Der Stimmaufwand des Herrn Bundesarbeitsministers hat nur den einen Zweck, nämlich den, über die Tatsache hinwegzutäuschen, daß dieses Gesetz nicht einen Bruchteil dessen beinhaltet, was Vertreter der Regierung, Dienststellen desselben Bundesarbeitsministers vor Weihnachten und hinterher den Kriegsopfern in Aussicht gestellt haben.
Daher dieser Stimmaufwand und daher diese
überaus beklagenswerte Feststellung, daß eine
Kritik an diesem Gesetz eine erbärmliche Handlung sei. Wenn hier etwas erbärmlich ist, dann ist es der Inhalt dieses Gesetzes.
Dieses Gesetz ist nicht auf die ungeheure Not der Millionen von Kriegsopfern zugeschnitten, die draußen auf die Einlösung Ihrer Wahlzusage warten. „So sozial wie irgend möglich", hieß es doch einmal in diesem Hause.
Dieses Gesetz ist zugeschnitten auf den Bettelbetrag, auf dieses erbärmliche Almosen,
das die Adenauer-Regierung für diesen Zweck von Anfang an zur Verfügung zu stellen bereit war: auf diese 80 Millionen Mark. Da mir nur zehn Minuten Redezeit zur Verfügung stehen, habe ich keine Möglichkeit, auf diese Geschichte mit den 80 Millionen Mark einzugehen.
Ich stelle folgendes fest. Der Antrag des Ausschusses für die Kriegsopfer, der nach zweimal — jedesmal verschiedenen — vorgelegten Zahlen eine Mehrbelastung von 203 Millionen Mark, über die 80 Millionen Mark hinaus, bringen sollte, st im Ausschuß von den Herren Vertretern der Koalitionsregierung angenommen worden. Es ist einfach nicht wahr, daß wir im Ausschuß nicht gewußt haben, daß die Vorschläge auf Grund der neuerarbeiteten Gedanken nicht mit 80 Millionen Mark zu finanzieren wären. Von Anfang an waren wir uns darüber klar — und so haben auch die CDU-Abgeordneten diskutiert —, daß man über die 80 Millionen Mark hinausgehen müsse. Ich will mich nicht näher über die Frage äußern, ob die von der Regierung angegebenen Zahlen stimmen. Ich setze mich nur mit der Darstellung auseinander, die hier von der Berichterstatterin, der Frau Abgeordneten Probst, gegeben worden ist, als ob das, was heute geschehen soll, nur eine sogenannte Übergangslösung sei. Das, was heute beschlossen werden soll, ist eine Präjudizierung im Hinblick auf das kommende Versorgungsgesetz. Es heißt hier: Wir sprechen die Erwartung aus, daß ab 1. April gewisse kleine Verbesserungen, die zahlenmäßig nicht einmal die Hälfte des Betrags von 200 Millionen Mark ausmachen, gegeben werden sollen. Was ist denn eigentlich los? Zuerst hieß es, die Regierung helfe mit einem Zuschuß über die Kalendermonate Januar bis März hinweg, damit die Länder diese höheren Leistungen finanzieren könnten. Dann hieß es, diese 80 Millionen Mark seien für das Kalenderjahr 1950 gedacht. Das hat kein geringerer als der Bundeskanzler selber, einer Delegation des Reichsbundes erklärt. Jetzt auf einmal hören wir, daß diese 80 Millionen Mark der Betrag seien, den die Bundesregierung für das Etatsjahr 1950 zu geben gewillt sei. Nur eine kleine Überlegung: Was dürfte es der Regierung darauf ankommen, jetzt einige Millionen Mark mit Wirkung vom 1. April mehr zu bewilligen, wenn sie angeblich die Absicht hat, das ganze Versorgungsgesetz ab 1. April sowieso in den Leistungen wesentlich zu verbessern?
Bitte, geben Sie mir darauf einmal eine Antwort.
Nein, ich wiederhole das, was ich bei der letzten
Beratung dieses Themas hier gesagt habe: Diese
80 Millionen D-Mark sind und bleiben das, was die Adenauer-Regierung auch im neuen Gesetz den Kriegsopfern zu geben bereit ist.
Und nun ein Wort zu der Theorie von dem Spatzen in der Hand, der besser sei als die Taube auf dem Dach. Wir leben geographisch gesehen in Nordrhein-Westfalen. Dort hat man es vorgestern deutlicher gesagt. Dort hat die CDU-Reaktion zusammen mit der FDP ein Gesetz beschlossen, das beinhaltet, daß die Pensionen der Wehrmachtbeamten über den bisherigen Betrag von 160 D-Mark pro Monat auf 280 D-Mark erhöht werden sollen,
wobei ein Nebeneinkommen in derselben Höhe unbeachtet bleibt. Wir haben als Kommunisten hier ganz klar zum Ausdruck gebracht, daß wir keineswegs den Standpunkt vertreten, daß die gerechtfertigten Ansprüche der ehemaligen Wehrmachtbeamten nicht befriedigt werden sollen — im Maße des Erträglichen, wie wir es verantworten können. Aber was ist das für ein eigenartiger Widerspruch! Hier sagt man uns: Wir können keine Politik im luftleeren Raum machen. Das sagt uns auch der oppositionelle Staatspolitiker Bazille. Diese Ihre Einstellung müssen Sie draußen mit den Kriegsopfern ausmachen. Der Herr Staatsvertreter sagte: Man kann keine Politik im luftleeren Raum machen. Sind das Abgeordnete einer anderen CDU, die vorgestern in Düsseldorf diesen Beschluß gefaßt haben? Nein, sie haben aber eine andere Einstellung zu den Problemen. Bei den Wehrmachtbeamten da geht's in der Hauptsache um Generale, um Generalswitwen,
und für die haben Sie Geld übrig. Für die Kriegskrüppel, für die armen Witwen und Waisen haben Sie eben kein Geld übrig, da liegt der Hund begraben.
Nun ein letztes Wort. Wir bringen heute noch einmal unseren ursprünglichen Antrag ein. Wir verlangen, was in der Zwischenzeit zweimal abgelehnt worden ist, noch einmal einen Zuschlag zu den derzeitigen Rentenbezügen in Höhe von 60 statt der vorgesehenen 20 Prozent.
— Warum nicht 100 Prozent? Weil wir Sie vor die Alternative stellen wollen, ein Überbrükkungsgesetz zu schaffen und nicht ein endgültiges Gesetz. Warum nicht 100 Prozent? Die Antwort will ich Ihnen geben. Diese Erhöhung liegt um 10 Prozent hinter der Erhöhung, die Sie vorgestern in Nordrhein-Westfalen für die Wehrmachtbeamten bewilligt haben,
und diese Erhöhung um 60 Prozent bedeutet, daß der 100prozentig Kriegsbeschädigte statt 100 D-Mark 160 D-Mark Rente pro Monat bekommt. Ist das eine propagandistische Forderung?
— Ist das das Existenzminimum?, ganz recht. Wir bringen diesen Änderungsantrag, wie gesagt, erneut ein. Wir sind uns dessen sicher, daß er abgelehnt wird. In diesem Fall stimmen wir für den Abänderungsantrag der sozialdemokratischen
Fraktion, der ja nichts anderes darstellt als das,
was der Kriegsopferausschuß — ich wiederhole:
einstimmig — vor wenigen Tagen beschlossen hat.
Ein abschließendes Wort. Ich wiederhole noch einmal meine Mahnung an die Kriegsopfer draußen: sie müssen mit ihrer organisatorischen Zersplitterung Schluß machen. Sie müssen sich endlich darauf einstellen, daß eine ausreichende Versorgung der Kriegsopfer nur erzielt werden kann im Kampf gegen diese reaktionäre Adenauer-Regierung der Millionäre.