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ID0103401400

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 34. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 2. Februar 1950 1059 34. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 2. Februar 1950. Geschäftliche Mitteilungen . . 1059D, 1104D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Behandlung wiederkehrender Leistungen bei der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen (Drucksache Nr. 445) in Verbindung mit der ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzen über die Aufhebung vois Vorschriften auf dem Gebiet des Handelsrechts, des Genossenschaftsrechts und des Wechsel- und Scheckrechts (Handelsrechtliches Bereinigungsgesetz) (Drucksache Nr. 447) und der ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Kraftloserklärung von Hypotheken-, Grundschuld- und Rentenschuldbriefen in besonderen Fällen (Drucksache Nr. 458) und der ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Erleichterung der Annahme an Kindes Statt (Drucksache Nr. 446) . 1060A Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 1060B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung von Leistungen an Kriegsopfer (Drucksachen Nr. 484 und 395) . . . . . . . . . 1061A Frau Dr. Probst (CSU), Berichterstatterin 1061B, 1063C Dr. Krone (CDU), Berichterstatter . . . . . . . . . . 1063B Arndgen (CDU) 1063D, 1073D Bazille (SPD) 1064D, 1070D Storch, Bundesminister für Arbeit . . . . . . . . 1066D, 1071C Renner (KPD) . . . 1067B, 1074B, 1078A Dr. Seelos (BP) . . . . . . . 1063C Mende (FDP) 1069A Krause (Z) 1070A Dr. Leuchtgens (DRP) 1072B Löfflad (WAV) . . . . . . . 1073A Frau Kalinke (DP) 1073C Leddin (SPD) 1076D Dr. Wellhausen (FDP) 1077B Schäffer, Bundesminister der Finanzen 1077C Dr. von Brentano (CDU) 1078D Beratung 'des Antrags der Abgeordneten Dr Horlacher, Bauereisen, Strauss und Genossen betr. Wiederaufbau der deutschen Landwirtschaft (Drucksache Nr. 428) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der BP betr. Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gemäß Artikel 44 des Grundgesetzes (Drucksache Nr. 381) 1079D Dr. Horlacher (CSU), Antragsteller 1079D, 1102B, 1103C Dr. Baumgartner (BP), Antragsteller . . . . . . . . 1084C, 1103C Dr. Niklas, Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 1087D Kriedemann (SPD) 1091D Niebergall (KPD) 1094C Mensing (CDU) 1095C Frühwald (FDP) . . . . . . . . 1096D Dr. Leuchtgens (DRP) 1098D Dr. Glasmeyer (Z) 1099C Bauknecht (CDU) . . . . . . . . 1100B Dr. von Merkatz (DP) 1101C Renner (KPD) (zut Geschäftsordnung) 1103D Dr. Schmid (SPD) (zur Geschäftsordnung . . . . . . . 1104B Nächste Sitzung 1104D Die Sitzung wird um 13 Uhr 40 Minuten durch den Präsidenten Dr. Köhler eröffnet.
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    Rede von Anton Storch


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Ausführungen des Herrn Bazille zwingen mich erneut, zu den Dingen Stellung zu nehmen, die wir schon bei der ersten Lesung behandelt haben. Er sagt, wir hätten illoyalerweise

    (Sehr richtig! bei der SPD)

    Mitteilungen, die wir vom Bundesrat bekommen hätten, hier nicht in unsere Erörterungen einbezogen. Hier - das ist jedem von Ihnen bekannt - liegen die Beschlüsse vor, die der Bundesrat zum Regierungsgesetzentwurf gefaßt hat. Da wird unter Punkt 1 eine unwesentliche Veränderung des § 1 Absatz 1 und unter Punkt 2 eine solche von § 1 Absatz 2 gefordert, und unter Punkt 3 schlägt der Bundesrat vor, die „Kleinstrenten" zu streichen, um eine Ersparnis von 20 Millionen D-Mark zu erzielen.

    (Hört! Hört!)

    Von irgendeinem Beschluß des Bundesrates, die Krankenversicherung der Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen in die Gesetzesvorlage aufzunehmen, ist der Regierung keine Mitteilung gemacht. Wenn man sich im Bundesrat über die Frage der Krankenversicherung der Kriegsopfer unterhalten und nachher der Antragsteller aus Bayern seinen Antrag zurückgezogen hat, weil man sich darüber einig geworden ist, daß man zumindest momentan, solange die Länder das Geld aufzubringen haben, die 28 Millionen Mark nicht aufbringen kann, dann ist das doch etwas


    (Bundesminister Storch)

    ganz anderes, als was der Abgeordnete Bazille hier vorgetragen hat.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sprechen heute nur über einen Teil der großen sozialen Probleme in Deutschland. Im nächsten Jahre oder schon in diesem Jahre werden Sie gezwungen sein, die Frage zu prüfen, wie man unsere Sozialversicherungsträger, ,die Rentenversicherungen gesund gestalten kann.

    (Zuruf des Abg. Renner.)

    Statt sich zu überlegen, daß der Staat zumindest
    die Verpflichtung hat, diesen Rentenversicherungsträgern einen Kapitaldienst für die verlorengegangenen 18 Milliarden Mark zu geben,
    kommen Sie her und stellen Anträge, die diese
    Versicherungsträger erneut belasten. So bleiben
    diese Versicherungsträger nicht mehr in der Lage,

    (Zurufe von der SPD: Warum schreien Sie so laut?)

    an die Invalidenrentenempfänger eine Durchschnittsrente von 60 Mark im Monat zu zahlen.

    (Erregte Zurufe von der SPD. — Glocke des Präsidenten.)

    Das sollten Sie bei allen sozialen Erwägungen letzten Endes auch berücksichtigen!

    (Lebhafter Beifall in der Mitte und rechts. — Erregte Gegenrufe von der SPD.)

    Es ist nichts erbärmlicher, als wenn man hier,

    (Glocke des Präsidenten)

    wo es sich um die Ärmsten der Armen handelt,

    (Glocke des Präsidenten. — Hört! Hört! bei der SPD. — Beifall bei .den Regierungsparteien. — Erregte Zurufe von der SPD: Unerhört! — Klappen mit Pultdeckeln bei der SPD. — Glocke des Präsidenten.)



Rede von Dr. Erich Köhler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

(Erregte Zurufe von der SPD: Unerhört! — Lärm.)

Meine Damen und Herren, ich bitte um Ruhe!
Herr Bundesarbeitsminister, ich darf Sie doch bitten, Anträge aus dem Hause nicht derartig zu kennzeichnen, wie Sie das eben getan haben.

(Beifall bei der SPD. — Zuruf links: Ist das alles für so was?)

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Renner. (Anhaltende Unruhe. — Zuruf von der SPD: Wir werden ähnlich antworten! — Zuruf von der Mitte: Man muß auch die Wahrheit sagen können! — Gegenruf von links: Das nennen Sie Wahrheit? Kasernenhof ist das! Zuruf
des Abg. Dr. Schumacher und weitere Zurufe
von der SPD.)

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Heinz Renner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (KPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)

    Der Stimmaufwand des Herrn Bundesarbeitsministers hat nur den einen Zweck, nämlich den, über die Tatsache hinwegzutäuschen, daß dieses Gesetz nicht einen Bruchteil dessen beinhaltet, was Vertreter der Regierung, Dienststellen desselben Bundesarbeitsministers vor Weihnachten und hinterher den Kriegsopfern in Aussicht gestellt haben.

    (Sehr richtig! links.)

    Daher dieser Stimmaufwand und daher diese
    überaus beklagenswerte Feststellung, daß eine
    Kritik an diesem Gesetz eine erbärmliche Handlung sei. Wenn hier etwas erbärmlich ist, dann ist es der Inhalt dieses Gesetzes.

    (Zustimmung links.)

    Dieses Gesetz ist nicht auf die ungeheure Not der Millionen von Kriegsopfern zugeschnitten, die draußen auf die Einlösung Ihrer Wahlzusage warten. „So sozial wie irgend möglich", hieß es doch einmal in diesem Hause.

    (Zuruf rechts: Auf dem „möglich" liegt der Ton!)

    Dieses Gesetz ist zugeschnitten auf den Bettelbetrag, auf dieses erbärmliche Almosen,

    (Zuruf von der Mitte: Doppelt soviel wie in der Ostzone!)

    das die Adenauer-Regierung für diesen Zweck von Anfang an zur Verfügung zu stellen bereit war: auf diese 80 Millionen Mark. Da mir nur zehn Minuten Redezeit zur Verfügung stehen, habe ich keine Möglichkeit, auf diese Geschichte mit den 80 Millionen Mark einzugehen.

    (Zuruf von der Mitte: Gott sei Dank!)

    Ich stelle folgendes fest. Der Antrag des Ausschusses für die Kriegsopfer, der nach zweimal — jedesmal verschiedenen — vorgelegten Zahlen eine Mehrbelastung von 203 Millionen Mark, über die 80 Millionen Mark hinaus, bringen sollte, st im Ausschuß von den Herren Vertretern der Koalitionsregierung angenommen worden. Es ist einfach nicht wahr, daß wir im Ausschuß nicht gewußt haben, daß die Vorschläge auf Grund der neuerarbeiteten Gedanken nicht mit 80 Millionen Mark zu finanzieren wären. Von Anfang an waren wir uns darüber klar — und so haben auch die CDU-Abgeordneten diskutiert —, daß man über die 80 Millionen Mark hinausgehen müsse. Ich will mich nicht näher über die Frage äußern, ob die von der Regierung angegebenen Zahlen stimmen. Ich setze mich nur mit der Darstellung auseinander, die hier von der Berichterstatterin, der Frau Abgeordneten Probst, gegeben worden ist, als ob das, was heute geschehen soll, nur eine sogenannte Übergangslösung sei. Das, was heute beschlossen werden soll, ist eine Präjudizierung im Hinblick auf das kommende Versorgungsgesetz. Es heißt hier: Wir sprechen die Erwartung aus, daß ab 1. April gewisse kleine Verbesserungen, die zahlenmäßig nicht einmal die Hälfte des Betrags von 200 Millionen Mark ausmachen, gegeben werden sollen. Was ist denn eigentlich los? Zuerst hieß es, die Regierung helfe mit einem Zuschuß über die Kalendermonate Januar bis März hinweg, damit die Länder diese höheren Leistungen finanzieren könnten. Dann hieß es, diese 80 Millionen Mark seien für das Kalenderjahr 1950 gedacht. Das hat kein geringerer als der Bundeskanzler selber, einer Delegation des Reichsbundes erklärt. Jetzt auf einmal hören wir, daß diese 80 Millionen Mark der Betrag seien, den die Bundesregierung für das Etatsjahr 1950 zu geben gewillt sei. Nur eine kleine Überlegung: Was dürfte es der Regierung darauf ankommen, jetzt einige Millionen Mark mit Wirkung vom 1. April mehr zu bewilligen, wenn sie angeblich die Absicht hat, das ganze Versorgungsgesetz ab 1. April sowieso in den Leistungen wesentlich zu verbessern?

    (Zuruf von der Mitte.)

    Bitte, geben Sie mir darauf einmal eine Antwort.
    Nein, ich wiederhole das, was ich bei der letzten
    Beratung dieses Themas hier gesagt habe: Diese


    (Renner)

    80 Millionen D-Mark sind und bleiben das, was die Adenauer-Regierung auch im neuen Gesetz den Kriegsopfern zu geben bereit ist.
    Und nun ein Wort zu der Theorie von dem Spatzen in der Hand, der besser sei als die Taube auf dem Dach. Wir leben geographisch gesehen in Nordrhein-Westfalen. Dort hat man es vorgestern deutlicher gesagt. Dort hat die CDU-Reaktion zusammen mit der FDP ein Gesetz beschlossen, das beinhaltet, daß die Pensionen der Wehrmachtbeamten über den bisherigen Betrag von 160 D-Mark pro Monat auf 280 D-Mark erhöht werden sollen,

    (Hört! Hört! bei der KPD)

    wobei ein Nebeneinkommen in derselben Höhe unbeachtet bleibt. Wir haben als Kommunisten hier ganz klar zum Ausdruck gebracht, daß wir keineswegs den Standpunkt vertreten, daß die gerechtfertigten Ansprüche der ehemaligen Wehrmachtbeamten nicht befriedigt werden sollen — im Maße des Erträglichen, wie wir es verantworten können. Aber was ist das für ein eigenartiger Widerspruch! Hier sagt man uns: Wir können keine Politik im luftleeren Raum machen. Das sagt uns auch der oppositionelle Staatspolitiker Bazille. Diese Ihre Einstellung müssen Sie draußen mit den Kriegsopfern ausmachen. Der Herr Staatsvertreter sagte: Man kann keine Politik im luftleeren Raum machen. Sind das Abgeordnete einer anderen CDU, die vorgestern in Düsseldorf diesen Beschluß gefaßt haben? Nein, sie haben aber eine andere Einstellung zu den Problemen. Bei den Wehrmachtbeamten da geht's in der Hauptsache um Generale, um Generalswitwen,

    (Lachen bei den Regierungsparteien)

    und für die haben Sie Geld übrig. Für die Kriegskrüppel, für die armen Witwen und Waisen haben Sie eben kein Geld übrig, da liegt der Hund begraben.

    (Unruhe und Zurufe von den Regierungsparteien.)

    Nun ein letztes Wort. Wir bringen heute noch einmal unseren ursprünglichen Antrag ein. Wir verlangen, was in der Zwischenzeit zweimal abgelehnt worden ist, noch einmal einen Zuschlag zu den derzeitigen Rentenbezügen in Höhe von 60 statt der vorgesehenen 20 Prozent.

    (Zuruf von der FDP: Warum nicht 100 Prozent?)

    — Warum nicht 100 Prozent? Weil wir Sie vor die Alternative stellen wollen, ein Überbrükkungsgesetz zu schaffen und nicht ein endgültiges Gesetz. Warum nicht 100 Prozent? Die Antwort will ich Ihnen geben. Diese Erhöhung liegt um 10 Prozent hinter der Erhöhung, die Sie vorgestern in Nordrhein-Westfalen für die Wehrmachtbeamten bewilligt haben,

    (Sehr gut! bei der KPD)

    und diese Erhöhung um 60 Prozent bedeutet, daß der 100prozentig Kriegsbeschädigte statt 100 D-Mark 160 D-Mark Rente pro Monat bekommt. Ist das eine propagandistische Forderung?

    (Zuruf von der KPD: Ist das das Existenzminimum?)

    — Ist das das Existenzminimum?, ganz recht. Wir bringen diesen Änderungsantrag, wie gesagt, erneut ein. Wir sind uns dessen sicher, daß er abgelehnt wird. In diesem Fall stimmen wir für den Abänderungsantrag der sozialdemokratischen
    Fraktion, der ja nichts anderes darstellt als das,
    was der Kriegsopferausschuß — ich wiederhole:
    einstimmig — vor wenigen Tagen beschlossen hat.
    Ein abschließendes Wort. Ich wiederhole noch einmal meine Mahnung an die Kriegsopfer draußen: sie müssen mit ihrer organisatorischen Zersplitterung Schluß machen. Sie müssen sich endlich darauf einstellen, daß eine ausreichende Versorgung der Kriegsopfer nur erzielt werden kann im Kampf gegen diese reaktionäre Adenauer-Regierung der Millionäre.

    (Beifall bei der KPD.)