Rede von
Helmut
Bazille
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Die Kriegsopfer haben nicht zusetzt auf Grund meiner eigenen Tätigkeit ihre Forderungen stets auf das Maß des Möglichen begrenzt. Ich weise daher mit Entschiedenheit die Behauptung des Herrn Ministers zurück, daß meine Ausführungen demagogisch gewesen seien,
insbesondere die Ausführungen im Zusammenhang mit der Sozialversicherung. Es ist kein Wort davon gesprochen worden, und es ist kein Antrag gestellt worden, die §§ 1274 und 1275 der Reichsversicherungsordnung durch dieses Gesetz in den Ländern einzuführen, in denen sie noch nicht Anwendung finden.
Aber ich möchte 'dem Herrn Minister in diesem Zusammenhang noch etwas anderes sagen. Kriegsbeschädigte, die im ersten Weltkrieg eine Körperbeschädigung von 50, 60, 70, 80 und 90 % erlitten haben und die trotz einer solchen gewaltigen Vorbelastung 25 Jahre lang im Arbeitsprozeß treu ihren Mann gestanden haben, die jahrzehntelang ihren Beitrag zur Sozialversicherung geleistet haben, werden auf Grund des geltenden Rechts um ihren Rechtsanspruch aus der Sozialversicherung betrogen.
Es berührt und muß die Kriegsopfer eigenartig berühren, wenn der Herr Bundesarbeitsminister solche Rechtsansprüche verneint
— und als demagogisch bezeichnet.
Es wird dem zukünftigen Gesetz vorbehalten bleiben, hier eine andere Regelung zu treffen. Und wenn schon immer Vorschußlorbeeren auf das neue Gesetz von dieser Stelle eingeheimst werden, so mag in bezug auf dieses Gesetz von unserer Fraktion auch folgendes gesagt sein: es wird ein Weg gefunden werden müssen, der einen durch Beitragsleistung erworbenen Anspruch mindestens insoweit befriedigt, als das recht und billig ist.
Zur Frage der Schnelligkeit, mit der diese Materie behandelt werden muß, um den Kriegsopfern zu helfen, möchte ich bemerken, daß meiner Erinnerung nach dieses Hohe Haus auf einen von mir gestellten Antrag vor Weihnachten beschlossen hat, die Bundesregierung zu ersuchen, Vorschüsse auf dieses Gesetz zu leisten, und zwar an einen Personenkreis, der nach allen Ausführungen, die seither von den Vertretern der Bundesregierung gemacht worden sind, noch in diesem Jahre einen Rechtsanspruch zu erwarten hat, dessen Not gesehen wird und von dem man mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit weiß, daß er durch dieses Überbrückungsgesetz in den Genuß einer Rente kommen wird. Was wird also die Bundesregierung hindern, auch wenn dieses Gesetz durch einen eventuellen Einspruch des Bundesrats nochmal verzögert wird, an ganz bestimmte Gruppen Vorschüsse zu zahlen? Das kann doch nicht ein Argument sein, dieses Gesetz im Galopptempo über die Bühne zu ziehen.
{Sehr gut! bei der SPD.)
Herr Minister, Sie werden doch meine sachlichen Darlegungen nicht deswegen als demagogisch bezeichnen, weil sie in einer ernsthaften Kritik feststellen, daß dieses Gesetz weder den rechtlichen noch den sozialen noch den gesetzestechnischen Anforderungen genügt. Ich glaube, daß, wenn es entsprechend der Vorlage verabschiedet wird, die Stellungnahme der Durchführungsbehörden der Länder meine Ausführungen von dieser Stelle Wort für Wort unterstreichen wird.