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ID0103406200

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 34. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 2. Februar 1950 1059 34. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 2. Februar 1950. Geschäftliche Mitteilungen . . 1059D, 1104D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Behandlung wiederkehrender Leistungen bei der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen (Drucksache Nr. 445) in Verbindung mit der ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzen über die Aufhebung vois Vorschriften auf dem Gebiet des Handelsrechts, des Genossenschaftsrechts und des Wechsel- und Scheckrechts (Handelsrechtliches Bereinigungsgesetz) (Drucksache Nr. 447) und der ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Kraftloserklärung von Hypotheken-, Grundschuld- und Rentenschuldbriefen in besonderen Fällen (Drucksache Nr. 458) und der ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Erleichterung der Annahme an Kindes Statt (Drucksache Nr. 446) . 1060A Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 1060B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung von Leistungen an Kriegsopfer (Drucksachen Nr. 484 und 395) . . . . . . . . . 1061A Frau Dr. Probst (CSU), Berichterstatterin 1061B, 1063C Dr. Krone (CDU), Berichterstatter . . . . . . . . . . 1063B Arndgen (CDU) 1063D, 1073D Bazille (SPD) 1064D, 1070D Storch, Bundesminister für Arbeit . . . . . . . . 1066D, 1071C Renner (KPD) . . . 1067B, 1074B, 1078A Dr. Seelos (BP) . . . . . . . 1063C Mende (FDP) 1069A Krause (Z) 1070A Dr. Leuchtgens (DRP) 1072B Löfflad (WAV) . . . . . . . 1073A Frau Kalinke (DP) 1073C Leddin (SPD) 1076D Dr. Wellhausen (FDP) 1077B Schäffer, Bundesminister der Finanzen 1077C Dr. von Brentano (CDU) 1078D Beratung 'des Antrags der Abgeordneten Dr Horlacher, Bauereisen, Strauss und Genossen betr. Wiederaufbau der deutschen Landwirtschaft (Drucksache Nr. 428) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der BP betr. Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gemäß Artikel 44 des Grundgesetzes (Drucksache Nr. 381) 1079D Dr. Horlacher (CSU), Antragsteller 1079D, 1102B, 1103C Dr. Baumgartner (BP), Antragsteller . . . . . . . . 1084C, 1103C Dr. Niklas, Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 1087D Kriedemann (SPD) 1091D Niebergall (KPD) 1094C Mensing (CDU) 1095C Frühwald (FDP) . . . . . . . . 1096D Dr. Leuchtgens (DRP) 1098D Dr. Glasmeyer (Z) 1099C Bauknecht (CDU) . . . . . . . . 1100B Dr. von Merkatz (DP) 1101C Renner (KPD) (zut Geschäftsordnung) 1103D Dr. Schmid (SPD) (zur Geschäftsordnung . . . . . . . 1104B Nächste Sitzung 1104D Die Sitzung wird um 13 Uhr 40 Minuten durch den Präsidenten Dr. Köhler eröffnet.
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    Rede von Dr. Michael Horlacher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wäre mir erwünscht gewesen, wenn dieser Punkt der Tagesordnung im Zusammenhang mit dem soeben abgesetzten Punkt hätte behandelt werden können, im Zusammenhang mit einem Antrag, der sich ebenfalls mit unserer Wirtschaftslage, im besonderen mit der Arbeitslosigkeit befaßt. Die Dinge im Wirtschaftsleben lassen sich nicht voneinander trennen. Es darf nicht nur ein Zweig der Wirtschaft mit seinen Interessen in den Mittelpunkt der Betrach-


    (Dr. Horlacher)

    tung gestellt werden, sondern die Verhältnisse müssen geordnet, die Interessen gegenseitig aufeinander abgestimmt werden. Ich bitte das nicht dahin aufzufassen, daß ich etwa einseitig die Belange nur eines Standes vertreten will; ich möchte vielmehr die berechtigten Interessen der Landwirtschaft und des Bauerntums mitten hineingestellt wissen in eine Beurteilung des Wirtschaftslebens, damit die Arbeit der Landwirtschaft und des Bauerntums für unser ganzes Volk fruchtbar wird.
    Gestatten Sie mir nun als Einleitung bei der Begründung des von uns eingebrachten Antrages einige grundsätzliche Bemerkungen.

    (Große Unruhe.)

    — Ich bitte doch die Damen und Herren, das Nichtsachverständnis in Dingen der Landwirtschaft nicht so weit zu treiben, daß der Redner dauernd gestört wird. Es handelt sich hier um sehr ernste Fragen, die unser ganzes Volk und das ganze Bauerntum angehen.

    (Lebhafte Zustimmung in der Mitte.)

    Wir haben uns ohnehin darüber zu beklagen, daß bei allen Reden hier, gleich von welcher Seite sie gehalten werden, immer nur ein Zweig der Wirtschaft erwähnt wird, nie aber die Grundlage unserer ganzen Wirtschaft, das Bauerntum.

    (Erneute lebhafte Zustimmung in der Mitte und rechts.)

    Hier muß Remedur geschaffen werden, die Auffassungen müssen sich ändern, denn sonst kommen wir nach meiner Überzeugung auf eine schiefe Ebene.

    (Abg. Loritz: Das seid ihr schon!)

    — Es ist doch besser, wenn man auf manche Zwischenrufe nicht eingeht.
    Wir haben jetzt einen neuen Abschnitt in unserem deutschen Wirtschaftsleben erreicht. Der Abschnitt, in dem es im wesentlichen um die Verteilung von Lebensmitteln ging, ist bis auf wenige Restbestände überwunden. In dem vergangenen Abschnitt ging es um die Überwindung der Mangellage auf wichtigen Gebieten des Wirtschaftslebens. Diese Mangellage führte jahrelang zur Kontrolle aller Bauernhöfe. Jetzt aber beginnt ein neuer Abschnitt, der Abschnitt der endgültigen Bereinigung der Verhältnisse, nun allerdings nach der anderen Seite. Jetzt haben wir die Landwirtschaft wieder aufzubauen.
    Beim Herangehen an diese Aufgabe haben wir besonders ein Datum vor uns, dessen Herannahen — das spreche ich ehrlich aus — mir ernstliche Sorge bereitet: bis zum Jahre 1952 sollen wir unsere Wirtschaft auf eigene Füße gestellt haben. Wenn wir dieses Ziel erreichen wollen, dürfen wir auf keinen Fall die Belange der Landwirtschaft übersehen. In der neuen Periode, die jetzt begonnen hat, handelt es sich nicht mehr um die Verteilung, sondern jetzt handelt es sich um die Produktion, um die Regelung des Absatzes und auch um die Herstellung einer entsprechenden Rentabilität der landwirtschaftlichen Betriebe.
    Wenn ich die Wichtigkeit dieser Aufgabe betone, so kann ich mich dabei nicht allein auf Äußerungen von deutscher Seite, sondern auch auf solche von amerikanischer Seite berufen. Man sage uns nicht immer, der Zwang, gewisse Maßnahmen zu treffen, komme von amerikanischer Seite. Das trifft nicht immer zu, und ich kann den Beweis für diese meine Behauptung antreten. Der Direktor des ERP-Planes, Mr. Hoffman, hat unzählige Male zum Ausdruck gebracht, daß der Wiederaufbau der deutschen Landwirtschaft eine der ersten Aufgaben ist, die in Angriff genommen werden müssen. Daraus geht hervor, daß das einen gewissen Vorrang einnimmt und mit unseren wirtschaftlichen Bestrebungen in Einklang gebracht werden muß.
    Aber wir müssen, wenn wir nicht unglücklich operieren wollen, auch die Gleichberechtigung zwischen Industrie und Gewerbe, dem einen Hauptproduktionszweig unserer deutschen Wirtschaft, auf der einen Seite und der deutschen Landwirtschaft, dem n deutschen Bauerntum auf der anderen Seite herbeiführen. Dabei kommt es nicht allein auf die zahlenmäßige Stärke der einzelnen Berufsstände an, sondern dabei muß berücksichtigt werden, welche Produktionsbedeutung die einzelnen Berufsstände für das Gesamtwohlergehen unseres Volkes haben.

    (Sehr richtig! in der Mitte und rechts.)

    Und ein anderes: Nehmen Sie einmal irgendein statistisches Jahrbuch zur Hand! Es ist gut, daß jetzt wieder die Statistiken herauskommen und wir dadurch, wieder eine bessere Übersicht bekommen und nicht immer auf Mitteilungen von bürokratischer Seite angewiesen sind. Hier ist manches nachzuholen, was bisher versäumt worden ist. Wenn Sie sich auf Grund eines solchen Handbuches einmal
    die Millionenzahl der Angehörigen unseres Bauerntums vergegenwärtigen, — was erkennen Sie dann?
    Daß der „kleine Mann" auf dem Lande genau so wie in der Stadt vertreten ist.

    (Sehr richtig! in der Mitte und rechts.) Wenn Sie daher Bauernpolitik im wirklichen Sinn* des Wortes treiben wollen, müssen Sie gerade den besonderen Verhältnissen der Masse derer Rechnung tragen, die von ihrer Hände Arbeit leben.


    (Beifall in der Mitte und rechts.)

    Dazu kommt noch ein weiterer Gesichtspunkt. Wenn wir Bodenreform betreiben wollen. müssen wir zuerst dafür sorgen, daß die jetzt bestehenden Betriebe eine gesicherte Grundlage haben. Derjenige, der unter erschwerten Verhältnissen auf ein Stück Grund und Boden kommt, kann sich erst recht nicht halten, wenn die Existenz des andern nicht gesichert ist. Das hängt nun engstens zusammen mit anderen, für unser Wirtschaftsleben entscheidenden Dingen — erschrecken Sie nicht, wenn ich das sage —, mit dem Problem der Arbeitslosigkeit. Was würde geschehen, wenn die Existenz vieler kleiner und mittlerer . Betriebe unseres mit Familienkräften arbeitenden Bauerntums erschüttert würde? Es würde zu der schon bestehenden Arbeitslosigkeit auf der industriell-gewerblichen Seite noch die Arbeitslosigkeit der landwirtschaftlichen Seite dazukommen.

    (Sehr richtig! in der Mitte und rechts.)

    Das muß unter allen Umständen verhindert werden. Deswegen muß die Fürsorge für die in den Westzonen lebende Bevölkerung - am liebsten hätte ich die Bevölkerung der Ostzone mit dabei — in den Vordergrund gerückt werden, muß der Mensch, der dort lebt, im Mittelpunkt unserer Betrachtungen stehen. Daher müssen wir auch für die Kaufkraft und die Kapitalbildung dieser ländlichen Kreise sorgen, 'damit nicht der Blutkreislauf unserer Wirtschaft gestört wird.
    In diesem Zusammenhang möchte ich mich auch dagegen wenden, daß man von amerikanischer Seite den Farmer in Amerika dem Bauern


    (Dr. Horlacher)

    in Deutschland gegenüberstellt und die Produktionsbedingungen beider für die gleichen hält.

    (Zuruf von der KPD: Marshallplan!)

    Die sind bei uns nicht gleich und sind in der gesamten europäischen Landwirtschaft nicht gleich, da gibt es himmelweite Unterschiede.
    Mit aller Schärfe aber möchte ich auf eine besondere Erschwernis für den Wiederaufbau der Landwirtschaft hinweisen, die darin liegt, daß auch unserem Bauerntum durch die Währungsumstellung die Kapitalreserven weggenommen worden sind und daß damit auch die Löhne für die mitarbeitenden Familienangehörigen zugrunde gegangen sind.

    (Sehr richtig! in der Mitte und rechts.)

    In der Landwirtschaft anderer Staaten wie Dänemark, Holland, Schweden, Schweiz, teilweise auch Belgien, sind die Sparkapitalien nicht zugrunde gegangen. In England, dessen Landwirtschaft auf hohen Export angewiesen ist, sucht die Regierung die Exportausweitung mit allen Mitteln zu betreiben. Auf der anderen Seite aber führt sie eine Subventionspolitik zugunsten des Bauerntums, die im Vergleich zu unseren Verhältnissen geradezu ins Ungemessene geht.

    (Hört! Hört! rechts.)

    Die englische Regierung weiß nämlich genau, daß es nicht allein auf die Ausweitung des Exports ankommt, sondern auch auf die Erhaltung der binnenländischen Wirtschaft, auf die Erhaltung der Kraft ihres eigenen Bauerntums; darauf stellt sie auch ihre ganzen Maßnahmen ab. Auch die in Amerika den Farmern gewährte Unterstützung läßt sich mit unseren Verhältnissen in keiner Weise vergleichen.
    Das ist bei uns ganz anders. Die Sparkapitalien der mitarbeitenden Kinder des Bauern sind dahin. Darüber hinaus müssen wir mit den Schwierigkeiten rechnen, die uns sicher bevorstehen. Der Druck darf aber nicht einseitig nach der Exportseite ausgerichtet werden. Das wäre ein Fehler. Ich bin klug genug, zu sagen: wir müssen in den Weltverkehr hinein, wir können uns nicht abschließen. Aber den Druck einseitig auf die Exportseite zu legen und dabei nicht Obacht zu geben auf das Schicksal der binnenländischen Wirtschaft, wäre auch verkehrt; denn es kommt das Jahr 1952, und bis dahin müssen wir ernährungsmäßig möglichst auf eigenen Füßen stehen. Das wird ohnehin nur bis zu einer gewissen Grenze möglich sein, denn die inzwischen erfolgte Neuordnung unserer Verhältnisse — das soll auch ausgesprochen werden, und das muß unser Volk bei jeder Kritik bedenken — war nur möglich durch die amerikanische Hilfe. Erst die Auffüllung des Nahrungsmittel- und Rohstoffmarktes hat uns diese Erholung ermöglicht, das darf nie aus den Augen verloren werden. Deswegen sollte aber unsere Stimme auch gehört werden, wenn wir jetzt auf gewisse Gesichtspunkte hinweisen, deren Beachtung für die weitere Neuordnung unserer Verhältnisse notwendig ist. Wir müssen jetzt alles darauf abstellen, den Wiederaufbau der deutschen Landwirtschaft fortzuführen, damit nicht durch einen falschen Weg der Wirtschaftpolitik eine Unterbrechung dieses Gesundungsprozesses eintritt.
    Nun kommen hier für die deutsche Landwirt- schaft — das kann ich wohl sagen — und auch für weite Kreise der übrigen Bevölkerung, die die Landwirtschaft und das Bauerntum als wichtig für die Gesamtbevölkerung anerkennen, große Bedenken wegen gewisser Verhältnisse. Ich bin klug genug, mich nicht von neuen Formulierungen blenden zu lassen. Das ist bei uns jetzt schon beinahe so geworden: wenn einer sieh nicht mehr auskennt und nicht mehr hinaussieht, dann sagt er: Liberalisierung! Das ist so — so berechtigt auch das Wort, richtig angewendet, ist — zu einem Zauberwort geworden, das alle Schwierigkeiten beseitigen soll.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Insofern möchte ich diesem Wort „Liberalisierung" nicht in vollem Umfang folgen, obwohl ich andererseits wünsche, daß wir unseren Wirtschaftsraum vergrößern, soweit es die Verhältnisse zulassen, und hier eine Grundlage für die Zusammenarbeit in Europa legen. Ich habe hier das klassische Buch von Lujo von Brentano vor mir liegen, der sich besonders mit der Freihandelstheorie beschäftigt hat. Selbst der Mann ist vorsichtig, der doch sicher der klassische Verfechter der Theorie des besten Standortes für die Industrie, für die Landwirtschaft und das Gewerbe war, das heißt, daß die besonderen Zweige nur dort betrieben werden sollen, wo sie den größtmöglichen Ertrag und die wenigsten Unkosten aufweisen. Auch dieser Mann sagt sogar und führt es in seinem Buch aus:
    Nur dann kann Deutschland den hochfliegenden Zielen, die es verfolgt, noch näherkommen, wenn es mit rücksichtsloser Energie seine Produktivkraft denjenigen Produktionszweigen zuwendet, welche der nationalen Arbeit die größtmöglichen Ergebnisse versprechen. Diese Notwendigkeit wird auch jene politischen Konstellationen bedingen, welche den rückläufigen Strömungen auf dem Gebiete der Wirtschaftspolitik heute dienen. Gewiß werden Mittel gefunden werden müssen, um den einzelnen Wirtschaften, welchen
    die Rückkehr zu einer den Interessen des Ganzen entsprechenden Wirtschaftspolitik schwer wird, diesen Übergang zu erleichtern. Was zur Schonung und Erleichterung derselben geschehen kann, soll geschehen, solange nur das, was das Interesse des Ganzen notwendig macht, nicht beeinträchtigt wird.
    Sie sehen daraus seine Einschränkung, trotz seiner scharfen Einstellung für den Wirtschaftsverkehr ohne Zollschranken, also für den freien Wirtschaftsverkehr. Ja, und ich setze noch hinzu, wir werden bei solchen Sachen sehr vorsichtig sein müssen; denn wir haben eine zusammengedrängte Bevölkerung in den Westzonen. Wir haben eine angeschlagene Industrie; wir haben eine Landwirtschaft, die wieder aufgebaut werden muß. Wir müssen das Instrument der Liberalisierung so vorsichtig anwenden, damit nicht die Arbeitsplätze unserer in den Westzonen wohnenden Menschen dadurch in Gefahr kommen.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Da müssen ,die Verhältnisse genau geprüft werden; da kann ich nicht bloß mit einem Grundsatz arbeiten, sondern da muß ich die Dinge mit Abmaß betrachten und die Auswirkungen sehen. Deswegen wird es auch bei der Arbeitslosendebatte so wichtig sein, im einzelnen nachzuprüfen, welche Ursachen hier vorhanden sind. Denn


    (Dr. Horlacher)

    wir können uns nicht von heute auf morgen in Dinge hineinbegeben, die für ,das Leben der in der Wirtschaft beschäftigten Menschen außerordentlich ernst werden würden.

    (Abg. Frau Dr. Weber: Sehr richtig!)

    Dann kommt das Problem der Handelsverträge, das neben der Liberalisierung der Wirtschaft, also dem Verkehr über die Grenzen der einzelnen Staaten hinweg, noch mit Zollschranken, aber ohne Mengenbegrenzungen, eine wesentliche Rolle spielt. Das ist ein Problem, das der genauen Überprüfung bedarf. Da ist es notwendig - und das spreche ich auch hier aus —, daß wir in den Organen des Bundestags, in seinen Ausschüssen und auch im Bundestag selbst über die jeweiligen Rechtsgrundlagen, die auf diesen wichtigen Gebieten bestehen, unterrichtet sind. Wir müssen wissen, was kann die Regierung tun, und was kann sie nicht tun, weil wir die Verantwortung tragen müssen. Wenn es eines der wichtigsten Rechte des Parlaments ist, den Etat der Regierung zu bewilligen, das heißt Ein- und Ausgaben unter Kontrolle zu halten, so ist es um so wichtiger, das Leben der Nation im Verhältnis zu anderen Staaten unter Kontrolle zu halten. Das ist der Etat unserer Westzonen gegenüber dem Ausland und der Beeinflussungen gegenüber dem Ausland. Wir sind sowieso in einer sehr schwierigen Lage, weil wir über keinerlei Posten in der Zahlungsbilanz mehr verfügen; denn die Zahlungsbilanz hat uns früher ermöglicht, vieles auszugleichen, was wir an Importen dafür hereinnehmen konnten. Das fällt heute auch aus, und deswegen ist das System der Handelsverträge für die Landwirtschaft das wichtigste Prolem, das es gibt.
    Da stehe ich auf dem Standpunkt, daß die Produkte, die der Bauer erzeugt, soweit sie zum Leben ,des Bauern notwendig sind, nicht der Liberalisierung unterworfen werden können. Hier muß ein Halt gemacht werden. Ich erinnere nur an die Fragen der Veredelungsproduktion. Es wird niemand zweifeln, daß wir die teuren Produkte für unsere Lebenshaltung, die aus der Veredelungsproduktion stammen - Milch, Fleisch, Fett —, möglichst durch Hebung unserer eigenen Wirtschaft erzeugen wollen. Wir werden einen Teil, besonders in der Fettversorgung, noch hereinnehmen müssen; aber das muß durch Handelsverträge so geregelt werden, daß im Leben und Emporstreben des Bauerntums zugunsten des Gesamtvolks keine Störung erfolgt.
    Es ist auch noch bei den Handelsverträgen möglich, auf die einzelnen Verhältnisse Rücksicht zu nehmen, die im Verkehr mit den einzelnen Staaten zu beobachten sind. Das war früher so. Deswegen stehe ich auch auf dem Standpunkt — das ist im Antrag hier gefordert —, daß die Handelsverträge als eines der wichtigsten Instrumente zur Regelung des Lebens eines Volkes gegenüber dem Ausland unbedingt von jetzt an der Ratifizierung durch den Bundestag unterworfen werden müssen. Dabei berufe ich mich auf Artikel 73 des Grundgesetzes, wo es heißt:
    Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über: 5. . . . ,die Einheit des Zoll-
    und Handelsgebietes, die Handels- und Schiffahrtsverträge . . .
    Das ist hier klar ausgesprochen. Im Artikel 59 heißt es:
    Verträge, welche die politischen Beziehungen des Bundes regeln oder sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen,
    — und Gegenstände der Bundesgesetzgebung sind
    die Zoll- und Handelsverträge nach Artikel 73 —
    bedürfen der Zustimmung oder der Mitwirkung der jeweils für die Bundesgesetzgebung zuständigen Körperschaften in der Form eines Bundesgesetzes.
    Weiter kommt hinzu, daß, nachdem der Bundestag das Recht der Ratifizierung solcher Handelsverträge im Interesse aller Beteiligten für sich in Anspruch nehmen muß, die Regierung gehalten ist, über diese Dinge fortlaufend Auskunft zu geben. Denn man kann hier letzten Endes zu diesen Dingen nicht Stellung nehmen, wenn man nicht wenigstens in den Grundzügen über den Werdegang der Verhältnisse unterrichtet ist. Hier kommen besonders schwerwiegende Probleme in Betracht, idie für das Leben von Hunderttausenden von Menschen, die von der Bodenkultur ihre Existenz erhalten, wichtig sind. Da kommen auch die Produkte des Wein-, des Obst-, des Gemüsebaus und der vielen Spezialkulturen hinzu. Ich bin zum Beispiel — ich sage das nicht aus politischen Gründen — ein großer Freund unserer Pfälzer, weil sie ein sehr lebhaftes Völkchen sind; im übrigen gehören die Rheinländer auch zu dieser Weinfröhlichkeit.

    (Zuruf aus der Mitte: Wann kommen die Westfalen? — Heiterkeit.)

    Das ist vielleicht der einzige Vorzug dessen, daß wir in Bonn sitzen müssen; es hat ja auch viele Nachteile, die wir aber nicht erörtern wollen. Wir sitzen nun einmal da und müssen die Dinge so betrachten, wie sie sind. —Es leben wirklich viele Zehntausende von Menschen mit ihren Familienangehörigen von diesen Sonderkulturen, und wenn diese Sonderkulturen keinen Schutz erfahren, dann ist es mit dem Leben dieser Menschen aus. Es gibt Familien, die von zwei bis drei Tagwerken oder — nach Ihren Begriffen hier oben — von drei bis vier Morgen leben, vielleicht manche von noch weniger. Es ist kein Einzelfall, daß Leute durch die höchste Ausnutzung, die höchte Intensivierung des Bodens sich und ihre Familien erhalten. Deswegen ist es notwendig, daß auf diese Verhältnisse Rücksicht genommen wird.
    Ich erinnere mich noch ,der Verhältnisse, wie sie im Jahre 1924 gegeben waren. Auch damals mußten wir die Verhältnisse auf handelspolitischem Gebiet neu ordnen. Da ist es so gewesen, daß wir im Jahre 1924 die Handelsverträge meistens auf 5 Jahre abgeschlossen haben. Dabei hat sich gezeigt, daß die Grundlagen, von denen man im Jahre 1924 ausgegangen war, für die Gesamtentwicklung bis zum Jahre 1929 nicht haltbar gewesen sind. Obwohl damals der Reichstag die Handelsverträge ratifiziert hatte, mußte die damalige Regierung beauftragt werden, mit den ausländischen Staaten in Verhandlungen einzutreten, um gewisse Korrekturen herbeizuführen, weil die Grundlagen nicht mehr stimmten. Deswegen ist es für uns so wichtig, daß wir jetzt von den momentanen Verhältnissen, wie sie zur Zeit noch liegen mögen, nicht ausgehen können, sondern auch die Entwicklung mit in Rechnung stellen müssen, die die kommenden Jahre bringt.


    (Dr. Horlacher)

    Denn sonst würde uns eine Reihe von Fehlschlüssen unterlaufen, die sich hier sehr nachteilig auswirken könnten. Deswegen sage ich, wir müssen künftig auch von der Bundesseite her das System der Handelspolitik mit den Handelsverträgen in erster Linie zugunsten der Landwirtschaft, aber auch der übrigen Wirtschaft in die Hand nehmen. Auch in den Organen ,des Bundestags wird es unsere Pflicht sein, die Verhältnisse hier auch unsererseits in die entsprechende Betrachtung zu bringen.
    Damit komme ich auf etwas zu sprechen, was mir schon längst große Sorge macht. Wenn unsere Arbeit im Bundestag und ihr Erfolg an der Zahl unserer Ausschüsse gemessen würde, dann wären wir das beste Parlament auf der ganzen Welt. Aber die Zahl der Ausschüsse ist bereits so gewachsen, daß man nicht mehr weiß, was der andere tut. Damit komme ich auf etwas zu sprechen, was nach meiner Überzeugung unbedingt der Reform bedarf. Wir können nämlich die Koordinierung auf wirtschaftlichem Gebiet nicht bloß auf der Regierungsseite wünschen, wir können nicht bloß wünschen, daß sich der Wirtschaftsminister und der Ernährungsminister zu gemeinsamem Handeln und zur Angleichung ihrer Verhältnisse zusammenfinden, sondern wir müssen diese Koordinierung auch in den Ausschüssen des Bundestags vornehmen. Nach meiner Überzeugung gehört .der Außenhandel, der die landwirtschaftlichen Verhältnisse betrifft, mindestens zur Vorberatung in den Ausschuß für Ernährung und Landwirtschaft, weil die wirtschaftliche Seite — das Grundproblem — für die Gestaltung des Außenhandels maßgebend ist. Die
    3) gewerblichen und industriellen Fragen sowie die handelspolitischen Fragen gehören in erster Linie in den Wirtschaftsausschuß. Denn sonst besteht die Gefahr, daß der eine dort das sagt und der andere — vielleicht von der gleichen Partei -im anderen Ausschuß wieder etwas anderes. Da ist die Koordinierung der Verhältnisse absolut notwendig.
    Ferner ist es notwendig, daß wir eine fortlaufende Übersicht über die Einfuhren, eine Zusammenstellung der Einfuhren, und außerdem noch eine Zusammenstellung über die seither abgeschlossenen handelsvertraglichen Abmachungen bekommen. Hier hat auch die Bayernpartei einen Antrag eingebracht. Da warte ich ab, was die Herren dazu zu sagen haben.

    (Abg. Dr. Baumgartner: Mehr Konkretes als Sie, Herr Kollege!)

    — Sie können doch nicht behaupten, daß ich bis jetzt vielleicht in die Luft hinein gesprochen habe. Ich weiß nicht, woran es liegt; an mir liegt es nicht. Jedenfalls muß der Antragsteller —das ist doch höflich genug von mir — die Anhaltspunkte angeben, die zur Beurteilung der Verhältnisse notwendig sind. Bisher haben wir in der Handelspolitik zwei Linien gehabt, einmal ,die Linie der Besatzungsmächte, die JEIA. Jetzt ist es in deutsche Hand übergegangen. Was an Handelsabmachungen durch die JEIA getroffen worden ist, können wir doch nicht einem Untersuchungsausschuß unterwerfen, sondern wir können nur das einem Untersuchungsausschuß unterwerfen, was von uns gemacht worden ist, worauf wir und die jetzige Regierung Einfluß nehmen. Ich sehe
    diesen bösartigen Zwischenruf gar nicht ein, wenn C die Dinge beleuchtet werden sollen.

    (Abg. Dr. Baumgartner: Es war nicht bösartig gemeint!)

    Ich bin sogar der Meinung, daß es allein schon Aufgabe des Ausschusses für Landwirtschaft und Ernährung wäre, hier entsprechende Auskunft zu verlangen, und daß wir die Sicherungen treffen müssen, damit die Rechte des Bundestags entsprechend gewahrt werden. Das ist meine Meinung von den Dingen, und das ist doch eine ganz höfliche Auffassung, zumal wir zwei doch eigentlich persönlich befreundet sind, wenn du auch aus dem Vaterhaus hinausgelaufen bist.

    (Große Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Dr. Baumgartner: Die CSU ist kein Vaterhaus!)

    Wir können diese Dinge doch in Freundschaft behandeln, und — ich brauche ja nicht aus der Schule zu reden — auf landwirtschaftlichem Gebiet wollen wir ja keinen Streit miteinander haben; das hat doch gar keinen Wert. Es handelt sich um ein ernstes Problem der Landwirtschaft, und man kann den Streit auf anderen Gebieten, aber nicht gerade auf dem der Landwirtschaft austragen. Da müssen wir sowieso alle Kräfte zusammenhalten, um die Gesichtspunkte, die notwendig sind, für diesen Berufsstand zur Geltung zu bringen. Das erachte ich wenigstens für meine Lebensaufgabe, und das kommt daher, daß ich selber aus dem Kleinbauerntum des Frankenlandes hervorgegangen bin und weiß, in welchen Verhältnissen wir damals in .den neunziger Jahren und in den Jahren um 1900 herum gelebt haben. Ich möchte nicht mehr haben, daß unser Bauerntum zu einem Lohnfaktor der Industrie heruntersinkt, sondern ich will, daß es ein selbständiges Unternehmertum bleibt, wenn es auch klein ist. Es hat um so mehr Recht darauf, weil es aus dem Fleiß seiner Hände mit seinen Familienangehörigen ,den größtmöglichen Ertrag aus dem Grund und Boden herauszuholen sucht. Das sind doch Gesichtspunkte, die man nicht außer acht lassen darf.
    Ich, bin ja bis jetzt noch Präsident des bayerischen Landtags, wenn auch infolge der Arbeitsüberlastung nicht mehr lange; infolgedessen halte ich mich genau an die Geschäftsordnung. Meine 30 Minuten sind bald herum, ich komme daher zum Schluß. Auf die Belastung der Landwirtschaft komme ich noch besonders zurück. Ich möchte jetzt nur einen Gesichtpunkt hervorheben. Es ist notwendig, daß man auch der Kapitalbildung in bäuerlichen Betrieben Rechnung trägt und insbesondere die Lohngestaltung der mitarbeitenden Familienangehörigen berücksichtigt.

    (Sehr gut! hei der CDU/CSU.)

    Die Kapitalbildung sollte sichergestellt werden; denn glauben Sie mir: die Landflucht wird um so mehr bekämpft, je mehr wir das Leben des Bauern und insbesondere seiner eigenen Kinder auf dem Bauernhof sicherstellen.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Die Kinder werden um so lieber auf dem Hof sein, wenn sie vom Vater auch die entsprechende Entlohnung oder Rückstellung für ihre künftigen Verhältnisse erwarten können. Das muß bei der Steuergesetzgebung berücksichtigt werden. Daß auch das Soforthilfegesetz einer Überprüfung bedarf, darauf werde ich auch noch zurückkommen; denn man


    (Dr. Horlacher)

    kann nicht mehr verlangen, als man geben kann. Die Verhältnisse sind in vielen bäuerlichen Betrieben — man kann sagen: in der Mehrzahl der Betriebe — drängend geworden, so daß nach dieser Richtung hin eine genaue Prüfung stattfinden muß.
    Ich möchte Sie bitten, diesen Antrag, soweit er die Rechtsfrage des Abschlusses der Handelsverträge, die für mich klar ist, betrifft, dem Verfassungs- und Rechtsausschuß zu überweisen, damit wir bezüglich der Aufgaben, ,die wir selber zu erledigen haben, einmal eine eindeutige Stellungnahme bekommen. Im übrigen bitte ich, den Antrag federführend an den Ausschuß für Ernährung und Landwirtschaft zu überweisen, wobei eine gewisse Koordinierung mit dem Ausschuß für Außenhandelsfragen herbeigeführt werden muß, so daß wir hier doch zu einer einheitlichen Stellung kommen. Ich möchte insbesondere wünschen, daß der Antrag bei seiner Verwirklichung uns davor bewahren möge, daß wir im Jahre 1952, welches das entscheidende Jahr werden wird, Rückschläge erleiden, daß w r vielmehr die Produktion der Landwirtschaft weiter erhöhen, den Absatz steigern und die Qualitätserzeugung der Landwirtschaft heben können und auf diese Weise mit eigenen Mitteln unserer verbrauchenden Bevölkerung, soweit es möglich ist, das Leben erhalten können. Wir werden ohnehin bei der Anhäufung der Bevölkerung in den Westzonen darüber hinaus noch auf Zufuhren des Auslandes angewiesen sein; aber was wir selber verdienen können, das wollen wir selber verdienen. Das ist auch eine Erhaltung der auf dem Grund und Boden jetzt lebenden Bevölkerung.
    Ich möchte hier eines offen aussprechen. Sie sehen an einem praktischen Beispiel, wie es nicht sein soll. Ich meine die Lösung der Frage unserer Brotversorgung. Der Zustand, der jetzt besteht, daß sämtliche Läger mit unserem deutschen Inlandsroggen gefüllt und nicht absetzbar sind, muß durch geeignete Maßnahmen der Bundesregierung so rasch wie möglich beseitigt werden.

    (Lebhafter Beifall in der Mitte.)

    Nach meiner Überzeugung ist es eine Sünde, Auslandsprodukte hereinzunehmen, wenn wir über Inlandsprodukte verfügen, die wir in erster Linie für den Verzehr heranziehen können. Da muß der Ausmahlungssatz des Roggens heruntergesetzt und da muß gutes, reines Roggenbrot wieder hergestellt werden.

    (Sehr richtig!)

    Da muß dann auch der Hausfrau, damit sie, wenn
    das Roggenbrot auf den Markt kommt, nicht geschädigt ist, ausgezeichnetes Weizen- und weißes
    Mehl geliefert werden, damit sie den Zusatz zum
    Roggen hat; und im übrigen gehört der Weißbrotverzehr etwas zurückgedrängt, weil er uns Devisen kostet, die an das Ausland zu bezahlen sind.

    (Beifall rechts.)

    Das muß mindestens so geregelt werden, daß unsere einheimische Produktion wieder den Vorrang erhält; denn eine Lebenshaltung, die sich nicht auf den eigenen Grund und Boden aufbaut, kostet uns große Beträge, die uns für die Manipulation der Einfuhrpolitik, für Produkte, die wir zur Erhaltung der Bevölkerung in den Gewerbe- und Industriebetrieben dringend benötigen, fehlen.
    So würde ich wünschen, daß dieser Antrag bei seiner weiteren Beratung auf fruchtbaren Boden fallen möge, damit die Produktionsfreudigkeit und die Sicherheit unserer bäuerlichen Bevölkerung erhalten bleibt und damit wir hier einen Grundstein legen, der sich besonders bewähren wird, wenn das Jahr 1952 kommt, in dem wir unser Dasein aus eigener Kraft bestreiten sollen. Ohne ein kräftiges Bauerntum, das erhalten und
    . gefördert werden muß, wäre dieses Ziel nach
    meiner Überzeugung aber nicht zu erreichen.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU.)



Rede von Paul Löbe
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren! Bei vorübergehender Behinderung des Präsidenten und seiner Vertreter fällt die Leitung der Verhandlungen dem jeweils ältesten Mitglied des Hauses zu. Der Herr Präsident hat mich mit seiner Vertretung betraut.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Baumgartner zur Begründung des Antrags Drucksache Nr. 381.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Josef Baumgartner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BP)

    Meine Damen und Herren! Ich stimme den Ausführungen meines Herrn Vorredners im allgemeinen zu.

    (Bravorufe in der Mitte.)

    Zur Begründung unseres Antrags werde ich Ihnen auf dem Importgebiet einige konkrete Dinge aufzeigen, in denen es gilt, schwere Mißstände abzustellen.
    In der Drucksache Nr. 381 haben Sie unseren Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gemäß Artikel 44 des Grundgesetzes vor sich liegen. Ich darf Sie bitten, den Antrag, den Sie vor sich liegen haben, in die Hand zu nehmen und anzusehen, weil ich auf Wunsch einer Partei, die uns darum gebeten hat, eine kleine redaktionelle Änderung vorschlagen möchte. Wir schlagen folgende Fassung des Antrags vor:
    Der Bundestag wolle beschließen:
    Der Bundestag setzt gemäß Artikel 44 des Grundgesetzes einen Untersuchungsausschuß ein, der die bisherigen Einfuhren in das Vereinigte Wirtschaftsgebiet und in das Gebiet der Bundesrepublik untersucht und dem Bundestag über die Ergebnisse seiner Untersuchung berichtet.

    (Abg. Dr. Laforet: Jawohl, so ist es besser!)

    Das ist eine redaktionelle Vereinfachung. Ich möchte Sie bitten, davon Kenntnis zu nehmen.
    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich nur zu diesem Antrag meiner Fraktion in kurzer Ausführungen Stellung nehmen. Zunächst im Anschluß an die Ausführungen des Herrn Kollegen Horlacher einige Bemerkungen über die unmögliche Importsituation im deutschen Bundesgebiet. Jedem Mitglied unseres Hauses ist bekannt, daß Deutschland seit den letzten Jahrer laufend Nahrungsmittel für 20 bis 25 Millioner Menschen einführen muß, daß wir ohne diese Einfuhren nicht die Lebensmittel gehabt hätten; um Millionen Menschen über die schwierigen Zeiten hinwegzubringen, und daß Millionen Menschen Hungers gestorben wären, wenn wir diese Einfuhren nicht gehabt hätten.
    Im Wirtschaftsjahr 1949/50 führt die Bundesrepublik auf dem Lebensmittelsektor für etwe 998 Millionen Dollar Nahrungsmittel ein. Mein Damen und Herren, das ist eine Einfuhr vor rund vier Milliarden D-Mark. Wenn Sie nur ausrechnen, welche Handelsspanne sich aus einet


    (Dr. Baumgartner)

    Einfuhr von vier Milliarden D-Mark ergibt, können Sie schon allein beim Großhandel einen Verdienst von mindestens 500 Millionen Mark annehmen. Sie können die gesamte Handelsspanne mit mindestens 1 bis 1 1/2 Milliarden Mark berechnen und daraus ersehen, welche ungeheure Bedeutung in der deutschen Volkswirtschaft der Importhandel zur Zeit hat. Im Jahre 1947 führten wir für 745 Millionen Dollar, im Jahre 1948 für 955 Millionen Dollar ein. Im Jahre 1950 werden wir nach den Angaben des Herrn Bundes- ministers Niklas 3,4 Millionen Tonnen Getreide, 1,9 Millionen Tonnen Futtermittel, 410 000 Tonnen Fett und 600 000 Tonnen Zucker einführen. Diese Hauptnahrungsmittel stammen fast ausschließlich aus den Dollarländern, während die übrigen Nahrungsmittel wie Gemüse, Obst, Fleisch, Molkereiprodukte und Eier aus den Nicht-Dollarländern stammen und hauptsächlich mit den Erlösen aus unseren Handelsverträgen gekauft werden, wofür man gegenwärtig etwa 600 Millionen Dollar zum Einkauf von Lebensmitteln annimmt.
    Aus dieser Situation ergibt sich, daß der Importhandel zu einem großen volkswirtschaftlichen Faktor geworden ist und daß es unsere Aufgabe ist, die Mißstände, die heute auf diesem Faktor tatsächlich vorhanden sind, im Interesse aller beteiligten Bevölkerungsteile abzustellen. Da sind vor allem zwei Momente zu nennen, die den Importhandel in Deutschland zur Zeit verleiten, auf falsche Wege zu kommen. Der erste Umstand ist ,der, daß der Importhandel von sich aus das Bestreben hat, um jeden Preis einzuführen - ganz gleich, was es ist —, damit er Gewinne erzielen kann.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Der zweite Umstand ist der, daß zur Zeit des Bestehens des Vereinigten Wirtschaftsgebiets und auch heute noch -- wenn auch nicht mehr in diesem Ausmaß — die vielen Einfuhren hauptsächlich von der bürokratischen Seite her gelenkt worden sind und die beteiligten Kreise — gleichgültig ob es nun Verbraucher oder Produzenten waren — nicht in dem Maße eingeschaltet waren, wie sie das hätten sein müssen.
    Bevor ich nun die Gründe anführe, die uns veranlaßt haben, einen so schwerwiegenden Antrag wie diesen auf Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses zu stellen, darf ich Ihnen auf einzelnen Sektoren die verfehlte Methode blitzartig beleuchten, die heute beim Importhandel besteht. Ich ergänze dabei die Andeutungen, die bereits Herr Kollege Horlacher auf verschiedenen Gebieten gemacht hat. Da ist es bei Fleisch folgendermaßen. Während Deutschland früher nur in geringem Maße Fleisch einführte - Gefrierfleisch, wie Sie wissen werden gegenwärtig, obwohl die deutsche Landwirtschaft vor den größten Schwierigkeiten steht, um die Rinder- und Schweinebestände anzubringen, geschlachtetes Vieh sowie Fleischkonserven in weitgehendem Umfang eingeführt. Wir selbst führen aus Deutschland lebendes Schlachtvieh aus und führen außer Gefrierfleisch auch noch verarbeitetes Fleisch zu höheren Preisen ein. Diese Importpolitik können wir unter keinen Umständen weitermachen. Diese Importpolitik bei Fleisch stellt sogar ein Importnovum beim deutschen Außenhandel dar.
    Zweitens: so ähnlich verhält es sich bei den anderen Artikeln, bei Öl, bei Milch, bei Fett, bei Käse, bei den Eiern. Oder ein anderes Beispiel. In den letzten Jahren wurden derart große Mengen Milchpulver eingeführt, die heute noch vorhanden sind und nicht abgesetzt werden können, daß der dadurch verursachte Schaden sich auf Millionen Mark beläuft. Wenn uns das Ausland Waren anbieten will, die es nicht absetzen kann, oder wenn die Besatzungsmächte ihre Sachen, die sie draußen nicht losbringen, bei uns anbringen wollen, dann müssen wir doch den Mut haben, jetzt zu sagen: Wir können doch nicht eure Sachen abnehmen, die ihr bei euch nicht losbringt. Das ist vor allem beim Milchpulver oder bei Ölfrüchten und Olen der Fall gewesen. Bei Fetten und Ölen waren wir schon in Friedenszeiten immer großes Zuschußgebiet von 20 bis 30 Prozent, wie mein Vorredner schon erwähnt hat. Wir haben daher den Ölfruchtbau in Deutschland immer besonders gefördert. Es ist auch nötig, daß wir Ölfrüchte und Fette einführen. Nicht nötig, Herr Bundesminister, ist es aber — und ich möchte den Herrn Bundesminister bitten, dafür zu sorgen, daß das abgestellt wird —, daß wir so große Mengen Fertigprodukte auf dem Gebiete der Öle und Fette einführen. Wir brauchen kein Speiseöl und nicht so große Mengen Margarine einzuführen, weil die Entwicklung dahin geht, daß wir selber unsere Veredelungswirtschaft betreiben müssen, wie auch Kollege Horlacher erwähnt hat, und weil wir den deutschen Olfruchtbau glatt an die Wand drücken und unsere bedeutsamen Ölmühlen in Deutschland dem Ausland gegenüber überhaupt vollständig konkurrenzunfähig werden. Das sind Dinge, die im Interesse der Produzenten und der Verbraucher ernstlich überlegt sein müssen.
    Ganz verworren ist die Lage auf dem deutschen Käsemarkt. Während deutscher Käse zum großen Teil nicht mehr abgesetzt werden kann, strömt von allen Seiten unaufhörlich ausländischer Käse zu weit billigeren Preisen herein und zwingt unsere Käsereien zur Aufgabe des Wettbewerbs. Auch bei den Eiern! Wir haben es ja erlebt. Es war notwendig, daß wir Eier einführen, weil wir unmögliche Preise hatten. Es geht aber nicht an, daß wir auch auf diesem Gebiet an allen Ecken und Enden die Tore öffnen und unsere Produzenten vollständig an die Wand drücken.
    Nahezu hoffnungslos ist aber die durch die Liberalisierung geschaffene Lage auf dem Gebiet des Obstes und der Gemüsearten. Durch die Handelsverträge mit Italien, Frankreich, Holland und Belgien sowie Dänemark und schließlich mit den Balkanstaaten wird eine Menge ausländischen Obstes und Gemüses auf den Markt geworfen; die einerseits die einheimische deutsche Erzeugung vollständig konkurrenzunfähig macht und zum anderen Teil große Prozentsätze der Einfuhr nach dem mangelnden Absatz dem Verderb aussetzt. Wenn diese planlosen Einfuhren in Obst, in Zitrusfrüchten und in Bananen heute noch, wie es der Fall ist, zirka 70 000 Doppelzentner deutsche Äpfel unverkäuflich machen, dann erübrigen sich alle weiteren Worte über eine solche Handelspolitik, die mit einem volkswirtschaftlichen Sinn nichts mehr zu tun hat.

    (Zurufe links.)

    Oder während vernünftigerweise in früheren
    Zeiten nur Kakaobohnen zur Einfuhr gelangten und
    damit eine große einheimische Schokoladenindustrie


    (Dr. Baumgartner)

    aufgebaut wurde, ermöglichen es die heutigen Handelsverträge, daß immer mehr fertige Schokolade, Pralinen, Süßwaren importiert werden und unsere große deutsche Industrie an die Wand gedrückt wird. Diese Unmöglichkeit der Liberalisierung zeigt sich am besten in der Tatsache, daß heute in der Bundesrepublik Gemüse- und Obstkonserven wahllos eingeführt werden können, während die einheimische Marmeladenindustrie, die einst groß war, vollständig darniederliegt und keinerlei Wettbewerb mehr mit dem Ausland aufkommen kann. Meine lieben Kollegen von der Linken, ich möchte Sie bitten: das fällt ja auf unsere Arbeiter zurück, wenn die Marmeladenindustrie, die Konservenindustrie, wenn Lebensmittelindustrien infolge dieser unsinnigen Liberalisierung schließen müssen, weil dann auf den verschiedensten Gebieten die Arbeiter ausgestellt werden müssen.

    (Unruhe. — Zurufe von der SPD: Sagen Sie das Erhard!)

    Bei Wein liegen die Dinge jetzt noch zwar verhältnismäßig nicht ganz so schlimm, es ist aber nur mehr eine Frage der Zeit, eine Frage von Monaten, bis der deutsche Winzer außerstande ist, mit den ausländischen Einfuhren zu konkurrieren. Oder beim Malz, ich bleibe bei konkreten Beispielen: früher ein großer Ausfuhrartikel Deutschlands. Malz wird heute von der Tschechei eingeführt.
    Auch bei Getreide, Herr Kollege Horlacher, müssen wir ein Wort sprechen, weil wir Getreide nicht planlos einführen können. Der Herr Kollege Horlacher hat erwähnt, daß Roggen planlos eingeführt worden ist. Ich füge hinzu: Roggen, Gerste und Hafer sind planlos eingeführt worden, wobei wir den inländischen Roggen überhaupt nicht losbringen. Persönlich bin ich der Meinung, daß wir
    in diesem Jahr auch noch zuviel Brotgetreide bei uns einführen, weil wir mit etwas weniger Brotgetreide bei der Ausmahlung und besseren Heranziehung des Roggens ausgekommen wären. Allein die inländische Ernte in Hafer und Gerste würde uns normalerweise zwingen, zum Beispiel in die aufnahmefähige Schweiz zu exportieren. Aber leider lassen das die Alliierten nicht zu. Ich möchte den Herrn Bundesminister bitten, noch einmal den Versuch zu machen, daß wir hier ausführen können. So liegen Hafer, Gerste unid Roggen bei uns unabsetzbar auf der Straße.
    Vollständig unbegreiflich ist es, wenn Bayern als das zweitgrößte Hopfengebiet Europas oder überhaupt der Welt in diesem Jahre 60 000 Doppelzentner Hopfen ausgeführt hat, während wir auf der anderen Seite schlechtere Qualitäten von englischem Hopfen zu viel höheren Preisen wieder einführen. Diese Wirtschaftspolitik der Bundesregierung ist aufs schärfste zu kritisieren, weil sie volkswirtschaftlich anormal ist.
    Meine Damen und Herren! Das sind nur einige markante Beispiele einer Einfuhrpolitik, die zum wirtschaftlichen Ruin unserer Landwirtschaft und auch großer Teile anderer Wirtschaftszweige führen muß. Ich bin mir bewußt — und der Herr Vorredner hat das auch angedeutet — daß wir, damit die zusammengepferchten Menschen in dem Bundesgebiet leben können, unseren Industrieexport verdoppeln und verdreifachen und daß wir die Industrie fördern müssen, wo wir können. Das ist notwendig, damit unsere Menschenmassen in diesem kleinen Raum leben können und eine Existenz haben.
    Wir müssen aber die gesamte Ein- und Ausfuhrpolitik abstimmen. Das ist Sache der Bundesregierung und der Ausschüsse, wie schon angedeutet wurde. Aber die Mißstände abzustellen und aufzudecken, die ich im folgenden jetzt aufführen werde, ist Sache eines Untersuchungsausschusses.

    (Abg. Rische: Herr Baumgartner, wie stehen Sie zum Marshallplan?)

    — Ich spreche jetzt nicht zum Marshallplan, ich bleibe immer beim Thema.

    (Abg. Rische: Doch! Doch!)

    — Ich spreche nicht zum Marshallplan, sondern bleibe beim Thema.

    (Abg. Rische: Doch, Sie sprechen zum Marshallplan!)

    — Vielleicht sprechen wir ein andermal zum Marshallplan, aber ich spreche zur Begründung des Antrags über einen Untersuchungsausschuß.
    Erstens, es besteht der begründete Verdacht, daß Millionen-Importe nicht gleichmäßig und gerecht im Bundesgebiet beim Importhandel verteilt wurden und daß nur einige wenige Importeure schon vom Jahre 1946 an auf einzelnen Gebieten durch die Bürokratie bevorzugt wurden.

    (Hört! Hört! bei der BP.)

    Zweitens, bei der Trockengemüseeinfuhr erhielten die Hamburger Importeure allein 40 bis 50 Prozent, während die Importhändler anderer deutscher Länder nur 4 bis 10 Prozent erhielten.
    Die gleichen Mißstände ergeben sich bei der Einfuhr von Trockenmilch, von Fett, von Fleisch und von Zucker, wobei es sich um Millionenbeträge und um Hunderttausende von Tonnen und Doppelzentnern dreht und wo die Verteilungen beim Importhandel genauestens zu untersuchen sind. Es ist zu untersuchen, wie die Dinge vor sich gegangen sind, nachdem wir da-damals kein Parlament gehabt haben.
    Weiter ist dringend notwendig, daß das Reiheneinfuhrsystem sofort untersucht wird. Das Reiheneinfuhrsystem ist eines der vier Systeme der Außenhandelsstelle in Frankfurt. Dem Importeur wird im Bundesanzeiger listenmäßig mitgeteilt, welche Importangebote des Auslands in Frankfurt vorliegen. Bis zu einem ebenfalls festgelegten Termin hat dann der deutsche Importeur Gelegenheit, seine Offerten bei der Außenhandelsstelle abzugeben. Diese bestimmt dann, an wen die Festzuteilung des Auftrages erfolgt. Es besteht der schwerwiegende Verdacht, daß besonders finanzstarke Gruppen, deren Kapitalkraft es ermöglicht, entsprechend günstige Offerten in Frankfurt vorzulegen, bevorzugt werden. Es besteht weiter der Verdacht, daß Millionen-Importe schon vor der Ausschreibung Importeuren zugeteilt wurden.

    (Hört! Hört! bei der KPD.)

    Im Bundesanzeiger Nr. 34 vom 10. Dezember 1949 wurden drei Importangebote für Gemüsesamen, Schweinehälften unid halbrohen Reis aus verschiedenen Ländern angekündigt. Im gleichen Bundesanzeiger heißt es: Der Importeur wird von der Außenhandelsstelle bestimmt; die Einreichung von Offerten erübrigt sich. Waren im Werte von rund 1,8 Millionen Dollar wurden in diesem Fall ohne Ausschreibung untergebracht.

    (Hört! Hört! bei der KPD.)

    In einem anderen Falle wurden Einfuhren von
    300 000 Dollar ausgeschrieben. Das Angebot
    — meine Damen und Herren, hören Sie mußte


    (Dr. Baumgartner)

    bis zum 9. Dezember eingereicht sein. Der Bundesanzeiger kam aber erst am 12. Dezember in die Hände der Importeure.

    (Hört! Hört! bei der KPD.)

    Ich frage Sie: Wie sollen die Importeure das Angebot am 9. Dezember eingereicht haben, wenn sie den Bundesanzeiger erst am 12. Dezember in Händen haben?

    (Abg. Rische: Da hat die „Vorsehung" mitgespielt!)

    In zahlreichen Fällen ist das Ausgabedatum des Bundesanzeigers der letzte Einreichungstermin für den Importeur.

    (Hört! Hört! bei der KPD.)

    Der Bundesanzeiger Nr. 35 veröffentlicht eine interessante Ausschreibung von neuen Importen, zum Beispiel 16 Angebote über Schweinehälften aus Italien und Frankreich, frischgeschlachtete Schweine oder Schweinefleisch aus Belgien und Frankreich, lebende Schweine aus Belgien, Speck aus Belgien und Panama, Bienenhonig aus Haiti, Costa Rica und Mexiko, Kokosnußöl und Kaneel aus Ceylon, insgesamt im Werte von 2,4 Millionen Dollar. So die Ausschreibung. Und dann kommt die Bemerkung: Einreichung von Offerten erübrigt sich. Das wird so unter der Decke gemacht.

    (Hört! Hört! bei der KPD.)

    Unter IAC Nr. 3164 vom 6. August 1949 wurden frische kolumbische Bananen im Dollarbetrage von 5 Millionen ausgeschrieben. Wider Erwarten wurde der Zuschlag einer aus fünf Hamburger Firmen bestehenden Gruppe zugeteilt, obwohl sie das Geschäft nicht abwickeln konnte

    (Zuruf von der KPD:)

    - sind Sie vielleicht aus Hamburg, Herr Kollege? -,

    (Heiterkeit.)

    weil Kolumbien keine Exportgenehmigung .gab. Als die Exportgenehmigung später eintraf, wurde ohne neuerliche Ausschreibung der Gesamtbetrag einer anderen Hamburger Gruppe erteilt.

    (Abg. Rische: Das ist Interessenpolitik!)

    Es besteht weiter der begründete Verdacht - und es liegen auch Beweise dafür vor —, daß Importeure von den Frankfurter Stellen überhaupt keine Antwort erhalten haben und daß Angebote von Importeuren nicht berücksichtigt und die Zuschläge an andere Firmen erteilt worden sind. Eine Ausschreibung von Kartoffelstärkemehl aus der Schweiz verlangte eine bemusterte Offerte bis zum nächsten Tage. Wie stellen sich die Bürokraten in Frankfurt das vor? Eine Ausschreibung erfolgt, und am nächsten Tage soll man aus der Schweiz eine bemusterte Offerte vorlegen! Welche Dinge gehen da vor sich? Wer hätte denn die bemusterte Offerte innerhalb eines Tages aus der Schweiz beibringen können? Ein Importeur erhielt von Italien sehr günstige Angebote auf Lieferung von Reis. Als er das Angebot abgab, erhielt er trotz seiner vielen Homerungen keine Antwort mehr. Es muß nun geklärt werden, welche Gründe dafür vorgelegen haben, daß trotz dieses günstigen Angebots eine minderwertigere Ware an Reis zu überteuerten Preisen eingeführt wurde,

    (Hört! Hört! links)

    weshalb die Reiseinfuhr durch eine andere kleine Gruppe gemacht wurde, warum der Verbraucher für eine geringere Ware mehr zahlen mußte, als dies notwendig gewesen wäre, warum mehr Geldbeträge aus dem Marshallplanfonds ausgegeben wurden, als bei sachgemäßem Einkauf nötig gewesen wäre. Es besteht weiter der begründete Verdacht, daß Gegenseitigkeitsgeschäfte von Importfirmen von seiten der Bürokratie nur einer ganz bestimmten Importgruppe zugesprochen werden.
    Das sind nur einige Beispiele, auf Grund deren meine Fraktion die Einsetzung eines Untersuchungsauschusses zur Überprüfung sämtlicher Importe in das Vereinigte Wirtschaftsgebiet und in das Bundesgebiet fordert. Ich stimme hier vollständig Herrn Kollegen Dr. Horlacher zu. Es muß auch innerhalb .des Bundestags eine Abstimmung zwischen Außenhandelsausschuß, Landwirtschaftsausschuß und Wirtschaftsausschuß erfolgen. Es muß die ganze Frage von Import und Export geklärt werden, damit wir den berechtigten Interessen der Arbeiterschaft, der Industrie und der Bauernschaft gerecht werden können. Ich erkläre Ihnen aber: wie die Dinge heute im Bundesgebiet liegen, kann überhaupt nicht von einer Wirtschaftspolitik gesprochen werden.

    (Zustimmung bei der BP und bei der KPD.) Diese Wirtschaftspolitik der Bundesregierung muß ab sofort einer Klarheit zugeführt werden. Wir können sonst nicht erkennen, wie die Dinge für unser Bauerntum, für die Arbeiterschaft, für die Industrie weitergehen sollen.

    Meine Damen und Herren, deshalb bitte ich Sie: Nehmen Sie unseren Antrag an, damit wir die Importfragen einmal einer genaueren Untersuchung unterziehen können und damit wir neu aufbauen können, damit wir vor allem diese Mißstände abstellen. Es wäre viel über die Agrarpolitik zu sagen, Herr Kollege Horlacher! Wir werden ein andermal Gelegenheit dazu haben, und unserer Mitarbeit werden Sie bei den schwerwiegenden Fragen des Lastenausgleichs, der Steuern, der Tarifpolitik usw., bei den ganzen Fragen; die in der Agrarpolitik eine große Rolle spielen, sicher sein. Für heute möchte ich Sie, meine Damen und Herren, über alle Fraktionen hinweg bitten: Klären wir gemeinsam die schwerwiegende Frage der Mißstände beim Import!

    (Beifall bei der BP.)