Gesamtes Protokol
Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 34. Sitzung des Deutschen Bundestages und bitte die Schriftführerin, Frau Albertz, die Namen der fehlenden Mitglieder bekanntzugeben.
Es fehlen wegen Krankheit die Abgeordneten Fürst Fugger von Glött, Even, Dr. Wuermeling, Schütz, Wagner, Dr. Schöne, Blachstein, Schönauer, Dr. Gülich, Brandt, Determann, Fisch, Wittmann, Schmidt, Dr. Weiß. Entschuldigt fehlen die Abgeordneten Dr. Menzel, von Knoeringen, Dr. Greve, Dr. Suhr, Nuding, Reimann, Kurt Müller, Harig, Hugo Paul, Dr. Dorls, Dr. Middelhauve, Schuler, Dr. Baur, Naegel, Schröter, Lübke, Kopf, Rademacher, Rüdiger.
Meine Damen und Herren! Ich habe meinerseits keine weiteren Mitteilungen hinzuzufügen.
Wir treten nunmehr in die Tagesordnung ein. Ich möchte folgendes vorausschicken. Im Altestenrat ist beschlossen worden, die Punkte 1, 2, 3 und 4 der Tagesordnung gemeinsam zu behandeln. Das heißt, der Herr Bundesjustizminister wird die Einbringung dieser vier Vorlagen in einem zusammenhängenden Referat vornehmen. Es soll keine Debatte stattfinden, vielmehr werden die Punkte 1 bis 4 nach der Einbringung seitens der Bundesregierung debattelos dem zuständigen Ausschuß überwiesen. Wir kommen also zu Punkt 1 bis 4 der Tagesordnung:
1. Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Behandlung wiederkehrender Leistungen bei der Zwangsvollstrekkung in das unbewegliche Vermögen ;
2. Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Aufhebung von Vorschriften auf dem Gebiet des Handelsrechts, des
Dazu kommt die Ihnen vorliegende Drucksache Nr. 491, die Abänderungsanträge der Fraktion der SPD enthält. Als Berichterstatter kommen in Frage Frau Abgeordnete Dr. Probst und Herr Abgeordneter Dr. Krone, die erstere als Berichterstatterin für den Ausschuß für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen, der zweite als Berichterstatter für den Haushaltsausschuß. Der Ältestenrat macht Ihnen gemäß § 88 der Geschäftsordnung den Vorschlag, abgesehen von der Zeitdauer der Berichterstattung eine Gesamtaussprachezeit von 120 Minuten mit der bekannten Verteilung vorzusehen. Ich erbitte das Einverständnis des Hauses zu dieser Redezeiteinteilung. - Ich höre keinen Widerspruch; es ist demgemäß beschlossen.
Nunmehr erteile ich zunächst das Wort als Berichterstatterin der Frau Abgeordneten Dr. Probst.
Frau Dr. Probst , Berichterstatterin: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da der ursprünglich vorgesehene Berichterstatter, Herr Kollege Bazille, die Berichterstattung abgelehnt hat, habe ich mich bereit gefunden, aushilfsweise einzuspringen.
Wenn ich über die letzten Verhandlungen des Ausschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen Bericht erstatten soll, so bin ich gezwungen, ganz kurz die Gesamtdebatte zu rekapitulieren. Die Anträge Drucksache Nr. 108 und Nr. 107 vom 18. Oktober 1949 führten in der 2. Sitzung des Ausschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen im Zusammenwirken mit dem Ausschuß für Sozialpolitik vom 27. Oktober 1949 zu dem Beschluß auf Drucksache Nr. 130, die Bundesregierung zu ersuchen, als Sofortmaßnahme bis zur
Vorlage eines neuen Versorgungsgesetzes ein Überbrückungsgesetz vorzulegen, durch welches
1. den Schwerbeschädigten und Hinterbliebenen Teuerungszulagen gewährt werden, die möglichst die gegenwärtigen unterschiedlichen Bezüge einander angleichen und
2. die nicht sozialversicherten Hinterbliebenen und Beschädigten gegen Krankheiten, die nicht in ursächlichem Zusammenhang mit Kriegseinwirkungen stehen, versichert werden.
Am 4. 11. 1949 wurde dieser Beschluß des Ausschusses vom Bundestag gebilligt und der Bundesregierung entsprechender Auftrag erteilt.
In der 4. Sitzung des Ausschusses am 22. 11. 1949 unterbreitete der Regierungsvertreter, Herr Ministerialdirektor Eckert, als Vorbereitung zum Überbrückungsgesetz umfangreiches Material, u. a. eine rechtsvergleichende synoptische Darstellung der Lage der Kriegsopferversorgung in den einzelnen deutschen Ländern. Am 25. 11. 1949 wurden dem Ausschuß ein Memorandum und Aufzeichnungen über die finanziellen Auswirkungen übermittelt. Am 28. 11. 1949 begannen dann die Verhandlungen mit Vertretern des Bundesfinanzministeriums, wie Herr Ministerialdirektor Eckert als Vertreter des Bundesarbeitsministerums in der 5. Sitzung des Ausschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen am 13. 12. 1949 bekanntgab. In dieser Aussprache wurde die soziale Notwendigkeit für Überbrückungsmaßnahmen zugunsten der Kriegsopfer anerkannt, aber darauf verwiesen, daß dem Bund selbst Mittel nicht zur Verfügung stünden, sondern daß man an die Länder herantreten müsse. Herr Ministerialdirektor Eckert wies dem Ausschuß gegenüber darauf hin, daß der Herr Bundesfinanzminister am 8. 12. 1949 mit den Finanzministern der Länder die Frage des Überbrückungsgesetzes erörtert habe. Die Finanzminister haben dabei geltend gemacht, daß die Ausgaben in den einzelnen Ländern haushaltsmäßig nach den Besatzungskosten bereits an zweiter Stelle stehen; neben neuen Mitteln für die Kriegsopferversorgung würden erhöhte Aufwendungen für die Heimkehrer verlangt, bereite Mittel seien in den Haushalten der Länder nicht mehr vorhanden; trotz des Widerstandes der Länder würden die Verhandlungen fortgesetzt.
Staatssekretär Sauerborn verwies schließlich in der 25. Plenarsitzung des Bundestages am 16. 12. 1949 gegenüber der Interpellation der Fraktion der SPD betreffend Vorlage eines Überbrückungsgesetzes, Drucksache Nr. 344, darauf hin, daß jede Verbesserung der Leistungen an die Kriegsopfer bis zum Schluß des laufenden Haushaltsjahres zu Lasten der Länder gehe; die Länder hätten sich außerstande erklärt, neue erhebliche Mittel bereitzustellen; die Bundesregierung sei aber bereit, von sich aus einen Betrag von 80 Millionen zur Verfügung zu stellen. Am 18. 1. 1950, in der 6. Sitzung des Ausschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen, erklärte der Vorsitzende, daß das Gesetz zur Verbesserung von Leistungen an Kriegsbeschädigte am 13. 1. 1950 vom Bundesrat behandelt worden sei und am 17. 1. 1950 dem Kabinett vorgelegen habe.
In der 29. Plenarsitzung des Bundestags, Freitag, den 20. 1. 1950, lag der Gesetzentwurf zur Verbesserung von Leistungen an Kriegsopfer mit der Stellungnahme des Bundesrats zur ersten Lesung dem Bundestag vor und wurde nach einer Aussprache
mit Mehrheitsbeschluß als Drucksache Nr. 395 dem Kriegsopferausschuß überwiesen.
Entsprechend dem Beschluß der 6. Sitzung des Ausschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen am 18. 1. 1950 wurden dann in der 7. Sitzung am 25. 1. 1950 die Vertreter der vier Spitzenverbände der Kriegsbeschädigten- und Kriegshinterbliebenenorganisationen gehört. Dabei waren sich die Vertreter der verschiedenen Organisationen in einer Reihe von Forderungen einig; so in der Nichtanwendbarkeit der §§ 559b Satz 1 Absatz 2 und 595 RVO, ferner in der Einbeziehung der Kriegshinterbliebenen in die Krankenversicherung, wie sie für die sonstigen Sozialrentner gewährt wird. Die Frauenvertreterin trat insbesondere für die Vereinheitlichung der Bestimmungen über die Gewährung der Waisenrenten und des Kinderzuschlages bis zum vollendeten 18. Lebensjahr ein. Der Vertreter des Bundes der Kriegsblinden forderte vor allem a) die Gewährung einer einheitlichen Pflegezulage von mindestens 100 DM, b) die Gewährung eines Teuerungszuschlages im Sinne der Regelung in Nordrhein-Westfalen, c) den Anspruch der Witwen der Kriegsblinden auf Rente oder Rücksicht darauf, ob der Tod des Beschädigten durch die Folgen seiner Dienstbeschädigung hervorgerufen wurde, und d) den Fortfall aller Kürzungsbestimmungen für die Pflegezulageempfänger im Sinne des früheren Reichsversicherungsgesetzes.
Nach dem Anhören der Verbände trat der Ausschuß in die Beratung des Gesetzentwurfs über die Verbesserung von Leistungen an Kriegsopfer, Drucksache Nr. 395, ein. Dabei wurde vom Ausschuß beschlossen, die ihm notwendig erscheinenden Verbesserungen in das Gesetz hineinzuarbeiten. In dieser Sitzung wie in der anschließenden Sitzung wurde der ursprüngliche Gesetzentwurf der Regierung, Drucksache Nr. 395, in verschiedenen Punkten abgeändert. In die Präambel wurde ein Passus aufgenommen, der den vorübergehenden Charakter des Gesetzes zum Ausdruck bringen soll. Es wurde einmütig folgender Wortlaut beschlossen:
Der Bundestag hat als Überbrückungsmaßnahme bis zum Inkrafttreten eines Bundesgesetzes zur Versorgung der Kriegsopfer das folgende Gesetz beschlossen, dem der Bundesrat zugestimmt hat.
Nach eingehender Aussprache, an der sich fast alle Abgeordneten beteiligten, einigte sich der Ausschuß daraufhin, daß die Ziffern a und b der Stellungnahme des Bundesrats zu streichen sind, ferner von der Ziffer 2 des Gesetzentwurfs der Buchstabe b in Wegfall kommt. Dafür soll der letzte Satz in § 1 Absatz 1 der Stellungnahme des Bundesrats folgenden Wortlaut erhalten:
Anspruch auf den Zuschlag besteht nicht, wenn die Rente wegen Bezuges von sonstigem Einkommen einer Kürzung unterworfen ist.
Dabei wurden ferner Hamburg und Niedersachsen in die Reihe der Länder, in denen die Teuerungszuschläge gewährt werden sollen, aufgenommen. Es wurde in Übereinstimmung mit dem Vertreter des Bundesministeriums für Arbeit festgestellt, daß der Teuerungszuschlag von 20 % einschließlich der Kinderzulage Anwendung findet. Der Vertreter des Bundesministeriums für Arbeit erklärte ausdrücklich, 1. der Zuschlag
zur Rente umfaßt auch die Kinderzulage, 2. die halbe Rente ist vom Gesamtbetrag der Rente einschließlich Kinderzulagen zu ermitteln.
Ferner wurde dem Gesetzentwurf Drucksache Nr. 395 ein neuer § 2 durch einstimmigen Ausschußbeschluß hinzugefügt des Inhalts:
Bei der Berechnung der Renten von Kriegsbeschädigten und Hinterbliebenen finden die §§ 559 b Absatz 1 Satz 2 und 595 der Reichsversicherungsordnung sowie § 18 Absatz 1 des Gesetzes des Landes Württemberg-Hohenzollern über Leistungen an Körperbeschädigte vom 11. 1. 1949 keine Anwendung.
Dadurch wird der § 2 „Erweiterung des Kreises
der anspruchsberechtigten Witwen" nunmehr § 3,
der in der Fassung des Entwurfs Billigung fand.
Hinsichtlich des § 3 des Entwurfs betreffend Härteausgleich wurden von verschiedenen Abgeordneten konkrete Wünsche für die Aufstellung der Richtlinien geäußert, die dann von dem Vertreter des Bundesarbeitsministers gegeben wurden. Nach dieser Erklärung verzichtet der Ausschuß auf weitergehende Wünsche und beschloß, es bei dem § 3 des Entwurfs zu belassen, der § 4 wird;
Ferner beschloß der Ausschuß, einen neuen § 5 mit folgendem Wortlaut zu bilden:
Für Pflegegeld oder Pflegezulage wird der Höchstbetrag von 1800 DM jährlich festgesetzt. Kriegsblinde erhalten in der Regel 1200 DM jährlich.
Ferner beschloß der Ausschuß, einen neuen § 6, „Krankenversicherung für Kriegsbeschädigte und Kriegshinterbliebene, die keinen Versicherungsschutz genießen", mit folgendem Wortlaut anzufügen:
Rentenberechtigten Beschädigten mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50 % wird, sofern sie keinen Versicherungsschutz nach der gesetzlichen Krankenversicherung genießen und ihr Einkommen die Versicherungspflichtgrenze nicht übersteigt, Heilbehandlung auch für Gesundheitsstörungen gewährt, die nicht Folge einer anerkannten Schädigung sind.
In den Ländern Bayern, Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern erhalt en rentenberechtigte Hinterbliebene, die keinen . Krankenversicherungsschutz haben, Leistungen nach den Vorschriften über die Krankenversicherung der Rentner. Die dadurch entstehenden Aufwendungen werden den Krankenkassen aus öffentlichen Mitteln erstattet.
Ein Antrag dahingehend, daß die Zulagen nach § 1 bei der Prüfung der Hilfsbedürftigkeit im Sinne der fürsorgerechtlichen Vorschriften unberücksichtigt bleiben sollen, fand die einmütige Billigung des Ausschusses und führte zu dem Beschluß, folgenden neuen § 7 in das Gesetz aufzunehmen:
Der Zuschlag zu den Renten nach § 1 dieses
Gesetzes bleibt bei Prüfung der fürsorgerechtlichen Hilfsbedürftigkeit außer Ansatz. Im übrigen wurde einmütig beschlossen, daß § 4 des Regierungsentwurfs zu § 8 wird, § 5 zu § 9 und § 6 zu § 10.
Am Montag, dem 30. Januar 1950, ging den Ausschußmitgliedern ein Bericht des Arbeitsministeriums zu über die finanziellen Auswirkungen, die durch den Ausschußbeschluß entstehen würden. Nach den Berechnungen des Bundesministeriums für Arbeit würden sich die Ausgaben nach der veränderten Fassung des § 1 von 41,5 Millionen um mehr als 60 Millionen erhöhen. Der neu eingefügte § 2 würde einen finanziellen Aufwand von 33,1 Millionen bedeuten. Die Erhöhung der Pflegezulage bach § 5 würde 0,9 Millionen ausmachen, die Erhöhung der Leistungen für die Schwerbeschädigten nach § 6 9,6 Millionen und für die Hinterbliebenen 18,9 Millionen mehr erfordern. Insgesamt würde sich eine Erhöhung der unsprünglich nach dem Regierungsentwurf vorgesehenen 80 Millionen auf insgesamt rund 200 Millionen ergeben.
Angesichts dieses Tatbestandes faßte der Ausschuß für Kriegsopfer und Kriegsgefangenenfragen den Beschuß, die finanzielle Frage gemeinsam mit dem Haushaltsausschuß zu beraten. Darauf fand eine gemeinsame Sitzung mit dem Haushaltsausschuß am Dienstag, dem 31. Januar 1950, um 10 Uhr statt.
Ich würde bitten, daß jetzt Herr Kollege Dr. Krone über die Beratungen im Haushaltsausschuß berichtet und ich dann im Anschluß daran meinen Bericht beende.
Ich danke der Frau Berichterstatterin und erteile Herrn Abgeordneten Dr. Krone als Berichtersatter für den Haushaltsausschuß das Wort.
Meine Damen und Herren! Nach' den ausführlichen Darlegungen der Frau Berichterstatterin des Ausschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen kann ich mich kurz fassen. Der Haushaltsausschuß hat sich in zwei Sitzungen mit dieser Frage befaßt und in der ersten Sitzung eine ausführliche Stellungnahme des Herrn Bundesfinanzministers gehört. Daraufhin haben noch einmal Verhandlungen im Ausschuß für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen stattgefunden. In einer zweiten Sitzung des Haushaltsausschusses hat dann eine Mehrheit die Ansicht vertreten, es bei den in einer erneuten Sitzung des Ausschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen gefaßten Beschlüsse zu belassen, und zwar aus folgenden Gründen: Zunächst einmal handle es sich hier um eine Übergangsregelung; die Mehrausgaben müssen zur Zeit noch von den Ländern getragen werden. Man kam zu diesem Beschluß auch aus der Sorge, daß es bei der Finanzlage einiger Länder unmöglich sein würde, den von der Regierung eingebrachten Gesetzentwurf mit den darin vorgesehenen Verbesserungen rechtzeitig in Kraft treten zu lassen. Eine Minderheit vertrat dm Standpunkt, es trotzdem bei den weitergehenden Forderungen zu belassen.
Mehrheit wie Minderheit des Haushaltsausschusses sprachen die Erwartung aus, daß recht bald — bis zum 1. April — eine endgültige Regelung des Versorgungsrechts kommen möge. Mehrheit wie Minderheit des Haushaltsausschusses waren der Meinung, daß die Hilfe für die Kriegsopfer zu den ersten Pflichten des deutschen Volkes gehört.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter für seine Ausführungen und eröffne die Aussprache.
— Frau Abgeordnete Probst noch einmal? — Bitte sehr!
Frau Dr. Probst ; Berichterstatterin: Meine sehr geehrten Herren und Damen, Sie haben den Beschluß des Haushaltsausschusses gehört. Der Herr Berichterstatter hat schon betont, daß der Herr Bundesfinanzminister noch einmal eindringlich auf die besondere haushaltsrechtliche Situation hingewiesen hat, vor allem auf den Tatbestand, daß der Bund selbst noch nicht im Besitz der hier geforderten Mittel sei und in jedem Falle an den Beschluß der Länder gebunden sei. Außerdem hat in der dann folgenden Sitzung des Aussschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen Herr Ministerialrat Eckert nochmals auf die Stellungnahme des Bundesrats zu dem vorliegenden Gesetz verwiesen und betont, daß auch in der Beschlußfassung des Bundesrats hinsichtlich der Krankenversicherung für Schwerbeschädigte und Hinterbliebene klar zum Ausdruck gekommen sei, den Wünschen hinsichtlich dieses Personenkreises könne erst ab 1. April 1950 Rechnung getragen werden, nämlich vom Zeitpunkt der Übernahme der Kriegsfolgelasten auf den Bund ab.
In der letzten Sitzung des Ausschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen ist dann mit Mehrheit beschlossen worden, § 1 der Regierungsvorlage im wesentlichen wiederherzustellen, jedoch an § 2 — Erweiterung des Kreises der anspruchsberechtigten Witwen — festzuhalten. Ferner ist beschlossen worden, es bei § 3 — Härteausgleich - zu belassen und einen neuen § 3 a — Pflegegeld und Pflegezulage — folgenden Inhalts einzufügen:
Für Pflegegeld oder Pflegezulagen wird der Höchstbetrag auf 1800 Deutsche Mark jährlich festgesetzt; Kriegsblinde erhalten in der Regel 1200 Deutsche Mark jährlich.
Endlich schlägt der Ausschuß vor, einen neuen Artikel 3b über die Nichtanrechnung von Fürsorgeleistungen anzufügen.
Der Ausschuß für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen ist diesen Vorschlägen auf Abänderung der Regierungsvorlage sowohl wie auch seines ersten Beschlusses mit Mehrheit beigetreten. Ich bitte Sie, diesem Beschluß zu folgen.
Ich danke der Frau Berichterstatterin für ihre Ausführungen und eröffne die Aussprache. Wer meldet sich zum Wort? — Bitte, Herr Abgeordneter Arndgen! Ich darf dabei auf die Gesamtredezeit von 120 Minuten und die bekannte Schlüsselung aufmerksam machen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Ausgangspunkt für die Beratungen des Gesetzes, das heute zur Debatte steht, waren die Anträge Drucksache Nr. 107 und Drucksache Nr. 108. Diesen Anträgen folgend haben der Ausschuß für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen wie auch der Bundestag beschlossen, die Regierung zu ersuchen, a) den Schwerbeschädigten und Hinterbliebenen eine
Teuerungszulage zu gewähren, die die unterschiedlichen Bezüge innerhalb des Bundesgebietes möglichst einander angleicht, und b) die nicht sozialversicherten Hinterbliebenen und Beschädigten gegen Krankheit zu versichern. Damit war der Bundesregierung vom Bundestag ein genau umschriebener Auftrag gegeben, und entsprechend diesem Auftrag hat die Bundesregierung dem Bundestag einen Gesetzentwurf zugeleitet.
Bei den Beratungen im Ausschuß für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen hat dann der Ausschuß einmal in Verfolg von Wünschen der Kriegsopferorganisationen, dann aber auch aus Erkenntnissen eines Teiles der Mitglieder dieses Ausschusses Abänderungen an diesem Gesetzentwurf vorgenommen, Abänderungen, die gegenüber dem Regierungsentwurf eine Reihe von Verbesserungen vorsahen. Diese Abänderungen wurden allerdings in Unkenntnis der finanziellen Auswirkungen beschlossen. Erst als die Beschlüsse des Ausschusses formuliert und in Gesetzesform gegossen waren, wurden uns von der Bundesregierung Mitteilungen über die finanziellen Auswirkungen dieser Beschlüsse gemacht. Die Frau Berichterstatterin hat ja schon darauf verwiesen, daß anstatt der zunächst vorgesehenen 80 Millionen nach den Beschlüssen des Ausschusses ein Finanzbedarf von etwa 203 Millionen entstünde.
Meine Damen und Herren, wir wissen alle, daß bis zum 31. März 1950 nicht der Bund, sondern die Länder für die Beschaffung der Finanzmittel zur Versorgung der Kriegsopfer zuständig und verantwortlich sind. Die Durchführung der Beschlüsse des Kriegsopferausschusses hätte zur Folge gehabt, daß bis zum 31. März die Länder anstatt, wie vorher angenommen, rund 20 Millionen nun rund 50 Millionen hätten aufbringen müssen. Darüber hinaus steht fest, daß der Bundesrat das vom Kriegsopferausschuß zunächst angenommene Gesetz abgelehnt hätte, weil — und das sind Informationen, die ich als Mitglied des Haushaltsausschusses bekommen habe — die Länder in einem Bericht über ihre Finanzlage mitgeteilt haben, daß sie im vergangenen Jahre für soziale Lasten und für die Kriegsopferversorgung 11/4 Milliarden Mark mehr haben aufbringen müssen als im Vorjahr. Auch die politische Zusammensetzung des Bundesrats ist eine andere als die des Bundestags. Da wir nun wissen, daß ein Gesetz, das in seinen Leistungen über die Vorschläge in dem Antrag des Kriegsopferausschusses hinausgeht, der Ablehnung verfällt, stehen meine Freunde und ich auf dem Standpunkt, daß es besser ist, einen Spatz in der Hand als eine Taube auf dem Dach zu haben.
Da dieses Gesetz, wie es vorhin von der Berichterstatterin erläutert worden ist, an Verbesserungen einmal eine Teuerungszulage, zweitens eine Ausdehnung des Personenkreises, der auf Witwenrente Anspruch hat, und drittens die Pflegezulage f ar den hilfsbedürftigsten Kreis der Kriegsopfer, die auf die Hilfe anderer Menschen angewiesen sind, um ihr Leben zu fristen, vorsieht und endlich die Nichtanrechnung dieser Teuerungszulage auf die Fürsorgeunterstützung angeordnet hat, stehen wir nun vor der Frage, entweder dem Antrag des Ausschusses für Kriegsopferfragen zuzustimmen und damit diese Verbesserungen den Kriegsopfern ab 1. Januar dieses Jahres zu sichern, oder uns auf den Boden des SPD-Antrags Drucksache Nr. 491 zu stellen und damit Gefahr zu laufen, daß all die Verbesserungen die ich kurz angedeutet habe, unter den Tisch fallen. Als Realpolitiker und als CDU stehen wir auf dem Standpunkt, daß es im Interesse der Kriegsopfer gelegen ist, dem Antrag zuzustimmen. Gewiß sind auch wir der Auffassung, daß eine ganze Reihe von Nöten, in denen die Kriegsopfer stecken, recht bald in irgendeiner Form einer Milderung entgegengeführt werden müssen; es ist auch des längeren und breiteren schon im Kriegsopferausschuß darüber geredet worden. Es liegen auch Erklärungen der Bundesregierung vor, daß die gesamte Kriegopferversorgung auf einen ganz neuen Boden gestellt werden soll und muß, weil mit dem nächsten Haushaltsjahr ab 1. April dieses Jahres die Verantwortung für die Kriegsopferversorgung auf den Bund übergeht und daher von diesem Zeitpunkt ab eine neue gesetzliche Regelung notwendig ist.
Um der Bundesregierung in dieser Beziehung auch mit Richtlinien und mit Forderungen an die Hand zu gehen, hat der Kriegsopferausschuß eine Entschließung gefaßt, nach der all diese Dinge, die wir bei der augenblicklichen Situation nicht der Verwirklichung entgegenführen können, in irgendeiner Form in das Gesetz zur Neugestaltung der Kriegsopferversorgung einzubauen sind. Weil die Dinge so liegen meine Damen und Herren, und weil wir als CDU auf dem Standpunkt stehen, daß Politik die Kunst des Möglichen ist.
bitten wir Sie, dem Antrag des Kriegsopferausschusses die Zustimmung zu geben.
Meine Damen und Herren! Das Wort hat der Herr Abgeordnete Bazille.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der SPD wird von der Bundesregierung nicht verlangen, daß sie Sozialpolitik im luftleeren Raum betreibt, aber sie muß darauf bestehen, daß in der Frage der Versorgung der Kriegsopfer bis an die äußerste Grenze der Leistungsfähigkeit des Staates gegangen wird, um die auch von den Regierungparteien anerkannte Not dieses Personenkreises zu lindern. Es ist mir unverständlich, weshalb die finanzielle Seite des Versorgungsproblems ein Übergewicht gegenüber den sozialen und allgemeinpolitischen Gesichtspunkten bekommen soll. Es kommt jetzt entscheidend darauf an, daß man den Willen zur Hilfe nicht in Worten proklamiert, sondern in Taten umsetzt. Kein sachlich denkender Mensch wird bestreiten können. daß bei allen Staatsaufgaben, die mit hohen finanziellen Aufwendungen verbunden sind, in der Regel der zu erwartende Nutzen ausschlaggebender ist als soziale Empfindungen, die einem warmen Gefühl entspringen. Aber bei der zur Erörterung stehenden Frage geht es nicht allein um den sozialen Effekt, sondern um die Befriedigung moralischer Ansprüche, an denen das deutsche Volk nicht vorbeikommen kann. und es geht um die Verwirklichung von elementaren Grundsätzen, die im Grundgesetz ihre Verankerung gefunden haben. Dabei weiß die SPD-Fraktion genau, daß nicht alles erfüllt werden kann, was Herz und Gemüt erwarten, weil die finanziellen Möglichkeiten des Staates heute noch stark begrenzt sind. Trotzdem vermißt sie bei der Regierungsvorlage den richtigen Maßstab, der allein erst auch ein an sich be-
grenztes Gesetz zur sozialen Tat macht, die der Opfer der Kriegsbeschädigten und Hinterbliebenen würdig ist.
Als Ganzes betrachtet ist die Vorlage nach den vorgeschlagenen geringfügigen Änderungen des Ausschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen ein Fragment, eine seltsame Mischung zwischen dem Versuch geblieben, die als unzureichend anerkannten Renten durch Zuschläge zu erhöhen, die mehr Oder weniger nach fürsorgerischen Gesichtspunkten gewährt werden sollen, und einer Rechtsangleichung, die einen Teil der Unterschiedlichkeiten behebt und einen andern Teil bestehen läßt. Eine einheitliche Konzeption ist darin beim besten Willen nicht zu erblicken, weder eine solche vom sozialen Standpunkt noch eine solche vom Standpunkt der Rechtsangleichung her abgeleitete.
Es wären als rechtsangleichende Maßnahmen im Sinne der von meiner Fraktion gestellten Anträge notwendig: Erstens .die Erweiterung des Kreises der anspruchsberechtigten Witwen, wie es bereits der § 2 der Vorlage vorsieht. Dazu käme zweitens in denselben Ländern die Erweiterung des Kreises der versorgungsberechtigten Verwandten der aufsteigenden Linie. Man kann nicht bei den Witwen haltmachen und die Not der Eltern übersehen. Es ist ein selbstverständliches Gebot und es ist Pflicht des Staates, insbesondere den betagten Kriegereltern, die oft den einzigen Sohn, die Stütze ihres Alters, zum Teil mehrere Söhne zugleich verloren haben und heute auf Unterstützungen durch das Wohlfahrtsamt angewiesen sind, einen Rechtsanspruch einzuräumen und ihnen eine — wenn auch unter den heutigen finanziellen Umständen freilich bescheidene - Versorgungsrente zuzuerkennen.
In dem Kapitel der Rechtsangleichung wäre schließlich noch der Paragraph zu fordern, der die Waisenrenten und Kinderzuschläge einheitlich gestaltet. Das ist im Zusammenhang mit der Rentenberechtigung der Hinterbliebenen besonders wichtig. Hier besteht ebenfalls ein dringendes Bedürfnis, das stark voneinander abweichende Recht zwischen Süd- und Norddeutschland anzugleichen und die Voraussetzungen für die Gewährung von Waisenrenten und Kinderzulagen in den noch ausstehenden Ländern zu schaffen. Das dürfte auch mit dem Wesen des Artikel 3 Absatz 1 .des Grundgesetzes übereinstimmen, wenn man sich vielleicht heute auch aus formalen Gründen noch eben daran vorbeizudrücken vermag. Endlich müßte die Einführung des Härteausgleichs im Sinne des § 3 der Vorlage einheitlich für das ganze Bundesgebiet gesichert sein. Diese Paragraphen in ihrer Gesamtheit würden den versorgungsberechtigten Personenkreis rechtseinheitlich abgrenzen und damit, wie schon einmal ausgeführt, dem Sinne des Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes entsprechen.
Über diese Maßnahmen hinaus, die vom Standpunkt der Rechtseinheitlichkeit aus dringend notwendig sind, wären folgende soziale Maßnahmen zu fordern, die ebenfalls ihren Niederschlag in den Anträgen meiner Fraktion gefunden haben. Erstens die Gewährung eines Teuerungszuschlages. Die Frage eines Teuerungszuschlages ist nicht neu. Die Körperbeschädigten-Leistungsgesetze sind 1947 in Kraft getreten. Seit dieser Zeit haben sich Lohn- und Preisgefüge erheblich verändert. Es ist also allerseits anerkannt worden, daß die
Berechnungsgrundlage der Kriegsopferrenten an das veränderte Lohn- und Preisgefüge angepaßt werden muß. Wenn meine Fraktion davon Abstand genommen hat, die Erhöhung des der Rentenberechnung zugrunde liegenden Jahresarbeitsverdienstes zu verlangen, so aus ,der Erwägung, daß das im Augenblick eine zu hohe finanzielle Belastung sein könnte. Die Orientierung nach dem Grundsatz, daß Politik die Kunst des Möglichen ist, hat meine Fraktion daher angeregt, zu beantragen, daß die Gewährung der Teuerungszuschläge an alle rentenberechtigten Beschädigten und Hinterbliebenen erfolgt, deren Rente nicht wegen des Bezugs von sonstigem Einkommen einer Kürzung unterworfen ist. Jede weitere Einschränkung dieser Bestimmung wird von meiner Fraktion aus grundsätzlichen Erwägungen abgelehnt. Es würde dadurch nicht nur neues Recht, sondern neues Unrecht geschaffen. Und da Unrecht in der Regel von den Menschen stärker empfunden wird als Recht und da dieses Unrecht einen größeren Personenkreis treffen würde, ist schon aus allgemeinpolitischen Gesichtspunkten eine derartige Einschränkung des Personenkreises nicht zu vertreten. Aber ganz abgesehen davon würden weitere unerfreuliche Nebenwirkungen auftreten, nämlich a) die Aufsplitterung des rentenberechtigten Personenkreises, der seither eine ungekürzte Rente bezog, in solche Rentenberechtigten, die den Zuschlag bekommen, und solche, die ihn nicht bekommen. Die ganze Art der Verquickung des Arbeitseinkommens mit der Rente, wie sie dem geltenden Recht entspricht, wird von meiner Fraktion grundsätzlich verurteilt. Sie zersetzt die Arbeitsmoral, weil sie den Fleißigen bestraft und den Faulen belohnt. Ein Wechselverhältnis zwischen Arbeitseinkommen und Rente ist in Notzeiten im Versorgungssystem eine verständliche Maßnahme, die nicht umgangen werden kann. Aber die Lösung, wie sie im geltenden Recht ihren Niederschlag gefunden hat, ist unglücklich, und wir verurteilen dieses System. Durch Annahme des Vorschlages des Ausschusses, Kürzungsvorschriften neu einzuführen, würde zusätlich ein erheblicher Verwaltungsaufwand entstehen, da in jedem Einzelfalle nachgeprüft werden müßte, wie hoch das sonstige Einkommen ist. Die Durchführung der noch ausstehenden zahllosen Verfahren würde dadurch weiter verzögert. Das kann vom Gesetzgeber nicht gewollt sein. Außerdem entsteht ein unverhältnismäßig hoher Verwaltungsaufwand, der in umgekehrter Relation zu den gewährten Rentenverbesserungen steht. Meine Fraktion hat deshalb beantragt, daß bei der Gewährung der Teuerungszuschläge auf Einschränkungen im Hinblick auf die von mir geschilderte Sachlage grundsätzlich verzichtet wird.
Meine Fraktion hat ferner die Beseitigung der Anwendung der §§ 559 und 595 der Reichsversicherungsordnung für die Rentenberechtigung der Kriegsbeschädigten und Hinterbliebenen beantragt. Diese Einschränkungen, die im Recht der Reichsversicherungsordnung mit ihrem versicherungsrechtlichen Charakter und ihren anderen Voraussetzungen einen Sinn haben, sind im Versorgungsgesetz der Kriegsopfer sinnwidrig und können ebenfalls nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprechen. Die Waisen eines Gefallenen, die Eltern, soweit sie einen Versorgungsanspruch haben, besitzen diesen selbständig und ohne Verbindung zu einer fiktiven Summe, die beim gel-
tenden Recht als Jahresarbeitsverdienst zugrunde liegt. Der Bundesarbeitsminister hat den Standpunkt vertreten, daß es nicht zu verantworten wäre, wenn die Hinterbliebenen mit ihren Waisen mehr Rentenbezüge erhalten als etwa ein Erwerbstätiger in der untersten Einkommenstufe. Uns erscheint eine solche Auffassung abwegig. Wenn ein Erwerbstätiger mit einem Monatsverdienst von 120 DM glaubt, eine sechsköpfige Familie ernähren zu können, so fällt das in den Bereich seiner eigenen Verantwortlichkeit. Der Gesetzgeber kann hieraus nicht das Recht ableiten, daß Familien, die vor Jahren gegründet worden sind und bei denen die Versorgung der Kinder durch das Einkommen des Ernährers jederzeit sichergestellt war, nun auf diesen Stand herabgedrückt werden. Das Versorgungsrecht der Kriegsopfer - kann billigerweise nicht nach der schmalsten Lohntüte bemessen werden; denn es handelt sich nun einmal um einen Personenkreis, der allen Schichten unserer deutschen Bevölkerung zugehörig ist.
Die sinnlose Anwendung des § 595 der Reichsversicherungsordnung hat in nächweisbaren Fällen zu schweren gesundheitlichen Schädigungen von Kriegerwaisen geführt. Es wäre besser, wenn der Gesetzgeber dem bewährten Grundsatz folgen würde, daß hier Vorbeugen besser ist als Heilen. Darüber hinaus müssen diese Mittel in einer großen Zahl von Fällen ohnehin aus der öffentlichen Fürsorge aufgebracht werden.
Ein Standpunkt, daß hier Divergenzen zwischen dem Arbeitseinkommen der Erwerbstätigen auf der einen Seite und dem Rentenbezug der Beschädigten und Hinterbliebenen auf der anderen Seite entstehen, wird bei der Reform des gesamten Rechts auf Bundesbasis zweifelsohne Beachtung finden müssen. Es muß aber in diesem Gesetz zunächst auf den altbewährten Rechtsgrundsatz zurückgegriffen werden, der da besagt: in dubio pro reo!
Die Einführung der Krankenversicherung für Hinterbliebene ist eine Forderung, die auf einen Antrag der Regierungsparteien zurückgeht, eine Forderung, die der Bundesrat bereits behandelt und zum Gegenstand eines Entschließungsantrages gemacht hat. Uns will es abwegig erscheinen, den Entschließungsantrag des Bundesrates etwa so auszulegen, als wäre er im Hinblick auf die bundeseinheitliche Regelung der Kriegsopferversorgung gefaßt worden. Die Debatte über die finanziellen Auswirkungen einer solchen Maßnahme im Bundesrat läßt deutlich erkennen, daß sich die Ländervertreter mit dieser Frage vom Gesichtspunkt der Finanzierung durch die Länder aus befaßt haben. Daraus sollte eigentlich ersichtlich sein, daß es sich um die Hereinnahme eines entsprechenden Paragraphen in das Überbrückungsgesetz handelt. Es ist ein ungewöhnlicher Vorgang, der beinahe als provozierend empfunden werden muß, daß es die Bundesregierung trotz einer Anfrage in der 29. Sitzung des Bundestags am 20. 1. 1950 nicht für notwendig gehalten hat, dem Bundestag Aufschluß über die Vorgänge im Bundesrat zu geben.
Der Standpunkt des Herrn Bundesarbeitsministers, daß er von einem solchen Entschließungsantrag offiziell keine Kenntnis habe, läßt berechtigten Zweifel an der Loyalität der Bundesregierung gegenüber dem Parlament aufkommen.
Oder glaubt der Herr Bundesarbeitsminister, daß sich an dem Tatbestand etwas ändert, wenn er von sich, aus mit einem entsprechenden Auskunftersuchen an den Bundesrat herantritt?
Die Einführung der Krankenversicherung für Hinterbliebene würde einen Betrag erfordern, der im Rahmen der bestehenden Möglichkeiten durchaus verantwortet werden könnte und einem dringenden sozialen Notstand abhelfen würde. Dasselbe gilt für die Krankenversicherung der erwerbsunfähigen Beschädigten, soweit diese ihren Lebensunterhalt aus ihrer Versorgungsrente bestreiten. Auch hier besteht ein zwingendes soziales Bedürfnis, und der hierfür erforderliche Aufwand ist im Rahmen der gesamten Versorgung ebenfalls belanglos.
In der Zusammenfassung habe ich im Auftrag meiner Fraktion festzustellen, daß die von der Bundesregierung vorgesehenen 80 Millionen D-Mark eine Verbindung der rechtsangleichenden Maßnahmen mit den vordringlichen sozialen Maßnahmen nicht erlauben. Die SPD-Fraktion beantragt daher sämtliche Maßnahmen, sowohl die rechtsangleichenden wie auch die sozialen; denn sie ist der Auffassung, daß der hierfür notwendige Gesamtaufwand bei größter Sparsamkeit in der Verwendung öffentlicher Mittel und bei gerechter Belastung des Steuerzahlers durchaus aufgebracht werden kann.
Zunächst hat sich nun der Herr Bundesarbeitsminister gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Ausführungen des Herrn Bazille zwingen mich erneut, zu den Dingen Stellung zu nehmen, die wir schon bei der ersten Lesung behandelt haben. Er sagt, wir hätten illoyalerweise
Mitteilungen, die wir vom Bundesrat bekommen hätten, hier nicht in unsere Erörterungen einbezogen. Hier - das ist jedem von Ihnen bekannt - liegen die Beschlüsse vor, die der Bundesrat zum Regierungsgesetzentwurf gefaßt hat. Da wird unter Punkt 1 eine unwesentliche Veränderung des § 1 Absatz 1 und unter Punkt 2 eine solche von § 1 Absatz 2 gefordert, und unter Punkt 3 schlägt der Bundesrat vor, die „Kleinstrenten" zu streichen, um eine Ersparnis von 20 Millionen D-Mark zu erzielen.
Von irgendeinem Beschluß des Bundesrates, die Krankenversicherung der Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen in die Gesetzesvorlage aufzunehmen, ist der Regierung keine Mitteilung gemacht. Wenn man sich im Bundesrat über die Frage der Krankenversicherung der Kriegsopfer unterhalten und nachher der Antragsteller aus Bayern seinen Antrag zurückgezogen hat, weil man sich darüber einig geworden ist, daß man zumindest momentan, solange die Länder das Geld aufzubringen haben, die 28 Millionen Mark nicht aufbringen kann, dann ist das doch etwas
ganz anderes, als was der Abgeordnete Bazille hier vorgetragen hat.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sprechen heute nur über einen Teil der großen sozialen Probleme in Deutschland. Im nächsten Jahre oder schon in diesem Jahre werden Sie gezwungen sein, die Frage zu prüfen, wie man unsere Sozialversicherungsträger, ,die Rentenversicherungen gesund gestalten kann.
Statt sich zu überlegen, daß der Staat zumindest
die Verpflichtung hat, diesen Rentenversicherungsträgern einen Kapitaldienst für die verlorengegangenen 18 Milliarden Mark zu geben,
kommen Sie her und stellen Anträge, die diese
Versicherungsträger erneut belasten. So bleiben
diese Versicherungsträger nicht mehr in der Lage,
an die Invalidenrentenempfänger eine Durchschnittsrente von 60 Mark im Monat zu zahlen.
Das sollten Sie bei allen sozialen Erwägungen letzten Endes auch berücksichtigen!
Es ist nichts erbärmlicher, als wenn man hier,
wo es sich um die Ärmsten der Armen handelt,
Meine Damen und Herren, ich bitte um Ruhe!
Herr Bundesarbeitsminister, ich darf Sie doch bitten, Anträge aus dem Hause nicht derartig zu kennzeichnen, wie Sie das eben getan haben.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Renner. (Anhaltende Unruhe. — Zuruf von der SPD: Wir werden ähnlich antworten! — Zuruf von der Mitte: Man muß auch die Wahrheit sagen können! — Gegenruf von links: Das nennen Sie Wahrheit? Kasernenhof ist das! Zuruf
des Abg. Dr. Schumacher und weitere Zurufe
von der SPD.)
Der Stimmaufwand des Herrn Bundesarbeitsministers hat nur den einen Zweck, nämlich den, über die Tatsache hinwegzutäuschen, daß dieses Gesetz nicht einen Bruchteil dessen beinhaltet, was Vertreter der Regierung, Dienststellen desselben Bundesarbeitsministers vor Weihnachten und hinterher den Kriegsopfern in Aussicht gestellt haben.
Daher dieser Stimmaufwand und daher diese
überaus beklagenswerte Feststellung, daß eine
Kritik an diesem Gesetz eine erbärmliche Handlung sei. Wenn hier etwas erbärmlich ist, dann ist es der Inhalt dieses Gesetzes.
Dieses Gesetz ist nicht auf die ungeheure Not der Millionen von Kriegsopfern zugeschnitten, die draußen auf die Einlösung Ihrer Wahlzusage warten. „So sozial wie irgend möglich", hieß es doch einmal in diesem Hause.
Dieses Gesetz ist zugeschnitten auf den Bettelbetrag, auf dieses erbärmliche Almosen,
das die Adenauer-Regierung für diesen Zweck von Anfang an zur Verfügung zu stellen bereit war: auf diese 80 Millionen Mark. Da mir nur zehn Minuten Redezeit zur Verfügung stehen, habe ich keine Möglichkeit, auf diese Geschichte mit den 80 Millionen Mark einzugehen.
Ich stelle folgendes fest. Der Antrag des Ausschusses für die Kriegsopfer, der nach zweimal — jedesmal verschiedenen — vorgelegten Zahlen eine Mehrbelastung von 203 Millionen Mark, über die 80 Millionen Mark hinaus, bringen sollte, st im Ausschuß von den Herren Vertretern der Koalitionsregierung angenommen worden. Es ist einfach nicht wahr, daß wir im Ausschuß nicht gewußt haben, daß die Vorschläge auf Grund der neuerarbeiteten Gedanken nicht mit 80 Millionen Mark zu finanzieren wären. Von Anfang an waren wir uns darüber klar — und so haben auch die CDU-Abgeordneten diskutiert —, daß man über die 80 Millionen Mark hinausgehen müsse. Ich will mich nicht näher über die Frage äußern, ob die von der Regierung angegebenen Zahlen stimmen. Ich setze mich nur mit der Darstellung auseinander, die hier von der Berichterstatterin, der Frau Abgeordneten Probst, gegeben worden ist, als ob das, was heute geschehen soll, nur eine sogenannte Übergangslösung sei. Das, was heute beschlossen werden soll, ist eine Präjudizierung im Hinblick auf das kommende Versorgungsgesetz. Es heißt hier: Wir sprechen die Erwartung aus, daß ab 1. April gewisse kleine Verbesserungen, die zahlenmäßig nicht einmal die Hälfte des Betrags von 200 Millionen Mark ausmachen, gegeben werden sollen. Was ist denn eigentlich los? Zuerst hieß es, die Regierung helfe mit einem Zuschuß über die Kalendermonate Januar bis März hinweg, damit die Länder diese höheren Leistungen finanzieren könnten. Dann hieß es, diese 80 Millionen Mark seien für das Kalenderjahr 1950 gedacht. Das hat kein geringerer als der Bundeskanzler selber, einer Delegation des Reichsbundes erklärt. Jetzt auf einmal hören wir, daß diese 80 Millionen Mark der Betrag seien, den die Bundesregierung für das Etatsjahr 1950 zu geben gewillt sei. Nur eine kleine Überlegung: Was dürfte es der Regierung darauf ankommen, jetzt einige Millionen Mark mit Wirkung vom 1. April mehr zu bewilligen, wenn sie angeblich die Absicht hat, das ganze Versorgungsgesetz ab 1. April sowieso in den Leistungen wesentlich zu verbessern?
Bitte, geben Sie mir darauf einmal eine Antwort.
Nein, ich wiederhole das, was ich bei der letzten
Beratung dieses Themas hier gesagt habe: Diese
80 Millionen D-Mark sind und bleiben das, was die Adenauer-Regierung auch im neuen Gesetz den Kriegsopfern zu geben bereit ist.
Und nun ein Wort zu der Theorie von dem Spatzen in der Hand, der besser sei als die Taube auf dem Dach. Wir leben geographisch gesehen in Nordrhein-Westfalen. Dort hat man es vorgestern deutlicher gesagt. Dort hat die CDU-Reaktion zusammen mit der FDP ein Gesetz beschlossen, das beinhaltet, daß die Pensionen der Wehrmachtbeamten über den bisherigen Betrag von 160 D-Mark pro Monat auf 280 D-Mark erhöht werden sollen,
wobei ein Nebeneinkommen in derselben Höhe unbeachtet bleibt. Wir haben als Kommunisten hier ganz klar zum Ausdruck gebracht, daß wir keineswegs den Standpunkt vertreten, daß die gerechtfertigten Ansprüche der ehemaligen Wehrmachtbeamten nicht befriedigt werden sollen — im Maße des Erträglichen, wie wir es verantworten können. Aber was ist das für ein eigenartiger Widerspruch! Hier sagt man uns: Wir können keine Politik im luftleeren Raum machen. Das sagt uns auch der oppositionelle Staatspolitiker Bazille. Diese Ihre Einstellung müssen Sie draußen mit den Kriegsopfern ausmachen. Der Herr Staatsvertreter sagte: Man kann keine Politik im luftleeren Raum machen. Sind das Abgeordnete einer anderen CDU, die vorgestern in Düsseldorf diesen Beschluß gefaßt haben? Nein, sie haben aber eine andere Einstellung zu den Problemen. Bei den Wehrmachtbeamten da geht's in der Hauptsache um Generale, um Generalswitwen,
und für die haben Sie Geld übrig. Für die Kriegskrüppel, für die armen Witwen und Waisen haben Sie eben kein Geld übrig, da liegt der Hund begraben.
Nun ein letztes Wort. Wir bringen heute noch einmal unseren ursprünglichen Antrag ein. Wir verlangen, was in der Zwischenzeit zweimal abgelehnt worden ist, noch einmal einen Zuschlag zu den derzeitigen Rentenbezügen in Höhe von 60 statt der vorgesehenen 20 Prozent.
— Warum nicht 100 Prozent? Weil wir Sie vor die Alternative stellen wollen, ein Überbrükkungsgesetz zu schaffen und nicht ein endgültiges Gesetz. Warum nicht 100 Prozent? Die Antwort will ich Ihnen geben. Diese Erhöhung liegt um 10 Prozent hinter der Erhöhung, die Sie vorgestern in Nordrhein-Westfalen für die Wehrmachtbeamten bewilligt haben,
und diese Erhöhung um 60 Prozent bedeutet, daß der 100prozentig Kriegsbeschädigte statt 100 D-Mark 160 D-Mark Rente pro Monat bekommt. Ist das eine propagandistische Forderung?
— Ist das das Existenzminimum?, ganz recht. Wir bringen diesen Änderungsantrag, wie gesagt, erneut ein. Wir sind uns dessen sicher, daß er abgelehnt wird. In diesem Fall stimmen wir für den Abänderungsantrag der sozialdemokratischen
Fraktion, der ja nichts anderes darstellt als das,
was der Kriegsopferausschuß — ich wiederhole:
einstimmig — vor wenigen Tagen beschlossen hat.
Ein abschließendes Wort. Ich wiederhole noch einmal meine Mahnung an die Kriegsopfer draußen: sie müssen mit ihrer organisatorischen Zersplitterung Schluß machen. Sie müssen sich endlich darauf einstellen, daß eine ausreichende Versorgung der Kriegsopfer nur erzielt werden kann im Kampf gegen diese reaktionäre Adenauer-Regierung der Millionäre.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Seelos.
Meine Damen und Herren! Ich bedauere sehr, daß durch das Verhalten des Bundesarbeitsministers diese Schärfe in eine Diskussion gebracht worden ist, die nur von sachlichen Argumenten getragen werden sollte.
Es wird doch allgemein zugegeben, und es liegt bereits eine gemeinsame Ausschußarbeit vor, daß die Renten erheblich erhöht werden sollen. Das war doch bereits vorhanden. Es wird hier vom Sprecher zugegeben, daß die Vorlage nicht alle Nöte behebt. Die Vorlage wird selbst von dem, der sie vertreten hat, als eine „Spatzen"-Vorlage bezeichnet.
Es handelt sich um 120 Millionen, die man als Differenz von den 80 bis zu den 200 Millionen braucht und die zur Diskussion stehen. Allgemein sagt man nur, daß keine Mittel vorhanden sind. Ich muß feststellen: wofür sind denn sonst immer Mittel da? Da kosten einige 10 Millionen die fünf überflüssigen Ministerien.
Da kostet genau 120 Millionen der so überflüssige und die Arbeit der Regierung so hemmende Umzug von Frankfurt nach Bonn.
Dies macht nur 21/2 Prozent der Höhe der Besatzungskosten aus, auf deren Herabsetzung die Bundesregierung nicht mit dem nötigen Nachdruck drückt.
Man soll also nicht immer bloß sich mit dem Nichtvorhandensein der Mittel entschuldigen; denn wir alle wissen, daß in der deutschen Republik die Decke für alles zu kurz ist. Wenn der nächste Etat vorgelegt werden wird, dann wird dieser Etat um viele Milliarden zu kurz sein. Es gibt also eine Rangfolge der Dinge. Wenn man aber von einer Rangfolge spricht, dann müssen wir uns darüber klar sein, daß die Kriegsopfer die erste Stelle haben.
Man soll auch nicht versuchen, diese Sache zu einem Streit zwischen den Ländern und dem Bund zu machen und zwischen dem Föderalismus und dem Zentralismus. Denn wenn schon einige Länder bisher nicht zahlen konnten wie zum Beispiel Schleswig-Holstein, dann springt eben der Bund ein, und für die zwei Monate, die noch zu überwinden sind, muß eben dann bei den
Ländern, die nicht dafür aufkommen können, der Bund einspringen.
Jedenfalls möchten wir den sehr vernünftigen Ausführungen des Abgeordneten Bazille durchaus folgen. Auch wir werden für die Zusatzanträge der Drucksache Nr. 491 stimmen.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Mende.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es dient der Sache der Kriegsbeschädigten keinesfalls, wenn die zweite und dritte Lesung des Überbrückungsgesetzes in einer Atmosphäre innerer Erregung und Spannung vor sich geht.
Es dient ihr auch nicht, wenn zum Beispiel die inneren Kämpfe, die inneren Spannungen in den Kriegsbeschädigtenorganisationen hier behandelt werden und auf der einen Seite Herr Renner für den Reichsbund und auf der anderen Seite Herr Bazille für den VdK hier sprechen und Herr Renner zweimal zur Einheit der Kriegsbeschädigten aufruft. Es dient der Sache auch nicht, Herr Kollege Seelos, wenn Sie die BonnFrankfurt-Atmosphäre wieder beschwören wollen.
Ich könnte dann beinahe sagen: vielleicht überlegt man sich einmal
in Ihren föderalistischen Kreisen, wieviel man sparen könnte, wenn man in unserem föderalistischen Bundesstaat die Zahl der 105 Minister etwas heruntersetzen würde.
Ich könnte auch erwähnen, daß Herr Kollege Renner bei einer anderen Gelegenheit in Hamburg den Anspruch der Militärpensionäre durchaus bejaht
und betont hat: Ich als Kommunist bejahe den Anspruch der Militärpensionäre. Es hat also keinen Zweck die Dinge angefangen von Bonn-Frankfurt vielleicht bis in die subtilsten inneren Spannungen der Parteien und Verbände hinein zu diskutieren. Darum möchte ich auf die sachlichen Fragen zurückgehen.
Am 20. Januar fand hier die erste Lesung des Gesetzes statt. Wir waren uns alle darüber im klaren, daß das Gesetz, das vielfache Mängel hatte, wesentlich verbessert werden müßte. Ich möchte betonen, daß heute, kaum 14 Tage später, bereits die zweite und dritte Lesung stattfinden kann. Ich muß hier für den Ausschuß für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen sprechen und betonen, daß in dieser kurzen Zeit wirklich um die Probleme gerungen wurde, bis wir zu dem einstimmig angenommenen Gesetzentwurf des Ausschusses kamen. Wir haben den Verband der Körperbeschädigten, wir haben den Reichsbund, den Verband der Kriegsblinden und den Verband der Hirnverletzten zu Worte kommen lassen und glaubten nachher all diese Wünsche
hineinarbeiten zu müssen. So kam es zu dem einstimmig angenommenen Entwurf des Ausschusses, der eine Ausgabe von 203,8 Millionen Mark beinhaltet.
— Jawohl, auch ich bedaure es sehr, daß wir uns mit diesen 203,8 Millionen Mark nicht durchgesetzt haben.
Aber nun komme ich zu der entscheidenden Frage. Wir haben im Haushaltsausschuß leider gehört, daß der Finanzkraft eines Bundes, der erst seit wenigen Monaten schöpfen kann, ja für dieses Problem überhaupt erst ab 1. April zuständig ist, gewisse Grenzen gesetzt sind. Wir haben sogar nachher noch versucht — das ist mein Antrag gewesen —, vielleicht ein Kompromiß von 120 Millionen Mark durchzusetzen. Auch hier hat leider der Bundesfinanzminister aus seiner Schau „Nein" sagen müssen. Meine Damen und Herren! Herr Renner ist ja auch einmal Minister gewesen. Herr Renner, Sie wissen ,am besten, daß ein Minister nicht über seinen Schatten springen kann und daß wir bei unseren Finanzministern leider nicht die märchenhafte Einrichtung des „Esel streck dich" haben. Wir müssen die Dinge nun einmal koordinieren und, so bedauerlich das ist, wir sind dann leider zu dem Gesetzentwurf gekommen, der Ihnen nunmehr vorliegt. Es ist wenigstens gelungen — und das ist auch etwas, was ich bereits für die FDP-Fraktion am 20. Januar hier vertrat —, die Pflegezulage für die Kriegsblinden hineinzubekommen. Es ist nicht gelungen, den § 6, der eine Mehrausgabe von 30,5 Millionen zum Inhalt hätte, hierin zu verankern. Wir haben aber bereits gewisse Entschließungen gefaßt, die für das am 1. April zu erwartende Bundesversorgungsgesetz gewissermaßen Richtschnur sind. Vergessen Sie doch nicht die Worte, die die Organisationsvorsitzenden uns im Ausschuß sagten: es komme darauf an, so schnell wie möglich zu helfen, und es komme darauf an, keine Materien schon jetzt im Überbrückungsgesetz zu regeln, die an sich dem endgültigen Bundesversorgungsgesetz vorbehalten bleiben sollten. Nun, die Entschließungen, die wir gefaßt haben, betreffen die Paragraphen, die wir leider nicht durchbringen konnten, die wir im Ausschuß zwar einstimmig hineingearbeitet haben, die sich aber gegenüber der Realität der Finanzverhältnisse nun einmal nicht durchgesetzt haben. Ich darf sie Ihnen bekanntgeben:
Die Bundesregierung wird ersucht, in das neue Bundesversorgungsgesetz, das am 1. April 1950 in Kraft treten soll, die folgenden Regelungen aufzunehmen:
a) die Bezugsberechtigung für Kinderzulagen
und Waisenrenten einheitlich mindestens
bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres
festzusetzen;
b) die bisherigen Höchstgrenzen für Hinterbliebenenrenten — § 595 der Reichsversicherungsordnung — und Beschädigtenrenten — § 559 b der Reichsversicherungsordnung — zu beseitigen;
c) eine Krankenversicherung für Hinterbliebene und Schwerbeschädigte zu schaffen.
Meine Damen und Herren! Bis zum 1. April, bis zu der Zeit, da der Bund gezwungen sein
wird, die Regelung in seine Hand zu nehmen, haben wir nur noch zwei Monate. Die Argumente des Herrn Finanzministers und des Herrn Arbeitsministers waren die: Wenn Sie jetzt eine dermaßen große Erhöhung, nämlich von 80 Millionen auf 203,8 Millionen Mark, vorschlagen, wird Ihnen — das sagte der Finanzminister im Haushaltsausschuß wörtlich — die Zustimmung des Bundesrats versagt werden. Das bedeutet, daß die rein formalrechtliche und gesetzgeberische Arbeit noch um weitere Wochen verzögert wird und schließlich die praktische Auswirkung des ganzen Überbrückungsgesetzes gleich Null ist.
Wir hielten es daher für richtiger, zunächst einmal dieses Überbrückungsgesetz zu verabschieden und gleichzeitig gewisse Richtlinien für das endgültige Bundesversorgungsgesetz bereits hineinzuarbeiten.
Auf diese Art und Weise wird nämlich den Kriegsbeschädigten wesentlich mehr geholfen als dadurch, daß wir sie immer wieder mit neuen Deklamationen und Agitationsreden zudecken.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Krause.
Meine Damen und Herren! In der Annahme, daß das, was ich jetzt zu sagen habe, von hoher und höchster Stelle nicht nachher als demagogisch bezeichnet wird, erlaube ich mir, kurz den Standpunkt der Zentrumsfraktion zu
3) dem vorliegenden Abänderungsantrag Drucksache Nr. 491 darzulegen.
Ich hatte ursprünglich vor, in der zweiten und dritten Beratung des Gesetzes zur Verbesserung von Leistungen an Kriegsopfer den Standpunkt meiner politischen Freunde näher zu begründen, bin aber der Meinung, daß die Diskussion bisher alle Fragen soweit behandelt hat, daß wir darauf nicht mehr näher einzugehen brauchen. Es ist tatsächlich so, daß die Kriegsopfer draußen nicht auf lange Reden, sondern auf Taten warten. Wir sind der Ansicht, daß das Ziel dieses Gesetzes grundsätzlich das sein müßte, dem bewährten Vorbild des ehemaligen Reichsversorgungsgesetzes zu folgen: Rentenleistung nach versorgungsgesetzlichen Grundsätzen, also weder Entschädigung noch Fürsorge, sondern Sicherung des Existenzminimums. Vor allen Dingen glauben wir, daß man bei den Durchführungsbestimmungen, die zu diesem Gesetz noch erlassen werden müssen, sich in verstärktem Maße der Kriegsblinden, Hirnverletzten, Ohnhänder und mehrfach Amputierten annehmen müßte.
Wir begrüßen es, daß in dem Änderungsantrag der Fraktion der SPD die Frage der Elternrente gebührend berücksichtigt wurde, vor allen Dingen in Absatz 2 des § 3 c in der neuen Fassung. In demselben Sinne liegt wohl auch das Bestreben, die Angehörigen von noch immer kriegsgefangenen und vermißten Kameraden in dem Gesetz mit zu berücksichtigen. Wir wünschen ferner, daß man auch den jugendlichen Beschädigten Renten in entsprechender Höhe zubilligt. Vor allen Dingen aber muß nach unserer Auffassung in dem kommenden Bundesversorgungsgesetz der Kreis der Versorgungsberechtigten endlich einmal ganz klar umschrieben werden.
Die Anrechnung der Übergangshilfe auf die Fürsorgeleistung und Soforthilfe halten wir vom sozialen Standpunkt aus nicht für tragbar. Unserer Meinung nach ist es notwendig, in dieser Beziehung eine einheitliche Regelung zu treffen, die eine Anrechnung der Sozialrente auf die Versorgungsgebührnisse ausschließt oder mindestens zum Teil ausschließt, zumal der Versorgungsberechtigte sich ja den Anspruch auf Sozialrente durch eigenes Geld mit eigener Beitragsleistung erworben hat.
Meine Damen und Herren! Zum Schluß gestatten Sie mir noch den Hinweis darauf, daß wir es für notwendig halten, im kommenden Bundesversorgungsgesetz vor allem auch einmal die Frage der Schwer- und SchwerstbeschädigtenBetriebe aufzurollen. Wir erlauben uns, von dieser Stelle aus dem Bundesarbeitsministerium den Entwurf des Rechtsanwalts Dr. Imroll aus Düsseldorf, der Aufsichtsratsmitglied des Versehrtenwerks von Nordrhein-Westfalen ist, zur näheren Durchsicht zu empfehlen. Ich bin überzeugt, daß dieser Entwurf auch dem Bundesarbeitsministerium vorliegt.
Aus der grundsätzlichen Erwägung, daß man in bezug auf Kriegsopfer nicht sparen darf, daß man, wie vorhin gesagt wurde, auch einmal andere Ausgaben im Interesse der Kriegsopfer zurückstellen muß, von diesem sozialen Standpunkt aus stimmt meine Fraktion für den Änderungsantrag der SPD.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Bazille.
Herr Präsident! Meine. Damen und Herren! Zu den Ausführungen des Herrn Bundesarbeitsministers möchte ich nur in aller Ruhe und Sachlichkeit feststellen, daß mich sein Stimmaufwand in keiner Weise zu beeindrucken vermag. Ich bin nun mal — mein Gesicht beweist das leider Gottes — einen Kasernenhofton in überaus reichlichem Maße gewöhnt.
Es berührt mich recht eigenartig, daß der Herr Bundesarbeitsminister den parlamentarischen Sprecher der Kriegsopfer — ich glaube mich als Hauptgeschäftsführer einer Millionenorganisation als solchen bezeichnen zu können auf diese Art und Weise der Demagogie zeiht.
Das habe ich ja getan. Was wollen Sie denn?
Die Kriegsopfer haben nicht zusetzt auf Grund meiner eigenen Tätigkeit ihre Forderungen stets auf das Maß des Möglichen begrenzt. Ich weise daher mit Entschiedenheit die Behauptung des Herrn Ministers zurück, daß meine Ausführungen demagogisch gewesen seien,
insbesondere die Ausführungen im Zusammenhang mit der Sozialversicherung. Es ist kein Wort davon gesprochen worden, und es ist kein Antrag gestellt worden, die §§ 1274 und 1275 der Reichsversicherungsordnung durch dieses Gesetz in den Ländern einzuführen, in denen sie noch nicht Anwendung finden.
Aber ich möchte 'dem Herrn Minister in diesem Zusammenhang noch etwas anderes sagen. Kriegsbeschädigte, die im ersten Weltkrieg eine Körperbeschädigung von 50, 60, 70, 80 und 90 % erlitten haben und die trotz einer solchen gewaltigen Vorbelastung 25 Jahre lang im Arbeitsprozeß treu ihren Mann gestanden haben, die jahrzehntelang ihren Beitrag zur Sozialversicherung geleistet haben, werden auf Grund des geltenden Rechts um ihren Rechtsanspruch aus der Sozialversicherung betrogen.
Es berührt und muß die Kriegsopfer eigenartig berühren, wenn der Herr Bundesarbeitsminister solche Rechtsansprüche verneint
— und als demagogisch bezeichnet.
Es wird dem zukünftigen Gesetz vorbehalten bleiben, hier eine andere Regelung zu treffen. Und wenn schon immer Vorschußlorbeeren auf das neue Gesetz von dieser Stelle eingeheimst werden, so mag in bezug auf dieses Gesetz von unserer Fraktion auch folgendes gesagt sein: es wird ein Weg gefunden werden müssen, der einen durch Beitragsleistung erworbenen Anspruch mindestens insoweit befriedigt, als das recht und billig ist.
Zur Frage der Schnelligkeit, mit der diese Materie behandelt werden muß, um den Kriegsopfern zu helfen, möchte ich bemerken, daß meiner Erinnerung nach dieses Hohe Haus auf einen von mir gestellten Antrag vor Weihnachten beschlossen hat, die Bundesregierung zu ersuchen, Vorschüsse auf dieses Gesetz zu leisten, und zwar an einen Personenkreis, der nach allen Ausführungen, die seither von den Vertretern der Bundesregierung gemacht worden sind, noch in diesem Jahre einen Rechtsanspruch zu erwarten hat, dessen Not gesehen wird und von dem man mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit weiß, daß er durch dieses Überbrückungsgesetz in den Genuß einer Rente kommen wird. Was wird also die Bundesregierung hindern, auch wenn dieses Gesetz durch einen eventuellen Einspruch des Bundesrats nochmal verzögert wird, an ganz bestimmte Gruppen Vorschüsse zu zahlen? Das kann doch nicht ein Argument sein, dieses Gesetz im Galopptempo über die Bühne zu ziehen.
{Sehr gut! bei der SPD.)
Herr Minister, Sie werden doch meine sachlichen Darlegungen nicht deswegen als demagogisch bezeichnen, weil sie in einer ernsthaften Kritik feststellen, daß dieses Gesetz weder den rechtlichen noch den sozialen noch den gesetzestechnischen Anforderungen genügt. Ich glaube, daß, wenn es entsprechend der Vorlage verabschiedet wird, die Stellungnahme der Durchführungsbehörden der Länder meine Ausführungen von dieser Stelle Wort für Wort unterstreichen wird.
Das Wort hat der Herr Bundesarbeitsminister.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich stehe nicht an, hier zu erklären, daß ich vorhin in meinen Ausführungen mit dem Ausdruck „demagogisch" zu weit gegangen bin.
Es war weniger meine Absicht, vielleicht Herrn Bazille oder andere Leute, die um ihn herum arbeiten, damit zu treffen; ich dachte vielmehr an andere Kreise, die ja nun einmal in der Stellung von Forderungen keine Maße kennen und niemals daran denken, daß die wirklich arbeitenden Menschen letzten Endes auch die Mittel für den Lebensunterhalt all der unglücklichen Opfer des Krieges aufbringen müssen.
— Herr Renner — —
- Herr Renner, ich will Ihnen einmal etwas sagen. Sie waren doch am vorigen Samstag bei der Tagung der Kriegsbeschädigten in Düsseldorf.
Da haben Sie doch gehört, wie der Vertreter der Kriegsbeschädigten aus Berlin erklärt hat: Wir wären ja so glücklich, wenn wir erst einmal die Regelung hätten, die Sie bisher hatten; denn bei uns in Berlin und in der Ostzone bekommen die Kriegsbeschädigten 40 Mark im Monat.
Das haben Sie von einem Mann gehört, der die Kriegsbeschädigten aus Berlin vertritt.
Ich möchte Ihnen nunmehr zu Ihren endgültigen Entschlüssen noch einmal folgendes sagen. Im vergangenen Jahre haben die Länder für die Kriegsbeschädigten insgesamt 2,1 Milliarden DM ausgegeben. Ich habe Ihnen bei der ersten Lesung dieses Gesetzes erklärt, daß das Kriegsbeschädigtenrecht, wie es durch dieses Übergangsgesetz gestaltet wird, im laufenden Jahr einen Aufwand von über 3 Milliarden DM erfordert. Es ist die Frage aufgeworfen worden, wie sich diese Summe errechnet. Ich will es Ihnen sagen. Die Länder haben für diesen Zweck im letzten Vierteljahr 650 Millionen DM ausgegeben. Multiplizieren Sie das mit 4, haben Sie einen Betrag von 2,6 Milliarden DM. Gerade Herr Bazille wird mir recht geben, wenn ich sage, der Rückstand in der Bearbeitung der Anträge ist so groß, daß im Laufe dieses Jahres durch 'die Aufarbeitung dieser Rückstände eine Vermehrung der Ausgaben um 15 % eintritt. Dann haben Sie den Betrag, den ich genannt habe.
Ich erkläre hier nochmals dasselbe, was ich am vorigen Samstag den Kriegsbeschädigten in ihrer Organisation selbst gesagt habe. Dieses Übergangsgesetz ist dazu vorgesehen, daß man für die endgültige Gestaltung der Versorgung der Kriegsbeschädigten wenigstens eine halbwegs
gleiche Grundlage hat. Wir haben heute siebenerlei Kriegsbeschädigtenrecht. Wenn heute so getan wird, als wenn die Bundesregierung so reaktionär ist, daß sie den Kriegsbeschädigten nichts zukommen lassen will, dann muß ich darauf hinweisen, daß das Recht der Gesetzgebung heute noch bei den Ländern liegt.
Sie hätten im vergangenen Jahre bestimmt die Möglichkeit gehabt, weitergehende Gesetze zu beschließen, als sie beispielsweise in der amerikanischen Zone und im Lande Nordrhein-Westfalen angenommen worden sind. Ich will absolut nicht sagen, daß die Länder das hätten tun müssen; sie mußten wissen, was sie finanziell tragen konnten. Aber das Kriegsbeschädigtenrecht, wie es heute vorliegt und das wir bereits durch dieses Übergangsgesetz verbessern wollen, ist letzten Endes doch ein Recht, das sich draußen in den Ländern je nach ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit entwickelt hat. Wir haben nicht gesehen, daß die sozialen Erwägungen in den reicheren Ländern etwa zu gesetzlichen Regelungen geführt hätten, die sich auch nur halbwegs mit dem vergleichen lassen, was heute von der Bundesregierung, und zwar in aller Kürze, verlangt wird.
3 Milliarden an Belastungen durch die Kriegsbeschädigten für das nächste Jahr, das ist doch immerhin eine Summe, die jedem von Ihnen zu denken gibt. Ich habe es den Kriegsbeschädigten am Samstag selber gesagt: das neue Kriegsbeschädigtenrecht kann nicht nur darauf aufgebaut werden, daß noch weitere Mittel aufgebracht werden; vielmehr müssen die zur Verfügung stehenden Mittel so gerecht eingesetzt werden, daß der wirklich Bedürftige, derjenige, der von seiner Rente leben muß, so viel bekommt, daß er leben kann. Derjenige aber, dem das Schicksal noch die Möglichkeit gelassen hat, sich selber zu helfen, muß zugunsten des noch schwerer Getroffenen auch einmal auf etwas verzichten können.
Meine Damen und Herren! Das heutige Kriegsbeschädigtenrecht gibt beispielsweise auch einem Minister noch die Möglichkeit, eine Kriegsbeschädigtenrente zu beziehen. Sie werden zugestehen müssen, daß man hier zu einer Neuordnung kommen muß, damit das, was der Staat, was die Allgemeinheit für die Kriegsbeschädigten erübrigen kann, auch dahin geleitet wird, wo die Not der Menschen am drückendsten ist.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Leuchtgens.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine Damen und Herren! Wir sind es den Kriegsopfern schuldig, diese Frage sine ira et studio zu behandeln und darüber nicht in parteipolitische Gegensätze und in parteipolitisches Gezänk zu geraten. Wir sind der Meinung, daß die Forderung des Kriegsbeschädigtenausschusses, wie sie in seiner ersten Lesung formuliert worden ist, richtig war. Ursprünglich war vorgesehen, nur 80 Millionen Mark für diesen Zweck auszugeben. Nach den Beschlüssen des Kriegsbeschädigtenausschusses — das ist heute schon mehrfach hervorgehoben worden — ist daraus die Summe von 203 Millionen geworden. Wir glauben, daß man diesen Unterschiedsbeitrag von 120 Millionen sehr wohl erübrigen kann. Ich mache mich anheischig, aus dem Voranschlag, der jetzt dem Haushaltsausschuß vorliegt, die doppelte und dreifache Summe herauszustreichen und die Mittel für die Kriegsbeschädigten flüssigzumachen.
— Ja, das werden wir sehen, und Sie werden es gezeigt bekommen! Warten Sie ab, bis die Dinge reif geworden sind!
Ich brauche mich hier nicht auf die Zahl von 5 Ministerien zu berufen; vielleicht kommen auch die einmal bei den Sparanträgen an die Reihe. Ich brauche mich hier auch nicht an die mit dem Übergang von Frankfurt nach Bonn verknüpften Aufwendungen zu berufen, um jetzt einen Betrag von 120 Millionen flüssigzumachen. Wir können diese 120 Millionen schon in dem heutigen Etat ersparen. Wir können keinesfalls die Etatsumme, die heute dem Haushaltsausschuß von der Regierung vorgelegt worden ist, bewilligen, wenn wir uns vorher oder hinterher sagen müssen: Wir haben ja noch nicht einmal die 120 Millionen für die Kriegsbeschädigten übrig gehabt. Im Haushaltsausschuß ist wiederholt, gestern und heute, davon geredet worden: Wenn wir nicht die Mittel haben, den Kriegsbeschädigten diese 120 Millionen mehr zu bewilligen, dann wollen wir überhaupt keine weiteren Bewilligungen mehr vornehmen.
Nun wird zur Verteidigung des Übergangsgesetzes gesagt, der Bundesrat habe nicht zugestimmt, die Länder müßten ja diese Summen zahlen. Meine Damen und Herren, wir sind es den Kriegsbeschädigten schuldig! Wenn die Länder das nicht bezahlen, dann mag es der deutsche Bund bezahlen, dann wollen wir es bezahlen!
Wir müssen nun endlich einmal erkennen, daß wir den Kriegsbeschädigten aller Versehrtenstufen den Dank des Vaterlandes schuldig geblieben sind. Ich greife dieses alte Wort vom Dank des Vaterlandes wieder auf. Nun machen Sie einmal ernst und nehmen Sie den ursprünglichen Vorschlag des Kriegsbeschädigtenausschusses an. Die Sozialdemokratie hat es sich verhältnismäßig leicht gemacht; sie hat im wesentlichen nur den Beschluß des Kriegsbeschädigtenausschusses abgeschrieben. Das wäre ihr erspart geblieben, wenn der Kriegsbeschädigtenausschuß fest geblieben wäre. Aber der Kriegsbeschädigtenausschuß ist umgefallen, als die Summe von 203 Millionen gegenüber 80 Millionen genannt wurde.
Herr Abgeordneter, darf ich Sie einmal unterbrechen? - Sie dürfen niemals sagen, daß ein Ausschuß umfällt. Das geht nicht!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Vielleicht hat der Herr Präsident recht; ich hätte vielleicht statt „umfallen" sagen können: er hat sich umgelegt!
Der Ausdruck ist im Hinblick auf seinen Gebrauch in der Vergangenheit noch unmöglicher!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Dann bedaure ich sehr, daß mein Sprachschatz im Augenblick nicht ausreicht, um die Tatsache zu kennzeichnen, daß der Kriegsbeschädigtenausschuß vorher eine andere Meinung vertreten hat, als sie nachher in dem von ihm gefaßten Beschluß zum Ausdruck kam, nachdem er die Lektion des Haushaltsausschusses bzw. des Herrn Finanzministers gehört hatte.
Wir sind also der Meinung, daß der ursprüngliche Antrag des Kriegsbeschädigtenausschusses wiederhergestellt werden sollte, und ich stelle hiermit den entsprechenden Antrag.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Löfflad.
Meine Damen und Herren! Es ist eigenartig, daß die Regierung immer dann zum Rechenstift greift, wenn es um die Ärmsten unseres Volkes geht, seien es Flüchtlinge, seien es Kriegsbeschädigte, seien es Bombengeschädigte, seien es Arbeitslose. Immer dann greift die Regierung zum Rechenstift, wenn es um diesen Teil des Volkes geht,
nicht aber dort, wo der Rechenstift unserer Meinung nach angebrachter wäre, nämlich zum Beispiel bei dem aufgeblähten Beamtenapparat oder aber schon früher, als es um die Streitfrage Bonn-Frankfurt ging. Da wäre der Rechenstift nach unserer Auffassung mehr am Platze gewesen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, sehen Sie bitte, wenn Sie heute dem Abänderungsantrag der SPD zustimmen, nicht die Gefahr, daß Sie dadurch etwa bei den Schwerbeschädigten in unserem Volke den Militarismus wiederaufleben lassen! Nein, nicht den Militarismus! Aber wenn Sie den Antrag der SPD ablehnen und den rund 4 Millionen Rentenberechtigten nicht endlich das Recht auf angemessene Renten zugestehen, dann lassen Sie sich nicht durch die Ruhe und das abwartende Verhalten dieser Menschen zu der Auffassung verleiten, als ob sie mit den Rentensätzen, die man ihnen bisher zugebilligt hat, zufrieden sind. Wenn Sie die Geduld dieser Menschen auf eine zu harte Probe stellen, werden Sie eines Tages erleben, daß Sie den Radikalismus, den Sie alle miteinander, gerade Sie von der rechten Seite des Hauses, nicht wollen, heranzüchten.
Sie alle, auch die Alliierten, alle, die diesen Radikalismus verhindern wollen, haben die Pflicht, dieses Problem zu lösen, und zwar zufriedenstellend zu lösen.
Wir stehen auf dem Standpunkt, daß man diese rund 120 Millionen für diesen Teil unseres Volkes aufbringen muß. Wir sind der Meinung, daß Sie nur christlich, sozial und demokratisch handeln, wenn Sie diesen Menschen helfen. Sie werden dann nicht nur diesen Menschen einen Gefallen tun, sondern auch ganz Europa!
Das Wort hat Frau Abgeordnete Kalinke.
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Ich könnte sagen: Der Worte sind genug gewechselt!
— Nein, nicht wie Sie meinen: einmal so und einmal so, sondern n u r so!
Ich habe die ganz klare Frage an Sie zu richten: Wollen Sie den Kriegsbeschädigten jetzt sofort die Möglichkeit geben, wollen Sie nun endlich so vernünftig sein und das Wenige, das da ist, ihnen sofort vermitteln, oder wollen Sie mit der Ablehnung dieses Antrages erreichen, daß eine weitere Diskussion im Bundesrat stattfinden muß, eine weitere Diskussion auch in den Ausschüssen, in denen man nicht „umfällt", in denen sich aber Gott sei Dank die Abgeordneten mit der Frage sehr verantwortungsbewußt auseinandergesetzt haben? Mit schönen Worten allein sind noch keine Taten geschaffen.
Ich habe nicht die Absicht, auch nur mit einem Satz auf das einzugehen, was der Kollege Renner hier gesagt hat, der nach meiner Auffassung das Recht verwirkt hat, hierüber etwas zu sagen, nachdem es dort, wo er herkommt, so etwas gar nicht gibt.
Ich möchte mich nur dagegen verwahren, daß der Kollege Bazille den Ausdruck „vorbeidrücken" gebrauchte und damit vielleicht den Eindruck zu erwecken versuchte, als ob auch nur ein einziger derjenigen Abgeordneten, die im Ausschuß so ernsthaft um die Lösung des Problems gerungen haben, sich vor der Verpflichtung hat drücken wollen.
Ich bitte jetzt das Hohe Haus, die Entscheidung so zu treffen, daß das nach neuen und gerechten Grundsätzen geschaffene Kriegsbeschädigtengesetz, das von allen gewollt, von allen beschlossen und dem von allen zugestimmt ist, am 1. April in Kraft treten kann. Wir müssen heute endlich „Ja" sagen zu dem, was möglich ist und dürfen nicht durch ein „Nein" und durch die etwaige Annahme des SPD-Antrages, die eine weitere Belastung in Höhe von 120 Millionen bedeuten würde, die der Bundesrat nicht anerkennen wird, die Hilfe, die morgen möglich ist, verzögern.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Arndgen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Ausführungen, die namentlich von der Opposition zu dem Antrag des Ausschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen gemacht worden sind, verkennen, daß der Bundesrat legislativ in unsere Gesetzgebung eingeschaltet ist und daß wir an dieser Einschaltung nicht vorbeikönnen. Weil dem so ist, glaube ich folgende Feststellungen machen zu müssen.
Erstens: Der Bundesrat, der sich zu einem großen Teil aus sozialdemokratischen Ministern zusammensetzt,
hat dem Gesetzentwurf in seinen Grundzügen zugestimmt, in der Form, wie er uns von der Regierung vorgelegt worden ist.
Zum zweiten möchte ich feststellen, daß der Herr Bundesfinanzminister Schäffer in der Sitzung des Haushaltsausschusses erklärt hat, jede Erhöhung der im Gesetzentwurf vorgesehenen Beträge würde vom Bundesrat einschließlich der der .Sozialdemokratischen Partei angehörenden Minister abgelehnt werden.
Diese Stellungnahme des Bundesrates
hat uns in der CDU-Fraktion und auch die Koalition zu der Haltung geführt, die wir jetzt zu der Versorgung der Kriegsbeschädigten eingenommen haben. Wir wollten nämlich bei der Stellungnahme des Bundesrates, wie wir sie erwarten müssen, dafür sorgen, daß wenigstens dasjenige, was möglich ist, im Interesse der Kriegsopfer, für die wir uns alle verantwortlich fühlen, auch Tatsache werden kann.
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
— Verzeihung, Herr Abgeordneter Renner, wie verabredet noch drei Minuten! Wir haben noch eine kleine Reserve in der Gesamtredezeit.
Ich will mich nur mit einem Problem noch beschäftigen, mit dem Problem, welchen Charakter dieses Überbrückungsgesetz haben soll. Um diesen Charakter zu klären, haben wir den Abänderungsantrag eingebracht, den Beschluß der Koalitionsregierungsmehrheit im Ausschuß, der hier formuliert ist: „Die Bundesregierung wird ersucht . . .", dahin abzuändern: „Die Bundesregierung wird verpflichtet."
Stimmen Sie dieser Abänderung zu, dann verschaffen Sie sich wenigstens einen kleinen Rechtstitel, draußen erzählen zu dürfen, daß Sie sich ab 1. April dieses Jahres mit ehrlichen Absichten einer Erhöhung der Rentenbezüge tragen.
Aber nun noch ein Wort zur Sache. Der Herr Bundesarbeitsminister hat eine Ziffer von 3 Milliarden DM in die Debatte geworfen. Er hat dabei vollkommen unterlassen, die Binsenweisheit auszusprechen, daß die Übernahme dieser 3 Milliarden DM Versorgungsausgaben — es sind übrigens gar keine 3 Milliarden DM, sondern wesentlich weniger — durch den Bund eine gleichzeitige Entlastung der Länder in derselben Höhe nach sich zieht, daß also eigentlich nur eine Verschiebung des Lastenträgers erfolgt. Mathematik Volksschule 4. Klasse! Wenn es bei den bisherigen Leistungen bleibt und nur die Bundesregierung die auszahlende Stelle wird, dann ist das Endergebnis so, wie ich es darstelle; dann wird nur statt der Länder der Bund der Lastenträger sein. Man soll uns also nicht mit solchen Zahlen bluffen; damit erreicht man nichts.
Nun noch ein allerletztes Wort. Ich will mich mit Frau Kalinke -- MdB Kalinke —
Frau Abgeordnete Kalinke!
— nicht darüber unterhalten, ob ich berechtigt bin, mich über das Problem zu äußern. In den langen Jahren, bevor sie sich ihre schroffe Haltung mir gegenüber angewöhnt hatte - beim BDM —, die sie heute gezeigt hat, haben wir schon auf diesem Gebiet gearbeitet.
Herr Abgeordneter Renner, wenn Sie eine solche Behauptung aufstellen, müssen Sie dafür den Beweis erbringen.
Ich habe von ihrer schroffen Haltung mir gegenüber geredet; daß das eine typische BDM-Haltung ist, kann ich auch behaupten.
Nein! Herr Abgeordneter Renner, Ihre drei Minuten sind um,, und ein Gentlemen Agreement wird gehalten!
Ich habe nur zur Abstimmung einen Vorschlag zu machen!
Nein, ich entziehe Ihnen das Wort!
Meine Damen und Herren! Die Aussprache ist zu Ende.
Wir kommen jetzt zur Abstimmung der zweiten Beratung. Sie ist technisch nicht ganz einfach. Ich bitte Sie, die in Frage kommenden Drucksachen in der Reihenfolge, wie ich sie nennen werde, vor sich auszubreiten. Zugrunde zu legen ist zunächst der Antrag des Ausschusses auf Drucksache Nr. 484.
Dann kommt mit Rücksicht auf § 2 die ursprüngliche Vorlage der Regierung, Drucksache Nr. 395. Bitte, legen Sie sich für den § 2 die zweite Seite zurecht. Dann kommt der Abänderungsantrag der SPD Drucksache Nr. 491. Dann kommt der Abänderungsantrag der KPD zu § 1, und schließlich ist mir eben noch vom Herrn Abgeordneten Dr. Leuchtgens folgender Antrag zugegangen:
Antrag auf Wiederherstellung des nachstehenden Standes oder Beschlusses nach der zweiten Beratung des Kriegsopferausschusses am 26. Januar 1950.
Meine Damen und Herren! Da der letzte Antrag immerhin nicht ganz formgerecht ist, aber meiner Ansicht nach auch der Sache nach der weitestgehende ist, weil er einen längst überholten Standpunkt der Beratungen des Kriegsopferausschusses kennzeichnet, so bezeichne ich ihn als weitestgehenden, über den ich zunächst in toto abstimmen lasse. Wer für den Antrag Dr. Leuchtgens ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Der
Antrag ist mit drei Stimmen gegen alle übrigen Stimmen des Hauses abgelehnt.
Meine Damen und Herren, wir kommen nunmehr unter Zugrundelegung der Drucksache Nr. 484 zunächst zu § 1. Zu § 1 liegen zwei Abänderungsanträge vor. Der eine nach der Drucksache Nr. 491, der andere nach dem mir schriftlich eingereichten Antrag der KPD: „Der vorgesehene Zuschlag von 20 % wird auf 60 % erhöht." Da ich diesen Antrag materiell im Vergleich zu dem Abänderungsantrag zu § 1 auf Drucksache Nr. 491 für den weitestgehenden halte, lasse ich zunächst über den Antrag der KPD abstimmen. Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Danke. Ich bitte um die Gegenprobe. — Mit überwiegender Mehrheit bei gewisser Enthaltung abgelehnt.
- Ist das keine zutreffende Feststellung?
Wir kommen nunmehr zur Abstimmung - meine Damen und Herren, ich bitte alle Sachverständigen, sich nach Möglichkeit vorn hinzusetzen und mit aufzupassen,
so haben wir es in anderen Parlamenten auch gemacht — über den Abänderungsantrag zu § 1 nach der Drucksache Nr. 491. Sind wir darüber einig?
Wer für den Abänderungsantrag zu § 1 nach Drucksache Nr. 491 ist, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. — Es muß ausgezählt werden. Darf ich die Herren Schriftführer bitten, auszuzählen, und Herrn Kollegen Matthes und Herrn Kollegen von Aretin, mitzuhelfen. — Ich bitte um die Gegenprobe. Ich bitte, noch einmal auszählen zu wollen. — Meine Damen und Herren, ich bitte doch grundsätzlich, die Zählung dadurch zu erleichtern, daß jeder an seinem Platz stehenbleibt und nicht daneben tritt.
- Ich meine, nicht neben seinen Platz.
- Diese Bemerkung muß ich mit aller Energie zurückweisen.
Meine Damen und Herren! Bei der Auszählung der Stimmen, die gegen den Abänderungsantrag waren, hat sich keine endgültige Übereinstimmung zwischen den auszählenden Schriftführern erzielen lassen.
infolgedessen erlaube ich mir den Vorschlag, daß wir doch einmal den Versuch mit dem Hammelsprung machen.
Ich glaube, dann gehen wir am sichersten. Meine Damen und Herren, darf ich das Einverständnis des Hauses feststellen, daß wir das Prinzip des Hammelsprungs jetzt einmal anwenden? Aller Voraussicht nach wird vielleicht schon die Anwendung des Hammelsprungs bei der Abstimmung über § 1 die Entscheidung im großen und ganzen erkennen lassen, so daß wir eventuell bei den späteren Abstimmungen zum alten System zurückkehren können. — Ich stelle das Einverständnis des Hauses mit der Durchführung des Hammelsprungs fest.
Wir verfahren in folgender Weise. Diejenigen Damen und Herren, die für § 1 gemäß Abänderungsantrag Drucksache Nr. 491 sind, kommen durch die Tür links von mir herein, diejenigen Damen und Herren, die gegen diesen Abänderungsantrag zu § 1 sind, kommen durch die Mitteltür, und diejenigen Damen und Herren, die sich der Stimme enthalten, kommen durch die Tür rechts von mir. An jeder der Türen — bei der Tür für die Stimmenthaltungen wird ein Schriftführer genügen - werden sich zwei Schriftführer aufhalten, und ich appelliere an alle Damen und Herren, nicht zu schnell hereinzudrängen. Herr Kollege Löbe, so ist es doch gewesen? Langsam, damit sich die Schriftführer auch genaue Notizen machen können.
Nun, meine Damen und Herren, begeben Sie sich bitte hinaus, damit der Hammelsprung beginnen kann.
Darf ich zunächst feststellen: die Türen sind ordnungsgemäß besetzt. Ich bitte, die Türen zu öffnen.
— Meine Damen und Herren! Ich weiß nicht genau, was der Gegenstand des Heiterkeitsausbruchs gewesen ist, über den man sich naturgemäß mehr freuen muß, als wenn es sich um den Ausbruch von Gegensätzen handelte. — Mir wird eben gesagt, es liege daran, daß der Herr Abgeordnete Loritz nachträglich hereingekommen sei.
— Herr Abgeordneter Loritz, darf ich Sie fragen: Sind Sie durch die „richtige" Tür gekommen?
Ich erkläre die Abstimmung für geschlossen. Jetzt stimmt das Büro ab.
Schriftführerin Frau Albertz: Ja! Schriftführer Gundelach: Ja! Präsident Dr. Köhler: Nein!
Meine Damen und Herren, ich kann nach Abstimmung mit den beteiligten Schriftführern folgendes Abstimmungsergebnis bekanntgeben. Für den Abänderungsantrag Drucksache Nr. 491 Ziffer 1: 162 Stimmen, dagegen: 177 Stimmen, Enthaltung: 1 Stimme. Damit ist der Antrag abgelehnt. Ich darf wohl das Einverständnis des Hauses annehmen, daß es einer besonderen Abstimmung über den § 1 in der Fassung der Ausschußdrucksache Nr. 484 nicht bedarf, vielmehr § 1 als angenommen gilt.
Wir kommen dann weiter. Ich bitte, meine Damen und Herrren, die Drucksache Nr. 395 Seite 2 zu § 2 zur Hand zu nehmen. Abänderungsanträge liegen dazu nicht vor. Wer für § 2 in der Fassung der Drucksache Nr. 395 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Danke. Ich bitte um die Gegenprobe. — Mit einwandfreier Mehrheit angenommen.
Nun kommen wir zu § 3. Zu der Fassung des Ausschusses liegt kein Abänderungsantrag vor,; darf ich das feststellen. Wer für § 3 gemäß
Drucksache Nr. 395 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Danke! Ich bitte um die Gegenprobe. — Mit einwandfreier Mehrheit angenommen.
Nun kommen wir wieder zu Drucksache Nr. 491 Ziffer 2.
— Pardon, Sie haben recht. In der Fassung des Ausschusses, Drucksache Nr. 484, ist ein § 3 a neu eingefügt. Wer dafür ist — ein Abänderungsantrag liegt dazu nicht vor —, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Danke! Ich bitte um die Gegenprobe. — Mit Mehrheit beschlossen.
Wer für § 3 b in der Fassung der Drucksache Nr. 484 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Danke! Ich bitte um die Gegenprobe. — Mit Mehrheit beschlossen.
Nun kommen wir zu Drucksache Nr. 491 Ziffer 2: „Folgender § 3 c wird eingefügt". Meine Damen und Herren, darf ich fragen, ob wir nach dem Ergebnis der Abstimmung über Ziffer 1 der Drucksache Nr. 491 die Form der Abstimmung, wie eben geschehen, wiederholen sollen?
— Dann muß ich ordnungsgemäß durch Händeaufheben abstimmen lassen. Es wird nach menschlichem Ermessen wahrscheinlich das gleiche Ergebnis sein. Wer für den Antrag Drucksache Nr. 491 Ziffer 2 auf Einfügung des § 3 c ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Da müssen wir auszählen.
— Meine Damen und Herren, nach den Feststellungen der Schriftführer vorhin stelle ich fest, daß die Abstimmung jetzt strukturell die gleiche ist.
— Einen Moment! Ich bitte nunmehr um die Gegenprobe. —
Wieviel Stimmenthaltungen? — Eine! Dann ist es dasselbe Abstimmungsergebnis. Eine Stimmenthaltung wie bei Ziffer 1. Der Antrag ist demnach abgelehnt.
Wir kommen nunmehr zu § 4 der Drucksache Nr. 395, also der ursprünglichen Fassung. Abänderungsanträge dazu liegen nicht vor. Wer für § 4 in der Fassung der Drucksache Nr. 395 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Danke! Ich bitte um die Gegenprobe. — Fast einstimmig angenommen.
Es liegt nun auf Drucksache Nr. 491 unter Ziffer 3 ein Antrag vor, einen § 4 a neu einzufügen. Ich bitte die Damen und Herren, die für Ziffer 3 der Drucksache Nr. 491, Einfügung eines § 4 a , sind, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. -- Das Ergebnis, das wir von hier oben feststellen, ist wieder, daß dieser Antrag mit Mehrheit abgelehnt ist.
Wir kommen dann zu § 5 in der Regierungsfassung, Drucksache Nr. 395. Abänderungsanträge liegen nicht vor. Wer für § 5 gemäß Drucksache Nr. 395 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Danke! Ich bitte um die Gegenprobe. — Es ist zweifelsfrei so beschlosssen.
Es liegt jetzt wieder ein Abänderungsantrag auf Drucksache Nr. 491 unter Ziffer 4 vor, einen § 5 a einzufügen. Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. Das letztere war die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Es , ist weiter auf Drucksache Nr. 491 unter Ziffer 5 beantragt, einen § 5 b einzufügen. Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben.
— Danke! Ich bitte um die Gegenprobe. Der
Sitzungsvorstand ist sich darüber einig, daß der Antrag mit Mehrheit abgelehnt wurde.
Damit kommen wir zu § 6 in der Fassung der Regierungsdrucksache Nr. 395. Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Danke! Ich bitte um die Gegenprobe. — Fast einstimmig angenommen.
Wer nunmehr für die Einleitung und die Überschrift des Gesetzes ist, den bitte ich, die Hand zu erheben.
— In der Fassung der Drucksache. Nr. 484! Sind wir uns darüber einig?
Das betrifft nur die Einleitung; die Überschrift ist so geblieben. Wer für Überschrift und Einleitung in der Fassung der Drucksache Nr. 484 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Danke! Fast einstimmig angenommen.
— Verzeihung, wird sind in der zweiten Lesung. Die Entschließung gehört meines Erachtens in die dritte Lesung. Es ist ja nur eine Entschließung, keine Gesetzesänderung, Das kommt in der dritten Beratung. Ich glaube, ich habe dazu die Zustimmung des Hauses. Entschließungen bedürfen nur einer einmaligen Abstimmung.
Meine Damen und Herren! Ich stelle fest, daß damit die zweite Beratung beendet ist.
Ich eröffne nunmehr die Aussprache der
dritten Beratung.
Wird das Wort gewünscht? — Herr Abgeordneter Leddin.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Verbessserung von Leistungen an Kriegsopfer habe ich namens der SPD-Fraktion vor Beginn der dritten Lesung folgende Erklärung abzugeben:
Die SPD-Fraktion wird in Erkenntnis der schweren und weitgehenden sozialen Verpflichtungen, die sich aus der Erbschaft der Hitlerdiktatur und des zweiten Weltkrieges ergeben, von der Bundesregierung nicht verlangen, daß sie eine Sozialpolitik im luftleeren Raum betreibt.
Die SPD-Fraktion ist daher an die Beratung auch dieses Gesetzes mit der aufrichtigen Absicht und dem vollen Ernst herangegangen, eine gemeinsame Basis für die Verabschiedung dieses Gesetzes zu finden unter Verzicht auf an sich grundsätzliche Forderungen. In Übereinstimmung mit den Mitgliedern des Ausschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen aller Fraktionen hat sie die dringlichsten Forderungen, die einer Verein-
heitlichung des Kriegsopferrechts entsprechen, im Ausschuß einmütig erarbeitet.
Erst in der letzten Sitzung des Ausschusses erklärten die Mitglieder der Regierungsparteien, daß ihre Fraktionen
1. der Erweiterung des Personenkreises für die Gewährung der Teuerungszulagen,
2. der Gewährung von Waisenrenten und Kinderzulagen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr auch in den Ländern, wo dies bis jetzt noch nicht erfolgte,
3. der Gewährung von Elternrenten und Elternbeihilfen ebenfallls in den Ländern, die bis jetzt diese soziale Maßnahme noch nicht haben,
4. der Bezahlung der Krankenversicherungsbeiträge für die Kriegsbeschädigten und Hinterbliebenen, die keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung haben, damit sie und ihre Angehörigen im Falle der Krankheit vor Not und Elend geschützt sind,
5. die Anwendung der Reichsversicherungsordnung § 559 b und § 595 bei der Berechnung von Körperbeschädigtenrenten und Hinterbliebenenrenten aufzuheben, damit insbesondere die kinderreichen Familien ein soziales Existenzminimum haben,
nicht zustimmen könnten. Sie haben heute in der zweiten Lesung die gleiche Haltung eingenommen. Bei dieser Sachlage bleibt der Gesetzentwurf trotz der Erweiterung der Regierungsvorlage um eine Verbesserung der Pflegezulage für Schwerstbeschädigte, insbesondere Kriegsblinde und der Nichtanrechnung der eventuell gewährten Fürsorgeunterstützung auf die Teuerungszulagen, die durch sozialdemokratische Initiative erreicht wurden, weit hinter den sozialen Erfordernissen zurück.
Die SPD-Fraktion ist zu einer sachlichen Zusammenarbeit in allen Fragen bereit, die nicht das Privileg einer Partei, sondern ein gemeinsames Anliegen aller Parteien sein sollten. Diese Zusammenarbeit ist aber unmöglich, wenn alle noch so berechtigten und vertretbaren sozialen Wünsche mit dem Hinweis auf die Finanzlage des Bundes verneint werden, obwohl die Bundesregierung eine Steuersenkung von rund einer Milliarde DM bei den zahlungsfähigsten Teilen unseres Volkes einzuräumen gewillt ist.
Die SPD-Fraktion wird einer Politik des Ausweichens, der leeren Deklamationen, auch wenn
sie mit noch so großer, aber wenig überzeugender Lautstärke vorgetragen werden, und
unverbindlicher Entschließungen ihre Entschlossenheit zu einer Politik praktischer und
fühlbarer Hilfe entgegensetzen. Sie wird sich
bei der dritten Lesung der Stimme enthalten.
Wird das Wort weiter gewünscht? — Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Wellhausen.
Meine Damen und Herren! Auch meine Fraktion ist der Meinung, daß seit der Bildung des Wirtschaftsrats für die
Kriegsbeschädigten nicht das getan worden ist, was die Kriegsbeschädigten mit Fug und Recht erwarten konnten. Nicht zum ersten Mal darf ich an dieser Stelle erklären, daß Versäumnisse der seinerzeitigen Regierung vorliegen. So wie die Dinge aber heute liegen, hält es meine Fraktion für besser, wenigstens etwas — und das ist der Antrag Drucksache Nr. 484 — zugunsten der Beschädigten alsbald zu tun, als sie für mehrere Monate noch auf eine Verbesserung, wie sie dieser Entwurf enthält, zu vertrösten.
Das ist der einzige Grund, der meine Fraktion veranlaßt, für das Gesetz unter Drucksache Nr. 484 zu stimmen und einer besonderen Dringlichkeit der Entschließung Ausdruck zu geben. Wir würden, wenn es verfassungsrechtlich zulässig wäre, in der Entschließung nicht sagen: „Die Bundesregierung wird ersucht", sondern wir würden sagen: „Die Bundesregierung wird verpflichtet". Da das aber verfassungsrechtlich nicht möglich ist, verlassen wir uns darauf, daß die Bundesregierung dieses Ersuchen als eine Verpflichtung ansehen wird.
Das Wort hat der Herr Bundesfinanzminister.
— Nein, als Bundesfinanzminister!
Meine Damen und Herren! Ich spreche nicht als Vertreter des Bundeswahlkreises Passau, sondern ich spreche in meiner Eigenschaft als Bundesfinanzminister. Ich möchte in dieser Eigenschaft lediglich zu einem Satz Stellung nehmen, der in der Erklärung der sozialdemokratischen Fraktion enthalten ist und der dahin lautete, daß die Bundesregierung die sozialen Forderungen, obschon sie gleichzeitig eine Steuersenkung von rund 1 Milliarde vornehme, nicht erfüllen wolle oder vorgebe, nicht erfüllen zu können. Ich möchte hierzu folgendes feststellen. Es dürfte dem Hohen Hause aus allen meinen Erklärungen längst bekannt geworden sein, daß die Bundesregierung nicht beabsichtigt, eine Steuersenkung vorzunehmen, um das Steueraufkommen zu mindern,
sondern die Bundesregierung nimmt im Gegenteil eine Steuersenkung vor, weil sie mit den Finanzministern a 11e r deutscher Länder der Überzeugung ist, daß bei dem jetzigen Steuersystem das Steueraufkommen sinken muß und infolgedessen die Möglichkeit zur Erfüllung der Aufgaben, die der Bund gerade auf sozialpolitischem Gebiet vor sich hat, nicht mehr in ausreichendem Maße gegeben ist. Ich habe dem Hohen Hause wiederholt erklärt: der Sinn des Gesetzentwurfs über die Senkung der Einkommensteuer liegt gerade darin, bei den Schichten, die künftig der Veranlagung unterstellt werden, eine strengere Handhabung bei der Überwachung und Beitreibung der Steuern herbeizuführen.
Ich habe im Ausschuß und in der Öffentlichkeit darauf hingewiesen — und ich erkläre es jetzt immer wieder in ,der Öffentlichkeit —, daß wir im Mai die DM-Eröffnungsbilanz, wenige Monate darauf die Veranlagungen erhalten, damit von dem System der Selbsteinschätzung endlich
abkommen und endlich die Möglichkeit der Überwachung der Steuererklärungen haben. Wir wollen diese Überwachung so streng wie möglich durchführen. Wir können sie aber nur dann so streng wie möglich durchführen, wenn auch der steuerehrliche Zahler Steuertarife vorfindet, die er erfüllen kann.
Wenn wir dieses System durchführen, dann werden wir nach unserer festen Überzeugung am Ende des Haushaltsjahres wieder das Steueraufkommen haben, das wir in den letzten Monaten gehabt haben.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Renner:
Meine Damen und Herren! Im Namen der kommunistischen Fraktion habe ich folgendes zu erklären. Auch wir billigen nicht den heute zu verabschiedenden Gesetzentwurf. Auch wir sehen in der Formulierung der Entschließung, nach der die Regierung ersucht werden soll, mit Wirkung vom 1. April gewisse Verbesserungen einzuführen, nichts anderes als einen faulen Wechsel auf die Zukunft. Wir sind der Auffassung - und ich spreche das noch einmal klar und eindeutig aus —, daß, wenn die Verbesserung der Kriegsopferversorgung von dem Willen dieser Regierung und dieser Koalitionsparteien abhängt, die Kriegsopfer mit keiner wesentlichen Verbesserung zu rechnen haben.
Es muß nach unserer Meinung auch etwas zu der Erklärung des Herrn Bundesfinanzministers gesagt werden. Der Herr Bundesfinanzminister hat sinngemäß erklärt: Wir nehmen eine Steuersenkung in der Höhe von 1 Milliarde DM vor. Er hat weiter sinngemäß gesagt: Der Sinn dieser Steuersenkung —die ja einem ganz bestimmten Kreis zugute kommt — soll der sein, über eine Thesaurierungspolitik am Ende des Rechnungsjahres 1950 auch bei gesenkten Steuersätzen höhere Steuereinnahmen zu bekommen, um dann die sozialen Verpflichtungen erfüllen zu können. Am Anfang der Regierungserklärung - darüber kann man nicht streiten — steht doch einmal ein Abbau von 1 Milliarde Steuereinnahmen.
Das andere ist Spekulation auf die Zukunft. Der Herr Bundesfinanzminister hätte meines Erachtens gut getan, bei dieser Gelegenheit einmal seine letzten Enthüllungen über die Pläne für den kommenden endgültigen Lastenausgleich bekanntzugeben.
— Ich rede hier von den Möglichkeiten finanzieller Natur, im neuen Jahr mehr zu tun als bisher. Am Ende des kommenden Rechnungsjahres werden Sie genau wie heute mit denselben Argumenten erklären, daß Sie bedauerlicherweise nicht in der Lage seien, im Sinne einer Verbesserung der sozialen Gesetzgebung und insbesondere der Kriegsopferversorgung etwas zu tun.
Und nun ein Wort an die Freunde von der SPD! Sie haben heute dreimal versichert, daß Sie keine Politik im luftleeren Raum machen wollen. Ich frage: liegen denn Ihre Anträge, was ihre Verwirklichungsmöglichkeit angeht, im luftleeren Raum? Haben Sie nicht selber mit Ihren Erklärungen den Beweis dafür geführt, daß die Verwirklichung Ihrer Anträge durchaus möglich wäre? Sie haben doch das Gegenteil dessen, was Sie hier angedeutet haben, behauptet. Ihre Formulierung, daß Sie es ablehnen, Politik im luftleeren Raum zu machen, ist nur eine Fortsetzung Ihrer systematischen Politik der Schonung dieser reaktionären Regierung.
Ich kann das im Spezialfall eindeutig beweisen. Warum — so frage ich Sie — hat Ihr Kollege Bazille vor Weihnachten in seiner Verbandszeitung dieses Kuckucksei als eine Erfüllung der wichtigsten Forderungen der Kriegsopfer hingestellt? Warum — so frage ich Sie — sperren Sie sich 'gegen die Einigung der Kriegsopfer? Warum, so frage ich Sie, bringen Sie die Kriegsopfer nicht auf den einzig wirkungsvollen Wieg, auf den Weg einer Kampforganisation gegen die Adenauer-Regierung? Das möchte ich ihnen sagen — das kann man den Kriegsopfern draußen nämlich nicht genug sagen —: wenn sie sich auf den faulen Zauber verlassen, den Sie ihnen hier vormachen, dann kriegen sie im kommenden Jahr nichts.
Herr Abgeordneter Renner — —
Ich schließe. Wir werden mit Hilfe der Kriegsopfer draußen den Kampf gegen diese Regierung fortsetzen.
Herr Abgeordneter Renner, Sie haben, glaube ich, soeben einen Ausdruck gebraucht, der nicht ganz parlamentarisch war.
— Herr Abgeordneter Renner, wir alle machen keinen „faulen Zauber". Ich muß diesen Ausdruck zurückweisen.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. von Brentano.
Meine Damen und Herren! Mit den letzten Ausführungen des Herrn Abgeordneten Renner mich auseinanderzusetzen, lehne ich ab. Es ist nicht üblich, eine vom Präsidenten bereits gerügte Bemerkung noch einmal aufzugreifen. Aber ich glaube, es liegt nahe, hier eine Richtigstellung zu bringen und vielleicht einmal in die Diskussion darüber einzutreten, wer sich dem Vorwurf aussetzt, faulen Zauber zu machen.
Ich habe die Erklärung der Fraktion der Sozialdemokratischen Partei bedauert. Ich habe sie
aus zwei Gründen bedauert, einmal, weil aus dieser Erklärung herausklang, daß die Fraktion der Sozialdemokratischen Partei nicht habe mitarbeiten können. Ich glaube, daß dieser Vorwurf um so weniger zutrifft, als der gleiche Redner dann Verbesserungen, die heute hier beschlossen worden sind, als das Verdienst seiner Fraktion in Anspruch genommen hat.
Ich glaube nicht, das wir in dieser Form über unsere gemeinsame Arbeit reden sollten.
Ein zweites. Aus der Erklärung der sozialdemokratischen Fraktion klang die Feststellung, daß die Regierung und ,die Fraktionen der Koalition sich nicht der ungeheuren Verantwortung bewußt seien, die wir gerade gegenüber den Opfern dieses Krieges tragen. Es ist sicherlich so, daß derjenige, der heute in unserem verarmten Vaterland die Verantwortung trägt,
(Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Renner: Und Ihre Wahlparolen! —, Weitere Zurufe und Unruhe
links.)
Wir wollen später einmal die Frage beantworten, wer heute das größere Verantwortungsgefühl hat ob derjenige, der, wie es auch der Finanzminister getan hat, bereit ist, sich heute vor unser deutsches Volk zu stellen und nüchtern und ehrlich die Bilanz aufzumachen, die uns das Dritte Reich hinterlassen hat, oder derjenige, der eine Politik der Ausgaben treibt, ohne zu wissen, aus welchen Einnahmen die Ausgaben gedeckt werden können.
Ich erkläre für meine Fraktion, daß wir uns der moralischen und der sozialpolitischen Verpflichtungen mindestens ebenso bewußt sind wie diejenigen, die heute die Beschlüsse dieses Hauses kritisieren. Ich lehne es ab, derartige Diskussionen unter dem Gesichtspunkt parteipolitischer Auseinandersetzungen zu führen. Wir werden niemals die Verantwortung für das scheuen, was wir hier — nicht aus Verantwortungslosigkeit, sondern, wie ich glaube, aus größerem Verantwortungsgefühl — beschließen.
Meine Damen und Herren! Da keine weiteren Wortmeldungen mehr vorliegen, schließe ich die Aussprache der dritten Beratung.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer für das Gesetz gemäß Drucksache Nr. 484 in Verbindung mit Drucksachen Nr. 395 und 491 in der in der zweiten Lesung angenommenen Fassung im ganzen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Ich danke und bitte um die Gegenprobe. - Ich stelle fest, daß das Gesetz mit Mehrheit bei Enthaltungen angenommen und damit in dritter Lesung verabschiedet worden ist.
Wir kommen nunmehr zu der in der Druckschließung. Dazu liegt seitens der KPD der Absache Nr. 484 unter Ziffer 2 vorgesehenen Entänderungsantrag vor, im Eingang nicht zu sagen: „Die Bundesregierung wird ersucht", sondern: „Die Bundesregierung wird verpflichtet". Wer für diesen Abänderungsantrag zu der Entschließung ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Danke. Ich bitte um die Gegenprobe. — Mit eindeutiger Mehrheit abgelehnt.
Damit kommen wir zur Abstimmung über die Entschließung in der Fassung nach Drucksache Nr. 484. Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Bei Stimmenthaltungen mit großer Mehrheit beschlossen.
Meine Damen und Herren, zu Punkt 6 unserer Tagesordnung, Beratung des Antrags der SPD betreffend Bekämpfung der Arbeitslosigkeit — Drucksache Nr. 406 —, habe ich bekanntzugeben: Im Einverständnis mit den Herren Antragstellern wird dieser Punkt wegen der Abwesenheit des Herrn Bundeswirtschaftsministers heute abgesetzt und in der am Donnerstag nächster Woche stattfindenden Plenarsitzung behandelt werden.
Wir kämen dann zu den Punkten 7 und 8 der Tagesordnung. Der Ausschuß bzw. der Altestenrat waren sich darüber klar, daß beide Punkte gemeinsam behandelt werden könnten, das heißt also, daß die Berichterstattung über beide Anträge gemeinsam erfolgen könnte. Für die Berichterstattung über den einen Antrag sollten 30, für die zu dem zweiten 20 Minuten aus-, reichen. An die Berichterstattung soll sich dann die Aussprache anschließen, für die eine Gesamtredezeit von 120 Minuten vorgesehen ist. Ich bitte das Haus um Zustimmung zu dieser Abrede. — Ich höre keinen Widerspruch und stelle fest, daß demgemäß beschlossen ist. Nach Ablauf der Gesamtredezeit hätten die beiden Antragsteller dann noch je 5 Minuten Zeit für das Schlußwort.
Ich rufe also auf die Punkte 7 und 8:
7. Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Horlacher, Bauereisen, Strauss und Genossen betreffend Wiederaufbau der deutschen Landwirtschaft ;
8. Beratung des Antrags der Fraktion der BP betreffend Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gemäß Artikel 44 des Grundgesetzes .
Ich erteile das Wort zur Begründung des Antrags auf Drucksache Nr. 428 Herrn Abgeordneten Dr. Horlacher.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wäre mir erwünscht gewesen, wenn dieser Punkt der Tagesordnung im Zusammenhang mit dem soeben abgesetzten Punkt hätte behandelt werden können, im Zusammenhang mit einem Antrag, der sich ebenfalls mit unserer Wirtschaftslage, im besonderen mit der Arbeitslosigkeit befaßt. Die Dinge im Wirtschaftsleben lassen sich nicht voneinander trennen. Es darf nicht nur ein Zweig der Wirtschaft mit seinen Interessen in den Mittelpunkt der Betrach-
tung gestellt werden, sondern die Verhältnisse müssen geordnet, die Interessen gegenseitig aufeinander abgestimmt werden. Ich bitte das nicht dahin aufzufassen, daß ich etwa einseitig die Belange nur eines Standes vertreten will; ich möchte vielmehr die berechtigten Interessen der Landwirtschaft und des Bauerntums mitten hineingestellt wissen in eine Beurteilung des Wirtschaftslebens, damit die Arbeit der Landwirtschaft und des Bauerntums für unser ganzes Volk fruchtbar wird.
Gestatten Sie mir nun als Einleitung bei der Begründung des von uns eingebrachten Antrages einige grundsätzliche Bemerkungen.
— Ich bitte doch die Damen und Herren, das Nichtsachverständnis in Dingen der Landwirtschaft nicht so weit zu treiben, daß der Redner dauernd gestört wird. Es handelt sich hier um sehr ernste Fragen, die unser ganzes Volk und das ganze Bauerntum angehen.
Wir haben uns ohnehin darüber zu beklagen, daß bei allen Reden hier, gleich von welcher Seite sie gehalten werden, immer nur ein Zweig der Wirtschaft erwähnt wird, nie aber die Grundlage unserer ganzen Wirtschaft, das Bauerntum.
Hier muß Remedur geschaffen werden, die Auffassungen müssen sich ändern, denn sonst kommen wir nach meiner Überzeugung auf eine schiefe Ebene.
— Es ist doch besser, wenn man auf manche Zwischenrufe nicht eingeht.
Wir haben jetzt einen neuen Abschnitt in unserem deutschen Wirtschaftsleben erreicht. Der Abschnitt, in dem es im wesentlichen um die Verteilung von Lebensmitteln ging, ist bis auf wenige Restbestände überwunden. In dem vergangenen Abschnitt ging es um die Überwindung der Mangellage auf wichtigen Gebieten des Wirtschaftslebens. Diese Mangellage führte jahrelang zur Kontrolle aller Bauernhöfe. Jetzt aber beginnt ein neuer Abschnitt, der Abschnitt der endgültigen Bereinigung der Verhältnisse, nun allerdings nach der anderen Seite. Jetzt haben wir die Landwirtschaft wieder aufzubauen.
Beim Herangehen an diese Aufgabe haben wir besonders ein Datum vor uns, dessen Herannahen — das spreche ich ehrlich aus — mir ernstliche Sorge bereitet: bis zum Jahre 1952 sollen wir unsere Wirtschaft auf eigene Füße gestellt haben. Wenn wir dieses Ziel erreichen wollen, dürfen wir auf keinen Fall die Belange der Landwirtschaft übersehen. In der neuen Periode, die jetzt begonnen hat, handelt es sich nicht mehr um die Verteilung, sondern jetzt handelt es sich um die Produktion, um die Regelung des Absatzes und auch um die Herstellung einer entsprechenden Rentabilität der landwirtschaftlichen Betriebe.
Wenn ich die Wichtigkeit dieser Aufgabe betone, so kann ich mich dabei nicht allein auf Äußerungen von deutscher Seite, sondern auch auf solche von amerikanischer Seite berufen. Man sage uns nicht immer, der Zwang, gewisse Maßnahmen zu treffen, komme von amerikanischer Seite. Das trifft nicht immer zu, und ich kann den Beweis für diese meine Behauptung antreten. Der Direktor des ERP-Planes, Mr. Hoffman, hat unzählige Male zum Ausdruck gebracht, daß der Wiederaufbau der deutschen Landwirtschaft eine der ersten Aufgaben ist, die in Angriff genommen werden müssen. Daraus geht hervor, daß das einen gewissen Vorrang einnimmt und mit unseren wirtschaftlichen Bestrebungen in Einklang gebracht werden muß.
Aber wir müssen, wenn wir nicht unglücklich operieren wollen, auch die Gleichberechtigung zwischen Industrie und Gewerbe, dem einen Hauptproduktionszweig unserer deutschen Wirtschaft, auf der einen Seite und der deutschen Landwirtschaft, dem n deutschen Bauerntum auf der anderen Seite herbeiführen. Dabei kommt es nicht allein auf die zahlenmäßige Stärke der einzelnen Berufsstände an, sondern dabei muß berücksichtigt werden, welche Produktionsbedeutung die einzelnen Berufsstände für das Gesamtwohlergehen unseres Volkes haben.
Und ein anderes: Nehmen Sie einmal irgendein statistisches Jahrbuch zur Hand! Es ist gut, daß jetzt wieder die Statistiken herauskommen und wir dadurch, wieder eine bessere Übersicht bekommen und nicht immer auf Mitteilungen von bürokratischer Seite angewiesen sind. Hier ist manches nachzuholen, was bisher versäumt worden ist. Wenn Sie sich auf Grund eines solchen Handbuches einmal
die Millionenzahl der Angehörigen unseres Bauerntums vergegenwärtigen, — was erkennen Sie dann?
Daß der „kleine Mann" auf dem Lande genau so wie in der Stadt vertreten ist.
Wenn Sie daher Bauernpolitik im wirklichen Sinn* des Wortes treiben wollen, müssen Sie gerade den besonderen Verhältnissen der Masse derer Rechnung tragen, die von ihrer Hände Arbeit leben.
Dazu kommt noch ein weiterer Gesichtspunkt. Wenn wir Bodenreform betreiben wollen. müssen wir zuerst dafür sorgen, daß die jetzt bestehenden Betriebe eine gesicherte Grundlage haben. Derjenige, der unter erschwerten Verhältnissen auf ein Stück Grund und Boden kommt, kann sich erst recht nicht halten, wenn die Existenz des andern nicht gesichert ist. Das hängt nun engstens zusammen mit anderen, für unser Wirtschaftsleben entscheidenden Dingen — erschrecken Sie nicht, wenn ich das sage —, mit dem Problem der Arbeitslosigkeit. Was würde geschehen, wenn die Existenz vieler kleiner und mittlerer . Betriebe unseres mit Familienkräften arbeitenden Bauerntums erschüttert würde? Es würde zu der schon bestehenden Arbeitslosigkeit auf der industriell-gewerblichen Seite noch die Arbeitslosigkeit der landwirtschaftlichen Seite dazukommen.
Das muß unter allen Umständen verhindert werden. Deswegen muß die Fürsorge für die in den Westzonen lebende Bevölkerung - am liebsten hätte ich die Bevölkerung der Ostzone mit dabei — in den Vordergrund gerückt werden, muß der Mensch, der dort lebt, im Mittelpunkt unserer Betrachtungen stehen. Daher müssen wir auch für die Kaufkraft und die Kapitalbildung dieser ländlichen Kreise sorgen, 'damit nicht der Blutkreislauf unserer Wirtschaft gestört wird.
In diesem Zusammenhang möchte ich mich auch dagegen wenden, daß man von amerikanischer Seite den Farmer in Amerika dem Bauern
in Deutschland gegenüberstellt und die Produktionsbedingungen beider für die gleichen hält.
Die sind bei uns nicht gleich und sind in der gesamten europäischen Landwirtschaft nicht gleich, da gibt es himmelweite Unterschiede.
Mit aller Schärfe aber möchte ich auf eine besondere Erschwernis für den Wiederaufbau der Landwirtschaft hinweisen, die darin liegt, daß auch unserem Bauerntum durch die Währungsumstellung die Kapitalreserven weggenommen worden sind und daß damit auch die Löhne für die mitarbeitenden Familienangehörigen zugrunde gegangen sind.
In der Landwirtschaft anderer Staaten wie Dänemark, Holland, Schweden, Schweiz, teilweise auch Belgien, sind die Sparkapitalien nicht zugrunde gegangen. In England, dessen Landwirtschaft auf hohen Export angewiesen ist, sucht die Regierung die Exportausweitung mit allen Mitteln zu betreiben. Auf der anderen Seite aber führt sie eine Subventionspolitik zugunsten des Bauerntums, die im Vergleich zu unseren Verhältnissen geradezu ins Ungemessene geht.
Die englische Regierung weiß nämlich genau, daß es nicht allein auf die Ausweitung des Exports ankommt, sondern auch auf die Erhaltung der binnenländischen Wirtschaft, auf die Erhaltung der Kraft ihres eigenen Bauerntums; darauf stellt sie auch ihre ganzen Maßnahmen ab. Auch die in Amerika den Farmern gewährte Unterstützung läßt sich mit unseren Verhältnissen in keiner Weise vergleichen.
Das ist bei uns ganz anders. Die Sparkapitalien der mitarbeitenden Kinder des Bauern sind dahin. Darüber hinaus müssen wir mit den Schwierigkeiten rechnen, die uns sicher bevorstehen. Der Druck darf aber nicht einseitig nach der Exportseite ausgerichtet werden. Das wäre ein Fehler. Ich bin klug genug, zu sagen: wir müssen in den Weltverkehr hinein, wir können uns nicht abschließen. Aber den Druck einseitig auf die Exportseite zu legen und dabei nicht Obacht zu geben auf das Schicksal der binnenländischen Wirtschaft, wäre auch verkehrt; denn es kommt das Jahr 1952, und bis dahin müssen wir ernährungsmäßig möglichst auf eigenen Füßen stehen. Das wird ohnehin nur bis zu einer gewissen Grenze möglich sein, denn die inzwischen erfolgte Neuordnung unserer Verhältnisse — das soll auch ausgesprochen werden, und das muß unser Volk bei jeder Kritik bedenken — war nur möglich durch die amerikanische Hilfe. Erst die Auffüllung des Nahrungsmittel- und Rohstoffmarktes hat uns diese Erholung ermöglicht, das darf nie aus den Augen verloren werden. Deswegen sollte aber unsere Stimme auch gehört werden, wenn wir jetzt auf gewisse Gesichtspunkte hinweisen, deren Beachtung für die weitere Neuordnung unserer Verhältnisse notwendig ist. Wir müssen jetzt alles darauf abstellen, den Wiederaufbau der deutschen Landwirtschaft fortzuführen, damit nicht durch einen falschen Weg der Wirtschaftpolitik eine Unterbrechung dieses Gesundungsprozesses eintritt.
Nun kommen hier für die deutsche Landwirt- schaft — das kann ich wohl sagen — und auch für weite Kreise der übrigen Bevölkerung, die die Landwirtschaft und das Bauerntum als wichtig für die Gesamtbevölkerung anerkennen, große Bedenken wegen gewisser Verhältnisse. Ich bin klug genug, mich nicht von neuen Formulierungen blenden zu lassen. Das ist bei uns jetzt schon beinahe so geworden: wenn einer sieh nicht mehr auskennt und nicht mehr hinaussieht, dann sagt er: Liberalisierung! Das ist so — so berechtigt auch das Wort, richtig angewendet, ist — zu einem Zauberwort geworden, das alle Schwierigkeiten beseitigen soll.
Insofern möchte ich diesem Wort „Liberalisierung" nicht in vollem Umfang folgen, obwohl ich andererseits wünsche, daß wir unseren Wirtschaftsraum vergrößern, soweit es die Verhältnisse zulassen, und hier eine Grundlage für die Zusammenarbeit in Europa legen. Ich habe hier das klassische Buch von Lujo von Brentano vor mir liegen, der sich besonders mit der Freihandelstheorie beschäftigt hat. Selbst der Mann ist vorsichtig, der doch sicher der klassische Verfechter der Theorie des besten Standortes für die Industrie, für die Landwirtschaft und das Gewerbe war, das heißt, daß die besonderen Zweige nur dort betrieben werden sollen, wo sie den größtmöglichen Ertrag und die wenigsten Unkosten aufweisen. Auch dieser Mann sagt sogar und führt es in seinem Buch aus:
Nur dann kann Deutschland den hochfliegenden Zielen, die es verfolgt, noch näherkommen, wenn es mit rücksichtsloser Energie seine Produktivkraft denjenigen Produktionszweigen zuwendet, welche der nationalen Arbeit die größtmöglichen Ergebnisse versprechen. Diese Notwendigkeit wird auch jene politischen Konstellationen bedingen, welche den rückläufigen Strömungen auf dem Gebiete der Wirtschaftspolitik heute dienen. Gewiß werden Mittel gefunden werden müssen, um den einzelnen Wirtschaften, welchen
die Rückkehr zu einer den Interessen des Ganzen entsprechenden Wirtschaftspolitik schwer wird, diesen Übergang zu erleichtern. Was zur Schonung und Erleichterung derselben geschehen kann, soll geschehen, solange nur das, was das Interesse des Ganzen notwendig macht, nicht beeinträchtigt wird.
Sie sehen daraus seine Einschränkung, trotz seiner scharfen Einstellung für den Wirtschaftsverkehr ohne Zollschranken, also für den freien Wirtschaftsverkehr. Ja, und ich setze noch hinzu, wir werden bei solchen Sachen sehr vorsichtig sein müssen; denn wir haben eine zusammengedrängte Bevölkerung in den Westzonen. Wir haben eine angeschlagene Industrie; wir haben eine Landwirtschaft, die wieder aufgebaut werden muß. Wir müssen das Instrument der Liberalisierung so vorsichtig anwenden, damit nicht die Arbeitsplätze unserer in den Westzonen wohnenden Menschen dadurch in Gefahr kommen.
Da müssen ,die Verhältnisse genau geprüft werden; da kann ich nicht bloß mit einem Grundsatz arbeiten, sondern da muß ich die Dinge mit Abmaß betrachten und die Auswirkungen sehen. Deswegen wird es auch bei der Arbeitslosendebatte so wichtig sein, im einzelnen nachzuprüfen, welche Ursachen hier vorhanden sind. Denn
wir können uns nicht von heute auf morgen in Dinge hineinbegeben, die für ,das Leben der in der Wirtschaft beschäftigten Menschen außerordentlich ernst werden würden.
Dann kommt das Problem der Handelsverträge, das neben der Liberalisierung der Wirtschaft, also dem Verkehr über die Grenzen der einzelnen Staaten hinweg, noch mit Zollschranken, aber ohne Mengenbegrenzungen, eine wesentliche Rolle spielt. Das ist ein Problem, das der genauen Überprüfung bedarf. Da ist es notwendig - und das spreche ich auch hier aus —, daß wir in den Organen des Bundestags, in seinen Ausschüssen und auch im Bundestag selbst über die jeweiligen Rechtsgrundlagen, die auf diesen wichtigen Gebieten bestehen, unterrichtet sind. Wir müssen wissen, was kann die Regierung tun, und was kann sie nicht tun, weil wir die Verantwortung tragen müssen. Wenn es eines der wichtigsten Rechte des Parlaments ist, den Etat der Regierung zu bewilligen, das heißt Ein- und Ausgaben unter Kontrolle zu halten, so ist es um so wichtiger, das Leben der Nation im Verhältnis zu anderen Staaten unter Kontrolle zu halten. Das ist der Etat unserer Westzonen gegenüber dem Ausland und der Beeinflussungen gegenüber dem Ausland. Wir sind sowieso in einer sehr schwierigen Lage, weil wir über keinerlei Posten in der Zahlungsbilanz mehr verfügen; denn die Zahlungsbilanz hat uns früher ermöglicht, vieles auszugleichen, was wir an Importen dafür hereinnehmen konnten. Das fällt heute auch aus, und deswegen ist das System der Handelsverträge für die Landwirtschaft das wichtigste Prolem, das es gibt.
Da stehe ich auf dem Standpunkt, daß die Produkte, die der Bauer erzeugt, soweit sie zum Leben ,des Bauern notwendig sind, nicht der Liberalisierung unterworfen werden können. Hier muß ein Halt gemacht werden. Ich erinnere nur an die Fragen der Veredelungsproduktion. Es wird niemand zweifeln, daß wir die teuren Produkte für unsere Lebenshaltung, die aus der Veredelungsproduktion stammen - Milch, Fleisch, Fett —, möglichst durch Hebung unserer eigenen Wirtschaft erzeugen wollen. Wir werden einen Teil, besonders in der Fettversorgung, noch hereinnehmen müssen; aber das muß durch Handelsverträge so geregelt werden, daß im Leben und Emporstreben des Bauerntums zugunsten des Gesamtvolks keine Störung erfolgt.
Es ist auch noch bei den Handelsverträgen möglich, auf die einzelnen Verhältnisse Rücksicht zu nehmen, die im Verkehr mit den einzelnen Staaten zu beobachten sind. Das war früher so. Deswegen stehe ich auch auf dem Standpunkt — das ist im Antrag hier gefordert —, daß die Handelsverträge als eines der wichtigsten Instrumente zur Regelung des Lebens eines Volkes gegenüber dem Ausland unbedingt von jetzt an der Ratifizierung durch den Bundestag unterworfen werden müssen. Dabei berufe ich mich auf Artikel 73 des Grundgesetzes, wo es heißt:
Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über: 5. . . . ,die Einheit des Zoll-
und Handelsgebietes, die Handels- und Schiffahrtsverträge . . .
Das ist hier klar ausgesprochen. Im Artikel 59 heißt es:
Verträge, welche die politischen Beziehungen des Bundes regeln oder sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen,
— und Gegenstände der Bundesgesetzgebung sind
die Zoll- und Handelsverträge nach Artikel 73 —
bedürfen der Zustimmung oder der Mitwirkung der jeweils für die Bundesgesetzgebung zuständigen Körperschaften in der Form eines Bundesgesetzes.
Weiter kommt hinzu, daß, nachdem der Bundestag das Recht der Ratifizierung solcher Handelsverträge im Interesse aller Beteiligten für sich in Anspruch nehmen muß, die Regierung gehalten ist, über diese Dinge fortlaufend Auskunft zu geben. Denn man kann hier letzten Endes zu diesen Dingen nicht Stellung nehmen, wenn man nicht wenigstens in den Grundzügen über den Werdegang der Verhältnisse unterrichtet ist. Hier kommen besonders schwerwiegende Probleme in Betracht, idie für das Leben von Hunderttausenden von Menschen, die von der Bodenkultur ihre Existenz erhalten, wichtig sind. Da kommen auch die Produkte des Wein-, des Obst-, des Gemüsebaus und der vielen Spezialkulturen hinzu. Ich bin zum Beispiel — ich sage das nicht aus politischen Gründen — ein großer Freund unserer Pfälzer, weil sie ein sehr lebhaftes Völkchen sind; im übrigen gehören die Rheinländer auch zu dieser Weinfröhlichkeit.
Das ist vielleicht der einzige Vorzug dessen, daß wir in Bonn sitzen müssen; es hat ja auch viele Nachteile, die wir aber nicht erörtern wollen. Wir sitzen nun einmal da und müssen die Dinge so betrachten, wie sie sind. —Es leben wirklich viele Zehntausende von Menschen mit ihren Familienangehörigen von diesen Sonderkulturen, und wenn diese Sonderkulturen keinen Schutz erfahren, dann ist es mit dem Leben dieser Menschen aus. Es gibt Familien, die von zwei bis drei Tagwerken oder — nach Ihren Begriffen hier oben — von drei bis vier Morgen leben, vielleicht manche von noch weniger. Es ist kein Einzelfall, daß Leute durch die höchste Ausnutzung, die höchte Intensivierung des Bodens sich und ihre Familien erhalten. Deswegen ist es notwendig, daß auf diese Verhältnisse Rücksicht genommen wird.
Ich erinnere mich noch ,der Verhältnisse, wie sie im Jahre 1924 gegeben waren. Auch damals mußten wir die Verhältnisse auf handelspolitischem Gebiet neu ordnen. Da ist es so gewesen, daß wir im Jahre 1924 die Handelsverträge meistens auf 5 Jahre abgeschlossen haben. Dabei hat sich gezeigt, daß die Grundlagen, von denen man im Jahre 1924 ausgegangen war, für die Gesamtentwicklung bis zum Jahre 1929 nicht haltbar gewesen sind. Obwohl damals der Reichstag die Handelsverträge ratifiziert hatte, mußte die damalige Regierung beauftragt werden, mit den ausländischen Staaten in Verhandlungen einzutreten, um gewisse Korrekturen herbeizuführen, weil die Grundlagen nicht mehr stimmten. Deswegen ist es für uns so wichtig, daß wir jetzt von den momentanen Verhältnissen, wie sie zur Zeit noch liegen mögen, nicht ausgehen können, sondern auch die Entwicklung mit in Rechnung stellen müssen, die die kommenden Jahre bringt.
Denn sonst würde uns eine Reihe von Fehlschlüssen unterlaufen, die sich hier sehr nachteilig auswirken könnten. Deswegen sage ich, wir müssen künftig auch von der Bundesseite her das System der Handelspolitik mit den Handelsverträgen in erster Linie zugunsten der Landwirtschaft, aber auch der übrigen Wirtschaft in die Hand nehmen. Auch in den Organen ,des Bundestags wird es unsere Pflicht sein, die Verhältnisse hier auch unsererseits in die entsprechende Betrachtung zu bringen.
Damit komme ich auf etwas zu sprechen, was mir schon längst große Sorge macht. Wenn unsere Arbeit im Bundestag und ihr Erfolg an der Zahl unserer Ausschüsse gemessen würde, dann wären wir das beste Parlament auf der ganzen Welt. Aber die Zahl der Ausschüsse ist bereits so gewachsen, daß man nicht mehr weiß, was der andere tut. Damit komme ich auf etwas zu sprechen, was nach meiner Überzeugung unbedingt der Reform bedarf. Wir können nämlich die Koordinierung auf wirtschaftlichem Gebiet nicht bloß auf der Regierungsseite wünschen, wir können nicht bloß wünschen, daß sich der Wirtschaftsminister und der Ernährungsminister zu gemeinsamem Handeln und zur Angleichung ihrer Verhältnisse zusammenfinden, sondern wir müssen diese Koordinierung auch in den Ausschüssen des Bundestags vornehmen. Nach meiner Überzeugung gehört .der Außenhandel, der die landwirtschaftlichen Verhältnisse betrifft, mindestens zur Vorberatung in den Ausschuß für Ernährung und Landwirtschaft, weil die wirtschaftliche Seite — das Grundproblem — für die Gestaltung des Außenhandels maßgebend ist. Die
3) gewerblichen und industriellen Fragen sowie die handelspolitischen Fragen gehören in erster Linie in den Wirtschaftsausschuß. Denn sonst besteht die Gefahr, daß der eine dort das sagt und der andere — vielleicht von der gleichen Partei -im anderen Ausschuß wieder etwas anderes. Da ist die Koordinierung der Verhältnisse absolut notwendig.
Ferner ist es notwendig, daß wir eine fortlaufende Übersicht über die Einfuhren, eine Zusammenstellung der Einfuhren, und außerdem noch eine Zusammenstellung über die seither abgeschlossenen handelsvertraglichen Abmachungen bekommen. Hier hat auch die Bayernpartei einen Antrag eingebracht. Da warte ich ab, was die Herren dazu zu sagen haben.
— Sie können doch nicht behaupten, daß ich bis jetzt vielleicht in die Luft hinein gesprochen habe. Ich weiß nicht, woran es liegt; an mir liegt es nicht. Jedenfalls muß der Antragsteller —das ist doch höflich genug von mir — die Anhaltspunkte angeben, die zur Beurteilung der Verhältnisse notwendig sind. Bisher haben wir in der Handelspolitik zwei Linien gehabt, einmal ,die Linie der Besatzungsmächte, die JEIA. Jetzt ist es in deutsche Hand übergegangen. Was an Handelsabmachungen durch die JEIA getroffen worden ist, können wir doch nicht einem Untersuchungsausschuß unterwerfen, sondern wir können nur das einem Untersuchungsausschuß unterwerfen, was von uns gemacht worden ist, worauf wir und die jetzige Regierung Einfluß nehmen. Ich sehe
diesen bösartigen Zwischenruf gar nicht ein, wenn C die Dinge beleuchtet werden sollen.
Ich bin sogar der Meinung, daß es allein schon Aufgabe des Ausschusses für Landwirtschaft und Ernährung wäre, hier entsprechende Auskunft zu verlangen, und daß wir die Sicherungen treffen müssen, damit die Rechte des Bundestags entsprechend gewahrt werden. Das ist meine Meinung von den Dingen, und das ist doch eine ganz höfliche Auffassung, zumal wir zwei doch eigentlich persönlich befreundet sind, wenn du auch aus dem Vaterhaus hinausgelaufen bist.
Wir können diese Dinge doch in Freundschaft behandeln, und — ich brauche ja nicht aus der Schule zu reden — auf landwirtschaftlichem Gebiet wollen wir ja keinen Streit miteinander haben; das hat doch gar keinen Wert. Es handelt sich um ein ernstes Problem der Landwirtschaft, und man kann den Streit auf anderen Gebieten, aber nicht gerade auf dem der Landwirtschaft austragen. Da müssen wir sowieso alle Kräfte zusammenhalten, um die Gesichtspunkte, die notwendig sind, für diesen Berufsstand zur Geltung zu bringen. Das erachte ich wenigstens für meine Lebensaufgabe, und das kommt daher, daß ich selber aus dem Kleinbauerntum des Frankenlandes hervorgegangen bin und weiß, in welchen Verhältnissen wir damals in .den neunziger Jahren und in den Jahren um 1900 herum gelebt haben. Ich möchte nicht mehr haben, daß unser Bauerntum zu einem Lohnfaktor der Industrie heruntersinkt, sondern ich will, daß es ein selbständiges Unternehmertum bleibt, wenn es auch klein ist. Es hat um so mehr Recht darauf, weil es aus dem Fleiß seiner Hände mit seinen Familienangehörigen ,den größtmöglichen Ertrag aus dem Grund und Boden herauszuholen sucht. Das sind doch Gesichtspunkte, die man nicht außer acht lassen darf.
Ich, bin ja bis jetzt noch Präsident des bayerischen Landtags, wenn auch infolge der Arbeitsüberlastung nicht mehr lange; infolgedessen halte ich mich genau an die Geschäftsordnung. Meine 30 Minuten sind bald herum, ich komme daher zum Schluß. Auf die Belastung der Landwirtschaft komme ich noch besonders zurück. Ich möchte jetzt nur einen Gesichtpunkt hervorheben. Es ist notwendig, daß man auch der Kapitalbildung in bäuerlichen Betrieben Rechnung trägt und insbesondere die Lohngestaltung der mitarbeitenden Familienangehörigen berücksichtigt.
Die Kapitalbildung sollte sichergestellt werden; denn glauben Sie mir: die Landflucht wird um so mehr bekämpft, je mehr wir das Leben des Bauern und insbesondere seiner eigenen Kinder auf dem Bauernhof sicherstellen.
Die Kinder werden um so lieber auf dem Hof sein, wenn sie vom Vater auch die entsprechende Entlohnung oder Rückstellung für ihre künftigen Verhältnisse erwarten können. Das muß bei der Steuergesetzgebung berücksichtigt werden. Daß auch das Soforthilfegesetz einer Überprüfung bedarf, darauf werde ich auch noch zurückkommen; denn man
kann nicht mehr verlangen, als man geben kann. Die Verhältnisse sind in vielen bäuerlichen Betrieben — man kann sagen: in der Mehrzahl der Betriebe — drängend geworden, so daß nach dieser Richtung hin eine genaue Prüfung stattfinden muß.
Ich möchte Sie bitten, diesen Antrag, soweit er die Rechtsfrage des Abschlusses der Handelsverträge, die für mich klar ist, betrifft, dem Verfassungs- und Rechtsausschuß zu überweisen, damit wir bezüglich der Aufgaben, ,die wir selber zu erledigen haben, einmal eine eindeutige Stellungnahme bekommen. Im übrigen bitte ich, den Antrag federführend an den Ausschuß für Ernährung und Landwirtschaft zu überweisen, wobei eine gewisse Koordinierung mit dem Ausschuß für Außenhandelsfragen herbeigeführt werden muß, so daß wir hier doch zu einer einheitlichen Stellung kommen. Ich möchte insbesondere wünschen, daß der Antrag bei seiner Verwirklichung uns davor bewahren möge, daß wir im Jahre 1952, welches das entscheidende Jahr werden wird, Rückschläge erleiden, daß w r vielmehr die Produktion der Landwirtschaft weiter erhöhen, den Absatz steigern und die Qualitätserzeugung der Landwirtschaft heben können und auf diese Weise mit eigenen Mitteln unserer verbrauchenden Bevölkerung, soweit es möglich ist, das Leben erhalten können. Wir werden ohnehin bei der Anhäufung der Bevölkerung in den Westzonen darüber hinaus noch auf Zufuhren des Auslandes angewiesen sein; aber was wir selber verdienen können, das wollen wir selber verdienen. Das ist auch eine Erhaltung der auf dem Grund und Boden jetzt lebenden Bevölkerung.
Ich möchte hier eines offen aussprechen. Sie sehen an einem praktischen Beispiel, wie es nicht sein soll. Ich meine die Lösung der Frage unserer Brotversorgung. Der Zustand, der jetzt besteht, daß sämtliche Läger mit unserem deutschen Inlandsroggen gefüllt und nicht absetzbar sind, muß durch geeignete Maßnahmen der Bundesregierung so rasch wie möglich beseitigt werden.
Nach meiner Überzeugung ist es eine Sünde, Auslandsprodukte hereinzunehmen, wenn wir über Inlandsprodukte verfügen, die wir in erster Linie für den Verzehr heranziehen können. Da muß der Ausmahlungssatz des Roggens heruntergesetzt und da muß gutes, reines Roggenbrot wieder hergestellt werden.
Da muß dann auch der Hausfrau, damit sie, wenn
das Roggenbrot auf den Markt kommt, nicht geschädigt ist, ausgezeichnetes Weizen- und weißes
Mehl geliefert werden, damit sie den Zusatz zum
Roggen hat; und im übrigen gehört der Weißbrotverzehr etwas zurückgedrängt, weil er uns Devisen kostet, die an das Ausland zu bezahlen sind.
Das muß mindestens so geregelt werden, daß unsere einheimische Produktion wieder den Vorrang erhält; denn eine Lebenshaltung, die sich nicht auf den eigenen Grund und Boden aufbaut, kostet uns große Beträge, die uns für die Manipulation der Einfuhrpolitik, für Produkte, die wir zur Erhaltung der Bevölkerung in den Gewerbe- und Industriebetrieben dringend benötigen, fehlen.
So würde ich wünschen, daß dieser Antrag bei seiner weiteren Beratung auf fruchtbaren Boden fallen möge, damit die Produktionsfreudigkeit und die Sicherheit unserer bäuerlichen Bevölkerung erhalten bleibt und damit wir hier einen Grundstein legen, der sich besonders bewähren wird, wenn das Jahr 1952 kommt, in dem wir unser Dasein aus eigener Kraft bestreiten sollen. Ohne ein kräftiges Bauerntum, das erhalten und
. gefördert werden muß, wäre dieses Ziel nach
meiner Überzeugung aber nicht zu erreichen.
Meine Damen und Herren! Bei vorübergehender Behinderung des Präsidenten und seiner Vertreter fällt die Leitung der Verhandlungen dem jeweils ältesten Mitglied des Hauses zu. Der Herr Präsident hat mich mit seiner Vertretung betraut.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Baumgartner zur Begründung des Antrags Drucksache Nr. 381.
Meine Damen und Herren! Ich stimme den Ausführungen meines Herrn Vorredners im allgemeinen zu.
Zur Begründung unseres Antrags werde ich Ihnen auf dem Importgebiet einige konkrete Dinge aufzeigen, in denen es gilt, schwere Mißstände abzustellen.
In der Drucksache Nr. 381 haben Sie unseren Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gemäß Artikel 44 des Grundgesetzes vor sich liegen. Ich darf Sie bitten, den Antrag, den Sie vor sich liegen haben, in die Hand zu nehmen und anzusehen, weil ich auf Wunsch einer Partei, die uns darum gebeten hat, eine kleine redaktionelle Änderung vorschlagen möchte. Wir schlagen folgende Fassung des Antrags vor:
Der Bundestag wolle beschließen:
Der Bundestag setzt gemäß Artikel 44 des Grundgesetzes einen Untersuchungsausschuß ein, der die bisherigen Einfuhren in das Vereinigte Wirtschaftsgebiet und in das Gebiet der Bundesrepublik untersucht und dem Bundestag über die Ergebnisse seiner Untersuchung berichtet.
Das ist eine redaktionelle Vereinfachung. Ich möchte Sie bitten, davon Kenntnis zu nehmen.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich nur zu diesem Antrag meiner Fraktion in kurzer Ausführungen Stellung nehmen. Zunächst im Anschluß an die Ausführungen des Herrn Kollegen Horlacher einige Bemerkungen über die unmögliche Importsituation im deutschen Bundesgebiet. Jedem Mitglied unseres Hauses ist bekannt, daß Deutschland seit den letzten Jahrer laufend Nahrungsmittel für 20 bis 25 Millioner Menschen einführen muß, daß wir ohne diese Einfuhren nicht die Lebensmittel gehabt hätten; um Millionen Menschen über die schwierigen Zeiten hinwegzubringen, und daß Millionen Menschen Hungers gestorben wären, wenn wir diese Einfuhren nicht gehabt hätten.
Im Wirtschaftsjahr 1949/50 führt die Bundesrepublik auf dem Lebensmittelsektor für etwe 998 Millionen Dollar Nahrungsmittel ein. Mein Damen und Herren, das ist eine Einfuhr vor rund vier Milliarden D-Mark. Wenn Sie nur ausrechnen, welche Handelsspanne sich aus einet
Einfuhr von vier Milliarden D-Mark ergibt, können Sie schon allein beim Großhandel einen Verdienst von mindestens 500 Millionen Mark annehmen. Sie können die gesamte Handelsspanne mit mindestens 1 bis 1 1/2 Milliarden Mark berechnen und daraus ersehen, welche ungeheure Bedeutung in der deutschen Volkswirtschaft der Importhandel zur Zeit hat. Im Jahre 1947 führten wir für 745 Millionen Dollar, im Jahre 1948 für 955 Millionen Dollar ein. Im Jahre 1950 werden wir nach den Angaben des Herrn Bundes- ministers Niklas 3,4 Millionen Tonnen Getreide, 1,9 Millionen Tonnen Futtermittel, 410 000 Tonnen Fett und 600 000 Tonnen Zucker einführen. Diese Hauptnahrungsmittel stammen fast ausschließlich aus den Dollarländern, während die übrigen Nahrungsmittel wie Gemüse, Obst, Fleisch, Molkereiprodukte und Eier aus den Nicht-Dollarländern stammen und hauptsächlich mit den Erlösen aus unseren Handelsverträgen gekauft werden, wofür man gegenwärtig etwa 600 Millionen Dollar zum Einkauf von Lebensmitteln annimmt.
Aus dieser Situation ergibt sich, daß der Importhandel zu einem großen volkswirtschaftlichen Faktor geworden ist und daß es unsere Aufgabe ist, die Mißstände, die heute auf diesem Faktor tatsächlich vorhanden sind, im Interesse aller beteiligten Bevölkerungsteile abzustellen. Da sind vor allem zwei Momente zu nennen, die den Importhandel in Deutschland zur Zeit verleiten, auf falsche Wege zu kommen. Der erste Umstand ist ,der, daß der Importhandel von sich aus das Bestreben hat, um jeden Preis einzuführen - ganz gleich, was es ist —, damit er Gewinne erzielen kann.
Der zweite Umstand ist der, daß zur Zeit des Bestehens des Vereinigten Wirtschaftsgebiets und auch heute noch -- wenn auch nicht mehr in diesem Ausmaß — die vielen Einfuhren hauptsächlich von der bürokratischen Seite her gelenkt worden sind und die beteiligten Kreise — gleichgültig ob es nun Verbraucher oder Produzenten waren — nicht in dem Maße eingeschaltet waren, wie sie das hätten sein müssen.
Bevor ich nun die Gründe anführe, die uns veranlaßt haben, einen so schwerwiegenden Antrag wie diesen auf Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses zu stellen, darf ich Ihnen auf einzelnen Sektoren die verfehlte Methode blitzartig beleuchten, die heute beim Importhandel besteht. Ich ergänze dabei die Andeutungen, die bereits Herr Kollege Horlacher auf verschiedenen Gebieten gemacht hat. Da ist es bei Fleisch folgendermaßen. Während Deutschland früher nur in geringem Maße Fleisch einführte - Gefrierfleisch, wie Sie wissen werden gegenwärtig, obwohl die deutsche Landwirtschaft vor den größten Schwierigkeiten steht, um die Rinder- und Schweinebestände anzubringen, geschlachtetes Vieh sowie Fleischkonserven in weitgehendem Umfang eingeführt. Wir selbst führen aus Deutschland lebendes Schlachtvieh aus und führen außer Gefrierfleisch auch noch verarbeitetes Fleisch zu höheren Preisen ein. Diese Importpolitik können wir unter keinen Umständen weitermachen. Diese Importpolitik bei Fleisch stellt sogar ein Importnovum beim deutschen Außenhandel dar.
Zweitens: so ähnlich verhält es sich bei den anderen Artikeln, bei Öl, bei Milch, bei Fett, bei Käse, bei den Eiern. Oder ein anderes Beispiel. In den letzten Jahren wurden derart große Mengen Milchpulver eingeführt, die heute noch vorhanden sind und nicht abgesetzt werden können, daß der dadurch verursachte Schaden sich auf Millionen Mark beläuft. Wenn uns das Ausland Waren anbieten will, die es nicht absetzen kann, oder wenn die Besatzungsmächte ihre Sachen, die sie draußen nicht losbringen, bei uns anbringen wollen, dann müssen wir doch den Mut haben, jetzt zu sagen: Wir können doch nicht eure Sachen abnehmen, die ihr bei euch nicht losbringt. Das ist vor allem beim Milchpulver oder bei Ölfrüchten und Olen der Fall gewesen. Bei Fetten und Ölen waren wir schon in Friedenszeiten immer großes Zuschußgebiet von 20 bis 30 Prozent, wie mein Vorredner schon erwähnt hat. Wir haben daher den Ölfruchtbau in Deutschland immer besonders gefördert. Es ist auch nötig, daß wir Ölfrüchte und Fette einführen. Nicht nötig, Herr Bundesminister, ist es aber — und ich möchte den Herrn Bundesminister bitten, dafür zu sorgen, daß das abgestellt wird —, daß wir so große Mengen Fertigprodukte auf dem Gebiete der Öle und Fette einführen. Wir brauchen kein Speiseöl und nicht so große Mengen Margarine einzuführen, weil die Entwicklung dahin geht, daß wir selber unsere Veredelungswirtschaft betreiben müssen, wie auch Kollege Horlacher erwähnt hat, und weil wir den deutschen Olfruchtbau glatt an die Wand drücken und unsere bedeutsamen Ölmühlen in Deutschland dem Ausland gegenüber überhaupt vollständig konkurrenzunfähig werden. Das sind Dinge, die im Interesse der Produzenten und der Verbraucher ernstlich überlegt sein müssen.
Ganz verworren ist die Lage auf dem deutschen Käsemarkt. Während deutscher Käse zum großen Teil nicht mehr abgesetzt werden kann, strömt von allen Seiten unaufhörlich ausländischer Käse zu weit billigeren Preisen herein und zwingt unsere Käsereien zur Aufgabe des Wettbewerbs. Auch bei den Eiern! Wir haben es ja erlebt. Es war notwendig, daß wir Eier einführen, weil wir unmögliche Preise hatten. Es geht aber nicht an, daß wir auch auf diesem Gebiet an allen Ecken und Enden die Tore öffnen und unsere Produzenten vollständig an die Wand drücken.
Nahezu hoffnungslos ist aber die durch die Liberalisierung geschaffene Lage auf dem Gebiet des Obstes und der Gemüsearten. Durch die Handelsverträge mit Italien, Frankreich, Holland und Belgien sowie Dänemark und schließlich mit den Balkanstaaten wird eine Menge ausländischen Obstes und Gemüses auf den Markt geworfen; die einerseits die einheimische deutsche Erzeugung vollständig konkurrenzunfähig macht und zum anderen Teil große Prozentsätze der Einfuhr nach dem mangelnden Absatz dem Verderb aussetzt. Wenn diese planlosen Einfuhren in Obst, in Zitrusfrüchten und in Bananen heute noch, wie es der Fall ist, zirka 70 000 Doppelzentner deutsche Äpfel unverkäuflich machen, dann erübrigen sich alle weiteren Worte über eine solche Handelspolitik, die mit einem volkswirtschaftlichen Sinn nichts mehr zu tun hat.
Oder während vernünftigerweise in früheren
Zeiten nur Kakaobohnen zur Einfuhr gelangten und
damit eine große einheimische Schokoladenindustrie
aufgebaut wurde, ermöglichen es die heutigen Handelsverträge, daß immer mehr fertige Schokolade, Pralinen, Süßwaren importiert werden und unsere große deutsche Industrie an die Wand gedrückt wird. Diese Unmöglichkeit der Liberalisierung zeigt sich am besten in der Tatsache, daß heute in der Bundesrepublik Gemüse- und Obstkonserven wahllos eingeführt werden können, während die einheimische Marmeladenindustrie, die einst groß war, vollständig darniederliegt und keinerlei Wettbewerb mehr mit dem Ausland aufkommen kann. Meine lieben Kollegen von der Linken, ich möchte Sie bitten: das fällt ja auf unsere Arbeiter zurück, wenn die Marmeladenindustrie, die Konservenindustrie, wenn Lebensmittelindustrien infolge dieser unsinnigen Liberalisierung schließen müssen, weil dann auf den verschiedensten Gebieten die Arbeiter ausgestellt werden müssen.
Bei Wein liegen die Dinge jetzt noch zwar verhältnismäßig nicht ganz so schlimm, es ist aber nur mehr eine Frage der Zeit, eine Frage von Monaten, bis der deutsche Winzer außerstande ist, mit den ausländischen Einfuhren zu konkurrieren. Oder beim Malz, ich bleibe bei konkreten Beispielen: früher ein großer Ausfuhrartikel Deutschlands. Malz wird heute von der Tschechei eingeführt.
Auch bei Getreide, Herr Kollege Horlacher, müssen wir ein Wort sprechen, weil wir Getreide nicht planlos einführen können. Der Herr Kollege Horlacher hat erwähnt, daß Roggen planlos eingeführt worden ist. Ich füge hinzu: Roggen, Gerste und Hafer sind planlos eingeführt worden, wobei wir den inländischen Roggen überhaupt nicht losbringen. Persönlich bin ich der Meinung, daß wir
in diesem Jahr auch noch zuviel Brotgetreide bei uns einführen, weil wir mit etwas weniger Brotgetreide bei der Ausmahlung und besseren Heranziehung des Roggens ausgekommen wären. Allein die inländische Ernte in Hafer und Gerste würde uns normalerweise zwingen, zum Beispiel in die aufnahmefähige Schweiz zu exportieren. Aber leider lassen das die Alliierten nicht zu. Ich möchte den Herrn Bundesminister bitten, noch einmal den Versuch zu machen, daß wir hier ausführen können. So liegen Hafer, Gerste unid Roggen bei uns unabsetzbar auf der Straße.
Vollständig unbegreiflich ist es, wenn Bayern als das zweitgrößte Hopfengebiet Europas oder überhaupt der Welt in diesem Jahre 60 000 Doppelzentner Hopfen ausgeführt hat, während wir auf der anderen Seite schlechtere Qualitäten von englischem Hopfen zu viel höheren Preisen wieder einführen. Diese Wirtschaftspolitik der Bundesregierung ist aufs schärfste zu kritisieren, weil sie volkswirtschaftlich anormal ist.
Meine Damen und Herren! Das sind nur einige markante Beispiele einer Einfuhrpolitik, die zum wirtschaftlichen Ruin unserer Landwirtschaft und auch großer Teile anderer Wirtschaftszweige führen muß. Ich bin mir bewußt — und der Herr Vorredner hat das auch angedeutet — daß wir, damit die zusammengepferchten Menschen in dem Bundesgebiet leben können, unseren Industrieexport verdoppeln und verdreifachen und daß wir die Industrie fördern müssen, wo wir können. Das ist notwendig, damit unsere Menschenmassen in diesem kleinen Raum leben können und eine Existenz haben.
Wir müssen aber die gesamte Ein- und Ausfuhrpolitik abstimmen. Das ist Sache der Bundesregierung und der Ausschüsse, wie schon angedeutet wurde. Aber die Mißstände abzustellen und aufzudecken, die ich im folgenden jetzt aufführen werde, ist Sache eines Untersuchungsausschusses.
— Ich spreche jetzt nicht zum Marshallplan, ich bleibe immer beim Thema.
— Ich spreche nicht zum Marshallplan, sondern bleibe beim Thema.
— Vielleicht sprechen wir ein andermal zum Marshallplan, aber ich spreche zur Begründung des Antrags über einen Untersuchungsausschuß.
Erstens, es besteht der begründete Verdacht, daß Millionen-Importe nicht gleichmäßig und gerecht im Bundesgebiet beim Importhandel verteilt wurden und daß nur einige wenige Importeure schon vom Jahre 1946 an auf einzelnen Gebieten durch die Bürokratie bevorzugt wurden.
Zweitens, bei der Trockengemüseeinfuhr erhielten die Hamburger Importeure allein 40 bis 50 Prozent, während die Importhändler anderer deutscher Länder nur 4 bis 10 Prozent erhielten.
Die gleichen Mißstände ergeben sich bei der Einfuhr von Trockenmilch, von Fett, von Fleisch und von Zucker, wobei es sich um Millionenbeträge und um Hunderttausende von Tonnen und Doppelzentnern dreht und wo die Verteilungen beim Importhandel genauestens zu untersuchen sind. Es ist zu untersuchen, wie die Dinge vor sich gegangen sind, nachdem wir da-damals kein Parlament gehabt haben.
Weiter ist dringend notwendig, daß das Reiheneinfuhrsystem sofort untersucht wird. Das Reiheneinfuhrsystem ist eines der vier Systeme der Außenhandelsstelle in Frankfurt. Dem Importeur wird im Bundesanzeiger listenmäßig mitgeteilt, welche Importangebote des Auslands in Frankfurt vorliegen. Bis zu einem ebenfalls festgelegten Termin hat dann der deutsche Importeur Gelegenheit, seine Offerten bei der Außenhandelsstelle abzugeben. Diese bestimmt dann, an wen die Festzuteilung des Auftrages erfolgt. Es besteht der schwerwiegende Verdacht, daß besonders finanzstarke Gruppen, deren Kapitalkraft es ermöglicht, entsprechend günstige Offerten in Frankfurt vorzulegen, bevorzugt werden. Es besteht weiter der Verdacht, daß Millionen-Importe schon vor der Ausschreibung Importeuren zugeteilt wurden.
Im Bundesanzeiger Nr. 34 vom 10. Dezember 1949 wurden drei Importangebote für Gemüsesamen, Schweinehälften unid halbrohen Reis aus verschiedenen Ländern angekündigt. Im gleichen Bundesanzeiger heißt es: Der Importeur wird von der Außenhandelsstelle bestimmt; die Einreichung von Offerten erübrigt sich. Waren im Werte von rund 1,8 Millionen Dollar wurden in diesem Fall ohne Ausschreibung untergebracht.
In einem anderen Falle wurden Einfuhren von
300 000 Dollar ausgeschrieben. Das Angebot
— meine Damen und Herren, hören Sie mußte
bis zum 9. Dezember eingereicht sein. Der Bundesanzeiger kam aber erst am 12. Dezember in die Hände der Importeure.
Ich frage Sie: Wie sollen die Importeure das Angebot am 9. Dezember eingereicht haben, wenn sie den Bundesanzeiger erst am 12. Dezember in Händen haben?
In zahlreichen Fällen ist das Ausgabedatum des Bundesanzeigers der letzte Einreichungstermin für den Importeur.
Der Bundesanzeiger Nr. 35 veröffentlicht eine interessante Ausschreibung von neuen Importen, zum Beispiel 16 Angebote über Schweinehälften aus Italien und Frankreich, frischgeschlachtete Schweine oder Schweinefleisch aus Belgien und Frankreich, lebende Schweine aus Belgien, Speck aus Belgien und Panama, Bienenhonig aus Haiti, Costa Rica und Mexiko, Kokosnußöl und Kaneel aus Ceylon, insgesamt im Werte von 2,4 Millionen Dollar. So die Ausschreibung. Und dann kommt die Bemerkung: Einreichung von Offerten erübrigt sich. Das wird so unter der Decke gemacht.
Unter IAC Nr. 3164 vom 6. August 1949 wurden frische kolumbische Bananen im Dollarbetrage von 5 Millionen ausgeschrieben. Wider Erwarten wurde der Zuschlag einer aus fünf Hamburger Firmen bestehenden Gruppe zugeteilt, obwohl sie das Geschäft nicht abwickeln konnte
- sind Sie vielleicht aus Hamburg, Herr Kollege? -,
weil Kolumbien keine Exportgenehmigung .gab. Als die Exportgenehmigung später eintraf, wurde ohne neuerliche Ausschreibung der Gesamtbetrag einer anderen Hamburger Gruppe erteilt.
Es besteht weiter der begründete Verdacht - und es liegen auch Beweise dafür vor —, daß Importeure von den Frankfurter Stellen überhaupt keine Antwort erhalten haben und daß Angebote von Importeuren nicht berücksichtigt und die Zuschläge an andere Firmen erteilt worden sind. Eine Ausschreibung von Kartoffelstärkemehl aus der Schweiz verlangte eine bemusterte Offerte bis zum nächsten Tage. Wie stellen sich die Bürokraten in Frankfurt das vor? Eine Ausschreibung erfolgt, und am nächsten Tage soll man aus der Schweiz eine bemusterte Offerte vorlegen! Welche Dinge gehen da vor sich? Wer hätte denn die bemusterte Offerte innerhalb eines Tages aus der Schweiz beibringen können? Ein Importeur erhielt von Italien sehr günstige Angebote auf Lieferung von Reis. Als er das Angebot abgab, erhielt er trotz seiner vielen Homerungen keine Antwort mehr. Es muß nun geklärt werden, welche Gründe dafür vorgelegen haben, daß trotz dieses günstigen Angebots eine minderwertigere Ware an Reis zu überteuerten Preisen eingeführt wurde,
weshalb die Reiseinfuhr durch eine andere kleine Gruppe gemacht wurde, warum der Verbraucher für eine geringere Ware mehr zahlen mußte, als dies notwendig gewesen wäre, warum mehr Geldbeträge aus dem Marshallplanfonds ausgegeben wurden, als bei sachgemäßem Einkauf nötig gewesen wäre. Es besteht weiter der begründete Verdacht, daß Gegenseitigkeitsgeschäfte von Importfirmen von seiten der Bürokratie nur einer ganz bestimmten Importgruppe zugesprochen werden.
Das sind nur einige Beispiele, auf Grund deren meine Fraktion die Einsetzung eines Untersuchungsauschusses zur Überprüfung sämtlicher Importe in das Vereinigte Wirtschaftsgebiet und in das Bundesgebiet fordert. Ich stimme hier vollständig Herrn Kollegen Dr. Horlacher zu. Es muß auch innerhalb .des Bundestags eine Abstimmung zwischen Außenhandelsausschuß, Landwirtschaftsausschuß und Wirtschaftsausschuß erfolgen. Es muß die ganze Frage von Import und Export geklärt werden, damit wir den berechtigten Interessen der Arbeiterschaft, der Industrie und der Bauernschaft gerecht werden können. Ich erkläre Ihnen aber: wie die Dinge heute im Bundesgebiet liegen, kann überhaupt nicht von einer Wirtschaftspolitik gesprochen werden.
Diese Wirtschaftspolitik der Bundesregierung muß ab sofort einer Klarheit zugeführt werden. Wir können sonst nicht erkennen, wie die Dinge für unser Bauerntum, für die Arbeiterschaft, für die Industrie weitergehen sollen.
Meine Damen und Herren, deshalb bitte ich Sie: Nehmen Sie unseren Antrag an, damit wir die Importfragen einmal einer genaueren Untersuchung unterziehen können und damit wir neu aufbauen können, damit wir vor allem diese Mißstände abstellen. Es wäre viel über die Agrarpolitik zu sagen, Herr Kollege Horlacher! Wir werden ein andermal Gelegenheit dazu haben, und unserer Mitarbeit werden Sie bei den schwerwiegenden Fragen des Lastenausgleichs, der Steuern, der Tarifpolitik usw., bei den ganzen Fragen; die in der Agrarpolitik eine große Rolle spielen, sicher sein. Für heute möchte ich Sie, meine Damen und Herren, über alle Fraktionen hinweg bitten: Klären wir gemeinsam die schwerwiegende Frage der Mißstände beim Import!
Nachdem die Anträge begründet sind, kommen wir zur Besprechung der Tagesordnungspunkte 7 und 8. Das Wort hat der Herr Bundesernährungsminister.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr Abgeordnete Dr. Baumgartner hat soeben eine Reihe von Vorwürfen gegen die meinem Ministerium unterstehende Außenhandelsstelle erhoben. Ich habe natürlich das allergrößte Interesse daran, daß diese Dinge bis ins einzelne klargestellt werden, und würde Sie daher bitten, seinem Wunsche auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu entsprechen.
Meine Damen und Herren! Ich komme nun zu dem Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Horlacher. Er zerfällt eigentlich in zwei Teile, und zwar zunächst einmal in die Aufforderung an
Bundesminister Dr. Niklas)
die Regierung, den Wiederaufbau der Landwirtschaft weiter zu fördern, und dann in den Wunsch, daß bei den in Gang kommenden handelsvertraglichen Verhandlungen die Belange der Landwirtschaft entsprechend berücksichtigt werden.
Ich darf vielleicht bei Punkt 2 beginnen, weil der Herr Abgeordnete Dr. Horlacher in seinen Ausführungen diesem Teil seines Antrages einen besonders breiten Raum gewidmet hat. Wie haben sich denn die Dinge entwickelt? Wie ist denn die heutige Situation der Landwirtschaft entstanden? Ich habe in den vergangenen Jahren dann und wann in Versammlungen erklärt — ohne immer allgemeine Zustimmung zu finden —: auf der Welt leben 2 Milliarden 200 Millionen Menschen; wenn sie keine Granaten mehr drehen, dann müssen sie etwas anderes, etwas Vernünftiges machen, was den Lebensstandard der Menschheit hebt; oder, übertragen auf die Auswirkung, das durch den Krieg hervorgerufene Mißverhältnis zwischen Angebot und Nachfrage wird sich rascher ausgleichen, als wir denken. Ich habe recht behalten. Darf ich ein Beispiel nehmen, den Prototyp für die menschliche Ernährung — „Unser täglich Brot gib uns heute!" Die Welt hat im Jahre 1949 in Weizen so viel erzeugt, wie sie brauchte. Wenn da und dort noch gewisse Schwierigkeiten in der Versorgung aufgetreten sind, waren es keine Mengengründe, sondern Ursachen anderer Art, monetäre oder sonstige Schwierigkeiten. Dadurch, daß die Motoren der Welt in wirtschaftlicher Hinsicht wiederum angelaufen sind, ist auch rascher, als wir dachten, der Moment gekommen, in dem die deutsche Wirtschaft wiederum in die Weltwirtschaft eingegliedert wurde und sich hineinverzahnen mußte.
Nun ist heute auch von den Herren Abgeordneten Dr. Horlacher und Dr. Baumgartner schon darauf hingewiesen worden, daß dieser erste Akt eigentlich ohne deutsche Mitwirkung geschehen ist. Als 1947 die ersten Handelsvertragsbesprechungen begannen, waren deutsche Vertreter überhaupt nicht dabei. In zähem Ringen haben wir dann versucht, die deutsche Beteiligung zu erwirken. Das ist langsam möglich geworden. Im Jahre 1948 und dann im Jahre 1949 haben wir teilgenommen, aber nur, sagen wir einmal, in der zweiten Reihe — ad audiendum verbum —, um zu hören, was gesprochen wurde. Dann wurden wir Berater. Aber ausschlaggebend für die endgültige Form eines Handelsvertrages war und blieb die JEIA. Das soll keine feige Flucht vor der Verantwortung sein, sondern ich bitte, das lediglich als eine tatsächliche Feststellung zu betrachten. Die ersten Handelsverträge, nachdem im November 1949 die Besatzungsmächte die Zuständigkeit in deutsche Hände gelegt haben, waren der jugoslawische und der französische Handelsvertrag.
Gestatten Sie mir eine grundsätzliche Berner-kung zu der Frage der Handelsverträge. Eigentlich ist die Bezeichnung nicht ganz richtig.
Ich habe die Ehre gehabt, zehn Jahre lang, von 1915 bis 1925, ständiges Mitglied der deutschen Handelsvertragsdelegationen zu sein. Es gab manches Jahr, in dem ich als deutscher Handelsvertragsdelegierter mehr Zeit in den Großstädten der Welt als in der Heimat verbrachte. Ich bin
infolgedessen so hoffärtig, zu behaupten, daß ich davon etwas verstehe. Was waren denn früher die eigentlichen Aufgaben der Handelsverträge? Das Fundament bestand in dem Bülowschen Zolltarifgesetz, das der Reichstag 1902 angenommen hatte. Bis 1931/32 beschränkte sich die Tätigkeit der Handelsvertragspartner darauf, sich gegenseitig Wünsche auf Abänderung der sogenannten autonomen Zollsätze zu übermitteln. In wochen-, oft monatelangen Beratungen hatten dann die beiderseitigen Handelsvertragsdelegationen die Aufgabe, diese gegenseitigen Wünsche abzustimmen. Dann mußte der deutsche Reichstag zustimmen. Denn es handelte sich, wenn in dem Handelsvertrag auch nur für eine einzige Position des autonomen Zolltarifs eine Abänderung vorgesehen war, um eine Gesetzesänderung. Der Charakter der Handelsvertragsverhandlungen hat sich im Jahre 1931/32 insofern etwas geändert, als die damals in der ganzen Welt auftretenden geldlichen Schwierigkeiten die Notwendigkeit mit sich brachten, Devisenabsprachen zu treffen. Damals entstand das System, das bis zu einem gewissen Grade jetzt eigentlich das Gerippe unserer Handelsverträge ist. Was sind die Handelsverträge denn? Sie sind Absprachen über gewisse Kontingente, Vereinbarungen über die dafür zur Verfügung zu stellenden Devisenbeträge; mehr nicht.
Nun ist die Situation so — so war es immer, und so wird es immer bleiben -: ein Handelsvertrag ist ein do-ut-des-Geschäft — das gebe ich dir, was gibst du mir dafür? Es war immer schon sehr, sehr schwer, hier eine gerechte Abwägung der zu berücksichtigenden Interessen der einzelnen Teile der deutschen Wirtschaft, der Industrie, des Gewerbes und der Landwirtschaft, herbeizuführen. Das Tragische — reden wir doch offen — ist für die Landwirtschaft im gegenwärtigen Augenblick die Tatsache, daß die als unsere Handelsvertragspartner in Betracht kommenden europäischen Länder eigentlich das nicht oder fast nicht liefern können, was wir bräuchten, ohne die Landwirtschaft zu schädigen, Brotgetreide, das wir eben noch nicht in genügendem Umfang herstellen, pflanzliche Fette und Zucker, sondern daß sie kommen und sagen: Kauft uns Gartenbauerzeugnisse, Obst, Vieh, Fleisch, Wein ab, lauter Dinge, an denen unsere Landwirtschaft in ihrer Produktion aufs äußerste interessiert ist.
Wir müssen uns doch über folgendes klar sein; gestatten Sie mir diesen kurzen agrarpolitischen Rund- und Ausblick. Im Jahre 1941 saßen die damals schon Vereinten Nationen. der Welt monatelang in Hot Springs drüben über dem großen Wasser beisammen und stellten einen Welternährungsplan und natürlich auch einen Welterzeugungsplan auf. Der große Rahmen kann so gezeigt werden: In Zukunft, sagten sie, soll Aufgabe der Übersee die Getreidefabrikation sein - gestatten Sie, daß ich den zweiten Teil dieses Wortes besonders betone —, während es Aufgabe der europäischen und damit auch der deutschen Landwirtschaft ist, Veredelungswirtschaft zu treiben. Obwohl wir damals im geistigen Zuchthaus saßen, sind die Beschlüsse von Hot Springs auch zu uns nach Deutschland herübergedrungen. Und ich stehe gar nicht an, zu bekennen, daß ich diesen Grundgedanken von Hot Springs von Anfang an für richtig erklärt
habe und heute noch für richtig halte. Ich befinde mich dabei in gar keiner schlechten Gesellschaft; denn kein Geringerer als Geheimrat Areboe, vielleicht der bedeutendste landwirtschaftliche Betriebslehrer, den das vergangene halbe Jahrhundert Deutschland und der Welt geschenkt hat, hat in seinem Standardwerk, das vor, ich glaube, 29 Jahren erschienen ist — Herr Professor Baade nickt zustimmend —, genau die gleiche Idee vertreten. Und warum, meine Herren? Einen dickbauchigen 8000 Tonnen-Dampfer in Quebeck oder irgendwo an der Ostküste mit Weizen vollzublasen, kostet nicht viel. Es braucht nur ein ganz alter Dampfer zu sein. Das Ausladen in Hamburg kostet auch nicht viel, und gewöhnliche Waggons dien en zum Transport an die nächste Mühle, und der letzte Bäcker in dem kleinen Städtchen Trippstrill kann aus prima prima Manitoba-Mehl sein Brot herstellen.
Was will ich damit sagen? — Bei allen Zerealien ist der Unterschied zwischen den Gestehungskosten an einem weit entfernten Ort und dem herüben in Europa notwendigen Verkaufspreis gering. Daher hat Bismarck zunächst seinerzeit in erster Linie für Getreide die Schutzzollpolitik eingeführt.
— Das war bis zu einem gewissen Grade für den damals getreidebauenden Teil Deutschlands, zu dem, Herr Abgeordneter, nicht nur die Junker gehörten.
Und jetzt etwas ganz anderes. Ein Frigorifico, eine Fleischwarenfabrik irgendwo am La Plata erbaut, kostet -zig Millionen Goldpesos. Da kann 'eh zum Transport auch keinen ganz gewöhnlichen Dampfer nehmen, es muß ein Spezialdampfer sein, der in der Herstellung sehr viel teurer ist als der vorhin von mir skizzierte alte Kahn, der uns das Getreide herüberbringt. Die vielen Wochen des Transportes von Rio de Janeiro bis nach Hamburg muß jeden Tag und jede Stunde die Temperatur in allen Räumen des Schiffes die gleiche sein, weil sonst die Ware verdirbt. In Hamburg kann ich »die gefrorenen Rinderviertel nicht in gewöhnliche Waggons werfen, ich brauche Spezialwagen, und die kosten erhöhte Gebühren. Der letzte Fleischer aber in dem vorerwähnten Ort kann dieses Gefrierfleisch gar nicht aushauen, wie man so schön sagt, weil er keine Auftauvorrichtungen hat. Was ich Ihnen vom Fleisch erzählte, könnte ich ergänzen durch Schilderung des Weges der in Neuseeland erzeugten und in London konsumierten Butter.
Was will ich damit sagen? Bei allen Veredelungserzeugnissen sind die notwendigen und kaum zu vermindernden Spesen durch den Transport so erheblich, daß sie einen Zollschutz bis zu einem gewissen Grade eigentlich ersetzen. Und nun denken Sie einmal an die Zukunft. Wie wird es mit den Zöllen werden? Stellen Sie unter diese unsichere Perspektive einer zukünftigen deutschen Zollpolitik das, was ich Ihnen hinsichtlich »der Ackererzeugnisse und hinsichtlich der Veredelungserzeugnisse sagte. Daraus ergibt sich für die deutsche und die europäische Landwirtschaft die unbedingt notwendige Marschroute, die Viehwirtschaft und die gesamte Veredelungswirtschaft zu fördern, wobei ich dringend bitte, nicht in den Fehler
zu verfallen, Viehwirtschaft gleichzusetzen mit extensiver Wirtschaft. Die intensivste Wirtschaft kann letzten Endes auf dem Umweg über den intensiven Hackfruchtbau eine Viehwirtschaft sein.
Jetzt aber zurück zu den Handelsverträgen. Meine Damen und Herren, auf der Basis des Zolltarifgesetzes vom Jahre 1902 wurden dann diese Handelsverträge - entschuldigen Sie den Ausdruck — ausgefochten, ausgekämpft könnte man sagen. Dabei war es doch immer dann so — das darf ich als alter Praktiker offen bekennen -daß nicht die geringere oder größere Fixigkeit und Gewiegtheit der Verhandlungsführer den Ausschlag gab und nicht immer das Recht, das hinter ihren Argumenten stand, sondern die politische Macht, ob wir nun wochenlang mit den Spaniern über die Rotweinzölle oder monatelang mit den Holländern über die Weichkäsezölle uns herumstritten.
— So ist es heute auch noch, und deswegen bedeutet natürlich
die zukünftige Gestaltung der Handelsverträge eine sehr schwierige Frage. Ich muß dem Herrn Abgeordneten Dr. Horlacher voll und ganz recht geben, wenn er nachdrücklichst auf die Bedeutung dieser fundamentierenden wirtschaftlichen Arbeit hinwies. Wir sprechen soviel über Tagesfragen, und Sie müssen es tun, weil es drängt. Aber wissen Sie, meine Herren, diese Arbeit ist eigentlich — jetzt übertreibe ich etwas - eine Arbeit sub specie aeternitatis, jedenfalls eine Arbeit, die auf Jahre hinaus die Fundamente für die wirtschaftliche Tätigkeit festlegt; und daher Vorsicht für alle, die mit dieser verantwortungsvollen Arbeit zu tun haben!
Und nun komme ich zur Verantwortung. Verantwortlich für »die abgeschlossenen Handelsverträge wird einstmals zeichnen, sobald gewisse Voraussetzungen erfüllt sind, die deutsche Regierung für den jugoslawischen und für den deutsch-französischen Handelsvertrag. Der jugoslawische ist von »den Hohen Kommissaren noch nicht genehmigt, und Sie werden auch aus einem gewissen Vorfall, der jetzt acht Tage alt ist - ich verweise auf die Ausführungen des Herrn Bundeskanzlers — verstehen, wenn ich gerade zu dem jugoslawischen Vertrag nicht Stellung nehme. Aber lassen Sie mich etwas zum französischen sagen. Beim französischen Vertrag standen für die deutsche Landwirtschaft im Feuer die weitgehenden Forderungen der Franzosen auf Einfuhr von Gemüse im Werte von 5 Millionen Dollar. Ja, meine Damen und Herren, wir waren aber nebenbei noch belastet mit den 15 Millionen Dollar Gemüseeinfuhr, die die JEIA im Holland-Vertrag konzediert hatte und die damals bis auf 12 Millionen Dollar noch nicht abgewickelt war. Wir waren und sind noch belastet mit den nicht ausgeschöpften Gemüseeinfuhren vom Italiener-Vertrag. Infolgedessen mußten wir bei Gemüse wirklich vorsichtig sein. Daher haben wir die von den Franzosen verlangten 5 Millionen Dollar auf die Hälfte, auf 2,5 Millionen herabgedrückt, und lediglich bis 31. Dezember 1949 nicht ausgenutzte 1,4 Millionen Dollarreste dürfen noch dazugeschlagen werden.
Käse! Herr Dr. Baumgartner hat die Situation vorhin völlig richtig geschildert. Wir haben allein im bayerischen Allgäu heute 16 000 tons Käse liegen. Infolgedessen war die französische Forderung, für 5 Millionen Dollar französischen Käse hereinzulassen, für uns unannehmbar. Wir haben diese Forderung in wochenlangen Verhandlungen zurückgeschraubt auf ein, wie ich glaube, erträgliches Maß, auf 1,5 Millionen Dollar.
Und nun die Weinfrage. Auch hier ist die Tatsache zu verzeichnen, daß Deutschland im vergangenen Jahr 1949 für 1,9 Millionen Dollar Wein mehr eingeführt hat als jemals das Deutsche Reich vorher.
- Ja, das Deutsche Reich! Deshalb mußten wir
auch hier nach Möglichkeit einen Weg finden, der der deutschen Gartenbau- und Weinwirtschaft nicht tödlich e Schläge versetzt. Es ist gelungen. Ich danke es dem Präsidenten des Deutschen Weinbauverbandes, dem Grafen Matuschka, der auf meine Bitte in Paris mit den Interessentenvertretungen die Verhandlungen führte, daß schließlich doch ein Weg gefunden wurde, der einmal mengenmäßig die Weineinfuhr von 5 - wie sie verlangt hatten — auf 3 Millionen Dollar beschränkte und der vor allem folgendes vorsah. Es ist gelungen, mit den französischen Wein - Bauorganisationen eine Vereinbarung zu treffen, daß wir nur „vins d'appelations d'origine controlé" hereinbekommen, auf gut deutsch: Weine mit amtlicher Kontrolle der Herkunft. Dadurch scheiden von vornherein neun Zehntel der Winzer aus, und zwar diejenigen, die nicht sehr wertvollen Konsumwein bringen. Wir haben dann die entsprechenden Weine, mit denen wir auch konkurrieren können.
Und nun kam der große Kampf. Wir verlangten, daß auf die Negativliste gesetzt wird — und da muß ich jetzt an die Worte von Herrn Dr. Baumgartner anknüpfen Margarine. Was er darüber vorher sagte, unterschreibe ich voll und ganz. Wir haben erklärt: wir können die fertige Margarine nicht von der Negativliste absetzen, also der Einfuhr von Fertigmargarine Tür und Tor öffnen. Meine Damen und Herren, in den letzten 60 bis 80 Jahren hat sich am Niederrhein, hat sich in Hamburg eine deutsche Ölschlägerindustrie entwickelt, die nicht nur in der Lage war, durch Hereinholen von Ölsaaten aus allen Teilen der Welt den gesamten deutschen Bedarf an industriellen und Ernährungsfetten, restlos zu decken, sondern die sogar eine gewisse Veredlungswirtschaft trieb; sie hat noch den ganzen Bedarf Skandinaviens an Fettigkeiten gedeckt. Infolgedessen hatten wir den größeren Anfall von Ölkuchen für unsere Viehernährung. Wir konnten und können doch diese bedeutsame deutsche Industrie nicht opfern, indem wir Fertigmargarine einführen. Wir mußten es im Dezember einmal machen, aber das Normale darf es nicht sein.
Wir wehrten uns des weiteren dagegen, daß Weißzucker von unserer Negativliste abgesetzt wird. Ja, in Cuba Rohzucker kaufen, ihn hier in Deutschland raffinieren und damit die zu kurze Arbeitszeit der deutschen Zuckerindustrie verlängern, diese rentabler gestalten, bei der Raffination dann Melasse gewinnen zur Erweiterung unserer schmalen Viehfutterungsbasis und aus der Melasse dann
Alkohol und Hefe gewinnen — das können wir auch, dazu brauchen wir nicht Weißzucker von anderen einzuführen.
Und dann Roggen! Bei Roggen ist die Situation so: Wir mußten schließlich 100 000 Tonnen Roggen noch hereinnehmen, und hier darf ich zur Erklärung der Sachlage etwas sagen. Wir werden von den Alliierten ständig gedrängt, bei den Getreideaufkäufen den Dollarraum zu meiden und unseren Bedarf in den Ländern mit weicher Währung zu decken. Deswegen haben wir auf besonderen Wunsch der Besatzungsmächte die 100 000 Tonnen Roggen akzeptieren müssen. Um diese 100 000 Tonnen Roggen, Herr Abgeordneter Dr. Baumgartner, verringert sich selbstverständlich die Roggenzulieferung aus dem Dollarraum.
Meine Damen und Herren, das nur zum französischen Vertrag im speziellen. Aber im allgemeinen folgendes: So, wie die Situation auf dem Gebiete der Handelsvertragsverhandlungen ist, muß etwas eingebaut werden, und wir haben schon begonnen, mit Erfolg begonnen, erstens einmal mit der Schaffung von gemischten Ausschüssen der Regierung. Als wir damals mit der Einfuhr von holländischem Gemüse im Werte von 15 Millionen Dollar überrascht wurden , haben wir in Verhandlungen mit den Holländern durchgesetzt, daß gemischte Regierungskommissionen gebildet wurden, die sich wiederum — und das halte ich für absolut notwendig — auf die Mitarbeit der Wirtschaft stützen. Je 6 Holländer und Deutsche, darunter 3 Erzeuger und 3 Händler, treten zu den Ausschüssen zusammen und arbeiten schließlich ein Verfahren aus, das die beiderseitigen Interessen befriedigt. Darf ich es Ihnen an einem Beispiel sagen; es ist lächerlich, aber es zeigt wieder die Möglichkeiten: Die Holländer wollten unter allen Umständen Flieder hereinbringen. Wir haben aber selber eine Schnittblumenerzeugung. Dann haben wir herausbekommen, daß die Holländer ein Verfahren für das Einfrieren des Flieders haben, das wir noch nicht so ganz beherrschen. Ich habe gesagt, die Holländer sollen in den Monaten November, Dezember und Januar ihren eingefrorenen Flieder herbringen, da können wir Deutsche keinen liefern. Es ist gemacht worden, und die Sache hat sich bewährt. Es muß aber des weiteren dann noch eine Klausel eingebaut werden — sie hat in der letzten Zeit einen Namen bekommen, den ich nicht wiederholen möchte —, die es einem der Vertragspartner erlaubt, dann wenn sich unvorhergesehener Weise die wirtschaftlichen Voraussetzungen, unter denen seinerzeit der Handelsvertrag abgeschlossen wurde, ändern, sofort auf gewissen Sektoren die Einfuhr zu stoppen oder zu beschränken. Wir haben diese Klausel bereits im französischen Vertrag durchgedrückt, und heute in den Mittagsstunden ist es uns gelungen, bei den zur Zeit mit den Holländern stattfindenden Verhandlungen über eine gewisse Revidierung des JEIA-Vertrags auch die Anerkennung dieser Klausel durchzudrücken.
Nun zur Liberalisierung. Darf ich Ihnen ganz kurz noch meine Anschauung sagen. Die Lioeralisierung ist .dadurch entstanden, daß die europäischen Völker, die am Marshallplan teilhaben, eigentlich lange zu keiner positiven Arbeit kamen, wie die Mittel richtig anzuwenden sind, um Europa wiederum entsprechend zu sanieren. Da hat Truman eingegriffen und hat gesagt, die Liberalisierung muß durchgeführt werden. Daher der Beschluß der OEEC vom 28. August 1949 in Paris. Der
erste Takt, den dann bei diesem neuen Kurs Truman schlug, hieß eben Liberalisierung des Handels.
Nun muß zugegeben werden, und das bitte ich im Interesse der deutschen Landwirtschaft zu würdigen, daß die Liberalisierung sich bei der Industrie und bei der Landwirtschaft ganz verschieden auswirkt. Die Liberalisierung bringt und muß notwendigerweise bei längerer. Dauer Strukturwandlungen mit sich bringen.
- Auch in der Industrie! Aber, Herr Abgeordneter Rische, der Unterschied ist der: die notwendig gewordene Strukturwandlung in der Industrie kann der einzelne Industrielle machen, oft sogar sehr rasch machen. Er wird gewisse finanzielle Kredite brauchen. Aber er kann sieh von heute auf morgen von irgendeinem Textilgewerbe auf Herrentrikotagen umstellen. Es mag gewisse Schwierigkeiten geben, ich gebe. das zu. Ganz anders, meine Damen und Herren und Herr Abgeordneter Rische - das werden Sie nicht bestreiten können —, liegen doch die Dinge bei der Landwirtschaft. Denn hier sind durch die Umwelt bestimmte und durch den freien Willen der Landwirtschaft nicht oder nicht ausschlaggebend abänderbare Voraussetzungen gegeben.
Darf ich Ihnen nur zwei Punkte nennen. Der Boden, der sich im Bundesgebiet in zwei Dritteln unserer Fläche auf Mittelgebirge bezieht, ist schlecht. Ich rede gar nicht von dem Urgestein mit Granit, der nie verwittert und infolgedessen aus dem Bayrischen Wald nie eine fruchtbare Gegend machen wird; auch bei den anderen Mittelgebirgen, die Ihnen vielleicht räumlich näher liegen — Rhön, Spessart, Vogelsberg —, sind es schlechte, höchstens mittlere Böden. Ich habe neulich einem meiner amerikanischen Bekannten gesagt, der größte Teil dieser Böden im deutschen Mittelgebirgsland würde in den Vereinigten Staaten überhaupt nicht unter Kultur stehen.
— Absolut richtig. Aber wir sind nicht so glücklich daß wir nur 21,8 Prozent unserer Fläche unter landwirtschaftliche Nutzung zu nehmen brauchen und trotzdem leben. Bei uns muß eben jeder Quadratmeter herangezogen werden. Da werden Sie mir sagen: Die menschliche Kunst hat oft schon aus einer Wüstenei einen Garten Eden geschaffen. Ich meine aber, das kostet Geld.
- Da möchte ich mich nicht in einen gedanklichen Wettlauf mit Ihnen, Herr Abgeordneter Rische, einlassen, vielleicht kommt es einmal. Aber rebus sic stantibus, wie die Dinge heute sind, ist der Boden nur in sehr beschränktem Umfang abänderlich, das ist nur durch jahrzehntelange Kulturverbesserung möglich.
Aber jetzt kommt etwas, was nicht abänderlich ist: das ist das Klima. Ich habe mit meinen Herren in den letzten Wochen gerade beim Studium der Fragen der Liberalisierung nach dieser Richtung hin einmal die seit Jahrzehnten gemachten wissenschaftlichen Feststellungen der deutschen meteorologischen Anstalten untersucht. Ich bin erschrocken. Der Unterschied in der Vegetationsdauer — nicht zwischen dem Alpengebiet oder der Rauhen Alb und dem Mittelgebirge, sondern zwischen Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein einerseits und Holland, Dänemark, Belgien andererseits — macht pro Jahr zwischen 13 bis 17 Tage aus. Ich brauche keinem Landwirt zu sagen, was die Kürze der Vegetationsdauer bedeutet. Und dazu die absolut andere Wasserführung .des Bodens. Warum haben denn die Hollander und die Belgier pro Hektar einen viel höheren Düngeraufwand als wir? Weil sie viel günstigere Wasserverhältnisse im Boden haben; denn jeder Kunstdünger braucht zur Lösung eine entsprechende Feuchtigkeit.
Diese Dinge, meine Herren, sind bei der Entscheidung der Frage maßgeblich, wie die Liberalisierung auf die Landwirtschaft anzuwenden ist. Daß die Liberalisierung in mancher Beziehung notwendig ist, wissen wir alle. Die Europäer haben in 17 Kämmerchen gelebt, und in manchen dieser Kämmerchen ist für die Inwohner schon das Zeichen der Atemnot eingetreten. Also der Ruf: die Fenster auf! hat seine Berechtigung. Aber diese Maßnahme muß sorgsam durchgeführt werden. Die Landwirtschaft geht mit, soweit sie kann, aber nicht im gleichen Schritt und Tritt mit der Industrie, weil sie das nicht vermag. In ,der Agrarwirtschaft gibt es nirgends Maßnahmen von Dienstag auf Mittwoch, da will alles sorgsam geplant und in der Durchführung sehr überlegt sein. Nur wenn wir das tun, erreichen wir das eine Ziel, das schließlich doch jedem von uns am Herzen liegt, mag er als Bauer den Pflug führen oder am Schraubstock stehen: Daß die deutsche Landwirtschaft eine wichtige Säule bleibt, die in den trotz allem noch blauen Himmel deutscher Zukunft hineinragt.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Kriedemann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß es richtiger ist, ein wenig tiefer in die Materie einzusteigen, wenn wir uns mit ,den Maßnahmen zu beschäftigen haben werden, die zu ergreifen mit dem Antrag Drucksache Nr. 428 die Regierung aufgefordert wird. Ich möchte mich, deshalb heute nur mit einem Teil der Fragen beschäftigen und dazu ein paar kurze Bemerkungen machen.
Ich bin mit dem Herrn Kollegen Horlacher durchaus einer Meinung, daß die Landwirtschaft einen gewissen Anspruch darauf hat, auch mit in den Kreis der Betrachtungen volkswirtschaftlicher Natur einbezogen zu werden. Ich teile seine Bedenken, ob das bereits in ausreichendem Maße geschieht. Man sollte die Landwirtschaft schon deshalb in den Kreis der volkswirtschaftlichen Überlegungen einbeziehen, weil es zwischen ihr und praktisch allen Deutschen in diesem Raum in ihrer Eigenschaft als Verbraucher ohnehin nach eine Reihe von sehr engen Verbindungen gibt, die manchmal gar nicht mehr erwähnt werden. Wir haben gerade bei unserer grundsätzlichen Kritik an der Wirtschaftspolitik — nicht erst in diesem Hause, auch schon am Anfang dieser Sorte von Wirtschaftspolitik in Frankfurt - immer mit zwei Argumenten gegen die sogenannte freie Wirtschaft operiert. Das eine dieser Argumente bezog sich auf die .Landwirtschaft. Wir haben unter anderem sehr rechtzeitig
darauf aufmerksam gemacht, daß die deutsche Landwirtschaft wieder einmal in der Gefahr ist, die Zeche für wirtschaftspolitische Fehlentscheidungen zahlen zu müssen. Das passiert ihr zwar nicht zum ersten Male in Deutschland, aber sie hat sich trotzdem noch nicht daran gewöhnt. Es wundert uns gar nicht, wenn jetzt aus den Kreisen der Landwirtschaft mehr und mehr Kritik an der Wirtschaftspolitik geübt wird, die man einmal mit großer Freude begrüßt hat und die man schlechtweg „freie Wirtschaft" nennt. Ich möchte mit allem Nachdruck das Wort unterstreichen, das der Herr Minister gesagt hat, daß in der Landwirtschaft sehr gründlich geplant werden müsse. Inzwischen dürfte sich überall schon herumgesprochen haben, was moderne Volkswirtschaftler unter Planung verstehen und daß das nichts mit Bezugscheinen und ähnlichen Dingen zu tun hat. Aber das will ich im einzelnen nicht weiter ausführen.
Die Landwirtschaft befindet sich in einer Krise – das ist ganz ohne Zweifel —, und vielleicht erkennt sie selber noch nicht einmal das ganze Ausmaß der Gefahr. Ich glaube allerdings, daß dabei auch eine geistige Krisis der politischen, gesellschaftlichen Kräfte in Erscheinung tritt, die sich so professionell immer zum Sprecher der Landwirtschaft aufgeworfen haben. Das scheint mir daran deutlich zu werden, daß man der Landwirtschaft heute im Grunde nichts anderes anzubieten hat als das, was man ihr immer angeboten hat. Ich glaube nicht, daß es richtig ist, vom Wiederaufbau ,der deutschen Landwirtschaft zu reden, schon deshalb nicht, weil die Landwirtschaft selber am besten weiß, daß es ihr niemals wirklich, so von innen heraus, gut gegangen ist. Die Jahre der Rüstungskonjunktur und die Hungerjahre haben das so ein bißchen überdeckt. Aber kaum ist das vorbei, schon treten all die Schwierigkeiten mit aller Deutlichkeit und mit ihrem ganzen Gewicht wieder in Erscheinung. Deswegen sollte man sich schon mit dem Gedanken vertraut machen, daß hier manches auch der ,Struktur nach geändert werden muß. Die land- wirtschaftliche Krise von heute ist doch nur die Folge einer durch Jahrzehnte hindurch verfehlten Wirtschafts- und Agrarpolitik, in der es zwar an großen Worten zum Troste der Landwirtschaft, auch an kleinen Geschenken nicht gefehlt hat, aber wirksame Maßnahmen sind nicht ergriffen worden. Das Tragische ist für mein Gefühl, daß sich das unter Umständen abspielt, die den Fernerstehenden die Bedeutung der Angelegenheit nur schwer erkennbar werden lassen. Das scheinbar gesicherte Leben auf den Bauernhöfen, der Besitz an sich erweckt so überall den Eindruck, als ob da alles in Ordnung sei, als ob den Leuten überhaupt nichts passieren könne. Ich glaube, daß auf allen Bänken dieses Hauses diejenigen, die etwas mehr von den Dingen wissen, die doppelte Verpflichtung haben, hier auszusprechen, was ist. Ich bedaure sehr, daß ich das in der ziemlich aufgeregten Agrardebatte der letzten Wochen eigentlich nicht mit der nötigen Deutlichkeit gehört habe. Im Gegenteil, mir scheint, daß man bereit ist — ich lasse ganz dahingestellt, ob mit Absicht oder aus Versehen, vielleicht auch aus einer gewissen Denktradition —, der Landwirtschaft einzureden, als sei ihr Übel aus einem Punkte zu kurieren und als sei dieser eine Punkt eben die Liberalisierung.
Dieses Verfahren, das sehr bequem sein mag, hat meiner Ansicht nach zwei große Gefahren: eine Gefahr für den Bauern, daß er nämlich leicht all die anderen Dinge übersieht, die für ihn viel wichtiger, die von einer bleibenden Bedeutung sind, und die Gefahr bei dem Verbraucher, daß der dauernde Hinweis auf die Liberalisierung und die sich daraus zum Schutz der Landwirtschaft ergebenden Forderungen ihn auf den Gedanken bringen, daß man seine Preise unter allen Umständen hochhalten will. Man kann es den Leuten mit einem viel zu kleinen Einkommen nun einmal nicht übelnehmen, daß sie nicht immer Zeit und Lust haben, lange volkswirtschaftliche Überlegungen anzustellen und nach den Zusammenhängen zu suchen. Auf Grund der Tatsache, daß manche Dinge erschwinglicher geworden sind, haben die Leute wahrscheinlich eine ziemliche Sympathie für das Wort „Liberalisierung", und man kann es ihnen nicht übelnehmen, wenn sie bei einer noch so berechtigten Sorge um eine Entwicklung, wie wir sie in den letzten Tagen auf dem landwirtschaftlichen Gebiet und gerade bezüglich der Preise gesehen haben, sich das Leben ihrerseits einmal etwas leichter machen wollen.
Es kann nicht übersehen werden, daß wir heute mehr unter einem Unterverbrauch als unter einer Überproduktion leiden, und wenn es auch vielleicht nicht beliebt ist, das immer wieder auszusprechen, so ist es doch eine Tatsache. Ich erwähne sie nicht, um hier alte Wunden aufzureißen oder sonst irgend jemandem unangenehm zu werden. Unsere Verbraucher haben ein viel zu geringes Einkommen
und sind deshalb nicht in der Lage, die Preise zu bezahlen, die die Landwirtschaft braucht, um wirklich produzieren zu können. Es hat keinen Sinn, darüber hinwegzugehen, und wenn man nun versucht, an dem Problem mit der Kritik an der Liberalisierung vorbeizukommen, dann, glaube ich, ist das nicht der richtige Weg. Wir sollten uns doch darüber klar sein, daß die Kunst leider noch nicht erfunden ist, zwar den anderen alles das zu verkaufen, was man gern los sein möchte, aber am liebsten gar nichts mit nach Hause zu bringen, und wenn wir uns die Lösung der landwirtschaftlichen Krisis zu einseitig nach dieser Seite hin vorstellen, dann, fürchte ich, werden wir auch in Deutschland selbst Stimmen wachrufen, die sich nicht als Stimmen von Verbündeten der Landwirtschaft herausstellen werden. Unser Industrieexport ist — das wissen wir alle — außerordentlich schwierig. Wir selber haben das größte Interesse daran, ihm nicht noch Hindernisse in den Weg zu legen. Es wird sehr viel darüber geredet werden - und ich fürchte, die Landwirtschaft hat dann leider nicht die stärksten Kräfte einzusetzen ob .denn die Berücksichtigung dieser oder jener landwirtschaftlichen Forderung eine notwendige oder vielleicht überflüssige Behinderung deutscher industrieller Exportmöglichkeiten ist. Weil die Landwirtschaft dann viele Verbündete braucht und wirklich auf keinen einzigen verzichten sollte, sollte das ruhig einmal so offen ausgesprochen werden.
Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir müssen die Courage aufbringen, auch unsere Landwirtschaft mit all den Konsequenzen aus
dem verlorenen zweiten Weltkrieg bekanntzumachen.
- Ich will es auch den anderen Leuten einmal sagen. Je eher wir damit anfangen, desto schneller kommen wir voran und desto weniger Zeit wird verwirtschaftet; von dem knappen Faktor Zeit wird ja heute viel zuviel vertan. Unsere Landwirtschaft muß konkurrenzfähig werden; aber das kann natürlich, nicht auf Kosten der Verbraucher geschehen.
Meine Freunde und ich haben bei der Frage des Butterpreises noch einmal ganz deutlich gemacht, wie sehr uns daran liegt, für die Landwirtschaft Preise zu erzielen, die die aufgewendete Arbeit lohnend machen und die überhaupt erst die Fortsetzung der Produktion ermöglichen. Kein einziger Mensch mit einem bißchen Verantwortungsgefühl kann sich darüber freuen, wenn durch einen völlig unkontrollierten Ablauf der Wirtschaft in allen ihren Phasen und nicht nur im Export die Preise einen solchen Tiefstand erreichen, daß eine Produktion einfach nicht mehr möglich ist. Man kann es aber, wie gesagt, den Verbrauchern nicht übelnehmen, wenn sie diese Zusammenhänge nicht immer sofort in vollem Umfange einsehen, und es ist ja leider Tatsache — diese Tatsache beschwert, glaube ich die ganze Diskussion —, daß die große Masse der Verbraucher in Deutschland einige Erfahrungen damit hat, wie man mit hohen Preisen den Versuch macht, irgendwelche Kriegsschäden oder Kriegsfolgen oder sonst etwas zu überwinden. Man kann es den Verbrauchern nicht zumuten — bitte, verstehen Sie es nicht falsch; die Herren, die mich aus der Ausschußarbeit kennen, werden Ihnen da vielleicht etwas anderes sagen —, daß sie die Landwirtschaft großhungern oder daß es so aussieht, als sollten sie das tun. Gerade weil mir klar ist, daß wir zum Schutz der Landwirtschaft und zu ihrer Entwicklung das Mitgehen des ganzen Volkes brauchen, liegt mir so sehr viel daran, hier nicht noch neue Mißverständnisse zwischen Erzeuger und Verbraucher entstehen zu lassen und die alte Kluft nicht noch mehr zu vertiefen. Ich fürchte, wir sind in dieser Gefahr. Wir werden den Verbraucher bei all dem, was die deutsche Landwirtschaft noch zu leisten hat, nicht mitbekommen, wenn wir ihm nicht das Gefühl geben, daß auch seine Interessen in vollem Umfange beachtet werden. Wir brauchen Preise, die die Produktion ermöglichen; wir müssen aber auch Abnehmer in ausreichender Zahl haben, die diese Preise anzulegen imstande sind. Ich bin überzeugt davon, daß sich in der Gestaltung des Milch- und Butterpreises noch herausstellen wird, wie recht wir hatten, als wir damals sagten: man kann eine solche Rechnung nicht nur bis zu einem gewissen Punkt führen, bis zu dem Punkt, an dem der richtige Butterpreis errechnet ist, sondern man muß über diesen Punkt hinaus weiterrechnen, um festzustellen, ob dann auch genügend Leute da sind, die diese Butter abnehmen können. Heute ist das gerade noch der Fall. Ich fürchte sehr — und ich fürchte es wegen der Landwirtschaft; denn wenn ich nicht an sie dächte, brauchte ich mich nur zu freuen -, daß wir in sehr kurzer Zeit diesen Punkt überschritten haben, und dann nützt es gar nichts, daß man einen Preis festgesetzt hat. Es war eben nur eine halbe Maßnahme.
Hier ist mit großem Nachdruck darauf hingewiesen worden, wie man in England mit den
Dingen fertig wird. Ich will auf diesen Punkt
nicht sehr weit eingehen, sondern mir nur die
eine Bemerkung erlauben, daß es der englischen
Regierung zweifellos gelungen ist, die landwirtschaftliche Erzeugung außerordentlich zu steigern. Wir wissen alle, was das für den inneren
Ausgleich einer Volkswirtschaft bedeutet. Wir
sollten nicht vergessen, daß es dabei ganz mit
rechten Dingen zugegangen ist, ohne jeden Spuk
und ohne jede Zauberei. Man hat sich entschlossen, im ganzen eine Steuerpolitik und eine Wirtschaftspolitik zu betreiben, die es der Regierung
eben ermöglicht haben, der Landwirtschaft ausreichende und anreizende Preise zu bieten, ohne
daß deswegen der breiten Masse der Bevölkerung der Brotkorb höher gehängt werden muß.
- Ich vergesse nicht die Dollars und vergesse keineswegs die Dollaranleihen. Ich sehe alle diese Details auch.
Sie werden mir aber zugeben, daß auf dem Gebiet der Subvention der Landwirtschaft und der Subvention der Lebensmittelpreise die Dollarhilfe ganz sicherlich nicht eingesetzt worden ist. Vielleicht können wir uns darüber einmal an anderer Stelle unterhalten.
Noch ein kurzes Wort! Ich glaube, wir sollten uns mit dem Gedanken vertraut machen, daß die Schwierigkeiten groß sind und daß das, was unserer Landwirtschaft jetzt bevorsteht, nicht damit erledigt werden kann, daß wir jetzt einmütig der Landwirtschaft erklären: wir werden dich schütren, wir werden alles von dir abhalten, was mindestens unbequem ist. Wir werden ihr besser die ganze Wahrheit sagen, daß sie in einer außerordentlich großen Gefahr ist, die sie nur durch cine sehr große Anstrengung der ganzen Volkswirtschaft überwinden kann, die daran interessiert ist, aus der Landwirtschaft ein gesundes Glied werden zu lassen, weil keine Volkswirtschaft funktionieren kann, die ein Stück mit sich schleppt, das nicht in Ordnung ist.
Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir deshalb zuletzt ein sehr offenes Wort. Ich glaube, jedem sollte es bewußt sein, daß die deutsche Landwirtschaft im politischen Leben unseres Volkes niemals so an dem rechten Platz gestanden hat. Die Agrarpolitik der letzten Jahrzehnte war gar nicht daran interessiert, die deutsche Landwirtschaft etwa so zum Funktionieren und zur wirtschaftlichen Gesundung zu bringen, wie es in anderen Ländern um uns herum glücklicherweise gelungen war. Die Landwirtschaft war ganz nützlich als so ein von Angst und Schrecken zusammengehaltener großer Block, der in der Politik notwendigerweise — na, sagen wir es einmal vornehm — retardierend wirken mußte. Alle die Mittelchen, die man früher einsetzen konnte, sind jetzt nicht mehr zur Verfügung. Wenn wir an die Arbeit gehen, werden wir wahrscheinlich schnell einsehen, wie eng begrenzt auch unsere Möglichkeiten auf den Gebieten der Zollgesetzgebung, der Einfuhrbeschränkung, der Einfuhr-
schleuse usw. sind. Daß wir keineswegs grundsätzlich gegen solche Methoden sind, haben wir, glaube ich, schon in der Frankfurter Periode bewiesen. Alle die Damen und Herren, die sich an jene Zeit erinnern können - das wird mir wahrscheinlich auch der Herr Minister ausdrücklich bestätigen —, wissen, daß wir - ich will nicht sagen, daß wir es allein waren — jedenfalls doch mit unserem ganzen Gewicht sehr wesentlich mitgeholfen haben, dieses Importausgleichsgesetz durchzuziehen, und daß wir erst dadurch den Herren auf der anderen Seite des Hauses, die von landwirtschaftlichen Dingen genug verstanden, die Möglichkeit gegeben haben, dann auch mit den Widerständen in ihren Reihen fertig zu werden. Wenn es aber in dieser Frage nicht zu einer sehr sachlichen Arbeit kommt, fürchte ich, daß darunter nicht nur die Landwirtschaft, sondern unser ganzes armes Volk leiden wird. Kein Problem eignet sich weniger dazu, irgend jemand etwas zu versprechen, was man sowieso nicht halten kann, als etwa die gegenwärtige Not unserer Landwirtschaft.
Ich weiß dabei, daß auch auf der Verbraucherseite eine Menge Leute sitzen, die sich einfach nicht vorstellen können, daß es da eine Not gibt. Aber es gibt eine Agrarnot. Es wäre bedauerlich, wenn durch eine Fortsetzung jener Sorte von Agrarpolitik, die ich vorhin gekennzeichnet habe, die etwas verspricht und mit kleinen Geschenken um die Freundschaft wirbt, die Landwirtschaft daran gehindert werden sollte, auch in Deutschland die Kur durchzumachen, die ,die Landwirtschaft in anderen Ländern durchgemacht hat, die man ihr hier aber aus sehr naheliegenden Gründen ersparen wollte, was eigentlich die Ursache dafür ist, daß sie jetzt so wenig gerüstet in die Probleme unserer Tage hineingeht, daß sie so in eine sich völlig neuordnende Welt hineingeht und man dabei so tut, als wären wir noch, ich weiß nicht wo im. Ablauf der Geschichte. Hier sollte jeder Kampf vermieden werden, weil eben nur eine gemeinsame Anstrengung es zuwege bringen wird, das Versäumte nachzuholen. Ich bin mir klar darüber, daß die Landwirtschaft große eigene Anstrengungen machen muß und daß niemand bereit sein wird, diesem armen Volk, das ohnehin schon schwer um seine Existenz kämpft, nun auch noch für die Erhaltung irgendwelcher liebgewordener Gewohnheiten Opfer zuzumuten; das wird nicht in Frage kommen. Die Landwirtschaft wird aber mit noch so großen eigenen Anstrengungen nicht in der Lage sein, auf eine volkswirtschaftliche Leistung zu verzichten. Wenn aber dieser Weg nicht gefunden wird und es zu einem offenen Kampf zwischen den Verbrauchern und den Erzeugern, wenn es zu einem offenen Interessenkonflikt zwischen denen kommt, die jede Exportchance um jeden Preis wahrnehmen wollen, dann wird die deutsche Landwirtschaft der Preis sein, der dafür zu zahlen ist. Das kann kein vernünftiger Mensch wünschen, das muß jeder vernünftige Mensch fürchten. Denn bei aller Bereitwilligkeit, die hoffentlich niemandem fehlt, zu einem größeren europäischen Wirtschaftsraum zu kommen, müssen wir auch unsere eigene Volkswirtschaft intakt zu halten versuchen, und eine gesunde, leistungsfähige, wirtschaftlich stabile Landwirtschaft ist dazu eine der wesentlichsten Voraussetzungen.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Niebergall.
Meine Damen und Herren! Die Lage der westdeutschen Landwirtschaft ist mehr als ernst. Der Kern des Problems der Landwirtschaft und der Fragen, die damit zusammenhängen, ist doch der: Ist die gegenwärtige Lage zeitbedingt? Wo liegen die Ursachen, die zu dieser Lage geführt haben, und was muß geschehen, um aus diesem Zustand herauszukommen? Der Antrag der CDU geht weder im ersten noch im zweiten Teil auf diesen Kern ein. Allerdings war der Herr Kollege Horlacher bemüht, in seinen Ausführungen einige dieser Fragen anzuschneiden, Ich will nicht gehässig sein; denn das, was er sagte, das sagen wir als Kommunistische Partei, als kommunistische Fraktion schon seit Monaten hinsichtlich des Marshallplans und der Liberalisierung.
Wie sieht es mit der Lage unserer Landwirtschaft im Westen aus? Die Auswertung der Buchführungsergebnisse von über 3000 landwirtschaftlichen Betrieben durch die VELF hat ergeben, daß der Reinertrag je Hektar im Jahre 1938/39 94 Mark und 1946/47 33 Mark betragen hat, im Jahre 1947/48 weiterhin stark gefallen ist und noch weiter fallen wird. Die Schere zwischen den Agrar- und Betriebsmittelpreisen sieht so aus, daß bei einem Index von 100 für das Jahr 1938 Ende 1949 ein Agrarindex von 1,61 einem Index des Betriebsaufwandes von 1,83 gegenübersteht. Die steuerliche Belastung der Landwirtschaft betrug im Durchschnitt der Jahre 1925-30 je Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche 6 Mark; 1938/39 stieg sie auf 9 Mark, 1946/47 erreichte sie 63 Mark, und durch die Soforthilfeabgabe wird sie 1948/49 eine weitere Steigerung erfahren.
Wenn der Herr Kollege Horlacher feststellte, daß das Arbeitslosenproblem auch die Landwirtschaft erfaßt, so möchte ich darauf hinweisen: im ersten Halbjahr 1949 sind laut amtlicher Statistik 327 000 Arbeitskräfte aus der Landwirtschaft entlassen worden oder freiwillig in die Industrie abgewandert. Die Abwanderung vom Lande — und zwar der familieneigenen und der fremden Arbeitskräfte — seit 1945 ist sehr groß und wird gegenwärtig mit 30 Prozent eingeschätzt.
Wir müssen als kommunistische Fraktion feststellen: dadurch daß die Ernährungswirtschaft in der Westzone auf die Hilfe des Auslandes abgestellt und den ausländischen Interessen untergeordnet wurde, ist eine gesunde Entwicklung zur Steigerung der Eigenerzeugung bewußt verhindert worden. Die Landwirtschaft ist schon seit Jahrzehnten das Stiefkind der gesamten Wirtschaft. Sie wurde durch den Marshallplan und insbesondere durch eine seiner Grundforderungen, der Liberalisierung des Handels, besonders schwer getroffen und wird weiter schwer angeschlagen werden. Was haben der Marshallplan und die Liberalisation des Handels gebracht? Darüber einige Beispiele. Nach amtlichen Feststellungen waren 1949 ein Drittel der Eigenerzeugung an Gemüse unverkäuflich. 1949 wurde die Anbaufläche von Gemüse bereits um 32 Prozent verringert. Auf einer Tagung südostbayerischer Gärtner in Rosenheim erklärte der erste Vorsitzende des Verbandes, Senator Baur, daß gegenüber der 1933 getätigten Gemüseeinfuhr von 162 000 Tonnen Gemüse für das Gesamtreich nach
gegenwärtigen Plänen allein für Westdeutschland jährlich bis zu 300 000 Tonnen eingeführt werden. Die Einfuhrpolitik der gegenwärtigen Regierung gefährdet nicht nur die Existenz von 205 000 Gärtnern aufs ernsteste, sondern weiterer 500 000 Menschen, die in der 'deutschen Gemüseproduktion Arbeit und Brot finden. Der Handelsvertrag, der soeben mit Frankreich abgeschlossen wurde, unterstreicht diese Tatsache aufs drastischste. Wir als kommunistische Fraktion sind für Handelsverträge, aber für solche, die auf Gegenseitigkeit beruhen und die keinen diskriminierenden Charakter haben.
Durch noch vorhandene Verpflichtungen von der JEIA hier sind wir in Westdeutschland gezwungen, Fische aus dem Ausland zu beziehen. Mit einem Betrag von mehr als 4 Millionen DM müssen wir das subventionieren, während unsere eigene Industrie fast stilliegt.
Wohin hat uns die Liberalisation des Handels geführt? Während unsere Weinbauern um Absatz ringen, werden große Mengen Wein aus Frankreich legal und illegal nach Deutschland hereingeschleust. Hinzu kommt, daß, wie uns aus der Pfalz berichtet wird, auf besonderem Wege lebendes Vieh ohne Einhaltung von Seuchenvorschriften eingeführt wird.
Die Lage der deutschen Landwirtschaft kann nach unserer Auffassung nur geändert werden, wenn die Spaltung Deutschlands überwunden und die Einheit Deutschlands wieder hergestellt wird. Die Lage kann nur gebessert werden, wenn landwirtschaftliche Produkte nach den Bedürfnissen der deutschen Bevölkerung eingeführt werden und wenn wir besonders mit solchen Ländern in verstärkte Handelsbeziehungen treten, die bereit sind, unsere Industrieprodukte abzunehmen und zur Erhaltung der Kaufkraft der arbeitenden Massen beizutragen. Die Lage kann nach unserer Auffassung nur gebessert werden, wenn insbesondere dem Bauern langfristige Kredite zu niedrigen Zinssätzen zur Verfügung gestellt werden. Denn nach den Berechnungen der Bauernverbandsführung sind in den Westzonen Milliarden notwendig, um unsere Landwirtschaft gegenüber der ausländischen Konkurrenz widerstandsfähig zu machen. Die Lage kann nur gebessert werden, wenn eine Korrektur der landwirtschaftlichen Steuergesetzgebung in der Richtung einer progressiven Staffelung der Steuern vorgenommen wird. Die Lage unserer Landwirtschaft kann nur gebessert werden, wenn die derzeitige Wirtschafts- und insbesondere die Landwirtschaftspolitik in Westdeutschland, die die Produktionssteigerung unmöglich macht, geändert wird. Das ist aber nach unserer Auffassung nur möglich, wenn die Masse der betroffenen Bauern im Bunde mit der Arbeiterschaft und den übrigen Werktätigen den konsequenten Kampf gegen die Politik der Versklavung und Knechtung aufnimmt.
Solange wir noch Brot- und Futtergetreide, Fett und Zucker aus Mitteln des Marshallplans beziehen, solange die alte verderbliche Politik hier im Westen fortgesetzt wird, werden unsere Bauern zugrunde
gehen, die Arbeitslosigkeit wird ansteigen, die Geschäfte werden voller Waren, aber ohne Käufer sein. Die Verantwortung dafür trägt die Regierung. Es ist deshalb an der Zeit, daß die Bauern handeln. Als kommunistische Fraktion werden wir alles tun, was uns möglich ist, um den Bauern zu helfen.
Aber wir fordern von den Bauern, daß sie klar erkennen, wo ihre Freunde und wo ihre Feinde sitzen.
— Lachen Sie nur! Das hat die Vergangenheit bereits bewiesen.
In Deutschland wurden seit 1918 2 Millionen Bauern ruiniert, ohne daß wir an der Macht waren. Aber Sie waren an der Macht.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Mensing.
Meine Damen und Herren! Unsere Bauern werden sehr erfreut gewesen sein, zu hören, daß sich ausgerechnet der Vertreter der KPD anmaßt, Vertreter bäuerlicher Interessen zu sein.
— Nein, meine Herren, sorgen Sie dafür, daß im a Osten das Brachland beseitigt wird,
sorgen Sie dafür, daß unsere deutschen Menschen jenseits des Eisernen Vorhangs wieder zu einem besseren Lebensstandard kommen! Dann handeln Sie richtig. Aber versuchen Sie nicht durch eine negative Einstellung
aus Gründen der Opposition die Gegensätze, die Ihnen natürlich genehm sind, bei uns im Bundesstaat zu vergrößern.
Wir begrüßen den Antrag Dr. Horlacher. Als Vertreter der Ernährungshandwerke möchte ich auch einiges zu diesem Antrag sagen. Die Liberalisierung ist zur Zeit das große Zauberwort, das alle Gemüter bewegt.
Wir alle wissen - Sie haben recht —, daß die Liberalisierung bis zur höchsten Vollendung von Amerika verlangt wird. Wir wissen aber auch, daß wir Amerika zu großem. Dank verpflichtet sind. Diese Tatsache haben sämtliche Fraktionen dieses Hauses, von einer kleinen Gruppe abgesehen,
in der vorigen Woche anerkannt. Die Liberalisierung birgt natürlich große Gefahren in sich. Es wird unbedingt erforderlich sein, zu klären, wie weit die Liberalisierung auf dem landwirtschaftlichen Sektor vorangetrieben werden soll.
Sollte es sich 'bewahrheiten, daß Schutzzölle zugunsten der Landwirtschaft in Zukunft nicht mehr möglich sind, würde dieses gleichbedeutend sein mit dem Tod der Landwirtschaft.
Denn die Dinge liegen doch so, daß wir in den Vereinigten Staaten einen Warenüberhang haben, von dem sich die meisten unserer Volksgenossen keine Übersicht verschaffen können. Die Tatsache, daß wir in den letzten Jahren dort Weltrekordernten zu verzeichnen haben, die Tatsache, daß der Warenüberhang so groß ist, daß die amerikanischen Lagerhäuser nicht ausreichen, um diese Vorräte aufzunehmen, daß man die Einheitsschiffe des letzten Weltkrieges wieder in den Dienst gestellt hat, um sie als Vorratsschiffe zu benutzen, weiter daß der amerikanische Kongreß vor kurzem 125 Millionen Dollar für den Bau neuer Lagerhäuser bewilligt hat, ist bezeichnend. Man stelle sich einmal vor, was geschehen würde, wenn dieser Warenüberhang, nachdem die wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse sich konsolidiert haben,
nach hier hereingeschleust würde!
Meine Herren! Überfordern Sie sich nicht gegenseitig!
Das würde ohne Schutzzölle zum Ruin der deutschen Landwirtschaft und zum Ruin breitester Kreise der Ernährungshandwerke und anderer Berufsgruppen führen müssen. Zum Beispiel -auf dem Sektor Vieh und Fleisch, — um Ihnen nur einige Zahlen zu nennen — haben wir zu verzeichnen, daß in den Vereinigten Staaten von Nordamerika 90 Millionen lebende Schweine anläßlich der letzten Viehzählung vor einigen Wochen festgestellt wurden. Der Schweineverkaufspreis in den Läden ist auf 1,60 das Kilo gesunken. Vom Schwein sind in Amerika nur die Spezialitäten zu verkaufen. Alles andere geht in die Lagerhäuser und wird konserviert. Was geschähe, wenn diese Dinge nach hier hereingeschleust würden! Das wäre gleichbedeutend mit dem Tod der Landwirtschaft. Darüber müssen wir uns klar sein. Ganz besonders Sie, meine Herren von der äußersten Linken, müssen sich, wenn Sie es mit einer gesunden Sozialpolitik ernst meinen, der Tatsache bewußt sein, daß Sie nur dann eine gesunde Sozialpolitik betreiben können, wenn Sie dafür Sorge tragen, daß die Wirtschaft gesund bleibt. Ein -wichtiger Faktor der Wirtschaft sind aber nun einmal die Landwirtschaft und die Ernährungshandwerke.
Wenn von einem der Herren Redner gesagt wurde, daß man dem Lebensstandard der breiten Massen Rechnung tragen müsse, so sind wir von der CDU jederzeit bereit, dieser Tatsache Rechnung zu tragen. Wenn ein Teil unserer Presse in den letzten Wochen in völliger Verkennung der
Lage gegen einzelne Ernährungshandwerke in tendenziöser Form, vorgeht, so muß ich hier feststellen, daß das überaus bedauernswert ist.
— Verehrter Herr Kollege, ich freue mich, daß Sie so taktvoll sind, meinen Berufsstand nicht zu erwähnen, den Sie sicherlich damit meinen. Ich möchte Ihnen aber nur eines sagen: beurteilen Sie die Preise nicht nach den Spezialitäten, die wir verkaufen, sondern beurteilen Sie den Preisspiegel an dien anderen, billigeren Artikeln, die Sie zur Genüge in den Schaufenstern sehen können!
— Verehrter Herr Kollege, ich stelle rein sachlich und nüchtern fest, daß mein Berufsstand ohne jede Substanz in den Währungsschnitt hineingegangen ist.
-- Sie wissen nicht, wie viele Hypotheken auf diesen Grundstücken liegen.
Sie kennen nicht die Sorgen und die Tränen, die in diesem Berufsstand in den letzten Jahren geflossen sind.
Wenn ich — um auf die Liberalisierung zurückzukommen — auf diese Dinge besonders hinweise, so deshalb, um zu verhindern, daß eine Katastrophe für große Berufsgruppen eintritt. Ich mache nur noch darauf aufmerksam, daß wir im Bundesgebiet Zustände ablehnen, wie sie in Amerika auf dem Ernährungssektor Vieh und Fleisch herrschen, wo ein halbes Dutzend amerikanischer Großfirmen den Markt bestimmen. Wenn wir nicht gemeinsam mit der Landwirtschaft dafür sorgen, daß rechtzeitig Schranken auf diesem Gebiet errichtet werden, dann besteht die große Gefahr, daß diese Großfirmen den Überhang an Waren, den sie aufgespeichert haben, nach hier hereinschleusen und zu einem Preis auf den Markt werfen, durch den die Landwirtschaft und große Teile des Handwerks vernichtet werden.
Der Zweck meiner Ausführungen sollte sein, Sie zu bitten, dafür Sorge zu tragen, daß die Landwirtschaft und die Ernährungshandwerke lebensfähig bleiben.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Frühwald.
Meine Damen und Herren! Der Antrag Dr. Horlacher und Genossen hat eine agrarpolitische Debatte ausgelöst, deren Probleme in ihrer Folgewirkung erst in den Verhandlungen der einschlägigen Ausschüsse erarbeitet werden müssen. Deshalb möchte ich hier nicht auf Einzelheiten eingehen, sondern in kurzen Zügen das Grundsätzliche der Maßnahmen herausstellen, die zu treffen sind, um die Situation, in der sich die heutige deutsche Landwirtschaft befindet, wieder in einen ganz bestimmten Rahmen zu lenken und in eine ganz bestimmte Richtung zu weisen.
Die Ursachen, die in der Landwirtschaft und in der breiten Öffentlichkeit dazu geführt haben, daß man heute allenthalben die derzeitige agrarpolitische Lage erörtert, sind meines Erachtens auch dadurch gekennzeichnet, daß man bis jetzt in der politischen Linie unserer Regierung die klare Beantwortung der Frage nach dem Ziel und dem Weg unserer Agrarpolitik vermißt hat. Damit möchte ich der Regierung keinen Vorwurf machen. Das ist durch die Zeitumstände bedingt. Aber diese Zeitumstände, die sich dann in die verschiedenen Maßnahmen auf dem Gebiet der Einfuhr ausgelöst haben, haben auch bewirkt, daß die Schockwirkung zu den Erschütterungen geführt hat, die wir in den letzten Wochen zu verzeichnen hatten.
Grundsätzlich möchte ich folgendes feststellen. Wenn das deutsche Volk sich durch seine Regierung den politischen Formen des Westens zuwendet, wird es notwendig sein, daß es seine Wirtschaftspolitik den Staaten anpaßt, mit denen es weltpolitisch gesehen in der gleichen Linie marschiert. Das hat auch die Wirkung gehabt, daß die Liberalisierung, die sich jetzt als eine Folgewirkung dieser Wirtschaftsform zeigt, die deutsche Wirtschaft und damit die deutsche Landwirtschaft zwingt, neue Formen und Wege zu finden, mit denen man die deutsche Wirtschaft und mit ihr die deutsche Landwirtschaft in den vorgezeichneten Weg mit ,dem vorgezeichneten Ziel eingliedern kann.
— Wenn Sie sagen, Herr Kollege: Kartoffeläcker wollen Sie machen, dann haben Sie damit schon bewiesen, daß Sie den Sinn meiner Ausführungen nicht begriffen haben und voraussichtlich auch nicht begreifen werden.
Herr Abgeordneter, letztere Prognose überschreitet das Maß einer wohlwollenden Kritik.
Es wäre mir angenehmer, wenn ich mich zuletzt getäuscht habe.
Wenn wir jetzt nach den grundsätzlichen Zielen unserer kommenden agrarpolitischen Entwicklung fragen, wenn wir nach einem Weg suchen, so ist es ganz selbstverständlich, daß wir im Rahmen der bestehenden Wirtschaftsordnung versuchen müssen, für die Landwirtschaft ein Preisgefüge zu finden, das die Landwirtschaft in ihrer Gesamtheit in das gesamte wirtschaftliche Geschehen der Bundesrepublik Deutschland ranggemäß eingliedert. Wenn wir in den nächsten Tagen und Wochen bei den Erörterungen der Ausschüsse und der Regierung nach den Regeln suchen, die dieses Preisgefüge schaffen, so müssen wir von der Voraussetzung ausgehen, daß das Preisgefüge nicht den untersten Einkommensgrenzen angepaßt werden kann, die überhaupt in der heutigen Wirtschaft zu verzeichnen sind. Es besteht so gern die Neigung, der Landwirtschaft immer wieder zu sagen, daß ein gewisser Kreis von Menschen, den jeder kennt und jeder anerkennt, der Kreis, der unter dem Existenzminimum liegt, nicht in der Lage ist, die Preise anzulegen, die im allgemeinen bei einer vollständigen Angliederung der Landwirtschaft an das Preisgefüge der Gesamtwirtschaft angelegt werden müßten. Wenn wir aber nun versuchen, das Preisgefüge an diese untersten Grenzen anzupassen, so ist durch die Stufenwirkung nach unten, durch den Weg vom Erzeuger zum Verbraucher ja heute schon die Gewähr gegeben, daß der Erzeuger einen Preis bekommt, der ihn in seinem Einkommensgefälle noch weiter unter diese Stufe abfallen läßt. Das muß eine grundsätzliche Regelung bei den Fragen sein, die wir im Zusammenhang mit diesem Antrag in den nächsten Wochen in den Ausschüssen dieses Hohen Hauses zu erörtern haben.
Nun möchte ich noch kurz die Frage aufwerfen: Wie kam es, warum die heutige Situation, und was nun? Wie es kam, ist uns allen bekannt. Es ist der rapide Übergang, den ich vorhin schon angedeutet habe, der rapide Übergang von einer Bewirtschaftung, die in Wirklichkeit nur noch auf dem Papier stand, die sich selbst überholt hat, die sich selbst aufgefressen hat, die auf Grund des Tempos unserer weltwirtschaftlichen Entwicklung und durch unsere Angliederung an den westeuropäischen Markt in einem solch schnellen Tempo überholt wurde, daß zuletzt die Maßnahmen des Staates immer hinterherhinkten. Über alle Entscheidungen, die wir auf dem Gebiet unserer Ernährungspolitik im letzten Jahr getroffen haben, kann man immer wieder die Überschrift setzen: Zu spät!
In diesem Zusammenhang muß ich noch eines sagen. Der Herr Ernährungsminister hat heute hier Ausführungen gemacht, in denen Ratschläge enthalten waren, bei deren Befolgung durch die Landwirtschaft die Gefahr besteht, daß auch hier wieder das Wort „zu spät" angebracht sein wird. Der Herr Ernährungsminister ist Zeit seines Lebens dafür bekannt, daß er ein Meister des Wortes ist; er versteht es meisterhaft, mit schönen und guten Worten — ich will nicht sagen: nichts — mindestens sehr wenig zu sagen; er hat darin ein besonderes Geschick.
Um so mehr hat es mich heute verwundert, daß er sich auf agrarpolitischem Gebiet so festgelegt hat, und zwar mit einer These, bei deren Befolgung jeder einzelne Betrieb Gefahr läuft, auch wieder zu erfahren: zu spät! Ich meine den Satz, in dem er davon gesprochen hat, die einzig seligmachende Möglichkeit der deutschen Landwirtschaft bestehe darin, sich der reinen Veredelungswirtschaft zuzuwenden, die Erzeugung von Brotgetreide aber anderen Gebieten der Welt zu überlassen. Da habe ich nur die eine Sorge: wenn die deutsche Landwirtschaft diesen Rat befolgt, dann wird das eintreten, was uns in den letzten 10 Jahren immer wieder vor Augen geführt worden ist, daß nämlich die Weltpolitik und vor ihr noch die Konjunktur der Weltwirtschaft sich sehr schnell von einer gegebenen Situation auf eine neue umstellt. Ich habe die Sorge, daß eine Umstellung der deutschen Landwirtschaft in ihrer Endwirkung jetzt auf einen weiten Zeitraum gesehen — immer zu spät kommen wird. Ein bäuerlicher Betrieb ist dann am krisenfestesten, wenn seine Betriebsform möglichst vielseitig ist.
Von einer ganz bestimmten Brotgetreideerzeugung — am liebsten höher als wir sie heute
haben — abzusinken, möchte ich warnen; denn wer gibt uns bei dem heutigen schnellen Zeitgeschehen die Gewähr, daß nicht einmal der Zeitpunkt kommt, da wir auf Grund unserer jetzigen politischen Situation untätig zusehen müssen, wie alle diese Schiffskasten, von denen man gesprochen hat, für alle Zwecke in der Welt zur Verfügung stehen, nur nicht für den Transport von Brotgetreide nach Deutschland?
Das ist die eine Seite.
Dann bitte ich Sie, ein Weiteres zu beachten. Der Bauer denkt im Innersten seiner Seele nicht rein kaufmännisch, sondern er denkt rein bäuerlich. Dieses bäuerliche Denken ist in erster Linie auf die Erhaltung abgestellt, und das ist die Stärke unseres Bauerntums. Diese ethische Stärke unseres Bauerntums aber müssen wir erhalten, weil wir damit auch die Grundlage unseres Volkstums überhaupt erhalten. Der Bauer war immer bereit, seine Lebenshaltung den Zeitumständen anzupassen und anzugleichen. Ob es bei der jetzigen Entwicklung der Wirtschaft zumutbar ist, die Lebenshaltung des bäuerlichen Menschen in Deutschland auf einem Stande zu halten, der, im Durchschnitt gesehen, auf der untersten Einkommensgrenze und darunter liegt, das bitte ich zu prüfen und dann bei allen diesen Entscheidungen zu beachten. Ich bitte Sie, das bei den kommenden Erörterungen des Problems vom landwirtschaftlichen Standpunkt aus auch in die Waagschale zu werfen; denn jede Ethik hat dort eine Grenze, wo die wirtschaftlichen Grundlagen des Menschen überhaupt beseitigt werden.
Nun möchte ich einige Bemerkungen machen zu dem Antrag der Bayernpartei und zu den Erörterungen, die im Zusammenhang mit diesem Antrag heute vor diesem Hohen Hause geführt worden sind. Ich bin der Meinung, es läge im Interesse der zuständigen Fachminister, im Interesse der Regierung, ganz gleich welcher Art diese zufällig ist, daß die Verantwortung für diese Handelsverträge und ihre Auswirkungen auf möglichst breite Schultern gelegt wird; das ist eben der Kreis der Menschen in unserem deutschen Volk, der verfassungsrechtlich dazu bestimmt ist: das sind die Abgeordneten des Bundestags.
Heute muß ich folgende Situation feststellen: Der Bundestag ist über Maßnahmen nicht unterrichtet, die von den Ministern, von den Ministerien getroffen werden und über die die Allgemeinheit spricht.
Das Schwergewicht der Entscheidung liegt trotz Grundgesetz, trotz Bundestag immer noch insbesondere beim Wirtschaftsministerium und beim Ernährungsministerium, das • Schwergewicht der Maßnahmen liegt bei den Beiräten. Darum gestatten Sie mir, auszusprechen: Auf Grund der Tendenz, in den Beiräten möglichst zahlreich vertreten zu sein, liegt die Vermutung nahe, daß die Herren in diesen Beiräten weniger danach trachten, ihren Rat beizutragen, als vielmehr die Absicht haben, bestimmte Informationen möglichst frühzeitig hinwegzutragen.
Es müßte Pflicht der Regierung sein, die einzelnen Fraktionen des Bundestages über die auf diesem Gebiet geplanten und zu ergreifenden Maßnahmen zu unterrichten. Gestaltet werden diese handelspolitischen Entscheidungen nach dem bisherigen System durch anonyme Kräfte, die die einschlägigen Minister immer decken müssen. Aber die Verantwortung vor der breiten Öffentlichkeit sollen die 402 Mitglieder des Bundestages tragen, die oft vor Fragen gestellt werden, von denen sie überhaupt keine Kenntnis haben.
Zusammenfassend möchte ich nur eine einzige Feststellung treffen. Es ist für die einzelnen Berufsstände leicht, ihre Forderungen auf Grund der jeweiligen wirtschaftspolitischen Situation in ihren Organisationen zu formulieren und vor der Öffentlichkeit zu vertreten. Schwer ist es dagegen für die Parteien, diese verschiedenen wirtschaftspolitischen Forderungen der Berufsstände und Berufsverbände in eine gewisse Übereinstimmung zu bringen. Es ist Pflicht der Regierung, alle diese Forderungen, die über die Wirtschaft und ihre Berufsstände und durch die Parteien an sie herangetragen werden, in Einklang zu bringen mit den außenpolitischen Notwendigkeiten der Weltpolitik. Es ist aber Aufgabe von uns allen ohne Ausnahme, daß jeder, ohne Rücksicht auf Beruf und Partei, dazu beiträgt, der Regierung die Erfüllung dieser ihrer Pflicht zu ermöglichen. Denn wir alle bauen Deutschland!
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Leuchtgens.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine Damen und Herren! Die Debatte, wie sie sich in den letzten zwei Stunden entwickelt hat, ist für den Soziologen von größter Bedeutung; dreht es sich doch um das Grundproblem jedes Volkes, die Verbraucher und die Erzeuger von Nahrungsmitteln zusammenzuführen und zusammenzuhalten. Das ist in letzter Linie die Grundlage aller Agrarpolitik und aller Politik überhaupt. Nicht erst in den Kriegs- und Nachkriegsjahren ist das flache Land gegenüber der Stadt entwicklungsmäßig ins Hintertreffen geraten, das war schon vorher so. Ich habe in meiner früheren politischen Tätigkeit in Hessen immer versucht, die Bedeutung der Landwirtschaft für unser gesamtes Volk hervorzuheben, und aus dieser früheren Tätigkeit nehme ich auch jetzt das Recht für mich in Anspruch, ein paar Worte über diese Zusammenhänge zu sagen; mehr kann es im Rahmen der mir zugemessenen Zeit ja nicht sein.
Ich bin vor allen Dingen 'der Meinung, daß wir der Landwirtschaft heute in jeder Weise entgegenkommen müssen, denn ich muß sie als den Jungbrunnen unseres Volkes bezeichnen. Ich weiß nicht, ob sich jeder einmal darüber klargeworden ist, daß kein Geschlecht — und das ist eine soziologische Tatsache — zwei Generationen hindurch in der Großstadt leben kann, ohne eine Blutauffrischung vom Land zu erfahren, und daß alle Familien in der Stadt diese Entwicklung durchgemacht haben und durchmachen müssen. Deswegen müssen wir versuchen, diesen Jungbrunnen des deutschen Volkes zu erhalten.
Ich begrüße in diesem Zusammenhang auch die Anträge, die Herr Dr. Horlacher gestellt hat, und
auch die Anträge, die Herr Dr. Baumgartner eingebracht hat. Wir müssen versuchen, von diesem Boden aus der Landwirtschaft gerecht zu werden. Auch mich beschäftigen die großen Sorgen, die sich in diesem: Zusammenhang aufwerfen; der Herr Landwirtschaftsminister hat sie in seinen Darlegungen ja gekennzeichnet. Ich habe mich gewundert, wie er die Dinge zusammengesehen hat. Ich glaube, daß das im wesentlichen der richtige Weg ist. Ich bin aber doch sehr besorgt darüber, ob er die Macht finden wird, die Gefahren, die in der Liberalisierung unseres Handels für die Landwirtschaft liegen, zu bändigen. Ich habe hier eine Resolution vor mir liegen, die gestern morgen aus einem Wetterauer Dorf zu mir kam. Hier wird in erster Linie von rein bäuerlichen Kreisen geklagt, daß die Landwirtschaft ihre Erzeugnisse nicht absetzen kann. Das haben wir auch schon von anderer Seite gehört, vor allen Dingen —
Ich bitte doch, den Redner anzuhören.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Denken wir nur an die Tatsache, daß der Roggen in weitem Maße nicht zu verkaufen ist und daß Obst und Gemüse aus dem Ausland das deutsche Obst und Gemüse unverkäuflich machen.
Der Herr Minister hat davon gesprochen, daß er beim Vertrag mit Frankreich die Dinge bereits richtig gelenkt und geleitet hat. Ich habe nicht die Überzeugung, daß das in vollem Maße geschehen ist. Es wird abzuwarten sein, wie die andern Handelsverträge sich gestalten, damit man sieht, ob die Landwirtschaft ihre Produkte auch wirklich absetzen kann.
Weiterhin wird in dem Antrag, der mir aus bäuerlichen Kreisen, aus einer Versammlung des Bauernverbandes, zugeleitet wird, geklagt, daß die Soforthilfe ,die Barmittel der Landwirtschaft heute in weitem Maße in Anspruch nehme und daß keine Möglichkeit mehr da sei, die notwendigen Kapitalien für die Beschaffung von Düngemitteln und Saatgut zur Verfügung zu stellen. Auch das ist ein dringendes praktisches Problem, das gelöst werden muß.
Ich bin weiter der Meinung, daß es in letzter Linie doch darauf ankommt, die Preise für die landwirtschaftlichen Produkte so zu gestalten, daß die Landwirtschaft wirklich lohnend bleibt. In diesem Punkt möchte ich meinem Vorredner, Herrn Frühwald, recht geben, daß die Grundlage der Landwirtschaft wohl den Verhältnissen entsprechend verändert werden kann, aber daß man mit der Veredelung allein nicht weiterkommt. Die Landwirtschaft steht und fällt mit dem Körnerbau, und wenn wir den Körnerbau für die Landwirtschaft nicht mehr ertragreich machen können, dann wird ein Strukturwandel in der deutschen Landwirtschaft entstehen, der die Landwirtschaft einfach vernichtet. Mit lediglich theoretischen Erörterungen kommen wir über diese Dinge nicht hinweg.
Herr Abgeordneter, Sie haben noch drei Minuten.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich werde gemahnt, daß meine Zeit abgelaufen ist. Ich muß deshalb kurz über Dinge weggehen, über die ich eigentlich sprechen wollte.
Ich wollte vor allen Dingen noch darauf hinweisen, daß man der Landwirtschaft nicht weiterhin zumuten soll, sich noch mehr anzustrengen. Denn darüber besteht ja doch wohl kaum ein Zweifel, daß kein Berufsstand in Deutschland so viel arbeitet und so intensiv von morgens früh bis abends spät im Geschirr liegt, wie das die Landwirtschaft tut. Das müssen wir doch mit allem Nachdruck betonen. Ich habe die Überzeugung, wenn andere Berufsschichten zeitlich und intensiv so arbeiteten, wie es die Landwirtschaft tut, dann wäre die Wirtschaftsnot in Deutschland nicht so groß.
Und weiterhin zum Schluß noch den Hinweis, daß ich bezüglich der Liberalisierung des Handels die größten Befürchtungen habe, daß die Landwirtschaft hier unter die Räder kommt. Ich habe das schon einmal gesagt und muß es immer wieder betonen. Ich möchte gerade den Herrn Landwirtschaftsminister besonders auf diese Zusammenhänge aufmerksam machen. Wenn Sie die Schleuse allzusehr unter dem politischen und sozialen Druck öffnen, dann denken Sie daran, daß Sie damit unter Umständen den Tod der Landwirtschaft herbeiführen und daß ein Strukturwandel in Deutschland entsteht, der uns gesellschaftlich in eine Masse verwandelt, die nicht mehr lebensfähig bleibt.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Glasmeyer.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin als Bauer glücklich, ich bin sogar überglücklich; denn ich muß feststellen, daß von links bis nach rechts hin alle uns Bauern helfen wollen. Ich muß zudem feststellen, daß wir uns freuen dürfen, weil nicht nur die Referenten, sondern auch der Herr Bundeslandwirtschaftsminister uns in sehr guten und ausgezeichneten Referaten die Wichtigkeit der Landwirtschaft vordemonstriert und aufgezeigt und uns außerdem bewiesen haben, daß ohne irgendwelche Hilfe und ohne ein Langsamgehen in der Frage der Liberalisierung die Landwirtschaft unter Umständen vor die Hunde gehen kann. Insbesondere habe ich mich gefreut, daß anscheinend selbst unsere Fleischermeister, wie der Herr Kollege von der CDU vorhin betonte, uns in Zukunft für unser Lebendvieh bessere Preise zahlen werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im übrigen aber sind wir vom Zentrum der Ansicht, daß die jetzt vorliegenden Anträge für alle die übereifrigen Liberalisten, die mit ihrem Liberalismus anscheinend nur den Export meinen, einen Schlag ins Gesicht bedeuten.
Ich möchte nun noch kurz zu einigen Punkten, die von einigen Rednern angeführt worden sind, Stellung nehmen. Herr Abgeordneter Kriedemann von der SPD hat den Butterpreis genannt. Ich bin im landwirtschaftlichen Ausschuß nur als Vertreter tätig. Ich stehe aber auf dem Standpunkt, daß jeder Ausschuß das Recht hat, der Regierung gewisse Empfehlungen zu unterbreiten, daß im übrigen aber Regierung und Bundestag die Pflicht haben, zu entscheiden, ob die
so dargelegten Empfehlungen in der heutigen Zeit tragbar sind.
Ferner wurde das Problem der Arbeitslosen angeschnitten und erwähnt, wenn die Landwirtschaft nicht die nötige Unterstützung finden würde, so würden mehr Arbeitslose unseren Etat belasten. Ich bin der Ansicht, daß die Landwirtschaft heute Hunderttausende von Arbeitern einstellen könnte. Ich weiß, daß rund 300 000 Arbeiter von uns benötigt werden, daß wir nicht nur durch Kultivierung, sondern auch durch Aufforstung, durch Drainagen und dergleichen außerordentlich viel Kräfte einsetzen können, wenn uns nur die nötigen billigen Kredite gewährt werden.
Der Herr Abgeordnete Leuchtgens von der äußersten Rechten hat betont, die Landwirtschaft sei der Jungbrunnen unseres deutschen Volkes. Ich bin auch der Ansicht. Ich habe in einer Ausschußsitzung betont - und da haben mir andere Landwirte sofort recht gegeben —, daß eine Kinderzahl von zehn bis zwölf Kindern nicht unmöglich wäre; ich kann das in diesem Sinne nur betonen, weil ich selber zehn Kinder habe. Vivant sequentes! Im übrigen meine ich auch den Ausführungen des Herrn Abgeordneten Kriedemann gegenüber —, daß wir Landwirte gar nicht so sehr von allen Seiten behütet werden wollen. Wir wollen nur für unsere Arbeit und für unsere Nachkommen, daß heißt für unsere vielen Kinder eine gerechte Grundlage haben. Im übrigen aber sind wir gern bereit, in die Hände zu spucken und fest anzupacken — zum Wohle unseres deutschen Vaterlandes.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Bauknecht.
Meine Damen und Herren! Ich will Ihren Geduldsfaden nicht abreißen. Ich sehe an dem schwachbesetzten Hause, daß das Interesse im Nachlassen begriffen ist. Das ist auch nicht verwunderlich. Wie Dr. Glasmeyer vorhin sagte, waren alle Redner unisono dafür, daß es der Landwirtschaft in Zukunft gut gehen sollte.
Nun darf ich doch ein paar Bemerkungen als praktischer Bauer und Vertreter der größten Fraktion dieses Hauses hier zum Ausdruck bringen. Wir sind nicht so kurzsichtig, daß wir etwa die Probleme der Zeit nicht sehen würden, daß wir uns etwa noch in Gedankengängen aus der Zeit vielleicht von vor zwanzig oder dreißig Jahren bewegten, daß wir deswegen etwa nur in ein Horn blasen und sagen würden: Schutzzölle. Nein, meine Herren, wir sehen die politische Notwendigkeit, die sich für uns im Hinblick auf die Vereinigten Staaten von Westeuropa auftut. Wir wissen, daß wir, wenn wir hier zu einer politischen Einheit . kommen wollen — und das müssen wir, wir sind alle in einem Boot, entweder gehen wir miteinander unter oder werden gerettet —, daß jeder Stand seine Opfer zu bringen hat. Es geht uns also nicht etwa um die Verteidigung nackter Standesinteressen, sondern es geht uns wirklich um das Wohl dieser Völker.
Nun wurde zum Ausdruck gebracht, daß es eben in erster Linie die Landwirtschaft ist, die hier Opfer bringen muß, wenn wir auf der wirtschaftlichen Ebene in Westeuropa zu einer Einheit kommen wollen. Wir sind bereit, Opfer zu bringen. Der Herr Abgeordnete Kriedemann hat gesagt, auch die Landwirtschaft müsse Opfer bringen. Aber wenn wir einmal genau hinsehen und erforschen wollen, ob die Landwirtschaft bisher keine Opfer gebracht hat, so fragen Sie einmal die kleinen Bauern, die auf den deutschen Mittelgebirgen wirtschaften, die einen Zwei-, Drei- oder Vier-Kuhbetrieb haben, ob sie keine Opfer bringen.
Ich wollte nicht untersuchen, ob heute ein Hilfsarbeiter ein besseres Einkommen hat als ein Landwirt mit zwei oder drei Kühen auf schlechtem Boden, der nur von den kärglichen Einnahmen seine Familie ernähren muß und der keine Möglichkeit hat, zusätzlichen Verdienst zu bekommen. Er wird auch in der Nähe des Waldes in Zukunft keinen zusätzlichen Verdienst mehr haben können, weil der Wald jetzt geschont werden muß und nicht mehr soviel Holz heruntergehauen werden kann.
Wenn wir deswegen im Interesse der Einheit in gewissem Sinne zu einer Liberalisierung Ja sagen, so kann diese Liberalisierung nur mit guter Überlegung und mit Vorbedacht vor sich gehen, und man braucht Zeit dazu. Ich bin weit von einer Autarkie des „Dritten Reiches" entfernt und möchte nicht, daß mit allen Mitteln auch, der schlechteste Bauer geschützt wird. Wir sind nicht dafür, daß Faules oder etwas, was nur mit allen möglichen Mitteln am Leben erhalten werden kann, geschützt wird. Wenn aber die Liberalisation so weiter betrieben wird, Herr Bundeslandwirtschaftsminister, wie es seit dem 15. Dezember der Fall ist, dann zerstören Sie die Grundlagen der gesamten Landwirtschaft.
Es wäre verhängnisvoll, wenn man etwa glauben wollte, daß man sich in der Volkswirtschaft dadurch am Leben erhalten kann, daß man die heimischen Produktionsquellen nicht voll ausschöpft. Ich möchte Ihnen ein Beispiel nennen. Wir müssen importieren, gewiß; aber es ist ein großer Unterschied, ob man, sagen wir, für eine Milliarde zusätzliche Lebensmittel auf der heimischen Scholle erzeugt oder in Amerika kauft. Erzeugt man sie auf der heimischen Scholle, so entstehen zwei Kaufkräfte: bei der Landwirtschaft und beim Gewerbe, weil der Bauer dadurch in die Lage versetzt wird, gewerbliche Produkte zu kaufen. Kaufen wir für diese Milliarde im Ausland, so entsteht nur eine Kaufkraft im Inland und die andere im Ausland.
Meine Herren! Ich glaube, ein Redner hat davon gesprochen, wenn wir in Wettbewerb treten wollten, müßten die Startbedingungen gleich sein. Bei jedem sportlichen Wettbewerb würde jeder Sportler es sich wirklich verbitten, daß er das Rennen unter ganz anderen Startbedingungen beginnt. Wenn die Landwirtschaft des Auslandes in der vergangenen Zeit die Möglichkeit hatte, sich umzustellen und erhebliche Mittel zu investieren, so war es dadurch bedingt, daß draußen die Preisschere gerade umgekehrt wie bei uns gewirkt hat; denn die landwirtschaftlichen Produkte waren dort seit Jahren teuer und die gewerblichen verhältnismäßig billig, und bei uns war genau das Gegenteil der Fall. Ich will auf die verschiedenen anderen Punkte nicht eingehen und möchte nur das eine Bei-
spiel nennen. Für einen Zentner Weizen kann sich der Amerikaner etwa die achtfache Menge Betriebsstoff für seinen Schlepper kaufen wie wir. Man braucht kein Rechenkünstler zu sein, wenn man sich: ausrechnen will, wie lange wir den Atem haben werden, um diese Konkurrenz auszuhalten.
Der Herr Minister hat bereits auf das unabänderliche Klima und den unabänderlichen Boden hingewiesen. Meine Damen und Herren! Die Industrie kann sich weitgehend umstellen; aber der Bauernhof ist keine Fabrik, und er ist weitgehend an die gegebenen Verhältnisse gebunden. Sie können auf den Steilhängen der Mosel und des Rheins eben nur Wein und nichts anderes bauen, und in den niederschlagreichen Gebirgsgegenden des Voralpenlandes müssen Sie Weidewirtschaft betreiben; Sie können dort nichts anderes tun. Man ist also weitgehend auf Klima und Boden angewiesen. Wir müssen diese Dinge ernst nehmen. Es ist ja nicht das erste Mal, daß man solche Erscheinungen in Europa hat, und wer als Soldat in Frankreich war, hat mit Erstaunen festgestellt, wie dort infolge einer falschen Landwirtschaftspolitik die Höfe buchstäblich von den Menschen verlassen waren, Höfe auf Böden, die weit besser sind als bei uns etwa auf der Schwäbischen Alb oder im Spessart oder in der Rhön. Wenn wir hier nicht die nötige Achtsamkeit haben, wird es eines Tages so weit kommen, daß diese weiten Gebiete von der Bevölkerung verlassen werden müssen.
Meine Herren! Auch das Volk dürfte es nicht verstehen, wie es möglich ist, daß wir hier nun auf einmal so reich geworden sein sollen, und ich kann mir vorstellen, daß am Ende dieser ungeheuren planlosen Einfuhren ein schwerer Kladderadatsch entsteht, nämlich in dem Augenblick, in dem der amerikanische Steuerzahler nicht mehr bereit ist, diese Dinge aus seiner Tasche zu begleichen.
Ich habe nun leider in den Ausführungen der Vorredner selbst einen nur andeutungsweisen Plan vermißt, wie es in der Zukunft werden soll. Der Herr Abgeordnete Kriedemann hat gesagt, die Landwirtschaft müsse eine Kur durchmachen. Meine Herren, die Kur ist schon da; aber hüten wir uns, daß der Patient bei dieser Kur nicht stirbt. Wir müssen also Mittel anwenden, die heilkräftig sind und wirken, und dazu ist vor allen Dingen nötig, daß die Einfuhr überwacht und im Inland auch gesteuert wird. Deswegen brauchen wir nicht in die Zwangswirtschaft zurückzufallen, und wir können im Innern trotzdem Freiheit haben. Ich möchte Sie aber fragen: Wer hat ein Interesse daran oder einen Nutzen davon, wenn auf einem Markt Preisstürze vorkommen wie an jenem Schwarzen Montag, dem 16. Januar, als beispielsweise auf dem Stuttgarter Markt die Schweinepreise innerhalb weniger Stunden von 1,30 Mark auf 80 Pfennig gesunken sind? Daran kann niemand Interesse haben, und das kommt daher, daß alles planlos wirtschaftet. Die Importeure haben sich auf die Devisen gestürzt, haben eingekauft und den Markt zugedeckt.
Bei Obst und Gemüse war es nicht anders. Es ist mir gesagt worden, wieviele Waggons Orangen vernichtet werden mußten, weil sie verfault sind, nachdem sie keinen Käufer gefunden haben. Aber bei uns liegen noch Hunderttausende von Zentnern Obst im Bodenseegebiet und im Alpenland, die einfach nicht abgesetzt werden können. In diesem Zusammenhang ein Wort an den Handel. Ich habe mir während der Weihnachtsfeiertage in meiner Heimatstadt die Schaufenster angesehen, und ich habe mit Erschrecken feststellen müssen, daß dort alles ausgestellt war: Orangen, Bananen, Datteln, Feigen, Rosinen und italienische Äpfel, aber kein einziger deutscher Apfel. Man wird also auch hier Remedur schaffen müssen. Wir brauchen öffentlich-rechtliche Gebilde, die sich um diesen Markt annehmen. Es mag uns im einzelnen vielleicht schwer fallen, zu einem Entschluß zu kommen; aber es ist notwendig, daß die Einfuhr nach Art, Menge und Zeit überwacht wird, und zwar nicht nur bei den Blumen, sondern auch bei den anderen Dingen, die ich jetzt genannt habe. Auf diesen Einfluß können wir nicht verzichten. Ich glaube, daß es durchaus möglich ist, hier eine Synthese zwischen Erzeuger und Verbraucher zu schaffen. Es muß ja nicht so sein, daß hier ein Gegensatz besteht. Es kann durchaus so sein, daß wir durch eine vernünftige Zusammenarbeit sowohl den Export fördern, als auch unsere heimische Landwirtschaft stützen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter von Merkatz.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der heutigen Debatte sind viele gute Gedanken geäußert worden. Ich möchte deshalb meine Ausführungen möglichst beschränken.
Meine Fraktion legt Wert darauf, daß bei allen praktischen Maßnahmen die Eigengesetzlichkeit der Landwirtschaft erkannt wird. Wir begrüßen besonders die Ausführungen des Herrn Bundeslandwirtschaftsministers, der sehr wesentliche Dinge gesagt hat. Ich glaube, daß auf den vom Herrn Bundeslandwirtschaftsminister aufgezeigten Wegen praktische Maßnahmen entwickelt werden können, die für die Landwirtschaft die Gefahren bannen, die darin beruhen, daß das Hineinwachsen in einen größeren Wirtschaftsraum eine Geburt mit Schmerzen sein wird. Dennoch müssen wir hier Lösungen finden. Ich glaube auch, daß besonders auf dem Gebiet der Preiswahrheit Lösungen gefunden werden können.
Nach Auffassung meiner Fraktion ist die Landwirtschaft die Grundlage der Gesamtwirtschaft. Wir begrüßen es, daß der Herr Abgeordnete Kriedemann von einer schleichenden Krise der Landwirtschaft gesprochen hat, die in den letzten Jahrzehnten lediglich überdeckt worden ist. Wir haben aber auch bemerkt, daß seine Ausführungen einen gewissen Eiertanz dargestellt haben, und wir ziehen daraus den Schluß, daß hier Wege gefunden werden müssen,
die bestimmt nicht auf der Linie einer sozialistischen Wirtschaftspolitik zu finden sind.
Wir knüpfen an die Tatsache, die der Herr Abgeordnete Kriedemann aufgezeigt hat, daß nämlich für unsere .deutsche Landwirtschaft eine
große Gefahr heraufdämmert, zunächst einmal die Erkenntnis, daß man jetzt in diesem gefährlichen Augenblick nicht durch eine Bodenreform leistungsfähige Betriebe zerstören darf.
Ich glaube, daß das eine sehr wichtige Erkenntnis ist, die nicht weggeleugnet werden darf.
Der Herr Abgeordnete Kriedemann hat von
einer Kur gesprochen, die die deutsche Landwirtschaft bei dem Prozeß des Hineinwachsens in
eine größere europäische Wirtschaft durchzumachen hat. Diese Ansicht ist gewiß richtig;
aber wir sind mit meinem Vorredner auch der
Auffassung, daß bei diesen schweren Entwicklungsprozessen das deutsche Bauerntum nicht
auf der Strecke bleiben darf. Meine Damen und
Herren, wir sind eines der letzten westeuropäischen Länder, in denen ein starkes und im, wesentlichen gesundes Bauerntum vorhanden ist,
das die Grundlage für unsere gesellschaftliche,
wirtschaftliche und politische Existenz darstellt.
An diesen Tatsachen werden wir festhalten und
von unserer Seite aus alles tun, um diese Grundlage für die Zukunft unangetastet zu lassen.
Die beiden Anträge, die hier vorgelegt worden sind, werden von meiner Fraktion unterstützt. Der Antrag Horlacher wird zweckmäßigerweise an drei Ausschüsse zu überweisen sein, damit jene Koordination der Gesichtspunkte stattfindet, die hier gefordert wurde, und zwar an den Ausschuß für Ernährung und Landwirtschaft, an den Außenhandelsausschuß und auch an den Rechtsausschuß; denn die Frage, ob Handelsverträge der Ratifikation bedürfen, bedarf einer sehr sorgfältigen Untersuchung. Meine Fraktion ist überhaupt der Ansicht, daß ,die hier angeschnittenen Fragen, so wie es der Herr Landwirtschaftsminister getan hat, sehr sorgfältig und allein nach sachlichen Gesichtspunkten geprüft werden müssen.
Wir unterstützen auch den Antrag der Bayernpartei, bemerken dazu allerdings, daß bis vor wenigen Wochen die JEIA diese Geschäfte wahrgenommen hat. Wir begrüßen es aber, daß durch einen parlamentarischen Untersuchungsausschuß in diese Vorgänge Klarheit gebracht wird.
Meine Damen und Herren! Das Schlußwort nach den Beratungen hat nach § 50 Absatz 2 der Geschäftsordnung der einbringende Antragsteller. Der Herr Abgeordnete Horlacher hat jetzt das Wort — für fünf Minuten.
Meine Damen und Herren, ich werde nicht einmal diese fünf Minuten in Anspruch nehmen. Ich behalte mir vor, auf die Ausführungen des Abgeordneten Kriedemann im Ausschuß zurückzukommen. Ich möchte ihn nur an folgendes erinnern. Ich habe schon viel in meinem Leben mitgemacht und war seit 1924 bis 1933 im Reichstag in verschiedenen Koalitionen für die agrarischen Fragen eingesetzt, auch in einer Koalitionsregierung, in der die SPD dabei war. Damals haben wir uns sogar sehr freundschaftlich über landwirtschaftliche Zollfragen verständigt. Und so wären die Ausführungen, wenn sie Herr Kriedemann damals hätte machen können, ganz anders gewesen, als er sie heute gemacht hat. Es war schon ein gewisser Eiertanz sowohl um die Interessen der Landwirtschaft als auch um die Belange der Verbraucher.
Herr Abgeordneter Horlacher. Wir haben vorhin schon im Präsidium geprüft, wie der Ausdruck „Eiertanz" parlamentarisch zu werten ist.
Wir sind angesichts der Bemerkungen des Herrn Abgeordneten Schoettle zu dem Ergebnis gekommen, daß ein Ausgleich geschaffen war.
Dr. Horlacher {CSU): Also gut, ich habe das nicht bösartig gemeint.
- Danke schön. Meine Damen und Herren, dann stelle ich den Schluß der Aussprache über die Anträge Drucksachen Nr. 428 und 381, Punkt 7 und 8 der Tagesordnung, fest.
Zu Drucksache Nr. 428 ist der weitestgehende Antrag der auf Überweisung an die Ausschüsse. Darf ich das Einverständnis des Hauses damit feststellen, daß der Antrag auf Drucksache Nr. 428 überwiesen wird an den Ausschuß für Ernährung als federführenden, an den Ausschuß für Außenhandelsfragen und an den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht. — Ich höre keinen Widerspruch; es ist demgemäß beschlossen.
Wir kommen nunmehr zur Entscheidung über den Antrag auf Drucksache Nr. 381. Sie wissen, meine Damen und Herren, daß wir den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht gebeten hatten, sich gutachtlich zu äußern. Nach Artikel 44 des Grundgesetzes muß zunächst festgestellt werden, ob ein Viertel des Hauses diesen Antrag unterstützt. Er ist bisher von 17 Mitgliedern des Hauses gestellt worden. Ich frage daher, ob weitere Unterstützungen des Antrages erfolgen, damit das notwendige Viertel gemäß Artikel 44 vorhanden ist. Ich bitte diejenigen Damen und Herren, die den Antrag auf Drucksache Nr. 381 auf Einsetzung des Untersuchungsausschusses zum Zwecke der Herstellung der Voraussetzungen des Artikel 44 unterstützen, die Hand zu erheben. — Ich glaube, es bedarf keiner Abzählung; das sind 101.
Dann bitte ich diejenigen Damen und Herren, die für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses nach Drucksache Nr. 381 mit der Maßgabe sind, daß im Text die Abänderung dahingehend erfolgt „der Bundesrepublik untersucht und dem Bundestag über die Ergebnisse seiner Untersuchung berichtet", die Hand zu erheben. —
- Kommt sofort, erst müssen wir ihn einsetzen. — Es unterliegt keinem Zweifel, daß gemäß Drucksache Nr. 381 die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses mit Mehrheit beschlossen ist.
Wir haben nunmehr den Umfang des Ausschusses festzustellen. Liegt ein Antrag vor ? Herr Abgeordneter Dr. Baumgartner!
Ich habe beantragt, der Ausschuß möge aus 21 Mitgliedern bestehen.
Verzeihung! Sie haben den Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Baumgartner quasi zur Geschäftsordnung gehört: 21 Mitglieder! Wer wünscht sich dazu zu äußern? Herr Abgeordneter Dr. Horlacher!
Ich würde es für zweckmäßig halten, daß wir die Frage der Zahl dieser Mitglieder zunächst im Ältestenrat behandeln und dann endgültig darüber im Ausschuß beschließen. Die Behandlung der Frage einer personellen Zusammensetzung kann ja in der nächsten Sitzung geschehen.
Einen Moment, ehe ich Ihnen das Wort zur Geschäftsordnung erteile!
— Der Antragsteller, Herr Abgeordneter Dr. Baumgartner, ist mit dem Vorschlag des Herrn Abgeordneten Dr. Horlacher einverstanden.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Renner.
Es liegt hier ein Beschluß des Plenums vor, der durch Übereinkommen_ zwischen zwei Fraktionen nicht reguliert werden kann.
Sie können jetzt zu dem Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Baumgartner noch einige Bemerkungen machen.
Meine Damen und Herren! Ich möchte jetzt nicht die Frage aufrollen, ob es verfassungsrechtlich haltbar ist, daß, nachdem die Tatsache festgestellt ist, das vorgeschriebene eine Viertel des Plenums die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses fordern kann, noch über die Sache selber abzustimmen. Die Frage lasse ich im Augenblick offen. Aber, meine Damen und Herren, der Sinn eines Untersuchungsausschusses ist doch der — ich hoffe darin Ihre Zustimmung zu finden —, allen Fraktionen des Parlaments — —
- Ach so, das wollen Sie nicht! Ja, mir kam es auf die Feststellung an, daß Sie die Demokratie wieder einmal so auslegen: Sie setzen einen Ausschuß so zusammen, damit das, was Herr Kollege Dr. Horlacher so freudig unterstrichen hat, nicht zutage tritt, nämlich eine wirkliche
Überprüfung eines Tatbestandes durch alle Fraktionen des Hauses. Nur um diese Belehrung herbeizuführen, stelle ich den Antrag, die Zahl der Mitglieder des Ausschusses auf 27 festzulegen.
Ich bitte, darüber abzustimmen.
Meine Damen und Herren! Darf ich abschließend folgendes feststellen. Nach- dem die Geschäftsordnungsdebatte erledigt und Herr Abgeordneter Dr. Baumgartner mit dem Vorschlag des Herrn Abgeordneten Dr. Horlacher bezüglich des Prozedere der Zusammensetzung dieses Untersuchungsausschusses einverstanden ist, darf ich fragen, ob die Mehrheit des Hauses diesem Vorschlag des Abgeordneten Dr. Horlacher zustimmt,
— nämlich die Zusammensetzung des Ausschusses durch Besprechung im Ältestenrat zu regeln
und hier im Plenum über die Zusammensetzung abzustimmen. Dann frage ich also das Haus, ob es damit einverstanden ist, daß der Ältestenrat in der nächsten Plenarsitzung einen entsprechenden Vorschlag über die Zahl der Mitglieder des Ausschusses macht. Darf ich dazu die Zustimmung des Plenums annehmen?
— Dann muß ich darüber abstimmen lassen.
— Verzeihung, dann muß ich über den materiell weitergehenden Antrag des Herrn Dr. Horlacher abstimmen lassen, nämlich die Zahl der Mitglieder auf 21 festzusetzen.
Das Wort zur Geschäftsordnung hat der Herr Abgeordnete Dr. Schmid.
Meine Damen und Herren! Die Absprache zwischen Herrn Kollegen Dr. Horlacher und Herrn Kollegen Dr. Baumgartner in allen Ehren. Aber ich glaube, man sollte hier im Plenum einen Antrag nicht damit begründen, daß man sagt: zwei Abgeordnete oder zwei Fraktionen haben sich miteinander auf etwas
geeinigt, also . . . Man sollte dem Plenum Anträge zur Abstimmung vorlegen. Es sind hier
zwei Anträge gestellt. Darüber muß abgestimmt werden. Im übrigen bin ich der Meinung, daß man nicht gut einen Ausschuß beschließen kann, ohne gleichzeitig zu wissen, wie er aussehen soll. Es wäre vielleicht gut gewesen, man hätte sich vorher darüber besprochen; aber nachdem eben dieser Ausschuß beschlossen worden ist, können
wir nicht aus diesem Saal gehen, ehe wir nicht auch beschlossen haben, was für ein Ausschuß es sein soll: ein 7er-, ein 21er- oder ein 27er-Ausschuß. Einen Ausschuß an sich gibt es nicht. Es gibt nur einen bestimmten Ausschuß, der ein bestimmtes Aufgabengebiet zugewiesen bekommt und der eine bestimmte Zusammensetzung hat. Deswegen müßte man, meine ich, heute abend darüber abstimmen.
Es liegt mir nicht, in eine staatsrechtliche Auseinandersetzung mit meinem verehrten Herrn Vizepräsidenten einzutreten. Lassen wir diese Frage offen. Dann müssen wir über die ganze Angelegenheit unter idem Gesichtspunkt des materiell weitestgehenden Antrags entscheiden. Dann ist allerdings in materiellem Sinne der weitestgehende Antrag der ides Herrn Abgeordneten Renner, den Ausschuß mit 27 Mitgliedern zu besetzen.
— Der materiell weitestgehende Antrag ist der Antrag, den Ausschuß mit 27 Mitgliedern zu besetzen. Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Der Antrag ist mit Mehrheit abgelehnt.
Dann kommt der Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Baumgartner, den Ausschuß mit 21 Mitgliedern vorzusehen. Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das erste war nach Feststellung des Präsidiums die Mehrheit. Damit ist im Sinne der Ausführungen des Herrn Abgeordneten Dr. Schmid auch die Zahl der Mitglieder des Untersuchungsausschusses festgesetzt.
Damit, meine Damen und Herren, ist der Antrag Drucksache Nr. 381 erledigt.
Ehe wir zum Abschluß kommen, habe ich noch folgende Mitteilungen zu machen. Die deutsche Parlamentarische Sektion der Europäischen Bewegung bittet, daß ihre Mitglieder eine Stunde nach Schluß des Plenums sich im Sitzungssaal des Bundesrats versammeln. Die Herren Abgeordneten Dr. von Brentano und Professor Dr. Schmid werden über die Konferenz in Paris und Lausanne berichten. Gäste sind willkommen.
Ich habe ferner mitzuteilen, daß die Fraktionssitzung des Zentrums im Anschluß an das Plenum stattfindet.
Ich berufe die nächste Sitzung des Bundestags, und zwar die 35. Sitzung, auf Mittwoch, den 8. Februar, 13 Uhr 30 ein, die 36. Sitzung auf Donnerstag, den 9. Februar, 14 Uhr 30, und die 37. Sitzung auf Freitag, den 10. Februar, vormittags 9 Uhr 30.
Ich erklärte hiermit die 34. Sitzung des Deutschen Bundestags für geschlossen.