Protokoll:
16028

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 16

  • date_rangeSitzungsnummer: 28

  • date_rangeDatum: 29. März 2006

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  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 19:26 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 16/28 Dr. Wolfgang Gerhardt (FDP) . . . . . . . . . . . . Dr. Peter Ramsauer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Oskar Lafontaine (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Hubertus Heil (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Angela Merkel, Bundeskanzlerin . . . . . . . Dr. Guido Westerwelle (FDP) . . . . . . . . . . . . Dr. Peter Struck (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Oskar Lafontaine (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Bernd Neumann, Staatsminister BK . . . . . . . Dr. Angelica Schwall-Düren (SPD) . . . . . . . . Monika Knoche (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Monika Knoche (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Walter Kolbow (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Markus Löning (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Manfred Grund (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Dr. Norman Paech (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Axel Schäfer (Bochum) (SPD) . . . . . . . . . . . 2203 D 2207 A 2211 A 2216 B 2221 A 2226 C 2235 C 2239 C 2242 C 2244 B 2245 D 2262 C 2264 C 2266 C 2267 C 2268 A 2269 B 2270 C 2271 D 2272 C 2274 A Deutscher B Stenografisch 28. Sitz Berlin, Mittwoch, de I n h a l Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 1 (Fortsetzung): a) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bun- deshaushaltsplans für das Haushalts- jahr 2006 (Haushaltsgesetz 2006) (Drucksache 16/750) . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 2005 bis 2009 (Drucksache 16/751) . . . . . . . . . . . . . . . . . Einzelplan 04 Bundeskanzleramt E A i Z A S D d ( D D E 2203 A 2203 B 2203 B Markus Meckel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Monika Griefahn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2249 D 2250 A undestag er Bericht ung n 29. März 2006 t : inzelplan 05 uswärtiges Amt n Verbindung mit usatztagesordnungspunkt 1: ntrag der Fraktionen der CDU/CSU, der PD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/ IE GRÜNEN: Belarus nach den Präsi- entschaftswahlen Drucksache 16/1077) . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Werner Hoyer (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . ckart von Klaeden (CDU/CSU) . . . . . . . . . . 2252 D 2253 A 2257 A 2259 B Dr. Diether Dehm (DIE LINKE) . . . . . . . . Harald Leibrecht (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . 2275 A 2275 B II Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 28. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. März 2006 Thomas Silberhorn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Dr. Diether Dehm (DIE LINKE) . . . . . . . . Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . Hartwig Fischer (Göttingen) (CDU/CSU) . . . Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE) . . . . . . . . . Erika Steinbach (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Uta Zapf (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Joachim Hörster (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . Einzelplan 14 Bundesministerium der Verteidigung Dr. Franz Josef Jung, Bundesminister BMVg . . . . . . . . . . . . . . . Elke Hoff (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Hans-Peter Bartels (SPD) . . . . . . . . . . . . . Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE) . . . . . . . . . Jürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Gerd Höfer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einzelplan 23 Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministerin BMZ . . . . . . . . . . . . . . . Hellmut Königshaus (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Arnold Vaatz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Heike Hänsel (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hüseyin-Kenan Aydin (DIE LINKE) . . . . Dr. Bärbel Kofler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Hellmut Königshaus (FDP) . . . . . . . . . . . . Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/ 2276 A 2276 D 2278 B 2279 B 2279 B 2279 D 2280 D 2282 A 2283 B 2285 D 2287 B 2289 A 2300 D 2301 A 2302 C 2304 D 2306 C 2308 B 2310 B 2310 C 2312 C 2313 A Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jürgen Herrmann (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Birgit Homburger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Rainer Arnold (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Johannes Kahrs (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jürgen Koppelin (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Johannes Kahrs (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Susanne Jaffke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D N B A L 2291 B 2293 B 2295 A 2295 D 2296 D 2298 D 2299 A 2299 B 2300 C DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Christian Ruck (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Dr. Uschi Eid (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . erichtigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage iste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 2313 B 2314 D 2315 B 2316 D 2316 B 2317 A Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 28. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. März 2006 2203 (A) ) (B) ) 28. Sitz Berlin, Mittwoch, de Beginn: 9.0
  • folderAnlagen
    ngen Einzelplan 15“ ist „Bun- it“ zu lesen. r 1. Satz ist wie folgt zu der Föderalismusreform, dazu führen sollen, glei- Mobilität in Deutschland s Bereichs der Bildungs- einbart haben. Dazu gehört, die internationale wie auch gsländern gewinnen. Ich undesbürgern deutlich zu einen Akt der Humanität cklungspolitik in unserem sowie bei Abgeord- SPD) betonen, dass es nicht nur ht nur über Geld und die uch darüber, dass wir in (Beifall bei der CDU/CSU BÜNDNIS 90/DIE GRÜN [DIE LINKE]: Ihretwegen Vizepräsidentin Gerda Ha Weitere Wortmeldungen lieg Wir sind damit am Schluss ordnung. Ich berufe die nächste Sitz Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 28. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 29. März 2006 2317 (A) (C) (B) ) Anlage zum Stenografischen Bericht Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Bartsch, Dietmar DIE LINKE 29.03.2006 Bernhardt, Otto CDU/CSU 29.03.2006 Dr. Bisky, Lothar DIE LINKE 29.03.2006 Bülow, Marco SPD 29.03.2006 Hintze, Peter CDU/CSU 29.03.2006 Dr. Höll, Barbara DIE LINKE 29.03.2006 Krichbaum, Gunther CDU/CSU 29.03.2006 Kurth (Quedlinburg), BÜNDNIS 90/ 29.03.2006 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich * Dr. Däubler-Gmelin, Herta SPD 29.03.2006 Deittert, Hubert CDU/CSU 29.03.2006* Fischer (Frankfurt), Joseph BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 29.03.2006 Fischer (Karlsruhe- Land), Axel E. CDU/CSU 29.03.2006* Dr. Fuchs, Michael CDU/CSU 29.03.2006 Gabriel, Sigmar SPD 29.03.2006 Goldmann, Hans- Michael FDP 29.03.2006 Gradistanac, Renate SPD 29.03.2006 Dr. Gysi, Gregor DIE LINKE 29.03.2006 Heinen, Ursula CDU/CSU 29.03.2006 Hermann, Winfried BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 29.03.2006 Hilsberg, Stephan SPD 29.03.2006 L M M P S S D D T W (D für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung des Europarates Undine DIE GRÜNEN intner, Eduard CDU/CSU 29.03.2006* üller (Gera), Bernward CDU/CSU 29.03.2006 üller (Köln), Kerstin BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 29.03.2006 flug, Johannes SPD 29.03.2006 cheel, Christine BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 29.03.2006 chmidt (Nürnberg), Renate SPD 29.03.2006 r. Schui, Herbert DIE LINKE 29.03.2006 r. Spielmann, Margrit SPD 29.03.2006 auss, Jörg SPD 29.03.2006 issmann, Matthias CDU/CSU 29.03.2006 28. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 29. März 2006 Inhalt: Redetext Anlage zum Stenografischen Bericht
Gesamtes Protokol
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1602800000

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

Sitzung ist eröffnet.

Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, müssen wir
einen Antrag auf Erweiterung der Tagesordnung behan-
deln. Die Fraktionen der CDU/CSU und SPD haben
fristgerecht beantragt, die heutige Tagesordnung um die
Beratung des Antrags „Belarus nach den Präsident-
schaftswahlen“ zu erweitern. Der Antrag soll in der Aus-
sprache zum Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes
beraten werden. Die Dauer der Aussprache zu diesem
Geschäftsbereich soll um eine halbe Stunde verlängert
werden.

Wir kommen zur Abstimmung über den Aufsetzungs-
antrag. Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Wer
enthält sich? – Der Antrag ist angenommen mit den
Stimmen aller Fraktionen bei Enthaltung der Fraktion
Die Linke.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Das war klar!)


Wir setzen die Haushaltsberatungen – Tagesord-
nungspunkt 1 – fort:

a) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein-
gebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die

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Redet
Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das
Haushaltsjahr 2006


(Haushaltsgesetz 2006)


– Drucksache 16/750 –
Überweisungsvorschlag:
Haushaltsausschuss

b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundes-
regierung

Finanzplan des Bundes 2005 bis 2009

– Drucksache 16/751 –
Überweisungsvorschlag:
Haushaltsausschuss

Ich erinnere daran, dass wir für die heutig
che insgesamt neun Stunden beschlossen habe

(C (D ung n 29. März 2006 0 Uhr Wir beginnen die heutige Haushaltsberatung mit dem eschäftsbereich der Bundeskanzlerin und des Buneskanzleramtes, Einzelplan 04. Das Wort hat als erster Redner der Vorsitzende der DP-Fraktion, Dr. Wolfgang Gerhardt. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Jede Bun esregierung hat natürlich – – Herr Gerhardt, einen Moment bitte. – Kann ich darum itten, dass vor der Regierungsbank kein Personalverehr und keine Diskussionen stattfinden? Danke. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


(Beifall bei der FDP)

Dr. Wolfgang Gerhardt (FDP):
Rede ID: ID1602800100
Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1602800200


Dr. Wolfgang Gerhardt (FDP):
Rede ID: ID1602800300

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Jede neue

undesregierung hat natürlich die Chance eines Neuan-
angs. Sie bekommt sozusagen die ersten 100 Tage als
abatt. Dann beginnt die Diskussion; dann sieht man ge-
auer hin. Wenn wir jetzt genauer hinsehen, Frau Bun-

ext
deskanzlerin, müssen wir eines feststellen: Maßstab der
Beurteilung ist nicht das Arrangement, das die beiden
großen Parteien in der Koalitionsvereinbarung getroffen
haben, Maßstab ist die Wirklichkeit. Diese zeigt eines:
Ein Personalwechsel reicht nicht; ein Politikwechsel ist
für die Bundesrepublik Deutschland notwendig.


(Beifall bei der FDP)


Die entscheidenden Themen für die Menschen sind
Arbeit und Zukunftschancen. Aber es wird noch so ge-
tan, als gäbe es nur Deutschland und seine Branchen.
Die Tarifverhandlungen werden so geführt. Die alten
Wohlfahrtsversprechen werden von Ihrer Koalition noch

e soziale Begleitung von Arbeitslosigkeit
Anspruch, dass das Prinzip „Vorfahrt für
das wir uns mit Ihnen noch wenige
er Wahl einig waren, wieder in den
e Ausspra-
n.

so gemacht. Di
nimmt Sie so in
Arbeit“, über
Wochen vor d






(A) )



(B) )


Dr. Wolfgang Gerhardt
Hintergrund getreten ist. Es gehört aber nach vorne. Des-
halb muss ein Politikwechsel erfolgen.


(Beifall bei der FDP)


Er muss in einem Land erfolgen, das eigentlich darauf
achten muss, dass Marktwirtschaft, Innovation und
moderne Arbeitsmarktpolitik nicht an kultureller Bo-
denhaftung verlieren. Unser Land hat wie kein anderes
sein Selbstbewusstsein aus wirtschaftlichem Erfolg ge-
zogen. Aber als ich die gestrige Debatte verfolgt habe
– die Rede des Finanzministers und insbesondere die
Rede des Kollegen Poß –, habe ich festgestellt, dass bei
Ihnen die ganze alte, wirkungslose sozialdemokratische
Apotheke der Arbeitsmarktpolitik voll in Kraft bleibt.
Diese hat zu 5 Millionen Arbeitslosen geführt.


(Beifall bei der FDP – Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Vorsicht bei Apotheken!)


Sie sprechen von Kontinuität. Ich weiß, warum Sie
„Kontinuität“ sagen müssen. Sie müssen vermeiden, Ih-
rem Koalitionspartner heute selbst zu sagen, dass er mit
dieser ältlichen Politik die Verantwortung für 5 Millio-
nen Arbeitslose trägt. Wenn Sie das nicht tun, sind diese
Arbeitslosen ab heute auch Ihre Arbeitslosen.


(Beifall bei der FDP)


Sie müssen Ihre Arbeitsmarktpolitik ändern.


(Zuruf von der SPD: Bei Ihnen wären es 6 Millionen! Bei der FDP hätten wir noch viel mehr!)


Lassen Sie mich nur wenige Punkte ansprechen – da
reicht nämlich kein Schulterklopfen in den Reihen der
Koalition und keine Wohlfühlpolitik –: Die ältliche Poli-
tik, die Sie machen, zeigt sich zum Beispiel an den Ich-
AGs. Sie haben die Abgaben für Minijobs erhöht. Sie
müssen sich in diesem Zusammenhang auch die Diskus-
sion über Mindestlöhne vor Augen halten. Frau Bun-
deskanzlerin, ich kann Ihnen schon jetzt sagen, wozu die
Einführung von Mindestlöhnen führen würde: Dadurch
würde kein einziger Arbeitsplatz geschaffen, sondern es
würden die Arbeitsplätze derjenigen vernichtet, die sie
am dringendsten brauchen: die der Geringverdiener. Das
weiß jedermann.


(Beifall bei der FDP – Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Ja, ja! Und wahrscheinlich auch jede Frau!)


Aber das dringt in Ihrer Koalition nicht durch. Ihre
alte Arbeitsmarktpolitik hat nur eine Wirkung: Sie stiftet
Frieden zwischen Ihren Sozialausschüssen und dem Pro-
gramm der Sozialdemokratischen Partei. Als Kanzlerin
haben Sie aber keine Verantwortung für ein Arrange-
ment dieser beiden Flügel, sondern Sie haben Verant-
wortung für Deutschland. Daher ist diese Politik falsch.


(Beifall bei der FDP)


Ein weiterer Aspekt, der gerne erwähnt wird, ist die
volkswirtschaftliche Steuerquote. Jeder kennt sie


(Joachim Poß [SPD]: Nein! Das stimmt nicht! Sie kennen sie nicht!)


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(C (D nd jeder sagt, dass sie in Deutschland statistisch gering st. Ja, das ist richtig. Aber die entscheidende Steueruote für Investitionen, durch die in Deutschland Areitsplätze geschaffen werden, ist statistisch nicht geing. Sie ist hoch. Deshalb ist die Frage, ob wir die Steuern senken wolen, keine Frage eines beliebigen Parteiprogramms. Wir ollen die Steuern doch nicht, wie Sie meinen, senken, m Geld zu verteilen. Wir wollen sie senken, weil die rößte soziale Sicherheit nicht die alte Arbeitsapotheke er SPD bietet, sondern ein Arbeitsplatz in der Bundesepublik Deutschland. as ist unser Ziel. Deshalb kommen Sie nicht darum herum – das ist uch an Sie in den Reihen der Union gerichtet –, sich ieder an die Politik zu erinnern, die Sie wie wir in der etzten Legislaturperiode für richtig gehalten haben, als ir uns gemeinsam für Steuervereinfachungen und teuersenkungen eingesetzt haben. ass Sie diese Politik mit Ihrem jetzigen Partner nicht urchsetzen können, müsste Ihnen zumindest ein chlechtes Gewissen verschaffen. Daran will ich hier ernnern. Sie wissen, dass der Flächentarif mittleren und kleien Unternehmen schadet. Das nimmt die linke Seite ieses Hauses aber nicht zur Kenntnis. Sie sollten die ourage haben, das zu sagen. Denn es ist wahr, dass Areitsplätze durch Flächentarife eher vernichtet als gechaffen werden (Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: So ein Blödsinn!)


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Richtig!)


(Beifall bei der FDP)


(Jürgen Koppelin [FDP]: Ja, richtig!)


(Beifall bei der FDP)


nd dass wir den Mittelständlern Chancen geben müs-
en.

Sie haben beschlossen, ein 25-Milliarden-Euro-Pro-
ramm aufzulegen. Dabei geht es um Verteilungen zu-
unsten von Familien mit Kindern, um die steuerliche
bsetzbarkeit von Handwerkerrechnungen und vieles

ndere. Aber können Sie sich einmal ins Gedächtnis ru-
en, dass Sie den Bürgern mit diesen 25 Milliarden Euro
ur ein Fünftel von dem geben, was Sie ihnen in den vier
ahren dieser Legislaturperiode wegnehmen? Davon
önnen Sie doch keine Arbeitsmarkteffekte erwarten.


(Beifall bei der FDP)


Sie nehmen zu viel und Sie geben zu wenig. Sie ver-
ahren nach dem Prinzip Hoffnung und versuchen, mit
iesen 25 Milliarden Euro die Mehrwertsteuererhöhung
u Beginn des nächsten Jahres auszugleichen. Das ist
ein Programm und kein Ziel. Das werden Sie nicht er-
eichen.

Das Verbraucherverhalten ist in Deutschland anders
ls in Amerika. Die Deutschen haben eine „sparsame“






(A) )



(B) )


Dr. Wolfgang Gerhardt
Mentalität. Wir üben selbst bei geringen Wachstumsra-
ten und zarten Wachstumspflänzchen immer noch große
Zurückhaltung. Meinen Sie, die Bürger geben diese Zu-
rückhaltung im Verhältnis fünf zu eins auf, nur weil Sie
sie ermuntern, noch in diesem Jahr zu konsumieren?
Wenn sie das täten, würden sie sich im nächsten Jahr zu-
rückhalten. Das ist eine ganz gefährliche Politik, die
nicht ausreicht, um einen Umschwung einzuleiten.


(Beifall bei der FDP)


Über unsere großen sozialen Sicherungssysteme hat
Barbier in der vorletzten Woche einen bemerkenswert
klugen Satz in der „FAZ“ geschrieben:

Die Generation der „wenigen“ wird in der Reform-
verweigerung ihrer Eltern kein Argument sehen, ei-
nen Generationenvertrag einzuhalten, den sie nie
geschlossen hat.

Wie wahr!

Jetzt warten wir auf die Antwort der großen Koali-
tion. Die meisten Bürger sagen: Diese Koalition ist so
groß; sie muss das jetzt packen. Dabei muss es um die
Reform unserer sozialen Sicherungssysteme gehen. Herr
Müntefering weiß wie ich, dass das zarte Pflänzchen, das
er als großes Reformvorhaben angekündigt hat – die
Rente mit 67 –, eigentlich eher dazu gedient hat, dass er
es umgehen konnte, im Rentenbericht zu erwähnen, dass
die Beiträge erhöht werden müssen.


(Beifall bei der FDP)


Das ist doch kein Reformbeitrag. Vielmehr geht es um
höhere Abschläge als vorher.

Man leistet doch keinen Beitrag zur Reform eines
Rentensystems, indem man die gesetzliche Rente unter
Naturschutz stellt, so wie das ein Teil der Union und die
ganze SPD machen, obwohl man weiß, dass sie nur noch
eine Grundsicherung im Alter sein wird. Eine Beitrags-
entwicklung nach oben ist kaum zu stoppen.

Sie sagen, Sie möchten die Arbeitslosenversiche-
rung umorganisieren und durch Mittel aus der Mehr-
wertsteuererhöhung entlasten. Uns wurde jahrelang ge-
sagt – Frau Bundeskanzlerin, Sie waren mit uns in der
Opposition –, dass die Rentenversicherungsbeiträge
durch die Einnahmen aus der Ökosteuer stabil gehalten
werden sollen. Die Ökosteuer ist dauernd erhöht wor-
den; die Beiträge sind aber nicht stabil geblieben. Wer
das sehenden Auges weiter hinnimmt und auf Kontinui-
tät verweist, der ist zu einem Reformschritt wirklich
nicht in der Lage.


(Beifall bei der FDP)


Es ist doch ganz simples Einmaleins – das weiß die
Bevölkerung auch –: Wenn die Menschen in Deutsch-
land später in den Beruf eintreten, früher aus dem Beruf
ausscheiden und die Lebenserwartung steigt, dann ist ein
solches System nicht mehr über stabile Beiträge zu fi-
nanzieren. Ich kann nur jedem jungen Menschen raten,
sein Geld zur Bank zu tragen und es anzulegen; denn so
hat er eine größere Sicherheit als über die gesetzliche
Rente.

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(C (D (Beifall bei der FDP – Zuruf von der SPD: Ja, genau, das ist Ihr Prinzip! – Weitere Zurufe von der SPD)


ie informieren die Öffentlichkeit nicht richtig.

In dieser Woche führen Sie Gespräche zur Gesund-
eitsreform. Ich befürchte, dass die Reform am Ende so
ussehen wird, wie Spekulationen das andeuten: Es wird
in versicherungspolitisches Ungetüm geben mit ein bis-
chen Bürgerversicherung, ein bisschen Kopfpauschale
nd ein bisschen Umlage. Frau Bundeskanzlerin, es wird
eine vernünftige Reform werden, wenn Sie nur neue
eldquellen erschließen wollen. Sie müssen sich der un-
equemen Aufgabe stellen, den Menschen Wahlfreiheit
u geben. Sie müssen sich selbst entscheiden können, bei
em sie sich wie hoch versichern.


(Beifall bei der FDP)


Die Diskussion über die Föderalismusreform ist ei-
entlich noch gar nicht abgeschlossen. Wir haben viel-
eicht ein erstes Stück des Weges geschafft. Wenn nicht
uch die Frage der Finanzbeziehungen geklärt wird,
ird diese Reform ihre Wirkung verfehlen. Aber selbst
ie jetzige Reform ist hoch umstritten.

Ich möchte auf den Punkt Bildung zu sprechen kom-
en. Egal welche Ebene verfassungsrechtlich für die
chulen oder für die Hochschulen zuständig ist, es
uss klar sein: Die Hochschulen gehören weder dem
und noch den Ländern. Die Hochschulen gehören in

hre eigene Verantwortung. Wenn die Länder sie über-
ehmen wollen, müssen sie den Hochschulen Autono-
ie geben.


(Beifall bei der FDP)


enn die Länder verfassungsrechtlich für die Schulen
uständig bleiben wollen, müssen sie ihre Kultusminis-
er in Bewegung setzen und gleiche Qualitätsmaßstäbe
ür die Schulen in der Bundesrepublik Deutschland erar-
eiten. Es kann doch nicht sein, dass die Kinder, wenn
ie Familie umzieht, mit derart unterschiedlichen Quali-
ätsmaßstäben an den Schulen konfrontiert werden. Das

uss ein Ende haben.


(Beifall bei der FDP – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum wollen Sie dann zustimmen?)


Der Bund ist nicht klüger als die Länder, Frau Künast.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie reden jede Woche anderen populistischen Unsinn!)


enn die Länder verfassungsrechtlich zuständig sind,
ann müssen sie die Maßstäbe festlegen. Daran führt
ein Weg vorbei.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen der Union, der
PD und der Grünen, es ist ein Irrglaube, anzunehmen,
ass Sie letztendlich das erreichen, was Sie wollen,
enn Sie bestimmte Forschungsfelder in den Biowissen-

chaften in Deutschland verbieten. Sie können wissen-
chaftliche Neugier nicht verbieten. Es waren nicht nur
ie Grünen, die uns daran gehindert haben, in diese






(A) )



(B) )


Dr. Wolfgang Gerhardt
Wachstumsmärkte zu gehen; es waren auch viele aus den
Bereichen der großen Koalition, die eine Art moralische
Letztbegründung abgegeben haben. Denjenigen möchte
ich von den Freien Demokraten entgegensetzen: Es ist
Ausdruck von Moral und Ethik, wenn Gesellschaften sa-
gen, dass es legitim ist, eine Brandmauer bezüglich des
Nichteingreifens in die Keimzelle menschlichen Lebens
einzuziehen. Es muss aber möglich sein, Medikamente
zu entwickeln, die das Leiden von Menschen lindern.
Auch das ist eine hohe moralische und eine klare ethi-
sche Position. Wer die Forschung in diesen Feldern in
Deutschland verweigern will, der muss auch die Konse-
quenzen darlegen. Es werden nämlich andere von dem
technologischen Vorsprung und dem Wissensvorsprung
profitieren. Auf unseren Markt werden die Ergebnisse
erst Jahre später und zu viel höheren Preisen kommen.
Zwischenzeitlich werden wir Arbeitsplätze verlieren.
Das ist der Sachverhalt.


(Beifall bei der FDP)


Sie können dort nicht nur Kontinuität fordern, es
muss auch Änderungen geben. Frau Bundeskanzlerin,
Sie sind Naturwissenschaftlerin und wissen das viel bes-
ser: Entweder ist ein Kernkraftwerk sicher oder nicht.
Wenn es nicht sicher ist, muss es abgeschaltet werden.
Wenn es sicher ist, kann es doch keine Restlaufzeit ge-
ben, die Sie bestimmen.


(Zurufe von der SPD – Dirk Niebel [FDP]: Das sagt sogar Herr Oettinger!)


Zu diesem Punkt gehört auch: Sie führen jetzt den
Energiegipfel durch und wissen so wie ich, dass der
Verbrauch fossiler Brennstoffe in der Welt ansteigt. Dem
kann man doch nur mit einem Mix begegnen, zu dem
auch die Kernenergie gehört. Es kann doch nicht wahr
sein, dass die Kompetenz Deutschlands im Bereich der
Kernenergie nur wegen eines Koalitionspartners, der
dauernd von Kontinuität spricht, verloren geht. Es geht
nicht um den Neubau von Kraftwerken, es geht um die
Kompetenz in dieser Technologie.


(Beifall bei der FDP)


Die Bürgerrechte gehören zu einer Vertrauensbezie-
hung zwischen dem Staat und den Bürgern. In der alten
Koalition haben Sie unter kräftiger Mitwirkung der Grü-
nen Einblicke in Konten ermöglicht, wodurch der glä-
serne Bürger geschaffen wurde. Mit Datenabfragen ha-
ben Sie den gläsernen Steuerzahler geschaffen. In der
alten rot-grünen Koalition haben Sie die Abwehrrechte
der Bürger geschwächt. Meine Damen und Herren von
der SPD, es wäre eine Kurskorrektur notwendig: Nicht
der Staat gewährt den Bürgern gnädig Freiheit,


(Beifall bei der FDP)


sondern die Bürger gewähren dem Staat Einschränkun-
gen ihrer Rechte zum Schutz und im Interesse aller.
Umgekehrt wird ein Schuh daraus. Deshalb gilt hier: Er-
forderlich ist keine Kontinuität, sondern eine Kurs-
korrektur.


(Beifall bei der FDP – Joachim Poß [SPD]: Sie wollen Steuerhinterziehungen!)


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(C (D Das gilt auch für einen Teil der deutschen Außenpoliik. Wir alle wissen, dass das im europäischen Rahmen otwendig ist. (Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn Sie so weitermachen, bekommen Sie einen steifen Hals!)


as bedeutet aber kein Outsourcing nach Brüssel. Es ist
ine Kurskorrektur notwendig, die ja auch durchgeführt
ird. Es wird nicht darüber geredet; das ist richtig. Frau
undeskanzlerin, ich will Sie an dieser Stelle ausdrück-

ich loben. Sie haben erkannt, dass es notwendig ist, ab
nd zu eine Zwischenlandung in den baltischen Staaten
owie in Budapest und Prag einzulegen, wenn man Mos-
au besucht. Das hat Ihr Vorgänger nie begriffen. Diese
urskorrektur haben Sie vorgenommen. Wir begrüßen
as ausdrücklich.


(Beifall bei der FDP – Dirk Niebel [FDP]: Es ist klar! Die Pipeline geht ja auch nicht durch diese Länder!)


Es muss aber noch eine andere erfolgen. Die Politik in
er Europäischen Union muss in den ganzen Diskussio-
en eines klarstellen – das ist auf dem letzten Gipfel mit
er Stilblüte der Linguistik in der französischen Sprache
ieder deutlich geworden –: Die Identität Europas be-

teht nicht aus einer rückwärts gewandten Definition ei-
es alten Sozialpaktes; die Identität und die Zukunfts-
hance Europas bestehen aus der Wettbewerbsfähigkeit,
em Willen zum Wettbewerb, dem Willen zur Innova-
ion und aus all dem, was die ganze politische und Kul-
urgeschichte Europas ausmacht.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da spricht die Partei der Besserverdiener! – Gegenruf des Abg. Dirk Niebel [FDP]: Seid ihr gerade aus dem Parlament geflogen?)


Nein, meine Damen und Herren, es ist nicht wahr,
ass es in Deutschland keine reformorientierte Mehrheit
ibt. Wahr ist, dass die große Koalition nicht den Willen
u einer wirklich innovativen Politik hat. Sie lösen sich
öglicherweise wegen Ihres Koalitionspartners zu

chwer vom Alten. Sie bemühen sich dauernd um Kon-
ens und Ausgleichsaktivitäten. Ich weiß, dass Sie alle
ände voll zu tun haben, um jedem Wunsch entgegenzu-
ommen.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Glos war immer besser!)


Ich sage Ihnen aber: Weltweit werden sich nur die Ge-
ellschaften behaupten, die Kompetenz im Wandel ent-
alten. Dafür müssen Sie Ihre Politik ändern. Es geht
icht nur ums Geld. Wir trainieren in Deutschland zu
enig eine Mentalität, durch die das Land auch jenseits
on materiellen Anreizen wieder nach vorne gebracht
ird. Darauf kommt es aber an.


(Beifall bei der FDP)


as tun Sie nicht. Genau das ist aber die Aufgabe einer
pposition. Wir von der FDP werden das tun.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.






(A) )



(B) )


Dr. Wolfgang Gerhardt

(Anhaltender Beifall bei der FDP – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war die Rede für den Privathaushalt der Besserverdiener!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1602800400

Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Peter Ramsauer

von der CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Peter Ramsauer (CSU):
Rede ID: ID1602800500

Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin!

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten
Damen und Herren! Herr Kollege Gerhardt, ich glaube,
wir haben viel mehr Gemeinsamkeiten in unseren politi-
schen Vorhaben und in unserem politischen Denken, als
dies Ihre erregte Eröffnungsrede heute vermuten lässt.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Erregt ist was anderes, Herr Kollege! – Lachen bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


– Das lasse ich einmal so in die Öffentlichkeit hallen. –
Sie haben, lieber Herr Kollege Gerhardt, einen Politik-
wechsel eingefordert. Dieser erste Haushalt der großen
Koalition ist das Kursbuch für einen neuen Kurs, für den
Politikwechsel, von dem Sie gesprochen haben. Er ist
ein Kursbuch für einen Kurs der Verantwortung und des
Vertrauens.

Herr Kollege Gerhardt, Sie haben auch kulturelle Bo-
denhaftung eingefordert. Das könnte ein Wort aus mei-
ner Fraktion und meiner Partei, der CSU, sein. Der CDU
und der CSU liegt bei jeder von ihnen gemachten Politik
ganz besonders an kultureller Bodenhaftung.

Sie haben davon gesprochen, wir hätten vor, die ge-
setzliche Rentenversicherung unter Naturschutz zu
stellen. Das klang fast wie eine Anklage. Dazu muss ich
Ihnen allerdings sagen: Es gehört zu unserer sozialpoli-
tisch-kulturellen Bodenhaftung, dass wir uns klipp und
klar zur gesetzlichen Rentenversicherung bekennen.
Darauf müssen sich die Menschen verlassen können.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Auch ich bin des liberalen Denkens fähig und denke
liberal und wirtschaftsliberal. Aber eines habe ich in den
vielen Jahren im Ausschuss für Arbeit und Soziales ge-
lernt: dass die Vergleiche hinsichtlich der Rendite zwi-
schen der privaten Altersversorgung und der gesetzli-
chen Rente verdammt stark hinken. Am Ende kochen
alle mit Wasser. Wenn man in die private Altersversor-
gung, die eben das Institut der Solidarität nicht kennt,
die Risiken des Lebens einrechnet,


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


dann können wir nur froh sein, dass wir die gesetzliche
Rentenversicherung in unserem Lande haben, und dabei
bleibt es.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



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(C (D Die große Koalition leitet mit dem Haushalt 2006 und das füge ich ausdrücklich hinzu – mit dem Hausalt 2007 die Wende aus einer schwierigen Lage der undesfinanzen ein. Vor wenigen Jahren wurde versprohen, im Jahr 2004 nur 10 Milliarden Euro und im ahr 2005 nur 5 Milliarden Euro Neuverschuldung einuplanen. Tatsächlich waren es dann aber 39 Milliarden uro anstatt 10 Milliarden Euro und 31 Milliarden Euro nstatt 5 Milliarden Euro. So weit klafften Wunsch und irklichkeit leider auseinander. Die neue Regierung etzt deshalb neue Akzente. Wir nehmen unsere Vereinarungen und Zusagen ernst. Der Bundestag berät in dieer Woche einen Haushalt der ehrlichen Zahlen. Hausalt und Haushaltsbegleitgesetz führen zu einer Abkehr on wachsender Staatsverschuldung. Herr Bundesfinanzminister Steinbrück, Sie haben estern eine höchst beachtliche Einbringungsrede gehalen. Sie hat mir imponiert. Das sage ich in aller freundchaftlichen Offenheit. Ich möchte Ihnen dazu ganz erzlich gratulieren. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


ch hätte Ihnen gestern gerne noch länger zugehört. Sie
aben ganz offen viele richtige Dinge angesprochen, bei-
pielsweise die Entwicklung unserer Investitionsquote.

Das Wichtigste war vielleicht die Überschrift, die Sie
ewählt haben: Wir müssen – das waren Ihre Worte –
it diesem Haushalt den Weg in die Realität beschreiten.


(Dirk Niebel [FDP]: Der Ramsauer ist ein echter Fan!)


ch kann Ihnen für meine Fraktion versprechen: Auf die-
em Weg in die Realität und bei der Verwirklichung der
inanzpolitischen Erfordernisse haben Sie uns fest an Ih-
er Seite. Hier können Sie sich auf die CDU/CSU-Frak-
ion verlassen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Die neue Regierung pflegt auch einen neuen Stil,
ämlich die Übereinstimmung von Reden und Handeln.
ie neue Regierung schafft neues Vertrauen.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hat sie doch gar nicht!)


eutschland wird auf internationaler Ebene wieder ernst
enommen.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was?)


Frau Bundeskanzlerin, Sie haben der Stimme
eutschlands mit klaren Worten und einem klaren Kurs
ieder Beachtung verschafft.


(Beifall bei der CDU/CSU)


ie wir vom Kollegen Gerhardt gehört haben, liegen
ir damit völlig auf einer Linie. Das Verhältnis zu den
ereinigten Staaten wird Gott sei Dank wieder von ei-
er guten Partnerschaft geprägt. Sie sprechen nicht nur
elegentlich über Menschenrechte, Frau Bundeskanzle-
in, sondern auch, wenn Sie in Moskau sind.






(A) )



(B) )


Dr. Peter Ramsauer

(Beifall bei der CDU/CSU)


Außen- und Sicherheitspolitik finden in unserem poli-
tischen Geschehen leider nicht immer die angemessene
Beachtung.

Deutschland ist mehr als jedes andere Land vom
Exporterfolg abhängig.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das waren wir ja schon immer! Guten Morgen!)


– Aber man kann es nicht oft genug sagen, Frau Künast,
und zwar gerade an die Adresse Ihrer Partei gerichtet.
Denn dort sitzen viel zu viele Realitätsverweigerer.
Auch sie sollten das endlich zur Kenntnis nehmen. – Wir
sind mehr als jedes andere Land von sicheren Handels-
wegen, fairen Wettbewerbsregeln und einer verlässli-
chen Rohstoffversorgung abhängig.

Auch ist kaum jemand reiselustiger als wir Deut-
schen. Deutschland braucht Partner, damit für seine Bür-
ger und Betriebe die Welt sicher, aber auch voller Chan-
cen ist. Klar ist deshalb: Wer Partner braucht und von
Partnerschaft profitiert, muss auch selbst ein verlässli-
cher Partner sein. Dazu gehört die Bereitschaft zur Über-
nahme internationaler Verantwortung, soweit Deutsch-
land dazu in der Lage ist. Aber wir dürfen uns nicht
überfordern lassen.

Frau Bundeskanzlerin, es war klug und richtig, Ihre
Kanzlerschaft mit einem Schwerpunkt in der Außen-
und Europapolitik zu beginnen. Je größer Deutschlands
Einfluss in der Außen- und Europapolitik ist, desto bes-
ser kann es auch weltweit Einfluss geltend machen und
desto erfolgreicher können wir die Probleme unseres
Landes in einer immer stärker globalisierten Welt lösen.

Deutschland steht wieder im Zentrum europäischer
Entscheidungen. Wir werden in absehbarer Zeit die Prä-
sidentschaft in der Europäischen Union übernehmen.
Die Lage unseres Landes mitten in Europa ist für uns ein
unschätzbarer Vorteil, solange die Europäische Union
stabil und erfolgreich ist. Ich glaube, Europa hat mit den
Verträgen von Maastricht, Amsterdam und Nizza große
Sprünge nach vorn gemacht. Das war nicht immer ein-
fach, aber der Weg – die Einführung einer gemeinsamen
Währung und die Aufnahme von zehn neuen Mitglied-
staaten vor zwei Jahren – war richtig.

Das Nein zum Verfassungsvertrag in Frankreich und
in Holland kam nicht etwa dadurch zustande, dass die
Menschen dort den Verfassungsvertragsentwurf von der
ersten bis zur letzten Seite durchgelesen und sich dann
nach Abwägung aller Umstände überwiegend für die
Ablehnung entschieden hätten; das Nein kam in diesen
Ländern vielmehr dadurch zustande, dass sich die Men-
schen durch die Entwicklungen in Europa, durch einen
immer stärkeren Zentralismus und eine uferlos erschei-
nende Erweiterung überfordert gefühlt haben. Deswegen
muss es für uns in der Europapolitik darum gehen, die
Menschen mit dieser Entwicklung nicht zu überfordern.
Europa muss sich über die Herzen der Menschen entwi-
ckeln und gedeihen. Wenn wir das beherzigen, dann

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(C (D erden wir einen erfolgreichen europapolitischen Kurs erfolgen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die neue Regierung in Deutschland gibt auch den Be-
ühungen Europas den Schwung, der wettbewerbsfä-

igste Wirtschaftsraum zu werden. Es ist eine gute
achricht für ganz Europa, dass die neue Regierung in
eutschland wieder Politik für die größte europäische
olkswirtschaft macht und Deutschland damit zu einem
irtschaftsmotor in Europa werden kann.

Deswegen geht die neue Regierung auch mutige Re-
ormaufgaben an. Wir haben die Föderalismusreform
ngepackt. Wir werden diese Reform gemeinsam zu ei-
em guten Ende bringen.Wir sind das nicht zuletzt – das
age ich ganz deutlich im Deutschen Bundestag und vor
er deutschen Öffentlichkeit – unseren Kommunen
chuldig; denn die beklagenswerten Kommunen in
eutschland sind so ausgeblutet wie keine andere öffent-

iche Hand. Wir werden mit der Föderalismusreform
eshalb auch den Kommunen helfen. Erst wenn die
ommunen wieder hinreichende Spielräume in ihren
udgets haben, entstehen beispielsweise auch Spiel-

äume für geringere Kindergartengebühren – erst da-
urch und nicht durch das Verschieben von Finanzmas-
en, die gar nicht vorhanden sind.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Lang ist über die Notwendigkeit gesprochen worden,
as Renteneintrittsalter auf 67 Jahre anzuheben. Selbst
erhard Schröder schloss das damals nicht aus. Die
roße Koalition packt dies an. Wohlgemerkt ist es nicht
o, wie manchmal getan wird, dass das schon morgen

irklichkeit ist. Vielmehr erhöht sich das Renteneintritts-
lter schrittweise ab 2012 und zieht sich dann – das wird
tändig verschwiegen – über 18 Jahre hin. Wir werden
eshalb manchmal im Ausland belächelt, weil man der
einung ist: Wenn mit einem Prozess, der unvermeid-

ich ist, erst in sechs Jahren begonnen wird und sich die-
er dann über 18 Jahre erstreckt, ist das eine regelrechte
eformbremse.

Die große Koalition wird auch die Reform der
esundheitsversorgung rechtzeitig auf den Weg brin-

en. Die Krankenkassen dürfen nicht mehr in einem so
iefen Defizitsumpf versinken, wie das im Jahr 2003 der
all war. Richtig ist zwar, dass die Partner in der großen
oalition mit unterschiedlichen Konzepten antreten.
ber ich bin zuversichtlich, ja ich bin mir sicher, dass
ir die richtigen Elemente in den Vorschlägen beider
artner in einem sehr guten Konzept miteinander verbin-
en werden.

Die Landtagswahlen vom vergangenen Sonntag ha-
en den Vertrauensvorschuss für die große Koalition er-
euert. Die Mehrheit der Wähler setzt auf eine gute und
aßvolle Reformpolitik. Wie gefestigt übrigens die Re-

ormbereitschaft der großen Koalition selbst in kleinen
ingen ist, hat jüngst der Kollege Müntefering unter Be-
eis gestellt. Er beginnt neuerdings seine Briefe an die
raktionsmitglieder der großen Koalition mit „Liebe






(A) )



(B) )


Dr. Peter Ramsauer
Kolleginnen und Kollegen“ und nicht mehr mit „Liebe
Genossinnen und Genossen“.


(Heiterkeit bei der CDU/CSU – Beifall des Abg. Dr. Guido Westerwelle [FDP])


Das stimmt hoffnungsfroh; denn wer so mutig alte Zöpfe
abschneidet, der springt auch über den eigenen Schatten,
wenn es erforderlich ist.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Jetzt ist Deutschland gerettet! – Hubertus Heil [SPD]: Wir nennen einfach nicht jeden „Genossen“!)


Reformen bringen immer Veränderungen. Die einen
empfinden diese Veränderungen als Chance. Die ande-
ren empfinden sie als schmerzlichen Abschied von Be-
währtem, von Besitzständen. Dies gilt auch im Hinblick
auf unseren regulierten Arbeitsmarkt. Die Koalition hat
sich im Interesse der Arbeitsuchenden auf Schritte hin zu
einem flexibleren Arbeitsrecht und eine Überprüfung
arbeitsmarktpolitischer Instrumente verständigt. Ob al-
lerdings diese Schritte ausreichen werden, um die Be-
reitschaft zu Neueinstellungen vor allem in kleinen und
mittleren Unternehmen zu stärken, werden wir ganz ge-
nau beobachten. Denkverbote dürfen wir uns jedenfalls
hier nicht auferlegen. Solche Verbote würden den
5 Millionen Arbeitsuchenden in unserem Land nämlich
nicht weiterhelfen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Reformen werden akzeptiert, wenn sie als notwendig
und gerecht empfunden werden. Oft hört man den Vor-
wurf, diejenigen mit starken und breiten Schultern wür-
den hierzulande zu wenig tragen. Häufige Wiederholun-
gen machen dieses Argument auch nicht wahr. Ich
möchte dies mit zwei Zahlen belegen. Ein Blick auf die
Einkommensteuerstatistik des Finanzministeriums ver-
hilft zu einer besseren Einsicht. Die 5 Prozent der Steu-
erpflichtigen mit dem höchsten Einkommen schultern
knapp 43 Prozent des gesamten Einkommensteuerauf-
kommens.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Beifall bei der FDP!)


Auf die Steuerpflichtigen in der oberen Hälfte der Ein-
kommensstatistik entfallen sage und schreibe 92 Prozent
des Einkommensteueraufkommens. Man mag ja über
exzessive Auswüchse in Einzelfällen streiten. Aber un-
ser Steuersystem unter den Generalverdacht der Unge-
rechtigkeit zu stellen, das geht an den Realitäten weit
vorbei.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


Reformen können den Hauptteil der Bundesausgaben
leider nicht aussparen. Die große Koalition wird dem
Sozialstaat neue Ziele setzen: weniger Verteilungsstaat
herkömmlicher Prägung, mehr Gewicht auf Sozialinves-
titionen, um es mit einem Wort des Tübinger Philoso-
phen Otfried Höffe zu sagen – damit der Begriff „Sozial-
investitionen“ den richtigen Klang bekommt. Deshalb

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(C (D ut die neue Regierung mehr für junge Familien. Der rste Schritt war die Verbesserung der steuerlichen Anerennung der Kosten für Kindererziehung. Dieser Weg ird beim Elterngeld fortgesetzt. Der Standpunkt von DU und CSU ist klar: Der Staat muss die Lebensplaung junger Familien respektieren. An der Wahlfreiheit on Vater und Mutter darf nicht gerüttelt werden. Im Monatsbericht des Finanzministeriums vom eptember 2005 wird der finanzielle Umfang der geltenen Familienförderung mit 59 Milliarden Euro angegeen, wovon 41 Milliarden Euro auf steuerliche und 8 Milliarden Euro auf sozialpolitische Maßnahmen entallen. Die große Koalition will in die Vielzahl der Maßahmen mehr Transparenz bringen, damit alle von dieser örderung besser profitieren können. Die Reformpolitik der großen Koalition orientiert ich am Leitbild der Nachhaltigkeit. Nachhaltigkeit beieht sich nicht nur auf Ökologie, sondern auch auf weite ebiete der Sozialpolitik; dabei geht es um Genera ionengerechtigkeit und um eine solide Finanzpolitik. ie Wirtschaftspolitik muss auf ein nachhaltiges Wachs um zielen und nicht auf kurzfristige Strohfeuer. Die taatshaushalte dürfen nicht zu einer immer stärker drükenden Last für die nachfolgenden Generationen weren. ie Beziehungen zwischen den Generationen müssen uf eine für die ältere und für die jüngere Generation leichermaßen faire und gerechte Grundlage gestellt erden. Die Politik der neuen Regierung gewinnt Vertrauen urch Wahrheit und Klarheit – Steinbrücks Worte: „Weg n die Realität“. Die große Koalition sorgt für klare Perpektiven angesichts der Chancen und Risiken der Gloalisierung. Deshalb werden wir auch mehr für Forchung und Entwicklung tun. Wir sind gerade dabei, mit er Dienstleistungsrichtlinie die Märkte in Europa für xzellente deutsche Dienstleistungen zu öffnen. ir sagen die Wahrheit über den Zustand der Staatsfianzen, aber auch über die Lage bei Rente, Gesundheit nd Pflege. Der Grundakkord unserer Politik lautet: Sanieren, Inestieren, Reformieren. Nur durch Reformen gelingt die berwindung der Investitionsschwäche. Nur durch mehr nvestitionen kommen wir zu mehr Beschäftigung und ur durch entschlossenes Sanieren erwirtschaften wir bei en öffentlichen Finanzen die Handlungsspielräume, die ir zur Finanzierung dringender Zukunftsinvestitionen enötigen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Zuruf von der FDP: Richtig!)


(Zuruf von der LINKEN: Oje, oje!)


Der Stimmungswandel und das anziehende Wirt-
chaftswachstum erleichtern die Konsolidierung. Aber
as alleine reicht nicht aus,






(A) )



(B) )


Dr. Peter Ramsauer

(Zustimmung des Abg. Steffen Kampeter [CDU/CSU])


um das strukturelle Defizit des Bundeshaushaltes in
Höhe von etwa 60 Milliarden Euro zu beheben. Unsere
erste Priorität lautet natürlich: eisern sparen, sparen und
sparen.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Wo denn?)


Aber die dramatische Lage des Bundeshaushalts macht
auch eine Erhöhung der Einnahmen unvermeidlich. Wir
haben das bereits im Wahlkampf unmissverständlich
deutlich gemacht – ich spreche jetzt für CDU und CSU –;
das war ein Stück Wahrheit, für die wir vielleicht etwas
haben büßen müssen.


(Widerspruch bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Aber heute sind wir froh und glücklich, dass wir dies of-
fen gesagt haben.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt doch nicht! Damals noch wollten Sie alles in die Sozialversicherung stecken! Sie haben Ihre Leute doch auch belogen!)


Was wir für Soziales, Zinsen und Tilgungen sowie für
Personal aufzuwenden haben, übersteigt die Steuerein-
nahmen. Da wird jedem deutlich, dass wir um Einnah-
meerhöhungen nicht herumkommen. Der Verzicht auf
die Mehrwertsteuererhöhung wäre nicht ohne drasti-
sche Einschnitte bei den Sozialausgaben möglich. Wer
wollte massive Rentenkürzungen oder etwa die Kürzung
des Kindergeldes? Nein, meine Damen und Herren, da-
vor müssen wir zurückschrecken. Wir müssen den Weg
alternativer Einnahmeerhöhungen gehen. Ich weiß na-
türlich, dass wir uns damit herber Kritik ausgesetzt ha-
ben. Aber Mut und das Fehlen von Denkverboten müs-
sen die Politik dieser Koalition auszeichnen.

Wir setzen gemeinsam auf wirksame Instrumente für
mehr Wachstum und Beschäftigung. Der Haushaltsent-
wurf setzt unser Impulsprogramm um. Das muss so
schnell wie irgend möglich geschehen. Wir setzen vor
allen Dingen Anreize für Investitionen. Neuinvestitionen
– ich sage dies noch einmal – sichern und schaffen Ar-
beitsplätze. Der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung
wird wie versprochen von 6,5 Prozent auf 4,5 Prozent
gesenkt. Das bringt mehr Geld für Arbeitgeber und Ar-
beitnehmer. Wir haben uns auch zum Ziel gesetzt, ent-
schlossen zu entbürokratisieren. Unter Bürokratie leiden
die Investoren am meisten. Wir haben jetzt schon – rück-
wirkend zum 1. Januar – die degressive Abschreibung
verbessert. Das bringt rasch und wirksam Investitions-
impulse.

Wir werden die engen Spielräume des Bundeshaus-
halts bis an die Grenzen des Möglichen auch für Investi-
tionen nutzen. So wurde die steuerliche Absetzbarkeit
von Handwerkerrechnungen durch private Haushalte er-
weitert. Ich sage dies vor allen Dingen im Hinblick da-
rauf, dass wir aus dem Bereich des Handwerks – als
Müllermeister komme ich selbst aus dem Handwerk –

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(C (D it Briefen bombardiert werden – ich verstehe jeden riefschreiber –, in denen Bedenken gegen die Mehrertsteuererhöhung geäußert werden. Deshalb ist es ichtig, dass wir Investitionsimpulse setzen, wozu auch ie steuerliche Absetzbarkeit von Handwerkerrechnunen durch Privathaushalte zählt. Das ist eine alte und beechtigte Forderung des deutschen Handwerks. Mehr Mittel für Verkehrsbauten, mehr Mittel für Forchung und Technologie! Deutschlands Kapital sind die öpfe. Deshalb ist jeder Euro dort gut angelegt. Die Regierung schafft wieder Vertrauen. Die Zuunftserwartungen der deutschen Wirtschaft sind so ositiv wie seit fünf Jahren nicht mehr. Alle Frühindikaoren zeigen nach oben. Ich freue mich darüber zusam en mit unserem Bundeswirtschaftsminister Michael los. Das ist ein hervorragender Weg in eine gedeihliche irtschaftliche Zukunft Deutschlands, Herr Bundeswirt chaftsminister. (Beifall bei der CDU/CSU – Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Peinlich!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


as Verbrauchervertrauen hat zuletzt den höchsten
ert seit dem Jahr 2000 erreicht.

Aber auch die harten Faktoren sprechen dieselbe
prache. Die Auftragseingänge nehmen zu. Der Maschi-
enbau und der Großanlagenbau melden eine spürbare
elebung der Inlandsnachfrage. Ebenso verdeutlichen
ie jüngst wieder ansteigenden Steuereinnahmen, vor al-
en Dingen bei der Gewerbesteuer, die wirtschaftliche
rendwende. Besonders freut mich, dass der Stim-
ungsumschwung den Mittelstand erreicht hat. Der Mit-

elstand ist mehr denn je das Rückgrat der deutschen
irtschaft, mehr vielleicht als manches DAX-Unterneh-
en.

Der Aufschwung gewinnt an Fahrt und Breite. Wie in
er Vergangenheit müssen wir auch gegenwärtig die
achstumsprognosen korrigieren, aber diesmal Gott sei
ank erstmals nach oben, und darauf können wir alle
iteinander stolz sein.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


s wird – es gehört zur Ehrlichkeit, das zu sagen, und es
st die Realität – noch eine geraume Zeit dauern, bis wir
u einer grundlegenden Wende gelangen; denn die
ende auf dem Arbeitsmarkt ist bekanntlich ein traditio-

eller Spätindikator einer positiven wirtschaftlichen Ent-
icklung.

Vier Monate nach dem Regierungswechsel wird aber
ür jeden die Änderung im Stil der Politik deutlich. Das
ertrauen der Menschen in die Zukunftsfähigkeit unse-

es Landes ist gestiegen. Dies ist vor allem ein Verdienst
on Ihnen, liebe Frau Bundeskanzlerin, und Ihres Kabi-
etts.

Die Unionsparteien werden auf der Basis ihrer
rundsatzpositionen ihren Beitrag dazu leisten, dass die






(A) )



(B) )


Dr. Peter Ramsauer
zunächst von keiner Seite gewollte große Koalition am
Ende eine Erfolgsgeschichte wird.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1602800600

Als nächster Redner hat das Wort der Kollege Oskar

Lafontaine von der Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Oskar Lafontaine (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1602800700

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Der Kollege Ramsauer hat, wie zu erwarten war, da-
von gesprochen, dass die große Koalition das Kursbuch
für einen neuen Kurs vorgelegt hat. Wenn man eine Wer-
beagentur zurate ziehen würde, würde sie für den Ver-
kauf immer empfehlen, von etwas Neuem, von einer In-
novation zu sprechen und zu unterstreichen, dass
wirklich ein Aufbruch in Deutschland stattgefunden hat,
dass man also zu neuen Ufern aufbrechen will.

Ich will für meine Fraktion sagen, dass die Situation
sich für uns weniger vorwärts gewandt darstellt. Wir
stellen zunächst einmal fest, dass die Politik der Regie-
rung Merkel die Politik der Regierung Schröder/Fischer
fortsetzt, und zwar in der Außenpolitik ebenso wie in der
Wirtschafts- und Finanzpolitik.


(Beifall der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE] sowie bei Abgeordneten der SPD – Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wollen wir einmal zurückweisen hier!)


– Es freut mich, dass hier teilweise Beifall gespendet
wird. Dies ist unsere Überzeugung. Sie können eine an-
dere Auffassung haben.

Wir begründen unsere Haltung damit, dass die wichti-
gen Entscheidungen der letzten Jahre – ob das Hartz IV
war, ob das die Agenda 2010 war oder ob das die Betei-
ligung Deutschlands an völkerrechtswidrigen Kriegen
war – von allen Fraktionen dieses Hauses getragen wor-
den sind. Also sehen wir keine Veränderung der Politik
durch den Wechsel zur großen Koalition.


(Beifall bei der LINKEN – Bernhard Brinkmann [Hildesheim] [SPD]: Gysi ist nach Belgrad gefahren!)


Ich beginne mit der Außenpolitik – davon war schon
die Rede – und stelle fest, dass die Außenpolitik auch
dieser Regierung keine klare Grundlage hat. Ich will da-
rauf hinweisen, dass derjenige, der sich zu politischen
Themen äußert, zunächst gehalten ist, die Begriffe zu
klären. Wenn man zum Beispiel sagt, man stelle in den
Mittelpunkt seiner Außenpolitik den Kampf gegen den
internationalen Terrorismus, dann muss man definieren
können – ich wiederhole das –, was man unter „interna-
tionalem Terrorismus“ versteht. Wenn man dies nicht
kann, dann gerät man in die Gefahr, eine Außenpolitik
zu betreiben, die keine klare Grundlage hat.

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(C (D (Karl-Georg Wellmann [CDU/CSU]: Jetzt erklären Sie uns das einmal!)


Deshalb will ich für die Linke hier noch einmal fest-
tellen, dass von keiner der beteiligten Parteien bis zum
eutigen Tage eine Antwort auf die Frage gegeben wor-
en ist, was wir eigentlich unter Terrorismus und damit
nter internationalem Terrorismus verstehen. Für uns
st Terrorismus das Töten unschuldiger Menschen zum
rreichen politischer Ziele.


(Beifall bei der LINKEN)


Unter diesem Gesichtspunkt waren die Attentäter, die
n das World Trade Center geflogen sind und 3 000 Un-
chuldige umgebracht haben, natürlich Terroristen. Un-
er diesem Gesichtspunkt sind natürlich auch die jungen

enschen, die als Selbstmordattentäter in tragischer
eise sich ihr Leben nehmen und Unschuldige mit in

en Tod ziehen, Terroristen. Unter diesem Gesichtspunkt
ind aber auch – dieser Erkenntnis verschließt sich die

ehrheit in diesem Hause – die Bombardierungen von
tädten und Dörfern in Afghanistan oder im Irak terro-
istische Akte,


(Beifall bei der LINKEN)


ie man genauso qualifizieren muss wie die Handlun-
en, die ich vorher beschrieben habe. Da Sie diesem Ur-
eil ausweichen, hat Ihre Außenpolitik an dieser Stelle
eine klare Grundlage.

Die zweite Frage ist, ob Sie tatsächlich der Auffas-
ung sind, dass die Kriege im Vorderen Orient Kriege für
reiheit und Demokratie sind. Wir haben eine ganz an-
ere Auffassung. Ich habe schon des Öfteren Oswald
pengler zitiert, der in der ersten Hälfte des vorigen
ahrhunderts Außenpolitik definierte als Kämpfe um
ohstoffe und Absatzmärkte. Nach unserer Auffassung

rifft diese konservative Definition auf die Außenpolitik
er führenden Supermacht des Westens nach wie vor zu:
hre Außenpolitik ist kein Kampf um Demokratie und
rieden, sondern sie ist nach wie vor ein Kampf um
ohstoffe und Absatzmärkte. Das gilt in vollem Umfang

n Bezug auf den Vorderen Orient.


(Beifall bei der LINKEN)


Die dritte Frage, die Sie nicht beantwortet haben, ist,
b Sie sich im Rahmen der Außenpolitik an das Völker-
echt halten wollen. Das ist doch eine relevante Frage.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie sich nicht für die Folter ausgesprochen?)


Darauf komme ich bei Gelegenheit zu sprechen. Ver-
hrte Frau Roth, Sie waren Menschenrechtsbeauftragte,
ls zahlreiche Rechtsbrüche hier in Deutschland – Ent-
ührungen, Folter – stattgefunden haben.


(Beifall bei der LINKEN)


ffensichtlich haben Sie in dieser Zeit gepennt. Für
eine Fraktion möchte ich Ihnen noch einmal sagen:
er durch die Unterstützung völkerrechtswidriger
riege für den Tod Tausender Unschuldiger mitverant-
ortlich ist, der soll in diesem Hause nicht über






(A) )



(B) )


Oskar Lafontaine
Menschenrechte reden. Das ist unsere Position in dieser
Frage.


(Beifall bei der LINKEN – Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Lächerlich!)


Ich werfe also noch einmal die Frage auf, ob Sie sich
an das Völkerrecht halten wollen.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie war das mit der Folter, Herr Lafontaine? – Renate Künast [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Jetzt zum Thema Folter!)


– Ja, regen Sie sich nur auf! Das macht durchaus Freude.
Dann weiß man, dass Sie getroffen sind.


(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich stelle also die Frage, ob Sie sich an das Völkerrecht
halten wollen. Es ist bekannt, dass weder der Jugosla-
wienfeldzug


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jugoslawienfeldzug? Ihre Begrifflichkeit verrät Sie!)


noch der Afghanistankrieg mit dem Völkerrecht zu ver-
einbaren waren. Weniger bekannt ist, dass auch der Irak-
feldzug von Deutschland mit getragen worden ist. Wenn
das Bundesverwaltungsgericht feststellt, dass Deutsch-
land Beihilfe zum Irakkrieg geleistet hat


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Ist Herr Gysi gerade in Weißrussland?)


und dass die Beihilfe zu einem völkerrechtswidrigen
Krieg ebenfalls ein völkerrechtswidriges Handeln dar-
stellt, dann wäre doch zu erwarten, dass sich dieses Haus
mit diesem höchstrichterlichen Urteil beschäftigt. Aber
das ist in den letzten Wochen und Monaten nicht gesche-
hen.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Außenpolitik hat keine klare Grundlage. Weder
definiert sie, was Terrorismus ist, noch erklärt sie sich zu
der Frage, ob es hier um Freiheit und Demokratie oder
um Rohstoffsicherung geht, noch hat sie klar erkannt,
dass das Völkerrecht beachtet werden muss, wenn wir
überhaupt Friedenspolitik betreiben wollen. Insofern
steht die Außenpolitik auf tönernen Füßen. Es besteht
nachher Gelegenheit, diese drei Sachargumente zu ent-
kräften.


(Hubertus Heil [SPD]: Gern!)


Wir sind sehr gespannt darauf.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Ich komme zur Europapolitik und damit auch zur
Frage der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Herr Kol-
lege Ramsauer, Sie haben die Europapolitik der neuen
Regierung, die eine Fortsetzung der bisherigen ist, für
richtig befunden. Wir glauben, dass es in den letzten Jah-
ren zwei gravierende strukturelle Fehlentwicklungen ge-
geben hat. Das eine ist der Maastrichtvertrag und das an-
dere ist die Verfassung der Europäischen Zentralbank.

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(C (D Niemand im angelsächsischen Raum käme auf die dee, eine Zentralbankverfassung zu verabschieden, wie ir sie in Europa haben. Eine Zentralbank, die aus chließlich dem Ziel der Preisstabilität verpflichtet ist, eigt zu gravierenden Fehlentscheidungen, die insbesonere Wachstum und Beschäftigung hemmen. Wir haben as in den letzten Jahren oft genug erlebt. Ich möchte lso für meine Fraktion hier feststellen, dass es das Mineste wäre, die Verfassung der Europäischen Zentralank an die Verfassung der amerikanischen Notenbank nzupassen. ie amerikanische Notenbank ist nämlich nicht nur auf reisstabilität verpflichtet, sondern sie ist ebenso verflichtet, Wachstum und Beschäftigung zu fördern. Es st bedauerlich, dass die Europäische Zentralbank in der etzigen Situation, in der es in Europa noch keine klare ufwärtsbewegung gibt, wiederum dabei ist, den Kurs er Zinspolitik zu ändern. Wir werden das in einiger eit, insbesondere in Deutschland, zu spüren bekomen. Nun zum Maastrichtvertrag. Vorhin war von naturissenschaftlicher Ausbildung die Rede. Einen Grund atz lernt man bei dieser Ausbildung, nämlich dass man ie Theorie überprüft, wenn das Experiment sie permaent widerlegt. ass der Maastrichtvertrag durch das Experiment bestäigt worden ist, kann nur jemand behaupten, der sehr, ehr kühn ist. Der Maastrichtvertrag ist eine Fehlonstruktion von Anfang an. Er hindert die Mitgliedstaaen der Europäischen Union daran, eine vernünftige Fisalpolitik zu betreiben. (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Nein, Schulden zu machen!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


aher müsste er nicht nur ein bisschen korrigiert wer-
en, sondern er müsste grundlegend reformiert werden,
enn wir Wachstum und Beschäftigung in Europa tat-

ächlich wollen.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich komme zur Innenpolitik und zur Bekämpfung
er Arbeitslosigkeit. Dabei spreche ich zwei Felder an.
as eine ist die Finanzpolitik. Das andere ist die Lohn-
olitik.

Der Bundesfinanzminister hat hier davon gesprochen,
ass seine Finanzpolitik nach seinem Urteil eine Finanz-
olitik der doppelten Tonlage sei. Ich kann diese Selbst-
inschätzung nicht in vollem Umfang teilen, Herr Fi-
anzminister. Ich glaube, dass Sie hier weiterhin das
intönige Lied des Neoliberalismus gesungen haben; in-
ofern konnte ich von doppelter Tonlage leider nichts er-
ennen.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Was ist daran eintönig?)


Herr Kollege Westerwelle, manchmal ist das Lied des
eoliberalismus auch sehr farbig, aber es ist besonders






(A) )



(B) )


Oskar Lafontaine
eintönig und bitter für diejenigen in unserem Land, die
davon negativ betroffen sind, und das sind in den letzten
Jahren immer mehr geworden.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Ich bringe Ihnen noch mal einen Ausschnitt aus dem Geschichtsbuch!)


Zunächst noch zur Grundausrichtung der Finanz-
politik. Wenn Sie sagen, Herr Bundesfinanzminister, die
Finanzpolitik unterstütze Wachstum und Beschäftigung,
dann müssen Sie das irgendwie begründen können. Sie
müssen zumindest irgendwie belegen können, dass die
Finanzpolitik expansiv ist. Das ist sie aber nicht. Sie
werden hier kein Institut zitieren können, das Ihrer Fi-
nanzpolitik einen expansiven Impuls bestätigt. Vielmehr
ist es so, dass nicht nur der Bundeshaushalt zurückgeht,
sondern auch die Gesamtheit der öffentlichen Haushalte.
Wenn die Gesamtheit der öffentlichen Haushalte zurück-
geht, ist die Finanzpolitik – das sollte man hier feststel-
len – nicht expansiv, sondern eher restriktiv. Über Zah-
len kann man nicht streiten, es sei denn, man redet sich
die Welt schön oder verliert sich in irgendwelchen ideo-
logischen Betrachtungen, die mit einer sachlichen Erör-
terung überhaupt nichts zu tun haben.


(Beifall bei der LINKEN – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie waren Finanzminister! Sie hätten das machen können!)


Aber nicht nur die Haushaltspolitik ist der gegenwär-
tigen konjunkturellen Lage nicht angemessen. Noch viel
mehr gilt das für die Steuerpolitik. Aber dazu möchte ich
das nach unserer Auffassung bestehende Kernproblem
der gegenwärtigen ökonomischen Entwicklung in
Deutschland formulieren, nämlich wie man die Erspar-
nisse wieder zurücklenkt in Investitionen. Wenn man
dies als Kernaufgabe akzeptiert, dann muss man zu-
nächst feststellen, dass dazu von Ihrer Regierung über-
haupt nichts angeboten wird. Das, was vorgelegt wird,
sind allenfalls Trippelschrittchen; in Wirklichkeit ge-
schieht viel zu wenig.

Dass dies das Kernproblem ist, können Sie dem
jüngsten Bericht der Bundesbank entnehmen. Dort steht,
bezogen auf das letzte Jahr, schlicht und einfach:

Somit wurde das inländische Sparaufkommen, an-
ders als in den 90er-Jahren, nicht mehr in vollem
Umfang von der gesamtwirtschaftlichen Sachkapi-
talbildung im Inland absorbiert.

Anders ausgedrückt: Es gelingt eben nicht mehr, die Er-
sparnisse in unserem Lande in die Investitionen zu len-
ken. Vielmehr wurde ein beträchtlicher und steigender
Teil dem Ausland zur Verfügung gestellt.

Die deutsche Wirtschaftspolitik darf nicht zulassen,
dass die Ersparnisse, die hier gebildet werden, nicht
mehr hier in Investitionen fließen, sondern dem Ausland
zur Verfügung gestellt werden. Die Frage ist, wie wir das
ändern können.


(Beifall bei der LINKEN)


Wenn wir überlegen, wohin unsere Investitionen ge-
lenkt werden können, dann müssen wir uns auf die ein-

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(C (D elnen Felder konzentrieren. Zunächst einmal – darauf at meine Kollegin Gesine Lötzsch gestern bereits hinewiesen – ist die Quote öffentlicher Investitionen eutschlands anzusprechen. Das ist einfach nicht mehr u fassen. Wieso glauben wir, dass wir uns als ein Indusriestaat, der in seiner Bedeutung für Europa von Ihnen, err Kollege Ramsauer, gepriesen worden ist, weiter ine Quote öffentlicher Investitionen erlauben können, ie seit vielen Jahren nur halb so hoch ist wie im Durchchnitt der EU-Mitgliedstaaten? Wieso glauben wir, wir önnen das auf Dauer durchhalten? (Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Das müssen jetzt ausgerechnet Sie sagen!)


eine Volkswirtschaft kann auf Dauer zu Wachstum und
eschäftigung finden, wenn nicht die öffentlichen Inves-

itionen einen entsprechenden Anteil an der gesamten
olkswirtschaftlichen Entwicklung haben.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Aber die privaten Investitionen auch! Das müsste der Ökonom Lafontaine gut wissen!)


eit vielen Jahren werden an dieser Stelle gravierende
ehler gemacht.

Noch wichtiger als Investitionen in die öffentliche In-
rastruktur sind Investitionen in die geistige Infrastruk-
ur. Auch hier kann man nur sagen: Es ist angesichts der
radition dieses Landes nicht zu fassen, dass wir bei den
ildungs- und Forschungsausgaben im unteren Drittel
er OECD-Statistik liegen. Das ist ein unhaltbarer Zu-
tand.


(Beifall bei der LINKEN)


uch die jetzigen Entscheidungen der Regierung Merkel
ndern nichts daran.

Wenn wir wirklich zu den Industriestaaten aufschlie-
en wollen, die in den letzten Jahren mehr Wachstum
nd Beschäftigung geschaffen haben, brauchen wir eine
ndere Quote öffentlicher Investitionen und deutlich
ehr Ausgaben für Forschung und Bildung. Das ist die

este Investition in die Zukunft eines Volkes.


(Beifall bei der LINKEN)


Nun stellt sich natürlich die Frage, wie man dies be-
erkstelligen kann. Damit komme ich zur Steuer- und
bgabenquote. Ich hatte Ihnen, Frau Bundeskanzlerin,
eim letzten Mal die simple Frage gestellt, welche
teuer- und Abgabenquote Sie eigentlich anstreben. In
iner seriösen Debatte über Haushaltspolitik müsste
iese Frage beantwortet werden können. Man müsste
och wissen, was man eigentlich will. Wenn man einen
aushaltsplan aufstellt, muss man sich die Frage stellen,
ie man die Einnahmeseite und die Ausgabenseite ge-

taltet. Aber offensichtlich ist diese Frage aufgrund ir-
endwelcher ideologischer oder anderer Barrieren in
eutschland überhaupt nicht mehr zu stellen.

Deshalb sage ich hier noch einmal: Wir haben eine
öllig unterdurchschnittliche Steuer- und Abgabenquote.
ie liegt nach der jetzigen Statistik bei 34 Prozent. Wir

iegen damit um 6 Prozent unter dem europäischen






(A) )



(B) )


Oskar Lafontaine
Durchschnitt. Umgerechnet auf unser Sozialprodukt sind
das rund 130 Milliarden Euro. Das werden wir auf
Dauer nicht durchhalten können, meine Damen und Her-
ren.


(Beifall bei der LINKEN)


Dabei ist noch nicht einmal eingerechnet, dass wir die
Einheit finanzieren müssen. Das ist eine unglaubliche
Fehlentwicklung der Haushaltssteuerung in den letzten
Jahren, die hier nur ganz bescheiden korrigiert werden
soll.

Sie haben darauf hingewiesen, dass sie korrigiert
werde, und sprachen dann von der Mehrwertsteuer. Es
war nun wirklich nicht akzeptabel, dass Sie, Herr Kol-
lege Ramsauer, in diesem Zusammenhang von einer
Übereinstimmung zwischen Reden und Handeln spra-
chen. Die Mehrwertsteuer ist leider ein eklatantes Bei-
spiel dafür, wie Parteien dazu beitragen, dass die Bevöl-
kerung immer politikverdrossener wird und sich immer
mehr Menschen weigern, zur Wahlurne zu gehen.


(Beifall bei der LINKEN)


Hier haben sich die beiden Parteien der großen Koalition
eines Wahlbetruges schuldig gemacht.


(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Haben Sie unser Wahlprogramm nicht gelesen?)


Das möchte ich im Rahmen der Generaldebatte anspre-
chen. Wenn eine Partei sagt, sie befürworte eine Mehr-
wertsteuererhöhung um 2 Prozent, die andere Partei hei-
lige Eide auf 0 Prozent Mehrwertsteuererhöhung
schwört und am Schluss 3 Prozent herauskommen, dann
ist die Bevölkerung der Bundesrepublik erbost, weil sie
sich betrogen fühlt, und geht eben nicht mehr zu den
Wahlurnen.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Hellmut Königshaus [FDP])


Das kann man Ihnen nicht so ohne weiteres durchgehen
lassen.

Dass Ihre Steuerpolitik, und zwar die Steuerpolitik al-
ler mit uns konkurrierenden Parteien, in den letzten Jah-
ren auf einem völlig falschen Pfad war, hat die Bundes-
bank ebenfalls festgestellt. Ich zitiere: Die Untersuchung
zeigt,

dass für den starken Defizitanstieg nach dem Jahr
2000 zwar auch konjunkturelle Einflüsse eine Rolle
gespielt haben. Ausschlaggebend war aber der
Rückgang der strukturellen Einnahmequote …

Deutlicher kann man dies nicht sagen.

Ich will es einmal anders formulieren: Hätten Sie die
Steuerreform 2000 nicht beschlossen, hätten Sie kein
einziges Jahr die Maastrichtkriterien verfehlt. Auch dies
ist in ungezählten Untersuchungen dargestellt worden.
Also stimmt die Steuer- und Abgabenquote nicht.

So einfach wie der Bundesfinanzminister darf man es
sich nicht machen: Wenn er sagt, die einzige Alternative,
die wir hätten, sei entweder eine Mehrwertsteuererhö-
hung oder eine drastische Kürzung bei Renten oder an-

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(C (D eren Sozialausgaben, dann ist dies eine Irreführung der evölkerung, die wir Ihnen nicht durchgehen lassen önnen, Herr Bundesfinanzminister. ie haben diese Behauptung zwar vielfach wiederholt, rotzdem bleibt sie schlicht und einfach eine Irreführung er Bevölkerung. Es sind 20 bis 30 andere Alternativen enkbar. Sie wissen, dass wir eine Alternative immer wieder ns Gespräch bringen: Statt dem Volk ständig in die Tache zu greifen, sollten Sie einmal den Mut haben, auch en Wohlhabenden in Deutschland in die Tasche zu greien. enn die Entwicklung der Einkommen und Vermöen läuft so stark auseinander, dass dies dringend geboen ist. An dieser Stelle haben Sie, Herr Bundesfinanzminiser, den freundlichen Hinweis gegeben – ich bin ja dankar, wenn ich von Ihnen etwas lernen kann –, ass das Kapital mobil sei. Sie waren also der Meinung, iese Tatsache sei mir nicht geläufig. Herr Bundesinanzminister, ich wohne an der deutsch-luxemburgichen Grenze und ich habe mich schon, als Sie noch ndere Funktionen hatten, mit der Kapitalflucht beschäfigt. (Lachen bei der SPD – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Aha!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Zuruf von der SPD: Genau!)


Ich habe noch keinen von euch erwischt. Deswegen
raucht ihr jetzt nicht zu lachen.


(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN)


Gehen Sie einmal getrost davon aus, dass ich sehr
ohl weiß, dass die Kapitalflucht ein Problem ist.

So wie ich vorhin auf die Methoden der Naturwissen-
chaft verwiesen habe, möchte ich Ihnen einen hilfrei-
hen Hinweis zur Wirtschafts- und Finanzpolitik geben.
enn wir in der Schule die uns gestellten Aufgaben

icht lösen konnten, dann waren wir zumindest so
chlau,


(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Gespickt!)


om Nachbarn abzugucken, der es besser gewusst hat.


(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Das ist lebensnah!)


as ist eigentlich auch etwas, was man von Ihnen erwar-
en könnte. Anscheinend ist das aber zuviel verlangt.

Wenn Sie hier mit der Ihnen eigenen Chuzpe sagen,
egen der drohenden Kapitalflucht könnten wir die Ver-
ögen in Deutschland nicht besteuern, dann muss man

och die Frage stellen, warum in vielen anderen In-
ustriestaaten eine ordentliche Vermögensbesteuerung
öglich ist. Täuschen Sie das Volk nicht in dieser unver-






(A) )



(B) )


Oskar Lafontaine
schämten Art und Weise, wenn es darum geht, Vermö-
gen in Deutschland zu besteuern!


(Beifall bei der LINKEN)


Wir sollten nicht so tun, als wären wir allein auf der
Welt und als hätten die anderen Staaten keine Erfahrun-
gen auf diesem Gebiet gemacht. Es dürfte Ihnen sicher
möglich sein, sich in Ihrem Hause die OECD-Statistik
über die Vermögensbesteuerung zu beschaffen. Dann
könnten Sie sehen, dass wir hinsichtlich der Vermögens-
besteuerung im Vergleich zu anderen Industriestaaten
weit zurückliegen, insbesondere im Vergleich zu den an-
gelsächsischen Staaten.

Ich möchte noch einmal einen Vorschlag machen, den
ich hier schon einmal vortragen durfte. Dieser Vorschlag
ist für jeden überprüfbar; man kann Ja oder Nein dazu
sagen. Das deutsche Geldvermögen – betroffen sind
also nicht das Sachkapitalvermögen und das Immobi-
lienvermögen – beträgt 4 000 Milliarden Euro. Die Hälfte
davon gehört dem einen Prozent der Bevölkerung, das
Sie vorhin teilweise angesprochen haben, Herr Kollege
Ramsauer. Das sind 2 000 Milliarden Euro. Wenn man
dieses Vermögen mit 5 Prozent besteuert – ich sage zum
Verständnis, dass die Durchschnittsrendite für dieses
Geldvermögen derzeit weit über 7 Prozent liegt –, dann
kann man 100 Milliarden Euro pro Jahr an Mehreinnah-
men für die öffentliche Hand erzielen.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Und wenn das Vermögen weg ist? Was ergeben dann die 5 Prozent?)


Wieso greifen Sie über die Mehrwertsteuererhöhung nur
dem Volk in die Tasche und wieso sind Sie nicht in der
Lage, an das Vermögen der Wohlhabenden zu gehen?
Das ist eine durchaus beschämende Entwicklung.

Weil ich gerade in Richtung der Fraktion der Sozial-
demokratischen Partei Deutschlands blicke, möchte ich
Sie daran erinnern, dass die stolze Feststellung des Bun-
desfinanzministers, dass wir mit die niedrigste Steuer-
quote in Europa haben, vor Jahren auf jedem SPD-Par-
teitag mit großem Missfallen entgegengenommen
worden wäre. Dass Sie dies jetzt als eine große Leistung
verkünden, zeigt, wie sehr sich diese Partei gewandelt
hat.


(Beifall bei der LINKEN)


Es zeigt auch, wie sehr sich Ihre Einstellung zu den
Staatsaufgaben und zu den Aufgaben der öffentlichen
Hand grundsätzlich verändert hat. Das hat große Nach-
teile für die Beschäftigten und die Arbeitslosen in die-
sem Land.

Wir brauchen eine andere Steuerpolitik. Ich habe Ih-
nen dazu Vorschläge gemacht. Es bestände dann die
Möglichkeit, das Barvermögen – davon ist im Bericht
der Bundesbank die Rede – in Richtung öffentliche In-
vestitionen und in Bildungsinvestitionen umzulenken.
Es ist ein einfacher Weg. Aber aus ideologischer Ver-
blendung heraus wollen Sie diesen Weg nicht gehen, der
ein Kernproblem unserer Volkswirtschaft lösen würde.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D Der zweite Punkt, den ich ansprechen möchte – man ann dies nicht oft genug tun –, ist die Lohnentwickung in Deutschland. Sie ist leider die miserabelste aller ndustriestaaten. Seit zehn Jahren haben wir kein Realohnplus mehr in Deutschland. Die Statistik weist einen ückgang von 0,9 Prozent aus. Vergleichbare Staaten atten in zehn Jahren ein Plus von real 20 Prozent wie twa die USA oder von 25 Prozent wie Großbritannien nd Schweden zu verzeichnen. Nun werden Sie sagen: Wir haben damit gar nichts zu un. – Das ist allerdings noch nicht einmal die halbe ahrheit. Natürlich sind die Politik der Bundesregierung nd die Politik der Länderregierungen mit konstituierend ür die Möglichkeiten gewerkschaftlicher Durchsetzung n Deutschland. Wenn Sie beispielsweise – um ein aktulles Thema aufzugreifen – immer noch dem abgelutschen Bonbon der Arbeitszeitverlängerung als Motor der eschäftigungsentwicklung anhängen, sind Sie auf dem öllig falschen Weg. ie Arbeitszeitverlängerung ist eines der Betrugswörter es Neoliberalismus, das Sie ununterbrochen gebrauhen. Die Arbeitszeitverlängerung ist ein Begriff, der etas intendiert, worum es gar nicht geht. Es geht nicht m eine Verlängerung der Arbeitszeit, sondern einzig nd allein um eine Verlängerung der Arbeitszeit bei gleihem Lohn, das heißt um eine Stundenlohnkürzung und m nichts anderes. Wer eine Stundenlohnkürzung will, soll das dann uch sagen. Es ist ein Trauerspiel, dass eine Partei – ich ehe sie hier –, die in ihrem Grundsatzprogramm, das ich iterarbeitet habe, Arbeitszeitverkürzungen vorsieht nd nach wie vor die 30-Stunden-Woche propagiert, bei ieser Arbeitszeitverlängerung bzw. Stundenlohnkürung mitmacht. Das ist wirklich eine traurige Fehlenticklung. er allerdings glaubt, in der jetzigen Situation der lahenden Binnennachfrage in Deutschland über Stunden ohnkürzungen irgendeinen Beitrag zu mehr Wachstum nd Beschäftigung leisten zu können, ist nicht mehr anz bei Trost; um dies einmal in aller Klarheit zu sagen. Weil wir den verhängnisvollen Trend der negativen ohnentwicklung in Deutschland durchbrechen müssen, enn wir in irgendeiner Form etwas für Wachstum und eschäftigung erreichen wollen, vertritt meine Fraktion ach wie vor die Einführung eines gesetzlichen Minestlohns. Wir haben nun einmal eine solch negative ohnspirale in Deutschland, dass es für dieses Parlament ringend geboten ist, diesen Negativtrend aufzuhalten. ir haben bereits Tariflöhne von unter 4 Euro pro tunde. Dies kann nicht mehr hingenommen werden. ie Verfassung unseres Landes, die in Art. 1 die Men chenwürde schützt, verpflichtet uns dazu, in Deutschnd Löhne sicherzustellen, von denen ein Arbeitnehmer, Oskar Lafontaine der arbeitet, auch anständig leben kann. Das ist die Idee des Mindestlohns. Ich möchte noch etwas zu den sozialen Sicherungssystemen sagen. Sie haben eine enorme volkswirtschaftliche Bedeutung, die weitgehend verkannt wird. Wenn man nur darüber redet, wie hoch der Beitragssatz sein soll, verkennt man die Aufgabenstellung völlig. Wenn man nur darüber redet, welchen Prozentsatz vom Nettooder Bruttolohn die Rente irgendwann einmal ausmachen soll, wird die entscheidende Frage ausgeklammert. Es kann nicht sein, dass bei der Gestaltung der sozialen Sicherungshöhe die Frage im Zentrum steht, wie hoch der Beitragssatz sein darf. Im Hinblick auf die Rente sollte man doch fragen, wie viel Geld ein älterer Mitbürger braucht, um anständig leben zu können. Was soll diese ganze Beitragssatzphilosophie, die Sie hier seit vielen Jahren fälschlicherweise vertreten? Diese Beitragssatzphilosophie führt zu Fehlentscheidungen. Auf den Beitrag starrend, verlieren Sie die entscheidende Frage bei den sozialen Sicherungssystemen völlig aus dem Auge. Sie haben sich zudem an dieser Stelle einer Irreführung schuldig gemacht, indem Sie gesagt haben, es gehe um Beitragssatzstabilität. Es ging Ihnen ausschließlich um Beitragssatzstabilität für die Unternehmerseite, während die Arbeitnehmer die Zusatzlasten in großem Umfang allein aufgebürdet bekamen. Diese schäbige Fehlentwicklung muss ich hier feststellen. Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Es gab in den letzten Jahren eine Politik, die im Ergebnis leider nicht bestätigt worden ist. Denn nur auf das Ergebnis kommt es an. Die Politik der letzten Jahre hatte zum Ziel, die Arbeitslosigkeit abzubauen. Das ist nicht gelungen. Diese Politik, die Sie, meine Damen und Herren von der großen Koalition, fortsetzen, trägt nicht zu mehr Wachstum und Beschäftigung bei. Sie wird also die Arbeitslosigkeit ebenso steigern wie die Politik der Vorgängerregierung. (Anhaltender Beifall bei der LINKEN – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Huldigt ihm!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1602800800

Das Wort hat jetzt der Kollege Hubertus Heil von der

SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Hubertus Heil (SPD):
Rede ID: ID1602800900

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr ge-

ehrter Kollege Gerhardt, ich möchte Sie ansprechen,
weil das möglicherweise die letzte längere Rede war, die
Sie als Fraktionsvorsitzender in diesem Haus gehalten
haben.


(Otto Fricke [FDP]: Irrtum!)


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(C (D ch möchte Ihnen durchaus unseren Respekt aussprehen. Ich bedauere es, dass Ihre Restlaufzeit durch Ihren achfolger begrenzt wurde. (Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Ich habe noch eine längere Lebenserwartung vor mir! – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Man sieht Ihnen die Traurigkeit an, Herr Kollege!)


anz im Ernst: Wir möchten Ihnen persönlich alles Gute
ünschen und haben zumindest vor Ihren außenpoliti-

chen Ansichten Respekt, auch wenn Ihre Rede heute in-
altlich wieder einmal daneben war.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Lachen bei Abgeordneten der FDP)


Herr Lafontaine, ich kann mir vorstellen, dass es Sie
mmer noch ein bisschen wurmt, dass die Westausdeh-
ung der PDS in Deutschland,


(Lachen bei der LINKEN)


ie Sie betrieben haben, am vergangenen Sonntag gran-
ios gescheitert ist.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ch will Ihnen auch sagen, warum mich das freut: weil
ie persönlich beispielsweise in Rheinland-Pfalz gegen
urt Beck in übelster Art und Weise Wahlkampf betrie-
en haben, auch mit Schlägen unter die Gürtellinie.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ber dass Sie heute die Unverschämtheit haben, die Au-
enpolitik der Regierung unter Gerhard Schröder in ei-
en Zusammenhang mit Oswald Spengler zu bringen,
inde ich schon ahistorisch, um es freundlich auszudrü-
ken.


(Beifall bei der SPD – Lachen des Abg. Oskar Lafontaine [DIE LINKE])


Wir haben in der Amtszeit von Gerhard Schröder eine
ußenpolitik begründet, die auf zwei Säulen fußt:
eutschland ist unter den veränderten Bedingungen der
elt bereit, internationale Verantwortung zu überneh-
en und sich nicht wegzuducken. Aber Deutschland

ntscheidet selbst, was es mitmacht und was nicht. Des-
alb lassen wir die historisch richtige Entscheidung,
ein zu sagen zum Irakkrieg, von Ihnen nicht im Nach-
inein diskreditieren, auch nicht in diesem Hause.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die große Koalition hatte einen guten Start; das ist
er Tenor der meisten Medien. Das ist auch notwendig,
eil in der Bevölkerung sehr hohe Erwartungen an die
roße Koalition bestehen. In meinem Wahlkreis sagen
iele: Wenn ihr schon koalieren müsst, weil das Wahler-
ebnis entsprechend ist, dann müsst ihr auch Großes hin-
ekommen. – Die beiden großen Volksparteien sind
uch in der Lage, große Dinge in diesem Land zu bewe-
en, weil die Möglichkeit besteht, die institutionalisier-






(A) )



(B) )


Hubertus Heil
ten Blockaden von Bundesrat und Bundestag vier Jahre
hinter sich zu lassen.


(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Abwarten!)


Bezogen auf die Wende in der Finanzpolitik, von der
so oft die Rede ist, möchte ich eines sagen:


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Der Finanzminister hat sie eingeleitet!)


Wir haben sie uns schon früher gewünscht, im Interesse
von Bund, Ländern und Kommunen. – Darauf hat Peer
Steinbrück hingewiesen. – Wir hätten es auch geschafft,
wenn wir früher mit dem Abbau von Steuersubventio-
nen begonnen hätten. Wir haben dies jetzt gemeinsam
eingeleitet und ich finde, darauf können wir stolz sein.
Wir haben bei den Steuersubventionen angesetzt und
beispielsweise die Eigenheimzulage abgeschafft, damit
der Staat handlungsfähig bleibt. Das ist eine der Leistun-
gen der großen Koalition in den ersten 100 Tagen.


(Beifall bei der SPD)


Wir wollen einen Erfolg der großen Koalition. Wir
wissen aber, dass nicht die ersten 100 Tage, sondern die
nächsten 1 000 Tage über den Erfolg der Koalition für
unser Land entscheiden. Deshalb wollen wir Sozialde-
mokraten verantwortungsbewusst und durchaus selbst-
bewusst in dieser Koalition weiterarbeiten. Wir haben
große Aufgaben vor uns. Wir haben mit der Umsetzung
der Genshagener-Beschlüsse begonnen und Impulse für
Wachstum und Beschäftigung gesetzt. So haben wir ein
Gebäudesanierungsprogramm aufgelegt, das ein Vielfa-
ches an privaten Investitionen auslösen wird. 30 Prozent
der Wärmekosten könnten in Deutschland eingespart
werden, wenn die Häuser vernünftig isoliert werden. Wir
wollen mit diesem Programm ein Zeichen setzen. Wir
investieren auch mehr in Bildung, Forschung und Wis-
senschaft. Wir investieren mehr in die Familien. Das ist
konkrete Politik zur Zukunftssicherung und das wurde
von der Koalition auch mit sozialdemokratischer Hand-
schrift verwirklicht.


(Beifall bei der SPD)


Wir konnten uns in den Koalitionsverhandlungen
nicht in jedem Punkt durchsetzen; aber das ist das Wesen
einer Koalition. Wir fühlen uns aber mit vielen Vereinba-
rungen durchaus wohl. Wir sagen, was mit uns geht und
was mit uns nicht geht. Die SPD wird in den nächsten
Wochen und Monaten, in den nächsten Jahren in dieser
Koalition Motor der Erneuerung sein, weil unser Land
Erneuerung braucht.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Der eingeschlagene Kurs muss konsequent fortgesetzt
werden. Es geht darum, in diesem Land die Zukunft zu
sichern. Deshalb müssen wir auf Erneuerung setzen. Wir
brauchen aber auch soziale Gerechtigkeit.

Wir sollten uns einmal damit auseinander setzen, dass
wir in diesem wunderbaren Deutschen Bundestag zwei
exaltierte Positionen haben: auf der einen Seite die FDP,
auf der anderen Seite die PDS. Ich finde, wir müssen
einmal darüber reden, was Sie gemeinsam haben. Sie be-

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(C (D reiben ein gemeinsames Spiel. Sie spielen wechselseitig irtschaftliche Dynamik gegen soziale Gerechtigkeit us. Die einen machen das, indem sie sagen: „Der Markt st das Problem der Menschen“. Sie meinen, der Natioalstaat könne alle Probleme dieses Landes lösen, man üsse nur die Einnahmen ordentlich erhöhen, die Instruente stünden zur Verfügung. (Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Das ist Ihrer Denkweise ähnlich! Das ist nicht so weit entfernt! Wer hat denn von den „Heuschrecken“ gesprochen?)


ll das, was sich verändert hat, wird als große Ver-
chwörung des internationalen Finanzkapitals darge-
tellt.

Wir haben Probleme mit dem ungeregelten internatio-
alen Kapitalverkehr, das ist keine Frage. Wir haben
ber auch hausgemachte Probleme in diesem Land, die
ir selbst lösen müssen. Es gibt Probleme in diesem
and, die Sie nicht lösen wollen, weil Sie die Verände-

ungen der Zeit nicht begriffen haben und weil Sie im-
er noch glauben, dass die Mauer steht und der Natio-

alstaat alles allein lösen kann.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das ist die eine Seite des Hauses. Sie erklären den
taat zum Löser aller Probleme und den Markt für das
roblem der Menschen.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Jetzt sind wir dran!)


Genau, jetzt sind Sie dran.

Die FDP erklärt den Menschen, der Staat sei ihr größ-
es Problem. Man müsste die Menschen nur vom Staat
efreien, weil der Markt alle Probleme lösen kann, und
war nach dem alten Motto: Wenn jeder an sich selbst
enkt, ist an alle gedacht.


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: So holzschnittartig hat nicht einmal Riemenschneider gearbeitet!)


as ist das wechselseitige Spiel dieser beiden Fraktio-
en.


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Jeder macht sich sein Bild, auf das er einschlägt!)


Schreien Sie nicht so herum!

Wir als Sozialdemokraten wissen, dass wirtschaftli-
he Dynamik und soziale Gerechtigkeit sich wechselsei-
ig bedingen. Die modernen Volkswirtschaften in
uropa, die es zum Teil besser als wir hinbekommen ha-
en, beweisen, dass eine Volkswirtschaft wie die unsrige
s sich nicht leisten kann, Menschen massiv von der
eilhabe an Bildungschancen auszugrenzen. Das ist die
arte Aufgabe, die wir bewältigen müssen.

Dass die soziale Herkunft in Deutschland stärker über
ildungs- und Überlebenschancen entscheidet als in an-
eren Ländern Europas, ist nicht nur verdammt unge-
echt, wir können es uns in Zukunft auch wirtschaftlich






(A) )



(B) )


Hubertus Heil
nicht leisten, auch nur ein Kind in unserer Gesellschaft
zurück zu lassen.


(Beifall bei der SPD)


Aber wir wissen auch, dass soziale Gerechtigkeit nur
dann zu verwirklichen ist, wenn wir eine dynamische
Wirtschaft haben. Wir wissen auch, dass sich die Dinge
verändert haben. Wir haben eine Globalisierung und
Europäisierung der Wirtschaft. Der technische Fort-
schritt hat unsere Arbeitswelt verändert. Die demografi-
sche Entwicklung können wir nicht wegdiskutieren. Die-
sen neuen Herausforderungen müssen wir uns stellen.
Diese Koalition tut das auch.

Wir müssen das beispielsweise auch auf dem Feld der
Gesundheitspolitik tun. Darüber wird in den nächsten
Tagen viel zu reden sein. Ich finde es gut, dass wir uns
miteinander vorgenommen haben, zu einer Lösung zu
kommen. Gesundheit ist schließlich das Kernverspre-
chen unseres Sozialstaates. Das Kernversprechen unse-
res Staates heißt: Wenn du krank wirst, wird dir medizi-
nisch geholfen und du musst nicht arm werden. Das ist
keine Banalität angesichts der Situation in anderen Län-
dern. Es gilt, dieses Versprechen zu halten und zu er-
neuern.


(Beifall bei der SPD)


Im Gesundheitswesen müssen eine Reihe von Dingen
angepackt werden, beispielsweise die Ausgabenseite.
Nach wie vor mobilisieren wir alle Kräfte für das Ge-
sundheitswesen, aber wir erzielen damit nicht immer das
beste Ergebnis. Wir müssen zunächst einmal darauf ach-
ten, dass mit dem Geld der Beitragszahler vernünftig
umgegangen wird. Es ist immer noch so, dass das Geld
im Gesundheitswesen an manchen Stellen mit vollen
Händen ausgegeben wird, während es an anderen Stellen
bereits fehlt, beispielsweise bei der Versorgung chro-
nisch Kranker. Deshalb ist unsere erste Aufgabe, die
Strukturen auf der Ausgabeseite zu verändern. Das geht
nur, wenn wir das gemeinsam angehen und ein breites
Kreuz gegenüber den Lobbyisten, die hier in Berlin ver-
suchen, ihre individuellen Interessen auf dem Rücken
der Versicherten durchzusetzen, haben. Wir wollen und
werden diese Aufgabe gemeinsam schultern. Dabei las-
sen wir uns auch nicht von Lobbyistenprotesten umbla-
sen. Wir wollen, dass mit dem Geld der Krankenversi-
cherten im Interesse der Menschen besser umgegangen
wird.


(Beifall bei der SPD)


Wir müssen jetzt die Strukturen verändern. In den
letzten 30 Jahren haben wir uns bemüht, die Kosten zu
begrenzen. Wir brauchen aber langfristig eine breite
Grundlage für unser Gesundheitswesen. Das liegt an der
demografischen Entwicklung, an der guten Tatsache,
dass wir länger leben, und an der schlechten Tatsache,
dass immer weniger Menschen Beiträge an die Kranken-
versicherungen leisten. Das liegt darüber hinaus an der
Tatsache, dass wir zwar einen großartigen medizinischen
Fortschritt haben, der jedoch unglaublich teuer ist.

Wenn wir als Abgeordnete nicht in wenigen Jahren
den Menschen in unseren Wahlkreisen sagen wollen:


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(C (D Es gibt jetzt ein ganz modernes Instrument und Mediament gegen deine lebensbedrohliche Krankheit, wir önnen es dir aber nicht geben, weil kein Geld dafür da st“, dann müssen wir miteinander die Anstrengung unernehmen, eine breite finanzielle Grundlage für unser esundheitswesen zu schaffen. Die SPD ist zu den dafür otwendigen Dingen bereit. Wir werden intensive Verhandlungen führen. Diesen ereich konnten wir im Koalitionsvertrag zugegebeneraßen nicht hinreichend klären, weil es Zeit braucht, um ine solide und vernünftige Lösung zu finden – Frau undeskanzlerin, die wollen wir –, die etwas länger als wei oder drei Jahre trägt. Es geht nämlich darum, in iesem Bereich in Zeiten des Wandels Sicherheit zu chaffen. Die Menschen in Deutschland müssen sich auf as Gesundheitswesen verlassen können. Das ist wichtig, um Vertrauen zu schaffen. Vertrauen st inzwischen auch eine ökonomische Größe. Wer kein ertrauen in diese Gesellschaft und in seine persönliche ukunft hat, der ist so verunsichert, dass er sich beipielsweise beim Konsum zurückhält. „Was kommt och?“, ist eine oft gestellte Frage. Im Gesundheitsween müssen wir das Prinzip des Miteinanders einhalten. ie deutschen Sozialdemokraten sind dazu bereit. Dieses Land bietet alle Entwicklungschancen. Ich inde, dass wir trotz all der Probleme, die wir haben, uch darüber reden sollten, welche Stärken dieses Land at. Woran können wir anknüpfen? Trotz mancher Proleme im Bildungsbereich ist die Qualifikation von Areiternehmerinnen und Arbeitnehmern immer noch herorragend. Wissenschaft und Forschung ist in vielen ereichen immer noch hervorragend. Wir haben immer och eine hervorragende Infrastruktur und wir haben vergleichen Sie das mit aktuellen Ereignissen in ande en Ländern – immer noch sozialen Frieden in Deutschand. Das ist nicht nur für die Demokratie, sondern auch ür die wirtschaftliche Entwicklung wichtig. Wir haben elativ wenig Streiks und soziale Unruhen haben wir in eutschland gar nicht. Diese vier Standortvorteile gilt es u erhalten. Dafür muss man arbeiten. Es gilt der Satz on Willy Brandt: Wer morgen sicher leben will, muss heute für Reformen kämpfen. as ist nach wie vor richtig. Wir müssen beispielsweise dafür sorgen, dass die echte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern uch unter veränderten Rahmenbedingungen zum Traen kommen. Deshalb war es richtig, dass wir darauf betanden haben, dass die Tarifautonomie in Deutschland esichert wird. Wer in diesem Hause, wie zum Beispiel ie FDP, den Gewerkschaften das Kreuz brechen will, ird auf den massiven Widerstand von Sozialdemokra en treffen. Das gilt nach wie vor. (Beifall bei der SPD – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Das sind aber martialische Bilder!)


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)







(A) )



(B) )


Hubertus Heil
Wir wissen – Herr Westerwelle –, dass die meisten
Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern
nicht im Gesetzblatt stehen, sondern in Tarifauseinan-
dersetzungen hart erstritten wurden. Wir wissen, dass es
unter dem Dach des Flächentarifvertrages Flexibilität
geben muss. Es gibt sie in Deutschland aber schon tau-
sendfach. Schauen Sie sich das einmal an!

In meinem Wahlkreis stellen sich die Betriebsräte vor
die Belegschaft, wenn es schwierig wird, und scheuen
sich nicht, ihren Kolleginnen und Kollegen schlechte
Mitteilungen zu machen, wenn es darum geht, das Un-
ternehmen zu erhalten. Die in deutschen Unternehmen
gemachten Fehler sind meist von Managern zu verant-
worten. Das muss man einmal deutlich sagen.


(Beifall bei der SPD)


Die Gewerkschaften in Deutschland sind nicht das Pro-
blem. Kluge Unternehmer wissen, dass man Probleme
gemeinsam mit Arbeitnehmervertretern lösen kann. Das
gelingt in vielen Bereichen, ohne dass darüber groß be-
richtet wird.

Insofern betone ich: Es bleibt bei der Tarifautonomie,
es bleibt auch bei der Mitbestimmung. Mitbestimmung
ist ein wichtiges Thema bei den Betriebsratswahlen, die
in diesen Tagen stattfinden: In Deutschland muss es eine
Garantie für die Teilhabe der Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer am Haben und am Sagen geben.

Es bleibt auch beim geordneten Ausstieg aus der
Atomenergie.


(Beifall bei der SPD)


Das ist ganz wichtig. Machen wir uns nichts vor. Herr
Glos, wir müssen damit leben, dass es in der Koalition
zu diesem Thema unterschiedliche Auffassungen gibt.
Das ist nicht schlimm. Ich betone nur, warum wir der
Meinung sind, dass wir diese rückwärts gewandte De-
batte jetzt hinter uns lassen sollten, und warum wir uns
um andere Bereiche der Energiepolitik zu kümmern ha-
ben: Energiepolitik ist eine zentrale Frage der wirtschaft-
lichen Zukunft dieses Landes, ist eine Frage, die etwas
mit der Zukunft der Menschheit im Bereich Klima und
Umweltschutz zu tun hat, und ist im Übrigen – das hat
Frank-Walter Steinmeier auf der Münchener Sicherheits-
konferenz deutlich gemacht – eine zentrale Frage der
Außen- und Sicherheitspolitik geworden.

In den nächsten 20 bis 30 Jahren, am Ende des Erdöl-
zeitalters, werden wir nationale Konflikte um Ressour-
cen erleben. Es gibt sie schon heute. Deshalb war es
richtig, zu fordern, dass Deutschland eine Vorreiterrolle
übernimmt – Rot-Grün hat damit angefangen –, die auf
drei Prinzipien basiert: erstens auf Versorgungssicher-
heit, zweitens auf erneuerbaren Energien und drittens auf
Energieeffizienz.

Wir wollen in dieser Koalition miteinander nach Lö-
sungen suchen, um in Deutschland neue Investitionen in
moderne Kraftwerkstechnologien auszulösen. Neben
dem notwendigen Wettbewerb auf den Strom- und Gas-
märkten, den wir wollen, müssen wir in Deutschland
neue Investitionen in moderne Kraftwerkstechnik auslö-
sen. Dies ist das Bestreben der Sozialdemokraten.

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(C (D Meine Auffassung ist – die müssen Sie nicht teilen –, ass verlängerte Restlaufzeiten für alte, abgeschriebene tommeiler möglicherweise die Renditen für die großen nergieversorger erhöht hätten – das ist gar keine Frage; lte, abgeschriebene Meiler länger laufen zu lassen, das st die Lizenz zum Gelddrucken –, aber Investitionen in oderne Kraftwerkstechnik wären damit auf die längere ank geschoben worden. Deshalb lassen Sie uns beim eordneten Ausstieg bleiben. Das ist schon vernünftig; as ist gar keine Frage. Wir hatten in Deutschland 0 Jahre lang einen Konflikt zwischen Atomkraftbefürortern und -gegnern. Wir haben es geschafft, diesen zu efrieden. Es gibt in Deutschland einen Vertrag zwichen der Energiewirtschaft und der Politik. Auch da ilt: Pacta sunt servanda, Verträge sind einzuhalten. Wir leiben dabei. Aber in der Energiepolitik gibt es eine Fülle von aneren Dingen, die wir trotz des Meinungsunterschiedes n dieser Frage miteinander bewegen können. Ich laube, dass es notwendig ist, Energieeffizienz wirklich u einem Exportschlager werden zu lassen. Bei dem nergiehunger, den Länder wie China und Indien haben, st es so, dass wir einen Beitrag zur Sicherung von Areitsplätzen in Deutschland leisten können, wenn wir nsere Technologien hier entwickeln und exportieren. leichzeitig können wir einen Beitrag leisten, um Eneriekrisen in der Welt zu entschärfen. Wir brauchen desalb in Deutschland einen intelligenten Energiemix, der icht darauf verzichtet, auch Kohle als eine Brücke in ine energiepolitische Zukunft zu begreifen, aber dabei uf höhere Wirkungsgrade setzt. ch sage ganz deutlich. Es gibt in China Kohlekrafterke, die grottenschlechte Wirkungsgrade haben. Wir n Deutschland haben in diesem Bereich Fortschritte erielt. Wir müssen die Möglichkeit ergreifen, diese zu exortieren. Wir haben die Notwendigkeit, erneuerbare nergien in diesem Land weiter auszubauen, damit wir uch diese Technologie exportieren können. Auch das ichert Arbeitsplätze und hilft, Krisen in der Welt zu vereiden. Diese große Koalition ist keine Liebesheirat – das haen wir hin und wieder betont –, sondern sie ist eine Leensabschnittsgemeinschaft. (Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Das ist Ihnen aufgefallen?)


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der SPD)


ber sie ist ein Bündnis, das mehr bringen kann, als
iele vorher erwartet haben. Wir, Herr Kauder, haben im
etzten Jahr im Wahlkampf gegeneinander gestanden
nd wir haben uns, wenn ich mich recht erinnere, nicht
eschont. Richtig ist auch, dass das Wahlergebnis keine
ndere verantwortbare Mehrheit für dieses Land mit sich
ebracht hat. Ich sage aber auch aus Überzeugung, dass
s mir nicht nur darum geht, eine große Koalition zu ha-
en, weil es nicht anders ging. Wir wollen die Chancen
ieser großen Koalition durchaus gemeinsam begreifen.






(A) )



(B) )


Hubertus Heil
Ich habe es vorhin schon gesagt: Wir können miteinan-
der Großes bewegen. Wir können die Blockaden zwi-
schen Bundesrat und Bundestag hinter uns lassen. Wer,
wie viele der Kollegen hier im Haus, einmal in Arbeits-
gruppen des Vermittlungsausschusses gearbeitet hat, der
kann mit Fug und Recht sagen: Dagegen ist ein orientali-
scher Bazar hin und wieder eine hochseriöse Veranstal-
tung.

Insofern sollten wir die Verantwortung in Deutsch-
land klar strukturieren. Es ist nicht nur eine Frage der
Qualität und der Blockaden. Es ist auch eine Frage des
Vertrauens der Menschen in Politik. Wenn Menschen
nicht mehr klar zuordnen können, wer was auf welcher
Ebene zu verantworten hat, dann schafft das Verdruss.
Es ist wichtig, klar zu machen, dass der Bund, der Deut-
sche Bundestag mehr für sich alleine entscheiden kann
und dass die Länderparlamente mehr für sich allein ent-
scheiden können. Deshalb wollen wir die Föderalis-
musreform. Dass man in den nächsten Tagen über das
eine oder andere reden können muss, das ist unbescha-
det.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Aber ich bekunde: Wir wollen diese Staatsreform für
Deutschland, damit die Verantwortlichkeiten der Ebenen
klarer getrennt sind und damit die Menschen den Politi-
kern Verantwortlichkeiten klarer zuordnen können.


(Beifall bei der SPD – Volker Kauder [CDU/ CSU]: Vereinzelt Beifall!)


– Ja, jetzt könnt ihr auch einmal klatschen, oder?


(Beifall des Abg. Manfred Grund [CDU/ CSU])


Ich möchte zum Schluss sagen: Wir wollen Motor der
Erneuerung in Deutschland sein. Diese Koalition ist gut
gestartet. Die nächsten tausend Tage werden nicht ein-
fach. Wir wollen in diesem Jahr beispielsweise mit der
Reform des Gesundheitswesens nachvollziehbare Zu-
kunftssicherheit schaffen. Ich bin mir sicher, dass Ge-
sundheit bzw. das Krankheitsrisiko in diesem Land nur
solidarisch abzusichern ist, dass man dazu auch die
Schultern heranziehen muss, die breiter sind. Wir haben
die Situation, dass 10 Prozent der Menschen in Deutsch-
land privat krankenversichert und 90 Prozent gesetzlich
krankenversichert sind. Aber die 10 Prozent haben
30 Prozent des Einkommens. Daher werden wir über ei-
nen Ausgleich in diesem Bereich zumindest reden müs-
sen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Die Situation, dass immer mehr Menschen in unserem
Land gar nicht mehr krankenversichert sind, muss uns
auch beschäftigen. Diese Aufgabe haben wir uns im Ko-
alitionsvertrag gestellt. Es kann nicht sein, dass immer
mehr Menschen ohne Krankenversicherung sind. Wenn
sie dann krank werden, fallen sie ins Bergfreie oder den
Kommunen vor die Tür. Deshalb müssen wir darüber re-
den, was wir tun können. Wer als Abgeordneter Bürger-
sprechstunden durchführt, der weiß, wovon ich rede.
Das betrifft unter anderem kleine selbstständige Unter-
nehmer, die gescheitert sind und nicht mehr in die ge-

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(C (D etzliche Krankenversicherung zurückkehren können. ir müssen diesen Menschen helfen und dürfen sie icht im Regen stehen lassen. Das sind die Aufgaben, ie vor uns liegen. Auch in der Familienpolitik haben wir viel zu schulern. Keine Angst: Die Produktionsmittel bleiben in Priatbesitz. Aber wir müssen uns darüber unterhalten, wie ir ein familienund kinderfreundliches Land werden. ier geht es um die zentralen Investitionen in die Zuunft dieses Landes. Bildung, Wissenschaft, Forschung nd Familienpolitik sind die Zukunftsfelder, die uns in eutschland langfristig voranbringen. Das wird die SPD n der großen Koalition deutlich machen. Wir wollen und werden in der Außenpolitik Kurs alten. Wir lassen uns nicht beirren von Leuten, die in er Außenpolitik – das sage ich an die Adresse der DS – nichts anderes predigen als organisierte Verantortungslosigkeit. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der LINKEN)


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)


Ein gestörtes Verhältnis zur Realität hat aber auch die
DP. Die FDP verkündet: Mit der Realität muss man
ich abfinden. – Ich kann mich an einen FDP-Politiker
rinnern, der den grandiosen Satz gesagt hat, im Zeitalter
er wirtschaftlichen Globalisierung könne Politik nicht
ehr gestalten. Wer so etwas denkt, der sollte sich selbst

ls Politiker abschaffen. Natürlich müssen wir gestalten,
llerdings mit anderen Instrumenten als bisher. Unsere
ufgabe besteht darin, die Entwicklung im Interesse der
enschen zu gestalten.

Die PDS geht einen anderen Weg.


(Ulrich Maurer [DIE LINKE]: Die Linkspartei, bitte!)


Nein, Sie bleiben die PDS, die WASG oder wer auch
mmer Sie sind.


(Beifall bei der SPD)


it „links“ hat Ihre linkskonservative Art, Politik zu
achen, nicht viel zu tun. „Links“ hat etwas mit Aufklä-

ung zu tun. „Links“ hat etwas mit Weltoffenheit zu tun.
Links“ hat etwas damit zu tun, den Menschen die
ahrheit zu sagen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Deshalb sage ich: Die SPD bleibt die linke Volkspar-
ei in Deutschland.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


uf diese Weise werden wir unseren Beitrag zum Gelin-
en der großen Koalition leisten.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.






(A) )



(B) )


Hubertus Heil

(Beifall bei der SPD – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Ein bisschen Beifall, Herr Kauder! Er ist doch jetzt auch Ihrer! – Dirk Niebel [FDP]: Genau! Das war doch eine ordentliche Leistung! Da können Sie doch wohl mal klatschen!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1602801000

Das Wort hat jetzt der Kollege Fritz Kuhn vom

Bündnis 90/Die Grünen.


Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1602801100

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Liebe Frau Bundeskanzlerin! Ich finde, wir müssen uns
etwas stärker den Problemen, die vor uns liegen, zuwen-
den, als es in den bisherigen Beiträgen von FDP und
PDS/WASG getan wurde. Sie haben in Ihrer Regie-
rungserklärung klar gemacht, dass Sie eine „Koalition
der Möglichkeiten“ sein wollen, die den Bürgerinnen
und Bürgern in unserem Land systematisch neue Mög-
lichkeiten eröffnet. Sie wollen die Freiheitsspielräume
für alle Menschen in Deutschland unter der Parole
„Mehr Freiheit wagen!“ vergrößern. Diese beiden Sätze
sind die Prüfsteine für die Reformen, die jetzt vor uns
liegen. Daran will ich mich bei dem, was ich für das
Bündnis 90/Die Grünen sagen werde, orientieren.

Ich möchte mit der Außenpolitik beginnen. In der
Außenpolitik haben Sie einen viel gelobten Start hinge-
legt; er sei Ihnen gegönnt. Aber klar ist: Jetzt liegen eine
ganze Reihe von großen Problemen vor uns. Eines von
ihnen will ich ansprechen: Der Iran strebt nach dem Be-
sitz von Atomwaffen und ist nicht mehr sehr weit davon
entfernt, dieses Ziel zu erreichen. Wir alle machen uns
zu Recht Sorgen aufgrund der Bedrohungen, die dies für
Europa und insbesondere für Israel bedeuten würde.

In diesem Umfeld fand der Besuch Bushs, des Präsi-
denten der Vereinigten Staaten, in Indien statt. Das
Atomwaffenabkommen, über das dort verhandelt wurde,
ist ein Abkommen zwischen Amerika und Indien. Indien
hat den Nichtverbreitungsvertrag jahrzehntelang nicht
unterzeichnet. Im Zusammenhang mit der internationa-
len Diskussion über atomare Abrüstung bedeutet dies
nichts anderes, als dass Indien, ein Land, das sich be-
wusst nicht an die atomare Abrüstungspolitik der letzten
zehn Jahre gehalten hat, nun belohnt und offiziell in den
Status einer Atommacht gehoben wird, positiv sanktio-
niert durch die Vereinigten Staaten. An dieser Stelle
muss die Regierung der Bundesrepublik Deutschland,
wenn sie sich dazu bekennt, dass Deutschland zur welt-
weiten atomaren Abrüstung steht, öffentlich deutlich
machen, dass sie dies für falsch hält.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich habe in der Zeitung gelesen, dass Außenminister
Steinmeier gesagt hat, er hätte sich einen besseren Zeit-
punkt für dieses Geschäft vorstellen können. Vielleicht
ist das eine Form diplomatischer Kritik. Ich habe gele-
sen, dass Sie, Frau Merkel, mit Präsident Bush telefo-
niert haben. So einfach funktioniert das aber nicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D Wir von den Grünen und viele in diesem Parlament rwarten, dass Sie die internationale Politik der atomaen Abrüstung fortsetzen. Wenn diese durch eine strateische Fehlentscheidung wie die der Amerikaner bezügich Indiens gefährdet wird, erwarten wir, dass Sie das lar und deutlich sagen. Wie wollen wir denn sonst dem ran, Nordkorea, Saudi-Arabien oder anderen Ländern darüber wird wenig diskutiert – klar machen, dass sie eine Atomwaffen haben dürfen, wenn wir nicht deutich sagen, dass das internationale Regime der atomaren brüstung gilt? Ich finde, dass Sie dazu ein klares Wort agen müssen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Das hätte Fischer alles gemacht?)


Ich komme nun zum Bereich Innenpolitik und möchte
ier mit dem Thema Arbeitsmarktpolitik beginnen.
ie Maßnahmen, die Sie bisher ergriffen haben, nämlich
en Rentenzuschuss beim Arbeitslosengeld II zu kürzen
nd die Pauschalen bei den Minijobs anzuheben, sind
ein fiskalischer Art. Das ist keine Arbeitsmarktpolitik,
ie hilft, die Menschen aus der Dauerarbeitslosigkeit he-
auszuholen. Es wird nur eine Diskussion um Mindest-
öhne und Kombilöhne geführt. Wie wollen Sie den

enschen, die lange arbeitslos sind, oder den älteren Ar-
eitslosen, die eigentlich keine Chance mehr auf einen
rbeitsplatz haben, helfen, wieder in Arbeit zu kom-
en? Ich finde, bisher liegt von Ihrer Regierung hierzu

ichts vor. Auch in den einzelnen Etats des Bundeshaus-
alts sind keine entsprechenden Zahlen zu finden. Es
iegt kein klares Konzept vor.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ihre Antwort ist: Sie wollen die Lohnnebenkosten
enken. Sie tun dies aber nicht signifikant. Ich kann Ih-
en nicht ersparen, das so deutlich zu sagen. Sie wollen,
enn alles gut geht, den Beitrag zur Arbeitslosenversi-

herung um 2 Prozentpunkte senken. Den Beitrag zur
entenversicherung wollen Sie um 0,4 Prozentpunkte
rhöhen. Sie werden, so wie die Dinge im Gesundheits-
ereich aussehen, die Sozialversicherungsbeiträge um
ast 1 Prozentpunkt anheben müssen. Sie gehen hier ein
isschen runter, dort ein bisschen rauf. Das ist kein Kon-
ept für eine signifikante Senkung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Frau Merkel, ich möchte von Ihnen hierzu eine klare
ntwort. Sie können nicht so tun, als würde die Mehr-
ertsteuererhöhung die Kosten für Gesundheit nicht er-
öhen. Sie wissen auch, dass die Verlagerung von Steu-
rmitteln auf die Beiträge Auswirkungen haben wird und
ie Krankenversicherungsbeiträge steigen werden. Die
olitik, die Sie betreiben, ist nicht konsistent.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich habe die Sorge, dass sich der Anspruch, die große
oalition stemme große Strukturprobleme, bei Ihnen
icht in die Wirklichkeit umsetzen lässt. So wie bisher
ie Diskussion über Mindest- und Kombilöhne geführt
urde, spricht alles dafür, dass auch das schief gehen






(A) )



(B) )


Fritz Kuhn
wird. Die einen sind für Mindestlöhne. Ich will für
meine Fraktion sagen: Wenn man das gut macht, also re-
gional und branchenspezifisch differenziert vorgeht und
entsprechende Übergangsregelungen vorsieht, dann ist
das Konzept der Mindestlöhne richtig. Vor allem wenn
man einen internationalen Vergleich vornimmt, lassen
sich viele Argumente dafür finden.

Aber die Kombination von flächendeckendem Kom-
bilohn mit Mindestlöhnen ist ökonomisch der größte Un-
sinn, den Sie überhaupt anrichten können.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ihre Vorstellung ist doch: Es wird ein Mindestlohn vor-
gegeben. Wenn die real existierenden Löhne unterhalb
des Mindestlohns liegen, gleicht der Staat die Differenz
aus. Wenn Sie das ernsthaft vorhaben – das war in der
Diskussion –, dann sage ich: Das wird keinen einzigen
Arbeitsplatz schaffen. Das ist eine flächendeckende Mil-
liardensubvention des Arbeitsmarkts, wodurch Dauerar-
beitslose aber keine bessere Perspektive bekommen. Das
wird dazu führen, dass die Wirtschaft, zum Teil mit Au-
genzwinkern gegenüber den Gewerkschaften, in diesem
Bereich Arbeitsplätze schafft nach dem Motto: Wenn der
Staat draufzahlt, kann es nicht verkehrt sein. So ein Kon-
zept brauchen Sie uns in den nächsten Monaten nicht als
Reformkonzept für den Arbeitsmarkt in der Bundesrepu-
blik Deutschland auf den Tisch zu legen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Frau Merkel, man muss feststellen, dass Sie für die
Lösung der Probleme in diesem Land bislang keine kon-
sistente Antwort haben. Die beiden vordringlichen Pro-
bleme sind, wie wir erstens neue Jobs im Niedriglohnbe-
reich schaffen können, sodass Arbeit auf dem
Erwerbsarbeitssektor endlich möglich ist, und wie wir
zweitens die Schwarzarbeit effektiv bekämpfen können.
Rechnerisch entspricht das Schwarzarbeitsvolumen
5 Millionen Vollerwerbsarbeitsplätzen. Dazu habe ich
bisher nichts von Ihnen gehört.

Wir Grünen haben ein Konzept. Da wir festgestellt
haben, dass die Schwarzarbeit deswegen so hoch ist,
weil das Entstehen von Jobs auf dem Arbeitsmarkt ge-
rade im unteren Lohnbereich durch die Lohnzusatzkos-
ten faktisch unmöglich gemacht wird, wollen wir das
Ganze verändern: Die Lohnzusatzkosten, die das größte
Problem sind, müssen wir im unteren Lohnbereich nied-
riger ansetzen, nämlich nicht gleich mit 42 Prozent, wie
es heute der Fall ist. Ab dem ersten Euro muss ein gerin-
gerer Beitrag für die Sozialversicherungssysteme erho-
ben werden. Erst bei circa 1 800 bis 2 000 Euro wollen
wir beim vollen Satz sein. Das ist ein grünes Progres-
sionsmodell für die Sozialversicherungsbeiträge.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Frau Merkel, der springende Punkt ist, dass Sie bei
diesem Konzept mit einer bestimmten Summe Geld – sa-
gen wir, mit 15 Milliarden Euro – wesentlich mehr Ar-
beitsplatzeffekte erreichen können, als wenn Sie dies be-
zogen auf die ganze Breite der Lohn- und
Einkommensskala tun würden. Das IAB schätzt, dass
Sie mit 15 Milliarden Euro bei Umsetzung unserer Vor-

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(C (D chläge 500 000 Arbeitsplätze im Niedriglohnbereich chaffen könnten, während Sie ansonsten nur 00 000 Arbeitsplätze schaffen könnten. Wir haben in eutschland das Problem, dass die Dauerarbeitslosen eine Chance mehr haben. Deshalb müssen Sie Ihre Poitik auf diesen Bereich konzentrieren und nicht die geamte Skala der Löhne und der Beschäftigung heranzieen. Ich möchte nun zur Gesundheitspolitik kommen. Soeit wir das verfolgen können, sehen wir, dass sich in en Diskussionen hier einiges Wildes abspielt. Heute achmittag gibt es ja wieder ein entsprechendes Treffen. Ich will es einmal ganz einfach sagen. Wir haben folende Situation: Wir haben ein sehr teures Gesundheitsystem und wir belasten die Löhne falsch, weil wir zu iel über den Lohn finanzieren. Übrigens, Herr Lafontaine, in Ihrer simplen Ökonoieanalyse kommen Sie immer mit der Steuerund Ab abenquote; Sie stellen aber nicht die Frage, wie hoch ie Lohngesamtkosten im internationalen Vergleich sind. estern wurde die Zahl deutlich genannt: Im internatioalen Vergleich haben wir die zweithöchsten Lohngeamtkosten nach Dänemark, und zwar deswegen, weil ir mit den Lohnnebenkosten an der falschen Stelle an etzen. Sie halten das für eine neoliberale Diskussion. it Ihrem ökonomischen Dogmatismus, der etwas Eitles at und aus der Vergangenheit stammt – ich will mich icht näher damit beschäftigen –, verabschieden Sie sich us jeder ökonomischen Klarheit bezüglich der Investiionen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Frau Merkel, ich will hier ein klares Konzept sehen.
rgendein Mischmaschkonzept werden wir Ihnen nicht
urchgehen lassen. Aus dem Konzept muss erstens klar
erden, wie wir in Deutschland zu mehr Prävention
ommen. Das beste Gesundheitssystem ist nämlich ei-
es, das die Kosten vermeidbarer Krankheiten reduziert.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


m Jahre 2005 haben Sie ein Präventionsgesetz – der
mfang der Zahlungen sollte immerhin 250 Millionen
uro betragen – im Bundesrat scheitern lassen. Bislang

st an dieser Stelle nichts von Ihnen gefolgt. Wir könnten
lso einsparen, indem die Leute weniger krank werden
nd wir hier in Deutschland eine vernünftige Prävention
urchführen. Hier sind wir im internationalen Vergleich
chwächer als andere vergleichbare Länder. Das muss
ich ändern. Kommen Sie nicht mit einem Kompromiss,
n dem zur Prävention nichts essentiell Neues formuliert
t.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Zweitens. Kommen Sie nicht mit einem Kompromiss,
er nur auf der Einnahmenseite greift. Ich sage Ihnen:
enn Sie neues Geld für das Gesundheitssystem her-

chaffen, den Verteilmechanismus zwischen der Ärzte-






(A) )



(B) )


Fritz Kuhn
schaft und den Kassen, zwischen denen, die heute von
dem Ganzen profitieren, aber nicht substanziell verän-
dern, dann wird das neue Geld so schnell weg sein, so
schnell können Sie gar nicht schauen, wodurch Sie
nichts zur Reform des Gesundheitssystems in Deutsch-
land beigetragen haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Deswegen sind die Frage nach mehr Wettbewerb im
Gesundheitssystem, die Frage nach Transparenz für die
Patientinnen und Patienten und die Frage nach Präven-
tion essenziell. Wir müssen nämlich auch die Ausgaben-
seite des Gesundheitssystems – und nicht nur die Ein-
nahmenseite – bearbeiten.

Sie wissen, dass wir bei der Strukturreform für eine
Bürgerversicherung sind, durch die die Finanzierung
des Gesundheitssystems auf eine breitere und solidari-
schere Grundlage gestellt wird. Ich habe die Sorge, dass
Sie aufgrund der Aufstellung, die Sie nun einmal
haben – die Kopfpauschale auf der einen Seite und die
Bürgerversicherung auf der anderen Seite –, zu einem
richtig miesen, faulen Kompromiss kommen werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


In der Diskussion sind die lohnbezogenen Arbeitge-
berbeiträge – gedeckelt oder nicht gedeckelt –, die Ar-
beitnehmerbeiträge auf der breiteren Grundlage aller
Einkunftsarten, ein kleines Kopfgeld bzw. eine kleine
Kopfprämie und schließlich ein Gesundheitssoli. Ich
sage Ihnen klipp und klar voraus: Dieses Gemisch, das
Sie hier vorhaben, wird schlechtere Ergebnisse zur Folge
haben als jedes der einzelnen Modell allein, die vorher in
der Diskussion waren. Darauf können Sie Gift nehmen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Deswegen müssen Sie, Frau Merkel, wenn Sie den
Anspruch haben, mit der großen Koalition die großen
Strukturprobleme in unserem Land zu lösen, schon mehr
Mut beweisen als mit dieser Kompromissmischtechnik,
die Sie in anderen Bereichen, so wie es im Koalitions-
vertrag steht, angewendet haben.

Wenn Sie die Frage zum Verhältnis zwischen gesetz-
licher Krankenversicherung und der PKV nicht auf-
greifen und Sie keinen Risikostrukturausgleich zwischen
diesen beiden Versicherungssystemen schaffen, dann
können Sie alles, was Sie hier machen wollen, ein-
packen. Was soll das für ein System sein, wenn nur die
Kapital- oder Mieteinkünfte der Mitglieder in der gesetz-
lichen Krankenversicherung herangezogen werden, aber
nicht die der Mitglieder in der PKV?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das heißt, dass Sie an das Vermögen der kleinen Leute,
falls diese Mieteinnahmen zur Alterssicherung haben,
herangehen, dass aber die Gutverdienenden in der PKV
außen vor bleiben. Das ist keine Verbreiterung; das, was
Sie offensichtlich anstreben, ist vielmehr ein richtig mie-
ser Kompromiss.

Wir werden die Diskussion begleiten. Aber wir lassen
es Ihnen nicht durchgehen, dass Sie um des Koalitions-
friedens willen – ich sage noch einmal: Der Honeymoon,

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(C (D lso die Phase des netten Lächelns, ist vorbei – einen ompromiss schließen, der keine tatsächlichen Struktur eformen im Gesundheitssystem bedeutet. Ich möchte etwas zum Thema Wirtschaft und Innoationen sagen. Auf diesem Gebiet sind Sie richtig chwach. Sie stellen für vier Jahre 6 Milliarden Euro für ie Forschung zur Verfügung. Eine kleine Bemerkung m Rande: In Deutschland geben wir jedes Jahr Milliarden Euro für Agrarsubventionen aus. – Aber nsonsten beschließen Sie in diesem Bereich Kürzunen. Der EU-Finanzkompromiss im Dezember bedeutet ichts anderes als eine Kürzung der Mittel für Forschung nd Wissenschaft auf europäischer Ebene. Sie, liebe rau Merkel, haben dem zugestimmt. Alle Welt weiß, dass die Zukunft der Arbeitsplätze in er Wissensgesellschaft liegt. Die einzige Chance für eutschland besteht darin, eine Spitzenstellung in der issensgesellschaft mit Innovationen, also mit neuen rodukten und Dienstleistungen, zu erreichen, die anere, egal mit welchen Lohnkosten, noch nicht bereittellen können. Was machen Sie? Sie flüchten sich unter em Namen „Mutter aller Reformen“ der Föderalismuseform in die Kleinstaaterei und geben als Bundesregieung auf einem Gebiet, wo es gilt, die Wissensgesellchaft zu gestalten, den Anspruch auf, an dieser Stelle in Wort mitzureden. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Damit Ihnen der Koalitionskompromiss nicht um die
hren fliegt, sitzen Sie mit dem dicken Hintern der gro-
en Koalition auf dem vereinbarten Paket der Föderalis-
usreform,


(Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)


nstatt endlich das zu machen, was in den Ländern
zum Teil auch von der SPD – als Notwendigkeit er-

annt wird, nämlich das Bildungssystem der Zukunft ge-
einsam zu gestalten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich frage: Frau Merkel, wo ist eigentlich der Wirt-
chaftsminister?


(Zurufe von der FDP: Da ist er doch!)


Er ist jetzt also da.

Wenn es darum geht, für Deutschland Innovationspo-
itik zu gestalten, dann kann ich nur sagen: Der Autis-
us, Herr Glos, mit dem Sie zweimal in der Woche eine
resseerklärung herausjagen, man solle den Ausstieg aus
er Atomenergie rückgängig machen, ist keine wirt-
chaftspolitische Gestaltung für ein zukunftsfähiges In-
ustrieland.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Lieber Michael Glos, ich habe in der Zeitung gelesen,
ass Sie sich beim Besteigen eines Hybridautos anläss-
ich eines Besuches in Japan den Kopf gestoßen hätten.






(A) )



(B) )


Fritz Kuhn

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Üben!)


Nehmen Sie das als Wink Gottes.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Der Herrgott, lieber Herr Glos, wollte Ihnen sagen, dass
Sie sich einmal systematisch um Themen wie ökologi-
sche Modernisierung, nachhaltige Mobilität und eine
neue Energiepolitik kümmern sollen; denn da liegt die in-
dustriepolitische Zukunft der Bundesrepublik Deutsch-
land.


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: So gottesfürchtig kenne ich die Grünen gar nicht!)


Frau Merkel, ich erhebe den Vorwurf, dass Sie sich
vor der Beantwortung der Fragen, mit was wir in Zu-
kunft unser Geld verdienen wollen, welche Visionen wir
in der Industriepolitik und beim Aufbruch Deutschlands
in eine neue Wirtschaftspolitik haben, und vor Ihrer Ver-
antwortung für die Zukunft, die Sie an dieser Stelle ha-
ben, mit Ihren kleinen Trippelschritten aus dem Staub
machen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wenn Herr Glos so weitermacht, werden Sie in der
Wirtschaftspolitik keinen Blumentopf gewinnen. Herr
Glos, Sie haben sich etwas vorschnell in die Tradition
von Ludwig Erhard gestellt. Ludwig Erhard hatte eine
klare Vorstellung von der Marktwirtschaft. Er wusste,
dass man die Wirtschaft auf der einen Seite in Ruhe las-
sen muss, aber auf der anderen Seite einen echten Rah-
men schaffen muss, der den Wettbewerb erst ermöglicht.

Wo ist Ihr Engagement für mehr Wettbewerb in der
Bundesrepublik Deutschland? Was machen Sie zum Bei-
spiel im Energiebereich? Vier große Energiekonzerne
beherrschen den Markt und können die mittelständische
Energiewirtschaft, die es bei uns schließlich auch gibt,
mit den Durchleitungsgebühren richtig in die Knie zwin-
gen. Dazu habe ich von Ihnen noch nichts gehört, Herr
Glos. Vor dieser Frage haben Sie sich gedrückt. Deswe-
gen sind Sie kein guter Wirtschaftsminister.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der LINKEN)


Wir müssen auch über den Haushalt reden, Frau
Merkel. Dieser Haushaltsplanentwurf entspricht nicht
der Gestaltung neuer Möglichkeiten – ich beziehe mich
damit auf Ihre Regierungserklärung –; es ist vielmehr ein
ziemlich bequemer Haushalt, weil er die Konsolidie-
rung nicht an der Stelle in Angriff nimmt, an der sie be-
ginnen müsste.

Die Einnahmen brummen. Wir werden in Deutsch-
land 6 Milliarden bis 7 Milliarden Euro – die Angaben
schwanken je nach Institut – zusätzlich einnehmen. Die
Einnahmen brummen, aber was machen Sie? Statt sich
um Zukunftsgestaltung, Gestaltung neuer Möglichkeiten
und Freiheit für künftige Generationen zu bemühen, er-
höhen Sie im Jahr 2006 in dem Moment, wo die Einnah-
men brummen, die Verschuldung um weitere 7 Milliar-
den Euro.

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(C (D Gestern hat uns der Finanzminister erklärt, dies sei in Jahr der Konjunkturunterstützung. Die Konjunktur, ie sie sich derzeit entwickelt, braucht keine Unterstüt ung in Form einer Neuverschuldung um 7 Milliaren Euro. Notwendig ist vielmehr eine Haushaltskonsoidierung, die Sie in diesem Jahr aber nicht angehen. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Ich nenne Ihnen auch den Grund dafür. Es ist eine bil-
ige Nummer: Sie wollen im ersten Jahr der großen
oalition den schwierigen und unbequemen Weg der
aushaltskonsolidierung nicht einschlagen. Sie haben
en Haushalt einer Honeymoon-Koalition vorgelegt; es
st kein Haushalt einer Koalition, die die Zukunft gestal-
en will.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


Es ist ganz einfach. Hans Eichel kam immer in Be-
rängnis und Panik, wenn zu wenig Einnahmen erzielt
urden. Peer Steinbrück kommt in Panik, weil die Ein-
ahmen plötzlich zu hoch sind. Anders ist doch die Hek-
ik, mit der Sie die Mehrwertsteuererhöhung beschließen
ollen, nicht zu erklären.

Sie betreiben in diesem Jahr eine schöne Honey-
oon-Haushaltspolitik und verüben im nächsten Jahr
it der Mehrwertsteuererhöhung um 3 Prozentpunkte

inen Anschlag auf die Konjunktur und die wirtschaftli-
he Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland. Die
heorie, die der Finanzminister gestern erläutert hat – er

st leider gerade nicht anwesend –, hatte ein bisschen mit
oodoo zu tun. Sie handeln nach dem Motto „Jetzt so
iel Anlauf nehmen, dass der Anschlag auf die Konjunk-
ur im nächsten Jahr verdaut werden kann“. Frau Merkel,
as ist so, als wenn Sie über das Wasser laufen und der
efahr des Einsinkens dadurch begegnen wollten, dass
ie schneller Anlauf nehmen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Was Sie vorgelegt haben, ist wirtschaftlicher Unsinn.
s gibt eine Alternative, und zwar den Subventionsab-
au. Alle Institute – das Kieler Institut für Weltwirt-
chaft, das DIW und andere – rechnen Ihnen vor, dass
ie schon in diesem Jahr unter der Defizitgrenze von
Prozent des Bruttoinlandsprodukts bleiben könnten

nd auf einen solchen Anschlag auf die Konjunktur ver-
ichten könnten. Unser Bundeshaushalt steckt noch vol-
er Subventionen, die wir abbauen können. Wir werden
hnen das in den Beratungen im Einzelnen zahlengenau
orrechnen.

Ich möchte noch etwas zum Thema Entwicklungs-
inanzierung sagen, Frau Merkel. Davor haben Sie sich
öllig gedrückt. Sie haben sich in der Regierungserklä-
ung dazu bekannt, dass die Bundesregierung ihr Ziel,
,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Entwick-
ungsfinanzierung einzusetzen, bis 2015 erreichen will.
ber der Haushalt gibt keinerlei Aufschluss über die
rage, wie Sie das tun wollen. Sie haben keinen Umset-
ungsplan und Sie haben die französische Initiative einer
lugticketbesteuerung, aus der das Vorhaben finanziert






(A) )



(B) )


Fritz Kuhn
werden könnte – 13 Staaten haben dem Vorschlag zuge-
stimmt –, durch Schweigen und Wegschauen nicht ge-
rade positiv begleitet. Sie haben keine Antwort auf die
entscheidende Frage, wie wir in Zukunft die Entwick-
lung finanzieren sollen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich sage Ihnen ohne düstere Prophetie – der düstere
Prophet Oskar Lafontaine hält sich jetzt an Oswald
Spengler mit seinem Hauptwerk „Der Untergang des
Abendlandes“; ich würde sagen, das passt zu Ihnen, lie-
ber Herr Lafontaine –:


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Was wir an der Entwicklungsfinanzierung einer gerech-
ten Weltordnung fehlen lassen, werden wir später teuer
zu bezahlen haben. Deswegen ist es notwendig, unser
Versprechen hinsichtlich der 0,7 Prozent endlich einzu-
lösen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich möchte noch zwei Punkte im Zusammenhang mit
der Gesellschaftspolitik ansprechen, Frau Merkel. Denn
ob eine Koalition groß ist oder nur faul und behäbig,
zeigt sich auch daran, ob sie zentrale Probleme unserer
Gesellschaft wahrnimmt, angeht und löst.

Das Erste ist die Kinderpolitik. Davon wird erstaun-
lich viel geredet; aber es wird sehr wenig gemacht. Die
Vereinbarkeit von Beruf, Karriere und Kindern ist in
Deutschland im internationalen Maßstab nicht ausrei-
chend gewährleistet. Wir sind an dieser Stelle ein Ent-
wicklungsland. Der Hauptgrund ist, dass in Deutschland,
vor allem in den süddeutschen Bundesländern, in Bayern
und Baden-Württemberg, Plätze für Kinder unter drei
Jahren in den Kinderkrippen fehlen. Ich rede nicht über
die Qualität der Betreuung – darüber müssten wir eigent-
lich auch diskutieren –, sondern nur darüber, dass viele
Mütter und Väter keine Betreuungsplätze für ihre unter
dreijährigen Kinder finden. Mit dem Elterngeld – das ist
durchaus ein diskutables Konzept, auch wenn es viel
kostet – machen Sie aber den dritten bzw. den vierten
Schritt vor dem ersten. Deswegen fordern wir vom
Bündnis 90/Die Grünen Sie auf: Schaffen Sie zuerst eine
ausreichende Zahl an Betreuungsplätzen für Kinder un-
ter drei Jahre! Wenn dann noch Geld übrig ist, können
wir darüber reden, was noch Sinnvolles gemacht werden
kann. Aber es darf nicht umgekehrt sein.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Was hat denn eine junge Mutter davon, ein Jahr lang das
von Ihnen geplante Elterngeld in Anspruch zu nehmen,
wenn sie weiß, dass es anschließend schief geht, weil sie
keinen Betreuungsplatz für ihr Kind hat?

Sie haben im Koalitionsvertrag eine Überprüfung der
Entwicklung bei den Kinderkrippen bis 2010 vorgese-
hen. Wer weiß schon, ob es, wenn Sie 2010 feststellen,
dass die Situation bei den Kinderkrippen noch immer so
mies ist wie heute, nicht wieder vier, fünf Jahre dauert,
bis eine vernünftige Zahl an Betreuungsplätzen erreicht
wird? Aus heutiger Perspektive bedeutet Ihre Ankündi-

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(C (D ung: Zehn Jahre werdet ihr auf jeden Fall noch warten, is etwas Vernünftiges passiert. Sie sagen ständig, dass ie in zehn Jahren im internationalen Vergleich überall uf Platz drei stehen wollen. Ich sage Ihnen angesichts hrer Politik aber: Sie werden auch in zehn Jahren bei er Kinderbetreuung auf dem letzten Platz stehen. Sie üssen dringend etwas ändern, wenn Sie die Vereinbar eit von Familie und Beruf, die Sie sich auf die Fahne eschrieben haben, tatsächlich gewährleisten wollen. Wir sollten aufhören, den Streit über die Lösung des emografischen Problems, also die Tatsache, dass es in eutschland zu wenige Kinder gibt, auf dem Rücken der ungen Frauen und Männer auszutragen. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


enn diese noch zehn Jahre die blöde Diskussion, die
ach dem Muster verläuft, diejenigen, die heute 20 oder
5 sind, seien an der demografischen Entwicklung
chuld, verfolgen müssen, dann werden sie noch weniger
inder bekommen. Vielmehr sollte sich die Politik auf

hr Kerngeschäft besinnen, die Rahmenbedingungen für
amilienfreundlichkeit und Kinderfreundlichkeit sowie
ür die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbes-
ern. Alles andere werden dann die Menschen machen.
eiter sollten wir uns nicht einmischen. Aber den Druck
üssen wir herausnehmen. Sonst sagen die jungen
eute: Von euch lassen wir uns das nicht mehr vorhal-

en!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Lassen Sie mich noch ein Wort zum Thema Integra-
ion und Einwanderung sagen. Frau Merkel, Sie haben
ich in Ihrer Regierungserklärung und in vielen anderen
ffentlichen Äußerungen zur Integration bekannt. Aber
as wird durch Ihre Haushaltspolitik nicht bestätigt;
enn Sie haben die Mittel für Integrationskurse um
7 Millionen Euro gekürzt. Das sind 32 Prozent des be-
reffenden Gesamtetats. Sie bekennen sich zwar in Sonn-
agsreden zur Integration. Aber dort, wo es um Sprach-
urse und Landeskunde geht, kürzen Sie rabiat. Ich halte
as für nicht verantwortbar.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


rau Böhmer wird sicherlich sagen, dass 2005 nicht alle
ittel abgerufen worden seien und dass daher die Kür-

ungen gerechtfertigt seien. Aber es ist logisch, dass wir
unehmend mehr Sprachkurse in Deutschland brauchen.
iese Kurse sind ein Renner. Wenn Sie nachgedacht hät-

en, dann wäre Ihnen bestimmt eingefallen, wie Sie die
un gestrichenen Mittel hätten vernünftig einsetzen kön-
en.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Stattdessen nerven Sie die Menschen mit albernen
inbürgerungstests. Sie sollten sich einmal die Paralle-

ität vor Augen führen. Auf der einen Seite werden die
ittel für Integration gekürzt. Auf der anderen Seite ist






(A) )



(B) )


Fritz Kuhn
das, was von Baden-Württemberg vorgeschlagen wurde,
nichts anderes als ein Idiotentest.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der LINKEN)


Den von Hessen vorgeschlagenen Einbürgerungstest
hätte selbst die Hälfte der Deutschen nicht bestanden.
Deutschland würde wirklich aussterben, wenn wir die
Einwanderung mit solchen Tests regelten.

Frau Merkel – ich sage das in erster Linie an die
Adresse der Union –, Sie haben noch immer ein ideolo-
gisches Problem. Wir sind faktisch ein Einwanderungs-
land und sind in wirtschaftlicher Hinsicht sogar auf Ein-
wanderung angewiesen. Es gibt keine innovative
Ökonomie, die nicht systematisch Einwanderung zu-
lässt. Schauen Sie doch auf die USA oder nach Groß-
britannien! Aber Sie wollen es nicht. Sie haben nicht be-
griffen, dass wir hier einen Sprung nach vorn machen
müssen,


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


zum Beispiel bei der konsequenten Anwendung des Ein-
wanderungsgesetzes. Ich wünsche mir, dass Sie da mehr
tun.

Zeigen Sie mir ein Land in Europa oder auf der Welt,
das systematisch hoch ausgebildete junge Schüler und
Schülerinnen oder Studenten und Studentinnen, die Bes-
ten, abschiebt wie zum Beispiel die junge Kurdin, die
beim Bundespräsidenten eingeladen war und vier Wo-
chen später abgeschoben werden sollte, und das nur aus
Dogmatismus, nur weil wir nicht in der Lage sind, eine
vernünftige Einwanderung solcher Menschen in
Deutschland zu realisieren!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Frau Merkel, wir können uns das, was Sie da – ich be-
haupte: aus ideologischer Verblendung – veranstalten,
weder gesellschaftlich noch unter Gerechtigkeitsge-
sichtspunkten und schon gar nicht unter Wirtschaftsge-
sichtspunkten leisten, weil wir gut ausgebildete Leute in
unserem Land brauchen. Deswegen fordere Sie auf, Ihr
ideologisches Konzept zu überdenken; sonst werden Sie
Deutschland nicht zu einem Land der Möglichkeiten und
der neuen Freiheiten machen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich komme zum Schluss. Wenn ich sehe, was Sie bis-
her auf den Tisch gelegt haben, dann bekomme ich nicht
den Eindruck, dass Ihre Koalition groß ist. Sie ist eher
breit. Sie arbeitet nach dem Mechanismus „Von diesem
ein bisschen, von jenem ein bisschen“, aber vermeidet
klare Strukturreformen. Dabei haben wir alle zusammen
in den letzten Jahren gelernt, dass es auf strukturelle Re-
formen ankommt und dass es nicht damit getan ist, le-
diglich hier und dort ein bisschen zu verändern.

Deswegen sage ich: Wenn Sie diese Politik nicht än-
dern, werden Sie bei der ökologischen Modernisierung
nichts erreichen und auch bei den Innovationen nicht.
Sie werden nicht in sozial gerechter Weise mehr Freiheit
für alle bewirken und vor allem werden Sie keine nach-

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(C (D altige Politik im Interesse künftiger Generationen realiieren. Dieser Haushalt wäre eine Chance, zu springen. ch hoffe, dass Sie in den Beratungen der nächsten Moate wenigstens an der einen oder anderen Stelle ein tück vorankommen. Vielen Dank. (Anhaltender Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1602801200

Das Wort hat jetzt die Bundeskanzlerin Dr. Angela
erkel.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Angela Merkel (CDU):
Rede ID: ID1602801300

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten

ie mir zunächst eine Vorbemerkung. Wir alle haben
estern die Nachricht von der Freilassung des Afghanen
bdul Rahman gehört. Ich denke, wir sind uns in die-

em Hohen Hause einig: Wir haben diese Nachricht mit
roßer Erleichterung aufgenommen.


(Beifall im ganzen Hause)


Es war für uns schon erschütternd, zu hören, dass
errn Rahman der Tod drohte, nur weil er zum Christen-

um konvertiert ist. Ich möchte deshalb allen danken, die
ie Bemühungen der Bundesregierung um seine Freilas-
ung unterstützt haben. Denn es war die einhellige Un-
erstützung in unserem Land und international, die dazu
eführt hat, dass er freigelassen worden ist.


(Vorsitz: Präsident Dr. Norbert Lammert)


Warum sage ich das zu Beginn? Ich sage das, weil wir
amit deutlich gemacht haben, dass wir es nicht akzep-
ieren, wenn Menschenrechte missachtet werden, dass
ir es nicht akzeptieren, wenn die Religionsfreiheit ein-

ach außer Kraft gesetzt wird. Wir akzeptieren das aus
wei Gründen nicht: weil es zum einen um das Schicksal
inzelner Menschen geht, weil wir es den Betroffenen
chuldig sind, zum anderen aber auch uns selbst. Denn in
iner Zeit globaler Märkte, in einer Zeit, in der wir inter-
ational vor großen Herausforderungen stehen, in einer
olchen Zeit dürfen wir unsere Werte der Demokratie
nd der Menschenrechte nicht nur im Munde führen,
ondern wir müssen sie auch behaupten. Das können wir
ur, wenn wir entschlossen und ohne Zögern für sie ein-
reten, damit auch außerhalb unseres Landes erkennbar
ird, dass wir sie behaupten wollen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Wir müssen uns immer wieder selbst vergewissern,
ass wir das wollen; denn wir leben am Anfang des
1. Jahrhunderts in einer veränderten Welt, in einer Welt,
ie nach dem Ende des Kalten Krieges neue Gefährdun-
en kennt, in einer Welt, in der wir neue Wettbewerber
aben. Das heißt, unser demokratisches Selbstverständ-
is steht insoweit auf dem Prüfstand, als wir in jedem






(A) )



(B) )


Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel
einzelnen Fall beweisen müssen, ob wir es mit unserer
Politik ernst meinen oder nicht.

Wir sind in den letzten 130 Tagen schon mit vielen
Dingen konfrontiert worden. Ich denke nur an den Kari-
katurenstreit, durch den uns bewusst geworden ist, dass
auch unsere Grundwerte – auf der einen Seite die Presse-
freiheit, auf der anderen Seite die Religionsfreiheit – im-
mer wieder in einem Spannungsverhältnis stehen. Ich
denke auch – das wurde heute schon angesprochen – an
die Diskussion über den Iran und die Frage, inwieweit
wir verhindern können, dass der Iran in den Besitz von
Atomwaffen kommt, und inwieweit Deutschland in die-
sem Prozess – im Übrigen seit Jahren – Verantwortung
übernommen hat.

Die Tatsache, dass drei Mitgliedstaaten der Europäi-
schen Union – Frankreich, Großbritannien, Deutsch-
land – gemeinsam Verhandlungen geführt haben und
weiter in diesen Prozess eingebunden sind, stellt uns vor
die Herausforderung, nicht nur passiv zu kommentieren,
ob die Diplomatie eine Chance hat, sondern aktiv jeden
Tag dafür zu arbeiten, dass Diplomatie zum Erfolg führt.
Wenn an diesem Donnerstag ein Treffen der Außen-
minister von sechs Staaten stattfindet, dann beweist
Deutschland damit, dass es seine Chance in diesem Pro-
zess nutzen und deutlich machen will, was in der inter-
nationalen Gemeinschaft geht und was nicht geht und
wo Schranken gesetzt werden müssen.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Wir haben in dieser Woche über die Frage gespro-
chen, ob sich Deutschland im Rahmen der Europäischen
Sicherheits- und Verteidigungspolitik im Kongo enga-
gieren soll. Das ist eine schwierige Frage. Es kann nie-
mand sagen, dass es im Kongo keinerlei Risiken gibt.
Wir haben uns aber seit Jahren in einem diplomatischen
Prozess und in der Entwicklungshilfe engagiert und wir
haben dafür gesorgt, dass demokratische Strukturen
langsam eine Chance bekommen können. Wir haben
Geld investiert, wir haben Polizisten ausgebildet und wir
haben dafür Sorge getragen, dass dort heute nicht mehr
Millionen von Menschen umkommen. Das ist ein Rie-
senerfolg und diejenigen, die das selber beobachtet ha-
ben, wie das einige Kollegen getan haben, haben davon
berichten können.

Jetzt stellt sich eine ganz entscheidende Frage: Ge-
lingt es, dort Wahlen durchzuführen, und soll sich die
Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik dort
für einen begrenzten Zeitraum engagieren? Darüber
muss intensiv diskutiert werden. Aber das, was nicht
geht, ist, traurig zu gucken, wenn uns eines Tages wieder
Bilder von der Straße von Gibraltar erreichen, die zei-
gen, wie Flüchtlinge aus Afrika nach Europa kommen
wollen, auf der anderen Seite aber dann, wenn wir von
der UNO um Hilfe gebeten werden, Nein zu sagen und
nicht mitzumachen. Das geht nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Natürlich geht es bei diesen Fragen nicht nur um mili-
tärische Unterstützung. Der Prozess im Kongo zeigt das.

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(C (D ch kann das für den gesamten Bereich der Entwickungspolitik sagen. Herr Kuhn, ich bekenne mich heute och einmal zu der ODA-Quote. Ich sage Ihnen aber uch, dass die Wege, die dorthin führen, noch nicht geau beschrieben sind. Unsere Glaubwürdigkeit wird aber uch davon abhängen, ob wir unsere internationalen Verflichtungen einhalten. Ich muss allerdings leise darauf hinweisen, dass auch ergangene Regierungen – nicht nur die letzte, sondern uch schon die vorletzte – nicht immer konsequent waen. Ich sage Ihnen nur: Die Herausforderungen des 1. Jahrhunderts werden uns immer stärker dazu zwinen, auch an dieser Stelle deutlich zu machen, dass wir laubwürdig sind, weil ansonsten andere auf der Welt ns und unsere Wertvorstellungen nicht ernst nehmen. ch glaube, dass die Dringlichkeit in den nächsten Jahren unimmt. Daraus wird sich die Erfüllung unserer Verflichtungen ergeben. Ich bin froh, dass wir uns im Zusammenhang mit eißrussland in der Europäischen Union, aber auch ier in Deutschland ganz klar geäußert haben. Die dorige Opposition bedarf unserer Unterstützung, weil Oposition zu einem demokratischen Gemeinwesen gehört. ls demokratisches Gemeinwesen kann man Weißruss and leider noch nicht bezeichnen. Es gab dort massive ahlfälschungen und das muss benannt werden. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Ich sage das deshalb zu Beginn meiner Rede, weil das
intreten für Werte unsererseits von anderen außerhalb
eutschlands, außerhalb Europas beobachtet wird und
eil das konsequente Eintreten für Werte natürlich auch
espekt verschafft, und zwar in einer Welt, in der wir
uch ökonomisch vor neuen Herausforderungen stehen.
iese neuen Herausforderungen haben damit zu tun,
ass Menschen in China, in Indien, in den mittel- und
steuropäischen Staaten plötzlich sagen: Auch wir haben
etzt die Möglichkeit, am Wettbewerb teilzunehmen;
uch wir wollen, dass unser Lebensstandard steigt. Wir
önnen nicht erklären, warum wir zwar für uns etwas in
nspruch nehmen, es anderen aber nicht gönnen. Das
äre keine demokratische Haltung.

Wegen des verstärkten Wettbewerbs sind wir aufge-
ordert, deutlich zu machen, was wir wollen. Wir sind
ür das Modell der sozialen Marktwirtschaft, für den
usgleich zwischen sozialer Gerechtigkeit und wirt-

chaftlicher Stärke, für die Teilhabe jedes Einzelnen, für
ie Unteilbarkeit der Menschenrechte, für die Unantast-
arkeit der Würde des Menschen. Das sind unsere Maß-
täbe. Sie müssen sich jetzt in einer Welt beweisen, die
ir nicht durch Abschottung gestalten können. Nachdem
ir die Mauer durch Deutschland beseitigt haben, kön-
en wir jetzt nicht eine Mauer um Deutschland ziehen.
ach meiner Auffassung müssen wir deutlich machen,
ass wir nur durch Offenheit und durch ein Bekenntnis
ur Freiheit bestehen können. Ich meine eine verantwor-
ete Freiheit, die neue Gerechtigkeit schafft. Das ist der






(A) )



(B) )


Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel
Ansatz, mit dem Deutschland seine Probleme lösen
muss.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Carl-Ludwig Thiele [FDP])


Daraus erwächst die Aufgabe dieser Regierung. Wir
haben gesagt, sanieren, investieren, reformieren. Mit
dieser Etappe haben wir losgelegt und dabei haben wir
einiges zustande gebracht. Ich will mich damit heute
nicht lange aufhalten. Ich will nur sagen: Der Haushalt,
über den wir heute debattieren, ist ein Haushalt in einer
Legislaturperiode, die sich das Sanieren zur Aufgabe
gemacht hat. Dieses Sanieren darf Wachstum aber nicht
abkoppeln und nicht verhindern, sondern muss es sehr
wohl möglich machen. Deshalb ist dieser Haushalt im
Zusammenhang mit anderen Haushalten zu sehen.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sehr wahr!)


Selbstverständlich haben wir gesagt: Wir investieren.
Herr Gerhardt, Sie haben heute gesagt, wir geben den
Menschen nicht alles zurück, was wir zusätzlich inves-
tieren. Aber Sie haben dabei nicht gesagt, dass wir auf
einem Schuldenberg sitzen und dass wir diesen Schul-
denberg abbauen müssen, dass wir zumindest die Neu-
verschuldung abbremsen müssen. Das ist schwer genug.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Von Schuldenabbau ist in dem Haushalt allerdings nicht viel zu merken!)


– Ich finde wirklich, Sie sollten sich das einmal ganz ru-
hig anhören.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Das ist wirklich besser so. 130 Tage nach Regierungsbe-
ginn kann man noch ruhig zuhören.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Noch gibt es die Freiheit, einen Zwischenruf zu machen!)


– Es ist das demokratische Recht, dazwischenzurufen.
Aber noch schöner ist, wenn auch die Opposition auf der
Zeitschiene konsistent und glaubwürdig ist. Das trägt
dazu bei, dass das Zutrauen zur Politik wieder besser
wird.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Da hat sie Recht!)


Wenn wir Schulden abbauen und neue Investitions-
spielräume schaffen wollen, dann können wir nicht alles
gleichzeitig machen – Wachstum plus Haushaltskonsoli-
dierung –, ohne über die Einnahmeseite zu sprechen. Ich
muss der FDP nun wirklich sagen – Sie wissen es ganz
genau –: Wenn Sie sich einmal den Bleistift nehmen, al-
les in aller Ruhe richtig addieren und das, was Sie vorha-
ben, in Gesetzesform gießen, dann zeigt sich, dass bei all
Ihren Vorschlägen riesige Lücken klaffen. Man kann
keine Steuerreform durchführen, die Mindereinnahmen
in Höhe von 27 Milliarden Euro vorsieht, und so tun, als

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(C (D b man nicht gleichzeitig über Mehreinnahmen nachenken muss. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ch finde ehrlich, was wir tun. Ehrlichkeit ist die Grund-
age für Vertrauensgewinn. Es ist vernünftig, so vorzuge-
en: sanieren, investieren – 25 Milliarden Euro – und re-
ormieren.


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Vor der Wahl hörte sich das anders an! – Joachim Poß [SPD]: Da hat er auch wieder Recht!)


Es ist gesagt worden, dass keine Strukturreformen
ichtbar sind. Herr Kuhn und andere, Sie wissen genau,
iese große Koalition hat entschieden – diese Entschei-
ung wurde übrigens in den ersten 130 Tagen, vor und
icht nach den Landtagswahlen getroffen –, den Men-
chen im Zusammenhang mit dem Rentenversicherungs-
ericht deutlich zu sagen: Unsere demografische Ent-
icklung bedingt, dass wir miteinander auch über eine
erlängerte Lebensarbeitszeit sprechen müssen. Diese
ussage war richtig und sie war mutig. Weil wir eine
roße Koalition sind, war es auch so, dass die Volkspar-
eien nicht gegeneinander, sondern miteinander argu-
entiert haben. Jeder kann sich vorstellen – das kann

ich auch jede Regierungskoalition vorstellen –, wie die
andtagswahlkämpfe abgelaufen wären, wenn wir nicht
usammen gewesen wären. Da haben wir eine Chance
ieser großen Koalition genutzt. Sie hat uns – auch das
st ein Ergebnis der Wahlen – nicht geschadet. Darauf
önnen wir ein Stück stolz sein.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Ich sage ganz klar: Das war die erste Etappe. Jetzt
olgt die zweite; denn was wir gemacht haben, reicht mir
icht, reicht der Koalition nicht und – das ist das Wich-
ige – reicht nicht für Deutschland. Zu dieser Zeit, wo
ir hier im Deutschen Bundestag miteinander debattie-

en, werden die neuen Arbeitslosenzahlen verkündet.
s sind wohl knapp unter 5 Millionen Arbeitslose. Aber
s sind fast 2 Millionen Menschen, die langzeitarbeitslos
ind, und es sind 600 000 junge Menschen unter
5 Jahren, die keine Perspektive für sich sehen. Das
ann uns natürlich nicht ruhen lassen. Deshalb beginnen
ir mit der zweiten Etappe mit acht wichtigen Projekten,
ie ich Ihnen darstellen möchte, mit denen wir deutlich
achen, dass wir unseren Weg sehr konsequent fortset-

en.

Lassen Sie mich mit der Föderalismusreform begin-
en. Ich bin etwas bedrückt – ich will das unverhohlen
agen – darüber, dass über die Föderalismusreform in
etzter Zeit beschränkt auf ganz wenige Punkte, die auch
och relativ stark aus dem Zusammenhang gerissen wur-
en, diskutiert wird, während das Anliegen, das wir ge-
enüber den Menschen haben, aus meiner Sicht nicht
ehr in vollem Umfang dargestellt wird.

In den Jahrzehnten seit Verkündung des Grundgeset-
es gab es in der Bundesrepublik Deutschland eine Ent-
icklung, in der sich die Zahl der zustimmungsbedürfti-






(A) )



(B) )


Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel
gen Gesetze immer weiter erhöht hat – mit dem
bekannten Phänomen, dass im Vermittlungsausschuss
Lösungen gefunden werden, über deren Zustandekom-
men keine Transparenz herrscht, weil aus dem Vermitt-
lungsausschuss nicht berichtet werden darf. Diese Tatsa-
che hat einen Beitrag zur Politikverdrossenheit geleistet.
Sie hat im Übrigen zu einer schleichenden Verantwor-
tungslosigkeit geführt,


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: So ist es!)


weil man niemals sagen kann, ob nun der Bund oder die
Länder die Verantwortung haben.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Richtig!)


Sie hat sogar dazu geführt – wenn man ehrlich ist, muss
man das zugeben –, dass in den Ausschüssen im Deut-
schen Bundestag zum Teil gar nicht mehr debattiert
wurde, weil man wusste: Wenn man schon Kompro-
misse schließen muss, dann schließt man sie bitte schön
im Vermittlungsausschuss, aber doch nicht schon vor
den Augen der Öffentlichkeit im Bundestag.

Wenn wir jetzt davon wegkommen, dass 60 Prozent
der Gesetzgebungsvorhaben zustimmungsbedürftig sind,
und dahin kommen, dass es nur noch 40 Prozent oder
unter 40 Prozent sind, dann haben wir geschafft, dass bei
mehr Gesetzgebungsvorhaben – die Differenz ist
20 Prozentpunkte oder mehr – die Verantwortlichkeit
wieder zugeordnet werden kann, dass wir, wenn wir im
Bundestag zum Schluss verantwortlich sind, Rede und
Antwort stehen müssen, dass auf der anderen Seite auch
ein Land, das sich ein merkwürdiges Verfahren für den
Vollzug eines Gesetzes ausgedacht hat, Rede und Ant-
wort stehen muss, wenn gefragt wird, warum ein anderes
Land das besser macht. Ich kann Ihnen heute schon vo-
raussagen, wie schön die Länder untereinander darauf
achten werden, ob sie denn ein vernünftiges Verfahren
haben, weil sie natürlich sehen, wo es besser läuft und
wo es schlechter läuft.

Jetzt kommt ein zweiter Punkt: Ist die Antwort auf
Globalisierung eigentlich Zentralisierung auf Bundes-
ebene? Wenn ich die Diskussion über die Bildungspoli-
tik höre, gewinne ich den Eindruck: Das Allerbeste
wäre, wir würden ein Schulministerium zentraler Art
hier in Berlin errichten und von dort aus die Schulpolitik
machen.


(Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wenn Sie das wollen, dann muss ich Ihnen aber sagen:
Sie kommen damit doch nicht einmal bis zu Ihren eige-
nen Landtagsfraktionen.


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Sehr richtig! So ist es!)


Mit Verlaub – ich möchte den Kollegen Tauss jetzt nicht
angreifen –, der Kollege Tauss als Generalsekretär der
baden-württembergischen SPD hat im Landtagswahl-
kampf doch eine bittere Erfahrung gemacht. Man hat
ihm angeboten, in den Landtag zu gehen, wenn er sich
für Schulpolitik interessiert, weil das einfach nicht die
Sache des Bundestages ist.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zuruf von der FDP: Das wäre eine super Idee!)


as ist doch auch okay. Wer die Leidenschaft Schulpoli-
ik hat, der ist im Bundestag falsch aufgehoben.


(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, ganz still! Jetzt passen Sie
inmal ganz ruhig auf! Wir sind, finde ich, an einem
ochinteressanten Punkt angekommen.


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Ja, genau!)


Wer möchte, dass Schulpolitik Bundespolitik wird,
arf keine Föderalismusreform anstreben, sondern muss
arüber sprechen, ob wir in Deutschland noch Länder
rauchen. Das war aber nicht Gegenstand der Verabre-
ung und fände, so wie das Grundgesetz derzeitig noch
st, in der zweiten Kammer auch keine Zweidrittelmehr-
eit.


(Beifall des Abg. Dr. Peter Ramsauer [CDU/ CSU])


Sie und wir alle – bei uns in der CDU/CSU-Fraktion
ind die Diskussionen doch nicht anders – müssen mit-
inander überlegen, was sinnvoll ist und was nicht sinn-
oll ist, aber auch, was machbar ist. Bei der Föderalis-
usreform wird es zum Schluss um eine Abwägung

ehen, ob das, was wir jetzt mit den Ländern gemeinsam
eschaffen haben, besser ist als das, was wir vorher hat-
en. Ich finde den Zustand, dass über die Frage von Stu-
iengebühren, Juniorprofessuren und anderes jedes Mal
as Bundesverfassungsgericht entscheiden muss, weil
ir es nicht schaffen, unsere Kompetenzen zu ordnen,

bsolut unzureichend. Deshalb sollten wir uns mit aller
raft der Föderalismusreform zuwenden.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Beifall bei der FDP)


Meine Damen und Herren, natürlich sind – wenn ich
och einen Blick auf die Bildungspolitik in Deutschland
erfen darf – Innovationen in Bildung und Forschung
ringend nötig. Das gilt im Übrigen für alle. Alle Bun-
esländer haben es versäumt, auf eine ganz einfache Sa-
he zu achten, was ganz wesentlich zum schlechten
ISA-Abschneiden beigetragen hat. Dass zum Beispiel
inder mit ausländischem Hintergrund, deren Eltern

usländischer Herkunft sind, wenn sie in die Schule
ommen, Deutsch lernen müssen, müssen die Länder
etzt durchsetzen.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dafür hatten Sie doch schon 20 Jahre Zeit!)


ir müssen durchsetzen, dass die Integrationskurse
chrittweise weiter aufgebaut werden und die Mittel da-
ür abfließen. Aber das kann man – das wissen auch
ie – nicht in einem halben Jahr schaffen, sondern das
ird ein längerer Prozess sein. Dass die Integrationsbe-

uftragte im Kanzleramt sitzt, ist ein deutlicher Beweis
afür, dass diese Bundesregierung Integration schwer-
unktmäßig als Gemeinschafts-, als Querschnittsaufgabe
ieht. Ich glaube, das war eine richtige Entscheidung.






(A) )



(B) )


Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Hellmut Königshaus [FDP])


Im Zusammenhang mit mehr Freiheiten und mehr
Spielräumen möchte ich als zweiten Punkt das Thema
Bürokratieabbau nennen. Wir erarbeiten jetzt ein Infra-
strukturbeschleunigungsgesetz unter der Federführung
des Bundesverkehrsministers. Dieses Infrastrukturbe-
schleunigungsgesetz ist etwas, was diese große Koali-
tion zustande bekommen wird und was Rot-Grün nicht
geschafft hat, weil Sie, Herr Kuhn und andere, das nicht
wollten. Wir müssen Folgendes sehen: Wenn wir in
Deutschland 5 Millionen Arbeitslose haben, dann ist es
eben nicht egal, ob ein Frankfurter Flughafen, ein Schö-
nefelder Flughafen oder bestimmte andere Infrastruktur-
objekte in fünf, zehn, 15 oder 20 Jahren gebaut werden.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Beifall bei der FDP)


Denn dahinter stehen Menschen, Tausende von Arbeits-
plätzen. Ob die 15 000 Arbeitsplätze im Zusammenhang
mit dem Ausbau des Frankfurter Flughafens im Jahre
2010, 2015 oder 2020 entstehen, wird über das Schicksal
von einzelnen Menschen, von jungen Menschen ent-
scheiden. Diese Sichtweise gilt auch in Bezug auf mittel-
ständische Unternehmen.

Wir müssen uns doch einmal die Frage stellen: Wel-
ches Recht haben wir eigentlich, Minderheiten über
Zeitspannen entscheiden zu lassen, was dazu führt, dass
Mehrheiten ihre Lebenschancen nicht verwirklichen
können? Ich finde, darüber müssen wir gemeinsam
nachdenken und deutlich machen, wie es laufen muss.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Wir werden als Bundesregierung dafür sorgen, dass
das Thema Bürokratieabbau konzeptioneller angegangen
wird – das haben wir in der Koalitionsvereinbarung ge-
meinsam festgelegt –: Normenkontrollrat, Standardkos-
tenmodell, wie die Holländer es uns vorgemacht haben.
Der Bundeswirtschaftsminister wird ein Mittelstandsent-
lastungsgesetz erarbeiten lassen, in dem die Dinge kon-
kret umgesetzt werden.

Ich möchte Sie auf eine Sache aufmerksam machen,
über die interessanterweise in Deutschland weniger dis-
kutiert wird als in anderen Mitgliedstaaten der Europäi-
schen Union. Es gibt die so genannte Better-Regula-
tion-Offensive, also bessere Gesetzgebung, bei der auch
der deutsche Kommissar Verheugen sehr intensiv mitar-
beitet. Man hat sich auch in der Europäischen Union
zum ersten Mal seit Jahrzehnten vorgenommen, nicht
immer neue Richtlinien zu schaffen, sondern einmal zu
überlegen, ob die Abschaffung von Richtlinien nicht ein
Schritt wäre, der der gesamten Wachstumsstrategie sehr
viel besser bekommen würde.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Es ist jetzt gelungen, über 60 Richtlinien abzuschaffen.

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(C (D Ich denke, dass wir gerade während der deutschen atspräsidentschaft diesen Weg weitergehen sollten. etzt wird zum Beispiel die Vogelschutzrichtlinie mit der lora-Fauna-Habitat-Richtlinie vereinigt. Sie alle wissen us Ihren Wahlkreisen, was für Diskussionen wir genau ber diese Themen haben. umindest diejenigen Abgeordneten wissen das, die ahlkreise haben, in denen es einen Fluss oder eine iese gibt. (Heiterkeit bei der CDU/CSU und der SPD – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Deutschland ist voll davon!)


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Oh ja!)


Manch einer hat seinen Wahlkreis in einer Großstadt,
o dies kein Problem ist.

Die Bürgernähe der Europäischen Union, die wir
rauchen, zeigt sich doch darin, dass man Regelungen,
ie historisch gesehen nacheinander entstanden sind, zu-
ammenführt. Das wird Freiräume schaffen und uns in
ie Lage versetzen, uns auf die wirklich wichtigen Auf-
aben Europas zu konzentrieren, von denen es hinrei-
hend viele gibt. Wir werden diese Entwicklung wäh-
end unserer Präsidentschaft voranbringen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich möchte nun drittens zu dem aus meiner Sicht in
er Tat zentralen Punkt Forschung und Innovationen
ommen. Da stellt sich die Frage: Wo sind wir besser als
ndere, damit wir unseren Lebensstandard halten kön-
en? Herr Kuhn, Sie müssen doch neidlos anerkennen,
ass wir in den nächsten vier Jahren 6 Milliarden Euro
ehr für Forschung und Entwicklung ausgeben.


(Zuruf der Abg. Ulrike Flach [FDP])


Sie werden es doch mittragen. – Das sind durchschnitt-
ich 1,5 Milliarden Euro pro Jahr mehr. Wenn Sie sagen,
as sei genau das Geld, das wir pro Jahr für Landwirt-
chaftssubventionen ausgeben, dann muss ich erwidern:
ch war es nicht, die 2002 zugestimmt hat, dass der
grarhaushalt, abgekoppelt von der Finanziellen Vo-

ausschau 2007–2013, bis 2013 festgeschrieben wurde.
ch war es nicht.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber waren Sie dagegen? Sie machen die Interessenvertretung des Bauernverbandes! Das ist doch unverschämt!)


Es mag damals Gründe dafür gegeben haben, dass Sie
ie Entscheidung mitgetragen haben. Auch die Land-
irtschaftsfachleute in unseren Reihen waren froh darü-
er. Man konnte den Mitgliedstaaten wie zum Beispiel
nseren französischen Freunden, mit denen dies 2002
erabredet wurde, doch 2005 nicht zumuten, dass man
iese Vereinbarung einfach vergisst und neu anfängt.
an muss erkennen, dass man sich nicht einfach davon

erabschieden kann. Auch das gehört zur Redlichkeit in
er Argumentation.






(A) )



(B) )


Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wir haben zwar die Erhöhung um 6 Milliarden Euro
beschlossen – ich hoffe, dass uns das Parlament mehr-
heitlich dabei folgt –, aber wir haben noch keine klar
ausgearbeitete Strategie. Deshalb befassen wir uns im
Rahmen eines unserer Projekte für die zweite Etappe mit
der Frage, an welcher Stelle wir diesen Beitrag in Höhe
von 6 Milliarden Euro ausgeben müssen, damit am Ende
der Legislaturperiode Deutschland insgesamt 3 Prozent
des Bruttoinlandsproduktes für Forschung und Entwick-
lung ausgibt. Diese Sache ist noch nicht in trockenen Tü-
chern, weil auf jeden Euro der öffentlichen Hand 2 Euro
privater Investitionen der Wirtschaft folgen müssen.

Die Bundesforschungsministerin wird jetzt in sehr in-
tensive Gespräche eintreten müssen. Sie wird mit der
Wirtschaft darüber sprechen müssen, wie sie ihren An-
teil leisten kann. Es handelt sich für die Wirtschaft um
keine langen Planungszeiträume. Es muss auch darüber
geredet werden, welche Rahmenbedingungen die Wirt-
schaft braucht.

Eines der Projekte, das wir zu Beginn der Legislatur-
periode erfolgreich durchgeführt haben, befasste sich
mit der Chemikalienrichtlinie. Wir sind da zu einer ver-
nünftigen Lösung gekommen – auch das war ein Erfolg
der großen Koalition –, die dazu führt, dass Chemie-
werke wie zum Beispiel die BASF ihren Beitrag zur For-
schung leisten können. Wenn wir ihnen diese Möglich-
keit nicht eröffnen und ihnen Restriktionen auferlegen,
dann können sie in Deutschland auch nicht forschen.

Wer sich einmal mit dem gesamten Bereich der En-
zymforschung befasst hat, der weiß: Wenn nicht die
Grüne Gentechnologie hinzukommt


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weiße Gentechnologie!)


– das hat nichts mit Lebensmitteln zu tun –, dann kann
die Forschung nicht in einfacher Weise durchgeführt
werden. Deshalb bin ich sehr froh, dass wir jetzt in die-
sen Dialog eintreten.

Wir werden, anknüpfend an das Projekt „Partner für
Innovation“, das vom vorherigen Bundeskanzler initiiert
wurde, einen Rat für Innovationen bilden. Dieser Rat
für Innovationen ist ein Beratungsgremium für die Bun-
desregierung und für die Minister, zu deren Zuständig-
keitsbereich Forschung und Technologie gehören. Dieser
Rat soll sich mit der Frage beschäftigen, wo die Stärken
in der Grundlagenforschung liegen, die wir weiterentwi-
ckeln müssen, damit wir eine Chance haben, marktüber-
greifende Projekte durchzuführen. Denn es müssen Pro-
dukte entwickelt werden. Es ist zwar gut, ein Land der
Ideen zu sein, aber am Ende müssen Produkte stehen,
damit wir wirtschaftlich davon profitieren. Diesen Span-
nungsbogen müssen wir schaffen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Unter diesen Projekten befinden sich auch Leucht-
türme. Dazu gehört die Gesundheitskarte. Dieses Pro-
jekt zeigt, dass Deutschland ein modernes Land ist und
dass die Informationstechnologie in unser Alltagsleben

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(C (D inzug hält. Wir werden das mit aller politischen Gestalungskraft vorantreiben. Diese ist notwendig, weil es im er wieder Einzelinteressen von Gruppen gibt, die sich icht über die Einführung der Gesundheitskarte freuen nd für die Transparenz ein gewisses Gefahrenmoment edeutet. Aber hier hat die Politik den Gemeinwohlaufrag auszuführen. Wir werden dafür Sorge tragen, dass sich Deutschland erade im Bereich der Informationstechnologie wieder tärker engagieren kann. Ich werde zu einem IT-Gipfel inladen, um deutlich zu machen: Hier ist eine Branche, n der neue Arbeitsplätze entstehen können. Dort wurden m letzten Jahr 6 000 bis 8 000 Leute neu eingestellt. ier fehlen im Übrigen zum Teil Ingenieure. Wir müssen en jungen Leuten sagen: Hier habt ihr eine Chance. – ier können wir vorne sein, auch wenn wir heute zum eil noch nicht so weit vorne sind, wie ich mir das wünchen würde. Ich will einen weiteren Aspekt ansprechen. Hier ist eutschland Vorbild; hier haben wir riesige Chancen nd Stärken, die uns weiterbringen können. Wir haben es etzt auf europäischer Ebene geschafft, dass mit dem uropäischen Forschungsrat eine Institution gegrünet werden wird, die sich an das Begutachtungssystem er deutschen Wissenschaft anlehnt und damit dem xzellenzgedanken in Deutschland zum Durchbruch erhelfen wird. Es wird jetzt darauf ankommen, dass alle nstitute, die in Europa gegründet werden, alle europäichen Forschungsund Innovationsinstitute, immer den leichen Maßstäben genügen. Dafür wird Deutschland ährend seiner Präsidentschaft sorgen. Für mich ist der in diesem Zusammenhang in Rede tehende Betrag von 6 Milliarden Euro kein fiskalisches hema, kein Thema, bei dem jedes Ressort äußern kann, orüber es schon immer einmal forschen wollte, sonern ein Thema, an dem wir eine Strategie aufbauen ollen. Ich freue mich, dass hierbei eine sehr gute Zu ammenarbeit zwischen allen Ressorts der Bundesregieung stattfindet, worüber wir gerne und intensiv mit dem arlament diskutieren wollen, weil wir nur so einen irklichen Nutzen für Deutschland zustande bringen erden. Ein Thema, bei dem Innovationen in der Tat eine roße Rolle spielen, ist der vierte Punkt, die Energieolitik. Die Bedeutung der Energiepolitik – und damit ie Sorgen, Ängste oder Unsicherheiten der Menschen n unserem Land in diesem Zusammenhang – hat sich war in den letzten Monaten ganz elementar gezeigt, ist ber eigentlich seit langem bekannt. Es gibt unter uns Herr Heil hat das angesprochen – keine Unterschiede: ie Versorgungssicherheit, die Wirtschaftlichkeit und ie Umweltverträglichkeit müssen die drei großen Säuen sein. Sie existieren in einem permanenten Spanungsverhältnis zueinander. Sie müssen aber ausgefüllt erden und sind gleichermaßen wichtig. Es gibt unterschiedliche Bewertungen darüber, welhe Rolle die einzelnen Energieträger spielen sollen. Das aben wir vor Abschluss der Koalitionsvereinbarung Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel gewusst; wir haben in den ersten 130 Tagen erlebt, dass das so bleiben wird. Das heißt aber nicht, dass wir uns wegen dieser einen unterschiedlichen Bewertung in einer Frage um die Beantwortung der Frage drücken können, wie ein Energiekonzept bis zum Jahr 2020 aussieht. Deshalb werden wir am nächsten Montag eine erste Runde eines Energiegespräches abhalten, wobei zum Schluss im zweiten Halbjahr 2007 ein Energiekonzept bis zum Jahr 2020 stehen soll, in dem wir darlegen, wie wir Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit, also auch niedrige Strompreise, und Umweltverträglichkeit zusammenbringen. Jenseits der unterschiedlichen Meinungen gibt es in dieser Koalition ein breites Maß an Übereinstimmung darin, dass wir Technologieexporteur werden können, dass wir in der Energieeffizienz Spitze sein sollten und dies von großer Bedeutung sein wird. Ich bin sehr froh, dass wir endlich davon weggekommen sind, nur auf die Wirtschaft zu schauen. Ich erinnere an die Diskussion über den Biodiesel und die CO2-Einsparungen im KfzBereich. Die Biodieseldiskussion ist schwierig, weil wir in bis 2009 bestehende Besitzstände eingreifen. (Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt macht ihr Steuern drauf! Das ist absurd!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)





(A) )


(B) )


– Das ist nicht absurd. Wir werden das vernünftig regeln,
Herr Kuhn.

Ich sage Ihnen voraus: Wenn wir eine Beimischungs-
pflicht eingeführt haben werden, werden Sie von den
Grünen die Ersten sein, die für sich proklamieren, dass
sie diese Idee hatten. Aber dann waren wir es, die die
Pflicht der Beimischung von Biodiesel für alle Kfz mit
Dieselmotor eingeführt haben werden, was den Markt
erheblich erweitern wird.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Dafür müssen wir die jetzigen Umstellungsschwierigkei-
ten in Kauf nehmen, vernünftig ausdiskutieren und trotz-
dem unsere Haushaltsziele erfüllen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Sie wissen: Es muss gespart werden; zum Haushalt
komme ich gleich. Aber wo man auch mit dem Sparen
anfängt, ist es nicht recht. Irgendwann kommt es beim
Finanzminister oder im Zweifelsfalle manchmal auch
bei der Kanzlerin – vorher noch beim Kanzleramtsminis-
ter – zusammen.


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Seit wann ist Steuererhöhung sparen? Peinlich!)


Wenn wir sparen wollen, dann müssen wir es an be-
stimmten Stellen auch tun. Deshalb werden wir die
Dinge zusammenbringen.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Beim Ehegattensplitting können Sie sparen!)


Ich bin sehr erleichtert, dass diese große Koalition
bzw. der Bundesumweltminister zusammen mit dem
Bundeswirtschaftsminister bei der Ausarbeitung des Na-

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(C (D ionalen Allokationsplanes 2, also der Fortsetzung der O2-Einsparungen, nicht wieder das Theater aufführt, as es in der vergangenen Legislaturperiode gegeben at, sondern versucht, Wirtschaftlichkeit, Versorgungsicherheit und Umweltverträglichkeit zusammenzubrinen. Dem Bundesaußenminister bin ich sehr dankbar daür, dass er die Energiepolitik ausdrücklich als strategichen Teil unserer Außenpolitik definiert hat, und zwar nter Berücksichtigung der Menschenrechte. Wir haben s heute mit Ländern zu tun, zum Beispiel mit China, die anz bewusst eine einseitig auf Rohstoffe ausgerichtete ußenpolitik betreiben. Wir müssen unsere Werte mit nseren Interessen in Einklang bringen. Genau das weren wir auch tun. Fünftens. Bezogen auf die Finanzpolitik habe ich beeits die Punkte angesprochen, die der Finanzminister estern sehr ausführlich dargestellt hat: Annäherung an ie Realität und keine falschen Versprechungen. Mir ist s, ehrlich gesagt, lieber, wenn Sie uns in der ersten Leung des Haushalts kritisieren, weil wir Schulden aufehmen werden, die auch meiner Meinung nach besser eringer wären – keiner in diesem Hause ist froh darüber –, ls dass wir nächstes Jahr um diese Zeit Krokodilstränen einen und sagen: Das haben wir voriges Jahr nicht geusst. – Diese Spirale einer kurzsichtigen Haushaltsolitik wird durchbrochen. Das erfordert am Anfang ut, aber bringt am Ende Verlässlichkeit und schafft ertrauen. Ich bin der Meinung, dass es besser ist, Verrauen zu schaffen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


(Zuruf von der FDP: Wohl wahr!)


Wir werden das große Projekt der Unternehmensteu-
rreform angehen. Das wird ein Projekt sein, das die
itarbeit vieler erfordert. Deutschland, dessen Stärken

m mittelständischen Bereich liegen – da sind wir uns in
iesem Haus wahrscheinlich wieder alle einig –, muss
ine rechtsformneutrale Besteuerung der Unternehmen
inbekommen. Mit der Begründung, dass sich die
echtsformen der Unternehmen im 20. Jahrhundert nun
inmal so entwickelt haben, werden wir im Rahmen der
lobalen Diskussionen des 21. Jahrhunderts nicht durch-
ommen. Die Leute werden uns sagen: Ihr seid doch
onst so fix und helle. Lasst euch was einfallen! – Dass
ber die uns oft empfohlenen Modelle, die zu Steuermin-
ereinnahmen jenseits der 25 Milliarden Euro führen
erden, angesichts der augenblicklichen Situation des
aushalts nicht besonders hilfreich sind, muss auch je-
er sehen. Insofern hat die Bundesregierung eine ziem-
ich komplizierte Aufgabe zu bewältigen, und zwar
emeinsam mit den Verantwortlichen in dieser Gesell-
chaft, von den Kommunen über die Länder bis zum
und. Ich halte diese Reform für ausgesprochen wichtig
nd deshalb werden wir sie auch durchführen.

Für mich ist auch wichtig, die Erbschaftsteuer zu
erändern, und zwar als klares Zeichen an die Mittel-






(A) )



(B) )


Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel
ständler. Wir müssen vor allen Dingen auch mental die-
jenigen unterstützen, die trotz der Globalisierung im
Erbschaftsfall das Geld nicht in irgendeine Kapitalan-
lage investieren, sondern ganz bewusst sagen: Ich lasse
das Geld in meinem Betrieb. Ich möchte in dem Betrieb,
der eine Tradition hat, weiterarbeiten. – Diesen Men-
schen müssen wir den Rücken stärken. Deshalb ist die
Erbschaftsteuerreform so wichtig.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Sechstens. Zur Familienpolitik kann ich an dieser
Stelle nur kurz etwas sagen. Wir haben ein demografi-
sches Problem, wir sind kein kinderfreundliches Land
und wir haben in diesem Bereich viele Aufgaben zu lö-
sen. Ich weiß nicht, ob man nach der Reihenfolge vorge-
hen kann, Herr Kuhn, „erst Betreuung, dann Elterngeld“.
Ich glaube, wir müssen auf verschiedenen Ebenen
gleichzeitig arbeiten.

Ich habe den Eindruck, dass hier in den letzten Jahren
ein erhebliches Umdenken erfolgt ist; das sage ich auch
für die CDU/CSU-Fraktion und für die CDU als Partei.


(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Aber nicht für die CSU!)


Schauen Sie sich einmal die Betreuung der unter Drei-
jährigen in Nordrhein-Westfalen, Bayern, Baden-
Württemberg und Hamburg an! Die Situation ist in allen
Bundesländern nicht besonders befriedigend, in den
Städten ist sie fast noch am besten.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In Bayern ist das eine Katastrophe!)


– Wir können die Statistiken gerne austauschen. – Aber
das ist nicht das Problem.


(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Doch!)


Tatsache ist, dass es für Kinder unter drei Jahren zu we-
nige Betreuungsmöglichkeiten gibt. Aber dafür sind
vorrangig die Länder zuständig. Durch die Mehrwert-
steuererhöhung und die Übernahme der Kosten für die
Unterkunft leisten wir unseren Beitrag und verschaffen
den Ländern und Kommunen Spielräume, damit sie im
Bereich der Ganztagsbetreuung etwas machen können.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Endlich!)


Das darf nicht in Vergessenheit geraten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


So verlässlich, wie wir an dieser Stelle waren, müssen
die Kommunen jetzt auch das Geld ausgeben.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Wir beschreiten mit dem Elterngeld einen neuen
Weg. Über diesen Weg müssen wir diskutieren, er wird
nicht ganz einfach sein. Denn zum ersten Mal wird die
Frage gestellt, wie wir gut ausgebildeten Frauen jenseits
der ganz kleinen Verdienste, die sich für Kinder und Be-

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(C (D uf entscheiden, für eine begrenzte Zeit die Möglichkeit röffnen können, nicht einen wahnsinnigen Einkomensverlust zu erleiden, sondern diese Zeit zu überbrü ken. Das ist nicht unumstritten. Bisher haben wir Famiienpolitik sehr häufig vorrangig als Sozialpolitik für edürftige verstanden. Diese Position will ich auch nicht öllig aufgeben. Angesichts der Tatsache, dass 40 Proent der Akademikerinnen in Deutschland keine Kinder aben – die dazugehörigen Männer haben übrigens benfalls keine, darüber wird nur nicht so oft gesprohen –, müssen wir uns aber überlegen, wie wir einen ruch in der Biografie dieser Frauen vermeiden können. iese Überlegungen halte ich für vernünftig. Daher ist s richtig, dass wir die Diskussion über das Elterngeld etzt und nicht erst im Jahr 2015 führen. Ich komme nun zu einem zentralen Bereich, der in der oalition hinsichtlich seiner Wirksamkeit unterschied ich bewertet wird. Das sind – siebtens – die Fragen, die it der Arbeitsmarktpolitik, mit Hartz IV, also der Zu ammenlegung von Arbeitslosengeld und Sozialhilfe, it dem Niedrigund dem Kombilohn zusammenhän en. Lassen Sie mich wegen der aktuellen Situation ein ort zum Kündigungsschutz sagen. Wir haben nicht enig Zeit während der Erarbeitung der Koalitionsver inbarung auf den Punkt Kündigungsschutz verwendet. ir haben viele Modelle betrachtet und Verbände be ragt. Ich weiß, dass das Thema in der CDU/CSU-Bunestagsfraktion einen etwas anderen Stellenwert hat als n der SPD-Bundestagsfraktion, aber wir haben uns auf twas geeinigt. Zur Verlässlichkeit gehört, dass wir das, as wir miteinander vereinbart haben, und zwar nicht im albschlaf, sondern nach dem Verwerfen von Optionen nd dem Hinzunehmen von Optionen, als Grundlage heanziehen. Wir müssen das mit dem Ziel tun, dass wir ur die Dinge umsetzen, die wir gemeinsam umsetzen önnen. Wir wollen nur die Maßnahmen umsetzen, die u mehr Arbeitsplätzen führen. Mein Vorschlag ist, mit er Verlässlichkeit dieser Koalitionsvereinbarung einen chritt voranzugehen. Alles andere würde nur zu unergiebigen Diskussionen ühren und die Menschen würden nicht verstehen, was ir vor 130 Tagen aufgeschrieben haben. Das ist das roblem. Wir müssen zuerst das umsetzen, was wir verinbart haben. Wenn wir in zwei Jahren merken, dass es eitergehen muss, dann darf es kein Denkverbot geben. n dieser Sache bin ich ganz nah bei Peter Ramsauer. ber lasst uns erst einmal das machen, was wir uns vorenommen haben. Das Kernproblem wird sein – Herr Kuhn, ich stimme hnen zu –, Lösungen für den unteren Lohnbereich, für ber 55-Jährige, für junge Arbeitslose zu finden und eue Erwerbstätigkeiten anzubieten. Wir haben uns vorenommen, uns von bestimmten Dingen zu trennen und nstrumente, die sich nicht bewährt haben – inzwischen iegt der erste Revisionsbericht zu Hartz vor –, über Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel Bord zu werfen. Darüber hinaus wollen wir Maßnahmen bündeln; denn das Dickicht ist immer noch groß. Wir werden natürlich über die Frage der Kombilöhne sprechen müssen. Ich schaue mir gern die Modelle der Grünen an. Wir müssen aber aufpassen: Wenn wir Einstiegsszenarien vorsehen und die Sozialabgaben am Anfang kleiner halten, wie es bei den Hinzuverdienstmöglichkeiten heute schon der Fall ist, dann dürfen Sie den Ausfall anschließend nicht der Bundesgesundheitsministerin oder dem Arbeitsminister zuweisen, damit diese sehen, wie sie damit klarkommen. Sie können nicht einfach annehmen, dass es so viel Mehrbeschäftigung geben wird, dass die Fehlausgaben ausgeglichen werden. Da, wo nichts abgegeben wird, gibt es auch keine Mehreinnahmen. Vielmehr müssen wir darüber sprechen, woher das Geld kommen soll. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Natürlich! Logisch!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)





(A) )


(B) )


Sie können uns dann nicht vorwerfen, wir würden ein-
fach die Steuern erhöhen und Sie wüssten nicht, warum.
Es muss zusammenpassen.

Ich glaube trotzdem, dass die Diskussion sehr intensiv
geführt werden muss. Wir müssen uns auch mit der Tat-
sache auseinandersetzen, dass wir nicht in einem luft-
leeren Raum leben, sondern dass andere Länder – ich
verweise auf die Dienstleistungsrichtlinie – mit ganz an-
deren Mindestlöhnen arbeiten. Ich habe gestern den Mi-
nisterpräsidenten von Lettland empfangen. Dort ist die
Lage ganz anders. Er ist voller Sorge darüber – ich er-
wähne das, damit wir in Deutschland darüber Bescheid
wissen –, dass seine besten Arbeitnehmerinnen und Ar-
beitnehmer das Land verlassen, weil Irland und Großbri-
tannien die Arbeitnehmerfreizügigkeit – anders als wir –
schon gestattet haben. Lettland hat ein großes Problem,
den eigenen Wirtschaftsaufbau voranzubringen, weil die
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer das Land verlas-
sen, da sie in anderen Ländern in Europa mehr verdienen
können. Dieser Prozess wird die Löhne in den betreffen-
den Ländern steigen lassen.

Das ist ein zentraler Punkt, den wir uns ansehen wer-
den. Der Bundesarbeitsminister wird, mit Hilfe aller,
eine Lösung finden. Wir müssen uns aber darüber einig
sein, dass am Ende mehr Arbeitsplätze entstehen müs-
sen und es nicht weniger werden dürfen. Das ist die Be-
dingung, an der sich die Lösung messen lassen muss.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Ein achtes Projekt, das in diesen Tagen in aller Munde
ist, ist die Gesundheitsreform. Im Koalitionsvertrag ha-
ben wir uns viel vorgenommen: Steuerzuschüsse aus
dem Bundeshaushalt werden zurückgebaut. Einer der
Gründe dafür war, neben dem der Haushaltskonsolidie-
rung, dass wir uns selbst ein Stück weit unter Druck set-
zen wollten, um strukturell etwas zu verändern.

Ich will an das Gesundheitsmodernisierungsgesetz er-
innern, das damals in Gemeinschaftsarbeit von Union
und SPD erarbeitet wurde. Es hat seine Wirkung durch-
aus entfaltet. Die Krankenkassen sind heute weitgehend

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(C (D chuldenfrei. Ich muss aber auch daran erinnern, dass chon bei der Verabschiedung des Gesundheitsmoderniierungsgesetzes gesagt wurde: „Das hält für die Dauer er Legislaturperiode. Danach brauchen wir eine umfasende Strukturreform.“ Das hat im Übrigen dazu geführt, ass die Parteien unterschiedliche Konzepte ausgearbeiet haben. Alle waren sich bewusst, dass wir eine Strukurreform brauchen. Ich glaube, dass wir, wenn wir jetzt in die entscheienden politischen Diskussionen eintreten – sie müssen echselseitig von den Fachpolitikern und den politi chen Führungen bestritten werden, weil das Projekt zu roß ist, als dass es den Fachpolitikern allein überantortet werden könnte; das ist als Unterstützung zu ver tehen –, zunächst eine Lagebeurteilung brauchen: Ersens. In dieser Legislaturperiode fehlen zwischen 7 und 0 Milliarden Euro in diesem System. Darin sind wir uns inig. Zweitens. Es ist vollkommen klar – ich bin dankar, dass sich diese Auffassung durchsetzt –, dass es ettbewerbsspielräume gibt. Wir müssen eine Struktur inden, in der der Wettbewerb besser funktionieren kann. ngesichts des medizinischen Fortschritts, den wir lücklicherweise haben, und der demografischen Enticklung dürfen wir den Menschen als Ergebnis einer eform nicht nennen, dass wir Geld gefunden haben. ir müssen sagen, dass es tendenziell teurer wird. Der nstieg kann zwar gedämpft werden, aber die Gesundeitsversorgung wird im Laufe der nächsten zehn bis 5 Jahre tendenziell teurer, wenn wir nicht wollen, dass enschen aus materieller Not heraus am medizinisch echnischen Fortschritt nicht beteiligt werden. Das ist nser gemeinsames Anliegen. Wir müssen ganz nüchtern überlegen – ich glaube, ir haben die Kraft dazu –, wie wir dafür sorgen können, ass die historisch gewachsene Kopplung an die Lohnusatzkosten am Schluss nicht dazu führt, dass wir weiger Arbeitsplätze haben. Wir können nicht eine Geundheitsreform machen, die alle anderen Ziele der oalition konterkariert. Dabei gibt es viel Spielraum. Ich laube, wir können ganz intensiv, aber auch sehr ruhig nd selbstbewusst, in dem Tempo, das wir vorgeben, areiten. Ich habe gesagt, die Reform muss bis zum Somer fertig sein. Bis zum Sommer heißt aber nicht: vor stern. (Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aber auch nicht bis zum Herbst!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


nsbesondere in diesem Jahr, wo der Winter nur sehr
angsam geht, heißt „bis zum Sommer“ so viel wie
nicht vor Ostern“.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sommer im Sinne der großen Koalition!)


Es gibt eine öffentliche Diskussion. Das ist eine
hance, die die große Koalition bietet: Es gibt ein öf-

entliches Interesse an schnellen Ergebnissen und eine
ohe öffentliche Bereitschaft, anschließend zu kritisie-
en, wenn das Ganze nicht durchdacht war.






(A) )



(B) )


Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel

(Dr. Peter Struck [SPD]: So ist es!)


Im Namen der Bundesregierung und auch der Koali-
tionsfraktionen sage ich: Wir wissen um den Zeitdruck,
wir machen die Reform aber in unserem Tempo. Es gilt:
Qualität vor Schnelligkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Wenn ich zum Schluss über das Thema Gesundheit
gesprochen habe – ähnlich wird es sich im Pflegebereich
verhalten –, dann weiß ich, dass dieses Thema so
schwierig ist wie kaum ein anderes, weil es jeden Men-
schen betreffen kann. Krank kann ich jeden Tag werden,
und zwar so krank, dass es meine finanziellen Möglich-
keiten überschreitet, mich dagegen allein zu schützen.
Ich glaube, dass an der Frage, wie wir die Gesundheits-
reform miteinander gestalten, natürlich auch deutlich
werden kann, welche Haltung wir haben, um politische
Probleme, die es nun einmal gibt, zu lösen. Diese Hal-
tung bzw. dieser Stil wird bedeuten – das sage ich für
mich und auch für andere –, dass man immer auch über
den eigenen Schatten springen muss, dass das Gemein-
wohl über das Partikularinteresse gehen muss. Das ist im
Gesundheitsbereich stark ausgeprägt.

Das heißt, wir müssen Schutzmauern aufbrechen und
die Kraft haben, neue Wege zu gehen.


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was heißt das genau?)


Das heißt, wir müssen Prinzipien anwenden und nicht
Prinzipienanwendung und heilige Kühe durcheinander
bringen. Nicht jede heilige Kuh kann mit einem Prinzip
gerechtfertigt werden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Etwas präziser noch, bitte!)


Diese Anforderungen stelle ich an uns. Ich spreche
für die Bundesregierung und ich bitte die Koalitionsfrak-
tionen darum. Aber es würde in Deutschland Eindruck
machen, wenn sich auch die Oppositionsfraktionen die-
sem Geist verpflichtet fühlen würden, weil wir es natür-
lich weit über dieses Parlament hinaus von allen Grup-
pen in dieser Gesellschaft erwarten: von den
Gewerkschaften, von den Arbeitgebern, von den Um-
weltverbänden und von den vielen Nichtregierungsorga-
nisationen.

Wir können nicht auf Maximalforderungen bestehen.
Das gilt für alle Bereiche, die ich hier genannt habe. Ich
habe in meiner ersten Regierungserklärung – ich tue es
heute in dieser Debatte wieder – bewusst gesagt: Wir ge-
hen kleine Schritte, die aber konsequent und mit einer
klaren Richtung. Ich glaube, dass, wenn wir diese Politik
machen – Werte, Prinzipien, Schritte, den Menschen
nichts Falsches versprechen –, wieder ein Stück Ver-
trauen in das, was wir vor uns haben, entstehen kann.
Ohne das Vertrauen der Bevölkerung in das, was wir tun,
können wir die Veränderungen nicht schaffen. Wenn wir
das aber schaffen – daran glaube ich ganz fest –, dann
hat Deutschland eine vernünftige Zukunft und wir kön-
nen vielen, vielen Menschen ein besseres Leben garan-
tieren.

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(C (D Herzlichen Dank. (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU – Beifall bei der SPD – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Löblicher Beifall!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1602801400

Das Wort hat nun der Abgeordnete Dr. Guido

esterwelle für die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Guido Westerwelle (FDP):
Rede ID: ID1602801500

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

en! Die Begeisterung der SPD-Fraktion nach der Rede
er Bundeskanzlerin war in diesem Raum an den Hän-
en zu sehen. Ich möchte aber, Frau Bundeskanzlerin,
eine Rede mit dem beginnen, was aus unserer Sicht

ehr wohl positiv als Richtungswechsel gegenüber der
lten Regierung zu verzeichnen ist. Das ist Ihr Anfang in
er Außen- und Europapolitik.


(Beifall bei der FDP)


Dass Sie, Frau Bundeskanzlerin, bei Ihrem Antritts-
esuch in Washington das Thema Guantanamo ange-
prochen haben, war richtig und es ist eine Freude, dass
as endlich wieder jemand an dieser Stelle getan hat.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


ass Sie, Frau Bundeskanzlerin, zu Ihrem Antrittsbe-
uch nach Moskau gereist sind und sich in Moskau als
egierungschefin auch die Zeit genommen haben, sich
ffentlich mit Vertretern der Opposition zu treffen, war
in wohltuender Unterschied zu Ihrem Vorgänger, der
on Präsident Putin noch als einem lupenreinen Demo-
raten sprach.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Sie haben gleich zu Beginn Ihrer Rede völlig zu
echt auf die Erleichterung Ihrer Regierung – ich bin si-
her: auch die Erleichterung des ganzen Hohen Hauses –
ber die Freilassung von Herrn Rahman hingewiesen.

An dieser Stelle will ich hinzufügen: Die Tatsache,
ass dieser Bürger nicht zum Tode verurteilt worden ist,
st das eine. Aber die Tatsache, dass er sich überhaupt
nur, weil er zum christlichen Glauben übergetreten ist –
or Gericht verantworten musste, zeigt, dass die Reli-
ionsfreiheit in Afghanistan nicht gewährleistet ist.
uch das müssen Sie im Kopf haben; denn dort sind un-

ere Soldaten für Freiheit und Werte im Einsatz, nicht
ber für Unfreiheit.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN)


Nun will ich auf den Bereich zu sprechen kommen,
er in dieser Debatte naturgemäß im Vordergrund steht:
ie Innenpolitik. Sie, Frau Bundeskanzlerin, haben
leich zu Beginn Ihrer Rede angeführt, dass sich das,
as Ihnen die Freien Demokraten vortragen, nicht






(A) )



(B) )


Dr. Guido Westerwelle
rechne und dass das nicht funktioniere; denn eine solche
Steuerpolitik könne man in Deutschland nicht machen.

Ich habe Ihnen, Frau Bundeskanzlerin, etwas mitge-
bracht. Dieses Schriftstück trägt die Unterschrift von
Herrn Stoiber, es trägt meine Unterschrift und es trägt
Ihre Unterschrift. Es ist nicht aus dem letzten Jahrhun-
dert, sondern etwa ein halbes Jahr alt. Es datiert vom
1. September 2005. Wenn Sie sagen, die FDP solle mit
ihrem Reden über ein einfacheres und gerechteres Steu-
ersystem mit niedrigen Steuersätzen aufhören, so möchte
ich Sie darauf aufmerksam machen, dass wir dieses Do-
kument wenige Tage vor der Bundestagswahl gemein-
sam veröffentlicht haben. Halten Sie sich doch an das,
was Sie selbst eigentlich für richtig halten!


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Oskar Lafontaine [DIE LINKE] – Dirk Niebel [FDP]: Das hat sie wohl vergessen!)


Ich kann verstehen, dass es in Zeiten der großen Ko-
alition so ist, dass die Roten schwärzer werden und die
Schwarzen erröten. Wenn Sie aber all unsere Vorschläge
als irreal bezeichnen und einwenden, sie seien nicht um-
zusetzen und rechneten sich nicht, muss ich Ihnen sagen:
Entschuldigen Sie, aber Sie haben doch auf Ihrem Leip-
ziger Bundesparteitag einen Bierdeckelbeschluss ge-
fasst.


(Rainer Brüderle [FDP]: Jawohl!)


So weit wie Sie sind wir an dieser Stelle niemals gegan-
gen. Unsere Vorschläge waren viel vernünftiger und rea-
litätsnäher als Ihr Bierdeckelbeschluss. Aber ich sage Ih-
nen: Sie lösen die Probleme unserer Staatsfinanzen nicht
durch höhere Steuern, sondern nur durch Wachstum und
die Schaffung neuer Arbeitsplätze. Das setzt ein neues
Steuersystem voraus.


(Beifall bei der FDP)


All das waren übrigens auch Ihre Worte, bis Sie dann
Kanzlerin wurden.

Jetzt kommen wir zur zweiten tragenden Säule der
großen Koalition, zu Herrn Müntefering.


(Beifall des Abg. Olaf Scholz [SPD])


Machen wir uns doch einmal die Freude, nachzulesen,
was der Vizekanzler, der jetzt neben Ihnen, Frau Bun-
deskanzlerin, sitzt, gesagt hat, und zwar nicht irgend-
wann im letzten Jahrhundert,


(Olaf Scholz [SPD]: Obwohl auch das noch gar nicht so weit zurückliegt!)


sondern vor wenigen Monaten im Bundestagswahl-
kampf, als er noch Vorsitzender der SPD war. Er hat ge-
sagt, dass wir wirtschaftliche Probleme haben, weil die
Binnennachfrage in Deutschland nicht anspringt. Wür-
den wir die Mehrwertsteuer jetzt erhöhen, also Pro-
dukte und Dienstleistungen spürbar teurer machen,
würde das die Binnennachfrage noch weiter abwürgen.
Dann hat er gesagt: Wer stöhnt, weil die Benzinpreise so
hoch sind, gleichzeitig aber eine Erhöhung der Mehr-
wertsteuer ankündigt, der hat die Interessenlage der
Menschen nicht im Blick.

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(C (D (Beifall bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)


m 3. September des Jahres 2005 hat er gesagt: „Die
ehrwertsteuererhöhung kostet Arbeitsplätze.“ Ja, wenn

ie Arbeitsplätze kostet, sollten Sie sie lassen, Herr Vize-
anzler.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Genau! Das müsste am besten noch mehrmals wiederholt werden! Ich kann das gar nicht oft genug hören!)


as alles trage ich nicht etwa mit oppositioneller Pole-
ik vor. All das sind Aussagen aus Ihren eigenen Reden.


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Ja, genau!)


Folgendes will ich festhalten: An dieser Debatte neh-
en jetzt noch 30 bis 40 Abgeordnete der SPD-Fraktion

eil,


(Dirk Niebel [FDP]: Oh ja! Jetzt bräuchten wir eine namentliche Abstimmung!)


atürlich die Wichtigsten und die Schönsten; das ist
eine Frage.


(Vereinzelt Heiterkeit)


m ungefähr so viele Abgeordnete, wie jetzt noch von
hnen anwesend sind, wäre Ihre Fraktion im Deutschen
undestag kleiner, hätten Sie Ihren Wortbruch beim
hema Mehrwertsteuer vor der Wahl angekündigt.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Der Vizekanzler hat heilige Eide geschworen. Gestern
at Herr Steinbrück seine Rede zum Haushalt vorgetra-
en, ein Finanzminister, der nur auf der Regierungsbank
itzt, weil Sie, als es um die Mehrwertsteuer ging, gelo-
en haben. Sie haben vor der Wahl etwas anderes als
ach der Wahl gesagt.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


ieser sozialdemokratische Finanzminister hat uns ges-
ern erzählt – Sie haben es ja gehört –: Egal wie sich die
aushaltslage entwickelt und egal ob die Staatsfinanzen

n diesem Jahr auch so ausreichen würden, die Mehr-
ertsteuer wird auf jeden Fall erhöht.


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Ja! So etwas muss man sich hier anhören!)


om Saulus zum Paulus? Ich würde sagen: vom Paulus
um Saulus. Darüber müssen wir uns auseinander set-
en.


(Beifall bei der FDP)


Es war geradezu bezeichnend, wie die Rede des Kol-
egen Heil bei Ihnen von der CDU/CSU aufgenommen
orden ist und umgekehrt die Rede von Frau Merkel bei

hnen von der SPD.

Nach dem vergangenen Wahlsonntag kann man sa-
en: Keine Regierung zuvor hat eine so große Macht-
ülle in Bundestag und Bundesrat besessen wie die jet-






(A) )



(B) )


Dr. Guido Westerwelle
zige, aber noch nie war der gemeinsame Nenner einer
Regierung so klein wie jetzt bei Schwarz-Rot.


(Beifall bei der FDP – Dr. Peter Struck [SPD]: Das ist ja Quatsch, absoluter Quatsch!)


Jetzt gibt es, Frau Bundeskanzlerin, Herr Vizekanzler,
keine Ausreden mehr. Sie können nicht mehr auf andere
Häuser verweisen. Sie können nichts mehr auf die böse
Opposition schieben, die Sie nicht so lässt, wie Sie es
gerne hätten. Jetzt tragen Sie die volle Verantwortung.
Sie, Frau Bundeskanzlerin, können nicht mehr philoso-
phisch sagen: Liebe Genossen, Sie kennen doch unsere
Probleme in der Union. Sie, Herr Vizekanzler, können
nicht mehr sagen: Liebe Unionsleute, das kriege ich in
meiner Partei nicht durch. – Sie wollten zusammen re-
gieren. Sie stehen in der Verantwortung gegenüber dem
Volk. Sie haben sich auf die Regierungsbank gesetzt.
Jetzt müssen Sie Deutschland auch dienen. Fangen Sie
endlich damit an!


(Beifall bei der FDP – Joachim Poß [SPD]: Sich das von dem sagen zu lassen!)


Kommen wir nun zu den Herausforderungen, die an-
gegangen werden müssen. Wenn wir die Arbeitslosig-
keit in Deutschland signifikant senken wollen, dann
müssen wir zuallererst die Strukturen in Deutschland
verändern. Das ist nichts Neues, sondern war schon im-
mer, bisher jedenfalls, Programm der Kolleginnen und
Kollegen der Unionsfraktion. Sie, Frau Merkel, sind in
Ihrer Rede über die Punkte Arbeitsmarkt und Kündi-
gungsschutz elegant hinweggegangen, indem Sie von ei-
ner aktuellen Diskussion gesprochen haben. Wir haben
das versteinerte Gesicht von Herrn Müntefering gese-
hen.


(Lachen des Bundesministers Franz Müntefering)


– Sie lachen.


(Franz Müntefering, Bundesminister: Über Sie!)


Sie mögen sich. Sie herzen sich.


(Dr. Peter Struck [SPD]: Nur kein Neid!)


Das ist prima. Da will ich nicht stören.


(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Angela und Franz, das ist das neue Traumpaar.

Ich komme nun zu dem, was Herr Müntefering heute
im „Handelsblatt“ zum Kündigungsschutz schreibt. Ih-
nen hat das gefallen, deswegen waren Sie auch so zu-
rückhaltend und haben auf Ihren Händen gesessen, als
Frau Merkel geredet hat. Zitat von Herrn Müntefering,
der nun wirklich nicht der liberalen Opposition zuge-
rechnet werden kann:

Eigentlich stand auch noch der Kündigungsschutz
auf der Tagesordnung. ... Ich habe das gestoppt,
nachdem Teile der Union sich Schritt für Schritt
von der Koalitionsvereinbarung in diesem Punkt
verabschiedet haben.

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(C (D Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Kolition, wenn Sie regieren wollen und die großen Chanen von Schwarz-Rot beschreiben, was alles möglich ei, was man mit anderen Mehrheiten niemals machen önne, dann müssen Sie wenigstens beim Arbeitsmarkt nfangen. Man muss doch kenntlich machen: Bei einer ockerung des Kündigungsschutzes geht es nicht darum, ass Menschen leichter entlassen werden können; es eht darum, dass Menschen leichter eingestellt werden önnen. o sind Ihre hehren Prinzipien an dieser Stelle? Wenn man sich nicht einig ist, sagt man, man gehe leine Schritte in die richtige Richtung. Schneckenempo ist das neue politische Prinzip. Ich zitiere die undeskanzlerin Angela Merkel, und zwar was sie als amalige CDU-Vorsitzende und Oppositionsabgeordete auf dem Parteitag der CDU gesagt hat: Ja, meine Güte, eine Schnecke kann auch in die richtige Richtung kriechen. Aber was wir in Deutschland brauchen, ist nicht eine Schneckenspur, sondern ist ein Sprung nach vorne. Ich will festhalten: Diese große Koalition muss erst och beweisen, ob sie wirklich groß ist. Groß werden Sie icht dadurch, dass Sie von großer Zahl sind; groß weren Sie erst dadurch, dass Sie endlich die Strukturreforen in diesem Lande angehen. Sie sagen, nach den andtagswahlen beginne die zweite Welle. Wir warten och auf die erste, meine sehr geehrten Damen und Heren. Zur Gesundheitspolitik. Was wir in der Gesundheitsolitik erleben, ist bemerkenswert. Schon in der letzten egislaturperiode gab es in diesem Bereich sozusagen ine große Koalition. Man konnte verfolgen – das war eeindruckend –, wie Sie, Frau Bundeskanzlerin, Frau chmidt die Streicheleinheiten gegeben haben, die sie raucht. Man muss sich das einmal vorstellen: Da will ich eine Koalition in der Gesundheitspolitik einigen, orher wird aber erst einmal vereinbart, dass die Geundheitsministerin Ulla Schmidt bitte nicht dabei sein oll, weil sie stören könnte. (Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Wird durch Seehofer vertreten!)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


Sie wird durch Herrn Seehofer vertreten.

Von Herrn Seehofer haben wir alle noch ein Bonmot
m Kopf, als es vor drei Jahren die informelle große Ko-
lition in der Gesundheitspolitik gab. Morgens um vier
hr haben Sie in die Kamera gesagt: Das wird jetzt die
roße Jahrhundertreform.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Nein!)


ine Jahrhundertreform sollte es werden. Die Jahrhun-
ertreformen haben mittlerweile Halbwertszeiten von
onaten.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Um vier Uhr sind Sie selten wach!)







(A) )



(B) )


Dr. Guido Westerwelle
Herr Seehofer, es ist wirklich so: Ich erinnere mich
noch genau daran, dass Sie morgens neben Frau Schmidt
vor den Kameras standen und erklärten, das sei eine der
schönsten Nächte Ihres Lebens gewesen.


(Horst Seehofer, Bundesminister: Das stimmt!)


– Sie rufen jetzt: „Das stimmt“. Das führt mich dazu, zu
sagen: Jeder soll nach seiner Fasson selig werden.


(Heiterkeit und Beifall bei der FDP – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Seehofer vor Westerwelle schützen! – Zurufe von der SPD)


– Beruhigen Sie sich. Oder wollen Sie mich jetzt auch
noch verklagen?

Solange Sie in der Gesundheitspolitik glauben, dass
die Planwirtschaft funktionieren könne, so lange werden
Sie scheitern. In Wahrheit bereiten Sie derzeit die Bür-
gerversicherung vor, nämlich die Zwangskasse durch die
Hintertür. Das wird Ihr gemeinsamer Nenner sein. Sie
werden sich in der Gesundheitspolitik einigen – da ma-
chen wir uns gar nichts vor –, und zwar genau auf den
sozialdemokratischen Weg, den Ihre Genossen und zu-
gleich auch die Sozialdemokraten der Union immer
wollten, nämlich die Zwangskasse. Da sage ich: Plan-
wirtschaft hat noch niemals funktioniert.


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Sie wird nur immer wieder versucht!)


Warum sollte sie ausgerechnet in der Gesundheitspolitik
funktionieren können? Freiheit und Wettbewerb – das
müsste der Ansatz in der Gesundheitspolitik sein. Von
Ihnen kommt nichts dazu.


(Beifall bei der FDP)


Zur Rente. Sie rühmen sich damit, dass bei der Rente
etwas verändert worden ist, dass nämlich die Lebensar-
beitszeit auf 67 Jahre erhöht wird. Wir wollen zunächst
festhalten: Wenn Sie die Arbeitsmarktreformen unterlas-
sen, dann bedeutet die Rente mit 67 für Millionen Men-
schen, nämlich für die Mehrzahl der Betroffenen, nichts
anderes als eine um zwei Jahre längere Arbeitslosigkeit.
Darüber reden wir jetzt.

Nichts beim Arbeitsmarkt tun, keine betrieblichen
Bündnisse erlauben, die Flächentarife bleiben, der Kün-
digungsschutz bleibt, die Änderung des Steuersystems
wird vertagt: Wenn Sie trotzdem glauben, Sie könnten
die sozialen Sicherungssysteme stabil machen, so ist das
ein historischer Irrtum. Das kann nicht funktionieren,
wenn Sie die Strukturen in unserem Lande nicht verän-
dern.

Die Rente wird nur sicher, die Gesundheit wird nur
bezahlbar bleiben und die soziale Sicherheit für die
Ärmsten wird nur funktionieren, wenn Sie die Wachs-
tumskräfte in Deutschland wieder anregen.


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Sehr gut!)


Das geht nur durch mehr Freiheit und indem Sie den
Menschen weniger abnehmen. Sie betreiben die Politik
von Rot-Grün weiter: Steuererhöhungen, Abkassieren,
mehr Schulden. Ob Sie das jetzt Schwarz-Rot nennen

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(C (D der ob es vorher Rot-Grün war: Unter dem Strich bleibt s für die Bürger zu teuer. Das kostet Leistungskräfte nd soziale Gerechtigkeit in diesem Lande. (Beifall bei der FDP – Steffen Kampeter [CDU/ CSU]: Sie ignorieren die Realitäten!)


Übrigens: Es ist bemerkenswert, was gestern dazu
eröffentlicht worden ist. Auch darauf möchte ich Sie
ufmerksam machen.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Zeitungsstunde oder wie?)


Das muss man einmal zur Kenntnis nehmen. – Es ist ja
erichtet worden, dass gesagt worden sei, die ökonomi-
che Vernunft stehe in einem Widerspruch zur sozialen
erechtigkeit; ich glaube, Herr Heil war es.


(Joachim Poß [SPD]: Was? Genau das Gegenteil!)


Er hat genau gesagt, unsere ökonomische Politik sei
in Gegensatz zur sozialen Gerechtigkeit und Verant-
ortung.


(Joachim Poß [SPD]: Sie haben doch keine Ahnung von Ökonomie! – Beifall bei der SPD)


Der Weltökonom Poß hat einen Zwischenruf gemacht.
etzt sind wir aber eingeschüchtert. Wirklich! Oje!


(Beifall bei der FDP – Joachim Poß [SPD]: Er hat von nichts Ahnung!)


Meine Damen und Herren, wir wollen an dieser Stelle
inmal festhalten: Die Armutskonferenz hat gestern ver-
ffentlicht, dass im letzten Jahr eine halbe Million Kin-
er mehr auf Sozialhilfeniveau oder darunter leben
ussten, als das ein Jahr vorher der Fall gewesen ist.
as ist eben der feine Unterschied. Es gibt eine Politik
er besten sozialen Absichten; die machen Sie. Es gibt
ine Politik der besten sozialen Ergebnisse; die machen
ir. Das ist besser.


(Beifall bei der FDP – Joachim Poß [SPD]: Sie machen überhaupt nichts!)


Jetzt vertagen Sie die Steuerreformen. Sie verschie-
en die Unternehmensteuerreform auf den 1. Januar
008. Gleichzeitig haben Sie die Idee einer Einkommen-
teuerreform fallen gelassen, weil Sie an dieses Thema
icht herangehen wollen. Ihre Begründung: Deutschland
ann sich Steuersenkungen nicht leisten. – Wir sagen Ih-
en: Deutschland kann es sich nicht leisten, auf ein
eues Steuersystem zu verzichten; das ist der eigentliche
unkt. Glauben Sie wirklich, Österreich wartet, bis Herr
teinbrück in die Puschen kommt?


(Joachim Poß [SPD]: Klar: Steuerhinterzieher gehen nach Österreich!)


lauben Sie etwa, die Welt wartet auf die deutsche Bun-
esregierung? Die anderen Länder haben längst niedri-
ere, einfachere und gerechtere Steuersätze mit dem Er-
ebnis, dass sie halb so viele Arbeitslose haben, wie wir
ie in Deutschland leider – das ist traurig – noch immer
erzeichnen müssen.






(A) )



(B) )


Dr. Guido Westerwelle
Das ist in Wahrheit eine Frage der ökonomischen Ver-
nunft. Es ist Unfug, zu glauben, dass die ökonomische
Vernunft der Freien Demokratischen Partei in einem Wi-
derspruch zur sozialen Gerechtigkeit stehe, im Gegen-
teil: Wir sind eine weit sozialere Partei als die, die Sie
derzeit vertreten. Das merkt man bei Ihren Kundgebun-
gen am 1. Mai und wo immer Sie noch sprechen werden.


(Beifall bei der FDP)


Kommen wir zu dem nächsten Punkt, den Sie, Frau
Bundeskanzlerin, angesprochen haben, dem Bereich Bil-
dung und neue Technologien. Über die Bildungspolitik
haben Sie vieles gesagt, was ich, insbesondere was die
Kompetenzen der Ebenen angeht, ähnlich sehe. Aber wir
müssen noch einen wesentlichen Punkt hinsichtlich der
neuen Technologien erwähnen. Wir werden in Deutsch-
land davon leben, dass wir Vorsprung vermarkten. Die-
sen Vorsprung erreichen wir nur dann, wenn wir neue
Technologien zulassen. Nun haben wir gehört, wie sich
Herr Kuhn über die Energiepolitik und die Energiemo-
nopole kritisch ausgelassen hat. Wir haben gesehen, was
er für einen Purzelbaum geschlagen hat. Diese ganzen
monopolistischen Strukturen auf dem Energiemarkt
gäbe es gar nicht, wenn Rot-Grün nicht diese ideologi-
sche Politik gemacht hätte; das wollen wir an dieser
Stelle einmal festhalten.


(Beifall bei der FDP)


Was machen Sie jetzt bei den neuen Technologien?
Werden Sie die Laufzeiten der Kernkraftwerke wieder
verlängern oder bleibt es bei dem vorzeitigen Ausstieg?
Dazu habe ich von Ihnen keinen Ton gehört. Dadurch
werden 30 bis 40 Milliarden Euro volkswirtschaftliches
Vermögen vernichtet.


(Dirk Niebel [FDP]: Fragen Sie mal Herrn Oettinger!)


Das einzige Ergebnis wird sein, dass der Strom aus sehr
viel unsicheren Kraftwerken, vorzugsweise aus Ost-
europa, nach Deutschland kommen wird. Das ist ökono-
mischer und ökologischer Irrsinn! Sie wissen das; Sie
haben das immer gesagt. Aber Sie finden nicht zusam-
men. Der kleinste gemeinsame Nenner ist nicht das rich-
tige Rezept für Deutschland. Mut zu echten Neuanfän-
gen und zu einem Politikwechsel, genau das braucht
Deutschland.


(Beifall bei der FDP)


Wer in diesen Zeiten noch nicht verstanden hat, dass
neue Schulden und höhere Steuern nicht die Antwort
sind, der wird nur erleben, dass die Arbeitslosigkeit wei-
ter steigt. Im letzten Jahr sind pro Woche 2 000 sozial-
versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse in
Deutschland weggefallen. Das ist das Ergebnis von ver-
schlafenen Reformen. Deswegen müssen Sie endlich mit
den Strukturreformen anfangen. Sie können sich nicht
damit herausreden, dass andere Sie behindern. Sie haben
die größte Machtfülle, die jemals eine Regierung gehabt
hat, und rühmen sich ihrer. Dann müssen Sie jetzt auch
endlich in die Gänge kommen und anfangen, Deutsch-
land zu dienen! Das haben Sie unserem Land verspro-
chen. Fangen Sie endlich damit an!

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(C (D (Anhaltender Beifall bei der FDP – Zuruf von der SPD: Viel Falsches!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1602801600

Das Wort hat nun der Vorsitzende der SPD-Fraktion,

r. Peter Struck.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Peter Struck (SPD):
Rede ID: ID1602801700

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kol-

ege Westerwelle, Ihre inhaltsleere Dröhnung ging mir
irklich auf den Geist. Ich verstehe Ihre Fraktion nicht.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/ CSU])


ch gratuliere Ihnen herzlich dazu, Frau Kanzlerin, dass
hnen dieser Koalitionspartner erspart geblieben ist.


(Beifall bei der SPD)


ie haben null Alternativen angeboten. Was ist Ihre Ant-
ort auf die Frage, wie die Arbeitslosigkeit zu bekämp-

en ist? Was sind Ihre Antworten hinsichtlich der Be-
chäftigungsförderungspolitik und der Familienpolitik?


(Zuruf von der FDP: Sie scheinen gar nicht zugehört zu haben!)


azu haben Sie nichts gesagt. Stattdessen machen Sie
roße Sprüche. So wird Ihnen der Wähler nie wieder
ertrauen schenken – Gott sei Dank, füge ich hinzu.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir erleben heute eine besondere Situation. Uns liegt
um ersten Mal ein Haushalt vor, den Peer Steinbrück
nd die jetzige Bundesregierung zu verantworten haben.
ch habe seit 1980 schon viele Haushaltsdebatten im
undestag mitgemacht und ich bedanke mich bei Ihnen,
err Finanzminister: Es ist ein Haushalt der Vernunft,
er den Anforderungen des kommenden Jahres ent-
pricht.


(Otto Fricke [FDP]: Das ist das aktuelle Jahr!)


ch gratuliere Ihnen auch zu der soliden Haushaltsfüh-
ung, die Sie damit bewiesen haben.


(Beifall bei der SPD)


Das heißt zwar nicht, Herr Finanzminister, liebe Kol-
eginnen und Kollegen im Kabinett, dass wir alle Maß-
ahmen so beschließen werden, wie sie vorgelegt wur-
en. Wir werden im Haushaltsausschuss mit Sicherheit
och einiges korrigieren.

Ich will einige Punkte nennen, bei denen mir Korrek-
uren wichtig sind. Das ist zum einen die Kürzung des

eihnachtsgeldes für Angehörige des öffentlichen
ienstes. Wir wollen eine soziale Staffelung erreichen.
erade in diesem Bereich kann man nicht alles über ei-
en Kamm scheren.






(A) )



(B) )


Dr. Peter Struck

(Beifall bei der SPD)


Zum anderen müssen wir – das wird auch noch im
Rahmen der Einzelplanberatungen angesprochen wer-
den – bei Maßnahmen zur Unterstützung von Menschen,
die sich gegen rechtsextremistische Bestrebungen in
Deutschland wehren, auf Kürzungen verzichten oder so-
gar mehr Mittel einsetzen. In diesem Bereich gibt es
viele Bürgerinitiativen. Ich will nicht, dass an dieser
Stelle gestrichen wird.


(Beifall bei der SPD)


Außerdem müssen wir die Ansätze für die Bundes-
zentrale für politische Bildung korrigieren.


(Beifall bei der SPD)


Herr Westerwelle hat einen Punkt besonders ange-
sprochen, in dem ich ihm ausdrücklich Recht gebe. Da-
bei geht es um die großen Mehrheiten in dieser Koali-
tion. Nie zuvor in der Geschichte unseres Landes hat es
die Situation gegeben, dass etwa 72 Prozent der Abge-
ordneten im Parlament die Regierung stützen und gleich-
zeitig auch im Bundesrat entsprechende Mehrheitsver-
hältnisse gegeben sind.

Ich sehe es so: Die große Mehrheit, die wir haben, be-
deutet eine große Verantwortung. Das bedeutet auch,
dass wir die großen Zukunftsfragen unseres Landes lö-
sen müssen. Wir können nicht davon ausgehen, dass die
Koalition nur bis zur Wahl 2009 besteht, und uns mit
Hinweis darauf, dass es dann andere Mehrheiten gibt
und die das dann machen sollen, nicht einfach davon-
stehlen.

Wir müssen stattdessen selbst die Zukunftsfragen lö-
sen. Aus meiner Sicht geht es dabei erstens um die Ar-
beitslosigkeit, zweitens um Gesundheit, Pflege und
Rente und drittens um Familie. Von der Außenpolitik
will ich jetzt noch nicht sprechen.

Was die Arbeitsmarktpolitik angeht, haben Sie zu
Recht festgestellt, Herr Westerwelle: Das sieht ja noch
nicht so gut aus; es müsste mehr sein. Aber ich meine
nicht – auch im Gegensatz zur Kanzlerin –, wir hätten in
den ersten Monaten noch nichts gemacht. Wir haben
doch etwas gemacht: Wir haben ein Steuergesetz ge-
macht und die Abschreibungsbedingungen verbessert.
Diese Maßnahmen greifen auch. Dass das alles von
heute auf morgen wirkt, glaubt kein Mensch. Aber ich
bin fest davon überzeugt, dass sich die Arbeitsmarktent-
wicklung verbessern wird. Daran habe ich keinen Zwei-
fel.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Der Arbeitsminister, Franz Müntefering, hat festge-
stellt, dass es zwei Problemgruppen gibt. Das sind die
unter 25-jährigen und die über 50-jährigen Arbeitslosen.
Für diese Gruppen müssen wir – gerade im Zusammen-
hang mit der Rente ab 67 – etwas tun.

Erlauben Sie mir dazu noch eine Bemerkung. Dass
wir vor den Landtagswahlen, die ziemlich bedeutend
waren, weil sie in drei Ländern stattfanden und für viele
Parteien sozusagen ein Gradmesser waren, ein Thema

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(C (D ie die Rente mit 67 im Kabinett angepackt und entchieden haben, zeugt nicht gerade von politischer Feigeit, sondern von dem Mut, die Zukunftsfragen anzugeen. (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU] – Otto Fricke [FDP]: Weil der Rentenbericht vorher kam!)


insichtlich der Rente mit 67 waren wir uns klar darü-
er, dass wir gerade für die über 50-Jährigen etwas tun
üssen.

Lassen Sie mich einen persönlichen Einschub ma-
hen. Ich kann Folgendes nicht verstehen: Auf Bilanz-
ressekonferenzen verkünden Unternehmen voller Stolz
ie besten Gewinne in ihrer Unternehmensgeschichte
nd hohe Dividenden und kündigen im nächsten Atem-
ug an, dass sie noch 10 000 Leute entlassen müssten.
afür habe ich kein Verständnis.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich erwarte auch von deutschen Unternehmen, dass
ie sich patriotisch verhalten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


ie müssen dafür sorgen, dass nicht der Shareholder-
alue der Maßstab aller Dinge ist.

Zurück zum Thema Arbeitslosigkeit und insbeson-
ere zum Thema Jugendarbeitslosigkeit: Wir werden die
rogramme von Franz Müntefering noch intensivieren
üssen. Wir sind auf dem Weg, gerade in diesen Pro-

lembereichen etwas zu tun. Ich fahre morgen Nachmit-
ag zu einer Firma in Berlin, die früher den Namen
renstein & Koppel trug. Diese Traditionsfirma in
eutschland wurde von einem italienischen Konzern,
essen Namen ich hier nicht nennen möchte, übernom-
en und macht Gewinn. Obwohl vorher noch Investitio-

en genehmigt worden sind, entscheidet die Konzern-
pitze: Wir machen den Laden dicht. – Ich habe dafür
ein Verständnis. Ich werde daher morgen den betroffe-
en Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern meine Soli-
arität zeigen; denn so geht es in unserem Land nicht.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Ich komme nun zum Gesundheits- und Pflegebereich.
ass die Menschen von uns erwarten, eine Gesund-
eitsreform zu machen, die von Dauer ist und nachhal-

ig wirkt, brauche ich Ihnen nicht zu erläutern. Wir ha-
en die verdammte Pflicht und Schuldigkeit, das zu
chaffen. Wir schaffen es mit Ulla Schmidt an der Spitze
uch. Nun wird viel darüber spekuliert, wohin die Reise
eht. Auch ich weiß, dass die Unionsfraktion mit Frau
erkel und Herrn Kauder, meinem Freund Kauder, an

er Spitze gegen eine Bürgerversicherung ist. Das kann
ch zwar nicht verstehen, aber dem ist wohl so.


(Heiterkeit bei der SPD)


err Kauder ist für eine Kopfpauschale.






(A) )



(B) )


Dr. Peter Struck

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Nein, für eine solidarische Gesundheitsprämie!)


– Nein, es heißt Kopfpauschale.


(Heiterkeit bei der SPD)


Es wird jedenfalls weder eine Bürgerversicherung
noch eine Kopfpauschale geben; das können wir festhal-
ten. Aber davon, dass wir uns einigen werden, Herr
Kuhn – Sie haben ebenfalls spekuliert –, können Sie aus-
gehen. Wenn wir es nicht schaffen, einen „dritten Weg“
zu finden, dann haben wir es nicht verdient, weiter zu re-
gieren; denn die Bevölkerung erwartet, dass wir dieses
Kernproblem lösen. Dafür haben wir die große Mehr-
heit. Wir werden es auf jeden Fall schaffen. Aber es wird
ein Ergebnis herauskommen, angesichts dessen viele
über uns herfallen werden; darin bin ich ganz sicher.
Denn bei den vielen Lobbyisten, die hier sind und auf
das Ministerium von Ulla Schmidt einzuwirken versu-
chen, gibt es keine Lösung, über die alle sagen: Das ist
das Ei des Kolumbus. – Wir müssen dann zu dem stehen,
was wir vereinbart haben. Ich habe keinen Zweifel da-
ran, dass SPD und Union das tun werden.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Ich will noch ein Wort zur Familienpolitik sagen. Es
gab einige Probleme nach dem Genshagener Beschluss
zur steuerlichen Absetzbarkeit von Kinderbetreuungs-
kosten. Wir haben das nun ordentlich geregelt. In diesem
Zusammenhang ist mir eines aufgefallen – das sage ich
als Vater von drei erwachsenen Kindern und als Großva-
ter von fünf Enkelkindern –: Wir geben in Deutschland
rund 100 Milliarden Euro – Peter Ramsauer hat vorhin
eine niedrigere Zahl genannt; das ist jedenfalls die Zahl,
die man mir mitgeteilt hat – für die Familienförderung
aus.


(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Insgesamt!)


Zu diesem Ergebnis kommt man, wenn man alles, auch
die steuerlichen Vorteile, berücksichtigt. Ich finde, es
muss möglich sein, 1 Milliarde oder 2 Milliarden Euro
aus diesen 100 Milliarden Euro quasi herauszuschnei-
den, damit jeder Kindergartenplatz in Deutschland ge-
bührenfrei ist.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Otto Fricke [FDP])


Darin sind wir uns, Frau von der Leyen, mit der Kanzle-
rin einig. Wir müssen das nun auf den Weg bringen. Es
muss doch möglich sein, in unserem so gut organisierten
Staat einen Schnitt an dieser Stelle vorzunehmen und es
anders zu machen.

Das Elterngeld ist ein wichtiger Schritt auf einem
richtigen Weg. Ich möchte nur eine persönliche Bemer-
kung dazu machen: Der Staat kann so viel Geld für Kin-
der- und Familienförderung in die Hand nehmen, wie er
will. Aber das Entscheidende sollte eigentlich sein, dass
man Kinder in die Welt setzt, weil sie eine Freude und
eine Bereicherung des Lebens sind, und nicht, weil man
soziale Sicherungssysteme finanzieren will.

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(C (D (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Noch ein kurzes Wort zur Außenpolitik – dann
omme ich zu Ihrer Kritik an meinem Kollegen Jörg
auss, Frau Kanzlerin, die ich so natürlich überhaupt
icht akzeptieren kann –: Wir sind von Ihnen, Frau
erkel, sowie vom Außenminister und vom Verteidi-

ungsminister zum Thema Kongo informiert worden.
ch halte an meiner Position fest, dass Europa eine große
erantwortung für den afrikanischen Kontinent hat.
er denn, wenn nicht wir, soll da helfen?


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


as ist so, und nicht nur aus den Gründen, die Sie ge-
annt haben, Frau Merkel: Sie sehen ja die Flüchtlings-
tröme, die über den Maghreb zu uns kommen. Dieser
rme, geschundene Kontinent ist damals nämlich von
en Europäern kaputtgemacht worden. Also müssen
uch wir dabei helfen, ihn wieder aufzubauen; das ist
eine persönliche Einstellung.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


lso: Generell Ja zu dem Einsatz. Wir brauchen aller-
ings einen klaren Auftrag für die Soldatinnen und Sol-
aten, eine klare Arbeitsteilung der europäischen Natio-
en und eine klare örtliche und zeitliche Begrenzung.
ch werbe in meiner Fraktion um Zustimmung für den
insatz und ich habe keinen Zweifel, dass meine Frak-

ion diesen Einsatz mit großer Mehrheit mittragen wird.
ieser Einsatz bedeutet übrigens keine Überforderung
er Bundeswehr. Herr Jung, da werden wir uns einig
ein: Diesen Einsatz mit diesem Kontingent kann die
undeswehr noch leisten.

Im Übrigen ist das, was wir anderswo, zum Beispiel
n Afghanistan, machen, hier nach wie vor besonders
ervorzuheben. Dass die Bundesregierung da in der
ontinuität zu unserer rot-grünen Außenpolitik steht, ist

u loben und dafür bedanke ich mich. Das ist ein Beitrag
on Steinmeier.


(Beifall bei der SPD)


Zu Weißrussland haben wir etwas gesagt: Wir haben
inen gemeinsamen Antrag der Fraktionen der CDU/
SU, SPD, FDP und der Grünen; es ist gut, dass es die-

en gemeinsamen Antrag gibt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


an muss nur fragen, warum andere nicht dabei sind.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


ch sage nur: Wir in den Koalitionsfraktionen haben eine
lare Position zu den Menschenrechtsverletzungen in
eißrussland.

Zum Föderalismus. Frau Merkel, ein Wort der Kritik
uss erlaubt sein, auch wenn ich Ihre Politik mittrage
wie Sie wissen –, mal mehr und mal weniger.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)







(A) )



(B) )


Dr. Peter Struck
– Ja, im Augenblick gerade weniger. – Es ist nicht so,
dass wir der Meinung wären, dass der Bund im Rahmen
der Föderalismusreform die Zuständigkeit für die Schu-
len bekommen sollte. Manche dröhnen so – ich habe ei-
nen Kollegen genannt; er spricht aber nicht für die Frak-
tion –,


(Otto Fricke [FDP]: „Dröhnen“ ist ein gutes Wort!)


aber das wollen wir nicht, das will niemand, weil jeder
weiß: Das geht ja gar nicht.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Ich habe in meiner ersten Rede zur Föderalismusreform,
die, wie ich gehört habe, auf der Regierungsbank nicht
nur Freude hervorgerufen haben soll – das ist mir aber
auch egal –,


(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Das Gefühl kenne ich! – Otto Fricke [FDP]: Sehr guter Parlamentarier!)


einen Punkt nicht angesprochen, auf den ich jetzt aus-
drücklich eingehen will: Ich glaube, dass in zehn oder
15 Jahren unsere Nachfolgerinnen und Nachfolger
– manche von uns werden auch noch dabei sein –, die
hier in diesem Plenarsaal sitzen und über Politik, über
die Probleme des Landes diskutieren werden, die Frage
aufwerfen, ob wir nicht zu viele Bundesländer haben, ob
wir wirklich 16 Bundesländer brauchen. Brauchen wir
die? Ich sage Nein.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Dr. Guido Westerwelle [FDP] und des Abg. Dr. Hakki Keskin [DIE LINKE])


Ich weiß, wie schwierig das ist; mein Freund Jens
Bullerjahn in Sachsen-Anhalt hat ja gerade in seinem
Wahlkampf gesagt, dass wir nicht so viele brauchen.
Auch an diesem Punkt muss man ansetzen, wenn man
eine wirkliche Föderalismusreform durchführen will.

Es bleibt dabei – das will ich noch als ernste Bemer-
kung zum Schluss sagen; Volker Kauder weiß das
auch –: Ich will im Rahmen der Föderalismusreform
keine Zuständigkeit des Bundes für die Schulen bekom-
men. Ich möchte lediglich erreichen, dass die Länder be-
reit sind, sich nicht dagegen zu wehren – das so genannte
Kooperationsverbot –, wenn der Bund in der Lage und
willens ist, ihnen Geld für Bildung zukommen zu lassen.


(Beifall bei der SPD)


Ich begreife es tatsächlich nicht – da schaue ich auch in
Richtung FDP; auch Sie sind in Landesregierungen ver-
treten –,


(Petra Merkel [Berlin] [SPD]: Aber in nicht mehr so vielen!)


dass in der Debatte so getan wird, als ob wir die Länder
zwingen wollten, Geld von uns anzunehmen. Ich will
darüber reden, wie wir eine Kooperation organisieren
können, wenn der Bund der Meinung ist, dass im Bil-
dungsbereich, an Hochschulen oder Fachhochschulen et-

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(C (D as gemacht werden soll – nur darum geht es. Wenn wir n dieser Frage zu einem Kompromiss kommen, habe ich einen Zweifel, dass die Föderalismusreform kommen ird, und es ist auch gut, dass sie kommt. Dem Finanzminister und der Kanzlerin wünsche ich ei ihrem ersten Haushalt viel Erfolg – wir werden dazu eitragen. Vielleicht können wir ein bisschen mehr spaen, Herr Finanzminister, sagen meine Haushälter jedenalls; wir müssen aber vorsichtig sein dabei. (Otto Fricke [FDP]: „Vorsichtig sein beim Sparen“, das ist gut!)


nsgesamt sind wir, glaube ich, auf einem guten Weg und
as Land kann sich auf diese Regierung verlassen.

Vielen Dank.


(Anhaltender Beifall bei der SPD – Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1602801800

Für die Fraktion Die Linke hat der Kollege Oskar

afontaine noch einmal um das Wort gebeten.


(Beifall bei der LINKEN)



Oskar Lafontaine (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1602801900

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

en! Die Reihenfolge der Redner geht etwas durcheinan-
er.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Wo ist Frau Jochimsen? Uns ist Frau Jochimsen versprochen worden!)


ir dachten, es sei jetzt schon der Kulturetat an der
eihe. Leider ist das nicht der Fall. Das gibt mir die Ge-

egenheit, auf einige der Argumente, die hier vorgetra-
en worden sind, kurz einzugehen.

Zunächst zu der Feststellung des Fraktionsvorsitzen-
en der SPD, dass er es bedauert, dass eine Reihe gut
erdienender Unternehmen nach wie vor Arbeitsplätze
bbauen. Ich begrüße es, Herr Fraktionsvorsitzender
truck, dass Sie dies hier angesprochen haben, möchte
ber darauf hinweisen, dass der Appell an Unterneh-
en, sie müssten sich patriotisch verhalten, in unserer
irtschaftlichen Ordnung schlicht und einfach ins Leere
eht. Unternehmen verhalten sich nicht patriotisch, Un-
ernehmen wollen schlicht und einfach ihre Gewinne op-
imieren.

Ich will die Unterhaltung mit der Kanzlerin nicht stö-
en, möchte aber trotzdem einen wichtigen Punkt an-
prechen.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Wir hüpfen nicht alle, wenn Sie rufen!)


ie Situation, dass die Unternehmen zurzeit auf der ei-
en Seite exorbitante Gewinne machen, auf der anderen
eite aber Massenentlassungen ankündigen, ist ein un-
altbarer Zustand in unserer Gesellschaft.


(Beifall bei der LINKEN)







(A) )



(B) )


Oskar Lafontaine
Unsere Fraktion belässt es nicht bei dem Appell an
die Unternehmen, sich patriotisch zu verhalten – das ha-
ben wir nun schon jahrzehntelang getan –, sondern wir
machen zwei Vorschläge: Einmal wollen wir die so ge-
nannte Heuschreckendebatte aufgreifen, die der Arbeits-
minister vor einigen Monaten angestoßen hat, und die
Zulassung solcher Fonds in Deutschland reregulieren.
Wir können dann hier testen, ob Sie es mit der Kritik
ernst gemeint haben, dass Unternehmen aufgekauft, aus-
geschlachtet und dann wieder verkauft werden, oder ob
das schlicht und einfach wieder Wahlkampfgetöse war,
das keine reale Grundlage hatte. Wir werden einen sol-
chen Vorschlag auf jeden Fall einbringen und namentli-
che Abstimmung beantragen.


(Beifall bei der LINKEN)


Das Zweite betrifft – da könnte dem sehr beschäftig-
ten Kollegen Struck weitergeholfen werden – die Bin-
dung der Managergehälter an Aktienoptionen. Das ist
nämlich die Erklärung dafür, warum sich Vorstände
nicht mehr patriotisch verhalten. Auch Vorstände neigen
in unserer Wirtschaftsordnung dazu, ihre Einkommen
maximieren zu wollen. Solange Aktienoptionen in der
Vorstandsentlohnung in großem Umfang angeboten wer-
den, werden die Vorstände auch bei exorbitanten Gewin-
nen weiterhin Personalabbaupläne ausarbeiten, weil sie
damit ihr eigenes Einkommen maximieren. Das muss
unterbunden werden. Einen entsprechenden Vorschlag
werden wir machen. Sie können dann zu diesem Vor-
schlag Ja oder Nein sagen.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich wollte noch einige Bemerkungen zu den Ausfüh-
rungen der Bundeskanzlerin machen, die jetzt auch ver-
schwunden ist. Ich frage für das Parlament, ob es über-
haupt noch Sinn hat, zuzuhören, wenn diejenigen, die
sich geäußert haben, gleich verschwinden oder in tiefe
Unterhaltungen verstrickt sind.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Unverschämt!)


Das ist auf jeden Fall keine Verfahrensweise, die dem
Parlament zum Ansehen gereicht.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Bundeskanzlerin hat ein paar Bemerkungen zu
ihrer Politik gemacht. Entscheidend aber war der Vor-
halt, den der Kollege Westerwelle gemacht hat, als er
darauf verwiesen hat, dass sie vor einigen Monaten ein
Konzept zur Steuerpolitik unterschrieben hat, das zwar
nicht unser Konzept, aber immerhin ein Konzept war.
Wenn jemand einige Monate später etwas ganz anderes
vertritt, dann stellt sich die Frage, welche Konzeption
der Betreffende überhaupt hat. Das gilt nicht nur für die
Steuerpolitik, das gilt auch für die Gesundheitspolitik
und eine ganze Reihe anderer Politikbereiche. Die Frage,
wofür diese Regierung steht, kann nicht beantwortet
werden, wenn die Chefin dieser Regierung nicht in der
Lage ist, deutlich zu machen, für welche längerfristige
Konzeption sie eigentlich steht. Das ist das Bedauerli-
che an dem Vorhalt, den Herr Westerwelle hier gemacht
hat.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D Ich habe einige Fragen zur Außenpolitik gestellt, die lle nicht beantwortet worden sind. Es wäre erstens von nteresse, zu erfahren, was die Kanzlerin unter Terrorisus versteht. Das könnte die Deutschen ja interessieren. ffensichtlich ist sie nicht in der Lage, darauf eine Antort zu geben. Es wäre zweitens von Interesse, zu erfah en, ob sie tatsächlich die Auseinandersetzungen im Voreren Orient als Auseinandersetzungen über Freiheit und emokratie versteht oder ob sie erkennt, dass es hier um ie militärische Sicherung der Rohstoffe geht. Es wäre on Interesse für die Deutschen, das zu erfahren. Die rage, ob eine Regierung in Zukunft das Völkerrecht repektiert, kann doch nicht so abenteuerlich sein, dass an darauf keine Antwort weiß. ie Frage ist, welchem Zweck Debatten überhaupt noch ienen. Der Kollege Kuhn, der leider auch nicht mehr nwesend ist, hat eine Frage aufgeworfen, die auch releant ist, nämlich auf welcher Grundlage man mit dem ran verhandelt. (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Wir warten nicht alle auf Oskar! Wo ist Gysi denn eigentlich? Hat sich Frau Pau hier schon gemeldet?)


(Beifall bei der LINKEN)


enn man mit dem Iran verhandelt, dann muss man
och eine klare Antwort auf eine Kernfrage der atoma-
en Rüstung haben: Meint man, eine gerechte Weltord-
ung könne aufgebaut werden, wenn die einen Atom-
affen für sich beanspruchen, während man sie den

nderen im gleichen Atemzug verbietet? Diese Frage
uss doch beantwortet werden.


(Beifall bei der LINKEN)


ine Regierung muss doch irgendeinen gedanklichen
nsatz dazu vortragen können. Es ist erschütternd, zu

ehen, wie heute das Prinzip der Beliebigkeit gilt.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Selbstgerechte Arroganz!)


an erzählt irgendetwas Gefälliges und glaubt, es werde
rgendwie ankommen. Das ist mittlerweile Grundlage
er Politik.

Ich will zu zwei Punkten, die die Kanzlerin angespro-
hen hat, noch kurz etwas sagen:

Sie hat die Rentenpolitik der Regierung mit der Aus-
age gerechtfertigt, die demografische Entwicklung er-
ordere zwingend die Verlängerung der Lebensarbeits-
eit. Diese Aussage stößt zwar auf große Zustimmung,
st aber schlicht und einfach grundfalsch. Das Lebensal-
er darf nicht über die Rentengesetzgebung entscheiden.
ntscheidend ist nun einmal die Produktivitätsentwick-

ung unserer Volkswirtschaft. Schon seit langem steigt
ie Lebenserwartung der Menschen. Trotzdem haben
ir das Rentensystem aufgrund enormer Produktivitäts-

teigerungen in diesem Umfang bewahren können. Des-
alb ist es schlicht falsch, zu behaupten, die demografi-
che Entwicklung bestimme die Rentengesetzgebung.
ntscheidend ist die Entwicklung der Produktivität unse-

er Volkswirtschaft.


(Beifall bei der LINKEN)







(A) )



(B) )


Oskar Lafontaine
Leider wird von diesem zentralen Begriff überhaupt
nicht geredet, wenn diese Frage hier angesprochen wird.

Ich will noch etwas zur Familienpolitik sagen. Es
war wieder sehr spannend, festzustellen, dass man da-
rauf verweist, dass die Geburtenrate zurückgegangen ist.
Ich sage hier für meine Fraktion: Die Geburtenrate eines
Volkes ist das Urteil ebendieses Volkes über die Wirt-
schafts- und Sozialpolitik seiner Regierung.


(Beifall bei der LINKEN)


Diesen Zusammenhang muss man sehen. Wenn man ihn
nicht sieht, dann kann man keine Familienpolitik ma-
chen, die zu anderen Geburtenraten führt.

In diesem Zusammenhang sprach die Kanzlerin von
der Verlässlichkeit und vom Kündigungsschutz. Sie
meinte, beim Kündigungsschutz komme es darauf an,
beim Abbau des Kündigungsschutzes verlässlich zu
sein. Hier möchte ich noch einmal sagen: Wenn Men-
schen eine Familie gründen wollen – um diese Men-
schen geht es –, dann suchen sie eine ganz andere Form
von Verlässlichkeit als die Scheinverlässlichkeit, von der
die Kanzlerin hier gesprochen hat. Diese Menschen
möchten verlässlich wissen, ob sie in ein paar Monaten
noch Geld auf dem Konto haben.

Solange Arbeitsmarktpolitik darin besteht, alles abzu-
bauen, was den jungen Menschen diese Verlässlichkeit
geben könnte, so lange werden keine Familien gegründet
und so lange werden in Deutschland immer weniger
Kinder zur Welt kommen.


(Beifall bei der LINKEN – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Selbstgerechte Arroganz!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1602802000

Ich erteile das Wort nun dem Staatsminister im Kanz-

leramt, Bernd Neumann.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


B
Bernd Neumann (CDU):
Rede ID: ID1602802100


Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bun-
deskanzlerin hat in ihrer Regierungserklärung am
30. November 2005 gesagt – ich zitiere –:

Deshalb ist Kulturförderung für diese Bundesregie-
rung keine Subvention. ... Sie ist eine Investition,
und zwar eine Investition in ein lebenswertes
Deutschland.

Ich wiederhole das gern. Die Bundesregierung bekennt
sich zu ihrer kulturpolitischen Verantwortung. Kunst
und Kultur stärken das geistige Fundament und den Zu-
sammenhalt unserer Gesellschaft. Eine lebenswerte, eine
kreative und eine offene Gesellschaft ist ohne Impulse,
die die Künste geben, nicht denkbar.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Mit diesem Haushalt unterstreicht die Bundesregie-
rung, dass sie ihrer kulturpolitischen Verantwortung ge-
recht wird. Ich konnte mich mit meiner Zielsetzung
durchsetzen, den Kulturhaushalt vor Kürzungen zu be-

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(C (D ahren, obwohl im früheren Entwurf eine erneute gloale Minderausgabe vorgesehen war. Mehr noch: Es ist elungen, den Ansatz für die Kulturförderung im vorlieenden Gesetzentwurf zu erhöhen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Wir sind keine Kulturbanausen!)


Es steigt der verfügbare Gesamtbetrag für 2006 ge-
enüber dem Haushaltsjahr 2005 um 2,1 Prozent. Die
on uns geförderten Einrichtungen werden von Kürzun-
en also verschont. Sie haben im BKM einen verlässli-
hen Partner.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


In Zeiten knapper Kassen und dramatischer Spar-
wänge ist dies für die Kultur in Deutschland ein wichti-
es positives Signal, auch in Richtung Länder und Kom-
unen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ie Kultur darf eben nicht zum Steinbruch bei der Sanie-
ung der Staatsfinanzen werden.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


ie ist die geistige Basis, die Klammer, die unsere Ge-
ellschaft bei zunehmender Globalisierung und Orientie-
ungslosigkeit zusammenhält. Sie gibt uns Halt, Heimat
nd Identität zugleich.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Im Zeitraum von 2001 bis 2004 verzeichnen wir auf
er Länderseite einen Rückgang der Kulturausgaben um
50 Millionen Euro und bei den Gemeinden einen Rück-
ang um 230 Millionen Euro.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Das ist wirklich ein Skandal!)


Herr Otto, das war die Antwort auf die von Ihnen ge-
tellte Frage. Das ist ein Minus von 6,8 Prozent bzw.
,2 Prozent.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Das ist ein Hammer!)


ie Kulturausgaben des Bundes bleiben dagegen im
rinzip stabil. Wir haben im letzten Jahr, 2005, mit
,038 Milliarden Euro etwa die gleiche Ausgabenhöhe
ie 2001.

Es verwundert daher nicht, dass in diesen Tagen die
tädte Wittenberg, Wolfenbüttel und Weimar ihre The-
en zur kulturpolitischen Situation in Deutschland vor-
estellt haben. Das hat seinen Grund. Die Autoren stel-
en fest, man könne nicht die kulturpolitischen
ompetenzen auf Bundesebene beschneiden wollen bei

leichzeitiger Absenkung der Kulturfinanzierung auf
änder- und Kommunalebene; das schade dem An-
pruch Deutschlands als Kulturstaat.






(A) )



(B) )


Staatsminister Bernd Neumann

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ihre Schlussfolgerung angesichts der sinkenden Aus-
gaben der Länder ist ein Appell an den Bund, hier stär-
ker tätig zu werden. Das ist gut gemeint, aber der Bund
kann nicht finanziell das ausgleichen, was die Länder
einsparen,


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Das stimmt!)


zumal sich seine Verantwortung auf Bereiche von natio-
naler und gesamtstaatlicher Bedeutung beschränkt.
Diese nimmt er sehr engagiert wahr.

Ich habe in der vergangenen Woche Weimar – inter-
national Inbegriff deutscher Kultur – besucht. Hier
kommt der Bund seiner gesamtstaatlichen Verantwor-
tung nach. Wir unterstützen die Klassik Stiftung Weimar
mit 11 Millionen Euro im Jahr und wir verlängern die
Traditionslinien Weimars zur zeitgenössischen Kunst
auch in diesem Jahr, indem wir, anders als geplant, das
Kunstfest Weimar erneut fördern. Hier wird das Be-
kenntnis zur Kulturnation mit Taten unterlegt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie des Abg. Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP])


Nicht alles ist finanzierbar. Deutschland ist kein Staa-
tenbund, sondern ein Bundesstaat. Deutschland ist eine
europäische Kulturnation. Daraus ergibt sich für mich
geradezu eine Verpflichtung zu föderaler Kooperation
zwischen Bund und Ländern. Dieser Verpflichtung
kommt die Bundesregierung nicht nur durch einen stabi-
len Haushalt, sondern auch durch Verbesserung der Rah-
menbedingungen für die Kultur nach. Wir haben im letz-
ten Vierteljahr die Beibehaltung des ermäßigten
Mehrwertsteuersatzes für Kulturgüter beschlossen.


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Wichtiger Schritt!)


Wir haben mit dem Folgerecht im Kunsthandel für
Künstler EU-weit vergleichbare Bedingungen geschaf-
fen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP])


Wir haben mit der UNESCO-Konvention zum Verbot
der rechtswidrigen Übereignung von Kulturgut auch
dem Kunsthandel weltweit eine sichere Grundlage gege-
ben. Wir haben mit der im Kabinett beschlossenen No-
velle des Urheberrechts mit dem Wegfall der Bagatell-
klausel, die an sich vorgesehen gewesen ist, ein
wichtiges Signal für den Schutz des geistigen Eigentums
von Künstlern und Autoren gesetzt.


(Beifall bei der CDU/CSU – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sehr wichtig war das!)


Die kulturpolitische Rolle des Bundes liegt ganz kon-
kret in der Förderung dessen, was von nationaler ge-
samtstaatlicher Bedeutung ist. Das gilt nicht nur, aber
auch für die Hauptstadt.

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(C (D nser größtes Projekt in Berlin ist die Fertigstellung der useumsinsel. Das ist ein nationales Projekt mit inter ationaler Ausstrahlung. Schon jetzt ist dieses Welterbensemble einer der bedeutendsten Orte der Kunst in der elt. Unser Haushalt macht es möglich, ohne Zeitver ug an der weiteren Umsetzung des so genannten Maserplans zur Sanierung der Museumsinsel in Berlin-Mitte u arbeiten. Es ist unser größtes Bauvorhaben und es eigt eindrucksvoll, was es heißt, in Kultur zu investieen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Es bedarf einer gemeinsamen Anstrengung, der Be-
eutung der Kultur und ihrer Förderung auch mit Blick
uf den Haushalt Nachdruck zu verleihen.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sehr wahr!)


iese Anstrengung muss sich jährlich wiederholen, auch
ür den Haushalt 2007, Herr Kollege Kampeter.


(Beifall der Abg. Monika Griefahn [SPD] – Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Der ist ein guter Förderer der Kultur!)


Ich bin der Überzeugung: Der vorgelegte
aushaltsentwurf 2006 ist eine Basis, die fraktionsüber-
reifend tragfähig ist und die an sich von allen Parteien
nterstützt werden könnte.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP – Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Gute Arbeit!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1602802200

Ich erteile das Wort nun der Kollegin Dr. Angelica

chwall-Düren für die SPD-Fraktion.


Dr. Angelica Schwall-Düren (SPD):
Rede ID: ID1602802300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

estern war die positive Nachricht zu vernehmen, dass
er Geschäftsklimaindex erneut, zum vierten Mal in
olge, angestiegen und auf ein Niveau geklettert ist wie
eit 1991 nicht mehr. Wahrlich eine erfreuliche Bot-
chaft; aber die FDP, insbesondere Herr Gerhardt und
err Westerwelle, setzt das Schlechtreden Deutschlands

ort


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Ach du lieber Gott!)


nd trägt damit weiterhin zu einem Klima bei, das den
nvestitionen nicht gerade zuträglich ist.


(Beifall bei der SPD – Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Wir sind doch nicht Ihre Jubeltruppe; wir sind die Opposition!)


Deutschland ist auf einem guten Weg. Das ist auch
ichtig; denn Deutschland wird als Motor in Europa






(A) )



(B) )


Dr. Angelica Schwall-Düren
gebraucht. Gleichzeitig profitiert unser Land aber auch
von der Europäischen Gemeinschaft


(Otto Fricke [FDP]: Die gibt es gar nicht mehr! Das ist die Europäische Union!)


und ihren Initiativen. Deshalb ist es richtig und wichtig,
dass sich die Regierung der großen Koalition zusammen
mit den Regierungen der anderen EU-Mitgliedstaaten
für eine koordinierte Wachstumspolitik mit sozialem Ge-
sicht einsetzt. Damit steht sie in der Tradition der sozial-
demokratisch geführten Vorgängerregierungen, die sich
mit den Reformen der Agenda 2010 den Herausforde-
rungen der Zeit gestellt hatten.

Zugegeben: Die unter mehrheitlich sozialdemokrati-
schen Regierungschefs im Jahr 2000 aus der Taufe geho-
bene Lissabonstrategie war in den vergangenen Jahren
nur mäßig erfolgreich. Vielleicht fehlte hier der starke
Impuls aus Deutschland; denn Reformen waren ja nicht
leicht umzusetzen. Nicht umsonst – so weit mein dezen-
ter Hinweis – wollen wir einen Teil der Blockademög-
lichkeiten durch eine Föderalismusreform aufheben.

Dies ist aber kein Grund, an den Zielen der Lissa-
bonstrategie zu zweifeln. Die EU hat einen neuen Anlauf
genommen. Die Mitgliedstaaten haben sich verpflichtet,
nationale Reformprogramme zu erstellen. Die wesentli-
chen Elemente des deutschen nationalen Reform-
programms sind in die Koalitionsvereinbarung einge-
gangen. Unser Programm setzt die begonnenen
Strukturreformen der Vorgängerregierungen fort.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Toll!)


Heute ist schon viel zu den einzelnen Schwerpunkten in
den Bereichen Arbeitsmarkt, Altersversorgung und Fa-
milienpolitik gesagt worden. Ich will hier nur betonen,
dass die EU-Kommission uns in ihrem Bericht zu den
nationalen Reformprogrammen ausdrücklich bescheinigt
hat, dass wir auf einem guten Wege sind.

Das nationale Reformprogramm zeigt: Wir werden in
unserem Land mehr investieren und private Investi-
tionen unterstützen. Im Bereich Forschung und Ent-
wicklung werden bis 2009 mehrere Milliarden zusätzlich
zur Verfügung gestellt, sodass wir realistischerweise bis
2010 das Ziel der Investitionen in Höhe von 3 Prozent
des Bruttoinlandsproduktes erreichen können.

Wir investieren in die Verkehrsinfrastruktur bis 2009
zusätzlich insgesamt 4,3 Milliarden Euro.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir geben Bürgern, Unternehmen und Kommunen Un-
terstützung für ihre Investitionen. Dazu haben wir unter
anderem ein ehrgeiziges CO2-Minderungsprogramm
aufgelegt. Wir schaffen die Möglichkeit, bis zu 600 Euro
an Handwerksleistungen von der Steuerschuld abzuzie-
hen. Damit ermöglichen wir nicht nur Einsparungen von
Kosten und Energieverbrauch; wir sorgen auch für güns-
tige Voraussetzungen für die Schaffung und Erhaltung
von Arbeitsplätzen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


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(C (D Deutschland und Europa können im weltweiten Wettewerb nur dann ihre starke Position behalten, wenn den nnovationen freie Bahn geschaffen wird. Im Gegensatz u dem, was Sie, Herr Kuhn, ausgeführt haben, untertützen wir den Technologietransfer und den Marktzuang von innovativen Produktionsmethoden und Proukten. Die nachhaltige Energiepolitik – wir stehen da in iner guten gemeinsamen Tradition – mit dem Ausbau egenerativer Energiequellen sowie der Weiterentwickung von Effizienzund Einspartechnologien ist deshalb in gutes und wichtiges Beispiel für diese Strategie. Die afür notwendige Kreativität und Flexibilität finden sich or allem bei den kleinen und mittleren Unternehmen. eshalb setzt die Bundesregierung im Einklang mit der U hier einen Förderschwerpunkt. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wie schon in der Vergangenheit wird auch in dieser
egislaturperiode daran gearbeitet, die Unternehmen in
eutschland und in der Europäischen Union von unnöti-
em bürokratischem Ballast zu befreien. Die Kanzlerin
at bereits darauf hingewiesen. Bürokratieabbau darf
ber nicht Deregulierung um ihrer selbst willen bedeuten
ach dem neoliberalen Motto der FDP „Der Markt wird
chon alles regeln“.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Gähn! Warum reden Sie so langweilig und immer dasselbe?)


Ich sage das deswegen, weil es richtig ist. – Der Markt
ann gerade nicht die menschlichen Beziehungen regeln.
nzwischen weiß es fast jeder, vielleicht mit Ausnahme
er FDP: Der soziale Zusammenhalt, den wir in
eutschland und in Europa gewöhnt sind, ist ein ganz
ichtiger Produktionsfaktor, dem wir unsere hohe Pro-
uktivität entscheidend zu verdanken haben.


(Beifall bei der SPD)


Darum ist es unabdingbar, dass wir in Deutschland
nd in Europa die soziale Dimension stärken. Ich bin
eshalb der Bundeskanzlerin sehr dankbar, dass sie ver-
angene Woche auf dem Frühjahrsgipfel für den Kom-
romiss bei der Dienstleistungsrichtlinie eingetreten
st, den das Europäische Parlament erarbeitet hat. Wir
önnen Europa nur gemeinsam mit der Bevölkerung
auen, wenn wir den Menschen nicht jegliche Sicherheit
ehmen. Deshalb sage ich: Dynamisierung des Dienst-
eistungsmarktes durch freien Marktzugang für alle EU-
ürger: ja, aber unter Einhaltung der jeweiligen Sozial-,
ualitäts- und Verbraucherschutzstandards am Ort der
rbringung der Dienstleistungen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Iris Gleicke [SPD]: Genau so!)


Wir setzen darauf, dass die Bundesregierung im wei-
eren Beratungsverlauf zur Erarbeitung eines gemeinsa-
en Standpunktes des Rates die noch offenen Fragen

orgfältig klärt und in Abstimmung mit dem Bundestag
ie Präzisierung der Dienstleistungsrichtlinie voran-
ringt.






(A) )



(B) )


Dr. Angelica Schwall-Düren
Freier Marktzugang für Dienstleister und Arbeitneh-
merfreizügigkeit nach Ablauf der Übergangsfrist verlan-
gen auch nach einer Regelung heimischer Mindeststan-
dards. Ich bin deshalb sehr froh, dass Arbeitsminister
Franz Müntefering bis zum Herbst ein Paket vorlegen
will, mit dem der Niedriglohnbereich geregelt werden
soll. Ob hier Kombilöhne eine stärkere Rolle als in der
Vergangenheit spielen können, halte ich für sehr frag-
lich. Sicher müssen wir Lösungen für das Entsendege-
setz und für die Mindestlöhne finden. Denn wer hart ar-
beitet, braucht eine anständige und existenzsichernde
Entlohnung.

Eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung kann
nur gelingen, wenn die ökonomischen Zusammenhänge
beachtet werden. Dabei sind tragfähige öffentliche Fi-
nanzen ein zentrales Element. Das gilt für Deutschland
und für Europa. Beim Europäischen Rat im Dezember
2005 haben die Staats- und Regierungschefs eine Eini-
gung über die künftige Finanzierung der EU erzielt.
Die Bundesregierung konnte maßgeblich zum Zustande-
kommen dieses Kompromisses beitragen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Mit dieser Einigung wurde die finanzielle Grundlage
für die künftige europäische Politik geschaffen. Gleich-
zeitig überfordert der gefundene Kompromiss die Leis-
tungsfähigkeit der Mitgliedstaaten nicht, sondern er
unterstützt die notwendigen Konsolidierungsanstrengun-
gen. Es ist nun wichtig, dass dieser Kompromiss zusam-
men mit dem Europäischen Parlament und der Kommis-
sion umgesetzt wird. Ich bin jedoch zuversichtlich, dass
rechtzeitig eine Einigung gelingt, damit die europäi-
schen Politiken kontinuierlich fortgesetzt werden kön-
nen.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner)


Im Hinblick auf die nationalen öffentlichen Finanzen
wurde mit der Reform des europäischen Stabilitäts-
und Wachstumspaktes – das sage ich auch in Richtung
Herrn Lafontaine – die Voraussetzung für eine ökono-
misch sinnvolle Anwendung des Paktes geschaffen. Un-
ser Finanzminister Peer Steinbrück hat gestern klar ge-
macht, dass wir einerseits den Pakt künftig wieder
einhalten werden, dass aber andererseits eine nachhal-
tige Konsolidierung nicht allein durch Einsparungen er-
reicht werden kann.


(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Aber auch durch Einsparungen!)


Wir müssen die Konjunktur stärken und entsprechende
Anreize schaffen.


(Otto Fricke [FDP]: Aber sparen müssen wir schon!)


– Das tun wir auch. Wir sparen jede Menge.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Wo denn? Wo sparen Sie denn?)


Das in Genshagen beschlossene Investitionspro-
gramm trägt dazu bei, die Wachstumsschwäche in

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(C (D eutschland zu überwinden, und schafft damit die Voaussetzung für eine nachhaltige Haushaltskonsolidieung. Der Ansatz, die konjunkturelle Belebung im lauenden Jahr zu stützen und dann die Maastrichtkriterien n 2007 wieder einzuhalten, (Otto Fricke [FDP]: Hoffentlich auch die Verfassung!)


st ökonomisch geboten und macht den Stabilitäts- und
achstumspakt bei den übrigen Mitgliedstaaten glaub-
ürdiger.


(Otto Fricke [FDP]: Das ist ein Vertrag, den wir einhalten müssen!)


Viele Menschen sind durch die Auswirkungen des
nternationalen Wettbewerbs verunsichert. Sie haben
ie EU im Verdacht, für den Verlust von Arbeitsplätzen
erantwortlich zu sein. In der Summe ist das Gegenteil
er Fall. Die Erweiterung der Europäischen Union hat
konomisch positive Auswirkungen insbesondere auf
eutschland. Die Zahl der deutschen Exporte in die Bei-

rittsländer ist enorm gestiegen. Deutschland und Öster-
eich haben bislang von der erweiterten europäischen
rbeitsteilung am meisten profitiert. Die Gewinner sind

llerdings vor allem technologisch fortgeschrittene, ka-
italintensive Wirtschaftszweige wie der Maschinen-
nd Anlagenbau, die Chemie- und Kraftfahrzeugindus-
rie und die Umwelttechnologien.

Wir wissen aber auch, dass Direktinvestitionen west-
uropäischer Unternehmen in die neuen Mitgliedstaaten
icht nur durch das Interesse der Markterschließung,
ondern ganz wesentlich auch durch teilweise niedrigere
teuern und Lohnkosten bestimmt werden. Standort-
erlagerungen dienen dazu, Teile der Wertschöpfungs-
ette in Niedriglohnländer zu verlagern und damit die
orleistungen für die Produktion im Stammland zu ver-
illigen. Damit lässt sich zwar die Position der Unter-
ehmen im globalen Wettbewerb stärken. Doch fallen
ie sozialen Kosten insbesondere für Arbeitsplätze, für
ie eine geringe Qualifizierung nötig ist, im Stammland
n. Importwettbewerb und die Verlegung von Produk-
ionsstandorten erzeugen in den betroffenen Branchen
inen enormen Druck auf die Löhne, vor allem auf dieje-
igen niedrig qualifizierter Beschäftigter.

Um Europapolitik für die betroffenen Menschen posi-
iv erfahrbar zu machen, müssen neben Standards im
erbraucherschutz, bei der Produktionssicherheit und im
mweltschutz dringend notwendige Regelungen getrof-

en werden, zum Beispiel die Festlegung von Mindest-
öhnen, die ich schon erwähnt habe. Es gilt, lange Ver-
äumtes unverzüglich nachzuholen.


(Beifall bei der SPD – Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Lange versäumt? Ihr seid doch sieben Jahre an der Regierung gewesen! Warum ist das versäumt worden?)


Das war unter anderem deswegen nicht möglich, weil
ie Debatte in den Gewerkschaften noch nicht weit ge-
ug vorangekommen ist.


(Otto Fricke [FDP]: Ah, die Gewerkschaften sind schuld!)







(A) )



(B) )


Dr. Angelica Schwall-Düren
Aber wir kommen in dieser Frage voran und werden
dazu noch in diesem Herbst eine Entscheidung treffen.

Mit uns wird Deutschland ein Land mit hohen Löh-
nen und hoher sozialer Sicherheit bleiben.


(Beifall bei der SPD)


Angesichts der angespannten Situation am deutschen
Arbeitsmarkt kann gegenwärtig die generelle Öffnung
für Arbeitnehmer aus den Mitgliedstaaten nicht ernsthaft
erwogen werden. Ein Zuzug besonders von gering quali-
fizierten Arbeitnehmern würde zu weiteren Verwerfun-
gen führen und von unseren Bürgern und Bürgerinnen
nicht verstanden. Der Beschluss der Bundesregierung
beweist, dass die Sorgen und Nöte der Menschen in un-
serem Land ernst genommen werden und sie die kon-
krete Politik beeinflussen. Das schafft Akzeptanz für
deutsche Politik und für die europäische Integration.

Dies wirft aber auch die Frage nach den nächsten Er-
weiterungsschritten auf. Der Vertrag über den Beitritt
Bulgariens und Rumäniens zur EU wurde am
25. April 2005 in Luxemburg unterzeichnet und muss
von allen Mitgliedstaaten ratifiziert werden. Die deut-
sche Bundesregierung steht zu unterzeichneten Verträ-
gen. In der Koalitionsvereinbarung haben wir verabre-
det, im Lichte der für Mai angekündigten Berichte und
der Empfehlung der EU-Kommission über die Ratifizie-
rung zu entscheiden. Der Deutsche Bundestag wird aus-
führlich darüber beraten. Wir wissen, dass die Länder
derzeit noch Defizite bei der Implementierung des Ge-
meinschaftsrechts aufweisen. Wenn wir die Bürger in al-
len Mitgliedstaaten von der Richtigkeit der europäischen
Politik überzeugen wollen, müssen die Beitrittskandida-
ten die vereinbarten Kriterien für die Aufnahme in die
EU einhalten. Rumänien und Bulgarien stehen also vor
einer großen Aufgabe, die in sehr kurzer Zeit gelöst wer-
den muss. Aber beide Länder wissen Deutschland an ih-
rer Seite. Wir werden, soweit möglich, Unterstützung
leisten.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


An der Entscheidung über die Beitrittsverhandlungen
mit Kroatien und der Türkei mit dem Ziel, ihnen die
Vollmitgliedschaft zu eröffnen, halten wir ebenso fest.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Die Verhandlungen werden ergebnisoffen geführt und
wir wissen, dass sie noch viele Jahre dauern werden.
Deutschland wird weiter daran arbeiten, mit einer um-
sichtigen Erweiterungspolitik, die die Aufnahmefähig-
keit der EU nicht überfordert, einen wichtigen Beitrag zu
Frieden und Stabilität auf unserem Kontinent zu leisten.

Wir werden auch zukünftig in Europa keine religiösen
Grenzen ziehen. Die EU ist eine Werte-, aber keine Reli-
gionsgemeinschaft. Das muss auch für Ministerpräsiden-
ten deutscher Bundesländer gelten.


(Beifall bei der SPD)


Gleichwohl sind wir in der Pflicht, das Spannungsver-
hältnis zwischen der außen- und sicherheitspolitisch ge-
botenen und erwarteten Fortführung des Erweiterungs-

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(C (D rozesses und den europapolitischen Notwendigkeiten iner Konsolidierung der Grundlagen der EU aufzulöen. Die EU muss ihre Glaubwürdigkeit nach außen und ach innen erhalten und gleichzeitig ihre Handlungspielräume erweitern. Ich bin deswegen überzeugt, dass ie Ausgestaltung der europäischen Nachbarschaftspoliik von enormer Bedeutung sein wird. Die Attraktivität ieses Instruments muss im Sinne der EU und der betrofenen Länder gesteigert werden. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das größere Europa raucht veränderte Regeln. Die Ursachen, die zur blehnung des Vertrags über eine europäische Ver assung in Frankreich und den Niederlanden geführt aben, müssen wir in einer gemeinsamen Kraftanstrenung bekämpfen. Wir wollen und müssen den Menschen eutlicher machen, wie nützlich gemeinsame Politik in uropa für alle ist. Dem Unbehagen gegenüber den soialen und wirtschaftlichen Folgen der Globalisierung owie der mangelnden Transparenz von europäischen ntscheidungen muss eine deutlich soziale und demoratische Politik entgegengesetzt werden. Lange Jahre war die EU für die Bürger Garant für rieden und Sicherheit in Europa. Sie wurde nicht inrage gestellt, aber auch wenig beachtet. Heute bezweieln die Menschen, ob die EU angesichts der rasanten lobalisierung und des verschärften internationalen ettbewerbs den Lebensstandard ihrer Bürger sichern ann. Wir befinden uns also nicht in einer Verfassungsrise, sondern in einer Vertrauenskrise und wir müssen us der Ratifizierungskrise herauskommen. Die vereinarte Reflexionsphase sollten alle nationalen Parlaente, das Europäische Parlament, die Regierungen, die ozialpartner, die zivilgesellschaftlichen Gruppen und ie politischen Parteien nutzen, um eine öffentliche Deatte zu führen. Wir unterstützen ausdrücklich die Vereinbarungen der abinettsklausur in Genshagen vom Januar 2006. Ich itiere: Wir wollen in Europa ein günstiges politisches Klima schaffen, das es ermöglicht, unter deutscher EU-Präsidentschaft neue Anstöße für einen erfolgreichen Abschluss des Verfassungsprozesses zu geben. Es steht außer Frage, dass dabei der sozialen Dimenion der EU eine herausragende Rolle zukommt. Es gibt roßen Diskussionsbedarf, um Ideen und Vorschläge zu ormulieren, die von den Staatsund Regierungschefs ufgegriffen werden können. Auch wir als Deutscher undestag sind hier in der Pflicht. Die SPD-Bundestags raktion wird sich aktiv und engagiert in die Debatte einringen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1602802400

Nächster Redner ist der Kollege Markus Meckel,

PD-Fraktion.






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner

(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Reden die anderen Fraktionen auch noch?)



Markus Meckel (SPD):
Rede ID: ID1602802500

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Die Debatte über den Haushalt des Bundes-
kanzleramtes nähert sich dem Ende und gleich beginnt
die Debatte über die Außenpolitik. An dieser Schnitt-
stelle versuche ich, den Blick auf unsere europäischen
Nachbarn, das heißt auf Weißrussland und die Ukraine,
zu richten.


(Beifall des Abg. Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU])


Einige von uns haben die Wahl in Weißrussland be-
obachtet. Wir haben gemeinsam feststellen müssen, dass
diese Wahl, so die formale Sprache der OSZE, weder
fair noch frei war. Wir könnten auch sagen: Es war eine
gut organisierte Wahlfarce, die wir miteinander erlebt
haben.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Thilo Hoppe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Das war nichts Neues, wir haben das vorher schon bei
einem Referendum und früheren Wahlen erlebt. Neu ist
aber – das ist ein Zeichen der Hoffnung –, dass es dies-
mal mit Milinkewitsch einen gemeinsamen Kandidaten
der Opposition gab und dass der Wahlkampf gut organi-
siert war. Neu war auch, dass die Sozialdemokraten im
Vorfeld kooperiert haben, auch wenn die Sozialdemokra-
ten aus der Koalition – wir müssen das leider bekennen –
später nicht mitgemacht haben.


(Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Leider!)


Ihre Kooperation war wichtig. Wir können nur hoffen
und sie auffordern, die Gemeinsamkeit der Opposition
auch in Zukunft weiter zu erhalten. Das ist eine Schlüs-
selfrage für die Zukunft von Belarus.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU] und des Abg. Thilo Hoppe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Wir haben mit Zittern auf den Sonntagnachmittag und
-abend gewartet, weil angekündigt war, dass Blut fließen
würde. Gewalt wurde angekündigt, und zwar durch ver-
schiedenste Intrigen und Mittel. Es wurden öffentliche
SMS versandt, in denen davor gewarnt wurde, zum Ok-
toberplatz zu kommen. Es war ungeheuer bewunderns-
wert, dass plötzlich 10 000 Menschen zum Oktoberplatz
kamen, die viele Stunden lang in großer Kälte trotz der
Drohungen für Freiheit und Demokratie protestiert ha-
ben. Es war ein großes Erlebnis für diejenigen, die dabei
waren. Diese Menschen haben deutlich gemacht: Wir
lassen uns die Zukunft durch den Wahlbetrug und das
autoritäre System nicht verbauen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/ CSU])



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(C (D Es hat hundertfache Verhaftungen gegeben. (Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Über 700!)


Zu den 700 muss man noch die hinzuzählen, die schon
orher in Haft waren. Wir müssen Lukaschenko in aller
eutlichkeit auffordern, diese Menschen freizulassen.
arüber hinaus müssen wir auch Präsident Putin auffor-
ern, sich für die schnelle Freilassung der Menschen ein-
usetzen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Genau richtig!)


Die Vorkommnisse machen deutlich: Belarus und die
kraine sind eine europäische Herausforderung. Wir
üssen deutlich machen, dass wir an der Seite der De-
okratiebewegung stehen. Es ist daher gut, dass der Eu-

opäische Rat vorgeschlagen hat, Milinkewitsch im
pril einzuladen, um mit ihm über die Zukunft zu spre-

hen.

Wir müssen uns auch fragen: Was tun wir? Es ist rich-
ig und gut, dass wir in der EU beschlossen haben, die
anktionen bei der Visaerteilung deutlich zu erweitern.
ch sage: Jeder Polizist, von dem man namentlich weiß,
ass er Gewalt angewandt hat, jeder Richter, der an Ver-
rteilungen beteiligt war, und jeder Schuldirektor oder
niversitätsrektor, der Menschen, die sich an den De-
onstrationen beteiligt haben, von der Schule oder Uni-

ersität verweist, gehört auf die Liste derjenigen, die
ein Visum für Länder der Europäischen Union erhalten.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


ir müssen natürlich auch die Nachbarländer, das heißt
ie Ukraine, Kroatien, Rumänien und Bulgarien – die
änder, in die die Nomenklatura gern in Urlaub fährt –,

ür dieses Vorhaben gewinnen, damit diese Liste Gel-
ung erhält.

Wir müssen aber noch mehr tun. Wir müssen die
ontakte in die Gesellschaft hinein befördern. In diesem
usammenhang wäre es eine Katastrophe, wenn in Zu-
unft die Schengenvisa nach Polen und Litauen, in die
nmittelbaren Nachbarländer – bisher kosteten die Visa
0 Euro –, bezahlt werden müssten. Wir müssen uns da-
ür einsetzen, dass die Gebühren für Schengenvisa für
eute, die sich in NGOs oder der Opposition engagieren,
illiger sind. Ansonsten würden wir die Kommunikation
bbrechen, indem wir Barrieren schaffen. Das wäre eine
atastrophe.

Ebenso sollten wir neue und bessere Instrumente zur
nterstützung von NGOs schaffen. In der EU haben wir
urchaus manches versucht. Das ist aber zu bürokratisch
nd zu schwerfällig. Das reicht nicht wirklich. Ich trete
aher sehr dafür ein, dass wir eine europäische Stiftung
ür Demokratie schaffen, die kurzfristig kleinere Sum-
en zur Verfügung stellen kann, damit wir NGOs in
elarus und anderen Ländern flexibel unterstützen kön-
en. Wir wissen, dass eine Zivilgesellschaft oft keine
nterstützung in Millionenhöhe braucht, sondern klei-
ere Summen, die schnell, flexibel und auf direktem






(A) )



(B) )


Markus Meckel
Weg von einer kompetenten Stiftung zur Verfügung ge-
stellt werden können. Das sollten wir, so denke ich, mit-
einander auf den Weg bringen.

Klar ist, dass die Länder zwischen Russland und der
Europäischen Union – Belarus ist im Augenblick am
stärksten gefährdet – in Zukunft unsere Aufmerksamkeit
brauchen werden. Ich hoffe sehr, dass es uns während
der deutschen EU-Präsidentschaft im nächsten Jahr ge-
lingen wird, europäische Initiativen zu entwickeln, damit
wir gerade diesem Raum mehr Aufmerksamkeit schen-
ken und ihm mehr Unterstützung für eine demokratische
und Wohlfahrtsentwicklung bieten können.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU]: Hilfreiche Rede!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1602802600

Das Wort hat die Kollegin Monika Griefahn, SPD-

Fraktion.


Monika Griefahn (SPD):
Rede ID: ID1602802700

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-

legen! Ich schlage den Bogen zurück zur Kultur. Die
Goethe-Institute können im Bereich der Kultur, also
unterhalb der politischen Ebene, durch ihre Programme
und Begegnungen in den Ländern, in denen die politi-
schen Bedingungen noch nicht so gut sind, sehr viel er-
reichen. Das gilt auch für Belarus. Insofern ist die Kul-
turpolitik für uns ein sehr wichtiger Faktor.

Wenn man die Struktur eines Haushaltsentwurfs als
Gradmesser dafür nimmt, welche Bedeutung man einem
bestimmten Bereich beimisst, dann kann man zur Kul-
turpolitik vielleicht sagen: 1 Milliarde Euro im Haushalt
des Kulturstaatsministers und etwa 545 Millionen Euro
im Haushalt des Auswärtigen Amtes – das ist nicht wirk-
lich viel. Wenn man aber berücksichtigt, was wir damit
bewegen und dass im Haushalt des Kulturstaatsministers
eine Erhöhung stattgefunden hat, sieht das anders aus.
Mit den Mitteln, die wir für den Dialog zur Verfügung
stellen, haben wir viele Kontakte mit den NGOs und Op-
positionsbewegungen vor Ort ermöglichen können. Die
Kulturpolitik ist daher ein sehr wichtiger Faktor, den wir
alle unterstützen müssen.

Deswegen freue ich mich, dass wir in diesem Jahr so-
wohl im Haushalt des BKM als auch bei den Stipendien
– auch das ist ein wichtiger Austauschfaktor – eine Stei-
gerung verzeichnen können. Aus dem 6-Milliarden-Pro-
gramm werden dem DAAD, der Humboldt-Stiftung und
anderen zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt. Da-
durch haben wir die Möglichkeit, in den Ländern direkt
Multiplikatoren zu gewinnen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Damit haben wir das umgesetzt, was wir im Koalitions-
vertrag festgeschrieben haben.

Der Etat für Kultur ist der kleinste und damit sensi-
belste Etat im Bundeshaushalt. Deswegen sollte er vor-

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(C (D ichtig behandelt werden. Wir beschreiben Kulturpolitik ls sehr wichtiges Politikfeld. Wenn es auch noch Kürungen, zum Beispiel in der Programmarbeit oder in der uswärtigen Kulturund Bildungspolitik, gibt – daran üssen wir noch arbeiten –, so haben wir doch einen gu en Einstieg gefunden. Von diesem Punkt aus müssen ir uns jetzt auf den Weg machen. Günther Oettinger hat gestern bei Sandra Maischberger esagt, wir müssten in Deutschland nicht nur Ökonomie nd Wirtschaft, sondern ganz besonders unsere Kultur nd Werte betonen. Ich denke, damit hat er einen guten atz gesagt, den wir alle hier umsetzen sollten. (Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Ihr seid ja ganz schön großkoalitionär geworden!)


(Zuruf von der SPD: So ist es richtig!)


Ich fand es beeindruckend, dass er so etwas sagt.


(Lothar Mark [SPD]: Dass von einem Schwaben so etwas kommt!)


Dass von einem Schwaben so etwas kommt – genau
as habe auch ich gedacht.

Ich finde, dass ein wichtiger Satz in unserer Koali-
ionsvereinbarung lautet: „Kulturförderung ist keine
ubvention, sondern Investition in die Zukunft.“


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


it der Förderung von Künstlerinnen und Künstlern en-
agieren wir uns für kulturelle Kreativität. Das ist
icht nur ein Lebensmittel für Menschen, sondern auch
oraussetzung für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes.
enn nur mit Kreativität können wir neue Produkte und
esigns entwickeln und damit in der Welt konkurrenzfä-
ig sein.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Kulturelle Kompetenz schafft auch fachliche Kompe-
enz. Wer beispielsweise ein Musikinstrument erlernt,
rlangt bessere Fähigkeiten in den Bereichen Sprache
nd Mathematik. Das müssen wir alle erkennen und un-
erstützen. So, wie unser Körper täglich Vitamine
raucht, so braucht unser Geist Kunst und Kultur.


(Gitta Connemann [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


enauso brauchen Künstlerinnen und Künstler die Frei-
eit, um künstlerisch tätig zu sein. Aus diesem Grund
leibt es – das ist mir ganz wichtig – Aufgabe des Staa-
es, zu gewährleisten, dass Kunst und Kultur unbelaste-
er von ökonomischen Zwängen entstehen können. Wir
erden sie nicht ganz unbelastet machen können, aber

in bisschen unbelasteter. Das ist ein wichtiger Punkt.

Wir brauchen allerdings auch Stiftungen und Privat-
ersonen als Förderer, um die kulturelle Vielfalt, die wir
lücklicherweise immer noch haben, zu gewährleisten.
ie Kombination macht es. Aber ich sage ausdrücklich:
er Staat hat hierbei eine wichtige Aufgabe.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU] – Zuruf von der FDP: Das ist unstrittig!)







(A) )



(B) )


Monika Griefahn
Als wunderbares Beispiel für einen sehr guten Beitrag
zur freien Entfaltung der Künste können wir die Kultur-
stiftung des Bundes erwähnen. Der Etat von nunmehr
knapp 38 Millionen Euro bedeutet eine Erhöhung der
Mittel um knapp 2,2 Millionen Euro als letzten der drei
Erhöhungsschritte.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Was wird eigentlich aus der Fusion? – Gegenruf Langsam!)

Bernd Neumann (CDU):
Rede ID: ID1602802800

So können wir innovative Programme und Projekte mit
nationaler und internationaler Ausstrahlung fördern und
wir können Deutschland im Dialog mit vielen Ländern
als Kulturnation präsentieren. Herr Otto – ich komme
dazu –, wir hoffen, dass die Fusion mit der Kulturstif-
tung der Länder die Möglichkeit für zusätzliche Pro-
jekte, also für einen Mehrwert, schafft, den wir gemein-
sam mit den Ländern erreichen können. Ich glaube, dass
das eine gute Perspektive ist.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Wann kommt das denn voran?)


Zur Außendarstellung Deutschlands trägt in ganz be-
sonderem Maße die Deutsche Welle bei. Auch ihr
kommt in diesem Haushalt eine kleine Steigerung zu-
gute. Ich denke, das ist nötig. Denn der Etat der Deut-
schen Welle ist seit 1998 erheblich geschrumpft. Wenn
wir wollen, dass die Deutsche Welle weiterhin die Dia-
logarbeit und die Präsentation Deutschlands in der Welt
leistet, wenn wir wollen, dass unsere Sichtweisen zu
Politik, Kultur und Wirtschaft in vielen Ländern vermit-
telt werden, und wenn wir wollen, dass die deutsche
Sprache gefördert wird, dann müssen wir uns auch fi-
nanziell zur Deutschen Welle bekennen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ganz besonders begrüße ich die immer stärker wer-
dende Zusammenarbeit der Deutschen Welle mit den öf-
fentlich-rechtlichen Anstalten. Nachdem deutlich ge-
worden ist, dass German TV kein tragfähiges Konzept
darstellt, arbeiten die Sender nun mit Hochdruck zusam-
men daran, das Deutsche Welle Fernsehen zu einem at-
traktiven Angebot zusammenzuführen und damit allen
Menschen in der Welt anzubieten. Ich glaube, das ist ein
ganz wichtiger Punkt.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Wolfgang Börnsen [Bönstrup] [CDU/CSU])


Mit diesem Haushalt wollen wir deutlich machen,
dass der Dialog der Kulturen für uns einen besonderen
Stellenwert hat. Mit Programmen in den Sprachen Dari
und Paschtu zur Unterstützung der Afghanen, jetzt
selbstständig zu werden, mit einem arabischen Fernseh-
programm, mit der Ausbildung von Journalisten und mit
dem Internetportal der Deutschen Welle in 30 Sprachen
gehen wir einen guten Weg. Wenn wir einen friedlichen
Dialog wollen, müssen wir auch die Verständigung för-
dern. Das geht über diese Medien sicherlich ganz beson-
ders gut.

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(C (D Die Wahrnehmung Deutschlands im Ausland wird ber nicht nur durch die mediale Außenvertretung geförert, sondern auch durch seine Hauptstadt. Vieles davon st deutlich zu sehen und begründet den Ruf Berlins als ine Kulturmetropole im Herzen Europas. Das zeigen ie steigenden Zahlen von Besuchern, die wir nicht nur ier im Reichstag, sondern auch auf der Museumsinsel aben. Tatsache ist, dass Berlin mittlerweile viele Künster und Kulturschaffende aus aller Welt fast magisch anuziehen scheint. Das liegt an der (Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Neuen Regierung!)


ohen Qualität und Vielfalt dessen, was es in Berlin zu
ehen gibt. Es liegt aber auch an dem Klima von Innova-
ion und Offenheit für Kultur. Dies wird auch durch
undesmittel gefördert, nämlich für die Stiftung Preußi-

cher Kulturbesitz, für viele Einzeleinrichtungen, aber
uch zum Beispiel für den Hauptstadtkulturfonds, also
on der individuellen Szene bis hin zu den großen tradi-
ionellen Einrichtungen. Ich glaube, das ist ganz wichtig.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Wenn wir über Berlin reden, dann liegen das Faszi-
ierende und die Kraft von Innovation und Fortschritt
arin, dass wir auch Vergangenes einbeziehen und be-
usst machen. Die Kultur einer Gesellschaft wird auch
adurch geprägt, dass sie sich an das, was sie war, erin-
ert und daraus Schlüsse zieht. Insofern spielt auch un-
ere Gedenkstätten- und Erinnerungsarbeit eine ganz
esentliche Rolle für die Bundeskulturarbeit und damit

uch für diesen Haushalt.


(Beifall der Abg. Iris Gleicke [SPD])


Nachdem wir in den vergangenen Legislaturperioden
ereits ein Gesamtkonzept zur Aufarbeitung der NS-
iktatur erarbeitet haben, werden wir jetzt auch die jün-
ere deutsch-deutsche Geschichte in ein Gesamtkonzept
assen.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Zeit wird es ja!)


ir haben die Birthler-Behörde in den Aufgabenbereich
es Bundesbeauftragten für Kultur und Medien über-
ührt. Wir arbeiten an einem Gesamtkonzept zur stärke-
en Vernetzung und systematischen Förderung der ge-
ellschaftlichen Aufarbeitung der Geschichte und der
olgen der SED-Diktatur. Den verantwortungsvollen
mgang mit der Zukunft der Birthler-Behörde, die ja

ine ganz besondere Behörde ist, werden wir dann auch
n den maßgeblichen haushaltsrelevanten Entscheidun-
en zum Ausdruck bringen. Zum Beispiel wollen wir
ndlich ein Modellprojekt angehen, um die alten, zerris-
enen Akten wieder zusammenzusetzen; ich meine das
erühmte „Schnipselprojekt“.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Was? Das Schnitzelprojekt? – Vereinzelt Heiterkeit)


as wollen wir im Rahmen eines Modellprojekts aus-
robieren. Dann wird sich zeigen, ob das funktioniert.






(A) )



(B) )


Monika Griefahn
Die Aufarbeitung von Geschichte spielt auch in ei-
nem anderen Zusammenhang eine wichtige Rolle. Das
Europäische Netzwerk Erinnerung und Solidarität
wird im Haushalt 2006 erstmals mit 300 000 Euro etati-
siert. Damit stellen wir als Koalition klar, dass wir die
Themen Flucht, Vertreibung und Zwangsmigration in ei-
nem europäischen Kontext angehen, insbesondere mit
unseren Partnern in Polen, Ungarn, der Slowakei und
Österreich; weitere sollen hinzukommen.


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Russland zum Beispiel!)


Ich glaube, das ist der richtige Ansatz, um die vielfälti-
gen bereits bestehenden Institutionen und Initiativen in
diese Netzwerkstruktur einzubinden und in einen Dialog
über diesen Teil der europäischen Vergangenheit zu tre-
ten.


(Beifall bei der SPD – Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: In der Koalitionsvereinbarung steht aber, dass auch in Berlin etwas geschaffen werden soll!)


Da der Etat für das Haus der Geschichte in Bonn um
2,5 Millionen Euro erhöht wurde, kann auch das Kon-
zept der Ausstellung zum Thema Vertreibung weiterge-
führt werden. Diese Ausstellung wird bald auch in Ber-
lin zu sehen sein, später vielleicht auch in Polen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist eine gute Ausstellung!)


Das entspricht unserer gemeinsamen Forderung, die wir
auch in den Koalitionsvertrag aufgenommen haben, dass
wir mit Bedacht sichtbare Zeichen für unsere Auseinan-
dersetzung mit der Vertreibung in Europa setzen wollen.

Für das Jüdische Museum in Berlin wird es eine
Bauerweiterung geben. Für die geplante Überdachung
des Innenhofes, die so genannte Laubhütte, wurde in den
Haushalt eine Verpflichtungsermächtigung von 2,5 Mil-
lionen Euro eingestellt. An dieser Stelle möchte ich
Michael Blumenthal, dem Direktor des Jüdischen Mu-
seums, Dank sagen;


(Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Jawohl! Das ist richtig so!)


denn er hat in bewundernswerter Weise private Sponso-
rengelder eingeworben, um dieses Projekt verwirklichen
zu können.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und der LINKEN)


Jetzt kann eine sinnvolle und architektonisch gute Er-
weiterung realisiert werden, um die jährlich 700 000 Be-
sucher dieses Museums – das muss man sich einmal vor-
stellen; das hat man nie erwartet – sehr ausführlich über
die Geschichte der Juden in Deutschland zu informieren,
damit sie nicht nur durch das Mahnmal mit dem Holo-
caust konfrontiert werden, sondern die gesamte und sehr
vielfältige Geschichte der Juden erfahren, sowohl unter
kulturellen als auch unter wissenschaftlichen Gesichts-
punkten. Das ist, wie ich glaube, ein wichtiger Aspekt.

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(C (D An diesem Beispiel wird auch deutlich, wie Public rivate Partnership tatsächlich funktionieren kann. Ich abe dafür geworben, dass sich einerseits der Staat zur ulturförderung bekennt, andererseits aber auch die Ver ntwortung von Stiftungen, Einzelpersonen und Firmen icht zu unterschätzen. Denn jeder muss sich auch in fianzieller Hinsicht für Kunst und Kultur einsetzen. Das ann nicht einfach dem einen oder dem anderen übertraen werden. Ich denke, das sollte weder allein von Priaten und Stiftungen noch allein vom Staat gemacht erden. Das ist der richtige Ansatz, an dem wir weiter rbeiten müssen. Der Zusammenhang von privatem Engagement und nvestment spielt auch beim Thema Filmfinanzierung ine wichtige Rolle. Ich freue mich, dass wir mit 4,3 Millionen Euro einen Teil der 90 Millionen Euro in en Haushalt eingestellt haben, die für ein neues Modell er Filmfinanzierung zur Verfügung stehen werden. Hier nüpft Herr Neumann an die gute Arbeit seiner Vorgänerin, der Staatsministerin Weiss, an. Ich hoffe, dass wir is zum Sommer ein Modell erarbeitet haben, mit dem ir dann tatsächlich die staatlichen Mittel mit privaten itteln vervielfachen können, wie es in vielen anderen uropäischen Ländern gang und gäbe ist. Frau Kollegin, Sie müssen zum Ende kommen. (Hans-Joachim Otto [Frankfurt] [FDP]: Oh! Das ist aber schade!)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1602802900


Monika Griefahn (SPD):
Rede ID: ID1602803000

Wir haben noch viel vor. Das gilt für die auswärtige

ultur- und Bildungspolitik wie auch für die gemein-
ame Arbeit mit den Ländern im Rahmen der Föderalis-
usreform. Wir müssen immer aufs Neue für den ent-

prechenden Platz der Kultur kämpfen. Das gilt auch für
as Staatsziel Kultur, das wir noch erkämpfen müssen.
iebe Kolleginnen und Kollegen, machen Sie mit!


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1602803100

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Aus-
ärtigen Amtes, Einzelplan 05.

Außerdem rufe ich Zusatzpunkt 1 auf:

Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/
CSU, der SPD, der FDP und des BÜNDNIS-
SES 90/DIE GRÜNEN

Belarus nach den Präsidentschaftswahlen

– Drucksache 16/1077 –

Das Wort hat der Bundesaußenminister Dr. Frank-
alter Steinmeier.


(Beifall bei der SPD)







(A) )



(B) )

Dr. Frank-Walter Steinmeier, Bundesminister des
Auswärtigen:

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen
und Herren Abgeordnete! Vor wenigen Wochen haben
wir Johannes Rau in einem Staatsakt verabschiedet.
Viele, die ihn kannten, wissen, dass ihn in den letzten
Jahren vor allen Dingen eine Frage umgetrieben hat,
nämlich die Frage der Möglichkeiten von Politik ange-
sichts radikal veränderter Politikbedingungen. Viele von
Ihnen waren so wie ich Gast bei seiner Berliner Rede
2002, in der er schon fast beschwörend an uns alle appel-
liert hat:

Wir müssen die Globalisierung als politische He-
rausforderung verstehen und politisch handeln.

Damit wir die Globalisierung gestalten können,
brauchen wir neue politische Antworten.

Ich sage: Um beides müssen wir uns bemühen, auch
und gerade in der großen Koalition: um politische Ant-
worten auf Veränderungen, die von vielen Menschen als
bedrohlich empfunden werden, und um neue Antworten,
um den Menschen Mut zu machen. Ich finde, wir brau-
chen Mut zur Veränderung, Mut, manchen ausgetretenen
Pfad zu verlassen, Mut, der der allgemeinen Mutlosig-
keit ohne Arroganz, aber mit Selbstbewusstsein begeg-
net.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Meine Damen und Herren, das ist sicherlich zuvör-
derst Aufgabe der Innenpolitik. Es ist, wie ich mittler-
weile erfahren habe, aber auch und gerade Aufgabe der
Außenpolitik; denn Globalisierung bedeutet, dass die
Kontinente zusammenrücken, dass Informationen in
Echtzeit überall verfügbar sind. Das verändert die Rah-
menbedingungen unserer Außenpolitik, und zwar ganz
gravierend. Das möchte ich an drei kleinen Beispielen
erläutern.

Erstens. Mit fortschreitender Globalisierung wächst
der Anspruch an Tempo und Qualität der Informa-
tionsverarbeitung. Ob es sich um Naturkatastrophen
oder Bürgerkriege handelt, die Menschen in aller Welt
verfügen nach kurzer Zeit über einen Wust von Informa-
tionen, deren schnelle und zuverlässige Bewertung und
Einordnung oft kaum möglich ist. Gleichwohl oder viel-
leicht sogar deswegen erwarten sie von uns rasche und
überzeugende Reaktionen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Aus meiner Sicht als Außenminister sage ich: Wo frü-
her möglicherweise die Weisung an eine Botschaft ge-
nügt hat, um eine Reaktion auszulösen, ist heute eine
ganze Kaskade von Abstimmungen notwendig: mit Part-
nern in Europa und den Vereinten Nationen, es gibt öf-
fentliche Erklärungen, Erläuterungen im Parlament und
Gespräche mit den NGOs.

Zweitens. In den letzten Jahren haben immer mehr
Staaten demokratische Transformationsprozesse
durchlaufen; das haben Sie intensiv verfolgt, auch hier
im Parlament. Auch wenn man das beim Zeitunglesen
nicht glauben mag: Die Mehrzahl der Weltbevölkerung

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(C (D ird heute demokratisch regiert. Trotzdem ist die Welt Sie wissen das – kein krisenfreier Raum. Auf dem Bal an, im Irak, auch im Kongo – worauf noch zu kommen ein wird – oder in Afghanistan erleben wir, wie fragil, ie unterstützungsbedürftig diese Transformationspro esse oft über eine lange Dauer sind. Wir sehen tagtägich auch, welch verheerende Konsequenzen ihr Scheiern haben kann und wie ganze Regionen in Bürgerkrieg nd Anarchie versinken können. Was den islamistischen errorismus angeht, so sind wir natürlich seit einer eihe von Jahren mit einer ganz neuen Qualität von Berohung konfrontiert. Drittes und letztes Beispiel zu diesem Thema: Auch eutschland selbst ist in zunehmendem Maße von welteiten Krisen betroffen. Ob es nun Touristen aus eutschland sind, die während ihres Urlaubs zu Opfern on Naturkatastrophen oder terroristischen Gewaltakten erden, ob es unsere Wirtschaft ist, die mit Korruption nd fehlender Rechtssicherheit in einzelnen Staaten ämpfen muss, oder ob es Bürgerinnen und Bürger sind, ie sich angesichts steigender Gas-, Ölund Energiereise Gedanken um unsere Energiesicherheit machen: nstabilität, Krisen und Krieg in unserer nahen und feren Nachbarschaft haben unmittelbare Auswirkungen uf unsere Sicherheit und auf unseren Wohlstand. Dem muss eine verantwortungsvolle Außenpolitik echnung tragen. Sie muss auf akute Krisen rasch und ffizient reagieren, negative Entwicklungen frühzeitig rkennen und in enger Zusammenarbeit mit unseren artnern abzuwenden versuchen. Dies muss, wie ich inde – das ist mein Plädoyer –, frei von Aktionismus nd mit Augenmaß, mit Besonnenheit und verantworungsvoll geschehen. Mit Bezug auf eine Erfahrung aus dieser Woche sage ch: Wir legen bei all dem großen Wert auf Prävention. eutschland hat sich gerade auf diesem Gebiet ein groes Maß an Renommee und Reputation erworben. Das st nicht zu unterschätzen. Nicht nur deshalb bleibt die ivile Krisenprävention ein wichtiges Forschungsund andlungsfeld für die deutsche Außenund Entwick ungshilfepolitik. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Das Auswärtige Amt beschäftigt sich seit vielen Jah-
en sehr intensiv mit der zivilen Katastrophenvorsorge
nd setzt sich in Wissenschaft, Politik und Praxis dafür
in. Ich selbst habe in dieser Woche gemerkt, wie erfolg-
eich wir dabei sind, ohne dass das die breite Öffentlich-
eit bisher zur Kenntnis genommen hat. Deutschland
ar in dieser Woche Veranstaltungsort der Dritten Inter-
ationalen Frühwarnkonferenz, die nicht nur deshalb be-
eutsam war, weil Bill Clinton dort war. Die Anwesen-
eit von Bill Clinton war aber natürlich auch ein
usdruck dafür, auf welches Maß an Respekt diese Ver-

nstaltungen und die Bemühungen im Zuge dieser drei
eranstaltungen in Deutschland inzwischen stoßen.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Hartmut Koschyk [CDU/CSU])







(A) )



(B) )


Bundesminister Dr. Frank-Walter Steinmeier
Meine Damen und Herren, die Anforderungen – Sie
können sie mühelos aus den drei Beispielen entnehmen –
verlangen allen Beteiligten in der Außen- und Sicher-
heitspolitik erhebliche Anpassungsleistungen ab. Ich
freue mich, dass wir den Menschen, die sich im Ausland
für deutsche Interessen engagieren – Soldaten, Entwick-
lungshelfer und Diplomaten –, in unserer Koalitionsver-
einbarung ausdrücklich gedankt haben und ich möchte
dies auch heute tun. Ich sage auch hier noch einmal aus-
drücklich: Wir im Parlament brauchen diese Helfer für
die Durchführung der Tätigkeiten, die wir auf finanziel-
lem Wege unterstützen.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Europäische Integration und soziale Marktwirt-
schaft sind die zwei zentralen Pfeiler, auf denen unser
Frieden und unser Wohlstand ruhen. Gerade angesichts
der europäischen Krise nach den verlorenen Referenden
in Frankreich und in den Niederlanden müssen wir wie-
der deutlich machen – hier haben alle Recht, die das im
Verlaufe der Debatte schon gesagt haben –, dass das
Haus, das wir auf diesen Pfeilern bauen, ein menschli-
ches Maß hat und so solide gebaut ist, dass es den Stür-
men der Globalisierung standhalten kann.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Ich sage das deshalb, weil in unsere Ratspräsidentschaft
der 50. Jahrestag der Unterzeichnung der Römischen
Verträge fällt. Ich finde, dies ist ein guter Anlass, selbst-
bewusst auf das Erreichte zurückzusehen – das ist ganz
sicher –, aber auch mit neuem Mut die drängenden Ver-
fassungsfragen in Angriff zu nehmen.

Jürgen Habermas hat gerade – Sie werden erstaunt
sein – auf Einladung von Wolfgang Schüssel in Salzburg
mit ihm und anderen über die Zukunft Europas disku-
tiert. Er hat in seinem Beitrag appelliert, die Frage nach
der Zukunft Europas energisch anzugehen, andernfalls
stünde Europa erstmals in der Gefahr eines Rückfalls
hinter den erreichten Stand der Integration. In diesem
Fall müssten wir zusehen – ich zitiere –,

wie sogar die bestehende politische Handlungs-
macht der Europäischen Union zugunsten einer dif-
fus erweiterten europäischen Freihandelszone abge-
wickelt wird.

Diese Sichtweise wird nicht nur von ihm geteilt. Weil sie
vermutlich die Gefahr durchaus richtig beschreibt, müs-
sen wir dem umso engagierter entgegentreten. Ich bin
zuversichtlich, dass uns das gelingen wird. Das sage ich
nicht einfach nur aus einem Gefühl der Hoffnung heraus,
sondern weil mich die Erfahrungen der letzten vier Mo-
nate, die hinter uns liegen, zuversichtlich machen.

Ich habe hier schon einmal darauf hingewiesen: Ent-
gegen manchen Erwartungen ist es gelungen, uns über
die finanzielle Vorausschau zu verständigen. Entgegen
manchen Erwartungen ist es gelungen, in der Balance
zwischen Binnenmarkt und sozialem Ausgleich einen
tragfähigen Kompromiss bei der Dienstleistungsrichtli-
nie zustande zu bringen. Auch die Schlussfolgerungen,
die die Regierungschefs auf dem letzten europäischen

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(C (D ipfel zur Energiepolitik gezogen haben, zeigen, dass uropa in der Lage ist, sich in wichtigen neuen Fragen emeinsamen strategischen Ansätzen zu öffnen. ch darf sagen: Die deutsche Regierung war bei jedem ieser drei Ergebnisse nicht ganz unbeteiligt. Diese Linie wollen wir während der Ratspräsidentchaft im Jahre 2007 weiter verfolgen. Wir wollen die rgebnisse der so genannten Reflexionsphase ordnen nd dem Verfassungsprozess einen neuen Impuls geben. nser Ziel bleibt klar: ein nach innen und nach außen andlungsfähiges Europa, das seine Vorbildwirkung weit ber unsere Grenzen hinaus entfaltet. Europa ist mehr ls Binnenmarkt und Verfassung. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Jürgen Koppelin [FDP])


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Lassen Sie mich zum nächsten Thema kommen. Ori-
ntiert an einem erweiterten Sicherheitsbegriff, unter-
tützt Deutschland gemeinsam mit seinen Partnern die
ransformationsprozesse in vielen Regionen. Gegen-
ärtig engagiert sich die EU in über zehn Krisenma-
agementoperationen. Wir stehen im Augenblick – das
st heute Morgen mehrfach angeklungen – vor der Frage
er Beteiligung an einer europäischen Mission, gestützt
urch VN-Mandat, im Kongo.

Frau Bundeskanzlerin hat die Argumente, wie ich
inde, heute Morgen völlig richtig genannt. Es ist darauf
inzuweisen, dass wir mit der Entscheidung zugunsten
er Beteiligung an einer solchen Mission nicht am An-
ang der europäischen Bemühungen stehen, sondern
ach meiner Hoffnung eher am Ende unseres jahrelan-
en EU-Engagements. In Europa haben wir jahrelang
norme Summen für die demokratische Zukunft im
ongo aufgebracht, zuletzt 150 Millionen Euro für die
urchführung von Wahlen. Deutschland hat bilateral
och einmal 10 Millionen Euro beigetragen.

Wir haben Tausende von Polizisten ausgebildet. Wir
aben über Europa den Aufbau einer Armee unterstützt.
ir finanzieren – das darf auch nicht ganz verschwiegen
erden, selbst wenn wir den Unterschied zwischen einer

uropäischen Mission und der MONUC-Mission immer
m Auge haben – über die Europäische Union und ihre

itgliedstaaten einen großen Teil dieser größten militä-
isch gestützten Mission im Kongo selbst mit insgesamt
7 000 Soldaten über mehrere Jahre.

Vieles ist in den letzten Jahren in diesem Stabilisie-
ungsprozess erreicht worden – ich hatte Gelegenheit, es
ier schon einmal vorzustellen –: ein friedliches Refe-
endum, ein neues Wahlgesetz, die Aufstellung von

ahllisten und die Festlegung eines Wahltermins. Jetzt
eht es darum, den erreichten Stand der Stabilisierung
icht noch kurz vor dem Ziel zu gefährden.

Bei all dem – das sage ich mit Blick auf die Stabilisie-
ung – ist von den 4 Millionen Toten in den Bürgerkrie-
en seit Mitte der 90er-Jahre noch nicht die Rede. Des-






(A) )



(B) )


Bundesminister Dr. Frank-Walter Steinmeier
halb ist meine Meinung: Wenn wir über diese Frage zu
entscheiden haben, müssen wir unseren Beitrag dazu
leisten, dass sich das Morden im Kongo nicht wieder-
holt.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Ich weise aber darauf hin, dass die Vereinten Nationen
und die kongolesischen Streitkräfte die Hauptverantwor-
tung für die Sicherheit im Land tragen. Die Rolle der
EU-Mission wird zeitlich und räumlich begrenzt sein.
Wir werden mit dem Mandat all den Fragen und Beden-
ken, die in der Vergangenheit dazu vorgebracht worden
sind, entsprechend Rechnung tragen.

Wir haben Wert darauf gelegt, dass die Mission nicht
gegen den Willen der Regierung im Kongo zustande
kommt. Deshalb sind wir mit dem erzielten Ergebnis zu-
frieden, wonach nicht nur Kabila selbst, sondern auch
die Vertreter der anderen ethnischen Gruppen im Kongo
ihr Einverständnis und ihre Absicht erklärt haben, dass
die Mission mit europäischer Präsenz stattfinden soll.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Natürlich bedarf es dazu eines VN-Mandats, das in den
nächsten 14 Tagen diskutiert wird. Wir gehen davon aus
– das war unsere Voraussetzung –, dass ein Einsatz nach
diesem VN-Mandat zeitlich und räumlich befristet ist.

Sollten alle diese Voraussetzungen erfüllt sein, dann
sollte sich Deutschland aus meiner Sicht der Teilnahme
an einer solchen Mission nicht entziehen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Ich bin zuversichtlich, dass der Bundestag – wenn die
genannten Bedingungen erfüllt sind – einer solchen Mis-
sion seine Zustimmung erteilen wird.

Ein anderes Beispiel für fortgeschrittene Transforma-
tionsprozesse ist in diesen Tagen der Balkan. Der Tod
von Milošević hat uns gerade die Bilder aus den 90er-
Jahren noch einmal in Erinnerung gerufen: die Toten von
Srebrenica, die massiven Menschenrechtsverletzungen
im Kosovo und die tausendfache Gewalt gegen Frauen,
Kinder und Greise.

Dieses in Erinnerung habend frage ich: Welches Bild
zeigt sich heute? Slowenien ist Mitglied der EU. Kroa-
tien steht in Beitrittsverhandlungen. Mazedonien hat den
Status eines Beitrittskandidaten. Mit Serbien und Bos-
nien haben Verhandlungen über den Abschluss von
Assoziierungsabkommen begonnen.

Auf diesen Erfolgen dürfen wir uns aber nicht ausru-
hen. Gerade die Region, von der ich spreche, bedarf un-
serer besonderen Aufmerksamkeit. Das gilt nicht nur für
die Zukunft, sondern besonders jetzt, in einem Jahr, in
dem wir in entscheidenden Verhandlungen zur Klärung
des endgültigen Status des Kosovos stehen und in dem in
Bosnien eine neue Regierung gewählt wird und das Ende
der Verwaltung durch den Hohen Repräsentanten abseh-
bar ist und die Regierungsgewalt vollständig in bosni-
sche Hände übergehen soll. Diesen Vorgang hat

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(C (D hristian Schwarz-Schilling für unser Land in hervorraender Weise begleitet. (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


uch dies ist übrigens nicht nur ein Zeichen für die be-
ondere Verantwortung in der Region, die wir dort wahr-
ehmen, sondern auch für die Anerkennung, die unsere
olitik in den letzten Jahren auf dem Balkan gefunden
at.

Eine endgültige Befriedung des Balkans, der ja wirk-
ich vor unserer Haustür liegt, ist in unserem ureigenen
nteresse. Deshalb werden wir uns darauf einstellen
üssen, unseren Beitrag dazu politisch, finanziell und
soweit erforderlich – militärisch auch auf längere Sicht

eisten zu müssen.

Das wichtigste Thema, das uns derzeit alle miteinan-
er umtreibt, ist unsere gestiegene Verantwortung in ei-
em grundlegend veränderten Sicherheitsumfeld, die
ich bei unseren Bemühungen im Zusammenhang mit
em iranischen Nuklearprogramm zeigt. Wie Sie wis-
en, wird derzeit im Sicherheitsrat der Vereinten Natio-
en über die nuklearen Ambitionen des Irans verhandelt.
orgen Vormittag kommen die Vertreter der EU 3, der
SA, Russlands und Chinas in Berlin zusammen, um
ber das weitere Vorgehen zu beraten. Wir sind – das ist
eider zu bekennen – trotz monatelanger Bemühungen
och nicht am Ziel. Das Ziel muss sein, dass der Iran alle
weifel an einer eventuellen militärischen Nutzung sei-
es Atomprogramms ausräumt und das Vertrauen der in-
ernationalen Staatengemeinschaft wieder herstellt.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


s bleibt unsere Pflicht – darauf wird auch morgen Wert
u legen sein –, weiter nach diplomatischen Lösungen zu
uchen. Wege dafür sind aufgezeigt. Es kommt nun da-
auf an, dass der Iran mit der gleichen Ernsthaftigkeit an
en Gesprächen teilnimmt, wie wir es in der Vergangen-
eit getan haben. Die Ernsthaftigkeit kann, wie wir stän-
ig betonen, nur unterstrichen werden, wenn die Anrei-
herungsaktivitäten suspendiert werden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Herr Kuhn, Sie haben einige Ausführungen zu den
uklearvereinbarungen zwischen Indien und den
SA gemacht. Ich will Ihnen sagen: Ganz so einfach,
ie Sie es sich machen, geht es nicht und ist es auch
icht. Sie haben, quasi aus oppositioneller Verzweiflung,
ie zu treffende Entscheidung vorweggenommen, indem
ie den Gegenstand der Vereinbarung von vornherein als
inen Akt der Belohnung qualifizieren, und so uns die
blehnung nahe gelegt. Ich finde, so können wir mit die-

er Sache nicht umgehen. Ich räume gerne noch einmal
in, was ich schon öffentlich gesagt habe: Der Zeitpunkt
ieser Vereinbarung war vor dem Hintergrund unserer
aufenden Gespräche über das iranische Atomprogramm
anz sicher nicht hilfreich.


(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Falsch war das! – Paul Schäfer [Köln] [DIE LINKE]: Inhalt!)







(A) )



(B) )


Bundesminister Dr. Frank-Walter Steinmeier
– Ich komme gleich zu den Inhalten. – Aber das zeichnet
aus meiner Sicht den Weg zu einem Nein Deutschlands
in der Nuclear Suppliers Group, wie Sie es unterstellt ha-
ben, nicht ohne weiteres vor; denn die entscheidende
Frage ist, ob mit dieser Vereinbarung ein Prozess ange-
stoßen worden ist, mit dem wir – darüber haben wir
schon im Ausschuss diskutiert – Indien Zug um Zug in
das Nichtverbreitungsregime einbeziehen. Herr Kuhn,
wenn diese Möglichkeit gegeben wäre, dann wäre es
nicht sehr verantwortlich, sozusagen Ihnen zuliebe auf
eine sorgfältige Bewertung dieser Kooperationsverein-
barung zu verzichten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Was ich Sie gerne fragen möchte, ist: Gibt es Ihnen
denn nicht zu denken, wenn al-Baradei als Vertreter der
IAEO in Gesprächen mit uns, der Bundesregierung, aber
auch, wie ich gehört habe, in Gesprächen mit Ihnen, den
Abgeordneten, dafür wirbt, den politischen Mehrwert
dieser Vereinbarung für die internationale Staatenge-
meinschaft angemessen zu bewerten? Gibt es Ihnen
nicht zu denken, wenn der Träger des Friedensnobelprei-
ses, den nicht nur wir, sondern auch Sie beglückwünscht
haben, dafür wirbt, sich den Bemühungen um größere
Transparenz im indischen Atomprogramm sowie verbes-
serte – wenn auch nicht ausreichende – Zugangsmög-
lichkeiten, die Safeguards und eine Stabilisierung des
Teststoppabkommens nicht in den Weg zu stellen? Gibt
es Ihnen nicht zu denken, wenn sowohl in der indischen
Öffentlichkeit als auch im indischen Parlament darüber
gestritten wird, ob die indische Regierung durch diese
Vereinbarung zu viel von ihrer Autonomie in der Atom-
politik aufgegeben hat? Ich verlange von Ihnen nicht,
dass Sie diese amerikanisch-indische Vereinbarung beju-
beln; darum geht es nicht. Was ich aber erwarte, sind
– dies hat die Haltung der Grünen in der Außen- und Si-
cherheitspolitik in den letzten Jahren immer ausgezeich-
net – eine redliche Nachdenklichkeit und ein Verzicht
auf Schnellschüsse.


(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Eckart von Klaeden [CDU/CSU] – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schwacher Beifall!)


Einige wenige Worte zum Thema Naher Osten, auf
den wir nach den israelischen Wahlen mit besonderer
Aufmerksamkeit schauen. Ich habe schon in meiner letz-
ten Rede gesagt, dass der Erfolg der Hamas bei den pa-
lästinensischen Wahlen die Bemühungen um eine Fort-
setzung des Friedensprozesses nicht einfacher macht,
jedenfalls solange nicht unsere drei Kriterien erfüllt sind:
Gewaltverzicht, Anerkennung Israels und Akzeptanz der
bisherigen Verhandlungsergebnisse.

Was sagt uns das Ergebnis der Wahlen vom gestrigen
Tage? Ich finde, wir dürfen sie so interpretieren: Die
Wählerinnen und Wähler in Israel wollen, dass es zu
Fortschritten auf dem Weg zu Frieden und Sicherheit
kommt. Deshalb darf ich für mich sagen: Ich begrüße es,
dass Olmert in seinen ersten öffentlichen Ausführungen
Bereitschaft hat erkennen lassen, die Friedensverhand-
lungen wieder aufzunehmen. Wir werden alles dafür tun,

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(C (D m gemeinsam mit unseren Partnern auf eine Friedensösung auf der Basis der Roadmap hinzuwirken. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Dr. Werner Hoyer [FDP])


Spätestens seit dem Gasstreit zwischen Russland und
er Ukraine sind uns die Augen geöffnet worden für ein
hema, dessen Bedeutung, wie ich überzeugt bin, in der
ukunft eher noch zunehmen wird: die Frage der Ener-
iesicherheit. Deshalb ist es überhaupt nicht überra-
chend, dass dieses Thema sowohl auf der nationalen
bene als auch auf der europäischen Ebene höchste Prio-

ität gefunden hat. Ich glaube, wir sind in der Tat aufge-
ufen, uns zugunsten einer Sicherung der Energieversor-
ung unseres Landes entschlossen zu engagieren: für
olitische Stabilität in den Krisenregionen, für konsen-
uale Lösung für Verteilungs- und Zugangskonflikte und
ür ein System kooperativer Energiesicherheit. Ich bitte
arum, auf eines zu achten: All das ist eingegangen in
ie Schlussfolgerungen des Gipfels in Brüssels. Ich
inde, wir dürfen aus deutscher Sicht durchaus zufrieden
ein, dass diese Schlussfolgerungen erkennbar deutsche
andschrift tragen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Dr. Andreas Schockenhoff [CDU/CSU])


Ich habe an anderer Stelle deutlich gemacht, dass ich
laube, dass ein solches energiepolitisches Gesamtkon-
ept, wie es in Deutschland mit dem nächste Woche be-
innenden Energiegipfel entstehen wird, einer außen-
nd europapolitischen Flankierung bedarf. Deswegen
erden wir uns bemühen, mit Norwegen, mit Russland
nd mit den Staaten Nordafrikas zu klären, wie wir in ei-
er engeren Kooperation zwischen Konsumentenstaaten,
ransit- und Förderländern mehr Planbarkeit, mehr
ransparenz und mehr Verlässlichkeit in die internatio-
alen Energiebeziehungen bringen können.

Ein letztes Thema: Weißrussland. Natürlich erfüllen
ns die Ereignisse in Weißrussland mit tiefer Sorge.
eutschland und seine europäischen Partner haben die
ehinderungen freier Wahlen und das gewaltsame Vor-
ehen gegen Demonstranten mit deutlichen Worten ver-
rteilt und wir haben uns auf eine Reihe von gezielten
anktionsmöglichkeiten verständigt. Wir werden darü-
er hinaus die demokratischen Kräfte in Weißrussland
eiter unterstützen. Der Deutsche Bundestag wird sich
darüber freuen wir uns – gleich im Anschluss mit dem
eißrusslandantrag der Koalitionsfraktionen beschäfti-

en. Ich bin mir sicher: Auch die Menschen Weißruss-
ands werden den Weg zur Demokratie mit unserer Hilfe
inden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich komme zum Schluss, meine Damen und Herren.
o immer man hinreist, überall spürt man: Deutschland

enießt hohes Ansehen als verlässlicher politischer Part-
er, als wirtschaftliches Schwergewicht. Ich habe in die-
er Rede viel von Transformation gesprochen und von
em Interesse, das wir daran haben, Stabilität und Frie-
en zu befördern. Zur politischen Gestaltung der Globa-






(A) )



(B) )


Bundesminister Dr. Frank-Walter Steinmeier
lisierung gehört aber auch ein waches Auge für die
kulturelle Dimension dieses Vorgangs. Gerade der Kari-
katurenstreit hat uns den Blick geschärft für die immense
Sprengkraft, die Fragen nach den kulturellen Identitäten
entfalten können. Deswegen will ich abschließen mit ei-
nem Plädoyer für die Bedeutung der deutschen auswär-
tigen Kulturpolitik. Gerade in einer globalisierten Welt
ist Kultur mehr als eine Feierabendbeschäftigung oder
ein Mittel zur Markierung feiner sozialer Distinktionen.
Kultur und Sprache sind das Medium, in dem sich Men-
schen und Völker begegnen oder aber verfehlen. Sie sind
die Grundlage für politische Verständigung und wirt-
schaftlichen Austausch. Wer die Chancen der Globalisie-
rung nutzen will, darf deshalb diese kulturelle Grund-
dimension nie vergessen.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1602803200

Nächster Redner ist der Kollege Dr. Werner Hoyer,

FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Werner Hoyer (FDP):
Rede ID: ID1602803300

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Nach sieben Jahren rot-grüner Außenpolitik unter
Schröder war einiges an Nachjustierung, an Neuorientie-
rung fällig. Das hat die Bundeskanzlerin in den letzten
Monaten teilweise in wirklich beachtlicher Weise hinbe-
kommen. Mein Parteivorsitzender Guido Westerwelle
hat das vorhin gewürdigt. Dem schließe ich mich an. Das
war erforderlich und das war erfolgreich.

Ich möchte darauf nicht im Einzelnen eingehen, son-
dern nur einen Aspekt herausstellen. Die Situation in
Bezug auf Russland war besonders schwierig, weil
manche erwartet hatten, jetzt, da die schrödersche Ka-
meraderie von einem neuen Politikansatz abgelöst ist,
werde gewissermaßen der russlandpolitische Rollback
stattfinden. Genau der hat nicht stattgefunden. Es war
auch richtig, dass er nicht stattgefunden hat. Vielmehr ist
deutlich geworden, dass es möglich ist, unser Interesse
an einer Zusammenarbeit mit diesem wichtigen strategi-
schen Partner Russland, nicht nur dem Energielieferan-
ten, in Übereinstimmung mit unserer klaren Positionie-
rung in Menschenrechtsfragen und mit unserer
Auffassung über die nicht erfreuliche Entwicklung der
Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit in Russland zu

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1602803400

Chapeau!


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Mein Kollege Markus Löning und mein Kollege
Harald Leibrecht werden noch auf Weißrussland und die
Ukraine eingehen. Ich will mich daher bei diesem
Thema beschränken. Aber ich finde es schon bedenklich
und indikativ für das, was in Russland vorgeht, wie Prä-
sident Putin den Wahlausgang in der Ukraine kommen-
tiert hat. Das bekräftigt unsere Bedenken.

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(C (D (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch in
ashington ist es gelungen, neue Akzente zu setzen, und

war ohne dass man darauf verzichtet hat, klare Worte
azu zu finden – ich glaube, diese Auffassung wird in
iesem Hause im Großen und Ganzen voll geteilt –, dass
s in der amerikanischen Politik Fehlentwicklungen gibt.
ie klaren Worte zu Guantanamo Bay im Vorfeld Ihrer
eise waren fällig und gut.


(Beifall bei der FDP)


Ich will diese Bilanz nicht fortsetzen, zumal ich bei
er Europapolitik sagen müsste, dass der Erfolg, der in
rüssel im Dezember erreicht worden ist, teuer erkauft
orden ist. Darüber wird an anderer Stelle noch zu reden

ein. Insgesamt finde ich es richtig, dass gerade aufgrund
es anderen Umgangs mit unseren kleinen und mittleren
artnern, auch den neuen in der Europäischen Union,
eutlich geworden ist, dass von Deutschland aus – ge-
ade angesichts der Präsidentschaft im nächsten Jahr, auf
ie viele in Europa große Hoffnungen setzen – ein Neu-
eginn in einer Situation erfolgt, in der eigentlich eine
roße Griesgrämigkeit bezüglich des europäischen Inte-
rationsprozesses herrscht und in der manche viel zu
rüh, wie ich finde, den Verfassungsprozess für beendet
rklären wollen.

Der Außenminister hat bisher wenig Gelegenheit ge-
abt, seine Markierungen zu setzen. Er hat zugegebener-
aßen auch Pech gehabt. Wer sich in den ersten Mona-

en seiner Amtszeit mit schlimmen Entführungsfällen
nd ähnlichen Themen, die eher mit der Vergangenheit
u tun haben als mit Zukunft und Gegenwart, beschäfti-
en musste, kann nicht so ohne weiteres die neuen
eichenstellungen vornehmen. Ich möchte im Übrigen

agen, dass ich das, was das Auswärtige Amt im Zusam-
enhang mit den Entführungsfällen geleistet hat und ge-

enwärtig in dem akuten Entführungsfall leistet, hoch
nerkenne. Sowohl das Auswärtige Amt als auch die be-
eiligten Sicherheitsbehörden leisten Tag und Nacht eine
roßartige Arbeit. Selbstverständlich hoffen wir, dass
as gut ausgeht.


(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD)


Herausforderungen, um einen außenpolitischen Stem-
el aufzudrücken, gibt es in der nächsten Zeit reichlich.
er Minister hat sie angesprochen. Bei einer so langen
ede kann man nicht alles kommentieren. Ich möchte
ur sagen, dass es in Bezug auf Israel und Palästina jetzt
ine Hoffnung gibt. Ich hoffe übrigens auch, dass wir in
er Frage des Umgangs mit einem Gesprächspartner, der
ußerungen macht, die für uns völlig inakzeptabel sind,

ine Lernkurve zeigen. Hoffentlich brauchen wir heute
icht so lange, wie es seinerzeit gedauert hat, bis wir
um Beispiel mit der PLO einigermaßen gesprächsfähig
aren. Nur, eines muss klar sein: An dem Recht Israels

uf gesicherte Existenz als jüdischer Staat darf es keinen
weifel geben.


(Beifall im ganzen Hause)







(A) )



(B) )


Dr. Werner Hoyer
Zum Thema Iran. Angesichts der völlig unerträgli-
chen Äußerungen des iranischen Staatspräsidenten über
Israel, über den Holocaust und über Antisemitismus lässt
sich sagen – man kann fast von einem direkten Übergang
sprechen –: Hier wird noch eine riesige Herausforderung
zu bewältigen sein. Die Bundesregierung bemüht sich
darum. Ich wünsche Ihnen für die Konferenz der P 5, die
hier in Berlin in den nächsten Tagen mit Vertretern der
EU und Deutschlands stattfinden wird, viel Erfolg.

Bei aller Klarheit der bisherigen Verhandlungsstrate-
gie müssen wir uns auch darüber im Klaren sein, dass
wir nicht nur denjenigen, die gegenwärtig im Iran regie-
ren, Angebote machen müssen – sie sind in dem bisheri-
gen Verhandlungsprozess übrigens teilweise in beachtli-
cher Form gemacht worden –, sondern auch denjenigen
Menschen im Iran – ich denke an die große junge Gene-
ration; ihre Angehörigen sind gut ausgebildet und sehr
stark westlich orientiert –, die mit uns nur zu gern zu-
sammenarbeiten würden. Interessanterweise teilen diese
Menschen in der Nuklearfrage eher die Position des Prä-
sidenten als unsere.

Der Minister hat es gerade angesprochen: Angesichts
dessen ist die Entwicklung des amerikanisch-indischen
Nukleardeals so problematisch. Zumindest was das
Timing angeht, war die Botschaft falsch. Nicht nur Herr
Tharoor redet das schön, sondern auch Herr al-Baradei
hat sich dazu positiv geäußert, weil das Geschäft trans-
parenter wird. Betrachtet allerdings ein völlig unbefan-
gener Iraner diese Angelegenheit, so erhält er die Bot-
schaft: Das, was in unserer Umgebung zu sehen ist,
zeigt, dass man über Nuklearmaterial verfügen muss, um
in dieser Welt ernst genommen zu werden. Wenn das so
läuft, dann ist das doch nicht in unserem Interesse.


(Beifall im ganzen Hause)


Deutschland hat ein für allemal auf eine nukleare Op-
tion militärischer Art verzichtet. Dabei muss es auch blei-
ben. Auch unser Ansatz muss es sein, durch eine konse-
quente Abrüstungs- und Nonproliferationspolitik dafür
zu sorgen, dass diejenigen, die sich auch für die Zukunft
ganz bewusst als Habenichtse im nuklearen Sinne definie-
ren, für andere Länder, die möglicherweise in Versuchung
geraten, eine Perspektive darstellen.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der SPD)


Herr Minister, ich würde es deswegen sehr begrüßen,
wenn die Bundesregierung eine Initiative zur Wahrung
der Interessen und zur Entwicklung einer Perspektive für
die Nichtnuklearmächte starten würde. Ich denke,
Deutschland ist ein glaubwürdiger Partner, nicht nur für
den Iran, sondern auch für viele andere Teile in der Welt,
die sich die Frage stellen, ob sie auf die nukleare Option
nicht verzichten könnten.

Wenn es im Zusammenhang mit der Klärung der Iran-
frage nicht gelingt, dieses Thema einzudämmen, dann
stehen wir vor einem Scheitern der Nonproliferationspo-
litik und vor einem gigantischen neuen Rüstungswett-
lauf.

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(C (D (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Ich möchte noch etwas zum Kongo sagen; denn diese
rage bewegt uns alle sehr. Die Freien Demokraten wer-
en sich dieses Thema mit Sicherheit nicht leicht ma-
hen. Das ist eine ganz schwierige Abwägung. Keiner
ird es sich leicht machen. Ich wehre mich dagegen,
ass der Eindruck erweckt wird, hier werde nicht abge-
ogen. Natürlich gibt es ein ganz starkes menschen-

echtliches, ein entwicklungspolitisches Interesse. Es
ilt, Glaubwürdigkeit in Sachen Afrikapolitik zu vertei-
igen. Das ist gar keine Frage.

Wenn es darum geht, einen militärischen Einsatz zu
efürworten, dann steht dem – gewissermaßen im clau-
ewitzschen Sinne – die Beantwortung einiger Fragen
ntgegen:

Erstens. Was ist das politische Ziel, das erreicht wer-
en soll? Wie kann man die Zielerreichung messen?

Zweitens. Was ist das militärische Ziel, dessen Errei-
hung dazu beitragen kann, das politische Ziel zu errei-
hen?

Drittens. Wie kommt man wieder heraus?

Wir haben sehr viele Fragen gestellt. Weder im Aus-
ärtigen Ausschuss – dort hatten wir ganze 27 Minuten
eit dafür – noch im Verteidigungsausschuss – er war
nlängst in Brüssel – sind diese Fragen beantwortet wor-
en. Es ist deutlich geworden, wie stümperhaft dieser
ögliche Einsatz bisher sowohl in Berlin als auch in
rüssel vorbereitet worden ist.


(Beifall bei der FDP)


Was sind das eigentlich für Konfliktparteien, mit de-
en wir es dort zu tun haben und von denen wir erwar-
en, dass sie das Wahlergebnis akzeptieren? Präsident
abila hat die Richtigkeit dieses Ergebnisses nach lan-
em Zögern eingeräumt. Gelten seine Zusagen auch in
ezug auf die anderen, die dort kandidieren? Amnesty

nternational und Human Rights Watch behaupten, dass
in Vizepräsident dieses Landes – er hat dort kandi-
iert – sich schwerste Menschenrechtsverletzungen hat
uschulden kommen lassen. Kann es eigentlich sein,
ass wir – wenn er die Wahlen gewinnt – ein solches
ahlergebnis mit unseren Soldaten militärisch absi-

hern? Das ist eine ziemlich heikle Frage. Der Hinweis
uf Demokratie und Wahlprozess allein kann in einer
olchen Frage nicht entscheidend sein.


(Beifall der Abg. Monika Knoche [DIE LINKE])


arüber muss diskutiert werden.

Dann fragt man sich: Ist die Bundesregierung mögli-
herweise in eine selbst gebaute Falle gelaufen, als sie
unächst nach einer Internationalisierung gerufen hat?
achher hat sie gemerkt: Das Einzige, was es dann da
ibt, ist die EU-Battle-Group und die besteht nur aus
eutschen.

Die Frage ist auch: Sollen das eigentlich Abschre-
kungsaktivitäten sein oder geht es letztlich darum, für






(A) )



(B) )


Dr. Werner Hoyer
den Fall, dass etwas schief geht, eine Evakuierung vor-
zubereiten? Sollen die paar Hundert Soldaten, die tat-
sächlich vor Ort sein werden, in der Lage sein, eine sol-
che Abschreckung zu gewährleisten? Was ist das
eigentlich für ein Konzept, das dahintersteht? Was ist das
für eine Denke? Wenn man mit französischen Kollegen
darüber spricht und sie fragt, ob es nicht ein ziemlich ab-
gestandenes postkoloniales Gehabe sei, zu sagen:
„Hauptsache, es sind ein paar Hundert weiße Europäer
da; dann ist dort schon Ruhe“, bekommt man ohne wei-
teres die Antwort: Ja, das ist nun mal eben so. – Unsere
Denke im Zusammenhang mit Afrika war das bisher
nicht. Bis vor kurzem haben wir in jeder Rede zu diesem
Thema den Begriff „African Ownership“ gehört.


(Beifall der Abg. Monika Knoche [DIE LINKE])


Das scheint gegenwärtig nicht mehr en vogue zu sein.

Weitere Fragen sind: Wie verhalten wir uns eigentlich
gegenüber MONUC? Wie ist da der Zusammenhang or-
ganisiert? Werden wir tatenlos zusehen, wenn MONUC
in Schwierigkeiten gerät und die europäischen Kräfte
helfen könnten?

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es sind sehr
viele Fragen offen. Vor allem aber ist die Frage: Sind wir
nicht längst auf einer schiefen Ebene, weil die zeitliche,
quantitative und inhaltliche Eingrenzung dieses Einsat-
zes längst auch von Mitgliedern der Bundesregierung
und der Koalition selbst infrage gestellt wird?


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1602803500

Herr Kollege, Sie reden ein bisschen zulasten Ihrer

Kollegen.


Dr. Werner Hoyer (FDP):
Rede ID: ID1602803600

Ich bin mit meiner Rede auch durch, Frau Präsidentin.

Ich möchte nur noch darauf hinweisen, dass von der
FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag eine Zustim-
mung – nach sorgfältiger Abwägung – erst dann erwartet
werden kann, wenn diese Fragen und die Fragen, die wir
in den Ausschüssen gestellt haben, befriedigend beant-
wortet worden sind.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP – Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann werdet ihr Weihnachten zustimmen! – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bis Weihnachten!)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1602803700

Das Wort hat der Kollege Eckart von Klaeden, CDU/

CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Eckart von Klaeden (CDU):
Rede ID: ID1602803800

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kolle-

gen! Der Kollege Hoyer hat gerade den bevorstehenden
Einsatz der Bundeswehr im Kongo angesprochen. Herr

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(C (D ollege Hoyer, ich habe Verständnis dafür, dass Sie iele kritische Fragen stellen; wir betreten dort in gewiser Weise auch Neuland. Ich habe ebenfalls Verständnis afür, dass Sie Wert darauf legen, dass alle diese Fragen n den zuständigen Ausschüssen sorgfältig besprochen erden. Aber kein Verständnis habe ich dafür, dass Ihr räsidium beschließt, das bisherige Verhalten der Bunesregierung in dieser Frage sei verfassungswidrig geesen. Das ist nun wirklich grober Unsinn. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


as scheint mir der Versuch gewesen zu sein, vor den
andtagswahlen am letzten Sonntag aus einem außenpo-

itischen Thema noch einmal Profit zu schlagen. Wenn
ie das mit der Verfassungswidrigkeit des Verhaltens der
undesregierung bei den Verhandlungen auf europäi-

cher Ebene tatsächlich ernst meinen würden, dann wäre
ie letzte Konsequenz daraus, dass die Bundesrepublik
eutschland nicht mehr bündnisfähig ist.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Dr. Werner Hoyer [FDP]: Das ist eine verfassungspolitische Frage!)


Jeder weiß – die Bundesregierung weiß es; ich selbst
in in Brüssel gewesen und habe mit Javier Solana über
iese Frage gesprochen –, dass ein Einsatz der Bundes-
ehr im Kongo natürlich unter dem Parlamentsvorbehalt

teht. Das Verfassungsgericht hat deutlich gemacht – das
rgibt sich aber auch aus dem Parlamentsbeteiligungsge-
etz selbst –, dass es der Bundesregierung selbstver-
tändlich möglich sein muss, entsprechende Vorbereitun-
en oder Verabredungen in internationalen Gremien, im
ahmen der NATO, im Rahmen der Europäischen
nion, zu treffen. Wenn das nicht mehr möglich sein

ollte, dann wären wir in der Tat nicht mehr bündnisfä-
ig.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Die Außenpolitik der Bundesregierung steht unter der
berschrift „Kontinuität und Wandel“. Wenn man an
ie zum Teil erbitterten Auseinandersetzungen zurück-
enkt, die wir in den letzten Monaten und Jahren über
ragen der Außen- und Sicherheitspolitik geführt haben,
ag sich der eine oder andere darüber wundern, wie har-
onisch und erfolgreich die neue Bundesregierung ar-

eitet. Zu diesem außerordentlich guten Start in der Au-
en- und Sicherheitspolitik will ich im Namen meiner
raktion Bundeskanzlerin Merkel, aber auch Außenmi-
ister Steinmeier sehr herzlich gratulieren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da ist er wieder, der Primus, der Klassenprimus!)


Die Außenpolitik der Bundesregierung ist davon ge-
rägt, dass das transatlantische Verhältnis wieder zu
inem Vertrauensverhältnis geworden ist. Die Bundesre-
ierung hat deutlich gemacht – die Bundeskanzlerin hat
ies in ihrer Rede in München getan –, dass die NATO
ieder zum zentralen Ort des transatlantischen Dialogs
erden soll, dass man dort diskutieren, gemeinsam ent-






(A) )



(B) )


Eckart von Klaeden
scheiden und schließlich auch gemeinsam handeln will.
Die Überlegungen bezüglich einer Achse Paris-Berlin-
Moskau sind ad acta gelegt. Beide Partner der großen
Koalition legen Wert darauf, dass gerade im Hinblick auf
unsere Russlandpolitik die kleineren Partner, vor allem
aus Mittel- und Osteuropa, einbezogen werden. Deswe-
gen freue ich mich, dass das Instrumentalisieren außen-
politischer Fragen für innenpolitische Zwecke ein Ende
hat.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Die Kontinuität besteht insbesondere aus vier Ele-
menten: die Einigung Europas, die transatlantische
Werte- und Interessenpartnerschaft, unsere Verantwor-
tung gegenüber Israel und die Verpflichtung, in interna-
tionalen Organisationen wie den Vereinten Nationen zu-
sammenzuarbeiten und diese Organisationen zu stärken.

Gleichzeitig ist unsere Außenpolitik aber einem Wan-
del ausgesetzt. Wir stehen vor neuen Herausforderun-
gen: Globalisierung, transnationaler Terrorismus, Ausei-
nandersetzung mit den Modernisierungskonflikten in der
islamischen Welt, der Aufstieg neuer Mächte wie Indien
und China, der Versuch anderer Mächte, alte Macht zu-
rückzugewinnen – ich erinnere hier insbesondere an
Russland –, die Energiepolitik, die Anfang des Jahres
endlich auch als Teil der Außenpolitik auf die deutsche
Agenda gekommen ist und nicht mehr nur aus dem
Blickwinkel der Wirtschaft und der Ökologie betrachtet
wird, die demografische Entwicklung, auch im interna-
tionalen Zusammenhang, die Rückkehr der Nuklearpoli-
tik als ein Faktor der internationalen Politik sowohl in
ziviler wie auch in militärischer Hinsicht – über die
Frage des iranischen Nuklearprogramms hat der Außen-
minister gerade gesprochen; ich lobe ausdrücklich den
Verhandlungsstil der Bundesregierung im Rahmen der
EU 3 – und schließlich die Fortsetzung der Freiheits-
und Selbstbestimmungsbestrebungen, die wir schon seit
Jahrzehnten beobachten können, die in den Jahren 1989
und 1990 durch die Überwindung der Teilung von Jalta
erfolgreich waren und die sich jetzt fortsetzen in der
Ukraine, in Georgien und auch in Weißrussland; dazu
wird der Kollege Grund später noch etwas sagen.

Wir brauchen also eine strategische Debatte über
Kontinuität und Wandel in unserer Außen- und Sicher-
heitspolitik. Wir müssen deutlich machen, wie wir die
Prinzipien und die Kontinuität, die ich zu Anfang be-
schrieben habe, mit den Herausforderungen durch den
Wandel, der sich in der Welt vollzieht, verbinden. Wir
haben unsere Außen- und Sicherheitspolitik in den letz-
ten Jahren seit der Wiedervereinigung zu sehr vernach-
lässigt. Wir sind als Deutsche zu sehr selbst- und gegen-
wartsbezogen gewesen. Nun besteht die Möglichkeit,
den guten Start der neuen, großen Koalition dazu zu nut-
zen, eine Standortbestimmung unserer Außenpolitik vor-
zunehmen und die Kontinuität mit dem Wandel und des-
sen Herausforderungen zu verbinden.

Da stellt sich zunächst einmal die Frage, wie wir das
Verhältnis zu den Vereinigten Staaten gestalten und
die transatlantischen Beziehungen verbessern. Auf die
Einbeziehung der NATO habe ich schon hingewiesen.
Es ist ein historischer Fehler, zu glauben, unsere Verbin-

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(C (D ung zu den Vereinigten Staaten sei vor allem eine Konequenz des Kalten Krieges. Es ist die Konsequenz weier Weltkriege, dass wir als Deutsche unseren Weg in ie Völkergemeinschaft an der Seite der Vereinigten taaten gesucht haben, dass Deutschland und Europa al ein zu schwach sind, um eine weltpolitische Rolle spieen zu können. Diese Lehre haben wir zuletzt ziehen üssen, als es um die Auseinandersetzung um den Irak rieg gegangen ist. Ich will hier nicht darüber sprechen, ob die Ablehung des Irakkrieges richtig gewesen ist. ichtig ist mir in diesem Zusammenhang der Punkt, ass es falsch gewesen ist, zu versuchen, Europa als ein egengewicht zu den Vereinigten Staaten zu profilieren. (Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt kneifen Sie hier! Den Kopf in den Sand stecken, das können Sie!)


(Lothar Mark [SPD]: Das war richtig!)


as ist die Lehre, die wir als Europäer zu ziehen haben;
enn das hat Europa gespalten. Aber auch die Vereinig-
en Staaten haben ihre Lehre aus der Auseinanderset-
ung um den Irakkrieg gezogen. Sie wissen jetzt, dass
ie auf Bündnispartner angewiesen sind, dass es keine
oolboxmentalität geben darf, dass man nicht eine
oalition of the Willing durchsetzen kann, sondern in
en bewährten Bündnissen und insbesondere in der Zu-
ammenarbeit mit den europäischen Bündnispartnern
afür sorgen muss, dass man zu guten Ergebnissen
ommt.


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben die Lage falsch eingeschätzt, das war alles!)


azu gehört für uns insbesondere die Frage, wie wir uns
ls Bündnispartner der Vereinigten Staaten profilieren
önnen, wie wir dafür sorgen können, dass die Amerika-
er auf uns angewiesen sind.

Es geht kein Weg an der Weiterentwicklung eigener
ähigkeiten und Kompetenzen vorbei. Dazu gehört
ben auch die Weiterentwicklung der Gemeinsamen Au-
en- und Sicherheitspolitik und ihres militärischen
tandbeins, der Europäischen Sicherheits- und Verteidi-
ungspolitik. Wir müssen dafür sorgen, dass sich NATO
nd EU stärker ergänzen und nicht gegeneinander einge-
etzt werden.

Wir müssen auch ein Interesse daran haben, dass das
erlin-Plus-Abkommen stärker mit Leben erfüllt wer-
en kann. Wir sehen, dass diese Zusammenarbeit in Bos-
ien ein großer Erfolg ist. Aber wir wissen auch, dass es
n der NATO auf den Widerstand der Türkei trifft und
ass auf europäischer Seite die Franzosen und die Grie-
hen dieser Zusammenarbeit skeptisch gegenüber ste-
en.

Wenn die Türkei Mitglied der Europäischen Union
erden will, muss sie beweisen, dass sie diesen euro-

ransatlantischen Ansatz unterstützt. Sie muss dafür sor-
en, dass die gemeinsame Zusammenarbeit im Rahmen
es Berlin-Plus-Abkommens mit Leben erfüllt werden






(A) )



(B) )


Eckart von Klaeden
kann. Die Forderung nach einer verstärkten Zusammen-
arbeit gilt, wie gesagt, auf NATO-Ebene für die Türkei
und genauso auf europäischer Ebene – auch das will ich
ganz deutlich sagen – für Frankreich.

Die euro-transatlantische Politik nach 1990 ist enorm
erfolgreich gewesen. Wir wollen und müssen diese Er-
folge fortsetzen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wer heute einmal seinen Blick auf den Balkan richtet
und sich vor Augen führt, welche Situation wir dort da-
mals vorgefunden haben – Genozid, Kriege, Massengrä-
ber –, und wer heute sieht, wie sich die Gesellschaften
und Staaten auf dem Balkan nach und nach in Richtung
mehr Demokratie und mehr Rechtsstaatlichkeit transfor-
mieren, der kann wirklich von einem großen Erfolg spre-
chen. Selbst die 80 000 Menschen, die zum Begräbnis
von Milošević in Belgrad von der dortigen Sozialisti-
schen Partei zusammengekarrt worden sind, sind doch
eher ein Beweis für den Erfolg als für das Gegenteil.

Es ist diese euro-transatlantische Perspektive, die die-
sen Ländern Stabilität gegeben hat. Deswegen müssen
wir trotz aller Fragen, wie es mit der Erweiterung so-
wohl im Hinblick auf die NATO als auch auf die Euro-
päische Union weitergeht, diese Perspektive fortentwi-
ckeln. Ich habe großes Verständnis dafür, dass wir über
die Frage der Vertiefung innerhalb der Europäischen
Union sprechen müssen. Aber wir dürfen diese euro-
päisch-transatlantische Perspektive für die betroffenen
Länder nicht aufgeben.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was denken Sie denn im Fall der Türkei, Herr von Klaeden?)


Sie ist die Grundlage dafür, dass die demokratische Ent-
wicklung in diesen Ländern erfolgreich fortgesetzt wird.
Es ist unsere gemeinsame Verpflichtung, diesen Weg
weiterzugehen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Diese Perspektive, die Heranführung an die Europäi-
sche Union und eine mögliche Mitgliedschaft in der
NATO, gilt eben auch für die Ukraine. Der Ukraine
kommt aufgrund ihrer Größe, ihrer geostrategischen
Lage und ihrem Potenzial eine besondere Bedeutung zu,
die wir in den zurückliegenden Jahren nicht ausreichend
gewürdigt haben. Deswegen haben wir ein großes Inte-
resse am Gelingen des Transformationsprozesses. Wir
würden unsere eigenen Prinzipien verraten, wenn wir die
Ukraine auf diesem Weg nicht unterstützen würden.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Zuruf von der LINKEN: Was heißt das?)


Das heißt zum Beispiel, dass wir alle Bitten aus der
Ukraine beachten sollten. Dazu gehören die Ausbildung
von Richtern, mit denen wir die Entwicklung zur
Rechtsstaatlichkeit unterstützen, und der Aufbau von
wirtschaftlichen Beziehungen. – Wir sollten der Ukraine

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(C (D lso all die Unterstützung zuteil werden lassen, die für en Transformationsprozess erforderlich ist. (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Richter kriegen ein Visum?)


ieses Projekt wird erfolgreich sein, wenn wir es auf
reundschaftlicher Basis und in enger Abstimmung mit
er Europäischen Union verfolgen.

Es ist ebenfalls wichtig, darauf hinzuweisen, dass die
ransformation der Ukraine und auch anderer Nachbar-
taaten nicht gegen Russland gerichtet ist. Wir müssen
uch sagen, dass die Beziehungen zu Russland davon
bhängen, wie glaubwürdig sich Russland verhält, wenn
s um die Beachtung der Prinzipien des Europarates
eht. Ich denke da vor allem an den Umgang mit den ei-
enen Nachbarn und an die Frage, ob Russland Rechts-
taatlichkeit und Demokratiebewegung unterstützt oder
her ein Hindernis dafür darstellt.

Es geht auch – auch dieser Punkt gehört dazu – um
ie innenpolitische Entwicklung in Russland. Die letzten
ignale, die wir von dort empfangen haben, haben uns
icht hoffnungsfroh gestimmt. Deswegen, Frau Bundes-
anzlerin, meinen herzlichen Dank dafür, dass Sie in der
otschaft in Moskau Mitglieder der Bürgerrechtsbewe-
ung und der Opposition empfangen haben.

Wir müssen alles dafür tun, Russland auf seinem Weg
u mehr Demokratie und mehr Rechtsstaatlichkeit zu un-
erstützen. Ich glaube, dass das letztlich auch im Inte-
esse Russlands, insbesondere im wirtschaftlichen Inte-
esse Russlands, ist. Denn Rechtsstaatlichkeit ist auch
in enormer Standortfaktor. Investitionen in Russland
nd in anderen Transformationsländern werden sich
angfristig nur dann lohnen können, wenn man sich dort
uf rechtsstaatliche Verfahren verlassen kann.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Die Herausforderung, die vom Iran ausgeht, ist schon
om Außenminister angesprochen worden. Auch dort
eigt sich, dass die enge Kooperation zwischen Europa,
en EU 3, und den Vereinigten Staaten bisher erfolgreich
ewesen ist. Es hat immer wieder die Gefahr gegeben,
ass der Iran mit seinem Versuch, die P 5 im Sicherheits-
at voneinander oder die europäischen Drei von den Ver-
inigten Staaten zu trennen, Erfolg haben würde. Die
este gemeinsame Überzeugung auf beiden Seiten des
tlantiks, auf europäischer Seite und auf amerikanischer
eite, hat dazu geführt, dass der Iran mit seinen Bemü-
ungen bisher nicht erfolgreich gewesen ist. Ich be-
rüße, dass es im UN-Sicherheitsrat wohl zu einer so ge-
annten präsidentiellen Erklärung kommen wird. Das ist
in gutes Zeichen. Wir müssen auf dem Weg weiterge-
en, eine diplomatische Lösung zu suchen. Denn ein mi-
itärisches Nuklearprogrammm des Irans ist für uns unter
einen Umständen akzeptabel.

Es ist der Iran gewesen – um daran zu erinnern –, der
nternationales Vertrauen verletzt und internationale Ver-
räge gebrochen hat. Die Europäische Union und die
ereinigten Staaten haben dem Iran immer wieder gol-
ene Brücken gebaut. Es ist nicht zuletzt die barbarische
prache des iranischen Präsidenten Ahmadinedschad Is-






(A) )



(B) )


Eckart von Klaeden
rael gegenüber, die uns zeigt, dass wir dort eine beson-
dere Verantwortung tragen. Deswegen ist es nicht zuletzt
zur Stärkung der Vereinten Nationen wichtig, dass wir
zusammenbleiben und unsere Interessen entschlossen
vertreten.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Das Erfordernis eines Zusammenspiels und der Koor-
dination zwischen Europa und den Vereinigten Staaten
gilt nicht zuletzt für den Nahostfriedensprozess. An
dieser Stelle möchte ich auch im Namen meiner Fraktion
Ehud Olmert ganz herzlich zu seinem Wahlsieg gratulie-
ren.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Beeindruckend ist für mich vor allem, dass er unmittel-
bar nach der Wahl angekündigt hat, neue Friedensge-
spräche mit den Palästinensern aufzunehmen, und ange-
deutet hat, dass er in diesem Zusammenhang zu
Zugeständnissen bereit ist. Das ist der Weg, auf dem wir
jetzt weitergehen müssen.

Auch bei meinen Gesprächen in Brüssel habe ich er-
fahren, dass es im Hinblick auf den Nahostfriedenspro-
zess noch nie eine so starke Übereinstimmung zwischen
der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten ge-
geben hat, wie es derzeit der Fall ist. Das gilt insbeson-
dere für die Aufstellung der Kriterien, was die Zusam-
menarbeit mit der Hamas angeht. Diese Kriterien hat die
Bundeskanzlerin Ende Januar bei ihrem Besuch in Israel
betont. Auch hier zeigt sich, dass die Kooperation zwi-
schen Amerika und Europa neue Früchte trägt bzw. tra-
gen kann.

Der letzte Punkt, den ich ansprechen möchte, ist die
Zusammenarbeit in den Vereinten Nationen und die
Weiterentwicklung der Vereinten Nationen. Wir müssen
alles dafür tun, um die Vereinten Nationen zu stärken.
Wir müssen sehen, dass wir das Völkerrecht in den Ver-
einten Nationen weiterentwickeln. Die Kanzlerin hat bei
ihrem Besuch der Vereinigten Staaten in Washington
entsprechende Anmerkungen dazu gemacht. Wir müssen
erkennen, dass die Vereinten Nationen das Forum sein
müssen, in dem wir versuchen, soweit es geht, globale
Verantwortung wahrzunehmen, und in dem wir uns für
die Durchsetzung von Demokratie, Menschenrechten
und Rechtsstaatlichkeit einsetzen.

Wenn wir einen Blick nach Afghanistan werfen, so
stellen wir fest, dass sich dort Staaten wie Australien und
Neuseeland engagieren und PRTs mit aufbauen. Das
sind gute Beispiele. Sie zeigen, dass globale Verantwor-
tung eben nicht regional begrenzt ist, sondern es ein we-
sentlicher Auftrag ist, gemeinsam für Demokratie und
Rechtsstaatlichkeit einzutreten und gemeinsam im Rah-
men der Vereinten Nationen dafür zu sorgen, dass es
nicht zu weiteren Failing States kommt.

Das gilt auch für unsere Verantwortung, die wir in
Afrika wahrzunehmen haben. Dazu gehört aber auch,
dass wir uns strategisch auf diese neuen Herausforderun-
gen einstellen, dass wir uns selber nicht in eine Situation
bringen, in der wir den Eindruck haben, Getriebene der

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(C (D ntwicklung zu sein, und dass wir unsere eigenen strateischen Interessen definieren und nach diesen handeln. as wird die Aufgabe der Außenund Sicherheitspolitik n den nächsten Jahren sein. Vielen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1602803900

Nächste Rednerin ist die Kollegin Monika Knoche,

raktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Monika Knoche (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1602804000

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine werten Herren

nd Damen Abgeordnete! Ich möchte mich zunächst
erne an Sie wenden, Herr Dr. Hoyer.


(Dr. Werner Hoyer [FDP]: Das ist immer gut!)


ir haben Ihre letzten Ausführungen zum Kongo sehr
ut gefallen. Wer sich das EU-Mandat genau anschaut,
ann sich angesichts der Zusammensetzung der Forma-
ion des Eindrucks nicht erwehren, dass die ehemaligen
uropäischen Kolonialmächte in Afrika wieder präsent
ind. Was wir auf gar keinen Fall akzeptieren können,
eder wir Linke noch der Deutsche Bundestag – ich
enke, hier spreche ich im Interesse der Menschen in der
esamten Bundesrepublik –, ist eine neokoloniale Politik
n Afrika. Das muss auf jeden Fall vermieden werden.


(Beifall bei der LINKEN – Markus Löning [FDP]: Ihre Leute waren schon immer dafür, Völkermord gewähren zu lassen!)


ch denke, der eleganteste, der beste, der politisch kor-
ekteste Weg wäre es, deutsche Soldaten gar nicht erst
orthin zu schicken.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich möchte jetzt den Zusammenhang herstellen und
ufgreifen, was der Außenminister an den Anfang seiner
ede gestellt hat. Sie haben von der Globalisierung ge-

prochen. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren,
ass die Menschen – auch durch die deutsche Politik –
rfahren, dass die Globalisierung latent immer ein krie-
erisches, nicht friedliches Unterfangen sein wird. Wir
ehen, dass sich die Interessen in Afrika auf den Sudan
nd jetzt auch auf den Kongo konzentrieren. Wir haben
rlebt, dass der Kampf gegen den Terror in einer globali-
ierten Welt in Afghanistan zu einem Krieg geführt hat.
ie Antworten auf die Globalisierung fallen aber auf an-
eren Kontinenten völlig anders aus als in Deutschland.
chauen wir uns zum Beispiel den postneoliberalen Pro-
ess in Lateinamerika an! Das ist eine Antwort auf die
lobalisierung, mit der man sich gegen den Verlust

taatlicher Sicherungssysteme und für die Beibehaltung
er Ressourcenwahrung in nationaler Hand ausspricht.


(Beifall bei der LINKEN)


an ist dort aus Erfahrung gegen die Privatisierung. Ich
ann nicht verstehen, warum in der Rede des Außen-






(A) )



(B) )


Monika Knoche
ministers kein einziges Wort zu dem Kontinent Latein-
amerika gefallen ist.


(Beifall bei der LINKEN)


Das muss doch allmählich in unseren Fokus aufgenom-
men werden, wenn wir über diese weltweiten Fragestel-
lungen sprechen.


(Markus Löning [FDP]: Sie können ja Castro und seine Menschenrechtspolitik noch ein bisschen loben!)


– Ich hätte nichts dagegen, wenn Sie sich über die de-
mokratischen und zivilen Errungenschaften in Kuba Ge-
danken machen würden. Manches Bild, das Sie zeich-
nen, würde sich angesichts der Realität nicht mehr
behaupten können. Da bin ich mir sehr sicher.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich möchte jetzt aber keine Rede über Kuba oder La-
teinamerika halten. Wir werden, wenn der EU-Gipfel in
Wien stattfindet, sicherlich noch über unsere Position zu
Lateinamerika sprechen können.

Ich halte es allerdings für sehr wichtig, dass sich die-
ses Haus Gedanken darüber macht, wie in dieser globali-
sierten Welt die Reform der UNO und des UN-Sicher-
heitsrates aussehen wird. Wir haben schon gelegentlich
unsere Vorstellung transportiert, dass in einem refor-
mierten UN-Sicherheitsrat Lateinamerika unbedingt ei-
nen Sitz haben muss und dass es erforderlich ist, dass
auch Afrika mit einer eigenen Stimme spricht. Das zeigt
sich jetzt besonders deutlich, da die Afrikanische Union
in der Frage des Kongos sozusagen übergangen worden
ist.


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Das ist doch dummes Zeug!)


Die UNO hat sich in dieser Sache an die EU-Ebene ge-
wandt. Nun muss Solana in den Kongo reisen, um
Kabila davon zu überzeugen, dass er europäisches Mili-
tär zur Sicherung der Wahlen braucht.

Es bedarf unbedingt einer Veränderung unseres
Blicks auf die Welt, um die neue eine Welt als einen
friedlichen Prozess zu begreifen, der die Demokratisie-
rung und die Gleichheit aller zum Ziel hat und dies mit
friedlichen Mitteln durchsetzt.


(Beifall bei der LINKEN)


Eine solche UNO brauchen wir. Im Deutschen Bundes-
tag brauchen wir eine Debatte darüber, was der originär
deutsche Anteil sein kann, um einen solchen Prozess
einzuleiten.

Herr Steinmeier, Sie haben über die Europäische
Verfassung gesprochen. Sie dürfen nicht übersehen,
dass es der europäische Verfassungskonvent nicht ge-
schafft hat, die politische Willensbildung der Bevölke-
rungen in einen Verfassungsentwurf zu transportieren.
Manche Parlamente haben dem Entwurf zugestimmt,
manche Voten der Bevölkerung waren positiv, aber die
Europäische Verfassung ist im Ergebnis tot. Sie ist ge-
scheitert. Viele osteuropäische Staaten, die neu hinzuge-

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(C (D ommen sind, wollen keine Renaissance des europäichen Verfassungsprozesses; sie haben vielmehr ein roßes Interesse daran, dass die Verträge überarbeitet erden, wir von der Lissaboner Strategie loskommen nd die Ideologie des Neoliberalismus endlich in Europa in Ende findet. n dieser Hinsicht wird im Deutschen Bundestag eine iskussion über die Frage, wie es mit der Europäischen erfassung weitergehen soll, notwendig sein. Sie dürfen ewiss sein, dass wir als Linke dazu unseren proeuropäichen Beitrag leisten werden. Die heutige Debatte beinhaltet viele wichtige Theen, die es wert wären, ausführlich darüber zu sprechen. ch kann deshalb beim besten Willen nicht verstehen, arum es den Regierungsfraktionen, der FDP und den rünen so ungemein wichtig war, heute über Belarus ach der Wahl zu sprechen. (Markus Löning [FDP]: Sie halten das wohl für Demokratie, was da passiert ist!)


(Beifall bei der LINKEN)


ir haben bereits vor der Wahl eine Debatte über Bela-
us geführt. Ihnen war es damals ein Anliegen, uns zu
iskreditieren, was Ihnen aber nachweislich nicht gelun-
en ist. Die Linke kann nicht als antidemokratische
raft diskreditiert werden.


(Beifall bei der LINKEN – Markus Löning [FDP]: Sie finden doch Lukaschenko so super!)


Ich glaube, Sie reden im Moment ziemlich heftigen
nsinn. Sie sollten die Debatte nachlesen.

Ich finde es viel wichtiger, sich das Ergebnis der Wahl
n der Ukraine anzuschauen. Die orangene Revolution
ann als gescheitert betrachtet werden; denn die Bevöl-
erung hat ihre Erfahrung damit gemacht und ein Jahr
ach der Revolution völlig anders gewählt. Das sollte
nlass für uns sein, mit den Staaten, die einen postsow-

etischen Prozess durchgemacht haben, in eine andere
orm des Dialogs einzutreten.


(Markus Löning [FDP]: Was wollen Sie denn? Wollen Sie, dass der Sozialismus wieder einzieht?)


ir müssen uns hier im Parlament mit diesem Thema
nders befassen, als demokratische Revolutionen mit an-
uzetteln, wie es die Kollegin Beck formulierte.


(Markus Löning [FDP]: Da sind Sie dagegen! Das kann ich mir gut vorstellen!)


Ich glaube, es geht nicht um Menschenrechtspolitik,
ie wir sie uns vorstellen. Menschenrechtsfragen und
enschenrechtspolitik dürfen nicht instrumentalisiert
erden, um Systemwechsel herbeizuführen. Das ist eine
ichtige Komponente einer wirklich aufgeklärten Men-

chenrechtspolitik.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Markus Löning [FDP]: Dann loben Sie weiter Fidel Castro!)







(A) )



(B) )


Monika Knoche
Wir müssen jetzt eine Entscheidung bezüglich des
Kongos fällen und Sie lenken mit Debatten zu Weißruss-
land ab.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch unglaublich!)


Mit dem Kongo müssen wir uns ausgiebig befassen, ich
will hier nur einige wenige Worte dazu sagen. Schauen
wir uns an, wie das Mandat zustande gekommen ist. Al-
ler Voraussicht nach wird es ein UN-Mandat nach
Kap. VII sein. Es soll also ein militärischer Einsatz er-
folgen, an dem sich die Deutschen vielleicht nicht aktiv,
aber passiv beteiligen, während die Franzosen die aktive
Rolle übernehmen. Ich möchte dazu sagen: Es sollte ge-
währleistet sein, dass freie demokratische Wahlen durch-
geführt werden.


(Kurt Bodewig [SPD]: Das ist doch schon etwas!)


Die Menschen im Kongo haben nicht die Zuversicht
und den Glauben, dass Wahlen ihnen Frieden, Freiheit
und Demokratie bringen werden.


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Woher wissen Sie denn das? Sind Sie einmal da gewesen?)


Denn es gibt dort verschiedene Milizen, deren Führer
demokratische Wahlen ablehnen. Niemand kann voraus-
sagen, ob eine Wahl bürgerkriegsähnliche Zustände aus-
lösen wird. Auch der Einsatz deutscher Soldaten im
Kongo kann nicht gewährleisten, dass die Präsident-
schaftswahl friedlich verläuft.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es hat eine Volksabstimmung gegeben! – Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/ CSU]: Die Bevölkerung hat mit 85 Prozent für die neue Verfassung gestimmt!)


Eine freie demokratische Wahl muss aber unser erstes
Ziel sein.


(Beifall bei der LINKEN)


Was geschieht, wenn das Ziel nicht innerhalb des vor-
gesehenen Zeitraums von vier Monaten erreicht wird?
Sie werden doch hier nicht in aller Öffentlichkeit sagen
wollen, dass die Truppen dann unverrichteter Dinge wie-
der abziehen werden. Sie werden ein neues Mandat for-
dern und dann werden die europäischen Truppen zu ei-
ner Bürgerkriegspartei werden. Sie könnten Parteinahme
betreiben und genau das muss vermieden werden.


(Beifall bei der LINKEN – Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Keine Ahnung!)


Wenn man den Prozess unterstützen will, dann darf
man keine europäischen Truppen dorthin führen.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1602804100

Frau Kollegin, Ihre Redezeit ist überschritten.


Monika Knoche (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1602804200

Die Hierarchie der europäischen Entscheidungen er-

laubt es de facto nicht – das ist ein zentrales Argument –,

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(C (D ass wir das Mandat des Parlaments, das das beste Recht es Parlaments ist, wahrnehmen und entscheiden, wo die ruppen hingehen und was sie dort machen. Wenn das U-Mandat steht, werden wir diese demokratische Verntwortung für den soldatischen Auftrag nicht wahrnehen können. Das Wort hat der Kollege Jürgen Trittin, Bündnis 90/ ie Grünen. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Verehr er Außenminister, ich wollte meine Rede eigentlich mit er Bemerkung einleiten, dass, wenn Ihre Lageeinschätung, dass die größte Gefahr für die Sicherheit von zerallenden Staaten ausgeht und es die größte Herausfordeung ist, für Stabilität und Sicherheit zu sorgen, richtig st, es dann ganz verkehrt ist, ausgerechnet die Mittel für risenprävention und zivile Konfliktbewältigung, wie in hrem Haushalt geschehen, zu kürzen, zumal in einem aushalt, der sich ansonsten nicht durch Konsolidie ungsüberanstrengungen auszeichnet. Ich lasse das aber weg, weil ich mit Interesse zur enntnis genommen habe, dass es, verehrte Kollegin noche, kein Grund zur Debatte in diesem Parlament ein soll, wenn mitten in Europa Menschen, die bei einer ahl kandidiert und sich für Demokratie eingesetzt ha en, von maskierten Polizeibeamten einkassiert und einesperrt werden. Das ist ein Problem für Europa. Das önnen wir in Europa nicht akzeptieren und es ist peinich, wenn Sie dazu schweigen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1602804300
Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1602804400

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich bin der festen Überzeugung, dass deutsche Au-
enpolitik Friedenspolitik bleiben muss. Das heißt, sie
uss in die Politik der Vereinten Nationen eingebunden

ein. Sie muss im Rahmen einer gemeinsamen europäi-
chen Außen- und Sicherheitspolitik gestaltet werden.
eswegen ist es notwendig, dass die Herausbildung ei-
er gemeinsamen europäischen Sicherheitspolitik – ge-
ade um diesen Teil des Verfassungsvertrages geht es –
atsächlich Wirklichkeit wird. Wir müssen von den na-
ionalen Alleingängen wegkommen.

Wenn man das aber sagt und wenn man das Mandat
er Vereinten Nationen am Anfang einer Rede hochhält,
ann muss man auch bereit sein, einen Beitrag zu leisten,
enn es darauf ankommt. Wir können uns keine Debatte
ber die Frage leisten, wie es zum Beispiel der Bundes-
ehrverband getan haben soll, ob es wohl möglich ist,

us einer 250 000 Personen starken Armee 450 Soldaten
ür vier Monate zur Absicherung eines Wahlprozesses zu
chicken. Das würde, wenn das wahr wäre, in der Tat
on einer falschen Prioritätensetzung zeugen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)







(A) )



(B) )


Jürgen Trittin
Wir sollten auch nicht so tun, als wenn die Debatte
über den Kongo – darin stimme ich dem Bundesaußen-
minister ausdrücklich zu – erst jetzt begonnen hätte. Sie
ist sehr viel älter. Ich will an dieser Stelle all denen, die
von Neokolonialismus und ähnlichem Zeug schwätzen,


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


ganz deutlich sagen: Ich möchte mich bei den
17 000 MONUC-Soldaten aus Bangladesch, aus Indien,
aus Guinea-Bissau und aus Pakistan bedanken, die dort
seit Jahren im Einsatz sind.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Ich möchte mich bei ihnen bedanken, weil sie dazu bei-
getragen haben, dass über 80 Prozent der Kongolesen
gesagt haben: „Ja, wir wollen wählen.“ Sie haben dazu
beigetragen, dass über 16 000 Kindersoldaten jetzt nicht
mehr rauben, plündern und vergewaltigen, sondern de-
mobilisiert worden sind.

Vor diesem Hintergrund muss man die Bitte der Ver-
einten Nationen sehen. Sie wollen, dass die Europäer für
einen befristeten Zeitraum von wenigen Monaten zur
Absicherung des Wahlprozesses in der Hauptstadt sind.
Die Europäer sollen diese mutigen Soldaten unterstüt-
zen. 60 MONUC-Soldaten haben ihr Leben für die Mis-
sion hergegeben. Diese mutigen Menschen wollen wir
nicht nur bezahlen. Wir wollen sichtbar Flagge zeigen,
damit diese Wahlen ordentlich zu Ende gehen.

Wir alle wissen, dass am Ende einer Wahl immer auch
einer feststeht, der die Wahl verloren hat. Wir haben uns
zwar angewöhnt, bei uns im Fernsehen so zu tun, als
würde das nicht stimmen. In Wirklichkeit verliert aber
jemand.


(Heiterkeit bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der CDU/CSU und der SPD)


Dazu beizutragen, diese demokratische Normalität zu er-
fahren und das durchzustehen, das ist die Anforderung
an uns. Ich finde, die Bundesregierung muss hier fol-
gende Fragen deutlich beantworten: Sind die Kräfte vor
Ort hinreichend? Sind sie hinreichend multinational?
Wie ist der zeitliche Rahmen abzusichern? Das ist die
Aufgabe der Bundesregierung.

Aber man kann sich hier nicht so schlank aus der Ver-
antwortung stehlen, wie Sie von der Linkspartei das ge-
macht haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Lieber Herr Hoyer, ich glaube, von der heutigen Um-
armung werden Sie sich so schnell nicht erholen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Die Partei Hans-Dietrich Genschers steht heute in dieser
Frage Seite an Seite mit Oskar Lafontaine. Sie sollten in

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(C (D ieser Situation noch einmal darüber nachdenken, ob das irklich zu den großen Traditionen Ihrer Partei gehört. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Dr. Werner Hoyer [FDP]: Ausgerechnet!)


Wenn wir uns einig sind, dass das die Herausforde-
ungen sind, dann werden wir gerade mit Blick auf den
ahen Osten unsere Bemühungen, zu einem Dialog
eizutragen, der tatsächlich auf Verständigung zielt, fort-
etzen. Ich habe die erste Reaktion von Herrn Olmert auf
einen Wahlsieg mit großem Interesse zur Kenntnis ge-
ommen, nämlich die Ansage: Wir wollen auf der Basis
er Zweistaatlichkeit zu einer Lösung kommen. Wenn
ls Ergebnis freier Wahlen in den palästinensischen Ge-
ieten aber eine Bewegung gewonnen hat, deren Ziele
ir in Europa nicht teilen, sondern sogar als terroristisch

ingestuft haben, dann muss es in dieser Situation einen
rozess des Aufeinanderzubewegens geben. Es muss
lar sein, dass das Existenzrecht Israels nicht infrage ge-
tellt werden darf.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


s muss klar sein, dass es einen Gewaltverzicht gibt.
nd es muss klar sein, dass die Zweistaatlichkeit wirk-

ich anerkannt wird. Das ist eine unabdingbare Forde-
ung an jede palästinensische Regierung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN)


as ist – ich füge das an dieser Stelle hinzu – aber natür-
ich auch eine Anforderung an die israelische Regierung.
s gehört sich bei Zweistaatlichkeit nicht, dass man Ge-

ängnisse im anderen Staat besetzt, um das einmal
reundlich auszudrücken.

Schließlich komme ich zu den Themen Iran und
eltweite Abrüstung. Wir wollen, dass dieser Konflikt

ivil gelöst wird. Ich sage Ihnen deutlich: Solch eine Lö-
ung wird es nur geben, wenn sie gemeinsam mit
uropa, mit Russland, mit China und, ich füge hinzu:
it den USA gefunden wird.


(Uta Zapf [SPD]: Richtig!)


enn der Iran wird zu Recht darauf beharren, dass er Si-
herheitsgarantien bekommt. Sie wird er nicht akzeptie-
en, wenn er sie nicht auch von den USA bekommt. Das
st aber genau der Hintergrund, vor dem, lieber Frank
teinmeier, der Deal zwischen Indien und den USA so
ontraproduktiv gewesen ist. Wie sieht denn die Situa-
ion weltweit aus? Es ist doch frappierend, dass sehr
nergiereiche Länder – nicht nur der Iran, sondern auch
rasilien – Atomkraftwerke möchten. Sie wollen sie
och nicht, weil sie sie für die Energieversorgung nötig
aben, sondern weil ihnen klar ist, dass mit der Uranan-
eicherung ein wunderbares Instrument besteht, um Uran
ls Rückversicherung für nicht friedliche Mittel zur Ver-
ügung zu haben.


(Lothar Mark [SPD]: Da hat er Recht!)


as ist der Kern des Ganzen.






(A) )



(B) )


Jürgen Trittin
Wenn wir wollen, dass der Iran seine Urananreiche-
rung aussetzt, wenn wir auf die Strategie setzen, im
Rahmen der Nichtverbreitung zu sagen, dass Urananrei-
cherung und, ich füge hinzu: Wiederaufbereitung konse-
quent internationalisiert werden sollen, dann ist es vor
diesem Hintergrund kein Fortschritt, dass Inspektoren in
Indien künftig alle Bereiche ansehen dürfen, aber genau
diesen Schlüsselbereich nicht. Ich habe Verständnis,
wenn Mohammed al-Baradei sagt: Ich finde es schön,
dass ich da überhaupt einmal reinkomme. – Aber wir als
Staatengemeinschaft, die wir an dem Regime der Nicht-
verbreitung interessiert sein müssen, dürfen uns dieses
Interesse nicht zu Eigen machen. Dieser Deal war kon-
traproduktiv und falsch. Ich finde, dass dieser falsche
Schritt, der den Iran in seiner Verhandlungsposition ge-
stärkt hat, nicht auch noch nachträglich damit belohnt
werden darf, dass hier nun nuklear verwendbares Mate-
rial geliefert wird. Sie stehen nun in der Verantwortung,
bei Ihrem Einsatz für die Errichtung eines globalen
Nichtverbreitungsregimes tatsächlich Standhaftigkeit zu
zeigen und diesem Deal nicht hinterherzulaufen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)


Ich glaube, dass wir uns zurzeit in einer Phase befin-
den – das wird auch an der Debatte über die Energie-
politik deutlich –, in der Europa, das bei Klimaverhand-
lungen, bei Fragen des Welthandels und der Gestaltung
der Globalisierung bisher eigentlich eine treibende und
produktive Kraft war, seltsam ziellos daherkommt.
Diese Ziellosigkeit hat auch etwas mit der Haltung und
dem Verhalten der Mitgliedstaaten zu tun.

Ich habe heute bereits einige erstaunliche Aussagen
gehört. Herr von Klaeden zum Beispiel befürwortet
plötzlich die Visumfreiheit für die Ukraine.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach was, wirklich? Das liegt wohl am Ausschuss! – Eckart von Klaeden [CDU/ CSU]: Na ja! Ohren waschen!)


– Das ist doch Ihre neue Position. – Aber mit noch grö-
ßerem Erstaunen habe ich zur Kenntnis genommen, dass
ausgerechnet die Linkspartei erklärt hat, die Position der
polnischen Regierung, die den europäischen Verfas-
sungsprozess für tot erklärt, sei richtig.


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und die wollen auch noch links sein!)


Das, was dazu in der Verfassung steht, ist das komplette
Gegenteil von neoliberal.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dr. Andreas Schockenhoff [CDU/CSU]: Nein! Das ist post-neoliberal!)


Die polnische Regierung möchte nichts anderes als die
Schaffung eines gigantischen Binnenmarktes, um ihre
korporativen Vorteile nutzen zu können. Sie will aber
keine politische Vertiefung, also keine Demokratisierung
der Europäischen Union.

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(C (D (Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, genau!)


Mit Blick auf die EU-Präsidentschaft der Bundesre-
ublik im nächsten Jahr sage ich: Es ist gerade kein Zei-
hen einer ambitionierten europäischen Orientierung,
enn sich Deutschland in einer Situation, in der die
ommission zu Recht sagt, dass wir eine europäische
nergiepolitik brauchen, mit den Staaten an die Spitze
etzt, die der Meinung sind, dass das Letztentschei-
ungsrecht in der Energiepolitik auch weiterhin bei den
ationalen Großunternehmen – in Deutschland also bei
WE, Eon, EnBW und anderen – bleiben soll. Das ist
ein Schritt in Richtung mehr Versorgungssicherheit, ge-
auso wenig wie eine erneute Subventionierung der
tomkraft. Das ist das Ziel.

Wir werden Europa nur dann für die Bürger überzeu-
ender gestalten können, wenn wir mehr Europa wagen.
aher müssen wir Schluss damit machen, uns immer,
enn es – wie in diesem Fall in der Energiepolitik – hart

uf hart kommt, auf den nationalen Vorbehalt zurückzu-
iehen. Wir brauchen in dieser Frage eine Europäisie-
ung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1602804500

Zu einer Kurzintervention gebe ich das Wort der Kol-

egin Knoche.


Monika Knoche (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1602804600

Herr Trittin, Sie waren sehr bemüht, Allianzen zwi-

chen der FDP und der Linken und womöglich auch zwi-
chen der polnischen rechtskonservativen Regierung und
er Linken herzustellen.


(Markus Löning [FDP]: Genau! Dementieren Sie das jetzt mal!)


ch möchte Ihnen sagen: Das war ein sehr kurzes Ver-
nügen für Sie; denn nichts davon trifft zu.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Heiterkeit)


Ja, in dieser Einschätzung besteht zwischen der FDP
nd der Linken keine Differenz.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Was ich aber bedenklich finde, ist, dass Sie die Argu-
ente gegen den Einsatz der Parlamentsarmee im Falle

ines EU-Mandats für den Kongo, die ich vorgetragen
abe, einfach von sich gewiesen haben. Das wundert
ich sehr. Vielleicht sind Ihnen die Institutionen und die
ntscheidungswege nicht sehr vertraut. Aber wenn diese
ntscheidung auf EU-Ebene angesiedelt und das Mandat
rst einmal erteilt ist, werden interne Vereinbarungen
nd Übereinstimmungen getroffen, was eine Krise ist
nd was im Falle einer Krise zu tun ist. Dann wird das
eutsche Parlament nicht mehr gefragt sein.

Nun sagen Sie, die Parteien, die sich hier im Hause
ür ein verfassungskonformes Vorgehen ausgesprochen
aben, gingen schräge Allianzen ein. Ich denke, die Ar-






(A) )



(B) )


Monika Knoche
gumentation von Frau Homburger ist nicht ganz tref-
fend. Aber zumindest einen wichtigen Punkt hat sie an-
gesprochen: dass ab dem Moment, ab dem die
europäische Armee unter europäischem Mandat steht,
kein nationales Parlament mehr seine Pflichten erfüllen
kann. Das kann niemanden kalt lassen, der sich Demo-
krat nennt und die Demokratie in anderen Teilen Euro-
pas verteidigen will.


(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der CDU/CSU: Was ist denn mit all den Toten? Das lässt Sie doch auch absolut kalt!)


Als wir über das Thema Belarus schon einmal disku-
tiert haben, habe ich unzweideutig zum Ausdruck ge-
bracht, wie sehr wir das dortige diktatorische System
verurteilen.


(Widerspruch bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Markus Löning [FDP]: Gilt das auch für Castro?)


In dieser Debatte habe ich vorgeschlagen, diese Frage
einmal kompakt zu behandeln und dabei auch einzube-
ziehen, welche Wege der Demokratisierung – auch wel-
che nicht importierbaren oder exportierbaren Wege der
Demokratisierung – es beim Prozess der Transformation
postsowjetischer Staaten gibt. Man muss eine ernsthafte
Politik betreiben und darf sich nicht in ideologische
Schlagwörter verlieben, die man hier im Bundestag ver-
breitet. Man darf andere Positionen nicht diskreditieren.


(Markus Meckel [SPD]: Und das aus Ihrer Ecke!)


Wir werden Ihren Antrag nicht ablehnen, wir werden
ihm nur nicht zustimmen. Sie wissen auch, warum. Sie
haben uns bewusst nicht an diesem Prozess beteiligt. Sie
wollen uns außen vor haben. Wir karten nicht nach. Wir
verlangen, dass eine solche Debatte als eine eigenstän-
dige Debatte in diesem Haus geführt wird.

Zu Ihrer Bemerkung, wir würden darüber hinwegse-
hen, dass Demonstranten abgeführt wurden, möchte ich
sagen: Zwei Abgeordnete der Linksfraktion werden
demnächst als Prozessbeobachter nach Genua reisen.


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Sie hätten lieber in den Kongo fahren sollen und sich die Situation dort anschauen sollen!)


Dort hat es schwerste Verletzungen – wenn Sie so wol-
len: Menschenrechtsverletzungen – gegeben; schließlich
kam jemand zu Tode. Es ging gegen das Demonstra-
tionsrecht, das die Menschen beim G-8-Gipfel wahrge-
nommen haben.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1602804700

Frau Kollegin, Ihre Redezeit von drei Minuten ist um.


Monika Knoche (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1602804800

Wenn es um ein Europa der Demokratie geht, dann

müssen wir zum Beispiel die Vorgänge in Italien in un-
sere Beobachtung mit einschließen.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D Herr Kollege Trittin, bitte. Frau Präsidentin! Liebe Kollegin Knoche, das unter cheidet uns. Wir sind der Auffassung, dass es egal ist, b Demonstranten wie beispielsweise bei dem G-8-Gipel durch die italienische Polizei misshandelt und unechtmäßig inhaftiert wurden oder ob das in Weißrussand passiert. (Monika Knoche [DIE LINKE]: Nichts anderes habe ich gesagt!)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1602804900
Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1602805000

ir wollen nicht mit unterschiedlichen Maßstäben mes-
en. Dazu gehört auch, dass man das Unrecht auf der ei-
en Seite nicht dadurch entschuldigt, dass es auf der an-
eren Seite auch Unrecht gibt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der SPD)


Meine zweite Bemerkung bezieht sich auf intellek-
uelle Redlichkeit. Ich bin gerne bereit, Ihren Text nach-
ulesen. Ich habe gehört, Sie haben sich zur Haltung der
steuropäischen Regierungen zum Verfassungsprozess
xplizit positiv geäußert. Es tut mir Leid, wenn ich das
alsch verstanden habe. Ich meine aber, dass ich das
ichtig verstanden habe.


(Monika Knoche [DIE LINKE]: Haben Sie!)


s gibt in diesem Zusammenhang nur eine fundierte
ussage, und das ist die Aussage des polnischen Staats-
räsidenten. Das fand ich in der Tat bemerkenswert.

Es passt im Übrigen auch. Als ich mir angehört habe,
as die Vertreterinnen und Vertreter der Linksfraktion
ei der gemeinsamen Ausschusssitzung mit dem franzö-
ischen Europaausschuss über die Frage, wie es in
uropa weitergeht, vertreten haben, habe ich eine ver-
lüffende Übereinstimmung bis ins Wörtliche mit den
nhängern von Sarkozy festgestellt. Das ist nicht mein
uropa. Mein Europa ist ein Europa der Demokratie und
er sozialen Rechte. Sie finden in dieser Verfassung sehr
iele demokratische und soziale Rechte, die wir im
rundgesetz übrigens vermissen.


(Monika Knoche [DIE LINKE]: Ich spreche vom Konvent!)


Dritte Bemerkung. Wenn man über die Rolle des Par-
amentes beim Einsatz der Bundeswehr und dessen
echte spricht, dann brauchen wir keine Belehrung. Ich

age Ihnen: Es wird auch in Europa Zusagen über den
insatz deutscher Soldaten generell nur unter dem Vor-
ehalt des Parlamentes geben.

Ich finde, dass man solche Anfragen seriös prüft und
icht nach dem Motto verfährt: Weil die Anfrage von
en Vereinten Nationen kommt, können wir nicht Nein
agen. Nicht dass Sie mich missverstehen! Ich hätte von
hnen erwartet, auf die Anfrage der Vereinten Nationen
icht mit einem einfachen Verweis auf Neokolonialis-
us zu reagieren, sondern sich ernsthaft mit der Situa-

ion vor Ort zu beschäftigen und mit der Frage, wie es
elingen kann, die Wahlen vernünftig über die Bühne zu






(A) )



(B) )


Jürgen Trittin
bringen. Das ist das Minimum, um außenpolitische
Glaubwürdigkeit zu beweisen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1602805100

Das Wort hat der Kollege Walter Kolbow, SPD-Frak-

tion.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Walter Kolbow (SPD):
Rede ID: ID1602805200

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen

und Kollegen! Der Stand der Debatte lässt mich anders
beginnen als geplant. Es ist festzuhalten – das werden
auch der Kollege Grund, die Kollegin Zapf und der Kol-
lege Bodewig, die Beobachter bei den Wahlen in Belarus
waren, noch zum Ausdruck bringen –, dass Ihre Position
gegenüber diesen unfairen Wahlen unhaltbar und diesem
Parlament unwürdig ist. Sie ist nicht hinzunehmen.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das ist ein Schlag ins Gesicht von Alexander Konsulin
und der anderen Verhafteten sowie der Demokratiebewe-
gung und der Zivilgesellschaft. Das können Sie von der
Linkspartei am besten dadurch wieder gutmachen, dass
Sie unserem Antrag zustimmen. Das wäre die richtige
Position.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich bin dem Kollegin Trittin sehr dankbar, dass er
noch einmal nicht nur auf die Notwendigkeit, sondern
auch auf die Selbstverständlichkeit des Parlamentsvor-
behalts bei der Entscheidung darüber hingewiesen hat,
ob man sich auf Anfrage der UN an einer EU-Mission
im Kongo beteiligt. Das ist das Nonplusultra. Hier und
nirgendwo anders wird entschieden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Lothar Mark [SPD]: Das wird auch so bleiben! Jawohl!)


Bis zur Entscheidung werden alle Fragen zu stellen und
auch zu beantworten sein. Manchmal ist es auch so, dass
man sich diese Mandate erarbeiten und Informations-
lücken und Emotionen, die man durch Sozialisation
möglicherweise gewonnen hat, schließen bzw. überwin-
den muss, um zu richtigen Entscheidungen zu kommen.

Dies scheint doch eine zu gelingende Mission zu sein.
Sie wird gelungen sein, wenn wir die Wahlen erfolgreich
abgesichert haben, wenn zum Verfassungsprozess auch
noch der Demokratisierungsprozess – durch Wahlvor-
gänge zum Präsidentenamt und zum Parlament – hinzu-
gekommen ist und wenn wir – auch das ist gesagt wor-
den – 15 000 Kindersoldaten entwaffnen, demobilisieren
und wieder mit ihren Familien zusammenführen konn-
ten. Wir wollen und müssen die gute Arbeit der NGOs

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(C (D nd der vielen, die als Zivilisten dort sind, militärisch eränzen. Herr Hoppe, weil auch Kabila, Bemba, der Voritzende der Wahlkommission, der hier im Ausschuss für irtschaftliche Zusammenarbeit war und vorgetragen at, und der Verteidigungsausschuss das befürworten nd weil die Entsandten aus den Fraktionen – wenn ich as so sagen darf –, die dort waren, zurückgekommen ind und gesagt haben, dass vieles dafür spricht, sich an ieser Mission zu beteiligen, ist es sicherlich richtig, die orbereitungszeit zu nutzen und dann zu einer Entscheiung zu kommen, die den Menschen im Kongo und unerem strategisch wichtigen Nachbarkontinent Afrika erecht wird. (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Der Herr Außenminister hat hier selbstverständlich
ie strategischen und operativen Schwerpunkte der
eutschen Außenpolitik vorgetragen. Ja, die Globali-
ierung muss positiv gestaltet werden. Ja, die deutschen
eiträge zur Bekämpfung des internationalen Terroris-
us sind zu leisten. Die EU muss vertieft und verträg-

ich erweitert werden. Die transatlantischen Beziehun-
en sind zu intensivieren und die Reform der Vereinten
ationen ist weiter zu betreiben. Dabei gilt es – auch das

st in den Debattenbeiträgen angeklungen –, die Felder
nergieversorgung und internationale Sicherheit, Demo-
rafie und internationale Sicherheit sowie Migration und
nternationale Sicherheit aktiv zu begleiten.

Ich denke, wir sind uns in diesem Haus einig, dass
uch für die neue Regierung das gilt, was bisher für alle
undesregierungen nach dem Krieg gegolten hat: Die
eutsche Außen-, Sicherheits-, Entwicklungshilfe- und
enschenrechtspolitik dient dem Frieden. Das ist die
rundkonstante unserer Politik, die Demokratie und so-

iale Gerechtigkeit auch außerhalb unseres Vaterlandes
ördert.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich denke, dass wir hier – das hat die Kanzlerin heute
orgen zu Recht gesagt – unsere Werte mit unseren In-

eressen in Einklang bringen werden. Dabei wünschen
ir dem Außenminister, der einen guten Start hatte, viel
rfolg. Herr Hoyer, Sie haben sich mit Ihren Anmerkun-
en fahrlässig oder sogar vorsätzlich an der Erschwe-
ung dieses Starts beteiligt.


(Markus Löning [FDP]: Na, na, na! – Dr. Werner Hoyer [FDP]: Das war jetzt wohl daneben!)


ir als sozialdemokratische Bundestagsfraktion sind auf
iesem Weg an der Seite der Bundeskanzlerin. Wir wün-
chen Ihnen viel Glück und Erfolg bei diesen verantwor-
ungsvollen Aufgaben.

Die deutsche Außen- und Sicherheitspolitik sowie die
ntwicklungs- und Menschenrechtspolitik werden auf-
rund ihrer Professionalität und Verlässlichkeit aner-
annt und brauchen den weltweiten Vergleich nicht zu
cheuen. Die Markenzeichen der deutschen Politik sind






(A) )



(B) )


Walter Kolbow
und bleiben Kontinuität und Verantwortungsbewusst-
sein. Die Anmerkung sei mir gestattet: Wer Überlegun-
gen zu Veränderungen anstellt oder gar versehentlich das
Wort Revision in den Mund nimmt, der sollte diesen Teil
seiner Ausdrucksweise im Dialog privatissime et gratis
überdenken.


(Beifall bei der SPD)


An dieser Stelle sollte unser Glückwunsch nicht nur
an Herrn Olmert, sondern auch an unseren Freund Peretz
von der Arbeiterpartei gehen. Diese beiden Politiker tra-
gen eine große Verantwortung. Die neue israelische Re-
gierung braucht alle Kräfte, um zu einer friedlichen Ent-
wicklung zu kommen. Ich glaube, wir sind uns darüber
einig, dass nach den Wahlen die Hamas und die neue is-
raelische Regierung endlich aufeinander zugehen kön-
nen. Wir in Deutschland unterstützen die politische For-
derung des Nahostquartetts nach einer schnellen
Wiederaufnahme der Roadmap.


(Vorsitz: Vizepräsident Wolfgang Thierse)


Ich komme gerade von einer Balkanreise zurück. Ich
habe in Belgrad, aber auch in Priština gesehen, wie bei
den Wiener Verhandlungen um ein Ergebnis gerungen
wird. Wir müssen dafür Sorge tragen, Präsident Tadić in
Serbien in seinem Bemühen zu unterstützen, die demo-
kratischen Kräfte gegen die radikalen Nationalisten und
gegen die Milošević-Sozialisten zu stärken, damit von
dort Friedens- und Verhandlungsbereitschaft erkennbar
ist,


(Beifall bei der SPD)


die die Kosovaren signalisieren, die – darin sind sie sich
einig – zur Kooperation mit den Serben bereit sind. Um-
gekehrt scheint mir dies im Augenblick nicht der Fall zu
sein.

Herr Außenminister, Sie werden in der internationa-
len Gemeinschaft akzeptable, nicht besserwisserische,
aber engagierte deutsche Beiträge einbringen. Die so-
zialdemokratische Bundestagsfraktion ist an Ihrer Seite.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1602805300

Ich erteile das Wort Kollegen Markus Löning, FDP-

Fraktion.


Markus Löning (FDP):
Rede ID: ID1602805400

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr

Steinmeier, Sie sagten vorhin, dass die EU mehr als nur
Binnenmarkt und Verfassung ist. Ich will Ihnen in die-
sem Punkt ausdrücklich zustimmen.

Als Vorbemerkung will ich deutlich machen, wie
wichtig es ist, dass wir unsere Werte in Osteuropa hoch-
halten und dort die Bemühungen um Demokratie unter-
stützen.

Die EU ist aber eben auch Binnenmarkt und Verfas-
sung. Die Frage, die wir uns angesichts der Krise und
der fehlenden Glaubwürdigkeit der EU stellen müssen,
ist: Wie begegnen wir der Europamüdigkeit und Euro-
paskepsis unserer Bevölkerung und wie überzeugen wir

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(C (D ie davon, dass wir alle gemeinsam von der EU profitieen? Ich glaube, wir sind uns in diesem Hause weitgeend einig, dass wir eine starke Identifikation der Bevölerung hinsichtlich der weiteren Integration in Europa ollen. Es ist für Europa entscheidend, Erfolge zu erzielen. ch glaube nicht, dass es wichtig ist, viele neue Politikebiete zu besetzen, sondern es ist wichtig, in den Poliikgebieten, für die die EU zuständig ist und in denen sie andlungsfähig ist, Erfolge zu erzielen und sich darauf u konzentrieren, diese Erfolge nach außen deutlich zu achen. Ein gutes Beispiel dafür ist das, was die Kommissarin eding zurzeit macht. Sie hat die Handy-Verträge und amit die Mobilfunkunternehmen kritisiert. Im Sinne der erbraucher muss für Handys ein Binnenmarkt entsteen; denn es kann nicht sein, dass beim transnationalen elefonieren abkassiert wird. Hier ist die EU gefragt und ie kann an dieser Stelle deutlich machen, was für einen ehrwert sie uns Bürgern bietet. Das ist ein gutes Beipiel dafür, was nach außen vermittelt werden muss. Es eigt im Übrigen, wo der Binnenmarkt funktionieren uss. Das muss auch vonseiten der Europäischen Union urchgesetzt werden. (Beifall bei der FDP – Dr. Werner Hoyer [FDP]: Sehr gutes Beispiel!)


(Beifall des Abg. Harald Leibrecht [FDP])


Lassen Sie mich zwei kurze Anmerkungen zur Ener-
iepolitik der Europäischen Union machen. Ich glaube,
ass es auch in der Energiepolitik wichtig ist – darin wi-
erspreche ich Ihnen ausdrücklich, Herr Trittin –, dass
ie EU zunächst ihre ureigene Aufgabe wahrnimmt,
ämlich einen funktionierenden Binnenmarkt im Sinne
er Verbraucher sicherzustellen. Wir brauchen Wettbe-
erb auf dem Energiemarkt. Günter Rexrodt hat seiner-

eit im Deutschen Bundestag damit begonnen, in
eutschland auf diesen Wettbewerb hinzuarbeiten, und

hre Regierung, Herr Trittin, hat dann dafür gesorgt, dass
s kein Erfolg geworden ist.

Wir müssen für Wettbewerb auf dem Energiemarkt
orgen, damit unsere Verbraucher davon profitieren kön-
en. Das ist die eine Seite.


(Beifall bei der FDP – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo liegt die Differenz?)


Die andere Seite ist, dass wir unsere Energieinteressen
egenüber Dritten gemeinsam vertreten müssen. Dass
ie Energiepolitik ein Teil der Gemeinsamen Außen-
nd Sicherheitspolitik wird, ist ein guter und wichtiger
chritt. Gemeinsam sind wir stärker. Wir haben gemein-
ame Interessen, die wir endlich einmal definieren müs-
en. Das Durcheinander am Schwarzen Meer, im kauka-
ischen Raum und anderswo, wo jeder der europäischen
artner seine eigene Politik verfolgt, ist unerträglich und
ontraproduktiv. Es geht zu unseren Lasten. Andere ma-
hen deutlicher, was sie wollen, und sie profitieren da-
on.






(A) )



(B) )


Markus Löning
Was wir in der Energiepolitik nicht brauchen – inso-
weit ist die Entscheidung des Gipfels zu begrüßen –,
sind weitere gemeinsame Institutionen und eine Erweite-
rung der Zuständigkeiten der EU. Die EU sollte zunächst
einmal das erfolgreich machen, wofür sie schon zustän-
dig ist.

Ich möchte noch einige Bemerkungen zum Lissabon-
prozess machen. Das Abschlussdokument enthält eine
endlose Aufreihung von Punkten, die im Wesentlichen
richtig sind. Aber ich warne ausdrücklich davor, Ziele
wie die Schaffung von jährlich 2 Millionen neuer Ar-
beitsplätze innerhalb der EU festzuschreiben. Andere
Länder sind damit erfolgreich; wir sind es nicht. Damit
werden Erwartungen an die EU geweckt, die sie nicht er-
füllen kann.

Es ist unredlich, wenn wir vom Europäischen Rat et-
was beschließen lassen, das wir in Deutschland nicht
umsetzen. Das führt zu Verdrossenheit, weil dann, wenn
es nicht klappt, mit dem Finger auf die EU gezeigt und
der Vorwurf erhoben wird, dass nur große Sprüche ge-
macht werden, aber nichts umgesetzt wird. Dabei liegt
die Schuld dafür bei den nationalen Regierungen. Dort
müssen die Hausaufgaben gemacht werden, statt zu ver-
suchen, die Schuld auf Brüssel zu schieben.


(Beifall bei der FDP)


Auf dem EU-Gipfel wurde die Umsetzung der
Dienstleistungsrichtlinie begrüßt. Es ist zwar schön,
dass etwas passiert, aber es handelt sich in diesem Fall
um einen völlig mutlosen Schritt. Es fehlt der politische
Mut. Ich glaube, das müssen wir alle deutlicher nach au-
ßen vertreten. Der Erfolg der Europäischen Union be-
steht gerade darin, dass wir alle unsere Märkte geöffnet
und den politischen Mut gehabt haben, darauf zu bauen,
dass wir letztendlich alle gewinnen, wenn wir unsere
Märkte auch für unsere Nachbarn öffnen. Das war das
Erfolgsrezept der Europäischen Union. In diesem Sinne
ist der Kompromiss der Dienstleistungsrichtlinie außer-
ordentlich enttäuschend.

An dieser Stelle lässt sich auch noch die Position der
Bundesregierung zur Freizügigkeit anführen, die eben-
falls von großer Mutlosigkeit geprägt ist. Es ist sehr
schade. Sie verschenken eine große Chance, zu zeigen,
welchen Mehrwert Europa bringen kann.


(Beifall bei der FDP)


Lassen Sie mich zur Verfassungsdebatte nur so viel
feststellen: Sie haben sich im Koalitionsvertrag sehr viel
vorgenommen. Inzwischen haben Sie erkannt, dass das,
was Sie angepeilt haben – nämlich schnell neue Impulse
zu geben –, nicht realistisch ist, und jetzt rudern Sie zu-
rück. Die Kanzlerin rudert zurück, auch öffentlich.

Ich glaube, dass es neben der Denkpause, die wir hin-
sichtlich der Verfassung einlegen müssen, wichtig ist, in
der Zeit bis zur Ratifikation der Verfassung Erfolge vor-
zuweisen. Es wird nicht genügen, den Text etwas zu än-
dern. Für die Stimmung in den Mitgliedsländern wird
vielmehr wichtig sein, klar zu machen, dass Europa ein

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(C (D rfolg und für die Bürger von Vorteil ist. Daran müssen ir in den nächsten Monaten und Jahren arbeiten. Vielen Dank. Ich erteile das Wort Kollegen Manfred Grund, Frak ion der CDU/CSU. Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle en! Sehr verehrte Damen und Herren! Es muss schon twas Besonderes passiert sein, wenn sich der Deutsche undestag innerhalb von drei Wochen zweimal mit eiem Thema, mit einem Land wie Belarus beschäftigt, nd dies sogar – abweichend von der Tagesordnung – in er Haushaltswoche. Was ist passiert? Warum weichen ir von der Tagesordnung ab? Es ist uns nicht egal, enn in einem europäischen Land, anderthalb Flugstunen von hier entfernt, Tausende Menschen mit Polieiknüppeln durch die Straßen getrieben werden, nur eil sie von ihrem Menschenrecht auf Demonstrationsnd Versammlungsfreiheit Gebrauch machen. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der FDP)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1602805500
Manfred Grund (CDU):
Rede ID: ID1602805600

s ist uns nicht egal, wenn Tausende verhaftet und in
efängnisse gebracht werden – die Angehörigen erfah-

en noch nicht einmal, wo sie sind – und ihnen Haftstra-
en von bis zu zwölf Jahren drohen, nur weil sie von die-
em Recht Gebrauch gemacht haben. Es darf uns nicht
gal sein, wenn Menschen beginnen, ihre Angst vor ei-
er Diktatur zu überwinden. Das bedarf unserer aktiven
nterstützung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Liebe Frau Knoche, ich verstehe oft nicht die mögli-
herweise besondere Affinität der Linkspartei zu Dikta-
uren. Ob es Milošević oder Saddam Hussein gewesen
st, ob es Fidel Castro oder Lukaschenko ist, ich verstehe
icht, was an der Politik dieser Diktatoren sozialistisch
der demokratisch sein soll. Sie ist einfach reaktionär
nd menschenverachtend.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der LINKEN)


Am 19. März dieses Jahres fanden Präsidentschafts-
ahlen in Belarus statt. Diese Wahlen waren per se ille-
itim; denn sie beruhten auf einer Verfassungsänderung,
uf einem Referendum vom 17. September 2004, mit
em sich Lukaschenko die Möglichkeit verschafft hat,
u einer dritten bzw. sogar zu einer vierten Amtszeit an-
utreten. Die OSZE-Beobachter, die schon 2004 dort ge-
esen sind, bestätigen: Diese Wahlen waren gefälscht
nd widersprachen der belarussischen Verfassung. Das
teht unzweifelhaft fest.

Nun hat sich Lukaschenko am 19. März selbst inthro-
isiert. Er hätte durchaus die Möglichkeit gehabt, sich
inen demokratischen Anschein zu geben; denn 50 bis






(A) )



(B) )


Manfred Grund
60 Prozent der belarussischen Gesellschaft – wir können
es nicht genauer quantifizieren – sind durchaus mit der
wirtschaftlichen Situation einverstanden. Hinzu kommt,
dass die Entwicklungen in den Nachbarländern alles an-
dere als ermutigend sind. Den Belarussen fehlt es erstens
an Perspektiven und zweitens an Informationen.

Ich, der ich zusammen mit anderen Kollegen als
Wahlbeobachter dort gewesen bin – es wäre wünschens-
wert gewesen, wenn auch die Linksfraktion einen Wahl-
beobachter gestellt hätte – und erlebt habe, wie man
Wahlen manipuliert und Menschen einschüchtert, weil
ich aus einer Diktatur komme, habe in Belarus die glei-
che Situation vorgefunden, die ich bis 1989 in der DDR
zur Genüge erlebt habe. Den Menschen werden Informa-
tionen vorenthalten. Sie leben in Angst und Abhängig-
keit und es fehlt ihnen an Perspektiven. Wir konzedieren
aber mit Freude, dass die Belarussen beginnen, ihre
Angst abzulegen, und dass sich die Oppositionsparteien
das erste Mal seit 1996 organisieren und sich mit
Alexander Milinkewitsch auf einen Kandidaten verstän-
digt haben, der durchaus in der Lage ist, Vertrauen zu
vermitteln.

Die entscheidende Frage ist aber, wie die Menschen
nicht nur in Minsk, sondern auch in der belarussischen
Provinz informiert werden können. Hier haben wir, die
Europäische Union und insbesondere Deutschland, mit
Informationsprogrammen, mit Radioprogrammen zu
wirken begonnen, um das Meinungsmonopol des Staates
bzw. des Regimes zu brechen. Wir sollten an diesen In-
formationsprogrammen festhalten bzw. sie sogar aus-
dehnen.


(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Ulla Burchardt [SPD])


Wir wollen keine Subversion ausüben. Aber wir wollen,
dass die Menschen Informationen bekommen. Das ist
der erste Punkt.

Zweitens. Mit unserem fraktionsübergreifenden An-
trag – eine Fraktion trägt ihn nicht mit – fordern wir
Lukaschenko und sein Regime auf, die Verhafteten frei-
zulassen bzw. für faire und transparente Verfahren zu
sorgen, zu denen auch die Öffentlichkeit zugelassen ist.
Wir möchten, dass Alexander Kosulin, einer der Opposi-
tionsführer, umgehend freigelassen wird und dass ein in-
tensiver Dialog darüber geführt wird – das sage ich an
die Adresse der Europäischen Union, aber auch an die
unserer Regierung –, wie wir in Zukunft mit dem Re-
gime in Belarus umgehen sollen. Welches Angebot ha-
ben wir im Rahmen der europäischen Nachbarschafts-
politik zu machen? Bei welchen Angeboten ist das
Regime bereit, mit uns zusammenzuarbeiten? Wie kön-
nen wir die Zivilgesellschaft und die Opposition stär-
ken? Das hat viel mit Information zu tun.

Möglicherweise, Herr Kollege Trittin, müssen wir uns
auch überlegen, ob wir demnächst tatsächlich 60 Euro
für ein Schengenvisum nehmen können, das jemand aus
Belarus braucht, um in die baltischen Staaten, nach
Polen oder nach Deutschland zu kommen. Ich glaube,
dass wir in der Lage sind, Visaerleichterungen von Visa-
missbrauch zu trennen. Wir sind aufgefordert, der bela-

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(C (D ussischen Zivilgesellschaft Informationen zukommen u lassen und sie auf ihrem Weg zu ermutigen. Bei den Gesprächen, die wir mit Russland führen, ürfen wir Belarus nicht ausnehmen. Der Schlüssel für ie Lösung der Situation in Belarus liegt nämlich in ussland. Russland subventioniert die belarussische irtschaft mit wahrscheinlich 7 Milliarden Euro im ahr; ohne diese Mittel würde das System in sich zusamenbrechen. Also: Dialog mit Russland und der Opposition in elarus, abgestimmte Initiativen innerhalb der Europäi chen Union, in jeder Weise Ermutigung der belarussichen Zivilgesellschaft, die Gott sei Dank beginnt, ihre ngst vor dem Diktator zu überwinden. Dazu braucht nser Antrag eine breite Zustimmung. Wir selbst brauhen einen langen Atem, weil sich das Problem nicht on heute auf morgen lösen lassen wird. Demokratischer andel braucht eben etwas länger. Wir sind aber auf ei em guten Weg und dafür bin ich uns und Ihnen allen ehr dankbar. Herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1602805700

Ich erteile das Wort Kollegen Norman Paech, Frak-

ion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Norman Paech (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1602805800

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Bun-

esaußenminister, Sie haben es erwähnt: Morgen emp-
angen Sie Vertreter der fünf ständigen Mitglieder des
NO-Sicherheitsrates, um mit ihnen ein Problem zu be-

prechen, das die USA als das größte außenpolitische
roblem der nächsten Zukunft bezeichnet haben, näm-

ich das iranische Atomprogramm. Nun haben die
SA sich entschlossen, wie damals im Falle des Iraks
en Schraubstock des UN-Sicherheitsrats auch dem Iran
nzulegen. Man weiß allerdings nie, wer dabei mehr in
ie Klemme kommt: der, der dreht, oder der, der einge-
lemmt werden soll.


(Beifall bei der LINKEN)


Sie versichern zwar immer – ich glaube Ihnen das
uch –, Herr Steinmeier, dass es nicht zu militärischen
anktionen kommen soll. Aber was verleitet Sie eigent-

ich, Ihren Kollegen Rumsfeld und Cheney nicht zu
lauben, die immer wiederholen, dass nichts ausge-
chlossen werden darf und damit auch nicht die militäri-
che Option? Wer sich – das ist die Warnung – in den
echanismus des UNO-Sicherheitsrats begibt, wird es

chwer haben, sich aus ihm wieder herauszulösen, bevor
lle seine Mittel ausgeschöpft sind. Kapitel VII der
NO-Charta ist in den Händen Ihrer Kollegen ein ver-
iftetes Friedensangebot, weil die militärische Option
mmer enthalten ist.


(Beifall bei der LINKEN)







(A) )



(B) )


Dr. Norman Paech
Vor zwei Tagen erst hat das hier in Berlin eine große
Rolle gespielt, als der ehemalige US-Sicherheitsberater
Zbigniew Brzezinski auf einem Forum der Hessischen
Stiftung Friedens- und Konfliktforschung diese Option
als ein Hindernis für die Verhandlungen bezeichnet hat,
weil sie auf der Seite derer, mit denen man verhandeln
will, eigentlich nur Furcht erzeugt. Wenn Sie, Herr Bun-
desminister, den Verhandlungsweg noch nicht abge-
schrieben haben, wird es morgen auch um einen Kom-
promissvorschlag an den Iran gehen, das heißt konkret:
um den Abschied von der Maximalforderung an den
Iran, vollständig und auf unbestimmte Zeit auf die Uran-
anreicherung zu zivilen Zwecken zu verzichten. Staats-
minister Erler hat einen solchen Schritt bereits angedeu-
tet und das ist sehr positiv.

Machen wir uns Folgendes einmal klar: Da geben
sich die Staaten einen Atomwaffensperrvertrag als
Atomwaffenordnung und dann kommen die mächtigsten
Staaten daher und zwingen die schwächeren Staaten, auf
die Rechte aus diesem Vertrag zu verzichten. Gleichzei-
tig kümmern sich die stärksten Staaten einen Dreck um
ihre eigenen Verpflichtungen aus diesem Vertrag,


(Beifall bei der LINKEN)


indem sie immer neue Generationen von Atomwaffen
– ob Mininukes oder Trident-Nachfolger – entwickeln.
Diesen Zynismus können Sie niemandem vermitteln; so
etwas ist zutiefst unglaubwürdig.


(Beifall bei der LINKEN)


Eine Maxime jeder glaubwürdigen Außenpolitik lautet
doch: Behandle andere nach den gleichen Prinzipien,
nach denen du selbst behandelt werden möchtest!

Das gilt auch für einen zweiten Konflikt, den ich an-
sprechen möchte und der seit langem die Form eines
Zermürbungskrieges angenommen hat, den Konflikt
zwischen Palästina und Israel. Ohne eine Lösung wird
der ganze Nahe und Mittlere Osten nie zur Ruhe kom-
men. Sie kennen den Vorschlag, den wir gemacht haben:
eine Konferenz für Frieden und Zusammenarbeit im Na-
hen Osten einzuberufen, die nicht nur helfen soll, das Pa-
lästinaproblem, sondern auch das Problem des irani-
schen Atomprogramms zu lösen. Nach zwei Wahlen in
Palästina und in Israel kann die deutsche Außenpolitik
ihre immer zu Recht betonte Verantwortung für die Re-
gion nicht mehr dadurch erfüllen, dass sie auf der einen
Seite Druck erzeugt, der anderen Seite aber alles, was sie
macht, ohne einen offenen Kommentar durchgehen lässt.

Es ist vollkommen richtig, von einer von der Hamas
geführten Regierung die Anerkennung des Existenz-
rechts Israels, die Einhaltung der abgeschlossenen Ver-
träge und der internationalen Verträge und die Einstel-
lung aller Terrorakte und aller Gewalt zu fordern. Aber
fordern Sie auch von der neuen Regierung in Jerusalem
nicht nur die Einhaltung der Roadmap, die – auch durch
die vergangene israelische Regierung – vollkommen
verschlissen ist, sondern auch ganz konkret die Anerken-
nung eines souveränen palästinensischen Staates, die
Einhaltung aller Verträge und des Völkerrechts, die Auf-
gabe der Besatzung der Westbank und den Abzug aller

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(C (D iedler sowie die Einstellung des Terrors der gezielten ötungen. Erst wenn Sie mutig auch an diese Seite des Konflikts erangehen, zeigt sich die wahre Verantwortung der eutschen Außenpolitik. Und nur dann kann es eine daurhafte Lösung des Konflikts im Nahen und Mittleren sten geben. Danke sehr. (Beifall bei der LINKEN – Markus Löning [FDP]: So toll war die Rede auch wieder nicht!)


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1602805900

Ich erteile das Wort Kollegin Marieluise Beck, Frak-

ion Bündnis 90/Die Grünen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Marieluise Beck (Bremen) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
EN):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nur

in Satz zu Herrn Paech: Wer sich in dieser Weise von
er Politik der Vereinten Nationen absetzt, für den bleibt
ur noch nationale oder nationalistische Politik. Das
öchte ich hier festhalten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ich bin dem Kollegen Grund sehr dankbar – wir wa-
en uns über alle Fraktionen hinweg darin einig –, dass
r so eindringlich die Situation in Belarus geschildert
at. Es gibt seitenlange Listen mit Verhafteten. Es gibt
erichte von jungen Frauen, von Studentinnen, dass sie

n der Haft von Milizen mit Vergewaltigung bedroht
orden sind und ihnen gesagt worden ist, sie würden in
en Wald verschleppt und dort umgebracht. Es geht dort
lso ganz fürchterlich zu.

Wir sollten uns darüber im Klaren sein: Das eigent-
ich Entscheidende wird sein, dass wir unser Interesse an
elarus aufrechterhalten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


ir haben in kurzer Zeit zweimal darüber debattiert. Sie
aben sicherlich eine realistische Einschätzung gegeben,
ls Sie sagten, wir würden einen langen Atem brauchen.
ie Reformbewegung und die Opposition werden einen

angen Atem brauchen. Deswegen brauchen auch wir ei-
en langen Atem.

Es gibt über ganz vieles Einigkeit: Das Regime
ukaschenko ist diktatorisch. Die Wahlen waren weder

rei noch fair. Das Lukaschenko-Regime ist für uns kein
artner. Es gibt Einigkeit in der Forderung nach Freilas-
ung der Verhafteten. Ich möchte noch einmal daran
rinnern, dass es nach wie vor seit dem 16. Septem-
er 1999 vier Verschwundene gibt, deren Schicksal nie
ufgeklärt worden ist, und es gibt einen ehemaligen






(A) )



(B) )


Marieluise Beck (Bremen)

Oppositionsführer, der auch schon sehr profiliert war,
Herrn Marinitsch, der mit seiner Verhaftung aus dem
Verkehr gezogen worden ist und fast schon vergessen zu
werden droht. Das darf nicht noch einmal mit
Milinkewitsch passieren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Es gibt aber auch eine andere Entwicklung. Die Angst
scheint gebrochen zu sein. Es gibt eine sichtbare Opposi-
tion und es gibt Führungspersonen in dieser Opposition.
Wir können vor allen Dingen feststellen: Der nächste
Anlauf wird von einem höheren Niveau aus beginnen.

Die Frage ist jetzt, was es für uns zu tun gibt. Wir ha-
ben eben über die Informationspolitik gesprochen. Die
Reichweite des erwähnten Radiosenders ist vollkommen
unzulänglich. Da muss etwas passieren. Zum Beispiel
muss der Visabann auf diejenigen ausgeweitet werden,
die sich Verbrechen schuldig machen. Ich glaube, da
sind wir uns einig, Stichwort „Einfrierung von Aus-
landskonten“.

Sanktionen zu verhängen, ist ein zweischneidiges
Schwert. Wir wissen, dass Saddam Hussein ökonomi-
sche Misswirtschaft immer auf Sanktionen statt auf die
eigene Politik schieben konnte. Wir sollten wissen: Bela-
rus exportiert Energie, die es billig von Russland be-
kommt, und erzeugt Düngemittel in großem Umfang.
Wir sind Abnehmer. Devisen sind ein mächtiges Mittel.
Über diesen Zusammenhang ist nachzudenken.

Das Wichtigste bleibt allerdings die Unterstützung
der mutigen Menschen in Belarus. Wir wissen, es sind
vor allen Dingen junge, gut ausgebildete Menschen, die
sich in dieses dumpfe System Lukaschenko nicht mehr
einbinden lassen wollen. Hier kommt jetzt unsere Ver-
antwortung ins Spiel. Wir wissen, dass viele dieser jun-
gen Menschen eine Exmatrikulation zu erwarten haben.
Uns ist bekannt, dass viele Wissenschaftler nicht mehr
werden weiterarbeiten können. Wir sollten dem Beispiel
der polnischen Rektorenkonferenz folgen. Sie hat sich
dazu bereit erklärt, 200 Studenten an polnischen Univer-
sitäten aufzunehmen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Ich hoffe – damit verbunden ist ein eindringlicher Ap-
pell –, dass wir uns in Deutschland – vielleicht sogar zu-
sammen mit Frankreich und Polen – zu einer solchen
Initiative durchringen können; denn sonst leisten wir
keine Unterstützung, sondern weinen nur Krokodilsträ-
nen. Das sollten wir nicht tun. Um es hier klar zu sagen:
Es wird dabei auch um Stipendien gehen, um Sprach-
kurse und Ähnliches mehr.

Über die Frage der restriktiven Visavergabe kann
hier anscheinend wieder rational gesprochen werden.
Wer sich isoliert, der darf sich nicht wundern, dass der
Informationsaustausch nicht funktioniert. Wir müssen
nach Wegen der Öffnung suchen. Die 60 Euro für ein

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(C (D chengenvisum sind ein Riesenproblem. Auch darüber st zu sprechen. Wir alle wissen, dass der Schlüssel zur Lösung der robleme in Russland liegt. Deswegen möchte ich den lick sehr gern noch kurz auf die Entwicklung der russi chen Innenpolitik lenken. Die Bundeskanzlerin hat geagt, es geht um eine strategische Partnerschaft mit ussland. Ich frage jetzt noch einmal: Was heißt das onkret? Wir sehen mit ganz großer Sorge, dass durch as NGO-Gesetz die demokratischen Strukturen und die ivilgesellschaft in Russland immer stärker unter Druck esetzt werden. Es gibt eine Kampagne gegen Nichtreierungsorganisationen, insbesondere gegen Bürgerechtsorganisationen, an allererster Stelle gegen die Rusisch-Tschetschenische Freundschaftsgesellschaft. Es at einen Grund, dass ein massiver Druck auf diese Oranisation ausgeübt wird. Die Kampagne richtet sich ber auch gegen Memorial, gegen die Moskauer Helinki-Gruppe und gegen die Soldatenmütter. Das alles muss uns interessieren, denn dort befindet ich der Keim der Demokratie in Russland. Man verucht jetzt, ihn zu zerstören, indem man den Vorwurf erebt, ausländische Gelder würden genutzt, um umstürzerische Kräfte zu unterstützen. Putin weiß, dass das icht wahr ist. Der ihn stützende FSB weiß das auch. as müssen wir deutlich aussprechen und wir müssen an er Seite dieser NGOs stehen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Wir müssen in diesem Haus auch wieder über Tschet-
chenien reden. Die schwierigen Auseinandersetzungen
m Irak, der Extremismus eines Ahmadinedschad, das
eltweite islamistische Terrornetz, das alles rechtfertigt
icht die nackte, oft ziellose und immer haltlosere Ge-
alt gegenüber den Tschetschenen, übrigens auch ge-
enüber Inguschen, Nordosseten und anderen nordkau-
asischen Völkern. Entführungen, wahllose
erhaftungen, Folter, erpresste Geständnisse, erzwun-
ene Denunziationen, ein Marionettensystem Kadyrow,
as immer mehr paramilitärische Terrortruppen entwi-
kelt, das alles dürfen wir hier nicht schweigend hinneh-
en.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN, der CDU/CSU und der FDP)


erzeit hat niemand eine Antwort darauf, wie es in
schetschenien weitergehen soll.

Anders als damals aus Bosnien gibt es aus Tschet-
chenien keine Bilder. Ich fordere dieses Haus und auch
ie Regierung auf, den Blick dennoch wieder in den
ordkaukasus zu richten und dem strategischen Partner
ussland sehr deutlich zu sagen, dass G 8 zu G 7 wird,
enn man nicht zu Rechtstaatlichkeit und Demokratie

urückkehrt.


(Markus Löning [FDP]: Warum haben Sie nie Schröder aufgefordert, das zu machen? – Gegenruf der Abg. Claudia Roth [Augsburg] Marieluise Beck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie wissen doch, dass wir das gemacht haben!)





(A) )


(B) )


Für den Europarat heißt das: Einen Vorsitz kann nicht
haben, wer im Windschatten des Kampfes gegen den is-
lamistischen Terror viele Menschen im Kaukasus zu Un-
recht terrorisiert.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Menschenrechte
sind unteilbar. Wir sind uns in diesem Haus darüber
weitgehend einig. Ich wünsche mir sehr, dass wir auch in
diesem Hause, im Plenum und im Ausschuss, wieder
über das schwierige Thema Tschetschenien sprechen.

Schönen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1602806000

Ich erteile das Wort Kollegen Axel Schäfer, SPD-

Fraktion.


Axel Schäfer (SPD):
Rede ID: ID1602806100

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es

ist erfreulich, dass es in diesem Hause in der außen- und
europapolitischen Debatte unter vier Fraktionen eine
große Übereinstimmung gibt, vor allem weil das nicht
überall in Europa der Fall ist.


(Beifall des Abg. Lothar Mark [SPD])


Dennoch sollten wir gerade auf dieser Grundlage durch-
aus unterschiedliche Pointierungen vornehmen. Es
kommt ja nicht nur darauf an, dass man diskutiert, son-
dern auch darauf, wie man diskutiert. Also: nach vorn
gewandt, mit Mut und nicht mit Kleinmut!

Der erste Punkt. Wir setzen den europäischen Ver-
fassungsprozess fort. Ende dieses Jahres werden zwei
Drittel aller Länder ratifiziert haben; wir sind dabei. Wir
sollten diejenigen, die jetzt die Ratspräsidentschaft über-
nehmen – Portugal, Tschechien, Schweden –, daran erin-
nern, dass sie eine besondere Verantwortung haben, in
der Zeit ihrer Präsidentschaft die Ratifizierung erfolg-
reich durchzuführen.


(Beifall bei der SPD)


Wenn wir diesen Prozess am Leben halten, setzen wir
auch ein eindeutiges Kontra zu Sprüchen wie „Die Ver-
fassung ist tot“ oder „Nizza oder der Tod“. Wir können
seriös nicht vor 2009 entscheiden, wie bestimmte Pro-
bleme überwunden werden müssen; Stichwort: die bei-
den Referenden in den Niederlanden und in Frankreich.

Ein Zweites. Die Beitrittsperspektive bleibt. Europa
ist für europäische Länder offen, seit die Grenzen offen
sind. Es darf sich keine Methode entwickeln, die da
heißt: Das Boot ist voll. – Das Boot braucht wohl eine
neue Steuerung und einen stärkeren Motor, aber wir
müssen die von uns eingegangenen Verpflichtungen er-
füllen und mit der europäischen Perspektive auch allen
Hoffnungen gerecht werden, die in den Ländern beste-
hen. Gleichzeitig müssen wir deutlich machen – da sind
wir wieder bei der Verfassung –, dass die Aufnahme
weiterer Staaten nur möglich ist, wenn wir eine gemein-

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(C (D ame europäische Verfassung beschlossen haben. Das ehört zusammen. Ein Drittes. Wir lösen Probleme. Die Europäische nion ist in der Globalisierung – das sollten wir deut ich machen – ein Mittel, Politik zu gestalten, nicht ein eil des Problems. Deshalb ist es so wichtig, dass die rsten Schritte der großen Koalition in Europa gemacht urden. Bei der Finanziellen Vorausschau und jetzt bei er Dienstleistungsrichtlinie ist Übereinstimmung erzielt orden und sind Dinge nach vorn gebracht worden. Ein vierter Punkt. Wir widersprechen klar allen neoationalistischen oder populistischen Reden, auch dort, o das bis hin in hohe Regierungskreise oder bis an die pitze von Nachbarstaaten geht, selbst wenn diese Läner uns wichtig sind und wir alle die Menschen dort möen. Das sage ich bewusst auf der einen Seite in Richung Dänemark und auf der anderen Seite in Richtung olen. Entsprechendes gilt aber auch für unser Land. Eine orm, Euroskeptizismus und Nationalismus zu fördern, st das, was wir leider von der Linkspartei hören. as ist im Übrigen der Abschied von europäischen Traitionen, die von bedeutenden Menschen wie Altiero pinelli begründet worden sind. Ein Fünftes. Wir Deutsche haben eine besondere Verntwortung. Das wird sich auch in der Ratspräsidentchaft zeigen. Aber wir müssen bestimmte Dinge schon etzt praktizieren. Wir fangen damit an, zum Beispiel mit er Übereinkunft von Bundestag und Bundesregierung ber eine stärke Europäisierung des Parlaments. Ich ündige hier für die SPD an: Wir werden einmal chauen, ob es 2009 gelingt, dass unser Kandidat oder nsere Kandidatin aus Deutschland für die EU-Kommision hier vor diesem Hause in einer öffentlichen Anhöung zu Europa Rede und Antwort steht, bevor er oder ie in Brüssel angehört wird. Das wäre ein guter Beitrag. (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der SPD)


(Zuruf der Abg. Uta Zapf [SPD])


(Beifall des Abg. Markus Löning [FDP])


Zusammenfassend Folgendes, liebe Kolleginnen und
ollegen: Wir leisten als Deutsche einen Beitrag zu
uropa. Der deutsche Europabeitrag in der ersten Hälfte
es 20. Jahrhunderts waren der Griff danach, Weltmacht
u werden, und der Weltkrieg. Der deutsche Beitrag in
er zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts war, in einem
emeinsamen Europa als Deutsche dem Frieden in der
elt zu dienen. Daran arbeiten wir; das ist wichtig. Das

st deutsche Politik in Europa; das ist europäische Politik
n Deutschland.


(Beifall bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1602806200

Kollege Schäfer, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

ollegen Dehm? – Das verlängert Ihre Redezeit.






(A) )



(B) )


Axel Schäfer (SPD):
Rede ID: ID1602806300

Meine Redezeit war schon zu Ende.


(Heiterkeit bei der SPD – Zuruf von der FDP: Dann kriegen Sie neue!)



Dr. Jörg-Diether Dehm-Desoi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1602806400

Ich frage Sie trotzdem sehr gerne, Kollege Schäfer.

Geben Sie mir Recht, dass es keinen Hauch von Natio-
nalismus gibt, wenn man sich auf den heißen konstitutio-
nellen Atem unseres Grundgesetzes von 1949 und nicht
auf den eiskalten Hauch des Neoliberalismus bezieht, in-
dem man in einer neuen europäischen Verfassung, in ei-
nem neuen Europa die Sozialbindung des Eigentums
nach Art. 14 – „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch
soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen“ –
verankert, statt Neoliberalismus hineinzuwünschen?


(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Dehm, ich würde Ihnen mal empfehlen, zu lesen, was da drinsteht!)



Axel Schäfer (SPD):
Rede ID: ID1602806500

Die europäische Verfassung hat wichtige, zentrale

Elemente des Grundgesetzes übernommen. Sie brauchen
hier keine Ausrede zu finden, warum Sie zusammen mit
den französischen Neofaschisten eine Kampagne gegen
die EU-Verfassung machen. Dafür gibt es keine Ent-
schuldigung!


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1602806600

Ich erteile das Wort Kollegen Harald Leibrecht, FDP-

Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Harald Leibrecht (FDP):
Rede ID: ID1602806700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das

weißrussische Volk hat gewählt; aber eine echte Wahl
war es nicht. Ich danke den Wahlbeobachtern, auch aus
diesem Hohen Haus, die nach Weißrussland gefahren
sind, sich die Sache dort angeschaut haben und scho-
ckiert zurückgekommen sind. Das weißrussische Volk
wurde einmal mehr von Lukaschenko betrogen; das
müssen wir deutlich und klar aussprechen.


(Beifall bei der FDP)


Der Betrug fing bereits sehr viel früher an, schon bei der
Kandidatenaufstellung, und hat sich durch den ganzen
Wahlkampf gezogen.

Ein Regime wie in Weißrussland, das die Menschen-
rechte mit Füßen tritt, das seinem eigenen Volk freie
Wahlen abspricht, das friedliche Demonstranten mit
Knüppeln niederschlägt und unbequeme Kritiker ohne
Grund verhaften lässt, muss endlich deutlich und klar
von der internationalen Völkergemeinschaft in die
Schranken gewiesen werden.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


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(C (D ie Wahlen dort waren eine Farce und alle wissen das. ch hoffe, dass auch die Linken sich davon einmal übereugen lassen. Meine Damen und Herren, die weißrussische Opposiion hat sich nach Kräften bemüht, den Wählern trotz aler Behinderungen, Einschüchterungen und Verhaftunen eine echte Alternative zu bieten; doch sie hatte von nfang an keine Chance. Ich bewundere den großen ut und die Zivilcourage der Menschen, die nach die em Wahlbetrug in Minsk auf die Straße gingen. (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


atürlich werden hier Erinnerungen an die orangene Re-
olution in der Ukraine wach, wo die Demokratie bei
en Parlamentswahlen am vergangenen Sonntag letzt-
ndlich wieder beeindruckend bestätigt wurde.

Jetzt geht es darum, das weißrussische Volk, die De-
okraten dort nicht allein zu lassen. Die Menschen in
eißrussland haben wahrlich etwas Besseres verdient

ls diesen ewiggestrigen Diktator Lukaschenko.


(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich danke Kollegen Grund, dass er klar ausgespro-
hen hat, dass gerade wir Deutschen im wiedervereinig-
en Deutschland eine besondere Verantwortung haben,
emokratische Kräfte in unterdrückten Staaten zu
nterstützen. Ich bin froh über die Debatte, die wir heute
ier führen, und über den interfraktionellen Antrag. Das
ind, glaube ich, ganz wichtige Signale, die zur richtigen
eit aus diesem Hohen Haus kommen. Solche Signale
er Unterstützung und der Solidarität werden in Weiß-
ussland durchaus gehört, auch wenn es dort nach wie
or große Unterdrückung und Einschränkungen der
ressefreiheit gibt.

Mit dieser Debatte machen wir Lukaschenko und Co
nmissverständlich deutlich, dass wir die Existenz eines
nterdrückungsregimes mitten in Europa nicht einfach
innehmen. Wir Deutschen, aber auch die anderen euro-
äischen Regierungen müssen jetzt endlich handeln. Wir
üssen die Demokratiebewegung dort unterstützen, mit
ontakten, Besuchen und Einladungen, aber natürlich

uch mit Geld, Material und Informationen. Wir müssen
uch Sanktionen gegenüber der weißrussischen Nomen-
latura durchsetzen, also zum Beispiel Konten einfrieren
der weitere Reisebeschränkungen für politische Füh-
ungskräfte aussprechen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


a muss auch Russland mitmachen.

Ich bin Frau Kollegin Beck für ihre klaren Worte dank-
ar. Wir haben diese oft eingefordert. Aber ich hätte mir
iese kritischen Worte im Hinblick auf die demokratische
ntwicklung in Russland, über die wir sehr besorgt sind,
amals von unserem früheren Außenminister Fischer und
em früheren Bundeskanzler Schröder gewünscht.

Danke schön.






(A) )



(B) )


Harald Leibrecht

(Beifall bei der FDP – Markus Löning [FDP]: So ist das! – Marieluise Beck [Bremen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wollen Sie mich demnächst als Außenministerin haben? – Gegenrufe von der CDU/CSU: Ja!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1602806800

Ich erteile das Wort Kollegen Thomas Silberhorn,

CDU/CSU-Fraktion.


Thomas Silberhorn (CSU):
Rede ID: ID1602806900

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Selten stand eine Bundesregierung in der Au-
ßen- und Europapolitik so kurz nach Regierungsantritt
vor so gewaltigen und auch drängenden Herausforderun-
gen. Ich glaube, es ist sowohl der Bundeskanzlerin als
auch Ihnen, Herr Bundesaußenminister, ausgesprochen
gut gelungen, mit Umsicht, mit Hartnäckigkeit und mit
einigem Geschick diese Herausforderungen anzugehen
und zu zeigen, dass Sie Ihr Amt vom ersten Tag an im
Griff haben. Deswegen möchte ich die Gelegenheit nut-
zen, Ihnen dafür ein herzliches Dankeschön zu sagen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Die Herausforderungen, vor denen wir stehen, sind in
der Tat gewaltig. Gestatten Sie mir, dass ich mich hier
auf die europäischen Fragen beschränke.

Die Europäische Union hat nach der Osterweiterung
und nach dem Scheitern des Verfassungsvertrages in den
Niederlanden und in Frankreich ihren neuen Rhythmus
ersichtlich noch nicht gefunden. Ganz im Gegenteil: Wir
müssen feststellen, dass die Heterogenität in den Mit-
gliedstaaten zugenommen hat. Wir müssen auch feststel-
len, dass ganz entgegengesetzte Vorstellungen in der
Ordnungspolitik und bei den integrationspolitischen Zie-
len vorherrschen. Wir müssen erneut folgende Fragen
beantworten: Wollen wir in Richtung Liberalisierung
oder in Richtung eines neuen Wirtschaftspatriotismus
gehen? Wollen wir weiterhin vertiefte Integration oder
wollen wir zurück zu einer gehobenen Freihandelszone?

Es ist an der Zeit, dass wir gemeinsam unsere Ziele
neu definieren und den Kurs neu bestimmen. Für mich
ist dabei klar: Wir können nicht den Weg zurück in Rich-
tung einer neuen Abschottung gehen. Dieser Weg ist si-
cherlich nicht dazu geeignet, die vor uns stehenden He-
rausforderungen zu bewältigen. Wir müssen vielmehr
weiter nach vorne schauen. Dabei dürfen wir aber nicht
in eine operative Hektik verfallen, solange noch weitge-
hend geistige Windstille über den zukünftigen Kurs
herrscht. Ich rate uns deswegen, beim Vorwärtsgehen
nicht so schnell zu laufen, dass wir über die eigenen
Füße stolpern, wie das jetzt beim europäischen Verfas-
sungsvertrag passiert ist. Ich hoffe, dass dies im Hinblick
auf die Erweiterungsstrategie nicht ein weiteres Mal pas-
siert.

Ein erster denkbarer Schritt ist die Hinwendung zu ei-
ner soliden Finanzpolitik in der Europäischen Union.
Ich möchte dieses Thema im Rahmen dieser Haushalts-
debatte nur kurz streifen. Das betrifft zwar erst die
Haushalte ab 2007, aber ich denke, es muss auch in der

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(C (D uropäischen Union deutlich werden, dass der von der egierungskoalition gewählte Dreiklang – sanieren, re ormieren und investieren – auch in der Europäischen nion beherzigt wird. Die Europäische Union darf sich icht von den internen Problemen, vor denen die Mitliedstaaten stehen, abkoppeln. Eine solide Haushaltspoitik ist sicher nicht die allein selig machende Politik für ehr Wachstum und Beschäftigung. Aber sie ist unab ingbar dafür, dass wir auf diesem Weg vorankommen. Wir müssen deshalb an die Adresse unserer Kollegen m Europäischen Parlament deutlich sagen, dass wir erarten, dass auch die Europäische Union spart und eine olide Haushaltspolitik betreibt. Ich möchte in diesem usammenhang die Bundesregierung ermutigen, an der usgabenobergrenze, die beim Europäischen Rat in rüssel im Dezember vereinbart worden ist, festzuhalten nd sie nicht neu zu verhandeln. Es gibt genügend elegenheiten für die Kollegen aus dem Europäischen arlament, auf der Ausgabenseite Umschichtungen vorunehmen. Ich erinnere daran, dass beim Forschungsrahenprogramm 20 Prozent des Haushaltsvolumens für ie Verwaltung aufgewandt werden. Bei den Programen SOKRATES und LEONARDO sind es etwa 40 Pro ent. Daran erkennt man, dass es in der Tat eine ganze eihe von Punkten gibt, die das Europäische Parlament erändern kann. Kollege Silberhorn, gestatten Sie eine Zwischenfrage es Kollegen Dehm? (Zuruf von der CDU/CSU: Schon wieder? – Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Er hat es doch schon tausendmal probiert!)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1602807000


Thomas Silberhorn (CSU):
Rede ID: ID1602807100

Ja, bitte schön.


Dr. Jörg-Diether Dehm-Desoi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1602807200

Nachdem ich die Redezeit des einen Koalitionspart-

ers verlängert habe, möchte ich das in paritätischer
eise auch für den anderen Koalitionspartner tun.

Herr Kollege Silberhorn, Sie waren mit uns in Paris.
ieses Treffen hat sowohl in der Rede des Kollegen
rittin wie auch vorhin in der Rede des Kollegen Schäfer
ine Rolle gespielt. Als Kollege Schäfer die Nähe zu den
eofaschisten aufgemacht hat, hat es ganz gewiss nicht
ur uns, sondern auch einigen anderen den Atem ver-
chlagen. Können Sie sich wirklich dem Eindruck an-
chließen, dass die Gaullisten, Konservativen, Sozialde-
okraten und andere, also diejenigen Kolleginnen und
ollegen aus Frankreich, die mit uns zusammen saßen
nd über die Parteigrenzen hinweg sagten, der Vertrags-
ntwurf der europäischen Verfassung sei gescheitert,
an wolle nicht wieder zurück zu ihm, in irgendeiner
ähe zu den Neofaschisten standen? Können Sie sich
orstellen, warum ausgerechnet während der „Non-
ampagne“, die von Links dominiert wurde, die Akzep-

anz von Le Pen, also der Neofaschisten, auf ein Drittel
esunken ist?






(A) )



(B) )


Thomas Silberhorn (CSU):
Rede ID: ID1602807300

Herr Kollege Dehm, Sie haben schon vorhin an den

heißen Atem appelliert, den Sie dem Grundgesetz ent-
nehmen wollen. Ich meine, dass anstatt des heißen
Atems ein kühler Kopf angebracht wäre, damit Sie sich
in den politischen Aussagen, die Sie zum europäischen
Verfassungsvertrag treffen, nicht in einer Linie mit Par-
teien am rechten Rand wiederfinden.


(Markus Löning [FDP]: Das machen die doch in Deutschland ohne Probleme!)


Ich möchte darauf hinweisen, dass die Kollegen aus
der Assemblée Nationale in Paris den Verfassungsver-
trag keineswegs für tot erklärt, uns aber die Problematik
geschildert haben, dass sie ihrer Bevölkerung nach dem
Scheitern des Referendums nicht ein zweites Mal einen
identischen Vertragstext zur Abstimmung vorlegen kön-
nen, weil sich die Abgeordneten aus der Assemblée Na-
tionale natürlich verpflichtet fühlen – das muss man an-
erkennen –, vor dem Votum ihrer Wähler Respekt zu
bezeugen.


(Zuruf von der FDP: Das ist ja auch richtig so!)


Die Wähler könnten es möglicherweise als einen Affront
empfinden, wenn man den Eindruck erweckt, als müsse
man die Dinge nur richtig erklären und dann würden die
Menschen beim zweiten Mal schon richtig abstimmen.

Das war also keine Absage an den Verfassungsver-
trag. Sie wissen sehr gut, dass es in Frankreich konkrete
Vorstellungen gibt, wie man in Bezug auf diesen Vertrag
weiter vorgehen könnte. Deswegen wird dieser Vertrag
auch von französischer Seite nicht beerdigt. Aber es
wird nach Möglichkeiten gesucht, wie man weiter vor-
gehen kann.

Ich rate dazu, dass wir uns die Denkpause, die die Eu-
ropäische Kommission vorgeschlagen hat, auch wirklich
zu Herzen nehmen und sie möglicherweise bis Mitte
2007, bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die französischen
Wahlen stattgefunden haben, verlängern. Wir sollten
diese Zeit nutzen, von den hehren Zielen des Wün-
schenswerten hin zu dem zu kommen, was in der Situa-
tion, in der wir uns jetzt befinden, tatsächlich machbar
ist.

Wir werden – davon bin ich fest überzeugt – Hand-
lungsdruck bekommen, die institutionelle Reform, die
mit diesem europäischen Verfassungsvertrag angegan-
gen werden sollte, tatsächlich zu erledigen, denn wir se-
hen, dass wir nach dem Beitritt Bulgariens und Rumäni-
ens mit dem Vertrag von Nizza nicht weiterkommen.
Jeder weitere Beitritt setzt zwingend voraus, dass wir die
institutionelle Reform regeln, das heißt, die Europäische
Union tatsächlich handlungsfähig machen. Meine Emp-
fehlung dazu wäre, dass wir spätestens den Beitritt, der
nach dem von Bulgarien und Rumänien folgt, als politi-
schen Hebel nutzen, um Druck zu erzeugen, damit wir
mit der institutionellen Reform – ich füge hinzu: mit all
dem, was ansonsten im Verfassungsvertrag steht – tat-
sächlich vorankommen.

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(C (D Ich darf dann einige Anmerkungen zum Thema innenmarkt machen. Ich glaube, dass es sinnvoll ist, ich in der Zeit, in der wir mit der institutionellen Reorm nicht wirklich weiterkommen, denjenigen Herausorderungen zuzuwenden, die wir im Binnenmarkt haen. Mir scheint, dass auf dem Gipfel letzte Woche inige Ansätze dazu entwickelt wurden. Es ist dringend otwendig, dass wir die Dienstleistungsrichtlinie verbschieden und damit das deutliche Signal setzen, dass ir den Binnenmarkt vollenden wollen. Es ist auch das ignal erforderlich, dass die Überregulierung, die wir uf der europäischen Ebene immer wieder spüren, abgeaut wird; denn auch das ist ein Wachstumshemmnis. Es st erfreulich und zu begrüßen, dass wir in der Energieolitik nun ein europäisches Konzept erarbeiten wollen nd im ersten Halbjahr 2007 im Rahmen der deutschen atspräsidentschaft die Gelegenheit haben werden, da über zu beraten. Ich meine, wir sind gut beraten, wenn wir mit diesen aßnahmen den Wettbewerb aufnehmen und dafür sor en, dass wir uns in Europa so aufstellen, dass wir auch m Verhältnis zu anderen Regionen dieser Welt, zu den SA, zu Japan und zum asiatischen Raum insgesamt, atsächlich wettbewerbsfähig werden. Deswegen ist es otwendig, dass wir in der Binnenmarktpolitik den Blick icht nur auf die Europäische Union richten, sondern uch darauf achten, dass wir nach außen hin wettbeerbsfähig werden. enn das gelingt, wenn wir eine neue wirtschaftliche ynamik und Wettbewerbsfähigkeit im Innern haben, ann ist es auch möglich, das Vertrauen der Bürger in die uropäische Union ein Stück weit zurückzugewinnen. Lassen Sie mich zum Thema Erweiterung nur einige enige Sätze sagen. Ich glaube, wir müssen sehr vor ichtig sein, wenn ausgerechnet die Europaskeptiker den indruck erwecken, als ginge es ihnen gar nicht schnell enug, möglichst viele Staaten in die Europäische Union ufzunehmen. Das sollte uns unsererseits skeptisch mahen. Wir sollten die Erwartungen an Beitrittskandidaten nd mögliche künftige Beitrittskandidaten aber nicht so och setzen, dass die Ziele nicht erreichbar sind. Wir üssen eine Strategie entwickeln, die berechenbar und n sich schlüssig ist. Dazu gehört, dass wir die Beitrittsriterien ernst nehmen und keine politischen Rabatte ewähren. Es ist eine Frage unserer eigenen Glaubwürigkeit, die Einhaltung der Kriterien, die wir selbst aufestellt haben, einzufordern. Die Kriterien müssen erüllt werden, bevor es zu einem Beitritt kommt. Zur Politik der europäischen Erweiterung gehört ein eiteres: Egal wie weit sich die Europäische Union och ausdehnen wird, es wird immer Staaten geben, die enseits der Außengrenze der Europäischen Union lieen. Deswegen ist es erforderlich, die Erweiterungsstraegie mit einer Nachbarschaftspolitik zu verbinden, die ber etwas differenzierter ausfallen muss, als sie es heute st. Dazu gehört, dass wir Modelle entwickeln, die eine nge Kooperation mit der Europäischen Union unterhalb er Schwelle einer Mitgliedschaft ermöglichen. Dieses Alles oder nichts“ muss durch differenzierte Modelle Thomas Silberhorn der Kooperation gedämpft werden. Dabei müssen wir jedoch nach Staaten und Regionen differenzieren. Denn es muss deutlich werden, dass wir nicht denselben Instrumentenkasten für jeden Nachbarstaat anwenden können. Lassen Sie mich zum Schluss einige Bemerkungen über die Rolle des Bundestages in der Europapolitik machen; das wird uns in den nächsten Wochen noch intensiv beschäftigen. Ich glaube, es ist an der Zeit, dass wir im Rahmen der Vereinbarung, die wir mit der Bundesregierung schließen wollen, deutlich machen, dass es eine wirksamere Kontrolle der Bundesregierung durch den Deutschen Bundestag geben muss, und zwar mit dem Ziel, die demokratische Legitimation dessen, was die Bundesregierung an Rechtsetzung im Rat leistet, zu stärken. Zudem brauchen wir eine höhere Aufmerksamkeit der deutschen Öffentlichkeit für das, was wir auf europäischer Ebene tun. Das Forum für diese öffentliche Aufmerksamkeit ist der Deutsche Bundestag. Deswegen glaube ich, dass wir Abgeordnete einen ganz spezifischen Beitrag dazu leisten können, mehr Transparenz und mehr demokratische Legitimation der europäischen Rechtsetzung zu erreichen und damit auch eine höhere Akzeptanz der Europapolitik in unserer Öffentlichkeit. Das setzt voraus, dass wir als Bundestag mitgestalten und damit Mitverantwortung übernehmen für das, was Deutschland im Rahmen der Europapolitik in Brüssel mitberät und mitentscheidet. Vielen Dank. Nun hat Kollege Wolfgang Gehrcke, Fraktion Die Linke, das Wort. Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, es lohnt sich, am Ende einer außenpolitischen Debatte Bilanz zu ziehen, Herr Außenminister. Meine erste rein sachliche Feststellung ist – ich glaube, da können alle zustimmen –, dass es in diesem Hause zwei verschiedene Grundlinien gibt – Meinungsverschiedenheiten en detail einmal ausgeblendet –: eine Grundlinie, wie sie von CDU/CSU, SPD, FDP und Grünen als Konsens in der Außenpolitik betrachtet wird, und eine entgegengesetzte meiner Fraktion Die Linke. Das ist mir wichtig festzustellen. Wenn man das akzeptiert, muss man sich die Frage stellen, wo die Grunddifferenzen liegen. Es sind nicht die, die der Kollege Trittin beschrieben hat. Ich verstehe, warum er das getan hat; darüber brauchen wir nicht weiter zu reden. Die Hauptdifferenz ist jedoch eine andere. (Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: So einfach ist es nicht!)


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)





(A) )


(B) )


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1602807400

(Beifall bei der LINKEN)

Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1602807500

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(C (D ür die Mehrheit im Hause ist Krieg wieder zu einem ittel der Politik geworden; für die Minderheit in die em Hause darf Krieg kein Mittel der Politik sein. as ist die Grunddifferenz. Zwischen diesen Positionen ann man keine Brücke bauen. Deswegen verstehe ich lle, die immer sagen, dass die Außenpolitik der Linken s verhindere, regierungsfähig zu werden. Wenn der reis für eine Regierungsbeteiligung ist, Ja zu Militärinsätzen, Ja zu Krieg zu sagen, dann – das würde ich mmer sagen – wollen wir nicht regieren, dann bleiben ir Opposition. Wenn man das akzeptiert – Sie können sich noch verndern! –, muss man sich im Weiteren die Frage stellen, o die strategischen Differenzen liegen. Ich möchte hier in paar Dinge aussprechen, die in diesem Hause normaerweise nicht so ausgesprochen werden. Die Mehrheit ier im Hause – vier Fraktionen – wollen das Verhältnis u den USA enger bzw. wieder enger gestalten. Ich öchte – das soll hier ausgesprochen werden –, dass ich Deutschland und Europa von der imperialen Politik er USA abkoppeln. as muss man aktiv betreiben. Das ist Gegenstand einer elbstständigen, einer souveränen und dann auch gegen rieg gerichteten Politik. (Markus Löning [FDP]: Sollen wir uns bei Lukaschenko ankoppeln?)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


Hören Sie auf mit dem Unsinn! Es ist doch ein Pro-
lem, dass man bald die Haushaltsberatungen zur Au-
en- und zur Verteidigungspolitik zusammen abhalten
önnte, weil die deutsche Außenpolitik in so starkem
aße zu Verteidigungs- und Militärpolitik geworden ist,
eil man die Bundeswehr immer stärker als ein Instru-
ent der deutschen Außenpolitik betrachtet und ein-

esetzt hat.


(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der SPD: Das stimmt aber nicht! – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Als Instrument der Innenpolitik wollen wir sie doch beide nicht!)


eswegen ist eine Abkoppelung von den USA angesagt.
ie Hauptgefahren für den Zustand der Welt gehen
eute von den USA aus. Das kann man auch politisch
achweisen; es ist die Wahrheit.


(Beifall bei der LINKEN)


aran kommen auch Sie – gerade die Grünen – nicht
orbei.

Wir wollen eine Agenda der Abrüstung. Das wäre
inmal etwas Neues. Wir wollen, dass mit den Militär-
insätzen Schluss gemacht wird, dass der Sozialstaat
auch auf europäischer Ebene – endlich wieder eine
olle spielt. Wir wollen soziale Balance statt Marktradi-
alität. Ich möchte Ihnen zum Schluss noch einen guten
at mit auf den Weg geben – man redet manchmal in






(A) )



(B) )


Wolfgang Gehrcke
den Wind, aber immerhin! –: Schauen Sie sorgfältig
nach Frankreich! Nehmen Sie zur Kenntnis, dass das,
was momentan in Frankreich abläuft, eine Frühwarnung
davor ist, was passiert, wenn man bei der jetzigen Politik
bleibt.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Zustände waren auch der Grund für das Nein der
Franzosen zum Verfassungsvertrag. Das könnte die Re-
gierung berücksichtigen.

Ich sage meiner Fraktion – man kann auch der eige-
nen Fraktion Ratschläge geben –:


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die hören nicht auf dich, Wolfgang!)


Wir müssen lernen, mit unserer Regierung, mit unseren
Unternehmern „französisch“ zu reden; denn die Sprache,
die in Frankreich gesprochen wird, versteht selbst eine
konservative Regierung. Auch die große Koalition
würde sie auf jeden Fall verstehen.


(Beifall bei der LINKEN)


Das ist ein Weg, Politik zu gestalten.

Schönen Dank.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1602807600

Das Wort zu einer Kurzintervention erteile ich dem

Kollegen Fischer, CDU/CSU-Fraktion.


Hartwig Fischer (CDU):
Rede ID: ID1602807700

Herr Kollege, Sie haben eben gesagt, dass Sie hier im

Parlament mit Ihrem Beitrag wahrscheinlich in den
Wind reden. Sie sind heute der dritte von den Rednern
der Linken, die im Zusammenhang mit dem Kongo von
Krieg und Frieden gesprochen haben. Mich würde inte-
ressieren, ob ein Einziger von Ihnen in diesem Gebiet
gewesen ist, der die mit Macheten zerstückelten Kinder
gesehen hat, der in den Flüchtlingslagern gewesen ist,
der mit Mädchen gesprochen hat, die über Jahre hinweg
vergewaltigt worden sind, die seit drei Jahren sehen,
dass es die Chance gibt, zu einer Regierung zu kommen,
die von diesem Volk gewählt wird und das Land auf ei-
nen besseren Weg bringt. Das ist die Zielsetzung eines
solchen Einsatzes. Darüber sollten Sie sich unterhalten;
darüber sollten Sie reden.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1602807800

Kollege Gehrcke, Sie haben die Chance zu einer Er-

widerung.


Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1602807900

Lieber Kollege, ich weiß nicht, bei welcher Rede Sie

zugehört haben.


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Bei Herrn Paech! Bei Ihnen!)


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(C (D ch habe überhaupt nicht vom Kongo gesprochen. (Bernhard Kaster [CDU/CSU]: Es gebe Grunddifferenzen, haben Sie gesagt!)


ch habe von Grunddifferenzen gesprochen, ich habe die
rage von Krieg und Frieden angesprochen. Ich will
ber Ihre Frage beantworten.

Mich stören an diesem Einsatz folgende Punkte: Man
st nicht bereit, öffentlich die schlimmen und tatsächlich
m Neokolonialismus wurzelnden Ursachen für den jahr-
ehntelangen Bürgerkrieg im Kongo sowie die Verant-
ortung von Belgien, anderen europäischen Ländern


(Uta Zapf [SPD]: Das ist aber schon lange her!)


nd von großen europäischen Konzernen mit zu disku-
ieren. Mich stört, dass der kongolesische Staatspräsi-
ent Kabila das – sagen wir es einmal freundlich – An-
ebot, Truppen zu entsenden, der Presse entnehmen
usste und vorher nicht gefragt wurde. Dass er das An-

ebot von Solana nicht ablehnen konnte, versteht sich
on selbst. So springt man mit Kolonien, aber nicht mit
elbstständigen Staaten um. Das ist ein ungeheuerlicher
ustand. Das wird keiner leugnen können.


(Beifall bei der LINKEN)


iese Information hat eine Reihe von Kollegen in die-
em Hause in Gesprächen mit dem belgischen Außen-
inister erhalten. Das darf nicht sein.

Schlussendlich kann, so glaube ich, eine gut ausgebil-
ete Polizei – die sollte man unterstützen – mehr aus-
ichten als die europäischen Truppen, denen man mehr
urchsetzungsvermögen zutraut als der multinationalen
rmee, die schon im Kongo steht.

All das sind Argumente für die Feststellung: Um den
chrecken im Kongo zu beenden, müssen wir mehr und
twas anderes tun, als nur Militär dorthin zu schicken.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1602808000

Ich erteile das Wort Kollegin Erika Steinbach, CDU/

SU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Erika Steinbach-Hermann (Plos):
Rede ID: ID1602808100

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-

en! In der heutigen Debatte haben praktisch alle Frak-
ionen dieses Hauses, mit Ausnahme der Linken, deut-
ich gemacht: Deutsche Außenpolitik ist in einem
rheblichen Ausmaß Menschenrechtspolitik.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Natürlich ist deutsche Außenpolitik – das ist eine Bin-
enweisheit – auch Interessenpolitik für dieses Land. Zu
iesen Interessen gehören aber nicht nur gute Handels-
eziehungen, die wir als Exportnation brauchen, um un-
ere Produkte verkaufen zu können, und die wir als Im-
ortland brauchen, um Rohstoffe und Energie einkaufen
u können; das ist elementar. Vielmehr brauchen und






(A) )



(B) )


Erika Steinbach
wollen wir auch ein versöhntes Europa, ein Europa, in
dem die vielen Völker nach den Verwerfungen zweier
Weltkriege dauerhaft friedlich miteinander leben kön-
nen. Davon ist die deutsche Außenpolitik geprägt.

So wie in Deutschland noch heute Millionen von
Menschen mit ihren Traumata und ihren unverarbeiteten
Kriegs- und Nachkriegserfahrungen leben, gibt es auch
in unseren Nachbarländern millionenfache Empfindlich-
keiten und Schmerzen, die ihre Ursache in der Vergan-
genheit haben. Davon blieb und bleibt insbesondere die
deutsche Europapolitik bis heute nicht unberührt. Sie ist
vielmehr von dem Bestreben geleitet, das aufzuarbeiten.

Nahezu jede Begegnung mit mittel- und osteuropäi-
schen Staatschefs ist von diesen Erfahrungen geprägt.
Aber auch in den Begegnungen zwischen einzelnen
Menschen, die glücklicherweise tagtäglich tausendfach
stattfinden, wird dem Rechnung getragen. Auf diesem
Feld brauchen wir eine sensible Politik, die einen Aus-
gleich zwischen Innen- und Außenpolitik findet, die die
Menschen in ihrer Würde und ihre Menschenrechte nicht
verletzt, sondern von dem Grundsatz, dass Menschen-
rechte unteilbar sind, geleitet ist.

Wir brauchen und wollen mit unseren weltweiten
Kontakten eine Frieden stiftende und Demokratie för-
dernde globale Außenpolitik. Die Grundlagen jedweder
Demokratie sind doch garantierte und gelebte Men-
schenrechte. Sie dürfen nicht nur auf dem Papier stehen
– Papier ist geduldig –, sondern das, was in den Verfas-
sungen der Länder steht, muss mit Leben erfüllt sein.

Wir hören aber: Was geht uns Afrika an? Was geht
uns Afghanistan an? Was kümmert uns Tschetschenien?
Was kümmern uns Belarus, Kuba oder China? Diese
Fragen begegnen allen Politikern dieses Hauses tagtäg-
lich. Wir müssen eines deutlich machen: In einer globali-
sierten, in einer klein gewordenen Welt geht uns das alle
etwas an. Wir alle müssen uns darum kümmern; denn
das Fehlen von elementaren Menschenrechten und Le-
bensmöglichkeiten in anderen Ländern führt zu Wande-
rungsbewegungen und zu Verwerfungen, die früher oder
später bis nach Deutschland reichen. Das können und
müssen wir den Menschen im Lande erklären und deut-
lich machen.

Eine engagierte Menschenrechtspolitik hat eine dop-
pelte Wirkung:

Erstens die Wirkung – das stelle ich bewusst an den
Anfang, weil es mir am Herzen liegt –, dass sie geschun-
denen, unterdrückten und missbrauchten Menschen in
den Ländern hilft, mit denen wir Handel und Wandel
treiben. Hier haben wir die Verantwortung, nicht nur
Geschäfte zu machen, sondern auch zu schauen, unter
welchen Bedingungen die Menschen in diesen Ländern
leben, unter welchen Bedingungen diese Geschäfte am
Ende ablaufen und ob die Menschen, mit denen wir han-
deln, ein menschenwürdiges Dasein haben.

Zweitens – das ist für eine stabile Innenpolitik im
eigenen Lande wesentlich – dämmt eine menschen-
rechtsorientierte Außenpolitik millionenfache Wande-
rungsbewegungen nach Deutschland ein. So können wir
feststellen, dass Humanismus einerseits und Egoismus

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(C (D ndererseits – eigentlich zwei konträre Dinge – als Ausangspunkte am Ende zum selben Ergebnis führen: Die eutsche Außenpolitik muss Menschenrechte einbezieen. Der Menschenrechtsausschuss begleitet die deutsche ußenpolitik intensiv und aufmerksam. Mit der großen oalition gibt es wieder eine Menschenrechtspolitik, die iesen Namen wirklich verdient. Denn es reicht nicht, eld zur Verfügung zu stellen. Menschenrechtsverlet ungen müssen in Gesprächen mit anderen Regierungen ngesprochen werden. Es dürfen nicht einfach Persilcheine ausgestellt werden. Putin ist eben kein lupenreier Demokrat, wie der verflossene Bundeskanzler einte, feststellen zu müssen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Harald Leibrecht [FDP])


Ich begrüße sehr, dass Bundesaußenminister
teinmeier und Bundeskanzlerin Merkel Menschen-
echtsdefizite in ihren bilateralen Gesprächen nicht mit
inem Mantel falsch verstandener Rücksichtnahme be-
ecken, sondern den Finger in die Wunde legen und un-
er eigenes Wertefundament damit deutlich machen. Es
ar ein bedeutsames Zeichen der Bundeskanzlerin, bei

hrem Antrittsbesuch in Russland ein intensives Ge-
präch mit den Vertretern von Menschenrechtsgruppen
u führen. Hier hat wirklich ein Paradigmenwechsel in
er deutschen Außenpolitik stattgefunden, der unter-
rückten Menschen hilft und ihnen ein wenig das Gefühl
er Verlorenheit nimmt.

Ich bin mir sicher, dass bei dem anstehenden Besuch
er Bundeskanzlerin in China nicht über die gravieren-
en Defizite geschwiegen wird, die China vorzuweisen
at, sondern dass die Menschenrechtsdefizite dort ange-
prochen werden, zum Beispiel die Laogai-Lager, die
on einer elementaren Menschenrechtsfeindlichkeit
ind.

Der heutige Tag hat eines deutlich gemacht: Die men-
chenrechtspolitischen Themen werden in der Außenpo-
itik Deutschlands heute wirksamer vertreten als zuvor.
as ist gut so.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, das ist Quatsch!)


ie Bundeskanzlerin und der Außenminister haben das
eide deutlich gemacht. Ich danke Ihnen, Herr Außenmi-
ister Steinmeier. Ich begrüße das nachdrücklich und
age nur eines: Weiter so!


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1602808200

Ich erteile das Wort Kollegin Uta Zapf, SPD-Fraktion.


Uta Zapf (SPD):
Rede ID: ID1602808300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

laube, über die Frage, wer den Wettbewerb in Sachen
enschenrechte gewinnt, sollten wir uns vielleicht ein

nderes Mal unterhalten, wenn wir etwas mehr Zeit da-
ür haben.






(A) )



(B) )


Uta Zapf

(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE])


Wir haben heute schon, weil fast alle Redner Belarus
erwähnt haben, sehr viel über Menschenrechte gespro-
chen. Die letzten freien und fairen Wahlen in Belarus ha-
ben 1994 stattgefunden. Damals wurde Lukaschenko
zum Präsidenten gewählt; übrigens war er Herausforde-
rer eines amtierenden Präsidenten. Seitdem hat es keine
freien und fairen Wahlen mehr gegeben. Ich habe dies-
mal mit fünf Kollegen und Kolleginnen dieses Hauses
die Wahlen beobachtet. Wir sind alle zum selben Ergeb-
nis gekommen.

Dies war bereits die dritte Wahl, die ich in Belarus be-
obachtet habe. Sie wissen ja, dass ich mich seit über
zehn Jahren sehr intensiv mit diesem Land beschäftige.
Man kann nicht sagen, dass eine dieser Wahlen frei und
fair gewesen ist. Allerdings kann man sagen, dass es bei
all diesen Wahlen überhaupt nicht notwendig gewesen
wäre, Manipulationen vorzunehmen und Repressionen
auszuüben, weil Lukaschenko – das ist Ironie und Tragik
zugleich – vermutlich bei allen drei Wahlen zwar nicht
das prozentuale Ergebnis erreicht hätte, das er erreicht
zu haben vorgibt, dass er aber doch eine Mehrheit des
Volkes hinter sich gehabt hätte. Auch Herr Grund hat
darauf schon hingewiesen.

Nach den Präsidentschaftswahlen im Jahre 2001 hat
die OSZE in ihrem Wahlbeobachtungsbericht festge-
stellt, dass es in diesem Land eine sehr lebendige, sehr
gute und sehr intensive zivile Gesellschaft gibt. Es gibt
sie immer noch. Aber seit 2001 beobachten wir, dass die
Repressionen gegen diese zivile Gesellschaft von Jahr zu
Jahr zunehmen. Es wird versucht, die freie Presse und
die politische Opposition mundtot zu machen, und die
Einhaltung der Menschenrechte gestaltet sich immer
problematischer.

Je stärker die Opposition wurde – sie hat sich zusam-
mengefunden und sich geeinigt; sie hat ihren Wahlkampf
auf demokratische Weise geführt –, je stärker sich die
Zivilgesellschaft zu Wort gemeldet hat, desto brutaler ist
die Repression geworden, mit dem Ziel, den Menschen
Angst zu machen. Wir alle, die wir diese Wahl beobach-
tet haben, waren am letzten Sonntag auf dem Platz, auf
dem die Demonstrationen stattgefunden haben. Dort ha-
ben wir die Menschen gesehen und in ihre Gesichter ge-
schaut. So wir ihrer Sprache mächtig waren – ich hatte
das Glück, einen Dolmetscher dabei zu haben –, haben
wir auch mit ihnen reden können.

Man konnte gegenüber früheren Wahlen deutlich spü-
ren, dass sie sich nun getraut haben, in Mengen auf die
Straße zu gehen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Sie haben ihre Angst verloren, weil der Druck so stark
ist, dass sie ihn nicht mehr ertragen können. Anschlie-
ßend sahen sie sich natürlich enormen Repressionen
durch die Polizei ausgesetzt.

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(C (D Ich danke Außenminister Steinmeier von Herzen, ass er so schnell eine sehr deutliche Stellungnahme zu en Vorgängen auf dem Oktoberplatz und zu den Wahlen bgegeben hat. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ch bin besonders dankbar, dass Herr Steinmeier den
ontakt zu seinem russischen Kollegen Lawrow aufge-
ommen und mit ihm über die Situation in Belarus ge-
prochen hat. Danach haben beide erklärt, auch weiter-
in die dortigen Vorgänge zu beobachten. Diesen Ansatz
üssen wir wählen. Wie bereits mehrfach erwähnt
urde, führt der Weg über Russland.

Lukaschenko hat, wie ich gestern der Presse entnom-
en habe, die „tollen“ Polizisten gelobt, die dort abge-

äumt haben. Er hat sie „tolle Kerle“ genannt, die ein-
elne Zwischenfälle schnell und genau geregelt und alles
ieder in Ordnung gebracht hätten. „In Ordnung ge-
racht“ heißt, dass im Moment Hunderte friedlicher De-
onstranten – manche sprechen von bis zu 1 000 – im
efängnis sitzen. Dort werden sie unter Umständen
isshandelt; davon haben wir schon gehört. Ich weiß,

ass auch Freunde von mir darunter sind. Zum jetzigen
eitpunkt wissen wir nicht, wo sie sich befinden.

Rund 200 Personen sind bereits verurteilt worden, je-
eils zu zehn bis 15 Tagen Gefängnis; das ist dort das
bliche Strafmaß. 42 Journalisten sitzen im Knast, zwölf
on ihnen sind aus dem Ausland. Von vielen fehlt ein
ebenszeichen. Kosulin ist wegen Hooliganismus ver-
aftet worden. Das ist eine „schöne Sache“; aber nun
roht ihm unter Umständen eine Anklage wegen Terro-
ismus. Milinkewitsch ist zwar noch in Freiheit; aber
ir wissen nicht, was noch geschieht.

Ich bin froh, dass er nach Wien, nach Oslo und im
pril zum Außenministertreffen nach Luxemburg einge-

aden worden ist;


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


enn das wird dazu beitragen, dass man in Belarus
erkt, dass wir ein Auge auf die dortigen Geschehnisse

aben. Wir wollen ihn schützen. Wir wollen
ukaschenko nicht stürzen. Wir wollen Milinkewitsch
icht als Präsidenten etablieren. Aber wir wollen zeigen,
ass wir die Einhaltung der demokratischen Werte, zu
enen sich auch Lukaschenko bekannt hat, einfordern:
er Redefreiheit, der Versammlungsfreiheit, der Medien-
reiheit, der Rechtsstaatlichkeit, der Menschenrechte und
es Rechts auf Opposition, also des Rechts, anderer Mei-
ung als Lukaschenko zu sein. Dafür ist Milinkewitsch
in Symbol. Deshalb ist er als Person so wichtig.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Es ist vieles über Dialog und über Sanktionen gesagt
orden. Bei allem Ärger und bei aller Wut, die uns ange-

ichts dessen, was dort passiert ist, erfüllen, müssen wir
ennoch den Dialog weiterführen.






(A) )



(B) )


Uta Zapf

(Beifall des Abg. Manfred Grund [CDU/CSU] sowie des Abg. Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE])


Wir haben früher eine Politik der Sticks and Carrots be-
trieben. Aber sie essen die Karotten nicht und wir haben
auch nicht so viele Stöcke. Deshalb müssen wir über
eine ausgewogene Politik nachdenken; denn ohne Dia-
log wird es uns von außen nicht gelingen, diejenigen in
der Administration, die Demokratie wollen, auf den Weg
in eine bessere Zukunft für Belarus mitzunehmen. Auf
diesem Weg wollen wir Belarus begleiten und wollen
unsere Freunde, die heute schon so mutig sind, schützen.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1602808400

Ich erteile das Wort Kollegen Joachim Hörster, CDU/

CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Joachim Hörster (CDU):
Rede ID: ID1602808500

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin

der 17. und letzte Redner in dieser Debatte.


(Ute Kumpf [SPD]: Haben Sie richtig gezählt? – Walter Kolbow [SPD]: Und willkommen!)


Ich habe mir also die Frage gestellt, welche Punkte ich
noch vortragen kann, die noch nicht erörtert worden
sind. Es gibt tatsächlich einige. Deshalb will ich die
Möglichkeit nutzen und sie im Folgenden konkretisie-
ren.

Wir haben im Zusammenhang mit der Entwicklung in
Weißrussland eine sehr intensive Debatte über Men-
schenrechte geführt. Damit beschäftigt sich auch die
Parlamentarische Versammlung des Europarates, die
keine unbedeutende Einrichtung ist, die aber in diesem
Hohen Hause weitestgehend unbeachtet bleibt. Ihre
Chancen werden nach meinem Dafürhalten nur sehr un-
zureichend genutzt.

In der Parlamentarischen Versammlung des Europa-
rates sind Parlamentarier aus 46 Ländern versammelt;
25 Länder von ihnen gehören der Europäischen Union
an. Die meisten der anderen Länder haben aller Voraus-
sicht nach nie eine Chance, Mitglied der Europäischen
Union zu werden. Das wäre im Übrigen weder für diese
Länder noch für die Europäische Union gut. Gleichwohl
könnte der Europarat helfen, dass sich diese Länder, die
Nachbarstaaten der Europäischen Union sind, an die
Standards annähern, die wir zum Beispiel auf dem Ge-
biet der Menschenrechte oder durch die Europäische So-
zialcharta haben. Deswegen wäre es sinnvoll, den Euro-
parat in der deutschen Außenpolitik stärker und
intensiver wahrzunehmen und für diese Möglichkeiten
zu nutzen.

In diesem Zusammenhang halte ich es für ziemlich
kontraproduktiv, dass die Europäische Union darüber
nachdenkt, in Wien eine Menschenrechtsagentur ein-
zurichten,

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(C (D bwohl wir den Europäischen Menschenrechtsgerichtsof haben, der seinesgleichen in der Welt sucht und der ine unglaubliche Wirkung entfaltet. Leider ist der Kolege Bindig nicht mehr in diesem Hause. Er hat ausreihend in Monitoringverfahren und in sonstigen Verfahen bei Menschenrechtsinstitutionen mitgewirkt. Wir rauchen keine Duplizität. Ich weiß nicht, was eine euroäische Menschenrechtsagentur wem gegenüber vermiteln soll. Denn alle Mitglieder der Europäischen Union ahren nach meiner Beobachtung die Menschenrechte, onst wären sie auch nicht aufgenommen worden. Im Europarat sitzen zum Beispiel die Länder Russand – darüber ist eben schon gesprochen worden –, serbaidschan und Georgien. Diese Länder befinden ich in Bezug auf diese Fragen noch in der Entwicklung, iner Entwicklung, die von den anderen Mitgliedstaaten es Europarates befördert werden kann. Das tut den enschen in diesen Ländern gut, aber auch uns; denn je emokratischer die Länder in unserem Umfeld sind, mso sicherer können wir uns fühlen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Gert Weisskirchen [Wiesloch] [SPD])


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ch richte also die Bitte an die Bundesregierung, im Rah-
en ihrer Möglichkeiten zu prüfen, ob die Schaffung ei-

er Menschenrechtsagentur wirklich zu den Prioritäten
er Europäischen Union gehören sollte.

Weil der Herr Bundesaußenminister so freundlich
ar, am Schluss seiner Rede ein Plädoyer für die aus-
ärtige Kultur- und Bildungspolitik zu halten – ich

timme völlig mit ihm überein – und die auswärtige
ultur- und Bildungspolitik als kulturelle Grunddi-
ension der deutschen Außenpolitik zu bezeichnen, will

ch anmerken, dass wir versuchen müssen, die auswär-
ige Kultur- und Bildungspolitik in der praktischen Poli-
ik – je mehr, umso besser – tatsächlich auch zu instru-

entalisieren und entsprechend einzusetzen; denn es
ird ja immer davon gesprochen, dass die auswärtige
ultur- und Bildungspolitik die dritte Säule der deut-

chen Außenpolitik sei.

Ich glaube, wenn das so ist, dann können wir es auf
auer nicht dabei bewenden lassen, dass die Mittler-
rganisationen – das Goethe-Institut, der Deutsche Aka-
emische Austauschdienst, das ifa, die deutschen
uslandsschulen usw. – diese Aufgaben wahrnehmen,

ondern dann müssen wir sie bündeln und in den Regio-
en der Welt zielgerichtet einsetzen, in denen es für uns
on größtem Interesse ist. Das betrifft auch den Wissen-
chaftsaustausch und den Bildungsaustausch.

Ich will ein praktisches Beispiel nennen. Ich habe
eute Morgen in einer Sitzung des Unterausschusses
uswärtige Kulturpolitik des Auswärtigen Ausschusses
ehört, dass in Syrien eine deutsche Schule errichtet
ird. Die syrischen Absolventen deutscher Universitä-

en machen ungefähr 24 Prozent der dortigen Hoch-
chullehrer aus. Das hängt noch mit unserer Vergangen-
eit aus der Zeit der Teilung zusammen. Das sind Leute,
ie unserem Kulturkreis gegenüber aufgeschlossen sind.
s macht keinen Sinn, dass wir dort eine entsprechende






(A) )



(B) )


Joachim Hörster
Vereinigung haben, während wir gleichzeitig beim
Goethe-Institut Stellen abbauen.

In der arabischen Region gibt es ein Defizit in der Bil-
dung und beim Zugang zu Informationen und die
Analphabetenrate ist besonders bei Frauen hoch. Des-
halb bin ich der Auffassung, dass wir, wenn wir die deut-
sche auswärtige Kulturpolitik zielgerichteter einsetzen,
mithelfen können, diese Zustände dort abzubauen; denn
Bildung, Wissen und Kenntnisse sind die besten Mittel
gegen Fundamentalismus und gegen Risiken, die uns
von dort drohen.

In diesem Sinne wäre ich dankbar, wenn der auswärti-
gen Kulturpolitik die entsprechende Aufmerksamkeit
gewidmet würde und die Bereitschaft bestünde, im Rah-
men der bestehenden Strukturen – vielleicht mit kleinen
Änderungen – die Voraussetzungen dafür zu schaffen,
dass die auswärtige Kultur- und Bildungspolitik operativ
begleitend neben den anderen außenpolitischen Maßnah-
men eingesetzt werden kann.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Herr Präsident, ich schenke den Kollegen, die hier an-
wesend sind, 30 Sekunden und bedanke mich für die
Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1602808600

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wir kommen damit zur Abstimmung über den Antrag
der Fraktionen der CDU/CSU, der SPD, der FDP und
des Bündnisses 90/Die Grünen mit dem Titel „Belarus
nach den Präsidentschaftswahlen“. Wer stimmt für den
Antrag auf Drucksache 16/1077? – Wer stimmt dage-
gen? – Wer enthält sich? – Der Antrag ist mit den Stim-
men der Antrag stellenden Fraktionen bei Enthaltung der
Fraktion Die Linke angenommen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir kommen jetzt
zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der
Verteidigung, Einzelplan 14. Ich erteile dem Bundes-
minister der Verteidigung, Franz Josef Jung, das Wort.

Dr. Franz Josef Jung, Bundesminister der Verteidi-
gung:

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und
Herren! Wenn die Bundeswehr ihre hervorragende Ar-
beit für die Sicherheit Deutschlands positiv fortsetzen
soll, dann braucht sie dafür die notwendige finanzielle
Grundlage. Deshalb bin ich froh und dankbar, dass es bei
den Beratungen des Haushalts 2006 gelungen ist, eine
Stabilisierung zu erreichen und den Abwärtstrend zu
stoppen, weil dies zur Erledigung der Aufgaben der
Bundeswehr notwendig ist.

Gerade im Hinblick auf die Auslandseinsätze – sei es
der auf dem Balkan, der am Horn von Afrika oder der in
Afghanistan – brauchen wir die notwendige finanzielle
Unterstützung auch für den Schutz und die Ausbildung
unserer Soldatinnen und Soldaten. Ich finde, unsere Sol-

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(C (D atinnen und Soldaten leisten dort einen hervorragenden insatz. Ich möchte ihnen an dieser Stelle für den ge ährlichen Einsatz danken, den sie im Interesse unserer icherheit leisten. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie des Abg. Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Herr Lafontaine hat heute Morgen behauptet, unsere
oldatinnen und Soldaten seien in Afghanistan an terro-
istischen Aktivitäten beteiligt. Ich halte eine solche Un-
erstellung für unsere Soldatinnen und Soldaten für gera-
ezu ehrabschneidend und beleidigend und weise diese
ehauptung mit Nachdruck zurück. Sie leisten einen
riedensdienst.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich bin dafür dankbar, dass die Auslandszulage der
oldatinnen und Soldaten steuerfrei bleibt und diese Dis-
ussion hier nicht fortgesetzt worden ist. Es ist ein Un-
erschied, in einem Büro in Brüssel zu arbeiten oder in
abul in einem gefährlichen Einsatz für unser Land zu

ein. Ich bin der Auffassung: Unsere Soldatinnen und
oldaten haben diese steuerfreie Auslandszulage ver-
ient.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Mit diesem Haushaltsentwurf schaffen wir die Grund-
age dafür, den Transformationsprozess der Bundeswehr
ortzusetzen. Dabei füge ich hinzu: Unsere internatio-
alen Verpflichtungen sind groß. Das gilt für unsere
erpflichtungen im Zusammenhang mit den Vereinten
ationen und der NATO, aber auch für unsere Verpflich-

ungen im Zusammenhang mit der Europäischen Union.
m Hinblick auf den Einsatz zur Gewährleistung eines
emokratischen Prozesses im Kongo, der notwendig ist,
iskutieren wir über diese Verpflichtungen.

Ich will hier nur noch folgende Bemerkung machen,
m die Debatte von vorhin nicht zu verlängern. Es
timmt schon: Bisher sind im Kongo 4 500 Polizisten
usgebildet worden, die selbstverständlich einen Beitrag
ur Gewährleistung der Sicherheit leisten. Aber es ist der
unsch der Vereinten Nationen und es entspringt ihrer

agebeurteilung, dass es zur Absicherung dieses demo-
ratischen Prozesses eines Engagements der Europäi-
chen Union bedarf. In diesem Sinne sollten wir die Sta-
ilisierung und die demokratische Entwicklung dort
ositiv unterstützen und unseren Beitrag leisten.

Wir sind mittlerweile der größte Truppensteller für
ie von der NATO geführten Operationen; es sind rund
000. Wir leisten den größten Beitrag im Zusammen-

ang mit den europäischen Missionen. In Bosnien-Her-
egowina sind rund 1 000 deutsche Soldatinnen und Sol-
aten im Einsatz. Ich will vor diesem Haus sagen, dass
ir auch Verantwortung und Verpflichtung für die

chnelle Einsatztruppe haben. Es ist in der Bevölkerung
icht jedem bekannt, dass wir im zweiten Halbjahr bei
er NATO-Response-Force, der schnellen Einsatztruppe






(A) )



(B) )


Bundesminister Dr. Franz Josef Jung
der NATO, mit 6 600 deutschen Soldatinnen und Solda-
ten im Einsatz sind.

Im Zusammenhang mit dem Einsatz im Kongo gab es
die Überlegung, die aufzustellende europäische Battle-
Group mit zunächst 1 500 deutschen Soldaten und vier
französischen Soldaten in den Einsatz zu schicken. Das
haben wir jetzt anders geregelt. Aber ab dem 1. Januar
2007 sind wir bei der Battle-Group, also der schnellen
Einsatztruppe Europas, mit 1 200 oder 1 300 Soldatin-
nen und Soldaten dabei. Damit will ich deutlich machen,
welche internationalen Verpflichtungen wir übernom-
men haben und dass dafür eine finanzielle Grundlage ge-
schaffen werden muss, damit solche Einsätze gewähr-
leistet werden können.

Wir leisten unseren Beitrag bei den erwähnten Aus-
landseinsätzen, aber auch unseren Beitrag für die Sicher-
heit in Deutschland. Während der Amtszeit der neuen
Bundesregierung haben wir bereits in Bad Reichenhall
geholfen. Wir haben Hilfestellung bei der Bewältigung
der Schneekatastrophe in Bayern geleistet.


(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Jawohl!)


Wir haben ebenso auf Rügen geholfen, als dort die Vo-
gelgrippe ausbrach.


(Beifall des Abg. Robert Hochbaum [CDU/ CSU])


Ein weiterer Einsatz betraf den Unfall, bei dem ein Last-
wagen in einen Trauerzug gerast ist.

Ich will noch etwas zur Leistungsfähigkeit und Ein-
satzfähigkeit unserer Bundeswehr sagen. Der Anruf mit
der Bitte um Amtshilfe auf Rügen hat mich am Samstag-
nachmittag gegen 16.45 Uhr erreicht. Normalerweise ist
um diese Uhrzeit im öffentlichen Dienst und auch bei
privaten Unternehmen die Handlungsfähigkeit stark ein-
geschränkt. Aber unsere Soldatinnen und Soldaten wa-
ren am Samstagabend um halb zehn auf Rügen, um dort
ihren Einsatz zu leisten. Ich finde, das zeigt die Leis-
tungs- und Einsatzfähigkeit unserer Bundeswehr, für die
ich dankbar bin.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Deshalb werden wir diese Entwicklung jetzt weiter
ausbauen und die zivil-militärische Zusammenarbeit im
Zusammenhang mit den föderalen Strukturen ins Blick-
feld nehmen. Wir werden uns auch mit den Verbindungs-
stellen befassen, bei denen wir insbesondere die Reser-
visten mit einbeziehen wollen, damit auch sie im
Hinblick auf den Schutz Deutschlands Unterstützung
leisten. Das ist ebenfalls ein wichtiger Beitrag, den die
Bundeswehr gewährleistet.

Zur Diskussion im Zusammenhang mit der vor uns
liegenden Fußballweltmeisterschaft: Zunächst war der
Einsatz von 2 000 Soldatinnen und Soldaten im Rahmen
unseres verfassungsgemäßen Auftrags vorgesehen. Aber
da uns mittlerweile hundert Anträge auf technische
Amtshilfe vorliegen, haben wir die Zahl um weitere
5 000 auf insgesamt 7 000 Soldatinnen und Soldaten er-
höht, die zum Beispiel in der ABC-Abwehr, im Sanitäts-

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(C (D esen und im Lufttransport eingesetzt werden. Das alles ind wichtige Aufgaben zur Gewährleistung einer sicheen Weltmeisterschaft. Wir werden dann auch die WACS-Flugzeuge einsetzen; denn ich glaube, dass wir afür Sorge tragen müssen, dass die Weltmeisterschaft nter dem Motto „Die Welt zu Gast bei Freunden“ in siheren Verhältnissen stattfinden kann. Dazu werden wir uch unserem verfassungsgemäßen Auftrag entsprehend unseren Beitrag leisten. Ich habe im Übrigen den Eindruck, dass wir, wenn ir bei der Weltmeisterschaft im Fußball erfolgreich ein wollen, auch dort noch die Verteidigung verstärken üssen. Dann wären wir vielleicht auch in diesem Be eich effektiver. (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Lassen Sie mich noch einen weiteren Gedanken aus-
ühren. Ich denke, dass die Bundeswehr mit zum Anse-
ensgewinn Deutschlands beiträgt. Als vor kurzem die
lympiade in Turin stattfand, haben wir uns alle da-

über gefreut, dass Deutschland beim Medaillenspiegel
n erster Stelle lag. Tatsache ist aber: Ohne die Bundes-
ehr hätten wir an 13. Stelle gelegen. Die Bundeswehr

llein hätte an zweiter Stelle gelegen. Neun von elf
oldmedaillen hat die Bundeswehr errungen, außerdem

cht Silbermedaillen und zwei Bronzemedaillen. Auch
as zeigt, welchen positiven Beitrag die Bundeswehr
eistet, wenn es um die Erhöhung des Ansehens
eutschlands beispielsweise bei einer Olympiade geht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Wir wollen selbstverständlich den Weg der Umstruk-
urierung im Innern fortsetzen. Damit geht eine erheb-
iche Personalreduktion einher. Die mit größten Redu-
ierungen am Personalbestand des Bundes werden
ämlich von der Bundeswehr geleistet. Die derzeitige
ahl von etwa 120 000 zivilen Mitarbeiterinnen und
itarbeitern soll den Planungen zufolge auf 75 000 re-

uziert werden. Wir wollen die Betriebskosten von
4 Prozent auf 68 Prozent des Gesamtplafonds senken.
ir werden aber auch im Hinblick auf Planungssicher-

eit an der getroffenen Stationierungsentscheidung fest-
alten.

Wir wollen auch den Modernisierungsprozess inner-
alb der Bundeswehr fortentwickeln und unter dem As-
ekt der Effektivität unseren Beitrag leisten, um – auch
as die Entbürokratisierung anbelangt – weiter voranzu-
ommen. Ich denke aber, dass wir auch hier die soziale
erantwortung berücksichtigen müssen, die wir für un-
ere Soldatinnen und Soldaten haben. Deshalb muss der
rozess sozialverträglich gestaltet werden.

Wir erarbeiten zurzeit einen Gesetzentwurf, der bei-
pielsweise vorsieht, dass ein Soldat oder eine Soldatin,
er bzw. die in einem Einsatz eine gesundheitliche Be-
inträchtigung erfährt, Anspruch auf Weiterbeschäfti-
ung bei der Bundeswehr hat. Ich glaube, dass das der
ürsorgepflicht dieses Landes entspricht.






(A) )



(B) )


Bundesminister Dr. Franz Josef Jung

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Wir wollen die Bundeswehr als Wehrpflichtarmee
weiterentwickeln. Sie hat sich als Wehrpflichtarmee be-
währt und ist tief in der Gesellschaft verwurzelt. Da-
durch trägt sie zu einem positiven Ansehen der Bundes-
wehr in der Gesellschaft bei. Wir müssen aber auch die
Wehrgerechtigkeit bzw. die Einberufungsgerechtigkeit
im Blick behalten. Deshalb haben wir davon abgesehen,
die Zahl der Wehrpflichtigen auf 30 000 zu senken, son-
dern wir wollen sie bei 35 000 stabilisieren. Wir ziehen
jährlich rund 60 000 Wehrpflichtige ein. Davon ver-
pflichten sich 25 000 freiwillig weiter und 35 000 leisten
ihren Grundwehrdienst. Ich bin dafür dankbar, dass es in
den Haushaltsberatungen gelungen ist, den Wehrpflichti-
gen das Weihnachtsgeld und das Entlassungsgeld zu
erhalten.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Es geht bei den Wehrpflichtigen um rund 250 Euro pro
Monat. Das entspricht noch nicht einmal dem Verdienst
eines Minijobbers. Wer in der Bundeswehr die allge-
meine Dienstpflicht für unser Land erfüllt, der hat es aus
meiner Sicht verdient, 170 Euro Weihnachtsgeld und das
Entlassungsgeld zu behalten.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir sind dabei, ein Weißbuch zur sicherheitspoliti-
schen und strategischen Standortbestimmung der Bun-
deswehr zu erarbeiten. Das ist richtig und gut. Seit 1994
gibt es ein solches Weißbuch nicht mehr. Die letzte Re-
gierung hat diesbezüglich auch keine Kabinettsbe-
schlüsse gefasst. Es gibt nur die Verteidigungspoliti-
schen Richtlinien. Ich finde aber, die Sicherheit unseres
Landes ist so wichtig, dass sie nicht nur Angelegenheit
eines einzelnen Ministers sein darf, sondern Angelegen-
heit der gesamten Bundesregierung sein muss. Deswe-
gen werden wir das Weißbuch im Bundeskabinett verab-
schieden.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die Bundeswehr leistet mit ihren Investitionen einen
erheblichen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung.
Im Jahreswirtschaftsbericht sind 6 Milliarden Euro In-
vestitionen durch die Bundeswehr vorgesehen, und zwar
in verschiedensten Bereichen, vom Satellitenkommuni-
kationssystem über den Eurofighter, Hubschrauber, Fre-
gatten, das Luftverteidigungssystem bis hin zu Trans-
portfahrzeugen. Ich will nicht alles aufführen, aber eines
sage ich Ihnen: Wir sind es unseren Soldaten schuldig,
ihnen eine optimale Ausrüstung für ihre gefährlichen
Einsätze im Ausland zu geben. Deshalb ist es notwendig,
die Investitionen in diesem Bereich weiter voranzutrei-
ben.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Alexander H d M f g d s i d e t u l a d n t K d u s a k S v z b d u J s A d D r 3 (C (D Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie viele Eurofighter brauchen Sie in Kabul?)


Im Mittelpunkt unserer Überlegungen und unseres
andelns stehen die Soldatinnen und Soldaten. Sie be-
ürfen – genauso wie die zivilen Mitarbeiterinnen und
itarbeit – der Fürsorge. Sie riskieren Leib und Leben

ür unsere Sicherheit und haben deshalb Anspruch auf
esellschaftliche Würdigung und Unterstützung. Wir
ürfen aber auch nicht diejenigen vergessen, die im Ein-
atz für unsere Sicherheit sowie für Frieden und Freiheit
hr Leben gelassen haben. Wir sollten ihnen in Berlin, an
em Ort, der für die Bundeswehr steht, ein Ehrenmal
rrichten. Ich bin der Meinung, dass wir dazu verpflich-
et sind.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Die Belastungen der Truppe sind hoch. Deshalb ist es
nsere gemeinsame Verantwortung, die Bundeswehr
eistungsfähig zu halten. Dafür braucht sie im Hinblick
uf die Sicherheit Deutschlands und seiner Bürger sowie
en Erhalt von Frieden und Freiheit die notwendigen fi-
anziellen Grundlagen.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1602808700

Ich erteile das Wort Kollegin Elke Hoff, FDP-Frak-

ion.


(Beifall bei der FDP)



Elke Hoff (FDP):
Rede ID: ID1602808800

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Herr Minister Jung, Sie haben in sehr ein-
rucksvollen Worten die vielfältige Aufgabenstellung
nd Zielsetzung dargelegt, die die Bundeswehr erfüllen
oll. Aber der Blick auf den Verteidigungshaushalt lässt
n der einen oder anderen Stelle erhebliche Zweifel auf-
ommen.


(Beifall bei der FDP)


Als Ausdruck all Ihrer hehren Zielsetzungen legen
ie heute den Verteidigungshaushalt für das Jahr 2006
or. Ihn kann man aber nur als Übergangshaushalt be-
eichnen. Er orientiert sich nämlich weitgehend an der
isherigen Bundeswehrplanung. Bei seiner Verabschie-
ung wird das Haushaltsjahr zur Hälfte vergangen sein
nd die finanzpolitischen Grausamkeiten werden erst im
ahr 2007 über den Einzelplan 14 hereinbrechen.

Der Transformationsprozess, den Sie eben ange-
prochen haben, Herr Minister, bleibt aber nicht stehen.
us diesem Grund wird auch dieser Haushalt den Anfor-
erungen nicht gerecht.


(Beifall bei der FDP)


er investive Anteil ist mit 25 Prozent erneut viel zu ge-
ing veranschlagt. Ein investiver Anteil von annähernd
0 Prozent ist für die Aufgaben einer Armee im Einsatz,






(A) )



(B) )


Elke Hoff
die sich nach dem Willen der Bundesregierung darüber
hinaus verstärkt um den Heimat- und Katastrophen-
schutz kümmern soll, unerlässlich. Bis zum Jahr 2011
wird die Unterdeckung bei den Rüstungsinvestitionen
auf mehr als 6 Milliarden Euro anwachsen. Dass dies
unmittelbare Auswirkungen auf unsere Rüstungsindus-
trie und die damit verbundenen Arbeitsplätze haben
wird, steht außer Zweifel. Die notwendige deutliche An-
hebung im investiven Bereich wird nur durch eine wei-
tere Absenkung der Betriebs- und Personalkosten mög-
lich sein. Ich kann an dieser Stelle aber wenig
Entschlossenheit zur Eröffnung neuer Spielräume erken-
nen, zum Beispiel indem Dienstleistungen wie das Tra-
velmanagement der Bundeswehr, Teile der Ausbildung,
der Personalgewinnung und vieles mehr konsequent pri-
vatisiert werden.


(Beifall bei der FDP)


Wie Sie, Herr Minister, bei den bestehenden Rahmenbe-
dingungen das ehrgeizige Ziel erreichen wollen, die Zahl
der zivilen Mitarbeiter der Bundeswehr von heute
100 000 auf 75 000 abzusenken, steht in den Sternen.


(Beifall bei der FDP)


Der Transformationsprozess lebt unbestritten zu ei-
nem erheblichen Teil von der Einsicht in seine Notwen-
digkeit, er lebt aber auch von sicheren finanzpolitischen
Rahmenbedingungen. An dieser Stelle möchte ich mich
daher ausdrücklich bei allen Soldatinnen und Soldaten
der Bundeswehr bedanken, die diesen unsicheren Pro-
zess bisher so bravourös begleitet und gemeistert haben.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Hans Raidel [CDU/CSU])


Herr Minister, außerdem möchte ich noch sagen, dass
ich wenig Verständnis dafür habe, dass sich der Gesamt-
personalumfang der Bundeswehr seit 1989 halbiert hat,
während die Zahl der Spitzendienstgrade – der Besol-
dungsgruppe B 3 und höher – seither lediglich um
11 Prozent reduziert wurde. Gerade Streitkräfte mit ho-
hen Belastungen brauchen im Verhältnis mehr und bes-
ser bezahlte Indianer als zu viele hoch dotierte Häupt-
linge.


(Jürgen Koppelin [FDP]: Ein Staatssekretär weniger wäre auch gut gewesen!)


– Auch das wäre eine Lösung gewesen.

Herr Minister, Sie haben am 8. März in einer Presse-
meldung der dpa angekündigt, noch in diesem Jahr – ich
betone: noch in diesem Jahr – 4 000 zusätzliche Stellen
für Wehrpflichtige zu schaffen. Offenbar ist diese Mel-
dung Ihren Haushältern entgangen; denn gegenüber dem
Stellenansatz für das Jahr 2005 mit 38 000 Grundwehr-
dienstleistenden finden sich im aktuellen Entwurf gerade
einmal 32 000 wieder – auf den ersten Blick ein Minus
von 6 000 Stellen. Aber wie wir ja auch bei der Mehr-
wertsteuererhöhung gelernt haben, ist zwei plus nicht in
jedem Fall ein Mehr. Vielleicht kommen wir im Laufe
der Debatte auch in diesem Bereich des Haushalts zu be-
lastbaren Zahlen.

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(C (D Die Risiken dieses Haushaltsentwurfs sind allerdings ereits vorgezeichnet: Die geplante Anhebung der Mehrertsteuer um 3 Prozent im nächsten Jahr wird in den erteidigungsetat ein Loch von annähernd 300 Millioen Euro reißen. azu kommen globale Minderausgaben; Preisstandanassungen; die angekündigte, aber im Haushalt nicht orgesehene Erhöhung der Zahl der Wehrpflichtigen und nd und. Dies alles lässt nach heutigem Ermessen die dringend enötigte Anhebung des Investitionsanteils in weite erne rücken, und das, obwohl wir Europäer von unseen amerikanischen Partnern immer wieder darauf hinewiesen wurden, dass unsere Verteidigungsetats chroisch unterfinanziert seien. Der kürzlich erschienene Quadrennial Defense Review“ des Pentagon kommt zu em Ergebnis, dass wir Europäer aufgrund fehlender Fäigkeiten nur noch für Stabilisierungsmissionen gefragt eien, aber nicht mehr für Einsätze mit hoher Intensität. chon jetzt ist feststellbar, dass vieles, was unsere Solda innen und Soldaten für ihre aktuellen und zukünftigen insätze zwingend benötigen, nicht beschafft wird, und enn, dann nicht in der vereinbarten Stückzahl. Fast die Hälfte der Mittel für die militärische Bechaffung entfallen auf Fluggeräte, die nicht nur im Anauf, sondern vor allem bei der Materialerhaltung, beim etrieb und in der Ausbildung wesentlich mehr Mittel erschlingen werden als die bisherigen Geräte. Bei der usstattung unserer Soldatinnen und Soldaten – dies haen Sie zu Recht betont, Herr Minister Jung – muss jeoch der Schutz im Einsatz oberste Priorität haben. Bechaffungsmaßnahmen, die für den tatsächlichen Einsatz otwendig sind und sich zudem aus der neuen Aufgaenstruktur ergeben, beispielsweise der Unterstützungsubschrauber Tiger, das Allschutztransportfahrzeug ingo, der neue Schützenpanzer Puma oder auch der pähpanzer Fennek, sind deshalb unumgänglich. ie müssen in ausreichender Anzahl sowohl für den Einatz als auch für eine qualifizierte Ausbildung beschafft erden. Wenn die Soldaten erst im Einsatz lernen, mit euem und technisch hochwertigstem Gerät umzugehen, arf man sich später nicht wundern, wenn daraus entsteende Bedienungsfehler das teure Material beschädigen. Alle Beschaffungsmaßnahmen gehören erneut auf en Prüfstand. enn das Heer 60 Prozent aller Eingreifkräfte und mehr ls die Hälfte aller Stabilisierungskräfte stellt, benötigen ir dann für die zukünftigen Einsätze der Bundeswehr irklich 180 Eurofighter und den A400M in der Stück ahl von 60? Wird MEADS tatsächlich den Schutz geährleisten, der den Bedrohungen unseres Landes und nserer Streitkräfte entspricht? Vor allem: Führt der Elke Hoff finanzielle Aufwand auch zu einem zusätzlichen Gewinn von Fähigkeiten? Durch weitere Privatisierungen gibt es noch eine Vielzahl von Möglichkeiten, die ausufernden Betriebskosten des Unternehmens Bundeswehr in den Griff zu bekommen. Die Bundesregierung muss daher endlich definieren, was die Kernaufgaben der Bundeswehr sind, sodass wir den Umbau der Bereiche, in denen Privatisierungen einen Sinn ergeben, weiter und schneller vorantreiben können. Ich hoffe, dass wir dazu etwas im Weißbuch wiederfinden werden. Uns allen ist klar, dass der Verteidigungsetat weniger Spielraum lässt, als uns lieb sein kann. Aber den Spielraum, den es gibt, müssen wir so kreativ und undogmatisch nutzen, wie es eben nur geht. Ansonsten werden der außenpolitische Anspruch und die haushaltspolitische Realität immer weiter auseinander klaffen. Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit. Ich erteile das Wort Kollegen Hans-Peter Bartels, SPD-Fraktion. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Haushalt 2006 ist der erste Haushalt, den die große Koalition vorlegt. Der Verteidigungsetat ordnet sich dabei in ein Gesamtkonzept ein. Wir haben eine schwierige Gratwanderung vor uns: auf der einen Seite einen klaren Konsolidierungskurs, auf der anderen Seite die notwendigen Investitionen. Diese Gratwanderung betrifft alle Ressorts. Der Verteidigungshaushalt bildet keine Ausnahme. Dass nicht alles Wünschenswerte finanzierbar ist, wissen wir. Wir leben schon eine ganze Weile damit, dass die haushaltspolitischen Spielräume begrenzt sind. Das ist gewissermaßen die Konstante der vergangenen Jahre, ganz unabhängig davon, wer regierte. Der damalige Verteidigungsminister Volker Rühe zum Beispiel hat 1997 in der Haushaltsdebatte einen schönen Sinnspruch geprägt. Er sagte: Welche Größenordnung eine Armee auch immer hat, sie wird knapp bei Kasse sein, und … in einem gewissen Umfang ist es auch notwendig. Ich kenne keine Armee auf der ganzen Welt, die finanziell üppig versorgt wäre. Ein anderer Minister, mein jetziger Fraktionsvorsitzender Peter Struck, formulierte seine Einsicht in die Notwendigkeit in der Debatte zum Bundeshaushalt 2004 so: Auch ich hätte natürlich gerne mehr Geld; aber jeder von Ihnen weiß, dass wir in einer bestimmten Finanzsituation sind. E h b i d i h k w F N V B E n Z d d v i v e g i F e k d W n f D s h i m n d g A d h v l V g g Z n u L d S (C (D ine „bestimmte Finanzsituation“ – so ist das auch eute. Doch diskutieren wir hier nicht über einen aus der lanken Not geborenen Sparhaushalt. Was uns vorliegt, st eine gute Grundlage, die Transformation der Buneswehr konsequent weiterzuführen. Der Haushalt 2006 st ein Dokument der Transformation. Transformation eißt, Strukturen, Ausbildung und Ausrüstung der Streiträfte den geänderten Erfordernissen anzupassen, damit ir auch künftig ein verlässlicher Partner unserer reunde und Verbündeten bleiben, in Europa, in der ATO und in den Vereinten Nationen. In diesem Jahr stehen knapp 24 Milliarden Euro zur erfügung. Bis 2009 – das sieht der Finanzplan des undes vor – soll der Etat dann um rund 1 Milliarde uro steigen. Das ist gut, aber das ist auch unbedingt otwendig. Wichtiger vielleicht noch als die absoluten ahlen sind die Verschiebungen innerhalb des Verteiigungshaushaltes. Klar erkennbar ist die Tendenz, ass die Betriebskosten sinken, die verteidigungsinvestien Ausgaben aber steigen werden. Diese Entwicklung st nicht zufällig. Sie ist das Resultat einer Politik, die on zwei sozialdemokratischen Verteidigungsministern ntschlossen eingeleitet wurde. Weil dieser eingeschlaene Kurs richtig ist, hält auch die neue Regierung an hm fest. Ein Ziel der Transformation ist es, die vorhandenen inanzmittel besser und effektiver einzusetzen, um die rforderlichen Ausrüstungsinvestitionen vornehmen zu önnen. Das Stationierungskonzept, die Korrekturen bei er Rüstungsplanung, die erweiterte Kooperation mit der irtschaft – dies alles gehört zu einer Politik, die zu ächst einmal vieles auf den Prüfstand gestellt hat, von liegenden Verbänden bis zum Gebäudemanagement. abei stellte sich heraus: Nicht alles, was schon immer o war, muss genau so bleiben. Es stellte sich aber auch eraus, Frau Hoff: Nicht alles, was privat gemacht wird, st am Ende billiger und besser. Die Transformation ist inzwischen an vielen Orten it Händen zu greifen. Als Abgeordneter aus der Mari estadt Kiel weiß ich, wie zügig und zielgerichtet etwa ie Aufstellung der neuen Einsatzflottille 1 vor sich eht. Was vor kurzem noch Planung war, hat heute schon dresse, Namen und Gesichter. In diesem Zusammenhang verdient das Engagement er Soldatinnen und Soldaten und der Zivilangestellten ohe Anerkennung. Für sie bedeutet Transformation ielfach, neue Aufgaben an neuen Orten mit neuen Kolegen und Kameraden zu übernehmen. Hinzu kommen eränderungen im persönlichen Umfeld, wenn Standorte eschlossen und Dienstposten verlegt werden. Es sind erade die gestandenen Soldaten und die erfahrenen ivilangehörigen, die wir vom Sinn und Nutzen der euen Bundeswehr überzeugen müssen. Das gelingt mso besser, je mehr die neuen Strukturen sichtbar mit eben erfüllt werden. Bei aller Veränderung: Die Buneswehr ist nicht auf der Suche nach neuen Aufgaben. ie soll nicht zur Ersatzpolizei werden. Das ist – trotz Dr. Hans-Peter Bartels aller richtigen zivilmilitärischen Zusammenarbeit – nicht ihre Aufgabe. Zur Transformation, die man erleben kann: Mit meinem Kollegen Sönke Rix war ich vor ein paar Wochen – noch bei Schnee und Eis – in seinem Wahlkreis Rendsburg-Eckernförde unterwegs; das hätte auch anderswo in Deutschland sein können. Wir waren beispielsweise in Hohn. Da bereitet sich das Lufttransportgeschwader 63 auf die Aufnahme des A400M vor. 100 bis 140 Millionen Euro werden hier in den nächsten Jahren in eine neue Infrastruktur investiert. Wir waren bei der U-Flottille in Eckernförde. Zwei neue Brennstoffzellen-U-Boote sind in Dienst gestellt, zwei sind in der Erprobung, zwei weitere gehen dieses Jahr unter Vertrag. Neu aufgestellt sind dort die Marinesicherungskräfte und die Spezialkräfte der Marine. Alles ist in neuer Organisation und zum Teil mit neuem Gerät. Transformation bedeutet eben auch neue Ausrüstung für die neuen Aufgaben. Ich nenne als Stichworte „Hubschrauber NH 90“ – dieses Projekt wird allmählich konkret – oder auch die im vergangenen Jahr getroffene, wichtige Entscheidung, dass wir bei MEADS mitmachen. Eurofighter läuft, Tiger läuft, Puma läuft an. Diese Projekte wären – da dürfen wir uns keine Illusionen machen – nicht finanzierbar, wenn wir nicht einen Kurs des tiefgreifenden Umbaus der Streitkräfte eingeleitet hätten, der auch vieles Gewohnte infrage stellt. Allein die Kategorisierung in Eingreif-, Stabilisierungsund Unterstützungskräfte war ein Befreiungsschlag. Dem Generalinspekteur sei Dank. Man kann in diesen Tagen nicht über die Bundeswehr reden, ohne etwas zum Kongo zu reden. Es wird bisweilen so getan, als ginge uns der Kongo – das so genannte Herz der Finsternis, dunkel und weit weg – nichts an. Wenn wir als Deutsche und Europäer aber glaubwürdig bleiben wollen, wenn es mehr als Konferenzrhetorik sein soll, dass wir stabile Staaten, Demokratie und Menschenrechte für die Menschen in Afrika fordern, dann kann und darf es uns nicht egal sein, wie es im wichtigsten Land Zentralafrikas weitergeht. „Europa muss … bereit sein“ – so steht es in der EU-Sicherheitsstrategie –, „Verantwortung für die globale Sicherheit und für eine bessere Welt mitzutragen“. Diesem Anspruch sollten wir gerecht werden. Die UNO hat uns, die Europäer, darum gebeten, im Kongo die Friedensbemühungen auch mit einer militärischen Komponente zu unterstützen. Wir haben kein Interesse daran, dass im Kongo irgendwann Verhältnisse herrschen wie früher oder wie heute noch in Somalia, wo es keine funktionierenden staatlichen Strukturen mehr gibt, wo auf den Straßen das Recht des – häufig schwer bewaffneten – Stärkeren gilt. Das geht uns an. Wir wollen keine Failing States. Die Bundeskanzlerin hat in der Debatte heute Morgen zu Recht gesagt: Wir können für Afrika mehr tun, als nur traurig gucken. Wir haben den Kongo auch nicht plötzlich entdeckt. Vielmehr engagieren sich die Vereinten Nationen und w te z p R L w d k k d M n d d m S E s l t ß s i s F h d z s G i u K R E s r n a D i E f a d h d m H l (C (D ir uns dort schon länger. Wir haben einen Prozess unrstützt, der Rückhalt im Land hat. Der Weg des Kongos u mehr Stabilität kann nur mit den bisherigen Konfliktarteien beschritten werden. Es geht eben nicht darum, ebellenarmeen niederzukämpfen oder das ganze große and zu besetzen. Deshalb können 1 500 Soldaten sehr ohl ausreichen. Das wäre eine kleine Mission, die urchaus einen größeren psychologischen Effekt haben ann, zumal sie zivile europäische Anstrengungen flaniert: die Hilfe bei der Ausbildung einer neuen Polizei, ie Vorbereitung der Wahlen, die UNO-Soldaten der ONUC in den alten Bürgerkriegsprovinzen, die inter ationalen Wahlbeobachter, darunter 200 Deutsche. Es bedarf nicht notwendigerweise Tausender von Solaten, um erfolgreich zu sein. Erinnern wir uns daran, ass es in Mazedonien vor einigen Jahren gelungen ist, it einem sehr begrenzten Einsatz multinationaler treitkräfte – 400 Soldaten insgesamt – die friedliche ntwaffnung der Milizen abzusichern und das Abrutchen in einen Bürgerkrieg zu verhindern! Das psychoogische Signal war wichtiger als die Zahl der eingesetzen Soldaten. Manche Bedenken, die gegen ein Kongomandat geäuert werden, könnten übrigens genauso gegen den Einatz in Afghanistan vorgebracht werden. Auch das Land st weit weg und uns eher fremd. Nur wenige Soldaten prechen Paschtu. Auch dort gäbe es keine Aussicht auf rieden und Entwicklung, wenn nicht eine große Mehreit der Bevölkerung und der ehemaligen Kontrahenten iesen Kurs prinzipiell für richtig hielte. Wir unterstüten Afghanistan mit beträchtlichen Mitteln, weil in unerem Interesse nicht Chaos, sondern Ordnung, nicht ewalt, sondern ein demokratischer Anfang liegen. Da st noch viel zu tun. Die Diskussion um das mögliche Kongomandat lehrt ns schon jetzt, dass wir auch noch einmal über das onzept der EU-Battle-Groups und der NATOesponse-Force nachdenken sollten. Ob diese schnellen ingreiftruppen in ihrer bisherigen Form den prakti chen Anforderungen von internationalen Einsätzen geecht werden, ist, meine ich, zweifelhaft. Wir sollten geau beobachten, ob sich das Rotationsverfahren, an dem uch Finanzierungsfragen hängen, in der Praxis bewährt. er NATO-Hilfseinsatz nach dem Erdbeben in Pakistan st so ein praktisches Beispiel dafür, dass die Hilfe am nde funktioniert hat, nicht aber der NRF-Mechanismus. Es entspricht dem konzeptionellen Ansatz der Transormation, dass wir unsere Pläne und Konzepte ständig uf ihre Wirksamkeit hin überprüfen. Das sollte auch auf er Ebene von EU und NATO gelten. Um in der Diskussion mit unseren Verbündeten Geör zu finden, müssen wir in der Lage sein, mit der Buneswehr einen ernsthaften eigenen Beitrag zu gemeinsaen Anstrengungen zu leisten. Mit dem vorliegenden aushaltsentwurf schaffen wir eine verlässliche Grund age für die weitere Entwicklung der Bundeswehr. Vielen Dank. Ich erteile das Wort Kollegen Paul Schäfer, Fraktion Die Linke. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine Rüstungslast von 30 Milliarden Euro – so hoch ist sie nach NATO-Kriterien – ist meines Erachtens entschieden zu hoch. Der Personalumfang der Streitkräfte ist mit 250 000 Soldaten und Soldatinnen deutlich überdimensioniert. Der Prozess der Transformation der Bundeswehr zu einer Streitmacht, die global einsetzbar sein soll, ist in meinen Augen ein Irrweg, der unsere Sicherheit nicht erhöht; im Gegenteil. Meine Fraktion plädiert dafür, den Fokus wieder auf die Landesverteidigung zu richten. Dafür wären 100 000 Soldatinnen und Soldaten ausreichend. Wir könnten uns dann eine Reihe von sehr kostspieligen Großprojekten sparen und dieses Geld nützlicheren Dingen zuführen. Dass die Fraktion Die Linke ein überaus kritisches Verhältnis zum Militär und zu Militäreinsätzen hat, wird Sie nicht überraschen. Aber eines gilt auch für uns: Wir wollen uns um die sozialen Belange der Soldatinnen und Soldaten kümmern. Das sind Menschen aus Fleisch und Blut, die auch Hilfreiches tun können – das Stichwort Berchtesgaden ist gefallen – und die – ich sage das auch mit Blick auf das Gros der Zeitsoldaten – durchaus nur einen schmalen Geldbeutel haben. Aber auch für die Beamten des Bundes dort gilt, dass ihnen in den letzten Jahren einiges zugemutet wurde. So ist für uns die Senkung des schon einmal auf 60 Prozent gekürzten Weihnachtsgeldes noch einmal um die Hälfte nicht akzeptabel. Wir werden deshalb zu diesem Haushalt eine Anhebung beantragen. Wir halten diese Kürzung für unzumutbar. An der Stelle sind wir auch etwas radikaler als der Bundeswehr-Verband. Die Ost-West-Angleichung der Besoldung bis 2009 ist jetzt endlich ins Auge gefasst worden. Sie war längst überfällig. Sie ist von uns lange gefordert worden. Der Gesetzgeber wird sich auch ganz dringend um die Rentenversorgung bei den Soldaten auf Zeit kümmern müssen. Hier besteht Regelungsbedarf. Hierzu muss es auch Vorschläge der Bundesregierung geben. Schließlich müssen wir uns um die Sozialverträglichkeit bei der Umsetzung des Stationierungskonzepts kümmern. Wir nehmen die Klagen der Soldatinnen und Soldaten, aber auch der Zivilbeschäftigten sehr ernst. Sie berichten über schwierige Zukunftsaussichten dort, wo S w z d d m s s c g n d b D d d O B p B g e a Z s h d L m c u s e f R Ö M s f t E s s g w t g (C (D tützpunkte in strukturschwachen Gebieten geschlossen erden. Es ist das alte Lied: Die Verantwortung darf nicht wischen Bund und Ländern hin und her geschoben weren. Bund, Länder und Kommunen sind zusammen in er Pflicht, ein Konversionsprogramm zu entwickeln, it dem die Folgen solcher Umstrukturierungsprozesse ozialverträglich aufgefangen werden. Nur ein Punkt zur Fußballweltmeisterschaft: techniche Amtshilfe. Herr Minister, Sie haben es angesprohen. Wenn es so viele Anforderungen aus den Ländern ibt, in diesem Bereich aufzustocken, dann ist das doch ur ein deftiger Hinweis darauf, wie sehr die Länder in en letzten Jahren beim zivilen Katastrophenschutz und ei der Polizei haben sparen müssen. arüber muss gesprochen und hier muss korrigiert weren. Wir bleiben unserer Grundposition auch an einer aneren Stelle treu: Wir lehnen Privatisierungen und utsourcing ab. Das gilt gerade für einen so sensiblen ereich wie die Bundeswehr. Hier geht es um maximale arlamentarische Kontrolle. Den bei der Bundeswehr eschäftigten muss die Chance gegeben werden, zu zeien, dass sie die Dienstleistungen, die gefordert werden, ffektiv und kostengünstig erbringen können. Sie wollen die Bundeswehr zu einer globalen Einsatzrmee transformieren. Das hat seinen Preis; ich habe die ahl genannt. Eben war ich bei den kleinen Zahlen, jetzt ind wir bei den großen Zahlen. Dieser Etat bleibt auf ohem Niveau. Er war nur dadurch zu halten, dass bei er Marine Programme ausgelaufen sind und sich bei der uftwaffe einige Verzögerungen ergeben haben. Sonst üssten Sie sogar noch aufstocken. Das ist eine Tatsa he. Ich will an drei Beispielen zeigen, warum wir es nach nserer Meinung mit einer Fehlentwicklung bei der Einatzund Beschaffungsplanung zu tun haben. Dabei geht s auch um die Einsatzdoktrin. Beispiel Eurofighter. Dass die bestellten 180 Jagdlugzeuge viel zu viel sind, wusste man schon zu Volker ühes Zeiten. Wir konnten locker zwei Flugzeuge an sterreich abgeben, dem es zu lange dauerte, bis seine aschinen geliefert wurden. Außerdem hat man sehr chnell eine neue Einsatzrolle für diese Eurofighter geunden, nämlich als Jagdbomber. Diese Rollenneuorienierung kostet einiges, eine schlappe halbe Milliarde uro. Die Steigerung der Ausgaben für Rüstungsforchung im Haushalt geht zu einem großen Teil auf diese o genannte Rollenanpassung zurück. Dazu, dass hier in roßem Stil Jagdbomber beschafft werden sollen, sagen ir ganz unmissverständlich: Jagdbomber für den nächs en Luftkrieg wollen wir nicht. Deshalb sollte sich der Bundestag darüber verständien, dass die zweite und dritte Tranche des Eurofighters Paul Schäfer nicht beschafft wird. In der SPD-Fraktion gab es Anfang des Jahres in dieser Frage einmal ein kurzes Aufmucken in der Richtung, dass man 2,8 Milliarden Euro sparen könne, wenn die dritte Tranche nicht beschafft werde. Davon hört man heute nichts mehr; man ist sehr schnell eingeknickt. Hier hätte ich mir ein etwas couragierteres Auftreten der SPD gewünscht. Zweites Beispiel: Raketenabwehrsystem MEADS. Die Kollegin von der FDP hat schon darauf hingewiesen. Es gibt auch ausführliche Studien, die zu dem Schluss kommen, dass für die herkömmliche Flugabwehr die vorhandene Patriot reicht. Gegen die Bedrohungen durch ballistische Raketen ist das System ungenügend. Nur für den Schutz einer Truppe im Ausland hätte MEADS logistische Vorteile, wenn man es mit dem A400M verbindet. Allerdings hätten wir dann gern gewusst, an welche Einsatzszenarien dabei gedacht ist. Denn im Kongo oder im Sudan wird dieses Waffensystem nicht benötigt. Es ergibt höchstens Sinn, wenn man gegen eine relativ hoch gerüstete Militärmacht zu Felde zieht, zum Beispiel Pakistan oder Iran. Wollen wir das? Das ist die Frage, die da zu stellen ist. Auch hier geht es um schlappe 4 Milliarden Euro. Welche Kosten der Eurofighter verursacht, habe ich gar nicht erwähnt. Wir reden hier über einen zweistelligen Milliardenbetrag; er liegt zwischen 20 und 30 Milliarden Euro. Bei MEADS geht es übrigens auch um industriepolitische Förderung. Das Flugzeugkapitel des Einzelplans 14 ist ohnehin ein Riesensubventionstopf für eine Firma namens EADS. Keynesianismus ist ja ganz gut, aber Rüstungskeynesianismus ist schlecht. Drittes Beispiel: neue Korvetten und die geplante neue Fregattenreihe F 125. Ihr besonderes Merkmal soll die deutlich gesteigerte Fähigkeit sein, von der See aus Landziele zu bekämpfen. Diese effektivierte See-/ Landkriegsführung wird offensichtlich benötigt, um auf andere Länder einwirken zu können. Ich habe heute Morgen bei der Kanzlerin gelernt, dass man dafür sorgen muss, dass andere unsere Wertvorstellungen ernst nehmen. Das ist also das Szenario, an das da gedacht ist. Der frühere Generalinspekteur der Bundeswehr, Herr Naumann, hat in einem Festvortrag kürzlich das Lob der Marine gesungen und hat Folgendes gesagt: Am wirkungsvollsten ist … eine Strategie, die sich der Machtprojektion „onward from the sea“ bedienen kann, auch weil diese kaum von Überflugund Zugangsrechten abhängig ist. Das ist Klartext. Da weiß man, wohin man mit diesen schwimmenden Plattformen will. Diese Plattformen sind geeignet für Expeditionary Forces, also für Eingreiftruppen, die langfristig Einsätze durchführen sollen. Auch hier stellt sich die Frage: Was sind das für Expeditionen, die da gestartet werden sollen? K w f b t – w h e E D E K w z w m d n D d f d E t d w r m g r g a s d g l – b d v D (C (D Ich bin mit solchen Bewertungen sehr vorsichtig. Die ollegen aus dem Verteidigungsausschuss, die mich etas besser kennen, wissen das. Diese Konzepte haben ür mich verdammt viele Anklänge an die alte Kanonenootpolitik, nur eben Kanonenbootpolitik mit den mili ärischen Mitteln des 21. Jahrhunderts. (Beifall bei der LINKEN – Widerspruch bei der CDU/CSU)


(Zuruf von der CDU/CSU: Nicht so bissig!)


(Zuruf von der FDP: Aha!)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1602808900

(Johannes Kahrs [SPD]: Guter Mann!)

Dr. Hans-Peter Bartels (SPD):
Rede ID: ID1602809000

(Beifall bei der SPD)





(A) )


(B) )


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)





(A) )


(B) )

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1602809100
Paul Schäfer (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1602809200

(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Vorsitz: Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


Tut mir Leid, dies sagen zu müssen. Lesen Sie nach,
as der ehemalige Generalinspekteur Naumann gesagt
at! – Wir können vor einer solchen Entwicklung nur
ntschieden warnen. Die neuen Fregatten: nicht mit uns.


(Johannes Kahrs [SPD]: Brauchen wir auch nicht!)


Die Bundeswehr ist, wie wir hören, eine Armee im
insatz. Dort, wo sie im Einsatz war, ist sie geblieben.
ie Einsätze haben länger gedauert, als man gedacht hat.
s gibt immer mehr neue Einsatzszenarien: morgen im
ongo, übermorgen möglicherweise – im Herbst werden
ir vielleicht diese Debatte führen – im Sudan.

Nun können wir gerne über die Sinnhaftigkeit der ein-
elnen Missionen diskutieren; ich bin sehr dafür. Aber
enn es so ist, dass immer mehr militärische Zwangs-
ittel benötigt werden, um auf Konflikte einzuwirken,

ann stimmt etwas an der Grundrichtung der internatio-
alen Politik nicht.


(Beifall bei der LINKEN)


ann müssen wir noch viel schärfer nach den Ursachen
er gewaltträchtigen Konflikte in vielen Teilen der Welt
ragen und noch viel gründlicher überlegen, wie man
urch langfristige und auf Deeskalation ausgerichtete
ntwicklungsstrategien diese Konflikte wirklich bewäl-

igen kann.

Wenn Länder durch Strukturanpassungsprogramme
es IWF in noch größere Armut gestürzt werden und
enn sich das Wettrennen um gewinnträchtige Rohstoff-

essourcen vor Ort verschärft und durch westliche Fir-
en angeheizt wird, dann müssen wir zuerst über eine

erechtere Weltwirtschaftsordnung und über eine ge-
echtere Ressourcenverteilung reden und nicht über Ein-
reiftruppen der NATO und der EU.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammen-
rbeit und Entwicklung hat jüngst mehrfach auf die Rie-
endiskrepanz zwischen den Weltmilitärausgaben und
en globalen Ausgaben für öffentliche Entwicklung hin-
ewiesen: hie 1 Billion Dollar und da 58 Milliarden Dol-
ar.


(Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministerin: 78 Milliarden Dollar!)


Entschuldigung, 78 Milliarden Dollar. Die Diskrepanz
leibt trotzdem bestehen. – Sie hat gefordert, dass die
eutsche Politik hier zu einer grundlegenden Gewichts-
erschiebung beitragen müsse. Dumm ist nur, dass zwei
rittel dieser Weltmilitärausgaben von der NATO aufge-






(A) )



(B) )


Paul Schäfer (Köln)

bracht werden. Der NATO-Generalsekretär wird nicht
müde, eine Steigerung dieser Ausgaben zu fordern.


(Beifall bei der LINKEN)


Hier wäre ein wichtiges Betätigungsfeld für die Bun-
desregierung. Sie könnte die Überprüfungskonferenz
hinsichtlich der konventionellen Streitkräfte in diesem
Jahr nutzen, um über eine qualitative Abrüstung zu re-
den. Sie könnte auch den diesjährigen NATO-Gipfel
nutzen, um eine Initiative einzubringen, wonach sich die
NATO-Mitgliedsländer zu einer jährlichen Absenkung
ihres Wehretats um 5 Prozent verpflichten.


(Beifall bei der LINKEN)


Das wäre eine ganz tolle Initiative.

Herr Minister, setzen Sie sich doch einmal mit Ihrer
Fachkollegin zusammen. Sie könnten das sozusagen in-
nerhessisch regeln und sich überlegen, ob nicht eine sol-
che Initiative im November anlässlich des NATO-Gip-
fels eingebracht werden könnte. Abrüstung immer nur
woanders zu fordern, geht nicht. Nein, auch hier bei uns
geht es um Abrüstung.

Danke.


(Beifall bei der LINKEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1602809300

Ich erteile das Wort dem Kollegen Alexander Bonde,

Bündnis 90/Die Grünen.


Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1602809400

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Wir haben es in dieser Debatte schon oft gehört:
Die Bundeswehr befindet sich in einer Transformations-
phase und die Anforderungen an die Angehörigen der
Bundeswehr sind enorm.

Unsere Soldatinnen und Soldaten beweisen in vielfäl-
tigen Auslandseinsätzen, dass wir unter gewissen Vo-
raussetzungen Sicherheit und Stabilität in Krisenregio-
nen verbessern können. Aber nicht zuletzt seit dem
letzten Bericht des Wehrbeauftragten wissen wir alle
auch, dass die Bundeswehr in ihrer bisherigen Struktur
bei den aktuellen Einsätzen an der Belastungsgrenze an-
gekommen ist.

Ich möchte an dieser Stelle im Namen meiner Frak-
tion den Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr aus-
drücklich für ihr Engagement danken. Ebenso möchte
ich allen zivilen Helferinnen und Helfern der Polizei, aus
der Entwicklungshilfe, den NGOs und den internationa-
len Organisationen danken; denn ein Großteil unserer
Missionen findet in enger zivil-militärischer Koopera-
tion statt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Dieser Zusammenhang ist auch bei der Frage des
Mahnmals, die Sie, Herr Minister, angesprochen haben,
wichtig. Denn aus unserer Perspektive und bei einem
umfassenden Sicherheitsbegriff darf man nicht nur eines
Teils derjenigen, die bei Auslandseinsätzen zu Schaden

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(C (D ommen, gedenken, während man einen anderen Teil icht mitberücksichtigt. Insofern sollte das Ganze breiter nlegt werden als das Mahnmal, das Sie hier skizziert aben. Die Transformation der Bundeswehr bedeutet, wahrunehmen, dass es neue außenpolitische Aufgaben gibt nd sich damit die Rolle der Streitkräfte ändert. Man uss weg vom Schwerpunkt der reinen Landesverteidi ung hin zu einer Bundeswehr, die dort, wo es nötig ist, n der Lage ist, internationale und humanitäre Verantortung in Bündnissen zu übernehmen. Für uns Grüne nd insgesamt in der Bundesrepublik war es ein langer iskussionsprozess, bis man zu der verantwortungsvol en Position gekommen ist, in einzelnen Fällen auch mit ilitärischer Gewalt Friedenspolitik machen zu müssen. Wir müssen in der Phase, in der wir uns im Moment icherheitspolitisch befinden, sehr viel mehr Bedacht an en Tag legen, wenn wir über den Einsatz des Militärs iskutieren. Erlauben Sie mir eine persönliche Bemerung. Ich glaube, wir müssen aufpassen, nicht in einen utomatismus bei den Einsätzen im militärischen Be eich hineinzurutschen. Wir müssen wieder darüber prechen, wie wir Einsätze verantwortungsvoll zu einem nde führen können. Wir müssen uns offen darüber un erhalten, dass es bei aller Notwendigkeit und allen ründen für Einsätze auch eine Grenze der verfügbaren apazitäten und der Belastbarkeit der Soldatinnen und oldaten gibt. Ich persönlich betrachte es mit großer orge, dass diese Fragestellungen bei dem Einsatz, in en uns die Bundesregierung gerade manövriert, nicht irklich auf der Tagesordnung standen und nach meiem Verständnis eine zu geringe Rolle in der Debatte gepielt haben. Zurück zur Bundeswehr. Bereits die alte Regierung, ie rot-grüne Mehrheit, hat den Transformationsproess angestoßen und begleitet. Auch wenn wir in vielen unkten mit dem ehemaligen Verteidigungsminister im linch lagen und seine Ansichten konstruktiv und kri isch hinterfragt haben, so haben wir diese Linie doch erantwortungsvoll mitgetragen. Das galt in unserer Reierungszeit und das gilt auch heute in der Opposition. (Walter Kolbow [SPD]: Sie haben auch immer die richtigen Antworten bekommen!)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Leider muss man aber sagen, dass sich der Transfor-
ationsprozess nicht in dem Maße, wie dies in den Re-

en betont wurde, in dem neuen von Schwarz-Rot vor-
elegten Entwurf des Einzelplans 14 wiederfindet. Denn
n manchen Stellen wird unter Minister Jung bewusst
ieder der Weg in die falsche Richtung eingeschlagen.
s werden zu viele Mittel für die herkömmliche Landes-
erteidigung und zu wenige für den bei den Auslands-
insätzen und der Krisenprävention bestehenden Bedarf
ereitgestellt. Es gibt zu viel Logik des Kalten Krieges
it Bedrohungsszenarien, in denen von Kriegen zwi-

chen hoch gerüsteten Staaten ausgegangen wird, und
ine zu geringe Anpassung an außenpolitische Heraus-
orderungen, an reale Einsatzszenarien im Bereich der






(A) )



(B) )


Alexander Bonde
asymmetrischen Bedrohung, der Nation Building und
der Stabilisierung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wenn man die tatsächliche Situation bei den Einsät-
zen dem Einzelplan gegenüberstellt, sieht man, dass im-
mer noch eine zu geringe Ausstattung für die konkreten
Einsatzsituationen vor Ort vorgesehen ist. Wir erleben,
dass weder das richtige Personal noch das richtige Mate-
rial für die tatsächlichen Einsätze eingeplant werden.
Vielmehr fließt ein Großteil der Investitionen in den Be-
reich der klassischen Landesverteidigung, in den Be-
reich dessen, wo man wieder sozusagen die großen, alten
Kriege befürchtet. Insofern ist das Problem der Bundes-
wehr nicht in erster Linie Geldmangel, sondern die rich-
tige Prioritätensetzung. Diese, sehr geehrter Herr Bun-
desverteidigungsminister, setzen Sie falsch.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Sie selbst haben das im Bereich der Beschaffungen
sehr deutlich gemacht. Die Beschaffungen erfolgen wei-
ter nach dem Produktkatalog der Industrie und weniger
nach dem aktuellen Bedarf. Ich will es an drei Beispielen
deutlich machen. Den Eurofighter haben Sie genannt.
Jeder von uns weiß: Wir brauchen keine 180 neuen
Kampfflugzeuge, weil die Bedrohungssituation dies
nicht erforderlich macht. Jeder weiß: Dies ist eine Ver-
schwendung von Steuermitteln. Gleichwohl ist unser
Antrag, nun endlich Verhandlungen mit der Industrie
aufzunehmen, um aus der dritten Tranche des Eurofigh-
ters auszusteigen, im Haushaltsausschuss von der großen
Koalition abgelehnt worden – interessanterweise bei
Enthaltung der FDP, wenn ich das an dieser Stelle ein-
mal kritisch äußern darf.

Zweites Stichwort: die IRIS-T-Anpassung für das
Flugabwehrsystem MEADS. Wir entwickeln ein Flug-
abwehrsystem, um uns gegen Flugkörper mit mittlerer
Reichweite anderer hochgerüsteter Staaten zu verteidi-
gen. So weit, so schlecht. Jetzt will das Verteidigungsmi-
nisterium dieses internationale Projekt aber noch mit ei-
nem nationalen Flugkörper aufmotzen, damit die
deutsche Flugkörperindustrie mehr Aufträge erhält. Das
System wird komplizierter, schwieriger zu warten und
teurer. Das ist sozusagen die Schweinslederlösung mit
Goldnahtkante; im Sprachgebrauch der MTV-Genera-
tion könnte man auch sagen: Pimp my MEADS.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat er nicht verstanden!)


Drittes Stichwort: PARS 3 Long Range. Das Panzer-
abwehrraketensystem für den Hubschrauber Tiger, von
Rot-Grün aus guten Gründen in die Mottenkiste gelegt,
ist wieder da. Ich weiß nicht, wo Sie herannahende Pan-
zerarmeen vermuten. Bei den täglichen Einsätzen der
Bundeswehr reden wir über Minen, Heckenschützen und
Autobomben.

Keines der drei Systeme, die ich benannt habe, wer-
den Sie jemals in Kabul oder auf dem Balkan einsetzen.
Auch im Kongo – sollte der Einsatz beschlossen wer-
den – werden Sie keines dieser Systeme jemals einset-

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(C (D en. Das Gleiche gilt für den Sudan und jeden anderen rt dieser Welt, wo ich mir im Moment einen sinnvollen insatz der Bundeswehr vorstellen kann. Lieber Herr Kollege Jung, die Bundeswehr braucht ührung in der Transformation. Sie braucht keinen Zickackkurs und niemanden, der in Abenteuer hineinstolert. Bezüglich des Kongoeinsatzes kann man inhaltlich nterschiedlicher Meinung sein. Ich bin wesentlich keptischer als große Teile meiner Fraktion, ob das hier ormulierte humanitäre Pathos von 100 bis 250 Soldaten or Ort tatsächlich umgesetzt werden kann. Darüber ann man ernsthaft diskutieren. Nicht diskutieren kann man über das Hin und Her, das ie auf europäischer Ebene veranstaltet haben. Sie haben ie Ausschüsse des Bundestages, den Bundestag und die ffentlichkeit über Wochen im Dunkeln darüber gelas en, was Sie eigentlich vorhaben: Es begann mit einem ein zum Einsatz seitens des Verteidigungsministers. inen französischen Handkuss später hat die Bundesanzlerin dies revidiert. Der Verteidigungsminister einte anschließend: Ja, aber ohne Führungsrolle. Dann aben Sie fahrlässig „Berlin plus“ ausgeschlagen. Zu guer Letzt übernimmt Deutschland die Führungsrolle und at den Einsatz am Bein. – Herr Jung, Führungsfähigkeit nd Demonstration von Handlungsfähigkeit sehen aners aus. Wenn das europäische Sicherheitspolitik sein oll, dann kann ich nur sagen: Gute Nacht! An einer anderen Stelle haben Sie die Führung überommen. Sie haben gesagt, dass Sie den Personalhausalt reduzieren wollen. Ich frage Sie aber, wie es dann azu passt, dass Sie nun zusätzlich 25 000 Wehrdiensteistende einberufen wollen. Aufgrund der militärischen lanung Ihres Generalinspekteurs ist dies nicht notwenig. Sicherheitspolitische und sachliche Gründe gibt es itnichten. Was sollen diese 25 000 Wehrpflichtigen lso tun? An erster Stelle sollen sie die Wehrpflicht vereidigen. Ansonsten wird Zeit abgesessen und andernorts otwendiges Material und Personal gebunden. Das ist nwirtschaftlich und sicherheitspolitisch kontraprodukiv. Sie steigern weder die Leistungsfähigkeit der Streiträfte noch entlasten Sie den Personalhaushalt und spaen an Betriebsmitteln, wie Sie es angekündigt haben. enn Sie Gerechtigkeit bei der Wehrpflicht wollen, ann tun Sie, was dringend notwendig ist: Schaffen Sie ie Wehrpflicht endlich ab! Sie wissen genau, sichereitspolitisch braucht sie niemand. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wenn man alles zusammennimmt, also Ihre Planun-
en bezüglich der Beschaffung und des Personals, dann
undert es mich schon, dass die Sozialdemokraten den

lten Weg der Transformation überhaupt wiedererken-
en; denn Sie nehmen die Reform des vorherigen Vertei-
igungsministers Struck mit Ihren Maßnahmen Stück für
tück zurück.

Man kann darüber streiten, ob das nicht immer schon
as Ziel der CDU/CSU in diesem Bereich war. Wir sind
a froh, dass zumindest Sie inzwischen, was den Einsatz
m Innern angeht, von der Bundeswehr bekehrt worden






(A) )



(B) )


Alexander Bonde
sind. An dieser Stelle wünsche ich Ihnen viel Erfolg
beim Kampf gegen den Bundesinnenminister. Wir sind
gespannt, ob Sie sich wenigstens an dieser Stelle einmal
durchsetzen werden, Herr Jung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unsere Unterstützung hat er!)


Zusammenfassend möchte ich sagen: Sie haben mit
uns, der grünen Fraktion, einen Diskurspartner, der ver-
antwortungsvolle Außen- und Sicherheitspolitik mitge-
stalten will und der sich solidarisch damit erklärt, dass es
in bestimmten Fällen geeigneter Streitkräfte bedarf. Wir
wissen, dass die Bundeswehr ein Partner bei vielen frie-
denserhaltenden Einsätzen ist. Wenn Gewalt als letztes
Mittel eingesetzt werden muss, wenn die Bundeswehr in
zivile und entwicklungspolitische Maßnahmen einge-
bunden werden soll, stehen wir mit Ihnen auf einer Seite.

Wir erwarten aber von der Bundesregierung, dass sie
die Herausforderung annimmt und Führung zeigt, dass
sie die Aufgabe als sicherheitspolitisches Projekt trägt
und nicht als industriepolitische Spielwiese versteht.
Herr Jung, Ihr heutiger Redebeitrag hat uns gezeigt, dass
Sie sich ein Stück weit als zweiter Wirtschaftsminister
dieser Bundesregierung sehen.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer ist denn der erste?)


Ich kann gut nachvollziehen, dass man diese Lücke in
der Bundesregierung füllen möchte, weil keiner so recht
weiß, ob der bisherige Wirtschaftsminister diese Rolle
tatsächlich jemals ausfüllen kann.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Beide sind von der Union!)


Solange Sie, Herr Jung, die Rolle des Verteidigungsmi-
nisters nicht gänzlich ausfüllen – uns scheint, es ist noch
ein langer Weg, bis das der Fall ist –, sollten Sie die Fin-
ger von den Ressorts anderer lassen. Betreiben Sie Si-
cherheitspolitik und hören Sie mit dem industriepoliti-
schen Unsinn auf!

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1602809500

Das Wort hat nun der Kollege Jürgen Herrmann,

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Jürgen Herrmann (CDU):
Rede ID: ID1602809600

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Herr Minister, Sie haben es eben angedeutet:
Die Sicherheitspolitik steht im 21. Jahrhundert vor
neuen großen Herausforderungen. Für uns Parlamenta-
rier bedeutet dies, dass alle sicherheitspolitischen Instru-
mente daran gemessen werden müssen, wie effizient ihre
Wirksamkeit gegenüber heutigen, aber auch künftigen
Bedrohungen ist.

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(C (D Bedrohungen, egal welcher Art, sind leider nicht kalulierbar, weder was den Ort noch was das Profil des egners angeht. Sie sind im Gegensatz zu früher meist symmetrisch. Ich sage aber auch ganz klar, dass die ymmetrische Bedrohung nicht außer Acht gelassen erden darf. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Von wem geht sie aus?)


aran müssen unsere Sicherheitsstrukturen ausgerichtet
erden. Innere und äußere Sicherheit sind nicht mehr
oneinander zu trennen.

Sicherheitsvorsorge setzt sich aus verschiedenen
austeinen zusammen. Neben den rein militärischen As-
ekten gehört eine Reihe von anderen Bereichen un-
rennbar dazu. Ich begrüße es deshalb sehr, dass wir un-
ere Vorstellungen zur inneren und äußeren Sicherheit
nter Berücksichtigung des erweiterten Sicherheitsbe-
riffes – Herr Minister, Sie haben es angekündigt – noch
n diesem Jahr in einem Weißbuch wiederfinden werden.
in wesentlicher Baustein der Sicherheitsstrategie ist die
erteidigung. Dafür bietet der Einzelplan 14, mit dem
ir uns heute befassen, den entscheidenden Rahmen.

Angesichts des von der Bundesregierung vorgegebe-
en Kurses der Konsolidierung der Finanzen ist natür-
ich auch der Finanzrahmen des Verteidigungshaushaltes
icht unbegrenzt. Das Volumen für 2006 hat sich bei
3,88 Milliarden Euro eingependelt. Durch Verkäufe
on Bundeswehrliegenschaften sollen noch circa
0 Millionen Euro hinzukommen. Vor dem Hintergrund
es Konsolidierungskurses sind Erhöhungen Grenzen
esetzt. Daher müssen wir prüfen, wo Einsparungen
öglich und wo Erhöhungen notwendig sind. Der Re-

ierungsentwurf, der uns heute vorliegt, ist ein Lösungs-
orschlag, der den Spagat zwischen wirtschaftlicher
aushaltsführung und nötigen Investitionen schafft.

Unsere Aufgabe als Parlamentarier besteht darin, die-
en Prozess verantwortungsbewusst und kritisch zu be-
leiten. Dabei sollten wir uns erstens von der Maxime
eiten lassen, den bestmöglichen Schutz unserer Sol-
aten und Soldatinnen im Einsatz zu gewährleisten
nd zu verbessern.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


err Schäfer, ich möchte zu Ihren Einwürfen eben, zum
eispiel zum Programm MEADS, sagen: Wir haben uns

n der Gruppe „Bodengebundene Luftverteidigung“
ange mit diesem Thema beschäftigt und sind mit großer

ehrheit übereingekommen, dieses Projekt zu verwirk-
ichen.


(Zuruf von der SPD: Einstimmig!)


Ja, in der Gruppe sogar einstimmig. Ich glaube nach
ie vor, dass es Sinn und Zweck hat, dieses Projekt zu
erwirklichen.

Zweitens sollten wir uns von der Maxime leiten las-
en, die internationalen Verpflichtungen gegenüber
nseren Bündnispartnern einzuhalten. Herr Schäfer, Sie
aben vorgeschlagen, die Zahl der Bundeswehrsoldaten






(A) )



(B) )


Jürgen Herrmann
auf 100 000 zu reduzieren. Sie müssen mir erklären, wie
wir uns dann überhaupt noch an internationalen Einsät-
zen beteiligen könnten. Die Politik, die Sie hier betrei-
ben – Sie haben von Kanonenbootpolitik gesprochen –,
zeugt davon, dass Sie kein Interesse daran haben, Sicher-
heit für die Bundesrepublik zu gewährleisten. Das ist
pure Stimmungsmache. Ich kann nur davor warnen, den
bestehenden Konsens im Verteidigungsausschuss aufzu-
kündigen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wir sollten uns drittens von der Maxime leiten lassen,
die wehrtechnische Industrie zu stärken. Es ist sicher-
lich wichtig, ihre Konkurrenzfähigkeit auf internationa-
lem Parkett zu erhalten. Es liegt in unserem Interesse,
uns nicht von der ausländischen Rüstungsindustrie ab-
hängig zu machen. Sie wartet nämlich nur darauf, dass
wir unsere Kernfähigkeiten vernachlässigen. Letztend-
lich zahlen wir einen hohen Preis, wenn wir nicht mehr
selbst produzieren.

Die Bundeswehr hat sich im Laufe des Transforma-
tionsprozesses zu einer Armee im Einsatz entwickelt,
deren Aufgabe darin besteht, Frieden sichernde und
Frieden erhaltenden Maßnahmen auszuführen. Ein Ende
dieser Entwicklung und der damit verbundenen Frage
nach weiteren Einsätzen im Ausland ist nicht absehbar.
Herr Minister, Sie haben vorhin die NATO-Response-
Force und die EU-Battle-Groups angesprochen. Das sind
Aufgaben, die wir in Zukunft zu bewältigen haben.

Es ist sicherlich wichtig, einen ausreichenden Plafond
bereitzuhalten, damit wir Truppen zur Verfügung stellen
können, wenn sie angefordert werden. Daher ist eine
Truppenstärke von 250 000 Männern und Frauen sicher-
lich angemessen.

Die Bundeswehr wird auch – der Minister hat das an-
gesprochen – in Katastrophengebieten im In- und Aus-
land eingesetzt, in jüngster Zeit, um nur einige Beispiele
zu nennen, in Bad Reichenhall, in Hochwassergebieten,
im Erdbebengebiet in Pakistan und bei der Bekämpfung
der Vogelgrippe auf Rügen. Das ist das Aufgabenspek-
trum, dem sich unsere Bundeswehr gegenübersieht.

Unsere Soldaten stellen die Einsatzfähigkeit der Bun-
deswehr tagtäglich – das muss man hier einmal sagen –
unter Beweis. Sie zeigen, zu welchen Leistungen sie
letztendlich bereit sind und dass sie verantwortlich han-
deln können. Die Organisationsstruktur und das Engage-
ment jedes einzelnen Soldaten ist, das kann ich hier nur
feststellen, vorbildlich. Mein herzlicher Dank an die Sol-
datinnen und Soldaten, die dies immer wieder möglich
machen.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Eine ganze Reihe von Haushaltsstellen des
Einzelplans 14 ist dem Umbau zu einer modernen, effi-
zienten sowie schnell einsatzfähigen und leicht verlegba-
ren Truppe geschuldet. Ich begrüße daher sehr, dass die
verteidigungsinvestiven Ausgaben, die bei 6 Milliar-
den Euro liegen, auf 25 Prozent des Etats angewachsen
sind. Wir müssen daran arbeiten, diesen Anteil noch zu

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(C (D teigern. Wenn wir den begonnenen Transformationsrozess fortsetzen, sollte es uns gelingen, die Beriebsausgaben weiter zu reduzieren und damit Spieläume für Investitionen zu gewinnen. Ich warne aber davor, alles zu privatisieren und alles utzusourcen. Es gibt viele Bereiche, die von der Buneswehr sicherlich nicht so kostendeckend betrieben erden können, wie ein Privater dies könnte. Das heißt ber nicht, dass dieser es auch besser machen würde. Ich laube, dass viele Bereiche in der Bundeswehr besser ufgehoben sind, als sie es im privaten Sektor wären. Ich enke, Frau Hoff, über den richtigen Weg werden wir och viel diskutieren. Ich halte es für notwendig und ichtig – das betone ich –, dass diejenigen, die es zu ähnichen Konditionen besser machen können, den Zuchlag erhalten sollten. Beachtlich ist, dass der Bereich „Wehrforschung, ehrtechnische und sonstige militärische Entwicklung nd Erprobung“ jetzt ein Gesamtvolumen von ,1 Milliarden Euro umfasst. Das ist eine Steigerung um atte 15 Prozent. Lassen Sie mich zu den zuvor genannten Eckpunkten ur zwei Zahlen herausgreifen: Wir fördern die Zukunftstechnik im Bereich der weltaumgestützten Aufklärung mit 325 Millionen Euro. as sind 50 Prozent mehr, als wir für derartige Zuunftstechnologien im letzten Jahr zur Verfügung hatten. m Übrigen wird gerade die Aufklärung bei zukünftigen insätzen eine entscheidende Rolle spielen, um Erkenntisse über den Gegner und die Infrastruktur zu erhalten. ur so können wir, neben den eben genannten Kompoenten, einen umfassenden und effektiven Schutz unseer Soldatinnen und Soldaten gewährleisten. Wir stellen 400 Millionen Euro für die Nachfolgelöung der Breguet Atlantic, die Entwicklung des mobilen odenüberwachungsradars und die weiträumige, abbilende Aufklärung der Bodenund Luftlage durch AGS owie durch Euro Hawk zur Verfügung. Das zeigt die aßnahmen auf, die heute dringend erforderlich sind. Unser Blick sollte aber auch langfristige und für die insatzfähigkeit der Bundeswehr bedeutsame Aspekte erücksichtigen. Der Zulauf der Fregatte 125, aber auch ie Diskussion über einen weiteren Einsatzgruppenverorger muss geführt werden. Die Entwicklung einer achfolgelösung für die CH 53 ist mit dem HTH, also em schweren Transporthubschrauber, bereits angedacht nd muss mit unseren Bündnispartnern gemeinsam umesetzt werden. Mit dem Haushaltsentwurf, der uns heute vorliegt, chaffen wir eine Grundlage für die zukünftige Arbeit er Bundeswehr, der Soldatinnen und Soldaten sowie er Zivilangestellten. Sicherlich gibt es die Forderung, och etwas mehr Geld einzubringen. Nach oben hin sind ie Ausgaben aber zurzeit begrenzt. Ich sage in aller Deutlichkeit: Diejenigen, die tagtägich hervorragende Arbeit abliefern – die Soldatinnen nd Soldaten sowie Zivilangestellte –, haben ein Recht arauf, von uns entsprechend ausgerüstet zu werden. Jürgen Herrmann Dem kommen wir gerne nach. Ich wünsche allen Soldatinnen und Soldaten, dass sie immer heil aus dem Einsatz zurückkommen. Denn sie tun ihren Dienst für uns in Deutschland. Danke schön. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)





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Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1602809700

Nun hat das Wort die Kollegin Birgit Homburger von

der FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Birgit Homburger (FDP):
Rede ID: ID1602809800

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die Bundeswehr muss sich auf die neuen Herausforde-
rungen und auch auf neue Aufträge einstellen. Mit den
ihr zur Verfügung gestellten Mitteln hat sie diese Auf-
gabe bisher sehr gut gemeistert. Allerdings sind die poli-
tischen Vorgaben mit den zugebilligten Mitteln häufig
nicht kompatibel. Der in aller Munde geführte und hier
schon einige Male angesprochene Transformationspro-
zess hat nicht in allen Bereichen die richtige Zielsetzung,
vor allem nicht in der Grundsatzfrage der Struktur unse-
rer Streitkräfte. Ich finde, da liegt das Grundproblem für
die Zukunft der Bundeswehr.


(Beifall bei der FDP)


Allerdings – das hat sich in der heutigen Debatte ge-
zeigt – ist eine Strukturkorrektur vonseiten der Regie-
rung nicht ins Auge gefasst. Stattdessen beschäftigt sich
die Bundesregierung im Augenblick mit weiteren Aus-
landseinsätzen, beispielsweise in Afrika. Auch wir sehen
die dringende Notwendigkeit, uns mit Afrika zu beschäf-
tigen, aber dann bitte mit einem klaren Konzept und in
internationalem Rahmen. Die Art und Weise, wie das im
Augenblick stattfindet – man hat kein klares Konzept
und dann legt die Bundesregierung auch noch das Parla-
ment de facto im Vorhinein fest, indem sie international
bereits klare Zusagen macht –, ist inakzeptabel. Die
Bundeswehr ist und bleibt eine Parlamentsarmee. Daran
sollten wir weiter festhalten.


(Beifall bei der FDP – Zuruf von der CDU/CSU: Bundeswehr ist Sache der Exekutive!)


Der komplette Entscheidungsablauf bei der Bundes-
regierung in diesem Zusammenhang ist ein Desaster.
Beispielsweise ist nach wie vor völlig unklar, wie die
mittlerweile nur noch 200 für Kinshasa eingeplanten
Soldaten denn tatsächlich eine Abschreckung darstellen
sollen.


(Beifall des Abg. Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Und was passiert eigentlich, wenn sich die Sicherheits-
lage nach den Wahlen drastisch verschlechtert? Behalten
in einem solchen Fall Einsatzraum und Einsatzdauer tat-
sächlich ihre Gültigkeit? Ich weiß, dass die Kolleginnen
und Kollegen der SPD und CDU/CSU im Verteidigungs-
ausschuss diese Fragen genauso gestellt haben wie die

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(C (D olleginnen und Kollegen der Opposition. Aber bisher lieben diese Fragen von der Bundesregierung komplett nbeantwortet. Deshalb sagen wir ganz klar: Es besteht ie Gefahr, dass wir mit der Teilnahme an einer derartien Mission in ein unkalkulierbares Risiko laufen. Wir inden, dass die Bundesregierung diese Fragen aufzukläen hat, und zwar hier im Parlament. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Im Übrigen, Herr Verteidigungsminister Jung, haben
ie wiederholt erklärt, dass Deutschland sich, wenn
berhaupt, lediglich in Form von logistischer und Luft-
ransportunterstützung beteiligen werde, aber auf gar
einen Fall mit Kampftruppen. Sie haben zu Beginn der
iskussion auch gesagt, Deutschland werde auf gar kei-
en Fall eine Führungsrolle übernehmen. Jetzt ist es so,
ass Deutschland nicht nur irgendeine Führungsrolle,
ondern sogar die Gesamtführung für diesen Einsatz
bernehmen soll.

Vor diesem Hintergrund muss ich schon sagen: Das
in und Her in der Diskussion war unnötig und ist ver-

ntwortungslos, weil die Soldatinnen und Soldaten der
undeswehr Sicherheit brauchen. Ich finde, man sollte
ber solche Fragen erst diskutieren, wenn man Klarheit
at, und nicht schon über alles Mögliche vorher in der
ffentlichkeit diskutieren und es anschließend revidie-

en.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1602809900

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

ollegen der SPD-Fraktion?


Birgit Homburger (FDP):
Rede ID: ID1602810000

Ja, gerne.


Rainer Arnold (SPD):
Rede ID: ID1602810100

Frau Kollegin Homburger, ist Ihnen möglicherweise

ntgangen, dass das Operation Headquarter in Potsdam
war auch national führen und den Beitrag für Afghanis-
an leisten soll, aber strukturell in erster Linie darauf
usgerichtet ist, unter der politischen Verantwortung der
uropäer – multinational eingebettet, was sich auch im
ersonal zeigt – zu führen? Insofern ist Ihre Aussage,
ass die Operation unter deutscher Führung stehe,
alsch. Es ist eine europäische Führung. Möglicherweise
aben Sie das übersehen.


(Bernd Siebert [CDU/CSU]: Eine vernünftige Bemerkung, Herr Arnold! Wirklich sehr vernünftig!)



Birgit Homburger (FDP):
Rede ID: ID1602810200

Herr Kollege Arnold, das habe ich nicht übersehen.

s ist in der Tat so, dass die Deutschen die gesamte Füh-
ungsverantwortung übernehmen sollen.


(Dr. Franz Josef Jung, Bundesminister: Nein! Darum ging es doch gar nicht!)







(A) )



(B) )


Birgit Homburger
Selbstverständlich wird dieses Headquarter in Potsdam
teilweise auch mit Offizieren aus anderen Ländern be-
setzt; das ist völlig klar. Aber es stellt sich beispielsweise
die Frage, warum man in diesem Zusammenhang, was
die Führungsfrage angeht, nicht zunächst einmal mit der
NATO gesprochen hat. Auch hier herrscht eine Sprach-
losigkeit, die völlig inakzeptabel ist.


(Zuruf von der CDU/CSU: Auch Deutsche können doch wohl führen, oder etwa nicht?)


Wir sagen Ihnen: Eine solche Art und Weise des Vorge-
hens – dass man erst öffentlich das eine sagt und an-
schließend das andere macht – ist zu kritisieren. Diesen
Punkt habe ich angesprochen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Herr Minister, Sie haben das Weißbuch erwähnt. Im
Hinblick auf die Entwicklung der Bundeswehr hin zu ei-
ner Armee im Einsatz ist es tatsächlich unumgänglich,
endlich die sicherheitspolitischen Interessen Deutsch-
lands und in der Folge auch die Grenzen für zukünftige
Auslandseinsätze klar zu definieren. Das ist nach wie
vor noch nicht passiert.

Wir als FDP-Bundestagsfraktion hoffen, dass diese
Fragen im neuen Weißbuch beantwortet werden, weil es
dringend erforderlich ist, sowohl die sicherheitspoliti-
schen Interessen Deutschlands als auch die Grenzen für
zukünftige Auslandseinsätze klar zu definieren. Das ist
schon lange überfällig und muss in diesem Jahr endlich
gemacht werden.

Nun möchte ich eine Bemerkung zum Einsatz in
Afghanistan machen. Abdul Rahman, der zum Chris-
tentum übergetreten ist, wurde heute bereits in anderen
Debatten erwähnt. In der Debatte, die wir heute Morgen
geführt haben, war unser Informationsstand aber noch
ein anderer. Wir alle gingen davon aus, dass man ihn aus
dem Land ausreisen lässt. Zwischenzeitlich haben wir
erfahren, dass das afghanische Parlament einen Antrag
beschlossen hat, wonach man ihn nicht ausreisen lassen
will.

Ich finde, vor diesem Hintergrund sollten wir alle
deutlich machen: Es ist unseren Soldatinnen und Solda-
ten im Einsatz in Afghanistan nur sehr schwer zu vermit-
teln, dass man Respekt vor einer anderen Religion zei-
gen und entwickeln soll, wenn man gleichzeitig erfährt,
dass der Respekt vor der eigenen Religion, die viele un-
serer Soldatinnen und Soldaten haben, in dieser Art und
Weise mit Füßen getreten wird. Das ist inakzeptabel und
das sollten wir als Parlament, aber das sollten auch Sie
als Regierung deutlich festhalten.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Trotz aller Einsparungspläne muss der bestmögliche
Schutz unserer Soldatinnen und Soldaten gewährleistet
sein. Ausrüstung und Bewaffnung der Streitkräfte berei-
ten uns allerdings Sorgen. Deutsche Soldatinnen und
Soldaten, die in Afghanistan im Einsatz sind, sitzen in
Fahrzeugen, von denen lediglich die Hälfte Schutz ge-
gen Sprengstoff- und Minenanschläge bietet. Im Bericht

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(C (D es Wehrbeauftragten heißt es, das BMVg habe erklärt, ass im Rahmen der Planung der für die NATO verbindich zugesicherten NRF-Kräfte zunächst auch auf ungechützte Fahrzeuge zurückgegriffen werden müsse. eiter wird ausgeführt, dass die Verantwortbarkeit eines atsächlichen Einsatzes in einer konkreten Krisenreakion zu gegebener Zeit in jedem Einzelfall auch im Hinlick auf die Ausstattung mit geschützten Fahrzeugen ewertet würde. Wir sind der Auffassung, dass wir diese Investitionen etzt tätigen müssen, da der Wehrbeauftragte zu Recht arauf hingewiesen hat, dass diese NRF-Kräfte kurzfrisig einsetzbar sein müssen. Deshalb muss dafür gesorgt erden, dass für die entsprechende Anschaffung Hausaltsmittel bereitgestellt werden. Die Soldatinnen und oldaten, die sich im Einsatz befinden, müssen im Übrien nicht nur über geeignetes Gerät verfügen, sondern es uss auch sichergestellt sein, dass sie zuvor an den jeeiligen Geräten ausgebildet werden. Das ist im Augenlick nicht sichergestellt. Auch hier sehen wir dringenen Nachbesserungsbedarf. Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin. Einen unkt möchte ich allerdings noch ansprechen. Die wei ere Ungleichbehandlung von Soldaten in Ost und West st nicht akzeptabel. Wir sind der Meinung, dass im Rahen dieses Haushaltsentwurfs für eine Gleichstellung esorgt werden muss. Die innere Einheit Deutschlands st in der Bundeswehr seit langem vollzogen. Es gibt keierlei Unterschiede, weder was den Leistungswillen och was die Leistungsfähigkeit der Soldaten betrifft. eshalb setzen wir uns für die gleiche Bezahlung der oldatinnen und Soldaten in Ost und West ein. Vielen Dank. Das Wort hat nun der Kollege Johannes Kahrs für die PD-Fraktion. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen nd Kollegen! Der Regierungsentwurf, so wie er dem eutschen Bundestag vorliegt, sieht für den Verteidiungshaushalt einen Betrag in Höhe von 23,88 Milliaren Euro vor. Damit gehört der Verteidigungsetat ieder, wie schon seit Jahren, trotz aller kleinen chwankungen zu den stabilen Haushalten. Dafür danke ch insbesondere den Ministern Steinbrück und Jung; enn das ist in dieser Zeit keine Selbstverständlichkeit. uch vor dem Hintergrund der Schilderungen der Kolleinnen und Kollegen wird deutlich, dass das Geld drinend benötigt wird, damit die Soldaten, die im Einsatz ind, vernünftig ausgestattet werden können. Selbstverständlich leisten aber auch wir durch Kürungen bei den sächlichen Verwaltungsaufgaben einen onsolidierungsbeitrag für den Gesamthaushalt. Das ist uch gut so. Denn nur solide Staatsfinanzen garantieren inen starken Staat. Johannes Kahrs Ich begrüße auch den Beschluss des 39. Finanzplans durch das Bundeskabinett, da bis zum Jahr 2009 der Verteidigungshaushalt jährlich um 300 Millionen Euro anwachsen soll. Das erlaubt eine solide und reelle Finanzierung unserer Bundeswehr entsprechend den Verteidigungspolitischen Richtlinien. Gleichzeitig gewährleistet die Erhöhung des verfügbaren Finanzvolumens ab 2007 auch notwendige größere Beschaffungsvorhaben, die wir alle kennen, ob es nun die Fregatte 125, das U-Boot 212, der Schützenpanzer Puma oder der GTK Boxer sind. Vielleicht sollte man in diesem Rahmen darüber diskutieren, ob die Priorisierung des EGV auf das Jahr 2014 sinnvoll ist oder ob der EGV nicht deutlich eher gebraucht werden könnte. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


(Beifall des Abg. Jürgen Koppelin [FDP])


(Beifall bei der FDP)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1602810300
Johannes Kahrs (SPD):
Rede ID: ID1602810400




(A) )


(B) )


Der positive Ansatz des 39. Finanzplans darf nicht
durch die vorgesehene Mehrwertsteuererhöhung von 16
auf 19 Prozent, die auch auf die Bundeswehr zukommt,
zurückgenommen werden. Deshalb wird man mit den
Haushältern und Finanzpolitikern der großen Koalition
über die 300 Millionen Euro, mit denen der Verteidi-
gungsetat dadurch belastet wird, noch diskutieren und
nach Lösungen suchen müssen. Ziel muss es sein, der
Bundeswehr einen ihren Aufträgen angemessenen Etat
zur Verfügung zu stellen. Hier stehen wir alle im Wort.

Lassen Sie mich einige Worte zur Struktur des
Haushaltes 2006 und dessen zukünftiger Entwicklung
sagen. Für Personal sind im Entwurf des Haushaltes
rund 11,8 Milliarden Euro veranschlagt. Mit 49,3 Pro-
zent sinkt der Anteil der Personalkosten das erste Mal
seit der Wende auf unter 50 Prozent. Der Kollege
Schäfer von der PDS hat gefordert, dass wir laufend ab-
rüsten. Wir haben, seit der real existierende Sozialismus
endlich untergegangen ist und mit ihm Ihr Verein, bei
der Zahl der Soldaten eine Einsparung und Abrüstung
erreicht, die ihresgleichen sucht. Dazu haben Sie durch
den planwirtschaftlichen Ruin dieses Staates beigetra-
gen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie bei der CDU/CSU und der FDP – Paul Schäfer [Köln] [DIE LINKE]: Wie lange wollen Sie diese Platte noch auflegen?)


– Getroffene Hunde bellen. So ist das nun einmal. Abge-
sehen davon sind Sie Wessi, der in der DKP war.

Das Verteidigungsministerium hat in den letzten
15 Jahren deutlich mehr Personal abgebaut, als der Bun-
desfinanzminister das für die ganze Bundesverwaltung
vorgegeben hat. Ein Großteil der Einsparung insgesamt
ist also auf die Einsparungen bei der Bundeswehr zu-
rückzuführen. Das muss auch den Haushältern der ande-
ren Bereiche gesagt werden, wenn dort über Einsparun-
gen gesprochen wird. Die Bundeswehr hat 85 Prozent
der gesamten Einsparungen beim Personal des Bundes
erbracht. Das muss man einmal zur Kenntnis nehmen.

Gleichzeitig muss man noch etwas anderes zur
Kenntnis nehmen: Obwohl der Personalumfang nahezu
halbiert wurde, sind die Personalkosten fast gleich ge-
blieben. Das zeigt, wie schwierig Personalkosten beim

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(C (D und generell und bei der Bundeswehr einzuschätzen ind und mit wie viel sie zu Buche schlagen. In den nächsten Jahren wird die Bewerbungslage eutlich schwieriger. Die Zahl der jungen Männer und rauen, die zur Verfügung stehen, sinkt dramatisch. Die undeswehr muss als Arbeitgeber daher attraktiver weren. Die Bundesminister Scharping und Struck haben iele Einzelmaßnahmen im Rahmen des Attraktivitätsrogramms gestartet. Das werden wir mit Minister Jung ortsetzen. In guter und vertrauensvoller Zusammenarbeit mit em Bundeswehrverband und seinem Vorsitzenden berst Gertz haben wir nicht nur in den letzten Jahren, ondern auch in diesem Jahr wichtige Planstellenverbeserungen durchgesetzt. (Beifall bei der SPD – Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da muss er selber lachen!)


Mein besonderer Dank gilt an dieser Stelle allen, die
ei der unverzichtbaren Nachwuchsgewinnung mitwir-
en. Unsere Soldatinnen und Soldaten sind gemeinsam
it unseren zivilen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern

nser wichtigstes Kapital.

Für Materialerhaltung sind 1,9 Milliarden Euro ver-
nschlagt; das sind 7,9 Prozent des Etats. Für die sonsti-
en Betriebsausgaben wie Verpflegung, Unterhalt von
iegenschaften oder Kraftstoffe stehen 3,5 Milliarden
uro im Entwurf; das sind 14,8 Prozent des Etats. Zu-
ammen kommt man auf 72 Prozent des gesamten Ver-
eidigungsetats für Personal- und Betriebsausgaben. Das
st ein erschreckend hoher Anteil. Hier wird sich noch
iniges bewegen müssen. Das kann man mit aller Deut-
ichkeit feststellen. Ansonsten werden wir die ange-
trebte Investitionsquote nämlich nicht erreichen.

Die Betriebsausgaben sollen unter anderem durch
ine stärkere Kostensenkung in der Materialerhaltung,
um Beispiel über weitere Kooperationen mit der Wirt-
chaft, und durch eine weitere Konsolidierung des Per-
onalhaushalts – insbesondere beim Zivilpersonal –
eduziert werden. Der Anteil der Personal- und Be-
riebsausgaben wird bis 2009 auf 68 Prozent sinken, wo-
ei der Anteil der Personalkosten dann nur noch 46 Pro-
ent dieses Etats ausmachen soll. Das ist auch dringend
otwendig.

Durch Betreiberlösungen, die so genannten öffent-
ich-privaten Partnerschaften, lassen sich einige Kosten-
enkungen bewerkstelligen. Die Kooperationen mit der

irtschaft gewinnen bei uns an Gewicht. Seit der erst-
aligen Veranschlagung im Jahre 2003 ist dieser Ausga-

enbereich um mehr als das Zehnfache auf über
50 Millionen Euro angewachsen. Eines muss man bei
iesem Bereich allerdings auch sagen: Man muss hier
ur Vorsicht mahnen. Nicht jede Lösung, durch die Leis-
ungen aus Kostengründen aus der Bundeswehr heraus-
erlagert werden, ist unbedingt besser. Die Probephasen
nd den späteren Betrieb dieser Kooperationslösungen
wie zum Beispiel die BwFuhrpark-Service GmbH, die
IL, die LH Bundeswehr Bekleidungsgesellschaft
mbH und andere – müssen wir kritisch und konstruktiv






(A) )



(B) )


Johannes Kahrs
begleiten. Wir wollen das, wir wollen aber auch, dass es
funktioniert, und es muss für die Bundeswehr die bes-
sere Lösung sein. Das ist nicht immer die preiswertere
Lösung.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wirtschaftlichkeit kann nicht das einzige Kriterium sein.
Die Effizienz muss auch stimmen. Gleichzeitig darf man
aber auch nie vergessen, den innovativen und flexiblen
Mittelstand zu beteiligen. Das gerät hier manchmal unter
die Räder. Gerade als SPD-Fraktion werden wir deutlich
darauf schauen, dass sich das ändert.

Die Bundeswehr muss sich auf ihre Kernaufgaben
konzentrieren können. Das ist wichtig. Die Privatwirt-
schaft soll Aufgaben erfüllen, die sie besser und preis-
werter leisten kann. Das geht aber eben auch nicht im-
mer. Schauen Sie sich zum Beispiel das Marinearsenal
an. Dort haben wir gesehen, dass das so nicht funktio-
niert.

Ein Anheben der verteidigungsinvestiven Ausgaben
auf 30 Prozent kann bei einem gegebenen Plafond nur
durch eine Senkung der Betriebsausgaben erfolgen. Dies
werden wir entsprechend umsetzen. Gleichzeitig wollen
wir die Investitionsausgaben insbesondere für die Berei-
che Forschung, Entwicklung und Erprobung sowie für
die militärische Beschaffung steigern. Alle großen Vor-
haben, die unter Rudolf Scharping und Peter Struck an-
gestoßen worden sind, sind hier abgebildet. Dies gilt
auch für den gültigen Finanzplan bis zum Jahre 2009.
Das ist auch gut so. Schwierigkeiten gibt es für die Jahre
danach. Wir alle werden darauf schauen müssen, dass
wir nicht Dinge beschließen und versprechen, die wir
dann in den Jahren 2010 ff. nicht halten können.

Weiterhin darf nie in Vergessenheit geraten, dass der
Transformationsprozess, die Anpassung der Bundeswehr
an sich immer wieder ändernde Aufträge, bedeutet, dass
sich auch Beschaffungsaufträge ändern können. Das
heißt, Dinge, die wir noch vor wenigen Jahren beschlos-
sen haben, können in zwei oder drei Jahren schon falsch
oder nicht mehr ganz so richtig sein. Es kann sein, dass
man geringere Stückzahlen braucht, weil sich die Lage
verändert hat. Wenn wir die Bundeswehr immer mit dem
aktuellen und besten Gerät ausrüsten wollen, dann müs-
sen wir auch hier flexibel sein und prüfen, wie man mit
solchen Verträgen umgeht. Man sollte also auch in
Deutschland im Bereich der Rüstungsbeschaffung inno-
vative Wege gehen. Wir können uns ja einmal unsere
Nachbarländer anschauen. Vielleicht kann man von den
Partnern in der NATO ja das eine oder andere lernen.


(Beifall des Abg. Ernst-Reinhard Beck [Reutlingen] [CDU/CSU] sowie des Abg. Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Unsere Bundeswehr kann nur funktionieren, wenn un-
sere Soldatinnen und Soldaten optimal ausgerüstet sind.
Deswegen ist insbesondere die persönliche Ausstattung
der Soldaten wichtig.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


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(C (D Weiterhin haben wir die Zahl der Wehrübungsplätze on 2 300 auf 2 400 erhöht. Insbesondere den Kollegen eck und Höfer sowie dem Verband der Reservisten der eutschen Bundeswehr muss man hierfür danken. Ich begrüße insbesondere auch das klare Bekenntnis ur Wehrpflicht, das unser Minister Jung hier heute abegeben hat. Das ist richtig und gut. Die große Koalition reut sich und steht dazu. Lassen Sie mich zum Abschluss noch ein kurzes Wort um Einsatz im Kongo sagen. Es ist hier heute ja schon iel darüber gesprochen worden. Das, was innerhalb der oalition zu den Bedingungen, an die dieser Einsatz genüpft wird, gesagt wird, muss eingehalten werden. Daüber werden wir in der Koalition kritisch diskutieren nd dies kritisch begleiten. Wenn gesagt wird, dass der insatz vier Monate dauert, dann gelten vier Monate. enn gesagt wird, dass das Einsatzgebiet begrenzt ist, ann gilt auch ein begrenztes Einsatzgebiet. Wenn geagt wird, dass wir nach vier Monaten rausgehen, dann ilt das. Ich persönlich glaube, dass man uns in der ächsten Woche einen klaren Beschluss vorlegen sollte. ann wissen wir, worüber wir abstimmen. Einmal ongo, immer Kongo – das darf, soll und wird es mit ns nicht geben. Glück auf! Das Wort zu einer Kurzintervention erteile ich dem ollegen Jürgen Koppelin. Verehrter Herr Kollege Kahrs, auch ich bin Bericht rstatter für den Einzelplan 14 im Haushaltsausschuss. eswegen kann ich die Bemerkung, die Sie zum Etat geacht haben, natürlich so nicht stehen lassen. Es mag sein – Minister Jung und Minister Steinbrück ind gelobt worden –, dass der Etat in seiner Höhe unerändert geblieben ist. Gleichzeitig muss man sich aber nschauen, was aus diesem Etat neuerdings bezahlt weren muss. Dazu hätte ich schon gerne die Meinung des bgeordneten Kahrs gehört. Aufgrund der Zeit, die für ine Kurzintervention zur Verfügung steht, nenne ich nur in Beispiel. Ist es in Ordnung, aus dem Verteidigungsetat, dem inzelplan 14, den deutschen Zuschuss für die Lieferung on U-Booten nach Israel zu bezahlen? Wäre es nicht esser – wenn man das politisch so entscheidet, wie Rotrün es gemacht hat –, diesen Zuschuss aus dem inzelplan 60 zu bezahlen? Wieso muss der Bundesver eidigungsminister den Zuschuss für die Lieferung der -Boote nach Israel aus seinem Etat bezahlen, auch enn – ich sage es noch einmal – die politische Ent cheidung, den Kauf der U-Boote für Israel zu unterstüten, schon unter Rot-Grün getroffen wurde? Jürgen Koppelin Ich finde das jedenfalls nicht in Ordnung; denn das ist ein Minus im Einzelplan 14. Vielleicht sollte die Koalition überlegen, den Vorstellungen der FDP zu folgen, dies aus dem Einzelplan 60 zu bezahlen, damit der Etat des Verteidigungsministers nicht angetastet wird. Wir jedenfalls werden einen Antrag stellen, diesen Zuschuss für die Lieferung der U-Boote nicht aus dem Etat des Einzelplans 14 zu leisten. Herr Kollege, wollen Sie darauf antworten? – Bitte sehr. Selbstverständlich will ich antworten. – Herr Kollege Koppelin, Sie wissen ja, dass ich Sie sehr schätze. Wir arbeiten schließlich eng und vertrauensvoll zusammen. Ich möchte Sie an dieser Stelle aber gerne daran erinnern, dass schon früher drei U-Boote nach Israel geliefert worden sind. Damals setzte sich die Regierungskoalition anders zusammen. Über die Finanzierung schweigen wir uns an dieser Stelle lieber ganz aus. Wenn man ehrlich ist, muss man sagen, dass wir dieses Mal nur ein Drittel der Kosten für die Lieferung der U-Boote übernehmen. Ich glaube, das war früher ganz anders. Wenn man sich anschaut, in welchen Tranchen dies im Verteidigungsetat stattfindet, und wenn man sich außerdem die Einnahmen und Ausgaben dieses Etats ansieht, dann ist das – das wissen Sie genauso gut wie ich – vertretbar. Die Zuschüsse sind zurzeit noch im Einzelplan 60 enthalten. Trotzdem werden sie zulasten des Einzelplans 14 gehen. Deswegen ist das, was Sie sagen, richtig. Aber dies ist auch in der Sache gut und richtig. Wir alle wollen, dass Israel diese U-Boote erhält. Wir kennen die Probleme Israels. In der Vergangenheit wurden entsprechende Lieferungen – diese drei U-Boote – ganz anders gehandhabt. Deswegen glaube ich, dass der Beschluss, den Rot-Grün gefasst hat und der inzwischen von Schwarz-Rot exekutiert wird, in diesem Hause mit großer Mehrheit getragen wird. Nun erteile ich das Wort der Kollegin Susanne Jaffke für die CDU/CSU-Fraktion. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir zu Beginn meiner Ausführungen drei persönliche Bemerkungen. Erstens. Frau Kollegin Homburger, ich kann Sie beruhigen. Die Tickermeldung von 16.43 Uhr lautet: I d A k D r k d m k d s E g S E h H f d B S k u s F H o n S a s z a T d t d D s W d a (C (D Der zum Christentum übergetretene Afghane Abdur Rahman hat Angaben der Regierung in Kabul zufolge sein Heimatland verlassen. n der Tickermeldung etwa eine Stunde später heißt es, ass er auf dem Weg nach Italien ist und dort politisches syl erhält. – Dieses Problem scheint also als solches ein Problem mehr zu sein. (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie des Abg. Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1602810500
Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1602810600




(A) )


(B) )


(Beifall bei der FDP)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1602810700
Johannes Kahrs (SPD):
Rede ID: ID1602810800

(Ute Kumpf [SPD]: Haben Sie gehört?)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1602810900

(Beifall bei der CDU/CSU)

Susanne Jaffke (CDU):
Rede ID: ID1602811000

azu möchte ich unbedingt nicht nur der Bundeskanzle-
in, sondern auch dem Außenminister und allen demo-
ratischen Kräften in diesem Hohen Hause danken,


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und vor allem dem Papst!)


ie sich sehr dafür eingesetzt haben, dass diese Lösung
öglich wurde.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Gestatten Sie mir eine zweite persönliche Bemer-
ung. Der Minister ist auf die Einsatzfähigkeit der Bun-
eswehr eingegangen und hat lobend erwähnt, dass die-
er Teil des öffentlichen Dienstes Einsatz auch nach dem
nde der offiziellen Dienstzeit zeige. Ich möchte als Ab-
eordnete aus Mecklenburg-Vorpommern an dieser
telle der Bundeswehr ganz besonders für ihren dortigen
insatz – vor allen Dingen auf Rügen – im Zusammen-
ang mit der Vogelgrippe danken. Das sage ich als
aushälterin auch im Hinblick darauf, dass wir es schaf-

en, die „Generosität“ so weit zu treiben, dass das Bun-
esland die Kosten dafür nicht übernehmen muss.

Ich möchte drittens auch im Namen des Kollegen
artholomäus Kalb der Bundeswehr danken, die bei der
chneekatastrophe im Bayerischen Wald so tapfer ge-
ämpft hat. Wir alle haben noch die Bilder in Erinnerung
nd genießen jetzt die drei Tage, an denen das Wetter
chön war, ganz besonders. Was die vielen kleinen
lüsse im Bayerischen Wald angeht, die eventuell von
ochwasser betroffen sein könnten, bleibt abzuwarten,
b wir die Bundeswehr nicht noch einmal brauchen kön-
en.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Des Weiteren möchte ich auch den Soldatinnen und
oldaten, die sich im Einsatz befinden, meinen Dank
ussprechen. Denn sie sorgen sich um Freiheit und Men-
chenwürde. Das ist oft ein schwieriger Dienst. Die der-
eit circa 7 500 Soldaten im weltweiten Einsatz tragen
lso nicht nur unser Verständnis von Demokratie und
oleranz im Wertegefüge in andere Kulturkreise, son-
ern sie sind auch im besten Sinne des Wortes Botschaf-
er für die Bundesrepublik Deutschland.

Mit dem Ansatz von circa 23,9 Milliarden Euro hat
er Entwurf zum Wehretat eine Verstetigung erfahren.
arüber ist schon berichtet worden. Ich möchte in die-

em Zusammenhang darauf hinweisen, dass auch der
ehretat einen kleinen Einsparbeitrag leistet. Denn trotz

er Verstetigung ist er mit einem Anteil von 9,1 Prozent
m Bundeshaushalt im Vergleich zum vergangenen Jahr,






(A) )



(B) )


Susanne Jaffke
als der Wehretat noch 9,4 Prozent des Gesamtetats be-
trug, etwas abgeschmolzen worden.

Im Zuge der Strukturanpassungen bleibt auch die
Transformation der Bundeswehr mit einer Zielstruktur
von 250 000 Soldatinnen und Soldaten sowie
75 000 zivilen Angestellten, Beamten und Arbeitern im
Jahr 2010 eine besondere Herausforderung. Es ist un-
schwer zu erkennen, dass in den nächsten Monaten die
Durchplanung der neuen Strukturen im Mittelpunkt ste-
hen muss. Die Regierungskoalition wird also zum Ende
dieses Jahres die Personalbedarfsermittlungen zur Ziel-
stellenstruktur vor allem bei den Zivilbeschäftigten beim
Ministerium abfragen.

Kommen wir zu den großen Ausgabenblöcken. Es ist
bereits angesprochen worden, dass die Personalausgaben
mit 11,8 Milliarden Euro erstmalig unter 50 Prozent des
Wehretats gesunken sind. Des Weiteren sind 6,02 Mil-
liarden Euro für die verteidigungsinvestiven Ausgaben
und 5,43 Milliarden Euro für allgemeine Betriebsausga-
ben und Materialerhaltung veranschlagt. 650 Millionen
Euro sind für so genannte Betreiberlösungen veran-
schlagt.

Zu den Betreiberlösungen möchte ich einiges aus-
führen. In diesem Parlament ist lange und heftig über die
Bereiche GEBB, HIL oder Herkules gestritten worden.
Nach dem Vorliegen erster Prüfberichte des Bundesrech-
nungshofes und den persönlichen Erfahrungen vieler
Kollegen in diesem Haus denke ich, dass der beschrit-
tene Weg der Weiterentwicklung der Betreiberlösungen
begrüßt werden kann.

Erfahrungen, die im Bereich Liegenschaftsmanage-
ment gesammelt wurden, sollen mit den Erfahrungen der
BImA verglichen werden und zu Optimierungen in der
Liegenschaftsverwaltung führen. Auch die BwFuhrpark-
service GmbH und die Bekleidungsgesellschaft werden
strategisch weiterentwickelt und mit zusätzlichen Aufga-
ben betraut. Dass sie durch die Organisationsumstruktu-
rierung im Ministerium mit der neu zu schaffenden
Abteilung M besser kontrolliert werden sollen, ist eben-
falls zu begrüßen.

Die weitere Einführung der Heeresinstandsetzungslo-
gistik steht noch unter Parlamentskontrolle.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1602811100

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage?


Susanne Jaffke (CDU):
Rede ID: ID1602811200

Gleich. – Hier sehe ich unsere besondere Verantwor-

tung, durch Transparenz in der Vergabe vor allen Dingen
dem Mittelstand weiterhin die Möglichkeit zu geben, an
Aufträgen zu partizipieren und die Kosten insgesamt zu
senken, damit Spielräume für notwendige Investitions-
maßnahmen geschaffen werden können.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1602811300

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Bonde von den Grünen?

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(C (D Ja. Frau Kollegin Jaffke, darf ich Ihre Einlassungen so erstehen, dass Ihre Fraktion den Antrag auf Streichung er Haushaltsmittel für die GEBB und auf Beendigung ieses Projektes – diesen hat Ihr Vorgänger als Berichtrstatter, Herr Austermann, jahrelang eingebracht – ab ofort nicht mehr stellen wird? Herr Kollege Bonde, der Antrag wird so mit Sicher eit nicht wieder gestellt. Sie wissen genau, dass wir uns ei dem einen oder anderen Verfahren in der Diskontiuität befinden. Deshalb ist es nach einer Überprüfung nd den Bemerkungen des Bundesrechnungshofes verünftig, dass wir das Verteidigungsministerium bei der eiterentwicklung und der notwendigen Umstrukturie ung unterstützen werden. Das ist in der Koalition abgetimmt. Sie sind eingeladen, diesem Wege nachhaltig zu olgen. Frau Kollegin, Sie sind zwar schon am Ende Ihrer ede. Aber gestatten Sie noch eine Zwischenfrage des ollegen Koppelin? Wir könnten noch viel reden. Frau Kollegin, gestatten Sie? Ja. Bitte, Herr Koppelin. Kollegin Jaffke, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu neh en, dass die FDP den Antrag auf Streichung der Mittel ür die GEBB – dem haben Sie im letzten Jahr zugetimmt – stellen wird? Wir werden über diesen Antrag inhaltlich genauso be aten und hoffen, dass Sie sich den neuen Gegebenheiten npassen. Dann können wir im Ausschuss in der Sache refflich diskutieren. Wenn ich noch ein letztes Wort sagen darf? – Der ehretat ist ein schwieriger Etat. Große Herausforde ungen werden nicht nur im Jahr 2006, sondern vor allen ingen auch im Jahr 2007 zu bewältigen sein. Wenn wir Susanne Jaffke es aber gemeinsam beherzt anpacken, können wir es schaffen. Ich erteile das Wort dem Kollegen Gerd Höfer für die SPD-Fraktion. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Susanne Jaffke (CDU):
Rede ID: ID1602811400
Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1602811500
Susanne Jaffke (CDU):
Rede ID: ID1602811600

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1602811700
Susanne Jaffke (CDU):
Rede ID: ID1602811800
Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1602811900
Susanne Jaffke (CDU):
Rede ID: ID1602812000
Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1602812100
Dr. h.c. Jürgen Koppelin (FDP):
Rede ID: ID1602812200
Susanne Jaffke (CDU):
Rede ID: ID1602812300

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1602812400


Gerd Höfer (SPD):
Rede ID: ID1602812500

Liebe Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kol-

legen! Die Kürze der Zeit erlaubt es mir nur, sporadisch
auf einige Ausführungen zu antworten. Ich möchte aber
versuchen, es so darzulegen, dass sich jeder wiederfin-
det.

Eine der Hauptschwierigkeiten bei der Aufstellung ei-
nes Verteidigungsetats – es heißt nicht „Wehretat“; da-
rauf sollten wir uns einigen – ist, dass man über Szena-
rien unabhängig voneinander nachdenken muss. Der alte
Kalte Krieg und bestimmte schreckliche Dinge, die
schon passiert sind, vernebeln unsere Gedanken daran,
was wir eigentlich beschaffen sollten und was nicht. Ich
weise Sie darauf hin, dass – teilweise aufgrund von Er-
findungen wie Dual-Use-Produkten – eine bedrohliche
Entwicklung entstehen kann, der man begegnen muss,
bevor man in die Nähe der Bedrohung kommt. Das
macht die Ausgestaltung der Ausrüstung der Bundes-
wehr sehr schwierig und führt dazu, dass manche Dinge
doppelt genutzt werden, sehr verehrte Frau Hoff. Die
Entwicklungshilfeministerin – sie ist leider nicht mehr
anwesend – wird froh sein, wenn statt 60 beispielsweise
80 A400M zur Verfügung stehen; denn ich vermute, dass
die Masse dieser Transportflugzeuge genutzt wird, um
humanitäre Hilfe zu leisten, und dass weniger militäri-
sches Personal in diesen Flugzeugen transportiert wird
als ziviles Hilfspersonal. So wird es wahrscheinlich
kommen.

Der Kalte Krieg hätte zwar auf deutschem Boden
stattgefunden, wenn er sich erhitzt hätte. Aber man hätte
keine strategische Verlegefähigkeit zur See und in der
Luft gebraucht, genauso wenig wie manch andere Dinge.
Es ist gut, dass die Geschichte darüber hinweggegangen
ist; denn wenn wir uns anschauen würden, welches
Schutzpotenzial das alte Material bis 1989/90 hatte, kä-
men wir heute zu ganz anderen Erkenntnissen. Herr
Bonde, insofern handelt es sich nicht um eine Industrie-
politik, die nur dann etwas tut und brav springt, wenn die
Industrie ein Stöckchen hochhält; so ist es tatsächlich
nicht. Wenn der Minister ein Doppelminister sein sollte,
dann hat er zumindest seine Verdienste um den Erhalt
bestimmter Kernfähigkeiten in der Bundesrepublik
Deutschland. Das ist auch gut so.

Herr Schäfer, man sollte immer das Ganze vor seinen
Teilen sehen. Ich kann jedenfalls nicht erkennen, dass
der Haushalt des Verteidigungsministers unverhältnis-
mäßig hoch ist und den Gesamthaushalt übermäßig be-
lastet. Das Spiel, das ich immer wieder von kleineren
Gruppen höre, ist natürlich beliebt – es ist immer das

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(C (D leiche –: Schafft doch die ganze Bundeswehr ab, dann ird die Rente schlagartig höher! – Mit so etwas kann an nur bedingt Punkte sammeln: vielleicht für zwei, rei Minuten. Sie sagen, in Ihrer Politik sei Deeskalation as Ziel. Dann wäre ich Ihnen sehr dankbar, wenn Sie ir einmal die Mittel nennen würden, mit denen Sie es alieren wollen, je nachdem, was gerade so passiert ist. eltsam finde ich die Diskussion über die Führungsolle bei Einsätzen, sei es bei der NATO, bei Einsätzen er Europäischen Union oder bei rein deutschen. Wenn emand die Führung übernehmen soll, dann ist das doch ichts Schlimmes; dann kann er das auch. Die Sache mit en Hüten ist schwer zu vermitteln, aber eigentlich ganz infach: Wenn ein deutscher General sich einen europäichen Hut aufsetzt, dann ist er eben kein deutscher Geeral mehr, sondern er führt eine europäische Eingreifruppe. Genauso hat ein deutscher General, der die ompetenz hat und in der NATO an führender Stelle itzt, den NATO-Hut auf, wodurch er ein NATO-General st, auch wenn er nach wie vor von der Bundesrepublik eutschland bezahlt wird. Nach der Führungsrolle und ach der Verantwortung zu fragen, ist also Vernebeungstaktik. Wer Verantwortung übernehmen will, darf ich auch vor Führung nicht drücken! Von daher ist diese iskussion unnütz. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Lassen Sie mich einen etwas dezidierteren Blick in
en Haushalt werfen. Art. 87 a des Grundgesetzes
chreibt vor, dass der Haushaltsplan die zahlenmäßige
tärke der Bundeswehr und die Grundzüge ihrer Organi-
ation erkennen lassen muss. Wer sich in Kapitel 1403
uskennt, sieht, wie die Bundeswehr gegliedert ist. Dass
ie SKB die passende Stelle noch nicht gefunden hat,
iegt daran, dass die neue Gliederung der Bundeswehr
ich erst einspielen muss; diese Abbildung wird noch er-
olgen.

Was mich nachdenklich stimmt – da möchte ich den
ollegen Kahrs nachdrücklich unterstützen –, ist, wer die
ast der Einsätze trägt. Das ist natürlich überwiegend
as Heer; wobei die Verdienste von Luftwaffe, Marine,
KB und Sanitätsdienst in keiner Weise geschmälert wer-
en sollen. Es geht mir um etwas anderes: In Kapitel 1403
ind allein 30 012 A-7-plus-Zulage-Stellen – das sind die
berfeldwebel – ausgewiesen, 29 930 A-6-Stellen – das

ind die Stabsunteroffiziere –, 20 742 A-8-plus-Zulage-
tellen – die Hauptfeldwebel – und 19 188 A-4-plus-Zu-
ge-Stellen – das sind die Hauptgefreiten. Die Last der
insätze tragen also die Soldatinnen und Soldaten des
ittleren Dienstes, den wir in einigen Bereichen der
undesrepublik Deutschland überhaupt nicht mehr ha-
en.

Der Hinweis des Kollegen Kahrs auf die Nachwuchs-
age hat etwas mit der Attraktivität der Bezahlung zu
un. Daran, dass andere sicherheitsrelevante Berufe Ein-
angsbesoldungen haben, die bei A 5 oder A 7 beginnen,
ehen wir, welche Schwierigkeiten auf uns zukommen.
m die Attraktivität zu steigern, werden wir im mittle-

en Dienst, möglicherweise abgestuft, sicherlich etwas






(A) )



(B) )


Gerd Höfer
tun müssen, damit wir die Leistungsträger, die die
Hauptlast der Einsätze tragen, also vom Hauptgefreiten
bis zum Hauptfeldwebel, in ausreichender Zahl und ho-
her Qualität bekommen können. Dies ist eine Zukunfts-
aufgabe, die sich sicherlich auch der Bundeswehrver-
band auf die Fahnen geschrieben hat. Wir sollten
möglichst zügig daran arbeiten.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Da der Name des Kollege Beck erwähnt worden ist,
lassen Sie mich abschließend etwas zu den Reservisten
sagen. Zunächst danke ich allen Kolleginnen und Kolle-
gen, die am 14. März 2006 am Parlamentarischen Abend
im Haus der Deutschen Wirtschaft teilgenommen haben.
Dem Haus der Deutschen Wirtschaft vielen Dank für die
Gastfreundschaft und für die hervorragende Organisa-
tion dieses Abends!

Die Reservisten stellen bis zu 12 Prozent der an den
Auslandseinsätzen der Bundeswehr Beteiligten. Der
Kollege Beck und ich haben uns bei einer Reise in das
Kosovo ausschließlich mit der Frage der Reservisten be-
fasst und sie dort besucht. Ohne Reservisten geht bei der
Bundeswehr gar nichts mehr, allerdings geht bei den Re-
servisten ohne die Bundeswehr auch nichts mehr.


(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Das ist so. Wir müssen der Transformation der Bun-
deswehr folgen. Wir haben schließlich den Ehrgeiz, die
Reservisten so auszubilden, dass sie in der Bundeswehr
jederzeit einsatzbereit sind und dass sie die Erfahrungen,
die sie bei der Bundeswehr gesammelt haben, nicht nur
bei uns einbringen, sondern auch bei der Industrie, die
daraus möglicherweise Vorteile zieht.

Ich bitte Sie herzlich, aufmerksam zu beobachten,
wenn der Reservistenverband im Verteidigungsaus-
schuss seinen Rechenschaftsbericht wird abgeben müs-
sen. Im Kap. 1403 auf Seite 30 steht klar, dass wir nicht
überflüssig sind:

Dem „Verband der Reservisten der Deutschen Bun-
deswehr e. V.“ ist die Aufgabe übertragen worden,
aus der Bundeswehr ausgeschiedene Offiziere, Un-
teroffiziere und Mannschaften nach Richtlinien des
Bundesministeriums der Verteidigung im Rahmen
des Wehrrechts zu betreuen und fortzubilden.

Das wollen wir gerne tun. Dazu brauchen wir Ihre parla-
mentarische Unterstützung; denn von der Qualität der
dort organisierten Reservistinnen und Reservisten hängt
auch ab, wie sich die Bundeswehr demnächst in der Flä-
che präsentiert. Wir haben mit über 2 000 Reservisten-
kameradschaften eine ziemlich große Verbreitung in der
Bundesrepublik Deutschland. Den Bürgerinnen und Bür-
gern ist es egal, ob jemand, der in Bundeswehruniform
erscheint, ein Reservist oder ein Aktiver ist. Dieses
Potenzial weiterhin aufrecht zu erhalten und qualifiziert
zu begleiten, darum darf ich Sie auch im Namen des
Kollegen Beck, des Präsidenten des Verbandes, hier und
heute herzlich bitten.

Damit beende ich meine Rede.

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(C (D Weitere Wortmeldungen zu dem Geschäftsbereich erteidigung liegen nicht vor. Damit kommen wir zum Geschäftsbereich des Bunesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit nd Entwicklung, Einzelplan 23. Ich bitte die Kolleginnen und Kollegen, die der Deatte nicht folgen wollen, ihre Gespräche außerhalb des aales zu führen. Ich erteile für die Bundesregierung der Bundesminiserin Heidemarie Wieczorek-Zeul das Wort. Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministerin für irtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! eutschland wird in der Entwicklungszusammenarbeit eine internationale Rolle und Verantwortung auf der rundlage folgender Prinzipien wahrnehmen: Globali ierung gerecht gestalten, Armut bekämpfen – das nach ie vor überwölbende Ziel unserer Entwicklungszusamenarbeit ist die Orientierung auf die Armutsbekämp ung –, Frieden sichern oder stiften und Umwelt und naürliche Lebensgrundlagen bewahren. Ich möchte mich n dieser Stelle ausdrücklich bei der Bundeskanzlerin edanken, die heute Morgen in ihrer Rede sehr deutlich och einmal den Stufenplan zur Steigerung der Mittel ür die Entwicklungszusammenarbeit betont hat. eutschland steht zu seinem Wort, jetzt und in Zukunft. Vor fünf Jahren haben wir eine Zielmarke gesetzt. 006 sollte eine Quote an Entwicklungszusammenarbeit ODA – von 0,33 Prozent erreicht werden. Dieses Verprechen lösen wir ein, übrigens bereits mit dem Jahr 005. Die OECD wird in wenigen Tagen bekannt geben, ass wir im Jahr 2005 eine ODA-Quote von 0,35 Proent erreicht haben. Das ist, so finde ich, ein großer Erolg und das sollten wir sehr deutlich machen. Unsere Linie für die nächsten Schritte ist klar. Sie umasst drei Elemente. Dazu zählen – erstens – mehr Hausaltsmittel. Ich will an dieser Stelle sagen: Unser Ressort st das Ressort, das für den Haushalt 2006 zusätzliche ittel in Höhe von 300 Millionen Euro erhalten hat. Ich reue mich darüber; denn das ist eine Steigerung, die in en letzten Jahren nicht zustande gekommen ist. Ich reue mich, dass wir das erreicht haben. Wir brauchen ber noch weitere Mittel. Das will ich auch ausdrücklich agen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1602812600

enn wir erreichen wollen, dass die ODA-Quote bis
010 bei 0,51 Prozent und bis 2015 bei 0,7 Prozent liegt,
ann müssen wir nicht nur die entsprechenden Haus-
altsmittel zur Verfügung stellen, sondern auch dafür
orgen, dass – zweitens – weitere Schritte zur Entschul-
ung der Entwicklungsländer ergriffen und – drittens –

nnovative Finanzierungsinstrumente gefunden wer-
en.






(A) )



(B) )


Bundesministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul
Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich dem franzö-
sischen Staatspräsidenten Chirac für seine antreibende
Rolle bei der Entwicklung von innovativen Finanzie-
rungsinstrumenten danken. Eine Reihe von Ländern
schreitet voran: Frankreich, aber auch Brasilien und
Chile haben erklärt, dass sie in nächster Zeit eine Ent-
wicklungsabgabe auf Flugtickets einführen werden. Wir
als Bundesregierung haben über die Frage eines be-
stimmten Instruments zur innovativen Finanzierung
noch nicht entschieden. Sie können aber ganz sicher
sein, dass wir darüber so rechtzeitig entscheiden, dass
wir die Zielmarke erreichen werden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Das können wir anhand der jetzt erreichten 0,35 Prozent
belegen.

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal sagen: Viele
Menschen in Deutschland, die helfen möchten, wollen
– wir haben das immer wieder gesehen –, dass der Skan-
dal, dass an jedem Tag 30 000 Kinder an vermeidba-
ren Krankheiten sterben, ein Ende hat. Lassen Sie uns
alles dafür tun! Lassen Sie uns dazu unsere Beiträge
bündeln!


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich möchte auf etwas zu sprechen kommen, was mit
der globalen Armutsbekämpfung und mit gerechter Glo-
balisierung zusammenhängt: Es geht um die Energie-
politik. Am 3. April 2006 findet der Energiegipfel statt.
Gerade für Entwicklungsländer ist die effiziente Nut-
zung von Energie, auch von erneuerbarer Energie, be-
sonders wichtig. Dieser Bereich ist zu einem Markenzei-
chen deutscher Entwicklungszusammenarbeit geworden.
Wir kooperieren auf dem Gebiet der erneuerbaren Ener-
gien mit 35 Ländern in Afrika, Lateinamerika, Asien,
Südosteuropa und im Nahen Osten. Wir kooperieren auf
dem Gebiet der Energieeffizienz mit 28 Ländern.

Die Gründe liegen auf der Hand: Einheimische Quel-
len sind erreichbar und verlässlich; die Energie, die dort
produziert wird, hat erschwingliche Preise. Zugleich
sind diese Quellen ökologisch nachhaltig, weil durch
ihre Nutzung Klimarisiken abgewendet werden. Ihre
Nutzung bedeutet Sicherheit, weil sie die Abhängigkeit
vom Öl reduziert. Im Sinne einer friedlichen Lösung ist
dieser Weg sinnvoll.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Deshalb werden wir diesen Bereich besonders stärken.


(Unruhe)


Ich bin der Debatte den ganzen Tag gefolgt.


(Zuruf von der Linken: Wir auch!)


Ich hoffe, dass andere der Debatte über das Thema Ent-
wicklungshilfe genauso zuhören. Lassen Sie mich daher
etwas zum Kongo sagen. Ich wende mich hier gerade
auch an die Linke.

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(C (D Ich war im Jahr 2004 in diesem Land. Unsere Enticklungsmitarbeiter sind dort seit 2003 tätig. Sie leisten irklich hervorragende Arbeit. Die Menschen dort, mit enen ich gesprochen habe – damit meine ich jetzt nicht ie Politiker –, haben gesagt: Wir wollen mit unserer timme dazu beitragen, dass der Gewalt ein Ende geetzt wird. (Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Ist auch in Ordnung!)


Deshalb betone ich an dieser Stelle: Wenn wir die
hance haben, einen Beitrag zur Stabilisierung dieses
ahlprozesses und dieses Übergangsprozesses zu leis-

en, dann müssen wir sie nutzen, und zwar gerade dann,
enn man sich als links versteht.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


4 Millionen Menschen in dieser Region sind in den
0er-Jahren Opfer interner Auseinandersetzungen ge-
orden. Dennoch fragen manche: Liegt es denn im deut-

chen Interesse, einzugreifen? Die Welt hat schwere
ehler gemacht, als sie sich dem Völkermord in Ruanda
amals nicht entgegengestellt hat. Ruanda wird nur dann
uf Dauer sicher sein, wenn es einen stabilen Kongo
ibt. Wir sind gemeinsam überzeugt, dass wir alles tun
üssen, um dem Blutvergießen ein Ende zu setzen. Das

st eine gemeinsame Verpflichtung und sie ist – das will
ch ausdrücklich sagen – nicht von der Hautfarbe abhän-
ig.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Manche reden darüber wie der Blinde von der Farbe.
an könnte besser darüber reden, wenn man einmal dort

ewesen wäre. Mittlerweile – das hat uns der UN-Unter-
eneralsekretär Egeland gestern gesagt – sind 1,6 Millio-
en Flüchtlinge ins Land zurückgekehrt. Wollen wir
icht dazu beitragen, dass sie eine eigene Zukunfts-
hance haben?

Heute ist gesagt worden – ich glaube, es war Herr
chäfer –, das Militär sei dabei doch nicht alles. Was
achen wir in der Entwicklungszusammenarbeit? Was
achen wir schon bisher, was wir verstärkt voranbrin-

en wollen? Wir tragen zur Wiedereingliederung von
ämpfern in das zivile Leben bei. Wir helfen bei der Be-
ämpfung von Aids. Wir helfen Kindersoldaten zurück
n ein Leben ohne Gewalt. Wir unterstützen die Versor-
ung mit sauberem Trinkwasser. Wir helfen beim Schutz
nd Management der natürlichen Ressourcen. Herr
ischer, wer das einmal vor Ort erlebt hat, der dankt den
ntwicklungsmitarbeitern, die ihre Arbeit dort unter Be-
ingungen leisten, die – das will ich an dieser Stelle aus-
rücklich sagen – wirklich schwierig sind.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Ich will einen weiteren Punkt ansprechen. Die UN hat
usdrücklich darauf hingewiesen, dass in dieser Region
ines der Probleme die Rohstoffextraktion und die






(A) )



(B) )


Bundesministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul
Ausbeutung im Interesse bestimmter Firmen und viel-
leicht auch mancher Länder ist. Es gibt den Friedenspro-
zess in der Region der Großen Seen. Ein Teil dieses Frie-
densprozesses soll dabei sein – das soll beschlossen
werden –, eine Kommission einzurichten, die dazu bei-
trägt, dass es eine Kontrolle der Rohstoffnutzung und
eine Zertifizierung der Rohstoffe beim Export gibt.

Wir als Entwicklungsministerium werden diesen re-
gionalen Ansatz unterstützen und dazu beitragen, dass
der Ausbeutung von Rohstoffen und Menschen ein Ende
gesetzt wird und die Mittel den Menschen in diesem
Land zugute kommen. Das ist ein Prozess, der alles zu-
sammen umfasst. Man kann nicht einen Punkt heraus-
nehmen.

Ich appelliere an Sie, gerade unter dem Gesichtspunkt
„links“, sich klar zu machen: Es gibt nichts Wichtigeres,
als Prozesse zu fördern, die dazu beitragen, Demokratie
und Menschenrechte voranzubringen. Bitte bedenken
Sie, dass unter diesen Gesichtspunkten niemand sagen
kann, da müsse man solche Einsätze ablehnen!


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich
noch ein Wort zu Abdul Rahman sagen. Natürlich freuen
wir alle uns darüber, dass er freigelassen worden ist; wir
alle haben uns ja dafür engagiert. Ich sage an dieser
Stelle aber auch: Wir werden weiter alle Anstrengungen
dazu unternehmen, dass für die Menschen in Afghanis-
tan Religionsfreiheit herrscht und die Menschenrechte
vorangebracht werden. Glaube und Religionszugehörig-
keit dürfen kein Grund für Verfolgung, Verhaftung und
Bestrafung sein, nicht in Afghanistan und nirgendwo auf
der Welt.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Hüseyin-Kenan Aydin [DIE LINKE])


Dafür müssen gerade wir uns, die wir in Afghanistan
beim Wiederaufbau helfen, engagieren.

Religionsfreiheit darf auch kein Gnadenakt sein.
Afghanistan hat die UN-Menschenrechtskonvention un-
terschrieben. Darin ist die Religionsfreiheit garantiert –
für alle.


(Beifall des Abg. Markus Löning [FDP])


Ausdrücklich will ich sagen, dass jemand, der zum
Christentum übergewechselt ist, deshalb nicht gezwun-
gen sein darf, sein Land zu verlassen.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Hüseyin-Kenan Aydin [DIE LINKE])


Ich weiß, wie es ist. Aber es gibt einfach Werte, für die
wir uns engagieren müssen, gerade wenn wir in diesem
Bereich tätig sind.

Lassen Sie mich zum Schluss ein Grundproblem an-
sprechen, das dabei wieder deutlich geworden ist. Fast
alle Verfassungen der Länder mit muslimischer Mehr-

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(C (D eitsbevölkerung – manche Journalisten haben das erst etzt festgestellt – legen den Islam als Staatsreligion est und weisen in der einen oder anderen Form darauf in, dass das islamische Recht als eine – ich zitiere – uelle, als eine Hauptquelle oder als relevante Richt chnur für die Gesetzgebung genutzt wird. Da die Läner in diesen Verfassungen aber gleichzeitig die völkerechtlichen Verpflichtungen in Bezug auf die enschenrechte verankert haben, gibt es einen Gestalungsspielraum, der in den islamischen Ländern in sehr nterschiedlicher Art genutzt wird: bei manchen liberal nd bei anderen so, dass es fast in die extremistische osition geht. Frau Ministerin, ich darf Sie darauf hinweisen, dass hre Redezeit abgelaufen ist; wenn Sie länger reden, geht as zulasten Ihrer Kollegen. Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministerin für irtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: Ich bin sozusagen in einer Sekunde fertig. Darf ich ur diesen Punkt noch anschließen; (Markus Löning [FDP]: Aber ja, immer! Gerne!)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1602812700

as ist ja doch eine sehr grundsätzliche Sache. – Danke.

Wir wollen durch unsere Entwicklungszusammenar-
eit dazu beitragen, dass die innerislamischen und inner-
esellschaftlichen Prozesse der Verwirklichung der
enschenrechte, gerade der Frauenrechte, vorankom-
en und dass sie in diese Richtung verlaufen. Dabei
üssen diejenigen unterstützt werden, die die Moderni-

ierungsprozesse vorantreiben. Gleichzeitig gilt unsere
nterstützung aber auch denjenigen, die von Menschen-

echtsverletzungen betroffen sind oder sein könnten.

Zum Schluss sage ich, liebe Kolleginnen und Kolle-
en: Gerade was die Frauen in Afghanistan betrifft,
abe ich nach vielen Gesprächen große Sorgen. Deshalb
n dieser Stelle die Aufforderung an die afghanische Re-
ierung, dafür zu sorgen, dass diejenigen, die für die
rauenrechte eintreten, nicht diskriminiert, benachteiligt
der gar mit Gewalt überzogen werden. Das ist die
fghanische Regierung ihrem Volk, aber auch der inter-
ationalen Gemeinschaft schuldig.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1602812800

Für die FDP-Fraktion spricht nun der Kollege

ellmut Königshaus.


Hellmut Königshaus (FDP):
Rede ID: ID1602812900

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau
inisterin, es war ja erfrischend, dass Sie auch über po-

itische Inhalte, über den Kongo, gesprochen haben. Wir
prechen hier aber eigentlich über Ihren Haushalt und






(A) )



(B) )


Hellmut Königshaus
Ihre Ziele. Sie haben zwar einige allgemeine Ziele ge-
nannt und die Zielmarke ist ein Erfolg für Sie; das muss
man anerkennen. Aber trotz allem muss man eines fest-
halten: Dieser Haushaltsentwurf schreibt ein Grundübel
früherer Haushaltspläne fort. Es geht in großen Teilen
überhaupt nicht um eine Haushaltsplanung. Der Entwurf
beschränkt sich weithin wieder darauf, eine Globalzu-
weisung an Dritte vorzunehmen, oftmals an internatio-
nale Organisationen, wo wir die Mittelverwendung
kaum steuern und erst recht nicht kontrollieren können.

Ich weiß, dass das nicht allein Ihre Schuld ist; aber
Sie setzen dieses Handeln fort. Nun, da die Koalition be-
rechtigtermaßen die Haushaltsansätze in den kommen-
den Jahren unseren internationalen Verpflichtungen an-
passen will, ist es wohl an der Zeit, dass wir uns mit
dieser Frage noch einmal befassen.

Die so genannte ODA-Quote scheint in der politi-
schen Diskussion zum Selbstzweck zu werden. Aber es
geht in erster Linie, liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Frau Ministerin, darum, dass wir nicht einfach
mehr ausgeben, sondern mehr bewirken und besser hel-
fen, darum, dass die Mittel dort ankommen, wo sie benö-
tigt werden, und dass sie für die Zwecke verwendet wer-
den, für die sie gedacht sind. Die vorrangige Frage nach
inhaltlichen und regionalen Prioritäten wird von Ih-
nen aber überhaupt nicht beantwortet und wurde auch
eben nicht angesprochen. Wir hören immer nur, dass
Deutschland bisher insgesamt zu wenig investiere; aber
wir haben nicht gehört, welche Ziele wir dabei eigentlich
strategisch verfolgen wollen.

Es ist im Übrigen auch zu bezweifeln, dass wir hierfür
das richtige Instrumentarium bereithalten. Es gibt eine
Zersplitterung der politischen Zuständigkeiten; das gilt
im Übrigen auch für Ihr Budget. Ein Drittel geht direkt
oder indirekt an internationale Institutionen, ein Drittel
an die EU und in das letzte Drittel regieren andere
Ministerien mit hinein. Es sind eben, wenn man das zu-
sammenfasst, Globalzuweisungen mit gewissen Ausnah-
men.

Noch undurchsichtiger ist das Dickicht der
Durchführungsorganisationen. Was die OECD in ih-
rem Peer-Review über die deutsche Entwicklungszu-
sammenarbeit geurteilt hat, war von Ihnen als ein großer
Erfolg angesehen worden. Sie hat Ihnen aber beschei-
nigt, dass gerade dieses Geflecht an Beziehungen in den
verschiedenen Durchführungsorganisationen die Em-
pfängerländer überlaste. Es belastet aber nicht nur diese,
sondern auch die Durchführungsorganisationen selbst.
Ich will, weil Sie vielen gedankt haben, diesen aber
nicht, hinzufügen, dass auch die Mitarbeiter der Durch-
führungsorganisationen vor Ort unter all dem leiden und
die Probleme, die damit verbunden sind, bewältigen
müssen.

Staatssekretär Stather hat kürzlich zugegeben, dass
die Institutionenvielfalt einen ungeheuren Koordinie-
rungsbedarf nach sich ziehe. Er hat dafür aber keine Lö-
sung und gibt stattdessen Gutachten in Auftrag. Das ist
doch nicht mehr als ein Ausdruck von Hilflosigkeit.


(Beifall bei der FDP)


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(C (D enn Sie uns das erlauben, wollen wir Ihnen hier einmal elfen. Was also ist zu tun? Wir kritisieren nicht die instituionelle Hilfe. Aber wir akzeptieren nicht, dass unser influss auf die Politik dieser Institutionen in keinem erhältnis zu den geleisteten Beiträgen steht. Wir Deutche zahlen am meisten und haben am wenigsten zu saen. Noch schlimmer: Wir als Parlament, auch Sie von er Koalition, haben über große Teile Ihres Haushalts eine Kontrolle. Nehmen wir als Beispiel den Europäischen Enticklungsfonds. Kein Parlament kann über die Verwenung der Mittel dieses Fonds mitentscheiden, gechweige denn die Mittelverwendung kontrollieren – uch das Europäische Parlament nicht: kein Einfluss, ull Kontrolle. Das ist doch nicht zu akzeptieren. (Beifall des Abg. Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Dabei geht es nicht um Peanuts. Wir reden hier über
61 Millionen Euro allein in diesem Jahr. Dieser Betrag
oll bis 2008 auf 900 Millionen Euro pro Jahr gesteigert
erden. Das ist mehr, als wir für die bilaterale techni-

che und finanzielle Hilfe insgesamt jährlich aufwenden.
as ist doch verrückt. Dabei ist schon die Zielrichtung
ieses Fonds, nämlich ausschließlich die Unterstützung
er AKP-Staaten, zweifelhaft. Wir zahlen dort – den Zu-
örern sei dieses Betriebsgeheimnis einmal verraten –
m Grunde genommen nur für das gute Gewissen der
hemaligen Kolonialmächte. Ich will von Ihnen schon
issen, warum wir ausgerechnet in diesen großen Fonds
ehr einzahlen, als es die ehemaligen Kolonialmächte

elbst tun.

Es gibt noch ein haushaltstechnisches Risiko in Mil-
iardenhöhe, über das weder die Kanzlerin heute Morgen
och der Finanzminister noch Sie etwas gesagt haben.
m letzten Jahr mussten Sie einen Mehrbedarf des EEF
on 97 Millionen Euro aus dem Haushalt erwirtschaften.
as ist also in den kommenden Jahren? Sagen Sie dazu

inmal etwas! Wir wollen es wissen. Wir können es uns
infach nicht leisten, weiterhin nicht abgerufene Mittel
us den vergangenen Jahrzehnten nun nachzuschießen.
ir haben in Zukunft eine völlig unübersichtliche Haus-

altssituation, weil wir nicht wissen, über welche Mittel
ir tatsächlich verfügen können.


(Beifall bei der FDP)


Die FDP fordert daher, die Mittel für den EEF zu
perren, bis dieser Sachverhalt nachvollziehbar dargelegt
ird. Da gibt es mehrere Einzelpunkte, auf die ich aber

us Zeitgründen nicht eingehen kann, es sei denn, der
ollege Ruck würde mir einige Minuten seiner Redezeit
eben. Ich glaube aber nicht, dass er dazu bereit ist.


(Heiterkeit bei der CDU/CSU)


Lassen Sie mich noch einige Bemerkungen zur bila-
eralen Entwicklungszusammenarbeit machen. Es ist
lar, dass wir uns auch da bei den Zielen und Partnerlän-
ern beschränken müssen. Wir können nicht mit der
ießkanne alles bedienen wollen.






(A) )



(B) )


Hellmut Königshaus

(Beifall bei der FDP)


Der Mitteleinsatz muss in Zukunft an der Bedürftig-
keit und an der Kooperationswilligkeit der Empfänger-
länder orientiert werden. Good Governance, über die im-
mer gesprochen wird, darf nicht zu einer Modephrase
verkommen, sondern sie muss die Grundlage für die
staatliche Entwicklungszusammenarbeit sein. Das gilt
für Afghanistan – Sie haben den Fall Rahman schon an-
gesprochen – genauso wie für jeden anderen Landstrich
dieser Erde.

Frau Ministerin, Sie müssen auch loslassen lernen.
Die Länder, die auf eigenen Beinen stehen können, soll-
ten dies auch tun. Wir brauchen jeden Cent für die wirk-
lich Bedürftigen dieser Welt. Sie haben das gerade bei
der Vorstellung Ihrer Globalziele beschrieben. Entwick-
lungszusammenarbeit, nur um vor Ort präsent zu sein, ist
pure Geldverschwendung.


(Beifall bei der FDP)


Wir müssen deshalb unsere Zusammenarbeit mit den
Schwellenländern überdenken. Ihr Ankerländerkon-
zept geht in die falsche Richtung. Länder wie China, In-
dien, Südafrika und Brasilien sind in der Lage, aus eige-
ner Kraft zu wachsen. Wir müssen den Mut aufbringen,
Ländern, die es aus eigener Kraft geschafft haben, zu sa-
gen: Ihr könnt es jetzt alleine; ihr braucht unser Geld
nicht mehr; wir konzentrieren die Mittel auf die, die sie
wirklich brauchen.


(Beifall bei der FDP)


Wir konnten bei Vertretern dieser Länder eine posi-
tive Resonanz für diese Position finden. Von einem Land
wie beispielsweise China, das über die größten Wäh-
rungsreserven der Erde verfügt, kann man aufgrund sei-
ner Wirtschaftskraft verlangen, die Armutsursachenbe-
kämpfung und die Armutsfolgenbekämpfung selber in
die Hand zu nehmen. Dazu sind diese Länder auch be-
reit. Das gilt natürlich nicht, wenn sie dazu nicht aufge-
fordert werden.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss. Es ist gut,
dass sich die CDU/CSU ganz offenkundig dieser Posi-
tion der FDP nun anzuschließen gedenkt. Der Kollege
Kampeter hat sich sehr glaubhaft und eindeutig in dieser
Richtung geäußert.


(Dr. Werner Hoyer [FDP]: Kluger Mann!)


– Genau, ein kluger Mann. – Wir würden uns freuen,
wenn die Koalition insgesamt sich dem anschließen
würde. Nur Mut, Frau Ministerin! Schließen auch Sie
sich an!

Danke schön.


(Beifall bei der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1602813000

Das Wort hat nun der Kollege Arnold Vaatz für die

CDU/CSU-Fraktion.

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(C (D Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und erren! Ich glaube, es ist ein wichtiges Signal, dass unere Bundeskanzlerin Angela Merkel ihre erste Rede zur erteidigung ihres Haushaltes damit begonnen hat, über nsere entwicklungspolitischen Ziele zu reden. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Arnold Vaatz (CDU):
Rede ID: ID1602813100

Frau Bundesministerin, auch wenn Sie schon darauf
ingegangen sind, möchte ich dennoch einen Gesichts-
unkt zum Thema Afghanistan hervorheben. Der afgha-
ische Bürger Abdul Rahman, der lange Zeit in
eutschland gelebt hat, zum Christentum übergetreten

st und in einem politischen Prozess mit dem Tode be-
roht war, wurde erwähnt. Es ist unbefriedigend, dass es
berhaupt zu diesem Prozess gekommen ist. Es ist unbe-
riedigend, dass Rahman mit der Begründung der Unzu-
echnungsfähigkeit freigesprochen worden ist.


(Sibylle Pfeiffer [CDU/CSU]: Jawohl! – HansChristian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist aber sehr milde ausgedrückt!)


s ist unbefriedigend, dass wir darüber nachdenken
üssen, ob er bei uns Asyl bekommen könnte.


(Sibylle Pfeiffer [CDU/CSU]: Jawohl!)


ber es ist ein riesiger Erfolg, dass dieser Prozess über-
aupt vor den Augen der Weltöffentlichkeit stattgefun-
en hat. An diesem riesigen Erfolg haben unsere ge-
einsame Außenpolitik und unsere Entwicklungspolitik

inen ganz wesentlichen Anteil.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die Ministerin hat über den Kongo gesprochen. Es ist
nbefriedigend, dass es im Kongo noch immer einige
icht demobilisierte Milizen gibt. Es ist unbefriedigend,
ass es dort noch Kindersoldaten gibt. Es ist unbefriedi-
end, dass sich dort noch Geschäftemacher die Boden-
chätze dieses Landes auf dunklen Kanälen illegal aneig-
en. All das ist unbefriedigend. Aber es ist ein riesiger
rfolg unserer gemeinsamen Politik und im Übrigen
uch der Koordination unserer Politik mit den Politiken
er afrikanischen Staaten, dass es zu Wahlen kommt und
er Präsident des Kongo bereit ist, internationale Trup-
en als Garant eines ordnungsgemäßen Verlaufs dieser
ahlen in sein Land hineinzulassen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


uch das ist ein Erfolg der Abstimmung der Außenpoli-
ik und der Entwicklungspolitik sowie ein Erfolg der po-
itischen Koordination der Staaten in Afrika, die letzten
ndes von den demokratischen Staaten Europas ihren
usgang genommen hat.

Aus diesem Grunde halte ich es für in höchstem Maße
nverantwortlich, wenn wir wie beispielsweise die FDP
m letzten Augenblick sagen: Okay, die Dinge sind gut
ingerichtet. Alles läuft auf Demokratie und eine posi-
ive Entwicklung zu. Aber für den letzten Schritt, um zur
emokratie überzuleiten, nämlich für demokratische






(A) )



(B) )


Arnold Vaatz
Wahlen und die Respektierung des Ergebnisses, setzen
wir uns nicht mehr ein. Das lassen wir sie jetzt selber
machen. – Wenn wir so denken, dann machen wir die
jahrelangen Anstrengungen in der Entwicklungspolitik
mit einem Schlag zunichte.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir müssen uns in diesem Fall berechtigterweise fragen
lassen, welchen Sinn unsere Entwicklungspolitik hat,
wenn wir davor zurückscheuen, das letzte Ziel in Angriff
zu nehmen.

Meine Damen und Herren, wir reden über die Finan-
zierung unserer entwicklungspolitischen Ziele. Das ist
der Sinn einer Haushaltsdebatte. Die ODA-Quote, über
die wir heute auch reden, nämlich bis zum Jahr 2015 im
Haushalt die Marke von 0,7 Prozent des Bruttonational-
produktes für Entwicklungshilfe vorzusehen, ist ein sehr
ehrgeiziges Ziel. Wir haben dafür keine Zaubermittel.
Wir haben die Möglichkeit, die Haushaltsmittel zu erhö-
hen.


(Markus Löning [FDP]: Wie finanzieren Sie das denn?)


Wir haben die Möglichkeit, das Instrument des Schul-
denerlasses zu nutzen. Wir haben die Möglichkeit, inno-
vative Finanzierungsinstrumente zu mobilisieren, die die
Frau Ministerin eben genannt hat.


(Markus Löning [FDP]: Heißt das dann mehr Steuern oder mehr Schulden?)


Zur Erhöhung der Haushaltsmittel: Wir haben es tat-
sächlich geschafft, 300 Millionen Euro zusätzlich – das
sind 8 Prozent mehr – in diesen Haushalt einzustellen.
Frau Ministerin, mein Kompliment, dass das gelungen
ist! Das ist das Ergebnis einer guten Gemeinschaftsleis-
tung der Koalition. Darauf können wir stolz sein.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Wir sind uns natürlich darüber im Klaren, dass das In-
strument des Schuldenerlasses zweischneidig ist. Schul-
denerlass darf nicht dazu führen, dass sofort wieder neue
Schulden gemacht werden.


(Markus Löning [FDP]: Aber so läuft es doch!)


Darauf haben wir zu achten. Herr Kollege Löning, das
bedeutet aber nicht, dass wir das Instrument mit dem
pauschalen Argument, es würden nach dem Erlass neue
Schulden gemacht, von vornherein entwerten sollten.
Das darf nicht sein. Das Instrument des Schuldenerlasses
ist im Kontext der jeweiligen Situation zu betrachten.
Genau das werden wir tun. Entsprechend werden wir
2006 auf diesem Wege dem Irak und Nigeria – das Fi-
nanzministerium hat es errechnet – 1,6 Milliarden Euro
zukommen lassen.


(Markus Löning [FDP]: Ausgerechnet den Nigerianern, denen das Öl aus den Ohren herauskommt! Wissen Sie, wie hoch die Mehreinnahmen Nigerias aufgrund der gestiegenen Ölpreise sind? Nigeria kann damit seine – n c ß e s s M t W z v i M d – t Z d g D z w s P s K A E W M t b b e s e w D (C (D Schulden zurückzahlen, und wir geben ihnen noch Geld!)


Herr Löning, das ist richtig. Sie wissen aber ganz ge-
au, dass es in Nigeria nicht nur die von Ihnen angespro-
henen ölreichen Küstengebiete gibt. Ich halte es für au-
erordentlich wichtig, dass wir uns in diesem Land
ntsprechend unserem Ziel, Haushaltsmittel als Kataly-
ator für die Mobilisierung anderer Finanzquellen einzu-
etzen, engagieren.

Insbesondere in Nigeria hat sich die Gewährung von
ikrokrediten als erfolgreiches und sehr effizientes Mit-

el zur Finanzierung von Existenzgründungen erwiesen.


(Markus Löning Geld!)


enn es uns möglich ist, Haushaltsmittel nicht bloß aus-
ugeben, sondern sie als Katalysator zur Entwicklung
on Eigeninitiative und zur Entwicklung von Existenzen
n diesem Lande zu nutzen, dann sollten wir das tun.

an sollte die Länder, die aufgrund der hohen Verschul-
ung ihre Hände ausstrecken, nicht verhungern lassen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Hellmut Königshaus [FDP]: Das Geld, das nach Nigeria geht, wird dafür verwendet, oder was?)


Sie wissen selber, dass die Mikrokredite nicht an Staa-
en, sondern an Privatpersonen gehen.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1602813200

Meine Herren Kollegen, Sie können versuchen, eine

wischenfrage zu stellen. Vielleicht interessiert sich
ann der Redner.


Arnold Vaatz (CDU):
Rede ID: ID1602813300

Richtig. – Es ist außerdem wichtig, dass wir überle-

en, was wir tun können, um die Privatwirtschaft in
eutschland zu aktivieren und zu ermutigen, in Nigeria

u investieren. Ich glaube, dass hier in der letzten Zeit zu
enig über die Frage der Aktivitäten der Privatwirt-

chaft gesprochen worden ist. Wir müssen alles tun, um
rivaten die Möglichkeit zu geben, entwicklungspoliti-
che Impulse zu setzen.

Unsere Entwicklungspolitik besteht aus mehreren
omponenten. Eine davon ist die Armutsbekämpfung.
uch hier muss das Stichwort „Hilfe zur Selbsthilfe“ als
rstes genannt werden.


(Beifall des Abg. Hellmut Königshaus [FDP])


o das nicht reicht, ist es notwendig, auch über andere
aßnahmen nachzudenken. Es ist außerordentlich wich-

ig, dass wir eine regionale Subsidiarität fordern. Was
edeutet das? Wenn in einem Land eine Hungersnot aus-
richt, ist es natürlich nicht allein die Aufgabe des weit
ntfernten Deutschland, dort zu helfen. Es ist auch un-
ere Aufgabe; aber es ist ebenso notwendig, dass sich
benfalls die Anrainerländer in solchen Fällen verant-
ortlich fühlen und ihre Hilfe zur Verfügung stellen.
arauf müssen wir in der Entwicklungshilfe drängen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)







(A) )



(B) )


Arnold Vaatz
Wir müssen dabei auch stärker beachten, dass der
Multilateralismus in diesem Bereich effizienter gestaltet
werden muss als bisher. Das heißt, wir müssen etwas
tun, um die internationalen Institutionen, zum Beispiel
WTO, Weltbank und IWF, in ihrem Ansehen zu stärken.
Der Bürger der Bundesrepublik Deutschland wird be-
rechtigterweise fragen, wie es um die Effizienz beim
Umgang mit dem Geld, das wir geben, gestellt sei. Des-
halb stellt sich die Frage: Wie stark ist unser Einfluss in
diesen Institutionen? Es ist notwendig, unseren Einfluss
in Zukunft zu stärken.

Meine Damen und Herren, man könnte die Diskus-
sion noch wesentlich weiter führen. Ich möchte – mit Ih-
rer Genehmigung, Frau Präsidentin – nur noch ein Wort
sagen: Unsere innere und äußere Sicherheit ist so gut,
wie es uns gelingt, die innere und äußere Sicherheit an-
derswo auf der Welt – Stichworte „Demokratie“ und
„gute Regierungsführung“ – zu entwickeln und stärken
zu helfen und daran auch die Intensität unseres entwick-
lungspolitischen Beitrags festzumachen. Das sollte eines
unserer Kernziele sein. Nicht Projektitis und Gießkanne,
sondern direkte Hilfe beim Aufbau von nachhaltigen
Strukturen!

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der SPD: Machen wir seit 1998!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1602813400

Für die Fraktion Die Linke hat nun das Wort die Kol-

legin Heike Hänsel.


(Beifall bei der LINKEN)



Heike Hänsel (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1602813500

Danke. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Ich möchte kurz einen Satz aus der Koali-
tionsvereinbarung zitieren. Darin steht zum Thema Ent-
wicklungspolitik unter anderem:

Die Folgen der sich verschärfenden Entwicklungs-
probleme vor allem in Afrika, aber auch in Teilen
Asiens und Lateinamerikas, gefährden unmittelbar
Frieden und Wohlstand in Deutschland und Europa.


(Zurufe von der CDU/CSU: Jawohl! – So ist das!)


Wenn ich das lese, dann muss ich feststellen, dass das
eine völlig falsche Darstellung von Wirkung und Ursa-
che mit weit reichenden Folgen ist.


(Beifall bei der LINKEN)


Nicht wir sind bedroht; es ist genau umgekehrt: Die jahr-
hundertelange Ausbeutung der Länder des Südens sowie
die jetzige neoliberale Weltwirtschaftsordnung und die
Kriegspolitik bedeuten eine ständige Bedrohung für die
Existenz von Millionen von Menschen.


(Beifall bei der LINKEN – Hellmut Königshaus [FDP]: Wir sind gegen den Kongoeinsatz!)


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(C (D Genauso falsch sind die Antworten, die beispielseise Frau Merkel heute in der Debatte gegeben hat. Sie at nämlich gesagt, dass wir unter anderem wegen des roblems afrikanischer Flüchtlinge an europäischen renzen Soldaten in den Kongo schickten. Da muss ich hnen einmal sagen, Frau Wieczorek-Zeul: Wenn es um ie Stützung eines Wahlprozesses geht, wieso brauchen ir dann Militär? ch habe sehr viel Wahlbeobachtung gemacht. Ich habe ertreter der MONUC gefragt: Wieso brauchen wir beaffnete Wahlbeobachter? Sie konnten mir darauf keine ntwort geben. Solch ein Einsatz ist völlig unsinnig. Die entscheidenen Weichenstellungen für die Wahlen werden nicht am ahltag vorgenommen, sondern im Vorfeld des Wahl rozesses. (Zuruf von der CDU/CSU: Welche Wahlbeobachter wollen Sie denn bewaffnen?)


(Beifall bei der LINKEN)


o sind denn jetzt Ihre Leute, die einen demokratischen
ahlprozess und den Zugang zu Medien absichern?


(Beifall bei der LINKEN)


0 bis 100 Dollar muss eine Person zahlen, um sich auf-
tellen zu lassen. 50 000 Dollar müssen von einem Präsi-
entschaftskandidaten gezahlt werden. Der Zugang zu
olchen Wahlen ist doch nicht demokratisch.


(Beifall bei der LINKEN)


ichern wir nachher den Sieger einer undemokratischen
ahl militärisch ab? Das ist doch völlig unrealistisch.
ir müssen jetzt aktiv werden und dort breite Prozesse

rganisieren. Wir dürfen nicht meinen, mit dem Militär
ort etwas zu lösen.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir brauchen, was die Lösung der Flüchtlingsfrage
ngeht, keine Soldaten in Afrika. Wir brauchen auch
eine höheren Zäune und dickeren Mauern an den euro-
äischen Außengrenzen. Wir brauchen erst recht keine
uffanglager, wie sie zum Beispiel in Tansania oder
steuropa geplant sind.


(Beifall bei der LINKEN)


as ist eine menschenfeindliche Politik. Das sind die
alschen Antworten auf eine falsche Analyse. Sie sind
chon gar kein Beitrag zur Entwicklungszusammenar-
eit.


(Abg. Karin Kortmann [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1602813600

Frau Kollegin – –


Heike Hänsel (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1602813700

Ich lasse jetzt keine Zwischenfragen zu. Ich möchte

rst einmal meine Gedanken entwickeln. Sie können da-
ach gerne eine Kurzintervention machen.






(A) )



(B) )


Heike Hänsel
Das Problem ist, dass solche Auffanglager dann wo-
möglich aus dem Haushalt finanziert werden. Wir müs-
sen Fluchtursachen bekämpfen und nicht die Menschen,
die zu uns kommen. Wir müssen ganz klar aufzeigen,
was die herrschende Weltwirtschaftsordnung und unsere
Politik, die dazu beiträgt, bedeuten.

Der UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf
Nahrung, Jean Ziegler, sagt: Die Weltwirtschaftsordnung
tötet tagtäglich Menschen und verhindert eine selbstbe-
stimmte Entwicklung der Menschen in den Ländern des
Südens.

Eine Säule dieser Weltwirtschaftsordnung ist die
Welthandelsorganisation WTO. Sie hat sich den freien
Markt und den Freihandel auf die Fahnen geschrieben;
das ist ihr oberstes Prinzip.


(Markus Löning [FDP]: Das ist ein sehr gutes Prinzip!)


Wir lehnen diese Politik der WTO ab, die auf umfas-
sende Handelsliberalisierung, auf Deregulierung und auf
Liberalisierung der öffentlichen Dienstleistungen setzt.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir haben in vielen Ländern, zum Beispiel Lateinameri-
kas, ganz klar gesehen, dass genau diese neoliberale
Ausrichtung den Menschen ihre Existenzgrundlagen ent-
zieht, dass sie zu Armut, zu Ausgrenzung und zu fehlen-
dem Zugang zur Grundversorgung führt.


(Beifall bei der LINKEN – Markus Löning [FDP]: Das Gegenteil ist richtig!)


Das sind fundamentale Menschenrechte, die ständig ver-
letzt werden. Dazu habe ich heute in der Debatte zu den
Menschenrechten keinen einzigen Ton gehört.

Auch der Begriff „Armutsbekämpfung“ wurde viel zu
selten erwähnt. Die Millenniumsziele, auf die wir uns
alle stützen, wurden in der heutigen Debatte überhaupt
nicht genannt.

Entscheidend ist, dass wir konkrete Vorschläge ma-
chen, wie wir das Ziel der Halbierung der Armut bis
2015 erreichen wollen. Wir setzen ganz eindeutig auf
eine eigenständige Entwicklung der Länder des Südens.
Sie müssen vor einer aggressiven Marktöffnungspolitik
der Industrieländer und der multinationalen Konzerne
geschützt werden. Wir brauchen umfassende Entschul-
dungsinitiativen ohne daran geknüpfte neoliberale Be-
dingungen.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Entwicklung des ländlichen Raumes, kleinbäuerli-
cher Strukturen – sie wollen wir übrigens ohne die Ver-
wendung gentechnisch veränderten Saatgutes schaffen –
und regionaler Märkte spielen dabei eine entscheidende
Rolle.


(Beifall bei der LINKEN)


Frau Wieczorek-Zeul, Ihre Initiative zu den regenera-
tiven Energien finde ich sehr gut. Dabei unterstützen wir
Sie. Die regenerativen Energien sind eine zentrale Säule
für die Entwicklung des ländlichen Raumes.

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(C (D Wir setzen uns ganz klar nicht für eine Privatisierung er Dienstleistungen und der Sicherungssysteme, sonern für den Aufbau und die Stärkung der Sicherungsysteme in den Ländern des Südens ein. eider wird diese Politik aber zum großen Teil nicht im ntwicklungshilfeministerium, sondern im Wirtschaftsnd im Finanzministerium sowie auf europäischer Ebene emacht. So lange wir an dem Primat der Wettbewerbsfähigeit, wie sie unter anderem in der Lissabonstrategie foruliert wurde, festhalten – die EU muss der dynaischste Wirtschaftsraum der Welt werden; wir in eutschland müssen vorankommen; wir müssen wieder ummer eins werden –, so lange wir das Prinzip von iegern und Verlierern in unserer Politik nach außen ver reten, haben die Länder des Südens keine Entwickungschancen. iese Politik steht dem Prinzip der ökologischen Nachaltigkeit und dem Vorhaben der weltweiten Armutsbeämpfung diametral entgegen. In diesem Zusammenhang spielt die ODA-Quote eine ntergeordnete Rolle. Es ist gut, dass sie jetzt, nachdem ie bei Rot-Grün ständig gesunken ist, erhöht werden oll. Sie ist aber nur ein Bestandteil. (Karin Kortmann [SPD]: Sie ist kontinuierlich gestiegen!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


ir brauchen eine grundsätzlich andere, eine solidari-
che Politik in den weltwirtschaftlichen Beziehungen.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich möchte einen weiteren für uns entscheidenden
unkt anführen. Die Entwicklungspolitik ist laut Koali-

ionsvertrag integraler Bestandteil der deutschen Außen-
nd Sicherheitspolitik. Wer die heutige Debatte ver-
olgt hat, hat aber erkannt, dass es in der Außenpolitik
auptsächlich nur noch um wirtschaftliche und hegemo-
iale Interessen geht. Im Grunde ist das Ziel, die EU als
eue Großmacht in der Welt zu etablieren.

In diesem Zusammenhang wurde oft genug der
ampf gegen den Terrorismus genannt. Unter diesem
tichwort wird die Militarisierung der Politik vorange-

rieben und der Kampf um den Zugang zu Energieres-
ourcen geführt, der die zivile und soziale Entwicklung
eltweit hemmt.

Es geht nicht nur generell um Militäreinsätze, sondern
uch darum, dass sie zunehmend, wie nun zum Beispiel
m Sudan, aus Mitteln des Entwicklungshilfefonds der
U finanziert werden sollen.


(Beifall der Abg. Dr. Uschi Eid [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


ir lehnen den gesamten Komplex der zivilmilitäri-
chen Zusammenarbeit ab. Das ist die falsche Entwick-
ung.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)







(A) )



(B) )


Heike Hänsel
Wenn wir zivile und militärische Aufgaben, wie zum
Beispiel in Afghanistan, vermischen, sind Entwicklungs-
hilfeorganisationen vor Ort gefährdet. Die Entwick-
lungshilfe wird instrumentalisiert. Infolgedessen braucht
das Militär noch mehr finanzielle Mittel.

Wir sind der Meinung: Soldaten sind keine Entwick-
lungshelfer. Wir brauchen eine Stärkung der zivilen Auf-
gaben und keine weitere Militarisierung der Politik.


(Beifall bei der LINKEN – Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Sie lassen die Menschen krepieren!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1602813800

Frau Kollegin, denken Sie bitte an Ihre Redezeit.


Heike Hänsel (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1602813900

Frau Wieczorek-Zeul, insofern unterstützen wir den

zivilen Friedensdienst, den Sie angeregt haben. Wir
glauben aber, dass der zivile Friedensdienst nicht paral-
lel zu Militärinterventionen stattfinden soll und nicht zur
Nachsorge von militärischen Interventionen geeignet ist,
sondern die Alternative zu der Politik, die hier formuliert
wurde, ist. Darum wünschen wir uns eine umfassende
Erhöhung der Mittel.


(Beifall bei der LINKEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1602814000

Frau Kollegin, Ihre Redezeit ist zu Ende.


Heike Hänsel (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1602814100

Ja. – Weltweit gibt es immer mehr Menschen, die ge-

gen diese Politik aufstehen. Das erleben wir in vielen
Ländern und den Sozialforen. Die Linke versteht sich als
Teil dieser weltweiten Bewegung.

Danke.


(Beifall bei der LINKEN – Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Das müssen Sie den Menschen im Ostkongo einmal erzählen!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1602814200

Frau Kollegin, das war Ihre erste Rede in diesem

Haus. Ich gratuliere Ihnen sehr herzlich dazu, verbunden
mit den besten Wünschen.


(Beifall)


Nun hat das Wort der Kollege Thilo Hoppe von der
Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen.


(Markus Löning [FDP]: Attacke!)



Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1602814300

Keine Attacke, ich bin friedlich.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Bevor ich zum Haushalt spreche, muss ich kurz auf das
Vorangegangene eingehen. Liebe Kollegin Hänsel,
Glückwunsch zu Ihrer ersten Rede! Ich teile durchaus ei-
nige, sogar viele Ihrer Positionen und die Kritik an unge-
rechten Strukturen der Weltwirtschaft. Aber ich hoffe

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(C (D ehr, dass sich auch Ihre Fraktion einmal der Probleme m Kongo intensiver annimmt und zu Lernprozessen ommt. anchmal sind es sehr schmerzhafte Lernprozesse. Wir aben nach Ruanda gesagt: Nie wieder zusehen. – Man ann auch durch unterlassene Hilfeleistung schwere chuld auf sich laden. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


(Heike Hänsel [DIE LINKE]: Längst passiert!)


ie Absicherung eines Wahlprozesses ist kein Kriegs-
insatz. Ich hoffe sehr, dass Sie da zu einer differenzier-
eren Sichtweise kommen werden.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1602814400

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

ollegen Aydin?


Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1602814500

Ja.


Hüseyin-Kenan Aydin (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1602814600

Vielen Dank, Herr Kollege Hoppe. – Bezüglich des

öglichen Kongoeinsatzes wird hier immer wieder be-
auptet, dass wir im Kongo Soldaten einsetzen müssen,
amit die Wahlen ordnungsgemäß organisiert und zu
nde geführt werden können.


(Dr. Uschi Eid [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, das stimmt nicht!)


Das ist ein Teil der Argumentation; ich habe heute gut
enug zugehört.

Für diese Wahl sollten sich bis morgen 500 Personen
ls Kandidaten anmelden. Laut BBC haben sich bis
eute Morgen erst 100 Kandidaten angemeldet.


(Norbert Königshofen [CDU/CSU]: Was ist die Frage?)


Dazu komme ich jetzt. – Es hat nur ein einziger Präsi-
entschaftskandidat ohne Milizen die Kandidatur ange-
eldet; allerdings wird er wahrscheinlich die erforder-

ichen 50 000 Dollar nicht haben.

Jetzt frage ich Sie, all die Befürworter: Glauben Sie
rstens, dass die Wahlen unter diesen Bedingungen über-
aupt im Juni stattfinden werden? Glauben Sie zweitens,
ass wir unter diesen Bedingungen mit militärischem
insatz eine demokratisch organisierte Wahl durchfüh-

en können?


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)



Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1602814700

Herr Kollege, haben Sie zur Kenntnis genommen,

ass die Wahl bereits um einige Wochen verschoben
orden ist, um genau diesen Unregelmäßigkeiten und
roblemen noch nachzugehen? Der Einsatz der Soldaten
ient nicht dazu, die Wahlurnen an den richtigen Ort zu
ringen, sondern es ist eine Absicherung, damit die






(A) )



(B) )


Thilo Hoppe
Wahlverlierer nicht in die Versuchung geraten, das
Wahlergebnis zu korrigieren. Das Ganze ist nicht die
Idee der Europäischen Union, sondern beruht auf einer
Anfrage der Vereinten Nationen, der MONUC, einer An-
frage von Kofi Annan. Es ist auch wichtig für Ihre Frak-
tion, zur Kenntnis zu nehmen, dass viele NGOs, die Ih-
nen sehr nahe stehen, diesen Einsatz befürworten.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/ CSU]: Auch die Afrikanische Union! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Und Kabila!)


– Und auch die Afrikanische Union. Danke für diesen
Hinweis.

Ich wollte eigentlich zum Haushalt sprechen, aber ich
muss noch eines vorwegschikken: All das, was von mei-
nen Vorrednern, von Herrn Vaatz und von der Ministe-
rin, zum Fall Abdul Rahman gesagt wurde, möchte ich
hier ausdrücklich unterstreichen und mit einem großen
Ausrufezeichen versehen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und der LINKEN)


Jetzt zum Haushalt. Wäre ich noch entwicklungspoli-
tischer Sprecher einer Koalitionsfraktion, dann würde
ich sicherlich den erfreulichen Aufwuchs der Barmittel
im Einzelplan 23 loben. Jetzt gehöre ich zur Opposition,
aber mache das Gleiche.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der CDU/CSU und der SPD)


Unter den gegebenen Rahmenbedingungen ist das ein
Schritt in die richtige Richtung. Es ist zwar weniger, als
eigentlich nötig wäre, wenn man sich der Erreichung der
Millenniumsziele konsequent verschriebe, aber ich weiß
um die Schwierigkeiten und sage: Immerhin.

Genauso hätte ich Folgendes getan und tue es jetzt
auch, egal ob aus einer Koalition oder aus der Opposi-
tion heraus: Ich kritisiere die deutliche Absenkung der
Verpflichtungsermächtigungen scharf. Das hat in der
Haushaltsdebatte bisher noch gar keine Rolle gespielt.
Einige werden sich noch an die Haushaltsdebatten in der
letzten Legislaturperiode erinnern. Auch da habe ich
kein Blatt vor den Mund genommen, egal ob die Kritik
sich an die eigene Regierung, an den Finanzminister
oder an die Opposition richtete.

Verpflichtungsermächtigungen stecken den Rahmen
dafür ab, was in den nächsten Jahren passieren soll.
Noch unter Rot-Grün – besonders auf Betreiben unserer
Fraktion, aber auch der Entwicklungsministerin – hat
sich die Bundesregierung darauf festgelegt und dazu ver-
pflichtet, bis 2015 – das wissen wir alle – mindestens
0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für Entwick-
lungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe zur Verfü-
gung zu stellen. Erfreulicherweise – das erkennen wir an –
hat die neue Koalition dies nicht widerrufen, sondern
ausdrücklich bestätigt.

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(C (D ber das darf kein Lippenbekenntnis bleiben. Das muss urch Fakten, Zahlen und Verpflichtungsermächtigunen untermauert werden. ine Kürzung der Verpflichtungsermächtigungen wäre as völlig falsche Signal. Jetzt fordere ich insbesondere die CDU/CSU-Frakion auf, die Haushaltsreden von Peter Weiß, der heute icht mehr in diesem Arbeitsbereich tätig ist, genau zu esen. Der Kollege Weiß hat die Regierung immer davor ewarnt, sich bei der Erreichung des 0,7-Prozent-Ziels u sehr auf den Schuldenerlass zu verlassen. Mit dem rlass der enormen Schulden, insbesondere des Iraks, ann man die ODA-Quote kurzfristig in die Höhe treien. Aber das wäre zu einem Großteil geschönte Statisik ohne jeden Mehrwert für die Entwicklungszusamenarbeit. (Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Wer hat das denn letztes Jahr gesagt?)


(Zuruf von der SPD: Jawohl!)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wenn die Erreichung der Millenniumsziele ein ernst
emeintes Ziel ist, dann müssten die Barmittel sowohl
m Einzelplan 23 als auch in den ODA-Quoten-wirksa-
en Titeln anderer Ministerien Jahr für Jahr erhöht wer-

en. Als Beispiel nenne ich ausdrücklich das Auswärtige
mt, den Bereich der humanitären Hilfe, die Minenräum-
rogramme und den Aktionsplan „Zivile Krisenpräven-
on, Konfliktlösung und Friedenskonsolidierung“. Im
abinettsentwurf waren leider sogar Kürzungen vorge-

ehen.

Um in den Regierungsverhandlungen mit unseren
artnerländern gerade für die Zukunft den nötigen Spiel-
aum zu haben, müssen sich diese Erhöhungen der kom-
enden Jahre in den Verpflichtungsermächtigungen wi-

erspiegeln. Ich kenne das Barmittelproblem, von dem
iele Projekte, gerade im letzten Quartal eines Rech-
ungsjahres, betroffen sind. Aber dieses Problem löst
an nicht durch eine Kürzung der VEs, sondern durch

ine noch kräftigere Erhöhung der Barmittelansätze.

Einige von Ihnen werden nun vielleicht sagen: Wenn
an in der Opposition ist, ist es leicht, mehr Geld zu for-

ern. Aber auch hier gilt: Wie wir es bereits letztes Mal,
ls wir noch in der Regierungsverantwortung waren, ge-
an haben, legen wir auch nun aus der Opposition heraus
ine Gegenfinanzierung, die durchgerechnet ist, auf den
isch. Wir sagen also, woher das Geld kommen kann.
ir hätten uns zum Beispiel sehr gefreut, wenn Deutsch-

and auf der Konferenz in Paris Seite an Seite mit Frank-
eich und elf anderen Ländern hinsichtlich der Einfüh-
ung einer Flugticketabgabe schon Fakten geschaffen
ätte.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


ir wissen, dass auch die zuständige Ministerin dies
ern getan hätte. Aber dafür hatte sie im Kabinett – ich
age hoffnungsvoll: noch – keine Rückendeckung und
eine Mehrheit.






(A) )



(B) )


Thilo Hoppe

(Karin Kortmann [SPD]: Was steht denn dazu im Koalitionsvertrag?)


Die Ticketabgabe, die Kerosinsteuer und die Devisen-
umsatzsteuer, die Tobin Tax, all diese innovativen Finan-
zierungsinstrumente müssen jetzt endlich in Angriff
genommen werden. Dabei sollte Deutschland eine füh-
rende Rolle spielen, statt ständig nur zu zaudern, zu zö-
gern und sich wegzuducken.


(Markus Löning [FDP]: Was ist denn innovativ an mehr Steuern und mehr Schulden?)


Ich bin mir natürlich bewusst, dass es im Bereich der
Entwicklungszusammenarbeit auch, aber nicht nur auf
Geld ankommt. Wir müssen enorme Reformanstrengun-
gen unternehmen, bei uns und in den Entwicklungslän-
dern selbst. Wir müssen für gerechtere Strukturen im
Welthandel und in der internationalen Finanzarchitektur
sorgen.

In unserer Entwicklungszusammenarbeit stehen
große Reformen an; das wurde schon gesagt. In diesem
Zusammenhang ist bereits ein Gutachten in Auftrag ge-
geben worden.

Jetzt möchte ich im Namen des gesamten AWZ an-
mahnen: Wir Parlamentarier möchten in all diese Über-
legungen eng einbezogen werden. Wir möchten nicht
vor vollendete Tatsachen gestellt werden, sowohl was
die Reform der Institutionen betrifft als auch was die
notwendige Reduzierung der Zahl der Partnerländer und
die Schwerpunktsetzung angeht.


(Ute Koczy [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, genau! Das muss man öffentlich machen!)


Da es im Kampf gegen den Hunger keine Fortschritte
gibt – bei der Erreichung dieses Millenniumsziels haben
wir sogar die größten Rückschritte zu verzeichnen –,
brauchen wir eine enorme Aufwertung des ländlichen
Raumes.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


In der Anhörung, die hierzu in der letzten Legislatur-
periode durchgeführt wurde, war das fraktionsübergrei-
fend Konsens. Aber auch das spiegelt sich bisher noch
nicht in der Politik des BMZ wider. Hier wünsche ich
mir vor allem von der SPD-Fraktion grundsätzlich mehr
Engagement für den ländlichen Raum. Von der CDU/
CSU-Fraktion wünsche ich mir, dass sie darauf verzich-
tet, dieses Thema immer sofort mit einem Werbefeldzug
für manipuliertes Saatgut, also für die grüne Gentechnik,
zu verbinden. Sie löst das Hungerproblem nicht, sondern
sie ist in einigen Teilen der Welt sogar ein Teil dieses
Problems und verschärft es sogar noch.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Da ich auf meine Vorredner eingegangen bin, läuft
mir meine Redezeit davon. Eigentlich wollte ich noch all
die Bereiche aufzählen, in denen mehr Engagement not-
wendig ist. So müsste zum Beispiel beim Thema Bio-
diversität ein Ruck durch die Entwicklungspolitik gehen.


(Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Genau! Da hat er Recht!)



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(C (D Ja. – Ähnliches gilt für den Bereich der erneuerbaren nergien. Armutsbekämpfung und Umweltschutz müsen viel stärker als bisher miteinander verbunden weren, statt als Gegensatz betrachtet zu werden. ch schaffe es leider nicht mehr, alle weiteren Schwerunkte aufzuzählen, da bereits das Licht am Rednerpult linkt. Wir werden ein ressortübergreifendes Konzept voregen. Dieses Konzept ist schon ausgearbeitet. Es sieht ufwüchse bei den Barmitteln und vor allem bei den erpflichtungsermächtigungen vor. Das ist der chwachpunkt des vorgelegten Haushaltsentwurfs. Wir ollen in diesem Bereich keine Stagnation, sondern Beegung. Als betont konstruktiv-kritische Opposition ollen wir unseren Teil dazu beitragen. Ich danke Ihnen. Nun hat die Kollegin Dr. Bärbel Kofler für die SPD raktion das Wort. Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle en! Auch ich möchte zu Beginn meiner Rede von meiem Manuskript abweichen und auf zwei Vorredner einehen. Zunächst zum Beitrag der Kollegin Hänsel von der raktion der Linken. Ich würde mich sehr freuen, wenn hre Fraktion beim Thema Entwicklungspolitik endlich ie Realitäten zur Kenntnis nehmen würde. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Hüseyin-Kenan Aydin [DIE LINKE]: Das tun wir!)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1602814800
Dr. Bärbel Kofler (SPD):
Rede ID: ID1602814900

ch greife nur einen Punkt heraus. Sie haben in Ihrem
eitrag den Sudan angesprochen. Man muss sich doch
ie Frage stellen, wie die Entwicklungspolitik gestaltet
erden muss, damit sie den Menschen dient. Man muss

ich überlegen, wie man den Menschen den Zugang zu
edikamenten, zu Ressourcen, zur Unterstützung und

ur Entwicklungshilfe gewähren kann, wenn in ihrem
and Krieg herrscht und ihnen, wenn sie ein Flüchtlings-

ager verlassen, Gefahr für Leib und Leben droht. Es
eicht nicht, zu sagen, Militär sei prinzipiell etwas
chlechtes.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Heike Hänsel [DIE LINKE]: Und hat es den Menschen dort geholfen? Haben Sie darüber mal nachgedacht?)


Zum anderen möchte ich auf den Beitrag von Herrn
önigshaus eingehen. Herr Königshaus, wir werden ge-
einsam nach China reisen und uns dort das eine oder

ndere ansehen können. Vielleicht kommen Sie dann zu
iner anderen Einsicht, was die Entwicklungspolitik mit
ändern wie China angeht.

Selbstverständlich ist nicht alles Gold und Sonnen-
chein; das hat von uns und von der Regierung auch nie-
and behauptet. Natürlich ist China als Geberland ge-






(A) )



(B) )


Dr. Bärbel Kofler
fordert, wenn es darum geht, Standards einzuhalten, zum
Beispiel bei der Kreditvergabe oder bei seiner Afrikapo-
litik. Sich aber aus der Entwicklungszusammenarbeit
mit Ländern wie China ausklinken zu wollen, halte ich
für extrem kontraproduktiv. Sie können die Zusammen-
arbeit mit China zum Beispiel im Bereich der erneuerba-
ren Energien nicht einfach beenden. China ist der welt-
größte Emittent von Schwefeldioxid und der zweitgrößte
Emittent von Kohlendioxid. China importiert aus Indo-
nesien, aus Afrika und anderen Entwicklungsländern
Holz in enormen Mengen, was entsprechende Schädi-
gungen der Natur und der Lebensgrundlagen der Men-
schen in diesen Ländern zur Folge hat.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1602815000

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Königshaus?


Dr. Bärbel Kofler (SPD):
Rede ID: ID1602815100

Bitte. Sie verlängern meine Redezeit.


Hellmut Königshaus (FDP):
Rede ID: ID1602815200

Frau Kollegin, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu neh-

men, dass ich nicht gesagt habe, dass wir die Entwick-
lungszusammenarbeit einstellen sollen? Das habe ich
nicht gefordert. Wir erwarten aber, dass die Länder, die
dazu in der Lage sind, ihre Ressourcen und reichlichen
Finanzmittel dazu einsetzen – China ist eines der Länder
mit den größten Devisenreserven –, um etwas im eige-
nen Land für die Armutsbekämpfung und den Aufbau
entsprechender Systeme zu tun. Wir sind für Entwick-
lungszusammenarbeit mit diesen Ländern, aber diese
Länder sollen selber dafür bezahlen. Sie sind dazu auch
bereit. Warum sollten wir dort also Geld mit der Gieß-
kanne verteilen, das dann woanders fehlt?


Dr. Bärbel Kofler (SPD):
Rede ID: ID1602815300

Herr Königshaus, das hört sich jetzt schon etwas mo-

derater an als das, was Sie vorhin gesagt haben. Ich bin
der Meinung, dass wir nicht mit der Gießkanne Mittel in
anderen Ländern verteilen. Selbstverständlich sollen
diese Länder ihre eigenen Ressourcen in Anspruch neh-
men. Aber ich habe gerade versucht, Ihnen an einem
Beispiel deutlich zu machen, wo Entwicklungszusam-
menarbeit besonders dringend ist. Ich bitte darum, nicht
mit einem Wisch alle diese Projekte vom Tisch zu fegen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1602815400

Frau Kollegin, gestatten Sie eine weitere Zwischen-

frage des Kollegen Bonde von der Fraktion des
Bündnisses 90/Die Grünen?


Dr. Bärbel Kofler (SPD):
Rede ID: ID1602815500

Gerne.


Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1602815600

Frau Kollegin, können Sie bestätigen, dass der Vor-

schlag, die Entwicklungshilfe an China zu streichen,
nicht von der FDP kommt, sondern von Ihrem Koali-
tionspartner, nämlich von Herrn Kampeter aus dem

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(C (D aushaltsausschuss? Wie werden Sie diesen Konflikt in er Koalition lösen? Irren kann jeder. (Heiterkeit bei der SPD und der CDU/CSU – Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dr. Bärbel Kofler (SPD):
Rede ID: ID1602815700

ch bin aber guten Mutes, dass wir in der Koalition eine
ute Zusammenarbeit pflegen und dass die Kollegen der
DU/CSU mit ihrem Kollegen noch einmal ein Ge-

präch über diesen Punkt führen werden.


(Sibylle Pfeiffer [CDU/CSU]: Das haben wir schon getan!)


Na also.

Ich komme noch einmal kurz auf den Energiebedarf
n China zurück. Ich bin der Meinung, dass wir damit ein
norm wichtiges Projekt voranbringen können und wer-
en. Das liegt übrigens gerade auch im Interesse der
eutschen Unternehmen, der deutschen Energiepolitik
nd der deutschen Wirtschaft. Dieses Anliegen liegt Ih-
en ja vielleicht auch am Herzen.


(Hellmut Königshaus [FDP]: Richtig!)


Dann sind wir uns ja einmal einig, Herr Königshaus.

Auf einen Punkt wollte ich natürlich schon noch ein-
ehen. Von der Kollegin Hänsel ist die Aussage gekom-
en, die ODA-Quote sei eigentlich gar nicht wichtig

nd interessant. Ihrer Ansicht nach ist das, worüber wir
ier reden, eher Makulatur. Deswegen möchte ich noch
inmal feststellen, dass es nur mit finanziellen Mitteln
öglich ist, Entwicklungszusammenarbeit zu betreiben.
ir haben jetzt 300 Millionen Euro mehr zur Verfügung.
as ist ein enormer Aufwuchs in einem Haushalt wie
em, den wir in diesem Jahr verabschieden werden. Es
st bereits gesagt worden, dass die Mittel im Vergleich
um Haushalt 2005 um knapp 8 Prozent steigen. Gerade
amit kann man nämlich auch im Sinne der Millennium
evelopment Goals, zu denen wir uns alle verpflichtet
aben, den Ressourcenschutz, die Armuts- und Krank-
eitsbekämpfung und den Zugang zur Bildung in den
ntwicklungsländern unterstützen und fördern. Wenn
in Haushalt 300 Millionen Euro mehr umfasst und man
as als Makulatur und nicht wichtig bezeichnet, dann
alte ich das eigentlich für der Diskussion nicht ganz
ürdig.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Heike Hänsel [DIE LINKE]: Für die Länder sind das Peanuts!)


Die Industrienationen haben sich in Gleneagles auf
inen Schuldenerlass für die ärmsten Länder dieser
elt verständigt. Ich halte das für eine wichtige und

ichtige Maßnahme. Die Frau Ministerin hat dankens-
erterweise auch über den Dreiklang gesprochen, der in
nseren Haushalt einziehen muss und durch den unsere
inanzierungsmöglichkeiten im Haushalt des Ministeri-
ms für wirtschaftliche Zusammenarbeit in den nächsten
ahren gestaltet werden müssen.






(A) )



(B) )


Dr. Bärbel Kofler
Das Erste ist die Entschuldung; sie wurde angespro-
chen. Das Zweite ist die Aufstockung des Etats des
BMZ. Ich bin mir sehr sicher, dass dank der Energie un-
serer Ministerin in diesem Bereich noch etwas vorange-
hen wird. Das Dritte sind die innovativen Finanzierungs-
instrumente. Auch hier möchte ich eines deutlich
machen: Es gibt viele gute Ideen im Bereich der innova-
tiven Finanzierungsinstrumente. Die Ministerin hat eine
herausgegriffen, nämlich die Entwicklungsabgabe auf
Flugtickets.


(Hellmut Königshaus [FDP]: Was gibt es denn noch?)


– Ach, du meine Güte. Wollen wir jetzt ein Seminar da-
raus machen? Ich kann Ihnen die Kerosinsteuer, die
CO2-Abgabe, die Tobin Tax und sonst noch was nennen,
Herr Königshaus. Das können wir gerne tun.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Lachen des Abg. Hellmut Königshaus [FDP])


Uns als Arbeitsgruppe der SPD ist es wichtig, deut-
lich zu machen, dass wir große Sympathien für die Ent-
wicklungsabgabe auf Flugtickets empfinden und sie
entsprechend unterstützen wollen.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] Was heißt „unterstützen wollen“?)


– Ja, so etwas tun wir.


(Ute Koczy [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann nehmen wir Sie beim Wort!)


– Das können Sie gerne tun, Frau Koczy.


(Ute Koczy [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Seien Sie tapfer!)


Allerdings – auch das ist wichtig – dürfen wir uns
nicht von vornherein nur auf eines der vielen Instrumen-
tarien festlegen, sondern wir müssen mit der Ministerin,
die uns in der Leading Group vertritt, die verschiedens-
ten Instrumentarien intensiv prüfen und schauen, welche
Vor- und Nachteile diese verschiedenen Instrumentarien
bringen. Eine Frage muss dabei die Maßgabe sein: Was
bringt das meiste Geld für die Entwicklungspolitik?


(Beifall des Abg. Dr. Christian Ruck [CDU/ CSU])


Das kann ein Bündel von Maßnahmen sein. Es muss
nicht nur eine Maßnahme sein.


(Beifall bei der SPD – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt, umso besser!)


– „Umso besser“, eben.


(Hellmut Königshaus [FDP]: Vielleicht sollten wir auch an die Leistungsfähigkeit unserer Bevölkerung denken!)


– Danke, dass Sie meine Redezeit verkürzen, Herr
Königshaus.

Ich möchte gerne noch einen Punkt ansprechen, der
die Ausgewogenheit zwischen bilateralen und multilate-
ralen Finanzierungsinstrumenten beinhaltet. Ich möchte

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(C (D eutlich darauf verweisen, dass es nicht sein kann, hier u sagen, uns interessiert nicht mehr, welche Unterchriften wir unter internationale Verträge gesetzt haben, ie von uns abgeschlossen wurden. Der EEF ist angesprochen worden. Mir ist wichtig, u betonen, dass die meisten Mittel des EEF nach Afrika ehen. Ich halte das für ein wichtiges Moment in der ntwicklungszusammenarbeit. Selbstverständlich müsen internationale, nationale und multinationale Geber bgestimmt und koordiniert handeln und agieren. An iesem Ziel – das gebe ich unumwunden zu – muss jede egierung, jedes Land arbeiten. Hier gibt es sicherlich erbesserungsmöglichkeiten. Aber die internationale usammenarbeit für unmöglich zu erklären oder sie gar inzustellen, halte ich auch aus Gründen der Transparenz em Parlament gegenüber für nicht richtig. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1602815800

Frau Kollegin, Sie haben schon richtig gesehen, dass

ie Ihre Redezeit überschritten haben.


Dr. Bärbel Kofler (SPD):
Rede ID: ID1602815900

Gut. Dann sage ich nicht mehr das, was ich zur bilate-

alen Zusammenarbeit sagen wollte, die ich aber explizit
rwähnen möchte, weil sie für uns sehr wichtig ist.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


as wird man auch im nächsten Haushalt sehen. Auch
insichtlich der Verpflichtungsermächtigungen ist noch
icht aller Tage Abend.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber Abend ist schon!)


Ich bedanke mich. Auf Wiedersehen!


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1602816000

Als letzter Redner in dieser Debatte hat nun das Wort

er Kollege Dr. Christian Ruck von der CDU/CSU-Frak-
ion.


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Ein Ruck geht durchs Parlament! – Ute Koczy [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Verpflichtungsermächtigungen kommen!)



Dr. Christian Ruck (CSU):
Rede ID: ID1602816100

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

assen Sie auch mich am Schluss dieser Debatte noch
inmal feststellen, dass wir uns trotz des Diktates knap-
er Kassen über eine Steigerung der Mittel im Entwurf
es Einzelplans 23 sehr freuen, die weit über die durch-
chnittliche Entwicklung des Gesamthaushaltes hinaus-
eht. Diese deutliche Steigerung in dem ersten Haushalt
ieser neuen Koalition ist ein gutes Signal für die Ernst-
aftigkeit, die wir neue Koalitionäre der Entwicklungs-
olitik beimessen.






(A) )



(B) )


Dr. Christian Ruck

(Beifall bei der CDU/CSU)


Wir haben im Koalitionsvertrag lange über die Inhalte
diskutiert. Das finde ich positiv, weil wir in der Sache
um ein gemeinsames Ziel gerungen haben. Wir waren
uns einig, dass wir die Entwicklungspolitik weiter stär-
ken und sie national und international treffsicherer ma-
chen wollen. Der Etatentwurf setzt dazu auch in Rich-
tung ODA-Stufenplan neue Akzente. Auch ich möchte
noch einmal sagen, dass ich mich über die klare Rücken-
deckung durch unsere Kanzlerin gefreut habe. Heute
Vormittag hat sie gesagt, dass sie an dem ODA-Stufen-
plan festhält. Allerdings hat sie auch erklärt, dass dies
sehr schwer werden wird, weil zwar das Ziel klar ist,
aber der Weg noch gefunden werden muss.

Das ist unsere Aufgabe. Wir sind gefordert, diesen
Weg mitzugehen. Wir müssen uns kreativ betätigen und
uns etwas einfallen lassen. In der Tat gibt es unglaublich
viele Einfälle zu Einnahmen aus allen möglichen Steu-
ern. Da können wir aus dem Vollen schöpfen. Allerdings
sollten wir weiter darüber nachdenken, wie wir verschie-
dene Dinge unter einen Hut bekommen, zum Beispiel ei-
nen haushaltsschonenden Aufwuchs. Dies könnte in
Form neuer innovativer Finanzierungsinstrumente ge-
schehen, zu denen wir uns auch als Diskussionsgrund-
lage ausdrücklich bekennen. Dabei müssen wir verschie-
dene Dinge bedenken, zum Beispiel die wirtschaftliche
Tragfähigkeit, die Wettbewerbsfähigkeit und die Interna-
tionalität.


(Beifall des Abg. Hellmut Königshaus [FDP])


Das ist sehr wichtig, weil wir für dieses Problem eine
nachhaltige Lösung brauchen.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1602816200

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der

Kollegin Eid?


Dr. Christian Ruck (CSU):
Rede ID: ID1602816300

Ja. Die Kollegin Eid kennt sich in der Regel sehr gut

aus.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1602816400

Bitte sehr, Frau Eid.


Ursula Eid-Simon (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1602816500

Herr Kollege Ruck, ich finde, wir brauchen gar nicht

so innovativ zu sein, wie Sie das eben angekündigt ha-
ben; denn Sie wissen, dass das mit der Umsetzung von
Ankündigungen immer so eine Sache ist.

Ihre Koalition hat die Erhöhung der Mehrwertsteuer
beschlossen. Ab dem nächsten Jahr werden Sie aufgrund
der Mehrwertsteuererhöhung mehr Geld in die Kasse be-
kommen. Wie wäre es denn, wenn diese Koalition, bevor
man über eine Abgabe auf Flugtickets nachdenkt – dafür
bin ich selbstverständlich –, einfach beschließen würde,
einen Teil der Einnahmen aus der erhöhten Mehrwert-
steuer für die internationale Kooperation zu verwenden?


(Sibylle Pfeiffer [CDU/CSU]: Dann brauchen wir eine Erhöhung um 4 Prozent!)


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(C (D Dann müssten wir die Mehrwertsteuer noch weiter er öhen. Wollten Sie darauf hinaus? Denn die Mehreinahmen, die wir durch die Mehrwertsteuererhöhung um Prozentpunkte erzielen werden, sind leider schon kon eptionell verplant. (Ute Koczy [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Falsche Prioritäten!)

Dr. Christian Ruck (CSU):
Rede ID: ID1602816600

Wir bekennen uns dazu, dass wir uns auf den Weg
achen. Dabei hoffen wir auf eine konstruktive Zuarbeit

on allen Seiten, um den Stufenplan für die ODA-Quote
it Leben zu erfüllen. Es gibt viele Punkte, über die wir

och nicht diskutiert haben und die wir andiskutieren
önnen, zum Beispiel eine vertiefte Zusammenarbeit mit
er Wirtschaft über PPP. Auch dabei gibt es noch Luft
ür die ODA-Quote.

Wir sollten jedenfalls alles ausschöpfen, was uns auf
eriösem Weg weiterbringt. Dazu gehört auch die Frage
er Entschuldung. Ich kann mich gut erinnern, Herr
ollege Hoppe, wer zuletzt die Entscheidung kritisiert
at, den Irak zu entschulden: Das war ich.


(Zuruf des Abg. Thilo Hoppe [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


Ich weiß, was ich damals gesagt habe, und muss auch
ichts zurücknehmen.

Dabei ist eines wichtig – ich möchte in diesem Zu-
ammenhang aufgreifen, was der Kollege Vaatz gesagt
at –: Die Entschuldung ist, ob wir wollen oder nicht,
ereits ein Teil des Stufenplans, zumindest für die nächs-
en Jahre. Das ist völlig klar. Wir haben uns auch immer
azu bekannt, dass wir uns an der Kampagne zur Ent-
chuldung beteiligen. Wir lassen aber keine unkonditio-
ierte Entschuldung zu. Um das Instrument der Ent-
chuldung zu schärfen, haben wir im AWZ eine
nhörung zu diesem Thema beschlossen. Ich glaube,
as ist eine gute Verfahrensweise. Wir sollten uns des-
alb nicht jetzt schon gegenseitig Vorwürfe machen.

Aber bei allen Mitteln, die uns zur Verfügung stehen
beispielsweise durch Mischfinanzierung aus privaten

nd öffentlichen Mitteln –, kommen wir nicht umhin,
uch mehr Haushaltsmittel einzusetzen. Dabei müssen
ir darauf achten – insofern gebe ich Ihnen Recht –,

echtzeitig eine vernünftige Politik der Verpflichtungser-
ächtigungen zu betreiben. Wir können in den nächsten
ochen darüber diskutieren, wie wir dabei vorgehen

önnen.


(Thilo Hoppe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da muss man durch!)


Wichtig ist aber auch: Wenn wir in einer Zeit knapper
assen mit dem vorgesehenen Aufwuchs bis 2015 die
DA-Quote erfüllen wollen – dabei geht es schließlich
m beträchtliche Summen –, dann müssen wir deutlich
achen, dass dies zum Nutzen aller – und zwar auch al-

er deutschen Bürger – ist. Wir müssen auch deutlich
achen – das ist bereits angeklungen –, dass es im Inte-

esse von uns allen ist, soziale Zeitbomben und Flucht-
rsachen aus dem Weg zu räumen und Lebensperspekti-
en auch für den Süden zu schaffen. Denn es kostet






(A) (C)



(B) )


Dr. Christian Ruck

allemal mehr Geld, mit Notoperationen, UN-Missionen
oder gar Militäreinsätzen zu versuchen, die Probleme
einzudämmen.

Wir müssen auch daran erinnern, dass Entwicklungs-
politik strategische Partnerschaften schafft. Man kann
sich zwar gerne über die Politik gegenüber den Schwel-
lenländern unterhalten, aber man muss deutlich machen,
dass auch die Entwicklungspolitik Arbeitsplätze im eige-
nen Land schafft und erhält. Auch darauf müssen wir in
einer Zeit hoher Arbeitslosigkeit hinweisen.

Wir müssen zudem deutlich machen, dass wir be-
strebt sind, im Entwicklungshaushalt ein Portfolio zu
schaffen, das Win-Win-Situationen fördert, durch die
wir Deutschen und unsere Arbeitsplätze, aber auch die
Arbeitsplätze in Entwicklun
glaube, es ist wichtig, den B
machen, dass es nicht nur um
geht, sondern dass die Entwi
ureigensten Interesse liegt.


(Beifall bei der CDU/CSU neten der Lassen Sie mich noch kurz um Geld geht. Wir sollten nic ODA-Quote reden, sondern a unserem Koalitionsvertrag Qualitätsverbesserungen ver Damit komme ich zum Kongoeinsatz. Wir alle sind als Entwicklungspolitiker von Grund auf friedfertige Menschen. Aber wir haben viel Herzblut und viel Mühe investiert, viele Reisen unternommen und auch viel Geld aufgewendet, um den Kongo – auch in unserem Interesse – zu stabilisieren. Dieser Prozess ist natürlich weiterhin instabil; das bestreitet niemand. Dort geht es bei Wahlen nicht zu wie in Deutschland. Aber der Kongo hat nun eine Chance. Genau deswegen haben wir alle ein Interesse daran, dass bei den anstehenden Wahlen der Sack zugemacht wird, und deswegen sind die meisten, wenn nicht sogar alle Entwicklungspolitiker der Koalition aus rein humanitären Gründen für einen Einsatz im Kongo. Ich bitte, das zu bedenken. Frau Hänsel, wegen Ihrer Rede wird jedenfalls kein Mensch im Kongo aufstehen und Sie bejubeln. , der SPD und dem EN – Heike Hänsel auch nicht!)


sselfeldt:
en nicht vor.

unserer heutigen Tages-

ung des Deutschen Bun-
destages auf morgen, Donnerstag, den 30. März 2006,
9 Uhr, ein.
die nationale Arbeitsteilung zu verbessern; außerdem
müssen die Verteidigungs-, Sicherheits- und Außenpoli-
tik besser verzahnt werden.

Berichtigu
27. Sitzung, Seite II, nach „

desministerium für Gesundhe
Seite 2152 (C) 2. Absatz, de

lesen: „Sie wollen nicht nur in
sondern auch bei Projekten, die
che Standards zu erhalten und
zu gewährleisten, zugunsten de
forschung rasieren.“
(D
Die Sitzung ist geschlossen.