Rede von
Heinz
Renner
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Meine Damen und Herren! Im Namen der kommunistischen Fraktion habe ich folgendes zu erklären. Auch wir billigen nicht den heute zu verabschiedenden Gesetzentwurf. Auch wir sehen in der Formulierung der Entschließung, nach der die Regierung ersucht werden soll, mit Wirkung vom 1. April gewisse Verbesserungen einzuführen, nichts anderes als einen faulen Wechsel auf die Zukunft. Wir sind der Auffassung - und ich spreche das noch einmal klar und eindeutig aus —, daß, wenn die Verbesserung der Kriegsopferversorgung von dem Willen dieser Regierung und dieser Koalitionsparteien abhängt, die Kriegsopfer mit keiner wesentlichen Verbesserung zu rechnen haben.
Es muß nach unserer Meinung auch etwas zu der Erklärung des Herrn Bundesfinanzministers gesagt werden. Der Herr Bundesfinanzminister hat sinngemäß erklärt: Wir nehmen eine Steuersenkung in der Höhe von 1 Milliarde DM vor. Er hat weiter sinngemäß gesagt: Der Sinn dieser Steuersenkung —die ja einem ganz bestimmten Kreis zugute kommt — soll der sein, über eine Thesaurierungspolitik am Ende des Rechnungsjahres 1950 auch bei gesenkten Steuersätzen höhere Steuereinnahmen zu bekommen, um dann die sozialen Verpflichtungen erfüllen zu können. Am Anfang der Regierungserklärung - darüber kann man nicht streiten — steht doch einmal ein Abbau von 1 Milliarde Steuereinnahmen.
Das andere ist Spekulation auf die Zukunft. Der Herr Bundesfinanzminister hätte meines Erachtens gut getan, bei dieser Gelegenheit einmal seine letzten Enthüllungen über die Pläne für den kommenden endgültigen Lastenausgleich bekanntzugeben.
— Ich rede hier von den Möglichkeiten finanzieller Natur, im neuen Jahr mehr zu tun als bisher. Am Ende des kommenden Rechnungsjahres werden Sie genau wie heute mit denselben Argumenten erklären, daß Sie bedauerlicherweise nicht in der Lage seien, im Sinne einer Verbesserung der sozialen Gesetzgebung und insbesondere der Kriegsopferversorgung etwas zu tun.
Und nun ein Wort an die Freunde von der SPD! Sie haben heute dreimal versichert, daß Sie keine Politik im luftleeren Raum machen wollen. Ich frage: liegen denn Ihre Anträge, was ihre Verwirklichungsmöglichkeit angeht, im luftleeren Raum? Haben Sie nicht selber mit Ihren Erklärungen den Beweis dafür geführt, daß die Verwirklichung Ihrer Anträge durchaus möglich wäre? Sie haben doch das Gegenteil dessen, was Sie hier angedeutet haben, behauptet. Ihre Formulierung, daß Sie es ablehnen, Politik im luftleeren Raum zu machen, ist nur eine Fortsetzung Ihrer systematischen Politik der Schonung dieser reaktionären Regierung.
Ich kann das im Spezialfall eindeutig beweisen. Warum — so frage ich Sie — hat Ihr Kollege Bazille vor Weihnachten in seiner Verbandszeitung dieses Kuckucksei als eine Erfüllung der wichtigsten Forderungen der Kriegsopfer hingestellt? Warum — so frage ich Sie — sperren Sie sich 'gegen die Einigung der Kriegsopfer? Warum, so frage ich Sie, bringen Sie die Kriegsopfer nicht auf den einzig wirkungsvollen Wieg, auf den Weg einer Kampforganisation gegen die Adenauer-Regierung? Das möchte ich ihnen sagen — das kann man den Kriegsopfern draußen nämlich nicht genug sagen —: wenn sie sich auf den faulen Zauber verlassen, den Sie ihnen hier vormachen, dann kriegen sie im kommenden Jahr nichts.