Bedenken,aber inzwischen macht es mir sehr großen Spaß, mit Ih-nen zusammenzuarbeiten. Ich hoffe, Sie verstehen dasrichtig. – Ich finde, dass wir in vielen großen Gesetzes-vorhaben ausgesprochen gut vorankommen. Das Versi-cherungsvertragsgesetz ist schon erwähnt worden. Da-bei handelt es sich um einen großen Bereich, der für unsschwer zu regeln war, weil auch die Finanzmaterie sehrstark davon betroffen ist. Ich möchte an dieser Stelle an-merken, dass es sicherlich auf die Union zurückgeht, dasswir hier einen angemessenen Ausgleich zwischen demVerbraucherschutz einerseits, der dem BMJ bei dieser An-gelegenheit über die Maßen wichtig war, und der Funk-tionstüchtigkeit des Versicherungsstandortes Deutschlandandererseits gefunden haben. Wir haben – die Ministerinhat es angesprochen – in sehr sachorientierten, ver-nünftigen und im Ton anständigen Verhandlungen mitallen Beteiligten einen sehr guten Kompromiss gefun-den. Das ist nur ein Beispiel für die wirklich erfolgreicheArbeit der letzten zwei Jahre.Aber es gibt natürlich noch immer nicht ganz erfüllteWünsche, die durchaus ein Mehr an Bewegung erfor-dern würden. Der Kollege Gehb hat es schon angespro-chen. Am 18. Juli wurde der Kabinettsentwurf bezüglichder nachträglichen Sicherungsverwahrung für durchJugendstrafrecht verurteilte Straftäter gebilligt. Wir ha-ben als Union sehr lange gefordert, diese ganz klare Ge-setzeslücke zu schließen. Ich weiß, dass es vielen aus derFraktion des Koalitionspartners nicht leicht gefallen ist,sich auf dieses Thema einzulassen. Eine bayrische Initia-tive gibt es seit mittlerweile über einem Jahr im Bundes-rat, und es gab sie auch in den vergangenen Legislatur-perioden. Ich denke, wir haben hier die Pflicht,vorwärtszukommen. Der vorliegende Gesetzentwurf istin weiten Teilen zustimmungsfähig. Ich kann mich abernur dem Kollegen Gehb anschließen: Wir hätten uns beider Anlasstat, die sozusagen Voraussetzung für dieÜberprüfung der Anordnung einer Sicherungsverwah-rung ist, ein bisschen mehr Konsequenz und ein bisschenmehr Mut gewünscht. Sieben Jahre Jugendstrafe ist einesehr hohe Strafe, die vermutlich in nicht sehr vielen Fäl-len ausgesprochen wird. Wir hätten uns da durchaus fünfJahre vorstellen können. Denn auch die anderen Voraus-setzungen für die Anordnung einer nachträglichenSicherungsverwahrung bei im Ursprung jugendlichenStraftätern sind sehr hoch. Von daher wären die fünfJahre sicherlich vertretbar gewesen. Aber – ich sage dasnoch einmal ganz ausdrücklich – wir erkennen an, dasses hier eine deutliche Bewegung gegeben hat, und wirunterstützen und begrüßen diese Bewegung.Ich will jetzt nicht zum wiederholten Male das ThemaOnlinedurchsuchung oder Terrorcamps ansprechen.Mich verwundert allerdings ein bisschen, dass der Auf-enthalt in einem Terrorcamp von Teilen dieses Parla-ments ganz offensichtlich bagatellisiert werden soll. Dasverstehe ich nicht ganz. Herr Montag, Sie meinen, dassdieser Aufenthalt durch die Verabredung zu einer Straf-tat abgedeckt sei. Ich teile Ihre Auffassung nicht. Ichglaube schon, dass wir mit solchen Dingen sehr vorsich-tWv§eaztmSsuVrhtdzBbvsmhWugqJHwIdDdg–tedmpsrM
ch weiß, dass das schwierig ist.Ich habe mit großem Interesse verfolgt, was insbeson-ere der Kollege Nešković hier von sich gegeben hat.ie Unterstellungen insbesondere gegenüber dem Bun-esinnenminister halte ich für politisch und menschlichrob unanständig.
Es kommt bei Ihnen immer im juristischen Deckman-el daher, wenn Sie unanständig werden; dadurch klingts ein bisschen besser, aber es wird nicht besser. – Sie re-en immer von Schutzpflichten des Staates; ich würdeir – das sage ich Ihnen auch ganz klar – eine Schutz-flicht vor solchen Reden wünschen.
Die Regelungen müssen natürlich immer auf rechts-taatlicher Grundlage getroffen werden. Auf der Regie-ungsbank sitzen zwei Minister – Ministerin Zypries undinister Schäuble –, bei denen wir in sehr guten Händen
Metadaten/Kopzeile:
11474 Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 11. September 2007
(C)
(D)
Daniela Raabsind. Die Überprüfung dessen, was wir ins Strafgesetz-buch aufnehmen wollen – sei es ein Verbot des Besuchsvon Terrorcamps oder ein Verbot von Werbung für terro-ristische Vereinigungen –, muss sorgfältig und mit Au-genmaß durchgeführt werden; sie muss sich aber auch andem Sicherheitsbedürfnis der Menschen orientieren.Kollege Stünker hat so treffend aus dem CDU/CSU-Pro-gramm zitiert: Keine innere Sicherheit ohne äußereSicherheit. – Diesem Grundsatz fühlen wir uns ver-pflichtet.Wir haben noch viel vor.Herzlichen Dank.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit sind wir am
Schluss der heutigen Tagesordnung.
Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destages auf morgen, Mittwoch, den 12. September,
9 Uhr, ein.
Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Abend.
Ich schließe die Sitzung.