Protokoll:
16016

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 16

  • date_rangeSitzungsnummer: 16

  • date_rangeDatum: 9. Februar 2006

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: None Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 20:26 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 16/16 Antrag der Abgeordneten Brigitte Pothmer, Irmingard Schewe-Gerigk, Markus Kurth, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Ergeb- nisse der wissenschaftlichen Auswertung der Hartz-Gesetze I bis III konsequent um- setzen (Drucksache 16/547) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gerd Andres, Parl. Staatssekretär BMAS . . . . Dirk Niebel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ralf Brauksiepe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Katja Kipping (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Katja Mast (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: ERP-Vermögen ungeschmälert für Mittelstandsförderung erhalten (Drucksache 16/382) . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag der Abgeordneten Laurenz Meyer (Hamm), Ilse Aigner, Veronika Bellmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Dr. Rainer Wend, Christian Lange (Back- nang), Ludwig Stiegler, weiterer Abgeordne- ter und der Fraktion der SPD: Neue Impulse für den Mittelstand 1068 C 1068 C 1070 C 1073 A 1074 C 1076 B 1078 B 1088 C Deutscher B Stenografisch 16. Sitz Berlin, Donnerstag, de I n h a l Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeord- neten Karl Diller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- nung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Absetzung des Tagesordnungspunktes 10 b . . Tagesordnungspunkt 3: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht 2005 der Bundesregierung zur Wirksamkeit moderner Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (Drucksache 16/505) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 1: W K E T a b 1067 A 1067 A 1068 B 1068 C Stefan Müller (Erlangen) (CDU/CSU) . . . . . . Werner Dreibus (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 1079 C 1081 B undestag er Bericht ung n 9. Februar 2006 t : olfgang Meckelburg (CDU/CSU) . . . . . . . . laus Brandner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . ckhardt Rehberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Dirk Niebel (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Katja Kipping (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 4: ) Antrag der Abgeordneten Rainer Brüderle, Paul K. Friedhoff, Dr. Karl Addicks, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Unternehmen statt Unterlassen – Vorfahrt für den Mittel- stand (Drucksache 16/562) . . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Martin Zeil, 1082 A 1083 C 1086 A 1086 D 1087 B 1088 B (Drucksache 16/557) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit 1088 C II Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 16. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. Februar 2006 Zusatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Abgeordneten Hans Josef Fell, Matthias Berninger, Anja Hajduk, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN: ERP-Sonder- vermögen in seiner Vermögenssubstanz er- halten (Drucksache 16/548) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rainer Brüderle (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Laurenz Meyer (Hamm) (CDU/CSU) . . . . . . Dr. Guido Westerwelle (FDP) . . . . . . . . . . Rainer Brüderle (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Sabine Zimmermann (DIE LINKE) . . . . . . . . Christian Lange (Backnang) (SPD) . . . . . . . . Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Otto Bernhardt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Hermann Otto Solms (FDP) . . . . . . . . Rainer Brüderle (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Diether Dehm (DIE LINKE) . . . . . . . . Paul K. Friedhoff (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . Andrea Wicklein (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Herbert Schui (DIE LINKE) . . . . . . . . . . Hans Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Franz Obermeier (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Reinhard Schultz (Everswinkel) (SPD) . . . . . Dr. Guido Westerwelle (FDP) . . . . . . . . . . . . Dr. Martina Krogmann (CDU/CSU) . . . . . . . Andreas G. Lämmel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Dr. Rainer Wend (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 5: a) Beirat für Fragen des Zugangs zur Eisenbahninfrastruktur (Eisenbahnin- frastrukturbeirat) (Drucksache 16/538) . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beirat bei der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen (Drucksache 16/539) . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Kuratorium der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ (Drucksache 16/540) . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 20: Antrag der Abgeordneten Dr. Jürgen Gehb, Dr. Günter Krings, Günter Baumann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU s D t S S ( T a b Z A d r E a O I D F I D K E M A M G K 1088 D 1088 D 1090 A 1090 C 1091 C 1092 D 1094 B 1096 B 1097 B 1098 A 1099 A 1099 D 1100 A 1101 C 1102 D 1103 D 1104 D 1106 B 1108 A 1108 B 1108 D 1109 A 1110 A 1110 A 1110 B owie der Abgeordneten Joachim Stünker, r. Peter Danckert, Klaus Uwe Benneter, wei- erer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: peicherung mit Augenmaß – Effektive trafverfolgung und Grundrechtswahrung Drucksache 16/545) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 21: ) – Zweite Beratung und Schlussabstim- mung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Protokoll vom 22. Oktober 1996 zum Übereinkom- men Nr. 147 der Internationalen Ar- beitsorganisation über Mindestnor- men auf Handelsschiffen (Drucksachen 16/151, 16/475) . . . . . . – Zweite Beratung und Schlussabstim- mung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zu dem Übereinkommen Nr. 180 der Internationalen Arbeitsorgani- sation vom 22. Oktober 1996 über die Arbeitszeit der Seeleute und die Besatzungsstärke der Schiffe (Drucksachen 16/152, 16/475) . . . . . . ) Antrag der Bundesregierung: Ausnahme von dem Verbot der Zugehörigkeit zu einem Aufsichtsrat für Mitglieder der Bundesregierung (Drucksache 16/524) . . . . . . . . . . . . . . . . usatztagesordnungspunkt 4: ktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion er LINKEN: Haltung der Bundesregie- ung zu den sozialen Auswirkungen der rhöhung des gesetzlichen Renteneintritts- lters skar Lafontaine (DIE LINKE) . . . . . . . . . . lse Falk (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Heinrich L. Kolb (FDP) . . . . . . . . . . . . . . ranz Müntefering, Bundesminister BMAS rmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Ralf Brauksiepe (CDU/CSU) . . . . . . . . . . laus Ernst (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . lke Ferner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ax Straubinger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . nton Schaaf (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . arco Wanderwitz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . abriele Hiller-Ohm (SPD) . . . . . . . . . . . . . . laus Brandner (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1110 B 1110 C 1110 C 1111 A 1111 B 1112 D 1113 D 1115 A 1116 D 1117 D 1119 A 1120 C 1121 C 1122 C 1123 D 1125 A 1125 D Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 16. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. Februar 2006 III Tagesordnungspunkt 16: a) Antrag der Abgeordneten Erich G. Fritz, Laurenz Meyer (Hamm), Dr. Christian Ruck, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abge- ordneten Dr. Ditmar Staffelt, Dr. Sascha Raabe, Dr. Rainer Wend, weiterer Abge- ordneter und der Fraktion der SPD: Erfolgreichen Abschluss der laufenden Doha-Welthandelsrunde bis Ende 2006 sicherstellen (Drucksache 16/556) . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Gudrun Kopp, Hellmut Königshaus, Hans-Michael Goldmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Multilaterales Han- delssystem retten – WTO stärken (Drucksache 16/564) . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Antrag der Abgeordneten Ulla Lötzer, Hüseyin-Kenan Aydin, Heike Hänsel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der LINKEN: WTO-Liberalisierungs- runde stoppen (Drucksache 16/449) . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technolo- gie zu dem Antrag der Abgeordneten Cornelia Behm, Dr. Thea Dückert, Bärbel Höhn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Hongkong als Zwischen- schritt einer fairen und entwicklungs- orientierten Welthandelsrunde (Drucksachen 16/86, 16/572) . . . . . . . . . . Erich G. Fritz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Gudrun Kopp (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Ditmar Staffelt (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Hüseyin-Kenan Aydin (DIE LINKE) . . . . . . . Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Hellmut Königshaus (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Dr. Sascha Raabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Erich G. Fritz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 7: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Sondergutachten des Rates von Sachver- ständigen für Umweltfragen: Umwelt und Straßenverkehr – Hohe Mobilität – Um- weltverträglicher Verkehr (Drucksache 15/5900) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Müller, Parl. Staatssekretär BMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Horst Meierhofer (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . J L W M T E K z g ( F D D D B T E C w R s r E b ( A S S P W A T a i 1126 D 1127 A 1127 A 1127 A 1127 B 1128 B 1129 A 1130 D 1132 A 1133 B 1134 C 1135 B 1137 B 1138 C 1138 C 1139 C ens Koeppen (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . utz Heilmann (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . infried Hermann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . artin Burkert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 8: rste Beratung des von der Fraktion der LIN- EN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes ur Änderung des Fünften Buches Sozial- esetzbuch Drucksache 16/451) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . rank Spieth (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . r. Rolf Koschorrek (CDU/CSU) . . . . . . . . . etlef Parr (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Carola Reimann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . irgitt Bender (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 9: rste Beratung des von den Fraktionen der DU/CSU und der SPD eingebrachten Ent- urfs eines Gesetzes zur Umsetzung des ahmenbeschlusses über den Europäi- chen Haftbefehl und die Übergabeverfah- en zwischen den Mitgliedstaaten der uropäischen Union (Europäisches Haft- efehlsgesetz – EuHbG) Drucksache 16/544) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . lfred Hartenbach, Parl. Staatssekretär BMJ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . abine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . iegfried Kauder (Villingen-Schwenningen) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . etra Pau (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . . . . olfgang Wieland (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . xel Schäfer (Bochum) (SPD) . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 10: ) Antrag der Abgeordneten Wolfgang Wieland, Volker Beck (Köln), Jerzy Montag, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Keine Bundeswehr vor öf- fentlichen Gebäuden und Stadien für die Fußballweltmeisterschaft 2006 (Drucksache 16/359) . . . . . . . . . . . . . . . . n Verbindung mit 1141 B 1142 D 1143 C 1144 D 1146 A 1146 A 1147 A 1148 D 1150 A 1151 B 1152 B 1152 B 1153 C 1154 D 1156 D 1157 C 1158 D 1160 A IV Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 16. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. Februar 2006 Zusatztagesordnungspunkt 5: Antrag der Abgeordneten Gisela Piltz, Dr. Max Stadler, Birgit Homburger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Kein zusätzlicher Bundeswehreinsatz im Inneren – die Polizei kann durch die Bun- deswehr nicht ersetzt werden (Drucksache 16/563) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Clemens Binninger (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Birgit Homburger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Wolfgang Gunkel (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE) . . . . . . . . . Gabriele Fograscher (SPD) . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 11: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Tierschutzbericht 2005 (Drucksache 15/5405) . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 6: Antrag der Abgeordneten Undine Kurth (Quedlinburg), Bärbel Höhn, Ulrike Höfken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Tier- schutzpolitik energisch fortführen und wei- terentwickeln (Drucksache 16/550) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 7: Antrag der Abgeordneten Undine Kurth (Quedlinburg), Bärbel Höhn, Ulrike Höfken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: EU-Kom- mission muss nationale Tierschutzbemü- hungen respektieren (Drucksache 16/549) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gerd Müller, Parl. Staatssekretär BMELV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hans-Michael Goldmann (FDP) . . . . . . . . . . Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD) . . . . . . . . . . . . Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . Undine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Peter Jahr (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Gerhard Botz (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . T A A t K ( M A E F D T E C w V r g t ( F H M D I T E J W u G s t d l ( J R D R S N A L 1160 A 1160 B 1161 B 1163 A 1164 C 1166 A 1167 A 1168 A 1168 A 1168 B 1168 B 1169 B 1170 C 1171 C 1172 B 1173 C 1174 D agesordnungspunkt 12: ntrag der Abgeordneten Michael Kauch, ngelika Brunkhorst, Horst Meierhofer, wei- erer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: limaschutz-Offensive 2006 Drucksache 16/242) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ichael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . ndreas Jung (Konstanz) (CDU/CSU) . . . . . va Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . rank Schwabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Reinhard Loske (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 13: rste Beratung des von den Fraktionen der DU/CSU und der SPD eingebrachten Ent- urfs eines Gesetzes zur Änderung von orschriften des Sozialen Entschädigungs- echts und des Gesetzes über einen Aus- leich von Dienstbeschädigungen im Bei- rittsgebiet Drucksache 16/444) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ranz Thönnes, Parl. Staatssekretär BMAS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . einz-Peter Haustein (FDP) . . . . . . . . . . . . . aria Michalk (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . r. Martina Bunge (DIE LINKE) . . . . . . . . . rmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 14: rste Beratung des von den Abgeordneten osef Philip Winkler, Volker Beck (Köln), olfgang Wieland, weiteren Abgeordneten nd der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE RÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Ge- etzes zur Verbesserung der sozialen Situa- ion von Ausländerinnen und Ausländern, ie ohne Aufenthaltsstatus in Deutschland eben Drucksache 16/445) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . osef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . einhard Grindel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . r. Max Stadler (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . üdiger Veit (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . evim Dagdelen (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . ächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage iste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 1175 C 1175 C 1176 C 1178 A 1178 D 1180 C 1181 D 1182 A 1182 D 1183 D 1185 B 1186 A 1187 A 1187 B 1188 B 1190 B 1191 B 1193 B 1194 C 1195 A Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 16. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. Februar 2006 1067 (A) ) (B) ) 16. Sitz Berlin, Donnerstag, de Beginn: 9.0
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    Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 16. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 9. Februar 2006 1195 (A) (C) (B) ) Anlage zum Stenografischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Andreae, Kerstin BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 09.02.2006 Brase, Willi SPD 09.02.2006 Dr. Däubler-Gmelin, Herta SPD 09.02.2006 Eichel, Hans SPD 09.02.2006 Gabriel, Sigmar SPD 09.02.2006 Dr. Geisen, Edmund FDP 09.02.2006 Hilsberg, Stephan SPD 09.02.2006 Hintze, Peter CDU/CSU 09.02.2006 Kolbe, Manfred CDU/CSU 09.02.2006 Laurischk, Sibylle FDP 09.02.2006 Lötzer, Ulla DIE LINKE 09.02.2006 Möller, Kornelia DIE LINKE 09.02.2006 Müller (Köln), Kerstin BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 09.02.2006 Dr. Paziorek, Peter CDU/CSU 09.02.2006 Rauen, Peter CDU/CSU 09.02.2006 Schmidt (Nürnberg), Renate SPD 09.02.2006 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Höger-Neuling, Inge DIE LINKE 09.02.2006 Jelpke, Ulla DIE LINKE 09.02.2006 Dr. Jung, Franz Josef CDU/CSU 09.02.2006 von Klaeden, Eckart CDU/CSU 09.02.2006 S D D (D chneider (Erfurt), Carsten SPD 09.02.2006 r. Schwanholz, Martin SPD 09.02.2006 r. Tabillion, Rainer SPD 09.02.2006 16. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 9. Februar 2006 Inhalt: Redetext Anlage zum Stenografischen Bericht Anlage
Gesamtes Protokol
Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601600000

Die Sitzung ist eröffnet. Ich begrüße Sie herzlich.

Der Kollege Karl Diller hat am 27. Januar seinen
65. Geburtstag gefeiert.


(Beifall – Volker Kauder [CDU/CSU]: Oh! Zwei Jahre hat er dann ja noch! – Heiterkeit)


Herr Kollege Diller, Herr Staatssekretär, im Namen des
ganzen Hauses gratuliere ich Ihnen zu Ihrem Geburtstag
nachträglich sehr herzlich. Alles Gute!

Interfraktionell ist vereinbart worden, die verbundene
Tagesordnung um die in der Zusatzpunktliste aufge-
führten Punkte zu erweitern:

ZP 1 Beratung des Antrags der Abgeordneten Brigitte Pothmer,
Irmingard Schewe-Gerigk, Markus Kurth, weiterer Abgeord-
neter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN:
Ergebnisse der wissenschaftlichen Auswertung der Hartz-
Gesetze I bis III konsequent umsetzen
– Drucksache 16/547 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für Tourismus

Redet
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

ZP2 Beratung des Antrags der Abgeordneten Laurenz Meyer

(Hamm), Ilse Aigner, Veronika Bellmann, weiterer Abgeord-

neter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordne-
ten Dr. Rainer Wend, Christian Lange (Backnang), Ludwig
Stiegler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD:
Neue Impulse für den Mittelstand
– Drucksache 16/557 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Auswärtiger Ausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklun
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung

(C (D ung n 9. Februar 2006 0 Uhr Ausschuss für Tourismus Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Haushaltsausschuss ZP 3 Beratung des Antrags der Abgeordneten Hans Josef Fell, Matthias Berninger, Anja Hajduk, Christine Scheel, Dr. Gerhard Schick, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: ERP-Sondervermögen in seiner Vermögenssubstanz erhalten – Drucksache 16/548 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Finanzausschuss Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung ZP 4 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der LINKEN: Haltung der Bundesregierung zu den sozialen Auswirkungen der Erhöhung des gesetzlichen Renteneintrittsalters ZP 5 Beratung des Antrags der Abgeordneten Gisela Piltz, Dr. Max Stadler, Birgit Homburger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Kein zusätzlicher Bundeswehreinsatz im Inneren – die Polizei kann durch die Bundeswehr nicht ersetzt werden – Drucksache 16/563 – Überweisungsvorschlag: Innenausschuss Rechtsausschuss Verteidigungsausschuss ZP 6 Beratung des Antrags der Abgeordneten Undine Kurth (Qued ext linburg)

Kuhn und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ-
NEN: Tierschutzpolitik energisch fortführen und weiter-
entwickeln
– Drucksache 16/550 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung


(Quedärbel Höhn, Ulrike Höfken, weiterer Abgeordneter aktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: EUon muss nationale Tierschutzbemühungen res che 16/549 – g linburg)

und der Fr
Kommissi
pektieren
– Drucksa






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

ZP 8 Beratung des Antrags der Abgeordneten Winfried Hermann,
Peter Hettlich, Cornelia Behm, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Den Schutz
der Anwohner vor Fluglärm wirksam verbessern

– Drucksache 16/551 –

Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

ZP 9 Beratung des Antrags der Abgeordneten Ekin Deligöz, Volker
Beck (Köln), Grietje Bettin, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Leben und
Arbeiten mit Kindern möglich machen

– Drucksache 16/552 –

Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung

ZP 10 Beratung des Antrags der Abgeordneten Jörg van Essen,
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Michael Kauch, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Gleiche Rechte,
gleiche Pflichten – Benachteiligungen von Lebenspartner-
schaften abbauen

– Drucksache 16/565 –

Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

ZP 11 Beratung des Antrags der Abgeordneten Winfried Hermann,
Peter Hettlich, Dr. Anton Hofreiter und der Fraktion des
BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Bestandssanierung der
Verkehrsinfrastruktur ausweiten und effektive Sanie-
rungsstrategie vorlegen

– Drucksache 16/553 –

Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f)

Haushaltsausschuss

ZP 12 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion des BÜNDNIS-
SES 90/DIE GRÜNEN: Beitrag der deutschen Politik zur
Deeskalation des Konfliktes um den Karikaturenstreit

Die Tagesordnungspunkte 6 – Berufliche Bildung –
und 16 – Welthandelskonferenz – sollen getauscht wer-
den.

Außerdem ist vorgesehen, den Tagesordnungs-
punkt 10 b abzusetzen.

Von der Frist für den Beginn der Beratungen soll – so-
weit erforderlich – abgewichen werden. Sind Sie mit
diesen Vereinbarungen einverstanden? – Ich höre keinen
Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 3 sowie Zusatz-
punkt 1 auf:

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(C (D 3 Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht 2005 der Bundesregierung zur Wirksamkeit moderner Dienstleistungen am Arbeitsmarkt – Drucksache 16/505 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Arbeit und Soziales Finanzausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Ausschuss für Tourismus Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union P 1 Beratung des Antrags der Abgeordneten Brigitte Pothmer, Irmingard Schewe-Gerigk, Markus Kurth, weiterer Abgeordneter und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN Ergebnisse der wissenschaftlichen Auswertung der Hartz-Gesetze I bis III konsequent umsetzen – Drucksache 16/547 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Arbeit und Soziales Finanzausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Ausschuss für Tourismus Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für ie Aussprache eineinhalb Stunden vorgesehen. – Ich öre dazu keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlosen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat für die Bunesregierung Herr Parlamentarischer Staatssekretär Gerd ndres. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


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Dr. h.c. Gerd Andres (SPD):
Rede ID: ID1601600100

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Die derzeitige Situation auf dem Arbeitsmarkt
uss für uns alle vor allem Ansporn sein, mehr Men-

chen die Chance auf Arbeit zu geben. Dazu sind wir
ntschlossen. Mit den Hartz-Gesetzen der Agenda 2010
ind bereits weit reichende Reformen im Bereich der Ar-
eitsmarktpolitik umgesetzt worden. Ihr Ziel ist es, ver-
rustete und ineffiziente Strukturen aufzubrechen: weg
on der Verwaltung von Arbeitslosigkeit hin zur ent-
chlossenen und schnellen Vermittlung in Arbeit. Wir
ollen aktivieren statt alimentieren und die Arbeits-
arktreformen zum Erfolg führen. Die Bundesregierung
ird prüfen, was funktioniert, und ändern, was nicht

unktioniert.

Dazu dient der Zwischenbericht zur Evaluation der
rsten drei Gesetze für moderne Dienstleistungen am






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Gerd Andres
Arbeitsmarkt, den die Bundesregierung nun vorgelegt
hat. Er folgt der Aufforderung des Bundestages vom
14. November 2002, die Wirkung der Hartz-Gesetze zu
evaluieren. Gegenstand ist zunächst die Evaluation der
Hartz-Gesetze I bis III. Die Grundsicherung für Arbeit-
suchende, Hartz IV, ist erst später in Kraft getreten; die
Ergebnisse dieser Evaluation folgen frühestens Ende
2006.

Die ersten beiden Gesetze für moderne Dienstleistun-
gen am Arbeitsmarkt enthalten eine Neuausrichtung al-
ler zentralen Instrumente der aktiven Arbeitsmarktpoli-
tik. Außerdem tragen sie zur Flexibilisierung der
Zeitarbeitsbranche bei und regeln die geringfügige Be-
schäftigung neu. So wurden in Hartz II die Mini- und
Midijobs erweitert und der Existenzgründungszuschuss,
die so genannte Ich-AG, eingeführt. Beide Gesetze tra-
ten am 1. Januar 2003 in Kraft, einzelne Instrumente erst
im Frühjahr 2003.

Das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am
Arbeitsmarkt mit Wirkung ab 1. Januar 2004 steuert die
Neuorganisation der Bundesagentur für Arbeit hin zu
mehr Kundenorientierung und Vermittlung sowie zu ei-
ner Erhöhung von Effektivität, Effizienz und Transpa-
renz der Abläufe in der Agentur.

Der vorgelegte Evaluationsbericht ist Ausdruck eines
selbstkritischen und zielorientierten Politikstils. Im Mit-
telpunkt steht dabei das Interesse der Betroffenen an ei-
ner Steigerung ihrer Beschäftigungsfähigkeit und Auto-
nomie. Daran müssen sich alle arbeitsmarktpolitischen
Strategien messen lassen. Wir lassen damit erstmals in
diesem Umfang begleitend die faktische Wirkung der
Arbeitsmarktpolitik untersuchen.

Was jetzt vorliegt, ist ein Zwischenfazit. Der Bericht
hat aufgrund des noch zu kurzen Beobachtungszeitraums
den Charakter einer ersten Bestandsaufnahme. Er ba-
siert auf Erkenntnissen, die über Mitte 2005 nicht hi-
nausgehen, weil ein Teil der von den Instituten zu erstel-
lenden Gutachten im Juli des vergangenen Jahres
abgeliefert wurde. Seitdem wurde eine Reihe von Wei-
terentwicklungen und Änderungen insbesondere bei der
Umgestaltung der Bundesagentur vorgenommen. Einige
Regelungen, die sich als nicht wirksam erwiesen, wur-
den bereits modifiziert. Wir stehen also mitten in der
Umsetzung. Auf der Basis des Endberichtes, der bis
Ende 2006 vorzulegen ist, werden wir im nächsten Jahr,
wie in der Koalitionsvereinbarung vorgesehen, gesetzge-
berische Konsequenzen für eine Neuausrichtung und
Bündelung der aktiven Arbeitsmarktpolitik ziehen; aber
einiges optimieren wir schon jetzt.

Die vorliegenden Zwischenergebnisse enthalten Kri-
tik, aber auch Zustimmung. Eine ganz wichtige Nach-
richt ist, wie ich finde: Der Umbau der Arbeitsverwal-
tung ist auf einem guten Weg. Die Dienstleistungen der
Agentur unterliegen jetzt einer konsequenten Steuerung
und Kontrolle und erfolgen kostenbewusst. Bereits im
letzten Jahr hat die Bundesagentur für Arbeit einen fast
ausgeglichenen Haushalt vorgelegt. Diese Entwicklung
eröffnet die Möglichkeit, ab 2007 den Beitrag zur Ar-
beitslosenversicherung zu senken und so ein Signal für
mehr Beschäftigung zu setzen.

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(C (D Einige wichtige arbeitsmarktpolitische Instrumente aben sich als erfolgreich erwiesen. Hierzu gehören die ingliederungszuschüsse an Arbeitgeber, die Existenzründungsförderung mit dem Überbrückungsgeld und em Existenzgründungszuschuss – der so genannten IchG – sowie die Förderung der beruflichen Weiterbilung. Sie unterstützen eine schnellere Eingliederung in rwerbstätigkeit. Auch die Beauftragung von Trägern it Eingliederungsmaßnahmen erweist sich als erfolg eich. Die Reformen der Miniund der Midijobs haben die irtschaftlichen Rahmenbedingungen durch ein Mehr an lexibilität für die Unternehmen und die Beschäftigten erbessert: Beschäftigte können Beruf und Familie beser vereinbaren, Unternehmen können Auftragsspitzen bfedern. Bis Mitte 2005 gab es 1,8 Millionen zusätzlihe geringfügig Beschäftigte. Zwar – auch das weist der ericht aus – wurden damit so gut wie keine Übergänge n voll sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ereicht. Aber es gibt ganz deutliche Hinweise darauf, dass chwarzarbeit über dieses Instrument legalisiert wurde. Arbeitslose benötigen eine dauerhafte und existenzsihernde Perspektive am Arbeitsmarkt. Deshalb ist es erreulich, dass bis Mitte 2004 mit dem neuen Instrument zw. der neuen Regelung der so genannten Midijobs der Beschäftigung für zwischen 400 und 800 Euro – 25 000 sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverältnisse gesichert bzw. geschaffen wurden. Bei anderen Instrumenten zeigt sich, dass das Einglieerungsziel nicht oder nur ungenügend erreicht wurde. o konnten Integrationswirkungen der Beauftragung ritter mit der Vermittlung und durch das Instrument der ermittlungsgutscheine bislang nicht festgestellt weren. Personal-Service-Agenturen verschlechtern im chnitt sogar die Chance auf Integration. Weil einzelne SA durchaus erfolgreich agieren, überlassen wir die ntscheidung über die Weiterführung künftig den regioalen Akteuren. Dass Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen die Eingliedeung in den ersten Arbeitsmarkt selten unterstützen, war or der Evaluation bekannt. Der Bericht hat das bestäigt. Deshalb sind ABM bereits in der Vergangenheit auf genturbezirke mit sehr schwierigen regionalen Arbeitsärkten konzentriert worden. Generell sollten sie stark arktbenachteiligten Arbeitslosen vorbehalten bleiben. Meine sehr verehrten Damen und Herren, unterchiedliche Reformelemente zielen auf eine verbesserte ingliederung älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitehmer in Erwerbstätigkeit. Bislang blieben hier Erfolge us. Die Evaluation hat gezeigt: Diese Instrumente sind och wenig bekannt. Die Bundesregierung wird die Antrengungen zur Integration älterer Arbeitsloser in en Arbeitsmarkt noch einmal deutlich verstärken. Das st auch das Ziel der geplanten Initiative „50 plus“. Wir wollen die Reformen zum Erfolg führen. Dazu üssen die vorhandenen Mittel so effektiv und effizient ie möglich eingesetzt werden. Wo Maßnahmen und örderinstrumente sich als unwirksam erwiesen haben Parl. Staatssekretär Gerd Andres oder nicht mehr überschaubar sind, werden wir entsprechend handeln. – Danke für den Zwischenruf. – Bei einigen Instrumenten ist dies bereits geschehen. So ist, wie bereits gesagt, die Verpflichtung, in jedem Agenturbezirk eine Personal-Service-Agentur einzurichten, abgeschafft worden. ABM wurden deutlich zurückgefahren. Die Zusammenführung von Überbrückungsgeld und Existenzgründungszuschuss – der so genannten Ich-AG –, erfolgreiche Instrumente, die aber einfacher gestaltet werden können, soll schon Mitte 2006 erfolgen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will noch einmal betonen: Wir sind gut beraten, auf die Ergebnisse des Endberichtes 2006 zu warten. Auf dieser Basis werden wir weitergehende Entscheidungen für eine Neuausrichtung und Bündelung der aktiven Arbeitsmarktpolitik treffen. Die systematische Überprüfung der Wirksamkeit arbeitsmarktpolitischer Gesetze, wie sie jetzt stattfindet, ist in Deutschland einzigartig. Sie ist Ausdruck einer transparenten und rationalen Politik. Wir wollen dazulernen. Wir wollen damit aber auch Vorbild für andere Politikfelder sein. Wir setzen in diesem Zusammenhang auf eine faire Debatte. Dazu gehört, die differenzierten Untersuchungsergebnisse zur Kenntnis zu nehmen, sie entsprechend zu kommunizieren und darüber zu diskutieren. Der größte Klopfer, den ich in diesem Zusammenhang wahrgenommen habe, war die Berichterstattung einer großen überregionalen Zeitung, die dem erlauchten Leserkreis mitteilte, die Evaluation dieser drei Gesetze beweise, dass Hartz IV gescheitert sei. Dass die ganze Evaluation mit Hartz IV überhaupt nichts zu tun hat, ist dem beteiligten Journalisten offensichtlich nicht aufgefallen. Es geht also um eine differenzierte Debatte. Es geht darum, zur Kenntnis zu nehmen, was ist und welche Wirkungen das, was wir getan haben, entfaltet. Zugleich ist die begrenzte Reichweite der Arbeitsmarktpolitik zu beachten. Die Arbeitsmarktpolitik der Bundesagentur für Arbeit unterstützt die Ausgleichsprozesse auf dem Arbeitsmarkt. Sie fördert die berufliche Wiedereingliederung der Arbeitslosen. Sie kann aber nur begrenzt die Schaffung von Arbeitsplätzen bewirken. Die Lösung der Probleme auf dem deutschen Arbeitsmarkt ist und bleibt eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Unternehmen und Gewerkschaften sind mindestens so gefordert wie die Politik. In der Politik betrifft das die Finanz-, Wirtschaftsund Sozialpolitik insgesamt. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Ziel gilt: Wir wollen Politik für mehr Arbeit machen, mit Initiativen für mehr Wachstum, mit Investitionen in die Zukunft und mit der Fortführung der Arbeitsmarktreformen. Die Evaluation der Wirklichkeit unserer Arbeitsmarktpolitik ist hierfür eine wichtige Orientierung. Stochern im Nebel oder die Behauptung, dieses oder jenes w t d l g m d F H l r s d W m d J 5 d 1 f d d D a g R m a z g d w z i a f s G l (C (D irke so oder so, können wir uns im Interesse der Beroffenen nicht leisten. Deshalb hat die Bundesregierung iesen Zwischenbericht vorgelegt. Deshalb sind das Parament und die entsprechenden Ausschüsse herzlich eineladen, die Wirksamkeit dessen, was wir in der Arbeitsarktpolitik tun, offen, fair und nach Kenntnisnahme er Realitäten zu diskutieren. Herzlichen Dank. Das Wort hat nun der Kollege Dirk Niebel, FDP raktion. Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und erren! Man kann sich manchmal schon die Frage stelen, ob die grundlegende, umfassende Arbeitsmarkteform, durch die die Arbeitslosigkeit in Deutschland ignifikant gesenkt werden sollte, überhaupt stattgefunen hat. (Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Die Frage ist berechtigt!)





(A) )


(B) )


(Dirk Niebel [FDP]: Jetzt!)


(Dirk Niebel [FDP]: Sie sind so klasse!)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601600200

(Beifall bei der FDP)

Dr. h.c. Dirk Niebel (FDP):
Rede ID: ID1601600300

enn man dem Herrn Staatssekretär zugehört hat, kann
an sich mit einem gewissen Maß an Berechtigung

urchaus auch die Frage stellen, warum wir im letzten
ahr überhaupt gewählt haben, wo doch alles so gut ist.

Im letzten Monat wurden tatsächlich wieder über
Millionen Arbeitslose registriert. Wir alle wissen doch,
ass diejenigen, die eine Ich-AG betreiben, die einen
-Euro-Job haben oder die sich in einer Arbeitsbeschaf-
ungs-, Trainings- oder Bildungsmaßnahme befinden, in
ieser Statistik nicht registriert worden sind. Das heißt,
as tatsächliche Ausmaß der Unterbeschäftigung in
eutschland spielt sich bei 6 bis 7 Millionen Menschen

b. Trotzdem tut der Herr Staatssekretär so, als ob alles
ut sei.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Leider wahr!)


Peter Hartz ist im August 2002 mit der Leitung einer
eformkommission beauftragt worden. Die Freien De-
okraten sind der festen Überzeugung, dass die Idee,

uch die Instrumente des Arbeitsmarktausgleiches neu
u gestalten und zu überprüfen, grundsätzlich vernünftig
ewesen ist. Erinnern wir uns doch einmal daran, dass
ie alte Bundesregierung im August 2002 nach einem
irklich schönen Aufzug am Gendarmenmarkt im Fran-

ösischen Dom zelebriert hat, dass die Arbeitslosigkeit
n zwei Jahren halbiert werden wird. Das muss man bitte
uch einmal mit den heutigen Zahlen vergleichen dür-
en.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Der alte BA-Vorstand hat noch Anfang des Jahres ge-
agt: Die Wahrscheinlichkeit, dass die 5-Millionen-
renze in diesem Winter überschritten wird, liegt deut-

ich unter 50 Prozent. – Nachdem Schwarz-Rot Ende






(A) )



(B) )


Dirk Niebel
letzten Jahres noch die Frühverrentungsregelung für
Arbeitslose verlängert hat, hat er wahrscheinlich damit
gerechnet, dass das wirkt; denn über 400 000 ältere Ar-
beitslose tauchen in der Statistik nicht auf. Lassen Sie
uns doch endlich einmal damit aufhören, die Statistik zu
verkleistern! Lassen Sie uns das tun, was wir im Wahl-
kampf gefordert haben, nämlich beim Beschreiben des
Ausmaßes der Unterbeschäftigung in Deutschland ehr-
lich sein.


(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE])


Der vorliegende Bericht ist eine Dokumentation des
Misserfolges rot-grüner Arbeitsmarktpolitik. Die Bun-
desregierung will aber keine Konsequenzen daraus zie-
hen.


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: So ist das!)


Sie sagt: Wir warten mal ab, bis der Abschlussbericht
Ende des Jahres vorgelegt wird. – Sie wollen die Gelder
der Beitragszahler ein ganzes Jahr lang für Maßnahmen,
bei denen schon heute klar erkennbar ist, dass sie nicht
zur Integration in den Arbeitsmarkt beitragen, weiter
verschleudern. Das ist unverantwortlich. Das ist eine
Politik der ruhigen Hand und die ruhige Hand haben Sie
doch eigentlich abgelöst.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Schauen wir uns die einzelnen Instrumente an:

Völlig zu Recht loben Sie die Möglichkeit der Inte-
gration von Arbeitslosen als selbstständige Unter-
nehmer. Das Überbrückungsgeld wurde von Ihrem
früheren Arbeitsminister Wolfgang Clement immer als
ein Bestandteil der Hartz-Reform bezeichnet. Das Über-
brückungsgeld gibt es aber schon seit 1986, also seit
20 Jahren. Seitdem funktioniert es gut.

Sie haben die Ich-AG eingeführt. Bei diesem Instru-
ment konnte man sich hinstellen und sagen: Ich mache
mich selbstständig. – Dies war auch ohne Geschäftsidee,
Kostenplan und Kalkulation möglich. Dieses Instrument
ist erst auf dem Weg zum Erfolg, seitdem hier die Krite-
rien eingeführt worden sind, die beim Überbrückungs-
geld schon seit 20 Jahren gelten, seitdem man also eine
Vorstellung davon haben muss, ob ein Unternehmen
überhaupt tragfähig ist. Deswegen ist es richtig, diese
beiden Förderinstrumente zusammenzuführen. Dabei
unterstützen wir Sie ausdrücklich. Das ist jedoch kein
Ergebnis der Hartz-Reform.


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Richtig!)


Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen führen, wie Sie
richtigerweise feststellen, nicht zu einer Integration in
den ersten Arbeitsmarkt. Nein, die Teilnehmerinnen und
Teilnehmer werden durch sie sogar stigmatisiert und die
Dauer der Arbeitslosigkeit wird verlängert. Warum för-
dern Sie so etwas mit den Mitteln der Beitragszahlerin-
nen und Beitragszahler weiter? Da könnten Sie das Geld
auch verbrennen.


(Beifall bei der FDP)


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(C (D Bei den Personal-Service-Agenturen ist es genau das leiche. Das ist subjektiv ja auch verständlich. Die Men chen stellen ihre Suchprozesse ein, weil sie morgens irendwohin gehen. Sie tun den Tag über dann ja auch etas und gehen irgendwann nach Hause. Sie haben also as Gefühl, sie hätten eine Arbeit. Was war mit den Personal-Service-Agenturen bei er Vorstellung der Ergebnisse der Hartz-Reform? 00 000 Dauerarbeitsplätze sollten geschaffen werden. ch sage Ihnen auch, warum das nicht funktioniert hat: teuerund beitragsfinanziert haben Sie eine ungerechte onkurrenz zur privaten Zeitarbeitsbranche in diesem and aufgebaut. Private können das offenkundig besser; enn sonst würde die Zahl der Beschäftigten im Bereich er Zeitarbeit nicht so exorbitant ansteigen, während die ersonal-Service-Agenturen von Anfang an floppten. Ungefähr 2 Millionen Menschen oder 39 Prozent der rbeitslosen sind nicht qualifiziert. Deswegen war es ichtig, dass die mit der Hartz-Gesetzgebung von der rotrünen Bundesregierung abgeschafften Minijobs von hnen wieder eingeführt worden sind. Aber es war schon amals falsch, dass man sie teurer als den Vorgänger geacht hat. Es ist doppelt falsch, dass die neue Bundes egierung sie noch einmal teurer machen will. Sie sind ines der wenigen flexiblen Instrumente am Arbeitsarkt. Auch wenn es oftmals „nur“ Nebenjobs sind, geht as, was in der legalen Wirtschaft verdient wird, unmitelbar in den Konsum und fördert die Binnenkonjunktur n Deutschland. Deswegen ist es ein großer Fehler, hier ine weitere Verteuerung herbeizuführen. Wir als Freie Demokraten fordern, die Obergrenze bei inijobs auf 600 Euro zu erhöhen und bis zu 40 Prozent nrechnungsfrei als Hinzuverdienst zu ermöglichen. Das ibt auch denjenigen, die heute gar keine Arbeit haben, ie Möglichkeit, auf diesem Wege den ersten Schritt in en Arbeitsmarkt zu machen. Das Thema ältere Arbeitnehmer ist heute auch in eiem anderen Sinne hochaktuell. Die Instrumente, die Sie afür bei der Hartz-Gesetzgebung vorgesehen haben, unktionieren bis auf den Eingliederungszuschuss icht. Den Eingliederungszuschuss – seien Sie ehrlich – ab es auch schon vor den Hartz-Reformen. Was machen ie stattdessen zur Integration älterer Arbeitnehmer? Sie erlängern die Vorruhestandsregelung für ältere Arbeitsose mit dem Wissen, dass im Februar der Leistungsezug von Arbeitslosengeld richtigerweise verkürzt woren ist. Als Regierung hätten Sie sich auch auf den arktplatz stellen und rufen können: Entlasst eure älte en Arbeitnehmer! Die Wirkung ist genau die gleiche. Wir sehen an der rbeitsmarktstatistik: Über 30 000 ältere Menschen sind m vergangenen Monat zusätzlich entlassen worden, und war weil Sie das falsche politische Signal gegeben und en Betrieben suggeriert haben: Ältere Arbeitnehmer in etrieben sind mehr Kostenfaktor als Wettbewerbsvor eil. Damit haben Sie eine falsche Politik gemacht. Dirk Niebel Sie versuchen das Ganze mit einer Diskussion über Mindestlöhne zu kompensieren, die wir mit dem Arbeitslosengeld II oder über die Kombilöhne faktisch schon haben, die so, wie sie bisher diskutiert werden, zu flächendeckenden Mitnahmeeffekten führen. Wir schlagen stattdessen vor – das hat auch der Herr Bundespräsident in einem Gespräch im „Stern“ Anfang dieses Jahres für richtig befunden –, ein System der negativen Einkommensteuer einzuführen, einen Universaltransfer wie beim Bürgergeldkonzept der Liberalen, bei dem das Steuerund Transfersystem zusammengefasst wird, damit auch Geringverdiener die Chance haben, in der legalen Wirtschaft wieder Beschäftigung zu finden. Lassen Sie uns auf die Vermittlungsgutscheine zu sprechen kommen. Die Freien Demokraten waren immer der Ansicht, es ist ein guter Weg, Wettbewerb dadurch herzustellen, dass der Arbeitssuchende mit Nachfragemacht ausgestattet wird. Aber wir haben auch von Anfang an gesagt, die Vermittlungsgutscheine in der Art, wie Sie sie vorlegen, können nicht funktionieren. Sie richten sich nur nach der Dauer der Arbeitslosigkeit. Völlig unberücksichtigt bleibt, ob jemand qualifiziert ist, welche beruflichen Erfahrungen er hat oder ob er gesundheitlichen Einschränkungen unterliegt. Gestalten Sie die Vermittlungsgutscheine marktgerecht aus und geben Sie dem Arbeitssuchenden Nachfragemacht, damit er zum Vermittler seines Vertrauens gehen kann. Das kann der private Vermittler, aber auch der staatliche Vermittler sein. Dieser muss sich dann durch die Einnahmen aus Gutscheinen bei den erfolgsabhängigen Lohnkomponenten refinanzieren, die eingeführt werden müssen. In diesem Zusammenhang komme ich auf die gestrige Ausschusssitzung zurück. Dort hat das BA-Vorstandsmitglied Herr Becker stolz erzählt, dass nach fünf Jahren Verhandlungen über die Einführung erfolgsabhängiger Lohnkomponenten bei den Angestellten der BA eventuell in diesem Jahr die Möglichkeit besteht, dass man sich über einen entsprechenden Tarifvertrag verständigt. Und da reden Sie von der Reform der Bundesagentur? Über fünf Jahre hat es gedauert – das ist auch noch nicht sicher –, bis man sich auf etwas verständigt, was im normalen Wirtschaftsleben gang und gäbe ist, nämlich erfolgsabhängige Lohnkomponenten einzuführen. Gleichzeitig tun Sie so, als sei der Reformprozess auf einem positiven Weg, weil in dem Bericht steht, es sei nicht mehr ganz so schlimm, wie es am Anfang war. Bei einer Behörde, deren Kosten für den virtuellen Arbeitsmarkt außerhalb jedes Controllings und außerhalb jedes Budgets explodiert sind, einer Behörde, bei der die Kundenzufriedenheit nach Ihrem Evaluationsbericht zurückgegangen ist, einer Behörde mit über 90 000 Mitarbeitern, von denen sich gerade einmal ungefähr 12 500 im Kerngeschäft, nämlich der Arbeitsvermittlung, befinden, sagen Sie: „Alles ist gut“? Die Bundesagentur hat im Jahre 2004 ein verantwortetes Budget, also nicht nur ihren eigenen Haushalt, sondern auch die Steuermittel, von 85 Milliarden Euro verwaltet. Wenn das ein Staatshaushalt wäre, wäre das im Vergleich mit den 235 Ländern dieser Welt Platz 21, und z d D S d 1 s n j z L t d n n d d s J e n u h S k a d E d i m w D k e t v m H m e m A v e S d a s d (C (D war vor der Russischen Föderation und gleich hinter Inien mit einem Staatshaushalt von 87 Milliarden Euro. iese Dimension sollte Ihnen deutlich machen ohne chaum vor dem Mund und ohne Böswilligkeit gesagt, ass Mitteleinsatz und Ergebnis – im Jahr 2004 waren es ,4 Vermittlungen pro Vermittler in ungeförderte Bechäftigungsverhältnisse pro Monat – in keinem verünftigen Verhältnis stehen. Wir schlagen daher vor, die Bundesagentur in ihrer etzigen Struktur aufzulösen und ein Dreisäulensystem u schaffen, das aus einer Versicherungsagentur für die ohnersatzleistung, einer schlanken Arbeitsmarktagen ur, die sich um das überregional Notwendige, vor allem ie Transparenz des Stellenmarktes, kümmert – sie muss icht größer sein als das Bundeskartellamt, das mit seien etwa 300 Mitarbeitern hoch effizient arbeitet –, und er aktiven Arbeitsmarktpolitik vor Ort – weil vor Ort ie richtigen Entscheidungskompetenzen gebündelt ind – in kommunaler Trägerschaft besteht. Nachdem wir jetzt erfahren haben, dass Sie über fünf ahre brauchen werden, um beim Hauptpersonalrat ine Selbstverständlichkeit durchzusetzen, sage ich Ihen voraus, dass darin die einzige Möglichkeit besteht, m eine Veränderung zu erreichen. Denn wenn eine Beörde aufgelöst wird, passiert etwas Bemerkenswertes: ie existiert zunächst einmal nicht mehr. Das heißt, Sie önnen mit der Arbeit beginnen und die Struktur, die Sie us politischer Sicht für richtig halten, umsetzen, ohne ass eine drittelparitätische Selbstverwaltung mit Frau ngelen-Kefer an der Spitze oder ein Hauptpersonalrat as Vorhaben blockieren kann. Im Zusammenhang mit Frau Engelen-Kefer komme ch auf die Förderung der Älteren zurück. Sie werden ir nachsehen, dass es mir wehtut, dass die Dame jetzt eggemobbt wird und deshalb in den Vorruhestand geht. ie Dame wird uns wirklich fehlen; aber schließlich ann ein Gewerkschaftsfunktionär nicht zusammen mit iner stellvertretenden Vorsitzenden für die Frühverrenung argumentieren, wenn dieses Instrument nicht auch on ihr selbst in Anspruch genommen wird. Wir brauchen nicht nur die sozialpolitisch gut geeinte Begleitung der Arbeitslosigkeit, wie sie in der artz-Evaluierung festgestellt wurde; notwendig ist vielehr ein wachstumsorientierter politischer Kurs bzw. ine wachstumsorientierte Wirtschaftspolitik, die es eröglicht, seinen Lebensunterhalt wieder durch eigene rbeit zu finanzieren. Dazu hat Rot-Schwarz aber nichts orgelegt. Im Gegenteil: Statt die Menschen und Betriebe durch in einfaches und gerechtes Steuersystem mit niedrigen teuersätzen zu entlasten, erhöhen Sie die Steuern. Statt ie Liquidität der Betriebe zu unterstützen, indem Sie uf das unsinnige Vorziehen der Fälligkeit der Sozialvericherungsbeiträge mit einem Volumen von 20 Milliaren Euro verzichten, kündigen Sie für das nächste Jahr Dirk Niebel ein Investitionsprogramm mit einem Volumen von 25 Milliarden Euro an. Das heißt, Sie nehmen den Betrieben erst einmal 20 Milliarden Euro weg und kündigen an, ihnen später auf vier Jahre verteilt 25 Milliarden Euro – aber bitte schön zweckgebunden – wieder zurückzugeben. Das ist kein wachstumsorientierter politischer Kurs. Es führt vielmehr dazu, dass sich die Arbeitslosigkeit weiter verfestigt und dass Sie – gemessen daran, was Sie sich in der Regierungserklärung vorgenommen haben – im Endeffekt scheitern werden. Wir wollen das gerne verhindern und bieten Ihnen an, mit unseren Konzepten dafür zu sorgen, dass der Arbeitsmarktausgleich so organisiert wird, dass die Menschen in Deutschland wieder eine Chance haben. Vielen Dank. Das Wort hat nun der Kollege Dr. Ralf Brauksiepe, CDU/CSU-Fraktion. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Bericht der Bundesregierung, den wir heute debattieren, ist eine Zusammenfassung der Berichte von insgesamt 20 verschiedenen Forschungsinstituten, die sich mit den Auswirkungen der Gesetze Hartz I bis III beschäftigt haben. Er stellt eine solide Grundlage für unser weiteres politisches Handeln dar. In diesen Berichten geht es insbesondere darum, wie weit der organisatorische Umbau der Bundesagentur vorangeschritten ist und wie es mit der Neuausrichtung der Arbeitsvermittlung, der Förderung beruflicher Weiterbildung und den Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen aussieht. Es geht um Miniund Midijobs, Eingliederungszuschüsse, Existenzgründungen und Arbeitnehmerüberlassung, um nur die wichtigsten Themen herauszugreifen. Es ist klar, dass Teile des Berichts inzwischen nicht mehr aktuell sind. So ist beispielsweise der Umstrukturierungsprozess innerhalb der BA, von dem niemand sagt, er sei schon zu einem erfolgreichen Abschluss gekommen, seit der Erstellung des Berichts schon weitergekommen. Der Bericht stellt einen Zwischenstand dar und verweist zu Recht darauf, dass erst Ende 2006 ein Abschlussbericht mit endgültigen Handlungsempfehlungen vorliegen wird. Für die Koalition ist es eine große Herausforderung, in dieser Zeit in diesem Land Mitverantwortung in der Regierung zu tragen. Wahr ist aber auch, dass der Bericht manchen Anlass bietet, den neuen Freunden von der Sozialdemokratie etwas ins Stammbuch schreiben zu wollen. Aber wahr ist auch: Uns geht es nun in erster Linie darum, nach vorne zu schauen. Deswegen haben wir im Koalitionsvertrag – schon vor dieser Beratung und den vorliegenden Handlungsempfehlungen – wichtige Punkte aufgenommen, die jetzt durch die Studie bestätigt werden. z G w h z t t v D r e I m n K z v f d d d m d v g M E d F d S h A I b m d r f d D f i j b h (C (D Lieber Kollege Niebel, unabhängig davon, wie man u einzelnen Maßnahmen steht, kann man nicht sagen, eld werde weiterhin verschleudert und Konsequenzen ürden nicht gezogen. Das ist nachweislich falsch. Wir aben die Personal-Service-Agenturen als Obligatorium um Ende des letzten Jahres abgeschafft, weil sie zu euer waren und die Eingliederungschancen verschlechert haben. Wir haben also Konsequenzen gezogen. Wir erschleudern kein Geld. Das Gegenteil ist der Fall. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Dr. Wolfgang Gerhardt [FDP]: Ja!)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)





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(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)





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(Beifall bei der FDP)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
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(Beifall bei der CDU/CSU)

Dr. Ralf Brauksiepe (CDU):
Rede ID: ID1601600500

as ist ein Instrument, bei dem wir gemeinsam mit unse-
em Koalitionspartner einen wesentlichen Kurswechsel
ingeleitet haben. Es war richtig und notwendig, dieses
nstrument als Pflichtleistung abzuschaffen.


(Dirk Niebel [FDP]: Was haben Sie sonst noch gemacht?)


Wir haben auch in anderen Bereichen genau das ge-
acht, was Sie, Kollege Niebel, gefordert haben, was Ih-

en aber offensichtlich entgangen ist. Wir haben schon
onsequenzen aus erkennbaren Fehlentwicklungen ge-

ogen. Das gilt auch für den Bereich der Ich-AGs. Mich
erwundert es ein wenig, wie gut die Ich-AGs in der öf-
entlichen Berichterstattung über den Bericht der Bun-
esregierung gelegentlich wegkommen. In dem Bericht
er Bundesregierung – er ist ja quasi eine Kurzfassung
er rund 4 500 Seiten, die wir von den Instituten bekom-
en haben – werden die Ich-AGs nämlich ganz anders

argestellt. Dort steht beispielsweise über die Ich-AGs,
on Existenzgründerinnen und -gründern sei die Kritik
eäußert worden, dass das Konzept zu Mitnahme und
issbrauch verleite und dass eine stärkere Kontrolle der

ignung potenzieller Gründerinnen und Gründer zu for-
ern sei. Genau auf diesen Weg haben wir uns begeben.

Wir debattieren heute auch über einen Antrag der
raktion des Bündnisses 90/Die Grünen. Dem Antrag ist
er Schmerz über den Wählerwillen anzumerken, der
ie, die Grünen, nur zur fünftstärksten Fraktion gemacht
at. Dieser Schmerz ist menschlich verständlich.


(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ber Sie sollten sich nicht nur an dem Instrument der
ch-AG hochziehen und fordern, dort müsse alles so
leiben, wie es ist. Ich möchte Ihnen in diesem Zusam-
enhang die Aussage in dem vorliegenden Bericht zu

en Ich-AGs und den Instrumenten der Existenzförde-
ung aus der Arbeitslosigkeit zitieren: Die Zusammen-
ührung beider Instrumente erscheint sinnvoll. Genau
as haben wir schon im Koalitionsvertrag festgelegt.
as werden wir zum 30. Juni dieses Jahres machen. Ich

inde, diesen Weg sollten wir gemeinsam gehen; denn er
st richtig.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Auf der anderen Seite erscheint mir, dass die Mini-
obs in der öffentlichen Darstellung sehr viel kritischer
etrachtet werden, als es aus dem vorliegenden Bericht
ervorgeht. Man muss sich natürlich ständig fragen, was






(A) )



(B) )


Dr. Ralf Brauksiepe
man mit einem solchen Instrument erreichen will. Es ist
wahr: Mit Minijobs wurden nicht in nennenswertem
Maße Brücken in die sozialversicherungspflichtige Voll-
zeitbeschäftigung geschlagen. Aber ich will deutlich sa-
gen: Das ist für uns nicht in erster Linie Sinn und Zweck
dieses Instruments gewesen. Vielmehr haben wir zur
Kenntnis zu nehmen, dass es Millionen Menschen gibt,
die ein solches Beschäftigungsverhältnis eingehen, weil
sie in einer bestimmten Lebensphase ihre Konsummög-
lichkeiten verbessern wollen. Für die meisten sind Mini-
jobs die einzige Einkommensquelle. Die Zahl der Fälle,
in denen sie als Nebenjobs ausgeübt werden, ist eher ge-
ring. Es ist beispielsweise in den Untersuchungen der
Bundesknappschaft nachzulesen, dass es keine Verdrän-
gung der Vollzeitbeschäftigung durch den parallelen
Aufbau der geringfügigen Beschäftigung gegeben hat.
Dieses Instrument ist also erfolgreich und wir werden es
deshalb beibehalten.


(Dirk Niebel [FDP]: Aber teurer machen!)


Die Zeitarbeit bzw. die Leiharbeit wird in dem Be-
richt ebenfalls als ein sehr dynamisches Marktsegment
beschrieben, in dem seit der Reform des Arbeitnehmer-
überlassungsrechts im Dezember 2002 mit Hartz I etwa
24 000 zusätzliche sozialversicherungspflichtige Stellen
entstanden sind. Es ist daher sinnvoll, darüber nachzu-
denken, wie man dieses Instrument noch attraktiver ge-
stalten kann.

Nachdem bei den PSAs schon Konsequenzen gezo-
gen worden sind, ist unsere konkrete Aufgabe bei der
Neuausrichtung der Arbeitsmarktpolitik in diesem Jahr,
ein sinnvolles, finanzierbares und einheitliches Instru-
ment zur Förderung der Selbstständigkeit aus der Ar-
beitslosigkeit zu schaffen. Wir werden außerdem aus den
bestehenden Modellen betreffend die Kombination aus
Lohn und Transferleistungen ein stringentes und ziel-
gruppengenaues Kombilohnmodell zu entwickeln ha-
ben. Auch dies werden wir in diesem Jahr tun. Da warten
wir keine Berichte ab, sondern wir lassen die Arbeit, die
wir machen, kritisch begleiten. Aber wo immer Konse-
quenzen gezogen werden können, werden sie auch gezo-
gen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir werden in diesem Zusammenhang den Instrumen-
tenkasten der BA entrümpeln. Das werden Sie sehen.
Das, was im Moment alles darin ist – über 80 Instru-
mente –, ist selbst den Mitarbeitern der BA nicht be-
kannt.


(Dirk Niebel [FDP]: Sehr gut! Das fordern wir seit sieben Jahren!)


Damit werden wir Schluss machen. Das werden wir zu-
rückführen.


(Beifall des Abg. Dirk Niebel [FDP])


Wir werden selbstverständlich auch entschlossen die
Maßnahmen anpacken, die notwendig sind, um die Be-
schäftigung Älterer zu fördern. Das haben wir uns vor-
genommen, weil es notwendig ist. Das geschieht nicht in
erster Linie im Hinblick auf Maßnahmen, die erst sehr

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(C (D iel später greifen; wir müssen vielmehr jetzt anfangen, ie Beschäftigung Älterer zu erhöhen. Wir sind auf eiem nach wie vor unbefriedigenden Niveau. Zur Wahreit gehört aber auch: In der Tendenz ist die Beschäftiung Älterer leicht gestiegen. Diese Tendenz wird sich ufgrund der Maßnahmen, die wir ergreifen, fortsetzen. Der vorliegende Bericht der 20 Institute zeigt, dass ir auf dem richtigen Weg sind. Wir bleiben im Plan und ir werden diesen Weg mit der wissenschaftlichen Un erstützung entschlossen fortsetzen. Vielen Dank. Das Wort hat nun die Kollegin Katja Kipping, Frak ion Die Linke. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gesetz ür moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt – ich inde, dieser Gesetzestitel gehört in das Wörterbuch für uphemismus, in das Wörterbuch des Schönredens, und war ganz weit nach vorne; denn was, bitte schön, haben ie Auswirkungen dieses Gesetzes mit modernen ienstleistungen am Arbeitsmarkt gemein? (Beifall bei der LINKEN – Dirk Niebel [FDP]: Da hat sie leider Recht!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601600600

(Beifall bei der LINKEN)

Katja Kipping (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601600700

Mit dem nun vorliegenden Bericht der Bundesregie-
ung ist es amtlich: Die Hartz I-bis-III-Gesetze haben die
ituation von Millionen Erwerbslosen nicht nur nicht
erbessert; im Gegenteil: Durch manche Maßnahme ist
ie Situation sogar noch verschärft worden. So haben
um nur ein Beispiel von vielen zu nennen – die Perso-
al-Service-Agenturen die Eingliederungschancen der
eilnehmenden im Endeffekt verschlechtert. Ausgerech-
et diejenigen, die am dringendsten Beratung brauchten,
ie so genannten Betreuungskunden, bekommen so gut
ie gar keine Unterstützung. Aus so einer Bankrott-

rklärung müssen doch Konsequenzen gezogen werden,
nd das ziemlich schnell.


(Beifall bei der LINKEN)

Einst hieß es, man werde mit den Vorschlägen von

eter Hartz die Zahl der Arbeitslosen halbieren. Davon
edet heute kaum noch jemand. Das ist auch verständ-
ich. Wer gibt schon gerne zu, dass er auf einen Hallodri
ereingefallen ist, der inzwischen wegen des Verdachts
uf Veruntreuung in das Fadenkreuz der Ermittler gera-
en ist.


(Beifall bei der LINKEN)

Um die von Gerhard Schröder im Zuge der

genda 2010 gemachten Versprechen ist es auch sehr
uhig geworden. Die sind wohl zu Recht in dem Ordner
ür Märchenstunden archiviert. Nun ist Peter Hartz weg
om Fenster, Gerhard Schröder verdient sein Geld außer
andes und Millionen Erwerbslosen geht es dreckiger
ls je zuvor.


(Beifall bei der LINKEN)







(A) )



(B) )


Katja Kipping
Nun gut, die Zahl der Minijobs stieg. Wer dies jedoch
als Erfolg verkaufen will, der muss wahrlich über große
ideologische Scheuklappen verfügen. Schließlich geht
der Anstieg der Minijobs immer Hand in Hand mit dem
Abbau von sozialversicherungspflichtigen Arbeitsver-
hältnissen.


(Zuruf von der LINKEN: Sehr richtig!)


Darüber hinaus sollte es uns schon zu denken geben,
dass gerade die Mini- und Midijobs überproportional
stark von Frauen nachgefragt werden. Leisten wir hier
nicht einer weiteren Verfestigung von überholten Ge-
schlechterrollen Vorschub – der Mann als Haupternäh-
rer, die Frau als Zuverdienerin? Wir leben im
21. Jahrhundert. Solch mittelalterliche Formen der Ar-
beitsteilung gehören endlich überwunden.


(Beifall bei der LINKEN)


Das allein schon deswegen, weil man als Zuverdienerin
im Minijob eben nicht genügend Rentenpunkte für ein
eigenständiges Auskommen im Alter ansammeln kann.
Minijobs führen zu Minirenten. Mit dieser Vorprogram-
mierung von Altersarmut sollte Schluss sein.


(Beifall bei der LINKEN)


Zur Bundesagentur für Arbeit heißt es im Bericht,
Effektivität und Transparenz hätten sich erhöht. Dies ist
nun nicht unbedingt Ausdruck für die jetzige Qualität,
sondern eher ein Beleg dafür, dass es vorher noch ver-
heerender war.


(Beifall des Abg. Dirk Niebel [FDP])


Das, was ich neulich von Erwerbslosengruppen über die
jetzige Beratungsqualität zu hören bekam, war alles
andere als erfreulich. Immer wieder bekommen Er-
werbslose Sätze zu hören wie: Beraten werden Sie hier
nicht; dazu sind wir nicht da. Oder: Also, wie dieser Be-
scheid zustande kommt, das kann ich Ihnen nun auch
nicht erklären.

So mancher Erwerbslose dringt schon seit Monaten
auf einen Eingliederungsvertrag, und das vergeblich. Die
Tatsache, dass ihm bei jedem Beratungsgespräch ein an-
derer Vermittler gegenübersitzt, hat die Qualität der Be-
ratung bestimmt nicht gehoben. Ich finde, das muss sich
ändern.


(Beifall bei der LINKEN)


Dass in der Praxis solche Defizite auftauchen, liegt
wahrlich nicht an den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
der Agenturen. Sie haben in den letzten Jahren viel be-
wältigen müssen. Ich glaube, die Ursache dieser Pro-
bleme liegt vielmehr in einer katastrophalen personellen
Unterausstattung der Agenturen. Es gibt dort einfach
viel zu viel Arbeit für viel zu wenige Mitarbeiter.


(Beifall bei der LINKEN)


Der Bericht selber bestätigt es: Die Relation von Kunden
und Vermittlern konnte kaum verbessert werden.

Meine Damen und Herren von CDU/CSU und SPD,
wenn Sie die Arbeitsagenturen auch nur ansatzweise in
die Nähe eines modernen Dienstleisters bringen wollen,

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(C (D ann sollten Sie zuallererst die personelle Ausstattung erbessern. och was passiert stattdessen? Personelle Ressourcen erden gebunden an so genannte Sozialdetektive. In inem diffamierenden Bericht, bekannt als Clement-Beicht, wird auch noch stolz darüber berichtet, wie man in en Schlafzimmern von allein erziehenden Erwerbslosen ach Männern in Unterhosen fahndet und wie man die röße der Kuhle im Bett untersucht. Ich persönlich habe ehofft, dass die Zeiten, wo man Schlafzimmer ausspioiert, vorbei sind. Aber davon einmal ganz abgesehen, stellt sich mir ier schon die Frage: Gibt es gegenwärtig nichts Wichtieres zu tun, als in Schlafzimmern herumzuspionieren? ngesichts der Überbelastung bei der Beratung von Ererbslosen sollten wir jetzt alle personellen Kräfte auf ie Vermittlung konzentrieren und das Detektivspielen infach sein lassen. Das ist auch besser für den Schutz er Privatsphäre. (Beifall bei der LINKEN – Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Das müssen ausgerechnet Sie sagen! Eure Vorgänger waren die Spezialisten!)


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Ja, das müssen wir sagen. Wir haben nämlich aus den
ehlern der Vergangenheit gelernt, während Sie dabei
ind, elementare Eingriffe in die Privatsphäre vorzuneh-
en.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Ein bisschen mehr Valium, liebe Frau!)


Im Übrigen ist die finanzielle Inhaftnahme von Fami-
ienmitgliedern von vorgestern und sie sollte endlich
urch die schrittweise Einführung des Individualanspru-
hes ersetzt werden.


(Beifall bei der LINKEN)


Hinzu kommt, dass diese Herumschnüffelei auch aus
aushaltssicht total ineffizient ist. Lassen Sie mich das

inmal an zwei Zahlen verdeutlichen. Für den gesamten
LG-II-Bereich sind im letzten Jahr insgesamt
5 Milliarden Euro ausgegeben worden. Die Deutsche
teuer-Gewerkschaft schätzt, dass uns allein durch Steu-
rbetrug 70 Milliarden Euro verloren gehen. Im Klartext
eißt das: Wenn wir nur jeden zweiten Euro Steuerbe-
rug verhindert hätten, dann hätten wir den kompletten
LG-II-Bereich finanzieren können. Auf diesem Gebiet
üssen wir ansetzen.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Bilanz von Hartz I bis III ist eine Bilanz des
cheiterns. Der Grund für dieses Scheitern liegt weniger

n handwerklichen Fehlern; schuld an diesem Scheitern
st die hinter allen Hartz-Gesetzen stehende Ideologie.
hre Ideologie folgt der Vorstellung, die Ursache des
roblems liege bei dem Einzelnen. Angesichts von min-
estens 6 Millionen fehlenden Stellen ist dieser Ansatz
eradezu absurd. Mit Ihrem Ansatz bewirken Sie viel-
eicht, dass sich der Einzelne in der langen Schlange der
rwerbslosen etwas besser vordrängeln kann; aber an






(A) )



(B) )


Katja Kipping
der Länge der Schlange ändern Sie nichts. Sie bewirken
vielleicht, dass der einzelne Erwerbslose etwas schneller
rennt; aber an der Tatsache, dass man auf der Suche nach
Arbeit im Kreis rennt, ändern Sie nichts.


(Beifall bei der LINKEN)


Wo ist eigentlich der Minister?


(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)


– Sie lachen. Ich finde es nicht selbstverständlich, dass
der zuständige Minister bei der Beratung eines so zentra-
len Berichts nicht anwesend ist. –


(Beifall bei der LINKEN – Dirk Niebel [FDP]: Das stimmt allerdings! Er wird auf Heuschreckenjagd sein!)


Der Minister präsentierte den Bericht in der Öffentlich-
keit mit der Aussage, es gebe Licht und Schatten.


(Klaus Brandner [SPD]: Herr Staatssekretär Andres, werfen Sie Schatten?)


Nachdem ich mittlerweile viele kritische Aspekte ange-
sprochen habe, möchte ich nicht verschweigen, dass es
tatsächlich einen positiven Aspekt gibt. Auch wir sehen
etwas Licht, auch wenn es sich um einen etwas dünnen
Lichtstrahl handelt.

Wir finden es toll, dass es den Anspruch gibt, die
Wirksamkeit der Hartz-Gesetze zu evaluieren und sie bei
Misserfolg abzuschaffen. Nehmen Sie diesen selbst ge-
stellten Anspruch ernst! Verabschieden Sie sich von dem
gescheiterten Ansatz Ihrer bisherigen Arbeitsmarktre-
form! Setzen Sie endlich auf eine Arbeitsmarktpolitik,
die gesellschaftlich sinnvolle Arbeit auch ordentlich
bezahlt! Das Motto sollte sein: Sozialarbeiterstellen statt
1-Euro-Jobs. Nehmen Sie endlich die wirklichen Ursa-
chen der Massenarbeitslosigkeit in Angriff!

Besten Dank.


(Beifall bei der LINKEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601600800

Frau Kipping, das war Ihre erste Rede in diesem

Haus. Ich gratuliere Ihnen dazu und verbinde das mit
den besten Wünschen.


(Beifall)


Das Wort hat nun die Kollegin Dr. Thea Dückert,
Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen.


Dr. Thea Dückert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601600900

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Die Koalition hat uns viel versprochen, zum Beispiel
dass sie ihre Mehrheit für strukturelle Reformen nutzen
wird, um Vertrauen bei den Menschen herzustellen. Herr
Andres sagt aber heute Morgen hier: Wir tun gut daran,
auf den Endbericht 2006 zu warten.


(Dirk Niebel [FDP]: So habt ihr das schon gemacht, als ihr noch mitregiert habt!)


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(C (D Lieber Kollege Andres, das ist genau falsch. Der Zwichenbericht, der hier vorgelegt worden ist, gibt uns chon viel an die Hand, m vor dem Hintergrund der hohen Arbeitslosigkeit die ichtigen Konsequenzen zu ziehen. Mir scheint, Sie wolen uns in Deutschland mit der schwarz-roten Koalition n einen Wartesaal führen. Wenn man die Tickermeldunen heute liest, erkennt man, dass andere das jedenfalls o sehen. Im „Economist“ – die Ausgabe kommt heute eraus – gibt es eine neue Analyse, einen Deutschlandeport, der wie folgt überschrieben ist: „Waiting for a under“; also: Deutschland wartet auf ein Wunder. Was eißt das? Darin wird etwas treffend beschrieben. Darin ird beschrieben, dass sich die schwarz-rote Koalition n einer ideologischen Lähmungsfalle befindet und auf ie Diagnosen, die auf dem Tisch liegen, nicht mit andlungen reagiert. as zeigt Ihre Aufforderung, zunächst auf den Endericht zu warten, aber das zeigt auch Ihre „Handlungsähigkeit“ bei allen großen Strukturreformen, die ansteen. Die Diagnose in diesem Artikel lautet: Deutschland st für hoch qualifizierte Arbeitskräfte völlig unattraktiv nd hat Integrationsprobleme – darauf kommt ich gleich och zurück –; wenn Deutschland diese Probleme nicht ald in den Griff bekommt, dann droht in diesem Land as, was die meisten fürchten: amerikanische Verhältisse. – Auch dieser Bericht ist eine Aufforderung, chnell zu handeln. Sie, Herr Andres, haben hier gerade as Gegenteil angekündigt. Dafür, dass das so ist, gibt es viele Beispiele. Die valuation durch die 20 wissenschaftlichen Institute, die inen sehr detaillierten Zwischenbericht vorgelegt haen, bietet eine große Chance, schon an vielen Stellen eaktion zu zeigen. Herr Müntefering hat ja auch gesagt das wurde bereits angesprochen –: Der Bericht zeigt icht und Schatten auf. – Unsere große Sorge, Herr ndres, ist, dass Sie genau da das Licht ausstellen wol en, wo es wirklich etwas Positives beleuchtet. Unsere roße Sorge ist, dass Sie nur das machen, was Sie sich chon vorher ausgedacht und was Sie auch in Ihrem oalitionsvertrag niedergelegt haben, ohne dass Sie sich it dem auseinander setzen, was in dem Bericht zutage efördert wird. Ich nenne ein Beispiel – Herr Brauksiepe hat es eben chon angeführt –: In der Evaluation wird dargestellt, ass die Ich-AGen und das Überbrückungsgeld den nderen arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen überlegen ind. ie haben in Ihrem Koalitionsvertrag festgelegt, dass iese Instrumente zusammengeführt werden bzw. ausaufen; für die Ich-AG soll das 2006 der Fall sein. Sie saen nicht, was dann kommen wird. Ich frage Sie im Dr. Thea Dückert Ernst, meine Damen und Herren: Will diese Regierung eines der wenigen wirksamen Instrumente, nämlich ein Instrument, das seit 2004 etwa 1 Million Menschen den Mut und die Kraft gegeben hat, aus der Arbeitslosigkeit selber wieder in eine Tätigkeit zu kommen, abschaffen? (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dirk Niebel [FDP]: Die Zahl ist ein bisschen zu hoch gegriffen!)


(Dirk Niebel [FDP]: Da hat sie Recht!)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Nein!)





(A) )


(B) )


Ihre gesamte Argumentation ist von vorn bis hinten
brüchig. Sie behaupten, dass das Überbrückungsgeld
und die Förderung der Ich-AGen ungefähr das Gleiche
sind. Die Evaluation belegt etwas ganz anderes, nämlich:
Es werden andere Zielgruppen erreicht. Mit der Ich-AG
werden überproportional Frauen, Menschen in Ost-
deutschland und Langzeitarbeitslose erreicht. Wenn wir
hier lange Reden über die Probleme am Arbeitsmarkt
halten, dann reden wir genau über diese Gruppen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Aber gerade dieses Instrument wollen Sie zurückführen.
Ich kann Ihnen nur sagen: Nehmen Sie Ihre schwarz-
roten Scheuklappen ab; dann können Sie auf diesen Be-
richt reagieren!

Ein weiteres Thema, das in diesem Bericht behandelt
wird: Auf der einen Seite führen Sie, vor allem Herr
Müntefering, eine große Debatte über die Hinausschie-
bung des Renteneintrittsalters, was ich verdienstvoll
finde, wenn man darüber zusammen mit der Forderung
diskutiert, dass – was Not tut – ältere Menschen eine
Chance am Arbeitsmarkt bekommen müssen. Aber was
zeigen uns die Ergebnisse in diesem Bericht? Die vielen
Instrumente unterschiedlichster Art, die es gibt, um
älteren Langzeitarbeitslosen wieder in den Arbeits-
markt zu helfen, werden von der Bundesagentur für Ar-
beit faktisch boykottiert. Die Entgeltsicherung hat kei-
nen strategischen Stellenwert und die Vermittler kennen
die Instrumente zum großen Teil nicht; deshalb werden
sie nicht in Anspruch genommen.

Ihre Schlussfolgerung, Herr Andres, ist – das ist übri-
gens im letzten Herbst schon von Herrn Brandner ver-
kündet worden –, dass man die Instrumente ein bisschen
übersichtlicher gestalten sollte. Ich kann Ihnen an dieser
Stelle nur sagen: Es kann doch nicht wahr sein, dass In-
strumente, die älteren Langzeitarbeitslosen als Hilfestel-
lung dienen sollen, reduziert und zum Teil abgeschafft
werden sollen, weil die Vermittler sie nicht kennen. Ich
denke, der Arbeitsminister hat hier die „Oberhoheit“
über die Bundesagentur für Arbeit. Hier muss dafür ge-
sorgt werden, dass das, was an Hilfestellungen für die äl-
teren Langzeitarbeitslosen möglich ist, auch umgesetzt
wird.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die Geringqualifizierten sind eines unserer zentra-
len Probleme am Arbeitsmarkt. Auch das wird in diesem
Bericht beschrieben. Dabei wird deutlich gemacht, dass
die Kundinnen und Kunden mit den schlechtesten Inte-
grationschancen – das ist das, was auch der „Economist“
beschreibt – und dem höchsten Betreuungsbedarf von
der Bundesagentur für Arbeit nur wenig unterstützt wer-

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(C (D en, weil bei dieser Gruppe kein Erfolg erwartet wird. as steht dort schwarz auf weiß. Ich finde, das ist ein iemliches Armutszeugnis. Es zeigt, dass wir uns mit der teuerungslogik der Bundesagentur noch einmal ausinander setzen müssen. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Jedenfalls kann es nicht sein, dass auf Basis dieser
teuerungslogik ein Weiteres passiert: Nicht nur, dass
ie Betreuungsbedürftigsten schnell ins SGB II abge-
choben werden, sondern bei der Weiterbildung wird
uch so etwas wie eine Bestauslese betrieben. Auch das
ird in dem Bericht bescheinigt. Deshalb müssen wir
ier noch einmal neu nachdenken; denn Weiterbildung
nd Qualifizierung müssen ja gerade für schlecht Ausge-
ildete und Geringqualifizierte zugänglich sein.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Gerade in der Auseinandersetzung mit den Arbeits-
arktproblemen zeigen sich ganz viele Beispiele für

ine schwarz-rote Selbstblockade. Ich will ein weiteres
eispiel nennen, nämlich die Geringqualifizierten, de-
en die Hilfsinstrumente der Bundesagentur für Arbeit
icht zur Verfügung stehen. Sie, meine Damen und Her-
en von der Koalition, wissen, dass wir hier die stärksten
robleme am Arbeitsmarkt haben. Was machen Sie? Sie
ichten, auch weil Sie miteinander nicht klarkommen,
ine Arbeitsgruppe ein. Prost Mahlzeit!


(Dirk Niebel [FDP]: Das haben Sie aber auch schon mal gemacht, glaube ich!)


Nur, Herr Niebel, sind wir auch zu einem Ergebnis ge-
ommen. Das ist genau mein Problem.


(Dirk Niebel [FDP]: Das ist das Problem des ganzen Landes: die falschen Ergebnisse!)


Die Evaluation zeigt, dass einige Instrumente, zum
eispiel die Midijobs mit dem Ansatz geringer Lohn-
ebenkosten bei kleinen Einkommen, die Beschäftigung
rweitern. Das muss man doch einmal zur Kenntnis neh-
en. Der Bericht zeigt weiter, dass die Minijobs zur
enkung der Schwarzarbeit führen, aber keine Brücken

n den Arbeitsmarkt bauen.


(Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Genau darum geht es!)


ie von der Bundesregierung sollten an dieser Stelle
eine Arbeitsgruppe einrichten, um lange über Kombi-
öhne zu diskutieren, sondern diese Ergebnisse des Be-
ichts zur Kenntnis nehmen. Wir haben einen Vorschlag
emacht. Für Sie ist es ganz einfach: Sie brauchen sich
iesem Vorschlag nur anzuschließen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Dieser Vorschlag umfasst das so genannte Progres-
ivmodell, in dem genau die erforderlichen Maßnahmen
nthalten sind: Minijobs, Midijobs und andere unüber-
ichtliche Instrumente werden aufgelöst; Bezieher klei-
er Einkommen zahlen geringe Beiträge und Bezieher
roßer Einkommen zahlen hohe Beiträge in die Sozial-
ersicherung. Das hat den Vorteil, dass die Senkung der






(A) )



(B) )


Dr. Thea Dückert
Lohnnebenkosten gezielt da wirkt, wo die meisten Jobs
geschaffen werden. Das hat den Vorteil, dass die Sen-
kung der Lohnnebenkosten zu den höchsten Beschäfti-
gungseffekten gerade in den Bereichen führt, in denen
Beschäftigung auch zukünftig möglich sein muss.

All dies kommt in Ihrer Politik nicht vor: Fehlanzeige
und Sitzen im Wartesaal. Es ist nichts anderes als ein
„Waiting for a Wunder“.


(Volker Kauder [CDU/CSU]: Say it in German! – Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


– Die Überschrift dieses Berichtes macht doch deutlich,
dass auf ein Wunder gewartet wird. Was darin beschrie-
ben wird, ist zum Teil eine Persiflage auf die Zustände
am deutschen Arbeitsmarkt. Wir sitzen hier und warten
auf ein deutsches Wunder. Aber es wird ein solches
Wunder nicht geben, wenn die Bundesregierung nicht in
der Lage ist, auf das, was an Fakten auf dem Tisch liegt,
zu reagieren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Ihr seid Opposition!)


Fakt ist, dass wir in Deutschland Antworten brauchen
gerade auf die Herausforderungen im Bereich der Ge-
ringqualifizierten. Wir brauchen in Deutschland bei-
spielsweise ein durchdachtes Konzept zur Senkung der
Lohnnebenkosten, das da ansetzt, wo es auch wirken
kann. Dieses Konzept muss finanzierbar sein. Seine
Finanzierung darf nicht durch eine Mehrwertsteuererhö-
hung erkauft werden, die im Nachgang dazu führen wird
– das ist vom DGB und anderen schon dargelegt wor-
den –, dass die Konjunktur, die hoffentlich ein wenig an-
zieht, schon im Jahre 2007 zum Nachteil der Beschäftig-
ten abgewürgt wird.

Wir sollten uns von dieser Politik der schwarz-roten
Koalition möglichst schnell verabschieden. Wir sollten
nicht im Wartesaal sitzen und auf ein Wunder hoffen,
sondern das Heft des Handelns in die Hand nehmen. Es
gibt viel zu tun. Der Bericht hat es dargelegt.

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601601000

Das Wort hat nun die Kollegen Katja Mast, SPD-

Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Katja Mast (SPD):
Rede ID: ID1601601100

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen

und Kollegen! Wie Sie gehört haben, ist es eine Zwi-
schenbilanz der Hartz-Gesetze I bis III. Die Evaluation
hat den Charakter einer ersten Bestandsaufnahme. Trotz-
dem sind einige Tendenzen bemerkenswert und verdie-
nen unsere Aufmerksamkeit. Das gilt insbesondere für
die Existenzgründungen aus der Arbeitslosigkeit.

Sowohl das Überbrückungsgeld als auch die Ich-
AG gehören zu den erfolgreichsten Instrumenten, um

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(C (D rbeitslose wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren. ogar das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforchung, das nicht als Zuspitzer politischer Botschaften ekannt ist, stellte fest, dass „beide Programme erfolgeich eine Rückkehr in die Arbeitslosigkeit vermeiden“. nderthalb Jahre nach Beginn der Förderung sind so und 70 Prozent der Empfänger von Überbrückungsgeld nd 80 Prozent der Menschen, die eine Ich-AG gegrünet haben, noch immer selbstständig. Das sind deutliche nzeichen für eine – ich betone – nachhaltige Wirkung. Gerade Frauen nutzen sowohl die Ich-AG als auch as Überbrückungsgeld überdurchschnittlich oft. Circa in Drittel der neuen Selbstständigen ist weiblich; 2004 etrug im Bund der Anteil der Frauen an den Neuzugänen bei den Ich-AGs 43 Prozent. In meiner Heimat, in er Region Pforzheim/Enzkreis, war es sogar 1 Prozentunkt mehr, was mich besonders freut. In der Selbststänigkeit sehen also viele Menschen eine Chance, ihren erufsund Lebensweg flexibel, eigenverantwortlich nd erfolgreich zu gestalten. Unser Ziel in der Koalition ist es, die beiden Existenzründungsinstrumente der Bundesagentur zusammenzuühren. Ich möchte ganz klar betonen, dass eine entsprehende Empfehlung im Evaluationsbericht zu finden ist. ir wollen den Erfolg dieser beiden Instrumente verste igen und ausbauen. (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU])


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)


ie Existenzgründungsförderung sollte als Pflichtleis-
ung erhalten bleiben, das heißt als Anspruchsleistung
ür gründungswillige und -fähige Arbeitslose; denn es
eht uns darum, dass die Arbeitslosen wissen, woran sie
ind.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


llerdings – auch dies wird im vorliegenden Bericht
eutlich; ich würde mir wünschen, dass meine Kollegin-
en und Kollegen in ihren Statements ein bisschen mehr
eim Text des Berichts bleiben – müssen Mitnahme-
ffekte besser verhindert und muss die Qualitätskon-
rolle der Businesspläne intensiviert werden.

Bemerkenswert an der Evaluierung der Hartz-Gesetze
ind für mich aber nicht nur die Förderinstrumente für
xistenzgründungen, sondern auch die Angebote, die
ich insbesondere an ältere Arbeitnehmerinnen und
rbeitnehmer richten. Dies sind die Eingliederungszu-

chüsse – es existiert also schon heute gewissermaßen
in Kombilohn –, die Entgeltsicherung, der Beitragsbo-
us und die Möglichkeit, ältere Arbeitnehmer ohne Kün-
igungsschutz einzustellen.

Ich fand es in den letzten Tagen wenig hilfreich, dass
mmer wieder pauschal von guten und schlechten Instru-
enten in den Hartz-Gesetzen gesprochen und geschrie-

en worden ist. Sowohl bei der Entgeltsicherung als
uch beim Beitragsbonus und den Eingliederungszu-






(A) )



(B) )


Katja Mast
schüssen für Ältere lässt sich feststellen, dass die gerin-
gen Fallzahlen auf Unkenntnis sowohl bei den Vermitt-
lern als auch bei Arbeitnehmern und Arbeitgebern
zurückzuführen sind. Hier ist eine Aussage darüber, ob
es sich um gute oder schlechte Instrumente handelt, noch
nicht möglich und daher nicht sinnvoll. Bis zum Ab-
schlussbericht in circa einem Jahr wird es unter anderem
notwendig sein, die weit verbreitete Unkenntnis über die
Instrumente ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-
mer betreffend zu verringern.

Leider muss aber auch festgestellt werden, dass sich
Unternehmen trotz Anreiz in der Tendenz schwer damit
tun, ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einzu-
stellen. Ich erhoffe mir von der Initiative „50 plus“ we-
sentliche Impulse und eine stärkere öffentliche Debatte
darüber. Es muss unser Ziel sein, dass es nicht nur Ein-
zelbeispiele wie die Firma Sixt oder aus Pforzheim die
Kramski Putter GmbH gibt, die die Leistungsfähigkeit
älterer Arbeitnehmer schätzen.

Deutlich wird das Gutachten bei den Sonderregelun-
gen zu befristeten Einstellungen älterer Arbeitnehmer
– ich zitiere wörtlich –:

In einer quantitativen Analyse konnte bis Mai 2003
kein Effekt auf die Zahl der Einstellungen nachge-
wiesen werden.

Hier sprechen die Zahlen eine deutliche Sprache: In der
Altersgruppe der 48- bis 65-Jährigen hatten 3 Prozent ei-
nen befristeten Arbeitsvertrag. Dies ist nur wenig höher
als bei den angrenzenden jüngeren Altersgruppen. Ein
Effekt ist also nicht spürbar. Hier bin ich auf das Ab-
schlussgutachten und auf die Debatte darüber gespannt,
ob eine Verringerung des Kündigungsschutzes tatsäch-
lich zu mehr Beschäftigung in Deutschland führt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Unser Leitbild des aktivierenden Sozialstaates, der
seine Bürgerinnen und Bürger fordert und fördert,
kommt gerade in den evaluierten Hartz-Gesetzen zum
Ausdruck. Die Beispielinstrumente für Existenzgrün-
dungen und die Förderung älterer Arbeitnehmer machen
deutlich, dass wir es mit dem Fördern ernst nehmen. Der
mit dieser Evaluierung angestoßene Prozess ist aus mei-
ner Sicht dazu geeignet, die Hartz-Instrumente an den
Bedürfnissen der Menschen und den Gegebenheiten des
Arbeitsmarktes weiterzuentwickeln, sich von nicht effi-
zienten Instrumenten zu lösen und erfolgreiche auszu-
bauen.

Ich freue mich auf diesen Prozess gemeinsam mit Ih-
nen, werte Kolleginnen und Kollegen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601601200

Frau Kollegin, das war auch für Sie die erste Rede in

diesem Haus. Herzlichen Glückwunsch dazu, verbunden
mit den besten Wünschen!


(Beifall)


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(C (D Nun hat das Wort der Kollege Stefan Müller, CDU/ SU-Fraktion. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! ch will zunächst einmal feststellen, dass ich es für sehr ositiv erachte, dass wir diese Evaluation vornehmen. ie Union hat dies seinerzeit in ihrem Entschließungsan rag im November 2002 gefordert. Alle Fraktionen – ich laube, auch die FDP; ich bin mir da nicht so sicher – (Dirk Niebel [FDP]: Das hat ja auch keiner kritisiert!)


(Beifall bei der CDU/CSU)

Stefan Müller (CSU):
Rede ID: ID1601601300

aren sich darin einig, dass es diese Evaluation geben
oll. Wir waren der Meinung, dass es sinnvoll ist, die
esetze über moderne Dienstleistungen am Arbeits-
arkt zu überprüfen und daraufhin zu sehen, inwieweit

as eine oder andere Modell oder das eine oder andere
nstrument zeitnah entsprechend modifiziert werden
ollte. Deshalb haben wir im Koalitionsvertrag verein-
art, alle arbeitsmarktpolitischen Instrumente auf den
rüfstand zu stellen und gegebenenfalls zu verändern.
ierfür stellt der Bericht, auch wenn es nur ein Zwi-

chenbericht ist, eine gute Basis dar.

Wir wollen bis zum Jahr 2007 die aktive Arbeits-
arktpolitik durch die Zusammenführung und Vereinfa-

hung von Instrumenten neu ausrichten. Es geht uns ins-
esondere darum, die Beitrags- und Steuermittel
ffizienter und effektiver einzusetzen.

Wenn wir uns den Zwischenbericht einmal genauer
nsehen, dann stellen wir schon fest – es muss erlaubt
ein, das an dieser Stelle einmal vorzutragen –, dass die
rwartungen, die die Hartz-Kommission seinerzeit ge-
eckt hat, nicht erfüllt werden konnten. Es war Herr
artz selbst, der diese Erwartungen geweckt hat; es war
err Hartz, der von der Halbierung der Arbeitslosenzahl
esprochen hat. Es lohnt sich an der einen oder anderen
telle durchaus, sich die Pressemeldungen von damals
och einmal zu vergegenwärtigen. Ich muss das hier
icht im Einzelnen vortragen.


(Dirk Niebel [FDP]: Och doch! Es ist schon schön!)


err Hartz hat beispielsweise erklärt, mit dem Konzept
er Kommission, beginnend heute, 11 Uhr – das war am
6. August 2002 –, werde die Arbeitslosigkeit in den
ächsten drei Jahren um 2 Millionen gesenkt werden.
as ist aus meiner Sicht mit ein Grund dafür, dass wir in
ukunft sehr viel genauer hinsehen müssen, inwieweit
s überhaupt sinnvoll ist, solche Kommissionen einzu-
ichten.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dirk Niebel [FDP]: Zudem ja auch Hartz IV gescheitert ist!)


ch glaube schon, dass die Erwartungen, die von solchen
ommissionen geweckt werden, vor allem wenn sie von

ntsprechenden Zitaten flankiert werden, letztendlich ein
tück weit dazu beitragen, dass wir eine verhältnismäßig






(A) )



(B) )


Stefan Müller (Erlangen)

schlechte Stimmung in diesem Lande haben. Wir sollten
also mit solchen Zielvorgaben sehr vorsichtig sein.

Die Zahlen selbst sind uns allen bekannt. Wir hatten
damals 4 Millionen Arbeitslose; heute sind es 5 Millio-
nen. Das zeigt im Übrigen, dass die Skepsis der Union
damals durchaus angebracht war. Ich sage das überhaupt
nicht mit Schadenfreude. Mir wäre es lieber, wir hätten
nicht Recht behalten und hätten heute 2 Millionen Ar-
beitslose weniger in diesem Land. Wenn wir 2 Millionen
Arbeitslose weniger hätten, dann hätten wir an vielen an-
deren Stellen nicht die Probleme, mit denen wir es heute
zu tun haben, und würden wirtschaftlich insgesamt sehr
viel besser dastehen. Insofern sollten wir diesen Bericht
zum Anlass nehmen, zu überprüfen, inwieweit bei den
Instrumenten gegengesteuert werden muss. Zu verschie-
denen Punkten ist schon einiges gesagt worden.

Lassen Sie mich eines festhalten: Natürlich zeigt der
Bericht der Forschungsinstitute sowohl Schattenseiten
als auch helle Seiten auf. Positiv ist auf jeden Fall der
begonnene und in Teilen schon durchgeführte Umbau
der Bundesagentur für Arbeit zu bewerten. Auf dem
Weg von einer traditionellen Arbeitsverwaltung hin zu
einem modernen Dienstleister ist die BA in den letzten
Jahren schon ein ganzes Stück weit vorwärts gekommen.


(Dirk Niebel [FDP]: Unter Blinden ist der Einäugige König!)


Der Bericht bestätigt im Übrigen, Herr Kollege Niebel,
dass die BA in dieser Beziehung ein ganzes Stück weiter
gekommen ist und dass der Umbau in die richtige Rich-
tung geht. Wir sind ja durchaus der gleichen Auffassung,
wenn wir sagen, dass es noch nicht zu einem erfolgrei-
chen Abschluss gebracht worden ist.

Die Ergebnisse des Berichts sind nicht gänzlich zu-
friedenstellend; das ist doch keine Frage. Das Herzstück
der Organisationsreform ist die Einrichtung von Kun-
denzentren. Im Bericht heißt es, dass es hier offenbar
noch Probleme bei der Umsetzung gibt. Auch die ange-
strebte Verbesserung der Kundenzufriedenheit durch
eine bessere Relation der Zahl der Kunden zu der Zahl
der Vermittler ist noch nicht erreicht. Da ist sicherlich
noch einiges zu verbessern; auch das ist keine Frage.
Nur müssen wir uns ehrlicherweise vergegenwärtigen,
dass der Berichtszeitraum Anfang 2005 endet. Einiges,
was danach erreicht worden ist, kann in dem Bericht also
noch gar nicht enthalten sein. Die Institute attestieren
aber, dass die BA auf ihrem Reformkurs ein ganzes
Stück weiter gekommen ist, dass sie sich weiterentwi-
ckelt hat und dass sich auch die Kundenwahrnehmung
geändert hat. Wenn es aber um die Bewertung der Arbeit
und der Reformen der BA geht, müssen wir auf den Ab-
schlussbericht warten.

Ich möchte trotzdem feststellen, dass die Arbeit der
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bundesagentur für
Arbeit hervorragend war. Wir sollten das, was dort ge-
leistet worden ist, nicht schmälern.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


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(C (D an muss sich schließlich vor Augen halten, dass die esamte Umorganisation der BA parallel zum Betrieb, ur Kundenbetreuung lief. Insofern können wir durchaus on gewissen Erfolgen sprechen. Das wird im Übrigen auch deutlich, wenn man sich inmal den Haushalt der Bundesagentur für Arbeit nsieht. Durch die neuen Steuerungsmodule konnten inerhalb von knapp zwei Jahren insgesamt 7 Milliarden uro eingespart werden, und das ohne negative Effekte uf die Eingliederungsquote. Die BA geht davon aus, ass in diesem Jahr ein Überschuss erwirtschaftet weren kann. Es ist doch zwingend, liebe Kolleginnen und ollegen, den Beitrag zur Arbeitslosenversicherung im ommenden Jahr zu senken, wenn dort Überschüsse erirtschaftet werden. Genau das haben wir uns vorgeommen. Wir tun gut daran, die Bundesagentur für Arbeit auf hrem Weg zu einem modernen Dienstleister zu begleien. Nur mit einer modernen und dienstleistungsorienierten Arbeitsverwaltung werden sich tatsächlich Verittlungserfolge am Arbeitsmarkt einstellen. Es ist ichtig, klar zu machen, dass Arbeitslose in den Agentu en nicht als Bittsteller behandelt werden. Sie sind Kunen, denen geholfen werden muss. Es geht um die Untertützung der Menschen, die arbeiten wollen, und nicht chlicht um Fürsorge. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Liebe Kollegin Dückert, ich möchte noch ein paar
orte zum Antrag der Grünen verlieren. Ihr Antrag liest

ich ein Stück weit wie ein Lobgesang auf das Instru-
ent der Ich-AG. Dabei berufen Sie sich auf den Be-

icht. Ganz so einfach ist es meines Erachtens aber nicht;
er Kollege Brauksiepe hat dazu schon das eine oder an-
ere gesagt. Ich möchte aus dem Bericht vortragen:
iele der Gründer haben sich offenbar weniger aus ech-

er Überzeugung, sondern vor allem wegen fehlender
lternativen auf dem Arbeitsmarkt für die Selbstständig-
eit entschieden.

An anderer Stelle heißt es: Nur wenige der Geförder-
en haben eine detaillierte Gründungsberatung von der
undesagentur erhalten und hatten „kein wirklich durch-
achtes und durchgerechnetes Konzept für ihre Grün-
ung“.


(Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber gegen was spricht das denn? Gegen die Beratung, aber doch nicht gegen das Instrument! – Gegenruf des Abg. Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Gegen das Instrument, das Sie eingeführt haben!)


s geht weiter: Bei der Förderung liegen zugleich auch
inweise auf Mitnahme vor. „Systemimmanente Fehl-

nreize der Förderung können also nicht ausgeschlossen
erden.“

Im Bericht wird geschlussfolgert, dass eine systemati-
che Verzahnung mit anderen Förderinstrumenten
benso wie die Zusammenführung der beiden Instru-
ente Ich-AG und Überbrückungsgeld sinnvoll ist. Als






(A) )



(B) )


Stefan Müller (Erlangen)

Beleg für das, was Sie in Ihrem Antrag fordern, dient der
Bericht also nicht.

Sie kommen in Ihrem Antrag weiter zu der Erkennt-
nis, dass durch die Minijobs die Schwarzarbeit zwar ein
wenig zurückgedrängt werden konnte, sich aber gleich-
wohl keine richtigen Erfolge eingestellt haben. Richtig
ist, dass auch wir uns hätten vorstellen können, dass sie
eine Brücke in reguläre, sozialversicherungspflichtige
Beschäftigungsverhältnisse bilden. Aber, meine Kolle-
ginnen und Kollegen von den Grünen, ich finde, dass al-
lein die Tatsache, dass durch Minijobs die Schwarzarbeit
zurückgedrängt worden ist, als großer Erfolg gewertet
werden kann; denn dem Staat gehen jedes Jahr
17 Milliarden Euro durch die Schattenwirtschaft verlo-
ren. Wenn wir es mit einem solchen Instrument schaffen,
die Schattenwirtschaft zurückzudrängen, dann kann man
mit Fug und Recht von einem Erfolg sprechen.

Wir werden sicherlich weiterhin intensiv um gute Lö-
sungen ringen, damit wir das, was wir uns alle vorge-
nommen haben und was im Interesse des ganzen Hauses
ist, auch umsetzen können. Wir alle wollen die Arbeits-
losigkeit in dieser Legislaturperiode signifikant senken.
Die Opposition ist natürlich herzlich eingeladen, uns auf
diesem Weg konstruktiv zu begleiten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601601400

Ich erteile das Wort dem Kollegen Werner Dreibus,

Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Werner Dreibus (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601601500

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Meine Damen und Herren! Herr Staatssekretär Andres,
trotz aller persönlichen Wertschätzung und alter Verbun-
denheit hätte ich erwartet, dass zu diesem ehemals als
Herzstück der Agenda 2010 bezeichneten Komplex der
Arbeitsmarktreformen heute Morgen der verantwortli-
che Minister und damalige SPD-Vorsitzende selbst vor
diesem Hohen Haus Verantwortung für das übernimmt,
was in diesem Bericht niedergelegt ist.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir haben die Ankündigung des Ministers im Aus-
schuss für Arbeit und Soziales, die Arbeitsmarktpolitik
auf den Prüfstand zu stellen und dann das abzuschaffen,
was ineffizient ist, und das beizubehalten und auszu-
bauen, was sich als erfolgreich erwiesen hat, mit großer
Aufmerksamkeit gehört. Wenn man diesen Zwischenbe-
richt als das ansähe, was er wirklich ist, nämlich als ein
Dokument, das das Scheitern dieser Arbeitsmarktrefor-
men belegt, dann wäre es notwendig und richtig, den Mi-
nister heute dazu aufzufordern, seinen Worten Taten fol-
gen zu lassen.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir erwarten von Ihnen als großer Koalition, dass aus
den Erkenntnissen in diesem Bericht zügig Konsequen-
zen gezogen werden. Die grundsätzliche Konsequenz
muss sein, die Förderung der Arbeitslosen zu stärken

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(C (D tatt die Arbeitslosen mit allerlei nutzlosen Forderungen eiter zu schikanieren. Ich will mich ausdrücklich bei den Wissenschaftlerinen und Wissenschaftlern, die an diesem Bericht mitgeirkt haben, bedanken, weil sie ein für meine Begriffe irklich wichtiges, wenn auch nur ein vorläufiges Doument zustande gebracht haben, das wie ein Offenarungseid des so genannten Herzstückes der genda 2010, wie ich es bereits in meinen Einleitungsorten genannt habe, ist. Wir erwarten, dass die Koalition zur Kenntnis nimmt, ass die ausgewiesene Zunahme geringfügiger Beschäfigungsverhältnisse keine Erfolgsgeschichte ist. Im Beicht wird zu Recht die Zunahme so genannter reformierer Beschäftigungsverhältnisse, der Miniund idijobs, gelobt. Verschwiegen wird aber, dass diese unahme mit dem Verlust regulärer, versicherungsflichtiger Beschäftigungsverhältnisse erkauft wurde. Ich will auf Folgendes hinweisen: Die neuesten Zahen der Bundesknappschaft für das zweite Halbjahr 2005 elegen, dass auch die Anzahl der Miniund Midijobs, lso der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse, drasisch zurückgeht, laut diesen Zahlen um knapp 700 000. iese Zahl ist beim besten Willen kein Beleg dafür, dass an die Entwicklung in diesem Bereich als Erfolg ver ünden könnte, wie Herr Andres in seiner Einleitungsede versucht hat, es uns glaubhaft zu machen. Herr ndres, ich unterstelle Ihnen einmal, dass Sie im Moent mit sehr viel Arbeit eingedeckt sind, was dazu ge ührt hat, dass Sie diesen Bericht nicht allzu aufmerksam esen konnten. Jedenfalls hatte Ihre Art der Zusammenassung aus meiner Sicht relativ wenig mit dem Inhalt es Berichtes zu tun. (Beifall bei der LINKEN – Dirk Niebel [FDP]: Das ist wohl wahr!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


Der Bericht der Bundesregierung sagt aber noch et-
as viel Bedeutenderes aus. Er sagt aus, dass Arbeits-
arktpolitik nur dafür gut ist, den Ausgleich zwischen
rbeitsnachfrage und Arbeitsangebot zu verbessern. Sie

st nicht dafür geschaffen, die Nachfrage nach Arbeit zu
rhöhen. Insofern ist weiterhin Herzstück unserer Posi-
ion, dass wir ein solides Beschäftigungsprogramm brau-
hen, ein solides Zukunftsinvestitionsprogramm mit
eutlich anderen Größenordnungen, als sie bisher vorge-
egt wurden. Für einen nachhaltigen Beschäftigungsauf-
au brauchen wir ordentlich Wasser auf die Mühlen, und
war deutlich mehr als 6 Milliarden Euro jährlich, wie es
n Ihrer Planung vorgesehen ist.


(Beifall bei der LINKEN)


Das ist aus unserer Sicht die Quintessenz dieses Be-
ichtes. Sie haben jetzt schwarz auf weiß, dass ein grund-
egender Wechsel Ihrer Politik hin zu mehr Beschäfti-
ung und zur Förderung von Arbeitslosen und keine
eiteren Schikanen geboten sind.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN)







(A) )



(B) )


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601601600

Das Wort hat nun der Kollege Wolfgang Meckelburg,

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Wolfgang Meckelburg (CDU):
Rede ID: ID1601601700

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-

legen! Für mich ist dies der erste Auftritt in Zeiten der
großen Koalition, und zwar zu einem, wie ich glaube,
nicht ganz einfachen Thema, weil wir dazu bisher sehr
unterschiedliche Auffassungen hatten. Meiner Meinung
nach kann man an dieser Debatte den Übergang von Rot-
Grün zur großen Koalition erkennen. Denn nun müssen
wir gemeinsam überlegen, was wir an der bisherigen Ar-
beitsmarktpolitik, die wir sehr kritisch beurteilen, ändern
können, um sie in eine gute Zukunft zu führen.

Da ich im Jahr 2002, als vieles von dem entstanden
ist, was im vorliegenden Bericht behandelt wird, dabei
war, will ich an die Situation erinnern: Im Job-AQTIV-
Gesetz wurden von Rot-Grün die Grundsätze vom För-
dern und Fordern in den Vordergrund gerückt. Es kam
zur Vermittlungskrise bei der Bundesagentur. Daraufhin
war bei Rot-Grün eine hektische Aktivität zu erkennen.
Durch ein relativ schnelles Verfahren wurde die Einfüh-
rung von Vermittlungsgutscheinen ermöglicht. Aus
heutiger Sicht kann man sagen: Dass das nicht funktio-
niert hat, war eine logische Konsequenz dieser Hektik.
Wir haben damals den Umbau der Arbeitsverwaltung
eingeleitet – hier sind wir auf einem guten Weg – und
den Beschluss gefasst, eine Kommission einzusetzen,
die die Ergebnisse ihrer Beratungen am 16. August 2002
präsentierte.

Um den Koalitionsfrieden nicht zu gefährden, werde
ich nicht an all die Versprechen erinnern, die Peter Hartz
damals, am 16. August 2002, gegeben hat. Sein Haupt-
versprechen lautete:

Ziel des Masterplans ist es, die Zahl der Arbeitslo-
sen in drei Jahren um 2 Millionen zu reduzieren.

Ich glaube, ich störe den Koalitionsfrieden nicht, wenn
ich feststelle: Ein so großer Masterplan ist das offen-
sichtlich nicht gewesen. Die Hauptbotschaft, die sich aus
dieser Feststellung für die große Koalition ergibt, lautet:
Wir müssen den gescheiterten Masterplan von Hartz in
eine erfolgreiche Politik kleiner Schritte am Arbeits-
markt umwandeln.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist ja wieder die gleiche Leier! – Dirk Niebel [FDP]: Das sind doch höchstens erfolgreiche Trippelschritte!)


Das ist das Interesse, das wir als große Koalition verfol-
gen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wenn man mit kleinen Schritten im Kreis läuft, kommt man aber auch nicht voran!)


Es ist wichtig, dass wir in kleinen Schritten vorgehen,
statt, wie es bisher der Fall war, in Hektik zu verfallen.


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(C (D Hier unterscheiden wir uns vielleicht von Ihnen, Herr iebel. Sie wissen ja immer ganz genau, wie die Welt unktioniert. Ich finde, wir sollten uns ruhig Zeit nehmen und mit er nötigen Sorgfalt und Ehrlichkeit vorgehen. Wir brauhen Zeit, (Dirk Niebel [FDP]: Da ist sie wieder, die ruhige Hand!)


(Dirk Niebel [FDP]: Auch das noch!)


ürfen aber nicht – da haben Sie Recht – in eine Politik
er ruhigen Hand verfallen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wer nichts macht, macht auch nichts verkehrt!)


Ich möchte nun auch den Abgeordneten der SPD die
öglichkeit geben, Beifall zu klatschen, und das auf-

reifen, was Karl-Josef Laumann zwei Jahre nach der
rbeit der Hartz-Kommission im Französischen Dom
esagt hat – dem können wahrscheinlich auch Sie von
er FDP an vielen Stellen zustimmen –: Zu einer seriö-
en Bewertung der vier Hartz-Gesetze gehört natürlich
uch, zu sagen, dass sich dadurch in Deutschland in den
ergangenen zwei Jahren – jetzt sind es bereits drei Jahre –
twas bewegt hat.


(Dirk Niebel [FDP]: Wie bitte? Wir haben immer noch 5 Millionen Arbeitslose!)


ir haben erste strukturelle Reformen, zum Beispiel die
usammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe
nd Veränderungen bei der Bezugsdauer des Arbeitslo-
engeldes, vorgenommen


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Oh ja!)


nd für die Stärkung des Unternehmergedankens ge-
orgt.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Oh!)


Ja, natürlich. Das ist ein Ergebnis der Einführung der
ch-AG, das ich positiv finde; ansonsten ist dieses Instru-
ent sicherlich sehr kritisch zu sehen. –


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Na ja! Ob das nachhaltige Gründungen sind, müssen wir erst einmal abwarten!)


ir haben mit dem Umbau der Bundesanstalt begonnen
nd insbesondere bei den Mini- und Midijobs durchaus
rfolge erzielt.

Nun führen wir eine Diskussion über die Bewertung
ll dieser Maßnahmen und müssen zu tragfähigen Ergeb-
issen kommen. Wir befinden uns mitten in diesem Pro-
ess. Wir haben bereits erste Schritte auf den Weg ge-
racht und die Befristung einiger Maßnahmen
erlängert; manches ist schon am 1. Januar 2006 Gesetz
eworden. Befristungen waren vor allem bei der Förde-
ung der Weiterbildung älterer Arbeitnehmer, der Beauf-
ragung von Trägern mit Eingliederungsmaßnahmen
das wird im vorliegenden Bericht übrigens positiv be-
ertet – und der Entgeltsicherung für ältere Arbeitneh-
er zu beachten. Durch diese Maßnahmen unterstützen






(A) )



(B) )


Wolfgang Meckelburg
wir vor allen Dingen diejenigen, die am ersten Arbeits-
markt Schwierigkeiten haben. Das bedeutet nicht, dass
alles so bleibt, wie es ist. Vielmehr wollen wir Luft ge-
winnen, um eine ehrliche Diskussion führen zu können.

Zurzeit befinden wir uns in einem zweiten Gesetzge-
bungsverfahren, das nächste Woche zum Abschluss ge-
bracht werden wird. Dabei geht es um das Arbeitslosen-
geld II; das hat nicht direkt mit dem vorliegenden
Bericht zu tun, aber schon mit dieser Problematik. Wir
werden das Ostniveau an das Westniveau anpassen und
weitere Korrekturen vornehmen, was den Erstbezug von
Wohnungen bei unter 25-Jährigen angeht und was die
Frage betrifft, inwieweit 25-Jährige zu den Bedarfsge-
meinschaften gehören.

Lassen Sie mich uns alle auffordern, die heutige De-
batte über den Zwischenbericht als Einstieg in eine of-
fene und ehrliche, in eine gründliche und gewissenhafte
Analyse zu nehmen. Lassen Sie uns möglichst gemein-
schaftlich Konsequenzen ziehen, was die Einzelmaßnah-
men angeht. Ein Weniger an Maßnahmen ist für die Be-
troffenen möglicherweise ein Mehr. Wir müssen die
Maßnahmen stärker bündeln; das hat auch der Arbeits-
minister erkannt.

Die PSA, die Personal-Service-Agentur, ist durch
das, was wir beschlossen haben, bereits seit dem
1. Januar 2006 praktisch abgeschafft; denn es besteht
nicht mehr der Zwang für jedes Arbeitsamt, jeden Ar-
beitsamtsbezirk, eine Personal-Service-Agentur einzu-
richten. Dies ist, wie man nachlesen kann, nicht erfolg-
reich gewesen. Die Vermittlung dieser Arbeitslosen
muss die gewerbliche Zeitarbeit übernehmen, eine Bran-
che, die immer Hilfestellung geleistet hat.

Ich nenne ein weiteres Stichwort, die Minijobs, bei
denen es eine rasante Entwicklung gegeben hat. Sie sind
sicherlich keine Hilfe, um aus der Arbeitslosigkeit in den
ersten Arbeitsmarkt zu kommen. Es zeigt sich aber, dass
es einen entsprechenden Bedarf gibt. Was kann man da-
raus lernen? Offensichtlich wird Arbeit insbesondere
dann interessant, wenn sie nicht zu stark mit Steuern und
Abgaben belastet ist. Das heißt, wir müssen den Blick
auf die Midijobs richten und dringend zu einer Entlas-
tung kommen. Deswegen haben wir miteinander be-
schlossen, zum 1. Januar des nächsten Jahres den Ar-
beitslosenversicherungsbeitrag um 2 Prozentpunkte zu
senken.

Zum Abschluss möchte ich etwas sagen, was in dieser
Diskussion bisher niemand gesagt hat, was aus meiner
Sicht aber sehr wichtig ist: Wir müssen immer im Blick
behalten, dass die Politik, auch die Arbeitsmarktpolitik,
keine Arbeitsplätze schaffen kann.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist richtig!)


Wir können nur Hilfestellung leisten, damit die Betroffe-
nen in den ersten Arbeitsmarkt kommen. Was wir drin-
gend brauchen, ist eine parallele Politik, die die Wirt-
schaft voranbringt und die Unternehmen in die Lage
versetzt, Arbeitsplätze zu schaffen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Fehlanzeige!)


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(C (D azu werden wir als Koalition unseren Beitrag leisten. ir sind auf einem guten Weg. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das war nach der niebelschen Rede die beste! Wohlgemerkt: nach der niebelschen Rede!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601601800

Das Wort hat nun der Kollege Klaus Brandner, SPD-

raktion.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Klaus Brandner (SPD):
Rede ID: ID1601601900

Verehrte Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen

nd Herren! Die Evaluation der arbeitsmarktpolitischen
esetzgebung bietet die Gelegenheit zum Rückblick auf
ielsetzung und Zielerreichung.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Da wird man auch an seine Versprechen erinnert!)


ch habe heute gehört, dass das eine oder andere Instru-
ent nicht so gewirkt hat. Das ist schnell gesagt, Herr
olb.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das kann man nicht oft genug sagen!)


ber ich glaube, gerade in der Arbeitsmarktpolitik brau-
hen wir weniger Schlaumeier und mehr Menschen, die
ereit sind, Verantwortung zu tragen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Peter Ramsauer [CDU/ CSU]: Ganz neue Töne!)


it der Kritik an einzelnen Instrumenten ist es nicht ge-
an. Die Arbeitsmarktreformen sind nämlich mehr als
ie Einführung einzelner Instrumente.

Wir haben heute Morgen Standardreden gehört, ange-
angen mit der von Herrn Niebel,


(Dirk Niebel [FDP]: Nein, nein! Ich habe da sehr viel variiert!)


ie wir zum 23. Mal, vielleicht auch schon öfter, gehört
aben. Natürlich kann man eine solche Rede auswendig
ernen; auch das ist natürlich eine Leistung, Herr Niebel.
as will ich gar nicht bestreiten.


(Dirk Niebel [FDP]: Ich kann gar nicht auswendig lernen! Dafür bin ich völlig ungeeignet!)


ber ich finde es beschämend, wie Sie über die stellver-
retende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbun-
es gesprochen haben – das kann man so nicht hinneh-
en –


(Beifall bei der SPD – Dirk Niebel [FDP]: Wer mobbt sie denn weg? Sie wird doch vom DGB weggemobbt, nicht von mir!)







(A) )



(B) )


Klaus Brandner
und dass Sie den Personalrat, der von der Mehrheit der
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Bundesagen-
tur für Arbeit gewählt worden ist, um ihre Interessen
wahrzunehmen, als Blockierer und Verhinderer hinge-
stellt haben.


(Beifall bei der SPD – Dirk Niebel [FDP]: Das steht im Bericht Ihrer alten Bundesregierung!)


Ausgerechnet ihn haben Sie als Übeltäter dafür ausge-
macht, dass die Reformen nicht wirken.


(Dirk Niebel [FDP]: Herr Andres hat es gesagt!)


Das spiegelt Ihr demokratisches Verständnis wider: Weg
mit den Arbeitnehmerrechten, zurück zum Herrschafts-
recht! Das ist Ihr Stil; das muss hier ganz offen gesagt
werden.


(Beifall bei der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Da haben Sie aber auch in eine Schublade gegriffen! – Dirk Niebel [FDP]: Immer die alte Leier!)


Die heutige Debatte ist sehr spannend. Kollegin
Dückert hat davon gesprochen, dass man nicht auf den
Abschlussbericht warten darf.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ja!)


Nun haben wir gemeinsam sehr engagiert und, wie ich
glaube, auch sehr erfolgreich die Gesetzgebung auf den
Weg gebracht. Dabei hat sie gemerkt, dass wir gar keine
Lame Ducks sind, sondern diesen Evaluationsbericht auf
den Weg gebracht haben.

Herr Müller, mir war ganz neu, dass die CDU damals
schon mit im Boot war. Ich erinnere mich noch gut da-
ran, dass wir von Rot-Grün den Antrag gestellt haben.
Wir hatten den Mut, sicherzustellen, dass diese umfang-
reiche Reform wissenschaftlich begleitet wird, die Er-
gebnisse öffentlich präsentiert werden und dann auch die
Konsequenzen gezogen werden.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Insofern will ich hier ganz klar sagen: Im Kern setzen
wir die Arbeitsmarktpolitik, die Rot-Grün mit der
Agenda 2010 begonnen hat, mit Schwarz-Rot fort.

Dabei haben wir einen großen strategischen Vorteil,
nämlich dass die Blockadepolitik, die die wirksame Um-
setzung beschäftigungspolitischer Facetten verhinderte,
jetzt endlich beendet ist.


(Dirk Niebel [FDP], zur CDU/CSU gewandt: Das geht an euch! Ist das im Koalitionsausschuss vereinbart?)


Wir haben die Chance, zum Beispiel die Gebäudesanie-
rungsprogramme, die Programme für die Handwerker,
die beschäftigungspolitischen Initiativen zur Verbesse-
rung der Infrastruktur, aber auch die Maßnahmen zur
Ganztagsbetreuung umzusetzen. Zur Umsetzung dieser
strukturellen politischen Maßnahmen hatten wir in
der Vergangenheit wegen der Blockade im Bundesrat
wenig Gelegenheit.

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(C (D (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Placebos! Da wird nicht viel kommen!)


as ist ein strategischer Vorteil für die Menschen in die-
em Lande. Sie haben das gemerkt. Deshalb stehen sie
ur großen Koalition.


(Beifall bei der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Doch eher zur Union als zur SPD, wenn ich die Umfragen richtig interpretiere!)


Am Ende werden wir natürlich auch über einzelne
aßnahmen streiten. Aber ich setze darauf, dass die
raft der Argumente siegt. Die Bereitschaft und die Fä-
igkeit zum Kompromiss sind die Voraussetzungen für
in gedeihliches Zusammenwirken. Das habe ich bisher
rlebt. Ich baue darauf, dass wir genau diesen Weg auch
it dem Kollegen Brauksiepe und anderen, die in der ar-

eitsmarktpolitischen Debatte Verantwortung überneh-
en, fortsetzen werden.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Sie sprechen zu viel von „fortsetzen“!)


Herr Meckelburg hat sehr offen darüber gesprochen,
ass er aus Gründen des Koalitionsfriedens an das eine
der andere in der Vergangenheit nicht unbedingt erin-
ern mag. Aber darüber können wir sprechen, sogar of-
ensiv.


(Dirk Niebel [FDP]: Der Juniorpartner bietet Gespräche an!)


ie Präsentation von Herrn Hartz hat große Erwartungen
ezüglich der Arbeitsmarktpolitik in diesem Land ge-
eckt, die so nicht erfüllt werden konnten und die sich
ie SPD-Bundestagsfraktion auch in der Vergangenheit
icht zu Eigen gemacht hat. Aber dass wir einen Auf-
ruch, eine Veränderung brauchen, hat doch nie in
weifel gestanden.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ihr habt ihn nur nicht hingekriegt!)


Wenn wir über die Vergangenheit reden – Herr Kolb,
a wäre ich nicht so vollmundig –, dann werden wir na-
ürlich auch über die AB-Maßnahmen reden müssen,
on denen Sie – Sie sind ja lange genug dabei gewesen –
underttausende organisiert haben, um die Arbeits-
arktstatistik zu schönen. Wir haben am Ende gemein-

am daraus gelernt. Wir haben auch aus den Erfahrungen
it dem Vorruhestand gelernt, den nicht die SPD ein-

eführt hat, sondern den Sie mit Ihrem alten Koalitions-
artner gemacht haben.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Dann ist ja alles in Ordnung! Das ist ja Klasse!)


ir haben daraus gelernt, dass nicht wirksame arbeits-
arktpolitische Instrumente nicht fortgeführt werden

önnen. Dazu hat Rot-Grün die Kraft gehabt. Das müs-
en Sie sich ins Stammbuch schreiben lassen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Nein, nein!)


Natürlich ist es so.






(A) )



(B) )


Klaus Brandner
Deshalb will ich hier ganz deutlich sagen: Die Stig-
matisierung muss beendet werden. Wir haben sie been-
det. Das ist gut für die Menschen in diesem Land. Wir
werden jetzt darangehen, die weitreichendsten Refor-
men am Arbeitsmarkt, die wir mit dem Ziel einer
schnelleren, passgenauen Vermittlung und der Schaffung
neuer Beschäftigungspotenziale, aber auch der Neu-
strukturierung der Bundesagentur für Arbeit und der
Förderinstrumente angegangen sind, systematisch fort-
zusetzen.

Wir, die Sozialdemokraten, sind stolz, dass wir die
Kraft gehabt haben, dieses große Reformpaket voranzu-
bringen. Alle wissenschaftlichen Institute im wirt-
schaftspolitischen Bereich – national und international –
bestätigen, dass wir mit diesen Reformprojekten richtig
liegen. Sie haben erkannt, dass wir Arbeitslosigkeit nicht
weiter verwalten wollen, sondern mehr Chancen für ar-
beitslose Menschen brauchen. Daran müssen wir zielge-
richtet arbeiten.

Wir lassen uns den Erfolg nicht durch Kritik der Op-
position am Tempo der Umsetzung nehmen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Aber 5 Millionen sind 5 Millionen! – Dirk Niebel [FDP]: Ich sehe den Erfolg nicht wirklich! Welche Perspektive geben Sie den Menschen?)


Wir haben bisher weder von der rechten noch von der
linken Seite Schritte erleben können, die dazu beigetra-
gen hätten, dass es mehr Beschäftigung in diesem Land
gibt.

Die Hartz-Gesetze haben die Strukturen der Ver-
mittlung verändert. Sie haben neue Förderinstrumente
entstehen lassen und ein völlig neues Denken in die Ar-
beitsmarktpolitik gebracht. Arbeitslose sind Kunden, um
die man sich kümmert, die man betreut, und nicht Num-
mern, die man einfach nur versorgt. Das ist eine ganz we-
sentliche inhaltliche Änderung. Hier sind wir auf einem
guten Weg. Ich finde, eine Missachtung der Leistung der
Beschäftigten der Bundesagentur, die diese Prozesse und
Maßnahmen so offensiv vorangetrieben haben, ist nicht
hinzunehmen. Man kann ihnen nicht genügend dafür
danken, dass sie es geschafft haben, wesentliche Verän-
derungen auf den Weg zu bringen. Innerhalb eines Um-
bauprozesses werden die Bearbeitungsprozesse bezüg-
lich der Langzeitarbeitslosigkeit im SGB II und der
Arbeitslosigkeit im SGB III durch Strukturreformen an-
gegangen. Dabei sind wir ja erst am Anfang dieses We-
ges. Dafür brauchen wir die Motivation dieser Menschen
und wir können ihnen an dieser Stelle ganz herzlich dafür
danken, was sie auf diesem Gebiet bisher schon geleistet
haben.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Dirk Niebel [FDP])


Der Grundsatz Fördern und Fordern ist das Leitmo-
tiv unserer modernen Arbeitsmarktpolitik geworden:
Fordern durch klare Regeln der Zumutbarkeit und För-
dern durch einen Strauß von angepassten Instrumenten
für einzelne Zielgruppen. Die schnelle und passgenaue
Vermittlung steht dabei im Vordergrund. Ich will es ganz

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(C (D eutlich sagen: Bei uns steht das Fördern vornan. Dem ordern geht das Fördern voraus. Ich will ganz deutlich agen, dass wir dabei auf einem guten Weg sind. Wir wissen, dass noch nicht überall die erforderliche nzahl an Menschen vorhanden ist, die diesen Prozess estalten müssen. Wir wissen auch, dass die erforderlihe Qualifikation bei einzelnen Vermittlerinnen und Verittlern noch nicht gegeben ist. Wir sehen aber doch die ystematischen Maßnahmen sowohl bezüglich der Anahl derjenigen, die sich dieser Arbeit widmen, als auch ezüglich des Qualitätsaufbaus bei denjenigen, die die enschen sachkundig beraten. Das müssen wir unter tützen und positiv herausstellen. Es geht nicht um Wünsch dir was“, es geht darum, das Machbare zügig oranzubringen. Das heißt überhaupt nicht, dass wir die and in den Schoß legen, sondern das ist ein Zeichen er Akzeptanz, dass Reformen Zeit und Kontinuität rauchen. Dem stellen wir uns. Ich habe deutlich gemacht, dass die Reformen am Areitsmarkt in den Prozess der Agenda 2010 zur Moderisierung unseres Landes eingebunden sind. Sie sind mit trukturreformen verbunden, bei denen Innovation und oziale Balance Kernelemente des Reformprozesses ind. Um es ganz deutlich zu sagen: Arbeitsmarktreforen, die nicht in beschäftigungspolitische Reformen ingebunden sind, können ihre Wirkungen nicht entfalen. Genau das ist die Erkenntnis, die beide großen Koaliionspartner im Kern gewonnen haben. Wir wissen, dass an die Strukturkrisen am Arbeitsmarkt nicht dadurch eseitigt, dass man nur neue Instrumente organisiert, ondern dadurch, dass man den gesamten Rahmen orgaisiert. Diesem Ziel sind wir gemeinsam verpflichtet. Ich enke, das ist auch die gemeinsame Leitbasis, von der us wir unsere Politik für die Zukunft gestalten werden. Insofern darf ich Ihnen sagen: Die Arbeitsmarktreforen sind in gesamtwirtschaftliche Reformen eingebet et. Durch sie allein können wir keine arbeitsmarktpolitichen Erfolge erzielen. Dies wird nur gelingen, wenn wir uch in der Wirtschafts-, Finanzund Innovationspolitik rfolge erreichen. Deshalb kann ich nur dazu aufrufen, ass wir den gesamten Reformprozess in diesen Bereihen nutzen. Die Chancen dazu haben sich in der großen oalition verbessert. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das war jetzt aber viel heiße Luft! – Dirk Niebel [FDP]: Das war gar nichts Neues! Die Rede hatten wir schon!)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Ich darf sie alle um konstruktive Mitarbeit bitten;
enn nur dann helfen wir den arbeitslosen Menschen in
iesem Lande.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist das Pfeifen im Walde!)


ir helfen ihnen nicht dadurch, dass wir das Schlechtre-
en der Vergangenheit fortsetzen. Dadurch ist noch kein
rbeitsplatz entstanden. All diejenigen, die jetzt ver-

uchen, irgendwo ein Härchen in der Suppe zu finden,






(A) )



(B) )


Klaus Brandner
sollten sich merken: Das hilft dem Land und den Men-
schen nicht weiter.


(Dirk Niebel [FDP]: Das ist Ihr Evaluierungsbericht!)


Ich fordere Sie zur Zusammenarbeit auf.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601602000

Ich erteile dem Kollegen Eckhardt Rehberg, CDU/

CSU-Fraktion, das Wort.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Eckhardt Rehberg (CDU):
Rede ID: ID1601602100

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abge-

ordnete! Durch das Gutachten werden ja nicht nur kleine
Härchen zutage gefördert,


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Da liegt ein ganzes Toupet in der Suppe!)


sondern an der einen oder anderen Stelle wird ein kleines
Büschelchen daraus. Ich glaube aber, dass man hier die
Schadenfreude beiseite packen und wirklich nach vorne
schauen sollte.

Das, was man im arbeitsmarktpolitischen Bereich tut,
sollte man auch mit Blick darauf betrachten, wie das am
Beispiel der Ich-AGs auf die kleinen und mittelständi-
schen Unternehmen gerade im Osten Deutschlands
wirkt. Dort sind die Wurzeln für sie nicht so tief wie in
den alten Ländern. Kollegin Mast, Sie haben davon ge-
sprochen, dass 80 Prozent der Existenzgründer noch im-
mer selbstständig sind. Wenn ich das richtig in Erinne-
rung habe, war der Starttermin für diese Art von
Existenzgründungen der 1. Januar 2003. Das heißt, wir
können erst jetzt prüfen, wie die Lage im Jahr 2006,
vielleicht sogar im Jahr 2007 aussieht, insbesondere vor
dem Hintergrund der Absenkung des Zuschusses um ins-
gesamt 14 400 Euro, übrigens ohne monetäres Risiko.

Schauen Sie sich einmal vor Ort um. Sie werden fest-
stellen, dass die Situation im Osten ein Stück weit anders
ist als im Westen, weil das Angebot an Arbeit und Auf-
trägen viel geringer als im Westen ist. Bei Ausschreibun-
gen gehen viele folgendermaßen vor: So mancher Maler-
meister – ich sage Ihnen, dieser gehört auch dazu –
fordert seine fünf Gesellen auf, Ich-AGs zu gründen.
Diese müssen dann als Unternehmen einschließlich Sub-
unternehmen sehen, wie sie an die Aufträge herankom-
men. Wir müssen uns fragen: Warum ist es im
Jahre 2004 bei den Ich-AGs zu einem Einbruch gekom-
men? Der Grund ist, dass Coaching und ein Business-
plan eingeführt worden sind. Jetzt einfach den Pflock
einzuschlagen und die Zuschüsse zu den Ich-AGs wei-
terhin verpflichtend zu machen, kann nicht der richtige
Ansatz sein.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Hier muss man weiter schauen, und zwar nicht nur mit
Blick auf die Arbeitsmarktstatistik. Diese mag zwar gut
aussehen, aber die Frage ist: Wie wirkt sich das auf den
wirtschaftlichen Bereich aus?

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(C (D Meine sehr verehrten Damen und Herren von der DP, was wir Ihnen voraushaben, ist, ass wir uns dieses Gutachten gründlich durchlesen und ns überlegen, wie man die bestehenden Instrumente eu ausrichten kann, besonders mit Blick auf den Mitteltand und die Wirtschaft, nicht nur im Osten, sondern uch im Westen. Deswegen sollte man an dieser Stelle ine offene, ehrliche und ideologiefreie Debatte ohne cheuklappen führen. Das sollte am heutigen Tage der nsatz sein. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Dirk Niebel [FDP]: Genauso haben wir das gemacht!)


(Dirk Niebel [FDP]: Dass Sie regieren!)


Wir brauchen schon Existenzgründungen aus der Ar-
eitslosigkeit heraus. Deswegen müssen wir uns fragen:
arum ist das Überbrückungsgeld seit 20 Jahren rela-

iv erfolgreich?


(Dirk Niebel [FDP]: Weil wir es eingeführt haben! Sie gemeinsam mit uns!)


Sehr geehrter Herr Kollege Niebel, ich habe in Erinne-
ung, dass 1986 der Bundesarbeitsminister Norbert
lüm hieß.


(Dirk Niebel [FDP]: Mit wem hat er regiert?)


eiterhin habe ich in Erinnerung – ich konnte das nur
m Fernsehen erleben –, dass der Bundeskanzler Helmut
ohl hieß. Man sollte also so fair sein, festzustellen,
ass dies von Union und FDP eingeführt worden ist.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601602200

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

ollegen Niebel?


Eckhardt Rehberg (CDU):
Rede ID: ID1601602300

Herzlich gerne.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Herr Niebel hat immer viele Fragen und wenig Antworten!)



Dr. h.c. Dirk Niebel (FDP):
Rede ID: ID1601602400

Vielen Dank, Herr Kollege. – Stimmen Sie mir dem-

ach zu, dass 1986 Union und FDP gemeinsam regiert
aben und dass von daher mein Zwischenruf „Weil wir
s gemeinsam eingeführt haben!“ richtig ist?


Eckhardt Rehberg (CDU):
Rede ID: ID1601602500

Ich antworte Ihnen folgendermaßen: Das Über-

rückungsgeld ist ein gutes Instrument und wirkt bei Hö-
erqualifizierten ganz offenkundig besser, die auf diese
eise mit einem relativ hohen Einkommen aus der Ar-

eitslosigkeit herauskommen. Die Ich-AG wirkt bei Ge-
ingqualifizierten gut, die mit einem nicht so hohen
berbrückungsgeld aus der Arbeitslosigkeit heraus eine
xistenz gründen wollen.


(Beifall der Abg. Silvia Schmidt [Eisleben] [SPD])







(A) )



(B) )


Eckhardt Rehberg
Wir müssen uns überlegen, wie wir mit diesen beiden
Instrumenten verbunden – möglicherweise mit einer
Darlehensförderung – einen gewissen Zeitraum über-
brücken können. Existenzgründer, die das Überbrückungs-
geld in Anspruch genommen haben, haben nach ein oder
zwei Jahren finanzielle Probleme. Wir müssen eine län-
gerfristige Förderung dieser Unternehmen mit einem
monetären Risiko für den Existenzgründer einführen.


(Dirk Niebel [FDP]: Haben wir denn jetzt 1986 regiert oder nicht?)


Da sind wir, Herr Kollege Niebel, gemeinsam auf dem
richtigen Weg. Machen wir aus zwei interessanten In-
strumenten ein richtig gutes Instrument. Dann kommen
wir weiter voran.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ein Satz zu den Mini- und Midijobs. Diese Jobs sind
nie als Brücke in den ersten Arbeitsmarkt gedacht gewe-
sen. Aber Menschen, die fünf oder zehn Jahre lang über-
haupt keine Beschäftigung hatten und dann die Möglich-
keit erhalten, einen Mini- und Midijob zu bekommen
und damit in einem sozialen Umfeld beschäftigt zu sein,
erwächst daraus die Chance, eine unbefristete Beschäfti-
gung zu erhalten. Deswegen ist dieses Instrument gut
und richtig.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Dann darf man doch die Beiträge nicht erhöhen!)


Besonders interessant – ich glaube, das kann wohl
nicht anders sein – sind die Vorschläge, die die Kollegin
Kipping von der Linkspartei heute vorgetragen hat, wie
wir in der Arbeitsmarktpolitik in Deutschland voran-
kommen. Frau Kollegin, ich habe noch nie erlebt, dass
mehr Verwaltung – sprich: mehr Bürokratie; es war doch
Ihr Vorschlag, mehr Personal in der Bundesagentur ein-
zustel-len – dazu geführt hat, dass irgendein Problem in
Deutschland gelöst worden ist. Notwendig sind vielmehr
Effizienzkontrolle bzw. Controlling und auch politische
Kontrolle, statt einen Ansatz zugunsten von mehr Ver-
waltung in der Bundesagentur für Arbeit zu verfolgen.

Es ist im Gegenteil noch viel mehr Druck auf dem
Kessel notwendig, damit die Bundesagentur einschließ-
lich der Argen noch viel effizienter arbeitet. Ich meine,
dass nur dieser Weg nach vorne führt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601602600

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der

Frau Kollegin Kipping?


Eckhardt Rehberg (CDU):
Rede ID: ID1601602700

Ja, bitte.


Katja Kipping (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601602800

Herr Kollege, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu neh-

men, dass ich mich nicht für mehr Verwaltung, sondern

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(C (D ür eine bessere personelle Ausstattung im Bereich der ermittlung ausgesprochen habe? (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das läuft auf das Gleiche hinaus!)


ind Sie auch bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass die
ugrunde liegende Analyse, dass sich die Relation zwi-
chen Vermittler und Kunden nicht verbessert hat, auf
en Bericht Ihrer Bundesregierung zurückgeht, den Ihre
undesregierung im Kabinett verabschiedet hat?


(Beifall bei der LINKEN)



Eckhardt Rehberg (CDU):
Rede ID: ID1601602900

Frau Kollegin, wenn Sie mehr Personal für eine Be-

örde fordern, dann bedeutet das auch mehr Verwaltung.


(Widerspruch bei der LINKEN)


Ich glaube, dass jeder, der das Innenleben von Behör-
en ein bisschen kennt, weiß, worauf das letztendlich hi-
ausläuft.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: So ist es!)


Vielleicht haben Sie nicht zur Kenntnis genommen,
ass in der Bundesagentur und in den Argen bereits jetzt
ehr Personal vorhanden ist als vor den Hartz-Refor-
en. Das heißt, es gibt im gesamten Bereich der Arbeits-

erwaltung deutlich mehr Personal als zuvor. Die Argen,
ie allerdings auch für die Betreuung und Vermittlung
er ALG-II-Empfänger mit zuständig sind, haben näm-
ich deutlich mehr Personal eingestellt. Mehr Personal
ann aber nicht die Lösung der arbeitsmarktpolitischen
robleme in Deutschland sein.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601603000

Gestatten Sie eine Zusatzfrage?


Eckhardt Rehberg (CDU):
Rede ID: ID1601603100

Gerne.


Katja Kipping (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601603200

Habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie sich hiermit

on dem ursprünglichen Ziel, die Relation zwischen
ermittler und Kunden zu verbessern, verabschiedet ha-
en?


Eckhardt Rehberg (CDU):
Rede ID: ID1601603300

Nein, ich bin fest davon überzeugt, dass die Relation

wischen Vermittlern und Kunden – sprich: ALG-II-
mpfängern im Bereich der Bundesagentur – deutlich
ünstiger wird, wenn dort effizienter gearbeitet wird und
ehr Controlling erfolgt.


(Katja Kipping [DIE LINKE]: Das geht mathematisch nicht! Damit setzen Sie Adam Riese außer Kraft!)







(A) )



(B) )


Eckhardt Rehberg
– Aber natürlich geht das, Frau Kollegin. Wenn wir die
Bundesagentur von der stetig zunehmenden Verwal-
tungsarbeit entlasten, wird mehr Zeit für die Vermittlung
zur Verfügung stehen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ich bin fest davon überzeugt, dass dieser Weg gegangen
werden kann.

Wir werden sicherlich auch noch eine Debatte über
die Evaluierung von Hartz IV führen müssen, um zu klä-
ren, inwieweit die Argen oder die 69 optierenden Kom-
munen im Bereich von Hartz IV effektiver sind.

Lassen Sie mich zum Schluss einen letzten Teil-
bereich ansprechen: die Weiterbildung. Herr Staats-
sekretär, hier wird ein Zeugnis ausgestellt, demzufolge
gerade längerfristige Maßnahmen durchaus zum Erfolg
führen können. Nach meiner festen Überzeugung muss
gerade in den neuen Ländern gemeinsam mit den IHKs
dafür gesorgt werden, sektoral ausgerichtete Weiterbil-
dungsmaßnahmen voranzubringen, die die Motivation
erhöhen, wieder in reguläre Beschäftigungsverhältnisse
zu kommen.

Erlauben Sie mir eine abschließende Bemerkung:
Arbeitsmarktpolitik kann Beschäftigung fördern. Die
entscheidende Komponente wird sein, dass wir mit viel-
fältigen Maßnahmen dafür sorgen, dass die Wirtschafts-
politik in Deutschland mehr Beschäftigung schafft. Ich
bin fest davon überzeugt, dass weder Hektik noch Aktio-
nismus gefragt sind. Notwendig ist vielmehr ein gewis-
ses Maß Ruhe; wir sollten uns die nötige Zeit lassen.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601603400

Herr Kollege Rehberg, das war Ihre erste Rede in die-

sem Haus. Ich gratuliere Ihnen dazu sehr herzlich, ver-
bunden mit den besten Wünschen.


(Beifall)


Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlagen
auf den Drucksachen 16/505 und 16/547 an die in der
Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen.
Sind Sie damit einverstanden? – Ich sehe, das ist der
Fall. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 4 a und 4 b sowie
die Zusatzpunkte 2 und 3 auf:

4 a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Rainer
Brüderle, Paul K. Friedhoff, Dr. Karl Addicks,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Unternehmen statt Unterlassen – Vorfahrt für
den Mittelstand

– Drucksache 16/562 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Ausschuss für Arbeit und Soziales

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Zeil, Jens Ackermann, Dr. Karl Addicks, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der FDP

ERP-Vermögen ungeschmälert für Mittel-
standsförderung erhalten

– Drucksache 16/382 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Finanzausschuss
Haushaltsausschuss

P 2 Beratung des Antrags der Abgeordneten Laurenz
Meyer (Hamm), Ilse Aigner, Veronika Bellmann,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
CDU/CSU sowie der Abgeordneten Dr. Rainer
Wend, Christian Lange (Backnang), Ludwig
Stiegler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der SPD

Neue Impulse für den Mittelstand

– Drucksache 16/557 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Auswärtiger Ausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für Tourismus
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss

P 3 Beratung des Antrags der Abgeordneten Hans
Josef Fell, Matthias Berninger, Anja Hajduk, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion des BÜND-
NISSES 90/DIE GRÜNEN

ERP-Sondervermögen in seiner Vermögens-
substanz erhalten

– Drucksache 16/548 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
ie Aussprache eineinhalb Stunden vorgesehen. – Ich
öre dazu keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlos-
en.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege
ainer Brüderle von der FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Rainer Brüderle (FDP):
Rede ID: ID1601603500

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

chwarz-Rot hofft auf den Aufschwung. Wirtschafts-
inister Glos hofft auf den Erfolg von Jürgen Klinsmann,

amit die Wachstumszahlen besser werden. Vielleicht ist






(A) )



(B) )


Rainer Brüderle
das auch Kernstück der Glosonomics, der neuen wirt-
schaftspolitischen Wunderwaffe aus dem Bayerischen
Wald. Wir alle hoffen auf besseres Wetter. Mit dem Prin-
zip Hoffnung kann man ein Nonnenkloster führen und
leiten, nicht aber die Wirtschaftsnation Deutschland.


(Beifall bei der FDP)


Ich finde, es ist bezeichnend, dass kein einziger Minis-
ter an der heutigen Mittelstandsdebatte teilnimmt. Auch
der Wirtschaftsminister ist nicht anwesend, genauso we-
nig wie sein Vertreter. Das zeigt, mit welchem Interesse
sich diese Regierung dem Mittelstand widmet. Ich halte
das für keinen guten Stil im Parlament.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die Bundeskanzlerin hat in ihrer Regierungserklä-
rung das Motto „Mehr Freiheit wagen“ ausgegeben.
Richtig, mehr Freiheit für den deutschen Mittelstand,
damit er mit seiner Tüchtigkeit und seinem Engagement
für mehr Erfolg sorgen kann und wir vorankommen!
„Unternehmen statt unterlassen“ rufen wir den Unter-
nehmern zu. Das muss aber auch für die Politik gelten.
Schwarz-Rot sind aber die Unterlassungssünder der Na-
tion. Sie unterlassen es nämlich, die Wettbewerbsfähig-
keit Deutschlands zu verbessern.


(Beifall bei der FDP)


Die Bundeskanzlerin flüchtet in die Außenpolitik.
Angie goes outside. UNO statt deutscher Mittelstand!
Unsere politische Eisprinzessin für die Olympiade in
Turin absolviert draußen ihre Kür, vergisst aber, zu
Hause ihre Pflichten zu erfüllen. Die angekündigten
kleinen Schritte sind nichts anderes als Flickschusterei:
Rente mit 67 – aber nicht für Dachdecker und Kranken-
schwestern! – und eine Dienstleistungsrichtlinie ohne
Herkunftslandsprinzip; Monopoly als Leitbild der Wett-
bewerbspolitik – das ist die Realität; denn das Brief-
monopol besteht weiter – und monopolartige Strukturen
auf dem Gasmarkt, ein Erbe noch der alten Regierung.
Nichts ändert sich. Die Telekom bekommt ein Sonderge-
setz. So wird ein wettbewerbsfreier Raum erhalten. Das
ist keine Strategie zugunsten des Mittelstands.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


An die Adresse unserer christdemokratischen
Freunde in der Regierung sage ich: Sie haben offensicht-
lich nichts aus dem rot-grünen Konkurs gelernt. Hände
weg vom Kartellrecht und vom Bundeskartellamt! Die
Ersten faseln schon davon, wir müssten das Wettbe-
werbsrecht reduzieren, um Großfusionen zuzulassen.
Dieser industriepolitische Ansatz ist Steinzeitwirt-
schaftspolitik. Den Wettbewerb stärken und den kleinen
und mittleren Unternehmen eine Chance geben, das ist
der Erfolgskurs für mehr Wachstum und Beschäftigung
in Deutschland. Diesen Weg müssen wir gehen.


(Beifall bei der FDP)


Geben Sie dem Mittelstand doch mehr Freiheiten! Es
gibt allein 160 Schwellenwerte, die Mittelständler be-
achten müssen. Ein Beispiel ist die Einrichtung getrenn-
ter Toiletten für Männer und Frauen in Betrieben mit

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(C (D ehr als fünf Mitarbeitern. Ich darf Ihnen verraten: Wir aben zu Hause keine getrennten Toiletten. Trotzdem ind meine Frau und ich noch immer gesund. Aber dem ittelstand wird die Beachtung von 160 Schwellenweren verordnet. Das soll dann ein Beitrag zum Abbau von ürokratie sein. Beim Kündigungsschutz sollte man kleinen Betrieen die Chance geben, mehr Beschäftigte einzustellen, nd ihnen die Angst nehmen, sich von neu eingestellten itarbeitern nicht mehr trennen zu können, wenn einmal ie Aufträge wegbleiben. Das haben die Wirtschaftspoliiker der Union mit bebender Stimme ständig gefordert. ber tatsächlich gibt es keine Veränderungen, sondern ur Kosmetik. In diesem Jahr müssen dreizehnmal Soialversicherungsbeiträge abgeführt werden. Die Folge ür die Wirtschaft ist ein 20-Milliarden-Euro-Liquidiätsentzug. Aber die Mittelständler der Union schweigen azu. Wahrscheinlich schämen sie sich dafür, dass der eutsche Mittelstand so einseitig und hart belastet wird. Angesichts dessen hilft es nichts, ein Minikonjunkurprogramm mit einem Volumen von 25 Milliarden uro über vier Jahre und einem Sammelsurium an Maßahmen auf den Weg zu bringen. Konjunkturprogramme aben noch nie funktioniert. Sie werden auch jetzt nichts ringen. Ihr Programm ist nichts anderes als ein Placebo, ls weiße Salbe. Man soll nicht merken, wie Sie ab 2007 durch die Eröhung der Mehrwertsteuer gewaltig abkassieren wolen. Man hofft, dass man mit der Mehrwertsteuerkeule, lso der Erhöhung um 3 Prozentpunkte im Jahr 2007, so iel Nachfrage in diesem Jahr erzeugt, dass man die haren Eingriffe im nächsten Jahr ohne Einbruch in der irtschaft überstehen kann. Genau das ist aber eine olitik gegen den deutschen Mittelstand. ie Erhöhung der Mehrwertsteuer um 3 Prozentpunkte st ein Schwarzarbeiterförderprogramm. Das führt genau n die falsche Richtung. Das führt zu noch mehr Schatenwirtschaft in Deutschland, aber nicht zu mehr Areitsplätzen. Die Konzeption Ihrer Politik ist falsch. eshalb haben wir den Mittelstand zum Thema geacht. Der Antrag, den die schwarz-roten Kartellbrüder usammengeschrieben haben, zeigt doch, wie notwendig iese Debatte ist. Sie haben den Mittelstand vergessen. m Zuge der Sozialdemokratisierung der Unionsparteien aben Sie den deutschen Mittelstand aus den Augen veroren. Selbst der Wirtschaftsminister räumt ein, dass die nternehmensteuerbelastung in Deutschland zu hoch st. Er sagte von diesem Podium aus, dass wir mit über 7 Prozent deutlich über dem europäischen Durchschnitt iegen. Nur, Sie machen nichts. Ihr Konzept ist: Umbuhen, Erleichterungen streichen, aber keine Nettoentlasung. Arbeitsplätze entstehen ganz einfach: Sie müssen den enschen Vertrauen und Geld geben. Sie müssen die Rainer Brüderle steuerliche Belastung zurückführen, damit die Menschen in ein Geschäft, zu einem Handwerksbetrieb, zu einem Mittelständler, in eine Bäckerei oder Konditorei gehen und etwas kaufen. Wenn die Menschen, Herr Hinsken, am Tegernsee mehr Kuchen essen, dann können die Konditoreien jemanden einstellen. So entstehen Arbeitsplätze. Aber Sie machen es nicht. (Christian Lange [Backnang] [SPD]: Gehen Sie doch an den Tegernsee! Was machen Sie eigentlich hier?)


(Beifall bei der FDP)


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: So ist es!)


(Beifall bei der FDP)





(A) )


(B) )


Sie machen eine andere Politik. Sie sind auf die Groß-
konzerne orientiert, wie es die SPD war. Wir werden in
Deutschland von zwei sozialdemokratischen Parteien re-
giert, die dem Mittelstand keine Chance geben. Deshalb
kriegen wir die grundlegende Wende in Deutschland
nicht hin. Das ist die traurige Bilanz dieses Kartells von
Schwarz und Rot.


(Beifall bei der FDP – Widerspruch bei der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1601603600

Ich erteile dem Kollegen Laurenz Meyer, CDU/CSU-

Fraktion, das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Laurenz Meyer (CDU):
Rede ID: ID1601603700

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe

Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Brüderle, ich
habe zunächst gedacht, Ihr Antrag sollte als Unterstüt-
zung für unsere Bemühungen um den Mittelstand ge-
dacht sein. Ich glaubte, Sie wollten uns zur Seite sprin-
gen.


(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Seitensprung!)


Aber was Sie dann anschließend gemacht haben und was
Sie auch im Antrag gemacht haben, ist zu wenig, insbe-
sondere dann, wenn man das mit dem vergleicht, was in
der Koalitionsvereinbarung steht. Wenn es einen
Schwerpunkt in dieser Legislaturperiode in der Wirt-
schaftspolitik gibt, dann ist es eine Politik zur Stärkung
des Mittelstandes in Deutschland, weil da die Arbeits-
plätze entstehen. Darin sind wir uns einig.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Wir sind uns auch darin einig – das wäre allerdings
bei einer Koalition mit Ihnen nicht anders gewesen –,
dass wir nicht alles rückgängig machen können, was in
der letzten Legislaturperiode oder vorher beschlossen
worden ist. Das betrifft etwa die Sozialversicherungsbei-
träge. Da hätten Sie sich genauso schwer getan. Wir wer-
den bei nächster Gelegenheit darüber sprechen und ha-
ben es auch schon gestern im Ausschuss getan. Das
sollten wir in aller Ruhe abhandeln. Wir sollten das so
einfach wie möglich regeln.


(Vorsitz: Präsident Dr. Norbert Lammert)


Damit kommen wir zum Stichwort Bürokratie, das
schon angesprochen worden ist.

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(C (D Herr Kollege Meyer, gestatten Sie eine Zwischen rage des Kollegen Westerwelle? Aber gerne doch. Herr Kollege Meyer, wenn es ein Schwerpunkt der euen Bundesregierung ist, den Mittelstand zu fördern, önnen Sie sich als Parlamentarier dann erklären, wieso ein einziger Bundesminister während der Kernzeit der itzung des Deutschen Bundestages an dieser Debatte eilnimmt? Das kann ich Ihnen sagen, Herr Kollege Westerwelle. as liegt daran, dass der Antrag, der hier vorliegt und er Grundlage dieser Plenardebatte ist, leider Gottes so chwach und fehlerhaft ist, (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Lachen bei der FDP)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601603800
Laurenz Meyer (CDU):
Rede ID: ID1601603900
Dr. Guido Westerwelle (FDP):
Rede ID: ID1601604000
Laurenz Meyer (CDU):
Rede ID: ID1601604100

ass ich der Regierung nicht raten kann, sich mit diesem
hema in der Form zu beschäftigen, wie es die FDP ver-
ucht. Das muss ich in allem Ernst sagen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Da hat er Recht!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601604200

Darf der Kollege Westerwelle noch eine Zusatzfrage

tellen?


Laurenz Meyer (CDU):
Rede ID: ID1601604300

Wenn das nicht auf meine Zeit angerechnet wird,

ann gerne.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601604400

Nein.


Dr. Guido Westerwelle (FDP):
Rede ID: ID1601604500

Sie wissen doch als langjähriger Parlamentarier, dass

as nicht auf Ihre Zeit angerechnet wird. Deswegen
reuen Sie sich auch.

Herr Kollege Meyer, sind Sie denn der Überzeugung,
ass Ihre weltbewegenden Ausführungen es nicht wert
ären, auch von Bundesministern verfolgt zu werden?


(Heiterkeit bei der FDP)



Laurenz Meyer (CDU):
Rede ID: ID1601604600

Ich bin fest davon überzeugt, dass Minister Glos

errn Schauerte deshalb hergeschickt hat, damit er
chnellstmöglich erfährt, was ich hier vortrage.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)







(A) )



(B) )


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601604700

Herr Kollege Westerwelle, im Übrigen gehen wir fest

davon aus, dass die Protokolle dieser Sitzung in den Mi-
nisterien am nächsten Tag unverzüglich nachgelesen
werden.


(Heiterkeit – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Noch in der Nacht mit einer Kerze!)



Laurenz Meyer (CDU):
Rede ID: ID1601604800

Ich will noch einmal in aller Klarheit sagen: Die Ko-

alitionsvereinbarung hat die Förderung des Mittelstands
zum Schwerpunkt. Die Vorwürfe, die dem Wahlkampf
geschuldet sind, können wir getrost beiseite lassen; denn
in diesem Punkt, Herr Brüderle, gebe ich Ihnen völlig
Recht: Mittelstand, also kleine und mittlere Unterneh-
men in Deutschland, ist etwas völlig anderes als große
Aktiengesellschaften. Der Unterschied zwischen großen
Aktiengesellschaften und Mittelstand ist vielleicht grö-
ßer als der zwischen Wirtschaft und Politik. Das muss
man begreifen.

Schauen Sie sich einmal an, was im Koalitionsvertrag
zur Steuerpolitik steht: rasche Änderung der Abschrei-
bungsbedingungen, damit es später zu mehr Investitio-
nen kommt. Stichwort „Umsatzsteuer“: Verlängerung
der derzeitigen Regelung der Istbesteuerung im Osten,
Verdoppelung der Umsatzgrenzen im Westen, was aus-
schließlich den kleinen und mittleren Betrieben zugute
kommt. Ich verweise auch auf das, was wir mit der Erb-
schaftsteuer vorhaben: Erleichterung des Übergangs, da-
mit keine Arbeitsplätze abgebaut werden. Auch die In-
vestitionszulage ist ein unbürokratisches Instrument,
damit der Mittelstand im Osten gefördert wird.

Sie behaupten in Ihrem Antrag, die Koalitionsverein-
barung bedeute eine Bestandsgarantie für die Gewerbe-
steuer. Das ist schlicht falsch. Ich bitte Sie, diese Verein-
barung doch wenigstens einmal zu lesen. Da heißt es,
dass wir eine „wirtschaftskraftbezogene kommunale Un-
ternehmensbesteuerung mit Hebesatzrecht“ wollen. Na-
türlich wollen wir sicherstellen, dass die Kommunen,
was ihre Ausstattung und Ähnliches angeht, möglichst
genauso gut dastehen wie heute. Dass das auch in der
Koalitionsvereinbarung steht, ist richtig.

Noch keine Koalitionsvereinbarung hat das Thema
„Unternehmens- bzw. Mittelstandsfinanzierung“ in die-
ser Intensität behandelt: angefangen bei Basel II über
Förderprogramme der KfW-Mittelstandsbank bis hin zu
Beteiligungskapital und Risikokapitalfinanzierung. Sie
behandelt also alles, was hier angesprochen wird.

In diesen Zusammenhang gehört unser Bemühen um
das ERP-Vermögen. Wir setzen damit im Grunde einen
Prozess fort, der auf die CDU/CSU-FDP-Regierung zu-
rückgeht. Die Wirtschaftspolitiker müssen dauerhaft da-
rauf achten, dass dieses Vermögen für die Förderung des
Mittelstandes in Deutschland zur Verfügung steht.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


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(C (D Herr Kollege Meyer, darf der Kollege Brüderle noch ine Zwischenfrage stellen? Bitte schön. Herr Kollege Meyer, Ihr Zitat hat die Richtigkeit un erer Aussage belegt. Bei der Gewerbesteuer kommt leiglich hinzu, dass sie durch die Anrechnungstechnik inen viel zu großen bürokratischen Aufwand mit sich ringt. Der richtige Weg wäre – deshalb war unsere Voraltung durchaus richtig –, die Gewerbesteuer abzuchaffen. Kein anderes europäisches Land hat diese orm der Besteuerung. Anders als bei der Mehrwertteuer, wo ein Grenzausgleich erfolgt, diskriminiert sie inseitig deutsche Produktionsleistungen. Die einzig loische Konsequenz wäre deshalb, sie abzuschaffen. Das aben Sie eben nicht vereinbart. Deshalb war die Ausage der FDP-Fraktion richtig, dass ein grundlegend falches System – der deutsche Weg ist singulär – abgechafft werden muss. Ich sehe es nicht so wie Sie. Hier steht, dass sie er etzt werden soll, natürlich unter der Bedingung einer leichartigen Finanzierung. Das ist ein riesiges Vorhaben ieser Koalition. Darüber brauchen wir uns keine Illuionen zu machen. Der Kollege Milbradt – er ist einer der Sachkundigsen in diesem Bereich – hat mir erzählt, dass die Abchaffung der Gewerbesteuer 1929 zum ersten Mal veründet worden ist. Seitdem beschäftigt man sich immer ieder damit, diese – aus meiner Sicht störende – Zu atzbelastung für die Unternehmen abzuschaffen. Wir aben uns vorgenommen, einen Weg zu finden, diese teuer zu ersetzen. Dazu wird es allerdings nur kommen, enn es uns gemeinsam – daran werden Sie sich hof entlich beteiligen – gelingt, eine seriöse und verlässiche Möglichkeit zu finden, die Finanzierung der Komunen sicherzustellen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir werden morgen ber Ausbildung sprechen. Wir wollen den Pakt für Ausildung fortsetzen. Wir wissen, dass die Vielzahl der ehrstellen im mittelständischen Bereich ist. Wir wollen n der Forschungsund Entwicklungspolitik die Unterehmen stärker an die entsprechenden Möglichkeiten eranführen. „Zusammenarbeit mit den Universitäten nd Fachhochschulen“, „Förderprogrammzugang“, Forschungskooperationen“ sind die Stichworte, die in em Zusammenhang auftauchen. Dass der Forschungstat aufgestockt worden ist, hat auch etwas mit dem Mitelstand zu tun. Was Sie zur Bürokratie gesagt haben, die Sie in as Zentrum Ihrer Ausführungen gestellt haben, sehen ir ganz genauso. Was denken Sie eigentlich, Herr rüderle, weshalb in dieser Regierung erstmalig die Laurenz Meyer Bundeskanzlerin selbst die Zuständigkeit für dieses schwere Thema übernommen hat? Daran haben sich schon viele die Zähne ausgebissen. Sie können mir glauben, dass die Bundeskanzlerin weiß, welche Verantwortung sie damit übernommen hat. Das ist die größte Aufgabe. Wir können durch Bürokratieabbau ohne Kosten für Staat und Bevölkerung erreichen, dass die Unternehmen wesentliche Kosten einsparen. Deshalb ist das ein Weg, den wir unbedingt gehen wollen. Ganz wunderbar finde ich übrigens – Herr Schauerte, wenn Sie das dem Minister ausrichten würden! –, (Lachen bei der FDP – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Das ist ja brav! Ein braver Abgeordneter!)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601604900
Laurenz Meyer (CDU):
Rede ID: ID1601605000
Rainer Brüderle (FDP):
Rede ID: ID1601605100
Laurenz Meyer (CDU):
Rede ID: ID1601605200

(Beifall bei der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


dass schon der Titel „Mittelstandsentlastungsgesetz“
Klartext ist und man nicht wieder in eine Ausdrucks-
weise verfällt, die niemand versteht.

Dass wir das Standardkostenmodell einführen – das
haben wir uns vorgenommen –, ist ein großer Schritt
nach vorn. Gleiches gilt für den unabhängigen Normen-
kontrollrat. Auch manches von dem, was Sie früher mit
uns beschlossen haben, muss auf den Prüfstand. Es gilt,
festzustellen, wie sich das, was an Statistiken zu führen
ist usw., kostenmäßig in den Unternehmen auswirkt.

Nun zu einem ganz wichtigen Punkt, der bisher noch
gar nicht angesprochen worden ist. Ich setze große Hoff-
nung darauf, dass die Passage im Koalitionsvertrag, in
der es heißt, dass strukturschwache Länder für eine be-
stimmte Zeit die Möglichkeit erhalten sollen, von Bun-
desgesetzen abzuweichen, umgesetzt wird und auf diese
Weise ein Teil der Bürokratie geknackt wird. Ich will
ganz offen sagen: Niemals hätte es in Westdeutschland
das Wirtschaftswunder gegeben, wenn wir schon damals
eine solche Bürokratie wie heute gehabt hätten. Dem Os-
ten muten wir zu, unter den Bedingungen der heutigen
Bürokratie den Anschluss zu finden. Wir wollen das
knacken. Dieses große Vorhaben sollten Sie unterstüt-
zen, statt es zu kritisieren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Zu den Entbürokratisierungsbestrebungen gehört ein
zweiter Punkt. Sie behaupten in Ihrem Antrag schlicht
und einfach, dass wir den Kündigungsschutz unverän-
dert lassen. Lesen Sie doch wenigstens einmal den Ko-
alitionsvertrag!


(Rainer Brüderle [FDP]: Kosmetik!)


Wir haben doch gerade gesagt: Wir wollen Neueinstel-
lungen leichter möglich machen. Wir wollen, dass die
Unternehmen leichter einstellen können und dass Men-
schen in Deutschland so einen Arbeitsplatz finden, wenn
auch möglicherweise manchmal nur für eine begrenzte
Zeit. Mit 55 Jahren für zwei Jahre einen Arbeitsplatz zu
finden, ist besser, als nie mehr einen zu finden.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Guido Westerwelle [FDP], zur SPD gewandt: Ein bisschen mehr klatschen, Genossen! – Gegenruf des Abg. – d h h a Z t e u A l – d l d g s d k g F M H d k I s w b u (C (D Rainer Brüderle [FDP]: Das steht im Koalitionsvertrag!)


Herr Westerwelle, an der Reaktion gerade konnten Sie
en Unterschied zu früher ganz genau sehen. Dass über-
aupt geklatscht worden ist, ist der Unterschied zu frü-
er; das hätte es früher nicht gegeben.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP – Rainer Brüderle [FDP]: Die Umerziehung ist noch nicht abgeschlossen!)


Zur Umwelt- und Energiepolitik. Das Ausrichten
uf eine kostengünstige Energieversorgung ist als neues
iel zu nennen. Da muss der Blick stärker auf den Mit-

elstand gerichtet werden. Wir müssen schauen, dass wir
nergieintensive Betriebe in Deutschland halten können
nd dass wir den Mittelstand mit den entsprechenden
rbeitsplätzen nicht weiter mit hohen Energiekosten be-

asten. Das geht bis hin zur Außenwirtschaftspolitik.

Wenn Sie dieses umfängliche Programm betrachten
Herr Brüderle, ich will Ihnen gern eine schöne gebun-

ene Ausgabe des Koalitionsvertrags zur Verfügung stel-
en –,


(Ute Kumpf [SPD]: In Leder! – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Mit Widmung von Laurenz Meyer!)


ann können Sie erkennen, welcher Schwerpunkt hier
erade für diese Legislaturperiode gesetzt worden ist.

Ich betrachte jetzt im Nachhinein Ihren Antrag ver-
öhnlich als Unterstützung für dieses große Vorhaben für
ie nächsten Jahre und hoffe, dass Sie daran ganz kon-
ret mitarbeiten werden. Dann werden wir sicherlich zu
uten Ergebnissen kommen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Der arme Meyer! Ein braver Soldat!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601605300

Das Wort hat nun die Kollegin Sabine Zimmermann,

raktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Sabine Zimmermann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601605400

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
eine Damen und Herren! Zuerst zu Herrn Brüderle:
err Brüderle, wenn Sie den Mittelstand an der Anzahl
er Toiletten festmachen wollen, dann ist das etwas sehr
urz gegriffen.


(Rainer Brüderle [FDP]: Sie haben nicht zugehört, wie so oft!)


ch denke, dass der Mittelstand doch etwas mehr ist.

Die in dem Antrag der FDP „Vorfahrt für den Mittel-
tand“ enthaltenen Forderungen sind aus unserer Sicht
enig geeignet, vor allem die hohe Arbeitslosigkeit zu
ekämpfen, was ja eine zentrale politische Aufgabe ist,
nd die Lage des Mittelstandes zu verbessern. Man






(A) )



(B) )


Sabine Zimmermann
könnte diesen Antrag überschreiben mit „Alter Wein in
neuen Schläuchen“. So würde ich das formulieren.

Wir, die Linke, sind für eine gezielte Förderung von
Mittel- und Kleinbetrieben, damit diese in die Lage ver-
setzt werden, bestehende Arbeitsplätze zu sichern und
vor allen Dingen neue zu schaffen. Aber dieses Ziel
kann nur erreicht werden, wenn in der Wirtschaftspolitik
der Grundsatz beachtet wird: Ohne verstärkte Nachfrage
kein Wachstum und ohne stärkeres Wachstum keine
neuen Arbeitsplätze.


(Beifall bei der LINKEN)


Deshalb muss vor allem die Kaufkraft der Bevölkerung
in diesem Land erhöht werden. Das geschieht überhaupt
nicht, schon gar nicht mit Hartz IV.

Niedriglohnstrategien, meine lieben Kollegen von der
FDP, und die Privatisierung öffentlicher Dienstleistun-
gen stehen diesem Ziel entgegen, ebenso die von der
Bundesregierung geplante Erhöhung der Mehrwert-
steuer, die wir ebenfalls konsequent ablehnen.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Nachfrage muss vor allem durch verstärkte öffentli-
che Investitionen erhöht werden; öffentliche Daseinsvor-
sorge und Dienstleistungen sind zu verbessern. Sehen
Sie sich doch einmal den miserablen Zustand mancher
öffentlicher Einrichtungen wie Kindergärten, Schulen
oder Krankenhäuser an! Deshalb sind wir entschieden
gegen die Privatisierung der öffentlichen Daseinsvor-
sorge.

Insgesamt sind die meisten Ihrer Forderungen für uns
inakzeptabel, so die Heraufsetzung des Kündigungs-
schutzes von zehn auf 20 Beschäftigte. Nach einer Un-
tersuchung des Nürnberger Instituts haben Veränderun-
gen des gesetzlichen Kündigungsschutzes auf die
Beschäftigung keinen messbaren positiven Effekt. Sie
würden aber den sozialen Schutz der Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer wesentlich verschlechtern.

Meine Damen und Herren von der FDP, wir glauben
eben nicht, dass die Probleme des Mittelstandes dadurch
gelöst werden, dass man sie auf den Rücken der dort Be-
schäftigten abwälzt. Die jüngsten sozialen Unruhen in
Frankreich zeigen, dass die Menschen nicht mehr bereit
sind, sich immer weiter in soziale Unsicherheit abschie-
ben zu lassen.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Auch die Forderung nach gesetzlichen Öffnungsklau-
seln für betriebliche Bündnisse ist doch ein alter Hut,
den Sie immer wieder herauskramen. Zum einen geht
aus der Untersuchung hervor, dass die Zahl der Ab-
schlüsse von betrieblichen Bündnissen für Arbeit
Ende 2003 ein Rekordniveau erreicht hat. Zum anderen
gibt es in zahlreichen Tarifverträgen Öffnungsklauseln,
Härtefallregelungen usw. Wir haben den begründeten
Verdacht, dass es Ihnen bei dieser Forderung vor allem
um die Durchsetzung von Lohnsenkungen auf der be-
trieblichen Ebene geht. Dafür stehen wir als Linke nicht
zur Verfügung.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, ch kann Ihnen einen Rat geben; ich denke, Sie nehmen hn sehr gerne an. Von Februar bis Mai dieses Jahres lauen Betriebsratswahlen in Deutschland. Helfen Sie einach den Gewerkschaften, in jedem Betrieb einen Beriebsrat zu installieren! Denn gerade im Zuge der lobalisierung brauchen die Betriebsräte mehr Rechte, or allem vor dem Hintergrund der Verlagerung von Areitsplätzen. an wird es Ihnen danken. Da hilft es auch nicht, wenn einzelne Forderungen in hrem Antrag vernünftig sind, etwa der Verzicht auf die ehrwertsteuererhöhung oder die drastische Einschränung von 1-Euro-Jobs. Wir teilen auch die Einschätung, dass bei Schwarz-Rot ebenso wie bei ihrer Vorgänerregierung die Großunternehmen im Mittelpunkt der irtschaftspolitischen Strategie stehen. Hier sind die leinen und mittelständischen Unternehmen systemaisch schlechter gestellt. Ein solcher Antrag wie Ihrer, der glauben machen ill, man müsse alles dem Markt überlassen, die Steuern enken und der Sozialstaat und die Arbeitnehmerrechte eien ein Hindernis, wird niemals die Zustimmung der inken finden. Aber auch der Beitrag der Bundesregierung hat leider nsere Meinung bestätigt, dass es in dieser Koalition berhaupt kein Konzept gibt, mit dem die Lage der kleien und mittelständischen Unternehmen spürbar verbesert werden könnte. Angesichts der Tatsache, dass am ommenden Samstag wenige Straßen von hier Zehntauende Menschen gegen die geplante Dienstleistungsichtlinie auf die Straße gehen werden, hätte man von er Regierung zumindest eine Stellungnahme zu diesem ktuellen Problem erwartet. Aber still ruht der See. Schließlich sind es nicht nur die Gewerkschaften, die egen die so genannte Bolkestein-Richtlinie Einspruch rhoben haben. Auch zahlreiche Handwerkskammern aben sich gegen diese Richtlinie ausgesprochen. Geade viele kleine Unternehmen würden hier wieder die erlierer sein. Aber wir begrüßen es natürlich – da wende ich mich n die Kollegen der SPD –, dass die SPD zur Demonsration vor dem Bundeswirtschaftsministerium, einem inisterium der eigenen Regierung, mit aufruft. ir werden da sein. Ich freue mich schon jetzt, mit errn Platzeck Schulter an Schulter Position zu bezieen. Ich hoffe, der Minister Müntefering wird ebenfalls a sein. (Beifall bei der LINKEN – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Das wird interessant!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Rainer Brüderle [FDP]: Bemerkenswert!)


Diese Dienstleistungsrichtlinie dürfe so nicht ver-
bschiedet werden, so die Handwerkskammer Dresden.
ie meint, diese Richtlinie sei akut eine der größten






(A) )



(B) )


Sabine Zimmermann
Bedrohungen für die kleinen Handwerks- und Dienst-
leistungsunternehmen und für die dort beschäftigten Ar-
beitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Nein, wir brauchen eine grundsätzlich andere Mittel-
standspolitik in diesem Land. In kleineren und mittleren
Unternehmen arbeiten etwa 70 Prozent aller Arbeitneh-
merinnen und Arbeitnehmer. Die Tatsache, dass wir im
letzten Jahr fast 38 000 Insolvenzen zu verzeichnen hat-
ten und eine halbe Million Arbeitsplätze verloren gin-
gen, zeigt doch die Dramatik dieser Lage.

Wegen zahlreicher Steuererleichterungen, von denen
in der Vergangenheit vor allem größere Unternehmen
profitiert haben, liegen die öffentlichen Haushalte am
Boden. Es gibt kaum noch Aufträge für die KMUs, In-
solvenzen sind die Folge.

Ich komme zum Schluss. Wir fordern ein Zukunfts-
programm, das diesen Namen wirklich verdient. Die da-
mit verbundenen Investitionen können auch dem Mittel-
stand nützen. Dafür werden wir in den nächsten Wochen
und Monaten streiten. Gegen einen ruinösen Wettbe-
werb, der vor allem kleinen Unternehmen schadet, wer-
den wir am Samstag vor dem Bundesministerium de-
monstrieren. Wer es mit dem Mittelstand in diesem
Hause wirklich ehrlich meint, der müsste dort am Sonn-
abend zu finden sein.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601605500

Frau Kollegin Zimmermann, ich gratuliere Ihnen zu

Ihrer ersten Rede im Deutschen Bundestag, verbunden
mit allen guten Wünschen für die weitere parlamentari-
sche Arbeit.


(Beifall)


Ich erteile nun dem Kollegen Christian Lange das
Wort für die SPD-Fraktion.


Christian Lange (SPD):
Rede ID: ID1601605600

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Lieber Kollege Brüderle, der Mittelstand ist in der
Tat das Rückgrat unserer Wirtschaft. Aber ich sage Ih-
nen auch klar und deutlich: Der Mittelstand hat Besseres
verdient als Ihr Zehn-Pünktchen-Programm, das Sie uns
heute Mittag hier vorlegen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Der Mittelstand hat auch mehr verdient als manche Ihrer
Stammtischparolen, Herr Kollege Brüderle. Gestatten
Sie mir deshalb, auf den einen oder anderen Punkt Ihres
Antrages etwas näher einzugehen.

Es wundert nicht, dass gleich zu Beginn Ihres Antra-
ges Ihr Lieblingsthema Kündigungsschutz wieder ein-
mal aufgegriffen wird. Der Kollege Meyer hat zu Recht
auf das hingewiesen, was sich die Koalition vorgenom-
men hat. Ich will Ihnen aber auch sagen, worauf die Ko-
alition aufbauen kann. Bereits die alte Bundesregierung
hatte den Mittelstand bei der Frage, wie wir den Kündi-

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(C (D ungsschutz gestalten können, voll im Blick. Bei beriebsbedingten Kündigungen wurde die Sozialauswahl infacher und rechtssicherer gestaltet. Wir haben es außerdem geschafft, für ältere Arbeitehmer die Eintrittsschwelle in den Arbeitsmarkt abzuenken. Herr Kollege Brüderle, ab dem 52. Lebensjahr ann dauerhaft eine sachgrundlose Befristung erfolgen. ierdurch wird gerade den älteren Arbeitnehmerinnen nd Arbeitnehmern der Eintritt in die Unternehmen ereichtert. Das ist ein Beispiel dafür, wie wir kleine und ittlere Unternehmen im Handwerk fördern wollen. enn Sie wissen genau: Diese Unternehmen haben ngst vor den Kosten, die bei Arbeitsprozessen mögli herweise auf sie zukommen werden. Wir können ihnen eute sagen: Stellen Sie 52-jährige und ältere Arbeitneherinnen und Arbeitnehmer ein! Sie brauchen nicht die efürchtung zu haben, dass Sie vor den Kadi gezogen erden. Meine Damen und Herren, ein Zweites: Es wundert ich schon, dass ausgerechnet die FDP in den Chor de er einstimmt, die Kleinunternehmer schlecht reden. Ihem Antrag kann ich entnehmen, dass Sie ausgerechnet ie Ich-AGs, die zu den wenigen erfolgreichen Instruenten gehören, abschaffen wollen. Darüber wundere ch mich. Bis zum Dezember 2005 haben rund 62 000 ehemals Arbeitslose eine solche Ich-AG geründet. Nach anderthalb Jahren kann man feststellen das ist interessant –: 74 Prozent der Gründer einer IchG haben einen Ausweg aus der Arbeitslosigkeit gefunen und sind noch heute am Markt. Jede achte Ich-AG ar schon im ersten Jahr nach ihrer Gründung erfolg eich und das Einkommen lag über der zulässigen Förergrenze von 25 000 Euro. Wer hätte das gedacht? Es st doch nichts Neues: Jeder fängt einmal klein an. Die ch-AG ist ein solcher Weg. Wir sollten stolz darauf sein, ass Menschen den Mut zur Selbstständigkeit haben, nd sie nicht diskreditieren und ihnen diesen Weg verchließen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Was macht die neue Bundesregierung darüber hinaus?
iesen Mut zu stärken, ist ein ganz wichtiger Ansatz.
ls Gesellschaft sind wir auf die Gewährleistung ausrei-

hender Spielräume zur Umsetzung Erfolg versprechen-
er Geschäftsideen ebenso angewiesen wie die Existenz-
ründer selbst, die sich noch im Wartestand befinden.
enn nur wenn es uns in den kommenden Jahren ge-

ingt, eine höhere wirtschaftliche Dynamik zu entfalten,
önnen wir unser Wohlstandsniveau auch in Zeiten im-
er schärfer werdenden Wettbewerbs aufrechterhalten.

Wir haben also keine Wahl. Denn so abgedroschen es
lingt: Ohne dass wir in die Köpfe der Menschen inves-
ieren und zugleich sicherstellen, dass sie ihre Ideen
uch umsetzen können, geht es nicht. Deshalb macht es
ns auch besorgt, dass Deutschland im Rahmen des
Global Entrepreneurship Monitor“ nur auf Platz 23 von
5 untersuchten Ländern kommt. Dabei ist es richtig,
ass es einen direkten Zusammenhang zwischen der
ründungsaktivität in einem Land und dessen wirt-

chaftlichem Wachstum gibt.






(A) )



(B) )


Christian Lange (Backnang)

Genau deshalb setzen wir auf die Stärkung des
Gründergeistes und entsprechende Rahmenbedingun-
gen. Ich meine, dies sind zum Ersten die Finanzierung
von Gründungsunternehmen, zum Zweiten angemessene
steuerliche und abgaberechtliche Rahmenbedingungen
und zum Dritten die Schaffung entsprechender Werte
und der Mentalität innerhalb der Gesellschaft dahin ge-
hend, dass es sich lohnt, sich selbstständig zu machen.
Dies sollte nicht als Ausweg verstanden werden. Viel-
mehr sollte es ein Grundwert in unserer Gesellschaft
sein, Eigeninitiative zu zeigen und den entsprechenden
Mut aufzubringen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Ute Kumpf [SPD]: Eigentlich müsste jetzt die FDP klatschen!)


Deshalb ist es auch kein Wunder, dass wir uns bei den
öffentlichen Förderinfrastrukturen in den vergangenen
sieben Jahren sehr gut positioniert haben. Die Politik hat
ihre Hausaufgaben in diesem Bereich gemacht. Bei der
privaten Finanzierung hingegen besteht nach wie vor er-
heblicher Nachholbedarf, wie jeder von uns aus vielen
Gesprächen in seinen Wahlkreisen weiß.

Ich meine, wir dürfen gerade die Geschäftsbanken
nicht aus der Verantwortung entlassen und die Verant-
wortung allein den Gründern, dem Handwerk und dem
Mittelstand, den Volksbanken und den Sparkassen auf-
halsen. Hier stehen auch die großen Geschäftsbanken in
der Verantwortung. Es ist die Aufgabe der Politik, darauf
hinzuweisen und darauf zu drängen.

Was heißt das konkret? Wir werden für Existenzgrün-
der beispielsweise One-Stop-Anlaufstellen schaffen und
die Statistikpflichten gerade am Anfang der Gründungs-
phase erleichtern, in der sie meist Chefsache sind und
wertvolle Kapazitäten binden. Außerdem werden wir da-
für sorgen, dass die Buchführungsgrenze von 350 000
auf 500 000 Euro Umsatz erhöht wird.

Die Sozialversicherungsbeiträge, die Handwerk und
Mittelstand immer wieder belasten – das wissen wir –,
sind ein großes Thema. Sie fordern, auf die in diesem
Jahr vorgesehene 13-malige Einziehung zu verzichten.
Wir haben gestern darüber im Ausschuss diskutiert. Sie
wissen, dass die Bundesregierung zugesagt hat, dass die
Ausgestaltung der Einziehung der Sozialversicherungs-
beiträge unbürokratischer gestaltet wird. Dies ist ein
richtiger Weg. Denn wir alle sind uns darin einig, dass
wir die Lohnnebenkosten senken wollen. Von daher
kann der Verzicht auf unser Vorhaben, so wie Sie ihn
fordern, nicht der richtige Weg sein. Dies würde nur das
Gegenteil bewirken, nämlich die weitere Erhöhung der
Lohnnebenkosten. Das kann nicht unser Ziel sein.

Meine Damen und Herren, dazu gehört auch, dass wir
angesichts der guten Aussichten, die im Jahreswirt-
schaftsbericht prognostiziert wurden, die Verbesserung
der Finanzierungsbedingungen im Auge haben. Denn
nach wie vor haben vor allem kleine und mittelständi-
sche Unternehmen, aber auch Unternehmerpersönlich-
keiten, die den Schritt in die Selbstständigkeit wagen,
ein zu geringes Eigenkapitalpolster oder Probleme bei
der Fremdfinanzierung.

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(C (D Deshalb ist es uns ein Anliegen – ich sage das deutich und klar –, dass wir Parlamentarier beim ERP-Ver ögen zusammenhalten. Im ERP-Sondervermögen tehen besonders Finanzierungsmittel für kleine und inovative Unternehmen und technologieorientierte Exisenzgründer bereit. Wir haben im Koalitionsvertrag festeschrieben, dass die Förderung durch das auf den arshallplan zurückgehende European Recovery Pro ram vollständig erhalten bleiben soll. Im Gegensatz zur FDP sind wir nicht auf bestimmte aushalterische Zuordnungen des ERP-Sondervermöens fixiert; wichtig für uns ist, dass das ERP-Sonderermögen weiterhin der parlamentarischen Kontrolle unerliegt. Nur so kann es gelingen, die aus dem Vermögen ur Verfügung stehenden Mittel für wirtschaftspolitische wecke zu nutzen. Das ist unser Ansatz. Wenn wir in ieser Frage einen gemeinsamen Weg finden, dann, enke ich, sind wir auf der richtigen Seite. Der Sachvertand des Parlaments sollte dabei nicht außen vor bleien. In diese Richtung wollen wir gehen. Wir wollen mit dem im Koalitionsvertrag verabredeen Programm einen entsprechenden Nachfrageschub in eutschland auslösen. Dazu gehören die 9,5 Milliarden, ie zur Förderung des Mittelstands eingesetzt werden; azu gehört das Vorhaben, private Haushalte als Arbeiteber und auch Familien als Arbeitgeber mit rund 3 Miliarden zu fördern. Dazu gehören ferner die schon erähnten zusätzlichen Ausgaben für Forschung und Enticklung und schließlich gehört dazu die Erhöhung der erkehrsinvestitionen um 4,3 Milliarden. All dies führt azu, dass Handwerk und Mittelstand in Deutschland esser dastehen, als es bislang der Fall gewesen ist. Wir rwarten, dass dieses Programm weitere Investitionen on Ländern, Kommunen und Privaten auslösen wird, odass das Potenzial ein Vielfaches des Programmvoluens beträgt. Lassen Sie mich jetzt die konkreten Maßnahmen enennen, die wir durchführen wollen. Wir glauben, ass ein wesentlicher Teil dieses 25-Milliarden-Paktes, ämlich ungefähr 14 Milliarden, unmittelbar kleinen und ittleren Unternehmen und Handwerksbetrieben zugute ommt. Sie profitieren einmal insbesondere durch die erbesserung der Abschreibungsbedingungen; 4,4 Mil iarden Euro werden für die vom 1. Januar 2006 bis zum 1. Dezember 2007 befristete Anhebung der degressiven fA bei beweglichen Wirtschaftsgütern eingesetzt. Zum weiten profitieren sie durch die Neuregelung der Umatzsteuer. Die Liquidität insbesondere der kleinen und ittleren Unternehmen wird zusätzlich durch die Anhe ung der Umsatzgrenzen bei der Umsatzbesteuerung in en alten Bundesländern von 125 000 auf 250 000 Euro erbessert. Die Maßnahme wird ergänzt durch die Verängerung der derzeitigen Regelung in den neuen Länern bis 2009. Insgesamt verzichtet der Bund hierbei auf teuereinnahmen in Höhe von rund 750 Millionen Euro ugunsten von Handwerk und Mittelstand. Aber auch mit den Bereichen Gebäudesanierung und erbesserung der Verkehrsinfrastruktur wollen wir entprechende Beiträge leisten. Das CO2-Gebäudesanieungsprogramm ist das beste Beispiel dafür. Ich kann Christian Lange Ihnen sagen, dass es dankbar aufgegriffen wird. In meinem Wahlkreis beispielsweise wirbt die Kreishandwerkerschaft mittlerweile mit dem CO2-Gebäudesanierungsprogramm, und zwar sowohl bei den Kolleginnen und Kollegen im Handwerk als auch bei den Kunden, indem sie betont: Das CO2-Gebäudesanierungsprogramm wird die energetische Gebäudesanierung intensivieren und damit nachhaltige Impulse für die Baukonjunktur und den Klimaschutz auslösen. Wir wollen mit Hilfe der KfWGebäudesanierungsprogramme ein Darlehensvolumen von 17 Milliarden Euro und ein Investitionsvolumen von 28 Milliarden Euro in Deutschland erreichen. In den Jahren 2004 und 2005 konnten durch das CO2-Gebäudesanierungsprogramm 30 000 Arbeitsplätze in Deutschland zumindest gesichert werden. Deshalb ist es kein Wunder, dass die Wirtschaftsweisen und die Gutachter zu dem Ergebnis kommen, dass wir im Jahre 2006 mit einer guten Konjunktur rechnen können. Denn dies gehört alles zusammen: die Impulse, die wir auslösen, und die steuerlichen Rahmenbedingungen, die wir setzen. Das alles sind gute Aussichten für Handwerk und Mittelstand. Bitte stimmen Sie unserem Antrag zu und lehnen Sie den der FDP ab! Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Das Wort hat nun der Kollege Dr. Gerhard Schick, Bündnis 90/Die Grünen. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Über schrift ist ja ganz schön gewählt: „Unternehmen statt Unterlassen – Vorfahrt für den Mittelstand“. Aber meine Erfahrung ist, dass die Überschriften die Unternehmerinnen und Unternehmer herzlich wenig interessieren. Vielmehr kommt es darauf an, was jenseits der schönen Worte für das Herzstück der deutschen Wirtschaft oder das Rückgrat der deutschen Wirtschaft – vielleicht könnten Sie sich einmal darauf verständigen, welcher Körperteil es sein soll – (Reinhard Schultz [Everswinkel] [SPD]: Wir neigen zu ganzheitlichen Betrachtungen!)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601605700
Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601605800

konkret getan wird.

Wenn ich mit Unternehmerinnen und Unternehmern
gerade auch über Gründungen von Unternehmen spre-
che, dann sagen sie mir: Das zentrale Problem ist die
Finanzierung. Dazu finden sich in dem FDP-Antrag drei
dürre Sätze zum ERP-Sondervermögen. Die Sätze sind
richtig – unsere Anträge weisen in die gleiche Richtung,
mein Kollege Hans Josef Fell wird das später noch ge-
nauer vorstellen –, aber lediglich ein Förderprogramm
kann doch nicht alles sein. Ich habe mehr von der FDP
beim Thema Finanzierung erwartet.

Wir haben in den letzten Jahren einiges in Angriff ge-
nommen – Stichwort: Verbriefung –, damit auch kleine
Unternehmen an den Kapitalmarkt kommen. Natürlich
muss hierzu noch Weiteres in der Seed-Phase, der An-

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(C (D angsphase der Unternehmensgründung, passieren. Wir üssen in einer Situation, in der immaterielle Wirt chaftsgüter eine immer größere Rolle spielen, den Unernehmen etwas bieten. Der zentrale Ansprechpartner ei der Finanzierung der kleinen und mittleren Unterehmen in Deutschland sind nach wie vor die Sparkasen und Genossenschaftsbanken, weil diese in der Flähe, aus der sich die Großbanken gern zurückziehen, mmer noch die Basis der Finanzierung der kleinen und ittleren Unternehmen sind. ch fände es richtig, wenn in diesem Haus ein klares Beenntnis zum Drei-Säulen-Modell abgelegt würde. Saen Sie doch deutlich, wie sich die kleinen Unternehmen n der Fläche sonst finanzieren sollen. Wenn die Sparassen und Genossenschaftsbanken das in den letzten ahren nicht geleistet hätten, stünden wir übel da. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Dr. Hermann Otto Solms [FDP])


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich möchte auf den Antrag der großen Koalition ein-
ehen. Auch er hat eine schöne Überschrift: Neue Im-
ulse für den Mittelstand. Dass er einige gute Punkte
nthält, will ich gar nicht in Abrede stellen.


(Reinhard Schultz [Everswinkel] [SPD]: Immerhin!)


o beinhaltet er zum Beispiel das CO2-Gebäude-Sanie-
ungsprogramm, ein grüner Impuls, den Sie weiterentwi-
keln. Dieses Programm muss aber solide finanziert
ein. Wenn Sie nicht auf das, was wir als rot-grüne Re-
ierung gemeinsam vorgelegt haben, zurückgreifen
önnten, stünden Sie im Moment mit völlig leeren Hän-
en da.

Material- und Energieeffizienz sind weitere richtige
unkte in Ihrem Programm, die auf grüne Impulse zu-
ückgehen. Aber kommen Sie doch zum Kern dessen,
as eine Wirtschaft ausmacht, die sich auf kleine und
ittlere Unternehmen stützen muss: den Wettbewerb.
um Wettbewerb steht im Antrag der großen Koalition
ichts. Dabei muss man gar nicht die Freiburger Schule
eranziehen, denn entscheidend ist doch, dass die klei-
en und mittleren Unternehmen das Herzstück unserer
irtschaft sind. In diesem Bereich weisen Ihre Entschei-

ungen in die völlig falsche Richtung. Deswegen haben
ie auch ganz bewusst nichts zu diesem Thema in Ihrem
ntrag geschrieben.

Weitere Stichworte für Ihre Schwäche in diesem Be-
eich sind Breitband, Medienfusion und Energiemarkt.
s ist interessant, dass sich im Bereich erneuerbarer
nergien eine unwahrscheinliche Wettbewerbsdynamik
erade bei den kleinen und mittleren Unternehmen ent-
ickelt hat. Ich denke, Herr Meyer, auch bei den größe-

en Unternehmen, bei den Oligopolisten im Energie-
arkt müsste angekommen sein, dass durch mehr
ettbewerb interessante Sachen entstanden sind. Grei-

en Sie das auf und legen Sie ein klares Bekenntnis zu
ehr Wettbewerb in diesem Bereich ab.






(A) )



(B) )


Dr. Gerhard Schick

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Lasst ihn doch nicht hängen, Leute!)


Meine Damen und Herren von der FDP, dazu gehört
auch, Zugänge zu neuen Märkten zu eröffnen. Wir hätten
uns bezüglich des Handwerks eine deutlichere Unterstüt-
zung der FDP gewünscht. Ich nenne das Stichwort
„Meisterbrief“, bei ihm haben Sie sich nicht für mehr
Wettbewerb ins Zeug gelegt.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Rauschender Beifall!)


Ich möchte noch einmal auf die Wettbewerbsdefizite
in der großen Koalition zurückkommen. Es gibt jetzt die
spannende Debatte darüber, ob es nicht doch besser
wäre, nationale Champions zu fördern. Die gestrige
Diskussion im Wirtschaftsausschuss hat Ihren Stand-
punkt nicht klar erkennen lassen. Deshalb hätte ich gern
heute in der Debatte über die Mittelstandsförderung ein
klares Bekenntnis der großen Koalition dazu gehört.
Denn es kann nicht darum gehen, den Wettbewerb zu be-
schränken, vielmehr muss es darum gehen, durch Wett-
bewerb neue Märkte zu erschließen und auf den Welt-
märkten präsent zu sein. Dass das möglich ist, ist im
Bereich Umwelttechnik und erneuerbarer Energien deut-
lich geworden. Ich würde mich daher freuen, wenn Sie
bei einer klaren Wettbewerbsorientierung bleiben wür-
den.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)


Wir sind für mehr Wettbewerb. Wir wollen das Kar-
tellamt stärken und deshalb die Ministererlaubnis ab-
schaffen. Wir stützen die Europäische Kommission in
ihrer Eigenschaft als Wettbewerbsbehörde, damit sie
sich klar für mehr Wettbewerb engagieren kann. Klären
Sie das noch einmal mit Ihrem Kollegen Söder: Ist es
wirklich der richtige Weg, nationale Champions zu för-
dern? Dazu möchte ich gern noch etwas mehr in den fol-
genden Redebeiträgen hören.

Hier wohlfeile Mittelstandsrhetorik zu pflegen und
anschließend am Kartellrecht herumzufingern, passt
nicht zusammen, wenn wir uns für die kleinen und mitt-
leren Unternehmen in unserem Land engagieren wollen.

Danke schön.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601605900

Das Wort hat nun der Kollege Otto Bernhardt für die

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Otto Bernhardt (CDU):
Rede ID: ID1601606000

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Die Botschaft unseres Antrages lautet: Der Mit-
telstand kann sich auf die große Koalition verlassen.

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(C (D (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Rainer Brüderle [FDP]: Sie waren schon besser!)


ir wissen, dass für die wirtschaftliche Entwicklung
eutschlands der Mittelstand eine besondere Bedeutung
at. Vor diesem Hintergrund sind wir entschlossen, die
ahmenbedingungen für den Mittelstand weiter zu ver-
essern. Sie haben völlig Recht, Herr Kollege Brüderle:
ertrauen schafft Arbeitsplätze.


(Zuruf von der CDU/CSU: Wie in RheinlandPfalz!)


eshalb sind wir von der großen Koalition so froh, dass
iese Regierung inzwischen ein so breites Vertrauen in
er Bevölkerung hat und dass sich die Stimmung in den
etzten Wochen und Monaten deutlich verbessert hat.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


ls Christdemokrat freue ich mich natürlich besonders,
ass unsere Kanzlerin inzwischen so hervorragende
erte bei allen Meinungsumfragen hat.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Guido Westerwelle [FDP], zur SPD gewandt: Das ist doch auch eure Freude! – Gegenruf des Abg. Dr. Rainer Wend [SPD]: Vor allem wenn er sich so darüber freut!)


Ich habe gesagt, dass die Rahmenbedingungen für
en Mittelstand verbessert werden müssen. Ich möchte
n aller Kürze zwei Punkte herausstellen:

Erstens die Steuern. Mit nominell 39 Prozent Steuern
ei Kapitalgesellschaften und bis zu 45 Prozent bei Per-
onengesellschaften haben wir inzwischen die höchste
ewinnbesteuerung in Europa; das wissen wir. Aber

as liegt nicht daran, dass wir die Steuern erhöht haben.
m Gegenteil, die Steuern sind bei uns sogar laufend ge-
enkt worden. Aber die anderen Länder haben stärker
esenkt. Wir müssen heute feststellen, dass in den alten
U-Ländern die durchschnittliche Belastung für Ge-
inne im Bereich von 30 Prozent und in den neuen EU-
ändern im Bereich von 20 Prozent liegt.


(Zuruf von der FDP: Und was folgern Sie daraus?)


Da es ein entscheidendes Ziel der großen Koalition
st, den Haushalt zu sanieren, können wir natürlich nicht
n Richtung 20 Prozent gehen. Aber wir wollen einen
eutlichen Schritt von 39 Prozent in Richtung 30 Pro-
ent machen. Dafür haben wir unsere Ziele formuliert.
in ganz wichtiges Ziel für uns ist – das, was die Stif-

ung „Marktwirtschaft“ vorgelegt hat, zeigt, wie schwie-
ig es ist, dieses Ziel zu verwirklichen –, dass in Zukunft
nternehmensgewinne unabhängig von der Rechtsform
esteuert werden.

Wir haben in der Tat ein weiteres Ziel: Wir wollen er-
eichen, dass die Gewerbesteuer durch andere ähnlich
ohe Ertragsteuern ersetzt wird. Nur so können wir das
nseren Kommunen zumuten. Auch dies ist eine sehr
chwierige Operation.






(A) )



(B) )


Otto Bernhardt
Letztlich wollen wir für eine begrenzte Zeit die Ab-
schreibungssätze reduzieren, um den wirtschaftlichen
Aufschwung zu verfestigen.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601606100

Herr Kollege Bernhardt, gestatten Sie eine Zwischen-

frage des Kollegen Dr. Otto Solms?


Otto Bernhardt (CDU):
Rede ID: ID1601606200

Aber gerne.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601606300

Herr Kollege Bernhardt, wenn Sie eine Unterneh-

mensteuerreform für so dringend erforderlich halten
– das tun im Übrigen auch wir –: Warum hat dann die
große Koalition die Anstrengungen auf das nächste Jahr
verschoben? Die Diskussion hat nicht erst mit der Bil-
dung der großen Koalition begonnen, sondern seit Jah-
ren diskutieren wir – die Fachleute genauso wie die
breite Öffentlichkeit – über die Notwendigkeit einer Un-
ternehmensteuerreform, insbesondere um internationale
Wettbewerbsfähigkeit zu erreichen. Nun beginnt die
große Koalition damit, diese zentrale, wichtige Aufgabe
für den deutschen Mittelstand erst einmal auf die lange
Bank zu schieben.


Otto Bernhardt (CDU):
Rede ID: ID1601606400

Herr Dr. Solms, wir haben uns – ich habe gerade ein

paar Ziele genannt – eine große Unternehmensteuerre-
form vorgenommen. Die Probleme in diesem Zusam-
menhang sind sehr groß; Sie als Fachmann wissen das.
Wir wollen nicht den Fehler machen, den wir in der Ver-
gangenheit häufig gemacht haben, mit zu heißer Nadel
so wichtige Gesetze zu machen, um sie dann anschlie-
ßend wieder ändern zu müssen. Daher brauchen wir den
Zeitraum bis Ende 2007. Wir werden sicherstellen, dass
das neue Unternehmensteuerrecht am 1. Januar 2008 in
Kraft tritt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Bezogen auf den Mittelstand wollen wir, die große
Koalition, noch in einem anderen Bereich etwas verän-
dern, und zwar wollen wir den Übergang von mittel-
ständischen Betrieben auf die nächste Generation er-
leichtern, indem wir für diese Fälle die Steuern senken
wollen. Auch das ist eine schwierige und umfangreiche
Aufgabe. Wir müssen sie aber lösen. Denn jeder weiß
aus Einzelfällen, dass mancher Betrieb nicht fortgeführt
wird, weil die Steuerlast, die im Erbfall auf die Nachfol-
ger zukommt, so hoch ist, dass sie einfach nicht getragen
werden kann. Deshalb sagen wir: Diese Steuerlast müs-
sen wir reduzieren, um die Arbeitsplätze im Mittelstand
zu erhalten.

Der zweite Aspekt, den ich ansprechen möchte,
wurde schon von einigen meiner Vorredner genannt: die
Mittelstandsfinanzierung und Basel II. Brüssel hat seine
Aufgaben gemacht. Die entsprechende Richtlinie liegt
vor. Jetzt stehen wir vor der schwierigen Aufgabe, diese
Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. An dieser
Stelle sage ich: An etwa 100 Punkten haben wir nationa-
len Spielraum. Die große Koalition wird sicherstellen,

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(C (D ass wir diesen nationalen Spielraum dort, wo es mögich ist, zugunsten der mittelständischen Firmen nutzen. ch hoffe sogar, dass wir zu einer einheitlichen Lösung ommen werden, der das gesamte Haus zustimmt. Ich rinnere Sie nur daran, dass wir hier im Bundestag in der etzten Legislaturperiode zweimal einstimmige Entchließungen zu Basel II gefasst haben, wodurch wir auf as Ausgangswerk Einfluss in Richtung Mittelstandsreundlichkeit nehmen konnten. Ich denke, wir werden uch diesmal eine gemeinsame Lösung finden. Natürlich muss ich noch etwas zu einem meiner Liebingsthemen sagen, zu dem ich von dieser Stelle aus siher schon ein halbes Dutzend Mal gesprochen habe: um ERP-Vermögen. Denn wer sich mit dem ERP-Verögen beschäftigt, der sollte auch einen Satz dazu sa en, wo es herkommt. Das tue ich sehr gerne. Das ERPermögen ist nach dem Zweiten Weltkrieg durch die arshallplanhilfe der Amerikaner entstanden. Im Rahen dieser Hilfe wurden Gelder gezahlt, auf deren ückführung die Amerikaner verzichteten. Wir konnten iese Gelder bei uns immer wieder neu einsetzen. Inzwichen ist daraus ein Vermögen von deutlich über 2 Milliarden Euro geworden. Ich stelle fest – diese eststellung teilt das ganze Haus –: Das ERP-Vermögen st heute das wichtigste Instrument zur Mittelstandsförerung in Deutschland. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


enn ein Finanzminister, der gezwungen ist, den Haus-
alt zu sanieren, von einem Betrag in Höhe von 12 Mil-
iarden Euro hört,


(Rainer Brüderle [FDP]: Dann wird er süchtig!)


ann muss man aufpassen.


(Heiterkeit – Rainer Brüderle [FDP]: Oh ja! Sehr richtig!)


ach all dem, was ich in den vorliegenden Anträgen ge-
esen habe – mit diesem Thema setzen sich ja alle Frak-
ionen auseinander –, kann ich nur sagen: Unser gemein-
ames Ziel muss sein, dass sich die Erträge aus dem
RP-Vermögen – denn nur diese können wir einsetzen –
icht verringern. Des Weiteren müssen wir sicherstellen,
ass wir als Parlament – in welcher Form auch immer –
influss darauf haben, wofür diese Erträge in Zukunft
erwendet werden. Nur so kann aus meiner Sicht und
us Sicht der großen Koalition gewährleistet werden,
ass das ERP-Vermögen auf Dauer ein wichtiges Instru-
ent der Mittelstandsförderung bleibt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


ch sage mit aller Deutlichkeit: Hier liegt ein hartes
tück Arbeit vor uns. Allerdings betone ich auch:
2 Milliarden Euro sind eine verlockende Größenord-
ung.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich abschlie-
end Folgendes feststellen: Die große Koalition ist ent-






(A) )



(B) )


Otto Bernhardt
schlossen, die Rahmenbedingungen für den Mittel-
stand weiter zu verbessern.


(Abg. Rainer Brüderle [FDP] meldet sich zu einer Zwischenfrage – Ute Kumpf [SPD], zu Abg. Rainer Brüderle [FDP] gewandt: Oh! Herr Lehrer, ich weiß was!)


In diesem Sinne ist unser Antrag zu verstehen. Viel Ar-
beit liegt vor uns. Aber ich glaube, es macht Spaß, sich
für die Verbesserung der Rahmenbedingungen für den
Mittelstand aktiv einzusetzen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601606500

Herr Kollege Bernhard, der Kollege Brüderle würde

Sie gerne noch etwas fragen. Würden Sie diese Zugabe
trotz Ihrer eindrucksvollen Schlusspassage noch gestat-
ten?


(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Otto Bernhardt (CDU):
Rede ID: ID1601606600

Gerne, selbstverständlich.


Rainer Brüderle (FDP):
Rede ID: ID1601606700

Herr Kollege, Sie haben zu Recht betont, dass das

Marshallplan- bzw. ERP-Vermögen einen besonderen
Charakter hat, auch mit Blick auf unsere amerikanischen
Freunde. Diese Auffassung teile ich voll und ganz. Aber
Ihre Aussage, dass es uns darum gehen muss, die Erträge
aus dem ERP-Vermögen zu erhalten, ist ein bisschen
verräterisch. Sind Sie im Zusammenhang mit dieser ent-
scheidenden Hilfe, die Deutschland nach dem Krieg er-
fahren hat und die nach all dem, was geschehen war,
wahrlich nicht selbstverständlich war, rückblickend
nicht auch der Auffassung, dass es zum Anstand gehört,
dieses Vermögen des deutschen Mittelstands in seiner
gesamten Substanz zu erhalten, statt durch Hilfs-
konstruktionen einen Teil dieses Vermögens zu plün-
dern?


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Hans Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])



Otto Bernhardt (CDU):
Rede ID: ID1601606800

Politik, Herr Kollege Brüderle, ist bekanntlich die

Kunst des Möglichen. Als große Koalition haben wir na-
türlich mehrere Ziele gleichzeitig zu erreichen. Ein
wichtiges Ziel ist die Mittelstandsförderung. Deshalb
sage ich: Die Erträge aus dem ERP-Vermögen dürfen
nicht geschmälert werden. Ich sage aber genauso deut-
lich: Wenn es uns nicht gelingt, den Haushalt zu sanie-
ren, werden wir kein nachhaltiges Wirtschaftswachstum
in Deutschland bekommen.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Also ran an den Speck!)


Alle Länder der Welt, die die Haushaltssanierung nicht
in den Mittelpunkt ihrer Überlegungen gestellt haben,
mussten feststellen, dass ein Konjunkturaufschwung bei
maroden Staatsfinanzen nicht möglich ist. Wir müssen

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(C (D nd werden also sicherstellen, dass die Erträge nicht geinger werden, damit die Mittelstandsförderung im biserigen Umfang betrieben werden kann. Man kann aber icht sagen: Alles kann so bleiben, wie es ist. Ich verute, es wird leider nicht so bleiben können – Politik ist ben die Kunst des Möglichen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601606900

Herr Kollege Bernhardt, das Bedürfnis, mit Ihnen in

inen Dialog einzutreten, ist auf allen Seiten des Hauses
orhanden und nur noch schwer zu überbieten.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Wir würden uns ja gerne mit Ministern unterhalten, aber es kommt keiner!)


Das vertiefen wir bei anderer Gelegenheit.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Ja, ja, das vertiefen wir noch!)


Ich will jetzt zur Geschäftsordnungslage nur darauf
inweisen, dass ich Zwischenfragen naturgemäß dann
icht zulassen kann, wenn sie nach Ablauf der verein-
arten Redezeit angezeigt werden. Da der Kollege
ernhardt mit seinem Beitrag erfreulicherweise unter-
alb der gemeldeten Redezeit geblieben ist, ist es, glaube
ch, nur fair, die eine wie die andere Zusatzfrage zuzu-
assen, sofern er selber das gestattet. –


(Dr. Rainer Wend [SPD]: Er wusste, dass die Fragen kamen!)


as ist so. Bitte schön, Herr Kollege Dehm.


Dr. Jörg-Diether Dehm-Desoi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601607000

Wenn Ihr Blick rechtzeitig auch zur Linken ge-

chweift wäre, hätten Sie gesehen, dass ich mich zuvor
u Wort gemeldet habe.

Meine Frage an Sie, Kollege Bernhardt: Können Sie
ich vorstellen, dass ein hessischer Bäckerbetrieb in den
etzten zwei Jahrzehnten mehr Körperschaftsteuer be-
ahlt hat als die Deutsche Bank?


(Ute Kumpf [SPD]: Er meint wahrscheinlich Kamps!)


Wenn das so ist, ist die Frage: Warum haben alle Par-
eien außer der Linkspartei daran mitgewirkt: auf der
bene der Bundesregierung, auf der Ebene der Landes-

egierungen und auch, was die Aufsicht über die Finanz-
mter, die für Großbetriebsprüfungen zuständig sind, an-
etrifft?


(Laurenz Meyer [Hamm] [CDU/CSU]: War das jetzt ein Plädoyer für die Abschaffung der Körperschaftsteuer?)



Otto Bernhardt (CDU):
Rede ID: ID1601607100

Ich kann von hier natürlich nicht auf Einzelfälle ein-

ehen. Ich weiß nur so viel: dass im Zusammenhang mit
estimmten Veränderungen der Körperschaftsteuer ein
aar Probleme entstanden sind, die beim Staat zu






(A) )



(B) )


Otto Bernhardt
erheblichen Einbußen geführt haben; wir haben hier wie-
derholt darüber diskutiert. Diese Zeit ist aber vorbei. Wir
werden jetzt als große Koalition sicherstellen – wir ha-
ben gemeinsam schon viele Schlupflöcher gestopft –,
dass ab 1. Januar 2008 alle Firmen in Deutschland unab-
hängig von ihrer Rechtsform die gleiche Steuer zahlen.


(Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Jawohl! Sehr gut!)


Ich habe schon darauf hingewiesen: Diese kann, auch
wenn das wünschenswert wäre, nicht bei 20 Prozent lie-
gen, das schaffen wir nicht. Sie muss aber deutlich nied-
riger liegen als heute. Dafür werden wir uns einsetzen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601607200

Das Wort hat nun der Kollege Paul Friedhoff für die

FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Paul K. Friedhoff (FDP):
Rede ID: ID1601607300

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Nach einer freiwilligen dreijährigen Pause vom
Parlamentsbetrieb bin ich sehr stolz darauf, dass ich
heute wieder in diesem Hohen Hause reden darf.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Laurenz Meyer [Hamm] [CDU/CSU])


Mit dem Antrag „Unternehmen statt Unterlassen – Vor-
fahrt für den Mittelstand“ wollen wir Liberalen dazu bei-
tragen, dass die Situation des Mittelstands in Deutsch-
land auf die Tagesordnung kommt. In den sieben Jahren
von Rot-Grün wurde den Unternehmern das Arbeiten in
unserem Land erschwert: durch höhere Steuern, höhere
Abgaben, viel mehr Bürokratie. Aber, Herr Meyer, hier
hat auch die Koalition von Schwarz-Rot außer Hoffnung
zurzeit nicht viel zu bieten; ich komm nachher noch da-
rauf.


(Laurenz Meyer [Hamm] [CDU/CSU]: Ein paar Wochen abwarten!)


Ich habe meine Parlamentspause genutzt und wäh-
rend dieser Zeit erneut einen mittelständischen Betrieb
mit aufgebaut. Dies konnte ich mir nicht etwa deswegen
leisten, weil sich die Rahmenbedingungen in der letzten
Zeit so verbessert hätten, sondern weil ich dafür die Er-
löse aus meinem ersten Betrieb, den ich vor meiner Par-
lamentszeit in den 80er-Jahren aufgebaut habe, verwen-
det habe. Ich kann also aus eigener Anschauung
vergleichen, was sich in diesen 20 Jahren bei Unterneh-
mensgründungen, aber auch bei der Schaffung von Ar-
beitsplätzen in diesem Land verändert hat. Ich möchte
das an vier Stellen festmachen.

Erstens. Vor 20 Jahren waren Banken und Sparkas-
sen an Erfolg versprechenden Unternehmensgründungen
durchaus interessiert. Die Banker vor Ort hatten Ent-
scheidungsbefugnisse. Unternehmerpersönlichkeit, Pro-
dukt und Marktchancen standen im Vordergrund. An de-
ren Stelle ist heute ein fast umfassendes, ganz
kompliziertes, computergetriebenes Ratingsystem getre-

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(C (D en, das mit immensen Dokumentationspflichten eine egabürokratie verlangt, die kaum individuelle Spiel äume bei den Entscheidungsträgern zulässt. ei den Banken sind die Bürokratiekosten mittlerweile öher als die Margen. Hier erlebte man über Jahre eine ot-grüne Regulierungswut. Die Kreditversorgung des ittelstandes ist weitestgehend zum Erliegen gekomen. Rot-Grün hat erreicht, dass nur noch derjenige ein nternehmen gründen kann, der das entsprechende Geld itbringt. Vor 20 Jahren war die Situation anders. Damals onnte ich mit relativ wenig eigenen Mitteln, aber mit berzeugenden Konzepten etwas erreichen. Das geht in iesem Land nicht mehr, und wir wundern uns, dass wir abei Arbeitsplätze verloren haben. as allerdings wohl geht – ich habe eben gehört, dass as so toll sei –, sind geförderte Ich-AGs. Ich glaube, wir n Deutschland sind ein ganzes Stück zurückgefallen. Zweitens. Auch in den 80er-Jahren waren wir schon in Hochlohnland, ganz ohne Frage. Allerdings waren ie Zuschläge für unsere sozialen Sicherungssysteme icht so hoch wie heute. Wir waren von den übrigen Inustrieländern nicht so weit entfernt. Ich spreche nicht on China, nicht von den Ländern, mit denen – dieses otschlagargument wird oft gebracht – wir uns sowieso icht messen könnten. Nein, ich vergleiche mit den konurrierenden Industrieländern. Diese Zuschläge wirken un einmal wie eine Sondersteuer auf Arbeit. Wir haben ie laufend nach oben getrieben. Hier ist kein Ende abzuehen. Die Abgaben für Rente, Krankheit, Pflege, Areitslosigkeit, Berufsgenossenschaft und die sonstigen wangsversicherungen sind in den letzten 20 Jahren um ehr als 50 Prozent gestiegen. Dies hat die Löhne in eutschland erheblich verteuert. Dieser Trend hat sich in den letzten Jahren noch bechleunigt und setzt sich auch unter der schwarz-roten oalition durchaus fort. Am 1. Januar dieses Jahres urde die Zwangsversicherung für die Lohnfortzahlung m Krankheitsfall auf Betriebe mit bis zu 30 Mitarbeitern statt früher 20 – ausgedehnt. Darüber hinaus gilt sie etzt nicht mehr nur für gewerbliche Arbeitnehmer, sonern auch für Angestellte. Nicht „Zurück“, sondern Vorwärts“ heißt die Devise. Herr Meyer, dieses Gesetz st nicht unter Rot-Grün entstanden, sondern unter chwarz-Rot. In der Rentenkasse fehlt Geld. Ich habe gestern im irtschaftsausschuss vernommen, dass man sich die ittel durch einen vorgezogenen Zahlungstermin für die ozialversicherungsbeiträge beim Mittelstand abholt. Es ann doch nicht wahr sein, dass das von der schwarz-roen Koalition weitergeführt wird. Lesen Sie einmal in Ihem Wahlprogramm nach! Lesen Sie nicht so viel im oalitionsprogramm, sondern im Wahlprogramm, was ie alles vorhatten! Paul K. Friedhoff Drittens. In jedem Produktionsunternehmen benötigt man gut ausgebildete Spezialisten, aber auch geringer qualifizierte Mitarbeiter. Die Nettolohnspreizung zwischen beiden Gruppen ist in den 20 Jahren zulasten der hochgradig spezialisierten Mitarbeiter erheblich verringert worden. Dies hat zu einem Verlust an Motivation bei vielen Spezialisten geführt. Erhöhungen der Bruttolöhne wirken sich kaum bei den Nettolöhnen aus. Es lohnt sich immer weniger, bei der Arbeit Höchstleistungen zu vollbringen. Vom Engagement dieser Spitzenkräfte hängen viele niedriger qualifizierte Arbeitskräfte ab. Wir sollten uns einmal überlegen, ob wir dies so weiterführen wollen. In Deutschland kann man die fatalen Folgen der Sockelpolitik der Tarifparteien und der falschen Steuerpolitik bewundern. Viertens. In diesen 20 Jahren hat sich die Bürokratie enorm erhöht. Die Kontrollen der Behörden haben sich vervielfacht. Die von der Bundesvereinigung Liberaler Mittelstand bestätigten Bürokratiekosten in Höhe von circa 4 000 Euro jährlich pro Mitarbeiter im Mittelstand haben sich seit den 80er-Jahren mehr als verdoppelt. Diese hohen Bürokratiekosten könnten in den Unternehmen viel besser investiert werden. Die enormen staatlichen Kontrollen könnten abgebaut und dafür die Steuern gesenkt werden. Liebe Kolleginnen und Kollegen, alle Unternehmer werden Ihnen Folgendes bestätigen: Nur wenn Unternehmen Aufträge erhalten, können sie auch Arbeitsplätze schaffen. Aufträge bekommt man nur, wenn man international wettbewerbsfähig ist. Dazu gehört nicht nur die gute Qualität der Produkte, dazu gehört natürlich auch deren Preis. Wenn die Arbeitskosten zu hoch sind, dann betrifft dies vor allem die Unternehmen, die ihre Produkte mit vielen Beschäftigten herstellen; denn je teurer die Arbeit ist, desto teurer sind die Produkte. Im Mittelstand sind viele Menschen beschäftigt. Deshalb muss man es immer wieder sagen: Wir benötigen eine Abkopplung der Sozialkosten von den Arbeitskosten, wir benötigen ein einfaches, gerechtes und niedrigeres Steuersystem und wir benötigen die Absenkung der Arbeitskosten durch den Abbau der bei uns viel zu hohen Bürokratiekosten, was gleichzeitig dann auch zu mehr Flexibilität führt. Dies haben alle Industrieländer, die beim Abbau der Arbeitslosigkeit erfolgreich gewesen sind, so getan. Auch wir werden nicht darum herumkommen, das zu tun. Lasst uns an die Arbeit gehen! Mit dem Koalitionsvertrag werden Sie dieser Lage aber überhaupt nicht gerecht. Hier wird noch ein ganzes Stück nachgearbeitet werden müssen. Herr Meyer, dabei würden wir Ihnen natürlich sehr gerne helfen, damit Sie hier wirklich in die Puschen kommen und keinen Standfußball spielen. Herzlichen Dank. Herr Kollege Friedhoff, das war nun zweifellos nicht Ihre parlamentarische Jungfernrede, aber ich möchte doch gerne die Gelegenheit nutzen, für diejenigen, die S m d F K s n ü z t s d e G u J s F r L a g n v a w M d b f N d t g 1 r z n s d w d n N w v s 1 l r n (C (D ie aus früherer langjähriger parlamentarischer Zusamenarbeit kennen, die Freude zum Ausdruck zu bringen, ass Sie wieder dabei sind. Nun hat die Kollegin Andrea Wicklein für die SPDraktion das Wort. Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und ollegen! Wenn wir heute über Mittelstand und Wirtchaftsförderung reden, dann müssen wir auch 15 Jahre ach der deutschen Vereinigung – leider, so sage ich – ber Mittelstand Ost und Mittelstand West reden. Es gibt war mehr und mehr wirtschaftliche und wirtschaftspoliische Gemeinsamkeiten, in wichtigen Punkten untercheiden sich Ost und West aber nach wie vor erheblich. Ostdeutscher und westdeutscher Mittelstand spüren ie konjunkturelle Belebung gemeinsam. Es ist überaus rfreulich, dass das verarbeitende Gewerbe die eschäftsaussichten auch im laufenden Jahr positiv be rteilt. Vier von fünf Unternehmen erwarten in diesem ahr ein eher gutes oder ein gutes Geschäft. Der ostdeutche Mittelstand steuert in diesem Jahr damit ein neues ünfjahreshoch an. Die „Berliner Zeitung“ weist in ihem Kommentar allerdings darauf hin, dass Freud und eid hier sehr eng beieinander liegen. Deshalb will ich uch die gewaltigen wirtschaftlichen Probleme ganz uneschminkt benennen, die große Teile Ostdeutschlands ach wie vor haben. In zahlreichen Regionen führen Arbeitslosenquoten on 20 Prozent und mehr dazu, dass viele junge und gut usgebildete Menschen ihre Heimat verlassen und in die estdeutschen Bundesländer abwandern. Ein drohender angel an Fachkräften und ein erheblicher Rückgang er Zahl der erwerbsfähigen Menschen und der Gesamtevölkerung sind die Folgen. Nach einer aktuellen Umrage von TNS Infratest ist die Suche nach qualifiziertem achwuchs schon heute die größte Sorge der mittelstänischen Unternehmen, und das übrigens nicht nur im Osen. Schätzungen gehen von einem Bevölkerungsrückang in einigen ostdeutschen Bundesländern von bis zu 7 Prozent bis zum Jahre 2020 aus. Dieser Bevölkeungsrückgang würde in den betroffenen Regionen nicht uletzt zu weiter sinkenden Steuereinnahmen und zu eier erhöhten Pro-Kopf-Verschuldung führen. Aber auch die Struktur der mittelständischen Wirtchaft in Ostdeutschland unterscheidet sich von der in en alten Bundesländern immer noch signifikant. Wenn ir uns vor Augen führen, dass sich von den 500 größten eutschen Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes ur sieben in den neuen Bundesländern und 144 allein in ordrhein-Westfalen befinden, dann wissen wir, vor elchen Problemen wir in den neuen Ländern nach wie or stehen. Auch die Anzahl der Beschäftigten im Forchungsbereich der Unternehmen beträgt, bezogen auf 000 Erwerbstätige, in den alten Ländern durchschnitt ich 9,1; in Ostdeutschland dagegen sind es nur 3,3. Geade den kleinen und mittleren Unternehmen in den euen Ländern fehlen somit eigene Potenziale, um neue Andrea Wicklein Verfahren und neue Produkte zu entwickeln und diese erfolgreich am Markt zu platzieren. Aber auch innerhalb der neuen Bundesländer ist die Situation durch große regionale Unterschiede gekennzeichnet. Hier liegen Licht und Schatten nahe beieinander. In einigen Regionen wie in Jena, Dresden, Leipzig oder Halle konnten ganz erhebliche Fortschritte erzielt werden. Dort bilden sich Wachstumszentren heraus, die sich zu selbsttragenden Wirtschaftseinheiten entwickeln. Es entstehen dort regionale Kompetenzfelder mit wettbewerbsfähigen und innovativen Branchenschwerpunkten. Diese Wachstumskerne müssen wir auch in Zukunft mit sehr differenzierten Förderinstrumenten und Fördermaßnahmen unterstützen, damit die von ihnen ausgehende wirtschaftliche Dynamik stabilisiert und weiter angeregt wird. Andererseits ist es jedoch unumgänglich, dass wir in strukturund wachstumsschwachen Regionen neue Perspektiven eröffnen. Jede Region hat Stärken und Entwicklungspotenziale, sei es in der Erzeugung und Verarbeitung von landwirtschaftlichen Produkten, in der Energiegewinnung durch Biomasse oder auch im Tourismus. Diese Wertschöpfungspotenziale müssen vor Ort identifiziert werden, und auch für wirtschaftsschwache Regionen müssen Entwicklungskonzepte erarbeitet und mit möglichst professionellen regionalen Managementmethoden umgesetzt werden. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der FDP)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601607400

(Beifall)

Andrea Wicklein (SPD):
Rede ID: ID1601607500




(A) )


(B) )


Grundsätzlich gilt – ich glaube, darin sind wir uns alle
einig –, dass die Zeit der Gießkannenförderung ein für
alle Mal vorbei ist. Es muss darum gehen, die vorhande-
nen Mittel in den ostdeutschen Bundesländern gezielt
und effizient einzusetzen. Mit konkreten Förderprogram-
men wie Inno-Watt, NEMO und Pro Inno hat die alte
Bundesregierung den besonderen Bedürfnissen der ost-
deutschen Unternehmen bereits Rechnung getragen.
Diese Programme gleichen die vorhandenen Defizite im
Management, beim Technologietransfer, bei der Markt-
einführung und bei der Vernetzung aus.

Dass der hier eingeschlagene Weg richtig ist, zeigen
die begleitenden Untersuchungen. So haben sich der
Umsatz, die Beschäftigung und die Produktivität der
durch Inno-Watt geförderten Unternehmen weit besser
entwickelt als der Durchschnitt der gewerblichen Wirt-
schaft. Mit jedem Euro Zuschuss konnte ein wirtschaftli-
cher Effekt von 14 Euro bewirkt werden. Von 2000 bis
2004 hat sich der Export bei den geförderten Unterneh-
men fast verdreifacht.

Alles in allem zeigt sich: Die gezielte Innovations-
und Technologieförderung ist erfolgreich. Deshalb
müssen wir diese Programme zur Förderung der kleine-
ren und mittleren Unternehmen fortsetzen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das zweite Standbein der mittelstandsorientierten
Förderpolitik für die neuen Bundesländer ist die Investi-

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(C (D ionsförderung. Noch immer sind Eigenmittel ein Engass bei der Finanzierung von Investitionen. Trotz mfangreicher staatlicher Hilfen lagen die Anlageinvesitionen in Ostdeutschland 11 Prozent unter denen in estdeutschland. Während im Westen Investitionen fast u zwei Dritteln aus Eigenmitteln finanziert werden könen, liegt diese Quote im Osten knapp unter 50 Prozent. iese Lücke wird derzeit durch Fördermittel geschlos en. Unsere wichtigsten Instrumente sind hier die Investiionszulage und die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesseung der regionalen Wirtschaftsstruktur“. Beide Instruente wollen wir als Regierungskoalition fortführen. Die Investitionszulage ist eine wichtige Basisfördeung. Wir sollten sie allerdings effizienter gestalten und en Realitäten in den neuen Ländern besser anpassen. eispielsweise spricht viel dafür, mit dieser Zulage auch ouristische Vorhaben zu unterstützen; denn für Regioen wie das Erzgebirge, den Harz, den Spreewald oder ie Küste in Mecklenburg-Vorpommern bietet der Fremenverkehr das wichtigste Wachstumspotenzial. Deshalb ollten wir eine Ausweitung der Förderung in diesem ereich in Erwägung ziehen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Außerdem werden wir die Gemeinschaftsaufgabe auf
ohem Niveau fortsetzen. Sie ist und bleibt ein unver-
ichtbares Instrument für die Investitionsförderung. Die
emeinschaftsaufgabe hat die nötige Flexibilität, um re-
ionale Potenziale sehr gezielt zu fördern.

Lassen Sie mich zum Schluss noch einen anderen
unkt herausgreifen. Bekanntlich reicht ein Instrument
llein nicht aus, um ein Orchesterstück zu spielen. Ähn-
ich verhält es sich in der Mittelstandsförderung. Wichtig
st es, die verschiedenen Instrumente, die uns zur Verfü-
ung stehen, zusammen und vor allem auch koordiniert
inzusetzen. Innovations- und Investitionsförderung ge-
ören zusammen.

Es ist deshalb gut, dass die wichtigsten Förderinstru-
ente auch von einem Ministerium begleitet und koordi-

iert werden. Bekanntlich machen mehrere Dirigenten
as Musizieren nicht leichter. In diesem Sinne tun wir al-
es für die weitere Entwicklung des Mittelstandes auch
m Osten.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601607600

Ich erteile das Wort nun dem Kollegen Dr. Herbert

chui, Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Herbert Schui (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601607700

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das ERP-

ondervermögen muss dort bleiben, wo es zurzeit ist.






(A) )



(B) )


Dr. Herbert Schui
Dieses Sondervermögen ist ein Mittel allgemeiner Wirt-
schaftsförderung, und zwar nicht nur für das Klein-
gewerbe – den Begriff Mittelstand möchte ich eher
vermeiden; denn er umfasst vieles –, sondern auch zur
Förderung von Innovation. Ich erinnere daran, dass auch
das Airbus-Konsortium auf der Grundlage des ERP-Son-
dervermögens erhebliche Kredite bekommen hat.

Statt öffentliches Eigentum zu erhalten, zu nutzen und
für eine umfassendere Wirtschaftspolitik einzusetzen,
wird von den Regierungen seit vielen Wahlperioden eine
andere Tradition begründet, nämlich die Senkung von
Unternehmen- und Gewinnsteuern im Allgemeinen – da-
durch sinken die Einnahmen – und die Kürzung von öf-
fentlichen Dienstleistungen und Sozialleistungen. Den-
noch bleibt ein Defizit. Wie soll es angesichts der
Maastricht-Kriterien ausgeglichen werden? Also wird
öffentliches Eigentum verkauft – und so weiter und so
fort.

Dabei müssen wir uns aber das Problem vor Augen
führen, dass in vielen Fällen das öffentliche Eigentum,
das aus Gründen eines ungefähren Ausgleichs des öf-
fentlichen Haushalts nun verkauft werden soll, von de-
nen erworben wird, die reicher geworden sind, weil sie
weniger Steuern zahlen müssen. Alles in allem ist das
eine geniale Politik.


(Zustimmung bei der LINKEN)


In diese Tradition des Verkaufs öffentlichen Eigen-
tums gehört auch, dass von den insgesamt 12 Milliarden
des ERP-Sondervermögens 2 Milliarden zur Finanzie-
rung des Bundeshaushalts eingesetzt werden sollen und
im Rahmen der so genannten Neuordnung des ERP-Son-
dervermögens offensichtlich weitere 10 Milliarden Euro
als Eigenkapital der Kreditanstalt für Wiederaufbau
zugeführt werden sollen. Diese Neuordnung wird aber
nicht das Ende eines Prozesses sein, in dem sich der
Staat zum armen Mann macht, sein Vermögen veräußert
und damit bedeutende Möglichkeiten aufgibt, eine er-
folgreiche Wirtschaftspolitik zu betreiben.


(Beifall bei der LINKEN)


10 Milliarden Euro sollen also dafür verwendet wer-
den, das Eigenkapital der Kreditanstalt für Wiederaufbau
zu erhöhen. Wie zweckmäßig auch immer, für sich ge-
nommen, mehr Eigenkapital ist für ein staatliches Spe-
zialkreditinstitut –und das ist die Kreditanstalt für Wie-
deraufbau, so bedenklich ist es, wenn das vermehrte
Eigenkapital für die Kreditanstalt für Wiederaufbau nun
aus dem ERP-Sondervermögen herausgenommen wer-
den soll, um Telekomanteile oder Bahnaktien rascher zu-
gunsten des Bundeshaushaltes zu liquidieren. Mit dem
ERP-Sondervermögen als zusätzlichem Eigenkapital der
KfW soll also die Privatisierung von Bundeseigentum
finanztechnisch reibungslos gestaltet werden. Die KfW
wird damit – das ist nicht ihre Aufgabe – zur Privatisie-
rungsagentur des Bundes.

Was ist zu erwarten, wenn alles bedeutende Bundes-
vermögen verkauft ist, wenn also die KfW ihren Dienst
getan hat? Es ist wahrscheinlich, dass sie dann ebenfalls
verkauft wird und damit auch dasjenige zusätzliche Ei-
genkapital, das aus dem ERP-Sondervermögen stammt.

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(C (D an könnte der Regierung und der Koalition nur dann ustimmen, wenn sie eine unabdingbare Bestandsgaranie zugunsten der KfW formulierten, die Aufgaben enau definierten und überdies eine demokratische ontrolle dieser reformierten Kreditanstalt für Wieder ufbau auf kurzem Weg ermöglichten. Insgesamt reicht as aber nicht aus, um den Mittelstand zu fördern. Eines uss bedacht werden: Wenn es – wie vorhin angekün igt – weitere Steuererleichterungen zugunsten des ittelstandes gibt, dann ist angesichts der ungleich ver eilten Marktmacht auf der Grundlage der Gestaltung er Absatzund Beschaffungspreise zu erwarten, dass iese Steuererleichterungen in Kürze zu Gewinnen der roßwirtschaft werden. Gestatten Sie mir bitte noch einen abschließenden atz. Wir schließen uns im Zusammenhang mit dem RP-Vermögen durchaus dem Antrag der FDP an und ind – genauso wie die Kollegen von der FDP-Fraktion – egen eine Liquidierung dieses öffentlichen Eigentums. amit könnte sich allerdings eine Entente cordiale aus DP und der Linken anbahnen. Herr Kollege, ich befürchte, dass die Implikationen iner solchen heimlichen Koalition im Rahmen Ihrer berschrittenen Redezeit nicht mehr vollständig darzutellen sein werden. (Heiterkeit und Beifall – Zuruf von der LINKEN: Sehr schade!)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601607800


Dr. Herbert Schui (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601607900

Meine Damen und Herren von der FDP, damit es so

eitergeht, werden Sie in Zukunft sicherlich gemeinsam
it uns die Privatisierung von allem öffentlichen Eigen-

um nach Kräften zu verhindern versuchen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Hier wird Geschichte gemacht!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601608000

Das Wort hat nun der Kollege Hans Josef Fell, Bünd-

is 90/Die Grünen.


(Laurenz Meyer [Hamm] [CDU/CSU]: Endlich kriegen wir Unterstützung!)



Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601608100

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Das ERP-Sondervermögen ist das wichtigste In-
trument der Innovationsförderung, der Mittelstandsför-
erung und der Umwelttechnologieförderung. Allein im
ahre 2005 wurden mit dem ERP-Wirtschaftsplan
,8 Milliarden Euro bereitgestellt. Frau Wicklein, in den
euen Bundesländern sind mittlerweile 169 000 Vorha-
en in den Bereichen Gründung und Festigung von Un-
ernehmen gefördert worden. Der Aufbau dieser mittel-
tändischen Unternehmen wäre ohne die gezielten
inanzierungshilfen häufig nicht möglich gewesen, wie






(A) )



(B) )


Hans Josef Fell
es im Subventionsbericht der Bundesregierung heraus-
gestellt wird. Wir alle wissen, dass die Mittelstands-
kreditförderung nie wichtiger war als heute, da sich vor
allem die großen Banken leider zunehmend vom Mittel-
stand entfernt haben.

Der Deutsche Bundestag war sich der besonderen Be-
deutung dieses Finanzierungsinstruments immer be-
wusst und hat es über viele Jahrzehnte verteidigt. Auch
jetzt ist wieder der Mut des ganzen Hauses gefragt, da
das Finanzministerium das ERP-Sondervermögen kür-
zen und an die KfW schlicht verschenken will. Wir
freuen uns, dass auch die FDP mit ihrem Antrag die Tra-
dition der Vermögenserhaltung und die parlamentarische
Kontrolle verteidigt.

Ich würde mich auch freuen, wenn die Union und die
SPD dieser Tradition folgen würden. Herr Kollege
Lange, Herr Kollege Bernhardt, ich habe mich gefreut,
dass Sie die Aufrechterhaltung der demokratischen
Kontrolle betont haben. Aber Sie müssen auch wissen:
Entweder gibt es diese demokratische Kontrolle oder die
Eigenkapitalübertragung an die KfW. Beides zusammen
ist nicht machbar und dies müssen wir ganz klar wissen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)


Ich befasse mich seit zwei Jahren mit dem Ansinnen
des Finanzministeriums. Mir wurde bis heute kein stich-
haltiger Grund genannt, der für eine Übertragung an die
KfW spricht. Die genannten Effizienzgewinne sind sehr
umstritten und wären bei anderen Anlageformen vermut-
lich sogar höher. Erst gestern hat mir die Parlamentari-
sche Staatssekretärin des BMF Barbara Hendricks in der
Fragestunde bestätigt, dass die KfW keine ERP-Mittel
benötigt, um die Platzhaltergeschäfte im Rahmen der
Privatisierung realisieren zu können.

Das ERP-Sondervermögen ist vor allem ein Innova-
tionsprogramm. Es ist das wichtigste Instrument, wel-
ches der Bundesregierung für ihre Innovationsoffensive
zur Verfügung steht; denn es stellt genau dort Kapital zur
Verfügung, wo andere das Risiko scheuen. Ohne das
ERP-Sondervermögen mit Mut zu Investitionen wäre
jede Innovationsoffensive zum Scheitern verurteilt. Ich
will das anhand der jüngsten Innovationsbausteine dar-
stellen. Ohne das ERP-Sondervermögen gäbe es keinen
Dachfonds für Venture Capital. Ohne diesen Dachfonds
würde das Eigenkapital des European Investment Fund
nicht in Deutschland investiert werden. Ohne die Beteili-
gung des ERP-Sondervermögens gäbe es auch keine
Chance, das Venture Capital in Deutschland wieder zu
beleben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Den Dachfonds wollte übrigens die KfW nicht mit-
finanzieren, da ihr das Risiko zu hoch erschien. Das ist
das gute Recht der KfW. Umgekehrt ist es aber auch das
gute Recht des Bundestages, andere Prioritäten zu ver-
folgen. Die Verfolgung dieser Prioritäten ist aber nur so
lange möglich, wie über das ERP-Sondervermögen vom
Bundestag und nicht von der KfW entschieden wird.


(Beifall bei der FDP)


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(C (D Dies zeigt auch das Beispiel des ERP-Startfonds, der benfalls im Risikokapitalbereich aktiv ist. Er wird zu 0 Prozent über das ERP-Sondervermögen finanziert. ieses war als einziges Vermögen bereit, so viel Geld berhaupt in die Hand zu nehmen, um Start-ups kozuinanzieren. Die durchführende KfW war nur zu eher ymbolischen 10 Prozent zu bewegen. Wäre das ERPondervermögen im KfW-Besitz gewesen, gäbe es folg ich auch keinen Startfonds und somit weit geringere hancen für junge Technologieunternehmen, an Geld zu elangen. Der Deutsche Bundestag hat nicht nur mutig in die ukunft investiert; er hat dabei auch das Vermögen eralten – und das über Jahrzehnte hinweg. Mit diesem ermögen konnten zugleich Dutzende Milliarden in die ukunft des Landes investiert werden. Da der Deutsche undestag und die Bundesregierung eine große Verantortung für das ERP-Sondervermögen und damit auch ür die Zukunft unseres Landes tragen, müssen sie größen Wert darauf legen, wie das Geld angelegt wird. Hier uss selbstverständlich auch in der Zukunft das ubstanzerhaltungsgebot gelten. Ansonsten würden ir Gefahr laufen, in eine Innovationsdefensive zu gera en. Der Vertrag mit den USA bietet hierzu eine wichige Gewährleistung; denn in diesem Vertrag ist die ubstanzerhaltung als oberstes Gebot festgeschrieben. ie Substanzerhaltung spricht übrigens nicht dagegen, ass der Bundesfinanzminister 2 Milliarden Euro im aushalt verwenden kann. Den 2 Milliarden Euro müs en dann aber logischerweise Beteiligungswerte in gleiher Höhe gegenüberstehen und schon sind zwei Fliegen it einer Klappe geschlagen: Verringerung der Neuver chuldung und Substanzerhaltung des Sondervermöens. Diesen Weg gibt es und wir halten ihn für den ichtigen und einzigen gehbaren angesichts der internaionalen Vertragslage. Neben dem Substanzerhaltungsgebot muss die Effiienz im Vordergrund stehen, mit der das Geld angelegt ird. Folgerichtig muss wie bei jeder Geldanlage vergli hen werden, was der Markt anbietet. Wer das beste Anebot macht, soll dann auch den Zuschlag erhalten. Dies st ein selbstverständliches Vorgehen, das wir in unserem ntrag einfordern. Wir wissen, die Haushaltslage ist ehr als schwierig. Umso mehr gilt: Der Bund hat kein eld zu verschenken, auch nicht an die KfW. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP – Otto Bernhardt [CDU/ CSU]: Da hat er Recht!)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601608200

Das Wort hat nun der Kollege Franz Obermeier,

DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Franz Obermeier (CSU):
Rede ID: ID1601608300

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

s ist schon amüsant, welche Allianzen sich in dieser
ebatte ergeben. Man muss einmal schauen, wie sich die






(A) )



(B) )


Franz Obermeier
Dinge in den nächsten Tagen und Wochen weiterentwi-
ckeln.

Was die Zielsetzungen angeht, besteht in diesem
Hause eigentlich Einigkeit: Mittelstandsförderung hat
Priorität. Sie steht nicht zuletzt in unserem Koalitions-
vertrag ganz oben. Gleichzeitig wird fast täglich der Ab-
bau von Arbeitsplätzen in unserem Land, insbesondere
in der Industrie, gemeldet.


(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Leider wahr!)


Das bringt mich dazu, zu fragen: Wie fangen wir diese
Arbeitsplatzverluste auf? Im vergangenen Jahr sollen
400 000 Arbeitsplätze im sozialversicherungspflichti-
gen Bereich abgebaut worden sein. Das muss uns
äußerst nachdenklich machen.

Lassen Sie mich versuchen, eine Bilanz zu ziehen.
Wir werden im Dienstleistungsbereich weiterhin sozial-
versicherungspflichtige Arbeitsplätze bekommen. Ich
bin allerdings der Auffassung, dass die Verluste im
industriellen Bereich dadurch bei weitem nicht ausge-
glichen werden. Insofern haben wir die Aufgabe, alles
dafür zu tun, dass im produktiven Bereich Arbeitsplätze
entstehen. Dieses Ziel können wir nur erreichen, wenn
wir die mittelständische Wirtschaft entsprechend för-
dern.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Dafür haben wir zu arbeiten.

Nun möchte ich ein Wort zu Herrn Brüderle sagen,
nachdem er sich hier über unsere Arbeit und unsere Ab-
sichten so deutlich ausgelassen hat. Herr Brüderle, Sie
können die Besteuerung im mittelständischen Bereich
gern anprangern. Auch wir haben da einige Defizite fest-
zustellen. Wenn Sie sich aber über die Gewerbesteuer
in dieser Form auslassen, dann erwarte ich von Ihnen als
erfahrenem Politiker, dass Sie den Kommunen ein
Signal geben, wie sie einen adäquaten Ausgleich für die
Abschaffung der Gewerbesteuer bekommen.


(Beifall des Abg. Dr. Heinz Riesenhuber [CDU/CSU] und des Abg. Dr. Rainer Wend [SPD])


Ein solcher Ausgleich ist für meine Begriffe für die
Kommunen deswegen wichtig, weil wir den Kommunen
in der Zukunft weitere Aufgaben übertragen werden.
Wir müssen den Kommunen sagen, wie sie die Dinge zu
finanzieren haben. Wir stellen bei den Kommunen einen
Investitionsstau von erheblichem Ausmaß fest. Dieses
Thema dürfen wir nicht hintanstellen.

Ich bin froh, dass sich die neue Regierung die Zeit
nimmt, um in diesem und im nächsten Jahr ein vernünf-
tiges, umfassendes Steuerrecht zu entwickeln. Wir Poli-
tiker im Allgemeinen und die alte und die neue Bundes-
regierung im Besonderen werden gerade vom
gewerblichen Bereich mit einiger Skepsis gesehen: Man
ist sich noch nicht so ganz sicher, ob diese Konstruktion
das notwendige Vertrauen verdient. Wir dürfen uns des-
halb in der Steuerpolitik nichts leisten, was dazu führt,
dass nachgebessert werden muss. Wir müssen gute Ar-

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(C (D eit leisten. Wir müssen alle zusammenstehen, damit ieses Land ein umfassendes, vernünftiges und gutes teuerrecht bekommt. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


Dieser Tage gab es eine Veranstaltung des Deutschen
erkehrsforums. Hier im Parlament werden wir dem-
ächst das Infrastrukturplanungsbeschleunigungsgesetz
ehandeln. Der Investitionsstau im Verkehrsbereich hat
ine Größenordnung von 160 Milliarden Euro. Über den
aushalt werden wir die notwendigen Investitionen in

iner angemessenen und überschaubaren Frist nicht vor-
ehmen können. Deswegen ist es wichtig, dass wir uns
n absehbarer Zeit mit alternativen Finanzierungs-

ethoden, insbesondere was den Verkehr angeht, befas-
en.


(Christian Lange [Backnang] [SPD]: Aber keine Maut!)


Nein, ich rede nicht der Maut das Wort.


(Zustimmung bei Abgeordneten der SPD)


ch rede von Finanzierungsmethoden im Privatkapital-
ektor. Dem müssen wir näher treten, weil wir, was den
esamten Verkehrsbereich betrifft, von der Substanz le-
en. Das ist alles andere als vertretbar.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch ein
aar Punkte benennen, die neben den Verkehrsinvestitio-
en – im Bahnbereich finden überwiegend mittelständi-
che Unternehmen Aufträge – tatsächlich mittelstands-
ördernd sind. Zum Gebäudesanierungsprogramm:
erade für das Handwerk ist es äußerst vorteilhaft, wenn
ir diese 1,4 Milliarden Euro jetzt sinnvoll einsetzen.


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Ein ausgesprochen gutes Programm!)


CO2-Gebäudesanierungsprogramm“ ist vom Begriff
er vielleicht ein bisschen einfach. Es geht darum, dass
ür den Bereich Wärme 1,4 Milliarden Euro jährlich
ielgerichtet für den Mittelstand zur Verfügung stehen.
amit geben wir gerade den kleinen und mittelständi-

chen Unternehmern das Signal, dass wir etwas für sie
un.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Meine Damen und Herren, lassen Sie mich die restli-
hen Minuten noch zu einer Bemerkung über das ERP-
ondervermögen nutzen. Wir sind uns in diesem Hause
arüber einig – das ergibt sich, wenn man die Debatte
erfolgt –, dass es sich dabei eigentlich um ein Juwel in
er bundesdeutschen Geschichte handelt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Rainer Brüderle [FDP]: Richtig! – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Ein großes Juwel!)


ie Frage ist: Welche Zielsetzung steckt dahinter, wenn
ie Übertragung an die KfW betrieben wird? Die
igenkapitalausstattung ist ein Aspekt. Wir haben aber
erade gehört, dass es darum eigentlich gar nicht gehen






(A) )



(B) )


Franz Obermeier
kann. Wenn die Effizienz der Bewirtschaftung dieses
Kapitals der Punkt ist, dann muss uns jemand hier im
Parlament erklären, wo denn Defizite liegen. Ist das Ka-
pital in der Vergangenheit nicht effizient angelegt wor-
den? Wo können Effizienzgewinne liegen? Oder geht es
etwa um die Forderungsabtretung? Auch das könnte ein
interessanter Aspekt sein. Wer sich damit befasst, sollte
aber gleichzeitig sagen, dass das für das ERP-Sonderver-
mögen langfristig auf alle Fälle zu einem Verlust führt.


(Rainer Brüderle [FDP]: Natürlich!)


Auch diese Variante ist für meine Begriffe also höchst
fragwürdig.


(Rainer Brüderle [FDP]: Sehr richtig!)


Insgesamt können wir uns über die Thematik unter-
halten. Auch wir – da spreche ich schon für die CDU/
CSU-Bundestagsfraktion – sind für das Substanzerhal-
tungsgebot. Das darf unter gar keinen Umständen aus-
gehöhlt werden. Dagegen werden wir uns mit Händen
und Füßen wehren. Auch sollte man darüber reden, wie
die Finanzierung des deutschen Anteils bei Airbus durch
das ERP weitergeht. Immerhin hat man dem Bund da-
durch im Prinzip 1,1 Milliarden Euro gespart.

Als Letztes möchte ich sagen, dass wir unsere Außen-
beziehungen zu den Vereinigten Staaten mit Bedacht ge-
stalten sollten.

Wir sollten uns also sehr wohl über den weiteren Fort-
gang der Dinge unterhalten – das aber mit Bedacht, mit
Vernunft und letztlich mit dem Ziel, das ERP-Sonderver-
mögen für unsere mittelständische Wirtschaft zu erhal-
ten, wenn nicht sogar zu vermehren.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601608400

Das Wort hat nun der Kollege Reinhard Schultz,

SPD-Fraktion.


Reinhard Schultz (SPD):
Rede ID: ID1601608500

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! In der Geschichte der Bundesrepublik hat es
selten eine Koalitionsvereinbarung gegeben, in der sich
diejenigen, die sich anschicken, zu regieren, dermaßen
breit dem Thema Mittelstandspolitik zugewandt haben.
Das gilt für alle Facetten des Themas: ordnungspoliti-
sche Fragen, Fragen der Förderung und der Finanzie-
rung, steuerrechtliche Kulisse, bürokratische Hürden
und vieles andere mehr. Es ist ein sehr systematischer
Ansatz. Wenn es der großen Koalition und der Regie-
rung gelingt, diese Themen innerhalb der nächsten Jahre
abzuarbeiten, dann verbessern sich die Möglichkeiten
für mittelständische Unternehmen und Existenzgründer
drastisch. Das ist unser gemeinsames Ziel.


(Beifall bei der SPD)


Es wird zwar immer sehr technisch über den Mittel-
stand geredet; aber in der Wirklichkeit verbirgt sich hin-
ter diesem Begriff eine ungeheure Vielfalt. Es sind sehr
unterschiedliche Größenordnungen von Unternehmen,

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(C (D ber die wir in diesem Zusammenhang reden. Viele ercheinen dem Außenstehenden und Unvoreingenommeen als große Industrieunternehmen, die aber statistisch esehen noch zum Mittelstand gehören. Es gibt viele leinunternehmen, in denen nur eine, zwei oder drei ersonen arbeiten. Es gibt sehr große Unternehmen, die esellschaften bürgerlichen Rechts sind, und es gibt leine Aktiengesellschaften. Es gibt eine ungeheure ranchenvielfalt, vom produzierenden Gewerbe über die ienstleister bis hin zum industriellen Bereich. Manche ittelständischen Unternehmen arbeiten praktisch aus chließlich in regionalen, örtlichen Kreisläufen, andere ind in hohem Maße exportorientiert und unterliegen enselben weltweiten Standortbedingungen wie große ndustrieunternehmen. Insofern muss auch die Mittelstandspolitik differeniert angegangen werden. Dabei spielen zwei wichtige ragen, die heute schon angesprochen worden sind, eine roße Rolle: Erstens. Wie finanziert sich der Mittelstand nd wie sind die Standortbedingungen im Vergleich zu nderen unter Wettbewerbsgesichtspunkten? Zweitens. as ist die steuerliche Bemessungsgrundlage? Welche teuern zahlen Unternehmen unabhängig von ihrer echtsform? Bei der Finanzierung ist die Lage differenziert zu etrachten. Die stärkeren mittelständischen Industrieunernehmen haben inzwischen eine deutlich gestiegene igenkapitalquote und eine wesentlich höhere Eigen inanzierungsquote als noch vor einigen Jahren. Sie sind uf dem Weg, sich von den Banken abzunabeln, sich von hnen unabhängig zu machen, indem sie andere Mögichkeiten der Finanzierung suchen, aus dem Kreis der esellschafter oder in Form von Beteiligungskapital ritter. Die kleinen Unternehmen hingegen haben oft schon roße Probleme, ihre Aufträge zu finanzieren, und müsen möglicherweise eine Auftragsbürgschaft hinterlegen, m überhaupt an einen Auftrag zu kommen. Sie haben ach wie vor eine bescheidene Kapitalausstattung. Sie aben nicht die Sicherheiten, die man vorlegen muss, enn man einen Bankkredit bedienen will, sodass sie äufig nicht einmal in der Lage sind, eine Auftragsbürgchaft, die ja auch Geld kostet, zu hinterlegen. Insofern muss die Zuwendung der Politik gegenüber en mittelständischen Unternehmen beide Wirklichkeien im Auge haben: die der starken, wettbewerbsorienierten, auch international operierenden Mittelständler nd die der Kleinen, die im Wesentlichen für den eigeen Binnenmarkt sowie für die Existenz der Eigentümer nd die Finanzierung des Unternehmens arbeiten. Ich ersönlich bin nicht der Auffassung, dass die Kritik beüglich des Umgangs der drei Säulen unseres Bankweens mit den Unternehmen ausschließlich an den großen eschäftsbanken anzubringen ist. Auch bei Volksbanken nd Sparkassen ist es für einen kleinen Bauunternehmer der einen Unternehmer aus einer Branche, in der die age allgemein als kritisch angesehen wird, zum Teil usgesprochen schwierig geworden – wenn man nicht eine Schwiegermutter als Sicherheit mit dabeilegt –, ine Finanzierung zu bekommen. Reinhard Schultz Als Freund des dreigliedrigen Bankwesens sage ich: Gerade der öffentlich-rechtliche Sektor, der ursprünglich entwickelt worden ist, um die regionale Geldversorgung zu organisieren, ist da in einer ganz besonderen Verantwortung. Aber wir müssen es ihm auch möglich machen, dieser Verantwortung nachzukommen. Risikomanagement ist zwingend erforderlich, sowohl in Bezug auf die Banken, weil wir keinen Bankencrash wollen, als auch in Bezug auf die Unternehmen. Die Unternehmen müssen sich durch Vermögensvergleich darüber klar werden, wo sie eigentlich stehen. Aber die Hürden dürfen nicht so hoch gesetzt werden, dass nur noch risikolose Darlehen vergeben werden; denn das würde null wirtschaftliche Dynamik bedeuten. (Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/ CSU und der FDP)





(A) )


(B) )


Dann würde nur noch dem gegeben, der schon hat; dann
würde nicht Risikofreudigkeit belohnt, sondern im
Grunde genommen der Status quo erhalten werden. Da-
rin liegt das Problem bei der Mittelstandsfinanzierung.
Wir müssen uns ganz schnell daranmachen, Basel II um-
zusetzen und die Regeln für die Aufsicht über die kredit-
vergebenden Bankinstitute im Rahmen der wirtschaftli-
chen Erfordernisse auszugestalten.

Ich sehe aber auch die Notwendigkeit, dass das, was
besser gestellte Mittelständler schon nutzen können,
auch kleineren Unternehmen zugute kommt. Ich meine
das Zur-Verfügung-Stellen privaten Kapitals Dritter.
Das muss sicher steuerrechtliche Konsequenzen haben,
weil natürlich nicht jedes Engagement beispielsweise im
Bereich Private Equity immer mit der Erzielung eines
Gewinns belohnt werden kann. Es besteht natürlich auch
das Risiko, dass ein Engagement einmal sozusagen in
die Hose geht. Unter dem Strich gesehen muss auch für
die privaten Kapitalgeber das Nettobesteuerungsprinzip
gelten, das in anderen Zusammenhängen ebenfalls gilt.
Darüber müssen wir im Rahmen der Unternehmensteu-
erreform dringend nachdenken.

Wir müssen auch darüber nachdenken – ich sage das
ganz bewusst, weil wir in der vergangenen Legislatur-
periode darüber schon kritische Diskussionen hatten –,
wie wir eigentlich mit der Tatsache umgehen, dass im
mittelständischen Bereich ein großer Teil der Finanzie-
rung der Investitionsgüter inzwischen über Leasing er-
folgt. Das ist zwar grundsätzlich nicht schlecht, aber
man muss sich schon darüber unterhalten, welche Impli-
kationen sich daraus ergeben und wie die Leasingkosten
steuerlich behandelt werden sollen.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Zur Unternehmensteuerreform selbst. Herr
Bernhardt hat es klar auf den Punkt gebracht. Wir wollen
alle Unternehmen – unabhängig von ihrer Rechtsform –
gleich besteuern.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Damit heben wir die einzelnen Rechtsformen nicht auf.
Wir erreichen damit aber eine systematische Trennung
zwischen der unternehmerischen Sphäre und der steuer-

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(C (D ichen Sphäre der Unternehmenseigentümer. Dies ist ichtig; denn diese sollen steuerlich genauso behandelt erden wie jeder Arbeitnehmer. Wir wollen dadurch er eichen, dass die Chancen, Eigenkapital für das Unterehmen anzusammeln, durch die entsprechende steuerlihe Behandlung von Unternehmensgewinnen erleichtert ird, solange diese Gewinne nicht ausgeschüttet weren. Vorhin habe ich die nach wie vor zu geringe Eigenkaitalausstattung beklagt. Hier bietet die Unternehmenteuerreform die Chance, dass dieses Defizit gerade in ezug auf die bisherigen Personengesellschaften, die nter Eigenkapitalknappheit leiden, gründlich und in ürzerer Zeit abgebaut wird. Wir müssen natürlich erreichen, dass es für Mitteltändler, die im starken internationalen Wettbewerb steen, eine steuerliche Kulisse gibt, die wettbewerbsfähig st – wohl wissend, dass Steuern nicht der einzige Geichtspunkt sind, unter dem internationaler Wettbewerb tattfindet. Dazu gehören natürlich auch die Infrastruktur nd die Ausbildung der Mitarbeiter. Wir müssen desween nicht die niedrigsten Steuersätze erreichen. Mit uneren Steuersätzen müssen wir aber im Mittelfeld liegen, odass es für die Unternehmen lohnend ist, in Deutschand ihren Standort zu halten oder sogar noch neue tandorte aufzubauen. Das ist das Ziel der Unternehensteuerreform. Es handelt sich um eine hoch komplizierte Materie. eswegen brauchen wir ein paar Monate Zeit. Diese eit überbrücken wir – kreativ wie wir nun einmal sind – it dem Angebot an die Unternehmen, insbesondere an ie mittelständischen Unternehmen, Investitionen in dieem und im nächsten Jahr vorzuziehen, indem wir die bschreibungsbedingungen deutlich verbessern. Wir achen ein Angebot für den Binnenmarkt, indem wir ie energetische Gebäudesanierung fördern. Wir entbüokratisieren den Verwaltungsaufwand gerade für kleiere Unternehmen, indem wir die Kriterien für die uchführungspflichten herabsetzen. Außerdem werden wir die Grenzen für die Istbesteueung bei der Umsatzsteuervorauszahlung heraufsetzen, ie gerade für kleine Unternehmen immer den Charakter ines kostenlosen Darlehens an den Fiskus hat. Ich enne viele Unternehmen, die zwischendurch Darlehen edienen mussten, um ihre Umsatzsteuervorauszahlung eisten zu können. Das kann im Falle von kleinen Unterehmen kein hinnehmbarer Zustand sein. Wir senken die renze deutlich. Dies ist eine Sofortmaßnahme, die chnell wirkt und gut für die Stimmung ist. Wir müssen eine optimistische Stimmung verbreiten nd die Botschaft aussenden, dass sich zumindest der rößte Teil des Bundestages überzeugend um den Mitteltand kümmert. Dann fassen die Unternehmen auch Verrauen, nehmen Geld in die Hand, machen sich Gedanen über nächste Schritte und entwickeln die esellschaft und die Wirtschaft nach vorne. Vielen Dank. Reinhard Schultz (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Da können auch wir klatschen!)


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Na ja!)





(A) )


(B) )



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601608600

Zu einer Kurzintervention erhält das Wort der Kollege

Westerwelle.


Dr. Guido Westerwelle (FDP):
Rede ID: ID1601608700

Herr Kollege Schultz, ich möchte zunächst einmal

ausdrücklich feststellen, dass Sie in weiten Teilen – das
betrifft insbesondere das, was Sie zur Bankenpolitik und
zu der Frage gesagt haben, ob Unternehmen überhaupt
noch in der Lage sind, für ihre Unternehmensstrategien
entsprechendes Risikokapital zu bekommen – unsere
Zustimmung haben.


(Beifall des Abg. Jürgen Koppelin [FDP])


Erst während Sie, Herr Kollege Schultz, gesprochen
haben, hat der erste Bundesminister dieser Regierung
– es war um 12.29 Uhr – den Weg in den Deutschen
Bundestag gefunden. Es war der erste Bundesminister
während der gesamten Debatte. Ich halte es für eine
Missachtung des Deutschen Bundestages, dass ein Bun-
desminister meint, bis 12.30 Uhr fernbleiben zu können.
Keiner der Minister ist hier gewesen.


(Beifall bei der FDP und der LINKEN)


Ich möchte für die Opposition ausdrücklich sagen
– das betrifft auch künftige Fragen –: Frau Bundeskanz-
lerin, als Sie selbst vor wenigen Monaten noch in der
Opposition gewesen sind, hätten Sie es sich nicht bieten
lassen, dass kein Bundesminister an einer solchen De-
batte teilnimmt. So viel Respekt, wie Sie damals für die
Opposition verlangt haben, erwarten auch wir heute für
die Opposition.


(Beifall bei der FDP und der LINKEN)


An dieser Stelle muss klar gesagt werden: Kein Bun-
desminister nimmt an einer solchen Debatte teil. Es han-
delt sich um eine Kernzeitdebatte. Wir alle haben andere
Aufgaben zu erfüllen; wir alle haben viel zu tun. Wenn
einzelne Abgeordnete und Minister sich entschuldigen,
ist das selbstverständlich in Ordnung. Aber dass kein
Bundesminister teilnimmt, wollen wir in keiner Weise
durchgehen lassen. Das kann auch nicht im Sinne der
Parlamentarier der Regierungsparteien sein.


(Beifall bei der FDP und der LINKEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601608800

Zur Erwiderung Kollegin Krogmann.


Dr. Martina Krogmann (CDU):
Rede ID: ID1601608900

Sehr geehrter Kollege Westerwelle, die Regierung

war während der gesamten Debatte durch den zuständi-
gen Parlamentarischen Staatssekretär vertreten, der den
gesamten Geschäftsbereich Mittelstand im Bundeswirt-
schaftsministerium vertritt. Die Bundesregierung war
außerdem während der gesamten Debatte durch die zu-
ständige Staatsministerin im Bundeskanzleramt vertre-
ten.

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(C (D ie Bundesregierung war zudem durchgängig von taatssekretären aus acht Ressorts vertreten. Wir freuen uns umso mehr, dass im letzten Drittel der ebatte (Jürgen Koppelin [FDP]: Drittel? – Dr. Guido Westerwelle [FDP]: 12.29 Uhr!)


(Jürgen Koppelin [FDP]: Sehr gnädig!)


uch der Bundesarbeitsminister anwesend war und jetzt
ie Bundeskanzlerin da ist. Sie sollten zur Kenntnis neh-
en, dass die Präsenz der Bundesregierung während der
ebatte sehr gut war.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Dr. Guido Westerwelle [FDP], zur CDU/CSU gewandt: Wo ist euer Selbstbewusstsein?)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601609000

Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, ich

laube, dass man über alle spontane Aufregung hinaus
emeinsam festhalten darf, dass wir uns bei den damali-
en Vereinbarungen über die Gestaltung der Kernzeit
echselseitig besondere Präsenzerwartungen auferlegt
aben.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


as muss dann auch von allen Seiten mit gleicher Ernst-
aftigkeit betrieben werden.

Nun erteile ich als letztem Redner zu diesem Tages-
rdnungspunkt das Wort dem Kollegen Andreas
ämmel für die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Andreas G. Lämmel (CDU):
Rede ID: ID1601609100

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

en Abgeordneten! Schade, dass die Debatte, die kurz
or ihrem Abschluss stand, ein solches Ende gefunden
at! Herr Westerwelle, ich kann Ihre Argumente durch-
us nachvollziehen. Aber vielleicht wollten Sie mit Ihrer
ortmeldung nur darüber hinwegtäuschen, dass Ihr An-

rag, den wir heute debattieren mussten, doch nicht so
ut gewesen ist.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Rainer Brüderle [FDP]: Oh, Herr Lämmel!)


Meine Damen und Herren, die Debatte hat klar ge-
eigt: Die CDU und die CSU sind die Parteien der sozia-
en Marktwirtschaft. Die soziale Marktwirtschaft ist
hne einen starken, innovativen und wirtschaftlich ge-
unden Mittelstand überhaupt nicht denkbar. Unser En-
agement für den Mittelstand in den letzten Jahren war
eine allgemeine politische Phrase. Wir mussten heute
eststellen, dass in diesem Saal nur Freunde des Mittel-
tandes sitzen. Nur frage ich mich, warum in den letzten
ahren so wenig dafür getan wurde, dass der deutsche

ittelstand vorankommt.

Kleine und mittlere Unternehmen in Deutschland be-
chäftigen durchschnittlich 70 Prozent der Beschäftig-
en. Wenn Sie in Richtung Ostdeutschland schauen, dann






(A) )



(B) )


Andreas G. Lämmel
stellen Sie fest, dass dort im Mittelstand sogar über
90 Prozent der Beschäftigten tätig sind. Deswegen ist
der Mittelstand das Rückgrat der deutschen Wirtschaft.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601609200

Herr Kollege Lämmel, gestatten Sie eine Zwischen-

frage des Kollegen Wend?


Andreas G. Lämmel (CDU):
Rede ID: ID1601609300

Ja, bitte.


Dr. Rainer Wend (SPD):
Rede ID: ID1601609400

Herr Kollege Lämmel, Sie meinten feststellen zu

müssen, dass in den letzten Jahren nichts für den Mittel-
stand getan worden sei. Darf ich Sie dann fragen, wie Sie
sich erklären, dass sich die Gewinne der Unternehmen in
den Jahren 2000 bis 2004 von 133 Milliarden Euro auf
156 Milliarden Euro erhöht haben und die Zahl der Exis-
tenzgründungen in diesem Zeitraum von 3,91 Millionen
auf 4,23 Millionen gestiegen ist? Können Sie mir erklä-
ren, wie Sie die Behauptung aufrechterhalten wollen,
dass für den Mittelstand nichts getan worden sei?


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Andreas G. Lämmel (CDU):
Rede ID: ID1601609500

Wir wollen ja eigentlich nach vorn schauen und nicht

zurück. Die Antwort wäre aber: Das kann man damit er-
klären, dass die Unternehmer eben findig sind. Trotz der
schlechten Politik haben sie dieses gute Ergebnis erzielt.


(Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Von daher kann man der Unternehmerschaft in Deutsch-
land nur hohe Kompetenz zuschreiben.

Ich möchte auf zwei Aspekte des Antrags der Koaliti-
onsfraktionen eingehen und mich dabei erstens auf das
Thema Forschung und Technologie beziehen, das bis-
her nur am Rande eine Rolle gespielt hat. Wenn man
sich die Investitionsquote in Deutschland anschaut, dann
erkennt man, dass im Jahre 2004 die Nettoanlageinvesti-
tionen den niedrigsten Stand seit 1970 erreicht haben. Es
gibt einen Zusammenhang zwischen einer teilweise fest-
zustellenden Investitionsschwäche des deutschen Mittel-
stands und der Innovationsquote. Das Anliegen der
Koalition – das ist aus dem Koalitionsvertrag, dem Jah-
reswirtschaftsbericht und dem vorliegenden Antrag der
Koalitionsfraktionen zu ersehen – ist es, den Mittelstand
von den zusätzlichen Mitteln für die Forschung überpro-
portional profitieren zu lassen. Es ist ein wichtiger As-
pekt in diesem Paket, neben steuerlichen Fragen und den
Fragen des Bürokratieabbaus: Es soll gerade die Innova-
tionskraft der Wirtschaft gestärkt werden.

Lassen Sie mich zweitens den Blick nach Ost-
deutschland werfen. Letzte Woche flatterte uns eine in-
teressante Untersuchung der Sparkassen-Finanzgruppe
unter dem Titel „Diagnose Mittelstand 2006“ auf den
Tisch. Dort wurden fast 200 000 Bilanzen kleiner und
mittlerer deutscher Unternehmen ausgewertet. Es lässt
sich sehr wohl feststellen: In Ostdeutschland ist mehr

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(C (D icht als Schatten. Wenn wir über die Wirtschaft in Osteutschland sprechen, dann müssen wir uns immer vor ugen halten, dass das älteste Unternehmen in Osteutschland gerade einmal 16 Jahre alt ist. Es ist eigentich ein Teenager. (Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Was? Quatsch!)


Es konnten erst 1990 Unternehmen gegründet werden,
rau Kollegin.


(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Was war vorher? – Ute Kumpf [SPD]: In letzter Zeit sind besonders viele gegründet worden!)


Demgegenüber sind Unternehmen in den alten Bun-
esländern teilweise 50 oder 60 Jahre alt; sie sind also
ut situiert. Ich will damit nur sagen, dass man sich,
enn man die Wirtschaft Ostdeutschlands betrachtet,

mmer wieder vor Augen halten muss, dass es sich dabei
m eine junge Wirtschaft handelt und dass die Kapital-
usstattung der ostdeutschen Wirtschaft erst 73 Prozent
es Kapitalstocks der Unternehmen in Westdeutschland
rreicht hat. Die mit den bisher eingesetzten Instrumen-
en wie Wirtschaftsförderung, Technologieförderung
nd anderen in Gang gesetzte Entwicklung zeigt, dass
as Wort von den „blühenden Landschaften“ eben doch
icht verkehrt war.

Im überregionalen Vergleich wird deutlich, dass die
-und-E-Potenziale in Ostdeutschland zu sehr im öffent-

ichen Sektor konzentriert sind und dass die private
irtschaft über zu geringe eigene Entwicklungskapazi-

äten verfügt. Hier muss man ansetzen. Das Programm
Inno-Watt“ der letzten Regierung hat hervorragend ge-
irkt;


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Margareta Wolf [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auf einmal!)


rau Wicklein hat ja schon darauf hingewiesen. Wenn
it dem Einsatz geringer Fördermittel der Umsatz und

er Export erhöht werden können und die Beschäftigung
teigt, dann sind wir auf dem richtigen Weg. Mit dem
ntrag der Koalitionsfraktionen gehen wir genau diesen
eg weiter.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Christian Lange [Backnang] [SPD]: Guter Schluss!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601609600

Herr Kollege Lämmel, ich gratuliere Ihnen zu Ihrer

rsten Rede hier im Deutschen Bundestag und wünsche
hnen alles Gute für die weitere Arbeit.


(Beifall)


Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf der
rucksache 16/562 zur Federführung an den Ausschuss

ür Wirtschaft und Technologie und zur Mitberatung an
en Ausschuss für Arbeit und Soziales vorgeschlagen.






(A) )



(B) )


Präsident Dr. Norbert Lammert
Die Vorlagen auf den Drucksachen 16/382, 16/557 und
16/548 sollen an die in der Tagesordnung aufgeführten
Ausschüsse überwiesen werden. Die Fraktion der Grü-
nen hat darum gebeten, dass ihr Antrag auf der Drucksa-
che 16/548 wie auch die anderen zwei Anträge an den
Haushaltsausschuss überwiesen werden. Ich vermute,
darüber wird es Einvernehmen geben. Darf ich das förm-
lich feststellen? – Das ist offenkundig der Fall. Dann
sind die Überweisungen so beschlossen.

Wir kommen nun zu den Tagesordnungspunkten 5 a
bis 5 c, Wahlen zu Gremien. Ich weise darauf hin, dass
wir diese Wahlen mittels Handzeichen durchführen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 5 a auf:

Beirat für Fragen des Zugangs zur Eisenbahn-
infrastruktur (Eisenbahninfrastrukturbeirat)


– Drucksache 16/538 –

Dazu liegen Wahlvorschläge aller Fraktionen auf der
Drucksache 16/538 vor. Wer stimmt für diese Wahlvor-
schläge? – Wer stimmt dagegen? – Möchte sich jemand
der Stimme enthalten? – Damit sind die Wahlvorschläge
einstimmig angenommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 5 b auf:

Beirat bei der Bundesnetzagentur für Elektri-
zität, Gas, Telekommunikation, Post und Ei-
senbahnen

– Drucksache 16/539 –

Hierzu liegen Wahlvorschläge der Fraktionen der
CDU/CSU und Die Linke auf Drucksache 16/539 vor.
Wer stimmt für diese Wahlvorschläge? – Wer stimmt da-
gegen? – Enthaltungen? – Auch diese Wahlvorschläge
sind einstimmig angenommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 5 c auf:

Kuratorium der Stiftung „Erinnerung, Ver-
antwortung und Zukunft“

– Drucksache 16/540 –

Hierzu gibt es Wahlvorschläge der Fraktionen der
SPD und Die Linke auf Drucksache 16/540. Wer stimmt
für diese Wahlvorschläge? – Stimmt jemand dagegen? –
Möchte sich jemand der Stimme enthalten? – Die Wahl-
vorschläge sind einstimmig angenommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 20 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Jürgen Gehb, Dr. Günter Krings, Günter
Baumann, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten
Joachim Stünker, Dr. Peter Danckert, Klaus Uwe
Benneter, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der SPD

Speicherung mit Augenmaß – Effektive Straf-
verfolgung und Grundrechtswahrung

– Drucksache 16/545 –

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(C (D Überweisungsvorschlag: Rechtsausschuss Innenausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Ausschuss für Kultur und Medien Es handelt sich um Überweisungen im vereinfachen Verfahren ohne Debatte. Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlage auf er Drucksache 16/545 an die in der Tagesordnung aufeführten Ausschüsse zu überweisen. Sind Sie damit inverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist das so bechlossen. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 21 a und 21 b auf. s handelt sich um die Beschlussfassung zu Vorlagen, u denen keine Aussprache vorgesehen ist. Tagesordnungspunkt 21 a: – Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Protokoll vom 22. Oktober 1996 zum Übereinkommen Nr. 147 der Internationalen Arbeitsorganisation über Mindestnormen auf Handelsschiffen – Drucksache 16/151 – – Zweite Beratung und Schlussabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen Nr. 180 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 22. Oktober 1996 über die Arbeitszeit der Seeleute und die Besatzungsstärke der Schiffe – Drucksache 16/152 – Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales – Drucksache 16/475 – Berichterstattung: Abgeordneter Wolfgang Grotthaus Der Ausschuss für Arbeit und Soziales empfiehlt uner Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung auf der rucksache 16/475, den Gesetzentwurf auf Drucksache 6/151 anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Geetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Wer timmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Damit st der Gesetzentwurf einstimmig angenommen. – Ich eiß gar nicht, ob das der erste in dieser Legislaturpe iode ist, und dann ist er gleich einstimmig angenommen. Der Ausschuss für Arbeit und Soziales empfiehlt nter Buchstabe b seiner Beschlussempfehlung auf er Drucksache 16/475, den Gesetzentwurf auf Druckache 16/152 ebenfalls anzunehmen. Ich bitte dieenigen, die dieser Empfehlung folgen wollen, sich zu rheben. – Möchte jemand dagegen stimmen? – Möchte ich jemand der Stimme enthalten? – Das ist nicht der all. Auch dieser Gesetzentwurf ist einstimmig angeommen. Präsident Dr. Norbert Lammert Tagesordnungspunkt 21 b: Beratung des Antrags der Bundesregierung Ausnahme von dem Verbot der Zugehörigkeit zu einem Aufsichtsrat für Mitglieder der Bundesregierung – Drucksache 16/524 – Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Auch dies ist offenkundig mit breitem Einvernehmen und einstimmig angenommen. Wir kommen nun zum Zusatztagesordnungspunkt 4: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der LINKEN Haltung der Bundesregierung zu den sozialen Auswirkungen der Erhöhung des gesetzlichen Renteneintrittsalters Bevor ich als erstem Redner dem Kollegen Oskar Lafontaine das Wort erteile, möchte ich noch einen technischen Hinweis geben. Aus – man könnte es fast so nennen – der Frühzeit des deutschen Parlamentarismus stammt die bis heute tradierte Gewohnheit, Aktuelle Stunden vom Thema her mit dem Ansinnen zu begründen, dass die Haltung der Bundesregierung zu diesem oder jenem Thema erläutert werden müsse. Nach der inzwischen längst geltenden Geschäftsordnung lassen sich solche Themen auch ohne ausdrückliches Erbitten der Haltung der Bundesregierung selbstverständlich zum Gegenstand einer Aktuellen Stunde machen. (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Aber sicher ist sicher!)





(A) )


(B) )


– Aber letzte denkbare Zweifel, Frau Kollegin
Enkelmann, sind mit dieser Mitteilung nun ein für alle-
mal ausgeräumt, was uns demnächst noch schlanker for-
mulierte Themen der Aktuellen Stunden in Aussicht
stellt.

Nun hat der Kollege Oskar Lafontaine das Wort.


(Beifall bei der LINKEN)



Oskar Lafontaine (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601609700

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Die Bundesregierung hat beschlossen, das Renten-
eintrittsalter anzuheben. Viele Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer stellen sich die Frage, welches Ansinnen
die Bundesrepublik damit verfolgt und ob die Bundesre-
gierung noch weiß, was in Wirklichkeit im Land pas-
siert.


(Beifall bei der LINKEN)


Während die Bundesregierung beschließt, das Ren-
teneintrittsalter anzuheben, werden immer mehr ältere
Arbeitnehmer arbeitslos und finden keine neue Beschäf-
tigung. Daraus schließen sie logischerweise, dass dies
kein Beschluss ist, das Renteneintrittsalter anzuheben,
sondern lediglich ein Beschluss ist, die Renten zu kür-
zen.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D ieser steht im Gegensatz zu all dem, was die großen oalitionäre den Wählerinnen und Wählern im Wahlampf versprochen haben. Es ist eine schlimme Enticklung, dass nach den Wahlen immer wieder völlig ndere Entscheidungen getroffen werden als die, die vor en Wahlen angekündigt worden sind. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


Sie setzen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
it dieser Entscheidung einer doppelten Angst aus. Zu-

ächst einmal sind sie mit der Tatsache konfrontiert,
ass sie, wenn sie arbeitslos werden, nur noch zwölf Mo-
ate lang Arbeitslosengeld bekommen und dann auf
artz IV zurückfallen. Diese unglaubliche Enteignung
er Arbeitnehmerschaft, insbesondere der älteren Ar-
eitnehmerschaft, ist bis zum heutigen Tage nicht zu-
ückgenommen. Abgesehen davon, dass Arbeitnehmer,
enn sie älter geworden sind, keinen Arbeitsplatz mehr
ekommen, konfrontieren Sie sie jetzt auch noch mit der
atsache, dass sie aber gleichzeitig qua Gesetz länger ar-
eiten sollen, was kräftige Abschläge bei den Renten zur
olge hat. Diese Entwicklung haben wir uns nicht so
orgestellt, Ihre Wählerinnen und Wähler auch nicht.


(Beifall bei der LINKEN)


Hier offenbart sich ein fundamental anderes Verständ-
is von Freiheit im Vergleich zu dem, was die Bundes-
anzlerin in ihrer ersten Regierungserklärung vorgetra-
en hat. Sie wandelte das Wort Willy Brandts „Lasst uns
ehr Demokratie wagen“ in „Lasst uns mehr Freiheit
agen“ um. Aber Freiheit von Kündigungsschutz, Frei-
eit von Tarifverträgen, Freiheit von sozialer Sicher-
eit – das ist nicht die Freiheit, die wir wollen. Wir wol-
en eine Freiheit von Existenzangst und sozialer Not.


(Beifall bei der LINKEN)


illy Brandts Verständnis von Demokratie verband sich
icht mit dem erstgenannten Freiheitsbegriff, sondern
it einem Freiheitsbegriff, der besagt, dass die Men-

chen von sozialer Not und von Existenzangst befreit
erden sollen. Denn nur dann können sie frei sein und

hr Leben selbst gestalten.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Entscheidung, das Renteneintrittsalter zu erhö-
en, ist auch deshalb falsch, weil Sie von Voraussetzun-
en ausgehen, die nicht haltbar sind. Über die Entwick-
ung der Rente entscheidet nicht die Zahl der Kinder und
er Älteren, auch wenn das pausenlos immer wieder ver-
ündet wird.


(Zuruf von der CDU/CSU: Selbstverständlich!)


ber die Entwicklung der Rente entscheidet in erster Li-
ie die Produktivität einer Volkswirtschaft.


(Beifall bei der LINKEN)


hre ganze Entscheidung ist dadurch gekennzeichnet,
ass Sie dieser Schlüsselgröße nicht den Stellenwert bei-
essen, der ihr zukommen sollte.






(A) )



(B) )


Oskar Lafontaine
Ich erläutere das am Beispiel der Landwirtschaft. Frü-
her, vor 100 Jahren, hat der Landwirt sich selbst ernäh-
ren können. Es mussten alle mitarbeiten: die Älteren, so
lange sie konnten, und die Kinder. 50 Jahre später stieg
die Produktivität so stark an, dass die Älteren den Le-
bensabend genießen und die Kinder zu Schule gehen
konnten. Heute kann ein Landwirt Hunderte andere
Menschen ernähren.

In dieser Zeit kommen Sie mit einem schwarz-roten
Schal und sagen: Du musst wieder länger arbeiten, wir
sind nicht mehr wettbewerbsfähig und deine Rente ist
nicht mehr gesichert. – Das ist ein fundamentales Miss-
verständnis von Produktivitätsentwicklung und Reich-
tumsverteilung in unserer Volkswirtschaft.


(Beifall bei der LINKEN – Widerspruch bei der CDU/CSU)


Dieses fundamentale Missverständnis haben Sie auch
auf die Entwicklung der Löhne übertragen, die in
Deutschland so katastrophal wie in keinem anderen In-
dustriestaat verlaufen ist. Man kann es nicht oft genug
sagen: Während die Reallöhne in mit Deutschland kon-
kurrierenden Staaten in den letzten zehn Jahren um
20 Prozent, teilweise sogar um 25 Prozent, gestiegen
sind, ist bei uns seit über zehn Jahren aufgrund einer völ-
lig verfehlten Politik eine Stagnation der Reallöhne zu
verzeichnen. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
könnten viel freier über die Rentenentwicklung diskutie-
ren, wenn sich die Einkommen auch bei uns so wie in
den anderen Industriestaaten entwickelt hätten. Das ist
der zweite Fehler, den Sie gemacht haben.


(Beifall bei der LINKEN)


Der dritte Fehler betrifft die Entwicklung der Arbeits-
zeit. Auch darüber entscheidet die Produktivität einer
Volkswirtschaft. Ich muss Ihnen schon sagen: Wer auf
einen Anstieg der Produktivität mit einer Verlängerung
der Wochen- und Lebensarbeitszeit antwortet, ist
schlicht schwachsinnig.


(Beifall bei der LINKEN – Ernst Hinsken [CDU/CSU]: Wie bitte? Was sind Sie denn dann?)


Ich muss dieses Wort in aller Klarheit gebrauchen. Denn
die Beschäftigten im öffentlichen Dienst in den Ländern
haben Recht, wenn sie sagen, dass die Forderung nach
einer Verlängerung der Arbeitszeit nicht nachzuvollzie-
hen ist. In unserem Land suchen 5 Millionen Menschen
Arbeit. Aber die einzige Antwort, die Sie geben, ist, dass
diejenigen, die einen Arbeitsplatz haben – zum Beispiel
im öffentlichen Dienst, der bekanntlich in gewaltiger in-
ternationaler Konkurrenz steht –, länger arbeiten müs-
sen,


(Zuruf des Abg. Dirk Niebel [FDP])


weil sonst unsere internationale Wettbewerbsfähigkeit
dahin ist. Das kann so nicht weitergehen; denn so rui-
niert und zerstört man das Vertrauen des Volkes in die
staatlichen Systeme und Organe.


(Beifall bei der LINKEN – Ernst Hinsken [CDU/ CSU]: Keine Ahnung, der Mann!)


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(C (D Mit Ihrer Sozialgesetzgebung haben Sie den entscheienden Faktor unserer sozialen Sicherungssysteme bechädigt: die Zahl der Beitragszahler. Wer durch die eiene Gesetzgebung dazu beiträgt, dass immer mehr inijobs und Ich-AGs entstehen, der reduziert die Zahl er Beitragszahler und ruiniert dadurch letztendlich unere sozialen Sicherungssysteme. Es ist an der Zeit, dass ie diese verhängnisvolle Arbeitsmarktpolitik aufgeben. Meine Schlussbemerkung: Es gibt ein Konzept, das ür die Weiterentwicklung unserer sozialen Sicherungsysteme richtungweisend ist: die Bürgerversicherung zw. Volksversicherung. Die Grundlage dieses Konzepts st, dass in einer Gesellschaft, in der die Arbeitseinkom en eine immer geringere Bedeutung und die Vermöensund Unternehmenseinkommen eine immer größere edeutung haben, alle Einkommensarten zur Finanzie ung der sozialen Sicherungssysteme herangezogen weren, sodass sich der gut verdienende Teil unseres Volkes icht aus der Solidarität verabschieden kann. Herr Kollege Lafontaine, Sie müssen nun tatsächlich um Schluss kommen. Ja. – Man kann zwar versuchen, auf Dauer gegen die ehrheit des Volkes anzuregieren. Aber irgendwann erkt die Mehrheit das und dann wird sie entsprechend eagieren. Das Volk kann sich gegen diese Enteignung ur dadurch wehren, dass es Ihnen das Vertrauen entieht. (Beifall bei der LINKEN – Ernst Hinsken [CDU/ CSU]: Es lebe der Sozialismus!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601609800
Oskar Lafontaine (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601609900


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1601610000

Aus gegebenem Anlass weise ich darauf hin, dass der

roßzügigkeit des amtierenden Präsidenten hinsichtlich
er Bewirtschaftung der Redezeit in Aktuellen Stunden
ngere Grenzen gesetzt sind als bei vereinbarten Debat-
en, weil in der von Ihnen allen gemeinsam beschlosse-
en Geschäftsordnung festgelegt ist, dass die Beiträge in
iner Aktuellen Stunde nicht länger als fünf Minuten
ein dürfen.

Nun hat die Kollegin Ilse Falk das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Ilse Falk (CDU):
Rede ID: ID1601610100

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

erstehe die Aufgeregtheit aufseiten der Antragsteller
icht. Statt die Sorgen und Ängste der Menschen in un-
erem Land wirklich ernst zu nehmen, führen sie eine
irtuelle Debatte, die an der Lebenswirklichkeit vorbei-
eht.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)







(A) )



(B) )


Ilse Falk
Mir ist klar, dass auch außerhalb des Parlaments einige
dieser Versuchung nicht widerstehen können und dieses
Thema emotionalisieren und Ängste schüren. Das macht
die Sache aber nicht besser, sondern schlimmer.


(Vorsitz: Vizepräsident Wolfgang Thierse)


An dieser Stelle ist es hilfreich und erforderlich, die
Sorgen der Bürger ernst zu nehmen und ihnen Lösungen
anzubieten. Genau das hat die Koalition mit ihrem Vor-
stoß getan. Nun weiß der Bürger frühzeitig, was die Re-
gierung vorhat, und kann sich daran orientieren. Deswe-
gen bin ich Ihnen, Herr Minister Müntefering, dankbar,
dass Sie dieses Thema beherzt angegangen sind und an
dieser Stelle für Klarheit gesorgt haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Ich gebe zu: Der eingeschlagene Lösungsweg ist mit
Belastungen verbunden. Gleichwohl ist er notwendig,
und zwar aus den allseits bekannten Gründen der demo-
grafischen und gesellschaftlichen Entwicklung.

Die Klaviatur unserer Möglichkeiten ist aber nun ein-
mal nicht so groß, dass wir jedem seine Lieblingsmelo-
die spielen können. Angesichts der extrem schwierigen
finanziellen Lage, in der sich die Rentenkasse befindet,
halte ich die Form für unverantwortlich, in der die Dis-
kussion geführt wird. Diese extrem schwierige Lage
liegt an der demografischen Entwicklung und wird in ab-
sehbarer Zeit nicht einfacher werden.


(Vorsitz: Vizepräsident Wolfgang Thierse)


Dass Sie jetzt hier mit einem Kuschelsozialismus kom-
men und meinen, man könnte es allen recht machen,
ohne jemandem etwas zuzumuten, kann man wirklich
nur verurteilen!


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wir haben nur wenige Stellschrauben. Zu diesen we-
nigen Stellschrauben gehört: Wollen wir höhere Bei-
träge? Dann haben wir zwar höhere Einnahmen in der
Rentenkasse, aber auch hohe Lohnzusatzkosten, die den
Arbeitsmarkt belasten. Genau das können wir nicht ge-
brauchen. Wollen wir niedrigere Renten? Dann hätten
wir weniger Ausgaben. Aber das wollen Sie so mit Si-
cherheit ebenfalls nicht. Oder wollen wir noch mehr
Staat, wollen wir den Bundeszuschuss immer weiter an-
heben und die Belastung für die zukünftigen Generatio-
nen immer weiter steigern? Ich denke, da haben wir ei-
nen Feldversuch hinter uns; denn irgendwie hat das
sozialistische Modell ja nicht so ganz geklappt. Dafür
zahlen wir noch heute, das belastet unsere Kassen noch
heute.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wir müssen auch darüber diskutieren, inwiefern die
längere Lebensarbeitszeit zumutbar ist. Wir erleben
– und das ist schön –, dass die Menschen immer älter
werden, und sie werden immer älter bei guter Gesund-
heit. Viele – auch das sollte man hier vielleicht einmal
betonen – arbeiten sogar gerne und es fällt ihnen schwer,
mit 65 in den Ruhestand zu gehen; auch das sollte man
nicht vergessen. Dass man dabei diejenigen im Auge be-

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(C (D ält, die körperlich stark belastet sind und sich in einer ußergewöhnlichen persönlichen Situation befinden, alte ich für selbstverständlich; ich glaube, dafür ist uner soziales System sehr gut gerüstet. Außerdem – auch das ist nicht zu vergessen – wird as, worüber wir jetzt diskutieren, 2012 gerade einmal ingeleitet und die Umsetzung dauert bis 2029. Sie sollen nicht bei den rentennahen Jahrgängen Ängste schüen und ihnen das Gefühl geben, sie wären unmittelbar etroffen! Bis zur vollständigen Umsetzung werden sich ie Berufsbilder, wie es schon in der Vergangenheit war, ndern: Körperliche Arbeit wird weiter zurückgedrängt erden. Auch an dieser Stelle ist die Zumutbarkeit also urchaus gegeben. Außerdem ist zu unserer Zufriedeneit ins Auge gefasst, dass man – er oder sie – nach 5 Beitragsjahren auch mit 65 in Rente gehen kann. (Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Eine solche „sie“ wird es wohl nicht geben! So viele Frauen mit 45 Beitragsjahren gibt es nicht!)


In Wirklichkeit müssen wir die Diskussion darüber
ühren, wie die Rahmenbedingungen aussehen müssen,
amit die Wirtschaft sozialversicherungspflichtige Ar-
eitsplätze schafft; das ist der Dreh- und Angelpunkt.
abei wird der Staat helfen müssen: mit Maßnahmen zur
ingliederung in den Arbeitsmarkt, um die Menschen
us der Arbeitslosigkeit zu holen. Wir müssen die älteren
rbeitnehmer im Blick haben und sollten ihnen Ange-
ote machen, dass sie tatsächlich bis 67 arbeiten können
nd nicht vorher arbeitslos werden und unzumutbare
ärten erfahren müssen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Daneben dürfen wir nicht vergessen, die ergänzenden
äulen, die neben der gesetzlichen Rentenversicherung
ötig sind, zu stärken: betriebliche Alterssicherung – nur
ls Stichwort – und Eigenvorsorge. Wir wollen die Fa-
ilien fördern, damit sie diese Eigenvorsorge besser

reffen können. Wir suchen nach Lösungen zur besseren
inbeziehung selbst genutzten Wohneigentums und für
hnliche Fragen. Wir werden uns die Zeit dafür nehmen,
ine intensive Debatte über dieses Thema zu führen, und
ie Fragen, die berechtigterweise gestellt werden, zu klä-
en. Ich fordere alle auf, diese Debatte gut und nicht so
motional miteinander zu führen.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1601610200

Ich erteile das Wort Kollegen Heinrich Kolb, FDP-

raktion.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Heinrich L. Kolb (FDP):
Rede ID: ID1601610300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

enn ich mir die Diskussion ansehe, die in den letzten
agen in und zwischen den Koalitionsparteien, vor allen
ingen aber in der SPD über das Thema Rente mit 67






(A) )



(B) )


Dr. Heinrich L. Kolb
geführt worden ist, bekomme ich den Eindruck, dass
eine neue Variante der Echternacher Springprozession
zur Vorführung gebracht werden soll. Nur ging es in
Echternach damals nach dem Muster „Zwei Schritte vor,
einer zurück“. Bei Ihrer Variante folgen auf zwei
Schritte in die eine Richtung gleich zwei in die Gegen-
richtung. Auch das ist vielleicht eine Form von Bewe-
gung. Aber richtig von der Stelle kommt man damit
nicht.


(Beifall bei der FDP)


Genauso ohne Konzept und ohne Ziel ist die Renten-
politik dieser Bundesregierung. Wenn Sie, Herr
Müntefering, ehrlich sind, müssen Sie zugeben, dass es
nicht die Einsicht ist, die Sie und die Koalition beim
Thema Rente mit 67 jetzt zum Handeln treibt, sondern
die blanke Not. Bei der Aufstellung des seit Monaten
überfälligen Rentenversicherungsberichts haben Sie
festgestellt, dass alles nicht mehr zusammenpasst, dass
offensichtlich eine große Lücke zwischen den im Ren-
tenversicherungs-Nachhaltigkeitsgesetz vorgesehenen
Beitragsniveauzielen und der rentenpolitischen Realität
klafft.

Die rentenpolitische Realität sieht so aus, dass zu Be-
ginn des nächsten Jahres bereits eine Anhebung der Bei-
träge auf 19,9 Prozent eintritt, obwohl nach der Planung
bei der Verabschiedung des Rentenversicherungs-Nach-
haltigkeitsgesetzes eigentlich bis 2010 die Beiträge auf
18,5 Prozent hätten sinken sollen. Herr Müntefering, da-
mit ist bereits zu Beginn des nächsten Jahres der Ziel-
wert von 20 Prozent erreicht, der eigentlich erst 2020
hätte eintreten sollen. Das lässt bei Ihnen die Alarmglo-
cken klingen.


(Beifall bei der FDP)


Diese Entwicklung ist am kurzen Ende durch die
rückläufige Zahl von sozialversicherungspflichtig Be-
schäftigten, also Beitragszahlern, geprägt. Aber die de-
mografische Herausforderung, die ab 2010 beitragstrei-
bend wirkt, kommt noch unausweichlich auf uns zu.
Deswegen dieser Aktionismus in der Bundesregierung,
der dazu geführt hat, dass unter TOP „Verschiedenes“
der Kabinettssitzung den Jahrgängen ab 1964 mal eben
mitgeteilt wird, dass sie sich auf eine Rente mit 67 ein-
zustellen haben.

In diesem Zusammenhang kritisiere ich an der Politik
der großen Koalition, dass – das haben wir auch bei Rot-
Grün oft genug erlebt – die langfristigen Ziele zwar hoch
gesteckt sind – die Beitragszahler sollen um bis zu
0,5 Beitragssatzpunkte entlastet werden, je nachdem,
wie viele Ausnahmen man durch Berufslisten im Sinne
von Herrn Beck zulässt –, aber kurzfristig genau entge-
gengesetzt gehandelt wird. Herr Müntefering, Ihre Re-
formen wirken sich ganz unmittelbar belastend aus: Die
Verlängerung der teuren Frühverrentung, die Absenkung
der Beitragszahlungen für die Empfänger von Arbeitslo-
sengeld II um rund 2 Milliarden Euro, der Ausschluss
von Rentenkürzungen selbst bei negativer Entwicklung
der Einkommen von Erwerbstätigen, das Einfrieren des
Bundeszuschusses zur Rentenversicherung, also seine
Entdynamisierung, das alles sind Maßnahmen, die die

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(C (D hnehin strapazierte Rentenkasse – ihr haben Ende letzen Jahres schon 1,2 Milliarden Euro gefehlt, um die achhaltigkeitsrücklage aufzubauen – zusätzlich belas en. Das kann man, wie Sie es getan haben, für ein Jahr aschieren, indem man 13 anstelle von zwölf Monatseiträgen zur Sozialversicherung von den Unternehmen ordert. Eine zielführende Politik ist das allerdings nicht. ch wundere mich zumindest, dass die Kollegen von DU und CSU nicht erkennen wollen, dass all dies nicht usammenpasst. Wer A sagt, muss auch B sagen. Wenn ältere Arbeitehmer länger arbeiten sollen, müssen sie auch länger rbeiten können; ansonsten reden wir hier über Rentenürzung. (Beifall bei der FDP und der LINKEN sowie der Abg. Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


o sind aber die notwendigen begleitenden Arbeits-
arktreformen, mit denen überhaupt erst die Vorausset-

ungen für die längere Beschäftigung älterer Arbeitneh-
er geschaffen werden müssten? Warum trauen Sie sich
it Ihrer breiten Mehrheit nicht, entsprechende Struktur-

eränderungen vorzunehmen?


(Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Ist die FDP jetzt dafür oder dagegen?)


arum kommen Sie – um das Reizthema zu nennen –
eim Kündigungsschutz über eine Placeboreform nicht
inaus? Es ist doch anscheinend nur Herr Pofalla, der
laubt, dass man mit einer vertraglichen Verlängerung
er Probezeit bei gleichzeitiger Einschränkung der Be-
ristungsmöglichkeiten Unternehmen dazu bewegen
önnte, zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen.


(Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Das glauben wir alle!)


Das alles trauen Sie sich nicht. Solange das so ist, ist
ie Erhöhung des gesetzlichen Renteneintrittsalters
ichts anderes als eine verdeckte Rentenkürzung. Das ist
ie Wahrheit.


(Beifall bei der FDP)


enn gerade einmal 39 Prozent der über 55-Jährigen
och in einem Unternehmen beschäftigt sind, dann läuft
ie längere Lebensarbeitszeit für die allermeisten auf
wangsruhestand mit hohen Rentenabschlägen hinaus.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


ann droht verbreitet Altersarmut in unserem Land,
enn nicht jetzt, wie die FDP im Übrigen fordert, unver-

üglich damit begonnen wird, die private und die be-
riebliche Säule der Altersversorgung verstärkt auszu-
auen.

Isolierte Reformansätze und großkoalitionäre Flick-
chusterei bringen uns nicht voran. Wir brauchen ein Ge-






(A) )



(B) )


Dr. Heinrich L. Kolb
samtkonzept zur Lösung der Probleme. Dies vorzulegen
fordere ich Sie hiermit nachdrücklich auf.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1601610400

Ich erteile das Wort Bundesminister Franz

Müntefering.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Franz Müntefering, Bundesminister für Arbeit und
Soziales:

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Wenn sich Oskar Lafontaine, eine der größten
Ich-AGs, die ich in meinem Leben je kennen gelernt
habe,


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


hier über Ich-AGs mokiert, dann bekomme ich eigent-
lich Lust, über etwas ganz anderes zu reden. Ich konzen-
triere mich aber mal auf das Thema, das hier aufgerufen
wurde.

Die Bundesregierung und die Koalition haben sich
vorgenommen, große Aufgaben anzupacken. Zu den
großen Aufgaben gehört: Arbeit und Alterssicherung für
eine älter werdende Gesellschaft. Das ist ein ganz zen-
traler Punkt. Dazu gehören die beiden Kapitel Arbeit für
50 plus und Stabilität der sozialen Sicherungssysteme, in
diesem Fall der Rentenversicherung.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Diese beiden großen Dinge stehen in unserem Koali-
tionsvertrag. Beide werden in diesem Jahr mit allem
Nachdruck vorangetrieben werden. Wir wollen mehr Ar-
beit für diejenigen, die 50, 55 und älter sind, wir wollen
dafür sorgen, dass sie nicht so früh herausgeschoben
werden, wie das derzeit geschieht, und wir wollen, dass
sie wieder hinein können, wenn sie draußen sind.


(Zuruf von der LINKEN: Wie denn?)


– Ihre Frage „Wie denn?“ zeigt Ihr Resignieren. Sie von
der PDS und Co. können nichts anderes, als sich darüber
zu mokieren, dass wir eine schwere Situation haben. Das
wissen wir auch. Wir bereiten uns darauf vor, dafür zu
sorgen, dass die 50-, die 55- und die 60-Jährigen in die-
ser Gesellschaft wieder eine Chance haben. Das, was
sich in dieser Gesellschaft aufgebaut hat, muss ein Ende
haben.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Wir werden diese Debatte in diesem Jahr 2006 zu führen
und im Verlauf des Jahres Entscheidungen zu treffen ha-
ben.

Die Lebenszeit hat sich verändert. Wir leben sechs bis
sieben Jahre länger als die, die 1960 vergleichbar alt wa-
ren; aber wir arbeiten im Schnitt nicht sechs oder sieben
Jahre länger, sondern fünf Jahre kürzer. Es ist eine ganz
einfache Rechnung: Das kann nicht aufgehen, wenn man
hier nicht eingreift und das systematisch verändert.

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(C (D Die Lebensarbeitszeit ist kürzer, als sie je war. Wir ehen im Schnitt mit 21 Jahren in den Beruf und mit 0 Jahren heraus. Dazwischen liegen 39 Lebensarbeitsahre. Von den 55-Jährigen und Älteren sind in Deutschand noch 42 Prozent berufstätig. In Skandinavien sind s 70 Prozent. Ich kann das nicht einer Partei oder ruppe zuordnen. Wir alle miteinander haben seit den 0er-Jahren in der Vorstellung gelebt: „Lasst die Alten rüh raus, damit die Jungen rein können. Das ist eine aubere Lösung“. – Die großen Betriebe haben das nach olgender Melodie organisiert: kurzer Sozialplan, lange ahldauer Arbeitslosengeld, mit Abschlag in die Früherrentung hinein. So ist das gelaufen. Durch die soziaen Sicherungssysteme wurden die personalpolitischen ntscheidungen der großen Unternehmen mit organiiert. arüber müssen wir sprechen. Zusammen mit den Areitnehmerinnen und Arbeitnehmern und den gutwillien Betrieben müssen wir eine gemeinsame Linie finen, um dieses unvernünftige Handeln wieder ein Stück ernünftiger zu machen. Im letzten Jahr haben wir 30 000 Älteren mit Einglieerungszuschüssen eine Chance gegeben. Das ist eine rt Kombilohn und eine Sache, die man verbreitern ann und müsste. Ältere Menschen müssen ja nicht wingend auf dem Bau arbeiten, sie können auch eine ltengerechte Arbeit ausüben. Hier wird sich auch etwas inden lassen. Das muss man nur wollen. 62 der Argen nd der optierenden Gemeinden sind dabei und kümern sich ganz besonders um die Eingliederung von Äl eren. 250 Millionen Euro stehen dafür zur Verfügung. as alles werden wir aber noch systematisieren. Ganz wichtig werden die Entwicklung der Löhne und ie Balance im Finanzierungssystem überhaupt sein. as machen wir mit der Riester-Rente? Wie bauen wir as weiter auf, damit wir den Dreiklang zwischen versihert durch Beiträge, versichert durch die Staatskasse aus der Bundeskasse werden in diesem Jahr 78 Milliar en Euro für die Rente gezahlt – und der Frage, was der inzelne privat vorsparen kann, vernünftig organisieren? Einige Aspekte dieses Gesamtpakets sind in diesen agen schon öffentlich geworden. Das war unvermeid ich. Wir haben gestern im Kabinett den Beschluss geasst, dass die Renten zum 1. Juli dieses Jahres nicht geenkt werden. (Heiterkeit und Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


as ist eine vernünftige Entscheidung. Diese Koalition
at entschieden, dass wir bei allen vorhandenen Schwie-
igkeiten und unter Würdigung dessen, was wir den
entnerinnen und Rentnern in den letzten Jahren zuge-
utet haben, dafür sorgen, dass die Renten in dieser Le-

islaturperiode nicht sinken. Das werden wir für dieses
ahr 2006 mit diesem Gesetz festschreiben.

Wir werden die Rentenversicherungsbeiträge von
9,5 Prozent auf 19,9 Prozent erhöhen. Das hat Herr
olb richtig gesagt. Er hat aber vergessen, dazuzusagen,






(A) )



(B) )


Bundesminister Franz Müntefering
dass wir gleichzeitig die Beiträge zur Arbeitslosenversi-
cherung von 6,5 auf 4,5 Prozent senken. Das heißt, dass
im Ergebnis im nächsten Jahr die Beiträge zur Sozialver-
sicherung um 1,6 Prozentpunkte sinken: 0,8 Prozent-
punkte für die eine und 0,8 Prozentpunkte für die andere
Seite. Das ist die Wahrheit. Das machen wir, weil wir
eine stabile Situation herbeiführen wollen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Nun wird in diesen Tagen der Rentenversicherungs-
bericht mit den anderen Ministerien und den Sozialver-
bänden, die das alles schon kennen, abgestimmt. Des-
halb musste ich mich an dieser Stelle entscheiden und
musste sich das Kabinett entscheiden. Die Frage war:
Schreiben wir in den Rentenversicherungsbericht etwas
hinein, was wir in zwei oder drei Monaten wieder korri-
gieren müssen, oder schreiben wir das hinein, was in un-
serem Koalitionsvertrag steht? Gemeint ist, dass wir das
Renteneintrittsalter von 65 auf 67 Jahre erhöhen und
dies über einen längeren Zeitraum, aber bis spätestens
2035 machen.

Wir im Kabinett haben entschieden, dass in den
Jahren 2007 bis einschließlich 2011 nichts passiert. Im
Jahre 2012 beginnt der Anstieg um einen Monat pro
Jahr. Wer dann 65 Jahre alt ist, bekommt seine Rente mit
65 Jahren und einem Monat. Das wird so über 12 Jahre
gehen. Dann ist das erste Jahr aufgearbeitet. Anschlie-
ßend geht es in einem schnelleren Tempo mit zwei Mo-
naten pro Jahr weiter. Das haben wir vereinbart.

Dabei haben wir deutlich gemacht: Diejenigen, die
lange berufstätig sind und deshalb lange in die Sozial-
versicherung eingezahlt haben, sollen auch in Zukunft
mit 45 Versichertenjahren im Alter von 65 die Rente
ohne Abschlag bekommen. Das heißt, der Maurer, der
mit 18, 19 oder 20 Jahren seine Lehre oder, wie es heute
heißt, Ausbildung beginnt und anschließend arbeitet, hat
mit 63, 64 oder 65 Jahren seine 45 Versicherungsjahre
erreicht und bekommt jetzt und in Zukunft mit 65 Jahren
seine unreduzierte Rente. Das war eine wichtige Ent-
scheidung. Das betrifft etwa 40 bis 45 Prozent all derer,
die in diese Situation kommen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Ich empfehle all denen, die eben schon gesprochen
haben, sich einfach einmal sachkundig darüber zu ma-
chen, worüber sie reden. Die üblichen Propagandareden
außerhalb dieses Hauses helfen überhaupt nicht. Wir
müssen uns anschauen: Wie ist die Situation und was
können wir an dieser Stelle tun? Ich bin sicher, dass wir
die Situation hinsichtlich der Feststellung der Erwerbs-
minderung genau unter die Lupe nehmen müssen. Wir
wollen das nicht zulasten derer machen, die aus objekti-
ven Gründen in ihrer Arbeitsfähigkeit im Alter vielleicht
gehemmt sind. Aber dazu gehören auch Arbeitsschutz,
Weiterbildung und Qualifizierung für die älteren Arbeit-
nehmer.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Dazu gehört auch, dass wir dann, wenn uns die Verbände
erklären, dass 10 000 oder 20 000 Ingenieure fehlen und

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(C (D ir das Tor aufmachen sollen, damit sie sich die fehlenen Arbeitskräfte in der Welt suchen, sagen: Nein, das ibt es nicht. Ihr dürft nicht nur die 25oder 30-Jährigen ereinholen. ir sorgen dafür, dass diejenigen im Land, die heute einen Arbeitsplatz haben, die 45bis 55-Jährigen, Quaifizierungsmöglichkeiten erhalten, um wieder im Ererbsleben dabei zu sein. Das wollen wir erreichen. Da ür streiten wir mit unserer Politik. Diese große Koalition hat sich – das zeigt sich an dieem Punkt; das wird sich aber auch an anderen zeigen – ufgaben vorgenommen, die nicht leicht sind. Ich beaupte nicht, dass jeder Akzent, den wir setzen, immer leich gelingen wird. Aber die Intention, die dahinterteckt, nämlich in dieser Legislaturperiode die Situation ür die älter werdenden Menschen am Arbeitsmarkt zu erbessern, damit sie wieder dabei sind und nicht als unrauchbar ins Abseits gedrängt werden, und gleichzeitig o viel Stabilität wie nur möglich in die Rentenversicheungssysteme hineinzubringen, treibt uns an. Ich sage Ihen: Dem werden wir gerecht werden. Mag da kommen, as will: Wir sind auf dem richtigen Weg. Wir werden hn bei der Gesetzgebung so gestalten, wie es für die enschen am vernünftigsten ist. Das werden wir in die er Koalition miteinander erreichen. Vielen Dank. Das Wort hat nun Irmingard Schewe-Gerigk, ündnis 90/Die Grünen. Irmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/DIE RÜNEN)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1601610500
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr
inister Müntefering, Gratulation, anders als Ihr Exkol-

ege Lafontaine sind Sie in der Realität angekommen.
och vor drei Jahren haben Sie behauptet, in der Rente
edürfe es keiner weiteren Reform. Auf Druck der Grü-
en wurde dann die Rürup-Kommission eingesetzt. Sie
at vorgerechnet, dass eine Verlängerung der Lebens-
rbeitszeit um zwei Jahre bis zum Jahre 2035 unabding-
ar ist. Die Rentner protestierten, obwohl nicht sie be-
roffen waren, sondern die heute 40-Jährigen, die sich
ber noch ganz schön still verhalten. Sie erwarten nicht
ehr viel.

Die Erhöhung des Renteneintrittsalters ist eine Reak-
ion darauf, dass die Menschen inzwischen erfreulicher-
eise älter werden und durchschnittlich 16 Jahre lang
ente beziehen. Früher waren es nur sechs Jahre.

Heute kommen zwei Erwerbstätige für einen Rentner
uf. Würden wir keine Veränderungen durchführen, Herr
ollege Lafontaine, wären wir im Jahr 2050 bei einem
rwerbstätigen pro Rentner. Damit würde das System
usammenbrechen.






(A) )



(B) )


Irmingard Schewe-Gerigk

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Insofern unterstützen wir ausdrücklich das Vorhaben
des Ministers. Allerdings enden damit unsere Gemein-
samkeiten. In den vergangenen Tagen hat sich in der
SPD und der großen Koalition das blanke Chaos abge-
spielt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der SPD)


Alles gackert durcheinander. Ein Hühnerhof ist dagegen
ein Ort der Stille.

Erst verzögern Sie den Rentenversicherungsbericht.
Dann treffen Sie im Koalitionsvertrag Vereinbarungen,
die der Quadratur des Kreises entsprechen: Sie wollen
die Rente nicht kürzen, den Beitragssatz stabil halten,
aber den Bundeszuschuss einfrieren. Die versammelte
Wissenschaft hat Ihnen bescheinigt, dass das alles nicht
zusammenpasst.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wenn Sie den Bundeszuschuss einfrieren und die
Rente nicht kürzen, werden die Beiträge schon bald über
20 Prozent steigen. Das wissen Sie genau. Darum gibt es
nämlich bei Ihnen auch schon erste Absetzbewegungen
vom Koalitionsvertrag.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das Absurdeste allerdings ist, dass Sie den zweiten
Schritt vor dem ersten tun. Wer bis 67 arbeiten soll,
braucht auch einen Arbeitsplatz. Den haben aber heute
nur 40 Prozent der über 55-Jährigen. Wir haben uns im
Lissabonprozess darauf verständigt, dass es bis 2020
50 Prozent sein sollen. Haben Sie, Herr Minister, sich
denn klar gemacht, welches Signal Sie aussenden, wenn
Sie den Menschen sagen, sie sollen künftig länger arbei-
ten, während Sie gleichzeitig die 58-Jährigen mit dem
Arbeitslosengeld I dazu bringen, dem Arbeitsmarkt end-
gültig Ade zu sagen, damit sie aus der Statistik heraus-
fallen? Haben Sie die Auswirkungen berücksichtigt,
wenn Sie die Weiterbildung für Ältere bei der Agentur
für Arbeit zum Jahresende auslaufen lassen? Wie wollen
Sie damit bei den Menschen Vertrauen schaffen?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich wundere mich nicht, dass bei einer solchen Politik
über drei Viertel der Menschen gegen die Heraufsetzung
des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre sind. Eine Verlän-
gerung der Lebensarbeitszeit setzt die Integration Älterer
auf dem Arbeitsmarkt voraus. Anderenfalls entspräche
sie einer gigantischen Rentenkürzung.

Wer wie Sie den zweiten Schritt vor dem ersten
macht, kann dabei ganz schön ins Stolpern kommen;
denn die Rentenfrage gehört zu den wichtigsten Zu-
kunftsfragen. Eine Fortsetzung des bisherigen Hin und
Her


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Meinen Sie jetzt das aus der Zeit der rot-grünen Koalition?)


trägt zur Verunsicherung bei und führt zu einer sinken-
den Akzeptanz der gesetzlichen Rentenversicherung.

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(C (D er will es den Jüngeren verdenken, wenn sie nach Ween suchen, wie sie die gesetzliche Rentenversicherung mgehen können? Nun komme ich zu der hilflosen Debatte über die usnahmeregelungen, etwa für Krankenschwestern oder achdecker. Das Einfallstor dafür ist die Regelung, nach 5 Beitragsjahren weiterhin die Rente ab 65 ohne Abchläge zu erhalten. Ich behaupte: All diese Ausnahmeegelungen tragen im Kern zu neuen Ungerechtigkeiten ei. Die Sonderregelung mit 45 Pflichtbeitragsjahren ird nämlich zulasten von berufstätigen Frauen – insbe ondere mit Kindern – finanziert. Unter ihnen gibt es icht viele, die so lange arbeiten. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


ie haben nämlich so gut wie keine Chance, abschlags-
rei in Rente zu gehen, müssen aber ihrerseits alle Aus-
ahmeregelungen mitfinanzieren.

Nach meinem Eindruck dient die Regelung in Bezug
uf 45 Pflichtbeitragsjahre eher zur Beruhigung des
chlechten Gewissens. Denn diejenigen, die diese Politik
ertreten, wissen genau, wie wenig glaubwürdig die Er-
öhung des Renteneintrittsalters ohne flankierende Maß-
ahmen in anderen Politikfeldern ist.

Ausnahmeregelungen für verschiedene Berufe, wie
ie der Wahlkämpfer Kurt Beck derzeit verlangt, sind
icht geeignet, Benachteiligungen individuell und ge-
echt aufzulösen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


tattdessen sollten wir darüber nachdenken, wie das be-
eits vorhandene Instrument der Erwerbsminderungs-
ente weiterzuentwickeln ist.

Ich kann mir vorstellen, dass Menschen nach 45 Ver-
icherungsjahren über eine Erwerbsminderungsrente mit
5 Jahren abschlagsfrei in Rente gehen, wenn ihr Er-
erbsleben belastend war und sie deshalb unter gesund-
eitlichen Einschränkungen leiden. Das wäre ein anderer
eg. Dringend notwendig ist allerdings eine fundierte
ebatte auf der Grundlage des Rentenversicherungsbe-

ichts.

Im Interesse der Menschen fordere ich Sie auf, das
erzeitige Chaos alsbald zu beenden. Wir Grüne jeden-
alls werden unseren Beitrag zur Versachlichung der De-
atte leisten.

Recht herzlichen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1601610600

Ich erteile das Wort Kollegen Ralf Brauksiepe, CDU/

SU-Fraktion.


Dr. Ralf Brauksiepe (CDU):
Rede ID: ID1601610700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nur

in Wort zum Antragsteller: Herr Kollege Lafontaine,
ie haben uns vorgeworfen, gegen die Mehrheit des Vol-
es anzuregieren. Ich meine nicht Sie persönlich, aber






(A) )



(B) )


Dr. Ralf Brauksiepe
ich finde, es ist schon ein starkes Stück, wenn Sie das als
Vertreter einer Partei sagen, die die Nachfolgerin einer
Partei ist, die 40 Jahre lang in brutaler Weise gegen die
Mehrheit des Volkes anregiert und ein Land ruiniert hat.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Widerspruch bei der LINKEN)


Nun zu dem Problem, mit dem wir es zu tun haben.
Im Koalitionsvertrag haben CDU/CSU und SPD festge-
legt, dass das Renteneintrittsalter auf 67 Jahre steigen
soll, und zwar bis spätestens 2035. Der zuständige Mi-
nister hat eine Konkretisierung der Formulierung „bis
spätestens 2035“ vorgenommen und den Vorschlag in
die Diskussion eingebracht, bis 2029 das Renteneintritts-
alter auf 67 Jahre zu erhöhen. Wenn eine solche Diskus-
sion aufkommt, macht es sicherlich Sinn, sich schnell zu
verständigen und für Klarheit zu sorgen. Das hat das
Bundeskabinett klugerweise getan, indem es sich auf die
von Minister Müntefering vorgeschlagene Konkretisie-
rung verständigt hat. Darum geht es nun.

Gerade ist der Bericht der Rürup-Kommission ange-
sprochen worden. Dieser Bericht hat uns schon im Jahr
2003 deutlich gemacht, dass die Lebenserwartung von
65-jährigen Frauen und Männer bis zum Jahr 2030 um
fast drei Jahre steigen wird. Das heißt, wenn wir das
Renteneintrittsalter bis dahin um zwei Jahre erhöhen,
dann haben wir den erwarteten Anstieg der Lebenser-
wartung noch nicht einmal ganz kompensiert. Wir wer-
den auch dann eine im Durchschnitt etwas längere Ren-
tenlaufzeit zu verkraften haben. Das macht deutlich, dass
wir angesichts der demografischen Entwicklung, des
günstigen Umstandes, dass die Menschen immer älter
werden, keine Alternative dazu haben, dass diejenigen,
die dazu in der Lage sind, länger arbeiten müssen. Der
Vorschlag von Herrn Müntefering ist alternativlos und
deswegen unterstützen wir ihn.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Selbstverständlich darf eine Anhebung des gesetzli-
chen Renteneintrittsalters nur mit verbesserten Beschäf-
tigungschancen älterer Arbeitnehmer einhergehen; das
ist völlig klar. Wenn wir es uns aber nicht zutrauten, in
einem Zeitraum von 23 Jahren die Beschäftigungschan-
cen älterer Arbeitnehmer massiv zu verbessern, dann
hätten wir als Politiker versagt.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: 2020 sollen es 50 Prozent sein!)


Ich bin sicher, dass diese Regierung die notwendigen
Rahmenbedingungen für eine bessere Erwerbsbeteili-
gung älterer Menschen in diesem Land schaffen wird.
Wir haben die ersten Weichen in diese Richtung gestellt.
Die Tendenz geht bereits nach oben. Diesen Weg werden
wir weitergehen, weil wir keine Rentenkürzungen vor-
nehmen wollen. Jetzt, wo eigentlich welche anstünden,
schließen wir Rentenkürzungen gesetzlich aus. Wie ge-
sagt, wir werden die Rahmenbedingungen für ältere Ar-

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(C (D eitnehmer auf dem Arbeitsmarkt verbessern. Das ist otwendig und deswegen packen wir es an. Wir haben darüber hinaus schon im Koalitionsvertrag estgelegt, dass Versicherte, die mindestens 45 Pflichteitragsjahre durch Beschäftigung, Kindererziehung und flege erreicht haben, weiterhin mit 65 Jahren abchlagsfrei in Rente gehen können. Der Union war es ichtig, dass sich die Koalition darauf verständigt und ass das im Koalitionsvertrag festlegt wird. Es bedarf azu keiner Forderungen von Wahlkämpfern mehr. (Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Wen meinen Sie denn da?)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


as bereits im Koalitionsvertrag klar geregelt ist, ist nun
ekräftigt worden.

Angesichts der Diskussion über Sonderregelungen
ohnt ein Blick in den Bericht der Rürup-Kommission.
ort ist festgestellt worden, dass eine gerechte und zu-
leich missbrauchsichere Abgrenzung bestimmter Per-
onenkreise nicht möglich ist. Ich bedanke mich aus-
rücklich beim Minister, dass er das noch einmal
largestellt hat. Wir brauchen andere Regelungen. So ha-
en wir festgelegt – das ist ganz wichtig –, dass man mit
5 Pflichtbeitragsjahren abschlagsfrei in Rente gehen
ann. Das heißt, für die Personengruppen, die klassi-
cherweise nicht erst mit 20 beginnen, Sozialversiche-
ungsbeiträge zu entrichten, sondern bereits nach zehn
ahren Schule in die Systeme einzahlen, ändert sich
raktisch nichts. Wer den normalen Weg eines Dachde-
kers oder anderer gesundheitsbelastender Berufe geht,
er hat, wenn er mit 16 Jahren zu arbeiten beginnt, etwa
9 Jahre Zeit, um 45 Pflichtbeitragsjahre zu erreichen.

Für alle, die dies gesundheitlich nicht schaffen, gibt es
as Instrument der Erwerbsminderungsrente. Schon
eute kann jemand, der aufgrund von Erwerbsminderung
it 63 aus dem Arbeitsprozess ausscheidet, abschlagsfrei

n Rente gehen. Jeder, der mit 60 oder früher ausscheidet,
at keine höheren Abschläge als 10,8 Prozent, also für
rei Jahre, hinzunehmen. Das heißt, wir haben solida-
isch finanzierte Systeme und Möglichkeiten, um denje-
igen zu helfen, die es gesundheitlich nicht schaffen.

Es gehört aber auch zur Wahrheit: Wenn die Men-
chen immer älter werden und wenn alle Sozialsysteme
olidarisch beitragsfinanziert sind, dann bedeutet das,
ass die Renten derjenigen, die Erwerbsminderungsren-
en erhalten und die mit 65 Jahren ausscheiden, von de-
en finanziert werden müssen, die zu diesem Zeitpunkt
ie Arbeitsleistung erbringen und die Sozialversiche-
ungsbeiträge bezahlen. Deswegen müssen diejenigen,
ie es können, im Interesse der Solidarität in diesem
ystem bis 67 arbeiten.

Wir sind gefordert, die entsprechenden politischen
ahmenbedingungen zu setzen. Daran arbeiten wir. Es

st eine langfristige Zielsetzung, die richtig und sozial
usgewogen ist. Diesen Weg werden wir gemeinsam ge-
en.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)







(A) )



(B) )


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1601610800

Ich erteile das Wort Kollegen Klaus Ernst, Fraktion

Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Klaus Ernst (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601610900

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Eben wurde uns von Herrn Müntefering der
Vorschlag gemacht, man solle sich doch sachkundig ma-
chen.


(Zuruf von der SPD: Das wäre auch notwendig!)


– Bei euch vielleicht.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich lese heute im „Tagesspiegel“:

Das Vorziehen der Rente mit 67 ist zum jetzigen
Zeitpunkt entweder überflüssig oder nicht beson-
ders sozial.

Ich zitiere weiter:

Wenn es uns nicht gelingt, Ältere in Arbeit zu brin-
gen, ist das für Arbeitslose eine Rentenkürzung.
Und für Einkommensschwache, die früher sterben,
verkürzt sich die Rentenbezugsdauer.

Das ist von eurem Experten, nicht von unserem Exper-
ten.


(Beifall bei der LINKEN)


Vielleicht machen Sie sich, Herr Müntefering, einfach
einmal die Mühe, sich mit Ihren eigenen Experten zu un-
terhalten. Dann werden Sie nicht solche Vorschläge ma-
chen, wie Sie sie gegenwärtig auf die Tagesordnung
bringen.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir haben als Ergebnis der Politik der letzten sieben
Jahre die Situation in diesem Lande – das nehmen Sie
offenbar nicht zur Kenntnis –, dass die Bürger dann,
wenn sie das Wort Reform hören, die Geldbörse zuhal-
ten. Sie haben Recht und sie haben Anlass dazu.


(Beifall bei der LINKEN)


Denn alles, was Sie ihnen zumuten, sind Belastungen,
die nicht für Sie selber, aber immer für die anderen wirk-
sam werden. Die Renteneingriffe der letzten Jahre waren
enorm: Kürzung von anrechenbaren Zeiten, zusätzliche
Abgaben auf Renten, Nullrunden über mehrere Jahre
und jetzt das Heraufsetzen des Rentenalters. Ich kenne
all diese Vorschläge und Sie auch, Herr Müntefering.
Alle können Sie in den Konzepten des Bundesverbands
der Deutschen Industrie nachlesen. Genau in dessen In-
teresse machen Sie Politik, aber nicht für das Volk. Das
mit aller Klarheit.


(Beifall bei der LINKEN)


Eins zu eins haben Sie die Forderungen des Bundesver-
bands der Deutschen Industrie in Ihren Koalitionsvertrag
übernommen.

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(C (D Nun zu Ihrer Glaubwürdigkeit. Im Wahlprogramm er SPD von 1998 hieß es: Die Kürzung des Rentenniveaus würde viele Rentnerinnen und Rentner zu Sozialhilfeempfängern machen … So darf man mit Menschen, die ein Leben lang hart gearbeitet haben, nicht umgehen. m Wahlprogramm 2005 heißt es: Unser Ziel ist, das faktische Renteneintrittsalter an das gesetzliche Eintrittsalter von 65 Jahren heranzuführen. etzt, gut vier Monate nach der Wahl, gilt nichts mehr, as Sie Ihren Wählern versprochen haben. a muss ich in Richtung CDU/CSU sagen: Sie waren enigstens ehrlich. Sie haben es vorher gesagt. Die aneren aber nicht. as ist das, was die Bürger an unserem jetzigen System erurteilen. Sie können Ihnen nicht mehr glauben. Ihre ussagen haben die Halbwertszeit von Einwegunterwä che. Das ist das Problem, liebe Kolleginnen und Kolleen. Nun zur Union: Im Wahlprogramm heißt es: Sobald es die Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt erlauben, kommt auch eine schrittweise Anhebung des Renteneintrittsalters in Frage. (Zurufe von der CDU/CSU: Richtig! – Sehr gut!)


(Zuruf von der LINKEN: Hört! Hört!)


(Elke Ferner [SPD]: 2009!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN)


Millionen Arbeitslose stellen wohl eine tolle Lage auf
em Arbeitsmarkt dar. Die haben wir nämlich gerade.


(Zuruf von der CDU/CSU: Wir reden von 2029!)


ber jetzt beschließen Sie es. Sind Sie so prophetisch,
m jetzt schon zu wissen, was in zehn Jahren los ist? Ich
ann nur sagen: Wenn man so Politik macht und die
ussagen von vor zwei Jahren, vor einem Jahr und sogar
rei Monaten nicht mehr ernst nimmt, dann kann ich nur
och sagen: Furchtbar.


(Beifall bei der LINKEN – Klaus Uwe Benneter [SPD]: Purer Populismus!)


Im Koalitionsvertrag heißt es, nachdem ein Renten-
intrittsalter von 67 Jahren angekündigt wird:

Dies gibt sowohl den Arbeitnehmerinnen und Ar-
beitnehmern als auch den Unternehmen Planungssi-
cherheit.

Diese Planungssicherheit haben Sie in Ihrem Koali-
ionsvertrag vom 11. November 2005 versprochen.


(Wolfgang Meckelburg [CDU/CSU]: Sind wir gerade bei!)







(A) )



(B) )


Klaus Ernst
Mittlerweile sind drei Monate vergangen und schon gilt
das nicht mehr, weil sich das neue Traumpaar Merkel/
Müntefering verständigt hat, die Erhöhung des Renten-
eintrittsalters um sechs Jahre vorzuziehen. Das ist die
Planungssicherheit, die Sie diesem Volk zumuten.


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Dr. Guido Westerwelle [FDP])


Die Wirkungen, die Sie erzielen, sind doch ganz ein-
fach – jeder weiß es –: Nur 39 Prozent der über 55-Jähri-
gen haben einen Job; von den über 60-Jährigen haben
nur 20 Prozent einen Job. Wenn Sie das Renteneintritts-
alter jetzt heraufsetzen, dann heißt das nichts anderes, als
dass Sie die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes II ver-
längern. Jeder weiß, dass ein über 55-Jähriger in diesem
Land heutzutage eher das Bundesverdienstkreuz be-
kommt, als dass er einen Job findet.


(Beifall bei der LINKEN)


Das liegt übrigens nicht daran, dass der Kündigungs-
schutz nicht schwach genug ist. Die allermeisten über
55-jährigen Arbeitslosen haben früher gearbeitet und ha-
ben ihren Arbeitsplatz irgendwann verloren, offensicht-
lich deshalb, weil der Kündigungsschutz nicht ausreicht.
Das sage ich auch Ihnen von der FDP. Was Sie vorhaben
– Rente mit 67 –, heißt nichts anderes als Kürzung der
Einkommen eines großen Teils der Bevölkerung.

Viele halten längere Arbeitszeiten nicht aus. Sie
müssten sich vielleicht wieder einmal in die Betriebe zu
den Nacht- und Schichtarbeitern begeben. Ich habe ge-
dacht, dass es in der SPD noch den einen oder anderen
geben müsste, der das tut. Leider ist das nicht so.

Ich komme zum Schluss. Was Sie machen, ist keine
Generationengerechtigkeit. Ich halte Ihr Vorhaben für
sehr schwierig. Ein Kirchenlehrer im vierten Jahrhun-
dert, der heilige Augustinus


(Lachen bei der CDU/CSU)


– das freut euch, nicht wahr; es täte euch gut, einmal
nachzulesen –, hat folgenden Satz geprägt:

Ein Staat, der nicht durch die Gerechtigkeit defi-
niert wäre, wäre nur eine große Räuberbande.

Wir müssen aufpassen, dass unser Staat dazu nicht ver-
kommt.

Ich danke Ihnen fürs Zuhören.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1601611000

Kollege Ernst, dies war Ihre erste Rede in diesem

Hause. Herzliche Gratulation und alles Gute für Ihre
politische Arbeit.


(Beifall)


Ich erteile das Wort Kollegin Elke Ferner, SPD-Frak-
tion.


(Iris Gleicke [SPD]: Jetzt bringen wir mal wieder ein bisschen Niveau in die Debatte!)


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(C (D Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das, was wir so ben gehört haben, ist an Populismus nicht mehr zu berbieten. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Elke Ferner (SPD):
Rede ID: ID1601611100

Der Kollege Ernst sollte sich einmal ein paar Zahlen
u Gemüte führen. Ich habe mir heute Morgen die Mühe
emacht, die Zahlen des Statistischen Bundesamtes he-
auszusuchen: Im Jahr 2004 war die Beschäftigungsquote
er Älteren höher, als Sie eben angegeben haben. Die der
ber 60-jährigen Männer lag nämlich bei 37,7 Prozent
nd die der über 60-jährigen Frauen bei 19,7 Prozent.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Aber 39 Prozent der über 55-Jährigen!)


an sollte keine Zahlen in die Welt setzen, die mit der
ealität nichts zu tun haben.

Das Thema, über das wir heute diskutieren, ist sicher-
ich nicht einfach. Das braucht man überhaupt nicht zu
estreiten. Dabei geht es aber um mehr als um die Erhö-
ung des Renteneintrittsalters um zwei Jahre. Dazu ge-
ört auch, dass das Bundeskabinett gestern beschlossen
at, keine Rentenkürzungen – sie wären nach der jetzi-
en Rechtslage wahrscheinlich notwendig – vorzuneh-
en. Wenn ich Herrn Kolb eben richtig verstanden habe

Herr Kolb, Sie haben genau das kritisiert –, muss ich
ohl annehmen, dass die FDP der Meinung ist, man
üsse jetzt Rentenkürzungen durchführen.


(Widerspruch des Abg. Dr. Heinrich L. Kolb [FDP])


Sie können das gern richtig stellen. Sie haben eben
anz deutlich gesagt, dass Sie diesen Punkt kritisieren.
igentlich vertreten Sie doch eher die Auffassung, dass
ie Renten gekürzt werden müssen.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Da wollen Sie aber missverstehen!)


Natürlich müssen die Beschäftigungschancen älterer
rbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen verbessert wer-
en. Das ist überhaupt keine Frage. In den 70er-Jahren
ar die Beschäftigungsquote der Älteren deutlich höher

ls heute. Sie ist heute allerdings etwas besser als vor
ier oder fünf Jahren. Diesen Prozess müssen wir forcie-
en.

Ich füge hinzu: Es bedarf besonderer Maßnahmen,
m die Beschäftigungsquote über 50-jähriger Frauen zu
rhöhen. Wegen Kindererziehungszeiten und wegen
äufiger Teilzeitbeschäftigung haben viele aus dieser
ruppe besondere Schwierigkeiten, wieder in eine Voll-

rwerbstätigkeit hineinzukommen.

Ich glaube, dass wir auch bei der Verbesserung der
rbeitsbedingungen in den Betrieben weiter vorankom-
en müssen;


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)







(A) )



(B) )


Elke Ferner
denn die Probleme, die einige Arbeitnehmer und Arbeit-
nehmerinnen aufgrund besonders schwerer Arbeitsbe-
dingungen in den Betrieben haben, ließen sich auch
durch besseren Arbeitsschutz – Stichwort: Humanisie-
rung der Arbeitswelt – abstellen. Daran müssen wir zu-
sätzlich arbeiten.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Wenn man sich ansieht, wie die Beschäftigungsquo-
ten in den anderen europäischen Ländern sind, insbeson-
dere in den skandinavischen Ländern, stellt man fest,
dass es da mit einer Erwerbsquote der über 55-Jährigen
von knapp 70 Prozent deutlich besser ist als bei uns. Das
sind nun nicht Länder, denen man ein schlechtes soziales
Schutzniveau nachsagen könnte oder in denen es höhere
Arbeitslosenquoten gibt; im Gegenteil: Die Arbeitslo-
senquoten dort sind niedriger. Deshalb ist es notwendig,
insbesondere mit dem Programm „Perspektive 50 plus“
voranzukommen und das zeitgleich zu machen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Der Kollege Ernst hat eben gesagt: Und jetzt wird die
Rente mit 67 eingeführt. Wir reden heute über das
Jahr 2029, nicht über morgen, nicht über übermorgen
und eben nicht über das Jahr 2006.


(Zuruf von der LINKEN: 2012!)


– Im Jahr 2012 beginnt die Erhöhung um jeweils einen
Monat.


(Klaus Uwe Benneter [SPD]: Das ist verantwortliche Politik heute!)


Frau Kollegin Schewe-Gerigk hat eben gesagt, die
45 Versicherungsjahre seien für Frauen nur schwer zu
erreichen. Das ist richtig. Aber wir sollten jetzt nicht so
tun, als ob das erst dann zum Problem wird.


(Iris Gleicke [SPD]: Das ist schon ein Problem! Richtig!)


Das ist nämlich bereits heute ein Problem. Der Skandal
ist eigentlich, dass sich niemand anschaut, wie die Versi-
cherungszeiten der Frauen heute,


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber die müssen zahlen!)


auch die der heutigen Rentnerinnen, im Vergleich zu den
Männern sind. Das sind natürlich Generationen, die eine
deutlich niedrigere Frauenerwerbsquote haben, als sie
die künftigen Generationen haben werden. Es kommt
aber auch nicht nur auf die Anzahl der Versicherungs-
jahre, sondern natürlich auch auf die Entgeltpunkte an.


(Iris Gleicke [SPD]: Richtig!)


In dem Zusammenhang müssen wir auch noch einmal
schauen, dass wir bei der eigenständigen Alterssiche-
rung der Frauen besser vorankommen,


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


indem wir eine durchgängigere Erwerbstätigkeit ermög-
lichen, indem wir die Lohndiskriminierung beseitigen,
indem wir den Frauen vor allem eine Vollzeit- statt Teil-

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(C (D eiterwerbstätigkeit als Regelerwerbstätigkeit ermöglihen und mehr Chancen der Karriereteilhabe eröffnen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die Antragsteller dieser Aktuellen Stunde haben
eute nur gesagt, was sie nicht wollen. Ich habe nichts
azu gehört, was denn die Alternative ist,


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


b man stattdessen die Rente kürzen will, ob man den
eitragssatz oder den Bundeszuschuss erhöhen will oder
b man das Rentenniveau für künftige Rentner und
entnerinnen weiter nach unten fahren will. Wer hier
ritisiert – das mag ja alles so sein –, sollte bitte schön
uch sagen, wie es anders gemacht werden soll.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1601611200

Das Wort hat der Kollege Max Straubinger, CDU/

SU-Fraktion.


(Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU]: Jetzt kommt mal ein wahrer Bayer!)



Max Straubinger (CSU):
Rede ID: ID1601611300

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die

eutige Aktuelle Stunde befasst sich mit den rentenpoli-
ischen Beschlüssen der Koalition und vor allem auch

it dem Vorschlag von Herrn Bundesminister Franz
üntefering. Wir bringen hier in der Gesamtheit zum
usdruck, dass wir eine verantwortungsbewusste und
or allem eine zielorientierte und den Generationen ge-
echt werdende Rentenpolitik betreiben. Ich danke dem
undesminister sehr herzlich dafür, dass er dieses
hema ins Blickfeld der Öffentlichkeit gerückt und diese
ittlerweile intensive Diskussion herbeigeführt hat.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


Es schadet nicht, etwas zurückzuschauen und sich
arüber klar zu werden, warum diese Beschlüsse so ge-
asst worden sind. Sie sind Ausdruck einer großartigen
emographischen Entwicklung. 1871 betrug die Lebens-
rwartung der Männer 35,6 Jahre und die der Frauen
8,4 Jahre. 1926 war sie bei den Männern auf 56 Jahre
nd bei den Frauen auf 58,8 Jahre gestiegen. Erst 1970
urde eine Lebenserwartung von über 65 Jahren er-

eicht, nämlich bei den Männern eine Lebenserwartung
on 67,4 Jahren und bei den Frauen eine von
3,8 Jahren. Heute beträgt die Lebenserwartung der
änner 75,9 Jahre und die der Frauen 81,6 Jahre. Für

as Jahr 2030 rechnen wir mit einer Lebenserwartung
on 83,4 Jahren bei den Männern und von 87,6 Jahren
ei den Frauen.

Diese Zahlen zeigen sehr deutlich, dass wir auf die
ntwicklung, die ja für die Menschen großartig ist, auch
ine generationengerechte Antwort finden müssen. Ich
abe heute bei den Antragstellern jedoch nicht erkennen
önnen, dass sie bereit wären, hier eine positive






(A) )



(B) )


Max Straubinger
Mitarbeit zu leisten. Mehr als Polemik war von den Lin-
ken in diesem Haus nicht zu hören.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Auffallend ist, dass auf der einen Seite zwar kritisiert
wird, dass ab dem Jahr 2029 ein Renteneintrittsalter von
67 Jahren gelten soll, auf der anderen Seite aber der Kol-
lege Lafontaine für sich bereits jetzt entschieden hat,
über das 65. Lebensjahr hinaus zu arbeiten. Herr
Lafontaine ist ja Geburtsjahrgang 1943 und ich nehme
an, dass er den Wählerinnen und Wählern versprochen
hat, uns die ganze Legislaturperiode erhalten zu bleiben;
am Ende dieser Zeit hätte er dann das 66. Lebensjahr er-
reicht.


(Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Keine Drohungen!)


Das zeigt sehr deutlich, dass aufgrund der neuen Mög-
lichkeiten der Gesunderhaltung und der Fitness bis ins
Alter durchaus eine längere Lebensarbeitszeit ins Auge
gefasst werden kann. Das wird heute auch dargelegt.


(Oskar Lafontaine [DIE LINKE]: Sie sind aus der Versicherungsbranche; das hört man!)


Verehrte Damen und Herren, ausdrücklich zurückwei-
sen möchte ich, dass wir im Koalitionsvertrag und in den
Wahlaussagen Wählertäuschung betrieben hätten. Im
Regierungsprogramm der CDU/CSU steht wörtlich – ich
zitiere –:

Zur langfristigen Stabilisierung der Rentenversi-
cherung ist eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit
notwendig.

Dies macht deutlich, dass wir den Wählerinnen und
Wählern schon vor der Wahl schwierige Entscheidungen
angekündigt haben, die in dieser Regierungskoalition
zum Tragen kommen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die Linke stellt hier die soziale Ausgewogenheit in-
frage. Bereits einige Vorredner, auch der Herr Bundes-
minister, haben darauf hingewiesen, dass wir verstärkte
Anstrengungen unternehmen werden, um ältere Arbeit-
nehmerinnen und Arbeitnehmer in Arbeit zu bringen.
Ein entscheidender Gesichtspunkt dazu ist auch im Ko-
alitionsvertrag niedergelegt, und zwar ab Zeile 4 057
– ich zitiere –:

Zu Beginn des nächsten Jahrzehnts wird der Ge-
setzgeber darüber zu befinden haben, ob die Anhe-
bung der Regelaltersgrenze unter Berücksichtigung
der Arbeitsmarktlage sowie der wirtschaftlichen
und sozialen Situation älterer Arbeitnehmer vertret-
bar ist und die getroffenen gesetzlichen Regelungen
bestehen bleiben können.

Das zeigt sehr deutlich die sozialpolitische Verant-
wortung dieser Koalition. Vor allen Dingen bringt es
zum Ausdruck, dass wir für eine verlässliche Renten-
politik stehen, die auch den Generationenausgleich
sucht. Das funktioniert nicht so, wie es die Linken wol-
len: möglichst eine hohe Rente, aber wer das bezahlt, ist
Ihnen völlig egal. Das müssen dann alle Erwerbstätigen

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(C (D n unserem Land bezahlen. Auf die Frage, wer das beahlen soll, haben wir von Ihnen heute jedenfalls keine ntwort erhalten. Das zeigt: Unsere Rentenpolitik ist al ernativlos. Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1601611400

Ich erteile das Wort Kollegen Anton Schaaf, SPD-

raktion.


Anton Schaaf (SPD):
Rede ID: ID1601611500

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

err Lafontaine, Sie haben von Vertrauen gesprochen.
ertrauen bedingt für meine Begriffe Seriosität und Ehr-

ichkeit, allerdings nicht nur in den rückwärts gewandten
ebatten, sondern vor allen Dingen heute.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Das gilt besonders, wenn wir über das Thema Rente
eden, wenn wir darüber reden, dass zukünftige Genera-
ionen höhere Belastungen haben werden, jeder Ein-
elne, aber auch die Gesellschaft. Deshalb müssen wir
ie anders in die Verantwortung nehmen. Nur wer beim
hema Rente die neuen Herausforderungen, nämlich
en veränderten demografischen Aufbau – der Aufbau
er Gesellschaft ist völlig anders als noch vor 30 Jahren,
ls der eine oder andere in der PDS seine politischen
onzepte kennen gelernt hat – und den wirtschaftlichen
ruck durch Europäisierung und Globalisierung, igno-

iert, kann über Rentenpolitik so diskutieren wie Sie,
ämlich als wären wir völlig isoliert, als stünde um ganz
eutschland eine Mauer.

Wir, diese Koalition, tun das nicht.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


ir analysieren den bestehenden Zustand und versu-
hen, zu gestalten und auch zu verändern. Wir tun nicht
o, als sähe die Welt anders aus, als sie ist, sondern wir
ehmen sie so, wie sie ist. Daraus leiten wir unser Poli-
ikverständnis ab. Das ist bei Ihnen etwas anders.

Herr Kollege Ernst, auch wenn Sie Ihre erste Rede im
eutschen Bundestag gehalten haben, hätten Sie Ihrem
amen alle Ehre machen und dieses Thema ernst behan-
eln können und nicht so populistisch, wie Sie es getan
aben. Das hilft niemandem weiter und ist der Sache
icht dienlich.


(Widerspruch bei der LINKEN)


Lassen Sie mich auf einen Punkt eingehen, den Herr
olb angeführt hat. Sie haben gesagt, das, was wir an
ieser Stelle machen, sei eine Bankrotterklärung. Nein,
err Kolb, das sehe ich völlig anders. Ich kann für meine
raktion sehr deutlich sagen: Wir wollen die sozialen
icherungssysteme, wie wir sie heute kennen – nämlich
olidarisch aufgebaut und paritätisch finanziert –, auf
auer erhalten.






(A) )



(B) )


Anton Schaaf

(Beifall bei der SPD)


Das bedingt, dass wir grundsätzlich bereit sind, struktu-
relle Veränderungen vorzunehmen. Die rot-grüne Koali-
tion hat es getan. Wir haben in den vergangenen Tagen
schon über die private Säule, über die Riesterrente, dis-
kutiert. Jetzt gehen wir einen Schritt weiter.

Ich will etwas zur Verlässlichkeit sagen. Wenn wir
strukturelle Veränderungen, wie sie die Koalition verein-
bart hat, vornehmen müssen, dann ist es doch seriös,
schon jetzt zu sagen, was auf die Menschen ab 2012 zu-
kommt und wie lange dieser Prozess dauern wird. Im
Koalitionsvertrag steht: bis maximal 2035. Wir haben
uns darauf verständigt – den entsprechenden Vorschlag
hat der Minister gemacht –, dass wir diesen Zeitraum
verkürzen. Es ist also verlässlich, wenn wir jetzt der jün-
geren Generation sagen, bis wann welche Prozesse abge-
schlossen sind.

Lassen Sie mich auch etwas zur Verantwortung sagen.
Ich glaube, die Politik muss nicht jede Verantwortung
übernehmen. Inwieweit die Beschäftigungsquote älterer
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer tatsächlich erhöht
werden kann, ist keine Frage, deren Beantwortung man
ausschließlich auf die Politik abwälzen kann.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Es ist aber auch keine Frage, deren Beantwortung man
ausschließlich auf das Individuum abwälzen kann.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: So ist es!)


Dieser Frage müssen sich auch die Unternehmerinnen
und Unternehmer in diesem Lande stellen. Die schlechte
Beschäftigungsquote älterer Arbeitnehmer hat unmittel-
bar mit der Vorruhestandsregelung zu tun, die damals
von der schwarz-gelben Koalition – von uns allen ge-
meinsam getragen – eingeführt worden ist. Wir haben äl-
tere Arbeitnehmer aus dem Arbeitsprozess herausge-
nommen, um jüngere verstärkt hineinzubringen. Das
Prinzip hat nie funktioniert.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat nicht geklappt!)


Herr Lafontaine, es ist übrigens eine ökonomisch
wichtige Frage, wie hoch die Beschäftigungsquote der
älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist. Wir
wissen schon jetzt, dass qualifizierte Facharbeiterinnen
und Facharbeiter in vielen Branchen fehlen. Es ist doch
völlig klar, dass es vor dem Hintergrund der demogra-
phischen Entwicklung so nicht weitergehen kann. Daher
ist Weiterbildung, die übrigens auch in der Verantwortung
der Unternehmen in diesem Lande liegt, ganz wichtig.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Der Minister hat sehr deutlich auf das Problem bei
den Ingenieuren hingewiesen. Es ist geradezu grotesk,
das Wissen der Ingenieure 20 Jahre zu nutzen, aber sie
dann zu entlassen, wenn ihr Wissen nicht mehr aus-
reicht, und anschließend nach neuen Ingenieuren aus
dem Ausland zu rufen. Auch die Unternehmen tragen,
was die Qualifizierung und Weiterbildung angeht, Ver-
antwortung.

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(C (D (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


erantwortung muss man richtig zuordnen. Man kann
er Politik nicht für alles die Verantwortung zuschieben.

Zum Schluss möchte ich sagen: Ökonomische Ent-
icklung hat, wie gesagt, mit der Beschäftigungsquote

lterer Arbeitnehmer zu tun. Sie hat mit Qualifizierung
nd Weiterbildung und auch – da gebe ich Ihnen völlig
echt, Frau Schewe-Gerigk – mit der Frauenerwerbs-
uote zu tun. Wer an welcher Stelle auch immer die Dis-
ussion darüber führt, dass die Lebenserwartung ein Kri-
erium für das Renteneintrittsalter sein könnte, der

üsste gleichzeitig sagen, dass Frauen aufgrund ihrer
öheren Lebenserwartung höhere Rentenbeiträge zahlen
üssten. Um es ganz deutlich zu sagen: Ich halte eine

olche Diskussion für absoluten Unfug und nicht ziel-
ührend.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Dr. Ralf Brauksiepe [CDU/CSU] – Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist die These von Herrn Lauterbach!)


Zur Frage, ob man das Renteneintrittsalter nicht nach
er Arbeitsbelastung und damit branchenspezifisch re-
eln sollte, sage ich – Herr Brauksiepe hat schon sehr
eutliche Worte dafür gefunden –: Die Erwerbsminde-
ungsrente ist ein gutes Instrument. Wir sollten aller-
ings angesichts dessen, dass wir den Menschen mehr
bverlangen müssen, darüber nachdenken, ob wir bei
iesem Instrument nicht noch an der einen oder anderen
telle nachsteuern sollten. Darum würde ich in der Dis-
ussion, die jetzt ansteht, werben.

Die Initiative „50 plus“ geht mit einem höheren Ren-
eneintrittsalter einher; das ist deutlich gesagt worden.

ir sollten das kommunizieren, damit die Menschen
eine Angst bekommen.

Ich danke.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1601611600

Das Wort hat nun Kollege Marco Wanderwitz, CDU/

SU-Fraktion.


Marco Wanderwitz (CDU):
Rede ID: ID1601611700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der

itel dieser von der PDS beantragten Aktuellen Stunde
ommt zwar recht harmlos um die Ecke. Er lautet: „Hal-
ung der Bundesregierung zu den sozialen Auswirkun-
en der Erhöhung des gesetzlichen Renteneintrittsal-
ers“. Wenn man sich diesen Titel aber im Kontext der
ussagen von der linken Seite dieses Hauses zu diesem
hema anschaut – ähnliche Aussagen wurden leider
uch heute wieder gemacht –, stellt man fest: Es sieht
anz anders aus. Ihnen geht es nicht darum, konstruktiv
n der seit Jahrzehnten überfälligen Debatte zur Siche-
ung der sozialen Systeme mitzuarbeiten. Ihnen geht es






(A) )



(B) )


Marco Wanderwitz
um eines: Sie wollen den sozialen Unfrieden und den
Neid in unserem Land schüren, um Ihr politisches Über-
leben zu sichern.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Sie schaden damit unserem Land und mittelfristig nützen
Sie nicht einmal Ihrer eigenen Klientel.

Die Debatte über die Zukunft der sozialen Siche-
rungssysteme ist seit Jahrzehnten überfällig. Lange Jahre
wurde sie tabuisiert. Verantwortungsbewusste Politiker
wurden von allen Seiten, von der Politik und von Lobby-
gruppen, die Besitzstände wahren wollen, angefeindet.
Es gab sie, die Rufer im Walde. Niemand darf sich heute
beschweren, dass wir, wenn alles viel früher gemacht
worden wäre, heute nicht diese Auswirkungen hätten. Es
gab eben lange Jahre keine Mehrheiten dafür in diesem
Land. Auch ein Kartell der Desinformation der Men-
schen stand zusammen.

Nun endlich wird in unserem Land breit darüber dis-
kutiert, dass die sozialen Sicherungssysteme kollabie-
ren – und der gesamte Staatshaushalt gleich mit. Auslö-
ser der Debatte ist wohl der aktuelle Handlungsdruck
durch die hohe strukturelle Arbeitslosigkeit und deren
Folgen für die Umlagesysteme.

Mir ist aber an dieser Stelle genauso wichtig, auf die
anstehenden demografischen Probleme hinzuweisen.
Wenn die geburtenstarken Nachkriegsjahrgänge ver-
stärkt das Rentenalter erreichen, wird das derzeitige Pro-
blem uns allen wie ein laues Sommerlüftchen vorkom-
men. Man kann über dieses Thema sachlich diskutieren,
obgleich es großes Verhetzungspotenzial hat. Das erfor-
dert aber Verantwortungsbewusstsein für das Gemein-
wesen. Genau das erwarte ich hier im Deutschen Bun-
destag von jedem Einzelnen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich möchte die Gelegenheit nutzen, einige Worte zur
Darstellung des Ernstes der Lage zu verwenden. Dazu
möchte ich aus dem Bericht des Bundesrechnungshofs
zur Wirtschaftsführung des Bundes für 2004 und 2005,
uns im Dezember 2005 zugegangen, zitieren:

Erstmals in der Geschichte des Bundeshaushalts
entfällt mehr als die Hälfte des veranschlagten
Haushaltsvolumens auf den Sozialbereich.

Weiter heißt es:

Fast 31 % der Gesamtausgaben des Bundeshaus-
halts entfallen auf den Rentenbereich. Die Renten-
leistungen des Bundes haben sich damit innerhalb
von zehn Jahren verdoppelt.


(Elke Ferner [SPD]: Es gab ja auch höhere Einnahmen, Herr Kollege!)


Zudem ist zu lesen:

Im Haushaltsjahr 2005 verschlingen die Gesamt-
ausgaben für die Alterssicherung mit rund
93 Mrd. Euro etwa die Hälfte der Steuereinnahmen
des Bundes.

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(C (D nd schließlich: Wenn nicht unverzüglich gegengesteuert wird, droht dem Bund eine weitgehende finanzielle Handlungsunfähigkeit … ch kann nicht verstehen, woran es liegt, dass man das mmer noch negieren will. Können oder wollen Sie es icht begreifen? Istzustand: Wir haben eine alternde Gesellschaft mit eit Jahrzehnten zu wenigen Kindern. Der Altersquotient ntwickelt sich dadurch ungünstig. Unsere sozialen Siherungssysteme in Form eines umlagefinanzierten Geerationenvertrages ohne kapitalbildende Elemente sind em nicht gewachsen. Die Sozialbeiträge steigen stänig. Wir tun seit Jahren zu wenig für Familien. Wir inestieren seit Jahren zu wenig in Bildung, Forschung nd Innovationen, um damit als rohstoffarmes Land die hance auf unsere künftige Teilhabe am Wohlstand eier globalisierten Welt zu wahren. (Elke Ferner [SPD]: Für wen reden Sie jetzt? Für die junge Gruppe oder für Ihre Koalition?)


tattdessen machen wir exzessiv Schulden, die die
euen Belastungen von morgen sind, und betreiben
urzfristige Haushaltsschönung mit Privatisierungserlö-
en. Stattdessen erhöhen wir ständig die konsumtiven
ozialausgaben der gegenwärtigen Generationen zulas-

en der Zukunftsfähigkeit des Landes und der zukünfti-
en Generationen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Sind Sie aus der Koalition ausgetreten, Herr Kollege?)


So geht das nicht mehr weiter. Wir brauchen eine
eue Definition von Gerechtigkeit, die sich nicht mehr
ur eindimensional auf die Ihnen bekannte Verteilungs-
erechtigkeit ausrichtet, sondern auch andere Elemente
inbezieht, insbesondere das der Generationengerechtig-
eit.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Die neue Bundesregierung hat die Herausforderungen
ngenommen und ist auf dem richtigen Weg. Wir dürfen
abei aber nicht jede ausgetretene Wegschleife mitge-
en, sondern müssen auch einmal Schneisen schlagen
nd direkte Wege gehen; ansonsten läuft uns nämlich die
eit davon und wir können das Ziel nicht mehr errei-
hen. Das kann dann eben auch einmal wehtun.

Die notwendige Ausweitung der Lebensarbeitszeit
urch die Verschiebung des Renteneintrittsalters nach
inten ist eine richtige Stellschraube, mit der man dieser
erausforderung begegnen kann. Bundesminister
üntefering hat für seinen Ansatz nicht nur die Rücken-

eckung der Kanzlerin, sondern auch die Unterstützung
er jungen Abgeordneten der CDU/CSU.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ch füge an dieser Stelle gleich hinzu: Das ist eine der
otwendigen Maßnahmen auf diesem Weg, aber nicht
ie einzige.






(A) )



(B) )


Marco Wanderwitz

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist eine Drohung!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1601611800

Ich erteile das Wort nun Kollegin Gabriele Hiller-

Ohm, SPD-Fraktion.


Gabriele Hiller-Ohm (SPD):
Rede ID: ID1601611900

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im

Koalitionsvertrag steht, dass wir das Renteneintrittsalter
auf 67 Jahre heraufsetzen wollen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das wissen wir ja jetzt!)


Jetzt macht der Arbeits- und Sozialminister Ernst und
alle sind überrascht. Mir ging es übrigens genauso, ob-
wohl ich den Koalitionsvertrag natürlich genau kenne.
Woran liegt das? Bisher war es doch so, dass viel über
die Notwendigkeit der Rentenreform lamentiert wurde
– wie auch heute hier von der Opposition –, sich aber
letztlich keiner tatsächlich an tief greifende Reformen
herangetraut hat. Franz Müntefering hat jetzt einen Para-
digmenwechsel eingeleitet. Das ist mutig; denn eines ist
klar: Mit der Heraufsetzung der Lebensarbeitszeit wird
man keine Begeisterungsstürme in der Bevölkerung aus-
lösen.

Ich glaube nicht, dass wir um eine Verlängerung der
Lebensarbeitszeit herumkommen, wenn wir unser soli-
darisches Rentensystem langfristig absichern wollen.
Natürlich gibt es Alternativen. Sie führen uns aber ent-
weder in Zielkonflikte – zwei Stichworte sind hier die
Entwicklung der Lohnnebenkosten und die Generatio-
nengerechtigkeit – oder sie sind politisch nicht durch-
setzbar.

Es ist richtig, dass wir das Thema jetzt, zu Beginn der
Legislaturperiode, anpacken und den Menschen an die-
ser wichtigen Stelle die nötige Sicherheit für ihre Le-
bensplanung geben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Noch einmal: Die Rente mit 67 gilt nicht ab morgen; sie
wird stufenweise, von 2012 bis 2029, eingeführt. Die
Menschen können sich also sehr langfristig auf die neue
Situation einstellen.

Alles deutet darauf hin, dass sich die Arbeitsmarktsi-
tuation in den kommenden Jahren entspannen wird und
wir gute Chancen haben, von der hohen Arbeitslosigkeit
herunterzukommen. Das ist ganz wichtig. Denn wenn es
uns nicht gelingt, die Perspektive gerade für ältere Men-
schen am Arbeitsmarkt zu verbessern, wird die Erhöhung
des Rentenalters wenig Akzeptanz in der Bevölkerung
finden, und das zu Recht. Es ist doch nachvollziehbar,
wenn die Menschen sagen: Wenn ich heute über 50 bin
und arbeitslos werde, dann bin ich weg vom Arbeits-
markt. Wenn ich nun auch noch zwei Jahre länger arbei-
ten soll, dann bin ich ja zwei Jahre länger arbeitslos und
werde eine noch kleinere Rente erhalten. – Eine Politik
nach dem Motto „Rentenalter rauf und das war es dann“

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(C (D eht nicht. Das wäre unsozial und käme einer Rentenkürung gleich. Deshalb machen wir das auch nicht. Wir werden parallel zur Aufstockung der Lebensareitszeit Maßnahmen zur Verbesserung der Beschäftiungssituation gerade auch für ältere Arbeitnehmerinnen nd Arbeitnehmer auf den Weg bringen – Stichwort: 50 plus“ – und damit die Rahmenbedingungen deutlich erbessern. Wir haben schon in den letzten Jahren wichige beschäftigungspolitische Weichen für ältere Arbeitehmerinnen und Arbeitnehmer gestellt. Wir haben ohnzuschüsse eingeführt, Arbeitgeber bei den Sozialeiträgen entlastet und Weiterbildungsmöglichkeiten für ltere Beschäftigte gestärkt. Unsere bisherigen Bemühungen zeigen Wirkung: Das atsächliche Renteneintrittsalter hat sich in den letzten ünf Jahren um fast ein Jahr nach hinten verschoben. Das st gut; das ist der richtige Weg. Mit der Initiative 50 plus“ werden wir weitere wichtige Schritte zur Veresserung der Arbeitsmarktchancen von Älteren vollzieen. Noch ein Wort zur privaten Altersvorsorge. Die Botchaft scheint allmählich anzukommen: Wer im Alter ut auskommen will, muss auch privat vorsorgen. Unter ot-Grün haben wir mit der Riesterrente ein wirkungsolles Instrument zur Stärkung der privaten Altersvororge geschaffen. Die aktuellen Zahlen belegen: Die iesterrente wird immer besser angenommen. Bis heute urden knapp 5 Millionen geförderte Verträge zur priva en Altersvorsorge abgeschlossen. Ich fasse zusammen: Wir stellen das solidarische entensystem auf gesunde Füße. Wir schlagen eine Anebung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre vor und chaffen die richtigen Rahmenbedingungen dafür, indem ir dies so ausgestalten, dass sich alle rechtzeitig darauf instellen können. Ergänzend stärken wir die private Alersvorsorge. Wir werden in den nächsten Monaten noch viel Zeit aben, ausführlich über diese Vorschläge zu diskutieren. eute war der Auftakt. Ich freue mich auf weitere spanende Debatten. Ich erteile das Wort Kollegen Klaus Brandner, SPD raktion. Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Kollegin en und Kollegen! Die Einsicht der Menschen in eutschland ist in Bezug auf die Rentenpolitik weiter ediehen, als die Politik meint. Wir alle freuen uns daüber, dass sich die Lebenserwartung positiv entwickelt at. Gleichzeitig aber wissen wir, dass durch diese wunerbare Entwicklung die Rentenlaufzeiten deutlich läner werden und damit Verpflichtungen einhergehen. Wir aben weniger Kinder und mehr Rentner, die über einen mmer länger werdenden Zeitraum Rente beziehen. Ein Klaus Brandner weiterer entscheidender Faktor ist, dass es weniger Beitragszahler und eine Stagnation bei den Löhnen gibt. Diese Situation erfordert von uns allen Reformbereitschaft und den Willen, diese auch umzusetzen. Populismus und Angstmacherei sind hier die völlig falsche Botschaft; dies dürfen wir den Menschen in unserem Land nicht vermitteln. Lassen Sie mich ganz bewusst sagen: Von einer zunehmenden Altersarmut, von der in diesem Zusammenhang oft genug gesprochen wird, kann hier keine Rede sein. Die Einkommensund Vermögenssituation gerade der Älteren ist vergleichsweise günstig. Seit 1998 ist das Armutsrisiko für Ältere rückläufig; die Rentenreform hat dazu beigetragen. Die soziale Grundsicherung, die wir eingeführt haben, hat ein Übriges geleistet. Ausweislich des Armutsund Reichtumsberichts ist das Risiko der Einkommensarmut für diese Gruppe zwischen 1998 und 2003 von 13,3 Prozent auf 11,4 Prozent gefallen und liegt damit deutlich niedriger als bei der Gesamtbevölkerung. Wenn wir uns ernsthaft über dieses Thema unterhalten, müssen wir auch darauf hinweisen, dass für die Gruppe der 16bis 24-Jährigen viel eher ein Armutsrisiko besteht. Wenn wir eine wirklich solidarische Gesellschaft gestalten wollen, müssen wir heute die Bedingungen für die jungen Menschen gestalten, damit diese nicht im Alter von Armut betroffen sind. Heute wird die Debatte über die Rente immer im Zusammenhang mit den Ängsten bezogen auf den Arbeitsmarkt geführt. Die Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt sind heute ungünstig; das kann keiner leugnen. Aber „Rente mit 67“ ist ein Thema, das uns mindestens 23 Jahre begleitet. Deshalb ist es nicht verantwortungsbewusst, die jetzige Arbeitsmarktsituation zu nutzen und die Angst der Menschen, die sich auf eine Veränderung einstellen müssen, zu instrumentalisieren, um sein eigenes politisches Süppchen zu kochen. Verantwortungsbewusst ist es vielmehr, daran zu arbeiten, wie der Verbleib in Arbeit und die Bedingungen bei der Arbeit verbessert werden können. Da haben wir viel zu tun. Wir wissen, dass die Altersquote in den Betrieben in Deutschland im europäischen Vergleich unterdurchschnittlich ist. Wir wissen, dass die Unternehmen in der Vergangenheit einen großen Fehler begangen haben, indem sie sich von Fachkräften gelöst haben. Wir wissen, dass die Gewerkschaften dadurch, dass sie Regelungen mitgetragen haben, die nicht den Verbleib, sondern den Ausstieg aus dem Arbeitsverhältnis – auch wenn er gut gemeint war – zum Inhalt hatten, den Fachkräftemangel mitverantworten. Wir wissen, dass wir bezüglich der systematischen Weiterbildung große Mängel in diesem Land haben. Deshalb haben wir Sozialdemokraten zusammen mit der CDU/CSU dafür gestritten, dass wir dem lebenslangen Lernen im Koalitionsvertrag e d t x v t g s s T s z d d e D P l r v v b d V d r d w d l s a (C (D in wesentliches Augenmerk widmen. Wir wollen dies urch gesetzlich geschützte Lebensarbeitszeitkonten unerstützen, damit Instrumente zur Umsetzung in die Prais organisiert werden. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall der Abg. Iris Gleicke [SPD])


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1601612000
Klaus Brandner (SPD):
Rede ID: ID1601612100




(A) )


(B) )


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Es muss uns darum gehen, die Qualität der Arbeit zu
erbessern und die Belastungen zu reduzieren. Eine in-
elligente Zielrichtung kann doch nur sein, die Bedin-
ungen jetzt zu verbessern, statt gesundheitliche Ein-
chränkungen später durch Zulagen auszugleichen. Es
ollte nicht so sein, dass finanzielle Zulagen – sei es im
arifgeschehen, sei es im Arbeitsmarktprozess – für Er-
chwernisse geleistet werden. Wir müssen die Arbeits-
eit verkürzen, damit die Belastungen geringer werden,
amit die Zahl der Erwerbsunfähigkeitsrenten sinkt und
amit man gesund und in Würde das Renteneintrittsalter
rreicht.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


eshalb unterstützen wir Programme, die genau diesen
rozess organisieren. Eines ist die Initiative „Neue Qua-

ität der Arbeit“.

Ich finde, es wäre des Schweißes der Edlen wert, da-
an zu arbeiten, gleitende Übergänge aus dem Arbeits-
erhältnis wieder zu einem Thema zu machen und zu
ermeiden, dass – im Jahr 2029 – inklusive Überstunden
is zu einem Alter von 67 Jahren gepowert wird, um
ann auf null zu fahren. 2012 soll der erste Schritt der
erlängerung der Arbeitszeit um einen Monat stattfin-
en. Wir haben also Zeit, eine inhaltliche Debatte da-
über zu führen und die Voraussetzungen zu schaffen,
amit die Humanität im Arbeitsleben an Bedeutung ge-
innt. Das wünsche ich mir statt einer Debatte, mit der
en Menschen Angst gemacht wird, ab 2012 langsam
änger arbeiten zu müssen, damit ein soziales Rentenver-
icherungssystem erhalten werden kann.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Klaus Uwe Benneter [SPD]: So spricht ein IG Metaller!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1601612200

Die Aktuelle Stunde ist beendet.

Ich rufe nun die Tagesordnungspunkte 16 a bis 16 d
uf:

a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Erich G.
Fritz, Laurenz Meyer (Hamm), Dr. Christian
Ruck, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der CDU/CSU sowie der Abgeordneten
Dr. Ditmar Staffelt, Dr. Sascha Raabe, Dr. Rainer
Wend, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
der SPD

Erfolgreichen Abschluss der laufenden Doha-
Welthandelsrunde bis Ende 2006 sicherstellen

– Drucksache 16/556 –






(A) )



(B) )


Vizepräsident Wolfgang Thierse
b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Gudrun
Kopp, Hellmut Königshaus, Hans-Michael
Goldmann, weiterer Abgeordneter und der Frak-
tion der FDP

Multilaterales Handelssystem retten – WTO
stärken

– Drucksache 16/564 –

c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Ulla
Lötzer, Hüseyin-Kenan Aydin, Heike Hänsel,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
LINKEN

WTO-Liberalisierungsrunde stoppen

– Drucksache 16/449 –

d) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-
richts des Ausschusses für Wirtschaft und Tech-
nologie (9. Ausschuss) zu dem Antrag der Abge-
ordneten Cornelia Behm, Dr. Thea Dückert,
Bärbel Höhn, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

Hongkong als Zwischenschritt einer fairen
und entwicklungsorientierten Welthandels-
runde

– Drucksachen 16/86, 16/572 –

Berichterstattung:
Abgeordneter Dr. Ditmar Staffelt

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Stunde vorgesehen. – Ich höre keinen
Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem
Kollegen Erich Fritz, CDU/CSU-Fraktion.


Erich G. Fritz (CDU):
Rede ID: ID1601612300

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen

und Kollegen! Das Ergebnis der 6. WTO-Ministerkonfe-
renz in Hongkong ist aus Sicht der CDU/CSU-Fraktion
sicherlich nicht ein Gipfel des multilateralen Prozesses,
aber ein zufrieden stellendes Ergebnis. Der WTO-Pro-
zess geht weiter; er ist nicht ins Stocken geraten. Es gibt
die Chance, im Jahr 2006 zu einem Abschluss zu kom-
men. Das ist eine gute Meldung.

Der Anspruch, die Doharunde abzuschließen und da-
raus eine Entwicklungsrunde zu machen – sie heißt ja
schließlich Doha-Entwicklungsrunde –, ist in Hongkong
zu einem guten Stück eingelöst worden. Es ist gelungen,
für die ärmsten Entwicklungsländer zoll- und quoten-
freien Zugang zu den Märkten der Industrieländer zu
vereinbaren; das ist jedoch noch nicht beschlossen. Es
gibt Zusagen für „Aid for Trade“ und den geplanten Ab-
bau der Baumwollsubventionen. Diese Forderungen sind
in dem Entwicklungspaket zusammengefasst und brin-
gen erhebliche Erleichterungen, sowohl im Verhältnis
zwischen den Industrieländern und den Entwicklungs-
ländern als auch im Rahmen des südlichen Handels, also
zwischen den Entwicklungsländern. Wenn die Schwel-
lenländer in vergleichbarer Weise mitziehen, ist das für
die Entwicklungsländer ein wichtiger Schritt.

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(C (D Es bleiben viele Hürden. Um tatsächlich zu einem bschluss kommen zu können, muss sich bis Ende April ieses Jahres in den Bereichen Zollsenkung – da geht es m konkrete Prozentsätze – und Subventionsabbau noch iniges tun. Alle Beteiligten wissen, dass die Doha-Weltandelsrunde in diesem Jahr abgeschlossen sein muss. ielleicht bleibt noch Zeit bis zum Beginn des nächsten ahres. Mitte 2007 aber muss sie abgeschlossen sein, eil die USA dann handelspolitisch nicht mehr hand ungsfähig sind. Als vereinfachte Bilanz der WTO-Ministerkonferenz n Hongkong könnte man zusammenfassen: Die Euroäer haben eine Reihe von Vorleistungen erbracht und eitere Zusagen gemacht, selbst aber keine Gegenleis ung erhalten. Das muss für uns Anlass sein, über die Art nd Weise nachzudenken, wie wir diesen Prozess orgaisieren. Während andere Länder alles bis zum Schluss ehr oder weniger im Verborgenen halten und dann mit eringen Gegenleistungen provozieren, ist bei uns alles ransparent. Wir neigen sogar dazu, noch vor dem Verandlungssaal unsere eigenen Interessen zu bekämpfen, icht nur dadurch, dass wir durch Nichtregierungsorgaisationen vor Ort stark vertreten sind und auch noch olche aus anderen Ländern finanzieren, sondern auch adurch, dass wir Kollegen haben, deren wichtigste Aufabe offensichtlich darin besteht, auf solchen Konferenen nicht die eigenen Interessen zu vertreten, sondern ie Interessen anderer. Diejenigen, die wie ich in diesem Bereich eine kohäente Politik und ein auf Dauer angelegtes Welthandelsystem wollen, in dem ökonomische und soziale Faktoen und Umweltbelange gleichermaßen berücksichtigt erden, müssen sich im Klaren darüber sein, dass es im ahmen der Verhandlungen um die Vertretung von har en Interessen geht. Zudem hat sich die Situation inneralb der WTO in den letzten Jahren völlig verändert. ie Gewichte haben sich verschoben. Aber das haben anche, die auf der Straße und im Internet unterwegs ind, noch nicht gemerkt. Es handelt sich nicht mehr um marginale, nicht orgaisierte und deshalb auch nicht verhandlungsfähige Läner, die am Verhandlungstisch vertreten sind und inneralb der WTO die Mehrheit bilden. Im Gegenteil: Diese änder haben schnell dazugelernt. Sie haben sich zuammengetan – nicht nur zur G-20-Gruppe, sondern, enn es um andere Themen geht, auch in anderen Grupierungen –, ungewöhnlich schnell an Kompetenz geonnen und sind nun bereit und willens, ihre Interessen anz deutlich zu vertreten. Wir müssen das ins Kalkül iehen und unsere Interessen genauso klar vertreten. Die USA haben es vermieden, auf der Konferenz Zueständnisse zu machen. Dadurch haben sie keine Nacheile erlitten. Aber durch ihre Signale haben sie vielleicht ie Fortsetzung des Prozesses ermöglicht. Nun müssen ie bis April dieses Jahres deutlich Stellung beziehen: ur Nahrungsmittellieferung, zur indirekten Subventioierung im Agrarbereich usw. Dann müssen auch die orleistungen, die die Europäer erbracht haben, hono iert werden. Erich G. Fritz (Beifall der Abg. Ingrid Fischbach [CDU/ CSU])


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


Die Entwicklungsländer und die Schwellenländer
sind ohne Zweifel die Gewinner der Konferenz. Das
WTO-Entwicklungspaket mit seinen Zusagen im Agrar-
bereich ist ein deutliches Signal dafür. Man hätte sich
auch ein anderes Ergebnis vorstellen können, aber das ist
bei solchen Verhandlungen immer so. Ich denke, dass
Deutschland bzw. Europa einen wirklich wichtigen Bei-
trag zur Fortsetzung dieses multilateralen Prozesses ge-
leistet hat. Auf diesen multilateralen Prozess werden
große Hoffnungen gesetzt; denn viele meinen, im Rah-
men der WTO in mehrere Themen gleichzeitig Bewe-
gung bringen zu können. Machen wir uns also nichts
vor: Die Frage, ob ein Abschluss dieser Runde erreicht
wird oder nicht, hat ganz wesentlichen Einfluss darauf,
ob die Fortsetzung dieses Prozesses gefährdet ist und er
vielleicht sogar zum Stillstand kommt.

Die Konsequenzen hätten übrigens nicht nur die star-
ken Industrieländer, sondern in zunehmendem Maße
– man muss nur nach Asien schauen – auch die Schwel-
lenländer zu tragen, da ihr Vorgehen bilateral und regio-
nal geprägt ist und sie ihr Heil dort suchen, wo sie im
Rahmen von Einzelvereinbarungen Vorteile für sich er-
zielen können. Dabei handelt es sich um Regelungen,
von denen immer der Stärkere profitiert, weil dort anders
entschieden wird als im multilateralen Bereich und ein
Schutz kleinerer Länder nicht existiert.

Deutschland muss auch weiterhin substanzielle
Marktöffnungen der Schwellenländer und weitere
Liberalisierungen im Bereich der Industriegüter und
Dienstleistungsmärkte einfordern; denn diese Themen
berühren ein Land wie die Bundesrepublik Deutschland,
in dem der Anteil des Exports am Bruttoinlandsprodukt
40 Prozent beträgt, existenziell. Bei allen Neigungen
und allen Bestrebungen, alles zu unterstützen, wodurch
die Entwicklungsländer in den multilateralen Handels-
prozess sinnvoll integriert werden, dürfen wir diese Inte-
ressen nicht vergessen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1601612400

Ich erteile nun das Wort Kollegin Gudrun Kopp,

FDP-Fraktion.


Gudrun Kopp (FDP):
Rede ID: ID1601612500

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Herren und Da-

men! Ich finde, wir sollten das Ergebnis der letzten
WTO-Konferenz in Hongkong realistisch einschätzen.
Lieber Kollege Fritz, nach meiner Einschätzung steht die
Doha-Entwicklungsrunde unter keinem guten Stern.
Wenn wir realistisch auf das Ergebnis blicken, können
wir eigentlich nur feststellen, dass das zustande ge-
brachte Ergebnis ein Minimalergebnis ist. Es ist so eben
gelungen, dass diese Konferenz nicht geplatzt ist, wie
die zuvor in Cancún. Das muss uns alle mit Sorge erfül-
len.

Dieser große Tanker WTO mit seinen 150 Mitglied-
staaten und dem Konsensprinzip ist anscheinend nur

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(C (D och schwer zu manövrieren. Die Frage ist, wie wir zu ubstanziellen Ergebnissen kommen, zu Ergebnissen, ie über das hinausgehen, was sich immer wieder auf eien Agrarpoker – ich glaube, man kann das so nennen – eduziert. Sollte es bei den Nachverhandlungen, die diees Jahr in Genf stattfinden, zu einem wirklich substaniellen Ergebnis kommen, müssen wir überlegen, ob es irklich sinnvoll ist, Mammutkonferenzen mit 6 000 Degierten abzuhalten, ohne dass tatsächlich zum Kern der robleme vorgestoßen wird. Immer häufiger sind wir it länderspezifischen Egoismen konfrontiert. So kann s eigentlich nicht weitergehen. Es ist notwendig, zu überlegen, wie wir diese multilaeralen Handelsbeziehungen stärken können; das muss nser gemeinsames Anliegen sein. Wir haben heute leen können, dass wir auch 2005 Exportweltmeister waen mit einem Volumen von mehr als 786 Milliarden uro, was verglichen mit 2004 einem Plus von 7,5 Proent entspricht. as sage ich an all diejenigen gerichtet, die das multilaerale Handelsprinzip in Deutschland immer wieder inrage stellen und es auf die Frage reduzieren: Was nützt ns das? Was haben wir als Deutsche, als Europäer von dieser onferenz mitgenommen? Ich kann nur sagen: In den achverhandlungen ist eine riesengroße Agenda abzu rbeiten. Es ist zum Beispiel notwendig, transparente egeln für Investitionen zu schaffen. Wir müssen im Be eich Good Governance, also bei der Korruptionsbeämpfung, weiterkommen. Wir brauchen dringend niedigere Zölle, für die Industrieländer genauso wie für die ntwicklungsländer. Wir brauchen weniger Zollbürokra ie. Diese Bürokratie macht in etwa 5 bis 10 Prozent des esamten Warenwertes aus. Hier gilt es eine Menge ehr zu erreichen. Dies gilt auch für die Verhandlungen ber die nicht agrarischen Produkte, NAMA, und bezoen auf TRIPS, wo es um das geistige Eigentum geht. as ist für die hoch entwickelten Länder ein ganz wich iger Punkt. Wir müssen auch die weitere Öffnung der Diensteistungsmärkte dringend voranbringen. Nach meiner ahrnehmung haben die Europäer nicht gut verhandelt. ie Zugeständnisse in der Agrarpolitik, die im Vorfeld emacht wurden – bei der Reform der Zuckermarktordung und in vielen anderen Bereichen –, waren auf der onferenz nichts mehr wert. Die Europäer haben nicht o verhandelt, dass dies ein Pfund hätte werden können. enauso verhält es sich mit dem Ende der Agrarsubven ionen. Ich habe festgestellt, dass die europäische Verandlungsführung es versäumt hat, eine nach innen und ußen tragfähige Kommunikationsund Verhandlungstrategie aufzubauen. Lieber Herr Kollege Fritz, das konnten Sie heute nicht agen, aber vielleicht sehen auch Sie es so: Es reicht Gudrun Kopp nicht, dass unsere deutschen Minister auf Stippvisite zu solchen Konferenzen kommen und nicht bis zum Ende bleiben, wenn die Verhandlungen tatsächlich wichtig werden. Es darf nicht sein, dass unser Minister bei Handelsministertreffen nicht an Bord ist. Das ist gegenüber den Verhandlungspartnern ein Zeichen dafür, dass das Interesse nicht wirklich vorhanden ist. Wir als FDP legen Wert auf eine Stärkung des multilateralen Handelssystems. Wir werden alles dafür tun, es auch in Zukunft zu unterstützen. Herzlichen Dank. Ich erteile das Wort Kollegen Ditmar Staffelt, SPD Fraktion. Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst möchte ich festhalten, dass gerade Deutschland mit seinen Interessen im Bereich der Weltwirtschaft gehalten ist, alles nur Erdenkliche und in seiner Macht Stehende zu tun, um möglichst viele Länder dieser Erde in die WTO aufzunehmen und sie sukzessive in die WTO-Standards einzufügen. Man überlege sich einmal, welchen Kraftakt es bedeutet hat, China in die WTO zu bringen und es jetzt an die Vorgaben heranzuführen, die es in der WTO gibt. Ich erinnere hier nur an das leidige Thema „Intellectual Property“, das uns bei jeder Reise nach China, bei jedem Gespräch mit den Verantwortlichen in China sowohl im Bereich der Wirtschaft als auch im Bereich der Politik beschäftigt. Ein Land wie Deutschland, das wiederum – Sie haben es richtig gesagt – an der Spitze der Exportnationen dieser Welt steht, muss natürlich bei aller Verantwortung für die Entwicklungsländer auch schauen, dass es seine Interessen gegenüber den anderen Industrienationen innerhalb der EU, die mit dem Verhandlungsmandat ausgestattet sind, aber auch gegenüber den USA und zunehmend auch gegenüber den so genannten Schwellenländern gut vertritt. Wenn wir hier von Schwellenländern sprechen, dann müssen wir sehen, dass sie sehr ambivalent definiert sind. China ist ein Schwellenland. China ist aber gleichzeitig auf dem Weg zu einer umfassenden, wirtschaftlich hoch aggressiven Macht. China ist mittlerweile mit sehr viel mehr Potenzialen ausgestattet, als es bei uns möglich ist. Im Übrigen agiert es noch auf der Plattform eines politischen Systems, das diesem Land Möglichkeiten eröffnet, die in den Ländern, die demokratisch strukturiert sind, undenkbar wären. Machen wir uns nichts vor – auch das ist hier angedeutet worden –: Deutschland muss seine Rolle finden, w s s f t d d – i k w C r D s w e m d n d w e z m r ü d ü l d v b E d I – i v S d s n G w (C (D eil sich die Kräfteverhältnisse in der Welt im ökonomichen Bereich im Moment erheblich verändern. Hier ind wir, glaube ich, gut beraten, unsere Ansprüche zu ormulieren. Die liegen eben auch im Bereich der Indusrieproduktion und im Bereich der Dienstleistungen, ie wir in das Geschehen der WTO einbringen müssen. Das alles heißt nicht, dass es nicht auch eine besonere Verantwortung für die Entwicklungsländer gibt das will ich hier ganz ausdrücklich unterstreichen –, nsbesondere für die ärmeren Entwicklungsländer. Es ann und darf nicht sein, dass alle Limits aufgegeben erden und damit diesen Entwicklungsländern die hance genommen wird, überhaupt erst eigene Struktu en aufzubauen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Erich G. Fritz [CDU/CSU]: Das sehen auch wir so!)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall des Abg. Hellmut Königshaus [FDP])


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1601612600
Dr. Ditmar Staffelt (SPD):
Rede ID: ID1601612700

(Erich G. Fritz [CDU/CSU]: Das ist wahr!)


(Beifall bei der SPD)


ies müssen wir meines Erachtens respektieren. Ich
age das auch aus einer ökonomischen Vernunft heraus,
eil nur der dauerhaft ein guter Partner sein kann, der

igene ökonomische Ressourcen entwickelt und der da-
it ein wirklicher Handelspartner unseres Landes oder

er Europäischen Union wird.


(Beifall bei der SPD)


Sie haben Recht: Das, was erreicht worden ist, ist
och nicht das, was wir uns alle vorstellen, aber es ist
och ein wichtiger weiterer Schritt in die Richtung getan
orden, den Entwicklungsländern den Zugang zu den

uropäischen Märkten zu verschaffen. Insbesondere be-
ogen auf landwirtschaftliche Produkte sei hier ange-
erkt: Deutschland hat sich bei den Partnern in Frank-

eich, in Italien und in Spanien, also den Ländern, die
ber große landwirtschaftliche Kapazitäten verfügen,
afür stark gemacht, dass in Europa die Toleranz gegen-
ber der Einführung der Produkte aus den Entwicklungs-
ändern nach Europa größer wird.

Wann immer wir in der vergangenen Wahlperiode in
en Ländern unterwegs waren, habe ich selbst darauf
erwiesen, dass sie mit Deutschland einen Partner ha-
en, der ihr Interesse respektiert, eigene Produkte in die
uropäische Union einzubringen, was insbesondere für
ie Ärmeren auch zugangs- und zollfrei geschehen soll.
ch finde, hier spielt Deutschland eine wichtige Rolle.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Gerd Müller [CDU/ CSU]: Was bekommen wir dafür?)


Ich werde Ihnen sagen, was wir dafür bekommen. Das
st auch das Anliegen, das ich eingangs ansprach: Selbst-
erständlich wollen wir damit auch erreichen, dass die
chwellen bzw. Hürden in den genannten Bereichen In-
ustrieproduktionen und Dienstleistungen weiter ge-
enkt werden. Ich habe es so verstanden, dass darum
icht nur in den letzten Jahren, sondern auch bei letzter
elegenheit in Hongkong gestritten worden ist.

Ich finde jedenfalls, dass dieser Weg, hier eine ge-
isse Balance zu finden, richtig ist, wobei ich noch






(A) )



(B) )


Dr. Ditmar Staffelt
einmal betone: Es stellt sich die Frage, wer ebenso be-
lastbar ist, wie wir es sein könnten, und wer es nicht ist.
Deshalb geht es hier immer auch um ein sehr differen-
ziertes Bild, das sich je nach dem Entwicklungsstand
einzelner Länder, mit denen wir innerhalb der WTO über
Vorzugskonditionen – so nenne ich es einmal – wegen
ihrer noch nicht entsprechenden strukturellen Entwick-
lung reden, ständig ändern muss.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, in diesem
Zusammenhang will ich auch noch einmal ein Wort zu
Ihrem Ausdruck „der große Tanker WTO“ sagen. Die
Alternative wäre ein Sammelsurium bilateraler Abkom-
men, bei dem jeder in dieser Welt täte, was er wollte,
ohne dass es die entsprechenden Auflagen gäbe, Büro-
kratie abzubauen, in die Richtung von Good Governance
zu gehen und insbesondere auch gegen Korruption und
für Transparenz einzutreten. Wenn ich sehe, was alleine
im Bereich der deutschen Entwicklungshilfe auf diesem
Wege getan wird, dann muss ich sagen, dass das eine
ganz hervorragende Arbeit ist, die nur denkbar ist, weil
wir den Fuß auch über die WTO und nicht nur über bila-
terale Abkommen der Bundesrepublik Deutschland mit
diesen Ländern in der Tür haben.

Die internationale Staatengemeinschaft spielt auch im
Bereich der Weltwirtschaft eine ganz wichtige und, wie
wir alle hoffen, auf Dauer auch demokratisierende Rolle:
Soziale Marktwirtschaft und Demokratie gemeinsam
müssen dazu führen, dass auch in diesen Ländern Pros-
perität möglich wird. Dazu wollen wir allesamt einen
wichtigen Beitrag leisten.

Ich betone an dieser Stelle noch einmal ganz aus-
drücklich: Wir wünschten uns, dass sich auch unsere
amerikanischen Freunde mal ein bisschen stärker auf
den Weg machen würden. Das, was wir bei der Baum-
wolle erleben, ist eben auch wieder nur ein kleiner
Schritt in die richtige Richtung. Man muss ein befreun-
detes Land mit einer solchen Verantwortung, wie es die
Vereinigten Staaten von Amerika darstellen, immer
wieder beim Portepee fassen und sagen: Leute, ihr könnt
Dritten nicht immer die ganz hohen Standards abfordern
und selbst minimalistisch nur das tun, was in eurem Inte-
resse liegt. – Das kann nicht die Politik eines so großen
Landes in dieser Welt bleiben. Hier brauchen wir Bewe-
gung.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Reden wir mal gar nicht über die Vorbildfunktion der
Amerikaner in Sachen Klimaschutz. Wenn ich mir das
ansehe, frage ich mich, wie ich einem kleineren Ent-
wicklungsland eigentlich vermitteln soll, dass es von
großer Bedeutung ist, etwas für das Klima und den Um-
weltschutz zu tun, während sich der große Vorzeige-
meister in allen Bereichen an nichts hält und das genaue
Gegenteil dessen tut, was von den übrigen großen Staa-
ten und Industrienationen dieser Welt getan wird.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜND D v d K a e t l g D n W a w t S w p s g f w a h t t K O l c 3 H L f e w H b W T v s (C (D NISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Klaus Uwe Benneter [SPD])


as muss klar gesagt werden. Unter Freunden lässt sich
ieles noch klarer aussprechen als gegenüber Staaten, zu
enen wir ein schwierigeres Verhältnis haben.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


laus Uwe Benneter meint, wenn ich das als Kind des
merikanischen Sektors von Berlin sage, dann will das
twas heißen.

In jedem Fall sind das Schritte in die richtige Rich-
ung gewesen. Wir alle freuen uns, dass wir schon im
etzten Jahr beim TRIPS-Abkommen zu Ergebnissen
ekommen sind. Auch das ist ein entscheidender Punkt.
ie Orientierung auf „Everything but arms“ ist ein ge-
auso wichtiger Fixpunkt in der weiteren Entwicklung.
ir haben also schon Pflöcke eingeschlagen, wenn wir

uch noch nicht die Ziele erreicht haben, die wir uns alle
ünschen.

Aus der Sicht der Wirtschaftspolitiker unserer Frak-
ion sage ich: Wir dürfen bei aller Verantwortung für die
taaten der Dritten Welt nicht vergessen, dass bei allem,
as mit WTO und Export zu tun hat, unsere Arbeits-
lätze und unsere Interessen betroffen sind. Dafür müs-
en wir in einer geeigneten Weise offensiv eintreten. Ich
laube, dafür hat jeder in der Welt Verständnis. Jeden-
alls sollten wir die WTO nicht schlechtreden, sondern
ir müssen all unseren Verstand, unser Geschick und

uch all unsere Anerkennung in der Welt einbringen,
ier als eine treibende Kraft in die richtige Richtung wei-
erzumachen.

Schönen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1601612800

Ich erteile das Wort Kollegen Hüseyin Aydin, Frak-

ion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Hüseyin-Kenan Aydin (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601612900

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe

ollegen und Kolleginnen! Nach den Zahlen der UN-
rganisation für Landwirtschaft und Ernährung, FAO,

eiden in der Welt mehr als 850 Millionen Menschen an
hronischer Unterernährung. Jährlich sterben bis zu
0 Millionen Menschen an Hunger und dessen Folgen.
inter diesen Zahlen verbirgt sich unbeschreibliches
eid; darin sind wir uns hoffentlich einig. Doch worin

indet es seine Ursachen? Fallen die Hungernden Miss-
rnten und Heuschreckenplagen zum Opfer? Die Ant-
ort lautet in aller Regel: Nein!

Tatsache ist, dass heute nicht einmal 10 Prozent der
ungernden in so genannten Katastrophengebieten le-
en. Es ist die Armut, die tötet. Über die Hälfte der
eltbevölkerung lebt von weniger als 1,72 Euro pro

ag. Es gibt genug Nahrungsmittel auf der Welt. Aber zu
iele Menschen haben schlichtweg nicht das Geld, um
ie sich kaufen zu können. Nein, die Hungertoten fallen






(A) )



(B) )


Hüseyin-Kenan Aydin
nicht Naturkatastrophen zum Opfer. Ihr Elend hat einen
Namen: Kapitalismus.


(Beifall bei der LINKEN)


Nehmen wir das Beispiel Niger, wo im vergangenen
Jahr der Hunger grassierte. Uns wurde erzählt, eine Heu-
schreckenplage sei daran schuld gewesen. In Wirklich-
keit betrug der Ernteausfall gerade einmal 11 Prozent.
Doch diese Verknappung reichte aus, um die Preise für
das Getreide in die Höhe zu treiben. Die Grundnah-
rungsmittel wurden für viele Einwohner unerschwing-
lich. Folge: Das Getreide wurde in das benachbarte Ni-
geria exportiert, wo die Kunden die höheren Preise
zahlen konnten. Das ist die Logik des freien Marktes.

Diese Logik hat eine Kehrseite. Dem unbeschreibli-
chen Elend steht ebenso unbeschreiblicher Reichtum ge-
genüber. Die drei reichsten Personen verfügen über mehr
Reichtum als alle afrikanischen Länder südlich der Sa-
hara zusammen. Ein Ölmulti wie BP macht einen Jahres-
umsatz, der hundertmal höher ist als der Staatshaushalt
des Ölförderlandes Tschad. Die neoliberale Globalisie-
rung treibt den Gegensatz zwischen Arm und Reich auf
der Welt in immer obszönere Dimensionen.

Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusam-
menarbeit und Entwicklung hat die so genannten Mil-
lenniumsziele zu seinem Leitmotiv erklärt. Das ist gut
so. Dafür werden sie unsere Unterstützung bekommen.

Ein Millenniumsziel ist die Halbierung von Hunger
und extremer Armut bis zum Jahr 2015. Leider sind wir
aber zehn Jahre, nachdem die FAO dieses Ziel zum ers-
ten Mal formuliert hat, nicht weitergekommen. Im Ge-
genteil: Seit 1995 hat sich nach Angaben der FAO die
Zahl der Hungernden um weitere 28 Millionen Men-
schen erhöht. Diese Tatsache wirft einen dunklen Schat-
ten auf die bestehende Welthandelsordnung. Die WTO
besteht seit zehn Jahren, aber der Hunger nimmt weiter
zu. Dieser Zusammenhang ergibt sich aus der Rolle, die
die WTO bislang spielt. Die WTO ist ein System, in dem
Länder gezwungen werden, Mechanismen zum Schutz
der heimischen Wirtschaft abzubauen. Die Wirkungen
sind verheerend.

Nehmen wir etwa das Beispiel Burkina Faso. Bur-
kina Faso hat seine Zölle auf Milchprodukte auf
5 Prozent gesenkt. Das hat zu dem Ergebnis geführt,
dass die einheimische Landwirtschaft gegenüber dem
exportsubventionierten Milchpulver aus Europa nicht
mehr konkurrenzfähig ist. Obwohl 10 Prozent der Be-
völkerung von Burkina Faso Milchviehhirten sind, trinkt
die Bevölkerung in der Hauptstadt Ouagadougou nur
noch Milch aus dem Pulver von Nestlé, Cowbell oder
anderen Multis.

Das ist gut für die Profite der großen Konzerne, aber
es vernichtet die Existenzgrundlage der afrikanischen
Viehhirten. Die einzige Lösung besteht darin, den Zoll
auf Milchprodukte dort wieder anzuheben.

In Kenia etwa werden auf Milcheinfuhren und andere
agrarische Produkte Zölle in Höhe von 60 Prozent erho-
ben. Doch was fordert die laufende WTO-Runde? Ent-
wicklungsländer wie Kenia haben bei landwirtschaftli-

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(C (D hen und nicht agrarischen Gütern eine pauschale ollsenkung vorzunehmen. Die Bundesregierung will uns weismachen, derzeit erhandele man eine Entwicklungsrunde. Was für eine arce! Die vorliegenden Anträge der Regierungsparteien von der FDP ganz zu schweigen – wiederholen in mootoner Weise die alte Leier: Marktöffnung, Privatisieung und Freihandel würden den Entwicklungsländern ützen. Der Punkt ist: Selbst im reichen Europa zerrüttet iese Politik den Sozialstaat und verschärft die Armutsrobleme. n Afrika zerstört diese Politik Menschenleben. Nur der Antrag der Linksfraktion macht deutlich, dass ie ganze Richtung der Welthandelspolitik falsch ist. Die rünen sagen, die WTO-Ministerkonferenz von Hongong solle ein Zwischenschritt zu einer fairen und enticklungsorientierten Welthandelsrunde sein. Bei allem espekt, liebe Kollegen: In welcher Welt leben wir? In Hongkong ging es um wirtschaftliche Interessen nd Absatzmärkte. Entwicklungspolitik ist mit der geenwärtigen Welthandelsrunde unvereinbar. Sie muss estoppt werden. Wir als Linke sind mit dieser Meinung nicht allein. ch war zusammen mit anderen Kollegen der Linksfrakion beim Weltsozialforum in Caracas. Wir wurden dort euge einer anderen Form der Globalisierung, nämlich er Globalisierung von unten. In seiner Abschlusserkläung verurteilte das Weltsozialforum die WTO-Konfeenz von Hongkong als einen Schritt zu einer umfassenen Liberalisierung der Märkte. Der antineoliberale Widerstand, der 1999 in Seattle as erste Mal eine WTO-Konferenz zum Scheitern rachte, trägt Früchte. Die Bewegung ermutigt die ärmsen Länder, sich nicht jedem Diktat der großen Mächte u beugen. Der Beschluss von Hongkong, die europäichen Exportsubventionen auslaufen zu lassen, ist ein rfolg der globalisierungskritischen Bewegung. Auch as müssen Sie zur Kenntnis nehmen. Die bitteren Pillen, die das Freihandelsregime der TO den armen Ländern verschreiben will, sind welteit längst als Verarmungsprogramm durchschaut woren. In Mali wurde das Wassersystem Gott sei Dank ieder verstaatlicht. In Burkina Faso wurde die Zer chlagung des staatlichen Eisenbahnwesens abgewendet. uch das ist gut. Auf diesen Erfolgen bauen wir auf. Zusammen mit der außerparlamentarischen Beweung – auch wenn Sie sie geißeln – gilt es nun, die von er WTO geforderte pauschale Absenkung der Zölle in en Entwicklungsländern zu stoppen. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. Kollege Aydin, das war Ihre erste Rede. Herzlichen Glückwunsch dazu und alles Gute für Ihre Arbeit. Ich erteile nun das Wort Kollegen Thilo Hoppe, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin mit einigen von Ihnen gemeinsam auf der WTOKonferenz in Hongkong gewesen. Trotz aller politischen Unterschiede herrschte in der Delegation eine angenehme, kollegiale Atmosphäre. Doch wenn ich nun die Reden höre und die Anträge lese, dann frage ich mich, ob wir auf der gleichen Konferenz gewesen sind. Keine Frage, es hat in Hongkong Licht und Schatten gegeben. Es gab kleine Ergebnisse. Einige der Ergebnisse gehen unserer Meinung nach in die richtige Richtung, zum Beispiel das definitive Auslaufen der Agrarexportsubventionen, leider erst bis 2013. Aber sehr viele Probleme sind gar nicht gelöst, sondern sind nur vertagt worden und werden nun unter enormem Zeitdruck in Genf auf die Tagesordnung kommen. Dort droht durchaus Chaos, weil der Zeitrahmen sehr eng ist. An die Adresse derjenigen, die die Rolle der Europäischen Union und der Bundesregierung sehr positiv dargestellt haben, sage ich: Ihnen wird doch nicht entgangen sein, dass in fast allen Statements der Vertreter aus den Entwicklungsund Schwellenländern die Europäische Union auf die Anklagebank gesetzt wurde. Die EU ist – teils zu Unrecht, teils aber auch zu Recht – in die Schusslinie geraten, weil sie das, was sie ohnehin aufgrund von WTO-Schiedsgerichtsurteilen tun muss, nämlich ihre Agrarexportsubventionen abzubauen, in einen Verhandlungschip ummünzen wollte nach dem Motto „Okay, als Vorleistung bauen wir unsere handelsverzerrenden und ungerechten Agrarexportsubventionen ab, aber wir machen das nur – die Frage, was wir dafür bekommen, wurde ja auch hier gestellt –, wenn ihr, die Entwicklungsund Schwellenländer, im Gegenzug dazu bereit seid, eure Zölle im Dienstleistungsund Industriegüterbereich abzubauen.“ Genau diese Verhandlungstaktik, also das, was man sowieso tun muss, wozu man bereits verurteilt ist und was sich durch nichts rechtfertigen lässt, zu einem Verhandlungschip, einem Hebel bzw. – noch drastischer ausgedrückt – einer Brechstange zu machen, um eine sehr weit gehende Liberalisierung in anderen Bereichen zu erzwingen, ist in nahezu allen Statements der Vertreter der Entwicklungsund Schwellenländer zu Recht sehr scharf verurteilt worden. Wir Grüne hatten als einzige Fraktion bereits vor der Konferenz in Hongkong einen Antrag eingebracht. Der erklärende Teil ist nun natürlich nicht mehr aktuell, wohl aber – leider – die von uns erhobenen Forderungen. Inzwischen haben auch alle anderen Fraktionen Anträge bzw. einen gemeinsamen Antrag eingebracht. Wenn man die Anträge – quasi wie im Rahmen einer Synopse – miteinander vergleicht, dann stellt man fest, dass besonders der FDP-Antrag aufgrund seiner Radikalität – das muss man Ihnen lassen – aus dem Rahmen fällt. Man k l w f – r e c I d g k s z w n u s r s d d r w s f – e F d h e s m A p k i F I s D w d d m D t D (C (D önnte ihn auf den einfachen Nenner bringen: Der Markt öst alle Probleme; je mehr Freihandel, desto besser soohl für den Exportweltmeister Deutschland als auch ür die Armen auf der Welt. Wie ich an Ihrem Beifall sehe, habe ich Ihren Antrag ichtig verstanden. – Es grenzt schon an so etwas wie ine Behauptungstheologie, ein Begriff aus dem kirchlihen Bereich, wenn man einfach schreibt: Alle empirischen Untersuchungen belegen: Die Öffnung eigener Märkte führt zu mehr Wohlstand, Bildung, Gesundheit und Rechtssicherheit. ch kenne viele andere Untersuchungen – unter anderem er UNCTAD –, die zu ganz anderen Schlussfolgerunen und zu einer sehr viel differenzierteren Sichtweise ommen. Ich selber habe mehrere Länder bereist, die ich aufgrund vorschneller, übereilter und undifferenierter Marktöffnung selber in den Ruin getrieben haben, ie Haiti, Sambia und – das Beispiel wurde schon geannt – Niger. Im Antrag der Linkspartei werden viele Probleme nd Schattenseiten der Liberalisierung zutreffend bechrieben. Aber dort fällt man nun wieder auf der andeen Seite vom Pferd und stellt unterschwellig grenzüberchreitenden Handel in einer globalisierten Welt unter en Generalverdacht, schädlich für die armen Länder ieser Welt zu sein. Die Koalition bemüht sich in ihrem Antrag um Diffeenzierung. Er enthält in der Tat viele Forderungen, die ir unterschreiben könnten. Aber die Koalition um chifft sehr elegant die Klippen vieler Interessenkonlikte. (Dr. Ditmar Staffelt [SPD]: Das ist ja die Kunst!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)





(A) )


(B) )

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1601613000

(Beifall)

Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601613100

(Beifall bei der FDP)


Ich weiß nicht, ob das eine Kunst ist. – Auch hier wird
infach eine Behauptung in die Diskussion geworfen.
ür die Wirtschaftspolitiker steht in dem Antrag, dass
ie Interessen Deutschlands als Exportweltmeister – wir
aben erst gestern vernommen, dass Deutschland wieder
inen neuen Exportrekord aufgestellt hat; die Exporte
ollen noch weiter gesteigert werden – ohne Probleme
it den Millenniumszielen, mit der Bekämpfung von
rmut und Hunger, in Einklang zu bringen seien. Das
asse alles zusammen und da würden sich überhaupt
eine Widersprüche ergeben. Das ist Schönfärberei, das
st die Soße der Harmonisierung. Das ist eine sehr gute
orderung, aber das passt nicht wirklich zusammen.

Es ist ehrlich – das tun wir auch –, über deutsche
nteressen zu sprechen, etwa über die Vereinfachung
ehr bürokratischer und sehr kostspieliger Zollverfahren.
as ist für alle Seiten von Vorteil. Aber wenn wir es
irklich mit den Millenniumszielen ernst meinen und
iese nicht nur in Sonntagsreden betonen – Halbierung
er Zahl der extrem Armen und der Hungernden –, dann
üssen wir auch über aufholende Entwicklung reden.
ann kann der Exportweltmeister nicht auf allen Gebie-

en Ehrgeiz entfalten und in alle Gebiete expandieren.
ann darf man auch nicht der Schweizer allgemeinen






(A) )



(B) )


Thilo Hoppe
Zollreduzierungsformel das Wort reden, laut der über-
all radikal die Zölle gesenkt werden sollen. Man räumt
zwar Ausnahmen für die LDCs, die allerärmsten Länder,
ein. Aber gerade bei Ländern wie zum Beispiel Kenia,
die gerade nicht mehr zu diesen allerärmsten Ländern
gehören, würde es zur Deindustrialisierung führen, wenn
man die radikale Schweizer Zollsenkungsformel anwen-
den würde. Ich bitte daher um eine differenzierte Sicht-
weise und warne vor der Soße der Harmonie.

Im Gegensatz zu den radikalen Gegnern der WTO,
die den ganzen Prozess stoppen und die WTO zerschla-
gen wollen, und zwar in einem Moment, in dem sich die
Entwicklungsländer zur G 110 zusammenschließen und
dieses Forum nutzen, um mehr Einfluss zu gewinnen,
wollen wir, dass die WTO grundlegend reformiert
wird. Sie muss sich von dem viel zu einseitigen Liberali-
sierungsdogma und dem Freihandelsprinzip, das nicht
differenziert, befreien. Sie sollte sich viel stärker mit
dem UN-System verzahnen, mit den Institutionen, die
die soziale und ökologische Dimension der Globalisie-
rung regeln wollen. Sie muss dem Leitbild – da könnte
man sich treffen – einer ökologischen und sozialen
Marktwirtschaft folgen. Dazu brauchen wir aber einen
viel stärkeren Ordnungsrahmen. Den setzt die WTO zur-
zeit nicht. Sie folgt einseitig einem Liberalisierungs-
dogma.


(Vorsitz: Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner)


Sie müsste stärker mit den anderen UN-Organisationen
verzahnt werden, mit der UNCTAD, der ILO und mit
den internationalen Umweltabkommen. Dann würde
man nicht einer Liberalisierung per se folgen, sondern
einer sozialen und ökologischen Marktwirtschaft, einer
Globalisierung mit menschlichem Antlitz. In diese Rich-
tung geht unser Antrag. Ich bitte Sie um Zustimmung.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601613200

Das Wort hat der Kollege Dr. Georg Nüßlein, CDU/

CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Georg Nüßlein (CSU):
Rede ID: ID1601613300

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Die Tatsache, dass die Medien nach den WTO-
Verhandlungen in Hongkong insbesondere in den Vor-
dergrund gestellt haben, dass diese Verhandlungen nicht
gescheitert sind, zeigt, wie schwierig das Ganze ist. Es
handelt sich in der Tat um eine Politik der kleinen
Schritte.


(Gudrun Kopp [FDP]: Das kennen Sie doch!)


Das ist etwas, was bei uns in der großen Koalition nichts
Neues ist.

Wir haben auf diese Art und Weise die Chance auf ei-
nen erfolgreichen Abschluss der Doha-Welthandels-
runde gewahrt. Wir bewegen uns in einem Spannungs-
verhältnis – das ist heute schon dargestellt worden –
zwischen Entwicklungspolitik, Landwirtschaft, Industrie

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(C (D nd Dienstleistungen. Bisher ging es schwerpunktmäßig mmer um die Frage, wer sich als erster bewegt und wer n Vorleistung geht. Deshalb ist es ein kluger Schritt, ass bei dem Ministertreffen in Davos vereinbart urde, simultan über Agrarhandel sowie über Industrie ölle und Dienstleistungen zu sprechen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


as ist der Ansatzpunkt, um das strikte do ut des zurück-
ustellen und das Ganze vielleicht etwas zu befördern.

Nun sage ich aber auch in Richtung der Opposition:
an macht es sich zu einfach, wenn man die Präsenz der
inister und das Auftreten der Deutschen kritisiert.

Wir könnten gern auch eine Debatte über unsere Ver-
andlungskompetenz führen oder darüber, wie wir auf-
estellt sind: an dieser Stelle europäisch. Vielleicht hat
nsere Nation schon viel zu viele Themen aus der Hand
egeben. Aber das wäre eine andere Debatte. Ich bin der
berzeugung, dass sich die EU an diesem Punkt ent-

cheidend bewegt hat. Was sich im Bereich der Land-
irtschaft getan hat – der Abbau von Exportsubventio-
en bis zum Jahr 2013 –, ist ebenfalls kein einfacher
chritt. Man muss sehen, dass unsere Landwirte natür-

ich einen Anspruch auf Planungssicherheit haben.

Ich komme auf das Thema „Exportinteressen und Ex-
ortnation Deutschland“ zu sprechen. Als Entwicklungs-
olitiker bitte ich, primär nach der entwicklungspoliti-
chen Weiterentwicklung zu fragen. Es geht nicht
arum, dass die armen Länder ärmer und die reichen
änder reicher werden; vielmehr müssen wir das Wohl-
tandsgefälle, das auf dieser Welt besteht, im Auge be-
alten. Das muss auch ein Anliegen der WTO sein.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)


ieses Wohlstandsgefälle gefährdet den Frieden. Ent-
icklungspolitik ist in diesem Zusammenhang eine
rage der politischen Vernunft, eine Frage der Sicher-
eitspolitik und ein Thema für jeden Christen.

Ich war vor kurzem mit Kollegen in Washington
nd habe dort den Eindruck gewonnen, dass sich die
S-Entwicklungspolitik tatsächlich in unserem Sinne
ewegt. „Staaten statt Brunnen“, „Samen statt Brot“, mit
iesen Schlagworten kann man das umschreiben, was
ich da tut. Ich hoffe, dass den Worten dann auch Taten
olgen: dass auf bloße Lebensmittelhilfen, die dem Ab-
au von Überschüssen dienen, verzichtet wird. Ich hoffe,
ass auch im Rahmen der US-Baumwollpolitik konse-
uent gehandelt wird, sodass Exportsubventionen und
nbausubventionen abgebaut werden. Dieses Thema ist
on zentraler Bedeutung für Afrika und für Schwellen-
änder wie Brasilien und Indien.

Natürlich müssen die Schwellenländer im Gegenzug
hre Märkte öffnen. Dabei tragen sie Verantwortung für
ie Entwicklung anderer. Was die ärmsten Länder an-
eht, so muss man bei der Liberalisierung differenziert
orgehen. Man muss aufpassen, dass man die zarten
flänzchen, die sich entwickeln, nicht durch eine Libera-

isierung des Marktes zerstört, und darauf achten, dass






(A) )



(B) )


Dr. Georg Nüßlein
sich die wirtschaftliche Entwicklung in den LDCs sinn-
voll vollzieht. Das muss das zentrale Anliegen der Ent-
wicklungspolitik sein, der eine wohl überlegte und aus-
gewogene Marktliberalisierung durchaus gut tut.

Mit dem, was man gewinnt, muss man einen Beitrag
zur Reduzierung von Armut leisten. Das gelingt nur
dann, wenn man darauf dringt, dass Sozial- und Umwelt-
standards eingeführt werden und dass so etwas wie länd-
liche Entwicklung stattfindet. Dabei geht es um die so
genannte Stadt-Land-Verteilung: In den entsprechenden
Ländern tut sich in den Städten, was Armutsbekämpfung
angeht, leider mehr als auf dem Land. Good Gover-
nance, so lässt sich zusammenfassen, ist der entschei-
dende Ansatzpunkt für die Entwicklungspolitik der Zu-
kunft.

Noch einen Satz zum Kollegen Aydin von der linken
Seite, den ich vorhin zwar gehört, aber nicht vollständig
verstanden habe. – Mir hat vor kurzem jemand die reich-
lich naive Frage gestellt: Sind Sie eigentlich für oder ge-
gen die Globalisierung? – Ich habe ihm mit einer Gegen-
frage geantwortet: Sind Sie eigentlich dafür oder
dagegen, dass die Zeit voranschreitet?


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Wow!)


Die Realitätsverweigerung, die da links stattfindet,
schlägt sich auch in Ihrem Antrag „WTO-Liberalisie-
rungsrunde stoppen“ nieder. Es gibt an der Stelle keine
Alternativen. Die wirtschaftspolitischen Ansätze und die
Kompetenz dieser Seite kennen wir zur Genüge; wir ha-
ben sie beim Scheitern der DDR am Schluss erlebt.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Karl Addicks [FDP]: Nennen Sie sie ruhig beim Namen! – Zurufe von der LINKEN: Haben Sie noch ein zweites Argument? – Sehr kreativ!)


– Nein, nein, hier geht es um etwas anderes.


(Dr. Karl Addicks [FDP]: Nennen Sie sie beim Namen!)


– Ja, gut. „SED-Nachfahren“ sage ich an der Stelle.
Wenn man sich vor Augen führt, was von dort gerade
zum Thema Weltwirtschaft vorgetragen worden ist, kann
man auch nichts anderes sagen als: Das ist der Rück-
schritt in den Sozialismus, nichts anderes.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Karl Addicks [FDP])


Den haben Sie hier heute gefordert. Offenbar meinen Sie
es auch wirklich so.

Im Übrigen würde die Kolleginnen und Kollegen
auch interessieren, Herr Aydin, was auf Ihrem Schal
steht. Wir wissen nicht, ob das eine Provokation sein
soll.

Wir müssen einen Weg suchen, mit der Globalisie-
rung umzugehen, sodass möglichst viele davon profitie-
ren und damit leben können. Dafür ist die WTO ein ent-

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(C (D cheidender Ansatzpunkt, zu dem es keine Alternative ibt. Vielen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Walter Kolbow [SPD])



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601613400

Nächster Redner ist der Kollege Hellmut Königshaus,

DP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Hellmut Königshaus (FDP):
Rede ID: ID1601613500

Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Schon gestern Abend hat uns der Antrag der
roßen Koalition zur Doha-Runde erreicht. Diejenigen,
ie so Anträge stellen, würde man in der Kirche – um es
it dem Kollegen Hoppe zu sagen, der das auf eine the-

logische Ebene gehoben hat – „Spätberufene“ nennen.

Die inhaltliche Bewertung hat uns heute Morgen der
ollege Meyer gegeben. Er hat gesagt, gute Anträge er-
enne man daran, dass der zuständige Minister da sei.
ie können daran also die Bewertung Ihres eigenen An-

rags erkennen. Auch der Kollege Meyer, der in dem An-
rag als Zweiter genannt ist, ist nicht da. Sie können da-
an sehen, wie tief Sie das Thema auch inhaltlich schon
urchdrungen haben.


(Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Wer ist als Dritter genannt?)


Zur Sache selbst steht auch nichts Neues darin. Ein
isschen findet sich zur Agrarwirtschaft. Es ist positiv,
ass auch Sie das erkennen. Das unterscheidet Ihren An-
rag von den Anträgen der anderen Fraktionen.

Die Grünen schreiben in ihrem Antrag, Handelslibe-
alisierung sei kein Selbstzweck. Jawohl! „Heureka!“
ill man rufen; endlich haben sie begriffen, dass es kein
elbstzweck ist. Aber sie haben es nicht begriffen. Sie
aben insbesondere nicht begriffen, dass Handelslibera-
isierung die Voraussetzung für jeden Fortschritt, für die
ntwicklung und auch für Wohlstand ist.


(Beifall bei der FDP)


Was war die Grundlage dafür, dass wir, nachdem das
and am Boden lag, wieder Wohlstand errungen haben?
as war die damalige Welthandelsliberalisierung, von
er wir ganz besonders profitiert haben, indem wir die
olkswagen exportieren konnten usw. Davon leben und
rofitieren wir bis heute.


(Beifall bei der FDP)


as Gegenteil dieser globalisierungskritischen Thesen
st also richtig. Die Öffnung eigener Märkte führt zu

ohlstand, Bildung, Gesundheit und Rechtssicherheit,
nd zwar überall auf der Welt, auch und gerade in den
ntwicklungsländern.

Wenn ich das richtig verstanden habe, Herr Kollege
ydin, möchte die Linke offenkundig den Welthandel
leich ganz einstellen,






(A) )



(B) )


Hellmut Königshaus

(Hüseyin-Kenan Aydin [DIE LINKE]: Das habe ich nicht gesagt!)


um, wenn ich das einmal zitieren darf, „Importfluten“ zu
verhindern. Entwicklungsländer, so sagen Sie, bräuchten
die Zölle, um sich durch die Einnahmen zu finanzieren.
Dazu kann ich nur sagen: Heilige Einfalt! Um wie viel
höher wären denn die Einnahmen dieser Länder, wenn
sie auf solche Zölle verzichteten und sich endlich dem
freien Handel öffneten, und zwar auch zwischen den
Entwicklungsländern? Alles dies sagen Sie nicht.


(Beifall bei der FDP)


Interessant ist auch, dass nach Ihrer Analyse vom
Welthandel offenbar überhaupt niemand mehr profitiert,
sondern langfristig alle verarmen. Da fehlen einem
schon die Worte. Früher hatten Sie in Ihrem Weltbild
wenigstens noch Schurken. Jetzt haben Sie nur noch
Deppen. Das ist wirklich unter Ihrem ideologischen Ni-
veau, meine Damen und Herren.


(Heiterkeit und Beifall bei der FDP und der SPD)


Auch die Grünen sind sehr apart. Sie fordern, Han-
delshemmnisse abzuschaffen – das finde ich sehr nett –,
aber nur für Umwelttechnologie und Umweltdienstleis-
tungen. Warum eigentlich nur dort? Überall – das ist das
Gebot der Stunde – müssen wir den Freihandel verstär-
ken.

Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss. – Wir mei-
nen, dass für den Handel freie Bahn geschaffen werden
soll. Damit ermöglichen wir Wohlstand und Prosperität,
nicht durch Gängelei und kleinlichen Aufbau von Han-
delshemmnissen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601613600

Nächster Redner ist der Kollege Sascha Raabe, SPD-

Fraktion.


Dr. Sascha Raabe (SPD):
Rede ID: ID1601613700

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Lieber Kollege Königshaus, Sie haben gerade
gesagt, gute Anträge erkenne man daran, dass ein Minis-
ter anwesend sei. Unsere Ministerin Heidemarie
Wieczorek-Zeul ist anwesend. Das zeigt Ihnen, dass un-
ser Antrag und unsere Ministerin gut sind.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Gabriele Groneberg [SPD]: Wo du Recht hast, hast du Recht!)


Es geht hier nicht – daran sollten wir uns erinnern –
um einen rein wirtschaftspolitischen Antrag, für den nur
die Wirtschaftspolitik zuständig wäre. Ein wichtiges Zei-
chen dafür ist, dass auch unsere Ministerin für wirt-
schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung anwesend
ist. Die Doha-Handelsrunde ist eine Entwicklungsrunde.
Dieser Anspruch ist bei den Wirtschaftsmächten im
September 2001, nach den Anschlägen auf das World
Trade Center, entstanden – zu Recht, hatte man doch das

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(C (D efühl: Terrorismus in dieser Welt kann auch etwas dait zu tun haben, dass manche nicht viel zu verlieren ha en. Arme Menschen sind für Extremismus und für enschen, die sie für ihre Zwecke missbrauchen, anfäl iger. An diesem Anspruch einer Entwicklungsrunde müsen wir auch die laufenden Verhandlungen und ihr Erebnis messen. Es ist eigentlich traurig, dass immer erst ie Angst um uns selbst uns dazu bringt, solche Themen rominent auf die Agenda zu setzen. Vorhin haben wir m Deutschen Bundestag über die geplante Erhöhung es gesetzlichen Rentenalters von 65 auf 67 Jahre diskuiert, weil wir Deutschen zum Glück immer älter werden nd ein Lebensalter von 90 oder gar 100 Jahren mittlereile keine Ausnahme mehr ist. In Teilen Afrikas liegt ie durchschnittliche Lebenserwartung bei 40 Jahren. rmut, Mangelernährung, einfachste Krankheiten, HIV nd Aids lassen die Menschen früh und elendig sterben. iese Menschen wären froh, wenn sie unsere Probleme ätten. ort geht es nicht um die Rente ab 65, sondern um das berleben von Geburt an. Wenn 30 000 Kinder täglich n den Folgen von Hunger und Armut, an vermeidbaren rankheiten sterben, dann ist es höchste Zeit, dass wir in llen Politikbereichen sehen, was man dagegen tun kann. azu gehört nicht nur die klassische Entwicklungshilfe; enn es geht nicht darum, nur Almosen an Menschen zu erteilen. Die Menschen müssen in die Lage versetzt erden, sich selbst zu helfen. Dafür brauchen wir gerechte Handelsbedingungen. rei Viertel der ärmsten Menschen leben im ländlichen aum und von der Landwirtschaft. In Westafrika hängt as Leben von 15 Millionen Kleinbauern von der Baumollproduktion ab. In Europa und den USA hingegen ibt es nur ein paar Tausend Baumwollfarmer. Trotzdem rhalten diese vergleichsweise wenigen Baumwollfarer 5 Milliarden US-Dollar an Subventionen pro Jahr. n den USA wird so jedes Kilo Baumwolle mit 50 Cent ubventioniert, während in Benin, in Afrika, ein Farmer ur 40 Cent pro verkauftes Kilo Baumwolle erhält. Da st es doch ganz klar, dass diese Menschen keine Chance aben, ihre Produkte auf dem Weltmarkt zu verkaufen. Deswegen müssen wir das Thema Baumwolle weiter uf die Tagesordnung setzen. Es war Heidemarie ieczorek-Zeul, die das Thema in Cancún 2003 nach orne gebracht hat. Dafür möchten wir der Ministerin on hier aus ganz herzlich danken; denn da geht es um ebenschancen für die ärmsten Menschen auf dieser rde, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Thilo Hoppe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


(Gabriele Groneberg [SPD]: Richtig!)


Während fast die Hälfte der Menschheit von weniger
ls 2 US-Dollar pro Tag leben muss, wird jede Kuh in
uropa mit mehr als 2 US-Dollar pro Tag subventioniert.
ber – auch das muss man sagen – nachdem die Konfe-

enz in Cancún im Jahr 2003 noch an diesen Agrar-
xportsubventionsfragen gescheitert ist, hat die






(A) )



(B) )


Dr. Sascha Raabe
Europäische Union aus ihren Fehlern ein Stück weit ge-
lernt. Mit Unterstützung des Deutschen Bundestages
durch die Beschlüsse in der letzten Legislaturperiode,
aber auch durch das Engagement unserer Bundesregie-
rung, nicht zuletzt in Genf im Juli 2004, hat man sich
erstmals darauf geeinigt, die Exportsubventionen auslau-
fen zu lassen. langes Ringen. Schließlich hat man ein
Datum für das Ende der Agrarexportsubventionen fest-
gelegt.

Frau Kopp, Sie haben den Einsatz der Minister be-
mängelt. Ich will Ihnen sagen, dass Frau Wieczorek-
Zeul vor Ort war und dass sie für das Ende der Baum-
woll- und Agrarexportsubventionen gekämpft hat. Ich
bin froh, dass die Bundesregierung ihr Ziel erreicht hat
und man übereingekommen ist, die Agrarexportsubven-
tionen bis 2013 endgültig abzuschaffen.

Ich mache keinen Hehl daraus, dass dieser Zeitpunkt
aus entwicklungspolitischer Sicht natürlich etwas früher
eintreten könnte. Auf der anderen Seite haben wir jahr-
zehntelang diese Forderung erhoben. Man sollte daher
das, was erreicht worden ist, würdigen. Die Baumwoll-
exportsubventionen sollen bereits ab diesem Jahr gestri-
chen werden. Leider sind die internen Baumwollstützun-
gen davon nicht betroffen, die ein Vielfaches ausmachen
und für die wir jetzt noch Regelungen finden müssen.

Ebenso positiv ist es, dass wir die USA und Schwel-
lenländer wie Brasilien dazu gebracht haben, den ärms-
ten Entwicklungsländern im Rahmen der Initiative
„Alles außer Waffen“ den quoten- und zollfreien
Marktzugang einzuräumen. Hier gibt es noch eine 3-Pro-
zent-Ausnahmeregelung. Diese Lücke hätten wir gerne
geschlossen, damit davon am Ende nicht gerade die Pro-
dukte betroffen sind, die für Entwicklungsländer beson-
ders wichtig sind. Es ist trotzdem ein Fortschritt, dass
wir diese Regelungen haben.

Vor Hongkong haben wir auch noch eine Einigung
bei TRIPS erreicht, nach der die ärmeren Länder einen
verbesserten Zugang zu Generika haben. Die Idee, Pa-
tienten und nicht Patente zu schützen, hat sich durchge-
setzt. Das ist ein Meilenstein im Kampf gegen die Aids-
Pandemie. Diesen Fortschritt können wir gar nicht hoch
genug einschätzen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir haben es in Hongkong mit dem „Aid for Trade“-
Paket geschafft, die Handelsinfrastruktur der Entwick-
lungsländer zu stärken. Auch wenn ein Kollege vorhin
meinte, dass die Handelskapazitäten der Entwicklungs-
länder schon ausreichen, muss ich sagen: Es gibt noch
viele Entwicklungsländer, die zusätzliches Know-how
brauchen, um bei den Verhandlungen mitreden zu kön-
nen. Die Bundesregierung leistet hier eine der höchsten
Beitragszahlungen im internationalen Bereich. Auch das
ist ein wichtiger Schritt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Was ist jetzt noch zu tun? Beim Marktzugang haben
wir – das betrifft nicht nur Deutschland – in Bezug auf

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(C (D ie Schwellenländer und auf die Entwicklungsländer och viel Nachholbedarf. Was für die ärmsten Entwickungsländer im Rahmen des „Alles außer Waffen“bkommens erreicht wurde, darf nicht darüber hinweg äuschen, dass die 50 ärmsten Länder nur das Handelsolumen von Korea haben. Man muss also auch den etas weiterentwickelten Ländern die Möglichkeit des arktzugangs geben. Ich glaube, in diesem Punkt und uch hinsichtlich der internen handelsverzerrenden grarsubventionen müssen wir noch zu Nachbesserunen kommen. Ich will nun auf die Anträge der anderen Fraktionen ingehen. An dem Antrag der Grünen zu diesem Thema kann ch nicht viel kritisieren, weil es sich um einen alten Anrag handelt, den wir schon beschlossen hatten. Er ist ber nicht mehr auf dem neuesten Stand. Deswegen halen wir unseren neuen Antrag für besser. Zum Antrag der Linkspartei. Natürlich macht es Proleme – in diesem Punkt unterscheiden wir uns ja auch on der FDP –, wenn man alle Zölle der Entwicklungsänder sozusagen absägt. Deswegen ist in Hongkong ereinbart worden – so steht es auch in unserem Koaliionsantrag –, dass wir den Entwicklungsländern je nach ntwicklungsstand die Möglichkeit geben wollen, die igene Industrie und den landwirtschaftlichen Bereich zu chützen. Aber, Herr Kollege Aydin, was mich an Ihrem ntrag wirklich aufregt, ist, dass Sie in dem Teil über en Agrarsektor lediglich schreiben, man müsse die xportsubventionen abschaffen, die eigene Landwirtchaft aber weiterhin schützen. Kein Wort darüber, dass er Export von Agrarprodukten für Entwicklungsläner – auch in die USA und nach Europa – ungemein ichtig ist! Das ist typisch für Sie: links reden und imer möglichst solidarisch tun. Aber Maßnahmen, mit enen man die eigenen Wähler verprellen könnte, klamern Sie aus. Da müssen Sie einmal Farbe bekennen. ach Ihrem Weltbild müsste man alle Märkte abschotten nd die bald 9 Milliarden Menschen würden subsistenzirtschaftend auf ihren Schollen leben. Nein, das geht icht, da würden alle verhungern. Die Entwicklungsländer brauchen Handel. Nur durch andel und Marktzugang können sich Menschen entwi keln. Das sollten auch Sie einmal zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall des Abg. Erich G. Fritz [CDU/CSU])


Lassen Sie mich zum Schluss noch etwas zum Antrag
er FDP sagen. Sie schreiben in Ihrem Antrag, dass Sie
ie Umwelt- und Sozialstandards nicht festgeschrieben
aben wollen. Zum einen gibt es sicherlich die Angst der
ntwicklungsländer vor Protektionismus. Zum anderen
alten wir als Sozialdemokraten – da spreche ich auch
ür die Christdemokraten – es für ganz wichtig, dass es
ozialstandards gibt. Denn wir wollen, dass nicht nur
en Eliten in den Entwicklungsländern Handelsgewinne
ugute kommen, sondern auch den ärmsten Menschen.
eswegen und damit es auf der ganzen Welt keine Skla-






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(B) )


Dr. Sascha Raabe
ven- und keine Kinderarbeit mehr gibt, brauchen wir So-
zialstandards.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601613800

Herr Kollege, Sie müssen zum Ende kommen.


Dr. Sascha Raabe (SPD):
Rede ID: ID1601613900

Ich komme jetzt zum Ende. – Folgendes möchte ich

noch sagen: Herr Hoppe hat mit Blick auf unseren An-
trag ausgeführt, dass die Interessen Deutschlands nur
schwer mit den Interessen der Entwicklungsländer zu
verbinden seien.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601614000

Herr Kollege, Sie können nur noch einen Schlusssatz

sagen.


Dr. Sascha Raabe (SPD):
Rede ID: ID1601614100

Kollege Staffelt hat genau das Richtige gesagt: Wenn

wir Hunger und Armut in aller Welt überwinden, dann
hilft das uns als Exportnation, weil die Menschen nicht
mehr arm sind und sich endlich mehr als nur das tägliche
Brot, also auch unsere Produkte, kaufen können. So kön-
nen sie fair am Handel teilhaben und einen besseren Le-
bensstandard erreichen. Deswegen: Gerechter Handel
nutzt allen!

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601614200

Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege Erich

Fritz, CDU/CSU-Fraktion.


(Dr. Ditmar Staffelt [SPD]: Das federführende Ministerium drückt sich! Das ist ja peinlich!)



Erich G. Fritz (CDU):
Rede ID: ID1601614300

Liebe Frau Präsidentin! Ich habe mich extra deshalb

ein zweites Mal gemeldet, weil Sie jetzt präsidieren.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dass ich zum zweiten
Mal in dieser Debatte am Rednerpult stehe, hat einen
einfachen Grund: Man muss auf das reagieren, was Herr
Aydin vorgetragen hat.

Was den Vorwurf angeht, den Sie, Herr Königshaus,
mit Blick auf den Minister vorgebracht haben: Es geht
uns mit unseren Anträgen gerade darum, die Debatte ins
Parlament und damit in die Öffentlichkeit zu tragen. In-
ternationale Verhandlungen sind nämlich per defini-
tionem gouvernementale Prozesse. Dass wir zu einer
solchen Konferenz mitfahren, hat damit zu tun, dass wir
deutlich erklären wollen, dass dieses Parlament an die-
sen Prozessen beteiligt ist. Denn wir wissen: Daraus ent-
steht eine internationale Rechtsetzung. Wir haben sie zu
verantworten und die Folgen gegenüber den Bürgern zu
vertreten. Deshalb müssen wir hier diskutieren und da-

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(C (D er ist es gut, dass von allen Seiten Anträge gestellt wuren. Die Linke also will den WTO-Prozess gänzlich stopen. Herr Trittin hat vorhin mit Recht eingeworfen – Sie aben das wahrscheinlich nicht mitbekommen –, Karl arx hätte sich im Grabe herumgedreht. Der wusste na ürlich um die Wohlstandswirkungen des Handels. Wenn s nicht gelingt, die Entwicklungsländer in das Welthanelssystem zu integrieren, dann werden sie arm bleiben. ann werden die Menschen keine Chance bekommen, n dem teilzuhaben, was der Mensch braucht über das attwerden hinaus – und selbst dazu werden sie nicht ommen. Das alles aber der Welthandelsorganisation zu überassen, ist eine Überforderung dieser Organisation. Es st keine Weltregierung. Sie hat einen kleineren Stab als as Kanzleramt. Es ist eine Mitgliederorganisation. Es ann dort nur das beschlossen werden, wozu zum chluss alle Ja sagen. Jedes einzelne Mitglied – ob es SA, Europäische Union oder Guinea-Bissau heißt – hat ie gleiche Stimme. Das ist gleichzeitig eine Schutzunktion, die wir nicht außer Acht lassen dürfen. Wenn wir über die Frage reden, wie wir es schaffen, ie Entwicklungsländer in die Welthandelsordnung einubinden, dann geht es nicht nur um WTO-Regeln. Dann eht es an erster Stelle um Good Governance. Denn die ähigkeit, sich in ein solches System einzuordnen und adurch Wohlstand für die Menschen zu generieren, hat unächst einmal damit zu tun, ob ein System an die enschen denkt, in die Menschen, das Gesundheitssys em, die Bildung und andere Dinge investiert. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


rst dann hängt es vom Regelsystem ab.

Natürlich wissen wir, dass wir Raum für die eigene
ntwicklung geben müssen, dass es dafür Special and
ifferential Treatments, also angepasste Regeln, geben
uss. Natürlich haben wir die Beispiele der Länder, die

eute Schwellenländer sind oder bereits einen gewissen
ohlstand erreicht haben, vor Augen. Natürlich haben

ie Koreaner erst Schutzmauern gebaut und sich dahin-
er entwickelt. Aber sie haben dann auch gemerkt: Ent-
icklung vollzieht sich nur, wenn man in Menschen in-
estiert. Das koreanische Wunder – wenn man es so
ezeichnen will – ist nur deshalb möglich, weil Men-
chen durch Bildung, Wissenschaft, Forschung, Techno-
ogie, ein besseres Gesundheitssystem und Freiheit die
oraussetzungen dafür bekommen haben, dass sie sich
elbst entwickeln konnten.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


ls sie wirtschaftlich frei wurden, haben sie sich auch
ie politische Freiheit erstritten.


(Markus Löning [FDP]: Das ist doch die Grundvoraussetzung!)







(A) )



(B) )


Erich G. Fritz
Weltmarktfähig sind die Produkte Koreas erst in dem
Augenblick geworden, als sich Korea dem internationa-
len Wettbewerb geöffnet hat. Deshalb geht es um die
richtige Balance zwischen den einzelnen Aspekten. Die
WTO ist dabei nur ein Aspekt. Der Nachteil für uns da-
bei ist, dass die internationalen Organisationen mit Blick
auf eine soziale Marktwirtschaft, wie sie von Herrn
Hoppe angesprochen wurde, oder auf eine Politik der
Nachhaltigkeit zu unterschiedlich aufgestellt sind.


(Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Genau!)


Die WTO kann Gott sei Dank Vorgaben durchsetzen; die
ILO kann Sozialstandards nicht durchsetzen.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601614400

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist überschritten.


Erich G. Fritz (CDU):
Rede ID: ID1601614500

Entschuldigung, Frau Präsidentin. – Die UN-Umwelt-

organisation ist gespalten. Das heißt, die für die ange-
sprochenen Aspekte zuständigen internationalen Organi-
sationen sind nicht gleichwertig. Deshalb muss das
international zusammengeführt werden. Daran lassen
Sie uns arbeiten, anstatt solche populistischen Reden zu
halten, wie Sie es getan haben!


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601614600

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der
Fraktionen der CDU/CSU und SPD auf Drucksache 16/556
mit dem Titel „Erfolgreichen Abschluss der laufenden
Doha-Welthandelsrunde bis Ende 2006 sicherstellen“.
Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt dagegen? –
Enthaltungen? – Der Antrag ist mit den Stimmen von
SPD und CDU/CSU bei Gegenstimmen der FDP, des
Bündnisses 90/Die Grünen und der Fraktion Die Linke
angenommen.

Abstimmung über den Antrag der Fraktion der FDP
auf Drucksache 16/564 mit dem Titel „Multilaterales
Handelssystem retten – WTO stärken“. Wer stimmt für
diesen Antrag? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltun-
gen? – Der Antrag ist mit den Stimmen von CDU/CSU,
des Bündnisses 90/Die Grünen, der SPD und der Frak-
tion Die Linke abgelehnt.

Abstimmung über den Antrag der Fraktion Die Linke
auf Drucksache 16/449 mit dem Titel „WTO-Liberali-
sierungsrunde stoppen“. Wer stimmt für diesen An-
trag? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der An-
trag ist mit den Stimmen von SPD, des Bündnisses 90/
Die Grünen, von CDU/CSU und FDP abgelehnt.

Tagesordnungspunkt 16 d: Abstimmung über die Be-
schlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und
Technologie auf Drucksache 16/572 zu dem Antrag der
Fraktion des Bündnisses 90/Die Grünen mit dem Titel
„Hongkong als Zwischenschritt einer fairen und ent-
wicklungsorientierten Welthandelsrunde“. Der Aus-
schuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung, den
Antrag auf Drucksache 16/86 abzulehnen. Wer stimmt

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(C (D ür diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dageen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist it den Stimmen der Fraktion Die Linke, von SPD, DU/CSU und FDP angenommen. Ich rufe Tagesordnungspunkt 7 auf: Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Sondergutachten des Rates von Sachverständigen für Umweltfragen: Umwelt und Straßenverkehr – Hohe Mobilität – Umweltverträglicher Verkehr – Drucksache 15/5900 – Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung Ausschuss für Tourismus Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre einen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Parlaentarische Staatssekretär Michael Müller. Mic Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir be rüßen sehr, dass sich der Sachverständigenrat für Umeltfragen so intensiv mit dem Thema einer künftigen erkehrspolitik beschäftigt hat. Wir sehen in der künftien Organisation der Mobilität in der Tat ein Schlüselthema. Es gilt, wie in anderen Bereichen auch, Mobiität mit dem Gedanken der Nachhaltigkeit zu verbinden, lso soziale Aspekte, die ökonomische Innovationskraft nd Umweltverträglichkeit in einer Gesamtstrategie zuammenzuführen. Damit wird schon am Anfang deutich, dass es bei den Vorschlägen nicht darum geht, einach eine Fachpolitik ins Zentrum zu stellen; vielmehr eht es hier um ressortübergreifende, gesamtgesellchaftliche Prozesse, wenn wir zu einem zukunftsfähien Verkehrssystem, zu einer zukunftsfähigen Mobilität ommen wollen. Ich erinnere mich noch sehr gut daran, als wir Umeltpolitiker die Firma Bosch besucht haben. Am Beinn des Treffens wurde uns von Vertretern von Bosch esagt: Vor ein paar Jahren haben wir furchtbar auf die mweltpolitiker geschimpft, weil wir den Eindruck hat en, sie blockierten und verhinderten alles. Dann haben ir aber, unter anderem veranlasst durch europäische orschriften, insbesondere im Bereich der Antriebstechiken Innovationsprozesse vorangetrieben. Und – so osch – hätte es die ökologisch beeinflussten Innova ionsstrategien nicht gegeben, würden wir heute ökonoisch viel schlechter dastehen. Das ist in der Tat so: kologie kann ein Innovationstreiber sein. Deshalb ist ine Spaltung nicht sinnvoll: hier die Umweltpolitik, ort die Verkehrspolitik. Vielmehr muss es zu einer Zu Parl. Staatssekretärin Michael Müller sammenführung kommen; denn nur, wenn man in der Zukunft einen umweltverträglichen Verkehr hat, wird man auch zu einer zukunftsfähigen Mobilität kommen. Das muss als Zusammenhang gesehen werden. Wir begrüßen es sehr, dass dieses Gutachten vorgelegt wurde; denn es zeigt, dass mehr Mobilität für alle mit weniger Verkehr möglich ist. Das ist übrigens auch logisch; denn sonst würde jeder zusätzliche Umweg zu mehr Mobilität und damit mehr Lebensqualität führen. Man kann mit weniger Verkehr auch mehr Mobilität erreichen. Dies ist eine Frage der technischen Potenziale, der intelligenten Vernetzung und insgesamt auch des Bewusstwerdens darüber, was Mobilität ist. Insofern sollten wir dieses Gutachten nicht einfach nur hier zur Kenntnis nehmen, sondern sollten auch sehr intensiv über die Möglichkeiten der Umsetzung beraten. Das Gutachten beinhaltet eine Vielzahl von Einzelpunkten, die uns sehr wichtig sind. Erstens. Wir haben beispielsweise bei der unzureichenden Einführung von Rußfiltern für Dieselfahrzeuge durch deutsche Unternehmen erlebt, dass gerade ökologische Innovationen ein ganz wichtiger Punkt sind, um wirtschaftliche Stärke und Absatzmärkte zu erhalten. Wer nicht begreift – gerade auch als eine Industrie wie die bundesdeutsche Automobilindustrie –, dass es ganz stark darauf ankommt, durch Innovationskraft auf den Märkten führend zu sein, hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Wir müssen die Effizienzpotenziale nutzen und weiter ausbauen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Michael Müller (SPD):
Rede ID: ID1601614700




(A) )


(B) )


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Zweiter Punkt. Wir müssen die Mobilitätsfrage sehr
viel stärker in die Raumordnung, in die Siedlungspolitik
integrieren. Vieles ist eine Frage der intelligenten Pla-
nung und der intelligenten Vernetzung. Das ist der
zweite wichtige Punkt.

Drittens. Ich glaube, dass die Informations- und Kom-
munikationstechnologien viele Chancen für eine intelli-
gente Ressourcenwirtschaft, also für eine Umweltver-
träglichkeit eröffnen. Auch hier kann man mehr tun. Ich
sehe hier übrigens einen der größten Märkte in der Welt.
Eine ökologisch ausgerichtete Industrieproduktion in
Europa hat gewaltige Chancen in der Globalisierung, die
wir nutzen sollten. Es ist kein Gegensatz, es ist eine
Chance.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Viertens und letztens sollten wir immer darüber nach-
denken, ob nicht all die Mechanismen, die Anreize zur
Verkehrserzeugung, korrigiert werden können. Einen
ersten Schritt haben wir in der Koalitionsvereinbarung
mit der Streichung der Eigenheimzulage getan. Es gibt
hier weitere Punkte, über die wir nachdenken sollten.

Meine Damen und Herren, ich glaube, die wichtigste
Botschaft ist: Wir sind nicht gegen Mobilität. Mobilität
ist ein ganz wichtiges Merkmal einer modernen Gesell-
schaft. Aber die eigentliche Frage ist: Welche Mobilität

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(C (D st notwendig und wie organisieren wir Mobilität? Daüber nachzudenken ist eine politische Aufgabe, die wir uf der Basis dieses Gutachtens sehr gut führen und ereitern können. Nächster Redner ist der Kollege Horst Meierhofer, DP-Fraktion. Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! m gleich an das anzuknüpfen, was der Herr Staatsekretär gesagt hat: Es ist aus unserer Sicht eine Frage er Ehrlichkeit, einzugestehen, dass der Mobilitätsbedarf n unserer Gesellschaft steigen wird. Unsere Gesellchaft verlangt wahrscheinlich auch mehr Mobilität, als s in der Vergangenheit der Fall war. Es hilft nicht, so zu un, als könnte man durch irgendwelche staatlichen Inerventionen versuchen, das zu reduzieren. Das würde einen Sinn machen und würde uns auch nicht gelingen. Die Mobilität ist ein wichtiges Gut; das haben Sie anesprochen. Sie ist auch einfach nötig. Wir verlangen on den Menschen schließlich, dass sie mobil bleiben, enn es darum geht, ihrem Beruf nachzugehen. Daher önnen wir ihnen auf der anderen Seite auch keine teine in den Weg legen. Die Mobilität hat aber – das will keiner bestreiten – atürlich auch ihre Schattenseiten. Natürlich bedeutet ie Bereitstellung der verkehrlichen Infrastruktur Einriffe in die Umwelt. Der CO2-Ausstoß führt zu Schäen. Wegen der Witterungsverhältnisse in den letzten ochen ist auch die Feinstaubbelastung gerade in den roßstädten wieder mehr in den Blickpunkt gerückt. Wir sind, genauso wie Sie, dem Sachverständigenrat ür Umweltfragen sehr dankbar für seine Denkanstöße. rst vorgestern hat sich auch beim Thema Föderalismus eform gezeigt, wie wichtig die offene Kritik ist. Wir offen mit dem Sachverständigenrat, dass im Umweltbeeich endlich Inhalte bei der Entflechtung der Zuständigeiten zwischen Bund und Ländern, die insgesamt drinend notwendig ist, entscheidend sein werden. Im Gegensatz zu den Ausführungen im hier vorgelegen Gutachten „Umwelt und Straßenverkehr“ haben wir llerdings nicht die Illusion, dass der Trend zu zunehender Mobilität in der Bevölkerung aufzuhalten sein ird. Wir wollen das auch gar nicht. Entscheidend wird ein, dass wir diesen Prozess nachhaltig mitgestalten und ns daran beteiligen, dass möglichst wenige Nachteile araus entstehen. Unser Ziel muss sein, dass der steigende Bedarf nach obilität nicht noch mehr zulasten der Umwelt und auch icht zulasten der Lebensqualität geht. Effizienzsteigeungen, neue Verkehrskonzepte, ein leistungsfähiger Horst Meierhofer ÖPNV, Raumordnungsplanungen, aber vor allem – das kommt mir im Gutachten ein wenig zu kurz – alternative und neue Antriebstechnologien können uns helfen, dem gerecht zu werden. Dies hätten wir uns als einen deutlicheren Schwerpunkt in diesem Sondergutachten gewünscht, und zwar auch, weil es deutlich in die Zukunft zeigt. Mit den Möglichkeiten, die wir jetzt haben, werden wir die Probleme nicht in den Griff bekommen. Deswegen müssen wir uns auf einen neuen Weg machen. Die Minderung der CO2-Belastung müsste eigentlich unser aller Ziel sein – das gilt nicht nur aus ökologischer, sondern auch aus ökonomischer Sicht –, genauso wie die Tatsache – auch da sind wir uns, glaube ich, alle einig –, dass wir nicht nur wegen der momentanen politischen Probleme die Abhängigkeit vom Öl reduzieren müssen. Dafür ist es eben wichtig, dass wir alternative Kraftstoffe und Antriebstechnologien nutzen und diese Lösungen annehmen. Ich meine nicht nur die Biokraftstoffe. Es geht vor allem um langfristige Perspektiven, die durch den Einstieg in die Wasserstoffund Brennstoffzellentechnologie eröffnet werden. Die Bundesregierung war bei der Förderung der Wasserstofftechnologie halbherzig. Darauf sollten wir einmal hinweisen, damit in diesem Bereich ein bisschen mehr getan wird. Wir müssen den Schwerpunkt auf Forschung und Entwicklung legen. Nur so werden wir die Ziele erreichen, die wir parteiübergreifend teilen. Wir als FDPFraktion sind der Meinung, dass man auf mehr Vertrauen in die Technologiefähigkeit unserer Unternehmen setzen und nicht immer nur das Konzept der Intervention und staatlichen Gängelung bemühen sollte. Im Verkehrsbereich liegen die größten wirtschaftlich sinnvollen CO2-Einsparungspotenziale. In diesem Zusammenhang sei nur am Rande die Frage erwähnt, ob die Besteuerung von Biodiesel der richtige Weg ist. Hier grundsätzlich den Umweltschutz nach vorn zu bewegen, ist ein ganz anderer Punkt. (Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601614800

(Beifall bei der FDP)

Horst Meierhofer (FDP):
Rede ID: ID1601614900

(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


Aber die Antwort sollte nicht lauten – da bieten wir als
FDP einen anderen Ansatz –, dass wir die Steuern erhö-
hen oder die Bemessungsgrundlage ändern, wie im Fall
einer vorgeschlagenen CO2-bezogenen Kfz-Steuer. Wir
sollten uns vielmehr ganz grundlegende Gedanken ma-
chen. Die Kfz-Steuer wirft grundsätzlich Fragen auf. Sie
stellt zurzeit nur darauf ab, ob man ein Auto besitzt oder
nicht. Aber sie stellt nicht darauf ab, wie sehr man dieses
Auto nutzt. Es macht keinen Unterschied, ob es sich um
ein Rentnerehepaar handelt, das das Auto in der Garage
stehen hat, oder ob das Auto zum Fahren von
100 000 Kilometern im Jahr genutzt wird.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


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(C (D an zahlt dieselbe Steuer. Auch mit der CO2-bezogenen teuer wird sich das nicht ändern. Deswegen bringt es ns leider gar nichts. Das heißt, die Kfz-Steuer – in welcher Form und mit elcher Bemessungsgrundlage auch immer – hat keiner ei Lenkungsfunktion. Deswegen machen wir den Vorchlag, die Kfz-Steuer abzuschaffen und gleichzeitig ufkommensneutral auf die Mineralölsteuer umzulegen. as wäre ein Schritt hin zu mehr Umweltverantwortung nd dahin, wo wir alle hinwollen, nämlich zur Minimieung des CO2-Ausstoßes. Ich möchte noch kurz etwas zum Thema Lärm sagen nd hier zwei Bereiche ansprechen. Eines der großen mweltprobleme und auch eine ernsthafte Gefahr für ie Gesundheit ist der Fluglärm. Ein neues, sachgereches Lärmschutzgesetz ist überfällig. Der Gesetzentwurf er Bundesregierung, den wir morgen im Plenum debatieren werden, stellt keinen sachgerechten Ausgleich wischen den Interessen von Anwohnern, Nutzern, Flugesellschaften und Betreibern her. Ich würde Ihnen empehlen, dass Sie sich den FDP-Antrag noch einmal „einerleiben“ und wir ihn dann morgen gemeinschaftlich eschließen. Auch auf der Schiene muss mehr passieren. Die Bahn ird grundsätzlich als sehr umweltfreundliches Verehrsmittel anerkannt. Aber gerade bei der Lärmbeämpfung gibt es noch einigen Nachholbedarf. Wir müsen den Lärm an der Quelle reduzieren. Das werden wir it öffentlichen Mitteln allein nicht schaffen. Der Lärm chutz muss sich für die Bahnunternehmen rechnen. ber die DB Netz AG blockiert die Einführung von ärmabhängigen Trassenpreisen und der Bund als Eigenümer schaut zu. Auch hier gilt: Die marktwirtschaftlihen Anreize sind die Lösung und nicht staatlicher Diriismus. Die Verkehrspolitik sollte diese Devise rundsätzlich mehr im Auge haben. as bedeutet konkret die Einbeziehung des Verkehrs in en Emissionshandel – da sind wir im Grundsatz mit em Sachverständigrat einig – und das betrifft insbesonere den nicht besteuerten Luftverkehr. Herr Kollege, schauen Sie einmal auf die Uhr auf Ih em Rednerpult. Ich bin gleich fertig. Die FDP teilt die kritische Einschätzung von Selbsterpflichtungen nicht. Ganz im Gegenteil, wir sind daon überzeugt, dass die deutschen, die europäischen und ie japanischen Automobilhersteller auf einem sehr guen Weg sind. Horst Meierhofer (Jürgen Koppelin [FDP]: Und die bayerischen!)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)


(Beifall bei der FDP)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601615000
Horst Meierhofer (FDP):
Rede ID: ID1601615100




(A) )


(B) )


– Vor allem die bayerischen natürlich; genau. – Dadurch
könnte der CO2-Ausstoß deutlich reduziert werden.
Selbstverpflichtungen müssen auch weiterhin genutzt
werden. Wir haben hier nicht die Ängste, die die Bun-
desregierung und der Sachverständigenrat haben.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601615200

Herr Kollege, Sie müssen jetzt Ihren Schlusssatz sa-

gen.


Horst Meierhofer (FDP):
Rede ID: ID1601615300

– Ich bin dabei, Frau Präsidentin.


(Heiterkeit bei der FDP)


Marktwirtschaftliche Anreize und Innovationen, nicht
Dirigismus und staatliche Vorgaben werden die Mittel
sein, die uns im Sinne einer ökologischen und nachhalti-
gen Entwicklung voranbringen.

Herzlichen Dank und Entschuldigung dafür, dass ich
meine Redezeit überzogen habe.


(Beifall bei der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601615400

Herr Kollege Meierhofer, auch wenn Sie Ihre Rede-

zeit weidlich ausgenutzt haben, sage ich Ihnen herzli-
chen Glückwunsch zu Ihrer ersten Rede, die Sie heute in
diesem Hohen Hause gehalten haben. Ich wünsche Ihnen
alles, alles Gute!


(Beifall)


Nächster Redner ist der Kollege Jens Koeppen, CDU/
CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Jens Koeppen (CDU):
Rede ID: ID1601615500

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Zunächst einmal darf ich mich ganz herzlich bei Profes-
sor Koch und dem Sachverständigenrat für Umweltfra-
gen bedanken, der das Sondergutachten „Umwelt und
Straßenverkehr“ vorgelegt hat. Das Thema „Umwelt und
Straßenverkehr“ ist in der Tat eines der spannendsten
Themen im Bereich der Umweltpolitik und auch das
Thema, bei dem die meisten Spannungen bestehen.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1601615600
Be-
reits im Titel „Hohe Mobilität – Umweltverträglicher
Verkehr“ ist ein viel versprechender Ansatz formuliert,
sozusagen ein Dauerbrenner jeder verkehrs- und um-
weltpolitischen Debatte, der für jede Regierung eine
echte Herausforderung darstellt. Es geht um die Frage,
wie wir es schaffen, die Mobilität zu stärken und die
Umweltverträglichkeit dabei nicht nur auf dem gleichen
Niveau zu halten, sondern sie sogar zu verbessern.

Meine Damen und Herren, Straßenverkehr resultiert
aus dem Mobilitätsbedürfnis der Menschen wie auch aus
wirtschaftlichem Wachstum. Er leistet somit einen wich-
tigen Beitrag zu unserem hohen Lebensstandard in

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(C (D eutschland. Zugleich ist der Verkehr freilich mit einer anzen Reihe von Umweltauswirkungen wie CO2-Emisionen, Lärm und einer ständig steigenden Flächenveriegelung verbunden. All das sind bekannte Größen, die ls solche auch im vorliegenden Gutachten zu finden ind. Grundsätzlich muss man sagen, dass in dem Sonderutachten eine klare und fundierte Analyse der verkehrsezogenen Umweltsituation in Deutschland vorgenomen wurde. Die daraus resultierenden Empfehlungen eben sehr wohl Anlass zum Nachdenken und sie bieten hne Frage Anstöße und Reibungspunkte für die weitere mweltpolitische Arbeit. Aber es darf keine Abkopplung er Verkehrsund Umweltpolitik von der Wirtschaftsolitik geben. Mit anderen Worten: Gute Umweltpolitik st immer auch gute Wirtschaftspolitik. (Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das gilt aber auch umgekehrt! – Marco Bülow [SPD]: Das muss man auch andersherum sehen!)


ir müssen uns ernsthaft fragen, inwieweit die Umwelt-
olitik zur Überwindung der wirtschaftlichen Probleme
nseres Landes beitragen kann. Denn Umweltpolitik
ann das leisten, vor allen Dingen dann, wenn es uns ge-
ingt, sie effektiv und unbürokratisch zu gestalten.

Der eine oder andere von Ihnen wird sich vielleicht
ragen, was ich als Abgeordneter der CDU wohl zu ei-
em Gutachten sage, das unter Führung der Vorgänger-
egierung bzw. unter Umweltminister Trittin erarbeitet
urde und nun von einem SPD-geführten Ministerium
orgestellt wird.


(Dr. Reinhard Loske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gutachter sind unabhängig! – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber der hat es ja nicht selber geschrieben!)


u diesem Thema zu sprechen, ist in der Tat eine sehr
nspruchsvolle Aufgabe. Aber grundsätzlich kann ich
agen: Die CDU/CSU hat die Umweltpolitik zu keiner
eit als ideologischen Spielball verstanden, was bei Ih-
en leider allzu oft der Fall war.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Darüber wundern wir uns zwar nicht, aber kompli-
iert wird es dann, wenn Ihre ideologischen Forderungen
estandteil eines Regierungsprogramms werden sollen.
enn statt die unterschiedlichen Interessen auszuglei-

hen, wurden in den vergangenen sieben Jahren laufend
onflikte zwischen Ökologie und Ökonomie geschürt
nd Umweltschutz und Wirtschaftspolitik gegen-
inander ausgespielt. Wer glaubt, damit Umweltschutz
etreiben zu können, der irrt sich. Denn deutsche Unter-
ehmen und Wissenschaftler haben sich große Kompe-
enzen erworben. Sie sind in der Umwelttechnik welt-
eit führend. Das sollte an dieser Stelle auch von Ihnen

inmal ganz deutlich gewürdigt werden.


(Beifall bei der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Jens Koeppen
Der Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen
und ein hohes Niveau des Umweltschutzes gehören in
Deutschland und übrigens auch für die CDU/CSU seit
langem zum gesellschaftlichen Selbstverständnis. Es ist
nur so, dass die Umweltpolitik in Deutschland in den
vergangenen Jahren oftmals als Wachstums- und Inno-
vationshemmnis wahrgenommen wurde. Für viele Bür-
ger und Unternehmen ist die Umweltpolitik einfach zu
kompliziert, zu teuer und zu bürokratisch geworden.
Umweltpolitik muss aber effektiv und vor allen Dingen
bürgerfreundlich sein.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wenn wie im vorliegenden Gutachten Empfehlungen
ausgesprochen werden wie ein generelles Tempolimit
von 120 km/h auf Autobahnen und 30 km/h innerhalb
von Städten, wenn die Forderung nach einer weiteren
Erhöhung der Ökosteuer erhoben wird und auch die
PKW-Maut salonfähig gemacht wird, dann muss es er-
laubt sein, den wirtschaftlichen, aber auch den umwelt-
politischen Nutzen solcher Ideen zu hinterfragen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die Umweltpolitik war konfrontativ ausgerichtet.
Worauf es dagegen ankommt, hat der neue Bundesum-
weltminister gesagt:

Man kann aus der Atomenergie aussteigen, aber
eben nicht aus der Industriegesellschaft und dem
globalen Wettbewerb.

Das kann ich nur unterstreichen. Tatsache ist erstens,
dass ein wichtiger Standortvorteil Deutschlands in ei-
ner gut ausgebauten und funktionierenden Infrastruktur
besteht. Tatsache ist zweitens, dass wir – ob wir es nun
wollen oder nicht – mit einer stetigen Zunahme des Ver-
kehrsaufkommens konfrontiert sind. Tatsache ist drit-
tens, dass jede Milliarde Euro, die für den Verkehrswege-
bau eingesetzt wird, rund 24 000 Arbeitsplätze schafft.
Hier und heute geht es vorrangig um die Umwelt. Doch
selbst der Bau einer Autobahn kann einen Umweltaspekt
haben, wenn dadurch Stauschwerpunkte aufgelöst wer-
den.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Nehmen Sie als Beispiel die A 20, die vielen Städten und
Gemeinden in Mecklenburg-Vorpommern und Branden-
burg erhebliche Verbesserungen in Bezug auf Lärm und
Abgase gebracht hat.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ich begrüße es ausdrücklich, dass die neue Bundesre-
gierung verkehrspolitisch die richtigen Weichenstellun-
gen vorgenommen hat. Nur ein paar Beispiele: das Ge-
setz zur Beschleunigung von Planungsverfahren für
Infrastrukturvorhaben, die Einführung hocheffizienter
Antriebe, eine am Schadstoffausstoß orientierte Kfz-
Steuer, die Förderung der Entwicklung alternativer
Kraftstoffe und nicht zuletzt das Programm zur Minde-
rung von Lärm entlang von Bundesfernstraßen und
Schienen.

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(C (D Der Sachverständigenrat trifft mit dem Titel „Hohe obilität – Umweltverträglicher Verkehr“ sehr wohl den ern der Sache. Wer aber glaubt, dass man Umweltpoli ik gestalten kann, indem man eine Flut von Vorschriften nd Gesetzen verabschiedet und ausschließlich auf staatiches Handeln setzt, wird damit nichts erreichen. Es müssen wirkungsvolle Konzepte entwickelt weren für wirtschaftliches Wachstum und – das gehört zuammen – für den Schutz der Natur. Der Bundesumweltinister hat es auf den Punkt gebracht – ich zitiere ieder –: Umweltpolitik kann … nicht bedeuten, … bei uns exzellente Anforderungen zu formulieren, wenn dann der CO2Ausstoß in anderen Ländern der Welt stattfindet und in Deutschland Arbeitsplätze abgebaut werden. enau das ist seit langem die Position der CDU/CSU. Wir brauchen die Partnerschaft mit der Wirtschaft. ir dürfen die Wirtschaft nicht aus der Verantwortung ntlassen. Wir müssen die Leistungen, die von den Unernehmen erbracht worden sind und täglich neu erbracht erden, aber auch anerkennen. Mein Fazit ist ganz einfach: Es muss uns darum geen, durch eine sinnvolle Umweltpolitik vernünftige ahmenbedingungen für mehr Flexibilität und mit gröeren Handlungsspielräumen zu schaffen, und das alles n Zusammenarbeit mit der Wirtschaft. Vielen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601615700

Auch Ihnen, Herr Kollege, herzlichen Glückwunsch

u Ihrer ersten Rede hier in diesem Hohen Hause! Per-
önlich und politisch alles Gute!


(Beifall)


Nächster Redner ist der Kollege Lutz Heilmann,
raktion Die Linke.


Lutz Heilmann (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601615800

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen!

as Gutachten des Sachverständigenrates benennt sämt-
iche Probleme, die durch den Straßenverkehr entstehen
nd die zum Teil eine massive Einschränkung der Le-
ensqualität der Menschen zur Folge haben. Ich appel-
iere an die Bundesregierung, sich diese Probleme zu
erzen zu nehmen und sich deren Lösung zu einem urei-
enen Anliegen zu machen. Die Menschen werden es Ih-
en danken.

Leider verkümmert die Verkehrspolitik aber immer
ehr zu einem Wurmfortsatz der Wirtschaftspolitik.
ichtige Probleme werden im Verkehrsministerium

anz ausgeblendet oder nur halbherzig angegangen.






(A) )



(B) )


Lutz Heilmann
Lassen Sie mich zwei Themen des Gutachtens he-
rausgreifen.

Über den Klimawandel wurde in diesem Hohen Haus
bereits viel gesprochen. Wo allerdings ist der Beitrag des
Straßenverkehrs zur Senkung der Kohlendioxidemis-
sionen? Hier geht es nicht um Peanuts, sondern um im-
merhin 20 Prozent der deutschen Emissionen. Der
leichte Rückgang der letzten Jahre ist mehr auf den
Tanktourismus und die hohe Arbeitslosigkeit als auf die
Ökosteuer zurückzuführen. Diese wurde gerade nicht in
eine Gesamtstrategie mit einer Vielzahl sich ergänzender
Maßnahmen eingebettet, was für eine wirksame Vermei-
dung der Probleme erforderlich wäre, wie der Sachver-
ständigenrat feststellt.

Die Liste der Versäumnisse von Rot-Grün ist entspre-
chend lang. Einige Beispiele:

Erstens. Beim Bundesverkehrswegeplan 2003 wird
fröhlich dem Verkehrsbedarf hinterhergebaut. Anhaltend
hohe CO2-Emissionen werden billigend in Kauf genom-
men.

Zweitens. Die EU-Richtlinie zur Verbrauchskenn-
zeichnung bei PKW wurde so unverständlich wie nur
möglich umgesetzt, sodass es so gut wie keine Auswir-
kung auf die Kaufentscheidung der Bürgerinnen und
Bürger für sparsame Fahrzeuge gibt.

Drittens. Besonders blamabel für die Grünen ist es,
wenn nun ausgerechnet die neue schwarz-rote Regierung
die längst überfällige Kfz-Steuerreform durchsetzt und
den CO2-Ausstoß als Bemessungsgrundlage einführt.


(Beifall bei der LINKEN – Winfried Hermann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Problem war nicht die Ankündigung, sondern die Durchführung! Angekündigt haben wir das mehrfach!)


Werte Kolleginnen und Kollegen, ein erschreckender-
weise in der Öffentlichkeit fast völlig vergessenes Pro-
blem ist die Verkehrssicherheit. Zu Recht beklagen wir
die Opfer von Katastrophen wie kürzlich beim Fährun-
glück im Roten Meer. Aber ich frage Sie: Wer tut etwas
gegen die Umstände, die fast 6 000 Menschen in der
Bundesrepublik Deutschland jährlich im Straßenverkehr
das Leben kosten? Nicht zu vergessen sind ebenso die
450 000 Verletzten, darunter 80 000 Schwerverletzte, de-
ren Leben teilweise dauerhaft beeinträchtigt wird.

So begrüßenswert es auch ist, dass diese Zahlen rück-
läufig sind: Jeder Verkehrstote ist einer zu viel! Deshalb
fordere ich die Bundesregierung auf, sich ein Beispiel an
Staaten wie Schweden und der Schweiz zu nehmen, die
mit Erfolg das anspruchsvolle Konzept einer Vision Zero
verfolgen. Eine solche Vision von null Toten und
Schwerverletzten im Straßenverkehr müsste eigentlich
eine Selbstverständlichkeit sein. Alle politischen Ent-
scheidungen und bestehenden Gesetze müssen im Hin-
blick auf den Schutz des menschlichen Lebens geprüft
und angepasst werden.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D uch ein allgemeines Tempolimit von 130 Stundenkiometern, das übrigens ein Beitrag zum Klimaschutz äre, darf kein Tabu sein, auch wenn es dem einen oder nderen freiheitsliebenden Autofahrer nicht gefällt. Die egierung beschränkt sich indes darauf, gelassene Ele anten zu plakatieren, und verfolgt ansonsten weiter die ision eines maximalen Verkehrswachstums. Werte Kolleginnen und Kollegen, das Gutachten des achverständigenrates ist eine dankenswerte Anregung. ch möchte aber nicht verhehlen, dass wir mit den vorgechlagenen Maßnahmen nicht immer völlig übereinstimen. Ich begrüße es aber, dass darin – wie beispielseise bei den Vorschlägen zur Entfernungspauschale – usdrücklich auch die sozialen Folgen bedacht wurden. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. Auch Ihnen, Herr Kollege Heilmann, wünsche ich an ässlich Ihrer ersten Rede in diesem Hohen Hause poliisch und persönlich alles Gute. Das Wort hat der Kollege Winfried Hermann, ündnis 90/Die Grünen. Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und erren! Wir befassen uns heute mit dem Gutachten des achverständigenrates für Umweltfragen zum Straßenerkehr. Wenn der Kollege Koeppen sagt, das sei noch in Gutachten der rot-grünen Regierung, dann muss ich agen: Nein, das ist ein Gutachten von unabhängigen xperten, die in ihrem Feld die besten sind. Das ist ein utachten des ganzen Hauses, des ganzen Parlaments. ot-Grün hat die Gutachter nicht nach ihrem Parteibuch, ondern nach ihrer Kompetenz ausgesucht. Ich hoffe ehr, dass Sie es nicht anders machen. Schauen wir, was die Gutachter sagen, und nehmen ir es zur Kenntnis! Das Mindeste, was man in dieser ebatte tun kann, ist, die wichtigen Sachen zur Kenntnis u nehmen. Unübersehbar ist die Botschaft dieser Gutchter, wenn sie schreiben: Der Straßenverkehr und eine Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen ind so, wie sie heute sind, „unzumutbar“. Das ist der ernsatz zu Beginn. Es ist unzumutbar, weil es zu viele erkehrstote gibt. Wie wir heute gehört haben, sind es uropaweit 44 000 Menschen. Unzumutbar sind die Beastungen durch Luftschadstoffe und Feinstaub sowie ärm, die verminderte Lebensqualität in den Städten, die uswirkungen auf das Klima und der Flächenverbrauch. Nehmen wir das Beispiel Klima; das haben auch die nderen zum Teil angesprochen: Im Bereich des Verehrs haben sich die klimaschädlichen Treibhausgase eit 1960 verfünffacht. In keinem anderen Sektor gibt es o dramatische Wachstumsraten, die so problematisch ind. Daran kann man nicht vorbeischauen. Das muss Winfried Hermann man zur Kenntnis nehmen, wenn man dieses Gutachten bespricht. Welche Einsichten gibt es noch? Ich glaube, der Kollege Müller hat es zu Recht angesprochen – das ist in der Debatte etwas untergegangen –: Es geht nicht um den Verkehr, sondern um die Herstellung von umweltverträglicher Mobilität. Das geschieht in der Regel nicht durch mehr Verkehr, der womöglich mehr Staus bedeutet, sondern durch eine umweltverträgliche, geschickte Abwicklung. Mehr Straßen bedeuten nicht automatisch mehr Mobilität. Ein Beitrag zur Mobilität ist auch, sich vielleicht ab und zu weniger bewegen zu müssen und die Wege zu verkürzen. Kollege Koeppen, auch das haben Sie leider übersehen. Die Experten sagen: Die Politik braucht klare Ziele, wenn sie in der Verkehrspolitik etwas bewegen will, zum Beispiel die Halbierung der Zahl der Verkehrstoten bis 2015 oder eine deutliche Absenkung der Belastung durch Klimagase oder auch eine klare Vorgabe dafür, wie viel Lärm wir in wie vielen Jahren reduzieren wollen. Sie sprechen zum Beispiel von 10 Dezibel, was wirklich eine dramatische Verringerung bzw. auch dramatische Erleichterung für die Anwohner bedeuten würde. Sie loben das Ziel der alten Regierung, den Flächenverbrauch auf nur noch 30 Hektar pro Tag im Jahr 2020 zu senken. Hier wurden also einige Beispiele gegeben und Vorgaben gemacht. Die Experten sagen aber auch: Das Setzen von Zielen nützt nichts, wenn wir sie nicht endlich strategisch angehen. Ich glaube, hier muss man die jetzige und auch – das sage ich hinzu – die vorige Regierung kritisieren. Es ist im Verkehrssektor nicht gelungen, das zu erreichen, was in anderen Feldern, zum Beispiel im Energiesektor, auch geschafft wurde, nämlich eine Strategie zu entwickeln, durch die deutlich und nachvollziehbar gemacht wird, dass wir aus der hohen Abhängigkeit vom Öl aussteigen, dass wir mit den hohen Umweltbelastungen Schluss machen und wie wir das tun. Es gibt noch keinen durchschlagenden strategischen Ansatz. Das vermissen wir noch bis heute. Das fehlt übrigens auch im Koalitionsvertrag. Die Experten empfehlen uns, dass wir nicht nur auf eine Strategie setzen, sondern bewusst mehrere Strategien angehen und sie miteinander vernetzen, weil eine Richtung alleine nicht ausreichen wird. Sie empfehlen die Optimierung der technischen Möglichkeiten. Auch hier meine ich, dass der Kollege von der CDU das nicht richtig gelesen hat. Das ist ein ausdrücklicher Schwerpunkt in diesem Gutachten: Die technischen Möglichkeiten müssen ausgeschöpft werden, um die Umweltbelastungen zu reduzieren. Gerade darin liegt die ökonomische Chance einer umweltverträglichen Verkehrspolitik. Man muss Automobile entwickeln, die umweltverträglich und deswegen weltweit besser verkäuflich sind. Das eigentliche Problem ist doch, dass die deutsche Automobilindustrie, wenn man nichts tut, Ladenhüter produziert, die niemand mehr kaufen kann, weil sie zu belastend sind und zu viel Energie und Sprit verbrauchen. Das ist doch das Risiko. e n o k w g c d d l t H 3 g l n I 1 T O w l n i s s u 2 g 1 m „ a u (C (D Eine ökonomisch vernünftige Umweltpolitik ist also ine ambitionierte Umweltpolitik, weil sie die Wirtschaft ach vorne treibt und exportfähig macht. Herr Kollege, ich erinnere Sie an Ihre Redezeit. Ich komme zum Schluss. Der Überziehungskredit gilt ffensichtlich nicht mehr für die Altredner. Deswegen omme ich jetzt zu meinen zwei Schlusssätzen. So ist es, Herr Kollege. Hier wird deutlich gemacht: Wir schaffen mehr Um eltverträglichkeit mit technischer Optimierung. Zuleich müssen wir aber auch eine Strategie dafür entwikeln, wie man Verkehr vermeiden und verlagern kann; enn sonst werden alle technischen Errungenschaften urch mehr Straßenverkehr aufgefressen, wie das in den etzten Jahren der Fall war. Vielen Dank. Das Wort hat der Kollege Martin Burkert, SPD-Frak ion. Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und erren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit mehr als 0 Jahren beschäftigen wir uns jetzt mit den Auswirkunen des Straßenverkehrs auf Natur, Umwelt und vor alem auf die Gesundheit der Menschen. Konzepte für eine achhaltige Mobilität wurden seitdem von zahlreichen nstitutionen entwickelt, unter anderem hier im Hause 994, vom Umweltbundesamt 1995. Sie war auch hema der Europäischen Umweltagentur und der ECD 2004. Die Bilanz nach mehr als 30 Jahren praktischer umeltorientierter Verkehrspolitik ist allerdings ambiva ent. Die Erfolge waren und sind: Die Autos machen weiger Lärm und ihre Motore blasen weniger Schadstoffe n die Luft. Viel Geld wurde in den Ausbau von Schallchutzeinrichtungen investiert. Auf der anderen Seite ind sowohl der Güterals auch der Individualverkehr ngebremst gewachsen und tun dies auch weiterhin. 005 gab es einen Zuwachs bei der Zahl der Zulassunen von Kraftfahrzeugen von sage und schreibe 1 Prozent. Am 17. Februar will der Verband der Autoobilindustrie darauf die Antwort unter dem Stichwort weg vom Öl“ geben. Wir sind gespannt und man darf uch gespannt sein. Die Lärmund die CO2-Belastung sind für Mensch nd Natur gravierend hoch. Die mit dem Feinstaub ver Martin Burkert bundenen Risiken führen zu Verkehrsbeschränkungen. Der Flächenverbrauch für Straßen zerstört Lebensräume der Tierund Pflanzenwelt ebenso wie Erholungsräume der Menschen. Wir müssen feststellen: Die negativen Auswirkungen des Straßenverkehrs sind nach wie vor hochproblematisch. Allein ein Fünftel der gesamten CO2-Emissionen, die das Klima zerstören, geht auf das Konto des Straßenverkehrs. Technische Neuerungen, wie zum Beispiel der Katalysator, haben den Ausstoß zwar immer wieder reduziert. Das wurde aber durch gestiegene Fahrleistungen bei weitem aufgehoben. Wie gesagt: ein Plus von 11 Prozent bei den Kfz-Zulassungen im Jahr 2005. Wir werden nicht verhindern können, dass der Verkehr, und zwar der Güterwie der Individualverkehr, weiter wächst. Wir wollen den Verkehr weder verhindern noch behindern. Auch wir Umweltpolitiker wollen, dass der Verkehr fließt. Mobilität für die Bürger und für die Wirtschaft ist ein unverzichtbares Gut in unserer Gesellschaft. Wenn aber der Verkehr ungebremst und unkoordiniert wächst, ist die Mobilität gefährdet. Der Kollaps droht. Mobilität ist daher das Ziel einer dauerhaften umweltgerechten Verkehrspolitik. Wir begrüßen daher das Gutachten, in dem schlüssig nachgewiesen wird: Hohe Mobilität und auch das Wachstum von Mobilität sind mit weniger Verkehr möglich, so wie Staatssekretär Müller es vorhin ausgedrückt hat. Dies ist die Richtschnur unseres politischen Handelns. Wenn wir den motorisierten Straßenverkehr deutlich umweltverträglicher gestalten wollen, müssen wir also dafür sorgen, dass das unkoordinierte Wachstum des Straßenverkehrs möglichst gering bleibt und vor allem in geordnete Bahnen gelenkt wird. Dafür brauchen wir zum Beispiel Siedlungsstrukturen, die es den Menschen ermöglichen, auch ohne eigenen fahrbaren Untersatz vom Wohnort zur Arbeit zu gelangen. Mit der Abschaffung der Eigenheimzulage und der Begrenzung der Pendlerpauschale haben wir – das sage ich ganz bewusst – den nicht einfachen, aber richtigen Weg bereits beschritten. Mit dem CO2-Gebäudesanierungsprogramm, das dem vorhandenen Raum zugute kommt, sei er privat oder gewerblich genutzt, verhindern wir eine weitere Zersiedlung und Zerstörung von Landschaft und Natur. Frau Dött, auch das schafft Arbeitsplätze; so viel zu Ihrem Hinweis von vorhin. (Marie-Luise Dött [CDU/CSU]: Ja, das stimmt!)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601615900

(Beifall)

Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601616000

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)





(A) )


(B) )


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601616100
Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601616200
Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601616300
Winfried Hermann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601616400

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601616500
Martin Burkert (SPD):
Rede ID: ID1601616600




(A) )


(B) )


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)


Dies bedeutet weniger Verkehr, weniger Belastung für
Umwelt und Gesundheit und weniger Mobilitätshinder-
nisse, etwa in Form von Staus.

Wir sind uns bewusst: Es gibt keinen Königsweg, der
uns zu dem Ziel eines umweltverträglichen Straßenver-
kehrs führt. Verkehrsvermeidung, Verkehrsverlage-

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(C (D ung und technische Innovationen sind wichtige Bauteine, um dem Ziel einer lebenswerten Umwelt näher zu ommen. Das große Erfolgspotenzial des technischen ortschritts vom Katalysator bis zur Telematik ist uns al en bekannt und bewusst. Solche Neuerungen schaffen mmer wieder eine so genannte Win-win-Situation, und war für Umweltschutz und Ökonomie. (Beifall bei der SPD sowie der Abg. MarieLuise Dött [CDU/CSU])


Frau Präsidentin, ich möchte noch kurz auf die Mög-
ichkeiten von Verkehrsverlagerungen, zum Beispiel
wen wundert es – von der Straße auf die Schiene, ein-

ehen. In dem Gutachten wird hier insgesamt weniger
mweltentlastende Wirkung bescheinigt, aber ausdrück-
ich auf die Bedeutung in bestimmten Bereichen hinge-
iesen, zum Beispiel durch den Ausbau des europäi-

chen Eisenbahnhochgeschwindigkeitsnetzes. Er kann
is zum Jahr 2020 im Personenfernverkehr einen Um-
tieg von sage und schreibe 67 Prozent bewirken. Der
izepräsident der EU-Kommission, Herr Barrot, hat sich
ürzlich im Europasaal erneut für die Verbindung Pa-
is–München–Budapest ausgesprochen.

Insgesamt bleibt festzuhalten, dass der Bahn- und der
ffentliche Personennahverkehr gegenüber dem Stra-
enverkehr wesentliche Vorteile für die Umwelt aufwei-
en. Eine Verlagerung ist nicht nur grundsätzlich mög-
ich, sondern auch anzustreben. Wirksam wird sie aber
ur im Zusammenspiel mit den anderen Instrumenten ei-
er Verkehrspolitik, die an Umweltzielen orientiert ist.

Der wichtigste Faktor ist nach wie vor der Bürger,
nd zwar jeder einzelne.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601616700

Herr Kollege!


Martin Burkert (SPD):
Rede ID: ID1601616800

Dies beginnt bei der Wahl des mobilen Fortkommens

nd endet beim umweltpolitischen Denken hinsichtlich
eglicher Fortbewegung.

Zum Schluss –


(Heiterkeit bei der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601616900

Danke, Herr Kollege.


Martin Burkert (SPD):
Rede ID: ID1601617000

– meiner ersten Rede vor diesem Hohen Hause

öchte ich anmerken, dass ich sehr optimistisch bin,
as die künftige Verträglichkeit von Verkehrs- und Um-
eltpolitik angeht. Beide Ministerien werden nun in so-

ialdemokratischer Verantwortung geführt, was sicher-
ich zu erheblichen Synergieeffekten führen wird.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601617100

Herr Kollege, Sie haben schon darauf hingewiesen:

Es war Ihre erste Rede in diesem Hohen Hause. Herzli-
chen Glückwunsch und alles Gute!


(Beifall)


Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 15/5900 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 8 auf:

Erste Beratung des von der Fraktion der LINKEN
eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Än-
derung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch
– Drucksache 16/451 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Gesundheit

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Kollege
Frank Spieth, Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Frank Spieth (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601617200

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Wir wollen mit dem vorliegenden Antrag eine
Debatte über Fehlsteuerungen im Gesundheitswesen er-
öffnen und mit der Eintrittsgebühr, der so genannten
Praxisgebühr, beginnen. Die Gebühr für die Inan-
spruchnahme eines an der ambulanten ärztlichen, zahn-
ärztlichen oder psychotherapeutischen Versorgung teil-
nehmenden Leistungserbringers, also die Praxisgebühr,
verursacht nach unserer Auffassung eine vom Gesetzge-
ber nicht beabsichtigte Fehlsteuerung im Gesundheits-
wesen.

Insbesondere die Nichtinanspruchnahme von notwen-
digen medizinischen Leistungen durch sozial schwä-
chere Bürgerinnen und Bürger – dies wird durch eine
Reihe von Studien belegt – erscheint als problematisch,
weil in dieser Bevölkerungsgruppe die Todes- und die
Erkrankungsraten überproportional hoch sind. Zwar
werden – in absoluten Zahlen – die notwendigen Arztbe-
suche weiterhin gemacht; die Arztkontakte zur Präven-
tion und bei so genannten Bagatellerkrankungen sind je-
doch bei den unteren Einkommensklassen stark
zurückgegangen. Dies führt allen Untersuchungen zu-
folge zu einer unzureichenden Früherkennung und zur
Verschleppung von Krankheiten, was wiederum lang-
fristig zu deutlich erhöhten Kosten im Gesundheitssys-
tem führen wird. Darüber hinaus wird nach unserer Auf-
fassung durch die Praxisgebühr der Gleichheitsgrundsatz
zum Nachteil von Bürgern in niedrigen Einkommens-
klassen verletzt.

Das Prinzip der solidarischen Krankenversiche-
rung, wonach junge für alte, gesunde für kranke und rei-

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(C (D he für arme Versicherte solidarisch eintreten, wird mit er Praxisgebühr von den Füßen auf den Kopf gestellt. ie Versichertengemeinschaft hat einen Anspruch da auf, dass durch Krankheit entstehende Kosten durch die ersicherung gedeckt werden. Diese Versicherungsflicht wurde vor über 100 Jahren mit gutem Grund eineführt. Mit der Versicherungsprämie wurde dem Arbeier damals mehr Sicherheit gegeben. So wurden die ebensrisiken Krankheit, Pflege, Alter, Arbeitslosigkeit nd Unfall durch die Sozialversicherungen abgefangen. it diesem Prinzip ist Deutschland über 130 Jahre gut efahren. Nun ein Sprung: 1998 begründeten Sie, meine Damen nd Herren von der SPD, die Abschaffung bzw. die Verinderung von Zuzahlungen im Gesundheitswesen als olitik zur Stärkung der Solidarität in der gesetzlichen rankenversicherung, so der Titel des ersten von der rotrünen Koalition dem Bundestag vorgelegten Entwurfs ines Reformgesetzes, das diese Bezeichnung noch veriente. Das Gesundheitsreformgesetz von 2003 wurde ann von Ihnen vor allem damit begründet, dass die iedereinführung von Zuzahlungen eine positive Wir ung auf den Arbeitsmarkt habe. Sie beschlossen vor wei Jahren eine milliardenschwere Kostenverlagerung on den Arbeitgebern auf die Arbeitnehmer durch Leisungsausgrenzungen, Änderungen bei der Finanzierung on Zahnersatz und Krankengeld sowie die Einführung on Zuzahlungen wie beispielsweise der Praxisgebühr. leichzeitig entlasteten Sie die Arbeitgeber bei den ohnnebenkosten. Nur so, wurde damals behauptet, ebe es die Chance, wettbewerbsfähige Arbeitsplätze n Deutschland entstehen zu lassen. Nach knapp zwei ahren muss man bilanzieren: Dieses Ziel wurde nicht rreicht. Im Gegenteil, Sie verlangen fortgesetzt Opfer von den enschen und bürden ihnen Lasten auf, ohne dass die ersprochenen positiven Wirkungen eintreten. (Beifall bei der LINKEN – Annette WidmannMauz [CDU/CSU]: Falsch!)


hre Politik basiert auf fehlerhaften Annahmen. Sie zie-
en völlig falsche Schlüsse. Mir graust schon etwas vor
em, was auf uns in den nächsten Tagen und Wochen zu-
ommt. Die Hauptprobleme der sozialstaatlichen Siche-
ungssysteme bestehen nicht in der Leistungsinan-
pruchnahme, sondern in der Finanzierung und in der
atsache, dass die Arbeitslöhne zunehmend sinken, wäh-
end gleichzeitig die Vermögenseinkommen steigen.


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601617300

Herr Kollege, Sie haben Ihre Redezeit deutlich über-

chritten.


Frank Spieth (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601617400

Ich komme zum Ende. – Wir meinen, dass die Ab-

chaffung der „Eintrittsgebühr“ ein erster Schritt zurück
u einer sozialen und solidarischen Krankenversiche-
ung ist. Wir bitten Sie deshalb um Zustimmung zu unse-
em Gesetzentwurf.

Besten Dank.


(Beifall bei der LINKEN)







(A) )



(B) )


Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601617500

Das Wort hat der Kollege Dr. Rolf Koschorrek, CDU/

CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Rolf Koschorrek (CDU):
Rede ID: ID1601617600

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen! Meine

Herren! Die Linken stellen hier einen Antrag, der wieder
einmal ihre erhebliche Distanz zu Wirklichkeit und
Machbarkeit unterstreicht,


(Beifall bei der CDU/CSU)


und das noch nicht einmal konsequent. Warum nicht
gleich alle Zuzahlungen auf einmal abschaffen? Das
Geld dafür druckt sich ja bekanntlich von allein.

Die Fraktion der Linken fordert in dem vorliegenden
Antrag die Streichung der Praxisgebühr in Höhe von
10 Euro pro Quartal für gesetzlich versicherte Patienten.
Sie fordert dies mit der Behauptung, dass die Praxisge-
bühr Patienten mit schlechtem Gesundheitszustand und
mit besonders geringem Einkommen von der medizini-
schen Versorgung ausgrenze. Dies ist in meinen Augen
flachster Populismus in postsozialistischer Reinkultur.


(Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch bei der LINKEN)


Die Realität ist: Niemand braucht in Deutschland auf
den Arztbesuch und die Inanspruchnahme qualifizierter
medizinischer Hilfe zu verzichten, weil er das Geld für
die Praxisgebühr nicht aufbringen kann.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: So ist es!)


Im Jahre 2004 waren 6 643 362 erwachsene Patienten
von der Praxisgebühr und den Zuzahlungen, die über die
gesetzlich festgelegte Belastungsgrenze hinausgingen,
befreit.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Hört! Hört!)


Hinzu kommen über 12 Millionen Kinder, die gänzlich
von Gebühren und Zuzahlungen befreit sind.

Die Linken beziehen sich zur Begründung ihres An-
trags auf Abschaffung der Praxisgebühr auf den so ge-
nannten Gesundheitsmonitor der Bertelsmann-Stiftung
von September 2005. Die Ergebnisse lauten: In den un-
tersten Einkommensgruppen ist der Anteil der Menschen
am größten, die sich ohne ärztliche Hilfe selbst kurieren.
Befragte mit den höchsten Einkommen zeigten die Ten-
denz, Arztbesuche zeitlich aufzuschieben. Vor allem die
sehr große Gruppe der Befragten mit entzündlichen Ge-
lenkerkrankungen reduzierten die Zahl ihrer Arztbesu-
che seit dem Frühjahr 2004 um 16 Prozent. Es wird das
Fazit gezogen:

Das Ziel, die Wirkung der Praxisgebühr weitgehend
vom Einkommen unabhängig zu gestalten, scheint
nicht vollständig erreicht worden zu sein.

Zu einem ganz anderen Ergebnis kommt allerdings
die Studie des Wissenschaftlichen Instituts der AOK, das

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(C (D ekanntlich nicht wirklich in dem Verdacht steht, regieungsfreundliche Äußerungen zu veröffentlichen. Diese ntersuchung wurde ebenfalls im September 2005 verffentlicht. Sie beruht auf repräsentativen Befragungen on jeweils 3 000 GKV-Versicherten in den Frühjahren er Jahre 2004 und 2005. Hier lauten die Ergebnisse urchaus anders: Die unmittelbar nach Einführung der raxisgebühr zu beobachtende soziale Verzerrung ist erschwunden. Die Praxisgebühr hat dazu geführt, dass ich deutlich mehr Patienten als zuvor an Fachärzte berweisen lassen. Die Praxisgebühr hat die Stellung des ausarztes im GKV-System deutlich gestärkt. Die an änglichen Unsicherheiten haben sich gelegt, vermutlich icht zuletzt durch die inzwischen eingespielte Härtefallraxis. Die Qualität der ärztlichen Leistungen wird posiiver als je zuvor beurteilt. Seit 2003 hat der Prozentsatz er Patientinnen und Patienten, die sich durch ihren Arzt chlecht versorgt fühlen, erheblich abgenommen. Wenn wir die Ergebnisse dieser Untersuchung ernst ehmen und es zutrifft, dass Patientinnen und Patienten it besonders geringem Einkommen nicht zum Arzt ge en, weil sie die Praxisgebühr nicht zahlen wollen oder icht zahlen können, stellen sich für mich allerdings anz andere Fragen. Warum lassen sich die Betroffenen ann nicht von der Gebühr und den Zuzahlungen bereien? arum machen sie keinen Gebrauch von ihrem gesetzich verbürgten Anspruch? Für mich stellt sich auch die rage: Wie können wir den Betroffenen besser informieen, damit er sich von seiner Krankenkasse von der Praisgebühr und anderen Zuzahlungen befreien lassen ann? Hier besteht aus meiner Sicht bestenfalls Aufkläungsbedarf, aber kein Zuschussbedarf der staatlichen eite. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU)


nter Umständen müssen wir auch darüber nachdenken,
elche weiteren Hilfestellungen die Krankenkassen den
etroffenen geben können. Eines ist aber unbestreitbar:
ir haben im GMG dafür gesorgt, dass niemand durch

ie Zahlung von Praxisgebühr oder anderen Zuzahlun-
en für die medizinische Versorgung überfordert wird.


(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der SPD: Dafür haben wir gesorgt!)


Ich will noch einmal in Erinnerung rufen: Vorsorge-
ntersuchungen sind ebenso wie Untersuchungen und
ehandlungen von Kindern gänzlich von der Praxisge-
ühr ausgenommen. Es ist daher kein Grund gegeben,
uch nicht für Geringverdiener, den Arztbesuch zu un-
erlassen oder auch nur hinauszuzögern. Die Belas-
ungsgrenzen für die Praxisgebühr und Zuzahlungen
iegen pro Jahr bei 2 Prozent des jährlichen Bruttohaus-
altseinkommens. Für chronisch Kranke beträgt die Be-
astungsgrenze – auch für alle mitversicherten Familien-
ngehörigen – lediglich 1 Prozent des jährlichen
ruttohaushaltseinkommens abzüglich aller Freibeträge.






(A) )



(B) )


Dr. Rolf Koschorrek
Wie die Fraktion der Linken in ihrem Vorschlag zur
Streichung der Praxisgebühr feststellt, betrugen die Ein-
nahmen durch die Praxisgebühr im Jahr 2005 1,68 Mil-
liarden Euro. Das sind 1,68 Milliarden Euro Entlastung
für die Krankenkassen. Das heißt auch: Eine Abschaf-
fung der Praxisgebühr würde eine Finanzierungslücke
in der Höhe ebendieser 1,68 Milliarden Euro reißen. Da
greifen Sie zu dem verantwortungslosen und immer wie-
der gern gehörten Patentrezept: Sie wollen das Geld ein-
fach aus dem Bundeshaushalt nehmen. Der Steuersäckel
ist ja bekanntlich unerschöpflich.


(Frank Spieth [DIE LINKE]: Wir haben doch die Tabaksteuer!)


– Tabaksteuer. – Neue und erhöhte Abgaben sind sicher
nicht das, was unser Land am dringendsten benötigt. Ein
wesentliches und wichtiges Ziel unserer Bundesregie-
rung ist es, den hoch verschuldeten Bundeshaushalt in
Ordnung zu bringen. Die Linken wollen erneut ein Loch
aufreißen, neue Schuldenaufnahmen oder neue Steuerer-
höhungen notwendig machen. Es interessiert sie wie ge-
habt nicht, woher das Geld letztlich kommt. Um hier
nicht durchdachte, populistische Forderungen vorzubrin-
gen, ignorieren sie, was jedem Verantwortungsbewuss-
ten in diesem Land klar ist. Wir müssen die Staatsschul-
den, vor allem im Interesse unserer Kinder, reduzieren.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wieder einmal zeigt sich deutlich, dass Sozialismus
überhaupt nichts mit sozialer Politik zu tun hat.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Die Praxisgebühr ist auch zwei Jahre nach ihrer Ein-
führung weder bei Patienten noch bei Ärzten beliebt.


(Detlef Parr [FDP]: Zu Recht! – Gegenruf der Abg. Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Wer zahlt schon seine Rechnung gern?)


Sie ist eine Gebühr, die niemand gerne zahlt und die
auch kein Arzt gerne von seinen Patienten einzieht.
Nach anfänglichen Schwierigkeiten, Widerständen und
organisatorischen Problemen haben sich aber die Ab-
läufe inzwischen sehr gut eingespielt. In der Anlauf-
phase gab es eine ganze Reihe von schwierigen Fällen,
für die im Laufe weniger Wochen praktikable und ak-
zeptable Lösungen gefunden wurden. Die Kassenärztli-
che Bundesvereinigung hat festgestellt, dass die Zahl
der Arztbesuche nach Einführung der Praxisgebühr um
10 Prozent gesunken ist. Da die Patientinnen und Patien-
ten in Deutschland eine sehr hohe, im internationalen
Vergleich überdurchschnittlich hohe Kontaktfrequenz zu
den Ärzten haben, muss diese Entwicklung für uns
durchaus kein Anlass zur Sorge sein.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: So ist es!)


Festgestellt wurde auch, dass die Versicherten zuneh-
mend den Hausarzt als zentrale Anlaufstelle aufsuchen
und die Zahl derjenigen, die direkt einen Facharzt aufsu-
chen, geringer wurde.


(Zuruf des Abg. Detlef Parr [FDP])


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(C (D uch dies ist ein durchaus gewünschter und beabsichtiger Effekt, Kollege Parr, der zur Kostensenkung im Geundheitswesen erheblich beiträgt. Gestatten Sie mir ein Fazit: Die Praxisgebühr hat weentliche Ziele, die mit ihrer Einführung verbunden waen, erreicht. Die gesetzlichen Krankenkassen wurden ntlastet – dies ist eine Tatsache –, auch wenn die Entlasung nicht zu den ursprünglich gewünschten Beitragsreuzierungen führte, sondern allenfalls weitergehende eitragserhöhungen verhindert hat. Die Eigenverantortung des mündigen Patienten wurde gestärkt. Die berforderungsregelungen gewährleisten, dass Patien en mit geringem Einkommen nicht überfordert werden. n der augenblicklichen Situation ist die Praxisgebühr ür die Finanzierung unseres Gesundheitswesens unverichtbar. Wir werden in den anstehenden Ausschussberaungen deutlich machen, dass der von Ihnen angedachte eg in eine weitere Staatsverschuldung mit uns nicht zu ehen ist. Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601617700

Herr Kollege Koschorrek, auch Ihnen herzlichen

lückwunsch zu Ihrer ersten Rede hier in diesem Hohen
ause. Alles Gute!


(Beifall)


Das Wort hat der Kollege Detlef Parr, FDP-Fraktion.


Detlef Parr (FDP):
Rede ID: ID1601617800

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch

ch möchte dem Kollegen Koschorrek noch gratulieren.
ch hätte meinen Zwischenruf nicht gemacht, wenn ich
ewusst hätte, dass es Ihre Jungfernrede ist.


(Dr. Rolf Koschorrek [CDU/CSU]: Ich bin durchaus stoßfest!)


Heute haben wieder Tausende von Arztpraxen hier in
erlin und bundesweit geschlossen. Die Ärzteschaft hat
ie Nase voll. Sie hat die Nase voll, im Krankenhaus
eiter unbezahlte Überstunden zu machen, sie hat die
ase voll, in den Praxen zeitweise zum Nulltarif zu ar-
eiten, und sie hat die Nase voll, zunehmend mehr Zeit
or dem Computer als mit ihren Patienten zu verbringen.


(Beifall bei der FDP)


as verstehen mittlerweile alle Betroffenen. Die Pro-
este finden in der Öffentlichkeit breite Zustimmung.

Manche von Ihnen erinnern sich an den Sommer 2003


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Du warst auch dabei!)


ja, ich war auch dabei, Annette –, an die Allparteien-
onsensrunde für eine nachhaltige Gesundheits-
eform. Horst Seehofer und Ministerin Schmidt forder-
en damals vehement zum einen soziale Balance; zum
nderen sollte jede gesetzliche Maßnahme auf ihre büro-
ratischen Auswirkungen hin überprüft werden. Verein-






(A) )



(B) )


Detlef Parr
bartes Ziel: weniger Bürokratie, weniger Reglementie-
rung. Herausgekommen ist aus den für Horst Seehofer
und Ulla Schmidt erklärtermaßen schönsten Nächsten
ihres Lebens ein Kind: die Praxisgebühr.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Das stimmt jetzt nicht! – Zuruf des Abg. Jens Spahn [CDU/CSU])


Damit wir uns nicht falsch verstehen, Herr Spahn:
Zuzahlungsregelungen in der gesetzlichen Krankenver-
sicherung sind notwendig, um Kostenbewusstsein zu
schaffen, um Anreize zu setzen, sich möglichst wirt-
schaftlich und sparsam zu verhalten. Doch muss das auf
dem Rücken der Ärzteschaft ausgetragen werden? Darf
eine Praxis zu einem Inkassounternehmen der Kranken-
kassen missbraucht werden?

Die FDP hat diese Fragen mit ihrem Antrag schon vor
zwei Jahren mit einem klaren Nein beantwortet. Wir ha-
ben uns in der Konsensrunde – wir tun das bis heute –
für eine praktikable, unbürokratische Zuzahlungsrege-
lung im ambulanten Bereich im Rahmen der Kostener-
stattung eingesetzt.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: Oh ja!)


Wenn wir unser Gesundheitssystem transparenter ma-
chen wollen, wenn wir Verhaltensänderungen in Gang
setzen wollen, dann müssen wir von der anonymen
Chipkarte, vom Sachleistungsprinzip Abschied nehmen.


(Zustimmung bei der FDP)


Es muss endlich Schluss sein mit einer Vollkaskomenta-
lität, die Finanzierungsströme in falsche Richtungen
lenkt.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Wie stehen Sie denn zum Antrag?)


Herr Spahn, Ärzte müssen, wie alle anderen Berufsspar-
ten auch, ihre Leistungen in Euro und Cent ausweisen
dürfen – ich denke, da sind wir einer Meinung – und
Versicherte müssen präzise wissen, welche Kosten durch
Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen entstehen.

Ich wiederhole heute gern unsere Forderung, mit so-
zial angemessenen Härtefallregelungen – Herr Kollege
Koschorrek hat darauf hingewiesen, in welcher Weise
das schon genutzt wird – im Rahmen der Kostenerstat-
tung – hier unterscheiden wir uns – ein wirkungsvolles
Steuerungselement zu etablieren, zum Beispiel über pro-
zentuale Zuzahlungen, die einen Bezug zu den in An-
spruch genommenen Leistungen haben.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Auch die Linke fordert jetzt die Streichung des Arzt-
praxeneintrittsgeldes, wie wir vor zwei Jahren. Ziehen
unsere beiden Fraktionen nun etwa am gleichen Strang?


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Ja, wie bei der Rente! – Annette Widmann-Mauz [CDU/ CSU]: Neue Koalition! – Jens Spahn [CDU/ CSU]: PDS und FDP Seit’ an Seit’!)


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(C (D atürlich nicht! Wenn man sich unsere Begründungen m Einzelnen anschaut, sieht man: Die Linke will die raxisgebühr ersatzlos streichen und begründet dies mit er übermäßigen Belastung für die sozial Schwachen. ie fordert, dies gegenzufinanzieren, indem die Zuweiungen aus dem Bundeshaushalt bestehen bleiben und icht, wie im Koalitionsvertrag beschlossen, zurückgeührt werden. Diese beiden Ziele kann man durchaus als nterstützenswert bezeichnen. Die Streichung der Mittel us dem Bundeshaushalt – da kommt der Zwischenruf on Herrn Spieth in Richtung Tabaksteuer zu Recht – ist in Beispiel für die geringe Verlässlichkeit der Politik eier großen Koalition; enn diese Mittelzuweisung war ein Kernstück des groen Kompromisses der alten Regierung mit der CDU/ SU, des GMG, das man eigentlich besser ein gemeinsaes Mittelmaßgesetz nennen könnte. Das bis ins Jahr 2007 berechnete Finanztableau aute unter anderem auf den für dieses Jahr beabsichtigen Zuwendungen von immerhin 4,2 Milliarden Euro uf. Es galt als Garant für Beitragssatzsenkungen und ine stabile Finanzlage der Kassen über Jahre hinweg. ie sehr wurden wir seinerzeit gescholten, weil wir die em Finanztableau mit all seinen Hochrechnungen missraut haben, (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Aber wir hatten Recht!)


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Allerdings!)


nd wie sehr haben wir mit unserem Misstrauen Recht
ehalten! Gesundheitsversorgung nach Haushaltslage
arf es nach unserer Überzeugung nicht geben.

Nun aber ein Wort an die Linke: Wer Zuzahlungen als
orangetriebene Teilprivatisierung diskreditiert und da-
it das Prinzip der Eigenverantwortung völlig aus-

lendet, kann nicht mit der Zustimmung der Liberalen
echnen.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Wie denn jetzt?)


o richtig der Einsatz für ärmere Bevölkerungsgruppen
st – wir dürfen darüber nicht vergessen, dass sich eine
esundheitsreform nicht in gleichmachender Sozialro-
antik verlieren darf. Gezielte Hilfen für bedürftige
enschen – ja, aber nicht ohne angemessene Eigenbe-

eiligung der stärkeren Schultern unserer Gesellschaft.


(Zuruf des Abg. Frank Spieth [DIE LINKE])


Herr Spieth, Bismarck ist tot. Wir brauchen dringend
ndere Vorstellungen zur Gesundheitsreform als die bis-
arckschen Grundsätze.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Es sind doch Verwandte von ihm im Deutschen Bundestag!)


Herzlichen Dank fürs Zuhören.


(Beifall bei der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601617900

Nächste Rednerin ist die Kollegin Dr. Carola

eimann, SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)







(A) )



(B) )


Dr. Carola Reimann (SPD):
Rede ID: ID1601618000

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Wir haben mit der letzten Gesundheitsreform
einen umfassenden Erneuerungsprozess für unser Ge-
sundheitssystem eingeleitet. Unser Ziel war und ist, das
solidarische Gesundheitssystem zukunftsfähig zu ma-
chen. Die Praxisgebühr war Teil dieser Reform. Sie
trägt nicht nur dazu bei, die Gesundheitskosten und die
Kassenbeiträge stabil zu halten, sondern sie entfaltet
auch wichtige steuernde Wirkungen, die ein gesund-
heits- und kostenbewusstes Verhalten der Versicherten
fördern.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Leider scheint das Prinzip der Praxisgebühr im Detail
nicht überall so bekannt zu sein, wie wir uns das wün-
schen. Das legt zumindest der in Teilen sehr populistisch
formulierte Antrag der Linken zur Abschaffung der Pra-
xisgebühr nahe. Deswegen möchte ich noch einmal kurz
skizzieren, worum es eigentlich geht.

Alle gesetzlich Versicherten haben seit dem 1. Januar
2004 pro Quartal beim Erstbesuch eines Arztes, eines
Zahnarztes oder in der ambulanten Versorgung jeweils
10 Euro Praxisgebühr zu entrichten. Ich möchte an die-
ser Stelle kurz daran erinnern, dass diese Regelung ein
Kompromiss zwischen den Vorstellungen der Union und
der SPD ist; sie ist kein Kind, sondern ein Kompromiss.

Die Union wollte seinerzeit eine 10-prozentige Betei-
ligung der Patienten für alles.


(Detlef Parr [FDP]: Sehr gut!)


Wir dagegen wollten ursprünglich den Hausarztbesuch
gebührenfrei stellen, um die Lotsenfunktion des Haus-
arztes zu stärken. Herausgekommen ist die derzeitige
Regelung zur Praxisgebühr mit den schon angesproche-
nen Sozialklauseln. So sind Kinder bis zu 18 Jahren, die
Schwangerenvorsorge und alle Vorsorgeuntersuchungen
von der Praxisgebühr ausgenommen. Es existiert außer-
dem eine Zuzahlungsgrenze, die dafür sorgt, dass die
Summe der Zuzahlungen nicht mehr als 2 Prozent des
jährlichen Bruttoeinkommens beträgt. Für chronisch
kranke Menschen liegt die Belastungsgrenze bei 1 Pro-
zent.

Zudem gab es für die Krankenkassen die Option, ih-
ren Versicherten Bonusprogramme oder eine Ermäßi-
gung der Praxisgebühr anzubieten, wenn die Versicher-
ten an integrierten Versorgungsprogrammen – Stichwort:
Disease-Management-Programme, DMP – oder an der
hausarztzentrierten Versorgung teilnehmen. Die Kran-
kenkassen haben diese Programme angeboten und sie
werden von den Versicherten angenommen. Damit wird
bei den Versicherten verstärkt gesundheitsbewusstes
Verhalten gefördert. Liebe Kolleginnen und Kollegen
von der Linken, das sind schon gewünschte Steuerungs-
wirkungen der Praxisgebühr, die Sie in Ihrem Antrag be-
wusst unterschlagen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


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(C (D ie entwerfen stattdessen ein Schreckensszenario, in em Sie die medizinische Grundversorgung ärmerer eile unserer Bevölkerung durch die Praxisgebühr geährdet sehen oder sogar teilweise nicht mehr gewähreistet sehen. Aber kehren wir doch einmal zur Realität zurück und ommen zu den Auswirkungen der Praxisgebühr. Zwei ahre nach Einführung kann man da schon einiges sagen. unächst einmal ist festzustellen, dass die Krankenkasen Einnahmen verbuchen konnten, und zwar mehr als Milliarden Euro im Jahr; das entspricht immerhin einer rößenordnung von etwa 0,2 Beitragssatzpunkten. Der n Ihrem Gesetzentwurf bezifferte Betrag ist deutlich zu ering und entspricht damit nicht den Tatsachen. Natürlich hatte die Einführung der Praxisgebühr – daauf habe ich schon hingewiesen – nicht nur finanzielle uswirkungen, sondern auch Auswirkungen auf das Veralten der Versicherten. Inzwischen ist durch Studien es Zentralinstitutes der Kassenärztlichen Bundesvereiigung und durch das Wissenschaftliche Institut der AOK elegt worden, dass die Zahl der Arztbesuche durch die raxisgebühr um etwa 10 Prozent gesunken ist. Angeichts der im internationalen Vergleich sehr hohen Zahl er Arztkontakte in Deutschland vor der Einführung der raxisgebühr ist das, glaube ich, durchaus vertretbar. Viel wichtiger aber ist die Tatsache, dass die Versiherten zunehmend zunächst den Hausarzt als zentrale nlaufstelle aufsuchen, der dann seine Lotsenfunktion ahrnehmen kann. Die Versicherten überlegen sich also enauer, wann sie welchen Arzt aufsuchen, und gehen unächst zu ihrem Hausarzt. Gerade das ist medizinisch innvoll und war auch politisch so gewollt. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Detlef Parr [FDP]: Es ist aber teurer!)


ie Regelung hat an dieser Stelle eine positive Steue-
ungswirkung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der PDS, Sie
egründen Ihren Gesetzentwurf damit, dass durch die
raxisgebühr die gesundheitliche Versorgung ärmerer
evölkerungsgruppen gefährdet sei. Dafür gibt es je-
och keine wissenschaftlichen Belege. Richtig ist zwar,
ass Anfang 2004, kurz nach Einführung der neuen Re-
elung, Geringverdiener infolge der teils heftigen, auch
ffentlich geführten Debatten in Befragungen angaben,
uf den Arztbesuch zu verzichten. Aber inzwischen hat
ich die Aufregung gelegt und die Zahlen derer, die auf
en Arztbesuch verzichten wollen, sind wieder zurück-
egangen, wie sich ebenfalls in Befragungen herausge-
tellt hat. Diese Entwicklung belegt auch die von Ihnen
itierte Bertelsmann-Studie. Leider zitieren Sie nur un-
ollständig aus diesem Werk und berücksichtigen das in
hrer Begründung nicht. Es hat in den letzten zwei Jah-
en folgende Entwicklung gegeben: Die Versicherten ge-
en zuerst zum Hausarzt. Sie versuchen, Arztbesuche
ezielter quartalsweise zu organisieren und die Behand-
ung, wenn das möglich ist, in dem jeweiligen Quartal
um Abschluss zu bringen. Das ist der gewünschte Ef-
ekt, der letztlich geblieben ist.






(A) )



(B) )


Dr. Carola Reimann
Lassen Sie mich abschließend noch ein Wort zu den
Kosten sagen, die der Gesetzentwurf verursachen
würde, wenn er umgesetzt würde. Das Streichen der
Praxisgebühr würde für die gesetzliche Krankenversi-
cherung zu Einnahmeausfällen in Höhe von 2 Milliar-
den Euro führen. Wie gesagt, Ihre 1,68 Milliarden Euro
liegen deutlich zu niedrig. Da Sie aber auch keine höhe-
ren Beiträge wünschen, muss das Geld also aus dem
Bundeshaushalt kommen. Nun ist es aber so, dass man
dem Bundeshaushalt bei der momentanen Finanzlage
nicht einfach 2 Milliarden Euro entnehmen kann, wenn
man eine solide und seriöse Haushaltspolitik fortsetzen
möchte. Aber diese Frage scheint bei Ihrem Entwurf
nicht so sehr im Vordergrund gestanden zu haben.

Kolleginnen und Kollegen, für uns gibt es keinen
Grund, die Praxisgebühr zu streichen und ein wichtiges
Steuerungselement aus der Hand zu geben. Die Praxis-
gebühr wirkt, und zwar anders, als Sie es beschreiben.
Ihr Vorschlag, die Praxisgebühr ersatzlos zu streichen,
ignoriert nicht nur konsequent die sinnvollen Funktionen
der Praxisgebühr; er offenbart meiner Ansicht nach
ebenso ein sehr eindimensionales Verständnis von Ge-
sundheitspolitik, denn er dient letztlich lediglich als Ve-
hikel für eine populistische Einzelforderung.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Eine Ausgrenzung von Menschen mit geringem Ein-
kommen, die Sie hier attestieren, können Sie nicht bele-
gen.

Vielmehr haben wir mit der Gesundheitsreform die
Voraussetzungen geschaffen, dass unser solidarisches
Gesundheitssystem weiterhin zuverlässig funktioniert.
Denn nur – auch das muss man sagen – ein solidarisches
Gesundheitssystem garantiert allen, auch den weniger
Wohlhabenden, den Zugang zu medizinischen Leistun-
gen, und zwar auf dem neuesten Stand der medizini-
schen Forschung.

Ich danke.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601618100

Letzte Rednerin in dieser Debatte ist die Kollegin

Birgitt Bender, Bündnis 90/Die Grünen.


Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601618200

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr

Spieth, ich könnte es mir einfach machen und sagen,
dass der Antrag Ihrer Fraktion billiger Populismus ist;
dafür gibt es Hinweise. Ich denke da beispielsweise an
Ihre Vorschläge zur Gegenfinanzierung.


(Detlef Parr [FDP]: Richtig!)


Sie schlagen vor, Zuzahlungen abzuschaffen, die für
einen Einnahmezufluss im Gesundheitswesen in Höhe
von 1,7 Milliarden Euro sorgen. Was schlagen Sie als
Gegenfinanzierung vor? Die von der Koalition beabsich-
tigte Streichung des Steuerzuschusses zurückzunehmen.
Ich teile zwar die Kritik, dass es der nackte Wahnsinn ist,
4 Milliarden Euro Steuergelder, die wir einmal gemein-

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(C (D am beschlossen haben, aus der GKV einfach herauszuehmen. ber zu sagen, das sei eine mögliche Gegenfinanzierung ür Mehrausgaben, Herr Spieth, ist wirklich ein Witz. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


(Detlef Parr [FDP]: So ist es!)


Ich will mich mit Ihrem Gesetzentwurf aber weiterhin
rnsthaft befassen. Sie sagen, die Praxisgebühr führe zur
nterversorgung ärmerer Bevölkerungsschichten. Die
ertelsmann-Studie, auf die Sie sich berufen, legt diesen
chluss in der Tat nahe. Aber es gibt auch andere Stu-
ien. Herr Koschorrek und Frau Reimann haben bereits
uf die Studie des Wissenschaftlichen Instituts der AOK
ingewiesen. Ich will kurz ausführen, was dabei heraus-
ekommen ist.

Zu Beginn des Jahres 2004 haben tatsächlich viel
ehr Menschen mit einem Einkommen unter 1 000 Euro
rztbesuche unterlassen als etwa Menschen mit einem
inkommen über 3 000 Euro. Die Befragung wurde ein
ahr später, Anfang 2005, wiederholt. Siehe da: Es gab
nnähernd die gleiche Anzahl von Menschen mit höhe-
em wie mit niedrigerem Einkommen – es waren noch
twas mehr bei den höheren Einkommen –, die gesagt
aben, dass sie Arztbesuche unterlassen haben. Das
IdO schließt daraus, dass die soziale Verzerrung, die

s in der Tat zu Beginn der Gesundheitsreform gab – das
eruhte wahrscheinlich auf Informationsmängeln –, in-
wischen beseitigt ist. Zu einem ähnlichen Ergebnis
ommt eine Studie von DIW und TU Berlin. Diese Stu-
ie zeigt, dass die Zahl der Arztbesuche abgenommen
at und dass dieses Verhalten über alle Einkommens-
ruppen hinweg einheitlich ist.

Wenn wir seriös über dieses Thema diskutieren wol-
en, müssen wir doch eines beachten: Ob tatsächlich not-
endige Arztbesuche unterlassen werden, können wir

rst einschätzen, wenn Längsschnittuntersuchungen
urchgeführt worden sind. Die Ergebnisse von solchen
ntersuchungen können aber erst nach sieben bis acht

ahren vorliegen.


(Annette Widmann-Mauz [CDU/CSU]: So ist es!)


Ich weiß gar nicht, ob Sie an diesen Ergebnissen
irklich interessiert sind, Herr Spieth. Schauen Sie sich

inmal genau an, was die Menschen, die im Rahmen der
ertelsmann-Studie befragt wurden, geantwortet haben.
ie haben gesagt, dass sie vor der Reform 23-mal im
ahr zum Arzt gegangen sind, also fast jede zweite Wo-
he. Das ist auch für chronisch kranke Menschen sehr
iel. Wenn diese Menschen nach der Reform 16-mal
um Arzt gehen, ist das immer noch nicht wenig. Wir
issen, dass Menschen in Frankreich, in den Niederlan-
en und in Dänemark viel weniger häufig zum Arzt ge-
en als Menschen in Deutschland, dass sie aber nicht
ränker sind. Man könnte also einmal darüber nachden-
en, ob nicht die Menschen, die in Deutschland so oft
um Arzt gehen, Ressourcen blockieren, die für andere
ranke Menschen dann nicht zur Verfügung stehen.






(A) )



(B) )


Birgitt Bender
Auch die Frage der Ressourcenverteilung im Gesund-
heitswesen unter den Kranken, Herr Spieth, ist eine
Frage sozialer Gerechtigkeit.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der SPD)


Für die Grünen kann ich nur sagen: Wir wollen, dass
es keine Unterversorgung gibt. Wir wollen aber auch
Überversorgung im Gesundheitswesen abbauen. Wir
wollen, dass das Geld im Gesundheitswesen an der rich-
tigen Stelle ausgegeben wird. Auch das gehört zur sozia-
len Gerechtigkeit. Wenn wir da Ihre Partei an unserer
Seite hätten, dann würde das den kranken Menschen in
diesem Land vielleicht mehr dienen als Ihre Vorschläge.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601618300

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent-
wurfs auf Drucksache 16/451 an den Ausschuss für Ge-
sundheit vorgeschlagen. Gibt es dazu anderweitige Vor-
schläge? – Das ist nicht der Fall. Dann ist die
Überweisung so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 9 auf:

Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/
CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Umsetzung des Rahmenbeschlus-
ses über den Europäischen Haftbefehl und die
Übergabeverfahren zwischen den Mitglied-

(Europäisches Haftbefehlsgesetz – EuHbG)


– Drucksache 16/544 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und
Geschäftsordnung
Innenausschuss
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich
höre keinen Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Herr Parla-
mentarischer Staatssekretär Alfred Hartenbach.

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Alfred Hartenbach (SPD):
Rede ID: ID1601618400


Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kolle-
gen! Wir wollen einen europäischen Raum der Freiheit,
der Sicherheit und des Rechts schaffen. Dazu gehört,
dass die Mitgliedstaaten der Europäischen Union zum
Schutz vor Terrorismus und Kriminalität und zur Sicher-
heit ihrer Bürgerinnen und Bürger enger bei der Strafver-
folgung zusammenarbeiten. Der Europäische Haftbe-
fehl bringt hier ganz wichtige Fortschritte.

Neu beim Europäischen Haftbefehl ist die grundsätz-
liche Verpflichtung, auch eigene Staatsangehörige aus-

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(C (D uliefern. Wer sich in der Europäischen Union frei beegt und außerhalb seines Heimatstaates Straftaten egeht, der muss sich auch außerhalb seines Heimatstaaes vor Gericht verantworten. Das gilt für EU-Ausländer, ie bei uns Straftaten begehen. Das gilt auch für Deutche, die im Ausland Straftaten begehen. Neu ist zudem er Wegfall der Prüfung der beiderseitigen Strafbarkeit ei den 32 Listendelikten. Neu ist schließlich – darauf öchte ich besonders hinweisen – die Verkürzung des uslieferungsverfahrens. Das alles gibt der Rahmenbeschluss über den Euroäischen Haftbefehl vom 13. Juni 2002 zur Umsetzung or. Wir haben damals in ausgiebigen Beratungen und orgfältigen Prüfungen vor allem unter Beachtung unsees Grundgesetzes und unter Heranziehung des § 73 des esetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsa hen, des Ordre public, das Gesetz zur Umsetzung des uropäischen Haftbefehls geschaffen, das im Juli 2004 n Kraft getreten ist. Wir haben dabei auch die mahnenen Stimmen sorgfältig und gewissenhaft ausgewertet. ch betone das besonders im Namen derjenigen Kolleinnen und Kollegen, die an dem Gesetz mitgewirkt haen. Für einige war dann allerdings der 18. Juli 2005 (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eine ziemliche Ohrfeige!)


n Karlsruhe ein Gang nach Canossa. Sie demonstrieren
as heute noch, manchmal im härenen Gewand. Für
ich ist dies eine Entscheidung des obersten Verfas-

ungsorgans gewesen wie viele andere vorher auch, mit
er wir nicht übereinstimmten, die wir aber respektieren
nd umsetzen werden. Deswegen brauchen wir aber
icht im Büßerhemd aufzutreten.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Ent-
cheidung das europarechtliche Instrument des Europäi-
chen Haftbefehls nicht beanstandet. Es hat aber eine
euregelung des Europäischen Haftbefehlgesetzes in

wei Punkten gefordert:

Erstens. Die Entscheidung der Bewilligungsbehörde
uss künftig justiziabel sein, also von einem Gericht

berprüft werden können. Diese Forderung ist im vorlie-
enden Gesetzentwurf so gelöst, dass die Bewilligungs-
ehörde vorab mitteilen muss, ob und warum sie den
etroffenen ausliefern wird. Die Entscheidung der Be-
illigungsbehörde wird dann vom Oberlandesgericht im
uge des Zulässigkeitsverfahrens überprüft. Damit ist
icht nur dem Auftrag des Verfassungsgerichts Genüge
etan.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das werden wir sehen!)


ielmehr vermeiden wir auch Verfahrensverzögerungen.
ie Auslieferungsentscheidung muss nämlich beim Eu-

opäischen Haftbefehl spätestens 60 Tage nach der Fest-
ahme des Betroffenen erfolgen.

Zweitens hat das Bundesverfassungsgericht gefor-
ert: Die Auslieferung deutscher Staatsangehöriger ist






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Alfred Hartenbach
nur zulässig, wenn die Tat, deretwegen um Auslieferung
ersucht wird, einen maßgeblichen Auslandsbezug auf-
weist. Mit anderen Worten: Tatort und Erfolgseintritt
müssen im Wesentlichen im Ausland liegen.

Dieser Forderung wird mit der Neuregelung in § 80
des Entwurfs entsprochen. Danach ist die Auslieferung
unzulässig, wenn die Tat einen maßgeblichen Inlandsbe-
zug hat. Wenn also ein deutscher Staatsangehöriger sein
möglicherweise strafbares Verhalten im Wesentlichen
nur hier, in Deutschland, begeht und es sich im Wesentli-
chen auch nur hier auswirkt, dann soll er nicht damit
rechnen müssen, dass er deswegen an einen anderen
Staat ausgeliefert wird.

In so genannten Mischfällen, also in solchen Fällen,
in denen weder der Inlands- noch der Auslandsbezug
überwiegt, muss eine Abwägung stattfinden. Bei dieser
Abwägung sind den Vorgaben aus Karlsruhe entspre-
chend – ich zitiere –

… die praktischen Erfordernisse und Möglichkeiten
einer effektiven Strafverfolgung und die grund-
rechtlich geschützten Interessen des Verfolgten un-
ter Berücksichtigung der mit der Schaffung eines
Europäischen Rechtsraums verbundenen Ziele zu
gewichten und zueinander ins Verhältnis zu
setzen …

Weiter ist zu berücksichtigen, ob es ein Straf- oder Er-
mittlungsverfahren in Deutschland gibt oder gegeben
hat. Wenn also hier zum Beispiel ein Verfahren anhängig
war und wenn es eingestellt wurde, ist völlig klar, dass
eine Auslieferung in der Regel nicht mehr in Betracht
kommen kann.

Mit dieser Neuregelung genügen wir auch dem Prü-
fungsauftrag des Bundesverfassungsgerichtes, das ver-
langt hat, dass die staatsanwaltschaftliche Einstellungs-
entscheidung durch die Justiz überprüfbar sein müsse,
soweit es um die Auslieferung von eigenen Staatsange-
hörigen geht. Die Entscheidung darüber, ob die Tat einen
In- oder Auslandsbezug hat oder ob es sich um einen
Mischfall handelt und wie dieser Mischfall zu lösen ist,
trifft das zuständige Oberlandesgericht.

Weitere Nachbesserungen hat Karlsruhe trotz der Er-
klärung der Gesamtnichtigkeit nicht gefordert. Insbeson-
dere ist es, verehrte Kolleginnen und Kollegen der CSU-
Landesgruppe im Deutschen Bundestag, nicht erforder-
lich, die in Ihrer heutigen Pressemitteilung erhobene
Forderung, deutsche Staatsangehörige nicht wegen
Bagatellen auszuliefern, explizit in den Gesetzestext
aufzunehmen. Das Verfassungsgericht hat in seiner Ent-
scheidung – dies völlig zu Recht – betont, dass die Ver-
hältnismäßigkeit ohnehin und selbstverständlich zu be-
achten ist. Diese Selbstverständlichkeit ist übrigens auch
in der Gesetzesbegründung mehrfach betont worden. Sie
finden im Gesetzestext ihre Stütze unter anderem in dem
bereits von mir erwähnten Ordre public des § 73 IRG.
Dieser wird von einem Oberlandesgericht, also von drei
Berufsrichtern, geprüft. Seien Sie also versichert: Kein
Deutscher wird künftig wegen Nichtigkeiten an das Aus-
land ausgeliefert werden. Diese Selbstverständlichkeit
im Gesetz klar zu stellen, ist unnötig. Wenn wir nicht

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(C (D reunde wären, würde ich vielleicht noch härtere Worte inden. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts hat bei nseren europäischen Partnern natürlich zu Nachfragen eführt. In der Praxis laufen wir in der derzeitigen chwebephase sogar Gefahr, am Auslieferungsverkehr nnerhalb der EU nur noch in eingeschränktem Umfang eilzunehmen. Wir haben sofort im Anschluss an die ntscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einen ntwurf vorgelegt. Ich biete Ihnen, meine sehr geehrten amen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, an, uch diesen Entwurf, der heute von den Fraktionen der DU/CSU und der SPD vorgelegt wird, im Verfahren rnsthaft zu beraten, wie das ja üblich ist. Wir sind gern ereit, Sie bei diesen Beratungen zu unterstützen, sofern ie unsere Unterstützung und Hilfe haben wollen. Ich glaube, dass wir ein an den Grundrechten orieniertes und gleichwohl effektives und dem Rahmenbechluss entsprechendes Gesetz schaffen werden. Vielen Dank. Das Wort hat die Kollegin Sabine Leutheusser chnarrenberger, FDP-Fraktion. Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kol egen! Der Deutsche Bundestag hat sich zuletzt 2004 mit em Europäischen Haftbefehl befasst. Wir alle wissen och zu gut, dass die Beratungen über den damaligen esetzentwurf der Bundesregierung nicht gerade zu den arlamentarischen Sternstunden gehört haben. Das sage ich Ihnen gleich. Der Deutsche Bundestag sah sich mit einem Gesetzntwurf konfrontiert, mit dem der Rahmenbeschluss um Europäischen Haftbefehl umgesetzt werden sollte – nd das möglichst schnell. Sachliche Kritik führte seiens der Bundesregierung und Vertretern der damaligen ot-grünen Koalitionsfraktionen schnell zu dem Vorwurf, it einer Verzögerung der Beratungen dem internationa en Terrorismus und der organisierten Kriminalität Vorchub zu leisten. Schließlich hat der Gesetzentwurf aufrund erheblichen Drucks im Bundestag eine Mehrheit efunden. Alle Fraktionen – das werden Sie feststellen, enn Sie sich die damaligen Beratungen und Reden an ehen – haben darauf hingewiesen, dass ihnen die Zutimmung sehr schwer fällt. Das Ergebnis dieses Gesetzgebungsverfahrens ist ja un bekannt: ein vernichtendes Urteil des Bundesverassungsgerichts, das das gesamte Gesetz zum Europäichen Haftbefehl für nichtig erklärt hat. Das war keine ternstunde für das Bundesministerium der Justiz als erfassungsressort. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger Wir als Abgeordnete haben natürlich unsere Lektion gelernt: nicht nur die, dass wir uns bei Rahmenbeschlüssen künftig sehr viel früher einzubringen haben – das werden wir tun –, sondern auch, dass eine sorgfältige Beratung erfolgen muss und dass Sachverstand auch außerhalb des Ministeriums einzuholen ist. Das ist in diesen schwierigen rechtspolitischen Fragen unverzichtbar. Deshalb hat der Rechtsausschuss bereits gestern eine Sachverständigenanhörung beschlossen. Es gibt viele Aspekte in diesem Gesetzentwurf, die wirklich noch der Hinterfragung durch Sachverständige bedürfen. Sie alle wissen noch, welche Bedenken es damals gegen den Gesetzentwurf gegeben hat. Natürlich stellt sich die ganz schwierige Frage, wie wir in dem Bereich Innenund Justizzusammenarbeit in der Europäischen Union vorgehen; denn wir haben nicht in allen Mitgliedstaaten gleiche Rechtsstandards und Rechtsschutzmöglichkeiten. Das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung, das in Tampere und auch in den Haager Beschlüssen vereinbart wurde, ist eben nicht der Weg zur Anpassung von Standards. Vielmehr wird eine Anerkennung justizieller Entscheidungen auf unterschiedliche Standards aufgesetzt, was mit großen Problemen verbunden ist. Deshalb, Herr Staatssekretär, bin ich froh, dass Ihre Ministerin – ich hätte sie gerne heute hier zu dem Gesetzentwurf gehört – gestern im Rechtsausschuss angekündigt hat, dass es demnächst Rahmenbeschlussentwürfe geben wird, die endlich einheitliche Standards für die Rechte von Beschuldigten enthalten werden. Das ist genau das, was wir von Anfang an immer eingefordert haben. Das Bundesverfassungsgericht hat mit der Nichtigerklärung des gesamten Gesetzes zum Europäischen Haftbefehl ohne Übergangsregelung ein klares Signal an den Gesetzgeber gegeben, nämlich sich noch einmal grundlegend mit diesem Gesetzgebungsvorhaben zu befassen und nicht nur einige wenige Detailänderungen vorzunehmen. Das Gericht hat ausgeführt, dass das Gesetz auf unverhältnismäßige Weise in das Grundrecht der Auslieferungsfreiheit gemäß Art. 16 Abs. 2 Satz 2 Grundgesetz eingegriffen hat. Bei sorgfältiger Lektüre des Gesetzentwurfes der Koalitionsfraktionen blickt man etwas erstaunt. Es ist wie bei dem Gesetzentwurf zur akustischen Wohnraumüberwachung vorgegangen worden, indem zentrale Aussagen des Bundesverfassungsgerichtes ignoriert wurden. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung klar ausgeführt, dass das Europäische Haftbefehlsgesetz aufgrund der fehlenden Anfechtbarkeit der Auslieferungsbewilligungsentscheidung gegen die Rechtswegegarantie nach Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz verstößt. (Siegfried Kauder [Villingen-Schwenningen] [CDU/CSU]: Das war allerdings auch etwas völlig Neues!)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601618500
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP):
Rede ID: ID1601618600

(Joachim Stünker [SPD]: Warum?)


(Beifall bei der FDP)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der FDP)


Daher verwundert es, dass die Bewilligungsentschei-
dung auch weiterhin nachträglich nicht anfechtbar sein
soll. Dadurch, dass die Bewilligungsentscheidung fak-
tisch vor die Zulässigkeitsentscheidung durch das OLG

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(C (D erlagert wird, gewinnt der Beschuldigte wenig: nämlich ie Einführung des Richtervorbehalts, nicht aber die echtswegeröffnung nach Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz. (Beifall bei Abgeordneten der FDP sowie des Abg. Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


eshalb muss das noch einmal in den Beratungen über-
rüft und hinterfragt werden. Denn eines kann sich we-
er das Ministerium noch das Parlament leisten: dass wir
ier wieder einen Gesetzentwurf mit Mehrheit beschlie-
en, der dann wiederum in einigen Punkten, die jetzt klar
ngesprochen werden, beim Bundesverfassungsgericht
icht Bestand hat.


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


as wäre die größte Blamage, die überhaupt passieren
ann. Dann bestünde zu Recht eine große Verunsiche-
ung in anderen europäischen Mitgliedstaaten über das,
as hier im Rahmen der deutschen Gesetzgebung im
ereich Innen- und Justizzusammenarbeit in der Euro-
äischen Union passiert.

Ich hoffe, dass in den Beratungen gerade auch die
ertreter des Ministeriums ernsthaft aufnehmen, was
achleute zu vielen anderen Aspekten in dem Gesetzent-
urf sagen. Ich glaube auch nicht, dass alle Länderjus-

izminister schon in allen Punkten sehr glücklich mit
em Gesetzentwurf sind. Manches ist schwammig, ist
icht korrekt abgegrenzt und viel zu unklar. Dazu gehört
it Sicherheit § 80 zum Inlandsbezug und Auslandsbe-

ug von Taten. Auch da muss noch einmal deutlich
achgebessert werden.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP)



Dr. h.c. Susanne Kastner (SPD):
Rede ID: ID1601618700

Nächster Redner ist der Kollege Siegfried Kauder,

DU/CSU-Fraktion.

Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen) (CDU/
SU):
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ch korrigiere ungern eine Kollegin. Frau Kollegin
eutheusser-Schnarrenberger, erlauben Sie mir dennoch

estzuhalten, dass wir zwar alle aus dem Urteil des Bun-
esverfassungsgerichts gelernt haben, aber wohl noch
icht genug. Denn das Europäische Haftbefehlsgesetz
ibt Anlass zu grundlegenden Erwägungen. Der Bundes-
agspräsident hat es bei seiner Antrittsrede zutreffend ge-
agt: Wir sind nicht Befehlsempfänger der Bundesregie-
ung, sondern umgekehrt deren Auftraggeber. Wir, die

itglieder des Deutschen Bundestages, verabschieden
esetze und sind der Gesetzgeber. So steht es in Art. 77
es Grundgesetzes. Aber, liebe Kolleginnen und Kolle-
en, gilt dies uneingeschränkt und insbesondere bei eu-
opäischen Rechtsetzungsakten?


(Zuruf von der CDU/CSU: Gute Frage!)







(A) )



(B) )


Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen)

Schauen Sie sich einmal Art. 23 Abs. 3 des Grundge-
setzes an, dann wissen Sie, welche Mitwirkungsmög-
lichkeiten der Deutsche Bundestag bei europäischen
Rechtsetzungsakten hat. Wir haben das Recht, angehört
zu werden, und die Bundesregierung hat unsere Erwä-
gungen zu berücksichtigen. Die Qualität, wie das, was
wir vortragen, zu berücksichtigen ist, ergibt sich sehr
schnell aus Art. 23 Abs. 5 des Grundgesetzes. Hat näm-
lich ein europäischer Rechtsetzungsakt föderale Bezüge,
sind die Erwägungen des Bundesrates maßgeblich zu be-
rücksichtigen. Was föderalen Bezug hat, ist also maß-
geblich zu berücksichtigen, was nur Bundesbezug hat,
ist Makulatur.


(Joachim Stünker [SPD]: Das wollen wir ändern!)


– Herr Kollege Stünker, ich bin Ihnen sehr dankbar. Da
sind wir, die Mitglieder des Deutschen Bundestages,
aufgerufen. Wie gesagt, wir sind der Gesetzgeber. Nach
Art. 23 Abs. 3 Satz 3 des Grundgesetzes kann die Frage,
wie unsere Erwägungen zu berücksichtigen sind, durch
ein Gesetz geregelt werden. Das heißt, der Deutsche
Bundestag kann die Bundesregierung viel mehr, als es
jetzt der Fall ist, binden.

Ein Ansatz hierzu wurde in der letzten Legislatur-
periode mit einem Vorschlag der CDU/CSU-Bundes-
tagsfraktion gemacht: ein Gesetzentwurf zur Besserstel-
lung der Rechte der Abgeordneten bei europäischen
Bezügen. Dieser Gesetzentwurf ist gescheitert. Er kann
aber jederzeit wieder aufgerufen werden.

Es genügt nicht, unsere Rechte bei Rechtsakten mit
europäischen Bezügen zu wahren. Es gilt, sie deutlich zu
verbessern. Dazu sind alle aufgerufen.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Die Rechte zu verbessern, ist auch dringend geboten,
wenn man die Entwicklung des europäischen Rechts be-
trachtet. Es gibt eine Entscheidung des Europäischen
Gerichtshofs vom 16. Juni 2005, unter Juristen als die so
genannte Pupino-Entscheidung bekannt. Es geht um die
Geltung eines Rahmenbeschlusses über die Stellung der
Opfer im Strafverfahren. Der Europäische Gerichtshof
hat – das lassen Sie mich bitte zitieren – im letzten Satz
dieser Entscheidung festgehalten:

Das nationale Gericht muss sämtliche Vorschriften
des nationalen Rechts berücksichtigen und ihre
Auslegung so weit wie möglich an Wortlaut und
Zweck des genannten Rahmenbeschlusses ausrich-
ten.

Es geht hier um einen Rahmenbeschluss, den Italien
noch nicht in nationales Recht umgesetzt hatte. Wirkt
auf einmal nicht umgesetztes Recht aus einem Rahmen-
beschluss wie nationales Recht?

Aber das ist nur eine der Leitentscheidungen des
Europäischen Gerichtshofes zur Wirkung europäischen
Rechts auf nationales Recht. Es gibt eine weitere Ent-
scheidung vom 13. September 2005 zum Umweltstraf-
recht. Die Kommission hatte zum Umweltstrafrecht eine

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(C (D ichtlinie initiiert und parallel dazu hatte der Rat einen ahmenbeschluss erlassen. Es bestand Konkurrenz zwi chen Richtlinie und Rahmenbeschluss. Nun gehört der ustizielle Bereich nicht in die erste Säule, sondern in die ritte, sodass in aller Regel nur Rahmenbeschlüsse zuässig sind. Weit gefehlt: Der Europäische Gerichtshof hat diesen ahmenbeschluss zum Umweltstrafrecht auf Antrag der ommission kassiert, aber nicht mit dem Hinweis, dass ür den Erlass dieses Rahmenbeschlusses keine Gesetesgrundlage gegeben ist, sondern mit einem ganz andeen Hinweis: dass der strafrechtliche Bereich als Annexompetenz in die erste Säule hineingezogen werden ann. Meine Damen und Herren vom Rechtsausschuss, das uss man sich einmal ganz deutlich vor Augen führen. enn das heißt, in Zukunft müssen wir damit rechnen, ass wir im justiziellen Bereich keine Rahmenbechlüsse mehr erhalten, die wir ausfüllen können, sonern Richtlinien und Verordnungen, die wir dann entweer eins zu eins umsetzen müssen oder die unmittelbar ls nationales Recht gelten. Daher sind wir dringend auferufen, unsere Rechte als Parlament zu wahren, indem ir endlich ein vernünftiges Ausführungsgesetz zu rt. 23 Abs. 3 Grundgesetz auf den Weg bringen oder dazu haben wir das Recht und auch die notwendige ehrheit – den meines Erachtens unglücklich geratenen rt. 23 Abs. 3 Grundgesetz ändern. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Sabine Leutheusser-Schnarrenberger [FDP]: Ja, und zwar bei der Föderalismusreform!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wären nicht die
rsten und auch nicht die einzigen. Denn in fünf europäi-
chen Ländern gibt es den so genannten Parlamentsvor-
ehalt: Die Minister ziehen in den Rat, hören sich an,
elche Empfehlungen für einen Rahmenbeschluss dort
egeben werden, und reisen nach Hause. Dann muss ihr
ationales Parlament darüber abstimmen, ob man dem
eweiligen Rahmenbeschluss zustimmt oder nicht. Wa-
um funktioniert das eigentlich in nur fünf europäischen
ändern und warum nicht auch in Deutschland, im Deut-
chen Bundestag?


(Joachim Stünker [SPD]: Weil wir Föderalismus haben!)


ch möchte Sie bitten: Helfen Sie dabei, diese Lücke im
nteresse unserer nationalen Demokratie zu schließen.


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Sehr gut!)


Es ist nun einmal so, dass wir den Rahmenbeschluss
um Europäischen Haftbefehl umzusetzen haben. Die
ommission hat ganz eindeutig erklärt, dass sie den
ahmenbeschluss zum Europäischen Haftbefehl auf der
rundlage der Entscheidung zum Umweltstrafrecht
icht wird kassieren lassen. Wir müssen ihn also umset-
en. Für diese Umsetzung hat uns das Bundesverfas-
ungsgericht in seiner Entscheidung vom 18. Juli 2005
in Gerüst an die Hand gegeben.






(A) )



(B) )


Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen)

Professor Dr. Schünemann aus München hat in seiner
Besprechung dieses Urteils in der Fachzeitschrift „Straf-
verteidiger“, Heft 12 aus 2005 auf Seite 681 die Über-
schrift „Markiges Ergebnis, enttäuschende Begründung“
gewählt. Meine Damen und Herren, auch das darf man
einmal sagen; denn wir sind nicht der Büttel des Bundes-
verfassungsgerichts, sondern selbst aufgerufen, das Ver-
fassungsrecht auszufüllen.

Warum spricht Schünemann von einer enttäuschen-
den Begründung? Das Bundesverfassungsgericht hat
eine dogmatische Erfindung präsentiert, die bisher in
der Rechtstheorie unbekannt war: Die Richter haben uns
vorgegeben, zwischen Fällen mit Auslandsbezug, Fällen
mit Inlandsbezug und Mischfällen zu differenzieren.
Wenn ein dominierender Inlandsbezug vorliegt, besteht
der Auslieferungsschutz des Art. 16 Abs. 2 Grundgesetz.
Wenn ein dominierender Auslandsbezug besteht, soll
ausgeliefert werden können. Bei den Mischfällen bedarf
es einer besonderen Prüfung. Schünemann hat zu Recht
darüber sinniert, wie man die Fälle, in denen der Aus-
landsbezug dominiert, von den Fällen abgrenzt, in denen
der Inlandsbezug dominiert, und er hat darüber nachge-
dacht, was eigentlich ein Mischfall ist.

Hinzu kommt, dass das Bundesverfassungsgericht in
Kenntnis der Gefahrenlage nicht einmal seine eigene
Dogmatik konsequent durchgehalten hat. Denn hinsicht-
lich der Differenzierung zwischen Inlandsbezug, Aus-
landsbezug und Mischfällen hat man bei der organisier-
ten Kriminalität – ich frage mich: warum eigentlich? –
einen Ausnahmefall konstruiert. Das bedeutet, dass uns
das Bundesverfassungsgericht einen dürren Rahmen
vorgegeben hat, den wir normativ ausfüllen müssen. Das
ist die Schwäche, die auch der vorliegende Gesetzent-
wurf aufweist. Allerdings weiß ich nicht, wie wir die
Aufgabe anders hätten lösen können; denn die Vorgabe
des Bundesverfassungsgerichts müssen wir ja erfüllen.

Das Bundesverfassungsgericht hat uns eine weitere
Vorgabe gemacht – das ist schon erwähnt worden –: Die
Bewilligungsentscheidung muss dem Rechtsweg zu-
gänglich sein. Auch hierzu darf man sagen, dass die
Frage, ob die Bewilligungsentscheidung dem Rechtsweg
zugänglich sein muss, in der Rechtslehre schon sattsam
debattiert worden ist. Die überwiegende Mehrheit der
Rechtslehrer ist zu dem Ergebnis gekommen: Es ist nicht
notwendig, dass die Bewilligungsentscheidung einer ge-
richtlichen Überprüfung zugeführt werden kann.

Aber es ist nun einmal, wie es ist. Der Gesetzgeber
musste also einen Weg suchen, um dieser Anforderung
gerecht zu werden. Die im vorliegenden Gesetzentwurf
gefundene Konstruktion, die Bewilligungsentscheidung
der Zulässigkeitsentscheidung vorzuschalten, ist zugege-
benermaßen nicht besonders elegant.

Denn logische Voraussetzung ist, dass zuerst der Aus-
lieferung zugestimmt wird und die Bewilligung dann
durch die Justizbehörde geprüft wird; also einmal um die
Ecke herum nach hinten gedacht. Aber wenn Sie, liebe
Damen und Herren von der Opposition, eine elegantere
Lösung finden – um die auch ich ringe –, sind wir Ihnen
außerordentlich dankbar.

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(C (D (Vorsitz: Vizepräsidentin Katrin GöringEckardt)


Sie sehen, man hat uns Steine statt Brot gegeben, aber
ir sind aufgerufen, auf diese Entscheidung des Bundes-
erfassungsgerichts zu reagieren. Wenn wir allerdings
chon die Chance haben, nachzubessern, sollten wir
uch kritische Stimmen aus der Rechtsanwaltschaft und
us den Ländern aufnehmen. Es gibt zwei Kritikpunkte,
ie ich aufgreifen möchte und die ich in der Regierungs-
efragung schon erwähnt habe. Ein Kritikpunkt kommt
u Recht aus der Anwaltschaft: Bei Mischfällen muss für
ine Auslieferung die Gegenseitigkeit der Strafbarkeit
egeben sein – warum bei klarem Auslandsbezug nicht?
arüber sollten wir noch einmal nachdenken. Der zweite
ritikpunkt kommt aus Bayern. Es wird zu Recht darauf
ingewiesen, dass ein Ausländer, der einen Bezug nach
eutschland hat, zur Strafvollstreckung leichter nach
ussland ausgeliefert werden kann als in das EU-Aus-

and. Auch da ist noch nachzubessern.

Deswegen ist es richtig, dass wir uns im Rechtsaus-
chuss entschieden haben, eine Sachverständigenanhö-
ung durchzuführen. Aber, liebe Kolleginnen und Kolle-
en, auch da sollten wir aus der Vergangenheit lernen:
ir brauchen nicht nur Praktiker des Auslieferungs-

echts, wir benötigen auch Sachverständige aus dem Be-
eich des Europarechts und aus dem Verfassungsrecht.
arum würde ich Sie bitten.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601618800

Das Wort hat die Kollegin Petra Pau von der Fraktion

ie Linke.


Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601618900

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
ir reden heute über ein Gesetz, das vom Bundestag vor

napp zwei Jahren beschlossen wurde. Es geht um den
uropäischen Haftbefehl, der jede Bürgerin und jeden
ürger betreffen oder auch treffen kann. Dieses Gesetz
urde vom Bundesverfassungsgericht für null und
ichtig erklärt: Es sei mit dem Grundgesetz nicht verein-
ar, so das Urteil.

Ich merke an: Es gibt – was ich schlimm finde – im-
er mehr solcher Gesetze, die uns vom Bundesverfas-

ungsgericht zurückgegeben werden. Heribert Prantl
itelte damals in der „Süddeutschen Zeitung“: „Aufklä-
ung per Ohrfeige“. Mit der Ohrfeige meinte er den Bun-
estag und mit der Aufklärung meinte er das Urteil.
enn das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Be-
ründung zugleich festgestellt: Der Bundestag muss mit-
ichten nachvollziehen, was die Regierung ihm über den
mweg EU auf den Tisch legt. Ich finde, das war ein gu-

er Spruch, den wir uns zu Herzen nehmen sollten.

Interessant waren allerdings die Reaktionen darauf:
undesjustizministerin Zypries kommentierte das Urteil
it dem Satz: Das ist ein Rückschlag im Kampf gegen

en internationalen Terrorismus. – Ich finde das bezeich-
end: Eine Justizministerin kritisiert das Bundesverfas-






(A) )



(B) )


Petra Pau
sungsgericht dafür, dass es das tut, wofür es da ist, näm-
lich das Grundgesetz und die Rechte der Bürgerinnen
und Bürger zu schützen. Sie hätte dem Bundesverfas-
sungsgericht besser danken sollen!


(Beifall bei der LINKEN)


Ebenso interessant war der Kommentar des Kollegen
Bosbach von der Union. Er meinte, wenn das Gesetz
über den Europäischen Haftbefehl nicht zum Grundge-
setz passe, müsse man halt das Grundgesetz ändern. Ich
fürchte, gemessen am dieser Tage viel zitierten und dis-
kutierten Fragebogen für Muslime in Baden-Württem-
berg hätten beide – die Ministerin wie der Kollege – bei
Grundrechtsfragen sehr schlechte Karten.

Im Kern geht es darum: Unter welchen Bedingungen
müssen bzw. dürfen Bürger in ein anderes EU-Land aus-
geliefert werden, wenn sie dort einer Straftat verdächtigt
werden. Das Bundesverfassungsgericht sah hierfür en-
gere Grenzen als die Mehrheit des Bundestages, es hat
sich also schützend vor seine Bürgerinnen und Bürger
und deren Rechte als Staatsbürger gestellt.

Nun liegt der überarbeitete Entwurf zum Europäi-
schen Haftbefehl vor und die einzige Frage, die wir be-
antworten müssen, lautet: Erfüllt der neue Gesetzent-
wurf die Kriterien, die das Bundesverfassungsgericht
vorgegeben hat? Ich meine: Nein. Und Sie wissen, mit
dieser Auffassung steht die Linksfraktion nicht allein.
Der Deutsche Anwaltverein und die Bundesrechtsan-
waltskammer haben schon prophezeit: Wird dieses Ge-
setz eins zu eins beschlossen, wird es wieder vor dem
Bundesverfassungsgericht landen und wohl verworfen
werden. Die Kollegin Leutheusser-Schnarrenberger hat
ja noch einmal einen ganzen Katalog von Fragen vorge-
stellt, die weder in der Regierungsbefragung vor
14 Tagen aufgelöst werden konnten noch jetzt im Ge-
setzentwurf beantwortet sind.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sollten beach-
ten: Es gibt nicht nur hierzulande mahnende Stimmen.
Belgien hat den Europäischen Gerichtshof angerufen,
weil es grundlegende Zweifel hegt, ob der Europäische
Haftbefehl überhaupt mit EU-Rechten vereinbar ist. Das
Urteil steht noch aus. Auch insofern sollten wir nicht
aufs Tempo, sondern auf Nachhaltigkeit achten. Das
wäre jedenfalls souveräner als der Weg, das Gesetz jetzt
möglichst schnell umzusetzen.

Ich möchte noch zwei grundsätzliche Schlussgedan-
ken vorstellen.

Erstens. Der Europäische Haftbefehl dient angeblich
einem neuen, EU-weiten Recht. Genau dieses Recht aber
wird im Moment ausgeblendet; es wird nicht definiert,
was wir damit meinen. Stattdessen soll künftig alles
strafbar sein, was irgendwo zwischen Spanien, Estland
und der Türkei strafbar ist. Das ist jedenfalls die inne-
wohnende Tendenz. Genau diese lehnen wir ab.


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das ist Unsinn!)


Zweitens. Beim Europäischen Haftbefehl geht es um
eine politische Abwägung zwischen Sicherheitsbelangen
und Bürgerrechten. Seit Jahren verlieren leider in aller

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(C (D egel die Bürgerrechte, wenn es um diese Abwägung eht. Das ist aus meiner Sicht auch beim vorliegenden esetzentwurf der Fall. (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Wieso eigentlich?)


Ein letztes Wort: Ich finde, der Kollege Kauder hat
öllig Recht, dass wir als nationales Parlament in der
uropäischen Union uns nicht nur aus Anlass der Bera-

ungen zum Europäischen Haftbefehl mit der Frage be-
assen sollten, wie es nicht nur zu einer Verständigung
it den Kolleginnen und Kollegen in Europa, sondern

u einem Gesetzgebungsverfahren, das weder die eine
och die andere Seite überfährt, kommen kann. Meine
raktion wird sich gern an dieser Debatte und an der
usgestaltung dieser Regeln beteiligen.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601619000

Das Wort hat der Kollege Wolfgang Wieland, Bünd-

is 90/Die Grünen.


Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601619100

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die

ntscheidung des Bundesverfassungsgerichtes, die
ns hier nun zum zweiten Anlauf zwingt und die der
ollege Kauder sehr kritisch kommentiert hat, verdient,
enke ich, eine andere Bewertung.


(Beifall des Abg. Florian Toncar [FDP])


ie ist weder, wie seinerzeit in der Presse zu lesen war,
eutschenfixiert noch europafeindlich. Für mich ist diese
ntscheidung ein Hohes Lied auf Rechtssicherheit, auf
ertrauensschutz oder, wie es das Gericht selber in ei-
em Leitsatz formuliert hat, die „Beziehung des Bürgers
u einem freiheitlichen demokratischen Gemeinwesen“.
us dem soll er eben nicht einfach so – hopplahopp! –
erausgerissen werden können.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


as Gericht spricht sogar von einem „Grundrecht“ auf
den Verbleib in der eigenen Rechtsordnung“.

Da kann man sagen, das sei alles neu vom Gericht ge-
trickt worden, das hätten wir nicht voraussehen können.
as mag ja sein. Dennoch muss man diese ziemliche
hrfeige ernst nehmen, die das Gericht weniger der
undesregierung als dem Gesetzgeber, dem Parlament,
egeben hat und in einer, wie ich zugebe, sehr süffisan-
en Formulierung zusammengefasst hat – Zitat aus den
ntscheidungsgründen –:

… die Abgeordneten des Deutschen Bundestages,
an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und
nur ihrem Gewissen unterworfen …, (werden) nun-
mehr … Gelegenheit haben, ihrer Verfassungs-
pflicht … zu genügen …

ch denke nicht, dass man aufgrund dieser Worte belei-
igt sein sollte. Vielmehr denke ich, dass wir verpflichtet
ind, nunmehr ein europäisches Auslieferungsrecht zu






(A) )



(B) )


Wolfgang Wieland
schaffen, das uns nicht wieder blamiert, das uns nicht
wieder nach Karlsruhe führt,


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Machen Sie einmal Vorschläge!)


sondern von dem wir guten Gewissens sagen können,
dass die Abwägung zwischen dem Schutz des Einzelnen
und den Notwendigkeiten einer Beschleunigung und
Vereinfachung des Auslieferverkehrs gelungen ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Siegfried Kauder [Villingen-Schwenningen] [CDU/CSU]: Wir warten gespannt auf Ihre Anträge!)


– Ja. Die sind auch nötig, lieber Kollege Kauder.

Dieser Gesetzentwurf ist, das hat Frau Leutheusser-
Schnarrenberger völlig richtig gesagt, schwammig. Er
hat einfach einen Teil der Entscheidungsgründe des Ge-
richtes sozusagen in den Gesetzestext fotokopiert.

Die Bundesrechtsanwaltskammer hat zu § 80 Abs. 2
des Gesetzentwurfes, der sich wie Realsatire liest, völ-
lig zu Recht gesagt, dass so etwas nicht in einen Geset-
zestext, sondern bestenfalls in die Richtlinien für das
Straf- und Bußgeldverfahren gehört. Wenn mich bei-
spielsweise ein Mandant als Anwalt fragt, was eine In-
landstat ist, dann muss ich nachlesen und ihm sagen: Na
ja, das hängt von einer Gesamtabwägung ab. In diese
Gesamtabwägung fließt unter anderem die Effizienz und
die Möglichkeit der Strafverfolgung ein. Dann wird man
irgendwann einmal sehen.

Das alles bliebe, wenn es so Gesetzestext würde, der
Auslegung durch die Gerichte überlassen. Das kann es ja
wohl nicht sein. Das ist zum Teil Wortnebel und es
herrscht keine Normenklarheit. Das muss vom Parla-
ment wirklich gründlich verändert und nachgebessert
werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Haben Sie einen Vorschlag?)


Ein Wort auch zur Integration. Die einzige Stelle, an
der dieser Gesetzentwurf von den Voraussetzungen, die
das Bundesverfassungsgericht genannt hat, abgewichen
ist, ohne dass ein Grund dafür erkennbar ist, ist die
Frage, wie der rechtliche Status der so genannten fakti-
schen Inländer ausgestaltet wird. Hier hat das Bundes-
verfassungsgericht einen Rückfall hin zu dem Gesetz ge-
macht, das damals hier beschlossen wurde. Ausländer,
die mit Deutschen zusammenleben – und sei es auch nur
kurz –, sollen geschützt werden, aber nicht diejenigen,
die seit Jahrzehnten hier leben. Das ist nach dem Rah-
menbeschluss nicht notwendig. Hier wäre eine viel grö-
ßere Umfassung der Personengruppe möglich. Wir wer-
den sie einfordern und Änderungsanträge dazu vorlegen.
Dieser Entwurf darf integrationspolitisch kein Rückfall
sein.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Frau Präsidentin, abschließend und möglicherweise
unter Ausnutzung meines Überziehungskredites, den
hier auch andere erhalten haben,

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(C (D (Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Lieber nicht!)


och ein sehr persönliches Wort zur rechtlichen Anfech-
ungsmöglichkeit der Bewilligungsentscheidung.


(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Greifen Sie ein, Frau Präsidentin! – Dr. Uwe Küster [SPD]: Sie sind mit Ihrer Redezeit schon im Bereich der Insolvenz!)


Nein, noch nicht, Herr Kollege. Ich habe vorgebeugt,
ie man das immer tun sollte.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Sie haben verpfändet!)


Ich habe in der Entscheidungsbegründung von einer
ezugnahme des Bundesverfassungsgerichtes auf eine
ntscheidung vom 16. März 1983 gelesen, die mir sehr
ekannt vorkam, weil ich sie seinerzeit erwirkt hatte. Es
ing um einen Nichtannahmebeschluss in Sachen des
ehr jungen, 23-jährigen Türken Kemal Altun, der hier
n Berlin aus dem sechsten Stock des Gebäudes des Ver-
altungsgerichtes in den Freitod sprang, weil er keine
echtsweggarantie hatte, weil er also weder die Zuläs-

igkeitsentscheidung des Kammergerichtes als Berliner
ache noch den Bewilligungsbescheid, der dann von der
undesregierung ergangen war, in Karlsruhe anfechten
onnte. Er sah für sich nur noch den Weg in den Freitod.

Ich gebe zu, dass das ein äußerst zugespitztes Beispiel
st. Ich hoffe, so etwas wird sich nicht wiederholen. Den-
och muss ich sagen: Das, was hier jetzt als scheinbare
öglichkeit vorgelegt wurde, den Rechtsweg zu be-

chreiten, indem man die Bewilligung irgendwie vor-
ieht, kann nicht überzeugen. Herr Kauder, Sie haben
en Wunsch geäußert, die Opposition solle hier eine bes-
ere Lösung anbieten. Wir werden Ihrem Wunsch dies-
al entsprechen.

Es muss eine volle Rechtsweggarantie geben. Das
erlangt das Bundesverfassungsgericht in seiner Ent-
cheidung und es sollte unter Demokratinnen und Demo-
raten auch eine Selbstverständlichkeit sein, dass es sie
ibt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601619200

Herr Kollege Wieland, in diesem Parlament war das

hre erste Rede. Nur deswegen gibt es auch einen Über-
iehungskredit. Wir alle gratulieren Ihnen herzlich dazu.


(Beifall)


Als Nächstes hat der Kollege Axel Schäfer von der
PD-Fraktion das Wort.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Axel Schäfer (SPD):
Rede ID: ID1601619300

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

er vorliegende Gesetzentwurf muss von uns in doppel-
er Hinsicht beurteilt werden. Zum einen geht es darum,
ass die im Urteil des Bundesverfassungsgerichts ge-
achten Umsetzungsvorgaben erfüllt werden. Sie wis-






(A) )



(B) )


Axel Schäfer (Bochum)

sen, dass die Regelung zur Auslieferung deutscher
Staatsbürger so gestaltet werden muss, dass die Ein-
schränkung des Grundrechts nach Art. 16 Abs. 2 dem
Prinzip der Verhältnismäßigkeit entspricht. Hier geht es
insbesondere um Rechtssicherheit und Vertrauensschutz.
Zum anderen muss die Bewilligungsentscheidung ge-
richtlich nachprüfbar sein, Stichwort Art. 19 Abs. 4 des
Grundgesetzes; darüber haben wir gesprochen.

Es ist gut, dass wir hier in der Diskussion, während
der Ausschussberatungen und dann auch in der abschlie-
ßenden Gesetzgebung Zeit haben, darüber zu debattie-
ren, um sicherlich zu der einen oder anderen Erkenntnis
zu kommen. Es wäre schlecht, wenn wir am Anfang des
Prozesses meinten, es sei schon alles entschieden.


(Beifall des Abg. Joachim Stünker [SPD])


Ich möchte in diesem Zusammenhang noch einmal
ausdrücklich darauf hinweisen, dass es beim Thema Eu-
ropäischer Haftbefehl aus deutscher Sicht nicht nur um
das neuere Problem von Terrorismusverdächtigen geht,
sondern auch um viel ältere Menschenrechtsverletzun-
gen aus der Zeit des Dritten Reiches, nämlich Naziver-
brecher. Das wird leider oft vergessen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Wir kommen mit diesem Gesetzentwurf der Schaffung
eines europäischen Raums für Freiheit, Sicherheit
und Recht ein Stück näher. Das ist nach den Europäi-
schen Verträgen von 1992 bzw. 1998 eben nicht nur ein
gemeinsames politisches Ziel, sondern für uns rechtlich
bindend.

Ich möchte an dieser Stelle sehr bewusst meine Erfah-
rungen als Parlamentarier bei der mündlichen Verhand-
lung des Bundesverfassungsgerichts einbringen. Dort
hatte ich ebenso wie die Kollegen Kauder, Leutheusser-
Schnarrenberger und Ströbele überraschend die Gele-
genheit, Position zu beziehen. Der Vorsitzende Richter
des Zweiten Senats, Professor Hassemer, hat unter ande-
rem sinngemäß ausgeführt, dass das oberste Gericht
auch nicht alle Details der europäischen Rechtsetzung
überblickt. Da es zu unseren Gepflogenheiten als Ge-
setzgeber gehört, Entscheidungen des Bundesverfas-
sungsgerichts nicht zu kritisieren, nehme ich die Selbst-
kritik des Zweiten Senats zum Anlass, etwas zum
Verhältnis von europäischer und nationaler Rechtset-
zung zu sagen.

Wenn Rahmenbeschlüsse oder Richtlinien in der EU
verabschiedet werden, sind wir als Parlamentarier nicht
erst bei der Umsetzung gefordert. Lassen Sie uns des-
halb selbstkritisch feststellen: Wir haben uns in der
Phase der Willensbildung im Europäischen Parlament
nicht rechtzeitig eingeklinkt. Wir müssen eben nicht nur
fragen, ob wir die Bundesregierung konkreter hätten
festlegen müssen. Wir alle wissen doch: Es geht darum,
dass die Bundesregierung bei Entscheidungen in Europa
handlungsfähig sein muss. Vielmehr haben wir die Mei-
nungsbildung im Europäischen Parlament zu wenig be-
einflusst. Es zeigt sich, dass wir das jetzt gelernt haben;
das sollten wir hier durchaus darlegen.

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(C (D Wir praktizieren zurzeit bei der europäischen ienstleistungsrichtlinie – das ist, zugegeben, ein ichtiges europäisches Gesetz, das uns national eine eihe von Änderungen bringen wird – ein Verfahren, bei em sich viele Ausschüsse in diesen Willensbildungsrozess einbringen, bei dem der Dialog zwischen Berlin nd Brüssel, die vielfachen Gespräche und Informatioen in einer Weise intensiviert worden sind, dass wir beeits jetzt bei der in der nächsten Woche anstehenden ntscheidung des Europäischen Parlaments inhaltlich in Stückchen mit dabei sind, wohl wissend, dass es ann zu einer gemeinsamen Entscheidung des Rates ommen muss und erst danach die Entscheidungen zur msetzung auf nationaler Ebene fallen werden. Zugleich ist es an dieser Stelle notwendig, darauf hinuweisen, dass wir – dafür brauchen wir den europäichen Verfassungsvertrag – darauf dringen müssen, dass iese Dinge in Zukunft, gerade was den sensiblen Beeich der Justiz anbelangt, von Rat und Europäischem arlament gleichberechtigt entschieden werden müssen, amit es an genau dieser Stelle nicht zu einem Demokraiedefizit kommt. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Wenn wir über unsere Europäisierung reden, möchte
ch ein bisschen was zum Thema Europäisierung der
udikative sagen. Es reicht eben nicht, wenn viele Rich-
er dieses Europa eher als Touristen denn als Juristen
ennen.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)


eshalb sollte Weiterbildung von Staatsanwälten, Rich-
ern und anderen künftig gefördert werden, damit wir bei
er europäischen Zusammenarbeit in Strafrechtssachen
esser werden. So steht es auch im Verfassungsentwurf.

Das Problem dieses Themas ist, dass für viele Europa
mmer noch zu sehr eine Wirtschaftsgemeinschaft ist,
bwohl wir uns Gott sei Dank auch zu einer Rechtsge-
einschaft entwickelt haben. Deshalb müssen wir die
egrifflichkeiten ein Stück ändern. Die anderen EU-
taaten sind eben für uns vor allem ein Teil einer Staa-

engemeinschaft, eines Staatenverbundes und erst in
weiter Linie Ausland.

Die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit im
echtsstaat muss bekanntlich immer wieder konkret de-

iniert und – wie wir aus jüngeren leidvollen Erfahrun-
en wissen – auch aktualisiert werden. Eines sollte dabei
erade für uns unumstritten sein: Den Rechtsstaat in
eutschland zu erhalten und zu gestalten ist im
1. Jahrhundert nur dann möglich, wenn wir auch mehr
uropa wagen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601619400

Damit schließe ich die Aussprache.






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent-
wurfs auf Drucksache 16/544 an die in der Tagesord-
nung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. – Dazu
gibt es offensichtlich keine weiteren Vorschläge. Dann
ist die Überweisung so beschlossen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 10 a sowie
Zusatzpunkt 5:

10 a) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Wolfgang Wieland, Volker Beck (Köln), Jerzy
Montag, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

Keine Bundeswehr vor öffentlichen Gebäuden
und Stadien für die Fußballweltmeisterschaft
2006

– Drucksache 16/359 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Auswärtiger Ausschuss
Sportausschuss
Rechtsausschuss
Verteidigungsausschuss

ZP 5 Beratung des Antrags der Abgeordneten Gisela
Piltz, Dr. Max Stadler, Birgit Homburger, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Kein zusätzlicher Bundeswehreinsatz im Inne-
ren – die Polizei kann durch die Bundeswehr
nicht ersetzt werden

– Drucksache 16/563 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Auswärtiger Ausschuss
Rechtsausschuss
Verteidigungsausschuss

Hierfür ist interfraktionell eine Aussprache von einer
halben Stunde vorgesehen. – Dazu sehe ich keinen Wi-
derspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und gebe zu seiner zwei-
ten Rede das Wort dem Kollegen Wolfgang Wieland,
Bündnis 90/Die Grünen.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Ein bisschen viel an einem Tag!)



Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601619500

Frau Präsidentin! Es ist zwar sehr nett, dass Sie meine

Reden mitzählen. Es war allerdings nicht ganz richtig:
Ich hatte schon als Justizsenator des Landes Berlin die
Ehre, vor diesem Hohen Haus zu sprechen.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Das hat aber niemand gemerkt!)


Wir werden sehen, wie sich das weiterentwickelt.

„Die Welt zu Gast bei Freunden“ prangt als freundli-
ches Motto auf vielen Plakatsäulen. Was allerdings die
Diskussion über die innere Sicherheit betrifft, ent-
spricht die Werbung wie so oft wenig der Realität. Die
Freunde, um die es dabei geht, führen eine Diskussion
über die Sicherheit, als ständen nicht Gäste, sondern eine
Art neuer Mongolensturm ins Haus.

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(C (D Den Vogel hat gestern wieder einmal der bayerische nnenminister Beckstein abgeschossen, der selbst den arikaturenstreit mit den WM-Vorbereitungen in Zu ammenhang gebracht hat. Herr Beckenbauer – von eckstein bis Beckenbauer – hielt es auch gleich für nö ig, den Einsatz des Militärs zur WM zu fordern. Statt ieses anschwellenden Bocksgesangs von Sicherheitsfaatikern wären im Gegenteil Augenmaß und ein kühler opf nötig. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Birgit Homburger [FDP])


Wir wollten doch einen heiteren Start ins WM-Jahr
rleben. Stattdessen wurde die Eröffnungsfeier in Berlin
bgesagt. Stattdessen reagierte ebenjener Franz
eckenbauer mit der ihm eigenen Arroganz auf den
ängelbericht der Stiftung Warentest und meinte, Stif-

ung Warentest sollte – nach dem Motto „Schuster, bleib
ei deinem Leisten“– lieber weiter Olivenöl testen. Da-
ei ist es auch kein Trost, dass man wie immer feststel-
en muss: Bei Franz Beckenbauer sind die Pässe deutlich
esser als seine Kommentare.

Ihm ist aber mildernd zugute zu halten, dass der Vor-
toß zum Militäreinsatz bei der Weltmeisterschaft aus
iesem Hause, nämlich von Herrn Schäuble, gekommen
st, der – wie der Kollege Edathy festgestellt hat – offen-
ar einer Obsession folgt und dies als eine Art Dauerlut-
cher seit gut 15 Jahren – –


(Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: „Dauerlutscher“ hat er nicht gesagt! – Sebastian Edathy [SPD]: Nahezu obsessiv! Darauf lege ich Wert!)


Gut. Trennen wir die beiden Bilder: Sie haben von ei-
er Obsession gesprochen. Ich meine, dass sein Vor-
chlag seit gut 15 Jahren – seit er, damals angesichts der
achsenden Zahl der Asylbewerber den kuriosen Vor-

chlag machte, Feldwebel als Entscheider einzusetzen –
ozusagen eine Art Dauerlutscher ist. Nun schlägt er vor
er bleibt aber wenig konkret, wenn es darum geht, was
ie Bundeswehrsoldaten tun sollen –, man könne zum
eispiel Feldjäger bei der Verkehrsregelung einsetzen.

Wir halten das alles für wenig durchdacht. Es soll of-
enbar nur der Langfriststrategie folgen, dass die Bun-
eswehr irgendwann als vollwertiger Ersatz der Polizei
m Inneren eingesetzt werden kann. Dies lehnen wir
weil aus historischen Gründen die innere Sicherheit in

en Händen der Polizei und die äußere Sicherheit in den
änden des Militärs liegen muss – eindeutig ab.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir freuen uns, dass der Bundesverteidigungsminister
as genauso sieht. Ihm geben wir nicht gerne Recht.
enn er aber sagt – ein Zitat aus der „Welt“ –, „ich
erde Soldaten nicht in Kämpfe mit Hooligans schi-

ken“, dann hat er natürlich Recht. Das Berufsbild des
oldaten ist völlig anders. Der Soldat muss im Fall der
älle, also im Ernstfall, den Feind vernichten. Der Poli-
ist hingegen soll festnehmen und, wenn es möglich ist,
ein ganzes Berufsleben keinen einzigen Schuss abge-
en. Das ist der grundsätzliche Unterschied zwischen






(A) )



(B) )


Wolfgang Wieland
diesen beiden Uniformträgern. Das ist gute Tradition in
unserem Lande.

Die Polizeien der Bundesländer haben – bedauer-
licherweise – jahrzehntelange Erfahrungen mit Hooliga-
nismus. Sie sind in der Lage, ihn zu bewältigen. Bei der
Abwehr terroristischer Gefahren helfen doch nicht ernst-
haft Bundeswehrsoldaten vor den Stadien. Was soll das
alles? Wir, die Grünen, unterstützen sinnvolle Maßnah-
men. So kann die Bundeswehr technische Hilfe leisten
und AWACS-Flüge durchführen. Das kann die Polizei
nicht. Niemand will eine Luftwaffe der Polizei aufbauen.
Das kann die Bundeswehr im Wege der Amtshilfe schon
jetzt leisten und das soll sie auch machen. Mehr ist nicht
nötig. Was soll ein Bundeswehrsoldat denn tun, wenn
eine Horde Hooligans auf ihn einstürmt?

Beenden wir diese Debatte! Folgen Sie unserem An-
trag! Fangen wir an, uns auf die Fußballweltmeister-
schaft zu freuen!


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Man merkt jedem Ihrer Sätze an, wie Sie sich freuen!)


– Sie schildern ständig nur apokalyptische Szenarien und
das, was über unser Land hereinbrechen wird.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Sie haben apokalyptische Vorstellungen!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601619600

Ich befürchte, für die Apokalypse ist keine Zeit mehr.


Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601619700

Man bekommt beinahe Angst, liebe Kolleginnen und

Kollegen von der CDU/CSU, wenn man Ihnen zuhört.
Daher noch einmal mein Appell: Nehmen wir die Fuß-
ballweltmeisterschaft als ein freudiges und spannendes
Ereignis! Aber Spannung sollte es bitte nur auf dem
Spielfeld geben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601619800

Als Nächster hat das Wort der Kollege Binninger,

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU – Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Sie reden jetzt auch für uns mit!)



Clemens Binninger (CDU):
Rede ID: ID1601619900


Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kol-
legen! In wenigen Monaten sind wir Gastgeber des welt-
weit größten Sportereignisses im Jahr 2006. Ich glaube,
es besteht Konsens zwischen allen Fraktionen im Hohen
Hause, dass wir die Sicherheit aller, die zu uns kommen
werden, der Sportler und der anderen Gäste, aber auch
der Menschen, die hier leben, gewährleisten wollen.
Darüber darf es keinen Streit geben.

Das Bundesinnenministerium und alle nachgeordne-
ten Behörden arbeiten bereits seit vielen Jahren – im
Prinzip seit der Vergabeentscheidung zugunsten
Deutschlands – daran, die Sicherheit während der Fuß-

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(C (D allweltmeisterschaft zu gewährleisten. Dazu gehört ber auch, dass man Szenarien im Blick hat, bei denen ir vielleicht an unsere Grenzen stoßen. Wir brauchen ine vorurteilsfreie und sachliche Diskussion und keinen ntrag, mit dem Ihre Fraktion, Herr Wieland, nur Kli chees pflegt. Das Motto der WM lautet: „Die Welt zu ast bei Freunden.“ Ihre Rede hingegen war in weiten eilen kein Beweis dafür, dass Sie ein Freund der Fußallweltmeisterschaft sind. Es ist an der Zeit, ein paar Dinge klar zu stellen. Nieand will Soldaten vor Stadien einsetzen. Niemand will ie Aufgabentrennung zwischen Bundeswehr und Poliei aufheben, niemand will, dass sich Soldaten mit Hooigans auseinander setzen müssen. (Zuruf von der CDU/CSU: Richtig! – Birgit Homburger [FDP]: Ach? Das sagt aber der Verteidigungsminister!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


ie sollten von Ihren Klischees wegkommen. Dann kön-
en wir eine sachliche Diskussion führen. Angesichts
essen, was Sie in Ihrem Antrag fordern, scheint das
ber nicht möglich zu sein.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Sie von den Grünen tun so, als ob der Einsatz der
undeswehr im Innern etwas ganz Exotisches und fast

chon Unanständiges wäre. Dabei verkennen Sie die
ealität. Sie haben heute sicherlich in der „Welt“ oder
er „FAZ“ gelesen, dass nach derzeitigem Stand etwa
000 Soldaten für die Erfüllung unterschiedlicher Auf-

aben bei der Fußballweltmeisterschaft eingeplant sind.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Für technische Hilfen!)


chon bei der Olympiade in Athen und beim Weltju-
endtag in Köln wurden Soldaten eingesetzt. Das wird
uch bei der Olympiade in Turin der Fall sein. Der Ein-
atz von Soldaten im Innern ist also durchaus etwas
elbstverständliches. Sie sollten deshalb nicht so tun, als
b wir hier in rechtswidrige Bereiche vordringen woll-
en.

Sie heben ständig in ganz starkem Maße auf den
bjektschutz ab. Wer wie die Grünen aufgrund des
uftsicherheitsgesetzes den Abschuss eines zivilen Pas-
agierflugzeuges durch die Luftwaffe zulässt, aber beim
bjektschutz Probleme hat, der argumentiert nicht
laubwürdig. Das tun Sie in diesem Fall.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Wenn wir über den Einsatz der Bundeswehr im Innern
eden, dann sollten wir uns die Szenarien vor Augen hal-
en, die denkbar sind. Es gibt die Amtshilfe, in deren
ahmen die Bundeswehr Gerät oder Personal in einem
anz eng begrenzten Bereich zur Verfügung stellt. Es
ibt die Hilfe bei Naturkatastrophen oder bei einem gro-
en Unglücksfall, bei denen die Bundeswehr eigenstän-
ig gewisse Maßnahmen durchführen kann. Schließlich
ibt es die Bedrohungslage, die alleine zu bewältigen
ie Polizei, sei es personell oder technisch, nicht mehr in






(A) )



(B) )


Clemens Binninger
der Lage ist. Sie haben versucht, das im Luftsicherheits-
gesetz zu regeln.

Die Amtshilfe ist durch Art. 35 Abs. 1 GG gedeckt,
die Katastrophenhilfe durch Art. 35 Abs. 2 und 3.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum wollen Sie dann die Verfassung ändern?)


Aber ob die Bewältigung der Bedrohungslage, die Sie
im Luftsicherheitsgesetz geregelt haben, durch den
Art. 35 Abs. 2 gedeckt ist, ist strittig. Das wissen Sie.
Das hat eine Sachverständigenanhörung zutage geför-
dert. Es wird darum gehen, ob man für Bedrohungsla-
gen, die alleine zu bewältigen die Polizei personell oder
technisch nicht in der Lage ist, eine Verfassungsergän-
zung braucht.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und das wollen Sie!)


Darum geht es im Kern und um nicht mehr. Deshalb
sollten Sie mit Ihren Horrorgeschichten von Soldaten,
die alles Mögliche machen, aufhören. Sie sollten zu ei-
ner sachlichen Diskussion zurückkommen. Das würde
der Sache deutlich mehr dienen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau das wollen wir doch!)


Heute war von Herrn Beck von den Grünen, der leider
nicht da ist – er ist offensichtlich auch ein großer Polizei-
und Sicherheitsexperte –,


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der ist länger im Innenausschuss gewesen als Sie!)


zu hören, dass die Polizei schon über viele Mittel ver-
füge und alles könne. Ich will daran erinnern, wie sich
der Art. 35 GG entwickelt hat. Art. 35 bestand ur-
sprünglich nur aus einem Absatz, der Amtshilfe. 1962
kam es zur Flutkatastrophe in Hamburg. Bis dahin war
nicht vorgesehen, die Bundeswehr bei Naturkatastro-
phen einzusetzen. Der Innensenator Helmut Schmidt hat
gehandelt,


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Contra legem!)


weil er gesehen hat, dass die Polizei bei der Sicherheits-
lage am Ende ihrer Möglichkeiten war, die Menschen
aber in Gefahr waren. Da kann niemand ernsthaft be-
haupten, man könne die Menschen in der Gefahr alleine
lassen. Er hat die Bundeswehr ohne verfassungsrechtli-
che Grundlage eingesetzt. In der Folge hat man dann
Art. 35 um zwei Absätze ergänzt.


(Hartmut Koschyk [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


Vor genau der gleichen Situation stehen wir jetzt.
Auch jetzt sagen viele, die Polizei könne alles tun. Aber
was machen wir, wenn wir eine große Bedrohungslage
bekommen, wir die Polizei überall dort einsetzen, wo
wir sie brauchen, aber sie irgendwann personell nicht
mehr in der Lage ist, ihren Auftrag zu erfüllen? Wir soll-
ten darüber nachdenken, ob wir die Verfassung für die-

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(C (D en eng umgrenzten Bereich der Bedrohungslage anpasen und eine Möglichkeit schaffen, dass die Bundeswehr m Innern unter ganz engen Voraussetzungen eingesetzt erden kann. Was gibt es dagegen zu sagen? (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gar nicht eng! Sie wollen sie jetzt zur WM einsetzen!)


Ich will Ihnen die Alternative nennen, vor der Sie of-
ensichtlich stehen.


(Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist die WM eine Naturkatastrophe?)


enn wir eine Bedrohungslage haben, die die Bevölke-
ung in diesem Land gefährdet, und die Polizei zugeste-
en muss, dass sie weder technisch noch personell die
öglichkeit hat, diese Lage zu bewältigen, dann können

ie nicht einfach sagen, wir machen nichts. Das wäre
och Ihre Alternative. Deshalb sagen wir: Lassen Sie
ns darüber nachdenken, ob wir in diesem Bereich die
undeswehr im Interesse der Sicherheit der Menschen
ieses Landes einsetzen! Das ist verantwortungsvolle Si-
herheitspolitik und nicht Polemik und Klischees, wie
ie sie pflegen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Um beim Thema Luftsicherheitsgesetz zu bleiben:
ir werden nächste Woche hören, was uns das Bundes-

erfassungsgericht ins Stammbuch schreibt. Wir sollten
ntlang dieses Urteils ganz vorurteilsfrei diese Frage be-
rachten. Ich glaube, dass wir unserer Bevölkerung eines
icht vermitteln können: dass wir die Bundeswehr für
lle möglichen Sicherheitsaufgaben in allen Krisenher-
en auf der ganzen Welt einsetzen – Sie haben als Grüne
mmer daran mitgewirkt –, dass das aber zum Schutz der
igenen Bevölkerung im eigenen Land nicht möglich ist.
n dieser Stelle müssen wir darüber nachdenken, ob wir

ine Ergänzung des Grundgesetzes brauchen, weil wir
ie Menschen in der Unsicherheit nicht alleine lassen
önnen.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was sagt denn Herr Jung dazu?)


enn Sie das wollen, müssen Sie es sagen.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihr eigener Minister sagt Nein dazu!)


ir sind nicht dafür. Deshalb sagen wir: Im eng be-
renzten Rahmen muss es möglich sein, die Bundeswehr
inzusetzen.

Die ganze Diskussion krankt an Folgendem: Sie strei-
en nur über einzelne Maßnahmen, was ich für falsch
alte. Es geht nicht um die Frage, was die Bundeswehr
m konkreten Einzelfall macht.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Doch!)


Nein. – Es geht um die Frage: Unter welchen Voraus-
etzungen soll und darf die Bundeswehr bei Bedro-
ungslagen eingesetzt werden? Welche Maßnahmen






(A) )



(B) )


Clemens Binninger
dann notwendig sind, ergibt sich aus dem konkreten Ein-
zelfall.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Also doch vor die Stadien!)


Das kann man vorher nicht sagen. Insofern hat es Herr
Gertz vom Bundeswehr-Verband heute treffend be-
schrieben. Er sagt, er sei zwar nicht für den Einsatz der
Bundeswehr vor Stadien – das will auch keiner –, aber er
selber behauptet sinngemäß: Wir sind dann da, wenn die
Polizei aus personellen Gründen oder wegen fehlender
Gerätschaften – Stichwort: Bedrohung aus der Luft oder
von der See – dazu nicht mehr in der Lage ist. Um genau
diese Fälle geht es.

Wir sollten nicht über Objektschutz streiten. Wir soll-
ten streiten, unter welchen Voraussetzungen die Bundes-
wehr bei einer Bedrohungslage zum Schutz der
Menschen in unserem Land während der Fußballwelt-
meisterschaft eingesetzt werden kann.

Herr Wieland, Sicherheitspolitik macht man ganz
oder gar nicht. Die Grünen haben sich offensichtlich für
„gar nicht“ entschieden.


(Beifall bei der CDU/CSU – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601620000

Das Wort hat die Kollegin Birgit Homburger, FDP-

Fraktion.


Birgit Homburger (FDP):
Rede ID: ID1601620100

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kol-

legen! Ich möchte zunächst einmal festhalten, was in der
öffentlichen Diskussion vielfach untergeht: Dass die
Fußballweltmeisterschaft in Deutschland stattfindet, ist
ein Glücksfall für dieses Land und kein Katastrophen-
fall, wie einige Innenpolitiker meinen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich sage auch ganz klar: Die Sicherheit bei der Fuß-
ball-WM soll und muss in vollem Umfang gewährleistet
werden. Deshalb gibt es auch ein nationales Sicherheits-
konzept, das von der Innenministerkonferenz im Mai
letzten Jahres beschlossen worden ist. Dieses Konzept
sah keinen Bundeswehreinsatz im Innern vor. Ich frage
mich, was sich seither eigentlich verändert hat.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich sage Ihnen ganz klar: Die FDP unterstützt alle
Maßnahmen, die zur Gewährleistung der Sicherheit nö-
tig sind. Aber wir vertreten dabei den Grundsatz: Die
Polizei gewährleistet die innere Sicherheit und die Bun-
deswehr ist für die äußere Sicherheit zuständig. Folgt
man diesem Grundsatz, ist der im Augenblick geplante
Einsatz der Bundeswehr im Rahmen der WM – techni-
sche Unterstützungsmaßnahmen, Unterstützung im

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(C (D anitätsbereich und auch zur ABC-Abwehr – akzeptael. Ich sage klipp und klar: Die FDP-Bundestagsfrakion trägt den Einsatz der AWACS-Flugzeuge mit, weil as die Sicherheit deutlich erhöht. Keine Polizei der änder hat die Möglichkeit, für Luftsicherheit zu sorgen. eswegen tragen wir all diese Maßnahmen mit. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Clemens Binninger [CDU/CSU]: Auf welcher verfassungsrechtlichen Grundlage?)


Dies alles, Herr Kollege Binninger, ist schon im Rah-
en der Amtshilfe möglich, im Übrigen bisher auch üb-

ich. Bei allen Großveranstaltungen, beispielsweise beim
apstbesuch, ist es so gemacht worden. Es erschließt
ich überhaupt nicht, warum Sie der Meinung sind, dass
ir jetzt eine Grundgesetzänderung brauchen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Die FDP ist allerdings der Meinung, dass es einen ge-
erellen Einsatz der Bundeswehr im Innern nicht
raucht, und wir lehnen ihn auch ab.


(Beifall bei der FDP)


ür uns ist die Grenze da, wo es um originäre polizeili-
he Aufgaben geht, beispielsweise dort, wo es um
bjektschutz geht. Herr Kollege Binninger, Sie haben

ier gerade eine Vernebelungstaktik gefahren.


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Nein!)


uch der Objektschutz ist nämlich sehr wohl im Ge-
präch.


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Nein!)


as, was Sie zitiert haben, hat nicht irgendjemand ge-
agt, sondern Ihr eigener Verteidigungsminister, der sich
blehnend geäußert hat. Vor diesem Hintergrund muss
ch Ihnen sagen: Die FDP-Fraktion bleibt bei ihrer Hal-
ung. Die Trennung der Aufgaben von Polizei und Bun-
eswehr hat gute Gründe und muss bestehen bleiben.


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Es ist im Übrigen absurd, die Bundeswehr für Objekt-
chutzaufgaben heranziehen zu wollen. Immer mehr
undeswehrliegenschaften werden aus Kapazitätsgrün-
en von privaten Wachdiensten bewacht.

Ein Polizeieinsatz ist etwas anderes als ein Bundes-
ehreinsatz; deswegen kann man keinen Vergleich mit

inem Auslandseinsatz der Bundeswehr ziehen.


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Die sollen keine Polizeieinsätze machen!)


eswegen ist die Ausbildung der Polizei zu Recht eine
ndere als die der Bundeswehr.


(Beifall bei der FDP – Clemens Binninger [CDU/ CSU]: Das sagen Sie den Richtigen!)


as bei der Polizei zur Ausbildung gehört, beispiels-
eise Deeskalationsstrategien, ist bei der Bundeswehr






(A) )



(B) )


Birgit Homburger
nicht im Ausbildungskonzept enthalten. Deswegen kön-
nen Sie das nicht vergleichen. Deswegen sagen wir: Wir
sollten die Bundeswehr nicht zu Aufgaben heranziehen,
für die sie nicht ausgebildet ist.


(Beifall bei der FDP und der SPD – Clemens Binninger [CDU/CSU]: Das will ja niemand!)


Es macht die Sache im Übrigen nicht besser, dass
Herr Schäuble, Herr Beckstein und andere ihre Forde-
rung jahrelang wiederholen. Man fragt sich geradezu:
Wie haben wir eigentlich all die letzten Jahre die Groß-
ereignisse überstanden, ohne dass sie diese Forderung
durchgesetzt hatten?


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Die Bedrohungslage hat sich doch geändert, Frau Kollegin!)


Es werden Ängste geschürt in der Hoffnung, dass man
öffentlich Druck erzeugt. Das ist genau das, was Sie tun.
Das ist unverantwortlich. Das ist der Versuch, die Welt-
meisterschaft zur Durchsetzung Asbach-uralter ideologi-
scher Forderungen zu missbrauchen. Das ist inakzepta-
bel.


(Beifall bei der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Uns ist gestern im Verteidigungsausschuss ein Kon-
zept zu der Frage vorgelegt worden, zu welchen Aufga-
ben die Bundeswehr herangezogen werden soll, und
zwar im Rahmen der Verfassung. Das tragen wir auch
mit. Demgegenüber bietet die Bundesregierung ein pein-
liches öffentliches Schauspiel. Der eine sagt hü, der an-
dere hott.


(Beifall des Abg. Jürgen Koppelin [FDP])


Der Bundesinnenminister ist für einen Einsatz der Bun-
deswehr im Innern. Der Bundesverteidigungsminister


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Stellt 2 000 Soldaten bereit!)


hat gerade heute noch einmal ausdrücklich erklärt, er
lehne das ab. Vor dem Hintergrund sagen wir: 120 Tage
vor Beginn der Weltmeisterschaft sollte man sich über
das Sicherheitskonzept einmal im Klaren sein. Sorgen
Sie für Klarheit und nicht weiter für Verunsicherung!


(Beifall bei der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich möchte eine letzte Bemerkung machen. Wenn wir
im Rahmen der Amtshilfe hierfür die Bundeswehr ein-
setzen und das mitgetragen wird, dann sollten der Bun-
deswehr auch die Kosten erstattet werden. Es sollen
Aufwendungen in Höhe von 5 Millionen Euro entstehen.
Der Bundeswehr sollen aber nur 1,4 Millionen Euro er-
stattet werden. Vor dem Hintergrund dessen, dass wir um
jeden Euro zur Verbesserung der Ausrüstung der Bun-
deswehr kämpfen müssen,


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Die Bundeswehr wird doch gar nicht eingesetzt! Warum dann eine Erstattung? Für Geld macht die FDP alles!)


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(C (D st es für mich nicht akzeptabel, dass die FIFA aus dem undeswehrhaushalt subventioniert werden soll. Sie ollten auch darüber nachdenken und in Verhandlungen arüber eintreten. Es wäre gut, wenn diese unsinnige Deatte, die da teilweise geführt wird, endlich beendet ird. Vielen Dank. (Beifall bei der FDP sowie des Abg. Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601620200

Das Wort hat der Kollege Wolfgang Gunkel von der

PD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Wolfgang Gunkel (SPD):
Rede ID: ID1601620300

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol-

egen! Die Behandlung dieses Themas, das von den
raktionen des Bündnisses 90/Die Grünen und der FDP

n den Bundestag eingebracht worden ist, ist deshalb
otwendig, weil der Herr Bundesinnenminister nicht
üde wird, immer wieder festzustellen, dass die Einsatz-

räfte der Länderpolizeien und der Bundespolizei nicht
usreichen, um insbesondere bei terroristischen Angrif-
en die Sicherheit unseres Landes während der Fußball-
eltmeisterschaft zu gewährleisten. Dies sagt Herr
chäuble bei jeder Gelegenheit, die wir im Innenaus-
chuss oder andernorts zur Diskussion haben.

Man kann natürlich verstehen, dass die mit der inne-
en Sicherheit befassten Innenminister der Länder und
uch der Bundesinnenminister ein Höchstmaß an Absi-
herung anstreben, weil sie bei sicherheitsrelevanten
orkommnissen die politische Verantwortung überneh-
en müssen. Aber Stühle von Innenministern sind nun

inmal härter als vielleicht andere. Das ist ihr politisches
isiko.

Gleichwohl scheint die immer wieder vorgetragene
efahrenprognose bezüglich der Sicherheit in den Sta-
ien sowie des Public-Viewing-Bereichs – auch das ist
in Hobby von Herrn Dr. Schäuble – etwas überzogen zu
ein. Ich will die Sache einmal von der praktischen Seite
ngehen.

Wenn man die zwölf Spielorte betrachtet, so stellt
an fest, dass sechs Bundesländer überhaupt nicht be-

roffen sind; sie können ihre Polizeikräfte zunächst aus-
chließlich für die Bereiche öffentlicher Veranstaltungen
ereitstellen. Die anderen Bundesländer, die sich im
mfeld der Stadien höchstwahrscheinlich mit dem Hoo-

igan-Problem befassen müssen – dazu liegen jahre-
ange umfangreiche Erfahrungen vor –, werden jedoch
icht bei allen Fußballspielen mit dem höchstmöglichen
insatz fahren müssen. Mir kann niemand glaubhaft dar-

egen, dass bei einem Spiel wie Togo gegen Südkorea
assenhaft Fans und Konfliktpotenzial speziell im öf-

entlichen Straßenraum vorhanden sein werden. Von den
8 Spielen der Vorrunde benötigen vielleicht zwölf die
öchste Sicherheitsstufe. Beim Einsatz von 250 000 Be-
mten der Länderpolizeien und 30 000 Beamten der






(A) )



(B) )


Wolfgang Gunkel
Bundespolizei muss es doch möglich sein, eine solche
Lage zu bewältigen.


(Beifall bei der SPD)


Ich kann mir nicht vorstellen, dass man dort zusätzlich
massenhaft Soldaten oder Ähnliches benötigt.

Aber bei dem Einsatz der übrig bleibenden Kräfte hat
Herr Dr. Schäuble Schwierigkeiten mit dem so genann-
ten Public-Viewing-Bereich. Das sind öffentliche Orte,
an denen Großbildleinwände aufgestellt werden, die zu
abgeschlossenen Veranstaltungsräumen gehören, wo der
Veranstalter finanziellen Gewinn erzielen möchte. Des-
halb wird die Polizei diese Veranstalter in die Pflicht
nehmen, einen hervorragend funktionierenden Ordner-
dienst einzurichten, der in Zusammenarbeit mit den ein-
gesetzten Beamten dafür sorgen wird, Störpotenzial von
vornherein auszuschließen. Auch hier ist ein ausufernder
Kräfteeinsatz der Länderpolizeien nicht erforderlich.

Durch die Vielzahl der öffentlichen Übertragungen
werden höchstwahrscheinlich viele Orte in allen Bun-
desländern betroffen sein; aber ein unlösbares Problem
stellt das nicht dar, weil die Sondernutzung von öffentli-
chem Straßenland bei den Kommunalbehörden angemel-
det werden muss und man mit Sicherheitsauflagen vor-
weg einen großen Teil des Problems in den Griff
bekommen kann.

Kurz zusammengefasst, kommt man zu dem Ergeb-
nis, dass ein polizeilicher Notstand auf keinen Fall vor-
liegt.


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Das wissen Sie noch nicht!)


– Herr Binninger, Sie sind selber einmal mit der Sache
befasst gewesen. Ich glaube, man kann mir das schon ab-
nehmen, wenn ich das sage.

Nun zu den erwarteten terroristischen Angriffen. Es
ist natürlich nicht wegzudiskutieren, dass die allgemeine
Gefahrenlage schwierig ist. Aber derartige Angriffe
wehrt man nicht ab, indem man Soldaten zum Objekt-
schutz von öffentlichen Behörden, Stadien oder Bot-
schaften einsetzt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


Vielmehr sind im Rahmen der Prävention intensive Auf-
klärung, Observation und Fahndungen erforderlich. In
Zusammenarbeit aller Länderpolizeien, der Bundespoli-
zei und auch der Nachrichtendienste können ein umfas-
sendes Lagebild erstellt und unter Umständen im Vorfeld
terroristische Aktivitäten erkannt und somit Anschläge
verhindert werden.

Aber selbst wenn man Derartiges nicht verhindern
kann, ist die Polizei immer noch in der Lage, ihren Auf-
trag zu erfüllen. Es würde wenig bringen, das Land mit
einem uniformierten Schleier zu überziehen. Das müsste
man als Alibismus bezeichnen, weil es nicht der Sicher-
heit dient.

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(C (D (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Erforderlich wird sein, alle möglichen Ermittlungska-
azitäten beim Bundeskriminalamt und bei den Landes-
riminalämtern bereitzustellen, um größtmögliche Auf-
lärung und Umfeldermittlung zu betreiben.

Zusammenfassend komme ich zu dem Ergebnis, dass
ie Polizei – das muss man den Polizeiführern der jewei-
igen Länder durchaus zutrauen dürfen – sehr wohl in
er Lage ist, das Großereignis Fußballweltmeisterschaft
u bewältigen.


(Beifall bei der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ie Ausnahmen bezüglich eines Einsatzes der Bundes-
ehr nach dem gegenwärtigen Stand des Grundgesetzes,
ie hier schon von meinen Vorrednern genannt worden
ind, will ich nicht wiederholen. Auch dazu steht meine
raktion. Luftüberwachung und Ähnliches muss natür-

ich durch die Bundeswehr erfolgen dürfen. Aber dazu
edarf es keiner Grundgesetzänderung; das ist im Grund-
esetz bereits so vorgesehen.

Abschließend noch ein Satz zum Koalitionsvertrag,
a wir unseren Koalitionspartner ja einbeziehen müssen.


(Heiterkeit im ganzen Hause – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eine schwierige Aufgabe! – Clemens Binninger [CDU/CSU]: Er weiß es noch! Ich hatte schon gedacht, Sie haben uns vergessen! – Gegenruf des Abg. Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Aber Sie haben es vergessen, Herr Binninger!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601620400

Die Lacher gehen auf Ihre Redezeit.


Wolfgang Gunkel (SPD):
Rede ID: ID1601620500

Ich komme zum Schlusssatz. – Ich weise darauf hin,

ass dem Koalitionsvertrag zu entnehmen ist, dass wir
emeinsam abwarten wollen, wie das Bundesverfas-
ungsgericht sich zum Luftsicherheitsgesetz stellt


(Clemens Binninger [CDU/CSU]: So ist es!)


nd in welchem verfassungsrechtlichen Rahmen es den
insatz der Bundeswehr sieht. Dann wird darüber neu zu
iskutieren sein.

Die SPD-Fraktion hält jedenfalls an der bewährten
rennung von Landesverteidigung durch die Streitkräfte
nd Gewährleistung der inneren Sicherheit durch die Po-
izei fest. Das möchte ich zum Abschluss ausdrücklich
etonen.

Schönen Dank.


(Beifall bei der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)







(A) )



(B) )


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601620600

Herr Gunkel, das war Ihre erste Rede im Deutschen

Bundestag. Deswegen war sie auch etwas länger. Wir
gratulieren Ihnen herzlich und wünschen Ihnen viel Er-
folg.


(Beifall)


Ich gebe das Wort dem Kollegen Paul Schäfer von der
Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Paul Schäfer (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601620700

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe

Kolleginnen und Kollegen! Worum geht es bei dem
Großereignis Fußball-WM? Es geht um fairen Wettstreit,
es geht um Spaß am Spiel und es geht um Völkerver-
ständigung. Wir, die Linke, wollen, dass der schöne Slo-
gan „Die Welt zu Gast bei Freunden“ mit Leben erfüllt
wird.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Gerade deshalb sind wir nicht nur kritisch gegenüber der
überbordenden Kommerzialisierung, sondern wir wollen
auch nicht, dass dieses Ereignis zu einer Militarisierung
im Innern missbraucht wird.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir erleben doch seit einiger Zeit eine merkwürdige
Situation. Der Verteidigungsminister möchte nicht, dass
die Bevölkerung verunsichert wird. Der Innenminister
wird nicht müde, ständig neue Katastrophengefahren zu
wittern und daran seine Uraltforderung zu knüpfen, das
Einsatzspektrum der Bundeswehr im Innern müsse er-
weitert werden und notfalls müsse dazu das Grundgesetz
verändert werden.

Das Thema Objektschutz – da hilft auch alle Nebel-
kerzenwerferei nichts – ist weiterhin in der Debatte. Man
hört von abstrusen Ideen – heute von Herrn Beckstein –,
die Bundeswehr könne vorübergehend auch Bundes-
grenzschutzaufgaben übertragen bekommen. Gegen die
Gefahr eines Terrorangriffs mit ABC-Waffen müsse
die Bundeswehr gerufen werden. Ich entnehme der letz-
ten Ausgabe der Sonntagszeitung der „Frankfurter All-
gemeinen Zeitung“ Folgendes:

Beim Bundesnachrichtendienst gibt es im Jahr der
Fußball-WM keine alarmistische Einschätzung be-
züglich eines Terrorangriffs mit ABC-Waffen.

Man merkt einfach, dieses Sportereignis soll politisch
instrumentalisiert werden, und man ist verstimmt.

Herr Binninger, Ihr Vergleich sprach Bände: Weil die
Bundeswehr im Ausland für Sicherheit sorge, müsse sie
das auch im Inland tun. Wenn ich es richtig sehe, ge-
schieht dies im Ausland in einem hochgradig gewalttäti-
gen und militarisierten Umfeld. Wenn Sie das auf die
Bundesrepublik übertragen wollen, dann gute Nacht.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Clemens Binninger [CDU/CSU]: Vergleichen Sie nicht das Falsche!)


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(C (D Lassen Sie es mich ganz eindeutig sagen: Es sollte it diesem alarmistischen Gerede, mit dem ständig neue ngste geschürt werden, Schluss sein. Wir sollten uns on dieser fixen Idee verabschieden, die Streitkräfte mit olizeiaufgaben zu betrauen. Das passt einfach nicht zu er Idee freundlicher und friedlicher Sportwettkämpfe. as ist auch nicht weltmeisterlich, sondern provinziell. Lassen Sie mich noch Folgendes hinzufügen. Wir ind dafür, dass die Sicherheit gewährleistet wird und ass alles Nötige dafür getan wird. Aber erstens gilt, ass das, was für diesen Schutz vorgesehen ist, strikt im ahmen unseres Grundgesetzes geschehen muss. Art. 35 leibt maßgeblich; er darf nicht angetastet werden. weitens gilt nach wie vor: Die Ordnungsund Gewalt nstrumente der inneren und äußeren Sicherheit sind fein äuberlich auseinander zu halten. ür polizeiliche Aufgaben ist die Polizei zuständig, nieand sonst. Das gilt auch für den Objektschutz. Hier ind wir im Übrigen voll im Einklang mit der Gewerkchaft der Polizei und mit dem Bundeswehrverband. Wir halten das, was in den Anträgen der Grünen und er FDP steht, für unterstützenswert. Wir erlauben uns ls Linke, an einer Stelle über diese Anträge hinauszugeen. Wir wollen uns nicht einfach daran gewöhnen, dass s bei Großereignissen Usus wird – egal ob es sich um en Papstbesuch oder um die Fußball-WM handelt –, WACS-Flugzeuge der NATO zur Luftraumüberwahung einzusetzen. Wahrscheinlich soll dies demnächst uch bei unseren beliebten Rosenmontagsumzügen gechehen. Wir ziehen die Sinnhaftigkeit eines solchen insatzes in Zweifel, weil wir keine plausiblen Gründe afür erkennen. Vor allem aber geht es uns darum, deutlich zu mahen, dass wir § 14 des neuen Luftsicherheitsgesetzes ür nicht grundgesetzkonform halten und ablehnen. Aber ur in diesem Zusammenhang ist der AWACS-Einsatz wingend, weil die Flugzeuge dort als Führungsinstruent und Feuerleitzentrale gebraucht werden. Wir teilen ier die grundlegenden Bedenken, die in Karlsruhe foruliert worden sind, nicht zuletzt von Piloten der zivilen uftfahrt. Lassen Sie mich zum Ausgangspunkt zurückkomen. Angstmache und Verunsicherung müssen aufhören. etzt geht es um die Vorfreude auf ein lebendiges Sportest und um die Möglichkeit der Begegnung mit Menchen aus vielen Kulturen und Regionen. Nur so können ir gewinnen. Danke. Das Wort hat die Kollegin Gabriele Fograscher, SPD raktion. Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, es ist deutlich geworden: Es besteht ein breiter Konsens in diesem Hause, dass wir eine attraktive und vor allem auch sichere Fußballweltmeisterschaft ausrichten wollen. Das Motto – es wurde schon häufiger genannt – „Die Welt zu Gast bei Freunden“ wollen und werden wir in die Tat umsetzen. Die Fußballweltmeisterschaft ist eine großartige Chance, unser Land zu präsentieren und sich vor allen Dingen als weltoffener und toleranter Gastgeber zu zeigen. Voraussetzungen für ein Gelingen sind die gute Vorbereitung und Organisation des reibungslosen Ablaufs und die Gewährleistung von größtmöglicher Sicherheit. Die Polizeien der Länder und des Bundes sind hervorragend auf diese sicherheitspolitische Herausforderung vorbereitet. Der schon mehrfach zitierte Innenminister Beckstein hat heute auf einer Pressekonferenz erklärt, (Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schon wieder?)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)

Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601620800

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)





(A) )


(B) )

Gabriele Fograscher (SPD):
Rede ID: ID1601620900

die bayerische Polizei sei bereits strategisch und konzep-
tionell sehr gut vorbereitet, um die mit der Fußball-WM
verbundenen Herausforderungen bewältigen zu können.
Dies gilt natürlich auch für die Polizeien der anderen
Länder.

Einbezogen in dieses Sicherheitskonzept ist auch die
Bundeswehr. Man sollte deutlich darstellen, dass die
Bundes- und Landesbehörden über 100 Anträge auf
Unterstützung im Rahmen der Amtshilfe gestellt und
genehmigt bekommen haben. 2 000 Soldaten werden im
Einsatz sein. Der Schwerpunkt der Arbeit wird im Sani-
tätsbereich liegen. Weitere Einsatzbereiche sind zum
Beispiel die ABC-Abwehr und die Bereitstellung von
Unterkünften. Zusätzlich werden AWACS-Aufklärungs-
flugzeuge den Luftraum sichern. Es ist auch möglich,
Transportflugzeuge zur Erhöhung der Mobilität von Per-
sonal und Material anzufordern. All diese Unterstüt-
zungsleistungen im Rahmen der technischen Amtshilfe
sind auf Basis der derzeitigen Regelung des Art. 35
Grundgesetz möglich. Darüber hinaus gibt es aus der
Vergangenheit zahlreiche Beispiele, bei denen die Bun-
deswehr im Innern im Rahmen der Nothilfe und des
Katastrophenschutzes hervorragende Hilfe und Unter-
stützung geleistet hat. Dazu zählen Einsätze bei Flutka-
tastrophen oder bei dem erst kürzlich geschehenen
Dacheinsturz in Bad Reichenhall.

Selbstverständlich wird die Bundeswehr auch wäh-
rend der Weltmeisterschaft zur Verhinderung oder Be-
kämpfung von Katastrophen oder zur Abwehr möglicher
terroristischer Angriffe in Bereitschaft sein, also für
Aufgaben, die die Polizei nicht leisten kann. Die Solda-
tinnen und Soldaten haben sich in derartigen Einsätzen
bewährt. Sie sind dafür ausgebildet und haben die not-
wendige Ausrüstung. Damit leistet die Bundeswehr
einen wichtigen Beitrag zur Umsetzung des nationalen
Sicherheitskonzepts. Auf diese Verwendungsmöglich-
keiten der Bundeswehr haben wir uns im Koalitionsver-
trag verständigt. Ich zitiere:

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(C (D Angesichts der Bedrohung durch den internationalen Terrorismus greifen äußere und innere Sicherheit immer stärker ineinander. Gleichwohl gilt die grundsätzliche Trennung zwischen polizeilichen und militärischen Aufgaben. Die jetzt immer wieder geäußerten Forderungen, die undeswehr bei der Fußballweltmeisterschaft weitergeend, zum Beispiel für Personenkontrollen oder den bjektschutz, einzusetzen, verwirren mehr, statt dass ie Klarheit schaffen. Sie werden nicht nur von Bundeserteidigungsminister Jung, sondern auch vom Bundesehr-Verband und der Polizei selbst aus guten Gründen bgelehnt. Die Bundeswehr ist keine Hilfspolizei. Es äre kein Sicherheitsgewinn, wenn dafür nicht ausgebilete Soldatinnen und Soldaten oder gar Wehrpflichtige ie Übertragung der Spiele auf Großleinwänden sichern ürden. Es wäre kein Sicherheitsgewinn, wenn ein dafür icht ausgebildeter Wehrpflichtiger plötzlich mehreren ewaltbereiten Hooligans gegenüberstünde. Er hat nie elernt, wie er auf eskalierende Situationen kühl, abgetuft und angemessen reagieren soll. (Zuruf von der CDU/CSU: Wer will denn das?)


Wir wollen interessante und spannende Fußballspiele
ehen.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Dafür sind auch wir!)


ir wollen Sicherheit sowohl in den Stadien als auch bei
ffentlichen Veranstaltungen. Wir wollen die Weltmeis-
erschaft aber nicht zum Anlass nehmen, das Grundge-
etz zu ändern. Die Trennung von polizeilichen und
ilitärischen Aufgaben hat sich bewährt. Größtmögli-

he Sicherheit bei der WM zu gewährleisten, ist auch
hne Verfassungsänderung möglich.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601621000

Sie müssen bitte zum Ende kommen.


Gabriele Fograscher (SPD):
Rede ID: ID1601621100

Ein letzter Punkt. – Ich meine, wir sollten den Men-

chen vermitteln, dass alles Menschenmögliche getan
ird, um Sicherheit zu gewährleisten. Wir sollten nicht
eiterhin den Eindruck erwecken, als gäbe es Sicher-
eitslücken, die nur mit einer Grundgesetzänderung oder
em Einsatz der Bundeswehr im Innern geschlossen
erden könnten.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601621200

Damit schließe ich die Aussprache zu diesem Tages-

rdnungspunkt.

Zwischen den Fraktionen ist verabredet, die Vorlagen
uf den Drucksachen 16/359 und 16/563 an die in der






(A) )



(B) )


Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt
Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu überwei-
sen. – Ich sehe, dass Sie damit einverstanden sind. Dann
ist die Überweisung so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 11 sowie die
Zusatzpunkte 6 und 7 auf:

11 Beratung der Unterrichtung durch die Bundes-
regierung

Tierschutzbericht 2005

– Drucksache 15/5405 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (f)

Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung

ZP 6 Beratung des Antrags der Abgeordneten Undine
Kurth (Quedlinburg), Bärbel Höhn, Ulrike
Höfken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

Tierschutzpolitik energisch fortführen und
weiterentwickeln

– Drucksache 16/550 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung

ZP 7 Beratung des Antrags der Abgeordneten Undine
Kurth (Quedlinburg), Bärbel Höhn, Ulrike
Höfken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN

EU-Kommission muss nationale Tierschutz-
bemühungen respektieren

– Drucksache 16/549 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Für diese Debatte ist eine halbe Stunde verabredet. –
Auch dazu höre ich keinen Widerspruch. Dann ist so be-
schlossen.

Vielleicht können Sie die freundlichen Begrüßungen
und Verabschiedungen beschleunigen. – Danke schön.

Ich eröffne die Aussprache und gebe das Wort dem
Parlamentarischen Staatssekretär Dr. Gerd Müller.

Dr
Dr. Gerd Müller (CSU):
Rede ID: ID1601621300


Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Men-
schen und Tiere sind Geschöpfe Gottes. Auch Tiere ha-
ben eine Würde. Beim Tierschutz leitet uns der Grund-
satz der Ehrfurcht vor dem Leben. Bei den Tieren sind

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(C (D chutz und Fürsorge nicht von ihrem Nutzwert abhänig. In Art. 20 a Grundgesetz steht – ich zitiere –: Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere … as wird damit ausgedrückt? Ohne Tiere stirbt die Naur; ohne Natur gibt es keine Zukunft für den Menschen. ierschutz ist deshalb sowohl Naturschutz als auch Menchenschutz. Alles zusammen ist Voraussetzung für eine ebenswerte Zukunft. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir gehen den Weg einer aktiven Politik für den Tier-
chutz weiter. Wir diskutieren ja heute über den Tier-
chutzbericht, der sich mit den vergangenen zwei Jahren
efasst, auf dem quasi noch das Bild von Frau Künast,
er ehemaligen Ministerin, prangt.


(Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Leuchtet!)


ir gehen diesen Weg allerdings ideologiefrei und ori-
ntiert an praktischer Vernunft weiter.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Es gibt jedoch weiteren Handlungsbedarf, den ich
ier nur ganz kurz skizzieren kann. Hohe deutsche Stan-
ards dürfen nicht aus dem Ausland unterlaufen werden.


(Zustimmung des Abg. Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


ierschutz muss ein Thema auch für die WTO werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ch habe die WTO-Debatte vorhin verfolgt. Bei den
ortsetzungsverhandlungen im Rahmen der WTO müs-
en die Fragen des Tierschutzes und der Tierhaltung auf
ie Tagesordnung. Die Nutztierhaltung bei uns steht
eute international unter einem dramatischen ökonomi-
chen Druck. Deshalb ist es nicht möglich, nur in
eutschland oder in der Europäischen Union mit Son-
erstandards zu arbeiten, die dann natürlich auch Belas-
ungen für die Erzeuger bewirken. Was nutzt ein Käfig-
erbot in Deutschland, wenn die Betriebe dann nach
azedonien oder in andere Staaten Mittelosteuropas ge-

en? Was nutzt die Umsetzung der Schweinehaltungs-
erordnung, die wir jetzt ebenso wie die Legehennenver-
rdnung miteinander auf den Weg bringen, wenn wir auf
en internationalen Märkten mit industrieller Schweine-
ast – ich denke in diesem Zusammenhang an die ame-

ikanischen Standards – konkurrieren müssen? Deshalb
üssen wir dieses Thema international auf die Tagesord-

ung setzen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])







(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Dr. Gerd Müller
Ich sage an dieser Stelle ebenfalls: Tierhaltung muss im
Einklang mit der Natur erfolgen.

Tierschutz ist auch Verbraucherschutz. Gesundheit
und Wohlbefinden der Tiere finden sich auch ein Stück
weit in der Qualität der Produkte wieder. Tierschutz im
Rahmen der Nutztierhaltung ist seit dem 1. Januar
– auch das sage ich an die Adresse der Verbraucher –
Gegenstand der Cross-Compliance-Kontrollen gewor-
den. Das ist ein deutliches Zeichen hin zu mehr prakti-
scher Vernunft beim Tierschutz. Das soll genug der Bü-
rokratie sein. Nicht hinter jedem Küken kann ein
Kontrolleur stehen.

Ich greife ein Beispiel aus dem aktuellen Tierschutz-
bericht heraus, das zeigt, wie differenziert die Vorschrif-
ten heute bereits sind: die Anforderungen an die Haltung
von Enten oder Gänsen. Ich zitiere:

Der Stall muss so beschaffen sein, dass den Tieren
ein Auslauf und jederzeit zugängliche, ausreichend
bemessene Bademöglichkeiten zur Verfügung ste-
hen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Die Bademöglichkeiten müssen … so gestaltet sein,
dass die Enten oder Gänse den Kopf bis mindestens
hinter das Auge ins Wasser stecken können.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Ich möchte eine Ente sein!)


Es müssen Einrichtungen vorhanden sein, die die
Bereitstellung von klarem Wasser für das Baden ge-
währleisten.

An diesem Beispiel sehen Sie: Bürokratie darf nicht die
oberste Maxime für den Tierschutz der Zukunft sein.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Wir sind dagegen, dass jeder Kälberstrick definiert
wird. Es gibt natürlich Themen, mit denen wir uns kri-
tisch und aus der Sicht der praktischen Vernunft ausei-
nander setzen müssen; ich nenne als Beispiel das Thema
Milchkuhrichtlinie. Aber Frau Künast hat in der Vergan-
genheit den Tierschutz häufig zur Eigenprofilierung be-
nutzt. Das soll nicht die Zukunft sein. Im Mittelpunkt
unserer Tierschutzpolitik steht der Eigenwert der Tiere
als Maßstab für einen verantwortbaren Tierschutz.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601621400

Das Wort hat für die FDP der Kollege Michael

Goldmann.


Hans-Michael Goldmann (FDP):
Rede ID: ID1601621500

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Ich will es gleich vorweg sagen: Ich werde
mir die Rede, die Sie gerade gehalten haben, Herr Staats-
sekretär, noch einmal sehr genau zu Gemüte führen.

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(C (D (Zuruf von der CDU/CSU: So kompliziert war es nicht!)


hren Schluss habe ich nicht ganz verstanden. Am An-
ang haben Sie gesagt, dass Tiere zu schützen sind. Sie
agen zu Recht, Tiere seien Mitgeschöpfe. Sie beziehen
ich sogar auf eine religiöse Position, was in dem Wort
eschöpf bzw. Schöpfungsakt zum Ausdruck kommt.
m Schluss aber haben Sie gesagt, es handele sich um
ürokratie, wenn Rahmenbedingungen für die ord-
ungsgemäße, tierschutzgerechte Haltung von Tieren
estgelegt werden. Ich wäre da etwas vorsichtiger.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo er Recht hat, hat er Recht!)


ch meine, das sollten wir zur Maxime unseres gemein-
amen Handelns machen.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1601621600
Als
ppositionsfraktion werden wir Sie ganz konkret an Ih-

en Taten messen. Wir werden uns nicht damit zufrieden
eben, dass hier schöne Postulate in den Raum gestellt
erden. Wir wollen, dass Sie etwas tun und dass Sie auf-
reifen, was im Tierschutzbericht 2005 angemahnt wird.

Der Tierschutzbericht 2005 ist eigentlich ein guter
ericht. Er belegt, dass im Jahr 2005 an vielen Stellen
twas für die Tiere erreicht worden. Es ist an manchen
tellen überzogen worden – Sie haben das angespro-
hen –; das eine oder andere ist unter ideologischen Ge-
ichtspunkten zu sehen. In der Substanz aber ist für Tiere
ine ganze Menge auf den Weg gebracht worden. Ich
enke zum Beispiel an die Exporterstattung, die noch
um Ende des Jahres gekippt wurde, oder an die Rah-
enbedingungen, die in der Ernährungswirtschaft insge-

amt, auch in der Fischwirtschaft, zum Tragen gekom-
en sind.

Im Tierschutzbericht ist uns ein Auftrag erteilt wor-
en. Was ist unsere zukünftige Aufgabe? Wir sind stolz
arauf, dass auch wir als FDP – das traut uns der eine
der andere manchmal gar nicht zu – sehr konkrete Vor-
tellungen entwickelt haben. Wir haben Anfragen ge-
tellt, zum Beispiel zur Tierhaltung in Zirkussen. Wir
erden von der Entwicklung bestätigt, die die Österrei-

her jetzt auf den Weg zu bringen versuchen, woran sie
us europäischer Unklugheit von einigen gehindert wer-
en. Darüber werden wir im Ausschuss gemeinsam re-
en können. Wir werden uns Ihrem Antrag anschließen.
ir hätten das schon früher getan, wenn er denn gekom-
en wäre. Dass der Antrag auf den letzten Drücker kam,

at uns nicht gefallen.


(Beifall bei der FDP)


Wir haben uns mit den Heimtieren und mit Schweins-
alen befasst. Ich habe mich sehr konkret mit Rodeo-
eranstaltungen befasst und habe dabei keine Unter-
tützung durch die große Koalition erfahren. Ich bin der
einung, dass das, was heute zum Teil bei Rodeoveran-

taltungen passiert, mit Tierschutz überhaupt nicht in
inklang zu bringen ist. Ich habe mich mit Pelztier-

mporten sehr genau befasst. Ich bin froh darüber, dass
n Deutschland nicht so ein Lapsus passiert wie bei der






(A) )



(B) )


Hans-Michael Goldmann
norwegischen Olympiamannschaft. Auf deren Kleidung
waren nämlich Pelze aufgenäht, die Tieren in Situatio-
nen abgezogen wurden, wo man sich schon fragen muss,
ob sie nicht noch gelebt haben.

Herr Staatssekretär, wir müssen auch über das Thema
Vogelgrippe reden. Ist es nicht klug, wenn wir sagen,
dass wir impfen wollen statt töten? Ist es nicht auch im
Sinne des Tierschutzes klug, wenn wir hier – natürlich
unter internationaler Einbindung – einen gemeinsamen
Weg gehen? Die Bilder, die wir zum Beispiel aus der
Türkei gesehen haben, haben uns doch hoffentlich alle
erschreckt.

Wir sind in besonderer Weise gefordert, auch durch
die neuen Vorgaben, die von europäischer Ebene kom-
men. Ich finde das, was dort auf den Weg gebracht wird,
sehr klug, jedoch nicht, wenn die Überschrift lautet:
„Noch mehr Tierschutz“; denn darum geht es nicht. Es
geht darum, den Tierschutz in die Ökonomie einzubin-
den. Ich finde es gut, dass auf europäischer Ebene da-
rüber nachgedacht wird, ein Tierschutzlabel auf den
Weg zu bringen. Ich bin davon überzeugt, dass der Tier-
schutz in Deutschland dem in anderen europäischen
Ländern haushoch überlegen ist. Ich glaube daher, dass
es gut ist, wenn in dem Aktionsplan die Schaffung eines
Sachverhalts – ein Überwachungsinstrument wäre im-
mer mit Bürokratie verbunden – zur Feststellung der
Marktauswirkungen vorgesehen ist, die zum Beispiel
durch Tierschutznormen ausgelöst werden, die wir ein-
halten. Andere Länder, die nach Deutschland exportie-
ren, verschaffen sich nämlich Vorteile; Herr Staatssekre-
tär, Sie haben das angesprochen. Einer nationalen und
ideologischen Überhöhung erteilen wir eine klare Ab-
sage. Wir werden uns ansehen, was Sie bei der Legehen-
nen- und bei der Schweinehaltungsverordnung auf den
Weg gebracht haben.

Ich finde, heute haben wir Grund, ein Stück weit zu-
frieden zu sein, zum Beispiel aufgrund des Beschlusses
der Agrarministerkonferenz unter Begleitung der neuen
Bundesregierung, das Testalter der Tiere bei BSE-Ver-
dacht auf 30 Monate anzuheben. Aber wie lange muss-
ten wir um diesen Sachverhalt kämpfen? Dabei sprechen
die Fakten dafür, das Testalter heraufzusetzen. Jetzt müs-
sen weitere Schritte folgen, zum Beispiel wenn es um
die Verfütterung von Tiermehl geht. Denn der restriktive
Umgang auf europäischer Ebene führt auf deutscher
Ebene dazu, dass wir im europäischen Vergleich Nach-
teile haben und dass wir Ländern gerade im Entwick-
lungsbereich enorme Kosten zumuten, weil sie unter sol-
chen Regelungen leiden.


Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601621700

Herr Goldmann, kommen Sie bitte zum Ende.


Hans-Michael Goldmann (FDP):
Rede ID: ID1601621800

Ja, ich komme zum letzten Satz. – Ich glaube, es ist in

der Summe ein guter Tierschutzbericht, über den wir
hier beraten. Es bleibt noch viel zu tun. Wir werden er-
folgreich sein, wenn wir die Dinge gemeinsam angehen.

Herzlichen Dank.

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(C (D (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601621900

Das Wort hat der Kollege Dr. Wilhelm Priesmeier,

PD-Fraktion.


Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD):
Rede ID: ID1601622000

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe

olleginnen und Kollegen! Ich glaube, die heutige De-
atte kann beweisen, dass Tierschutz nicht nur trennt,
ondern auch verbindet. Ich finde schon ganz beachtlich,
as im Tierschutzbericht steht. Das sind natürlich zum
eil die Erfolge einer längst vergangenen Koalition.
ber ich glaube, die neue Koalition wird diese Tier-

chutzintention in der Gesellschaft weiter voranbringen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Besserer Tierschutz!)


ierschutz ist ein hohes Gut. Wir alle gemeinsam haben
hn in diesem Parlament zum Staatsziel gemacht. Daran

uss sich die Gesetzgebung orientieren.

Drei Jahre lang hat es zwischen der Bundes- und der
änderebene in einem großen Bereich – in Deutschland
ibt es etwa 28,6 Millionen Schweine – Stillstand gege-
en, weil man sich nicht auf neue Tierschutzstandards
inigen konnte. Das haben wir von der SPD immer be-
lagt. Wir waren aber nicht in der Lage, diesen Konflikt
ufzubrechen. Jetzt scheint die Gelegenheit gegeben,
uch in diesem Bereich endlich zu Regelungen zu kom-
en, die den an sich unbefriedigenden Zustand ablösen,

ich auf Standards beziehen zu müssen, die zum Teil äl-
er als 15 Jahre sind. Das bringt Fortschritt und mehr
ierschutz sowie Sicherheit für diejenigen, die in diesem
ereich investieren. Von den verbesserten Standards hat
icht nur unsere Wirtschaft etwas, auch der Verbraucher
rofitiert davon. Denn jegliche Verbesserung im Tier-
chutz hat zwangsläufig eine Verbesserung der Lebens-
ittelqualität zur Folge. Das findet sich auch in den
berlegungen der EU wieder.

Aus diesem Grunde begrüße auch ich den neuen Ak-
ionsplan der EU zum Tierschutz. Ich hoffe, dass er in
einer Ausgestaltung das bringt, was wir alle erwarten,
ämlich dass die Tierschutzstandards in Europa angegli-
hen werden und dass es keine Wettbewerbsverzerrun-
en gibt, sodass derjenige, der bereit ist, schon im Vor-
eld in solche Standards zu investieren, sich hinterher
icht in einer Wettbewerbssituation wiederfindet, in der
r nicht sein möchte.


(Beifall des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP])


Wir haben uns, nachdem wir auch innerhalb der
oalition lange Debatten darüber geführt haben, auf eine
ernünftige Ausgestaltung der Schweinehaltungsver-
rdnung verständigt,


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Na, das wollen wir erst mal abwarten!)







(A) )



(B) )


Dr. Wilhelm Priesmeier
und zwar auf der Basis des Kompromisses, den wir
schon im Jahr 2004 auf Länderebene erzielt hatten, er-
gänzt um einige nachvollziehbare Veränderungen.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Wie war das: eins zu eins?)


Ich denke, mit diesem Kompromiss bringen wir den
Nutztierschutz in Deutschland voran. Wie der Herr
Staatssekretär soeben angekündigt hat, soll auch eine
Verordnung zur Hennenhaltung vorgelegt werden;
denn die Situation in diesem Bereich ist ebenfalls noch
nicht geklärt. Nun lautet die Frage: In welche Richtung
möchte man sich bewegen?


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Na, was denn nun? Eins zu eins?)


Auf EU-Ebene gibt es bereits eine Studie, aus der her-
vorgeht, dass Kleingruppenhaltung durchaus eine Alter-
native sein kann. Jegliche Haltungsform, die in irgendei-
ner Weise mit Käfighaltung zu tun hat – das geht auch
aus dem Koalitionsvertrag klar hervor –, wird abgelehnt.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Ab wann denn?)


Das ist ein Fortschritt, der erkämpft worden ist und nicht
wieder aufgegeben werden darf. Vor diesem Hintergrund
muss natürlich die Hennenhaltung so ausgestaltet wer-
den, dass die Hennen haltenden Betriebe in Deutschland
in der Lage sind, tierschutzgerecht zu produzieren und
letztlich auch dem Wettbewerb standzuhalten.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Ja, wie sieht es denn nun aus?)


Andere Haltungssysteme in diesem Bereich sind eben-
falls verbesserungsfähig und verbesserungswürdig.

Auch in den Haushaltsansätzen wird sich widerspie-
geln, dass der Tierschutz nicht unter dem Gesichtspunkt
„Einsparpotenzial“ behandelt wird. Ich plädiere als Tier-
schutzbeauftragter meiner Fraktion dafür, dass er seinen
Stellenwert sowohl in unserer Gesellschaft als auch in
unserem Haushalt behält. Aus diesem Grunde darf er
keinen Kürzungen zum Opfer fallen.

Ich bin frohen Mutes, dass wir diesen Bereich auch in
Zukunft angemessen ausgestalten können. Ich setze da-
rauf, dass wir auch in Zusammenarbeit mit den Tier-
schutzorganisationen in der Lage sein werden, eine ent-
sprechende Agenda zu entwickeln. Das, was die
Koalition in den nächsten vier Jahren im Hinblick auf
den Tierschutz durchsetzen will, geht nur im Miteinan-
der und nicht im Gegeneinander. Gestalten wir unsere
Politik also im Interesse Deutschlands und im Sinne des
Tierschutzes!

Danke schön.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Hans-Michael Goldmann [FDP]: Genau! Tun wir es für die Tiere!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601622100

Ich gebe das Wort der Kollegin Eva Bulling-Schröter

von der Fraktion Die Linke.

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(C (D Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! ch erinnere mich noch gut an einen Donnerstagabend urz vor Weihnachten, als auf „Phoenix“ wieder einmal in Bericht über die erschreckenden Zustände bei den iertransporten in den Libanon gezeigt wurde. Dieser erchütternde Film rüttelte offensichtlich sogar die auf U-Ebene Verantwortlichen so sehr auf, dass überrachenderweise ganz schnell ein Verbot solcher Tiertransorte verordnet wurde. Das war ein großer Erfolg für ein nliegen, für das sich viele Menschen schon seit etli hen Jahren eingesetzt haben. (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Oh ja! Darüber freuen sich vor allen Dingen die Brasilianer!)


(Beifall bei der LINKEN)

Eva-Maria Bulling-Schröter (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601622200

uch im Bundestag haben wir bereits des Öfteren da-
über diskutiert. Das ist also ein positives Beispiel.

Jetzt zum Negativen. Für uns ist es völlig unverständ-
ich, dass die EU ein Vertragsverletzungsverfahren ge-
en Österreich anstrengt,


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Richtig!)


eil das Land Gesetze im Sinne des Tierschutzes erlässt.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


ie Österreicher haben ein Verbot erlassen, das in
eutschland noch ansteht: Die Haltung und Mitwirkung
on Wildtieren in Zirkussen ist dort nicht mehr erlaubt.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Ja, genau!)


as ist, wie ich meine, ein gutes und vernünftiges Ge-
etz. Es kann nicht sein, dass derlei über das Dogma des
o genannten freien Dienstleistungsverkehrs wieder aus-
ehebelt werden soll. Deshalb unterstützen wir den An-
rag der Grünen und fordern die Bundesregierung auf,
ier tätig zu werden.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP])


Wer den Tierschutzbericht liest, kommt an einer Zahl
icht vorbei: Es werden noch immer mehr als 2 Millio-
en Wirbeltiere in Tierversuchen verbraucht. Das sind
Millionen zu viel.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Nein! – Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Wollen Sie etwa an Menschen testen?)


ie Förderung von tierversuchsfreien Methoden muss
orciert werden, und zwar zügig. Ich denke, hier sind wir
ns einig. Dafür braucht man Geld, nicht aber für die
ierversuche.

Nach wie vor vegetieren fast 39 Millionen Hennen in
egebatterien. Wir gehen davon aus, dass sich die große
oalition an den Beschluss halten wird, die Haltung von
ennen in Käfigbatterien zum Jahr 2007 zu beenden.
as Bundesverfassungsgericht hat ja klar definiert, was






(A) )



(B) )


Eva Bulling-Schröter
unter artgerechter Haltung von Hühnern zu verstehen ist.
Dies darf nicht dem Druck bestimmter Lobbyisten zum
Opfer fallen. Diese Gefahr besteht, Herr Müller.

Neben den Hennen leiden aber auch andere Vögel.
Sie alle kennen die Bilder von in Netzen gefangenen Pa-
pageien, von Transportkisten, in die Hunderte Vögel auf
dem langen Transport aus den Wäldern Afrikas, Süd-
amerikas oder Asiens nach Europa halbtot eingepfercht
sind. Schätzungsweise 3,5 Millionen Wildvögel werden
jedes Jahr für den Heimtiermarkt in der Europäischen
Union eingefangen. Mindestens die Hälfte der Tiere er-
stickt, verhungert oder verdurstet, bevor der Endabneh-
mer überhaupt erreicht ist. Die massenhafte Einfuhr von
Wildvögeln ist nicht nur grausam, sie ist auch völlig
überflüssig. Hiesige Vogelzüchter züchten die exoti-
schen Arten seit langem, doch die Zuchttiere können mit
den billigen Wildfängen preislich nicht konkurrieren.
Während Fang und Haltung einheimischer Wildvögel in
der EU streng verboten sind, gelten exotische Vögel
nach wie vor als „vogelfrei“. Wir halten das für absurd.
So stammen neun von zehn importierten Papageien aus
freier Wildbahn. Die Bestände zahlreicher Arten sind in-
folge des wildwüchsigen Handels bereits zusammenge-
brochen. Es ist also höchste Zeit, dass die Bundesregie-
rung und die gesamte EU endlich dem Beispiel anderer
Länder folgen, zum Beispiel den USA, und diesen Han-
del verbieten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalition, es
gibt noch viel zu tun; darüber sind wir uns einig. Unter
anderem steht die Verbandsklage im Tierschutz nach wie
vor auf der Agenda. Zeigen Sie, dass eine große Koali-
tion auch eine große Koalition für den Tierschutz sein
kann! Sie haben die Mehrheit – und auch unsere Unter-
stützung, wenn Sie es denn Ernst damit meinen. Dazu
gehören natürlich auch Kälberstricke, Herr Staatssekre-
tär Müller.


(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Er läuft lieber frei rum!)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601622300

Für das Bündnis 90/Die Grünen spricht jetzt Undine

Kurth.

Undine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
Kollegen! Es ist gut, dass wir heute über den vorliegen-
den Tierschutzbericht debattieren, weil wir damit zeigen,
dass Tierschutz ein politisches Thema ist. Es wäre aller-
dings besser, wenn mehr Abgeordnete anwesend wären
und mitbekämen, dass es ein politisches Thema ist, das
uns alle fordert.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Die Wichtigsten sind da!)


– Wenn Sie meinen, dass wir die Wichtigsten sind,


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Natürlich! – Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)


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(C (D st das okay. Natürlich bin ich froh, dass erst einmal alle versichert aben, wie wichtig ihnen der Tierschutz sei. Allerdings in ich schon etwas verwundert: Die Reden fangen imer großartig an. Aber was folgt dann? – Herr Staatsse retär, Sie sprachen in biblischen Bildern und fingen mit Gottes Schöpfung“ an. Doch wie Sie aufhörten, war etas lax und dem Thema nicht angemessen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Julia Klöckner [CDU/CSU]: Er kann doch nicht selbst eine Bibel schreiben!)


Herr Dr. Priesmeier, Sie haben die Hennenhaltung
o geschildert, als wäre sie nicht geregelt. Das verstehe
ch nicht. Für die geltende Gesetzeslage hat Rot-Grün er-
olgreich gestritten; darauf können wir stolz sein. Warum
ollten wir das zur Disposition stellen?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Eva Bulling-Schröter [DIE LINKE])


ch hoffe, dass Sie zu Ihren Worten stehen. Wenn Sie es
chon nicht der Tiere wegen schaffen, dann denken Sie
aran, dass ein verbesserter Tierschutz uns allen nutzt.
ir belasten die Böden nicht so stark wie mit der Mas-

entierhaltung. Wir tun etwas für das Wasser und die
uft.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das hat mit der Legehennenverordnung nichts zu tun!)


Es hat etwas mit der Massentierhaltung zu tun. – Wir
un etwas für unsere Umwelt und damit letztendlich für
ns selber.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Bei Freiland ist die Bodenverschmutzung größer!)


lasse statt Masse ist nicht Ideologie, sondern ein ver-
ünftiger Grundsatz, der immer noch stimmt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


In Brandenburg und Sachsen-Anhalt wird versucht,
ie industrielle Massentierhaltung zu forcieren. Es gibt
lanungen für Schweinemastanlagen mit Platz für bis zu
5 000 Tiere. Diese Form der Tierhaltung ist nicht artge-
echt; das wissen wir alle. Ferner ist dies in keiner Weise
rbeitsplatzfördernd. Mit Schweinefabriken dieser Art
davon sind wir überzeugt – schafft man keine Arbeits-

lätze, man vernichtet sie vielmehr. Kleine Betriebe wer-
en wohl eher darunter leiden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Artgerechte Tierhaltung ist in Massenhaltung nun ein-
al nicht möglich.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das stimmt nicht!)


o entstehen auch keine gesunden Lebensmittel. – Wir
ind da unterschiedlicher Meinung. Sie sagen: Das
timmt nicht. Wir sagen: Nein, diese Aussage kann so
icht stehen bleiben.






(A) )



(B) )


Undine Kurth (Quedlinburg)

Die Zukunft liegt mit Sicherheit nicht in einer Tier-
haltung, die die Rechte der Tiere nicht akzeptiert, die un-
sere Umwelt extrem belastet, die zu Lärm, zu Luftverun-
reinigung führt, die Grund- und Trinkwasser mit Nitrat,
Kupfer oder Zink belastet.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Das ist doch falsch!)


Es gibt genug Berichte dazu. Ich empfehle Ihnen den
„Spiegel“ dieser Woche, wo über die Schweinemastanla-
gen in Sachsen-Anhalt berichtet wird.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Schleichwerbung!)


– Das Protokoll mag das streichen. Trotz allem steht es
in dieser Zeitschrift.

Mit unserem Antrag „Tierschutzpolitik energisch
fortführen und weiterentwickeln“ umreißen wir Grünen
die tierschutzpolitische Agenda der nächsten Jahre. Da
sind wir sicher an vielen Punkten wieder näher beieinan-
der. In der Pelztierhaltung muss unbedingt etwas passie-
ren. Die Haltungsbedingungen müssen verändert wer-
den. In der Masttierhaltung muss etwas passieren. Wir
müssen uns für den Ersatz von Tierversuchen stark ma-
chen. Wir müssen das Jagdrecht novellieren und den
Tierschutzverbänden ein Klagerecht analog zu der Situa-
tion im Naturschutz einräumen.

Ausgesprochen beunruhigt sind wir angesichts des
Vorhabens der Bundesregierung, im Rahmen der Födera-
lismusreform zugunsten der Länder ein Abweichungs-
recht in Bezug auf die Nutztierhaltung freizugeben.
Wir sind davon überzeugt, dass wir, wenn wir das tun,
Tierschutzdumping erleben werden. Herr Staatssekretär,
das ist kein Zeichen praktischer Vernunft, sondern ein
Vabanquespiel auf dem Rücken der Tiere. Das sollten
wir bitte lassen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Waltraud Wolff [Wolmirstedt] [SPD]: Sind die vier Minuten noch nicht um?)


– Doch, die vier Minuten sind gleich um, wie ich sehe.
Demzufolge verweise ich auf die beiden Anträge, die zur
Debatte stehen, auch auf den, der die Maßnahmen der
Europäischen Kommission betrifft.

Wir hoffen auf eine konstruktive Debatte über diese
Anträge und dass wir zusammen im Sinne des Tierschut-
zes keinen Rückschritt, sondern weiteren Fortschritt er-
reichen.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601622400

Für die Fraktion der CDU/CSU hat jetzt der Kollege

Dr. Peter Jahr das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Wilhelm Priesmeier [SPD])


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(C (D Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und erren! Es ist ein Kennzeichen hoch entwickelter demoratischer Gesellschaften, dass der Tierschutz eine hohe esellschaftliche Präferenz erfährt. Mahatma Gandhi oll gesagt haben: Die Größe einer Nation lässt sich daran messen, wie sie ihre Tiere behandelt. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN – Zurufe: Oh!)

Dr. Peter Jahr (CDU):
Rede ID: ID1601622500

Es gibt gute Zitate dazu.

Ob man es nun als Respekt vor der Natur oder, so wie
ch, als Respekt vor der Schöpfung definiert, sei dahin-
estellt. Wohltuend ist, dass in diesem Hohen Hause
irklich keiner die Bedeutung des Tierschutzes in Ab-

ede stellt. Nachweise für die Verantwortung des Men-
chen für die Schöpfung sind so alt wie die Schöpfung
elbst. Schon in der Bibel wird in der Schöpfungsge-
chichte der sechste Tag folgendermaßen beschrieben
ich hoffe, ich kann das zitieren –:

Und Gott sprach: Lasset uns Menschen machen, ein
Bild, das uns gleich sei, die da herrschen über die
Fische im Meer und über die Vögel unter dem Him-
mel und über das Vieh und über alle Tiere des Fel-
des und über alles Gewürm, das auf Erden kriecht.

Wenn man derart gestimmt an die Sache herangeht,
ann scheint es ziemlich einfach. Tiergesundheit, Quali-
ät der Produkte, Wirtschaftlichkeit und Tierschutz –
iese Begriffe korrelieren positiv miteinander, wird oft
ehauptet. Wie Sie wissen, ist die Welt allerdings leider
icht so einfach strukturiert. Tierschutz, wirtschaftlicher
rfolg, Tiergesundheit, hohe Leistung, artgerechte Tier-
altung und gesunde Nahrungsmittel verhalten sich
anchmal widersprüchlich zueinander. Politisches Ge-

talten tut also Not.

Beim Studieren des Tierschutzberichtes 2005 der
undesregierung bin ich zu folgenden Schlussfolgerun-
en gelangt:

Nulltens. Der Bericht datiert vom April 2005. Ich
enke, den nächsten Bericht sollten wir zeitnäher disku-
ieren.

Erstens. Tierschutz mündet letztendlich in Vorschrif-
en und Standards. Nationale Alleingänge sind wenig
ilfreich und nicht zielführend,


(Zuruf von der CDU/CSU: Sehr richtig!)


s sei denn, nationale Gebote sind auch bei Importen in
nser Land durchsetzbar. Das Problem dabei ist, dass
an den Produkten, abgesehen von einer Kennzeich-

ung, die Qualität des Tierschutzes nicht immer ansieht.

Zweitens. Gemeinsame, international abgestimmte
chritte bringen den Schutz des Tieres besser voran als
roße Sprünge im nationalen Alleingang; denn Tier-
chutz ist international.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)







(A) )



(B) )


Dr. Peter Jahr
Dazu nenne ich drei Beispiele, nämlich den Lebend-
export von Nutztieren, den Transport von Nutztieren
und die Legehennenhaltung. Es gibt keinen vernünftigen
Grund, Schlachttiere tagelang quer durch Europa und
dann noch über das Mittelmeer zu schippern. Dieser Un-
sinn fand nur deshalb statt, weil die Europäische Union
diese Geschichte auch noch finanziell unterstützte. Es ist
schon mehrfach erwähnt worden: Seit dem vergangenen
Jahr ist zumindest mit dieser Unterstützung auch im In-
teresse des Tierschutzes Schluss.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Hans-Michael Goldmann [FDP]: Sind Sie davon überzeugt?)


Beim Transport von Nutztieren ist eine Begrenzung
der Transportzeiten sinnvoll. Sie würde zusätzlich zu ei-
ner Stärkung der regionalen Wirtschaftskreisläufe füh-
ren. Allerdings muss diese Frage europäisch beantwortet
werden.


(Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach nein!)


Ähnlich muss man auch bei der Haltung von Legehen-
nen argumentieren.


(Undine Kurth [Quedlinburg] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ach nein!)


Drittens. Wer aus dem Halten von Tieren einen unter-
nehmerischen Nutzen zieht, wird vom Gesetzgeber in-
tensiver beobachtet als derjenige, der dies ohne direkt er-
kennbaren finanziellen Hintergrund tut.


(Peter Bleser [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


Im Tierschutzbericht der Bundesregierung ist eine rie-
sige Imbalance zwischen den Tierschutzmaßnahmen für
Nutztiere und denen im Bereich der Heimtierhaltung zu
erkennen. Es werden im Tierschutzbericht keine Anga-
ben dazu gemacht, welche Tiere in welcher Anzahl und
unter welchen Bedingungen im Haushalt gehalten wer-
den. Hier sollten wir das eine tun, aber das andere nicht
lassen.


(Ulrike Höfken [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha! Was denn?)


Tierschutz ist unteilbar. Was für Legehennen gilt, muss
genauso für den Kanarienvogel oder die Schildkröte in
der Wohnstube gelten. In diesem Zusammenhang mahne
ich zumindest ein Forschungsprojekt zur Heimtierhal-
tung unter Tierschutzaspekten an.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Hans-Michael Goldmann [FDP]: Sehr schön! Da liegen nämlich die Probleme!)


Viertens. Die Anzahl der Tierversuche ist maximal
zu reduzieren. Tierversuchersetzende Methoden sind da-
für verstärkt weiterzuentwickeln.


(Peter Bleser [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


Die weitere wissenschaftliche Erforschung dieser Pro-
blematik ist wichtig.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Ulrike Höfken – S r g w u n w v I E t W D s s d I w D M s s n r E s ü R k e D s g w A J w o (C (D [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Besonders in den Haushaltsdebatten!)


Wir werden darüber sprechen müssen, Frau Kollegin;
ie haben völlig Recht. – Die Umsetzung der neuen eu-
opäischen Chemikalienpolitik darf nicht mit einer stei-
enden Zahl von Tierversuchen einhergehen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Ich fasse zusammen: Der Schutz der Tiere ist ein
ichtiges gesellschaftliches Erfordernis. Tierschutz ist
nteilbar und international, das heißt, Tierschutzmaß-
ahmen müssen zunehmend international abgestimmt
erden. Es gibt kein unterschiedliches Schutzbedürfnis
on Nutztieren und Heimtieren.


(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Doch!)


n diesem Zusammenhang ist ein Arbeitsdokument der
U-Kommission vom 23. Januar 2006, nämlich der Ak-

ionsplan der Gemeinschaft für den Schutz und das
ohlbefinden von Tieren 2006 – 2010, Mut machend.

Frau Präsidentin, ich komme zu meinem letzten Satz.
amit ist der Tierschutz nun endgültig in der Europäi-

chen Union angekommen, was für die Größe Europas
prechen könnte, wenn man an Gandhi denkt.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP])



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601622600

Jetzt erteile ich dem Kollegen Dr. Gerhard Botz von

er SPD-Fraktion besonders gerne das Wort.


Dr. Gerhard Botz (SPD):
Rede ID: ID1601622700

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

n Deutschland wird Tierschutz groß geschrieben. Das
ird auch im Tierschutzbericht 2005 wieder deutlich.
er Tierschutz ist gesetzlich verankert. Millionen von
enschen engagieren sich für ihn. Und das ist auch gut

o.

Es ist ein gewaltiger Irrtum, zu glauben, dass Tier-
chutz eine Erfindung der Neuzeit ist. Da einige Vorred-
er hier auf die christliche Schöpfungsgeschichte zu-
ückgegriffen haben, möchte ich an dieser Stelle in
rinnerung rufen, wie groß selbst in jener Zeit, als un-
ere Vorfahren anderen Kreaturen noch als Jäger gegen-
bertraten – das war also weit vor unserer Zeit –, ihr
espekt vor ihnen war. Noch enger, ja, existenziell ver-
nüpft, wurde die Mensch-Tier-Beziehung später, als
s unseren Vorfahren gelang, Tiere zu domestizieren.
ie guten und vernünftigen Wurzeln dieses Verhältnis-

es stammen aus jenen Tagen.

Sicherlich – das darf man hier einmal mit einem Au-
enzwinkern anmerken – war der bürokratische Auf-
and in jenen Zeiten Gott sei Dank deutlich geringer.
ber die Kraft der Gesetze, die vor mehreren tausend

ahren, obwohl sie zu dieser Zeit nicht aufgeschrieben
aren, gegolten haben, war beachtlich. Man kann also
hne Übertreibung sagen, dass wir im Augenblick auf






(A) )



(B) )


Dr. Gerhard Botz
dem Wege sind, Verhältnisse zu korrigieren, die wir ins-
besondere in den letzten Jahrzehnten an der einen oder
anderen Stelle kaputtgemacht haben. Ich sage aber auch,
dass wir diese notwendigen Korrekturen nicht ohne
Rücksicht auf die tatsächlichen gegenwärtigen ökonomi-
schen Verhältnisse unserer landwirtschaftlichen Unter-
nehmen vornehmen können.


(Beifall der Abg. Dr. Wilhelm Priesmeier [SPD] und Hans-Michael Goldmann [FDP])


Stärker als das vielen von uns noch bewusst ist, bewe-
gen wir uns bei diesem Thema innerhalb eines europäi-
schen Handlungsrahmens. Deshalb möchte ich in aller
Kürze auf das Papier eingehen, auf das einer meiner
Vorredner auch schon eingegangen ist, nämlich den
„Aktionsplan der Gemeinschaft für den Schutz und
das Wohlbefinden von Tieren 2006–2010“ vom 23. Ja-
nuar 2006. Es handelt sich hierbei um einen sehr ambi-
tionierten Aktionsplan, in dem die Kommission ge-
genüber den Bürgern, den Interessengruppen, dem
Europäischen Parlament und dem Rat ihre Tierschutzini-
tiativen für die kommenden Jahre klar und umfassend
darlegt.

Dabei geht es um Folgendes: erstens, Verbesserung
der Mindestnormen für den Schutz und das Wohlbefin-
den von Tieren; zweitens, Förderung von Forschung und
Alternativen zu Tierversuchen; drittens, Einführung ein-
heitlicher Tierschutzindikatoren; viertens, bessere Infor-
mation der Tierhalter sowie der allgemeinen Öffentlich-
keit über Fragen des Tierschutzes und, fünftens, die
Unterstützung internationaler Tierschutzinitiativen.

Zwei dieser Aktionsbereiche erscheinen mir beson-
ders wichtig. Das ist zunächst einmal die Einführung
einheitlicher Tierschutzindikatoren, um angewandte
Tierschutznormen einzuordnen und vergleichen zu kön-
nen. Sie bilden die Voraussetzung für die Durchsetzung
von einheitlichen Mindestnormen, ohne die eine etwaige
Etikettenregelung und ein fairer Wettbewerb zwischen
den Produktions- und Zuchtbetrieben innerhalb der EU
nicht möglich sind.

Deshalb betone ich an dieser Stelle ausdrücklich: Wer
unter Einhaltung von Tierschutzanforderungen erhebli-
che Investitionen vorgenommen hat, braucht ausrei-
chende Sicherheit, mit diesen Anlagen entsprechend
lange produzieren zu können. Ich fordere deshalb die
Bundesregierung auf, sich für genau diese Harmonisie-
rung noch stärker als bisher mit dem Ziel der Schaffung
einheitlicher Mindestnormen innerhalb Europas stark zu
machen.

Ich komme zum Abschluss. Eine Umfrage, die auch
zu diesem Papier gehört, kommt zu dem Ergebnis, dass
90 Prozent der Bürger innerhalb der Europäischen Union
beim Kauf mehr Informationen über die Tierschutzbe-
dingungen im Verlauf der Produktion erhalten wollen.
Darin liegt eine gewaltige Chance für diejenigen, die in
diesem europäischen Binnenmarkt weiterhin mit Erfolg
produzieren wollen. Lassen Sie uns gemeinsam für ge-
setzliche Grundlagen sorgen, um all denen, die das tun
wollen, insbesondere unseren deutschen Produzenten,
entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen.

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(C (D Vielen Dank. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Hans-Michael Goldmann [FDP])



Katrin Dagmar Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1601622800

Damit schließe ich die Aussprache.

Die Vorlagen 15/5405, 16/549 und 16/550 sollen an
ie in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse über-
iesen werden. – Dazu gibt es keinen Widerspruch.
ann ist so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 12 auf:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Michael
Kauch, Angelika Brunkhorst, Horst Meierhofer,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

Klimaschutz-Offensive 2006

– Drucksache 16/242 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für Tourismus
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Interfraktionell ist für die Aussprache eine halbe
tunde vorgesehen.

Ich eröffne die Aussprache und gebe das Wort dem
ollegen Michael Kauch von der FDP-Fraktion.


Michael Kauch (FDP):
Rede ID: ID1601622900

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Klima-

chutz ist eine der Kernaufgaben einer generationenge-
echten Politik. Deutschland ist bei der Umsetzung der
iotoverpflichtungen auf einem besseren Weg als
anch anderes Land. Aber auch wir können sicherlich

och besser werden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


s ist also Zeit für eine Klimaschutzoffensive.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Doch dazu steht im schwarz-roten Koalitionsvertrag
eider nicht viel mehr als allgemeine Absichtserklärun-
en. Sie wollen sich für ein Nachfolgeabkommen für
ioto einsetzen. Aber auf welcher Grundlage, nach wel-

her Grundphilosophie und auf welche Art und Weise
ies erfolgen soll, schreiben Sie nicht.

Sie stellen eine Exportinitiative für erneuerbare Ener-
ien in Aussicht. Im Koalitionsvertrag findet sich aber
icht einmal eine Andeutung dazu, was das konkret be-
eutet. Die FDP meint, das ist zu wenig. Deshalb hat die
iberale Opposition in diesem Haus die Absicht, mit ih-
em Antrag heute die Debatte zu eröffnen. Wir möchten
ie zur Klärung der offenen Fragen bewegen.






(A) )



(B) )


Michael Kauch
Wirksamer Klimaschutz ist nur global zu erreichen.
Deshalb ist das wichtigste Ziel ein neues Kiotoproto-
koll, in das ab 2012 möglichst alle CO2-Verursacher mit
verbindlichen Zielen einbezogen werden. Ein erster
Schritt mit Blick auf die Vereinigten Staaten könnte da-
rin bestehen, einzelnen US-Bundesstaaten die Teilnahme
am Emissionshandel zu ermöglichen. Diese Anregung
der kanadischen Regierung ist in unserem ureigenen
deutschen Interesse und sollte deshalb von der Bundes-
regierung mit Nachdruck verfolgt werden.


(Beifall bei der FDP – Ulrich Kelber [SPD]: Das wurde vor eineinhalb Jahren von uns vorgeschlagen!)


Doch auch auf nationaler und europäischer Ebene
gibt es Handlungsbedarf. Die FDP will mehr Klima-
schutz zu geringeren Kosten für Unternehmen und Ver-
braucher. Ein Schlüssel hierzu ist die Ausweitung des
Emissionshandels.

Konkret schlagen wir in unserem Antrag Folgendes
vor: Wie im Kiotoprotokoll soll die Aufforstung auch in
den europäischen Emissionshandel einbezogen werden,
um Zertifikate generieren zu können. Der Mechanismus
der gemeinsamen Implementierung sollte auch auf natio-
naler Ebene möglich werden. Es ist beispielsweise mit
Blick auf meine Heimatregion nicht einzusehen, warum
ein niederländisches Unternehmen mit der klimascho-
nenden Nutzung von Grubengas aus dem Ruhrgebiet
Zertifikate erwirtschaften kann, für einen deutschen In-
vestor aber nicht die gleichen Rahmenbedingungen gel-
ten sollen.


(Ulrich Kelber [SPD]: Das ist ein ganz schlechtes Beispiel!)


Die Joint Implementation auf nationaler Ebene
könnte genutzt werden, um den Gebäudesektor in den
Emissionshandel einzubinden. Hier könnten wir mehr
privates Kapital generieren, als es durch das geplante
Subventionsprogramm zur Gebäudesanierung möglich
ist. Das würde zugleich der Nutzung erneuerbarer Ener-
gien im Wärmebereich – etwa der Solar- und Geo-
thermie – neue Impulse geben.

Des Weiteren müssen wir die Zusammenarbeit mit
den Entwicklungsländern verbessern. Notwendig sind
mehr bilaterale Abkommen wie das, das letztens mit
Mexiko vereinbart wurde. Denn gerade die sonnenrei-
chen Länder des Südens bieten massive ungenutzte
Potenziale zur CO2-Einsparung durch erneuerbare Ener-
gien.

Für die FDP bedeutet Klimaschutz aber mehr als nur
Zertifikatehandel. Mit Blick auf die gegenwärtigen Be-
mühungen insbesondere in den USA ist festzuhalten,
dass es nicht um ein Entweder-oder von technologie-
orientierter Klimapolitik auf der einen Seite und kioto-
basierter Klimapolitik auf der anderen Seite geht.
Vielmehr liegt die besondere Stärke kiotobasierter Kli-
mapolitik darin, dem technischen Fortschritt – gleichsam
als zusätzliche Prämie und als Orientierungsmarke – ein
zusätzliches Renditeelement zu verschaffen.

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(C (D (Vorsitz: Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms)


Nicht jeder Technologiebereich profitiert aber vom
ertifikatehandel. Dies betrifft insbesondere die Techno-

ogien, die der Anpassung an den Klimawandel dienen.
ieser Technologiebereich ist unverständlicherweise
isher ein Stiefkind der klimarelevanten Technologie-
olitik. Dies will die FDP ändern. Initiativen, die auf
orschung und modernste Technologien für den Klima-
chutz setzen, wären in der Tat ein Aufbruchsignal, das
eutschland gerade nach den Jahren der Technologie-

eindlichkeit unter Rot-Grün gut zu Gesicht stünde.


(Beifall bei der FDP)


Wir fordern Sie auf, konstruktiv auf die Länder zuzu-
ehen, die die Asien-Pazifik-Partnerschaft für saubere
ntwicklung und Klima unterzeichnet haben – die USA,
ustralien, Indien, Korea, China und Japan –, und diese
artnerschaft nicht als Alternative zu Kioto, sondern als
usätzliche Chance für alle Beteiligten zu sehen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601623000

Das Wort hat jetzt der Kollege Andreas Jung von der

DU/CSU-Fraktion.


Andreas Jung (CDU):
Rede ID: ID1601623100

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-

en! Es mag politische Bereiche geben, in denen Fehler
orrigiert werden können. Die Klimaschutzpolitik ge-
ört ganz sicher nicht dazu. Was wir heute in diesem Be-
eich versäumen oder zulassen, wird dramatische Aus-
irkungen haben, wird unseren Planeten insgesamt
etreffen, wird das Leben von Mensch und Tier, von
lora und Fauna beeinträchtigen und wird nicht mehr
ückholbar sein.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


eshalb gibt es nur eines: Es muss schnell, entschlossen
nd konsequent gehandelt werden. Insofern nehme ich
as, was Kollege Kauch gesagt hat, gerne auf.

Ich füge aber hinzu: Deutschland ist unter verschiede-
en Bundesregierungen Vorreiter beim Klimaschutz
ewesen. Das hat vor langer Zeit begonnen. Ein Kernda-
um ist die Konferenz von Rio, auf der Deutschland mit
laus Töpfer hervorragend vertreten war. Auf der dann

olgenden Konferenz von Kioto war es – mit der heuti-
en Bundeskanzlerin Angela Merkel an der Spitze –
icht anders. Diese Tradition muss und wird fortgeführt
erden.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Es war richtig, schon zu einem Zeitpunkt zu handeln,
ls sich die Wissenschaftler noch uneins waren und da-
über stritten, ob es überhaupt einen vom Menschen ver-
rsachten Klimawandel gibt. Man wollte aber nicht auf
eweise warten, sondern hat nach dem Vorsorgegrund-

atz gehandelt und ist die Probleme angegangen. Das
ar richtig. So sollte man auch in Zukunft verfahren.






(A) )



(B) )


Andreas Jung (Konstanz)

Heute ist der Klimawandel nicht mehr umstritten. Die
Ersten, die wussten, dass es einen Klimawandel gibt,
waren nicht die wissenschaftlichen Experten, sondern
die Landwirte, die gesagt haben: Auch früher hat es hin
und wieder Naturkatastrophen gegeben; aber in einem
Jahr Hagel, im nächsten Hochwasser und im dritten
Dürre, das alles macht uns sicher, dass es einen Klima-
wandel gibt. Ich finde, das ist ein besonders gutes Bei-
spiel, um zu zeigen, dass der Klimawandel nichts Ab-
straktes ist, das weit weg, an irgendwelchen entlegenen
Flecken der Erde, stattfindet, sondern dass er schon bei
uns angekommen ist. Es geht darum, ihn einzudämmen.
Dabei darf es – darauf hat der Kollege Kauch ange-
spielt – keinen Gegensatz zwischen Maßnahmen für die
Umwelt auf der einen Seite und Maßnahmen für die
Wirtschaft auf der anderen Seite geben; denn wenn wir
hier nicht handeln, werden die Kosten für alle, die Land-
wirtschaft, die Wirtschaft und die Allgemeinheit, noch
viel höher sein.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Es stellt sich die Frage, was wir 14 Jahre nach Rio
und neun Jahre nach Kioto erreicht haben. Positiv ist,
dass die EU-Kommission in ihrem Bericht vom Dezem-
ber letzten Jahres, in dem sie Bilanz zieht, feststellt:
Nach jetzigem Stand kann die Europäische Union das
gesetzte Ziel einer Reduktion der Treibhausgase um
8 Prozent im Vergleich zu 1990 erreichen. Ich betone:
Sie kann. Das heißt aber auch, dass es noch nicht sicher
ist. Es gibt einige Punkte, die uns Sorge bereiten. So sind
die Emissionen innerhalb der EU zwischen 2002 und
2003 entgegen der langfristigen Tendenz gestiegen. Au-
ßerdem gibt es ein Ungleichgewicht in der Europäischen
Union. Manche Staaten sind beim Klimaschutz weit vo-
rangeschritten. Andere hinken hinterher. Deutschland
gehört zum Glück zur ersten Gruppe.

Ich möchte in aller Deutlichkeit einen weiteren Punkt
ansprechen, der Sorge bereitet. Das ist der Flugverkehr.
Dort haben wir entgegen der allgemeinen Entwicklung
einen immensen Anstieg der Emissionen zu verzeich-
nen, obwohl es über Jahre hinweg gelungen ist, die Wir-
kungskraft des Flugtreibstoffes zu verbessern. Zwischen
1990 und 2003 sind die Emissionen insgesamt um
73 Prozent gestiegen. Wenn sich dieser Trend nicht um-
gekehrt, dann liegt der Anstieg im Jahr 2012 bei
150 Prozent. Deshalb glaube ich, dass es keine Alterna-
tive dazu gibt, dass die EU Anstrengungen unternimmt,
auch den Flugverkehr in das Emissionshandelssystem
einzubeziehen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Es ist richtig, dass sich auch die Wirtschaft selbst an-
strengt. Und wir wissen: Das ist ein Bereich, der sensibel
ist, weil davon auch die Wettbewerbsfähigkeit deutscher
Unternehmen betroffen ist. Wahr ist, dass Warteschleifen
verhindert werden und dass es technische Innovationen
gibt. Aber gerade dieser Bereich, von dem Wissenschaft-
ler sagen, die Klimaauswirkungen seien dort bei weitem
höher als bei Emissionen am Boden, muss einbezogen
werden.

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(C (D Damit bin ich bei der Frage, was geschehen muss. er Flugverkehr ist ein gutes Beispiel dafür, dass interational gehandelt werden muss. In der Koalitionsverinbarung wurde erklärt, dass wir uns dafür stark mahen wollen, jetzt Kioto plus in die Wege zu leiten. Das etrifft die Frage, was nach Kioto und dem Jahr 2012 ommt. Unsere Auffassung ist, dass niemand aus der erantwortung entlassen werden kann, auch nicht die chwellenländer, die Fortschritte machen. Ich bin der berzeugung, dass in dem Maße, in dem Fortschritte er eicht werden, auch die Verantwortung für die Ökologie achsen muss. Das gilt aber auch für die USA. Wenn man die Äußeungen der letzten Zeit aus den USA betrachtet, dann tellt man fest, dass es durchaus Anlass zur Hoffnung ibt. Zum ersten Mal hat Präsident Bush den Zusamenhang zwischen Treibhausgasemissionen und Klimaandel bestätigt. Zum ersten Mal hat er gesagt, dass sich uch die USA Klimaschutzziele setzen müssten. Wir ollten daran arbeiten, dass die USA mit an Bord komen, mit welchen Mitteln und Instrumenten auch immer. Auch in der EU ist sicherlich noch viel zu tun. Die ächste Aufgabe liegt im Bereich der Reform des Emisionshandels. Hier stellt sich die Frage, was wir besser achen können. Es muss insbesondere gelingen, inter ationale Klimaschutzprojekte zu erleichtern. Es geht abei um Projekte in anderen Industrieländern und Enticklungsländern, die es ermöglichen sollen, eigene Reuktionsziele zu erreichen. Ich denke, das muss auf jeen Fall kommen. Das ist wieder ein Beispiel dafür, dass konomie und Ökologie Hand in Hand gehen. Wir tun twas für den Klimaschutz und wir verbessern die arktchancen für deutsche Unternehmen. Damit bin ich bei dem, was wir uns im nationalen ahmen vorgenommen haben. Ich glaube, es ist ein amitioniertes nationales Klimaschutzprogramm, das etas für den Umweltschutz tut, aber auch etwas für den ittelstand und für Handwerksunternehmen erreicht. in Paradebeispiel dafür ist aus meiner Sicht das Gebäuesanierungsprogramm, das wir auflegen werden. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


ie Koalition wird auf das, was die Vorgängerregierung
emacht hat, noch einmal draufsatteln. Die FDP fordert
n ihrem Antrag, die Zielrichtung müsse immer sein: So
iel Klimaschutz wie möglich für 1 Euro. – Genau das
elingt hier. Das Programm hat ein Volumen von über
Milliarden Euro. Es kommen Steuererleichterungen,
arlehensförderung usw. hinzu. Insgesamt beträgt das
olumen weit über 10 Milliarden Euro. Dadurch werden
rivate Investitionen in noch größerem Umfang angesto-
en. Das ist ein ganz hervorragendes Beispiel dafür, wie
an mit möglichst geringen finanziellen Mitteln mög-

ichst viel erreichen kann.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)


Das zweite Beispiel, das ich abschließend nennen
ill, ist das, was wir jetzt im Rahmen des Nationalen






(A) )



(B) )


Andreas Jung (Konstanz)

Allokationsplans II anstreben. Wir sagen, dass der
Emissionshandel effizienter werden muss. Wir gehen der
Frage nach, wie das marktwirtschaftliche Instrument
Emissionshandel mit der Ökologie versöhnt werden
kann.

Insgesamt verfolgt die große Koalition eine Doppel-
strategie: auf der einen Seite mehr Effizienz bei Energie
und Ressourcen, auf der anderen Seite Ausbau von rege-
nerativen Energien und nachwachsenden Rohstoffen.
Mit allem gemeinsam, international, in Europa und in
Deutschland, wird es uns gelingen, weiterhin einen we-
sentlichen Beitrag zur Klimaschutzpolitik zu leisten.
Wenn ich Ihren Antrag im Detail durchgehe, dann stelle
ich fest, dass wir bei vielen Dingen nicht weit auseinan-
der sind. Es ist auch gut, wenn die Parteien im Deut-
schen Bundestag bei dem wichtigen Thema Klimaschutz
eng zusammenarbeiten.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601623200

Das Wort hat jetzt die Kollegin Eva Bulling-Schröter

von der Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Eva-Maria Bulling-Schröter (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601623300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Darüber, dass wir mehr Klimaschutz wollen, sind wir
uns sicherlich alle einig. Strittig bleiben aber die Instru-
mente. Wir denken, dass der FDP in ihrem Antrag das
elegante Modell wichtiger ist als dessen Wirksamkeit in
der Realität.

In einigen Punkten könnten wir das Anliegen unter-
stützen: im Bestreben, den Luftverkehr in den Emis-
sionshandel einzubeziehen oder die Energieverluste im
Wärmebereich, insbesondere bei Gebäuden, deutlich zu
verringern. Der überwiegende Rest Ihres Antrags, Herr
Kauch, folgt jedoch im Kern einem unerschütterlichen
Glauben an die Allmacht marktwirtschaftlicher Instru-
mente im Klimaschutz,


(Michael Kauch [FDP]: Wie überraschend!)


ein Glaube, in dem die Komplexität der Wirklichkeit we-
nig Platz findet. Schön formuliert, oder?


(Beifall bei der LINKEN)


Sie wollen aus jedem eingesetzten Euro so viel Kli-
maschutz wie möglich erwirtschaften. Das wollen auch
wir. Allerdings leben wir nicht im luftleeren Raum und
darum haben die flexiblen Instrumente des Kiotoproto-
kolls, mit denen der Klimaschutz preiswerter gemacht
werden soll, neben unbestreitbaren Vorzügen auch Gren-
zen und Nachteile.

Nehmen wir die Nutzung von Waldsenken im euro-
päischen Emissionshandel, die Sie fordern: Die wissen-
schaftliche Diskussion um solche Senken zeigt, dass nie-
mand mit Sicherheit sagen kann, wie viel Kohlendioxid
welche Art Wald auf Dauer bindet. Darum ist es sehr
schwer, zu sagen, für 1 Hektar Nettozuwachs gebe es so-

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(C (D ndso viele geldwerte Emissionszertifikate. Diese Disussion dauert an und es wird sich sehr gestritten. Die Prüfung der Waldkataster, womöglich nach Beirtschaftungsarten, würde zudem bald mehr Papier prouzieren, als im Waldprojekt an Zellstoff nachwächst. ch denke, für den Schutz unserer europäischen Wälder aben wir andere, weniger bürokratische Instrumente. Oder nehmen wir CDM. Er soll Klimaschutzinvestiionen in den Entwicklungsländern befördern. Allerings hat er laut Kioto noch eine zweite Aufgabe: Die nvestitionen sollen der nachhaltigen Entwicklung dieen. Da haben wir Sorgen: Gemessen am Emissionsvoumen bezieht sich der überwiegende Teil der registrieren oder in Prüfung befindlichen CDM-Projekte auf orhaben, die mit HFC-23 ein unerwünschtes Nebenproukt bei der Kältemittelproduktion zerstören oder Lachas auffangen. Beides sind Gase mit hohem Wärmetrieb. o ist HFC-23 beispielsweise rund 11 700-mal klimachädlicher als Kohlendioxid. Genau daraus ergibt sich jedoch im CDM eine verückte Situation: HFC-23 kann mit sehr geringem Aufand verbrannt und damit unschädlich gemacht werden. ufgrund der hohen Klimaschädlichkeit generieren aber ur wenige Hundert Tonnen von verbranntem HFC-23 in ndien oder Korea CDM-Zertifikate über etliche Millioen Tonnen CO2-Äquivalent. So wird die Zerstörung des ases, die auch schlicht per Gesetz geregelt werden önnte, zur grotesken Gelddruckmaschine. Es wäre unter CDM sogar hoch profitabel, allein ween dieser Unmengen an Zertifikaten Kühlmittel auf alde zu produzieren, nur um den dabei anfallenden Kliakiller zu vernichten. Fachleute sprechen gar von An eizen, ohne Markt ganze Fabriken aus dem Boden zu tampfen. Dabei ist das Kältemittel selbst auch nicht hne: Es greift nämlich die Ozonschicht an. Diese Verzerrungen, so meine ich, dürften auch nicht m Sinne der FDP sein. Vor allem aber werden Investiionsströme gebunden, die für tatsächlich nachhaltige rojekte wie erneuerbare Energien fehlen werden. Ich spreche das alles an, weil wir als Linke möchten, ass die flexiblen Instrumente erst einmal sorgfältigst errobt und justiert werden; denn es macht keinen Sinn, ie schon kurz nach ihrem Start inflationär auszuweiten. as aber wünscht die FDP. Darum können wir ihrem ntrag nicht zustimmen. Das Wort hat jetzt der Kollege Frank Schwabe von er SPD-Fraktion. Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Der Kli aschutz ist eine der zentralen Aufgaben des 1. Jahrhunderts – nicht nur der Umweltpolitik, sondern Frank Schwabe der Zukunftspolitik schlechthin, für unser Land und weltweit. Wenn wir die Trendwende beim Ausstoß klimarelevanter Gase, nicht nur, aber vor allem des Kohlendioxids, nicht schaffen – bei allen Fortschritten ist diese Trendwende noch lange nicht erreicht –, drohen uns Temperaturanstiege bis zu 6 Grad Celsius und ein Anstieg des Meeresspiegels um bis zu 90 Zentimeter in den nächsten 100 Jahren. Das ist weit von dem entfernt, an das sich die Menschen und die Natur ohne dramatische Auswirkungen noch anpassen könnten. Das Bewusstsein dafür wächst. Leider sind dazu oft dramatische Ereignisse nötig. Das ganze Jahr 2005 über haben uns extreme Wetterereignisse in Bann gehalten und uns immer wieder ins Bewusstsein gerufen, was für die überwältigende Mehrheit der Forscher schon seit langem feststeht: Das Klima ändert sich und der globale Klimawandel ist zu großen Teilen menschengemacht. Die dramatischen Auswirkungen können an vielen Beispielen veranschaulicht werden. In der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit will ich nur eine Zahl nennen: Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung rechnet ohne klimapolitisches Handeln im Jahr 2100 mit globalen Klimaschäden von bis zu 20 Billionen US-Dollar. Die Temperatur ist bereits gestiegen. 2005 war das wärmste Jahr seit Beginn der offiziellen Temperaturmessung 1861. Ein weiterer Anstieg ist unvermeidbar. Das Ziel ist klar: Die globale Temperatur darf gegenüber dem vorindustriellen Niveau um nicht mehr als 2 Grad Celsius steigen. Um das zu erreichen, muss sich die internationale Staatengemeinschaft ambitionierte Ziele setzen. Die Aufgabe Deutschlands besteht darin, sich im Rahmen der Staatengemeinschaft für solche weit gehenden Ziele einzusetzen und selbst weiterhin Vorreiter zu sein; ich fand gut, dass der Kollege Jung darauf besonders hingewiesen hat und auch den Begriff benutzt hat. (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601623400

(Beifall bei der SPD)

Frank Schwabe (SPD):
Rede ID: ID1601623500




(A) )


(B) )


Das erhöht unsere Glaubwürdigkeit. Das spornt andere
Länder an. Wenn man notwendige Anpassungsprozesse
berücksichtigt, ist das – das hat sich in der Vergangen-
heit schon gezeigt – auch zum wirtschaftlichen Vorteil
unseres Landes und unserer Unternehmen.

Das Europäische Parlament hat sich im November
2005 für eine EU-weite Reduktion der CO2-Emissio-
nen um 30 Prozent ausgesprochen. Das ist das, was
CDU/CSU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag, was wir
in unserem Koalitionsvertrag gefordert haben. Wir müs-
sen jetzt dafür sorgen, dass die Reduktion um 30 Prozent
zum verpflichtenden Ziel der EU wird, und für Deutsch-
land eine ebenfalls bereits im Koalitionsvertrag ange-
kündigte darüber hinausgehende Reduktion vereinbaren.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Dabei sollte die von der Enquete-Kommission „Energie“
in der letzten Legislaturperiode geforderte Reduzierung
um 40 Prozent bis 2020 und um 80 Prozent bis 2050
Richtschnur sein.

Mit der Übernahme eines Anteils von 21 Prozent an
den europäischen Verpflichtungen im Rahmen des Kio-

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(C (D oprotokolls hat Deutschland eine Vorreiterrolle überommen. Bis 2003 konnte ein Rückgang um 18,5 Proent erreicht werden. Das scheint viel zu sein, aber auch darauf wurde schon hingewiesen – Selbstgefäl igkeit und Genügsamkeit sind unangebracht. Seit dem Jahr 2000 ist der Trend sinkender Treibhausasemissionen faktisch zum Stillstand gekommen. In ielen Ländern, leider auch in Ländern der EU, sind die missionen im letzten Jahr sogar gestiegen. Es ist daher etzt notwendig, neue Impulse zu setzen – in Deutschand und durch Deutschland. Die Zeit bis 2020 wird daei entscheidend sein. Vom Klimagipfel in Montreal ing vor allem das wichtige Signal aus, dass der Kiotorozess nach 2012 lückenlos fortgesetzt wird und die öglichkeit bleibt, die US-Amerikaner beim internatio alen Klimaschutz an Bord zu holen. Was ich jetzt sage, soll an der Stelle nicht zur Regel erden, aber mir scheint schon geboten zu sein, noch inmal einen besonderen Dank an das Bundesumweltmiisterium und besonders an Minister Gabriel zu richten. ie Rolle Deutschlands in Montreal – so habe ich das edenfalls wahrgenommen – wurde international und naional, auch parteiübergreifend im Umweltausschuss, als elungen angesehen. as freut mich natürlich besonders – so viel Werbung ür die Sache meiner eigenen Partei muss erlaubt sein –, eil die Umweltpolitik schon immer eine Herzensange egenheit der Sozialdemokratie war – das wird auch klar, enn wir an den Staatssekretär hier denken – und jetzt ie Chance besteht, das auch deutlich zu machen. International ist jetzt insbesondere notwendig, die SA mit den Pazifikstaaten sowie die großen Schwel enländer wie Brasilien, Indien und China stärker in den iotoprozess einzubinden. Dabei gilt für Deutschland nd die anderen großen „Kiotoländer“: Wenn wir wolen, dass die anderen folgen, müssen wir weiterhin mit utem Beispiel vorangehen. Von zentraler Bedeutung für den Klimaschutz, aber icht nur für den Klimaschutz ist die zukünftige Eneriepolitik. Dazu gibt es in diesem Jahr maßgebliche Vernstaltungen, bei denen der Klimaschutz eine zentrale olle spielen muss. Ich sage das hier mit einigem Beacht. Wir brauchen eine Energieversorgung, die klimaschoend, aber auch sicher und bezahlbar ist. Dazu gehören rneuerbare Energien, Energieimporte und auch eine efiziente Nutzung der heimischen Kohle. Die geplante Ereuerung des Kraftwerksparks ist sowohl wirtschaftlich ls auch klimapolitisch sinnvoll. chon deshalb – da muss ich dem Koalitionspartner jetzt ielleicht etwas Wasser in den Wein gießen – macht der ereinbarte Fahrplan für den Ausstieg aus der Atomenerie Sinn, Frank Schwabe (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


erst recht im weltweiten Maßstab, weil angesichts des
minimalen Anteils der Atomenergie klar ist, dass die
Atomenergie jedenfalls die weltweite Klimaproblematik
nicht einmal im Ansatz lösen kann.

Verehrte Damen und Herren, bei der Nutzung erneu-
erbarer Energien ist Deutschland weltweit führend. Das
muss in Zukunft auch für den Bereich Energiesparen und
Energieeffizienz gelten. Ernst Ulrich von Weizsäcker hat
unter dem Titel „Faktor vier“ schon vor einigen Jahren
den Weg dazu gewiesen.

Auch für die Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirt-
schaft werden die Energieeffizienz und die Nutzung von
Energieeinsparpotenzialen zukünftig mitentscheidend
sein. Es ist gut, dass es mittlerweile das sehr ambitio-
nierte CO2-Gebäudesanierungsprogramm gibt, das von
Herrn Jung gerade angesprochen wurde. Weitere Schritte
müssen allerdings folgen.


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)


Für einen langfristig wirksamen Klimaschutz sind ge-
rade im Bereich Energieeffizienz jedoch mehr Anstren-
gungen erforderlich. Auch auf europäischer Ebene muss
Deutschland zeigen, dass es sich in Fragen der Energie-
effizienz ebenfalls als Motor versteht und sich zum Bei-
spiel für ein europäisches Top-Runner-Programm nach
japanischem Vorbild – Herr Kelber und ich haben gerade
noch einmal darüber geredet – einsetzt, um Innovations-
schübe für die heimische Wirtschaft zu erzielen.


(Beifall bei der SPD)


Was steht 2006 sonst noch an? Erstens. Die Bundesre-
gierung muss das Nationale Klimaschutzprogramm
2006 in der zweiten Jahreshälfte verabschieden, das ins-
besondere die Bereiche Bauen und Verkehr, welche Sor-
genkinder sind, was gerade schon erwähnt worden ist,
effektiver regeln soll.

Zweitens. Ein zentraler Punkt – der zentrale Punkt –
dieses Jahres wird der Emissionshandel sein. Auch das
ist schon angesprochen worden. Dazu wird genügend
Gelegenheit zur Debatte bestehen. Deshalb nur kurz: Es
wird darum gehen müssen, sowohl den Straßenverkehr
wie auch die Luft- und Schifffahrt einzubeziehen. Vor al-
lem wird es darum gehen, die Lehren aus Unzulänglich-
keiten beim NAP 1 zu ziehen und die schon viel disku-
tierten Windfall-Profits zu vermeiden.

Drittens. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Entwick-
lung und Nutzung erneuerbarer Energien. Die große Ko-
alition will den Anteil der erneuerbaren Energien an
der Stromerzeugung bis 2020 auf 20 Prozent – auch das
steht in der Koalitionsvereinbarung – erhöhen und hier
also für Kontinuität sorgen. Das Erneuerbare-Energien-
Gesetz bleibt.

Verehrte Damen und Herren, ein kleines Fazit: Der
Klimaschutz ist bei der neuen Koalition gut aufgehoben.
Ich denke, das ist deutlich geworden, und hoffe, das wird
auch in der konkreten Umsetzung deutlich werden. Wir

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(C (D orgen dafür, dass Deutschland weltweit führend bleibt nd sich neue ambitionierte Ziele setzt. In diesem Sinne können wir dem doch eher defensien Antrag der FDP – wenn der Titel auch etwas anderes ermuten lassen soll –, der einseitig rein marktwirtchaftlich orientiert ist und einer Vorbildrolle Deutschands leider nicht entspricht, nicht zustimmen. as muss uns aber alle nicht über die Maße betrüben, eil wir alle gemeinsam einen deutlich ambitionierteren ntrag der Koalition in den nächsten Wochen verab chieden können. Vielen Dank. Herr Kollege Schwabe, ich gratuliere Ihnen im Na en des Hauses zu Ihrer ersten Rede im Deutschen Bunestag. Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Reinhard Loske on Bündnis 90/Die Grünen. Dr. Reinhard Loske (BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601623600

(Beifall)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Präsident! Herr Kollege Schwabe, es war in der

at eine gute Rede. Aber was will man von einem
UND- und Schalke-04-Mitglied auch anderes erwar-

en?


(Frank Schwabe [SPD]: Gut informiert!)


In dem FDP-Antrag steht viel Richtiges, Herr Kauch,
uch wenn die Aussage etwas übertrieben ist, dass die
DP damit die klimapolitische Debatte eröffnen will.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


a kann ich nur fragen: Wo waren Sie in all den Jahren
uvor? Ganz so ist es nicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ber sei’s drum.

Auf die Aussage des Kollegen Jung, dass im Jahre
992 der geschätzte Kollege Klaus Töpfer und im Jahre
997 in Kioto die Kollegin Angela Merkel die Dinge vo-
angebracht haben


(Zuruf von der CDU/CSU: So war es!)


nd dass man daran jetzt wieder anknüpfen könne, muss
ch erwidern, dass in der Zwischenzeit ein paar Dinge
eschehen sind. Ich nenne beispielsweise: Emissions-
andel, Ökosteuer, Erneuerbare-Energien-Gesetz und
ie ökologische Förderung von Bioenergien.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer hat das alles gemacht?)







(A) )



(B) )


Dr. Reinhard Loske
Aber lassen wir das mal. Es war immer gut, dass in die-
sem Hause weitgehendes Einvernehmen über die Ziele
in Sachen Klimapolitik bestand. An diese Tradition kön-
nen wir anknüpfen. Das ist gut so.

Ich möchte jetzt einige Punkte herausarbeiten, an de-
nen man sieht, dass in der Sache Unterschiede bestehen.

Erster Punkt. Sosehr es richtig ist, die ökonomische
Dimension des Klimaschutzes wie in Ihrem Antrag zu
betonen – also zu sagen, dass aus einem Euro so viel Kli-
maschutz wie möglich herausgeholt werden soll –, so
sehr atmet dieser Antrag doch einen bestimmten Geist.
Denn in diesem Antrag wird Klimaschutz nur als Bürde
und als Kostenfaktor und eben nicht als Chance und Zu-
kunftspotenzial gesehen. Das unterscheidet uns funda-
mental.

Zweiter Punkt. Sie betonen, dass bereits jetzt die so
genannte CCS-Technologie – das heißt die Kohle-
abscheidung und -speicherung – in das System des euro-
päischen Emissionshandels einbezogen werden soll. Das
halten wir für vollkommen falsch. Zum einen ist das eine
klassische End-of-pipe-Technologie, also eine nachge-
schaltete und keine integrierte Technologie, wie sie bei
der Energieeinsparung und bei den erneuerbaren Ener-
gien zu finden ist, und zum anderen gibt es in diesem
Bereich noch so viele offene Fragen, dass es wirklich
falsch und verfrüht wäre, diese Technologie schon jetzt
in den europäischen Emissionshandel einzubeziehen.
Das können wir nicht tun.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Dritter Punkt. Ich bin durchaus der Meinung, dass
man erwägen sollte, den Flugverkehr in das europäi-
sche System des Emissionshandels einzubeziehen. Den-
noch bleibt die krasse Wettbewerbsverzerrung, die wir
heute zwischen dem Luftverkehr auf der einen Seite und
dem schienengebundenen Verkehr und dem Straßenver-
kehr auf der anderen Seite haben. Im Schienenverkehr
müssen Energiesteuern und Mehrwertsteuer auf Tickets
gezahlt werden, während im Luftverkehr weder Kerosin-
steuer noch Mehrwertsteuer auf Tickets im innereuropäi-
schen Verkehr gezahlt werden müssen. Diese krasse
Wettbewerbsverzerrung zwischen den Verkehrsträgern
müssen wir abbauen. Sie bleibt auf der Tagesordnung.
Man kann nicht alles unter Emissionshandel abbuchen.
Nein, wir müssen beim Luftverkehr auch das Steuer-
instrumentarium nutzen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Vierter Punkt. Auch die Einbeziehung der Senken
sehen wir sehr problematisch. Wir halten sie zu diesem
Zeitpunkt für falsch. Es gibt tausenderlei gute Gründe,
warum man die Aufforstung fördern sollte: angefangen
bei der biologischen Vielfalt über das Kleinklima bis hin
zu globalen klimatischen Fragen. Aber es wäre falsch,
dieses jetzt als Ausweichstrategie in den Emissionshan-
del einzubeziehen. Da müssen erst noch methodische
Fragen geklärt werden. Deswegen sind wir der Meinung,
dass wir dies nicht tun sollten.

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(C (D Vor allem monieren wir – da sind Sie sich mit der groen Koalition einig –, dass Sie kein nationales Klimachutzziel für 2020 formulieren. Wir sind der Meinung, ass sich Deutschland das Ziel setzen muss, bis zum Jahr 020 den Ausstoß von CO2 und allen klimaverändernden asen um 40 Prozent zu reduzieren. Auch das fehlt in hrem Antrag. Das ist schlecht. Fünfter und letzter Punkt. Herr Kollege, Sie werden icherlich verstehen, dass mir diese Harmoniesoße in der roßen Koalition – wir sind alle dafür; alles ist wunderar und alles wird gut – nicht gefällt. Schauen wir mal! ir werden in der nächsten Zeit Gelegenheit haben, über en Nationalen Allokationsplan zu reden. Dann wird an sehen, ob den großen Worten auch tatsächlich Taten olgen. Sie haben Gelegenheit, über das Kraft-Wärmeopplungsgesetz und, so es denn kommt, über das Ge etz hinsichtlich der regenerativen Wärme sowie über ie steuerliche Behandlung von biogenen Kraftstoffen nd über das so genannte Top-Runner-Programm, das ie erwähnt haben, zu reden. Ich habe ein wenig die orge, dass in Ihrer Vorstellung in Sachen Klimaschutz lles in Ordnung ist. Aber ich habe zugegebenermaßen weifel, ob das in der Realität der Fall ist. Wir werden as ausdiskutieren, wenn die Vorschläge auf dem Tisch iegen. Danke schön. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601623700

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
rucksache 16/242 an die in der Tagesordnung aufge-

ührten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
erstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
o beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 13 auf:

Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/
CSU und der SPD eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Änderung von Vorschriften des
Sozialen Entschädigungsrechts und des Geset-
zes über einen Ausgleich von Dienstbeschädi-
gungen im Beitrittsgebiet

– Drucksache 16/444 –
Überweisungsvorschlag:
Ausschuss für Arbeit und Soziales (f)

Innenausschuss
Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Haushaltsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich höre
einen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red-
ner das Wort dem Parlamentarischen Staatssekretär
Franz Thönnes.

F
Franz Thönnes (SPD):
Rede ID: ID1601623800


Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es
ist gut, dass wir heute im Deutschen Bundestag über den
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften
des Sozialen Entschädigungsrechts und des Gesetzes
über einen Ausgleich von Dienstbeschädigungen im Bei-
trittsgebiet, also in der ehemaligen DDR, debattieren.
Mit diesem Gesetz werden die notwendigen Konsequen-
zen aus höchstrichterlicher Rechtsprechung gezogen.

Mit der Änderung des § 84 a des Bundesversorgungs-
gesetzes wird eine Grundsatzentscheidung des Bundes-
sozialgerichtes vom Juli 2005 umgesetzt. Danach ist
vorgesehen, dass neben der Beschädigtengrundrente und
der Schwerstbeschädigtenzulage für Kriegsbeschädigte
und SED-Opfer in den neuen Ländern rückwirkend zum
1. Januar 1999 auch die Alterszulage zur Beschädig-
tengrundrente in voller Höhe gewährt wird. Dies
kommt gut 32 000 Betroffenen hauptsächlich in den
neuen Ländern zugute. Sie erhalten von diesem Stichtag
an, frühestens jedoch vom Zeitpunkt der Vollendung des
65. Lebensjahres an die jeweilige Differenz nachgezahlt.

Um diese Auszahlungen im Interesse der Betroffenen
– insbesondere auch aufgrund des relativ hohen Alters –
möglichst bald vornehmen zu können, werden alle Fälle
auch ohne förmliche Antragstellung aufgegriffen und
überprüft. Dazu konnte inzwischen eine entsprechende
Verabredung mit den Ländern im Einvernehmen erzielt
werden. Um die gesetzliche Grundlage dafür zeitnah zu
schaffen, sollte der Gesetzentwurf so rasch wie möglich
vom Deutschen Bundestag verabschiedet werden.

Auch der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts
hat im November 2004 eine wichtige Entscheidung ge-
troffen. Das Gesetz nimmt darauf gleichzeitig Bezug. Aus
dieser Entscheidung, die allerdings erst im März 2005
veröffentlicht wurde, ergibt sich ebenfalls die Notwen-
digkeit, zügig zu handeln. So soll bis zum 31. März die-
ses Jahres im Opferentschädigungsgesetz eine Versor-
gungsleistung auch für den Partner einer nicht
ehelichen Lebensgemeinschaft geschaffen werden, der
nach dem gewaltsamen Tod des anderen Lebenspartners
die Betreuung der gemeinsamen Kinder unter Verzicht
auf eine Erwerbstätigkeit ausübt bzw. übernimmt. Zu-
mindest in den ersten drei Lebensjahren eines Kindes, in
denen der nicht eheliche Partner auch Kinderbetreuungs-
unterhaltsansprüche nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch
geltend machen kann, ist der unverheiratete Elternteil
beim Tod des Partners genauso auf staatliche Unterstüt-
zung angewiesen wie der verheiratete. Die vorgesehene
Änderung des Opferentschädigungsgesetzes berücksich-
tigt dies und orientiert sich deshalb entsprechend der
Begründung des Bundesverfassungsgerichts an den tat-
sächlichen und zeitlichen Voraussetzungen, die im Bür-
gerlichen Gesetzbuch für den nicht ehelichen Betreu-
ungsunterhalt vorgesehen sind. Vergleichbare
Fallkonstellationen sind auch beim Soldatenversor-

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(C (D ungsgesetz, beim Zivildienstgesetz sowie eventuell uch im Bereich des Infektionsschutzgesetzes denkbar. eshalb werden auch diese Gesetze entsprechend eränzt. Ein weiterer Bereich, in dem die Rechtsprechung euregelungen erforderlich macht, ist der Ausgleich für ienstbeschädigungen im Beitrittsgebiet. Dieser Ausleich fiel bisher weg, wenn die geschädigten Staatsbeiensteten der ehemaligen DDR Altersrente erhielten. as Bundesverfassungsgericht hat im November 2001 ntschieden, dass dies gegen die Verfassung verstößt. ir müssen daher nun Korrekturen vornehmen. Die Be roffenen werden jetzt in das Dienstbeschädigungsausleichsgesetz mit einbezogen. Sie erhalten künftig neben er Altersrente den Dienstbeschädigungsausgleich. Ein eiteres Zuwarten ist auch hier mehr als vier Jahre nach er Entscheidung des Gerichtes nicht mehr vertretbar. Eine andere Änderung, auf die ich hinweisen will, beieht sich auf die Höhe des Dienstbeschädigungsausleichs. In diesem Fall geht das Bundessozialgericht, zuetzt mit Urteil vom Juli 2005, davon aus, dass diese sich ach der Höhe der ungeminderten Grundrente des Bunesversorgungsgesetzes richtet. Dies war vom Gesetzgeer und damit vom Bundestag nie beabsichtigt. Es entprach auch nicht der langjährigen Verwaltungspraxis nd den Entscheidungen der Instanzgerichte. Im Übrigen hat der Deutsche Bundestag bereits im ahre 2004 im Rentenrecht eine vergleichbare Entscheiung beim Zusammentreffen von gesetzlicher und von nfallrente getroffen und damit genauso klargestellt, ass die Maßgaben des Einigungsvertrages nach wie vor elten. Die Höhe des Dienstbeschädigungsausgleichs ichtet sich auch künftig nach der geminderten Grundente für das Beitrittsgebiet. Andernfalls würden nicht ewollte finanzielle Nachteile in der gesetzlichen Renenversicherung ausgelöst und neue Ungleichheiten enttehen. Die im Gesetzentwurf vorgesehenen Änderungen ind nach unserer Auffassung insgesamt erforderlich und ngemessen. Es wäre zu begrüßen, wenn eine zeitnahe ehandlung und Verabschiedung des Gesetzes – insbe ondere wegen des knappen Zeitrahmens für die Ändeung des Opferentschädigungsgesetzes – hier im Hause rfolgen könnte. Schönen Dank für die Aufmerksamkeit. Das Wort hat jetzt der Kollege Heinz-Peter Haustein on der FDP-Fraktion. Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und ollegen! Der Gesetzentwurf zur Änderung von Vorchriften des Sozialen Entschädigungsrechts und des Geetzes über einen Ausgleich von Dienstbeschädigungen m Beitrittsgebiet soll zwei verfassungsgerichtliche Bechlüsse und ein Urteil des Bundessozialgerichts umseten. )


(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601623900

(Beifall bei der FDP)

Heinz-Peter Haustein (FDP):
Rede ID: ID1601624000





(B) )


Heinz-Peter Haustein
Zwei der drei Regelungskomplexe betreffen die
Frage, ob Entschädigungsleistungen in den neuen Län-
dern vergleichbar denen in den alten Bundesländern aus-
gestaltet werden müssen. In diesem Zusammenhang sind
meines Erachtens einige Anmerkungen zu dem betref-
fenden Urteil des Bundessozialgerichts und dem Gesetz-
entwurf zu machen.

Das Bundesverfassungsgericht hat hinsichtlich der
Änderung des Bundesversorgungs- und Opferentschädi-
gungsgesetzes einen Beschluss bis zum 31. März dieses
Jahres angemahnt. Danach soll nun auch der Partner in
einer nicht ehelichen Lebensgemeinschaft nach dem
gewaltsamen Tod des anderen Lebenspartners eine Ver-
sorgungsleistung erhalten, wenn er unter Verzicht auf
eine eigene Erwerbstätigkeit die Betreuung der gemein-
samen Kinder übernimmt. Das ist konsequent, da der
nicht eheliche Lebenspartner für diesen Zeitraum
Kinderbetreuungsunterhaltsansprüche nach dem Bürger-
lichen Gesetzbuch geltend machen kann und insoweit
bereits dem Ehepartner gleichgestellt ist.


(Beifall bei der FDP)


Der zweite Regelungskomplex ist schon etwas schwie-
riger zu beurteilen; im Endeffekt ist dem Gesetzentwurf
aber auch diesbezüglich zuzustimmen. Er betrifft die
Änderung des § 84 a Satz 3 Bundesversorgungsgesetz
und sieht gemäß einem Urteil des Bundessozialgerichts
vom Juli 2005 vor, dass die Alterszulage zur Beschä-
digtengrundrente für Kriegsbeschädigte und SED-Op-
fer mit Wirkung zum 1. Januar 1999 in den neuen Län-
dern in voller Höhe, das heißt auf Westniveau, gewährt
werden soll.

Hierbei handelt es sich um einen durch Rechtspre-
chung besonders geprägten Bereich. Nachdem die Be-
schädigtengrundrente und die Schwerstbehindertenzu-
lage aufgrund eines Verfassungsgerichtsurteils bereits
seit dem 1. Januar 1999 in den neuen Ländern in voller
Höhe gewährt werden, soll nun auch für die Alterszulage
eine Angleichung an das Westniveau erfolgen. Aller-
dings erscheint mir die Ansicht des Bundessozialgerichts
an dieser Stelle nicht unbedingt überzeugend: Das Ge-
richt konstatiert für die Alterszulage vor allem eine „im-
materielle Genugtuungsfunktion“ und nicht vorrangig
die Funktion der Deckung des Mehrbedarfs im Alter.
Tatsächlich aber sollten auch in Fragen des Entschädi-
gungsrechts zwischen Ost und West keine Unterschiede
mehr gemacht werden.


(Beifall bei der FDP)


Der dritte Regelungsbereich, um den es hier geht, be-
trifft das besonders rechtsprechungsfreudige Anspruchs-
und Anwartschaftsüberführungsgesetz. Hierbei wird
allerdings – wie ich es sehe – noch zu klären sein, ob die
Entscheidungsspielräume des Gesetzgebers in richtiger
Weise ausgenutzt wurden. Es geht um die Dienstbeschä-
digungsausgleichsregelungen für ehemalige Staatsbe-
amte der DDR. Nach dem Gesetzentwurf sollen dienst-
beschädigte ehemalige Staatsbedienstete umfassend seit
1991 einen Dienstbeschädigungsausgleich erhalten, der
ihnen bisher nicht gezahlt wurde, wenn sie Renten we-
gen Alters- oder Erwerbsunfähigkeit erhielten. Aller-

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(C (D ings bezieht sich der Gesetzentwurf nur auf noch nicht estandskräftige Fälle, was die Zahl der Betroffenen exrem reduziert. Dabei sind zwei Gruppen zu unterscheien: Eine erste, die laut Bundesratserläuterung etwa 00 Personen umfasst, erhielt bereits seit 1997 den ienstbeschädigungsausgleich. Dabei handelt es sich m ehemalige Feuerwehrleute, Zöllner, Volkspolizisten, trafvollzugsbeamte und Soldaten der Nationalen Volksrmee. Diese Gruppe soll den Ausgleich nun auch noch ückwirkend seit 1991 erhalten. Eine zweite Gruppe, die ich laut Bundesratserläuterung aus etwa 500 dienstgechädigten Angehörigen der ehemaligen Staatssicherheit usammensetzt, hat bisher noch überhaupt keinen ienstbeschädigungsausgleich erhalten. Leider geht der Gesetzentwurf nicht auf eine Anreung des Bundesverfassungsgerichts ein, das in seiem Urteil ausdrücklich darauf hinweist, dass der Geetzgeber bei den Dienstbeschädigungsteilrenten eine ürzung oder Aberkennung hätte vornehmen können, enn der Beschädigte gegen die Grundsätze der enschlichkeit und der Rechtsstaatlichkeit verstoßen at oder auch in schwerwiegendem Maße seine Stellung um eigenen Vorteil bzw. zum Nachteil anderer missraucht hat. Ich bin der Meinung, dass nun bei der neuen Gesetzebung zum Dienstbeschädigungsausgleich die Aufahme einer solchen Regelung ernsthaft geprüft werden ollte. ies ist eine Frage der Gerechtigkeit. Ich schließe mit einem herzlichen Glückauf aus dem rzgebirge. (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601624100

Herr Kollege Haustein, auch Ihnen gratuliere ich im

amen des ganzen Hauses zu Ihrer ersten Rede im Deut-
chen Bundestag. Herzlichen Glückwunsch!


(Beifall)


Das Wort hat jetzt die Kollegin Maria Michalk von
er CDU/CSU-Fraktion.


Maria Michalk (CDU):
Rede ID: ID1601624200

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-

en! Wir müssen, auch wenn uns das im Einzelnen wohl
mmer wieder schwer fällt, zur Kenntnis nehmen, dass es
n diesem Leben keine Einzelfallgerechtigkeit gibt. Den-
och ist es die Pflicht des Gesetzgebers, sich das Ge-
echtigkeitsprinzip bei jeder Entscheidung vor Augen zu
alten. Unsere unabhängigen Gerichte wachen darüber.
o liegt es in der Natur der Sache, dass wir als Gesetz-
eber in konkreten Sachverhalten immer wieder Korrek-
uren oder Nachbesserungen vornehmen müssen.

Mit solchen Nachbesserungen haben wir es auch bei
em vorliegenden Gesetzentwurf zur Änderung der

(A)







(A) )



(B) )


Maria Michalk
Vorschriften des Sozialen Entschädigungsrechts und
über einen Ausgleich von Dienstbeschädigungen im Bei-
trittsgebiet zu tun. Es handelt sich faktisch um vier Ein-
zelgesetze, die einen Bezug zum Bundesversorgungsge-
setz haben. Da es sich vielleicht um etwas verwirrende
Zusammenhänge handelt, wenn immer wieder auf das
eine oder andere Bezug genommen wird – das gebe ich
zu –, will ich noch einmal zum allgemeinen Verständnis
feststellen, dass unser Bundesversorgungsgesetz von sei-
ner Struktur her ein Gesetz ist, auf das viele andere Ge-
setze verweisen. Es ist quasi die Basis.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Um Gerechtigkeitslücken zu schließen, haben wir
also die Frage zu beantworten, ob die Einzelregelung
verändert wird oder die Bezugsbasis. Um in der Geset-
zessystematik zu bleiben, entschlossen wir uns für das
Erstgenannte. Das aber wirft durchaus neue Fragen auf;
da bin ich mir mit meinem Vorredner, dem auch ich zu
seiner ersten Rede herzlich gratuliere, einig. Darauf
komme ich noch zurück.

Zunächst aber geht es darum, eine Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts vom 9. November 2004 um-
zusetzen. Das Opferentschädigungsgesetz, das auf die
Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes verweist,
gewährt bislang einem hinterbliebenen Partner einer
nicht ehelichen Lebensgemeinschaft keine Versorgungs-
leistung, die so genannte Hinterbliebenenrente, auch
dann nicht, wenn er nach dem gewaltsamen Tod des
Partners unter Verzicht auf eigene Erwerbstätigkeit die
gemeinsamen Kinder betreut. Dass diese Regelung kei-
nesfalls familienfreundlich ist, ist wohl unstrittig. Weil
nach geltendem Recht zum Beispiel ein Vater der Mutter
des gemeinsamen unehelichen Kindes in den ersten drei
Jahren Lebensunterhalt zahlen muss, ist es nur konse-
quent, dass dies auch nach dem Opferentschädigungsge-
setz für Kinder bis zu drei Jahren zutrifft und einzufüh-
ren ist. Einbezogen in die Regelung werden auch andere
mögliche Versorgungsfälle, wie nach dem Soldatenver-
sorgungs- oder Zivildienstgesetz. Für diese Gesetzes-
änderung ist uns eine Frist vorgegeben, deren Rahmen
wir einhalten.

Weitere Regelungen sind notwendig durch den
Beschluss des Bundesverfassungsgerichts – darauf
wurde schon hingewiesen – vom November 2001. Der
Gesetzentwurf sieht vor:

Erstens. Das seit dem 1. Januar 1997 geltende Gesetz
über einen Ausgleich für Dienstbeschädigungen im Bei-
trittsgebiet ist auf die Zeit von August 1991 bis zum De-
zember 1996 zu erstrecken.

Zweitens. Die Angehörigen des Sonderversorgungs-
systems des MfS sind in den Geltungsbereich des
Dienstbeschädigungsausgleichsgesetzes rückwirkend ab
August 1991 und für die Zukunft einzubeziehen.

Drittens. Die ehemaligen Angehörigen des MfS, de-
ren Bescheide noch nicht bestandskräftig geworden sind,
sind zu begünstigen.

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(C (D Viertens. Die Höhe des Dienstbeschädigungsausleichs über einen Ausgleich für Dienstbeschädigungen m Beitrittsgebiet ist klar festzulegen. Was ist der Hintergrund? Nach den §§ 9 und 11 des nspruchsund Anwartschaftsüberführungsgesetzes ind die auf einem Dienstunfall beruhenden Dienstbechädigungsteilrenten, die Berechtigten neben Altersder Invalidenrente oder Renten wegen verminderter Ererbsfähigkeit in den Sonderversorgungssystemen der hemaligen DDR gewährt wurden, ab August 1991 urch Anrechnung weggefallen oder eingestellt worden. Die Ansprüche auf Unfallrente aller anderen ehemalien DDR-Bürger wurden hingegen vom Bundesgesetzeber in das Unfallrentensystem der Bundesrepublik berführt. Deren Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten erden – anders als die gleichartigen Ansprüche der itglieder der Sonderversorgungssysteme – seit Januar 992 in der gesetzlichen Unfallversicherung der Bundesepublik anerkannt und entschädigt. Die sich hieraus erebenden Renten fallen bei der Gewährung von Altersente nicht weg, sondern unterliegen nur einer eilanrechnung. Diese Regelung benachteiligt nach Auffassung des undesverfassungsgerichts die Angehörigen der Sonerversorgungssysteme. Es fordert daher eine Korrek ur des Gesetzes über einen Ausgleich für Dienstbeschäigung im Beitrittsgebiet, da das Urteil den Zeitraum wischen 1991 und 1996, also die damals geltenden ienstbeschädigungsteilrenten, und nicht den Dienstbe chädigungsausgleich betrifft. Der Gesetzgeber hat mit dem Gesetz über einen Ausleich für Dienstbeschädigungen im Beitrittsgebiet seierzeit gerade die Personengruppe der ehemaligen Anehörigen des Sonderversorgungssystems des MfS erausgenommen, wie wir in einer Drucksache aus der 3. Wahlperiode – es ist die Drucksache 13/4587 – sehr enau nachlesen können. Daraus wird deutlich sichtbar, ass das damals eine sehr bewusste Entscheidung war. as haben wir jetzt zu korrigieren. Denn das Bundesver assungsgericht macht keinen Unterschied zwischen den ier ehemaligen Sonderversorgungssystemen. Manches in unserem Leben kommt uns unerträglich or. Dies ist eine solche Situation. Als Abgeordnete in inem Wahlkreis, in dem ich jeden Tag das ehemalige tasigefängnis Bautzen II vor Augen habe, trifft mich as besonders hart. Voller Überzeugung sage ich: Es äre viel berechtigter, zunächst im Parlament endlich it Mehrheit ein Gesetz für die Opfer auf den Weg zu ringen. Stattdessen müssen wir nunmehr nach Rechtsraft des Gesetzes zum Beispiel dem Strafvollzugspersoal bei möglichen Dienstbeschädigungen Zahlungen eisten. Das bedeutet etwa 1 Million Euro Nachzahlunen und jährliche Mehraufwendungen von etwa 00 000 Euro. Weil diese Verwerfungen menschlich so gar nicht achvollziehbar sind, verweise ich noch auf eine Pasage in dem dem heute vorliegenden Gesetzentwurf zurunde liegenden Urteil. Lieber Kollege, wir haben ofensichtlich die gleiche Passage aus dem Urteil gewählt, Maria Michalk die ich noch einmal zitieren möchte, weil sie so wichtig ist und daraus Schlussfolgerungen gezogen werden müssen. Ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten aus dem Urteil: Von der verfassungsrechtlich unbedenklichen Möglichkeit des Einigungsvertrages, die Dienstbeschädigungsteilrente zu kürzen oder abzuerkennen, wenn der Unfall sich im Zusammenhang mit einer dienstlichen Handlung ereignet hat, bei der der Beschädigte gegen die Grundsätze der Menschlichkeit und der Rechtsstaatlichkeit verstoßen oder in schwerwiegendem Maße seine Stellung zum eigenen Vorteil oder zum Nachteil anderer missbraucht hat …, hat der Gesetzgeber bei der hier überprüften Regelung keinen Gebrauch gemacht. Das Gericht eröffnet uns als Parlament also doch die Möglichkeit, die Einzelfallüberprüfung in diesem ganz speziellen Fall noch einmal zu diskutieren. Darauf sollten wir im Rahmen des parlamentarischen Beratungsprozesses zurückkommen. An die Opfer gerichtet kann man also sagen: Es ist noch nicht aller Tage Abend. Deshalb möchte ich bei Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, abschließend inständig um Ihre Einsicht und Bereitschaft werben, den Entwurf eines Gesetzes über eine Opferpension in das Parlament einzubringen und zu beschließen. Wir müssen das eine tun – das, was uns das Gericht vorgibt –, dürfen das andere aber nicht lassen. Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)





(A) )


(B) )



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601624300

Frau Kollegin Michalk, Sie brauchen, wenn Sie zitie-

ren wollen, nicht die Genehmigung des Präsidenten.
Diese Regelung ist – ich erinnere mich zwar nicht genau,
aber ich schätze: schon vor 25 Jahren – abgeschafft wor-
den.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: So lange ist sie aber noch nicht im Parlament! – Zuruf von der CDU/ CSU: Das hört sich aber viel höflicher an!)


Als nächste Rednerin hat die Kollegin Dr. Martina
Bunge von der Fraktion Die Linke das Wort.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Martina Bunge (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1601624400

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein

wesentlicher Aspekt des vorliegenden Gesetzentwurfes
ist der Ausgleich von Dienstbeschädigungen. Erlauben
Sie mir, mich zu dieser Stunde vor allen Dingen darauf
zu konzentrieren. Die Überleitung der DDR-Renten und
-Versorgungsansprüche in bundesdeutsches Recht ist,
denke ich, eine fast unendliche Geschichte. Heute geht
es nun um den Ausgleich von Dienstbeschädigungen.
Wieder, wie so oft in den letzten 15 Jahren, reagiert die
Bundesregierung bzw. die sie tragenden Fraktionen nur,
weil sich die Betroffenen auf dem langen Weg der So-

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(C (D ialgerichtsbarkeit erstritten haben, dass ein Gericht eien Handlungsauftrag erteilt. Für den heute vorliegenden Gesetzentwurf zum Ausleich von Dienstbeschädigungen ist das Urteil vom 1. November 2001 maßgebend. Die Korrektur ist also berfällig, und dies in doppelter Hinsicht: Erstens ist das rteil inzwischen vier Jahre alt und zweitens war bereits 996 klar, dass das Streichen der Dienstbeschädigtenteilente durch das AAÜG rechtlich nicht haltbar ist. Beeichnenderweise schaffte der Gesetzgeber zum 1. Jauar 1997 aber nur für Dienstunfälle bei Polizei, Armee nd Zoll Abhilfe. Die Beschäftigten des MfS ließ man ußen vor. Nun wird Gerechtigkeit für alle Gruppen hergestellt. as Bundesverfassungsgericht hat eine Nachzahlung ab em 1. August 1991 vorgeschrieben. Aber es wird nicht ollends reiner Tisch gemacht. Die Leistungshöhe bei orliegen einer Dienstbeschädigung soll entgegen einchlägigen Urteilen – ersparen Sie mir jetzt entsprehende Zitate – im Osten geringer ausfallen als im Wesen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, zugespitzt heißt as: „Arm ab Ost“ ist weniger schlimm und weniger ert als „Arm ab West“. (Beifall bei der LINKEN – Maria Michalk [CDU/CSU]: Ach, das ist doch Unsinn! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: So ein dummes Zeug!)


Wieder wird den Menschen aus dem Osten deutlich
emacht: Ihr seid anders. Als es um die Hartz-IV-Regel-
ätze ging, mussten Sie, verehrte Kolleginnen und Kolle-
en von der Koalition, klein beigeben und ihre Höhe an-
assen. Können Sie nicht endlich aufhören, Ost gegen
est auszuspielen?


(Beifall bei der LINKEN – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer tut das denn? Sie machen das doch gerade!)


ie Linke macht das nicht mit. Wir fordern, diese Rege-
ung des vorliegenden Gesetzentwurfs zu ändern.

Heute wird nur das erste Kapitel der Korrekturen des
ei der Rentenüberleitung geschehenen Unrechts in die-
er Legislatur aufgeschlagen; weitere werden folgen.
ie Fraktion Die Linke sieht noch erheblichen Korrek-

urbedarf. Der Missbrauch von Sozialrecht als Straf-
echt muss endlich vollends beseitigt und Wertneutrali-
ät wieder hergestellt werden.


(Zuruf von der CDU/CSU: „Diplom-Marxismus-Leninismus“!)


berführungslücken, die sich aus DDR-typischen, recht-
ich geschützten, bei der Rentenüberleitung aber nicht
eachteten Tatbeständen ergeben haben, müssen ge-
chlossen werden. Ich erinnere nur an Themen wie: mit-
elfende Familienangehörige von Handwerkern und
elbstständigen, geschiedene Frauen ohne Versorgungs-
usgleich, Aspiranturzeiten usw. usf. – alles ungelöste
robleme. Auf die Dauer ist für uns der Fakt nicht halt-
ar, dass Versorgungsansprüche, beispielsweise von
issenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, Lehrerinnen

nd Lehrern, Ingenieuren, Technikern, Beschäftigten






(A) )



(B) )


Dr. Martina Bunge
von Eisenbahn, Post und Gesundheitswesen, nicht über-
führt werden. Wir werden für die Betroffenen kämpfen.
Verlassen Sie sich darauf!


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Dafür gab es doch Gesetze!)


Ich denke, hier sind nicht die Gerichte, sondern hier
ist die Politik gefragt, hier sind wir alle gefragt, um die
Einheit sozial tatsächlich zu vollenden.

Ich danke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601624500

Als letzter Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt

erteile ich das Wort der Kollegin Irmingard Schewe-
Gerigk von Bündnis 90/Die Grünen.


(Dr. Uwe Küster [SPD]: Irmingard, bleib ganz eng am Text!)



(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit
dem Gesetzentwurf wurden Vorgaben des Bundesverfas-
sungsgerichts und des Bundessozialgerichts umgesetzt.
Eigentlich gibt es darüber nicht viel zu debattieren, auch
der Herr Staatssekretär Thönnes hat dies eben gesagt.

Frau Michalk, Sie haben gerade darauf hingewiesen,
dass Mitarbeiter der Stasi jetzt zusätzliche Entschädi-
gung bekommen. Auch ich finde das ärgerlich, aber das
Sozialrecht eignet sich nun einmal nicht als politisches
Bestrafungsinstrument. Deshalb muss man schauen, wie
man es ausgestaltet.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Wegen der knappen Redezeit möchte ich mich auf ei-
nen anderen Schwerpunkt konzentrieren, nämlich die Si-
tuation der nicht ehelichen Lebensgemeinschaften.
Karlsruhe hat dem Gesetzgeber ja aufgetragen, nicht
eheliche Lebensgemeinschaften mit gemeinschaftlichen
Kindern im Opferentschädigungsgesetz mit ehelichen
Lebensgemeinschaften gleichzustellen. Das ist eine gute
und wichtige Entscheidung. Bei nicht ehelichen Lebens-
gemeinschaften gibt es ohnehin grundlegenden Reform-
bedarf: Wenn es um Transferleistungen geht, werden sie
als zusammengehörig eingestuft und das Partnereinkom-
men wird angerechnet. In anderen Bereichen dagegen,
zum Beispiel im Staatsangehörigkeitsrecht oder im Erb-
recht, fehlt diese Anerkennung. Ich finde – ich sage das
auch für meine Fraktion –: Hier müssen wir Rechte und
Pflichten endlich in ein ausgewogenes Verhältnis brin-
gen; denn die heutige Schieflage ist ungerecht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Besonders krass wird es, wenn Kinder mit betroffen
sind. In dem vorliegenden Fall ging es um den nicht ehe-
lichen Vater von Zwillingen, deren Mutter einem Mord
zum Opfer fiel. Er hat unter Verzicht auf Erwerbsarbeit
die Betreuung der gemeinsamen Kinder übernommen,
ihm wurde aber eine Hinterbliebenenversorgung nach
dem Opferentschädigungsgesetz verweigert, weil eine

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(C (D olche bisher gesetzlichen Ehepaaren vorbehalten ist. iese Ungerechtigkeit hat Karlsruhe als Verstoß gegen en Gleichheitsgrundsatz in Verbindung mit dem Schutz er Familie gerügt und auch darauf hingewiesen, dass ich die Situation nicht ehelicher Familien nicht von der emeinschaft verheirateter oder auch verwitweter El ernteile mit Kindern unterscheidet. Ich begrüße ausrücklich, dass der Gesetzentwurf die Grundsätze des rteils nicht nur im Opferentschädigungsgesetz, sondern uch im Soldatenversorgungsgesetz, im Zivildienstgeetz und im Infektionsschutzgesetz zum Tragen bringt. Eine Regelungslücke bleibt allerdings: Wie wir alle issen, ist seit 2005 die Stiefkindadoption in der einge ragenen gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft öglich. Die Kinder gelten dann rechtlich als gemein chaftliche Kinder. Das ignoriert dieser Gesetzentwurf och. Diese Lücke betrifft das Soldatenversorgungsgeetz, weil hier eine Gleichstellung bislang nicht gelunen ist. – Ich finde es schön, Herr Staatssekretär hönnes, dass Sie Ihren Kugelschreiber herausholen und ich das aufschreiben. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Thönnes ist immer lernfähig!)


enn was das Verfassungsgericht für eheähnliche Le-
ensgemeinschaften ausgeführt hat, gilt natürlich in glei-
her Weise für gleichgeschlechtliche Lebenspartner-
chaften mit einem rechtlich gemeinschaftlichen Kind.
eshalb muss im Soldatenversorgungsgesetz wenigstens

ine Gleichstellung der Lebenspartnerschaft mit Kindern
rfolgen. Hier darf es keine Ausgrenzung geben; denn
em Staat müssen alle Kinder gleich viel wert sein. Ich
lädiere deshalb dringend dafür, diesen Punkt in den
usschüssen sachlich zu besprechen; wir können das

uch schnell machen, damit die Änderung schnell umge-
etzt wird. Ich hoffe, dass wir den Gesetzentwurf im In-
eresse potenziell betroffener Kinder gemeinsam unideo-
ogisch nachbessern können.

Ich frage jetzt nicht, ob ich zitieren darf, Herr Präsi-
ent, weil Sie gerade gesagt haben, dass man das nicht
uss. – Bundespräsident Horst Köhler hat in seiner
rundsatzrede die heutige Vielfalt der Familienformen
ewürdigt.

Kinder auf das Leben vorzubereiten, partnerschaft-
liche Lebensentwürfe zu verwirklichen, das kann in
ganz unterschiedlichen Strukturen gelingen: in der
Ehe, in nicht ehelichen und auch gleichgeschlecht-
lichen Familien, in Patchwork- oder Einelternfami-
lien.

em Bundespräsidenten ist hier voll zuzustimmen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Benachteiligungen bestimmter Familienformen gehen
mmer auch zulasten der Kinder. Der Gesetzgeber hat
eshalb die Pflicht, für Chancengerechtigkeit zu sorgen.
ch glaube, wir sind da auf einem guten Wege.

Vielen Dank.






(A) )



(B) )


Irmingard Schewe-Gerigk

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601624600

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent-
wurfs auf Drucksache 16/444 an die in der Tagesord-
nung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es
andere Vorschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann ist die
Überweisung so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 14 auf:

Erste Beratung des von den Abgeordneten Josef
Philip Winkler, Volker Beck (Köln), Wolfgang
Wieland, weiteren Abgeordneten und der Frak-
tion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN einge-
brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesse-
rung der sozialen Situation von
Ausländerinnen und Ausländern, die ohne
Aufenthaltsstatus in Deutschland leben

– Drucksache 16/445 –
Überweisungsvorschlag:
Innenausschuss (f)

Rechtsausschuss
Finanzausschuss
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Gesundheit
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache wiederum eine halbe Stunde vorgesehen. –
Es gibt keinen Widerspruch dagegen. Dann ist das so be-
schlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red-
ner dem Kollegen Josef Winkler vom Bündnis 90/Die
Grünen das Wort.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem
nun vorliegenden Gesetzentwurf möchten wir das
Thema „Illegale“ aus der politischen Tabuzone holen. Es
geht uns darum, die Realität anzuerkennen, dass es Aus-
länder ohne jeglichen Behördenkontakt und ohne gültige
Aufenthaltsgenehmigung in Deutschland gibt. Unsere
feste Überzeugung ist, dass den Problemen dieser Men-
schen nicht mehr allein ordnungs- und polizeirechtlich
begegnet werden darf.

Ich möchte deshalb vorweg ausdrücklich betonen,
dass unser Vorschlag nicht etwa eine reine Legalisie-
rungskampagne oder Amnestie, wie es sie zum Beispiel
in Spanien in den letzten Jahren gab, darstellt, sondern
einen konkreteren und deutlich niederschwelligeren An-
satz wählt.

Die Kirchen, die Gewerkschaften und andere Nichtre-
gierungsorganisationen haben sich dieser Problematik in
den letzten Jahren bereits verstärkt angenommen. In
Deutschland leben nach inoffiziellen Schätzungen bis zu
1 Million Menschen ohne legalen Aufenthaltsstatus. Es

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(C (D ab im letzten Jahr einen Appell, diese Problematik in er Gesellschaft zu diskutieren, den unter anderem – ich abe einmal durchgezählt – vier Staatssekretäre der akuellen Bundesregierung inklusive Herrn Altmaier, der uf der Regierungsbank sitzt, und der stellvertretende DU-Bundesvorsitzende Böhr – Herr Grindel, ich ehme an, Sie wissen das – unterstützt haben. (Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Alles gute Leute!)


ir haben gesagt: Nicht nur in der Gesellschaft, sondern
uch hier im Bundestag soll das angesprochen werden.

Diese Menschen leben in einer Art Schattenreich.
leichzeitig stehen diejenigen, die Menschen ohne lega-

en Aufenthaltsstatus aus humanitären Gründen helfen
Erzieherinnen und Erzieher, Ärzte, Priester, Gewerk-

chaftler –, ständig in der Gefahr, sich strafbar zu ma-
hen. Die derzeitige Rechtslage in Deutschland schränkt
ie Inanspruchnahme der grundlegenden Menschen-
echte und Grundrechte für diese Bevölkerungsgruppe,
ie sich illegal hier aufhält, ein und macht ihnen den Zu-
ang nicht möglich. Das muss geändert werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das größte Problem dabei ist sicherlich die Pflicht al-
er öffentlichen Stellen zu Meldungen an die Auslän-
erbehörden. Diese Meldepflicht führt dazu, dass die
etroffenen jeglichen Kontakt mit staatlichen Einrich-

ungen vermeiden, weil sie natürlich nicht wollen, dass
hr Aufenthalt in Deutschland bekannt wird. Deshalb hat
nser Gesetzentwurf fünf wesentliche Teile – das schaffe
ch in eineinhalb Minuten –:

Er sieht für diese Menschen ohne Aufenthaltsrecht
rstens den Zugang zu einer medizinischen Grund- bzw.
otfallversorgung vor. Zweitens bekommen die Kinder
nd Jugendlichen einen Anspruch auf Schul- und Kin-
ergartenbesuch. Drittens. Ansprüche auf Lohnzahlung
ür geleistete Arbeit sollen vor Gericht eingeklagt wer-
en können. Viertens. Um das zu erreichen, muss die
eldepflicht deutlich eingeschränkt und deshalb aus

em Aufenthaltsgesetz herausgenommen werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


uallerletzt muss deshalb fünftens die Strafbarkeit von
eihilfehandlungen – aus humanitären Gründen wohlge-
erkt – wie zum Beispiel bei Ärzten, die medizinische
otfallbehandlungen gewähren, oder Lehrern, die Un-

erricht geben, eingeschränkt werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)


Das alles steht nicht im Widerspruch zu der Pflicht
es Staates, illegale Einwanderung und illegalen Aufent-
alt zu bekämpfen. Wir definieren in unserem Gesetz-
ntwurf die Grenzen, die der Staat hier ziehen muss. Er
uss nämlich einerseits die illegale Einwanderung be-

renzen und abwehren und andererseits humanitäre
indeststandards in Deutschland einhalten. Das ist na-

ürlich ein Vorschlag, der von Ihrer Seite auch noch ein-
al in anderer Weise dargestellt werden kann.






(A) )



(B) )


Josef Philip Winkler
Ich begrüße es ausdrücklich, dass in der Koalitions-
vereinbarung der großen Koalition hierzu nicht eine
Nichtbefassung vorgesehen ist, sondern ein Prüfauftrag
erteilt wurde. Wir haben gesagt, dass aus unserer Sicht
hier nicht mehr allzu viel zu prüfen ist, sondern dass die
Fakten klar auf dem Tisch liegen. Es gibt in Deutschland
bis zu eine Million Menschen, die keinen Zugang zu den
grundlegenden Menschen- und Bürgerrechten haben.
Das muss geändert werden.

Ich würde mich sehr freuen, wenn vonseiten der
Union jetzt nicht wie bei der letzten Debatte zu einem
ähnlichen Thema ein krasser Rundumschlag gegen die
Grünen nach dem Motto folgen würde, dass wir ja nur
kriminelle Ausländer ins Land holen wollen oder so et-
was. Ich habe mich bewusst bemüht, sachlich vorzutra-
gen, und würde mich zum einen zwar verwundert, zum
anderen aber auch erfreut zeigen, wenn das so erwidert
würde.

Herzlichen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP – Silke Stokar von Neuforn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hast du gut gemacht! Du kannst das, der Grindel nicht!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601624700

Das Wort hat jetzt der Kollege Reinhard Grindel von

der CDU/CSU-Fraktion.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Kollege, Sie haben eine große Verantwortung!)



Reinhard Grindel (CDU):
Rede ID: ID1601624800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der

Kollege Montag, den ich aus vielen nächtlichen Sitzun-
gen gut kenne und von wenigen Ausnahmen abgesehen
auch schätze, hat gesagt, dass wir alle eine große Verant-
wortung haben. Das stimmt. Ich finde aber, dass wir die
Welt nicht so aufteilen dürfen, dass nur derjenige sich
menschlich verhält, der die Anliegen der Grünen unter-
stützt, während die anderen inhuman handeln.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Es mag mehrere Wege geben, auf denen wir zu sachli-
chen Lösungen kommen können. Denn in der Tat: Inte-
gration setzt auch eine Steuerung der Zuwanderung vo-
raus. Man würde die Integrationsbereitschaft in unserer
Bevölkerung gefährden, wenn man unbegrenzt illegalen
Aufenthalt akzeptieren würde. Ich erwarte auch von den
Grünen, dass sie respektieren, dass man einerseits sehr
wohl für ein gutes Miteinander von Deutschen und Aus-
ländern sorgen und für eine gute humanitäre Behandlung
von Ausreisepflichtigen eintreten und andererseits die-
sen Antrag der Grünen aus sehr wohl erwogenen sachli-
chen Gründen ablehnen kann. Lieber Josef Winkler, das
ist moralisch kein minderwertiger Standpunkt.


(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Da klatscht noch nicht einmal seine eigene Fraktion!)


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(C (D Ich finde, dass man sich auch vor zu harten Unterstelungen bezüglich der Lebenswirklichkeit in Deutschland üten sollte. In Ihrem Antrag findet sich der Satz: In Deutschland besteht ein menschenrechtliches Problem im staatlichen Umgang mit Menschen, die in unserem Land ohne ein Aufenthaltsrecht leben. ch werde gleich deutlich machen, weshalb ich das nicht o sehe. Dem darf man doch wohl eines entgegenhalten: enn das so wäre, dann wäre das wohl auch das Resul at von sieben Jahren Regierungspolitik der Grünen. (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unsinn!)


s stellt sich bei diesem Antrag natürlich schon die
rage, warum Sie mit Ihren Vorschlägen nicht früher ge-
ommen sind, wenn das alles doch so nötig und zweck-
äßig ist.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Wenn Sie sich einmal mit der Praxis und den Leuten
n den Ausländerbehörden beschäftigen würden, dann
ürden Sie wissen, dass die Lage in der Tat nicht so dra-
atisch ist, wie Sie sie schildern; denn die meisten Ille-

alen nehmen sehr wohl soziale Leistungen in An-
pruch. Sie können das auch ohne Angst tun. Warum
önnen sie das?

Erstens können sie das, weil die Behörden noch gar
icht im Besitz der notwendigen Papiere sind, um eine
bschiebung vollziehen zu können, weshalb sich das
roblem aus diesem Grunde gar nicht stellt. Viele Ille-
ale wissen deshalb, dass sie wegen der ungeklärten
erkunft und Identität vor einer Abschiebung vorläufig

icher sind.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist so flach!)


Zweitens können sie das, weil den Meldepflichten,
ie mir von verschiedenen Ausländerbehörden berichtet
urde, so spät nachgekommen wird, dass die Betroffe-
en in aller Regel schon längst wieder untergetaucht
ind.

Die Initiative der Grünen ist nur für die Ausreise-
flichtigen relevant, bei denen die Abschiebung unmit-
elbar bevorsteht und alle dafür erforderlichen Papiere
orhanden sind. Das ist also nur ein sehr kleiner Kreis,
ei dem das Interesse des Staates an der Rückführung
ber besonders groß ist. Es wäre fair, wenn Sie gesagt
ätten, dass sich darunter natürlich auch Straftäter befin-
en.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber die meinen wir nicht!)


Insofern muss man schon fragen: Wie wirkt das denn
uf die Mitarbeiter der Ausländerbehörden, die unter
chwierigsten Bedingungen zum Teil jahrelang versu-
hen, Ausländer in ihre Heimat zurückzuführen? Wie
üssen sie sich vorkommen, wenn sie erfahren, dass ein

ntergetauchter Ausreisepflichtiger auf Kosten der
ommune ärztlich behandelt wurde, was ihnen vom
rankenhaus nicht mitgeteilt werden darf, und nach er-






(A) )



(B) )


Reinhard Grindel
folgter Behandlung wieder untergetaucht ist? Das ist
– mit Verlaub – eine Verhöhnung von Mitarbeitern der
Ausländerbehörden, die einen sehr schweren Job zu ma-
chen haben.


(Beifall bei der CDU/CSU – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir reden nur von Notfallbehandlungen!)


Sie haben gesagt, dass in unserer Koalitionsvereinba-
rung ein Prüfauftrag enthalten ist. In der Tat wird dem
Anliegen der Grünen durch die Koalition in einem Be-
reich entsprochen werden. Wie Sie wissen, werden wir
in einem Gesetz, das elf EU-Richtlinien zum Ausländer-
recht in deutsches Recht umsetzt, eine Vorschrift aufneh-
men, wonach Opfer von Menschenhandel eine Aufent-
haltserlaubnis bekommen werden, wenn sie in einem
Prozess aussagen wollen. Das ist sinnvoll, weil wir wis-
sen, dass Täter aus dem Bereich der organisierten Krimi-
nalität oftmals nur mit Zeugenaussagen von Opfern
überführt werden können. Eine Ausweitung auf weitere
Straftaten lehnen wir aus Missbrauchsgründen ab.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dazu liegt schon ein Gesetzentwurf von uns vor, Herr Kollege! Sie kommen zu spät!)


Die Frage der Verteilung der Opfer von Menschen-
handel auf die einzelnen Bundesländer – auch das wird
in Ihrem Gesetzentwurf angesprochen –, zeigt, dass die
Grünen offenbar nicht wissen, dass sich alle Bundeslän-
der bereits darauf verständigt haben, Opfer von Men-
schenhandel von der länderübergreifenden Verteilung
auszunehmen. Aber dieses Nichtwissen ist den Grünen
nachzusehen, weil sie ja an keiner Landesregierung
mehr beteiligt sind.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein sehr humorvoller Einwurf!)


Es ist dementsprechend wichtig, dass wir präzise he-
rausarbeiten, worum es in dem Gesetzentwurf der Grü-
nen geht.


(Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es geht nicht um ein Bleiberecht! Darin sind wir uns einig!)


Es geht nicht darum, dass Illegalen etwa medizinische
Versorgung vorenthalten würde. In Deutschland besteht
ein Recht auf medizinische Gesundheitsversorgung. Es
besteht auch ein Recht auf Schulbesuch und auf die Ein-
klagbarkeit des Lohns unabhängig vom Aufenthalts-
recht. Es ist nur so, dass selbstverständlich die Behör-
den, weil eine Ausreisepflicht besteht und wir es durch
den Aufenthalt mit illegalem Verhalten zu tun haben,
verpflichtet sind, den Ausländerbehörden die Illegalen
zu melden.

Was Sie vorschlagen, ist in einem Rechtsstaat nach
meiner Auffassung nicht möglich; denn Sie wollen im
Sozial- und Arbeitsrecht einen unerlaubten Aufenthalt
materiell absichern und damit verfestigen, der im Aus-
länderrecht zur Beendigung des Aufenthalts und zur
Rückführung des Ausländers zwingend führen müsste.

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(C (D (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist aber in Italien, den Niederlanden usw. der Fall!)


ine solche Aufspaltung des Rechts ist innerhalb unserer
rundrechtsordnung völlig undenkbar. Das machen wir
icht mit, Herr Kollege.


(Beifall bei der CDU/CSU – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber Sie wissen doch hoffentlich, dass das in vielen europäischen Ländern so ist!)


Es ist auch keine Frage, dass der von Ihnen vorgelegte
esetzentwurf gegen einen Grundsatz der in Aussicht
enommenen Föderalismusreform verstößt, weil hier der
und ideologisch motivierte Rechtsänderungen be-

chließen soll, die den Kommunen enorme Kosten ver-
rsachen würden. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Es ist
chon ein bisschen zynisch, wenn Sie in Ihrem Gesetz-
ntwurf schreiben:

Der Kostenumfang ist aufgrund der unbekannten
Anzahl der Betroffenen derzeit nicht zu prognosti-
zieren.

as kann nur eine Partei formulieren, die keine kommu-
ale Basis hat. Ich halte das für nicht verantwortlich.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Ihr Gesetzentwurf würde auch die Verfolgung von
chwarzarbeit erheblich erschweren.

Weil Sie die Frage der Strafbarkeit von Helfern an-
esprochen haben, die aus humanitären Gründen ausrei-
epflichtige Personen unterstützen, sage ich Ihnen: Auch
a wird dramatisiert. Es gibt bisher – ich habe das über-
rüfen lassen – keine einzige Verurteilung von Helfern,
eil das strafrechtliche Instrumentarium ausreicht, um
umanitäres Handeln angemessen zu berücksichtigen.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber jede Menge Verfolgung!)


Lieber Herr Montag, da Sie den Zwischenruf gemacht
aben: Wir können uns doch darauf verständigen, dass
s keinen einzigen Fall gibt, wo ein Helfer verurteilt
orden ist. Insofern bieten offenbar – das sagen Sie da-
it – sowohl das Strafrecht als auch das Strafprozess-

echt genügend Möglichkeiten, schon heute humanitäres
andeln angemessen zu berücksichtigen. Ihr Vorschlag
ürde jedoch dazu führen, dass sich Täter aus dem Be-

eich der organisierten Kriminalität humanitärer Legen-
en bedienen und sich so der Strafe entziehen könnten.
uch das wollen wir nicht.


(Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Montag, da gibt es nichts zu lachen. Ich weiß
icht, mit welchen Kreisen Sie als Rechtsanwalt in Kon-
akt kommen.


(Lachen des Abg. Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


ber es gibt die Fälle, dass Täter aus der organisierten Kri-
inalität jede gesetzliche Möglichkeit nutzen, die ihnen

eboten wird, um sie für ihre Zwecke zu missbrauchen.






(A) )



(B) )


Reinhard Grindel
Das sollten wir ihnen nicht geben; denn eine Lehre aus
dem Visa-Untersuchungsausschuss war ja, alle Formen
von Menschenhandel entschieden zu bekämpfen und
nicht neue Möglichkeiten zu eröffnen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das steht aber im Gesetz nicht drin!)


Ich stelle fest: Es gibt in unserem Land kein men-
schenrechtliches Problem im staatlichen Umgang mit Il-
legalen. Es gibt erhebliche Probleme bei der Rückfüh-
rung von Illegalen in ihre Heimat. Denen werden wir uns
bei der Überarbeitung des Zuwanderungsgesetzes zu-
wenden. Zur Begrenzung der Zuwanderung gehört auch,
dass diejenigen, die kein Recht auf den Aufenthalt in un-
serem Land haben, dieses wieder verlassen müssen. Das
liegt im Interesse von Integration und auch im Interesse
eines friedlichen Zusammenlebens von Deutschen und
Ausländern.

Ich sage Ihnen im Interesse einer humanitären Be-
handlung von Illegalen zu: Was wir jetzt hinsichtlich der
Opfer von Menschenhandel nicht vereinbaren, werden
wir im Rahmen der Prüfung – gerade auch im Kontakt
mit Praktikern – diskutieren. Es besteht kein Anlass, des-
halb den anderen einer inhumanen Politik zu verdächti-
gen. Wir wollen, dass Deutsche und Ausländer – auch
die Illegalen – anständig behandelt werden.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601624900

Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Max Stadler von

der FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP)



Dr. Max Stadler (FDP):
Rede ID: ID1601625000

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Wenn man über die Situation von illegalen Auslän-
dern in Deutschland spricht, dann ist dies von vornherein
heikel. Denn bei einem solchen Thema kann es leicht zu
Missverständnissen kommen. Deswegen möchte ich be-
wusst mit der eigentlich völlig selbstverständlichen Aus-
sage beginnen, dass illegale Migration in einem Rechts-
staat nicht akzeptiert werden kann und dass der Staat das
Recht und die Pflicht hat, sich dagegen zur Wehr zu set-
zen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich übernehme daher auch nicht ganz die Formulie-
rung des Kollegen Winkler, man müsse die Realität der
Situation von Illegalen in Deutschland anerkennen. Ich
bevorzuge vielmehr die Formulierung: Wir müssen uns
dieser Realität stellen. Dass die Realität des Aufenthalts
einer unbekannt hohen Zahl von Illegalen in Deutsch-
land einige Probleme aufwirft, die den Deutschen Bun-
destag sehr wohl interessieren müssen, scheint klar zu
sein. Das ist nicht etwa ein Anliegen der Grünen, wie Sie

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(C (D s hier formuliert haben, Herr Kollege Grindel; vielmehr ird dieses Anliegen – wie Sie genau wissen – seit lanem insbesondere von der katholischen Kirche an uns erangetragen. (Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Rüdiger Veit [SPD])


Alle Fraktionen dieses Bundestags waren oft zu Gast
m Forum „Leben in der Illegalität“, das von Pater Alt
nd Schwester Bührle geleitet wurde. Wir haben dort ge-
ernt, dass entgegen Ihren Ausführungen, Herr Kollege
rindel, sehr wohl praktische Probleme bestehen, für die
ir als Bundestag eine Lösung anbieten müssen, ohne
ass wir uns gegenseitig verdächtigen sollten, hier
ürde irgendjemand einen rechtsstaatlichen Grundsatz

ufgeben oder gar illegale Migration fördern oder eine
ogwirkung herbeiführen wollen.

Worin bestehen die Probleme, die insbesondere von
er katholischen Kirche so nachdrücklich an uns heran-
etragen werden? Es besteht eine Rechtsunsicherheit,
b sich diejenigen, die aus humanitären Gründen Hilfe
eisten – beispielsweise Ärzte, die einem kranken Illega-
en medizinische Versorgung zukommen lassen –, mög-
icherweise der Beihilfe zu einer Straftat schuldig ma-
hen. Ich meine, dass es eine solche Rechtsunsicherheit
icht geben darf. Insofern ist der Bundestag verpflichtet,
larstellungen vorzunehmen.


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Auch ein weiterer Punkt ist bedenkenswert. Die Kin-
er von Illegalen können doch am allerwenigsten für

hre Situation. Deshalb muss man bei allem, was Sie zu
echt über Abschiebungen gesagt haben, die durchge-

etzt werden müssen, darüber nachdenken, wie dennoch
ewährleistet werden kann, dass diesen Kindern ein ele-
entares Recht – nämlich der Zugang zum Bildungssys-

em – nicht vorenthalten wird.


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Den haben sie doch! Sie können zur Schule gehen!)


as berührt das Problem der Meldepflichten.

Ihnen ist das Manifest vom 2. März 2005 bekannt,
as sich mit diesen Fragen befasst. Kollege Winkler hat
s bereits erwähnt. Aus Anlass der Debatte habe ich
achgesehen, welche honorigen Personen dieses Mani-
est unterzeichnet haben. Es sind Mitglieder aller dama-
igen vier Bundestagsfraktionen. Drei von ihnen spre-
hen übrigens in der heutigen Debatte. Für mich ist
abei besonders interessant, dass das Manifest, mit dem
on uns als Gesetzgeber verlangt wird, dass wir die Au-
en vor diesen Problemen wenigstens nicht verschlie-
en, auch von Vertretern von Berufsverbänden der deut-
chen Kriminalbeamten, der Polizeigewerkschaft, von
icherheitsbehörden, Kirchen, einem Kardinal und vie-

en anderen respektablen Persönlichkeiten unterzeichnet
orden ist.






(A) )



(B) )


Dr. Max Stadler
Wenn dies nicht Beweis genug ist, darf ich daran erin-
nern, dass uns die Unabhängige Kommission „Zuwande-
rung“ unter der Leitung von Frau Professor Dr. Rita
Süssmuth und dem ebenfalls allseits anerkannten frühe-
ren SPD-Vorsitzenden Dr. Hans-Jochen Vogel, der bei
der Trauerfeier für Johannes Rau eine sehr bewegende
Rede gehalten hat, klare Ratschläge gegeben hat. Diese
unabhängige Kommission hat uns ganz klare Ratschläge
gegeben. Die Kommission empfiehlt,

… in den allgemeinen Verwaltungsvorschriften
zum Ausländergesetz

– so hieß es damals –

eindeutig klarzustellen, dass Schulen und Lehrer
nicht verpflichtet sind, den Behörden ausländische
Schüler zu melden, die sich illegal in Deutschland
aufhalten.

Die Süssmuth/Vogel-Kommission, an der zum Beispiel
auch Cornelia Schmalz-Jacobsen, die ehemalige Auslän-
derbeauftragte, mitgearbeitet hat, empfiehlt uns des Wei-
teren, klarzustellen, dass Personen, die sich aus humani-
tären Gründen um Illegale kümmern, nicht wegen
Beihilfe in Strafverfahren gezogen werden dürfen.

Wir sollten diese Ratschläge beherzigen und im Aus-
schuss über die Einzelheiten – genauso wie Sie, Herr
Grindel, es in dem versöhnlichen Schlussteil Ihrer Rede
gesagt haben – sachlich und ergebnisoffen debattieren.
Es ist seit langem ein Anliegen der FDP, dass diese De-
batte im Hohen Haus geführt wird. Ich bin froh, dass wir
nun an dieser Stelle angelangt sind.


(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601625100

Das Wort hat jetzt der Kollege Rüdiger Veit von der

SPD-Fraktion.


Rüdiger Veit (SPD):
Rede ID: ID1601625200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich

habe es mir zwar nicht ausgesucht, an dieser Stelle der
Debatte vielleicht das eine oder andere wieder zusam-
menzuführen, was ansatzweise den erreichten Konsens
gefährdet. Aber ich bin schon von der Rednerabfolge her
offenkundig in dieser Rolle.

Was die Grünen mit ihrem Antrag bezwecken, ist
vom Grundsatz her ein ebenso wichtiges wie berechtig-
tes Anliegen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich glaube, dass das Gebot unserer Verfassung „Die
Würde des Menschen ist unantastbar“ mit der Lebens-
wirklichkeit vieler in Deutschland illegal lebender Men-
schen nicht in Einklang zu bringen ist, genauso wenig
wie mit unser aller Verständnis von einem menschen-
würdigen Leben. Ich sehe hier die Dinge etwas proble-
matischer als Sie, Herr Grindel.

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(C (D In der Begründung des Antrages von Bündnis 90/ ie Grünen werden beispielsweise Zitate von Papst ohannes Paul II. angeführt. Max Stadler hat diese vorin durch Zitate aus dem Abschlussbericht der unabhänigen Kommission „Zuwanderung“ ergänzt. Johannes au hat gesagt: Im Grundgesetz steht: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Da steht nicht: Die Würde des Deutschen ist unantastbar. lle Menschen, die bei uns leben, auch diejenigen ohne ültiges Aufenthaltsrecht, haben eine Würde. Was die inge in der Betrachtung manchmal etwas schwieriger acht, Herr Grindel, ist, dass nach unserer Verfassung elbst derjenige das Recht auf Achtung der Menschenürde beanspruchen kann, der sich strafbarer Handlunen schuldig gemacht hat. Aber solche Menschen stehen ier nicht im Fokus der Bemühungen. Das Manifest „Leben in der Illegalität“ vom Katholichen Forum – darauf ist bereits Bezug genommen woren – ist am 15. November 2005 von über 400 namhafen Personen und Organisationen unterzeichnet worden, nd zwar auch von Vertretern aller damals hier im Haus ertretenen Fraktionen. Herr Gröhe, Herr Kues, Herr ltmaier – sein Name wurde bereits erwähnt –, Max tadler und Frau Leutheusser-Schnarrenberger gehörten enauso zu den Unterzeichnern wie vom Bündnis 90/Die rünen beispielsweise Claudia Roth, Volker Beck, arieluise Beck und Josef Winkler sowie zahlreiche bgeordnete der SPD-Fraktion. Um es noch einmal klarzustellen: Es geht hier nicht arum, den illegalen Status von 100 000, 500 000 oder ielleicht sogar 1 Million in Deutschland lebenden ausändischen Menschen in einen dauerhaften legalen Staus zu überführen. Damit überforderten wir die Integraionskraft unserer Gesellschaft bei weitem. Außerdem ist u bedenken: Wenn wir noch ernsthaft über das Bleibeecht von sich lange und rechtmäßig in Deutschland aufaltenden ausländischen Menschen reden und streiten üssen, dann macht es erst recht keinen Sinn, sich noch edanken über den Status der Illegalen zu machen. Ers ere gehen logischerweise vor. Es ist klar, dass Menschen, die hier bei uns ohne Paiere leben und damit quasi wie im Mittelalter vogelfrei ind und die ohne Anspruch auf ein Mindestmaß an ilfe ganz allein auf sich gestellt sind, in einer schwierien Situation leben und nicht entdeckt werden wollen. err Grindel, ich glaube nicht, dass die Sorgen dieser enschen allein dadurch gegenstandslos werden, dass ie darauf vertrauen, dass deutsche Behörden – das war uasi der Duktus Ihrer Ausführungen in diesem Punkt – llemal zu langsam oder unfähig sind, um sie rechtzeitig u erwischen und abzuschieben. Was wir erreichen müssen, ist doch Folgendes: Wenn emand einen Unfall erleidet oder schwer erkrankt, dann raucht er ein Mindestmaß an medizinischer Versorung. Rüdiger Veit (Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Die kriegt er doch auch! Was zeichnen Sie denn für ein Bild, Herr Veit? Die bekommt er! – Gegenruf des Abg. Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


(Beifall bei der FDP)





(A) )


(B) )


Ärzte und Krankenschwestern, die den Betreffenden hel-
fen können oder helfen wollen, sollen nicht befürchten
müssen, dass sie sich strafrechtlicher Verfolgung ausset-
zen.

Herr Grindel und Herr Winkler, ich unterbreche un-
gern Ihren Dialog, aber ich komme genau zu den hand-
lungsleitenden Notwendigkeiten, die daraus für uns er-
wachsen. Wer sich in der Situation befindet, dass er
illegal hier arbeitet und dass ihm sein Arbeitgeber aus
niederträchtigen Gründen oder Unfähigkeit den Lohn
vorenthält,


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Dann kann er klagen!)


der muss vor das Arbeitsgericht gehen können, um dort
seinen Lohnanspruch einzuklagen,


(Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Kann er!)


ohne dass er Angst haben muss, das Arbeitsgericht
werde die Tatsache seines Aufenthalts und seiner Arbeit
den Ausländerbehörden vortragen. So ähnlich ist es mit
Sozialarbeitern, die sich sinnvollerweise um Familien
kümmern sollten, in denen Frauen, Kinder oder Jugend-
liche von Gewalt bedroht sind. Man könnte die Beispiele
fortführen.

Wir haben das – jetzt komme ich zu dem vielleicht
entscheidenden Punkt, an dem ich von dem abweiche,
was uns die Grünen vorschlagen – in der Tat sehr lange
Jahre, wie ich finde, verkürzt nur unter dem Gesichts-
punkt von Mitteilungspflichten und Strafbarkeit disku-
tiert. Es gehört aber mehr dazu. Ich komme gleich dazu.
Insoweit – das darf ich freundschaftlich und kollegial sa-
gen – ist der Antrag der Grünen ein Stück weit nach dem
Motto zu bewerten: Gut gemeint – das eint uns ja viel-
leicht alle – ist noch lange nicht gut gemacht bzw. nicht
gut genug gemacht.


(Zuruf von der CDU/CSU: So sind sie! – Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mach mal bessere Vorschläge!)


Was die Frage der Strafbarkeit angeht, so ist in der
Tat nach den Recherchen, die der wissenschaftliche
Dienst auf mein Betreiben hin angestellt hat, noch nie-
mand wegen Beihilfe zu illegalem Aufenthalt hier in
Deutschland verurteilt worden, wenn er nur aus humani-
tären Gründen geholfen hat. Ich erinnere daran, dass das
Strafverfahren, das in Bonn anhängig gewesen ist, einen
ganz anderen rechtlichen Hintergrund hatte, nämlich den
der Veruntreuung öffentlicher Gelder. Was hindert uns
denn daran, zum Beispiel in den vorläufigen Anwen-
dungshinweisen und dann später in den Verwaltungsvor-
schriften zum Aufenthaltsgesetz ausdrücklich klarzustel-
len, dass sich solche Personen nicht strafbar machen?
Dafür brauchen wir keine Gesetzesänderung. Das kann

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(C (D uch als Auslegungsmaßstab für andere, die es vielleicht päter interessiert, ob Strafbarkeit gegeben ist, dienen. Bei den Übermittlungspflichten sieht es anders aus. s gibt keinen systematischen Widerspruch dergestalt, ass, weil unsere Rechtsordnung in einer bestimmten eise auch mit Illegalen umgeht, konsequenterweise al es, was über sie in Deutschland bekannt wird, wem auch mmer mitgeteilt werden muss. Das ist unserer Rechtsrdnung nicht immanent. Sonst könnte es auch nicht ein, dass beispielsweise Krankenhäuser, Ärzte, Schwesern und alle Mitarbeiter der Verwaltungen schon heute usdrücklich im § 88 Aufenthaltsgesetz von dieser Überittlungspflicht ausgenommen worden sind. Deswegen reift an der Stelle der Antrag der Grünen zu einem erkzeug, dessen wir eigentlich nicht bedürfen. Anders st das allerdings bei Sozialämtern. Wenn bei diesen, zuächst einmal vorläufig, die Bewilligung zu einer notendigen medizinischen Behandlung eingeholt werden uss, dann trifft die Mitarbeiter in der Tat eine Melde flicht. Bei den Arbeitsgerichten ist das ähnlich. Lassen Sie mich jetzt zu den Jugendlichen und indern kommen, die ohne legalen Status in Deutsch and eine Schule oder einen Kindergarten besuchen sollen. Da ist das eigentliche Hindernis nicht die Meldeflicht der betroffenen Erzieher und Lehrer oder der chulverwaltung. Das eigentliche Hindernis ist, dass um Beispiel unser derzeit geltendes Recht, nämlich 6 Abs. 2 des Achten Sozialgesetzbuches, ausdrücklich iejenigen Kinder und Jugendlichen von Ansprüchen ach dem Kinderund Jugendhilferecht ausnimmt, deren ltern – das gilt damit auch für sie – keinen legalen Sta us haben bzw. die nicht wenigstens geduldet sind. Das st der eigentliche Punkt. Da müssen wir ansetzen und icht so sehr bei der Mitteilungspflicht. Was die Frage des Schulbesuchs angeht, verhält es ich, wie zum Beispiel in dem Buch von Alt und Fodor argelegt wurde, leider so: In den Länderverfassungen st der Anspruch auf Schulbesuch enthalten. Aber es gibt ine Reihe von Bundesländern, mindestens zwei oder rei, die diejenigen Jugendlichen und Kinder vom Anpruch auf Schulbesuch ausnehmen, die nicht über einen egalen Aufenthaltsstatus oder eine Duldung verfügen. Ich sage noch einmal: Auch hier greifen Regelungen, ie nur in Bezug auf Übermittlungspflichten vorgenomen werden, zu kurz. Wir müssen uns an die Landesge etzgeber und an die Landesregierungen wenden, um daür Sorge zu tragen, dass der Schulbesuch von Kindern llegaler nicht verhindert wird. Der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen ist nicht geignet, eine Sollbruchstelle der großen Koalition deutich zu machen – das unterschiedet ihn von Materien, die ir hier am 19. Januar 2006 beraten haben –, und er ärert die Sozialdemokraten an dieser Stelle auch nicht irklich. Ich kann nur sagen: Vertreter aller Fraktionen dieses arlaments sind durch jahrelange Diskussionen, etwa it der katholischen Kirche und deren Foren, verbun en. Daher haben wir jetzt jegliche Veranlassung, uns Rüdiger Veit dieses Themas anzunehmen. Insoweit mag der Antrag der Grünen ein willkommener Anlass sein, aber eben auch nicht mehr. Im Koalitionsvertrag ist ein Prüfauftrag vereinbart. Wie meine Darlegungen von vorhin gezeigt haben, ist dieser Prüfauftrag auch erforderlich, weil der Anspruch, den wir an uns selber stellen müssen, wesentlich über die Frage der Übermittlungspflichten und der Strafbarkeit hinausgeht. Es gibt also konstruktive Ansätze für ein gemeinsames Vorgehen. Ich erlaube mir, vorzuschlagen – ich hoffe sehr auf die Zustimmung aller hier vertretenen Fraktionen –, die Behandlung dieses Problems durch eine entsprechende Sachverständigenanhörung im Innenausschuss umfassend vorzubereiten, um den Gesamtkomplex zu erfassen und uns endlich von der Verengung auf den Aspekt der Mitteilungspflichten und auf den der Strafbarkeitsvoraussetzungen zu befreien. Zumindest diesen Anspruch sollten wir an uns selbst stellen. (Reinhard Grindel [CDU/CSU]: In unserem Koalitionsvertrag steht etwas von „evaluativ“!)





(A) )


(B) )


Ich bin froh, dass auch unser neuer Koalitionspartner
diese Notwendigkeit ausdrücklich anerkannt hat. Wir
sollten uns auf den Weg machen.

Danke schön.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601625300

Als letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt

erteile ich das Wort der Kollegin Sevim Dagdelen von
der Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID1601625400

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und

Kollegen! Wenn es um die Situation von Menschen ohne
Aufenthalt geht, befindet sich Deutschland weitab von
den Entwicklungen in anderen europäischen Ländern,
wie auch hier bereits ausgeführt wurde. In keinem ande-
ren europäischen Land schweigen Politiker derart hart-
näckig über das Faktum, dass in ihrer Gesellschaft eine
halbe bis 1 Million Menschen illegal leben und arbeiten.
Und in keinem anderen europäischen Land begegnet die
Politik diesem Problem ausschließlich mit polizeilichen
und aufenthaltsrechtlichen Maßnahmen.

Deutschland ist meines Erachtens dazu verpflichtet,
die in internationalen Konventionen verbrieften sozialen
Menschenrechte auch für Menschen ohne Aufenthalt
faktisch durchsetzbar zu machen.


(Beifall bei der LINKEN)


Das Argument, man könne den verbotenen Aufenthalt
von Illegalisierten nicht materiell absichern, leugnet
meines Erachtens den Charakter der Menschenrechte;
diese gelten nämlich immer noch voraussetzungslos. Die

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inhaltung von Menschenrechten kann also nicht an das
orhandensein eines Aufenthaltstitels geknüpft sein.

Das Anliegen des vorliegenden Gesetzentwurfs ist
eswegen ausdrücklich zu begrüßen. Richtig und längst
berfällig ist es, die Beihilfe zum humanitären Aufent-
alt zu entkriminalisieren und die Meldepflicht für öf-
entliche Stellen abzuschaffen. Sie ist eine Denunzia-
ionsverpflichtung für Schuldirektoren und für Richter.

Anders als die Vorredner deutlich gemacht haben,
eist der Entwurf allerdings erhebliche Mängel auf. Er
nüpft eine Aufenthaltserlaubnis für Opfer von Men-
chenhandel, Zwangsprostitution und Zwangsarbeit da-
an, dass die betroffene Person für die strafrechtliche Er-
ittlung nützliche Aussagen liefern kann. Hier wird das
chicksal der Menschen von der Beweislage abhängig
emacht.

Ferner wird nicht sichergestellt, dass Betroffene ihren
ufenthaltstitel nach Beendigung des Gerichtsverfah-

ens nicht wieder verlieren. Im Falle einer Aussage ge-
en ihre Misshandler befürchten die Betroffenen näm-
ich oftmals Repressalien, wenn sie nach einem Prozess
n ihre Herkunftsländer zurückkehren. Auch deshalb ha-
en sie Angst vor der Zusammenarbeit mit den Behör-
en hier. So eröffnet der Entwurf für die Betroffenen
icht die Möglichkeiten, die er ihnen verspricht: die In-
nspruchnahme ihrer Rechte.

In der Begründung ist von der „Pflicht des Staates“
ie Rede – das ist auch hier deutlich gemacht worden –,
llegale Einwanderung und illegalen Aufenthalt zu be-
ämpfen. Eine solche Pflicht gibt es nicht. Man findet
ie auch nicht im Grundgesetz. Allenfalls gilt die Ver-
flichtung des Staates nach Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz,
ie Menschenrechte zu achten, zu schützen und auch die
ozialen Menschenrechte in Verbindung mit dem Sozial-
taatsprinzip durchsetzbar zu machen.

Die Bundestagsfraktion Die Linke hält es für längst
berfällig, dass Menschen ohne Aufenthalt endlich die
hnen zustehenden sozialen Menschenrechte in An-
pruch nehmen können. Wir sehen es ebenfalls als unab-
ingbar an, diesen Menschen auch eine Perspektive auf
ine Legalisierung ihrer Existenz zu eröffnen. Für mich
ilt der Grundsatz: Kein Mensch ist illegal.


(Beifall bei der LINKEN)


Von Politikern heißt es oft, die Menschen in Deutsch-
and seien für Legalisierungen wie in anderen europäi-
chen Ländern nicht reif. Aber da täuschen sie sich.
iele Menschen ohne Aufenthalt leben seit drei, fünf
der sogar zehn Jahren mitten in unserer Gesellschaft.
hne die vielfältige Unterstützung, die sie meist heim-

ich von weiten Teilen der Gesellschaft – von Kirchen-
erbänden, Migrantencommunities, Nachbarn oder auch
rzten – erfahren, wäre ein Leben in dieser Illegalität
icht möglich.

Diese Unterstützung ist aber nicht nur Ausdruck einer
umanitären Solidarität. Diese Menschen und mit ihnen
iele Kommunen und Städte in Deutschland haben






(A) (C)



(B) (D)


Sevim Dagdelen

begriffen, dass man problembezogen und auch realitäts-
nah handeln muss, statt vor der Situation von Illegali-
sierten die Augen zu verschließen.

Ich bedanke mich.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1601625500

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent-
wurfs auf Drucksache 16/445 an die in der Tagesord-

nung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es
anderweitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann
ist die Überweisung so beschlossen.

Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages-
ordnung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destages auf morgen, Freitag, den 10. Februar 2006,
9 Uhr, ein.

Die Sitzung ist geschlossen.