Protokoll:
17020

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 17

  • date_rangeSitzungsnummer: 20

  • date_rangeDatum: 29. Januar 2010

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  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 15:09 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 17/20 BMF . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bettina Hagedorn (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Claudia Winterstein (FDP) . . . . . . . . . . . . Kathrin Senger-Schäfer (DIE LINKE) . . . . . . Markus Kurth (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Georg Schirmbeck (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Ewald Schurer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Johannes Vogel (Lüdenscheid) (FDP) . . . . . . Matthias W. Birkwald (DIE LINKE) . . . . . . . Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stefanie Vogelsang (CDU/CSU) . . . . . . . . . . weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Die Lasten der Krise gerecht verteilen, Spekulationen eindämmen – Internationale Finanztransaktion- steuer einführen (Drucksache 17/527) . . . . . . . . . . . . . . . . c) Antrag der Abgeordneten Dr. Axel Troost, Dr. Barbara Höll, Eva Bulling-Schröter, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Finanztransaktionsteuer international vorantreiben und national einführen (Drucksache 17/518) . . . . . . . . . . . . . . . . Joachim Poß (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Leo Dautzenberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Dr. Axel Troost (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . 1737 C 1739 B 1741 D 1743 C 1744 C 1746 A 1747 B 1748 C 1750 A 1751 A 1751 D 1757 B 1757 C 1757 C 1759 B 1761 D Deutscher B Stenografisch 20. Sitz Berlin, Freitag, den 2 I n h a l Tagesordnungspunkt 18: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Stabilisierung der Finanzlage der Sozialversicherungssysteme und zur Einführung eines Sonderprogramms mit Maßnahmen für Milchviehhalter sowie zur Änderung anderer Gesetze (Sozialversicherungs-Stabilisierungsge- setz – SozVersStabG) (Drucksache 17/507) . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Fraktion DIE LINKE: Versi- cherte in der Krise schützen – Finanz- situation der gesetzlichen Krankenver- sicherung und der Bundesagentur für Arbeit entschärfen (Drucksache 17/495) . . . . . . . . . . . . . . . . . Steffen Kampeter, Parl. Staatssekretär D D P T a b 1737 A 1737 B Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD) . . . . . . . . . . . . Georg Schirmbeck (CDU/CSU) . . . . . . . . 1752 D 1753 D undestag er Bericht ung 9. Januar 2010 t : r. Christel Happach-Kasan (FDP) . . . . . . . . r. Wilhelm Priesmeier (SPD) . . . . . . . . . . . . aul Lehrieder (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . Matthias W. Birkwald (DIE LINKE) . . . . agesordnungspunkt 19: ) Antrag der Abgeordneten Nicolette Kressl, Joachim Poß, Ingrid Arndt-Brauer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Maßnahmenbündel gegen Spe- kulationen auf den Finanzmärkten und ungerechtfertigte Banker-Boni (Drucksache 17/526) . . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Dr. Carsten Sieling, Nicolette Kressl, Joachim Poß, 1754 C 1755 A 1755 B 1756 C 1757 A Frank Schäffler (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Barbara Hendricks (SPD) . . . . . . . . . . 1764 A 1765 C II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 20. Sitzung. Berlin, Freitag, den 29. Januar 2010 Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Carsten Sieling (SPD) . . . . . . . . . . . . . Frank Schäffler (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. h. c. Hans Michelbach (CDU/CSU) . . . . . Dr. Barbara Hendricks (SPD) . . . . . . . . . . Joachim Poß (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Carsten Sieling (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Leo Dautzenberg (CDU/CSU) . . . . . . . . . . Björn Sänger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Barbara Hendricks (SPD) . . . . . . . . . . Dr. Sascha Raabe (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . Björn Sänger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ralph Brinkhaus (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 20: Antrag der Abgeordneten Dr. Barbara Höll, Dr. Axel Troost, Richard Pitterle, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: Vermögensteuer als Millionärsteuer wieder erheben (Drucksache 17/453) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Harald Koch (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . Christian Freiherr von Stetten (CDU/CSU) . . . Nicolette Kressl (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Volker Wissing (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . Lisa Paus (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 21: a) Erste Beratung des von den Abgeordneten Volker Beck (Köln), Jerzy Montag, Kai Gehring, weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Arti- kel 3 Absatz 3 Satz 1) (Drucksache 17/88) . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines … Ge- setzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 3 Absatz 3 Satz 1) (Drucksache 17/254) . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Erste Beratung des von den Abgeordneten Dr. Barbara Höll, Cornelia Möhring, Matthias W. Birkwald, weiteren Abgeord- neten und der Fraktion DIE LINKE einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Än- derung des Grundgesetzes (Artikel 3 Absatz 3 Satz 1) (Drucksache 17/472) . . . . . . . . . . . . . . . . . V D C M C M D D V D Z A B d B c F S D U K J D J D D S R N A L A A 1766 A 1767 D 1768 D 1770 A 1771 C 1773 B 1774 A 1774 C 1778 B 1778 D 1780 A 1780 C 1780 D 1783 B 1783 C 1784 B 1786 C 1788 A 1789 D 1791 A 1791 B 1791 B olker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Jan-Marco Luczak (CDU/CSU) . . . . . . . . Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . hristine Lambrecht (SPD) . . . . . . . . . . . . . . arco Buschmann (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . hristine Lambrecht (SPD) . . . . . . . . . . . . . . arco Buschmann (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . r. Barbara Höll (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . r. Stephan Harbarth (CDU/CSU) . . . . . . . . . olker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Stephan Harbarth (CDU/CSU) . . . . . . . . . usatztagesordnungspunkt 2: ktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion ÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Einstieg in ie Kopfpauschale – Weniger Netto vom rutto für die Beitragszahler der gesetzli- hen Krankenversicherung . . . . . . . . . . . . . ritz Kuhn (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . tephan Stracke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . r. Karl Lauterbach (SPD) . . . . . . . . . . . . . . lrike Flach (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . athrin Vogler (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . ens Spahn (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Carola Reimann (SPD) . . . . . . . . . . . . . . ens Ackermann (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . r. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ietrich Monstadt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . teffen-Claudio Lemme (SPD) . . . . . . . . . . . udolf Henke (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . ächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . nlage 1 iste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . nlage 2 mtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1791 C 1792 C 1794 A 1795 A 1796 A 1797 A 1797 B 1797 C 1798 C 1800 A 1800 B 1800 D 1800 D 1802 A 1803 A 1804 B 1805 C 1806 D 1808 A 1809 B 1810 B 1811 B 1812 C 1814 A 1815 C 1817 A 1818 A Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 20. Sitzung. Berlin, Freitag, den 29. Januar 2010 1737 (A) ) (B) ) 20. Sitz Berlin, Freitag, den 2 Beginn: 9.0
  • folderAnlagen
    Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 20. Sitzung. Berlin, Freitag, den 29. Januar 2010 1817 (A) ) (B) ) für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver-Kopp, Gudrun FDP 29.01.2010 sammlung des Europarates * Koenigs, Thomas BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 29.01.2010 Zimmermann, Sabine DIE LINKE 29.01.2010 Anlage 1 Liste der entschuldigte Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Andreae, Kerstin BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 29.01.2010 Bätzing, Sabine SPD 29.01.2010 Barnett, Doris SPD 29.01.2010* Bögel, Claudia FDP 29.01.2010 Brüderle, Rainer FDP 29.01.2010 Buchholz, Christine DIE LINKE 29.01.2010 Ernst, Klaus DIE LINKE 29.01.2010 Ernstberger, Petra SPD 29.01.2010 Fischer (Göttingen), Hartwig CDU/CSU 29.01.2010 Fischer (Karlsruhe- Land), Axel E. CDU/CSU 29.01.2010* Fritz, Erich G. CDU/CSU 29.01.2010* Dr. Fuchs, Michael CDU/CSU 29.01.2010 Gerster, Martin SPD 29.01.2010 Glos, Michael CDU/CSU 29.01.2010 Göring-Eckardt, Katrin BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 29.01.2010 Dr. Freiherr zu Guttenberg, Karl-Theodor CDU/CSU 29.01.2010 Hartmann (Wackernheim), Michael SPD 29.01.2010 Herlitzius, Bettina BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 29.01.2010 Hübinger, Anette CDU/CSU 29.01.2010* Hunko, Andrej Konstantin DIE LINKE 29.01.2010* Klöckner, Julia CDU/CSU 29.01.2010 K L L L D L D D M N N P S S D S D S T T W D A (C (D Anlagen zum Stenografischen Bericht n Abgeordneten ossendey, Thomas CDU/CSU 29.01.2010 afontaine, Oskar DIE LINKE 29.01.2010 azar, Monika BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 29.01.2010 enkert, Ralph DIE LINKE 29.01.2010 r. von der Leyen, Ursula CDU/CSU 29.01.2010 indemann, Lars FDP 29.01.2010 r. Lotter, Erwin FDP 29.01.2010 r. de Maizière, Thomas CDU/CSU 29.01.2010 alczak, Agnes BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 29.01.2010 ešković, Wolfgang DIE LINKE 29.01.2010 oll, Michaela CDU/CSU 29.01.2010 flug, Johannes SPD 29.01.2010 chäfer (Bochum), Axel SPD 29.01.2010 charfenberg, Elisabeth BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 29.01.2010 r. Schui, Herbert DIE LINKE 29.01.2010 chuster, Marina FDP 29.01.2010* r. Schwanholz, Martin SPD 29.01.2010 tröbele, Hans-Christian BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 29.01.2010 empel, Frank DIE LINKE 29.01.2010 rittin, Jürgen BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 29.01.2010 erner, Katrin DIE LINKE 29.01.2010 r. Westerwelle, Guido FDP 29.01.2010 bgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich 1818 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 20. Sitzung. Berlin, Freitag, den 29. Januar 2010 (A) (C) (B) (D) Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Die Vorsitzende des Haushaltsausschusses hat mitge- teilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Absatz 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: – Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushaltsführung 2009 Mitteilung gemäß § 37 Absatz 4 der Bundeshaushalts- ordnung über die Einwilligung in eine überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 12 25 Titel 632 01 – Wohngeld nach dem Wohngeldgesetz – bis zur Höhe von 12,61 Millio- nen Euro – Drucksachen 17/416, 17/503 Nr. 1.4 – – Unterrichtung durch die Bundesregierung Haushaltsführung 2009 Mitteilung gemäß § 37 Absatz 4 der Bundeshaushalts- ordnung über die Einwilligung in eine überplanmäßige Ausgabe bei Kapitel 17 10 Titel 632 07 – Ausgaben nach § 8 Absatz 2 des Unterhaltsvorschussgesetzes – bis zur Höhe von 17 Millionen Euro – Drucksachen 17/417, 17/503 Nr. 1.5 – - 91, 1 0, T 7980 20. Sitzung Berlin, Freitag, den 29. Januar 2010 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2
Gesamtes Protokol
Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1702000000

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

Sitzung ist eröffnet.

Der Ältestenrat hat sich in seiner gestrigen Sitzung
darauf verständigt, die Frist für die Einreichung von Fra-
gen für die Fragestunde am Dienstag, dem 9. Februar
2010, auf Donnerstag, den 4. Februar 2010, 10 Uhr, vor-
zuverlegen. Sind Sie damit einverstanden? – Ich höre
keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 18 a und 18 b auf:

a) Erste Beratung des von der Bundesregierung einge-
brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stabilisierung
der Finanzlage der Sozialversicherungssysteme
und zur Einführung eines Sonderprogramms mit
Maßnahmen für Milchviehhalter sowie zur Än-

(SozialversicherungsStabilisierungsgesetz – SozVersStabG)


– Drucksache 17/507 –
Überweisungsvorschlag:
Haushaltsausschuss (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Gesundheit

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Redet
b) Beratung des Antrags der Fraktion DIE LINKE

Versicherte in der Krise schützen – Finanzsitua-
tion der gesetzlichen Krankenversicherung
und der Bundesagentur für Arbeit entschärfen

– Drucksache 17/495 –
Überweisungsvorschlag:
Haushaltsausschuss (f)

Finanzausschuss
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für Arbeit und Soziales
Ausschuss für Gesundheit

Nach einer interfraktionellen Vereinbarun
die Aussprache eineinhalb Stunden vorgeseh
höre dazu keinen Widerspruch. Dann ist das so
sen.

(C (D ung 9. Januar 2010 0 Uhr Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Parlamenrischen Staatssekretär Steffen Kampeter das Wort. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


S
Steffen Kampeter (CDU):
Rede ID: ID1702000100


Guten Morgen, Herr Präsident! Meine sehr verehrten
amen und Herren! Die soziale Marktwirtschaft als die
irtschafts- und Gesellschaftsordnung der Bundesrepu-

lik ist keine Schönwetterveranstaltung. Sie hat sich in
rer mehr als 60-jährigen Geschichte vor allen Dingen

ei großen Herausforderungen bewährt. Dabei kam es
ns allen zugute, dass unsere Wirtschafts- und Gesell-
chaftsordnung kein statisches System ist, sondern sich
tändig fortentwickelt hat.

Der Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg
ar die Geburtsstunde und zugleich die erste Bewäh-
ngsprobe einer Ordnung, die Freiheit und Verantwor-
ng miteinander verknüpft. Sie hat wesentlich dazu bei-

etragen, dass viele von dieser Phase als der Zeit des
irtschaftswunders sprechen. Diese Ordnung hat Staat

nd Markt so miteinander verknüpft, dass die Verhei-
ung vom „Wohlstand für alle“ sich nicht lediglich für
enige erfüllte.

ext
Die Wiedervereinigung war eine große Bewährungs-
probe, aber auch eine Bestätigung für das Konzept der
sozialen Marktwirtschaft, in dem Maß und Mitte eine
zentrale Rolle spielen. Mit der Wirtschafts-, Währungs-
und Sozialunion wurde die soziale Marktwirtschaft als
die Ordnung für das gesamte Deutschland fortentwi-
ckelt. In einer beispiellosen Solidaritätsaktion wurden
die Folgekosten des Sozialismus übernommen und der
Grundstein für eine Erfolgsgeschichte der Ideen von
Ludwig Erhard, Wilhelm Röpke und Alfred Müller-
Armack gelegt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


eiten der beiden ersten großen Heraus-
serer Ordnung ist es wiederum eine
le Regierung, die die soziale Marktwirt-
stab für ihre Handlungen in der Krise
g sind für
en. – Ich
beschlos-

Wie zu den Z
forderungen un
christlich-libera
schaft als Maß






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Steffen Kampeter
nimmt, dieses Mal für die Wiedererlangung von Wachs-
tum und Stabilität nach der weltweit größten Wirt-
schafts- und Finanzkrise nach dem Zweiten Weltkrieg.
Die Rezession ist vorbei; die Gefahr von Rückschlägen
kann jedoch nicht ausgeschlossen werden. In jedem
Falle sind die Krisenfolgen allerorten noch deutlich
spürbar. Dies gilt nicht nur für die Finanzmärkte, die
durch eine internationale Aktion stabilisiert wurden; dies
gilt auch für die sozialen Sicherungssysteme, die krisen-
bedingt unter einem erheblichen Stress stehen.

Wir, die christlich-liberale Regierung, wollen die An-
passungslasten in den sozialen Sicherungssystemen
nicht ausschließlich den Beitragszahlern aufbürden. In
einer sozialen Marktwirtschaft, so wie wir sie verstehen,
gilt es jetzt, Beschäftigung und die sozialen Sicherungs-
systeme in einer gleichwohl ungewöhnlichen Solidari-
tätsaktion zu stabilisieren. Diesem Ziel, dieser Fortent-
wicklung der sozialen Marktwirtschaft, dient der heute
eingebrachte Gesetzentwurf.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir wollen konjunktur- bzw. krisenbedingte Minder-
einnahmen in der Arbeitslosenversicherung und in der
gesetzlichen Krankenversicherung mit Steuermitteln
auffangen und damit sowohl die Lohnzusatzkosten als
auch die Nettoeinkünfte der sozialversicherungspflichtig
Beschäftigten stabilisieren. Das heißt, im Bereich der
Bundesagentur für Arbeit soll das nach bisheriger
Rechtslage im Haushaltsjahr 2010 zu gewährende Darle-
hen in einen Zuschuss an die Bundesagentur umgewan-
delt werden.

Der Regierungsentwurf zum Bundeshaushalt 2010
sieht hierfür einen Betrag in Höhe von 16 Milliarden
Euro vor. Ausschlaggebend ist: Ohne diesen Zuschuss
des Bundes müsste der Beitragssatz zur Arbeitslosenver-
sicherung spürbar erhöht werden. Nur so würde die Bun-
desagentur für Arbeit in die Lage versetzt werden, das
sonst notwendige Darlehen zeitnah zurückzuzahlen. Ich
bin sicher, dass Sie meine Meinung teilen: Eine signifi-
kante Erhöhung des Beitragssatzes zur Arbeitslosenver-
sicherung wäre in der gegenwärtigen arbeitsmarkt- und
konjunkturpolitischen Lage gelinde gesagt mehr als kon-
traproduktiv. Sie gilt es zu vermeiden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Joachim Poß [SPD]: Warten wir mal ab!)


Im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung
soll der Gesundheitsfonds im laufenden Jahr einen ein-
maligen zusätzlichen Zuschuss in Höhe von 3,9 Milliar-
den Euro erhalten. Ohne diesen einmaligen Zuschuss zur
Kompensation krisenbedingter Einnahmeausfälle im Be-
reich der gesetzlichen Krankenversicherung würde sich
der Druck auf die gesetzlichen Krankenkassen – Stich-
wort Zusatzbeiträge – noch weiter erhöhen, als es zum
gegenwärtigen Zeitpunkt bedauerlicherweise der Fall ist.

Unter Berücksichtigung dieses zusätzlichen Zuschus-
ses erhält der Gesundheitsfonds im laufenden Jahr Zu-
schüsse aus dem Bundeshaushalt in Höhe von fast
16 Milliarden Euro; das sind rund 5 Prozent der von der
Regierung veranschlagten Ausgaben für das Jahr 2010.
Nehmen wir die Bereiche Arbeitslosenversicherung und

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(C (D esetzliche Krankenversicherung zusammen, wird deutch, dass jeder zehnte Euro dieses Bundeshaushalts für aßnahmen zur Stabilisierung der Beiträge in den sozian Sicherungssystemen ausgegeben wird. Das zeigt, wo erzeit der Schwerpunkt unserer Aktivitäten als Reakon auf die Finanzmarktkrise liegt. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Zur Unterstützung der milcherzeugenden Land-
irte schaffen wir einen Ausgleich der konjunkturell be-
ingt schwierigen Einnahme- bzw. Liquiditätssituation
er deutschen Landwirte. Es geht auch darum, im Sinne
iner nachhaltigen Entwicklung leistungsfähige Betriebe
m Markt zu erhalten. Uns ist es besonders wichtig, die
ilchproduktion an sogenannten Grünlandstandorten zu

ewahren. Auf Grünland besteht häufig keine Alterna-
ve zur Milchproduktion. Gleichzeitig ist Grünland aus
kologischen, aber auch aus landschaftskulturellen As-
ekten ein Milcherzeugungsstandort, der in der gegen-
ärtig schwierigen Situation auch unter konjunkturellen
esichtspunkten einer besonderen Beachtung bedarf.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Neben dem Grünlandmilchprogramm, dessen wesent-
cher Bestandteil das Milchsonderprogramm ist und für
as der Bund im laufenden Jahr ungefähr 300 Millionen
uro aufbringt, wird der Bereich Landwirtschaft mit
eiteren Maßnahmen unterstützt. Wir stabilisieren durch

inen Zuschuss die landwirtschaftliche Unfallversi-
herung. Zudem gibt es Liquiditätshilfen für Landwirte.

Jahr 2010 sind für die Landwirtschaft insgesamt
25 Millionen Euro zusätzlich vorgesehen. Es bleibt bei
nserer Festlegung, die wir im Koalitionsvertrag getrof-
n haben: Wir werden den Bereich der Landwirtschaft
diesem und im kommenden Jahr auf Initiative der
undeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner mit insge-

amt 750 Millionen Euro zusätzlich unterstützen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Neben diesen drei finanziellen Unterstützungsmaß-
ahmen enthält der Entwurf dieses Gesetzes auch Ände-
ngen im Bereich der Arbeitsmarktpolitik; denn soziale
arktwirtschaft bedeutet auch, in dieser Krisensituation

ie Lebensleistung der Menschen zu berücksichtigen.
onkret: Wir verdreifachen das Schonvermögen für
angzeitarbeitslose von 250 auf 750 Euro pro Lebens-
hr.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


ie Menschen, die infolge der Finanz- und Wirtschafts-
rise ihre Arbeit verlieren, sollen nicht gezwungen sein,
re private Altersvorsorge aufzulösen, um damit ihren
ebensunterhalt zu finanzieren, und dies im schlimms-
n Fall mit der möglichen Folge, dass sie im Alter un-
rstützungsbedürftig werden. Demgegenüber erfordert
ie von uns vorgeschlagene gerechtere Vermögensan-
chnung mehr Eigenverantwortung. Sie ist ein wichti-

er Beitrag zur Vermeidung von Altersarmut. Sie stärkt
allen Bevölkerungsgruppen die Anreize, für das Alter






(A) )



(B) )


Parl. Staatssekretär Steffen Kampeter
vorzusorgen. Sie ist gelebte soziale Marktwirtschaft, so
wie sie die christlich-liberale Koalition versteht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Bundesminister Schäuble hat bereits in der vergange-
nen Haushaltswoche bekräftigt: Der Bundeshaushalt
2010 ist ein wichtiger und zentraler Meilenstein zur Über-
windung der Finanz- und Wirtschaftskrise. Wir schreiben
die Konjunkturpakete I und II und das Bürgerentlas-
tungsgesetz fort, und wir entwickeln das Sofortpro-
gramm der christlich-liberalen Koalition weiter. Aber erst
mit dem Inkrafttreten des heute vorgelegten Entwurfs des
Sozialversicherungs-Stabilisierungsgesetzes können die
Maßnahmen tatsächlich umgesetzt werden. Der Bundes-
haushalt auf der einen und dieses Gesetz auf der anderen
Seite sind eng miteinander verzahnt.

Beide tragen dazu bei, dass die Lasten bei der Bewäl-
tigung der großen Finanz- und Wirtschaftskrise nicht
einseitig und ungerecht verteilt werden.

Zulasten der öffentlichen Haushalte haben wir das
Überleben des Finanzsektors unseres Landes gesichert.
Jetzt wollen wir der Gesamtheit der Beitragszahler zu
den sozialen Sicherungssystemen in einer entsprechen-
den Weise Teile der Lasten abnehmen. Das ist die Ziel-
setzung dieses Gesetzesvorhabens.

So richtig und wichtig es ist, in der gegenwärtigen
Krise zu stabilisieren, so richtig und wichtig ist es auch,
auf eine konsistente und geordnete Strategie für den
Ausstieg aus den staatlichen Stabilisierungsmaßnahmen
zu achten und diese – das haben wir angekündigt – ent-
schieden durchzusetzen. Das heißt auch: Wir müssen uns
jetzt mit Bedacht mit den Strukturen des Bundeshaushal-
tes und mit den Strukturen unserer sozialen Sicherungs-
systeme beschäftigen. Wir müssen gerade im Hinblick
auf die neue Schuldenregel im Grundgesetz ganz genau
hinschauen: Wo gibt es Ineffizienzen? Was können wir
besser machen? Wo besteht über dieses Gesetz hinaus
ordnungspolitischer Handlungsbedarf?

Dabei ist für uns die soziale Marktwirtschaft im
21. Jahrhundert Maßstab des Handelns zur Wiedererlan-
gung von Wachstum und Stabilität.

Das bedeutet für diese Bundesregierung: Wir lassen
die Menschen nicht im Stich. Konsolidierung und Ge-
rechtigkeit sind kein Widerspruch, nein, sie bedingen
einander. Auf unsere Wirtschaftsordnung, die sich in der
Krise so handlungs- und reaktionsfähig zeigt, sollten wir
stolz sein. In diesem Sinne werbe ich um die Zustim-
mung zu diesem Gesetz.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1702000200

Das Wort hat nun Bettina Hagedorn für die SPD-

Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Bettina Hagedorn (SPD):
Rede ID: ID1702000300

Verehrter Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kolle-

gen! Herr Kollege Kampeter, ich bin Ihnen eigentlich

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(C (D ehr dankbar dafür, dass Sie gerade darauf hingewiesen aben, dass zwischen diesem Gesetzentwurf und dem ntwurf für den Bundeshaushalt 2010, über den wir hier or einer Woche diskutiert haben, eine enge Verzahnung esteht. Allerdings meine ich das ganz anders, als Sie as gerade suggeriert haben. Es ist nämlich so: Wenn man sich den Regierungsenturf für den Bundeshaushalt 2010 genau anschaut, dann önnte man zu der Erkenntnis kommen, dass sich in dieem Gesetz ein Zuschuss der Steuerzahler an verschieene Gruppen der Gesellschaft, vor allen Dingen aber an ie BA und den Gesundheitsfonds von 20,6 Milliarden uro verbirgt. Das ist aber nicht so. Um das zu erkennen, uss man das Kleingedruckte in diesem Gesetzentwurf sen. In Wahrheit werden wir am Ende dieses Haushaltshres gemeinsam feststellen, dass es ungefähr, wenn berhaupt, 14 Milliarden Euro sein werden. Die 6 Millirden Euro Differenz, die dazwischenliegen, werden nur ei einem Träger eingespart, so werden Sie es jedenfalls ennen – Sie werden von „Einsparungen“ reden –, und as wird die Bundesagentur für Arbeit sein. Wenn irendeiner von den Kollegen hier das nicht so ganz nachollziehen kann, bin ich gerne bereit, ihm das auf Nachage näher zu erläutern. (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Machen Sie mal! – Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Machen Sie mal!)


Wir reden heute über den Entwurf eines Gesetzes mit
em prägnanten, aber leicht irreführenden Titel „Sozial-
ersicherungs-Stabilisierungsgesetz“. Die Gesetzesbe-
ründung gibt vor, die in der Wirtschaftskrise notleiden-
en sozialen Sicherungssysteme bei Arbeitslosigkeit und
rankheit jeweils mit einem einmaligen Steuerzuschuss

bsichern zu wollen – ich sprach schon davon:
0 Milliarden Euro sollen es laut Haushaltsentwurf der
egierung sein –, um Beitragserhöhungen mitten in der
rise zu vermeiden und die Lohnnebenkosten stabil zu
alten. Ein prinzipiell guter und richtiger Gedanke, dem
ich auch die SPD prinzipiell sofort anschließen kann.

Aber Achtung: Nur weil jemand einen richtigen Ge-
anken zu haben vorgibt oder ein richtiges Ziel wie eine
onstranz vor sich herträgt, will er noch lange nicht die

chtigen Instrumente gesetzlich festlegen, um dieses
iel auch tatsächlich zu erreichen.


(Beifall bei der SPD)


Mit den Namen von Gesetzen ist es bei dieser
chwarz-gelben Koalition ja so eine Sache, wie wir
chon in den ersten Regierungsmonaten lernen mussten.
uf der Verpackung steht manchmal etwas ganz ande-
s, als drin ist.


(Beifall bei der SPD)


emeinhin ist dieser Tatbestand als Etikettenschwindel
ekannt. Das war schon beim Wachstumsbeschleuni-
ungsgesetz so,


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Sehr gutes Gesetz!)







(A) )



(B) )


Bettina Hagedorn
von dem alle Sachverständigen der Republik überein-
stimmend sagen, dass es weder zu wirtschaftlichem
Wachstum führt noch dieses etwa beschleunigt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der FDP: Nach vier Wochen?)


Schuldenbeschleunigungsgesetz oder Hotelierförderge-
setz wären zutreffendere Namen.


(Beifall bei der SPD – Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Jetzt muss was zu der Spendenpraxis kommen! Das gehört zusammen!)


Wie dem auch sei, wer keinem Etikettenschwindel auf-
sitzen will, der ist gut beraten, sich den Inhalt kritisch
anzuschauen und auch das Kleingedruckte zu lesen.

Was also steckt im sogenannten Sozialversicherungs-
Stabilisierungsgesetz? Es steckt ein ganzer Bauchladen
drin, ein Maßnahmebündel, das teilweise gut und richtig
ist


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Immerhin! Stimmt alles!)


und teilweise in die falsche Richtung geht. Da ist zu-
nächst das Sonderprogramm für Milchviehhalter in
Höhe von knapp 200 Millionen Euro pro Jahr. Da sind
die Gründland- und die Kuhprämie, für die im Gesetz-
entwurf minutiös 54 Rinderarten aufgelistet sind. Das ist
sicherlich weder ein Beitrag zum Bürokratieabbau à la
FDP noch einer zur Stabilisierung der sozialen Siche-
rungssysteme.


(Beifall bei der SPD – Norbert Barthle [CDU/ CSU]: Aber für gesunde Kühe!)


Mein Kollege Wilhelm Priesmeier wird noch im Detail
darauf eingehen.

Als weitere Maßnahme sieht der Gesetzentwurf die
Verdreifachung des sogenannten Schonvermögens vor,
das Menschen, die Arbeitslosengeld II beziehen, zur
Vorsorge für das Alter absichern soll. Dieser Maßnahme
stimmt die SPD mit ganzem Herzen zu. Schade ist nur,
liebe Kollegen der CDU/CSU, dass Sie solche vernünfti-
gen sozialen Maßnahmen, solange wir gemeinsam re-
giert haben, stets blockierten und erst jetzt auf solche
vernünftigen Vorschläge kommen.


(Beifall bei der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wer war das?)


Das könnte mit dem sozialeren Teil Ihrer Partei und mit
bevorstehenden Wahlen in NRW zu tun haben. Ein
Schelm, der Böses dabei denkt! Wie dem auch sei, mit
dieser Maßnahme helfen wir zu Recht einer Bevölke-
rungsgruppe. Leider ist dies nur eine sehr kleine; denn
nach Zahlen der Bundesagentur für Arbeit aus dem drit-
ten Quartal 2009 können nur 0,2 Prozent der Antragstel-
ler auf Arbeitslosengeld II von dieser Regelung profitie-
ren. Immerhin, für diejenigen, die jahrzehntelang
gearbeitet, gespart oder geerbt haben und jetzt gerade in
der Krise – entgegen der Unterstellung von Ministerprä-
sident Koch meist trotz großer Bemühungen um einen
neuen Arbeitsplatz – ohne Chance auf einen Job bleiben,

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(C (D (Norbert Barthle [CDU/CSU]: Das kostet den Steuerzahler Jahr für Jahr Millionen!)


t es tröstlich und gerecht, dass ihnen dieser stattliche
etrag zur zusätzlichen Altersvorsorge bleibt.


(Beifall bei der SPD – Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Wenn jemand recht hat, dann ist das der Koch!)


Ferner sieht dieser Gesetzentwurf einen steuerfinan-
ierten einmaligen Zuschuss an die gesetzliche Kran-
enversicherung von 3,9 Milliarden Euro vor. Auch das
t eine grundsätzlich positive und richtige Maßnahme.
llerdings bleibt die Frage, warum in diesem Gesetzent-
urf krisenbedingte Einnahmeausfälle im Bereich Ge-

undheit in Höhe von 3,9 Milliarden Euro genannt wer-
en und bei der Bundesagentur für Arbeit der komplett
leiche Sachverhalt nicht mit einer klaren Zahl wie im
aushaltsentwurf, nämlich 16 Milliarden Euro, be-

chrieben wird, sondern mit einer ausgesprochen kom-
lizierten Formulierung. Dies wird automatisch dazu
hren, dass die Bundesagentur für Arbeit bis Ende die-

es Jahres ihre momentane Rücklage von 3 Milliarden
uro komplett plündern muss. Denn uns wurden niedri-
ere Arbeitslosenzahlen prognostiziert; dies wurde uns

Jahreswirtschaftsbericht diese Woche gezeigt.


(Joachim Poß [SPD]: Hört! Hört! – Elke Ferner [SPD]: Nachhaltigkeit!)


enn man das zugrunde legt, dann kommen wir auf ei-
en steuerfinanzierten Zuschuss an die BA nicht von
6 Milliarden Euro, wie Sie uns glauben machen wollen,
ondern von ungefähr 10 Milliarden Euro.


(Georg Schirmbeck etwas Schönes! Oder wollen wir das bedauern? Dass die Bundesagentur für Arbeit durch dieses Geetz gezwungen wird, ihre Rücklagen auf null zu chrauben, eröffnet ihr ganz schwierige Perspektiven für ie Jahre ab 2011. Es ist zu vermuten, dass diese Koalion das so will. Wenn die Bundesagentur für Arbeit in chwierige Zeiten kommt, lässt dies Übles befürchten insichtlich einer möglichen Anhebung des Arbeitsloenversicherungsbeitrages ab 2011. In dieser Koalition ird die BA als Steinbruch benutzt. Dafür kommt nur in Titel der Bundesagentur für Arbeit infrage: Das ist er Eingliederungstitel. Beim Eingliederungstitel geht es m nichts anderes als aktive Arbeitsmarktpolitik. Es ist der Finanzund Wirtschaftskrise und angesichts des rohenden Fachkräftemangels genau das falsche Signal, er BA die Möglichkeit zu nehmen, Instrumente einzuetzen, um die Arbeitslosigkeit zu vermeiden. Den Arbeitslosenversicherungsbeitrag haben wir in er Großen Koalition gemeinsam gesenkt. (Norbert Barthle [CDU/CSU]: Gegen den Widerstand der SPD!)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


s war durchaus das Ziel unserer gemeinsamen Bemü-
ungen, den Arbeitslosenversicherungsbeitrag von 6,5 Pro-
ent auf aktuell 2,8 Prozent zu senken. Dadurch sind Ar-






(A) )



(B) )


Bettina Hagedorn
beitnehmer und Arbeitgeber in den letzten Jahren um
70 Milliarden Euro entlastet worden.


(Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Das war richtig!)


Diese 70 Milliarden Euro haben dann aber logischer-
weise der Bundesagentur für Arbeit gefehlt.

Wenn Sie nicht ab 2011 wieder einen angemessenen
Arbeitslosenversicherungsbeitrag erheben oder Steuer-
zuschüsse über 2011 hinaus gewähren, werden Sie – das
wollen Sie offensichtlich – die aktive Arbeitsmarktpoli-
tik der Bundesagentur für Arbeit an die Wand fahren.


(Beifall bei der SPD – Zuruf von der CDU/ CSU: Was schlagen Sie vor?)


Das Problem ist doch: Der Zuschuss, über den hier heute
beraten wird, ist einmalig, das Defizit aber nicht.

Als Herr Weise im Dezember im Haushaltsausschuss
den Haushalt der Bundesagentur für Arbeit für 2010
vorgestellt hat, hat er, auf Nachfrage, auch gesagt, dass
die BA in Krisenzeiten wie den jetzigen, um auskömmli-
che Einnahmen zu haben, einen Arbeitslosenversiche-
rungsbeitrag von 4,5 Prozent bis 4,8 Prozent bräuchte.
Bei dem Berichterstattergespräch, das vor ein paar Tagen
im Bundesministerium für Arbeit stattfand – auch Frau
Winterstein und Herr Fischer waren dabei –, hat Herr
Weise gesagt: Auch wenn wir keine Krise hätten,
bräuchte er, um auskömmlich wirtschaften zu können,
einen Arbeitslosenversicherungsbeitrag von 3,25 Pro-
zent. Da der Arbeitslosenversicherungsbeitrag aber bei
2,8 Prozent liegt und der von Ihnen vorgeschlagene Zu-
schuss ein einmaliger Zuschuss sein soll, ist eines klar:
Dieses Gesetz trägt die Beitragserhöhung ab 2011 schon
in sich.


(Beifall bei der SPD)


Mehr netto vom Brutto entpuppt sich unter diesem
Gesichtspunkt als reine Augenwischerei.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Die Koalition hat dieses Ziel insbesondere im Wahl-
kampf wie eine Monstranz vor sich her getragen. In
Wahrheit wird mit den Differenzen zwischen Haushalt
und Gesetz, die ich gerade zu erläutern versucht habe,
der Wählerbetrug offenbar. Was Sie ab 2011 machen, be-
deutet doch nichts anderes, als dass – das ist hier ange-
legt – der Arbeitslosenversicherungsbeitrag massiv stei-
gen muss. Sie wollen es nur noch nicht zugeben, vor
allen Dingen nicht vor der Wahl in NRW.

Den Gesundheitsbereich stützen Sie einmalig mit
3,9 Milliarden Euro aus Steuermitteln. Ab 2011 wollen
Sie aber die Arbeitgeberbeiträge deckeln. Auch das
geht zulasten der Arbeitnehmer; denn in dieser Maß-
nahme ist versteckt, dass die Zusatzbeiträge – im Mo-
ment ist davon die Rede, dass ein Zusatzbeitrag von
8 Euro erhoben werden soll – massiv steigen müssen.
Hinzu kommt, dass Sie wollen, dass auch für die Pflege
privat vorgesorgt wird. Rechnet man all das zusammen,
erkennt man, dass für die normale Familie, für den nor-
malen Arbeitnehmer in Deutschland spätestens ab 2011
erheblich weniger netto vom Brutto übrig bleiben wird.

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(C (D Ich komme zum Schluss. (Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Das wird Zeit!)


(Beifall bei der SPD)


ieses Gesetz stabilisiert die sozialen Sicherungssys-
me leider nur für ein Jahr. Dieses Gesetz verhindert
eitragserhöhungen bei Arbeitslosenversicherung und
rankenversicherung leider nur für ein Jahr.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Eines nach dem anderen!)


ieses Gesetz ist eine unehrliche Antwort auf die Unter-
nanzierung der sozialen Sicherungssysteme. Diese Un-
rfinanzierung wird zwar, wie wir alle wissen, durch
en demografischen Wandel verursacht; durch die mas-
iven Steuersenkungen, die Sie vornehmen wollen, ver-
chlimmern Sie diese Unterfinanzierung aber mutwillig.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


u diesem Gesetzentwurf muss – da sind wir uns bei
iesem Volumen und dieser Brisanz für unseren Staat
nd für die sozialen Sicherungssysteme sicherlich einig –
ine Anhörung stattfinden.

Ich sage abschließend: Mit diesem Gesetz spannen
ie tatsächlich, wie Sie es dargestellt haben, einen
chutzschirm auf – allerdings für die Kälte, die Sie
elbst erzeugen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


as ist mitnichten eine Solidaritätsaktion, Kollege
ampeter. In Wahrheit ist es so, als würden Sie einen
adiator gegen die Kälte anstellen und gleichzeitig den
trom abschalten.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1702000400

Das Wort hat nun Claudia Winterstein für die FDP-

raktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Claudia Winterstein (FDP):
Rede ID: ID1702000500

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und

erren! Wir befassen uns hier mit dem zweiten Teil der
ofortmaßnahmen der Koalition, nämlich – Frau
agedorn hat es schon gesagt – dem Schutzschirm für
rbeitnehmer. Nach der steuerlichen Entlastung zum

ahreswechsel durch das Wachstumsbeschleunigungs-
esetz werden hiermit weitere Punkt aus der Koalitions-
ereinbarung umgesetzt.

Frau Hagedorn, haben Sie eine Glaskugel, oder legen
ie Karten?


(Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Sehr richtig! Wo Frau Winterstein recht hat, da hat sie recht! – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ich tippe bei Frau Hagedorn auf eine Glaskugel!)







(A) )



(B) )


Dr. Claudia Winterstein
Ich frage mich, wie Sie zu Ihrem Urteil über das Wachs-
tumsbeschleunigungsgesetz kommen, das gerade ein-
mal seit vier Wochen in Kraft ist. Warten Sie es doch
einfach ab! Sie werden ganz sicher positiv überrascht
werden.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Das geplante Darlehen an die Bundesagentur für Ar-
beit wird in einen Zuschuss umgewandelt. Der Gesund-
heitsfonds erhält einen zusätzlichen Bundeszuschuss.
Das Gesetz beinhaltet eine besonders gute Nachricht für
die Menschen – das ist schon gesagt worden –, die der-
zeit vielleicht Sorge um ihren Arbeitsplatz haben oder
seit einiger Zeit arbeitslos sind und möglicherweise in
die Lage kommen, Arbeitslosengeld II beziehen zu müs-
sen: die Anhebung der Freibeträge für die Altersvor-
sorge. Diese Freibeträge werden – wie vor der Wahl ver-
sprochen und in der Koalitionsvereinbarung festgelegt –
von 250 Euro auf 750 Euro pro Lebensjahr erhöht und
damit verdreifacht. Hierzu wird mein Kollege Johannes
Vogel nachher Näheres berichten.

Das Gesetz beinhaltet außerdem zwei gute Nachrich-
ten für alle Beitragszahler in der Sozialversicherung: Die
konjunkturell bedingten Mindereinnahmen in der
Krankenversicherung und der Arbeitslosenversicherung
werden nicht in vollem Umfang den Beitragszahlern auf-
gebürdet, sondern mit einem Zuschuss vom Bund aufge-
fangen. Beide Versicherungen müssen 2010 mit einem
erheblichen Defizit rechnen; das ist uns allen klar. Der
Bund deckt das erwartete Defizit bei der Krankenver-
sicherung mit seinem Zuschuss zu mehr als der Hälfte ab
– Frau Hagedorn, das ist ein festgelegter Betrag in Höhe
von 3,9 Milliarden Euro –, bei der Arbeitslosenversiche-
rung sogar in vollem Umfang. Insofern ist hier nicht von
einer Kürzung die Rede. Es gibt diese unterschiedlichen
Beträge, weil wir eben noch nicht genau wissen, wie
hoch das Defizit ausfallen wird. Die Höhe des Zuschus-
ses richtet sich nach der Größe des Defizits.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Genau! So einfach ist das, Frau Hagedorn!)


Wirtschaftskrisen wirken sich bei der Bundesagentur
für Arbeit immer besonders stark aus, weil sie sowohl bei
den Einnahmen wie auch bei den Ausgaben betroffen ist:
Die Einnahmen brechen weg, weil es weniger Beschäf-
tigte gibt und die Versicherung somit geringere Einzah-
lungen erhält; die Ausgaben steigen, weil es mehr Ar-
beitslose gibt, von denen Leistungen bezogen werden.
Mit dem Defizit aus dem Jahr 2009 in Höhe von 13,9 Mil-
liarden Euro ist die Bundesagentur ja noch selber zurecht-
gekommen, weil sie Geld aus der Rücklage entnehmen
konnte. Im Jahr 2010 sieht das anders aus: Wir müssen
von einem Defizit von bis zu 17,8 Milliarden Euro ausge-
hen. Wir wissen aber noch nicht, ob das Defizit so hoch
sein wird, und warten die weitere wirtschaftliche Ent-
wicklung ab. Dementsprechend wird der Zuschuss aus-
fallen:


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Genau so!)


vielleicht 16 Milliarden, 14 Milliarden oder 17 Milliar-
den Euro. Wir wissen es noch nicht. Frau Hagedorn, ich
denke, als Haushälterin sollten Sie sich freuen, wenn es

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(C (D tztendlich ein Zuschuss von nur 13 oder 14 Milliarden uro wird, weil sich die Konjunktur so positiv entwikelt hat. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Da muss man doch nicht rumnörgeln, Frau Hagedorn!)


Schon von der vorherigen Regierung war im ersten
aushaltsentwurf für 2010 verankert worden, dass die
undesagentur ein entsprechendes Darlehen bekommt.
sofern sind wir einen Schritt weitergegangen: Wir ha-

en gesagt, dass ein Darlehen zum jetzigen Zeitpunkt si-
her ein Problem wäre, weil die Bundesagentur nicht in
er Lage wäre, dieses zurückzuzahlen, es sei denn – das
ollen wir nicht –, die Beiträge würden erhöht. Daher
aben wir uns entschlossen, hier einen Zuschuss zu ge-
ähren. Das ist zwar eine hohe Belastung für den Bun-
eshaushalt – das muss man ganz klar sehen –; aber ich
enke, es ist die einzige praktikable Lösung, die es in
iesem Jahr gibt.

Es ist aus meiner Sicht wichtig, hinzuzufügen, dass
iese Entlastungsmaßnahmen natürlich für das Jahr 2010
elten und nicht auf Dauer angelegt sind. Ich habe auch
chon in der Beratung zum Einzelplan 11 deutlich ge-
agt: Wir wollen, dass die im Koalitionsvertrag verein-
arte Aufgabenkritik sehr bald zu konkreten Ergebnissen
nd damit eben auch zu Kostensenkungen bei der Bun-
esagentur führt; denn wir wollen eine Erhöhung der
eitragssätze vermeiden.

Auch beim Gesundheitssystem strahlt die Krise ins
ahr 2010 aus. Die Einnahmen aus den Versichertenbei-
ägen werden nicht ausreichen, um alle Gesundheits-
osten abzudecken. Deswegen müssen wir nun zusätz-
ch und – ich betone – einmalig 3,9 Milliarden Euro aus
em Bundeshaushalt zur Verfügung stellen. Der Steuer-
uschuss an den Gesundheitsfonds wächst damit im Jahr
010 auf 15,7 Milliarden Euro an. Bedenklich ist, dass
amit das Geld für die Krankenkassen noch immer nicht
usreicht. Millionen Versicherte werden Zusatzbeiträge
n ihre Kassen zahlen müssen.

Das ist kein Betriebsunfall und schon gar nicht die
chuld des jetzigen Gesundheitsministers.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das wollte die SPD so: Gesundheitsprämie als Wettbewerbsinstrument! – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Schuld des Koalitionspartners!)


er Zusatzbeitrag in Kombination mit dem Gesundheits-
nds war der faule Kompromiss in der Gesundheitspoli-

k der Großen Koalition, zwei völlig gegensätzliche
onzepte zu vereinen.


(Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Das war eine schwierige Zeit! Da dürfen Sie uns nicht so kritisieren!)


Nein, nein.


(Joachim Poß [SPD]: Das ist die „Erblast“ der Großen Koalition! Mit der wollen die Schwarzen nichts mehr zu tun haben!)







(A) )



(B) )


Dr. Claudia Winterstein
Die Ausgabeseite wurde dabei von Ulla Schmidt völ-
lig vernachlässigt. Als Folge davon wurden die Ausga-
ben der Kassen – das muss man sich einmal vorstellen –
von 144 Milliarden Euro im Jahre 2005 auf über
167 Milliarden Euro im Jahre 2009, also um 23 Milliar-
den Euro, angehoben. Die Zeche zahlen jetzt die Versi-
cherten.

Durch die jetzt entstandene Situation wird überdeut-
lich gezeigt, dass wir die Gesundheitsfinanzierung
dringend neu organisieren müssen. Die Regierungskom-
mission wird hierzu ja auch Vorschläge unterbreiten.

Es geht aber natürlich auch darum, Effizienzreserven
im System ausfindig zu machen. Wir wollen die Ausga-
ben durch mehr Wettbewerb dämpfen und müssen prü-
fen, ob wir durch bessere Organisationsstrukturen effek-
tiver mit den Beitragsgeldern umgehen können.


(Joachim Poß [SPD]: Ich dachte, dafür ist der Gesundheitsminister und nicht die Regierungskommission zuständig! Das wird doch wohl der Gesundheitsminister und nicht die Regierungskommission machen!)


Auch die Kassen sind aufgefordert, ihre Ausgaben auf
Einsparpotenziale zu durchforsten.


(Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: So ist es!)


Immer mehr Steuermittel in ein nicht funktionierendes
System zu leiten, ist keine Lösung.

Das letzte Element dieses Gesetzentwurfs ist ein Son-
derprogramm mit Hilfen für Milcherzeuger, das soge-
nannte Grünlandmilchprogramm. In diesem Sonder-
programm sind für die Jahre 2010 und 2011 besondere
Grünlandprämien vorgesehen, wodurch den Milchbau-
ern geholfen wird, die existenziellen Auswirkungen der
Wirtschaftskrise zu überwinden.

Noch eine letzte Bemerkung. Alle Belastungen, die
dieser Gesetzentwurf für den Bundeshaushalt mit sich
bringt, sind im Haushaltsentwurf 2010 bereits berück-
sichtigt. Die Nettoneuverschuldung musste gegenüber
dem ersten Haushaltsentwurf von Finanzminister
Steinbrück nicht erhöht werden. Wir satteln also nicht
drauf.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Eben! Grundsteuersenkung!)


Dies ist aus Haushältersicht eine durchaus positive
Nachricht.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Bettina Hagedorn [SPD]: Das ist nicht das Ergebnis Ihrer Sparerfolge, sondern das Ergebnis der besseren Konjunktur!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1702000600

Das Wort hat nun Kollegin Kathrin Senger-Schäfer

für die Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ver hrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Rösler, welch ein lück für Sie: Sie haben Ihre medizinische Ausbildung ei der Bundeswehr erhalten. Dort haben Sie gelernt, ich zu tarnen – eine Fähigkeit, die Ihnen heute sehr zuutekommt. (Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN und der SPD sowie der Abg. Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Er war nicht im Manöver, sondern er war im Krankenhaus tätig! Mein Gott!)

Kathrin Senger-Schäfer (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1702000700

Sie tarnen den radikalen Bruch in der gesetzlichen
rankenversicherung als notwendige Reform.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Ullala Schmidt wollte das so!)


amit wollen Sie Millionen von Krankenversicherten
uschen. Das ist unverantwortlich.


(Beifall bei der LINKEN)


Zu diesem Vorgehen passt dann auch das Konzept
on Herrn Schäuble, das er zur Sicherung der Sozialsys-
me auf den Weg bringen will. Der von ihm geplante
chutz der Arbeitnehmer ist in Wirklichkeit ein Schirm
um Schutz der Arbeitgeber. Die Arbeitnehmerinnen
nd Arbeitnehmer lässt er in der Finanzkrise in unchrist-
cher Art im Regen stehen.


(Beifall bei der LINKEN)


as ist unredlich. Es ist unsozial und entspricht auch
icht dem Gedanken, dass starke Schultern mehr tragen
ollten als schwache.


(Beifall bei der LINKEN)


Das ist typisch für diese Regierung. Herr Rösler, Sie
ollen in der gesetzlichen Krankenversicherung die
usfälle des Gesundheitsfonds mit 3,9 Milliarden Euro

us Steuermitteln auffangen.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Ja! Das machen wir!)


ir ist schleierhaft, wie Sie mit 3,9 Milliarden Euro ein
oraussichtliches Finanzloch von sage und schreibe
,9 Milliarden Euro stopfen wollen. Ich sage Ihnen jetzt
chon voraus, dass diese Regierung den Rest den Versi-
herten aufs Auge drücken wird.

Zur Wahrheit gehört auch, dass der Gesundheits-
nds nicht ausschließlich durch die Finanzkrise in die

erzeitige schlechte Lage gebracht wurde. Der Gesund-
eitsfonds war und ist von Anfang an – ich behaupte: be-
usst – mit unzureichenden finanziellen Mitteln ausge-

tattet worden.

Im Übrigen handelt es sich hierbei um eine Hinterlas-
enschaft der Großen Koalition, also auch der SPD.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


on Anfang an war gewollt, dass einzelne Krankenkas-
en über die sprichwörtliche Klinge springen sollten, um






(A) )



(B) )


Kathrin Senger-Schäfer
damit den Wettbewerb zu verschärfen. Diese Wettbe-
werbsverschärfung führt aber weder zu einem fruchtba-
ren Wettstreit um die besten Leistungsangebote noch zu
einer besseren Qualität der Versorgung. Weil die Kassen
in diesem Fall das Sonderkündigungsrecht ihrer Versi-
cherten fürchten, sind sie sich mehrheitlich einig, Zu-
satzbeiträge zu erheben.

Wir erleben dazu nun einen großen Aufschrei, und
selbst Frau Merkel verzieht dabei die Miene und ruft
jetzt nach dem Kartellamt. Aber: Gesundheit ist keine
Ware. Dabei bleibt die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)


Alle Menschen in unserem Land haben einen Anspruch
auf eine gute, solide und gerechte Gesundheitsversor-
gung. Wettbewerb hat im Gesundheitswesen nichts ver-
loren.


(Beifall bei der LINKEN – Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Wo ist es eigentlich besser als in Deutschland?)


Ich frage auch Sie: Wer muss Ihre grandiosen Wettbe-
werbsideen bezahlen? Das sind die 70 Millionen Versi-
cherten der gesetzlichen Krankenversicherung und auch
die Arbeitslosengeld-II-Beziehenden, die ohnehin jeden
Cent zweimal umdrehen müssen. Das ist, mit Verlaub,
zutiefst unsozial.


(Beifall bei der LINKEN)


Zweifellos gibt es zusätzliche Leistungen der gesetz-
lichen Krankenversicherung, die wir auch wollen. Dazu
gehört zum Beispiel die spezialisierte ambulante Pallia-
tivversorgung, also die Betreuung und Versorgung von
todkranken Menschen. Das ist aber nur dann möglich,
wenn man sich vorher überlegt hat, wie man das bezah-
len will. Der Gesundheitsfonds ist aber chronisch unter-
finanziert. Genau dieses Dilemma ließe sich durch den
Antrag meiner Fraktion Die Linke verhindern.


(Beifall bei der LINKEN)


Zurzeit zahlt der Staat einen festgelegten Pauschal-
betrag von derzeit 126 Euro im Monat für alle Arbeits-
losengeld-II-Beziehenden als Beitrag zur Krankenversi-
cherung. Das reicht längst nicht, und das wissen Sie,
meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen von der
Koalition. Wir haben vorgeschlagen – und dabei bleiben
wir auch –, diesen Betrag auf circa 260 Euro im Monat
und pro Mitglied zu erhöhen. Das brächte rund
5 Milliarden Euro mehr für die gesetzliche Krankenver-
sicherung, was zweifelsohne die gesundheitliche Versor-
gung verbessern würde.


(Beifall bei der LINKEN)


Das wäre jedenfalls ein sinnvolleres Sofortprogramm
für die Krankenversicherung als die unsinnige Ein-
führung von kleinen oder großen Kopfpauschalen, ge-
tarnt als Zusatzbeitrag bzw. Gesundheitsprämie. Damit
erübrigte sich jede Diskussion um die Zusatzbeiträge
und auch darüber, ob die Arbeitslosengeld-II-Beziehen-
den die Zusatzbeiträge selber zu tragen hätten. Für die
Linke bleibt aber im Grundsatz die solidarische Bürge-
rinnen- und Bürgerversicherung, in die alle einzahlen,

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(C (D ie Abgeordnete genauso wie die Mitarbeiterin in der antine, die einzig denkbare und wirksame Alternative. enn für uns, die Partei Die Linke, ist der Mensch das aß der Dinge. (Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Mir kommen die Tränen!)


(Beifall bei der LINKEN)


Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1702000800

Werte Kollegin, das war Ihre erste Rede im Deut-

chen Bundestag. Gratulation und alle guten Wünsche
r Ihre weitere Arbeit in diesem Hause!


(Beifall)


Das Wort hat nun Markus Kurth für die Fraktion
ündnis 90/Die Grünen.


Markus Kurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1702000900

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

llein der Titel des Gesetzentwurfes, über den wir heute
erster Lesung beraten, ist ein Täuschungsmanöver:
esetz zur Stabilisierung der Finanzlage der Sozialver-

icherungssysteme. Das, was Sie von der Regierung als
tabilisierung bezeichnen, ist in Wahrheit nicht mehr als
as notdürftige Verpflastern von Wunden am Sozialstaat,
ie größtenteils oder jedenfalls zu einem nicht geringen
eil erst durch Sie und die Vorgängerregierung gerissen
urden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Beginnen wir mit dem Zuschuss zur gesetzlichen
rankenversicherung. Sie von der Union haben doch

ie strukturelle Unterfinanzierung der gesetzlichen
rankenkassen in die Wege geleitet, indem Sie gemein-

am mit der SPD den Gesundheitsfonds beschlossen und
ie mutwillige Senkung der Beitragssätze in der GKV
orgenommen haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


rau Aigner, dass Sie jetzt über die Erhebung von Zu-
atzbeiträgen jammern, ist schon scheinheilig genug.
ber dass Sie sich nun selbst für einen Steuerzuschuss
ben, der zumindest in dieser Höhe gar nicht notwendig

ewesen wäre, wenn Sie nicht den Gesundheitsfonds mit
einen Unterdeckungsregeln beschlossen hätten, ist
reist. Ein besonderes Licht auf Ihren Stil der Stabilisie-
ng der Sozialversicherungssysteme wirft etwa die Ent-
ssung von Herrn Sawicki, dem Leiter des Instituts für
ualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen.
nstatt die Voraussetzung für eine Dämpfung des Kos-
nanstiegs etwa bei den Arzneimitteln zu schaffen, neh-
en Sie das Geld der Steuerzahler. Die Steuerzahler sol-
n nach Ihrem Willen für die Interessen von
harmaindustrie bis hin zu Apothekern aufkommen. Wir
ürfen vielleicht schon auf die Spendenzahlungen des
ahres 2010 gespannt sein.






(A) )



(B) )


Markus Kurth

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Ist der von den Linken oder von den Grünen?)


Kommen wir zur Arbeitslosenversicherung. Auch
bei der Arbeitslosenversicherung ist ein Großteil des bis-
herigen Defizits der erheblichen Senkung des Beitrags-
satzes auf bis zu 2,8 Prozent geschuldet, die ebenfalls
mit der SPD beschlossen wurde, zu einem Zeitpunkt, als
die Krise bereits am Horizont erschien. Sei’s drum! In
der gegenwärtigen Situation gibt es natürlich keine Al-
ternative zum Defizitausgleich durch den Bund. Sie blei-
ben aber jegliche Aussage schuldig, wie es ab 2010 wei-
tergehen soll. Wie soll denn die Bundesagentur für
Arbeit das für 2011 erwartete Defizit in Höhe von
11,3 Milliarden Euro decken?


(Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Woher wissen Sie, dass das 11,3 sind?)


Wie soll denn das in der mittelfristigen Finanzplanung
der Bundesagentur für Arbeit vorgesehene Gesamtdefi-
zit in Höhe von 25,4 Milliarden Euro gedeckt werden?
Es ist schlechterdings nicht vorstellbar, dass die Bundes-
agentur dies als Darlehen schultert oder sogar zurück-
zahlt. Sie wissen genauso gut wie ich, dass man ein De-
fizit in diesem Umfang, selbst wenn man hart
einschneidet, nicht durch Einsparungen auffangen kann.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


Was also mit Sicherheit kommen muss, ist eine Erhö-
hung des Beitragssatzes. Nach unseren Berechnungen ist
ein Anstieg auf 4,5 Prozent notwendig, um den Haushalt
der Bundesagentur für Arbeit dauerhaft zu stabilisieren.
Aber dazu schweigen Sie natürlich. Es wäre ja auch zu
peinlich, wenn Sie bereits wenige Wochen nach Ihrem
merkwürdigen Klientelbegünstigungsgesetz zugeben
müssten, dass etwa die Kindergelderhöhung bei den Bei-
tragszahlern gar nicht ankommt, weil Sie ihnen das
durch Beitragssatzsteigerungen wieder wegnehmen.
Also wird munter mit Steuerzuschüssen weiter geflickt,
um über den Termin der Landtagswahl in Nordrhein-
Westfalen hinwegzukommen.


(Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Ach, da ist was?)


Damit Sie das Ganze als Wohltat verkaufen können,
garnieren Sie Ihre Mogelpackung noch mit zwei Zücker-
chen: der Erhöhung des Schonvermögens für die Alters-
vorsorge im Rahmen des Arbeitslosengeldes II und ei-
nem Sonderprogramm für Milchviehhalter.


(Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Ist das falsch?)


Zu Letzterem wird nachher mein Kollege Friedrich
Ostendorff etwas sagen. Deshalb kann ich mich jetzt auf
die Erhöhung des Schonvermögens konzentrieren. So
sinnvoll das im Grundsatz natürlich ist, so sehr geht es
doch an den Sorgen und Nöten der Masse der Langzeit-
arbeitslosen vorbei;


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


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(C (D enn nur ein Bruchteil der Arbeitslosengeld-II-Bezieenden erhält aufgrund zu großer Vermögen keine Leisngen. Die meisten Langzeitarbeitslosen haben doch in rem Leben nie die Chance gehabt, ein Vermögen von nd 50 000 Euro für die Altersvorsorge anzusparen und stzulegen. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das kann man so nicht sagen! Das ist sehr differenziert!)


er Masse der Langzeitarbeitslosen wäre sehr viel mehr
twa durch eine Erhöhung des Regelsatzes geholfen, und
iese Erhöhung hätte überdies auch noch positive kon-
nkturelle Effekte, weil sie unmittelbar der Steigerung

er Binnennachfrage zugute käme.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Vollends absurd wird Ihre Behauptung einer Stabili-
ierung des Systems der sozialen Sicherung, wenn man
ich anschaut, was Sie sonst noch planen und bereits tun.
ie deckeln etwa die Mittel für das Programm „Job-
erspektive“ und verringern damit die beinahe einzige
hance für Langzeitarbeitslose mit besonderen Vermitt-
ngshemmnissen, eine sozialversicherungspflichtige
eschäftigung zu bekommen. Die Arbeitsministerin be-
itet die Zerschlagung der Jobcenter vor, die vor Ort
irklich niemand will, weil absehbar ist, dass sich die
etreuung der Betroffenen vor Ort verschlechtern und
ie Bürokratie sich verdoppeln wird.


(Bettina Hagedorn [SPD]: Genauso ist es!)


Meine Damen und Herren von der Regierung, was Sie
it diesem Gesetz stabilisieren, sind Ihre Klientelinte-
ssen.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Bettina Hagedorn [SPD])


as Sie mit diesem Gesetz stabilisieren, ist ein berech-
gtes Misstrauen mit Blick auf die Zukunft. Sie versu-
hen, den Patienten Sozialstaat noch einmal mit Pflas-
rn aufzuhübschen, aber Sie wissen schon genau, dass
ie ihn nach der NRW-Wahl amputieren wollen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wir vom Bündnis 90/Die Grünen werden dafür
ämpfen, dass dieses Manöver nicht aufgeht; denn die
ürgerinnen und Bürger in diesem Land und besonders
iejenigen in Nordrhein-Westfalen wollen mehr vom So-
ialstaat als nur einen Torso.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1702001000

Das Wort hat nun Georg Schirmbeck für die CDU/

SU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU – Ulrich Kelber [SPD]: Nicht wieder Pressemitteilungen falsch zitieren!)







(A) )



(B) )


Georg Schirmbeck (CDU):
Rede ID: ID1702001100

Herr Abgeordneter Kelber, auf diesen Punkt kommen

wir noch bei der zweiten und dritten Beratung des Bun-
deshaushaltes zurück. Dann werden Sie den Saal hier
unter Tränen verlassen; das verspreche ich Ihnen jetzt
schon.


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Heiterkeit bei der SPD)


Das Pulver wird trocken gehalten. Sie können mich
heute nicht provozieren, das schon jetzt zu verschießen.

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn
man sich die Debatte hier eine Zeit lang anhört, könnte
man depressiv werden, und man hat den Eindruck, wir
wären hier in einem Entwicklungsland, einem Land je-
denfalls, das mit Deutschland überhaupt nichts zu tun
hat. Können wir auf diesen Sozialstaat, so wie wir ihn
heute ganz konkret erleben, nicht stolz sein, darauf, dass
wir es gemeinsam geschafft haben, dass wir fleißige
Bürgerinnen und Bürger haben?


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wo ist die Krankenversicherung wesentlich besser als in
Deutschland? Wo ist die Unfallversicherung wesentlich
besser als in Deutschland? Wo wird sich um Arbeitslose
wesentlich besser gekümmert als in Deutschland? Das
haben wir doch gemeinsam auf den Weg gebracht. Ha-
ben wir nicht wirklich Grund, darauf stolz zu sein?

Was wir als Große Koalition jetzt machen, ist Folgen-
des: Wir helfen im ländlichen Raum den Bauern – –


(Lachen bei der SPD – Iris Gleicke [SPD]: Die FDP wird ganz unruhig! Die FDP ist schon den Tränen nahe!)


– Meine sehr geehrten Damen und Herren, man ist ja
manchmal nicht so auf den neuesten Terminus einge-
stellt; das ändert sich auch manchmal. Die liberal-christ-
liche Koalition, das kriegen wir ja auch gut hin.

Was wir konkret gemacht haben und was wir konkret
tun, besteht darin, dass wir bei unseren Bauern die Bei-
träge für die landwirtschaftliche Unfallversicherung
durchschnittlich um 45 Prozent senken. Das ist doch ein
Ergebnis für alle im ländlichen Raum.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Bettina Hagedorn [SPD]: Das macht genau 23 Millionen Euro!)


– Frau Hagedorn, Sie haben ja schon nicht verstanden,
was Sie vorhin vorgetragen haben. Deshalb kann ich
auch nicht erwarten, dass Sie das verstehen, was ich jetzt
vortrage. Das ist eben ein bisschen zu schwierig.


(Iris Gleicke [SPD]: Schnösel!)


Ich sage Ihnen dazu eines. Es ist nach wie vor wahr:
Wenn die Bauern, auch wenn es wenige geworden sind,
im ländlichen Raum gute Stimmung haben, wenn sie
sich unternehmerisch etwas vornehmen, dann ist gute
Stimmung im ganzen Dorf. Es führt dazu, dass in den
Dörfern etwas unternommen wird, dass dort investiert
wird, dass sich etwas bewegt, und dann haben viele im
ländlichen Raum Arbeit. Das ist es doch, was wir wol-

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(C (D n. Wenn nämlich viele Arbeit haben, bekommen wir iele Beiträge für die verschiedenen Sozialversichengssysteme. Dann brauchen wir uns auch nicht mehr orzuhalten, ob der Zuschuss des Staates an die Kassen rößer oder kleiner ist. Wir brauchen nicht mehr zu speulieren, was 2011 oder 2012 sein wird. Bei Ihren Forulierungen, so wie Sie sie hier vortragen, habe ich anchmal den Eindruck, dass Sie ganz erschüttert sind, ass die Arbeitslosenzahlen nicht um 1 Million höher ind. Über die tatsächlichen Zahlen sollten wir uns doch euen. Wir können uns doch freuen, dass im vorigen Jahr das taatsdefizit um 15 Milliarden Euro geringer war, als es och vor Weihnachten prognostiziert wurde – das ist och schon einmal ein Ergebnis –; denn Sie hätten sich och auch mit den negativen Zahlen auseinandersetzen üssen, wenn die Prognose eingetreten wäre. Jetzt wollen wir für den ländlichen Raum etwas mahen, weil besonders die Grünlandbetriebe, also die ilchbauern, erhebliche Probleme haben. Daraufhin berlegen wir uns: Wie kann man da helfen? Dabei müsen wir uns eingestehen, dass in der Agrarpolitik ein sehr usgeprägtes Gemeinschaftsrecht gilt und dass wir desalb nicht einfach sagen können: Wir Deutschen haben ine Idee und setzen diese um. Wir müssen uns nun fragen: Wie kann man beispielseise 100 Millionen Euro für eine Gründlandprämie onkret zur Verfügung stellen? Da stellen wir fest, dass an erst 2 Millionen Euro EU-Zuschüsse aktivieren uss, um national überhaupt handeln zu können. Man ann jetzt an der einen oder anderen Stelle beklagen, ass das alles sehr kompliziert ist. Aber dann muss man inen Weg finden, diese Schwierigkeiten zu überwinden, amit ganz konkret Geld zur Verfügung gestellt werden ann. Jetzt darf man aber nicht nur das sehen, was wir für ie Grünlandbetriebe tun. Wir haben auch im Hinblick uf die Gasölverbilligung etwas getan. Ich habe eben geagt, dass wir im Bereich der landwirtschaftlichen Unllversicherung etwas getan haben. Wenn man dieses esamte Maßnahmenpaket sieht, dann bedeutet das für ie landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland ein lus von durchschnittlich 4 500 Euro. Nun kann man saen: 4 500 Euro sind nicht die Welt. Andererseits ist das och eine Menge Geld. Eine alte Frau muss schon sehr nge stricken, bis sie das verdient hat. Ich sage noch einmal: Es geht gar nicht so sehr um en absoluten Betrag, der zur Verfügung gestellt wird. iel entscheidender ist, dass die Betroffenen sehen, dass er Staat die Betriebe in dieser schwierigen Situation icht alleine lässt, sondern dass er sich entschieden für ie einsetzt. Ich sage aber auch deutlich: Sosehr wir überzeugt ind, dass hier konkret gehandelt werden muss, so sehr uss die liberal-christliche Koalition darauf hinweisen, ass diese Maßnahmen Strukturentscheidungen, die im Georg Schirmbeck landwirtschaftlichen Bereich getroffen und umgesetzt werden müssen, nicht ersetzen. Auf Dauer kann der Staat unternehmerischen Erfolg und gute Preise in der Landwirtschaft durch Maßnahmen wie diese, die wir hier beschließen wollen, nicht ersetzen. Dies ist eine Übergangshilfe in einer schwierigen Zeit, die aber nicht die richtigen unternehmerischen Entscheidungen für die Zukunft ersetzt. Ich habe bei der ersten Lesung des Einzelplanes 10 in der vorherigen Woche schon gesagt: Ich bin nicht sicher, dass wir alle Ansätze so, wie wir sie in der Vergangenheit gewohnt waren, zukünftig halten können. Ich sage das in der Öffentlichkeit, damit sich die Betroffenen darauf einstellen können. Das gehört mit zur Redlichkeit. Lassen Sie mich zum Schluss noch einmal sagen: Es kommt nicht darauf an, hohe Zuschüsse zu geben, sondern es kommt darauf an, dass diese Zuschüsse zielgenau erfolgen, dass wir den Leuten Mut machen, dass wir einen Beitrag dazu leisten, dass Unternehmer etwas unternehmen, damit die Leute in unserem Staat Arbeit bekommen. Jeder kann hier an seinem Platz in den Ausschüssen, aber auch in seinem Wahlkreis ganz gezielt Maßnahmen ergreifen, damit in den nächsten Jahren nicht die Zahl der Arbeitslosen, sondern die Wirtschaft wächst. Wenn nämlich unsere Wirtschaft wächst, dann werden damit auch die Probleme unserer Volkswirtschaft gelöst. Das muss man mit einer gesunden Portion Optimismus machen. Man darf nicht alles schlechtreden; denn Optimismus, das Bauchgefühl, etwas für die Zukunft zu gestalten, macht mindestens 50 Prozent des Erfolges unserer Volkswirtschaft aus. Herzlichen Dank. Das Wort hat nun Ewald Schurer für die SPD-Frak tion. Herr Präsident! Meine werten Kolleginnen und Kolle gen! Meine Damen und Herren! Erst einmal möchte ich – das wird Sie wundern – den Herrn Minister Rösler vor den giftigen Pfeilen der Kollegin von der Linken in Schutz nehmen. Der Grund ist, dass das, was Sie gesagt haben, so nicht stimmt. Der Herr Minister Rösler ist bisher offen gewesen und hat auch hier in diesem Hause klar gesagt: Er ist für einen Ausstieg aus einer einkommensabhängigen Finanzierung; er will für die Zukunft eine einkommensunabhängige Finanzierung. Er will mehr oder minder aus dem Prinzip der Parität in der Krankenversicherung aussteigen und in das System der Kopfpauschale einsteigen. Das ist eine gravierende Veränderung. – s M d s – H d d F s s s in ti s d E n b tr 1 h s fr in v S h a d d b tr s d U G g W d in n h re s (C (D (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Mit Sozialausgleich, Herr Kollege!)


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Genau!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1702001200

(Beifall bei der SPD)

Ewald Schurer (SPD):
Rede ID: ID1702001300

(Lachen bei Abgeordneten der LINKEN)


Der Sozialausgleich – danke für diesen netten Zwi-
chenruf – sieht so aus, dass der Ausgleich – so sagt der

inister, und das nehme ich ihm ab – nicht mehr über
ie Sozialbeiträge, sondern über Steuern erreicht werden
oll.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist viel gerechter!)


Hören Sie zu, dann lernen Sie noch etwas!


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Nein, Sie lernen noch etwas!)


err Schäuble aber sagt: Dafür habe ich kein Geld, es sei
enn, wir würden eine Sondersteuer zur Finanzierung
es Gesundheitssystems einführen. Das ist die aktuelle
aktenlage.

Hinzu kommt, dass ab Februar 2010 eine Kommis-
ion zur Gesundheitsreform tagen wird. Die Arbeit die-
er Kommission kann sich hinziehen. Das Ergebnis die-
er Arbeit wird auf jeden Fall nicht dazu führen, dass wir
den nächsten Monaten und Jahren eine größere Orien-
erung bekommen. Bekanntlich braucht aber das Ge-
undheitssystem jetzt Orientierung. Von daher sehe ich
as ein bisschen anders.

Der Herr Minister hat eine klare Botschaft verkündet.
r will in eine neue Richtung marschieren, aber er weiß
och nicht, wie das umgesetzt werden soll. Das schafft
ei den Akteuren im Gesundheitswesen nicht mehr Ver-
auen, sondern Unsicherheit en masse.


(Beifall bei der SPD)


Es geht um die 3,9 Milliarden Euro, die innerhalb der
5,7 Milliarden Euro Gesamtzuschüsse an den Gesund-
eitsfonds geleistet werden sollen. Dieser Betrag ergibt
ich ja aus drei Komponenten: zum ersten die beitrags-
eie Mitversicherung der Kinder und der Jugendlichen
Ausbildung, zum zweiten die zum 1. Juli 2009 noch

on der Großen Koalition – Herr Kollege Schirmbeck,
ie sehnen sich danach zurück; ich kann es auch verste-
en – induzierte Beitragssatzsenkung von 15,5 Prozent
uf 14,9 Prozent. Der dritte Bestandteil ist die krisenbe-
ingte Komponente in Höhe von 3,9 Milliarden Euro,
ie in der Änderung des Fünften Buches Sozialgesetz-
uch vorgesehen ist. Aber es geht um mehr.

Diese Woche ist von der Debatte über die Zusatzbei-
äge beherrscht, die allerorten für Aufmerksamkeit

orgen. Der Presse habe ich entnommen, dass die Bun-
eskanzlerin, Frau Angela Merkel, mit einem großen
nwohlsein auf diese Zusatzbeiträge reagiert hat. Das
anze ist schon ein Riesenproblem. Dem werten Kolle-
en von den Grünen muss man es noch einmal erklären:
ir als Sozialdemokraten wollten bekanntlich damals

ie Regelung nicht, nach der bis zu 8 Euro Zusatzbeitrag
einem vereinfachten Verfahren erhoben werden kön-

en. Wir wollten den Zusatzbeitrag paritätisch finanziert
aben. Wir wollten, dass im Rahmen eines Prüfverfah-
ns nachgewiesen werden muss, dass die Kassen einen

olchen Zusatzbeitrag unbedingt benötigen, weil sie






(A) )



(B) )


Ewald Schurer
sonst mit ihrer Finanzierung nicht mehr zurechtkommen;
immerhin geht es um 71 Millionen Versicherte und Mit-
versicherte der GKV in Deutschland.


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie wollten, aber Sie konnten nicht! Sie haben es nicht getan!)


Es gab dann in der Großen Koalition, die der Herr
Schirmbeck noch so emotional in sich trägt, einen sehr
schwierigen Kompromiss mit gewissen Hilfskrücken,
den wir – Sie haben an der Stelle recht – mitgetragen ha-
ben.

Herr Minister, Sie müssen in der Zukunft einen wirk-
lichen Dialog mit den Kassen führen. Sie müssen die
Steuerungsfunktion der Krankenkassen ernsthaft einfor-
dern. Es geht darum, ein Kostenmanagement in den
Sektoren des Gesundheitswesens zu etablieren, in denen
die Kosten seit Jahren und Jahrzehnten steigen, etwa in
der Medizintechnik oder bei den verordneten Medika-
menten.


(Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Das hat Frau Schmidt doch die letzten Jahre gemacht, oder nicht?)


Sie müssen versuchen, die Steuerungsfunktion der ge-
setzlichen Krankenkassen, der Volkskassen, zu aktivie-
ren. Sie müssen mit den Krankenkassen auch darüber
diskutieren, welche Instrumente sie brauchen, um genü-
gend Substanz zu haben, um wirklich steuern zu können.
Das sind die Fragen, die anstehen. Es geht nicht darum,
darüber zu reden, wie wir künftig vielleicht mit irgend-
welchen Zusatzbeiträgen agieren, die letztendlich den
Leuten mit geringem Einkommen zum Nachteil gerei-
chen, weil sie die Zusatzbeiträge nicht von der Steuerlast
absetzen können und damit erneut eine soziale Benach-
teiligung erfahren.

Zum Schluss, meine werten Kolleginnen und Kolle-
gen, Folgendes: Es gilt, in der Gesundheitspolitik wieder
Orientierung zu geben. Das vermag die derzeitige Regie-
rung nicht zu leisten.


(Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Hat Frau Schmidt das denn gemacht? Jetzt sagen Sie mal was zu Frau Schmidt!)


Wenn man ein bewährtes Finanzsystem an Haupt und
Gliedern reformieren will, dann muss man auch sagen,
wie das gehen soll. Ich sage Ihnen voraus, Herr Minister,
bei aller persönlichen Sympathie: Sie werden eine Kom-
missionsarbeitszeit von ein, zwei Jahren nicht durchhal-
ten. Sie werden schon eher sagen müssen, wie Sie das
machen wollen. Sie werden eine riesige Hürde zu über-
winden haben. Die Bundeshaushalte 2011 und 2012 mit
den strukturellen Defiziten werden Ihnen nicht mehr
Spielräume geben, sondern weniger. Das heißt, das Um-
switchen von der Beitragsfinanzierung auf eine Steuer-
subvention wird so nicht funktionieren.

Die 3,9 Milliarden Euro werden heute von Ihnen vor-
geschlagen. Sie sind – das gebe ich zu – eine Hilfsmaß-
nahme. Sie werden aber große Mühe haben, uns davon
zu überzeugen, wie es nach Ihrem Willen weitergehen
soll. Ich hoffe jedenfalls, dass sich der Arbeitsmarkt so

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(C (D ut entwickelt, dass in den nächsten Jahren nicht ein höerer, sondern ein geringerer Zuschussbedarf entsteht, m die GKV im Sinne der Versicherten mit genügend nanziellen Mitteln auszustatten. Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPD – Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Du bist einer der besseren Sozialdemokraten!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1702001400

Das Wort hat nun Johannes Vogel für die FDP-Frak-

on.


(Beifall bei der FDP)



Johannes Vogel (FDP):
Rede ID: ID1702001500

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

err Schurer, ich fand es interessant, dass Sie gesagt ha-
en: Wir müssen in der Gesundheitspolitik wieder
rientierung geben. – Ich glaube auch, dass wir das tun
üssen.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Nach Ulla Schmidt ist das dringend erforderlich!)


s muss nur eine andere Orientierung sein als die von
er früheren Gesundheitsministerin Schmidt; denn die
at das System überhaupt erst an die Wand gefahren,
nd das hat zu den Problemen geführt, die wir heute lö-
en müssen.


(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Georg Schirmbeck [CDU/CSU] – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das gehört zur Wahrheit dazu!)


Schauen wir doch einmal, was die Regierung vorhat!
atürlich geht es beim vorliegenden Gesetzentwurf auch
arum, kurzfristig einen Zuschuss an den Gesundheits-
nds zu geben, um die Einnahmeausfälle zu kompensie-
n. Aber es ist nicht so, dass wir darüber hinaus nichts
achen. Wir sind nämlich der Meinung, dass es keinen
inn macht, in ein Gefäß mit einem Leck Wasser nach-
uschütten, damit vorübergehend wieder Wasser drin ist.
hne dass das Leck gestopft wird, werden die Probleme
ieses Systems nicht gelöst. Wir führen eine grundle-
ende Reform durch, damit dieses System an sich wie-
er funktioniert.

Liebe Frau Kollegin Senger-Schäfer, ich glaube, Sie
achen einen Denkfehler: Sie sind davon überzeugt

das war auch bisher ihr Problem im Hinblick auf das
esundheitswesen –, dass Wettbewerb dort nichts ver-
ren hat. Ich sehe das anders. Wettbewerb ist genau das
strument, das dieses System und damit die beste Ge-

undheitsversorgung für alle langfristig finanzierbar hält.
eshalb ist mehr Wettbewerb zwischen den Kassen, also
as, was Gesundheitsminister Rösler vorhat, genau das
ichtige für das Gesundheitssystem.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Immer wieder wird kritisiert, das sei sozial ungerecht.
s ist sehr sozial, den Faktor Arbeit weniger als bisher
u belasten; denn das schafft Arbeitsplätze. Außerdem






(A) )



(B) )


Johannes Vogel (Lüdenscheid)

wollen wir den Sozialausgleich über das Steuersystem
organisieren. In das Steuersystem zahlen nämlich alle
ein, auch diejenigen, die besonders viel verdienen, weil
es da keine Beitragsbemessungsgrenze gibt. Das kann
ich nur als gerecht empfinden. Das Gesundheitssystem,
wie es bisher besteht, ist ungerecht, weil der Solidaraus-
gleich nicht vollständig funktioniert. Insofern würde die
Umsetzung unserer Vorschläge das System gerechter
machen.


(Beifall bei der FDP)


Ich möchte auf einen anderen Aspekt dieses Gesetzes
eingehen, nämlich auf den Zuschuss an die Bundesagen-
tur für Arbeit. Frau Kollegin Hagedorn, ich habe mich
sehr darüber gewundert, dass Sie die Regierung quasi
dafür kritisiert haben, dass sie möchte, dass die Bundes-
agentur für Arbeit erst einmal ihre Reserven auf-
braucht und dass erst dann über die Höhe des Zuschusses
entschieden wird. Sie tun so, als ob das ein Problem
wäre. Wenn der Zuschuss niedriger ausfällt, als im Bun-
deshaushalt angesetzt – mit 16 Milliarden Euro –, dann
heißt das doch nur eines: Die Konjunktur ist wieder an-
gesprungen, und weniger Menschen als befürchtet sind
arbeitslos. Das kann ich nur als gute Nachricht empfin-
den. Wie Sie daraus Kritik ableiten, ist mir völlig schlei-
erhaft.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Joachim Poß [SPD]: Die Kritik bezieht sich ja auf den Ausweis der Mittel!)


– Herr Poß, lassen Sie mich doch ausreden. – Dass wir
diesen Zuschuss gewähren, ist Ausweis dessen, dass die
Kritik, diese Regierung entlaste die Bürger auf der einen
Seite bei den Steuern und belaste sie auf der anderen
Seite bei den Abgaben – diese Kritik wird gelegentlich
vorgebracht –, nicht richtig ist. Die Sicherstellung dieses
Zuschusses ist der Ausweis dafür, dass dieser Vorwurf
absurd ist. Wir wollen die Bürger entlasten, statt sie zu
belasten.


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Daran erinnere ich Sie 2011!)


– Ja, daran können sie mich gerne erinnern, Herr Kurth. –
Das zeigt sich in diesem Gesetz.


(Beifall bei der FDP – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wollen wir ja mal sehen! Da kommt es noch zum Schwur!)


– Herr Kurth, es ist schön, dass Sie dazwischenrufen.

Ich will auf einen weiteren Aspekt dieses Gesetzent-
wurfs zu sprechen kommen, nämlich auf die Verdreifa-
chung des Schonvermögens. Ich freue mich sehr, dass
Sie diesen Punkt gelobt haben. Sie haben ihn als grund-
sätzlich sinnvoll bezeichnet. Das hörte sich im letzten
Herbst noch anders an. Man konnte damals der Presse
entnehmen, dass Sie das als Symbolpolitik gegeißelt ha-
ben. Ich will Ihnen sagen, warum ich glaube, dass das
eine ganz entscheidende Maßnahme ist und keine Sym-
bolpolitik.

Es wird immer wieder das Argument geäußert, das
betreffe so wenige Menschen. Dieses Argument grenzt

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(C (D meinen Augen an Hohn. Wer dies sagt, vergisst, dass ie private Vorsorge in Zukunft noch viel wichtiger weren wird, gerade zur Verhinderung von Altersarmut. Um ltersarmut entgegenzuwirken, müssen wir diese Maßahme durchführen. Sie übersehen auch, dass es schon eute viele Menschen gibt, die Hartz IV gar nicht erst eantragen – neben einer Dunkelziffer gibt es dokumenerte Fälle; das wissen Sie so gut wie ich –, weil sie ngst haben, dass ihre Altersvorsorge angetastet wird. n dieser Stelle geht es ein Stück weit aber auch darum, elche Ethik in unserem System, in unserem Sozialstaat errscht. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Sehr richtig und wichtig!)


ann es sein, dass jemand, der eigenverantwortlich für
as Alter vorsorgt, dafür bestraft wird?


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Nein, das darf nicht sein!)


as ist doch eine völlig falsche Herangehensweise.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


An so einer Stelle spürt eine Gesellschaft, welche
ertvorstellungen ihr zugrunde liegen. Diese Wertvor-

tellungen sind entscheidend dafür, ob etwas Akzeptanz
ndet und ob die Solidargemeinschaft funktioniert. Es
ann nicht sein, dass jemand, der bedauerlicherweise in
artz IV rutscht, also die Unterstützung der Solidarge-
einschaft braucht, dazu gezwungen wird, Geld, das er
r das Alter angespart hat – vielleicht hat er sich müh-

am eine kleine Rentenversicherung abgespart –, mögli-
herweise sogar mit Verlust antasten muss und später in
ltersarmut rutscht. Es ist nicht fair, Menschen dafür zu
estrafen, dass sie für das Alter vorgesorgt haben. Wir
üssen Eigenverantwortung belohnen.

Selbst wenn die Erhöhung des Schonvermögens noch
enige Menschen betrifft – in Zukunft wird sich das än-
ern –, ist sie genau das richtige Signal an die Gesell-
chaft; denn dadurch machen wir das Grundsicherungs-
ystem, das Hartz-IV-System, fairer, und wir korrigieren
o die Fehler, die die rot-grüne Bundesregierung in das
ystem eingeführt hat.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


iese Maßnahme der Regierung ist insofern völlig rich-
g. Ich würde mich freuen, wenn Sie Ihre Aussage, dass
as grundsätzlich sinnvoll ist, aufrechterhielten. Viel-
icht trägt die Tatsache, dass auch Sie, Kolleginnen und
ollegen von der SPD, das in Ihrem Wahlprogramm ste-
en hatten, nur in den letzten Jahren, als Sie Regierungs-
erantwortung trugen, nicht die Kraft gehabt hatten, das
uch durchzuführen, dazu bei, dass Sie dem Gesetzent-
urf in dritter Lesung zustimmen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1702001600

Das Wort hat nun Matthias Birkwald, Fraktion Die

Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Matthias W. Birkwald (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1702001700

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten

Damen und Herren! Für dieses Jahr rechnet die Bundes-
agentur für Arbeit mit einem Defizit in Höhe von gut
18 Milliarden Euro.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Wollen Sie denn die Kurzarbeit einschränken, Herr Birkwald, oder was sonst?)


Das ist ein trauriger Nachkriegsrekord. Nur einen Bruch-
teil davon kann die Bundesagentur selbst aus ihren
Rücklagen ausgleichen. Wie konnte es dazu kommen?
Die Krise sei schuld gewesen, sagt die Bundesregierung.
Das ist aber nicht die ganze Wahrheit. Die Politik der
ganz großen Koalition aus CDU/CSU, SPD und FDP hat
es vermasselt.


(Stefanie Vogelsang [CDU/CSU]: Bitte?)


Sehenden Auges hat diese ganz große Koalition die
Finanzen der Bundesagentur an die Wand gefahren.

Meine Damen und Herren von der Union, Sie haben,
in wechselnder Besetzung, grob fahrlässig gehandelt, in-
dem Sie die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung
mehr als halbiert haben. Sie haben die Gewitterwolken
aufziehen sehen. Sie haben alle Unwetterwarnungen von
Experten in den Wind geschlagen. Jetzt stellen Sie sich
hin, beklagen die Löcher im Dach der Bundesagentur
und spannen Schutzschirme für die Banken. Gerecht
geht anders!


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Die Bundesregierung will die Beiträge stabil halten. Das
waren sie doch. 14 Jahre lang, bis Ende 2006, lagen sie
bei 6,5 Prozent. Ausgerechnet zu dem Zeitpunkt, als die
ersten Anzeichen der Krise für jede und jeden sichtbar
wurden, ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt wurde der
Beitragssatz auf unter 3 Prozent gesenkt. Das ist der
niedrigste Wert seit 1975. Doch wer hier Beiträge kürzt,
hat Sozialabbau im Sinn.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Nein, das war ein Wachstumsimpuls!)


Beim Arbeitslosengeld war es zunächst anders-
herum, aber nicht anders: Rot-Grün hat die Bezugsdauer
des Arbeitslosengeldes I massiv verkürzt und die Ar-
beitslosenhilfe gleich komplett gestrichen. Dann wurden
die Beitragssätze gesenkt. Liebe Kolleginnen und Kolle-
gen von Schwarz-Gelb: Wer heute auf Teufel komm raus
niedrige Beiträge sät, wird morgen größere Defizite ern-
ten. Und was machen Sie dann? Das Arbeitslosengeld I
kürzen? Wir Linken sagen: Das Gegenteil ist richtig. In

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(C (D er Krise muss die Bezugsdauer für das Arbeitsloseneld verlängert werden, und zwar auf zwei Jahre für alle. as hilft den Beschäftigten, die jetzt entlassen werden, (Beifall bei der LINKEN – Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Arbeit brauchen die Leute!)


um Beispiel bei Siemens, wo jetzt, wie heute Morgen in
en Nachrichten zu hören war, 2 000 Stellen gestrichen
erden sollen.

Der Gesetzentwurf, den Sie nun vorlegen, ist reine
lickschusterei. Die Linke sagt: Die Bundesagentur
uss grundsätzlich wieder solide finanziert werden. Wir

rauchen eine Staatsgarantie für die Sozialversicherun-
en, keinen einmaligen Zuschuss, sondern eine dauer-
afte Defizithaftung.


(Beifall bei der LINKEN)


Heute Morgen konnte man einer Pressemitteilung der
üddeutschen Zeitung mit dem Titel: „Koalitionshaus-
älter wollen Zuschüsse für Sozialkassen kürzen“ – sie
ef auch über den Ticker – entnehmen, dass Ihnen der
uschuss von 16 Milliarden Euro zu hoch ist und auf
1 Milliarden Euro gesenkt werden soll und dass dafür
nter anderem Qualifizierungsprogramme der BA ge-
trafft werden sollen. Ich sage Ihnen: Es ist komplett der
lsche Weg, auch noch bei den Qualifizierungsmaßnah-
en zu sparen. Auch hier wäre der umgekehrte Weg
chtig; denn wir brauchen mehr Bildung und bessere
ualifikation.


(Beifall bei der LINKEN)


Mit dem sogenannten Eingliederungsbeitrag werden
tztendlich die Beitragszahler mit 5 Milliarden Euro da-
r haftbar gemacht, dass es Langzeiterwerbslosigkeit

ibt. Das darf nicht sein; denn die Lösung gesamtgesell-
chaftlicher Probleme muss auch von der gesamten Ge-
ellschaft finanziert werden.

Das Schonvermögen für die Altersvorsorge von
artz-IV-Betroffenen deutlich anzuheben, ist richtig.


(Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Na also! Geht doch!)


it dieser Forderung ist die Linke bei der Wahl angetre-
n. Bleiben Sie uns treu: Heben Sie die Vermögens-
eigrenzen an! Erhöhen Sie den Hartz-IV-Regelsatz auf
00 Euro! Streichen Sie die unwürdigen Sanktionen und
chikanen für Hartz-IV-Betroffene und führen Sie end-
ch – das ist ganz dringend – eine eigenständige Min-
estsicherung für Kinder ein! Im Übrigen bin ich der
einung: Hartz IV muss überwunden werden.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Den Mindestlohn haben Sie vergessen, Herr Birkwald!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1702001800

Das Wort hat nun Friedrich Ostendorff für die Frak-

on Bündnis 90/Die Grünen.






(A) )



(B) )


Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1702001900

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Her-

ren! Ministerin Aigner musste leider schon gehen. Das
vorliegende Artikelgesetz enthält als zweiten Teil das
Sonderprogramm mit Maßnahmen für Milchviehhalter,
besser bekannt unter dem Namen „Kuhschwanzprämie“.
Herr Schirmbeck, dieses Programm bringt einem durch-
schnittlichen Milchviehbetrieb mit 30 Milchkühen, der
in 2009 Milchgeld in Höhe von 13 Cent pro Liter bzw.
insgesamt 20 000 Euro verloren hat, zwei Jahre lang
jährlich 1 600 Euro bzw. 1 Cent pro Liter Milch mehr.
Natürlich sagen die Bäuerinnen und Bauern, auch meine
Frau daheim, nicht Nein, wenn der Staat ihnen Geld
schenken will, so wie auch der Autokäufer letztes Jahr
nicht Nein gesagt hat, als er für das Auto, das er sowieso
verschrotten wollte, noch 2 000 Euro geschenkt bekam.
Aber so wie die Abwrackprämie für Autos der Wirt-
schaft insgesamt geschadet hat, wird auch diese Ab-
wrackprämie für Milchbauern dem Milchsektor mehr
schaden als nützen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Dieses Grünlandprogramm zeigt erneut das vollkom-
men widersprüchliche Vorgehen der Bundesregierung.
Sie gerieren sich als Vertreter der reinen Marktlehre,
doch sieht ihre Realpolitik ganz anders aus. Dort zünden
Sie erst einmal eine Subventionsrakete, wie ich sie in
40 Jahren Agrarpolitik selten erlebt habe – 750 Millio-
nen Euro extra, einfach so, ohne Qualifizierung, ohne
Fokussierung, ohne Lenkungswirkung. Das Problem ist
nicht, auf Marktkräfte zu bauen, und auch nicht, gesell-
schaftliche Solidarität in einer Notsituation zu leisten.
Beides ist richtig und notwendig. Das Problem ist, wie
Sie es machen. Ihre sogenannte Marktorientierung ba-
siert auf einer vollkommen falschen Marktanalyse. Bei
Ihrer Förderpolitik vergessen Sie das Wichtigste, näm-
lich die Lenkungswirkung der Fördergelder zu beden-
ken.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wenn Sie sich den Milchmarkt einmal ansehen würden,
so wie es das Bundeskartellamt gerade getan hat, so wür-
den Sie feststellen, dass dieser Markt total verzerrt ist


(Dr. Wilhelm Priesmeier [SPD]: Richtig!)


und eine eklatante Benachteiligung der Milcherzeuger
gegenüber den Molkereien besteht. Diesen Markt sich
selbst zu überlassen, hieße nicht, die Marktkräfte zum
Zuge kommen zu lassen, sondern hieße, allein die Mo-
nopolisten zu stärken, meine Damen und Herren Markt-
experten von der FDP.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Wir brauchen jetzt Maßnahmen, um diesen Markt erst
einmal wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Wir müs-
sen die Erzeugerseite stärken und in gesunde regionale
Marktstrukturen investieren. Das bedeutet: Wir brauchen
jetzt eine Bündelungsinitiative zur Förderung bäuerli-
cher Erzeugergemeinschaften,

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(C (D (Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Da hat doch keiner was dagegen!)


ie es das Bundeskartellamt empfiehlt. Die Bundes-
gierung ist hier gefordert, mit einer gezielten

undesweiten Kampagne den Zusammenschluss der
ilcherzeuger unabhängig von Molkereien und Genos-

enschaften zu unterstützen. Als Beispiel kann hier die
estehende bundesweite Milcherzeugergemeinschaft,
as Milch Board, dienen. Das wäre ein marktorientierter
nd solidarischer Ansatz zugleich und würde den Steuer-
ahler keine 750 Millionen Euro, sondern gerade mal
Prozent davon kosten.


(Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Na ja!)


Wahrheit wollen Sie der bäuerlichen Landwirtschaft
ben nicht helfen. In Wahrheit wollen Sie mit diesem
ammutprogramm Ihre politische Haut retten; ansons-
n verfolgen Sie ganz andere Ziele.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Georg Schirmbeck [CDU/ CSU]: Friedrich, das kannst du so nicht sagen! Ehrlich!)


„Wir haben die Antworten für die Probleme der
elt“, hat der selbsternannte CSU-Export-Staatssekretär
üller diese Woche im Agrarausschuss großspurig er-

lärt.


(Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Der leistet gute Arbeit! Sehr gute Arbeit leistet der!)


as klingt wie eine Drohung gegenüber den ärmsten
ändern der Welt und ist wohl auch als Drohung ge-
eint, wie man annehmen muss, wenn man sich ansieht,
ie Sie mit Ihrer Exportstrategie die Welt mit billigem
leisch und billiger Milch überschwemmen wollen.


(Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Hallo?)


as Sie hier treiben, zerstört das, was der Weltagrar-
ericht als das Zukunftsmodell zur Lösung der globalen
erausforderungen im ländlichen Raum bezeichnet: die
äuerliche Landwirtschaft, die nachhaltig Umwelt, Na-
r und Tiere schont und schützt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1702002000

Das Wort hat nun Stefanie Vogelsang für die CDU/

SU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Stefanie Vogelsang (CDU):
Rede ID: ID1702002100

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und

ollegen! Mit dem Entwurf dieses Gesetzes führen wir
aßnahmen zur Bekämpfung der Finanz- und Wirt-

chaftskrise fort, mit denen wir in der Großen Koalition
egonnen haben. Gestern haben wir hier über den Jah-
swirtschaftsbericht debattiert und zur Kenntnis genom-
en, dass es erste Anzeichen einer langsamen Erholung

ibt. So erfreulich das Ende der Abwärtsdynamik auch






(A) )



(B) )


Stefanie Vogelsang
ist: Die deutsche Wirtschaft befindet sich weiterhin in ei-
nem tiefen Tal. Die leicht positiven Signale für das lau-
fende Jahr geben keinen Anlass zu euphorischen Ein-
schätzungen.

Jetzt ist es von besonderer Bedeutung, die beginnende
Erholung in ihren Kräften zu stützen und weitere Im-
pulse in Richtung Wachstum zu setzen.

Richtig war es, dass wir in der Großen Koalition ge-
meinsam den Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung
gesenkt haben. Richtig war es, dass wir den Beitragssatz
zur gesetzlichen Krankenversicherung festgeschrieben
haben.

Aus dieser nicht in Deutschland verursachten interna-
tionalen Krise konnten wir etliche Erkenntnisse gewin-
nen; internationale Handlungsnotwendigkeiten zur Ver-
hinderung einer erneuten Krise dieses Ausmaßes wurden
deutlich. Unsere Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung
der sozialen Marktwirtschaft hat sich als durchaus kri-
senfest erwiesen. Deutschland hat diese Krise deutlicher
besser überstanden als viele andere Länder.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Das ist einfach wahr! Das sollten die zur Kenntnis nehmen und sich darüber freuen!)


Frau Kollegin Senger-Schäfer, wie sozial und wie ge-
recht ein System ist, das ohne Wettbewerb funktioniert,
mussten viele Menschen in unserem Land viele Jahr-
zehnte ertragen. Ich glaube nicht, dass wir in diese Rich-
tung wollen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Eines ist ganz klar und deutlich geworden: Unsere so-
zialen Sicherungssysteme sind in erheblichem Maße
konjunkturabhängig. Dieser Gesetzentwurf enthält ne-
ben dem Sonderprogramm mit Maßnahmen für Milch-
viehhalter, der Anhebung des Schonvermögens und dem
Zuschuss für die Bundesagentur für Arbeit auch den Zu-
schuss an die gesetzliche Krankenversicherung, auf den
ich mich jetzt konzentrieren möchte.

Gerade wegen der hohen Konjunkturabhängigkeit ist
es richtig, die gesetzliche Krankenversicherung zu-
nehmend von dem Faktor Arbeit zu entkoppeln. Dafür
haben wir die Einrichtung einer Regierungskommission
beschlossen, die uns den Weg für eine neue Basis für
eine gerechte und solidarische Finanzierung unseres Ge-
sundheitssystems erarbeiten wird. Herr Kollege Schurer,
Sie können ganz sicher sein, dass die christlich-liberale
Koalition


(Christian Lange [Backnang] [SPD]: „Schwarz-Gelb“ heißt das! Wie die Gifttonne!)


auf diesem Weg die Orientierung hat und die Richtung
weiter vorgeben wird.

Noch in der Großen Koalition haben wir beschlossen,
den Beitragssatz zur gesetzlichen Krankenversicherung
stabil zu halten. Wir alle waren erleichtert, dass im Jahr
2009 das im zweiten Nachtragshaushalt beschlossene
überjährige Liquiditätsdarlehen des Bundes an den Ge-

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(C (D undheitsfonds zur Kompensation ebendieser krisenbeingten Mindereinnahmen nicht benötigt wurde. Im ahmen des zweiten Konjunkturpakets ist der Bundesuschuss 2010 zur Finanzierung der Beitragssatzsenung von 6,3 Milliarden Euro auf 11,8 Milliarden Euro rhöht worden. Mit diesem Gesetz wollen wir die rundlage für einen zusätzlichen Bundeszuschuss in öhe von 3,9 Milliarden Euro schaffen. Dies ist als ge amtgesellschaftliche, flankierende Maßnahme in dieem Jahr notwendig; sonst wird der Druck auf unsere geetzliche Krankenversicherung noch größer, und das ollen wir verhindern. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wir haben schon in der ersten Lesung des Bundes-
aushalts letzte Woche über die Etatisierung dieser Mit-
l geredet. Derzeit berät der Haushaltsausschuss über
en Etat. Lassen Sie uns diesen Gesetzentwurf ebenfalls
n den Haushaltsausschuss überweisen. Meine Damen
nd Herren vor allen Dingen von der SPD, aber auch
on den Grünen, dieser Schutzschirm, den wir jetzt auf-
pannen, ist, um im Farbenspiel zu bleiben, ein schwarz-
elber Schutzschirm.


(Bettina Hagedorn [SPD]: Aber nur ein Schutzschirm für 2010! Da brauchen wir kein Prophet zu sein!)


Frau Kollegin, er ist ein Schutzschirm für 2010. Wir
arten ab und schauen, wie sich die Lage entwickelt.
ir alle können das nicht vorhersehen oder Prognosen

bgeben. – Ich glaube, dass es der Kontinuität Ihres Han-
elns und der Verantwortung, die Sie in Ihren Wahlkrei-
en Ihren Bürgerinnen und Bürgern gegenüber haben,
ntsprechen würde, wenn Sie ganz gründlich darüber
achdenken würden, ob ein solcher Schutzschirm nicht
uch rote und grüne Farbpunkte tragen sollte.

Danke.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1702002200

Das Wort hat nun Wilhelm Priesmeier für die SPD-

raktion.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD):
Rede ID: ID1702002300

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe

olleginnen und Kollegen! Wer bislang noch nicht ge-
usst hat, was ein Kuhschwanz wert ist, dem sei gesagt:
ie Regierung hat Maßstäbe gesetzt, es sind 20 Euro,


(Beifall des Abg. Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


nabhängig davon, wie lang er ist, unabhängig davon, zu
elcher Kuh er gehört, unabhängig davon, ob die Kuh
000 Liter oder 10 000 Liter Milch gibt. All das wird
ber einen Kamm geschoren. Jede Kuh in Deutschland
ann jetzt froh sein: Vor dem Gesetz sind sie alle
leich. – Hervorragend! Kompliment, das habt ihr gut
emacht! Ihr habt das Fass in Feierlaune aufgemacht. Da






(A) )



(B) )


Dr. Wilhelm Priesmeier
wird Party gefeiert, Geld ausgeteilt, und keiner kümmert
sich um die Rechnung. Das ist die derzeitige Politik im
Agrarbereich. Ihr verschenkt heute die finanziellen
Spielräume, die ihr in den nächsten Haushaltsjahren
noch dringend brauchen werdet.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Es wurde angesprochen: Die Agrarhaushalte 2011, 2012
und 2013 werden von drastischen Einsparungen nicht
verschont werden; das ist jedem klar.


(Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: 2010 hast du vergessen!)


Heute feiert ihr noch einmal kräftig, heute teilt ihr noch
einmal Geschenke aus.

Kollege Ostendorff hat gerade deutlich gemacht, wo
die strukturellen Schwächen dieses Programms liegen.
Das, was hier geplant ist, ist für die Agrarpolitik ord-
nungspolitisch ein Super-GAU sondergleichen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Die FDP sitzt daneben und hat die Prinzipien der Agrar-
politik, die sie sonst vertreten hat, grundlegend verraten.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das werden wir Ihnen alles erklären!)


Geschuldet ist dies dem Kompromiss, den man eingehen
musste, nachdem im Vorwahlkampf in Bayern schon
mal eine hauseigene Prämie gezahlt wurde. Das hat nicht
viel genutzt; die Bauern sind trotzdem von der CSU
weggelaufen. Jetzt will man nachlegen, die Dimension
vergrößern, in der Hoffnung, man könne die Bauern kau-
fen. Das ist keine Strategie. Langfristig kann man die
Bauern nicht kaufen; auch die CSU in Bayern kann das
nicht.

Frau Ministerin Aigner ist nicht mehr da. Sie kann
jetzt mit der Gießkanne durch Bayern fahren und jeden
Hektar begießen. Die Frage ist, was dies nützt. Das hat
nichts mit strukturierter Agrarpolitik zu tun. Wir brau-
chen den Strukturwandel, wir müssen ihn begleiten; das
ist unabdingbar. Das Programm, das hier aufgelegt wor-
den ist, begleitet nichts, erzeugt nur Mitnahmeeffekte
und hat unterm Strich keine strukturellen Folgewirkun-
gen. Der Strukturwandel wird aufgeschoben und behin-
dert.


(Dr. Gerd Müller [CDU/CSU]: Wilhelm, was soll noch übrig bleiben in der Landwirtschaft?)


Dabei wäre es doch notwendig, dafür zu sorgen, das um-
zusetzen, was im Vorbericht zur Sektoruntersuchung sei-
tens des Bundeskartellamts – Kollege Ostendorff hat es
angesprochen – klar und deutlich gesagt worden ist, um
den Milchsektor zu stärken.


(Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Wenn du recht hättest, solltest du jetzt Vorschläge machen!)


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(C (D Wir müssen die Wettbewerbsfähigkeit der Milchrzeuger stärken. Wir müssen ihre Position auf dem arkt stärken. Da können Sie ins Volle greifen. Nach en Vorgaben der EU dürfen Sie jede Erzeugergemeinchaft mit 500 000 Euro fördern. Legen Sie ein entsprehendes Programm auf! Fördern Sie die Strukturen auf em Markt, fördern Sie die Wettbewerbsfähigkeit und rdern Sie die Marktgerechtigkeit! Dieser Ansatz wird ukünftig im Bereich der Milchpolitik notwendig sein nd nicht die Größenordnung des Programms hier. Das Programm an sich ist löchrig wie ein deutscher äse. Die Verteilungsungerechtigkeit ist eklatant. Der ayerische Landwirtschaftsminister rühmt sich, dass ber ein Viertel der Mittel des Gesamtprogramms nach ayern fließt. Das ist mehr, als den Bayern in der Relaon zu der Milchmenge, die sie normalerweise produieren, zusteht. Ich weiß nicht, ob dies bei den Betrieben Schleswig-Holstein oder in den neuen Bundesländern iel Zustimmung gefunden hat; denn da gibt es Kapungsgrenzen aufgrund der De-minimis-Regelung; bei 87 Kühen ist Schluss. Aber auch das sind Betriebe, die rbeitnehmer beschäftigen und Arbeit sichern. Sie geen bei diesem Programm, so wie es gestrickt ist, zwar icht leer aus, werden aber erheblich benachteiligt. Das ist nicht der richtige Ansatz. Die Politik, die hier ffenkundig betrieben wird, ist ein Anachronismus. Dies t der Rückfall in die Agrarpolitik der 60er-Jahre, als es ine Abschlachtprämie und andere Dinge gab. Das kann an nicht gutheißen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Joachim Poß [SPD]: Mutig zurück in die 60erJahre!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1702002400

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen

chirmbeck?


Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD):
Rede ID: ID1702002500

Ja.


Georg Schirmbeck (CDU):
Rede ID: ID1702002600

Herr Kollege Priesmeier, Sie sind eigentlich ein sehr

achlicher Kollege und beschäftigen sich inhaltlich mit
iesen Themen. Ich weiß nicht, welche Zahlen man Ih-
en vorgelegt hat. Ich weiß aber, dass der zuständige Be-
mte im Landwirtschaftsministerium sehr solide rechnet.
ieht man sich die mir vorliegenden Zahlen vor dem
intergrund des Pakets an, das wir geschnürt haben,
ozu natürlich auch die Gasölverbilligung und die Zu-

chüsse zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung ge-
ören, dann ergibt sich, dass Bayern einen Anteil von
5,63 Prozent an der Milchproduktion in Deutschland
nd einen Anteil von 26,35 Prozent an den Mitteln hat,
ie der Landwirtschaft jetzt zur Verfügung gestellt wer-
en. Jetzt zu behaupten, das sei zugunsten eines Bundes-
ndes, das geht an diesen Zahlen vorbei. Ich frage Sie,
b Sie andere Zahlen haben und ob die Zahlen, die mir
as Ministerium zur Verfügung gestellt hat, falsch sind.






(A) )



(B) )


Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD):
Rede ID: ID1702002700

Herr Schirmbeck, fragen Sie einmal in Mecklenburg-

Vorpommern nach, warum es im Bundesrat gegen das
Gesetz gestimmt hat.


(Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Ich habe von Bayern gesprochen!)


Das Missverhältnis zwischen den süddeutschen Bundes-
ländern wie Baden-Württemberg und Bayern und den
norddeutschen ist belegbar. Sobald ich Zeit habe, suche
ich die Zahlen heraus. Dann können wir uns später gerne
darüber unterhalten. Die Beweisführung scheue ich
nicht. Sie konstruieren hier Gesamteffekte aus dem Be-
reich Agrardiesel und anderen Einzelmaßnahmen im
Rahmen der Unfallversicherung. Die Aussage, die ich
getroffen habe, bezieht sich allein auf das Grünland-
Milchprogramm, das Sie vorgelegt haben.


(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Darum geht es ja auch nur!)


– Vielen Dank, Herr Kollege. Genau darum geht es.


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1702002800

Haben Sie eine Nachfrage? – Gestatten Sie das, Herr

Kollege?


Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD):
Rede ID: ID1702002900

Ja.


Georg Schirmbeck (CDU):
Rede ID: ID1702003000

Herr Kollege Priesmeier, wenn wir fair miteinander

umgehen wollen, dann müssen wir das Gesamtkonstrukt
sehen, das wir für den ländlichen Raum vorgesehen ha-
ben. Meine Frage: Die Zahlen für die neuen Bundesländer
belegen, dass sie einen Milchanteil von 22,57 Prozent ha-
ben; ihre Zuschüsse belaufen sich auf 21,18 Prozent. Ich
weiß nicht, ob Sie sich einen Schlüssel vorstellen kön-
nen, der diese Mittel bei den zugegebenermaßen unter-
schiedlichen Strukturen, die wir in Deutschland haben,
noch gerechter aufteilt; es ist ohnehin schwierig, das mit
einem einheitlichen Maßstab auf den Weg zu bringen.


Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD):
Rede ID: ID1702003100

Zugegebenermaßen ist es so, dass die Milchviehbe-

triebe in der Relation weniger Agrardiesel beziehen als
die Ackerbaubetriebe. Allein daraus ergibt sich, dass
Ihre eben vorgetragene Annahme nicht ganz richtig sein
kann.


(Beifall bei der SPD – Georg Schirmbeck [CDU/ CSU]: Aber die Zahlen sind richtig!)


Ich kann nur an Sie appellieren: Streichen Sie die
300 Millionen Euro für das Grünlandprogramm aus dem
Haushalt und kommen Sie Ihrer gesamtstaatlichen Ver-
antwortung nach! Diese 300 Millionen Euro sind schul-
denfinanziert. In der jetzigen desaströsen Haushaltslage
ist es nicht angemessen, diese Form von Geschenken zu
machen.

Vielen Dank.

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(C (D (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1702003200

Das Wort zu einer Kurzintervention erteile ich Kolle-

in Happach-Kasan.


Dr. Christel Happach-Kasan (FDP):
Rede ID: ID1702003300

Sowohl in der letzten Debatte als auch durch die Fra-

en und Antworten der Kollegen Schirmbeck und
riesmeier ist deutlich geworden, worum es in dieser
ebatte geht. Es geht um das Sonderprogramm Land-
irtschaft, das wir, die christlich-liberale Koalition, ge-
einschaftlich im Koalitionsvertrag vereinbart haben,


(Joachim Poß [SPD]: Schwarz-Gelb!)


eil wir der Auffassung sind, dass gerade Milchviehbe-
iebe durch die Wirtschaftskrise, durch den absolut
iedrigen Milchpreis geschwächt worden sind und dass
ie eine Unterstützung brauchen, damit sie durchhalten
önnen, damit sie die Chance haben, zu überleben.


(Beifall des Abg. Dr. Heinrich L. Kolb [FDP])


Unsere Maßnahmen umfassen drei Teile. Zum einen
ibt es das Grünlandprogramm. Ich finde es schon et-
as seltsam, dass der grüne Abgeordnete sein umwelt-
olitisches Gewissen total aufgegeben und verloren hat.


(Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da haben Sie nicht richtig zugehört! Lesen Sie noch mal nach, was ich gesagt habe!)


ie alle wissen, dass Grünland gebraucht wird. Die Nut-
ung von Grünland ist nur durch Milchviehhaltung,
urch Tierhaltung möglich. Deswegen ist es richtig,
enn wir ein Umbruchverbot für Grünland haben, dass
ir die Betriebe stärken, die es nutzen.


(Beifall bei der FDP)


Zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung. Wir
issen, dass gerade tierhaltende Betriebe mehr Unfälle
aben und dass sie gestützt werden, wenn wir die land-
irtschaftliche Unfallversicherung stärken.

Wir haben auch eine „Kuhschwanzprämie“ vorge-
ehen.


(Heiterkeit)


Vielen Dank für die Heiterkeit im Plenum, aber für die
etriebe ist das eine ernste Angelegenheit. – Es ist in der
esamten Diskussion ein Wermutstropfen für uns Libe-
le, dass sie auf 178 Kühe begrenzt wird. Wir kritisieren

n dieser Kuhprämie, dass sie strukturkonservativ ist,
ass sie keine lenkende Aufgabe hat und letztendlich der
emeinschaftsaufgabe „Agrarstruktur und Küstenschutz“

ntgegenwirkt. Auf ihrer Grundlage wurden Programme
ntwickelt, die gewährleisten, dass gute Betriebe ge-
tärkt werden und schwache Betriebe eine Möglichkeit
um Ausstieg bekommen, damit wir einen sozialverträg-
chen Strukturwandel haben. Das kritisieren wir. Hier
ehen wir Verbesserungsbedarf im Bereich der Kuhprä-






(A) )



(B) )


Dr. Christel Happach-Kasan
mie. Wir hoffen auf Unterstützung, insbesondere aus der
Opposition.

Danke schön.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist Sterbegeld! Nicht mehr!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1702003400

Herr Kollege Priesmeier.


Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD):
Rede ID: ID1702003500

Verehrte Kollegin Happach-Kasan, vielen Punkten Ih-

rer Analyse kann ich ohne Weiteres zustimmen. Das
würde ich ohne Weiteres unterschreiben. Ich weiß, wie
sich die Situation der FDP in den Koalitionsverhandlun-
gen dargestellt hat. Es war sicherlich nicht einfach, diese
Kröte zu schlucken. Es war sicherlich nicht einfach, auf
die Begehrlichkeiten der Bayern in dieser Weise einge-
hen zu müssen. Das entspricht an sich nicht der agrarpo-
litischen Tradition der FDP.

Ich kann Ihnen versichern, dass wir bei dem Szenario,
das Sie aufgezeigt haben, wenn es um die Linie und die
Strukturpolitik geht, durchaus kompromissfähig sein
können. Zu dem vorgelegten Programm, wie es sich jetzt
darstellt, gibt es aber nur ein ganz klares Nein. Ich kann
Sie unterstützen: Hoffentlich setzen Sie sich mit Ihrer
Position innerhalb der Koalition durch. Das wäre zum
Vorteil für die deutsche Landwirtschaft. Da würde Ihnen
einiges an Ärger und Folgekosten erspart bleiben.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Mehr FDP, dann wird alles gut!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1702003600

Das Wort hat nun Paul Lehrieder für die CDU/CSU-

Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Paul Lehrieder (CSU):
Rede ID: ID1702003700

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen!

Werte Kollegen! Bisher hat Deutschland die Wirtschafts-
und Finanzkrise im Vergleich mit anderen von der Krise
betroffenen Staaten verhältnismäßig gut überstanden.
Das entschlossene Handeln der Bundesregierung im
letzten Jahr hat den Finanzmarkt stabilisiert und die Tal-
fahrt der Wirtschaft gestoppt. Offensichtlich greifen die
Maßnahmen zur Konjunkturbelebung.

Positiv hat sich in Deutschland vor allem die Auswei-
tung der Regelung für das Kurzarbeitergeld ausge-
wirkt. Wir haben erst gestern Abend hier darüber disku-
tiert. Der Anstieg der Arbeitslosigkeit konnte so stark
begrenzt werden wie in keinem anderen Industrieland
weltweit. Der zu Beginn der Wirtschaftskrise vorausge-
sagte Anstieg der Arbeitslosigkeit auf über 4 Millionen
ist erfreulicherweise nicht eingetreten.


(Bettina Hagedorn [SPD]: Durch die kluge Arbeitsmarktpolitik von Olaf Scholz!)



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(C (D Dass die SPD einen bescheidenen Beitrag dazu geleist hat, will ich nicht in Abrede stellen. Es wäre allerdings ein Fehler, sich jetzt auf den positien Entwicklungen auszuruhen. Die Krise reißt spürbare ücken in die Finanzierung der sozialen Sicherungssysme. Ihre Folgen für die Wirtschaft, besonders für den rbeitsmarkt, sind noch längst nicht überwunden. Mit em Ziel, Beschäftigung möglichst zu sichern, hat die undesregierung durch ihre Sofortmaßnahmen zwar iele Härten abfedern können, es gibt aber immer noch chieflagen, die wir beseitigen, und Entwicklungen, deen wir gegensteuern müssen. Viele Menschen, die für ihr Alter mit einer Lebensvericherung oder dem Bau eines Eigenheims vorgesorgt aben, sehen sich mit einer Situation konfrontiert, in der r sichergeglaubter Arbeitsplatz bedroht ist. Ihre Selbst orsorge soll bei länger dauernder Arbeitslosigkeit nicht msonst gewesen sein. Deshalb gliedern wir sie in den chutzschirm für Arbeitnehmer ein, den wir mit dem Soialversicherungs-Stabilisierungsgesetz, über dessen Enturf wir hier und heute debattieren, aufspannen. Wir erhöhen den Freibetrag beim Schonvermögen im GB II, der verbindlich der Altersvorsorge dient, deutch, von 250 Euro auf 750 Euro pro Lebensjahr; einige er Vorredner haben bereits darauf hingewiesen. Bedinung dafür ist, dass das Altersvorsorgevermögen erst it Eintritt in den Ruhestand verfügbar ist. Erwerbslose ären so seltener gezwungen, ihre Ersparnisse für das lter anzugreifen. Für einen 50-Jährigen läge der Freietrag dann immerhin bei 37 500 Euro. Ansprüche aus ürupund Riester-Renten werden nicht mit diesem reibetrag verrechnet. Sie bleiben generell verschont. Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und ollegen, als die Sätze für das Schonvermögen 2004 stgeschrieben wurden, reichte es aus, dass jeder, der rbeitslosengeld II beantragte, für sich und seinen Parter je 150 Euro pro Lebensjahr behalten durfte. Das GB II ist aber ein lernendes System. Wir haben regisieren müssen – dafür haben wir sogar Applaus von der inkspartei bekommen –, dass die Vorsorge fürs Alter twas stärker geschützt werden muss, um jungen Leuten, ie im Berufsleben stehen, die Motivation zu geben, elbst Werte fürs Alter zu schaffen, sei es das Eigeneim, sei es eine entsprechende Altersvorsorge. Die Rahmenbedingungen sind heute jedoch schwierier als noch vor sechs Jahren. Viele Mittelständler, leinunternehmer und Selbstständige, sind widrigen irtschaftlichen Umständen ausgesetzt und mitunter von ngerer Arbeitslosigkeit bedroht. Diesen Menschen ollen wir helfen, damit sie nicht ihr Erspartes schon insetzen müssen, bevor sie Arbeitslosengeld II bekomen. Es ist auch eine Frage der Gerechtigkeit, dass sie icht im Alter auf Sozialleistungen angewiesen sind, nur eil der Freibetrag für die Altersvorsorge zu gering war. Übrigen – auch darauf muss einmal hingewiesen erden – entlasten wir langfristig die öffentliche Hand, enn wir das Schonvermögen erhöhen und durch den ehalt des Eigenheims zukünftige Leistungen für Wohn Paul Lehrieder kosten im Zusammenhang mit der Alterssicherung nach dem SGB XII bereits jetzt vermeiden. Ein wichtiges Ziel unserer Arbeitsmarktund Sozialpolitik war immer, die private Altersvorsorge zu fördern, um einer möglichen Altersarmut von breiten Bevölkerungsschichten rechtzeitig vorzubeugen. Auch aus diesem Grund wird innerhalb unserer Partei schon lange gefordert, das Schonvermögen zu erhöhen. So haben wir in der christlich-liberalen Koalition (Christian Lange [Backnang] [SPD]: „Christdemokratisch“ heißt es!)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)





(A) )


(B) )


(Beifall bei der CDU/CSU)


– ich habe es bewusst gesagt, Herr Kollege, damit Sie
Ihren Zuruf machen können – beschlossen, als eine der
ersten Maßnahmen den Freibetrag beim Schonvermögen
im SGB II deutlich anzuheben. Ich freue mich ganz be-
sonders, dass dieser Beschluss in den Koalitionsvertrag
zwischen Union und FDP Eingang gefunden hat. Ge-
meinsam mit unserem Koalitionspartner haben wir uns
darauf geeinigt, die Freibeträge für das Altersvorsorge-
vermögen von 250 auf 750 Euro je vollendetem Lebens-
jahr zu verdreifachen. Kollege Vogel von der FDP hat in
seiner Rede darauf hingewiesen.

Unsere Botschaft lautet: Wer für das Alter vorsorgt,
hat auch für den Fall der Arbeitslosigkeit richtig gehan-
delt.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Ich weiß, auch vonseiten der Opposition gab und gibt es
Forderungen und Anträge in diese Richtung. Wir aber
wollten einen vernünftigen und ordentlich ausgearbeite-
ten Gesetzentwurf. Dieser liegt Ihnen jetzt vor. Damit
haben wir unser Versprechen eingelöst.

Noch einen weiteren Aspekt, der für die Arbeits-
marktpolitik von Bedeutung ist, wird das Sozialversiche-
rungs-Stabilisierungsgesetz regeln. Durch die krisenbe-
dingten Einnahmeausfälle und steigenden Ausgaben
verzeichnete die Bundesagentur für Arbeit für das ver-
gangene Jahr ein Defizit von 10,9 Milliarden Euro. Die
Rücklage der BA ist zum Jahresende 2009 auf rund
1,9 Milliarden Euro gesunken. Für das Haushaltsjahr
2010 erwartet die BA bei einem unveränderten Beitrags-
satz in Höhe von 2,8 Prozent ein Defizit in Höhe von
rund 17,9 Milliarden Euro. Dies entspricht einem Fehl-
bestand von rund 16 Milliarden Euro am Jahresende.

Wenn Herr Kollege Birkwald von der Linkspartei hier
ausführt, es sei ein Fehler gewesen, die Arbeitslosenver-
sicherungsbeiträge von damals 6,5 Prozent auf heute
2,8 Prozent zu reduzieren, so sei Ihnen, aber auch den Zu-
schauern auf den Tribünen und am Fernseher gesagt:
Wenn wir die Beitragssätze bei 6,5 Prozent belassen hät-
ten, wäre die Konsequenz gewesen, dass jeder Arbeitneh-
mer und natürlich jeder Arbeitgeber – das Ganze ist ja pa-
ritätisch finanziert – Monat für Monat 3,7 Prozentpunkte
mehr an Sozialabgaben hätte zahlen müssen. Wenn Sie
den Wunsch erfüllen wollen, müssen Sie den Forderun-
gen der Linkspartei folgen.

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(C (D (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Aber nicht mit uns!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1702003800

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

ollegen Birkwald?


Paul Lehrieder (CSU):
Rede ID: ID1702003900

Ja, natürlich. Ich bitte darum.


Matthias W. Birkwald (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1702004000

Herr Kollege Lehrieder, sind Sie bereit, zur Kenntnis

u nehmen, dass der Wunsch der Linken ist, dass alle Er-
erbslosen in der Krise 24 Monate Arbeitslosengeld er-
alten? Dafür braucht man Geld, und es ist sinnvoller, hö-
ere Beiträge zu zahlen, damit man dann, wenn man auf
as Pflaster geworfen wird, einen gewissen Schutz hat
nd erst später in das unsoziale Hartz-IV-System gelangt.


Paul Lehrieder (CSU):
Rede ID: ID1702004100

Herr Kollege Birkwald, sind Sie bereit, zur Kenntnis

u nehmen, dass wir genau diesen Schutzschirm haben
nd dass wir in diesem Gesetzentwurf vorsehen, die Bei-
äge zur Bundesagentur stabil zu halten und den Aus-
leich des Defizits aus steuerfinanzierten Mitteln zu
bernehmen? Es ist ja auch ein Wunsch, den Sie als Um-
erteilungspartei hier regelmäßig vortragen, dass wir
ber steuerfinanzierte Leistungen die Arbeitnehmer, all
iejenigen, die im Berufsleben stehen, ein Stück weit
ntlasten sollen. Da sind wir mit Sicherheit sozialer als
ie Linkspartei.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Widerspruch bei der LINKEN)


Dieser Fehlbestand soll nun nicht als zurückzuzahlen-
es Darlehen, sondern als einmaliger Bundeszuschuss
ur Verfügung gestellt werden. Wie wir auch im Koali-
onsvertrag festgeschrieben haben, muss die Auszah-
ng dieses Zuschusses selbstverständlich an strenge
riterien gebunden werden.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und

ollegen, mit dem hier vorliegenden Gesetzentwurf set-
en wir einen weiteren Markstein auf dem Weg zur
berwindung der Krise und ihrer Folgen. Aus dem
achstumsbeschleunigungsgesetz und dem Sozialversi-

herungs-Stabilisierungsgesetz ergeben sich steuerliche
rleichterungen. Allein mit dem Wachstumsbeschleu-
igungsgesetz entlasten wir die Bürger und Unterneh-
en um insgesamt rund 8,5 Milliarden Euro. Wir wollen

ie Sozialbeiträge von Arbeitgebern und Arbeitnehmern
tabil halten – hier unterscheiden wir uns von den Lin-
en – und die Lohnnebenkosten nicht zusätzlich belas-
n. Es gilt, im Rahmen des haushaltspolitisch Verant-
ortbaren zusätzliche Impulse zu geben. Nur so werden
ir das Vertrauen von Investoren und Konsumenten in
ie Kontinuität der künftigen Steuer-, Finanz- und Haus-
altspolitik stärken und damit langfristig die Weichen
r mehr Wachstum und Beschäftigung stellen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)







(A) )



(B) )


Paul Lehrieder
Nur so wird es uns gelingen, dabei zu helfen, dass die
Unternehmen die Krise meistern, Beschäftigungsver-
hältnisse erhalten und mehr Arbeitsplätze schaffen. Wir
können es uns nicht leisten, in der konjunkturellen Tal-
sohle zu verharren und sehenden Auges zuzulassen, dass
die Unternehmen und damit die Arbeitsplätze immer
stärker unter Druck geraten.

Ich weiß, liebe Kolleginnen und Kollegen von der
Opposition, dass Sie das eigentlich genauso sehen. Des-
halb möchte ich Sie einladen, uns auf unserem Weg zu
unterstützen und diesen Gesetzentwurf mitzutragen.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1702004200

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
Drucksachen 17/507 und 17/495 an die in der Tagesord-
nung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie
damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann sind die
Überweisungen so beschlossen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich rufe nun die Ta-
gesordnungspunkte 19 a bis 19 c auf:

a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Nicolette
Kressl, Joachim Poß, Ingrid Arndt-Brauer, weite-
rer Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Maßnahmenbündel gegen Spekulationen auf
den Finanzmärkten und ungerechtfertigte
Banker-Boni

– Drucksache 17/526 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dr. Carsten Sieling, Nicolette Kressl, Joachim
Poß, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
SPD

Die Lasten der Krise gerecht verteilen, Speku-
lationen eindämmen – Internationale Finanz-
transaktionsteuer einführen

– Drucksache 17/527 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Rechtsausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
Haushaltsausschuss

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Troost, Dr. Barbara Höll, Eva Bulling-Schröter,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE
LINKE

Finanztransaktionsteuer international voran-
treiben und national einführen

– Drucksache 17/518 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Haushaltsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
ie Aussprache eineinhalb Stunden vorgesehen. – Ich
öre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem
ollegen Joachim Poß für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)



Joachim Poß (SPD):
Rede ID: ID1702004300

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fi-

anzmarktkrise, in der wir seit gut zwei Jahren stecken,
t für uns insgesamt eine große Zäsur, und zwar eine ge-

ellschaftliche Zäsur und nicht nur eine vordergründig
olitisch-ökonomische.

Wir mussten erfahren, dass unsere Abhängigkeit von
anken und Finanzindustrie größer und tiefer ist, als wir
is dahin vielleicht gedacht hatten. Die Verantwortungs-
sigkeit und Gier, die Risikobereitschaft und manchmal

ogar die Dummheit von Bankern, Finanzmanagern und
uch von Verwaltungsräten öffentlicher Landesbanken
prengen das bisher Vorstellbare.

Hier setzt unsere gemeinsame Aufgabe ein, meine
amen und Herren, die Aufgabe der Politik: Wir müssen
iese Leute aus der Parallelwelt holen, in der sie sich
jede Äußerung dieser Tage macht das deutlich – noch

mer befinden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Einige Leute! – Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Keine Pauschalverurteilungen, Herr Poß!)


Ich rede von denen, die offenkundig auch im Namen
nderer sprechen. Ich halte überhaupt nichts von
ckermann-Bashing; aber Herr Ackermann ist nun ein-
al ein Sprecher der ganzen Branche,


(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Also doch!)


nd jede Äußerung von ihm belegt, dass wir die Branche
us ihrer Parallelwelt holen müssen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Teile der Branche!)


Nehmen wir als Beispiel nur die Diskussion über die
oni. Welche Rechtfertigung gibt es denn für ein solches
onisystem? Arbeiten die Arbeitnehmerinnen und Ar-
eitnehmer, für die es kein solches System gibt, nicht
uch motiviert? Solche Fragen muss man stellen. Einige
aben sich eingerichtet in diesem System und haben po-






(A) )



(B) )


Joachim Poß
litische Unterstützer gefunden. Da müssen wir umkeh-
ren.


(Frank Schäffler [FDP]: Wer hat denn in den letzten Jahren regiert?)


Nur dadurch, dass die Notenbanken und die Staaten
bis an die Grenzen ihrer Möglichkeiten und Mittel ge-
gangen sind, konnte ein flächendeckender Kollaps der
Finanzmärkte verhindert werden. Uns allen, meine Da-
men und Herren, muss klar sein: Noch eine solche Krise,
wie wir sie in den letzten zwei Jahren erlebt haben,
könnte auch Deutschland nicht mehr bewältigen. Daraus
lässt sich nur eine Konsequenz ziehen: Die Strukturen
in der Finanzindustrie, die Bankenwelt und die Finanz-
märkte insgesamt sind so zu verändern, dass sich eine
solche Krise möglichst nicht mehr wiederholt.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Wenn man die Berichte aus Davos verfolgt, bekommt
man mit, dass – polemisch gesprochen – beim Champa-
gner schon wieder gesagt wird: Das darf aber nicht zu
weit gehen. Nach der Obama-Rede haben Herr
Ackermann und andere aus der Branche in die gleiche
Richtung argumentiert – Originalton –: Die Regierungen
werden jetzt doch nicht die falschen Schlussfolgerungen
ziehen, weltweit und europäisch!


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Wir werden schon das Richtige tun, Herr Kollege!)


Angesichts dessen muss man sich fragen: In welcher
Welt leben diese Menschen? Sie sollten Davos schnell
verlassen und sich einmal die soziale Realität, zum Bei-
spiel in der Bundesrepublik Deutschland, anschauen.


(Beifall bei der SPD – Frank Schäffler [FDP]: So, Sie sind in der Opposition angekommen!)


Das ist eine der zentralen Gestaltungsaufgaben dieses
Hauses: Wir müssen uns nicht den Kopf zerbrechen, ob
und wie wir für diesen oder jenen noch mehr Steuern
senken können; das aber machen Sie in dieser Koalition
hauptsächlich. Sie müssen endlich zu Potte kommen und
eine Strategie entwickeln, wie wir mit nationalen, euro-
päischen und internationalen Maßnahmen die Aufgabe,
die ich beschrieben habe, endlich in den Griff bekom-
men.


(Frank Schäffler [FDP]: Was haben Sie denn letztes Jahr gemacht?)


Da ist bei Ihnen Pause, Ende der Durchsage. Warum
denn? Es ist doch ein Skandal, dass sich diese schwarz-
gelbe Koalition in einer der zentralen Fragen unserer
Zeit nicht verständigen kann,


(Beifall bei der SPD)


bei der Finanzmarkttransaktionsteuer unterschiedlicher
Meinung ist.

Frau Merkel äußert Verständnis. Aus der CSU kom-
men sozialdemokratische Töne.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Das besorgt Sie!)


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(C (D ie FDP sagt wie üblich Nein, weil sie am engsten mit em Finanzmarkt verflochten ist. Das Ganze offenbart in erschreckendes Defizit im Hinblick auf ein ernsthafs Politikverständnis. (Frank Schäffler [FDP]: Wer im Glashaus sitzt!)


as wurden hier, auch während der Zeit der Großen
oalition, für Reden gehalten, von Frau Merkel, philo-

ophisch von Ihrem Herrn Röttgers – –


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Röttgen!)


Röttgen. Röttgers ist die Mischung aus Rüttgers und
öttgen; denn die beiden tun sich da nicht viel: Große
eden, nichts dahinter!


(Beifall bei der SPD)


ie Rede von Herrn Röttgen war philosophisch ange-
gt, blieb aber ohne Konsequenzen. Wenn es um Kon-
retes geht: Ende der Durchsage. Sie sind in diesem
olitikfeld blank, so wie in der Gesundheitspolitik und
anderen Politikfeldern. Sie haben für die Zukunft un-

eres Landes konzeptionell nichts zu bieten. Das ist die
ealität; darüber wird hinweggetäuscht.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Eine solche Haltung können wir uns nicht mehr leis-
n: Es werden immer nur Fensterreden von Frau Merkel
der von Herrn Schäuble gehalten. Jetzt wird eine
inanzmarktkonferenz abgehalten, aber nicht erst im
ai, sondern schon im April,


(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Sie haben gar keine abgehalten!)


chtzeitig vor einer wichtigen Landtagswahl, um zu sa-
en: Irgendwann werden wir uns um die Probleme küm-
ern. Was ist das für eine Regierung, die in dieser Situa-
on nicht die Ärmel aufkrempelt!


(Beifall bei der SPD)


Man kann fast den Eindruck haben, dass in dieser
oalition nicht die schwäbische Hausfrau Merkel, son-
ern die schwäbische Drossel Homburger das Sagen hat.


(Heiterkeit bei der SPD)


a fragt man sich doch, welche speziellen Interessen
ich hier durchsetzen. Wir werden einmal recherchieren,
elche Spenden da vielleicht unterwegs sind oder wa-
n.


(Frank Schäffler [FDP]: Sprechen Sie einmal zum Thema!)


ir haben es doch nicht vergessen: Kurz vor der Wahl
amen einige ganz dicke Spenden aus der Finanzindus-
ie bei den jetzigen Koalitionspartnern an. Da wird doch
ohl kein Zusammenhang zu dem konkreten Nichthan-
eln bestehen?

Sie sind von der letzten Obama-Rede aufgeschreckt
orden. Erst muss der amerikanische Präsident kommen
nd etwas zur Begrenzung von Bankenmacht und hoch-
skanten Finanzgeschäften ausführen; dann kommt die
eutsche Regierung und sagt: Wir halten eine Konferenz






(A) )



(B) )


Joachim Poß
zu diesem Thema ab. Das ist in der Tat ein Armutszeug-
nis. Es muss wirklich anders gehen. Wir brauchen drin-
gend so etwas wie einen deutschen Aktionsplan, ein
konkretes Konzept, wie Deutschlands Beitrag zur nach-
haltigen und dauerhaften Stabilisierung der Finanz-
märkte und des Bankensektors aussehen soll.

Viel Zeit wurde vertan. Wir haben diese Diskussion
schon in der Großen Koalition geführt, auch über eine
Sonderabgabe des Bankenbereichs. Da haben Sie blo-
ckiert. Ich habe mit Ihnen in einer Gruppe zur Begren-
zung von Managergehältern verhandelt. Ein Dreiviertel-
jahr lang mussten wir Ihnen Stück für Stück notwendige
gesetzliche Veränderungen regelrecht aus der Nase zie-
hen, je nachdem, wie hoch der Druck in der Finanz-
marktkrise gerade war. Bei der Frage der Begrenzung
der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Gehältern und Ab-
findungen – dazu zählen Boni – haben Sie sich von
vornherein verweigert.

Was ist denn das für eine Haltung! Auch da müssen
Sie sich bewegen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Sie müssen doch auf nationaler Ebene machen, was auf
nationaler Ebene möglich ist. Diese Chance nutzen Sie
nicht. Sie machen unverbindliche Gedanken- und Mei-
nungsaustausche und gehen die Probleme nicht an. Wir
haben auch auf nationaler Ebene Regelungsbedarf. Sie
sind nicht glaubwürdig.

Auch Frau Merkel, die ein internationales Renommee
hat – wer wollte das denn bestreiten! –, kann mit ihrem
europäischen oder internationalen Renommee überhaupt
nichts anfangen, weil sie gar nicht weiß, wofür sie sich
bei den Gipfeltreffen in Europa oder den G-20-Treffen in
der Welt nachhaltig einsetzen soll; denn sie hat kein ein-
deutiges Mandat dieser Koalition. Dieser Zustand muss
sich ändern.

Um Ihnen da auf die Sprünge zu helfen, haben wir
zwei Anträge formuliert, die heute im Einzelnen noch
gut begründet werden. Wir werden dann ja sehen, wie
Sie sich dazu verhalten.

Die Zeit des Stillstands auf einem zentralen Politik-
feld in Deutschland muss vorbei sein. Ihre Zeit ist in die-
sem Punkt jedenfalls abgelaufen. Bewegen Sie sich
bitte!


(Beifall bei der SPD – Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir hatten ja vier Jahre lang Stillstand!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1702004400

Das Wort hat nun Leo Dautzenberg für die CDU/

CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Leo Dautzenberg (CDU):
Rede ID: ID1702004500

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe

Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Poß, durch Ih-
ren Beitrag haben Sie im Grunde wieder bekundet, dass
Sie sich hier unter Wert darstellen. Das gilt insbesondere

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(C (D Hinblick auf das, was wir bereits in der Großen oalition auf den Weg gebracht haben; denn das war timmig. Die Argumente und Vorwürfe, die Sie heute ier dargestellt haben, entbehren jeder Grundlage. In der euen Koalition, in der christlich-liberalen Koalition, hren wir jetzt die Dinge zielgenau fort, mit denen wir ereits im Finanzmarktstabilisierungsgesetz und durch eitere Maßnahmen begonnen haben. (Joachim Poß [SPD]: Das Einzige, was Sie aussprechen können, ist „christlich-liberal“!)


Ich darf vielleicht daran erinnern, was wir beispiels-
eise hinsichtlich der Vergütungsstrukturen schon auf
en Weg gebracht haben, was wir gemeinsam beschlos-
en haben. Wir waren eben nicht bereit – das ist nach wie
or richtig –, bei den Vergütungsstrukturen unter steuer-
chen Gesichtspunkten zwischen guten und schlechten
ezügen bzw. Einkünften und Ausgaben zu differenzie-
n. Das ist der falsche Ansatz.

Man setzt zu spät an, wenn man damit anfängt – das
urde auch in England teilweise vollzogen –, Boni zu
ersteuern. Diese Boni dürfen den Bereich der Banken

Grunde gar nicht verlassen, sondern sie sollten dafür
enutzt werden, die Eigenkapitaldecke der Banken zu
tärken. Das wäre der bessere Beitrag als der, hier zu ei-
em späteren Zeitpunkt eine Besteuerung herbeizufüh-
n, die über andere Vergütungssysteme teilweise wieder

o ausgeglichen wird, dass Sie das, was Sie damit eigent-
ch beeinflussen wollen, gar nicht erfassen.


(Dr. Carsten Sieling [SPD]: Wie erreichen Sie das? Vorschläge!)


Deshalb geht es darum, systematisch die Dinge fort-
usetzen, mit denen wir bereits begonnen haben. Die
erabschiedung des Finanzmarktstabilisierungsgeset-
es, dem bis auf die Linke alle Fraktionen in diesem
ause zugestimmt haben, war national der richtige Weg,
m eine Stabilisierung zu erreichen. Das muss fortge-
etzt werden.

Wenn wir uns anschauen, was auf europäischer Ebene
nd international momentan diskutiert wird und was wir
ational in der Pipeline haben, dann sehen wir, dass dies
on folgenden Zielen gekennzeichnet ist:

Wir stimmen Ihnen zu, dass sich die Krise, die sich
tzt mit all ihren Folgen ereignet hat, so nicht wiederho-
n darf. Sie können nie ausschließen, dass es immer
ieder Krisen geben wird, aber aufgrund der Erkennt-
isse, die man aus der aktuellen Krise gewonnen hat,
uss man jetzt die notwendigen Maßnahmen ergreifen,

amit sich eine solche Krise mit den entsprechenden
olgen nicht wieder ereignet.

Mit allen Anträgen, die hier von den Oppositionsfrak-
onen gestellt worden sind, greifen Sie im Grunde zu
urz, da Sie nur über Abgabesysteme und Belastungen
den. Es wird nicht gesagt, wie wir systematisch und

ielgenau die Erkenntnisse aus der Krise ziehen, die er-
rderlich sind, um die entsprechenden Maßnahmen

urchführen zu können.

Als weiteres Ziel gilt es deshalb in der Tat, bestimmte
anken – die, die gerettet wurden; über die Rettung er-






(A) )



(B) )


Leo Dautzenberg
folgte eine Stabilisierung und wurde ein Nutzen erzielt –
an den Kosten zu beteiligen. Man muss nur fragen, mit
welchen Instrumenten dies geschehen soll. Dies muss
auch differenziert geschehen.


(Dr. Carsten Sieling [SPD]: Wie lange fragen Sie denn? Wann antworten Sie?)


– Wie lange wir brauchen? Wir sind jetzt seit einem
bzw. zwei Monaten dabei. Durch Schnellschüsse, wie
Sie sie fordern, wird uns hier nicht weitergeholfen, son-
dern das muss durch eine nationale, europäische und in-
ternationale Vereinbarung im System verankert werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Steinbrück hat die Kavallerie in Marsch gesetzt! Mehr hat er nicht getan!)


Deshalb war es richtig, dass Herr Obama zumindest
Vorschläge unterbreitet hat. Das ist die Grundlage dafür,
dass man annehmen kann, dass sich etwas bewegt. Bis-
her war es das größte Problem bei der internationalen
Abstimmung, dass man das Stichwort „Regulierung“
den Vertretern des angelsächsischen Raums gegenüber
im Grunde gar nicht ansprechen konnte. Herr Steinbrück


(Frank Schäffler [FDP]: Wer war das noch mal? – Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/ CSU]: Das war der Mann mit der Kavallerie!)


und Frau Merkel haben doch das Thema Regulierung
mit Recht immer betont. In Heiligendamm ist vereinbart
worden, dass wir auch im angelsächsischen Bereich eine
stärkere Regulierung erreichen müssen.

Wenn der Obama-Vorschlag etwas Gutes enthält,
dann ist es die Öffnung für Maßnahmen. Dabei müssen
wir uns aber fragen, ob die vorgeschlagenen Maßnah-
men in unserer europäischen und nationalen Banken-
struktur, Finanzmarktstruktur und auch Finanzmarktkul-
tur adaptierbar und umsetzbar sind. Müssen wir nicht
besser von der nationalen Ebene ausgehend bis hin zur
europäischen Ebene Maßnahmen in die Diskussion ein-
bringen, die unserer Finanzmarkt- und Bankenstruktur
entsprechen?


(Dr. Thomas Gambke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Welche sind das?)


Obamas Vorschlag bedeutet nämlich eine Rückkehr
zum Trennbankensystem. Dadurch werden die Invest-
mentbanken und damit die Banken begünstigt, die uns
teilweise mit in die Krise geführt haben. Universalban-
ken aber dürfen keinen Eigenhandel mehr machen. Es
geht doch nicht um die Frage, ob Eigenhandel zugelas-
sen wird, sondern darum, in welchem Umfang er zuläs-
sig ist. Das muss aufsichtsrechtlich mit Eigenkapital-
anforderungen geregelt werden.


(Joachim Poß [SPD]: Überzeugen Sie doch mal die FPD!)


Je risikoreicher und systemisch relevanter, desto höher
sollte die Eigenkapitalunterlegung sein, Herr Poß. Das
ist die richtige Antwort, um Krisen und Blasenbildung in
diesem Bereich zu verhindern,

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(C (D tatt über die Schaffung von Besteuerungsgrundlagen zu iskutieren. Dabei sind wir auf einem guten Weg, der wischen den beteiligten Häusern abgestimmt wird. Wichtig ist für uns auch die Effizienzsteigerung der ufsicht. Dazu haben wir vorgeschlagen, dass die BaFin sgesamt mit ihren Strukturen bei der Bundesbank an ocken kann. (Joachim Poß [SPD]: Darüber kann man sehr streiten!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Richtig. – Der vom Bundesbankvorstand unterbreitete
orschlag, nicht nur die Bankenaufsicht, sondern auch
ie Solvenzaufsicht über die Versicherungen zu überneh-
en, war im Grunde zu kurz gesprungen,


(Joachim Poß [SPD]: Damit wird sich doch nicht der Kollege Thiele beschäftigen? Woher kommen diese Vorschläge? – Weiterer Zuruf von der SPD: Und die Unabhängigkeit?)


udem wurde in der Frage der Eingriffsverwaltung be-
nt, dass in schwierigeren Fällen weiterhin das BMF für

ie Rechts- und Fachaufsicht zuständig sein soll. Das ist
icht zu akzeptieren.


(Joachim Poß [SPD]: Und wann kommen Ihre konkreten Vorschläge? – Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Wie ist der Rechtsweg? Wo kann geklagt werden?)


Wir können die Unabhängigkeit der Bundesbank si-
herstellen, Kollege Poß. Es lässt sich organisatorisch
estalten, indem einzelne Teile voneinander getrennt
erden und dadurch die Aufsicht ausgeklammert wird.
arin sind wir nicht weit auseinander. Das lässt sich ma-

hen.

Ferner muss die Aufsicht mit mehr präventiven Kom-
etenzen ausgestattet werden. Im HRE-Untersuchungs-
usschuss wurde immer wieder vorgetragen, dass die
ufsicht auf das Geschäftsmodell keinen Einfluss neh-
en kann. Wenn aber Geschäftsmodelle in den Ruin
hren, dann muss die Aufsicht die Möglichkeit haben,

räventiv auf die Tätigkeit der Bank Einfluss zu neh-
en.


(Beifall bei der SPD – Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Fragen Sie mal die FDP!)


Das zeigt, dass wir auf einem guten Weg sind. Der re-
ulatorische Ansatz ist besser geeignet.


(Joachim Poß [SPD]: Wann kommen Ihre Vorschläge? Im März, April oder im Mai?)


Machen Sie sich darüber keine Sorgen. Damit werden
ir schon klarkommen. Ich wünsche mir nur, dass Sie
it Ihren Vorschlägen konsistent zu dem stehen, was wir

innvollerweise gemeinsam gemacht haben. Dann wären
ir schon einen wesentlichen Schritt weiter.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Joachim Poß [SPD]: Ich stehe dazu!)


Nun kommen wir zu Obamas weiterem Vorschlag des
rennbankensystems. Wir haben ein Universalbanken-






(A) )



(B) )


Leo Dautzenberg
system. Das ist unsere Kultur bis hin zu den kleinsten
Einheiten der Sparkassen und Genossenschaftsbanken.
Wollen Sie die alle mit der von Ihnen gewünschten
Finanztransaktionsteuer erfassen? Sie waren doch an den
Ursachen der Finanzkrise gar nicht beteiligt.


(Frank Schäffler [FDP]: So ist es!)


Lassen Sie uns doch die systemischen Banken heran-
ziehen, die entsprechend gesichert worden sind. Damit
sind wir wieder bei der Frage der Eigenkapitalunterle-
gung.

Gleichzeitig müssen wir in Basel dafür kämpfen, dass
eine bestimmte Qualität des Eigenkapitals, was das
Kernkapital anbelangt, erhalten bleibt. Wenn nämlich
Mezzanine-Kapital, also stille Beteiligungen, demnächst
nicht mehr zum Kernkapital gehören, ist das ein Schlag
gegen unsere Finanzierungskultur bei den Banken so-
wohl auf nationaler als auf europäischer Ebene. Hier
müssen wir dem angelsächsischen Raum etwas entge-
gensetzen, der hier zum Nachteil des deutschen und des
europäischen Bankensystems interessengeleitet ist.
Wenn Sie bereit sind, dabei mitzumachen, sind wir wie-
derum einen Schritt weiter.


(Joachim Poß [SPD]: Das hängt aber nicht von uns ab!)


Herr Kollege Poß, mit der Reform der Finanzaufsicht
muss ein Insolvenzrecht für Finanzinstitute einherge-
hen.


(Joachim Poß [SPD]: Sie sind jetzt so hilflos!)


– Nein, hier können wir auf das aufbauen, was schon
während unserer Zeit in den Häusern erarbeitet wurde.


(Zuruf von der SPD: Genau, machen Sie das mal!)


Es dürfen hier keine Verzögerungen entstehen, nur weil
man sich in den Ministerien nicht einig ist, wer hier die
Führung übernehmen soll.


(Zuruf von der SPD: Die CDU oder die FDP?)


Wir werden parallel dazu im Parlament darüber befin-
den, welcher Ausschuss dafür zuständig ist.


(Joachim Poß [SPD]: Warum einigen Sie sich denn nicht? Was ist das für eine Regierung?)


Da wir im Insolvenzrecht für Finanzinstitute, im Grunde
abgehoben vom gewerblichen Teil des Insolvenzrechts,
im Wesentlichen Besonderheiten für Finanzinstitute
brauchen, werden sich die Änderungen überwiegend auf
das KWG konzentrieren. Die entsprechenden Arbeiten
laufen bereits. Aber der Gesetzentwurf muss seriös erar-
beitet sein. Nach wie vor muss nämlich die Leitmaxime
in der sozialen Marktwirtschaft gelten, dass auch Finanz-
institute scheitern können. Sie dürfen nicht immer auf-
grund von „too big to fail“ oder der Systematik vom
Steuerzahler gerettet werden müssen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D ber dann braucht man neben einem Insolvenzrecht für inanzinstitute eine Einrichtung wie den SoFFin, der ahlungsströme sicherstellen kann. Im Insolvenzrecht r Finanzinstitute ist die Möglichkeit, Sicherungen, Abicklungen und Neustrukturierungen vorzunehmen, das ichtigste. Die entsprechenden rechtlichen Grundlagen ann man nicht innerhalb eines Monats legen. Das bearf längerer Beratungen. Die Arbeiten werden bereits in en Häusern geleistet. Wir sind auf gutem Weg, die internationale Diskusion nicht nur mit Absichten, sondern mit konkreten aßnahmen und Zielsetzungen zu begleiten. (Joachim Poß [SPD]: Aber wohin führt Sie der Weg?)


Kollege Poß, wir haben aus der Krise gelernt und
erden die richtigen Maßnahmen sowohl auf nationaler

ls auch auf europäischer und internationaler Ebene er-
reifen. Herr Zöllmer, mit Schnellschüssen ist uns nicht
edient. Wir werden uns an unseren Leitgedanken orien-
eren.


(Zuruf von der SPD: Sagen Sie doch mal was Konkretes!)


Ich war doch schon konkret genug. Sie haben offenbar
icht zugehört oder haben eine selektive Wahrnehmung,
eil Sie vielleicht das, was ich vorgeschlagen habe,
icht erwartet haben.


(Joachim Poß [SPD]: Wenn Sie gern Näheres wissen wollen, kommen Sie zu uns, wir helfen Ihnen!)


Mit den drei Anträgen, die sich alle nur auf eine Maß-
ahme konzentrieren, können Sie die vor uns liegenden
erausforderungen jedenfalls nicht bewältigen. Wir sind
it unseren Vorstellungen auf einem besseren Weg.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zuruf von der SPD: Ein einziger Hilferuf war das!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1702004600

Nächster Redner ist der Kollege Dr. Axel Troost für

ie Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Axel Troost (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1702004700

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

ur Diskussion stehen zwei Anträge zur Finanztrans-
ktionsteuer.


(Zuruf von der FDP: Das hatten wir doch schon in der letzten Sitzungswoche!)


as ist in der Tat nicht alles, worum es geht. Aber es
andelt sich zumindest um eine ganz konkrete Maß-
ahme. Wer die zwei Anträge der SPD und der Linken
u dieser Steuer genau liest, wird eine sehr große Über-
instimmung feststellen, und das ist auch gut so.


(Beifall bei der LINKEN)







(A) )



(B) )


Dr. Axel Troost
Wir Linken begrüßen insbesondere die Analyse, die
sich die SPD in ihrem Antrag zu eigen gemacht hat. Ich
möchte kurz zitieren:

Die Ursachen der Krise liegen in weltweit liberali-
sierter Regulierung und Aufsicht als Ergebnis einer
marktradikalen Ideologie, bei der es nur um die
Maximierung von Profit, Kapitalrenditen und
höchstmögliche Boni ging und die die ursprünglich
dienende Funktion von Finanzmärkten und deren
Funktionen für das Gemeinwohl oft vollständig
ignorierte.


(Zuruf von der CDU/CSU: Machen Sie jetzt eine Vorlesung?)


Sehr wohl, das ist das, was die Linke hier in den letzten
Jahren immer gesagt hat.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Wir sind froh, dass sich bei der SPD diese Erkenntnis
jetzt auch durchgesetzt hat,


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Wenn auch erst in der Opposition!)


und wir hoffen, dass die Politik jetzt auch entsprechend
ausfallen wird, wenn auch erst in der Opposition.

In unserem Antrag fordern wir die Bundesregierung
zu Folgendem auf. Erstens: Die Bundesregierung soll
sich in internationalen Organisationen wie UNO und In-
ternationalem Währungsfonds, in einzelnen Staatengrup-
pen wie G 20 und OECD und in der Europäischen Union
nachdrücklich für die Einführung der Finanztrans-
aktionsteuer einsetzen.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: In der UNO? – Zuruf von der FDP: NATO!)


Zweitens: Über den Fortgang dieser Verhandlungen
soll die Bundesregierung das Parlament und die Öffent-
lichkeit regelmäßig informieren.

Drittens: Während diese Verhandlungen laufen, soll
die Bundesregierung parallel einen Gesetzentwurf zur
Einführung einer Finanztransaktionsteuer in Deutsch-
land vorlegen.


(Frank Schäffler [FDP]: Eine Arbeitsplatzvernichtungsteuer!)


Wenn die Verhandlungen sich dann in die Länge ziehen,
sollen wir gemeinsam, Bundesregierung und Bundestag,
unsere Glaubwürdigkeit dadurch unter Beweis stellen,
dass die Finanztransaktionsteuer mit einem niedrigeren
Steuersatz im Alleingang bereits eingeführt wird.


(Beifall bei der LINKEN)


Wir wissen, es kommen immer wieder zahlreiche Ge-
genargumente; auf zwei davon will ich eingehen: Ers-
tens wird vorgebracht, eine solche Steuer treffe Unschul-
dige und die kleinen Leute. Wenn man sich das in
unserem Antrag genau ansieht, so ist zu erkennen, dass
wir davon ausgehen, dass bei einem nationalen Allein-
gang ein Steuersatz von 0,01 Prozent umgesetzt wird. Im

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(C (D aximum ist ein Steuersatz von 0,1 Prozent in der Disussion. Das bedeutete, dass Sparerinnen und Sparer, die ein epot mit Aktien oder festverzinslichen Wertpapieren on zum Beispiel 10 000 Euro anlegen, einmalig mit eiem Euro bzw. im Höchstfall mit zehn Euro belastet ürden. Bei 100 000 Euro wären es zehn Euro oder 00 Euro. Wenn man das mit den Bankgebühren für solhe Depots vergleicht, die in der Größenordnung von 000 bis 2 000 Euro bei 100 000 Euro liegen – – (Frank Schäffler [FDP]: Die Rechnung müssen Sie mir mal zeigen!)


Das ist doch ganz einfach. Das sind 1 bis 2 Prozent des
olumens, und das ist das, was an Bankgebühr verlangt
ird.


(Frank Schäffler [FDP]: Und wenn jemand regelmäßig spart?)


Nein, das ist einmalig; beim Erwerb wird dies fällig,
nd unabhängig davon, ob ich jeden Monat 100 Euro
pare oder einmal 10 000 Euro, ergibt die Summe ma-
ematisch immer das Gleiche, Herr Kollege.

Zweitens wird immer wieder gesagt, das gehe nur
lobal. Das war sicherlich früher ein weit verbreitetes
egenargument. Heute ist es aus unserer Sicht nur noch

ine ignorante Schutzbehauptung, denn es gibt inzwi-
chen viele Untersuchungen, die die Einführung auf EU-
bene für machbar und für funktional halten.


(Beifall bei der LINKEN)


Hinzu kommt, dass sich weltweit Regierungen positiv
ur Finanztransaktionsteuer äußern, gerade auch von
ändern mit großen Finanzzentren, zum Beispiel Groß-
ritannien. Ich appelliere daher an alle in diesem Haus,
sbesondere an diejenigen, die immer wieder sagen, wir

rauchten eine weltweite Finanztransaktionsteuer – ich
ende mich also insbesondere an die Kollegen in der
DU –, die gegenwärtige Gunst der Stunde zu nutzen,
ass der Premierminister Großbritanniens, Gordon
rown, sich im Augenblick so weit hervorgewagt hat.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Da möchte ich gern einmal den Prüfbericht sehen!)


Wir halten es für sinnvoll, auch ins deutsche Parla-
ent einen entsprechenden Vorratsbeschluss einzubrin-

en, wie ihn das belgische und das französische Parla-
ent gefasst haben. Nur zur Information: Das belgische
arlament hat am 1. Juli 2004 ein Gesetz beschlossen, in
em sich Belgien mit einem Vorratsbeschluss selbst ver-
flichtet, eine Tobinsteuer einzuführen, sobald die EU
inen entsprechenden Beschluss fasst.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Eine Tobinsteuer, das ist wieder etwas anderes!)


Die französische Nationalversammlung hat das Glei-
he bereits im Herbst 2001 gemacht. Beide Staaten – das
ar die damalige Diskussion – haben jetzt schon entwe-
er eine Besteuerung auch von Börsenumsätzen wie in
elgien oder aber wie in Frankreich einen Präsidenten






(A) )



(B) )


Dr. Axel Troost
Sarkozy, der sich ganz eindeutig für die Einführung der
Finanztransaktionsteuer einsetzt.


(Frank Schäffler [FDP]: Klar, so pleite wie der ist! – Heiterkeit bei der FDP)


Die G 20 haben in Pittsburgh den Internationalen
Währungsfonds beauftragt, nach Möglichkeiten zu su-
chen, wie der Finanzsektor stärker zur Finanzierung der
Krisenkosten herangezogen werden kann. Das ist aus
unserer Sicht eine etwas salomonische Umschreibung
der Tatsache, dass geprüft werden soll, ob eine Einfüh-
rung einer solchen Finanztransaktionsteuer möglich ist
und wie sie entsprechend umgesetzt werden könnte. Wir
glauben, dass die gegenwärtige Situation dafür reif ist,
eine solche Steuer wirklich national und international
einzuführen.


(Beifall bei der LINKEN)


Bitte denken Sie daran: Es geht nicht darum, der SPD,
der Linken oder den Grünen einen Gefallen zu tun. Es
geht um sinnvolle Regulierung. Es geht um dringend be-
nötigte Staatseinnahmen. Es geht um nachholende Ge-
rechtigkeit, nämlich die Beteiligung der bisherigen Pro-
fiteure des Finanzmarktkapitalismus an den Kosten der
größten Finanz- und Wirtschaftskrise seit 1930.


(Beifall bei der LINKEN)


Wenn Sie sich für eine solche Finanztransaktionsteuer
entscheiden, tun Sie uns allen einen Gefallen, denn un-
sere traurigen Staatsfinanzen können Einnahmen gut ge-
brauchen. Wir gehen davon aus, dass selbst bei einem
minimalen Steuersatz von 0,01 Prozent – ich sage es
noch einmal – insgesamt jährliche Mehreinnahmen in
der Größenordnung von 15 bis 18 Milliarden Euro ent-
stehen.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Was ist mit der Lenkungswirkung?)


Dabei ist zum Teil ein Rückgang bis zu 80 Prozent, zum
Beispiel im Bereich der Derivate, unterstellt. Das ist
auch gut so, denn es geht eben nicht nur um die Einnah-
men, sondern auch um eine Entschleunigung.


(Beifall bei der LINKEN)


Es darf bei diesen Einnahmen aus unserer Sicht nicht
nur um die Bedürfnisse des Inlandes gehen. Wir schla-
gen deswegen vor, die Mehreinnahmen zur Hälfte für
den sozial-ökologischen Umbau zu verwenden und die
andere Hälfte für Umwelt- und Klimaschutz sowie für
die Finanzierung von Entwicklung und Armutsbekämp-
fung in Ländern des Südens.


(Beifall bei der LINKEN)


Deshalb unser dringender Appell: Werden Sie Ihrer
Verantwortung in dieser besonderen Konstellation ge-
recht und nutzen Sie die Chance, einen internationalen
Prozess nicht nur anzustoßen, sondern ihn auch mitzuge-
stalten. Denken Sie bitte auch daran, dass sich über
65 000 Bürgerinnen und Bürger in einer Petition für die
Einsetzung der Finanztransaktionsteuer ausgesprochen
haben,

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(C (D (Frank Schäffler [FDP]: Das sind Ihre Parteimitglieder!)


ass viele gewerkschaftliche und kirchliche Organisatio-
en, Hilfswerke, Nichtregierungsorganisationen und
uch Attac die Bundesregierung in einem offenen Brief
ufgefordert haben, entsprechende Aktivitäten zu entwi-
keln.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Wenn man sich mit Vertretern der Finanzbranche ein
isschen unterhält, dann weiß man auch, dass diese mit
er Einführung einer solchen Steuer durchaus rechnen.
h habe vor zwei Tagen ein Gespräch mit einer Vertrete-
n der Deutschen Börse geführt, die schon davon aus-
eht, dass diese Diskussion ganz konkret auf sie zu-
ommt.

Viele von uns waren gestern beim parlamentarischen
bend des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes,
o Herr Haasis genau diese Frage angesprochen und
eutlich gemacht hat: Wenn man Maßnahmen ergreift, um
ie Finanzwirtschaft an diesen Kosten zu beteiligen – –


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Genaues Zitat: Das wäre der geringste von den negativen Punkten!)


Herr Dautzenberg, Sie sagen immer wieder, Sie wollen
Prinzip die Finanzindustrie an den Kosten beteiligen.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Richtig!)


enn die Einführung dieser Steuer die geringste der
chlimmen Maßnahmen ist, dann lassen Sie uns diese
och ergreifen.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Aber differenzierter!)


ie Alternative ist, dass Sie gar nichts machen. Das ist
och der Punkt.

Deswegen der dringende Appell an die Kolleginnen
nd Kollegen von der CDU: Befreien Sie sich endlich
on dem Blockadegriff der FDP, die jede Art von Maß-
ahme auf diesem Gebiet verhindern will. Es kann auf
auer nicht sein, dass der Schwanz, in diesem Fall die
DP, mit dem Hund – das ist der Rest des Parlaments –
ackelt und sagt: Wir wollen die Einführung einer sol-

hen Steuer nicht. Angesichts der letzten Umfrage
ürde ich sagen: Der Schwanz ist inzwischen ein kleiner
tummelschwanz geworden.

Danke schön.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1702004800

Für die FDP-Fraktion hat nun der Kollege Frank

chäffler das Wort.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Frank Schäffler (FDP):
Rede ID: ID1702004900

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Wenn man die Debatte verfolgt, die jetzt zum
wiederholten Male hier im Parlament stattfindet – in der
nächsten Sitzungswoche wird sie übrigens noch einmal
geführt –,


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Ja, nächste Sitzungswoche wieder!)


dann erkennt man: Sie beschäftigen sich viel mit den
Wirkungen der Finanzkrise, aber mit den Ursachen be-
schäftigen Sie sich, ehrlich gesagt, viel zu wenig. Wir
tun das.


(Zuruf von der SPD: Da sind wir mal gespannt!)


Die Justizministerin hat angekündigt, ein neues Insol-
venzrecht, insbesondere für den Bankenbereich, vorzule-
gen, um letztendlich dem Ordnungsrahmen in Europa
und vor allem in unserer sozialen Marktwirtschaft wie-
der Geltung zu verschaffen. Das heißt, derjenige, der Ri-
siken eingeht, hat nicht nur die Früchte zu ernten, son-
dern, wenn es schiefgeht, im Zweifel auch zu haften.
Das ist die andere Seite der sozialen Marktwirtschaft.
Wir werden dafür eintreten, dass das in Deutschland
wieder zusammengehört.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Es gibt noch einen Bereich, mit dem wir uns beschäf-
tigen werden. Die Bankenbranche muss für das, was sie
bei HRE und WestLB verursacht hat


(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Haben Sie die Commerzbank vergessen?)


– die Commerzbank nehme ich gern hinzu –, wofür bis-
her der Steuerzahler eintritt, im Rahmen eines Versiche-
rungssystems geradestehen und dafür entsprechende
Gebühren und Beiträge entrichten, sodass am Ende die-
jenigen, die von den Rettungsaktionen profitiert haben,
auch dafür bezahlen. Darüber müssen wir uns in den
nächsten Wochen und Monaten unterhalten. Da ist ein
Schnellschuss nicht möglich. Vielmehr müssen wir uns
darüber Gedanken machen, inwieweit wir den SoFFin
dahin gehend weiterentwickeln können.

Entscheidend ist, dass Sie viel über die Symptome
und zu wenig über die Ursachen der Krise sprechen.
Die Ursache der Krise ist eine Kredit- und Geldschöp-
fung aus dem Nichts. Um es einfacher zu sagen: Die Ur-
sache der Krise ist das verstärkte Gelddrucken der No-
tenbanken und hier vorneweg der amerikanischen Fed.


(Dr. Frank-Walter Steinmeier [SPD]: Das ist wirklich eine Frechheit! – Weitere Zurufe von der SPD)


– Ich will das auch mit Zahlen belegen. Zwischen 1998
und 2009 stieg das reale Bruttoinlandsprodukt in Ame-
rika – in Europa war es ähnlich – um rund 20 Prozent.


(Joachim Poß [SPD]: Die Ursache ist ein Weltschattenfinanzmarkt, den Sie immer wollten!)


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(C (D ie Geldmenge in Amerika ist im gleichen Zeitraum um 00 Prozent gestiegen. Das Kreditvolumen, das die Banen ausgereicht haben, ist in Amerika um 250 Prozent ewachsen. Im Euroraum sind die Zahlen, wie ich schon esagt habe, nahezu identisch. Die heutige Weltfinanzkrise ist eine Überschuldungsrise der Banken. Das Kernproblem besteht darin, dass heutigen Geldsystem Kredite geschaffen werden, die icht durch Ersparnisse gedeckt sind. Diese Politik des illigen Geldes hat die Voraussetzung dafür geschaffen, ass die Finanzwirtschaft sich von der Realwirtschaft bkoppeln konnte. owendig ist deshalb eine marktwirtschaftliche Geldrdnung, die gutes und werthaltiges Geld ermöglicht nd Kredite, die nicht durch Ersparnisse gedeckt sind, lso schlechtes Geld, verhindert. (Thomas Oppermann [SPD]: Und was machen Sie gerade dafür? Erzählen Sie, was Sie machen!)


(Björn Sänger [FDP]: Sehr richtig!)


In der modernen Ökonomik greift zunehmend die Er-
enntnis Platz, dass billiges Geld, das nicht aus Erspar-
issen besteht, zu Fehlinvestitionen führt, die Investi-
onsblasen entstehen lassen und am Ende Finanzkrisen
erursachen.


(Beifall bei der SPD: Seit wann wissen Sie denn das alles?)


Es ist auch nicht so, dass dies von niemandem erkannt
urde.


(Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Von Ihnen ganz gewiss nicht, von Ihrer Fraktion auch nicht!)


chon vor der Weltwirtschaftskrise 1929 haben Ökono-
en wie Ludwig von Mises und Friedrich August von
ayek dieses Phänomen beschrieben.


(Björn Sänger [FDP]: Kluge Leute!)


o war es auch in dieser Krise. Ökonomen haben vor der
olitik des billigen Geldes gewarnt. So schwer es ist, wir
üssen diese Politik des billigen Geldes beenden.


(Beifall bei der FDP)


Ihr Vorschlag ist ein Ablenkungsmanöver und letzt-
ndlich der falsche Weg, weil es damit nicht an die Ursa-
hen geht.


(Thomas Oppermann [SPD]: Sie wollen doch nur Ihre Lobby davor schützen!)


Wenn die von Ihnen gewünschte Steuer so richtig ist,
ie Sie es beschrieben haben,


(Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Ich denke, die Bundesregierung will das!)


ann frage ich Sie: Wieso haben Sie die Finanztransak-
onsteuer in den letzten elf Jahren im Deutschen Bun-
estag nicht durchgesetzt? Wenn es mit der Union nicht
egangen ist, hätten Sie es immerhin mit den Grünen
msetzen können. Sie haben es nicht gemacht. Sie haben






(A) )



(B) )


Frank Schäffler
kurz vor der Bundestagswahl die Kurve gekriegt und
sind jetzt in der Opposition angekommen.


(Björn Sänger [FDP]: Zu Recht!)


Herzlichen Glückwunsch!


(Beifall bei der FDP – Zuruf von der LINKEN: Das ist doch kein Argument gegen die Steuer!)


Völlig absurd ist jedoch, dass Sie sich im Zweifel für
einen nationalen Alleingang aussprechen und als beson-
deres Beispiel England, also Großbritannien, anführen.
Wer sich mit der in Großbritannien eingeführten Stem-
pelsteuer beschäftigt hat, weiß, dass damit zig Ausnah-
men verbunden sind – nicht ohne Grund –:


(Thomas Oppermann [SPD]: Aber Sie wollen das ja nicht mal mit Ausnahmen! – Dr. FrankWalter Steinmeier [SPD]: Sie wollen das ja nicht einmal nach der Finanzmarktkrise! Sie wollen gar nichts! Sie wollen die Lobby schützen!)


Ausländische Wertpapiere werden nicht berücksichtigt;
britische Staatsanleihen werden nicht berücksichtigt;
neue Wertpapiere werden nicht berücksichtigt; Derivate
werden nicht berücksichtigt.


(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist denn jetzt Ihr Vorschlag?)


Schweden hat 1984 die Börsenumsatzsteuer einge-
führt. Eine Woche nach Einführung dieser Steuer ging
der Handel mit Rentenpapieren um 85 Prozent zurück.


(Thomas Oppermann [SPD]: Sie sind ein Finanzmaklerlobbyist!)


Das Handelsvolumen von Futures und Optionen sank
um 98 Prozent. Das Handelsvolumen der wichtigsten
schwedischen Wertpapiere ging in der gleichen Zeit um
50 Prozent zurück und hat sich nach England verlagert.


(Dr. Frank-Walter Steinmeier [SPD]: Wenn Sie jetzt dazulernen, müssen Sie uns das nicht erzählen!)


Dennoch wollen Sie eine solche Steuer bei uns einfüh-
ren. Wenn Sie die Arbeitsplätze von 75 000 Menschen,
die in Frankfurt im Bankbereich arbeiten, vernichten
wollen, dann müssen Sie diese Steuer einseitig einfüh-
ren, so wie es in zweien Ihrer Anträge gefordert wird.


(Beifall bei der FDP – Thomas Oppermann [SPD]: Sie sagen doch, es ist zu viel Geld im Umlauf! Was passiert, wenn Sie das Geld herausnehmen?)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1702005000

Herr Kollege, gestatten Sie am Ende Ihrer Redezeit

eine Zwischenfrage der Kollegin Hendricks?


Frank Schäffler (FDP):
Rede ID: ID1702005100

Bitte schön.

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(C (D Herr Kollege Schäffler, Sie haben die Finanztransak onsteuer eben als Ablenkungsmanöver bezeichnet. Sie aben jetzt gerade mit Ihren Worten wiederum deutlich emacht, dass Sie die Finanztransaktionsteuer ablehnen. h bemühe mich seit Dezember, die Position der Bun esregierung zu diesem Vorhaben herauszufinden. Ich abe mehrere schriftliche Anfragen zu diesem Thema estellt. Ich habe hier in einer Debatte im Dezember azu gesprochen. Vor kurzem habe ich wiederum Fragen n die Bundesregierung gerichtet – Bundesminister iebel war im Gespräch mit einem Vertreter der Weltank nämlich auf einmal für eine solche Steuer, obwohl r vorher immer dagegen war –: Wie steht die Bundesreierung zur Einführung der Finanztransaktionsteuer? aben es sich einzelne Mitglieder der Bundesregierung ur Übung gemacht, immer die Meinung desjenigen zu ilen, mit dem sie zuletzt gesprochen haben? Diesen indruck hatte ich jedenfalls bei Herrn Niebel. Eine Antort auf meine Fragen habe ich vom Kollegen Koschyk ekommen. Er hat mich auf seine Rede verwiesen, die er ier am 17. Dezember 2009 gehalten hat; (Dr. Daniel Volk [FDP]: Das war eine gute Rede!)

Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1702005200

arin sei die Position der Bundesregierung dargestellt.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Richtig! Prüfauftrag IWF!)


Jetzt frage ich Sie, Kollege Schäffler – Sie sind
chließlich Mitglied dieser Koalition –: Wollen Sie der
undesregierung gerade hier ganz bewusst in den Rü-
ken fallen?


(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Wieso das denn?)



Frank Schäffler (FDP):
Rede ID: ID1702005300

Frau Kollegin Hendricks, Sie waren lange genug Mit-

lied der Bundesregierung


(Björn Sänger [FDP]: Zu lange!)


nd wissen, dass es durchaus einen Unterschied zwi-
chen Bundesregierung und Parlament gibt. Ich bin Par-
mentsvertreter. Die Regierung sitzt dort auf der Bank.


(Zurufe von der SPD und der LINKEN)


Entscheidend ist in einer Koalition, was im Koali-
onsvertrag steht. Für die christlich-liberale Koalition
ilt – so steht es im Koalitionsvertrag –:


(Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Ich bin übrigens Christin! Das will ich nur sagen!)


as wir den Wählerinnen und Wählern vor der Bundes-
gswahl versprochen haben, gilt auch danach; Steuer-

rhöhungen zur Krisenbewältigung kommen für uns
icht infrage.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


eshalb bin ich ganz entspannt, was dieses Thema be-
ifft. Wir wollen keine Steuererhöhungen. Wir sind viel-
ehr angetreten, um in Deutschland Steuern zu senken.
ir wollen die Kleinsparer und die Kleinverdiener in






(A) )



(B) )


Frank Schäffler
Deutschland nicht mit zusätzlichen Steuern belasten. Sie
wollen mit einer Transaktionsteuer – die etwas verkürzte
mathematische Betrachtung von Herrn Troost lasse ich
einmal außen vor – Kleinsparer abzocken. Das wollen
wir nicht, und deshalb werden wir ein solches Ansinnen
ablehnen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP – Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Prozentrechnung ist relativ kompliziert! Das gebe ich ja zu!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1702005400

Nächster Redner ist der Kollege Dr. Gerhard Schick

für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1702005500

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Was wir heute seitens der Koalition erlebt haben, war
nichts als Herumgeeiere.


(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das nehmen sie sofort zurück, Herr Schick!)


Was ist die Position der Bundesregierung zur Finanzum-
satzsteuer? Wir wissen es nach wie vor nicht.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Sie haben nicht zugehört!)


Wie sinnvolle internationale Verhandlungen möglich
sein sollen, wenn die Bundesregierung keine Ahnung
hat, was ihre Position ist, das müssen Sie uns erst einmal
erläutern.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN – Thomas Oppermann [SPD]: Die haben keinen Kompass!)


Es geht hier um konkrete Maßnahmen. Der geschätzte
Kollege Schäffler hat über die Währungsordnung philo-
sophiert. Wenn die FDP politisch relevant ist, dann
müssten die Börsen jetzt verrücktspielen, weil Sie ge-
rade den Euro zur Disposition gestellt und ein wettbe-
werbliches Währungssystem vorgeschlagen haben. Ich
glaube allerdings, dass die Börsen davon unbeeindruckt
sind, weil die FDP in dieser Frage zum Glück irrelevant
ist.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Aber es ist ja noch schlimmer. Sie sind völlig getrieben
von den internationalen Entwicklungen. Was sind die ei-
genen Beiträge? Praktisch nichts. Erst musste der ameri-
kanische Präsident Barack Obama auf die massiven Wi-
derstände der Bankenlobby reagieren und verkünden: Ich
packe den Stier bei den Hörnern und will etwas tun. Ge-
nau das passiert doch in den USA. Angesichts der Mil-
lionenspenden der Banken, die dazu dienen, sinnvolle Fi-
nanzregeln zu verhindern,


(Joachim Poß [SPD]: Milliarden!)


sagt die dortige Regierung: Wir werden uns nicht nieder-
ringen lassen, sondern wir vertreten die Interessen der

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(C (D ürgerinnen und Bürger gegen diese Branche und sehen u, dass sich wirklich etwas ändert. Was passiert aber in der Bundesregierung? Hektisch ufgeschreckt davon, dass jetzt in den USA etwas pasiert, (Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Quatsch! Genau umgekehrt, Herr Kollege!)


(Zuruf der Abg. Dr. Barbara Hendricks [SPD])


ündigt der Bundesfinanzminister an, wir werden eine
onferenz veranstalten


(Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Im Mai! – Weitere Zurufe von der SPD und vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


nd daraufhin weitere Maßnahmen verkünden. Man ist
un ganz stolz darauf, dass es die Ankündigung gibt,
ass ein Gesetzentwurf zum Thema „Insolvenzrecht für
anken“ erarbeitet werden soll. Meines Wissens hatten
ir im Sommer schon zwei entsprechende Entwürfe vor-
egen. Jetzt wird ein neuer angekündigt – ein großes Er-
ignis!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Nein, eben nicht! Wir hatten noch keinen Entwurf der Bundesregierung vorliegen! – Frank Schäffler [FDP]: Warum die SPD klatscht, weiß ich nicht!)


an kann nun sagen: Wenigstens im nationalen Bereich
ird Großartiges getan. – Ja, bevor noch irgendein kon-
retes Ergebnis des ersten Kreditklemmegipfels vom
ovember letzten Jahres vorliegt, wird schon der zweite
reditklemmegipfel für März angekündigt. Auch das ist
gendwie leer. Was tun Sie denn wirklich konkret?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der SPD: Überhaupt nichts!)


Zur Bonusbesteuerung sagen Sie: Es sei nicht Ihr An-
atz, so vorzugehen, wie wir es vorschlagen. Aber wie
ieht denn Ihr Ansatz aus? Wir würden ihn gerne sehen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Den Referentenentwurf zur Nachhaltigkeit von Systemen müssen Sie doch kennen!)


s macht mir richtig Sorgen, Herr Dautzenberg, dass
ich diese Regierung auf dem zentralen Politikfeld der
inanzmarktpolitik treiben lässt und bisher nichts vorge-
gt hat.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Wir wollen nur keinen Aktionismus! Das ist der Punkt!)


Ja, Herr Dautzenberg, Sie wollen keinen Aktionismus.
ußerdem haben Sie gesagt, die Opposition lege nur
orschläge zu einzelnen Punkten vor.






(A) )



(B)


Dr. Gerhard Schick

(Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Man sieht ja, dass die sich uneinig sind! Die bekommen nichts von der Karre!)


Entschuldigung, das Wesen eines parlamentarischen An-
trages ist häufig, dass man eine Idee aus einem Gesamt-
konzept, das man verfolgt, in den Vordergrund stellt.


(Frank Schäffler [FDP]: Aber nicht jede Woche!)


Schauen wir doch einmal in den Koalitionsvertrag, in
dem Sie in einer umfassenden Sicht ganz systematisch
zusammengeschrieben haben, was Sie vorhaben.


(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das sage ich Ihnen gleich! – Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Lesen Sie einmal vor!)


Da werden erst schöne Prinzipien genannt, und dann
kommt der entscheidende Satz:

Dazu werden wir insbesondere folgende Maßnah-
men ergreifen: …


(Frank Schäffler [FDP]: Den wesentlichen Satz habe ich vorgelesen!)


Dann schaut man, und dann schaut man, aber von Maß-
nahmen ist nicht die Rede.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Lesen Sie einmal! – Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Sie können nicht lesen!)


Da stehen dann Aussagen wie:

… die Kreditwirtschaft muss sich ihrer Verantwor-
tung als Finanzierungsgeber der deutschen Wirt-
schaft bewusst sein.

Eine sehr konkrete Maßnahme!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Weiter steht da:

Wir wollen verhindern, dass Staaten in Zukunft von
systemrelevanten Instituten zu Rettungsmaßnah-
men gezwungen werden können.

Aber wie wollen Sie es tun?


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Haben Sie doch gehört! Habe ich doch ausgeführt!)


Deswegen würde ich sagen: Gehen Sie noch einmal
auf „Start“! Legen Sie uns einmal vor, welches Bild Sie
aus der Ursachenanalyse gewonnen haben und welche
Richtung in Bezug auf die Finanzmärkte eingeschlagen
werden soll. Eines sage ich Ihnen für meine Partei ganz
deutlich: Nur ein paar Regeln für den Finanzmarkt von
gestern zu schrauben, damit es dann wieder wie vorher
weitergehen kann, das darf es nicht geben, und das wird
es mit uns nicht geben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


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(C (D Konkret zur Finanzumsatzsteuer, zu der ja zwei Anäge vorliegen: Unsere Fraktion hat dazu ja schon in der tzten Legislaturperiode einen Antrag vorgelegt. (Frank Schäffler [FDP]: Hat die SPD da eigentlich zugestimmt?)


Dass die damals nicht zustimmen konnte, hatte sicher-
ch etwas mit der CDU/CSU zu tun. Das will ich gar
icht anprangern.


(Frank Schäffler [FDP]: Das stimmt!)


ber man kann Ihnen, meine Damen und Herren von der
PD, nicht durchgehen lassen, dass es dazu noch nicht
inmal ein Gutachten aus dem Hause Steinbrück gab.
ie müssen sich die Frage gefallen lassen, warum es das
icht gab und man nicht einmal die entsprechende Idee
orangetrieben hat. Daran hätte Sie kein Koalitionspart-
er hindern können.


(Dr. Carsten Sieling [SPD]: Darauf bekommen Sie gleich eine Antwort! – Frank Schäffler [FDP]: Sehr gut!)


Die Kollegin Wieczorek-Zeul hat etwas gemacht, aber
icht Herr Steinbrück. – Vielmehr hat Herr Steinbrück
ls Erbe in dieser Frage nur eine leere Schublade hinter-
ssen, und Sie müssen jetzt in der Opposition ziemlich
ei Null anfangen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1702005600

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen

ieling?


(Frank Schäffler [FDP]: Schön, die Opposition bekämpft sich gegenseitig!)



(BÜNDNIS 90/DIE GRÜEN)

Selbstverständlich.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1702005700

Herr Kollege, bitte.


Dr. Carsten Sieling (SPD):
Rede ID: ID1702005800

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Dass wir nichts ge-

acht hätten, ist eines der Zerrbilder, die in diesen De-
atten gerne gebracht werden. Kollege Troost nimmt den
teuervorschlag für die Linke in Anspruch. Darum will
h an dieser Stelle einmal sagen, dass auch das Argu-
ent des fehlenden Gutachtens nicht stimmt. Die SPD

at schon 1999 auf einem Bundesparteitag die Einfüh-
ng einer Finanztransaktionsteuer auf den internatio-

alen Finanzmärkten gefordert und beschlossen. Eine
olche Steuer ist schon damals geprüft worden.


(Frank Schäffler [FDP]: Elf Jahre haben Sie regiert! Super! – Björn Sänger [FDP]: Und nichts umgesetzt wie versprochen!)

)






(A) )



(B) )


Dr. Carsten Sieling
Die Ministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul hat 2005 in
ihrem Ministerium ein Gutachten dazu erstellen lassen,
um das zu prüfen.


(Frank Schäffler [FDP]: Und was kommt raus? – Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Frage!)


Bundeskanzler Schröder hat 2005 dafür geworben, zum
Beispiel in Davos. Die Problematik war, dass dafür
keine Mehrheiten zu finden waren,


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Mit wem waren Sie denn damals zusammen?)


übrigens auch, als wir gemeinsam in einer Koalition wa-
ren. Deshalb frage ich Sie: Worauf beziehen Sie das? Ich
bitte Sie, diese Falschdarstellung zu beenden.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Herr Kollege Sieling, ich habe sehr bewusst for-
muliert, wie Sie feststellen konnten, wenn Sie zugehört
haben. Ja, die Entwicklungshilfeministerin Heidemarie
Wieczorek-Zeul hat damals ein Gutachten bei Herrn
Spahn in Frankfurt in Auftrag gegeben, das den alten
Gedanken der Tobinsteuer in einer bestimmten Weise
weiterentwickelt hat. Ihr heutiger Antrag hat allerdings
mit dem damaligen Gutachten relativ wenig zu tun.


(Dr. Frank-Walter Steinmeier [SPD]: Na und? – Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Es gibt auch Fortentwicklungen in der Welt!)


Vielmehr ist es ein anderes Konzept.


(Dr. Carsten Sieling [SPD]: Weiterentwickelt!)


– Richtig. Aber genau diese Weiterentwicklung wurde
im Hause Steinbrück nicht vorangetrieben. Das ist das,
was ich kritisiert habe. Im Hause Steinbrück wurde – das
ist das schwere Erbe, das Sie zu tragen haben – noch bis
weit in die Finanzkrise hinein das alte Paradigma der
Deregulierung und der Finanzmarktförderung im Inte-
resse der Finanzindustrie und nicht der Bürgerinnen und
Bürger dieses Landes vertreten. Das hat übrigens Herr
Steinbrück mit einem Hauch von Selbstkritik im Unter-
suchungsausschuss zur Hypo Real Estate auch einge-
räumt.


(Dr. Frank-Walter Steinmeier [SPD]: Er meinte Sie aber nicht!)


Es ist ja richtig, in der Opposition jetzt einen Neustart
zu machen. Aber Sie hätten wesentlich mehr tun können;
dann hätten wir jetzt eine andere Grundlage. In Öster-
reich hat die Große Koalition ein entsprechendes Gut-
achten in Auftrag gegeben, auf das wir uns jetzt bezie-
hen können und das der Debatte weiterhilft. Aus dem
Hause Steinbrück gab es so etwas nicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der FDP und der LINKEN – Ulrich Kelber [SPD]: Frau Scheel hat das immer abgelehnt, Ihre Sprecherin!)


Ich will noch einmal zu dem zentralen Argument
kommen, das viele FDP-Vertreter und auch Teile der
Union immer wieder vorbringen, wenn es um die Finanz-

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(C (D msatzsteuer geht. Sie sagen, diese treffe den Kleinnleger. it dieser Aussage schenken Sie den Leuten keinen reien Wein ein, sondern machen ihnen etwas vor. Schauen Sie sich doch einmal die Statistiken an. Wie ieht es bei der Altersvorsorge aus? Die Produkte, die ei den deutschen Lebensversicherern – im Wesentlihen die Kategorie, in denen ein Großteil der Altersvororge läuft; dazu gehören auch die Riester-Produkte – ewählt werden, bestehen zu unter 30 Prozent aus fandbriefen, zu etwa 18 Prozent aus Rentenfonds, aus in paar Hypotheken, zu 10 Prozent aus Aktien und zu 6 Prozent aus Darlehen. Das sind fast alles Produkte it einer sehr geringen Umschlaghäufigkeit. Auch Aken können gerade in diesem Bereich sehr langfristig anelegt werden, sodass hier nur eine minimale Kostenbestung entsteht. (Frank Schäffler [FDP]: Wenn ich monatlich spare?)


(Frank Schäffler [FDP]: Wohl wahr!)


ie wirklichen Umsätze im Finanzmarkt liegen in ande-
n Bereichen. Die Spot-Market-Umsätze im Bereich
ktien und Bonds machen genau 2 Prozent der Ge-

amtumsätze aus. Deswegen wird die Hauptbelastung
ort entstehen, wo Futures, Optionen und andere Deri-
ate zwischen institutionellen Anlegern hin und her ge-
andelt werden. Das wird den Kleinanleger nur in einer
o minimalen Größenordnung belasten, dass es den posi-
ven Aspekt auf jeden Fall nicht überkompensieren
ann. Sagen Sie da endlich einmal die Wahrheit, nämlich
ass Sie genau diese Elemente des Finanzmarktes nicht
ur Kasse bitten wollen, obwohl von ihnen große Insta-
ilitäten ausgehen! Das Argument, dass der Kleinanleger
ahlt, ist falsch.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1702005900

Herr Kollege, der Herr Kollege Schäffler würde gerne

ine Zwischenfrage stellen. Gestatten Sie diese? – Ja. –
itte.


Frank Schäffler (FDP):
Rede ID: ID1702006000

Herr Kollege Schick, die Rechnung, die Sie aufge-

tellt haben, kann ich nicht nachvollziehen.


(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Dieses Gefühl hatten wir schon oft!)


ebensversicherungssparer, Fondssparer oder auch
iester-Sparer sparen nicht nur einmal und lassen dann
as Geld liegen, sondern sie sparen jeden Monat bei-
pielsweise 50 oder 100 Euro.


(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Jeden Monat 0,01 Prozent!)


ieses Geld wird immer wieder neu angelegt. Wenn Sie
on diesem Geld jedes Mal 0,05 Prozent wegnehmen,
ann ergibt sich über den Zinseszinseffekt langfristig
ine erheblich geringere Wertsteigerung. Das bayerische






(A) )



(B) )


Frank Schäffler
Finanzministerium hat zusammen mit dem damaligen
Generalsekretär der CDU ausgerechnet,


(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Das werden auch welche sein, die nicht rechnen können!)


dass ein Riester-Sparer, der langfristig über 20 Jahre
anspart, am Ende 5 000 Euro weniger in der Tasche hat.
Nehmen Sie das zur Kenntnis?


(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Bei was für einem Konzept? Wo? Dieses Gutachten möchte ich bitte sehen!)



Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1702006100

Ich glaube, dass wir uns damit einmal intensiver aus-

einandersetzen müssen,


(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Diese Rechnung wollen wir einmal sehen!)


da Sie die wesentlichen Grundzüge, wie am Finanzmarkt
angelegt wird, noch nicht zur Kenntnis genommen ha-
ben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Wenn ich im Rahmen eines Fondssparplans jeden Mo-
nat etwas einzahle, dann heißt das nicht, dass jedes Mal
alles umgeschlagen wird. Das entscheidende Problem,
über das sich auch viele Anleger kritisch mit ihren Fonds
auseinandersetzen, ist, dass in manchen Fonds zulasten
der Anleger eine viel zu hohe Turn-over-Ratio herrscht,
das heißt, dass viel zu häufig umgeschlagen wird.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Gerade das wollen wir dadurch korrigieren, dass wir den
Anlegerschutz verbessern. Damit bleibt folgender Ef-
fekt: Über 90 Prozent der Einnahmen aus einer Finanz-
transaktionsteuer werden aus den Bereichen der derivati-
ven Geschäfte kommen,


(Frank Schäffler [FDP]: Das hilft dem kleinen Anleger nicht!)


die für die langfristige Anlage eine vernachlässigbare
Rolle spielen.


(Zuruf von der FDP: Also spielen sie doch eine Rolle!)


Machen wir folgende Rechnung auf – auch Sie wissen,
dass man als Finanzwissenschaftler sauber rechnen
muss –:


(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Ich weiß nicht, ob er das weiß!)


Wenn Sie die Einnahmen nicht über eine Finanzum-
satzsteuer erzielen, sondern über die allgemeine Um-
satzsteuer – irgendwoher muss das Geld kommen, wenn
wir Aufgaben finanzieren –, dann würden Sie den Nor-
malbürger wesentlich mehr belasten. Unser Instrument
der Finanzumsatzsteuer ist wesentlich gerechter als das,
was Sie durch Kürzungen und Gebührenerhöhungen
auslösen. Das müssen Sie zur Kenntnis nehmen. Die Fi-
nanzumsatzsteuer wird die Gerechtigkeitsteuer sein.


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(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Wollen Sie Finanzprodukte in die Umsatzsteuer nehmen? Interessant! Umsatzsteuer für Finanzprodukte!)


Herr Dautzenberg, wenn Sie eine Frage haben, dann
chten Sie sie direkt an mich.


(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Nein, so wichtig ist es nicht! – Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Ich wollte nicht die Redezeit verlängern!)


Ich will auf den Punkt zurückkommen, den Herr
autzenberg zu Recht angesprochen hat. Wir brauchen

in Leitbild, wie die Finanzmärkte von morgen wirklich
ussehen sollen, und wir müssen die verschiedenen
aßnahmen genau darauf abstimmen.


(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Machen wir doch!)


h höre aber von diesem Leitbild nichts.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Selbstverständlich! Haben Sie nicht zugehört?)


uch von der Regierung höre ich nur Diskussionen über
strumente. Wollen Sie wirklich einen Finanzmarkt, in

em es weniger komplex zugeht? Wenn Sie das wollen,
ann müssten Sie gerade einer Finanzumsatzsteuer zu-
timmen.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Das kommt auf die Regulierung an!)


ollen Sie einen Finanzmarkt, der weniger kurzfristig
rientiert ist und auf dem nachhaltiges, langfristiges
andeln belohnt wird? Wenn Sie das wollen, dann müs-

en Sie endlich etwas hinsichtlich der Boni tun. Dann
üssten Sie hier zustimmen. Wollen Sie wirklich, dass
Zukunft die Banken kleiner sind, damit das Haftungs-

riterium wieder funktionieren kann und damit der Steu-
rzahler nicht gezwungen ist, große Banken retten zu
üssen? Wenn dem so ist, dann müssten Sie als CDU

agen, dass wir das Instrument der Entflechtung brau-
hen, um gegebenenfalls große Banken entflechten zu
önnen. Wenn Sie wirklich wollten, dass der Finanz-
arkt in Zukunft wieder Dienstleistungen für die reale
irtschaft erbringt, dann müssten Sie schauen, dass er in

einer Größe und Bedeutung ein wenig zurückgeht und
irklich wieder Investitionen in die Realwirtschaft im
ordergrund stehen und nicht das Hin- und Herschieben
ie beispielsweise bei Carry Trades. Dann müssten Sie
er Finanzumsatzsteuer zustimmen. Sie verweigern sich
ieser Leitbilddiskussion, indem Sie alle möglichen Dis-
ussionen führen und über die verschiedensten Instru-
ente bis hin zur Währungsordnung debattieren.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Sie legen sich auf nur ein Instrument fest! Das ist abwegig!)


agen Sie, was Ihr Leitbild ist.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Sie haben nicht zugehört!)







(A) )



(B) )


Dr. Gerhard Schick
Sie werden erkennen: Wenn Sie am Finanzmarkt wirk-
lich etwas ändern wollen, dann werden Sie genau die
Vorschläge, die wir vortragen, in Zukunft auch zu den
Ihren machen müssen, sonst geht alles so weiter wie bis-
her – aber mit uns nicht.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Das ist eine Verkürzung auf ein einzelnes Instrument!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1702006200

Nächster Redner ist der Kollege Dr. Hans Michelbach

für die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Hans Michelbach (CSU):
Rede ID: ID1702006300

Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Es ist

richtig: Der Finanzmarkt ist im Rahmen der Globalisie-
rung außer Kontrolle geraten. Die globale Wirtschafts-
und Finanzkrise stellt Deutschland wie die internationale
Staatengemeinschaft vor eine gewaltige Herausforde-
rung. Die schwerste und gefährlichste Finanzkrise hat
die Welt der Banken nachhaltig verändert. Sie hat Ver-
trauen, Kapital und Arbeitsplätze in hoher Zahl zerstört
und insbesondere das Ansehen der Marktwirtschaft in
hohem Maße beschädigt.

Zweifellos zerstört es unsere Gesellschaftsordnung,
wenn Gewinne im Finanzsektor privatisiert, Verluste
sozialisiert sowie Risiken und Haftung immer weiter
entkoppelt werden. Deshalb sollten wir uns darüber ei-
nig sein, dass jetzt gezielte Maßnahmen mit fachlicher
Kompetenz und sachlicher Vernunft notwendig sind;
denn die Exzesse, die wir auf den Finanzmärkten erlebt
haben, dürfen sich nie mehr wiederholen. Der Schaden,
der zulasten des normalen Bürgers hervorgerufen wurde,
war zu groß.

Was wir aber nicht brauchen – das sage ich hier deut-
lich –, sind Einzelmaßnahmen, Placebos, nationale Al-
leingänge und unqualifizierte Schnellschüsse, wie dies
in den Anträgen der Opposition zum Ausdruck kommt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist schon lange gelaufen! Das ist kein Schnellschuss!)


Wir brauchen gezielte, nachhaltige und vor allem diffe-
renzierte Lösungen für die einzelnen Säulen im Finanz-
markt. Sie können doch die Regionalbanken nicht in ei-
nen Topf mit den Investmentbanken werfen. Hier
braucht es differenzierte Lösungen, die letzten Endes der
Realwirtschaft helfen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Zunächst möchte ich in Erinnerung rufen, dass wir
bereits einige wichtige Maßnahmen umgesetzt haben.
Ich denke dabei an das Gesetz zur Stärkung der Finanz-
markt- und Versicherungsaufsicht, das im August 2009
in Kraft getreten ist. Hier haben wir die Befugnisse der

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(C (D inanzaufsicht und damit ihre Durchschlagskraft weentlich gestärkt. Ich denke an das Gesetz zur Angemesenheit der Vorstandsvergütung, das auch im August in raft getreten ist. Hier haben wir die Vergütungsstruktur uf eine nachhaltige Unternehmensentwicklung ausgechtet (Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Weil wir es vorgeschlagen haben! Anderthalb Jahre haben wir darüber verhandelt!)


nd beschlossen, dass variable Vergütungsbestandteile
ine mehrjährige Bemessungsgrundlage haben sollen.


(Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Ja, alles SPD-Vorschläge!)


as haben Sie mit uns zusammen gemacht.


(Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Es hat mehr als ein Jahr Arbeit gekostet, bis wir Sie dafür hatten!)


ie verstecken sich heute dahinter; das ist doch die Si-
ation.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Joachim Poß [SPD]: Das war alles SPD! Sagen Sie das doch!)


enken Sie an das Bilanzmodernisierungsgesetz, das
in antizyklisches Sicherheitspolster vorsieht.


(Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Alles SPD! Sagen Sie es doch!)


Rahmen des Bilanzmodernisierungsgesetzes haben
ir als Gesetzgeber Lehren aus der Finanzkrise gezogen.
as gilt für die Bewertung von Finanz- und Finanzie-
ngsinstrumenten und für Konzernabschlüsse. Im An-

ang und im Lagebericht müssen jetzt genauere Anga-
en zu entsprechenden Risiken gemacht werden. Das
ar unser Weg.

Natürlich muss dieser Weg weiterbeschritten werden.
atürlich ist die Krise noch nicht vorbei. Deshalb sind
ie Vorlage eines Maßnahmenkatalogs und die Aufarbei-
ng der Krise in Form von weiteren Finanzmarktrefor-
en nötig.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


ir hatten einen klaren Ansatz und haben konkrete
aßnahmen ergriffen. Wir wollen keinen Aktionismus,

ondern ein Gesamtkonzept. Herr Schick, Sie wollen
infach nicht verstehen, dass Einzelmaßnahmen nicht
usreichend sind.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Sagt ja keiner! – Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Aber anfangen mit einer Maßnahme!)


Ich darf Ihnen sieben Punkte, die der CDU/CSU
ichtig sind, verdeutlichen:

Erstens die Umsetzung der geänderten Banken- und
apitaladäquanzrichtlinie sowie weitere Reformen in

iesem Zusammenhang. Schwerpunkt wird hierbei die
erschärfung der Kapitalanforderungen für das Handels-






(A) )



(B) )


Dr. h. c. Hans Michelbach
buch und für Verbriefungen sein. Aber auch ein neues
Insolvenzrecht für Finanzinstitute gehört dazu, damit
Banken geordnet in die Insolvenz gehen können, ohne
dass der gesamte Finanzmarkt wieder in Mitleidenschaft
gezogen wird.


(Beifall des Abg. Leo Dautzenberg [CDU/ CSU])


Zweitens. Die EU-Ratingverordnung mit Regulierung
und Beaufsichtigung der Ratingagenturen wird natio-
nal umgesetzt.


(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eine große innovative Leistung der Bundesregierung, eine EU-Richtlinie umzusetzen!)


Drittens. Die Finanzaufsichtsstruktur wird auf na-
tionaler und europäischer Ebene effektiver und weitrei-
chender gestaltet.

Viertens. Die Regulierung und Beaufsichtigung der
Hedgefonds-Manager wird EU-weit ausgeweitet.

Fünftens. Die Vergütungsstrukturen auf dem inter-
nationalen Finanzsektor sollen mithilfe der G-20-Staaten
stärker auf längerfristigen Erfolg ausgerichtet werden.
Es nutzt doch nichts, wenn wir auf nationaler Ebene et-
was regeln und die Bankentochter im Ausland das Ge-
genteil macht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Das sind alles Vorschläge der SPD auf den Gipfel im September hin! Alles Vorarbeit von uns!)


Sechstens. Das grenzüberschreitende Krisenmanage-
ment im Bankensektor und die Konsultation zur Eigen-
kapitalreform im Baseler Ausschuss soll im Laufe des
Jahres 2010 eine Festlegung erfahren. Die Verhandlun-
gen sollen natürlich – darauf müssen wir Wert legen –
unter Parlamentsvorbehalt geführt werden. Bei Basel III
müssen wir uns ebenso einmischen wie bei Basel II.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber vielleicht besser!)


Das ist ein notwendiger Auftrag, damit keine Überforde-
rung unserer Realwirtschaft stattfindet. Eigeninteressen,
insbesondere aus den USA, dürfen nicht zulasten unserer
Kreditwirtschaft gehen. Das ist ein wesentliches Krite-
rium, auf das wir achten müssen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1702006400

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der

Kollegin Hendricks?


Hans Michelbach (CSU):
Rede ID: ID1702006500

Ich möchte noch den siebten Punkt im Zusammen-

hang bringen, sonst behauptet Herr Schick wieder, es
gebe kein Gesamtkonzept.

Siebtens die Beteiligung des Finanzsektors an den
Kosten der Krisenbewältigung. Zur Diskussion steht un-

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(C (D r anderem eine Finanztransaktionsteuer. So etwas ist ber nach meiner Ansicht nur international denkbar. Die uswirkungen müssen intensiv geprüft werden. Es ist uch eine Tatsache, dass Deutschland der Motor in dieer Sache ist. Der IWF hat einen Prüfauftrag bekommen, er G 20 einen Bericht und eine Analyse der Auswirkunen vorzulegen. Ich habe Ihnen die sieben Leitlinien genannt. Auf sie önnen sich die Leute verlassen. Jetzt kann die Frau Kollegin Hendricks ihre Zwichenfrage stellen. Frau Kollegin Hendricks, bitte sehr. Herzlichen Dank, Herr Kollege Michelbach. – Ist Ih en klar, dass all die Punkte, die Sie genannt haben, sich ntweder in der Planung bzw. in der Umsetzung befinen oder schon längst umgesetzt sind? Alle Punkte beruen auf Vorschlägen des sozialdemokratisch geführten inanzministeriums (Joachim Poß [SPD]: Und der Fraktion! – Dr. Frank Steffel [CDU/CSU]: Wo ist denn der ehemalige Minister?)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1702006600
Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1702006700

nd der Fraktion, insbesondere was die Managervergü-
ngen angeht. Unsere Fraktion hat ein Jahr lang mit Ih-
r Fraktion verhandeln müssen,


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Damit etwas Vernünftiges dabei herauskommt!)


m die Punkte durchsetzen zu können, die nach unserem
afürhalten noch nicht ausreichend berücksichtigt wa-
n. Es wurde dann im August verabschiedet. Das haben
ie richtig gesagt. Aber es hat uns ein Jahr gekostet.

Ist Ihnen bekannt, dass alle diese Vorschläge letztend-
ch auf den G-20-Gipfel im September des vergangenen
ahres hin von Peer Steinbrück und seinen verantwortli-
hen Mitarbeitern erarbeitet worden sind


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Mit der Kanzlerin!)


nd die Kanzlerin sich dies zu eigen gemacht hat? Sind
ie sich mit mir einig, dass das Dilemma dieser Regie-
ng darin besteht, dass die FDP das alles noch nicht ak-

eptieren will und Sie als CDU/CSU das alleine nicht
msetzen können? Das ist doch das Dilemma, vor dem
ir stehen.


(Beifall bei der SPD)


as wird auch auf internationaler Ebene offenbar, weil
iese Regierung nicht handelt.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Sie müssen die Prüfaufträge abwarten!)







(A) )



(B) )


Hans Michelbach (CSU):
Rede ID: ID1702006800

Frau Kollegin Hendricks, ich kann Ihnen nur sagen:

Das Schlimme an der ganzen Sache ist, dass Sie sich von
den richtigen Ansätzen des Herrn Steinbrück verabschie-
det haben und auf den Kurs der Linken einschwenken.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Aber nein! – Dr. Frank-Walter Steinmeier [SPD]: Damit kommen Sie nicht durch, Herr Michelbach!)


Das ist die Situation. Lesen Sie Ihren Antrag.


(Dr. Frank Steffel [CDU/CSU]: Steinbrück kommt nicht einmal zur Debatte, weil er sich schämt!)


In Ihrem Auftrag, Frau Kollegin Hendricks, heißt es
zum Beispiel: Reiche lenken ihr Geld am Fiskus vorbei.


(Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Ja! Dafür wollte Peer Steinbrück die Kavallerie losschicken! Ist das etwas Neues?)


Das ist doch eine unsägliche Pauschalverurteilung. Sie
können doch leistungsbereite Menschen nicht verurtei-
len, so wie die Linken das tun.


(Joachim Poß [SPD]: Herr Michelbach, Sie sind nicht ausgenommen!)


Das Problem ist doch, Frau Kollegin Hendricks, dass Sie
letzten Endes mit uns die Herausforderung einer guten,
konsequenten und erfolgreichen Krisenbewältigung, vor
der wir standen, gemeistert haben. Darauf können Sie
– auch Sie als Staatssekretärin – mit Recht stolz sein.
Aber es geht doch nicht an, dass Sie sich in einem An-
trag davon lückenlos verabschieden.


(Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Das tut doch keiner!)


Das ist das Problem, das Sie haben. Das ist die Wahr-
heit, meine Damen und Herren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Das ist ein Prüfauftrag an den Währungsfonds! – Joachim Poß [SPD]: So dumm ist er nicht!)


Sie fordern eine 50-prozentige Besteuerung auf Boni
bei den Bankern. In Großbritannien, wo das eingeführt
wurde, wird das natürlich von den Banken übernommen.
Das heißt, für die handelnden Personen ergibt sich über-
haupt keine Veränderung. Solche Placebos bringen uns
doch nicht weiter. Wenn die 50-prozentige Besteuerung
auf Boni – das ist Ihr Ziel – von den Banken übernom-
men wird, dann ist das letzten Endes ein Nullsummen-
spiel. Das schafft keine Veränderungen.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: So ist das! – Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Das stimmt ja nicht! Eine Nullsumme ist etwas anderes!)


Natürlich dürfen Sie nicht grundsätzlich gegen An-
reizsysteme sein. Ihr Antrag erweckt aber den Eindruck,
dass Sie grundsätzlich gegen Gewinne von Banken
sind. Das ist ein Anschlag auf die Ordnungspolitik der
sozialen Marktwirtschaft. Das ist die Situation.

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(C (D (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


as passt mehr oder weniger zu dem Weg, den Herr
teinbrück damals gegen die Schweiz gefahren ist: Er
ollte die Kavallerie dort hinschicken. Das ist genauso
nsinn gewesen, wie dies Unsinn ist.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Auch die Begrenzung der Absetzbarkeit von
ehältern ist Willkür. Was sind denn gute Einnahmen,

nd was sind schlechte Einnahmen des Staates? Wenn
ir im Steuerrecht so verfahren, entsteht im deutschen
teuerrecht noch mehr Wald, als es ohnehin schon der
all ist.

Deswegen appelliere ich: Neben der Regulierung –
ie ist wichtig; sie ist ein wesentlicher Teil der Problem-
sung –


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


eht es auch um die Wirtschaftsethik, die wir hier an-
ahnen müssen. Ohne Eigenverantwortung ist das frei-

eitliche System der sozialen Marktwirtschaft nicht
orstellbar. Wir müssen auch daran denken, dass es auch
ine Verantwortung für unsere Eliten gibt. Auch diese
liten müssen sich den Regeln der sozialen Marktwirt-
chaft unterordnen. Das ist das, was wir im Bereich der

irtschaftsethik anmahnen müssen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Zu dem Thema, das hier immer wieder besonders
izt, zur Einführung einer neuen Steuer, zum Beispiel

iner Finanztransaktionsteuer, muss ich Ihnen deutlich
agen:


(Dr. Carsten Sieling [SPD]: Was sagen Sie denn zu Herrn Dobrindt? – Thomas Oppermann [SPD]: Das ist Ihr Generalsekretär! – Dr. Frank-Walter Steinmeier [SPD]: Das hat Ihre Kanzlerin mit vertreten!)


uch Herr Tobin hat letzten Endes nur grenzüberschrei-
nde Maßnahmen besteuern wollen. Wohlgemerkt, der
nhänger einer Besteuerung von Finanzdienstleistungen
at immer gesagt: Meine Steuer, mein System funktio-
iert nur grenzüberschreitend.


(Nicolette Kressl [SPD]: Was ist mit eurem Generalsekretär?)


as heißt, das, was Sie auf nationaler Ebene fordern,
ann gar nicht funktionieren. Deswegen stehe ich dieser
ationalen Besteuerung sehr kritisch gegenüber. Finanz-
arktakteure hätten es leicht, ihre Geschäfte in andere
änder zu verlagern.


(Joachim Poß [SPD]: Aber da gibt es aus der CSU den Seehofer-Vorschlag! Wie stehen Sie zu dem Seehofer-Vorschlag?)


ationale Alleingänge und neue Wettbewerbsverzerrun-
en sind doch das Falscheste, was wir uns wünschen
önnen.






(A) )



(B) )


Dr. h. c. Hans Michelbach

(Beifall des Abg. Leo Dautzenberg [CDU/ CSU] – Joachim Poß [SPD]: Sprechen Sie jetzt für die CSU?)


Schlechte und gute Kapitalbewegungen müssten durch
bürokratische Regulierungen unterschieden werden.


(Thomas Oppermann [SPD]: Das sieht Herr Seehofer aber ganz anders!)


Deswegen dürfen wir immer wieder bemerken: Das
Ganze muss auf Wirksamkeit überprüft werden. Die
Auswirkungen auf die Realwirtschaft müssen über-
prüft werden; denn zum Schluss dürfen nicht die Fal-
schen die Zeche zahlen. In Europa haben sich einige we-
nige Länder dazu bekannt. Die USA und Kanada
dagegen haben derartige Pläne bisher abgelehnt. Es wird
sehr spannend sein, zu beobachten, was geschieht, wenn
der Bundesfinanzminister im April mit seinen Fachleu-
ten zusammenkommt und er auf dem G-20-Gipfel einen
Lösungsvorschlag einbringt,


(Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Wir haben eine Konferenz im Mai! Das passt ja!)


und zu sehen, welche Konsequenzen gezogen werden
können. Wichtig ist, dass wir die Attraktivität der Aktie
und die steigende Volatilität an den Märkten ernst neh-
men.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1702006900

Herr Kollege, der Kollege Poß würde gerne eine Zwi-

schenfrage stellen.


Hans Michelbach (CSU):
Rede ID: ID1702007000

Bitte sehr.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1702007100

Bitte sehr.


Joachim Poß (SPD):
Rede ID: ID1702007200

Lieber Herr Kollege Michelbach, wie stehen Sie denn

zu den Vorschlägen Ihres CSU-Vorsitzenden, des Minis-
terpräsidenten Seehofer, der sich in den letzten Mona-
ten mehrfach öffentlich dahin gehend eingelassen hat,
dass er sowohl den SPD-Vorschlag zur Begrenzung der
steuerlichen Abzugsfähigkeit von Gehältern und Abfin-
dungen begrüßt – allerdings ist dieser Aussage keine Ini-
tiative im Bundesrat gefolgt – als auch die Finanztrans-
aktionsteuer für ein sinnvolles Instrument hält? Wenn
ich richtig informiert bin, sind Sie wirtschaftspolitischer
Sprecher der CSU. Wie stehen Sie zu den Vorschlägen
Ihres CSU-Vorsitzenden?


Hans Michelbach (CSU):
Rede ID: ID1702007300

Herr Kollege Poß, die CSU hat eine hohe Wirtschafts-

kompetenz,


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Lachen bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: BayernLB! – Dr. Frank u li v s u A D m g a s le te w u k d n S n e D d g d n d D E ü m m p n u d (C (D Walter Steinmeier [SPD]: 10 Milliarden in den Sand gesetzt!)


nd deswegen haben wir natürlich auch hier eine einheit-
che Meinung. Ich kann Ihnen sagen, dass unser Partei-
orsitzender im Parteivorstand klargemacht hat, dass er
ich diese Maßnahmen international vorstellen kann


(Joachim Poß [SPD]: Die Steuer ist ja international! – Dr. Frank-Walter Steinmeier [SPD]: Eine internationale Transaktionsteuer ist immer international!)


nd den Finanzplatz Deutschland durch einen nationalen
lleingang nicht schädigen oder gefährden möchte.


(Thomas Oppermann [SPD]: Aber Sie haben die Frage nicht beantwortet!)


eswegen sage ich ganz klar: Internationale Maßnah-
en sind hier angedacht und nicht nationale Allein-

änge, wie Sie das in Ihrem Antrag leider fordern.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Dr. Frank-Walter Steinmeier [SPD]: Was machen Sie mit der BayernLB? – Joachim Poß [SPD]: Bei der CSU weiß die Linke nicht, was die Rechte tut!)


Eines ist sicher: Die Einführung einer Finanztrans-
ktionsteuer kann nur bei weltweiter Erhebung effektiv
ein. Davon bin ich überzeugt. Gerade angesichts globa-
r Finanzmärkte würden die Marktteilnehmer ansons-
n auf Finanzplätze ohne Finanztransaktionsteuer aus-
eichen. Damit würde im Ergebnis eine Schwächung
nseres inländischen Finanzmarktes einhergehen.


(Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Frau Präsidentin, Sie können nichts dafür! – Joachim Poß [SPD]: Wir nehmen Sie ausdrücklich aus!)


Abschließend möchte ich Ihnen anbieten, dass wir
onkrete Ziele gemeinsam vorantreiben, um Exzesse in
er Zukunft zu vermeiden. Ich warne noch einmal vor
ationalen Alleingängen.


(Caren Marks [SPD]: Vor Herrn Seehofer!)


eien Sie bitte bereit, davon Abstand zu nehmen. Natio-
ale Lösungen greifen zu kurz. Vielmehr müssen sie, um
rfolgreich zu sein, international abgestimmt werden.
eutsche Alleingänge bringen nichts und wird es mit
ieser Bundesregierung in dieser Form nicht geben. Es
eht nicht um die Frage des passenden Etiketts, sondern
arum, wie wir unsere Ziele gemeinsam erreichen kön-
en.

Wir müssen Maß und Mittel wahren; ansonsten gerät
ie Kreditversorgung unserer Realwirtschaft in Gefahr.
as Wesentliche ist, dass wir bei Basel III und letzten
ndes bei allen Vorsorgemaßnahmen die Schraube nicht
berdrehen. Denn auch bei den Banken gilt der kauf-
ännische Grundsatz: Eigenkapital kann man nur ein-
al ausgeben. Die Banken sollen insbesondere Eigenka-

ital schaffen, um ihrem Ziel für die Realwirtschaft
achkommen zu können, eine klare, volkswirtschaftliche
nd gute Kreditversorgung für die Zukunft zu schaffen,
amit Arbeitsplätze in unserem Land sicher bleiben.






(A) )



(B) )


Dr. h. c. Hans Michelbach
Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war jetzt eine Absage an jede Regulierung? Oder wie?)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1702007400

Nun hat für die SPD-Fraktion das Wort der Kollege

Dr. Carsten Sieling.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Carsten Sieling (SPD):
Rede ID: ID1702007500

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und

Herren! Wir befinden uns mitten in der größten Finanz-
und Wirtschaftskrise. Wir diskutieren am heutigen Frei-
tagmorgen über das zentrale Problem dieser Finanz- und
Wirtschaftskrise. Wir haben in Deutschland, so sagt man
zumindest, eine neue Regierung, die sich viel vorge-
nommen hat.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Eben!)


– Ja, Herr Dautzenberg, wenn ich das einmal gehört
hätte.

Wir haben hier eine Debatte geführt, in der sich die
Koalitionsvertreter als Parlamentsvertreter von ihrer ei-
genen Regierung distanziert haben.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Da haben Sie nicht zugehört!)


Sie haben philosophiert und allgemeine Grundprinzipien
dargelegt,


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Teilen Sie denn unsere Vorstellungen?)


aber keinen konkreten Vorschlag gemacht, wo es hin-
geht. So eine Regierung brauchen wir in dieser Zeit
nicht.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Frank Schäffler [FDP]: Ich habe den Koalitionsvertrag zitiert! – Joachim Poß [SPD]: Koalition in der Auflösung! Die erreichen nicht den nächsten Wahltermin!)


Ich darf vielleicht einmal darauf hinweisen, dass es
hier um eine wichtige Frage geht. Herr Schäffler und
Herr Dautzenberg, wir sind uns doch einig, dass dies
eine zentrale Frage ist. Erklären Sie mir bitte, wie sich
die Bundesregierung bei der Debatte über diese Frage so
präsentieren kann, wie sie sich hier präsentiert. Sie zeigt
kaum Präsenz; hier ist niemand.


(Beifall bei der SPD – Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Der wichtigste Staatssekretär ist da!)


Das geht so nicht. Ich befürchte, Herr Schäffler, die Ver-
treter der Bundesregierung sind nicht zur Debatte ge-
kommen, weil sie sich nicht anhören wollen, wie Sie hier
sagen, Sie seien Parlamentsvertreter, und das, was die
Regierung macht, sei nicht Ihr Thema.

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(C (D Was ist das für eine Koalition, was ist das für ein vieltimmiger Chor, von dem Deutschland regiert werden ill? (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Leo Dautzenberg [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


Bitte.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1702007600

Herr Kollege Dautzenberg, bitte.


Leo Dautzenberg (CDU):
Rede ID: ID1702007700

Herr Kollege Sieling, teilen Sie meine Auffassung,

ass wir eine Parlamentsdebatte haben, dass wir uns auf-
rund Ihrer Anträge verständigt haben, diese Debatte
ier im Parlament zu führen?

Wenn Sie zugehört hätten, wüssten Sie, dass die
DU/CSU-Fraktion viele Vorschläge gemacht hat.


(Dr. Carsten Sieling [SPD]: Ich habe sehr gut zugehört!)


h betone nochmals: Wenn Sie das nur an den Anträgen
stmachen, die Sie hier vorlegen, ist das zu eng.


(Joachim Poß [SPD]: Das ist doch nicht alles!)


Herr Kollege Poß, das, was Sie hier fordern, muss aber
eil eines stimmigen Gesamtkonzepts sein.


(Joachim Poß [SPD]: Sie können uns nicht vorschreiben, was wir vorlegen!)


as halten Sie der Regierung doch immer vor. Deshalb
ssen wir uns von Ihnen nicht vorhalten, was wir zu dis-
utieren haben.


(Joachim Poß [SPD]: Lächerlich! Sie sind nicht handlungsfähig; das ist der Punkt! Frau Merkel macht Sprüche, mehr nicht! – Gegenruf des Abg. Frank Schäffler [FDP]: Das sagt der Richtige!)


Vieles von dem, was die Prüfaufträge angeht, ist – das
t betont worden – auf Herrn Steinbrück zurückzufüh-
n. Herr Kollege Sieling, wäre diese Regierung und wä-
n wir als Fraktionen nicht gut beraten,


(Joachim Poß [SPD]: Wir haben ein Papier Steinmeier/Steinbrück von Januar 2009, da steht alles drin!)


Hinblick auf die Finanztransaktionsteuer einen Prüf-
uftrag an den IWF zu geben mit der Bitte, die welt-
eiten Auswirkungen dieser Maßnahme zu untersuchen
nd Vorschläge zu unterbreiten?


(Joachim Poß [SPD]: Das wissen wir doch alles! Das spricht doch nicht gegen unsere Vorschläge! – Gegenruf des Abg. Frank Schäffler [FDP]: Doch! Mal durchlesen!)


Auch wenn Sie das schon alles wissen, Herr Kollege
oß, auch wenn Sie schon wissen, wie sich eine solche
teuer auswirkt, ist es doch sinnvoll, zuerst abzuwarten,
is das Ergebnis vorliegt, ehe man die Bewertung über-






(A) )



(B) )


Leo Dautzenberg
nimmt, dass eine solche Steuer ein Instrument, eine Op-
tion für ein mögliches Vorgehen darstellt.


(Joachim Poß [SPD]: Das ersetzt doch nicht nationales Handeln! Das ist kein Gegensatz!)


Sie hätten zuhören sollen, was wir als Fraktion – da-
mit bin ich wieder im parlamentarischen Bereich – vor-
geschlagen haben, nämlich ein Gesamtpaket: Finanz-
institute, Insolvenzrecht für Finanzinstitute und dessen
Absicherung, Verbesserungen in der Aufsicht, das alles
sind Punkte, wo wir national etwas umsetzen wollen und
wo Vorarbeiten gemacht worden sind. Zu Regelungen
für die Begrenzung von Vergütungen liegt ein Referen-
tenentwurf vor, den Sie schon zur Kenntnis genommen
haben müssten. Alles das, was wir national beeinflussen
können, ist also schon auf den Weg gebracht.


(Joachim Poß [SPD]: Nein, eben nicht! Da haben wir Vorschläge gemacht!)


Was international gemacht wird, Herr Kollege Sieling,
muss von dem Ergebnis bestimmter Prüfaufträge abhän-
gig gemacht werden. Wenn Sie ohne die Grundlage von
Analysen Entscheidungen treffen wollen, werden Sie da-
mit fehlgehen.


(Frank Schäffler [FDP]: Der Koalitionsvertrag spricht eine klare Sprache!)



Dr. Carsten Sieling (SPD):
Rede ID: ID1702007800

Herr Kollege, das war ein bisschen der Versuch, Ihre

Rede zu wiederholen und diese Punkte anzubringen.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Ich habe die Frage gestellt, ob Sie das zur Kenntnis genommen haben!)


– Sie haben mehrere Fragen gestellt. Ich will sie gerne
nacheinander aufrufen.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Es wäre besser, Sie beantworten sie, statt sie aufzurufen!)


Die erste, wichtige Frage betrifft Ihren Hinweis, dass
dies eine Parlamentsdebatte sei. Ich habe bisher nicht
gewusst, dass es üblich ist, dass in einer Parlamentsde-
batte die Bundesregierung nicht dabei sein muss.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Sie ist doch vertreten!)


– Natürlich ist die Bundesregierung vertreten – gar keine
Frage –; aber normalerweise erwartet man bei wichtigen
Fragen die entsprechenden Repräsentantinnen und Re-
präsentanten und eine Vertretung in größerer Breite. Das
ist doch ein relevanter Punkt, Herr Dautzenberg. Des-
halb würden wir uns wünschen, dass die Ministerinnen
und Minister, die Kabinettsmitglieder der Debatte bei-
wohnen. Das ist jedenfalls meine Auffassung.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Ich will ganz klar sagen, dass wir Sozialdemokraten
natürlich der Auffassung sind, dass wir ein breites Bün-
del an Maßnahmen brauchen.


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(C (D (Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Aha! War das die Antwort auf meine Frage? Kann ich mich setzen?)


Da meine ganze Rede eine Antwort auf Sie ist, dürfen
ie sich gerne setzen, Herr Dautzenberg.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Danke! Dann ist das erträglicher!)


ber ich kann das nicht entscheiden.

Ich will auch sehr deutlich sagen, dass Bundesfinanz-
inister Peer Steinbrück derjenige war, der im letzten

ahr die Vorschläge für entsprechende Maßnahmen ge-
acht hat.


(Frank Schäffler [FDP]: Wo ist er denn heute?)


as ist die Grundlage, auf der wir jetzt aufbauen können.
ie werden bei den Sozialdemokraten in diesem Hause
einen finden, der zu dem, was Peer Steinbrück letztes
ahr angeschoben hat, nicht steht. Das will ich ein für al-
mal festhalten.


(Beifall bei der SPD – Frank Schäffler [FDP]: Wo ist denn Herr Steinbrück?)


Der zweite Vorwurf, der ausgeräumt werden muss – hier
erden immer wieder Missverständnisse aufgebaut –:
atürlich schlagen wir ein Gesamtkonzept vor. Wir wis-

en – Kollege Poß hat das bereits gesagt –, dass es ein
ündel von Maßnahmen geben muss: Natürlich müssen
onizahlungen durch eine strengere Besteuerung ange-
angen werden. Und natürlich müssen wir im Zusammen-
ang mit Basel III die Eigenkapitalproblematik hart ange-
en. Da sind wir uns einig.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Okay!)


as gehört dazu. Es gehört auch dazu, die Finanzauf-
icht mit mehr Schlagkraft zu versehen. Das ist gar keine
rage; da sind wir nah beieinander. Das allein reicht aber
icht. Sie müssen auch den Mut haben, zum Beispiel das
hema Steueroasen


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Einverstanden!)


nd viele andere Dinge anzugehen. Es reicht überhaupt
icht aus, hier Präsident Obama für sein mutiges Vorge-
en zu loben und dann seine Vorschläge Strich für Strich
nd Punkt für Punkt zu zerreden.


(Beifall bei der SPD – Leo Dautzenberg [CDU/ CSU]: Wollen Sie die hier übernehmen?)


as geht nicht; das offenbart Ihre fehlende Ernsthaftig-
eit an dieser Stelle. Sie beziehen sich nur auf zwei Vor-
chläge: zur Finanzaufsicht und zum Eigenkapital. So
ird man diese Finanzkrise nicht in den Griff kriegen;
as wird nicht ausreichen, um die Probleme zu lösen.

Deshalb schlagen wir heute in unserem Antrag eine
anze Reihe von Maßnahmen vor, legen den Fokus da-
ei aber auf die Einführung einer Finanztransak-
onsteuer. Ich will an dieser Stelle sagen: Was ich hier
ehört habe, sind verzweifelte Versuche, von Aussagen
egzurudern, die aus der eigenen Koalition stammen.


(Beifall bei der SPD)







(A) )



(B) )


Dr. Carsten Sieling
Das ist nichts anderes als der verzweifelte Versuch, an
dieser Stelle abzulenken.

Viele Kolleginnen und Kollegen im Hause haben ges-
tern erlebt, wie der Präsident des Deutschen Sparkassen-
und Giroverbandes, Herr Haasis, die verschiedenen
Punkte aus seiner Sicht diskutiert hat. Er ist zu dem
Schluss gekommen, dass es sich bei der internationalen
Finanztransaktionsteuer natürlich nicht um ein unkom-
pliziertes Instrument handelt – wer will das behaupten! –,
dies aber der Weg ist, der beschritten werden müsse.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Nein! Er hat gesagt: Von allen schlechten Instrumenten ist das noch das harmloseste!)


Wir fordern Sie dazu auf: Hören Sie auf die Stimmen aus
der Finanzwirtschaft! Folgen Sie den Vorschlägen, die
breite Unterstützung finden!


(Beifall bei der SPD und der LINKEN)


Herr Dautzenberg, ich sage noch einmal: Sie retten
sich nicht damit, dass Sie immer wieder dieselben zwei
Vorschläge machen und den Kernpunkten ausweichen.
Sie können das hier nicht wegfilibustern.

Man muss sich vor Augen führen – das ist in diesem
Zusammenhang noch nicht ausreichend geschehen –, wo-
rum es dabei geht: Erstens. Die Finanztransaktionsteuer
ist ein Instrument, das nicht nachsorgend reagiert, son-
dern die Bedingungen dafür schaffen würde, dass be-
stimmte Spekulationsentwicklungen nicht wieder erfol-
gen könnten.


(Frank Schäffler [FDP]: So ein Quatsch!)


Sie ist eine Steuer, die dem Wort „Steuer“ wirklich ge-
recht wird: Sie ist zum Steuern da; sie greift in die wirt-
schaftlichen Abläufe ein und nimmt schädlichen Speku-
lationen den Schwung. Das führt dazu, dass wir einen
volkswirtschaftlichen Nutzen auch im Bereich der Fi-
nanzindustrie erzielen. Darum ist der Vorschlag richtig,
darum wird er weitreichend unterstützt.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Sie können rufen und schreien, wie Sie wollen: Wir
müssen ein Problem lösen. Heute läuft dasselbe Wertpa-
pier 100-mal um den Globus, ohne einen Deut zur Wert-
schöpfung beizutragen.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Derivate! Das ist richtig!)


Wer kann denn sagen, dass das sinnvoll ist? Lassen Sie
uns zusammen vorangehen und uns sagen: Deutschland
schließt sich als große Industrienation dem Vorschlag an;
wir wollen das einschränken.


(Beifall bei der SPD – Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Das kann ich doch auch über Regulierung erreichen!)


– Das können Sie vielleicht auch über Regulierung er-
reichen; aber diese Krise ist so komplex, dass man ein
Bündel, einen Komplex von Maßnahmen braucht. Des-
halb dürfen Sie den einzelnen Punkten nicht ausweichen.

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(C (D Zweitens. Die Finanztransaktionsteuer – das ist mehrch diskutiert worden – greift erheblich weiter als die isher diskutierten Instrumente wie die Tobin-Tax und ie Börsenumsatzsteuer. (Frank Schäffler [FDP]: Das ist ja das Schlimme daran!)


ie umfasst alle Finanztransaktionen. Deshalb ist sie das
chtige Mittel, insgesamt Wirkung zu entfalten und
eine Schlupflöcher offenzulassen.


(Frank Schäffler [FDP]: Und die Welt ist eine Scheibe!)


Drittens: die Höhe der Steuer. Es wird über einen
teuersatz zwischen 0,01 und 0,05 Prozent diskutiert.
as heißt, bei einer Transaktion in Höhe von 100 000
uro – ich nenne eine Summe, die man mit normalem
enschenverstand überschauen kann – geht es um eine

teuerliche Belastung von 50 Euro.


(Frank Schäffler [FDP]: Der Kleinsparer!)


o viel kostet eine Taxifahrt aus dem Obertaunus bis
ach Frankfurt; diese Belastung wird man bei schädli-
hen Investitionen hinnehmen können.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


uch deshalb ist die Steuer vertretbar und richtig.

Es gibt das Argument – das muss ich noch einmal
ufgreifen –, dass insbesondere die Kleinanleger betrof-
n sein werden.


(Frank Schäffler [FDP]: Ja, das tut Ihnen weh!)


err Schäffler, Sie haben sich hier noch einmal auf die
ussagen von Herrn Pofalla und – ich glaube – Herrn
taatsminister Fahrenschon bezogen. Ich würde wirklich
erne einmal wissen, was genau dahintersteckt.


(Frank Schäffler [FDP]: Das kann ich Ihnen sagen!)


Erstens. Bei 80 Prozent aller Riester-Verträge sind die
elder überhaupt nicht fondsbezogen angelegt. Dafür

pielt das also überhaupt keine Rolle.

Zweitens. Sie haben das Beispiel genannt, dass die re-
vante Summe bei einem Riester-Sparer ein Betrag von

irca 30 000 Euro sei. Aufgrund Ihrer Tätigkeit – Sie ha-
en wahrscheinlich schon viele Verträge persönlich ver-
ittelt; hoffentlich nicht im gefährlich-spekulativen Be-
ich – werden Sie wissen, dass der Sparer bei den in
rem Beispiel gewählten 30 000 Euro im Monat einen

parbeitrag in Höhe von 87 Euro hat. Bei unserer niedrig
ngesetzten Finanztransaktionsteuer wäre das innerhalb
on 20 Jahren eine Belastung von 10 bis 20 Euro.


(Lachen des Abg. Frank Schäffler [FDP])


Natürlich. Wenn Sie den Dreisatz beherrschen, dann
erden Sie das sehen.


(Frank Schäffler [FDP]: Ja, im Gegensatz zu Ihnen kann ich den Dreisatz! Ich kann sogar die Zinseszinsrechnung!)







(A) )



(B) )


Dr. Carsten Sieling
Sie reden hier von 4 700 Euro. Wissen Sie, wann Sie
die Zahl erreichen? In 9 000 Jahren! Sie machen hier
eine Milchmädchenrechnung. Fragen Sie in der Branche
nach! Keiner wird Ihnen diese Rechnung bestätigen.


(Frank Schäffler [FDP]: Haben Sie schon einmal etwas von Zinseszinsen gehört?)


Ich sage Ihnen hier: Sie verschrecken die Leute und ma-
chen ihnen Angst,


(Frank Schäffler [FDP]: Mit Recht!)


und das nur, damit dieses richtige Instrument, die Fi-
nanztransaktionsteuer, verhindert wird. Das können wir
nicht akzeptieren.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich will an dieser Stelle sagen, dass in der Tat ein wei-
teres sozusagen nichtfachliches Element nötig ist, wenn
man eine Steuer neu einführen will. Das Argument spielt
bei vielen Menschen eine große Rolle. Natürlich muss
man weitere Steuerbelastungen und neue Steuern gut be-
gründen. Es geht darum, dass man für einen solchen Vor-
schlag nicht nur gute Argumente, sondern auch Unter-
stützung braucht.

Ich will an dieser Stelle einmal sagen, dass ich hier
auch deshalb argumentiere und wir als SPD-Fraktion
auch deshalb einen Antrag in dieser Richtung vorgelegt
haben, weil es in Deutschland eine Petition mit
60 000 Unterschriften gibt, in der das gefordert wird,


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Das ist aber wenig!)


und es sind noch viel mehr Menschen, die das fordern.

Das ist keine isolierte Sache, sondern das wird gesell-
schaftlich breit getragen. Das geht weit in die Gesell-
schaft hinein – auch in Ihr Spektrum, also auch in den
Bereich der CDU und der CSU. Ob jemand von der FDP
dabei ist, weiß ich nicht.

Sie wissen auch, dass weite Teile der Wissenschaft
das mittragen. Amerikanische Ökonomen, Nobelpreis-
träger: Alle stehen dahinter.

Der Bundespräsident


(Joachim Poß [SPD]: Horst Köhler!)


– Horst Köhler, CDU – hat uns aufgefordert, eine inter-
nationale Finanztransaktionsteuer einzuführen.


(Joachim Poß [SPD]: Hat er keine Wirtschaftskompetenz, Herr Michelbach?)


Darum frage ich mich, warum Sie hier so lange reden
und darum herumgehen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Wir schlagen hier einen Dreistufenplan vor.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Wir schließen das doch nicht aus, Herr Kollege! Wir warten aber mal die Prüfung ab!)



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(C (D Ich glaube, wenn wir die Politik in Deutschland so angen, dass wir ständig nur Prüfungen durchführen und uf das Ergebnis dieser Prüfungen warten, (Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Nein, nein, nein! – Abg. Joachim Poß [SPD], an den Abg. Leo Dautzenberg [CDU/CSU] gewandt: Frag doch mal den Horst Köhler!)


ann kommt die nächste Finanzkrise schneller, als wir
ucken können. Herr Kollege Dautzenberg, wir haben
ar keine Zeit mehr, zu prüfen. Wir müssen handeln.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


s muss ein Konzept auf dem Tisch liegen, damit die
20 dieses umsetzen kann.

Das ist der Kern unseres Antrags. Deshalb will ich
as einmal herunterdeklinieren:

Die internationale Finanztransaktionsteuer: Rela-
v wenige hier – Herr Schäffler tut das immer, aber für
ndere gilt das weniger – haben dagegen geredet. Diese
aßnahme auf internationaler Ebene wird breit gestützt.
err Michelbach hat sich als Einziger aus der Koalition
ositiver dazu geäußert, weil er wahrscheinlich auch das
terview mit Herrn Dobrindt, Ihrem Generalsekretär,

elesen hat, der sehr, sehr deutlich gesagt hat, dass wir
ine internationale Finanztransaktionsteuer brauchen.


(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das brauche ich nicht zu lesen! Ich habe eine eigene Meinung!)


chließen Sie sich diesem Punkt in unserem Antrag des-
alb doch bitte an.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1702007900

Herr Kollege, ich darf Sie auf die Redezeit hinweisen.


Dr. Carsten Sieling (SPD):
Rede ID: ID1702008000

Ich komme zum Ende.


(Frank Schäffler [FDP]: Gott sei Dank!)


Wenn man auf der internationalen Ebene nicht zu einer
inigung kommt, dann – das sagte Bundesfinanzminister
chäuble in einem weiteren Interview in den letzten Ta-
en – einigen wir uns eben auf europäischer Ebene.


(Joachim Poß [SPD]: Ja!)


as ist der zweite Punkt, den wir Ihnen vorschlagen.
arum schließen Sie sich auch dem nicht an,


(Joachim Poß [SPD]: Ja!)


amit wir in Deutschland einmal wissen, wo es hingeht?


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Dafür brauchen wir doch Ihren Antrag nicht! – Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Und was machen Sie bei Punkt drei?)


Wenn die einzige Kontroverse darüber besteht, dass
ir Sozialdemokraten meinen, dass man im Notfall auch
ational handeln muss, dann bitte ich Sie und fordere Sie
uf, Herr Dautzenberg – ich bin gespannt, ob Herr






(A) )



(B) )


Dr. Carsten Sieling
Schäffler auch dabei ist –: Lassen Sie uns aus dem Vor-
schlag einen Gruppenantrag machen. Lassen Sie uns in
diesem Parlament etwas Gemeinsames auf den Weg
bringen, damit wir die Finanztransaktionsteuer hinbe-
kommen,


(Frank Schäffler [FDP]: Ich kann Ihnen schon sagen, dass wir nicht dabei sind!)


statt die ganze Zeit nur drumherum zu reden und zu phi-
losophieren. Nur Argumente dafür zu suchen, dass Sie
nicht handeln wollen, sondern immer nur prüfen, ist
keine Politik. Die Finanzkrise braucht mehr. Auch
Deutschland braucht mehr.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Frank Schäffler [FDP]: Sie sind in der Opposition angekommen!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1702008100

Für die FDP-Fraktion hat nun der Kollege Björn

Sänger das Wort.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Björn Sänger (FDP):
Rede ID: ID1702008200

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und

Herren! Sehr geehrter Herr Poß, Sie haben von einer
Parallelwelt gesprochen, in der der eine oder andere aus
der Finanzbranche lebt. Darauf, dass es im Internet eine
Gruppe gibt, die in ihrer eigenen Welt lebt, habe ich an
dieser Stelle schon einmal hingewiesen.

Ich gebe Ihnen sogar recht darin, dass der eine oder
andere in einer Parallelwelt lebt. Ich habe aber den Ein-
druck, dass auch die SPD zumindest seit der Bundes-
tagswahl in einer Parallelwelt lebt.


(Zurufe von der CDU/CSU und der FDP: Nicht erst seitdem!)


Ich weiß nicht, was Sie zu sich nehmen, um Ihre Wahler-
gebnisse zu verarbeiten, aber Sie sollten besser damit
aufhören. Denn es scheint Ihr Erinnerungsvermögen ins-
besondere bezogen auf die letzten elf Jahre erheblich zu
beeinträchtigen.


(Joachim Poß [SPD]: Gucken Sie sich mal mein Wahlergebnis an! Ich kann nicht meckern! – Gegenruf des Abg. Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Das ist die Ausnahme!)


Ich möchte Ihnen deshalb ein bisschen auf die Sprünge
helfen.

Sie schreiben sehr zu Recht, dass eine Fehlregulie-
rung des Finanzmarktes gepaart mit Gier krisenursäch-
lich ist.


(Joachim Poß [SPD]: In welcher Partei sind Sie?)



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(C (D Ich bin seit 19 Jahren in der Freien Demokratischen artei, und ich muss ehrlich sagen, dass ich sehr stolz arauf bin. Dass der Markt falsch reguliert worden ist, ist richtig. ber wer hat denn den Markt falsch reguliert? Das wan doch Sie. Person war es der Kollege Eichel als Bundesfinanzmiister, der, im Übrigen mithilfe der tatkräftigen Untertützung von Lobbyisten, die die Gesetzentwürfe gechrieben haben, ie Märkte nicht richtig reguliert hat. (Beifall bei der FDP – Joachim Poß [SPD]: Unverschämtheit! Als Entschuldigung kann man nur mangelnde Kompetenz anführen!)


(Beifall bei der FDP)


(Zuruf von der FDP: Elf Jahre lang!)


(Joachim Poß [SPD]: Das ist ja abenteuerlich!)


Zum Thema Gier möchte ich noch anmerken, dass es
erselbe Hans Eichel ist, der als Ministerpräsident und
hemaliger Bundesminister derzeit eine Rente von
151,05 Euro pro Monat bezieht und noch einen zusätz-
chen Rentenanspruch von 5 900 Euro aus seiner Zeit
ls Oberbürgermeister der Stadt Kassel einklagen möchte.


(Zuruf von der SPD: Ach so, jetzt kommt das wieder! – Dr. Carsten Sieling [SPD]: Zur Sache, Herr Kollege!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1702008300

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der

ollegin Hendricks?


Björn Sänger (FDP):
Rede ID: ID1702008400

Wenn es der Wahrheitsfindung dient.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1702008500

Bitte sehr.


Dr. Barbara Hendricks (SPD):
Rede ID: ID1702008600

Herr Kollege, wollen Sie bitte zur Kenntnis nehmen,

ass es in diesem Hause Mindestanforderungen an das
iveau gibt? Das gilt übrigens auch für Ihren Kollegen

us Berlin, der gestern gesprochen hat.


(Frank Schäffler [FDP]: Lindner heißt er! Das ist ein guter Mann!)


uch er hat die Mindestanforderungen an das Niveau
ieses Hauses nicht eingehalten.

Wollen Sie bitte auch zur Kenntnis nehmen, dass es
nen höchstwahrscheinlich auch mit Unterstützung er-
hrener Kollegen aus Ihrer Fraktion nicht gelingt, nach-

uweisen, dass die FDP in den vergangenen elf Jahren
gendwann einen Antrag zur schärferen Regulierung der
inanzmärkte eingebracht hat?


(Beifall bei der SPD)







(A) )



(B) )


Björn Sänger (FDP):
Rede ID: ID1702008700

Frau Kollegin Hendricks, herzlichen Dank für die

Fragen. Wenn ich die Debatten verfolge, brauche ich
mir, glaube ich, von der linken Seite des Parlaments
nichts über das Niveau erzählen zu lassen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir sind bei der Frage, wie wir die Krise in den Griff
bekommen wollen. Wir alle haben das Ziel, Vorsorge zu
treffen, dass sich ein derartiges Desaster nicht wieder-
holt. Sie aber servieren uns jetzt, 14 Tage vor Karneval,
eine ziemlich angegammelte Kamelle, nämlich die
Finanztransaktionsteuer. Das ist ein gänzlich untaugli-
ches Mittel zur Bewältigung dieser Krise. Denn die
Krise ist nicht durch Spekulationen vorangetrieben wor-
den, sondern durch Wertpapiere, die nicht nachhaltig
waren, und von Ratingagenturen, die Fehler gemacht ha-
ben.


(Beifall bei der FDP)


Das muss zwar angegangen werden, aber das erreicht
man nicht mit einer Finanztransaktionsteuer.

Mit der Finanztransaktionsteuer treffen Sie auch die
Kleinsparer, Herr Kollege Schick. Das ist wieder ty-
pisch: Es wird über Menschen geredet, die in der Lage
sind, 30 000 oder 100 000 Euro anzulegen. Die stört das
nicht. Darin gebe ich Ihnen völlig recht.


(Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Wir haben über Leute gesprochen, die 100 Euro im Monat anlegen! Genau das haben wir Ihnen vorgerechnet!)


Aber die Mitte der Gesellschaft, die Leistungsträger, die
Riester-Verträge abschließen, werden über Gebühr be-
lastet.


Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1702008800

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des

Kollegen Raabe?


Björn Sänger (FDP):
Rede ID: ID1702008900

Nein. Das bringt nichts.


(Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Dafür haben wir Verständnis!)


Folglich müssen wir darüber nachdenken, welches In-
strument besser als eine Finanztransaktionsteuer in der
Lage ist, steuernd einzugreifen. Ich greife das auf, was
der Kollege Schäffler richtigerweise gesagt hat. Ein Ver-
sicherungssystem ist deutlich besser;


(Nicolette Kressl [SPD]: Das ist das Beste, was ich seit langem gehört habe! – Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das schließt sich nicht aus!)


denn dann sind die Einlagen der Sparerinnen und Sparer
abgesichert und ist das System stabilisiert. Notwendig ist
zudem, ein Insolvenzrecht für Banken einzuführen, da-
mit ein Institut aus dem Markt geordnet ausscheiden
kann.

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(C (D Wir haben im Koalitionsvertrag den Aufbau einer irksamen Aufsicht vereinbart. Obwohl die christch-liberale Regierung noch nicht einmal 100 Tage im mt ist und Sie elf Jahre alle Gelegenheiten haben ver treichen lassen, entsprechende Regelungen zu treffen, ollen wir schon gehandelt haben. Ich denke, hier muss an ein bisschen auf die Relationen achten. Ein weiteres Thema ist – das greifen Sie richtigereise auf – die Bekämpfung von Steueroasen. Auch ierzu werden wir Vorschläge machen. Durch ein einfahes und gerechtes Steuersystem mit niedrigen Sätzen ird es überhaupt nicht mehr attraktiv sein, Geld am eutschen Fiskus vorbei in irgendwelche Steueroasen zu erschieben. (Beifall bei der FDP – Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Steuersätze wie in Liechtenstein, oder wie?)


Lassen Sie mich nun zu den Bankerboni kommen.
er eine oder andere in der Branche hat den Schuss nicht
ehört.


(Karin Roth [Esslingen] [SPD]: Sie auch nicht!)


abei sind Boni, also Leistungsanreize in der Vergütung
uf breiter Ebene, nicht das schlechteste Instrument,
enn man Leistung fördern will.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Die muss auch nachhaltig sein!)


ber das muss mit einer entsprechenden Verantwortung
interlegt sein. Freiheit und Verantwortung sind zwei
eiten derselben Medaille; sie gehören zusammen. Es
ird gesagt, es helfe nichts, wenn ein Bankmanager mit

einer Villa im Tessin genauso wie der Bäckermeister
der der Elektromeister vor Ort mit ihren Häuschen haf-
n müssen. Aber die Aussicht, dass das Häuschen oder
beim Bankmanager – die Villa im Tessin weg sein
önnte, wird den einen oder anderen sicherlich dazu be-
egen, Entscheidungen, bevor er sie trifft, gründlicher

u überdenken und das eine oder andere Papier etwas ge-
auer zu lesen. Hier muss ein Zusammenhang zwischen
oni auf der einen Seite und Verantwortung und Haftung
uf der anderen Seite geschaffen werden. Das werden
ir leisten müssen; denn nur so können wir die dienende
unktion der Finanzdienstleistungsbranche aufrechter-
alten.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Der Bundesbankpräsident Weber hat vollkommen
cht: Es ist außerordentlich ratsam für die Finanzbran-

he, die Gewinne, die momentan wieder erzielt werden,
das Eigenkapital anstatt in Boni zu stecken; denn die
igenkapitalanforderungen werden sicherlich nicht ge-
nger werden. In eine Kreditklemme wollen wir nicht
ineinlaufen. Es gibt schon entsprechende Hinweise aus
em Markt, aus der Realwirtschaft. Die Bosch GmbH
eendet – ich unterstütze das ausdrücklich – Geschäfts-
eziehungen mit Banken, die Boni zahlen. Das ist ein
ehr gutes marktwirtschaftliches Instrument, um zu einer
erhaltensänderung zu kommen.






(A) )



(B) )


Björn Sänger

(Beifall des Abg. Frank Schäffler [FDP])


Ich komme zum Schluss. Die Linken in Nord-
rhein-Westfalen verkaufen T-Shirts, auf denen steht: Wir
wollen linke Spinner sein. – Vorher hatte ich noch Hoff-
nung, aber nach der heutigen Diskussion kann ich nur
empfehlen: Kaufen Sie sich diese T-Shirts und ziehen
Sie sie an! Mit Ihren Anträgen haben Sie das eindrucks-
voll unter Beweis gestellt.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1702009000

Nun hat das Wort zu einer Kurzintervention der Kol-

lege Dr. Raabe.


Dr. Sascha Raabe (SPD):
Rede ID: ID1702009100

Sehr geehrter Herr Kollege, ich will zwei Feststellun-

gen treffen. Die erste ist: Sie haben gesagt, dass die Idee
einer Finanztransaktionsteuer eine olle Karnevals-
kamelle sei. Da die Bundeskanzlerin diese Idee aber
unterstützt, frage ich mich, ob sie in Ihren Augen eine
Fastnachtsnärrin ist. Es ist erstaunlich, dass die Bundes-
kanzlerin immer bekundet, für die Einführung einer sol-
chen Steuer zu sein, dies aber von Ihrer Seite dermaßen
ins Lächerliche gezogen wird. Das liegt auf der Linie Ih-
res Entwicklungsministers Niebel, der im Entwicklungs-
ausschuss wörtlich gesagt hat: Was interessiert mich,
was die Kanzlerin sagt? Ich habe eine andere Meinung.

Ich komme zu meiner zweiten Feststellung. Mein
Kollege Sieling hat zu Recht auf die Petition verwiesen,
in der 60 000 Menschen die Einführung einer Finanz-
transaktionsteuer fordern. Sie fordern sie deshalb, weil
sie sagen: Wir brauchen Geld für die Entwicklungszu-
sammenarbeit, um die Folgen der Wirtschafts- und
Finanzkrise gerade für die ärmsten Menschen abmildern
zu können. Deswegen ist das selbstverständlich ein ganz
wichtiger Schritt, der auch dazu dient, die vereinbarten
Stufensteigerungen des sogenannten ODA-Plans reali-
sieren zu können, also den Anteil der Mittel für die öf-
fentliche Entwicklungszusammenarbeit am Bruttonatio-
naleinkommen, der eigentlich in diesem Jahr 0,51 Prozent
betragen müsste, bis zum Jahr 2015 auf 0,7 Prozent zu
steigern, wozu wir uns verpflichtet haben.

Ich frage mich, wie Sie das erreichen wollen, wenn
Sie eine solche Finanztransaktionsteuer ablehnen. Sie
brechen ja bereits mit diesem Haushalt Ihr Versprechen,
die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit zu steigern.
Es ist doch völlig unglaubwürdig, ohne eine solche
Steuer eine Quote von 0,7 Prozent im Jahr 2015 errei-
chen zu wollen. Das spricht für die fehlende Glaubwür-
digkeit dieser Regierung und dafür, dass Sie auf dem Rü-
cken der ärmsten Menschen dieser Erde eine Politik
zugunsten der Multimillionäre betreiben. Das wird mit
uns nicht zu machen sein.


(Beifall bei der SPD – Dr. Andreas Schockenhoff [CDU/CSU]: Alter Quatschkopf!)


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(C (D Herr Kollege Sänger, bitte. Sehr geehrter Herr Kollege, ich fange mit der Petition n. Mittlerweile mehr als 65 000 Petenten nehmen wir atürlich sehr ernst. Uns geht es ja auch darum, die ranche entsprechend an der Bewältigung der Krise zu eteiligen. (Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: An den Kosten!)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1702009200
Björn Sänger (FDP):
Rede ID: ID1702009300

Was Sie wollen, ist das, was der Erfinder dieser
teuer, James Tobin, selbst als einen Fehler erkannt hat,
ämlich zusätzliche Einnahmen generieren. Sie möch-
n hierbei nicht steuernd eingreifen, denn dann müssten
ie über andere Maßnahmen nachdenken.


(Dr. Carsten Sieling [SPD]: Doch! – Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Beides!)


as wollen wir an dieser Stelle nicht, sondern wir wol-
n, dass die Branche an den Kosten dieser Krise adäquat
eteiligt wird. Wir sind der Auffassung, dass diese
teuer nicht das richtige Mittel ist. So steht es auch im
oalitionsvertrag – der Kollege Schäffler hat darauf hin-
ewiesen –, und danach handelt die Bundesregierung.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP – Dr. Carsten Sieling [SPD]: Wo steht das im Koalitionsvertrag? – Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kein Wort zur Kanzlerin! – Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Kein Wort im Koalitionsvertrag!)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1702009400

Als letzter Redner in dieser Debatte hat nun das Wort

er Kollege Ralph Brinkhaus für die CDU/CSU-Frak-
on.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Nehmen Sie jetzt die Kanzlerin in Schutz, oder was tun Sie?)



Ralph Brinkhaus (CDU):
Rede ID: ID1702009500

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe

ben einmal zur Tribüne hochgeblickt – da waren noch
re Vorgänger –, und da war Kopfschütteln. Ich glaube,

as Bild, das wir als Parlament hier heute abgeben,
chtfertigt dieses Kopfschütteln: Wir debattieren hier

icherlich die dringendste, die wichtigste Aufgabe, die
ir neben denjenigen hinsichtlich des Klimawandels in
ieser Legislaturperiode zu erfüllen haben, und streiten
ns darüber, wer wann was gesagt hat, in welchem Pa-
ier was stand, darüber, wer welche T-Shirts anziehen
oll.


(Dr. Carsten Sieling [SPD]: Nein, wer was tut!)


h halte das für nicht angemessen; denn die Menschen
ind zu Recht ziemlich sauer,






(A) )



(B) )


Ralph Brinkhaus

(Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Auf Ihre Koalition natürlich!)


und ich habe großes Verständnis dafür. Es ist ein Skan-
dal, dass wir als Staat letztlich mit dem Volumen von
zwei Bundeshaushalten in die Haftung für das Banken-
system gehen müssen. Als Mitglied des Gremiums ge-
mäß § 10 a des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes sehe
ich das jeden Freitagmorgen. Es ist ganz gut, dass man
es jeden Freitagmorgen sieht, Herr Kollege Sieling, um
sich das ganze Ausmaß des Skandals noch einmal vor
Augen zu führen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Es ist auch völlig unverständlich, dass wichtige Teile
der internationalen Finanzwirtschaft den Eindruck erwe-
cken, dass es so weitergehen kann wie bisher. Wir sehen
es an der Art der Geschäfte und auch an den Vergütungs-
modellen.

Es ist beschämend – das muss auch einmal gesagt
werden –, dass es der gesamten Branche scheinbar an
dem Willen oder der Kraft fehlt, aus sich selbst heraus
umfassende Reformen zur Eigenregulierung und zur
Systemstabilität zu organisieren.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die Maßstäbe, die wir an einen Hartz IV-Empfänger an-
legen, müssen wir auch an die Bankenwelt anlegen.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Zur Ehrlichkeit gehört aber auch, dass wir alle – viel-
leicht mit wenigen Ausnahmen – selbst an den Ursa-
chen dieser Krise in irgendeiner Art und Weise beteiligt
waren, denn weder die Politik noch die Verwaltung, we-
der die Wissenschaft noch die Medien haben die Risiken
in dieser Form richtig eingeschätzt und entsprechend ge-
handelt. Wir alle haben als Konsumenten von den guten
Zinsen profitiert. Ich frage einmal hier in den Saal hi-
nein, wer 2007 nicht zu seinem Bankberater gegangen
ist und gesagt hat: Zwei Prozent mehr, oder ich bin weg.


(Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Also, ich nicht! – Nicolette Kressl [SPD]: Die, die kein Geld haben!)


Wir alle haben als Kreditnehmer davon profitiert – sei es
im privaten Bereich zum Beispiel für Eigenheime oder
in der Industrie –, dass wir unsere Investitionen günstig
finanzieren konnten. Wir haben als Staat gern die hohen
Steuereinnahmen mitgenommen. Allein die Deutsche
Bank hat 2007 ein Steueraufkommen von mehr als
3,5 Milliarden Euro gehabt. Es ist also nicht so einfach,
wie man vielleicht meint.

Abseits jeder Moral, des Bedürfnisses nach Rechen-
schaft für die Verantwortlichen oder der Strafe für dieje-
nigen, die scheinbar nichts gelernt haben, bleibt doch
eine Erkenntnis: Es gibt keine absolute Sicherheit im Fi-
nanzsystem. Niemand hat den Masterplan. Unwahr-
scheinliche Ereignisse, die nicht denkbar waren, treten
ein. Weil die Welt so komplex ist, meine Damen und

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(C (D erren, hege ich tiefes Misstrauen gegenüber denjenien, die jetzt ganz genau wissen, was zu tun ist, egenüber denjenigen, die jetzt sagen, die Steuer A, die bgabe B oder die Regulierung C ist es, die das Finanz ystem sicher macht. Meine Damen und Herren, es gibt icht das Instrument, das absolute Sicherheit verschafft. (Beifall des Abg. Leo Dautzenberg [CDU/ CSU])


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: So ist das!)


s gibt auch keine Garantie dafür – auch das gehört mit
ur Ehrlichkeit –, dass der Staat das Bankensystem nie
ehr mit Steuergeldern stabilisieren muss.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


as ist ernüchternd. Trotzdem glaube ich aber, dass es
ns gelingen kann, ein besseres Finanzsystem zu organi-
ieren, als wir es in der Vergangenheit gehabt haben. Nur
arum geht es.

Insofern ist es wichtig, ein Maßnahmenpaket zu
chnüren; der Kollege Michelbach hat es eben schon ge-
agt. Dieses Maßnahmenpaket ist auf den Weg gebracht
orden, und zwar mit einer gewissen Systematik, Herr
ollege Schick. Es geht darum, eine konsequente Inter-
ationalisierung der Problemlösungsstrategien vo-
nzutreiben. Die G 20, nicht allein die nationalen Parla-
ente, sind der richtige Platz.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


h sage aber auch an die Adresse der Bundesregierung,
n Herrn Koschyk: Wir haben hohe Erwartungen an den
ächsten G-20-Gipfel in Kanada. Dabei muss etwas he-
uskommen. Es reicht nicht, wenn wir weiter im Unver-

indlichen bleiben.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Es ist auch wichtig, dass wir ein Frühwarnsystem
inrichten. Wir sehen eine ganz zentrale Rolle beim
uropäischen Ausschuss für Systemrisiken. Dieser muss
enger Zusammenarbeit mit der EZB frühzeitig Pro-

leme identifizieren und Handlungsempfehlungen aus-
eben, und zwar möglichst schnell. Wir müssen auch die
ktuellen Risikofelder, über die momentan wieder
iemand redet, im Auge behalten. Dazu gehören die
flation, die Überhitzung der Rohstoffmärkte, die spe-

ulativen Geldmengen, die in die Entwicklungs- und
chwellenländer fließen, und auch der Zustand von
olkswirtschaften hier in der EU. Im Auge behalten al-
in reicht jedoch nicht. Wir müssen aus der Identifika-
on der Risiken Handlungen erwachsen lassen; denn das
ehe ich momentan leider zu wenig.

Wir brauchen einen starken Ordnungsrahmen. Dazu
ehört die Beseitigung von regulierungsfreien Bereichen
es Kapitalmarktes.


(Beifall des Abg. Leo Dautzenberg [CDU/ CSU])


sofern ist es zu begrüßen, dass die Europäische Kom-
ission das Projekt Gewährleistung sicherer Derivate-
ärkte auf den Weg gebracht hat. Ich wünsche mir, dass






(A) )



(B) )


Ralph Brinkhaus
wir darüber mehr sprechen. Es ist gut, dass wir mit der
Regulierung von Hedgefonds durch die AIFM-Richtlinie
angefangen haben. Es ist auch richtig, dass die EU-
Richtlinie zur Regulierung von Ratingagenturen schnell
in deutsches Recht umgesetzt wird.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Ein Ordnungsrahmen muss aber auch stringent über-
wacht werden. Dazu ist im August 2009 das Gesetz zur
Stärkung der Finanzmarkt- und Versicherungsaufsicht in
Kraft getreten. Es ist darüber hinaus nachhaltig zu be-
grüßen, dass Ecofin das neue Konzept zur europäischen
Finanzaufsicht, über das wir noch zu diskutieren haben,
in diesem Jahr auf den Weg gebracht hat.

Wir brauchen aber auch – das ist der Kern – ein gan-
zes Paket von Eigenkapitalmaßnahmen. Dazu gehört
nicht nur die Umsetzung der geänderten Banken- und
Kapitaladäquanzrichtlinie. Dazu gehören auch die durch
die G 20 angestoßenen Aktivitäten des Baseler Aus-
schusses zur stärkeren Unterlegung von Eigenkapital;
denn die Verknüpfung von Eigenkapitel und Risiko ist
sicherlich einer der entscheidendsten Faktoren zur Si-
cherung der Finanzmärkte.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das widerspricht aber dem, was die FDP gesagt hat!)


Wir müssen die Angemessenheit der Vergütungs-
strukturen sicherstellen. Hierzu ist im August 2009 das
Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung in
Kraft getreten. Wichtig war auch die Einigung auf Ver-
gütungstandards auf dem G-20-Gipfel in Pittsburgh,
durch das BaFin-Rundschreiben vom Dezember 2009
umgesetzt und auch für deutsche Unternehmen verbind-
lich.

Wir müssen uns aber auch vor Augen halten, dass es
immer wieder zur Krise kommen kann. Deswegen brau-
chen wir ein Instrumentarium zum Krisenmanagement.
Hier hat die EU-Kommission die Initiative zur Schaf-
fung eines grenzüberschreitenden Krisenmanagements
auf dem Bankensektor ergriffen. Das ist gut und richtig.
Was aber dringend notwendig ist – das ist eine unserer
vordinglichen Aufgaben in dieser Legislaturperiode –,
ist die Schaffung eines nicht nur finanzmarktspezifi-
schen Insolvenz-, sondern auch Abwicklungsrechtes;
denn es muss möglich sein, dass eine Bank oder ein
Finanzdienstleister geordnet abgewickelt oder in eine
geordnete Insolvenz überführt wird.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Weiterhin werden wir auch über grenzüberschreitende
Sicherungsfonds diskutieren müssen. Ich möchte dieses
Thema aber nicht überschätzen. Die Krise hatte diesmal
eine Dimension, die kein Sicherungsfonds hätte auffan-
gen können.

Ich fasse zusammen: internationale Lösungen,
Frühwarnsystem, starker Ordnungsrahmen, stringente
Überwachung dieses Rahmens, ein Bündel von Eigenka-
pitalmaßnahmen, angemessene Vergütungsstrukturen,
effektive Maßnahmen zum Krisenmanagement. All

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(C (D iese Dinge sind jetzt schon auf den Weg gebracht woren. Frau Hendricks, bei allem Lob für den Kollegen teinbrück, es ist völlig egal, wer für diese Maßnahmen erantwortlich ist; denn es geht um die Lösung. Diese ösung müssen wir hier gemeinsam entwickeln. Ich glaube, dass die Bundesregierung an all diesen rojekten mit Hochdruck arbeitet. Eine Menge Menchen auf der Welt versuchen, dieses Finanzsystem auf ine bessere Basis zu stellen. Dabei sollten wir mitmahen. Es ist manchmal auch so, dass die Bundesregieng in der Rolle des Kritikers ist. Auch das ist gut. icht alles ist richtig, was hier und heute vorgeschlagen orden ist. Offen sind noch die Fragen nach einer Beteiligung an en Kosten der Finanzkrise. Auch hier müssen wir ber Ansätze diskutieren, wobei mittlerweile Konsens esteht, dass eine Beteiligung zumindest der großen sysmrelevanten Institute und eben nicht der Sparkassen nd Volksbanken an den noch entstehenden Kosten erlgen muss. s geht um die noch entstehenden Kosten. Was wir biser bezahlt haben, ist angesichts des Risikos sehr wenig. Aus den USA kommen Vorschläge zur Regulierung, um Eigenhandel und zur Aufspaltung von Banken. iese Impulse müssen aufgenommen werden. Ich sage ber auch ganz offen: Die USA wären mit ihren Vorchlägen glaubwürdiger, wenn sie Basel II umgesetzt ätten. Insofern muss man alles im Zusammenhang beachten. Sie haben heute Ihren Beitrag als Opposition geleist. Darüber müssen wir diskutieren. Wir wissen, dass ir mit Ihnen nicht immer einer Meinung sind. Für die DU kann ich sagen: Mit einer nationalen Transktionsteuer haben wir mächtige Probleme. Sie wissen, arum. Aber wir müssen eines schaffen, von der einen is zur anderen Seite dieses Hauses, weil das die Erwarngshaltung der Bevölkerung ist und weil das unsere ufgabe in diesem Parlament ist: Wir müssen gemein am ein Maßnahmenpaket organisieren, das die Finanzärkte stabilisiert. (Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Schlagen Sie doch mal was vor!)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


ir müssen dieses Paket auch im Konsens organisieren;
enn die Bundesregierung, auch wenn es jetzt eine
DU/CSU-FDP-Regierung ist, braucht ein starkes Man-
at in den internationalen Verhandlungen. Wenn wir die-
es Paket nicht gemeinsam organisieren,


(Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Dann machen Sie es doch!)


erden wir uns als Parlamentarier sagen lassen müssen,
ass wir die wichtigste Frage, die sich in dieser Legisla-
rperiode stellt, nicht beantwortet haben.


(Beifall bei der SPD)







(A) )



(B) )


Ralph Brinkhaus
Es wäre wirklich gut, meine Damen und Herren, wenn
wir es schaffen würden, diese Aufgabe gemeinsam zu
bewältigen.

Ich möchte zum Schluss noch einen Aspekt ergänzen.
Ich habe am Anfang meiner Ausführungen Kritik an
den Banken geübt. Bei aller Kritik an den Banken: Wir
stehen zu unseren Banken in Deutschland, zu den klei-
nen, die in der Fläche tätig sind, aber auch zu den Groß-
banken. Die deutsche Exportwirtschaft braucht große
Banken, die sie international begleiten. Wir sollten das
nicht Banken aus anderen Ländern überlassen. Eines ist
aber auch klar: Wir als Politik stoßen mit unseren Auf-
sichts- und Regulierungsmaßnahmen, mit unseren Sys-
temvorschlägen an Grenzen, wenn sie nicht mit einer
neuen Kultur der Verantwortung im Bankenbereich ein-
hergehen.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Diese, meine Damen und Herren, ist bisher leider viel zu
wenig ersichtlich. Vielleicht wäre ein Vorschlag, dass
Bankvorstände mit ihrem persönlichen Vermögen für ihr
Tun haften, so wie es bei Freiberuflern üblich ist.


(Beifall des Abg. Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Eines ist wichtig: Die deutsche Kreditwirtschaft ist
aufgefordert, mehr zu tun, national, aber auch in interna-
tionalen Gremien, um das Vertrauen der Menschen zu-
rückzugewinnen, um eine Wiederholung der Krise aus
dem Herbst 2008 wirklich zu einem sehr unwahrschein-
lichen Ereignis werden zu lassen. Die Zeit dafür drängt.
Ganz ehrlich: Wir können uns nicht leisten, dass noch
einmal das passiert, was damals passiert ist, denn dann
sind wir alle weg.


(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1702009600

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf
den Drucksachen 17/526, 17/527 und 17/518 an die in
der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschla-
gen. Sind Sie damit einverstanden? – Ich sehe: Das ist
der Fall. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 20:

Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Barbara
Höll, Dr. Axel Troost, Richard Pitterle, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE

Vermögensteuer als Millionärsteuer wieder
erheben

– Drucksache 17/453 –
Überweisungsvorschlag:
Finanzausschuss (f)

Haushaltsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. – Ich sehe:

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(C (D ie sind damit einverstanden. Dann können wir so verhren. Ich eröffne die Aussprache. Als erster Redner in der ebatte hat der Kollege Harald Koch für die Fraktion ie Linke das Wort. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegin en und Kollegen! Liebe Zuhörer! Ich habe es bei meier Arbeit als stellvertretender Landrat viele Jahre hautah erlebt: Nicht nur den Kommunen steht das Wasser nanziell immer öfter bis zum Hals; auch viele Menchen können sich, wenn überhaupt, gerade mal das Alrnötigste zum Leben leisten, während andere in Luxus chwelgen. 10 Prozent der Bevölkerung besitzen hierzunde 61 Prozent des Vermögens. 70 Prozent der Bevölerung teilen sich nur 9 Prozent des Vermögens. Konkret spüren das immer mehr Menschen. Die chere zwischen Arm und Reich geht drastisch weiter useinander. Dass Kinder heute von der Schule in Hartz -Lebensläufe gehen, ist ein Skandal. (Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


(Beifall bei der LINKEN)

Harald Koch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1702009700

Die ungerechte Einkommens- und Vermögensvertei-
ng in vielen Ländern ist eine zentrale Ursache der ak-
ellen Finanz- und Wirtschaftskrise. Diejenigen, die

ber große Vermögen verfügen, geben es ja nicht aus.
ie Binnennachfrage wird durch sie kaum gestärkt.
tattdessen fördert die Vermögenskonzentration Speku-
tionen und eine übertriebene Renditeerwartung.

Um die aktuelle Krise zu bewältigen und die in Mit-
idenschaft gezogenen öffentlichen Haushalte sowie die
achfrage zu stärken, fordert die Linke, genau diejeni-
en an der Deckung der Krisenkosten zu beteiligen, die
on der Zockerei auf den Finanzmärkten am meisten
rofitiert haben und noch profitieren.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ein deshalb überfälliger Schritt ist aus Sicht der Lin-
en, die Vermögensteuer als eine Millionärsteuer wieder
inzuführen. Zum Vermögen zählen wir in unserem An-
ag die Gesamtheit privater Geldvermögen und der Ver-
ehrswerte der privaten Immobilien- und Sachvermö-
en. Private Kredite werden abgezogen. Nur das
berhalb von 1 Million Euro liegende Nettovermögen
iner Person soll mit 5 Prozent versteuert werden. Ange-
ichts dessen, dass 1 Million Euro steuerfrei bleiben soll,
ann nun wahrlich niemand behaupten, die Linke wolle
ermögende armmachen.

Die Vermögensteuer übt eine Finanzierungs- und
mverteilungsfunktion aus, weil nach der wirtschaftli-

hen Leistungsfähigkeit besteuert wird, die sich durch
ermögen nun einmal erhöht. Wer die derzeitige Krise
nd die wachsende Armut bekämpfen will, muss eben
eichtum begrenzen.






(A) )



(B) )


Harald Koch

(Beifall bei der LINKEN)


Die Länder und Kommunen pfeifen finanziell auf
dem letzten Loch. Das sollten auch die Vertreter der Ko-
alition einmal zur Kenntnis nehmen. In dieser Situation
wollen Sie, die Mitglieder der Koalition, die mit der Ein-
führung einer Vermögensteuer verbundenen Möglichkei-
ten nicht nutzen? Wir, die Linke, gehen davon aus, dass
durch die Erhebung einer Vermögensteuer langfristig pro
Jahr bis zu 80 Milliarden Euro zusätzliche Steuereinnah-
men zur Verfügung stehen.


(Beifall bei der LINKEN)


Nehmen Sie doch dieses Geld. Das ist besser, als es
nach der Wahl in Nordrhein-Westfalen noch stärker als
bisher Normal- und Geringverdienenden, Rentnerinnen
und Rentnern sowie sozial Benachteiligten aus der Ta-
sche zu ziehen, was wir alle erwarten.


(Karl Schiewerling [CDU/CSU]: Ich erwarte das nicht!)


– Glauben Sie mir ruhig.

Wir brauchen eine deutliche Umverteilung von oben
nach unten. Reiche und Superreiche müssen aus guten
Gründen stärker zur Finanzierung des Gemeinwesens
herangezogen und an ihre soziale Verantwortung erin-
nert werden. In Art. 14 Abs. 2 unser aller Grundgesetzes
heißt es:

Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich
dem Wohle der Allgemeinheit dienen.


(Beifall bei der LINKEN)


Liebe Kolleginnen und Kollegen von Schwarz-Gelb,
halten Sie sich doch ganz einfach ans Grundgesetz.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN)



Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1702009800

Herr Kollege Koch, das war Ihre erste Rede in diesem

Haus. Ich gratuliere Ihnen sehr herzlich dazu, verbunden
mit den besten Wünschen für Ihre weitere Arbeit.


(Beifall)


Nun hat das Wort der Kollege Christian von Stetten
für die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Frhr. Christian von Stetten (CDU):
Rede ID: ID1702009900

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Bitte, nehmen Sie bequem Platz und streichen Sie sich
diesen Tag dick in Ihrem Kalender an; denn heute will
uns die Linke in einer eigentlich völlig überflüssigen De-
batte mit einem dreiseitigen Antrag erklären, wie sie die
Haushaltsprobleme aller 16 Bundesländer lösen will. Ich
gehe davon aus, dass die Vermögensteuer als Länder-
steuer wieder eingeführt werden soll. Die Linke geht von
zusätzlichen Steuereinnahmen in Höhe von 80 Milliar-
den Euro aus – dieses Geld soll zusätzlich von den Län-
dern kassiert werden –, und das bei einem Steuersatz von

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(C (D Prozent, was fast einer Enteignung gleicht. Sie wollen ns mit Ihrem dreiseitigen Antrag weismachen, dass so lle Haushaltsprobleme gelöst werden können. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Die CDU/CSUundestagsfraktion hält es für selbstverständlich, dass tarke Schultern generell mehr als schwache Schultern agen. (Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Das tun sie auch schon!)


iese Auffassung hat sie übrigens nicht nur mit Beginn
er Krise vertreten, sondern auch schon vorher. Der
ozialpolitischen Verantwortung wird man in Deutsch-
nd durch die Progression der Einkommensteuer ge-
cht. 10 Prozent der großen Vermögen tragen heute
nd 54 Prozent der gesamten Einkommensteuerlast. Die

beren 50 Prozent der Einkommen tragen insgesamt
ber 94 Prozent der kompletten Einkommensteuerlast.

Wenn die Linke angesichts dessen von einer sozialpo-
tischen Schieflage spricht, dann muss man festhalten,
ass sie die Realität in Deutschland nicht erkannt hat.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Widerspruch bei der LINKEN – Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Mit Hungerlöhnen kann man nicht einmal Steuern zahlen!)


Sie, meine Damen und Herren von der Linken, wollen
ie Bundesländer durch die Einführung dieser Steuer
erpflichten, zusätzlich 80 Milliarden Euro – wohlge-
erkt: jährlich und nicht einmalig – einzuziehen, ob-
ohl die Länder im letzten Jahr insgesamt nur Steuern in
öhe von 16 Milliarden Euro eingezogen haben. Mit
em Antrag, den Sie hier einbringen, würde also eine
erfünffachung des Betrages einhergehen, den die Län-
er bisher selber an Steuern einziehen. In den 16 Milliar-
en Euro eingeschlossen sind übrigens schon die um-
trittenen Erbschaftsteuern, die Lotteriesteuern und auch
ie Grunderwerbsteuern. Sie wollen also die Steuern, die
ie Länder einziehen, auf insgesamt 86 Milliarden Euro
rhöhen. Ich frage mich schon, in welchem Land Sie le-
en. Sie betreiben – das zeigen Sie wieder einmal sehr
eutlich – eine Politik des Neides, des Klassenkampfes
nd jetzt auch noch der Enteignung.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Widerspruch bei der LINKEN)


ie haben den Bezug zur Realität völlig verloren.


(Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Nein, Sie!)


Schauen wir uns einmal den Inhalt Ihres Antrags an.
om Vorredner haben wir dazu ja nicht allzu viel gehört.
ie fordern, dass auf das private Geldvermögen, die Ver-
ehrswerte aller privaten Immobilien- und Sachvermö-
en nach Abzug eines Freibetrages jährlich ein Steuer-
atz in Höhe von 5 Prozent erhoben wird. Diese

aßnahme ist konjunkturpolitisch völlig falsch und för-
ert sicherlich nicht private Investitionen, sondern sorgt
r das Gegenteil.

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1995,
it dem die damalige Besteuerung von Vermögens- und
etriebswerten für verfassungswidrig erklärt wurde, ist






(A) )



(B) )


Christian Freiherr von Stetten
angesprochen worden. Deshalb wird seit 1997 keine
Vermögensteuer mehr erhoben. Damit stehen wir auch
nicht allein da. Zahlreiche andere europäische Länder
haben zu dieser Zeit auch die Vermögensteuer abge-
schafft, und das aus gutem Grund. Die Vermögensteuer
ist nämlich eine reine Substanzsteuer. Sie fällt auch an,
wenn der Betroffene in einem Jahr überhaupt kein Ein-
kommen hat. Sie fällt sogar an, wenn der Betroffene in
einem Jahr die Hälfte seines Vermögens verliert. Selbst
dann schnappt die Steuerfalle zu.


(Zurufe von der LINKEN)


Substanzsteuern sind Gift für unser Land und auch für
die Betroffenen. Deshalb haben auch viele unserer Nach-
barländer aus gutem Grund keine Vermögensteuer.


(Nicolette Kressl [SPD]: Wohl den OECDBericht nicht gelesen!)


Das, was Sie heute in den Bundestag einbringen, ist
nicht nur ideologisch falsch, sondern stellt auch eine
volkswirtschaftliche Geisterfahrt dar. Sie würden doch
nicht die Vermögenden treffen, wie Sie in Ihrem Antrag
schreiben, sondern Sie würden vielfach gerade Mieter
treffen.


(Zuruf von der LINKEN: Was?)


– Wir können uns gerne den Antrag näher anschauen
und auf den Punkt kommen.

Schauen wir uns einmal an, was noch im Antrag steht.
Sie wollen die privaten Geldvermögen und die Verkehrs-
werte der privaten Immobilienvermögen und der priva-
ten Sachvermögen mit 5 Prozent besteuern. Zu Betriebs-
vermögen und zu land- und forstwirtschaftlichem Besitz
habe ich übrigens nichts gelesen. Offenbar lassen Sie
beides außen vor. Dass das mit dem Spruch des Verfas-
sungsgerichts zur Erbschaftsteuer vereinbar wäre, kann
ich mir nicht vorstellen. Noch vor zwei Monaten haben
Sie uns übrigens von dieser Stelle hier angegangen, weil
wir bei der Erbschaftsteuer für bestimmte Betriebsver-
mögen Freibeträge eingeführt haben, hier also auch nicht
alles der Steuerpflicht unterworfen haben. Damals haben
Sie versucht, uns klarzumachen, dass eine ganzheitliche
Besteuerung gesichert sein muss. Jetzt erwähnen Sie in
Ihrem Antrag weder Betriebsvermögen noch land- und
forstwirtschaftlichen Besitz. Ich glaube, das Bundesver-
fassungsgericht würde da nicht mitmachen.

Die Steuer soll stichtagsbezogen eingeführt werden.
Nachdem Sie bestimmte Vermögensformen außen vor
lassen und nicht besteuern, können Sie doch nicht im
Ernst glauben, dass bei einer Substanzbesteuerung der
anderen Vermögen in Höhe von 5 Prozent auch nur ein
einziger der Betroffenen nicht reagiert und vor dem
Stichtag sein belastetes Vermögen nicht in unbelastetes
Vermögen umschichtet. Es ist weltfremd, zu glauben,
dass hier nicht reagiert wird.

Jetzt kommen wir zu der Frage, wie sich Ihr Vorhaben
auf den deutschen Wohnungsmarkt auswirken würde.
Ich behaupte, dass Sie mit einer jährlich fälligen Vermö-
gensteuer in Höhe von 5 Prozent den Wohnungsmarkt in
Deutschland zerstören würden.

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(C (D ehmen wir als Beispiel einmal einen sehr vermögenden mobilienbesitzer, der eine Rendite auf den Verkehrs ert seines Besitzes von 3 bis 4,5 Prozent erzielt. Zuätzlich zu allen Ertragsteuern muss er jetzt noch 5 Proent Steuern auf das Vermögen zahlen. Bei einer Rendite on 4 Prozent eine Substanzsteuer von 5 Prozent! Das ann nur ein vorgezogener Faschingsscherz sein, meine amen und Herren. (Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das ist Enteignung!)


(Zuruf von der FDP: Das wollen die doch!)


as ist völlig unglaubwürdig.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wenn man es nun ernst nimmt, dass den Immobilien-
esitzern durch diese Steuer jährlich gleichsam 5 Pro-
ent ihres Vermögens weggenommen werden sollen,
ann ist doch völlig klar, dass diese versuchen werden,
re Immobilien sobald wie möglich zu verkaufen. Ob er

inen Käufer finden wird, ist zweifelhaft. Wer kauft
chon ein Renditeobjekt mit 4 Prozent Rendite, wenn er
Prozent Steuern zahlen muss? Ob er Einnahmen hat
der nicht, ist dabei völlig egal. Wenn er niemanden fin-
et, der die Immobilie kauft, wird er dafür sorgen, dass
ie Belastung auf die Mieter abgewälzt wird,


(Dr. Daniel Volk [FDP]: Genau so ist das!)


ie dann mit hohen Mieterhöhungen rechnen können.
amit wir wissen, wovon wir reden: Bei einer Refinan-

ierung der Vermögensteuer in Höhe von 5 Prozent be-
eutet das eine glatte Verdoppelung der heutigen Mieten.

Das ist nicht die Sozialpolitik, die die CDU/CSU-
raktion sich vorstellt. Sie sollten sich schämen, hier sol-
he Anträge einzubringen,


(Dr. Daniel Volk [FDP]: Genau! Schämt euch!)


urch die die Mieter nur belastet würden. Wir wollen,
ass auch in Zukunft billiger Wohnraum in Deutschland
ur Verfügung gestellt wird.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Zusätzlich würde es auch ein bürokratisches Monster.
ir können uns vorstellen, was bei einer Bewertung he-
uskäme. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass die Kos-
n für die Erhebung der Vermögensteuer ein Drittel des
ufkommens – das ist ausreichend untersucht worden –
erschlungen haben.


(Nicolette Kressl [SPD]: Das ist nicht mehr wahr! – Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Das war vor der Neuregelung der Erbschaftsteuer! Jetzt haben wir eine Neubewertung!)


etzt haben wir ein neues Bewertungsgesetz und klare
egeln des Bundesverfassungsgerichts. Sie glauben
och nicht, dass es damit günstiger wird. Das Gegenteil
ird der Fall sein. Bei der Erbschaftsteuer ist es viel-
icht gerade noch zumutbar, dass alle 30 Jahre ein um-

tändliches und teures Bewertungsverfahren durchge-
hrt wird. Bei der Vermögensteuer wollen Sie es aber






(A) )



(B) )


Christian Freiherr von Stetten
jährlich stichtagsbezogen, zum 31. Dezember, durchfüh-
ren.

Nach Maßgabe des Bundesverfassungsgerichts müs-
sen Sie die Vermögen erst einmal alle erfassen. Dann
können Sie entscheiden, welche Bereiche Sie aus der
Vermögensteuer herausnehmen oder welche Freibeträge
Sie festlegen. Wenn Sie alle privaten Vermögen in
Deutschland jährlich erfassen und dann Freibeträge fest-
legen wollen, wünsche ich Ihnen viel Erfolg.


(Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Das ging doch bis 1996!)


Dann kommen Sie weit über die Kosten in Höhe von ei-
nem Drittel.

Auf jeden Fall wird dieser Vorschlag nicht dazu bei-
tragen, dass weiterhin in Deutschland investiert wird. Im
Gegenteil: Es wird eine Flucht ins steuerbefreite Aus-
land stattfinden. Die Folgen der Erbschaftsteuer und der
Vermögensteuer sind die gleichen, mit fatalen Auswir-
kungen nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für
die vielen Arbeitnehmer, die in den Familienbetrieben
arbeiten. Auch das sollten Sie zur Kenntnis nehmen.


(Dr. Daniel Volk [FDP]: Das Einzige, was hilft, ist Mauern bauen! Damit kennen sie sich aus!)


Dieser von den Kommunisten in den Bundestag ein-
gebrachte Antrag ist verfassungswidrig.


(Widerspruch bei der LINKEN)


– Da brauchen Sie sich nicht aufzuregen; das Wort
„Kommunisten“ darf in diesem Zusammenhang durch-
aus gebraucht werden. Ich sehe Sahra Wagenknecht, die
den Antrag mit unterschrieben hat. Auf ihrer Homepage
wird darauf hingewiesen, dass sie die Sprecherin der
Kommunistischen Plattform ist. Wenn Sie sich jetzt von
dem Gedankengut der Kommunistischen Plattform dis-
tanzieren, dann nehme ich alles zurück. Aber wer dieses
Gedankengut vertritt, darf sicher Kommunist genannt
werden. Ich bin gerne bereit, Ihre Belehrungen entge-
genzunehmen.


(Zuruf der Abg. Dr. Barbara Höll [DIE LINKE])


Ich kann Sie, Gregor Gysi und Ihre Fraktion, nur bit-
ten, diesen Antrag zur Einführung einer Vermögensteuer
in Höhe von 5 Prozent zurückzuziehen. Er ist volkswirt-
schaftlicher Irrsinn. Ansonsten sagen Sie den Bürgern,
was Teile Ihrer Fraktion wirklich wollen. Wenn Sie wol-
len, dass erfolgreiche Bürger in unserem Land enteignet
werden, dann können Sie das offen aussprechen. Allein
aufgrund der von Ihnen geschätzten 80 Milliarden Euro
Einnahmen ist das mit uns auf keinen Fall zu machen.
Deswegen kann ich Ihnen nur empfehlen: Ziehen Sie
diesen Antrag zurück!

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Nächste Rednerin ist die Kollegin Nicolette Kressl für ie SPD-Fraktion. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! err von Stetten, ich finde, ein bisschen weniger Ideoloie und Panikmache hätte der ernsthaften Auseinanderetzung mit der Sache gutgetan. Ich fand es nicht ganz ngemessen, was Sie heute hier gemacht haben. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Bei 80 Milliarden muss man aufpassen!)

Gerda Hasselfeldt (CSU):
Rede ID: ID1702010000

(Beifall bei der SPD)

Nicolette Kressl (SPD):
Rede ID: ID1702010100

Es war vor allem deshalb nicht angemessen, weil die
enschen zu Recht von uns verlangen, dass wir uns mit

ragen bezüglich der Steuersysteme in aller Ruhe und
chlich auseinandersetzen. Steuersysteme werden – das
üssen wir uns immer wieder klarmachen – von Men-

chen nur dann akzeptiert, wenn sie das Gefühl haben,
ass es gerecht zugeht und dass Lasten fair verteilt wer-
en. Nur dann wird das Zahlen von Steuern, die wir
rauchen, um zum Beispiel die Bildungschancen zu er-
öhen, akzeptiert. Ich bin davon überzeugt, dass die
useinandersetzung über die Frage, ob Lasten fair ver-
ilt werden, auch über das Steuersystem, gerade jetzt, in
en Zeiten der Finanzmarktkrise, wichtiger denn je ist.


(Beifall bei der SPD)


Übrigens sind die Überlegungen hinsichtlich fairer
astenverteilung, Privilegien und Beteiligung an der Fi-
anzierung des Allgemeinwohls nicht neu. Die Behaup-
ng im Antrag der Linken, dass diese Fragen in den
tzten Jahren nicht berücksichtigt worden seien, ist
irklich hanebüchen. Sowohl in den Zeiten der Regie-
ng von Gerhard Schröder zusammen mit den Grünen

ls auch in Zeiten der Großen Koalition gab es immer
ieder Abwägungen und wurden immer wieder Entlas-
ngen auf der einen Seite mit Verschärfungen und Be-
stungen auf der anderen Seite verbunden. Ich will Ih-
en dazu drei Beispiele nennen: Wenn Sie in Ihrem
ntrag auf die Senkung des Spitzensteuersatzes hinwei-

en, dann sollten Sie wirklich nicht verschweigen, dass
s die sozialdemokratisch geführte Bundesregierung
ar, die zusammen mit den beiden Fraktionen dafür ge-

orgt hat, dass der Eingangssteuersatz so deutlich ge-
enkt worden ist wie nie zuvor in den letzten Jahren.


(Beifall bei der SPD)


s war die gemeinsame Regierung der Grünen und der
PD, die dafür gesorgt hat, dass es eine Mindestbesteue-
ng gab und ein Herunterrechnen auf null nicht mehr
öglich war.


(Beifall bei der SPD)


uch das kommt in Ihrer Analyse nicht vor. Das halte
h für einen sträflichen Fehler. Es war die Große Koali-
on, die bei der letzten Unternehmensteuerreform dafür
esorgt hat, dass die Entlastung bei den Steuersätzen mit






(A) )



(B) )


Nicolette Kressl
deutlichen Einschränkungen bei den Gestaltungsmög-
lichkeiten verbunden war. Wir haben sehr viele Schlupf-
löcher geschlossen. Wir haben immer auf Ausgewogen-
heit in diesem Bereich geachtet.


(Beifall bei der SPD)


Wir erleben jetzt allerdings, dass auf Ausgewogenheit
keinen Wert mehr gelegt wird und dass Schlupflöcher
verschämt wieder geöffnet werden. Um ein Bild zu ge-
brauchen: Dieser Pullover wird Stück für Stück von der
schwarz-gelben Regierung und der Koalition wieder auf-
geribbelt. Von Ausgewogenheit kann jetzt natürlich
keine Rede mehr sein.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich empfehle Ihnen dringend, Ihre Wünsche nicht in
Umdrucken zu Gesetzentwürfen zu verstecken, sondern
einen Gesetzentwurf vorzulegen, den Sie Entwurf eines
Wunscherfüllungsgesetzes nennen. Das ist nämlich die
Wahrheit.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich komme zur Lastenverteilung zurück. Herr von
Stetten, Sie sollten einen kurzen Blick auf die Fakten,
die uns die OECD liefert, werfen. Die Vergleiche, die
Sie bei der Belastung durch die Einkommensteuer ange-
stellt haben, können überhaupt nicht gezogen werden.
Sie sprechen die Substanzbesteuerung überhaupt nicht
an. Ich weiß auch, warum; denn wenn wir uns die Daten
anschauen, die im November 2009 von der OECD ge-
kommen sind, dann sehen wir, dass Deutschland deut-
lich weniger durch die Substanzbesteuerung einnimmt
als fast alle anderen Staaten. Es handelt sich nämlich um
nur 0,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, während der
OECD-Durchschnitt bei 1,9 Prozent liegt. Verstecken
Sie sich also nicht hinter irgendwelchen Einkommen-
steuerstatistiken. Das ist eine ganz andere Art von Be-
steuerung.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich möchte den OECD-Bericht zitieren: „Nur Mexiko,
Tschechien, Ungarn und die Slowakei … sowie Öster-
reich erzielen weniger Einnahmen aus dieser Steuerart.“
Dass das unsere Benchmark in dem Bereich sein soll,
glauben wir nicht wirklich.


(Beifall bei der SPD)


Das bedeutet für uns Sozialdemokraten, dass eine
Vermögensteuer sehr wohl ein Instrument zur fairen Be-
steuerung sein kann. Ich will betonen: ein Instrument.
Die im Antrag der Linken genannten 5 Prozent jährlich
und der Versuch, alle Finanzierungsprobleme damit zu
lösen, halte ich für absurd. Wir müssen bestimmte Rah-
menbedingungen beachten. Wir dürfen keine Substanz-
besteuerung vornehmen, die zu einer Verminderung von
Vermögen führt.


(Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Da sind wir uns einig!)


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(C (D s geht nicht darum, Vermögen wegzunehmen, sondern s geht um einen fairen Beitrag der Vermögenden bei der erteilung von Steuerlasten. Das kann man nicht mit eologischen Argumenten zurückweisen, wie Sie, Herr on Stetten, es getan haben, sondern damit muss man ich ernsthaft auseinandersetzen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir müssen im Übrigen auch wahrnehmen, dass sich
ie Rahmenbedingungen verändert haben. Erstens. Der
albteilungsgrundsatz, der sehr lange gegolten hat, gilt

ufgrund einer Entscheidung des Bundesverfassungsge-
chts so nicht mehr. Das heißt, diese Rahmenbedingung
at sich deutlich verändert.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


weitens. Auch die Reform der Erbschaftsteuer hat die
ahmenbedingungen verändert. Diese Belastungen, die
üher im Rahmen einer Panikmache als Verwaltungs-
osten bezeichnet wurden, werden so nicht mehr anfal-
n, weil wir aufgrund entsprechender Bewertungsge-

etze jetzt andere Ausgangsmöglichkeiten haben. Das
ollte man nicht wegdrücken. Wenn sich Rahmenbedin-
ungen verändern, dann sollte man über die eigene Posi-
on ruhig einmal nachdenken. Ich finde, zu einer verant-
ortungsbewussten Politik gehört, nicht immer wieder
ie alten Geschichten zu erzählen, die schon lange nicht
ehr wahr sind.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich will darauf hinweisen, dass sich natürlich auch die
esellschaftlichen Rahmenbedingungen geändert ha-
en. Wir wissen mehr denn je, wie wichtig Bildung nicht
ur für unsere Kinder und die Schaffung von sozialer
erechtigkeit, sondern auch für unseren wirtschaftspoli-
schen Erfolg ist. Das Aufkommen aus einer Vermögen-
teuer könnte dazu beitragen, dass die Länder Bildung
esser finanzieren können. Die Zeit der Bildungsgipfel
aben wir erlebt. Da wurde nur zu Papier gebracht, was
an eigentlich tun müsste, und über Finanzierungsin-

trumente wurde nicht ernsthaft geredet. Ich finde, es ist
ie Zeit der Bildungsgipfel und die Zeit, konsequent
ber Finanzierungsmöglichkeiten zu sprechen und in der
esetzgebung entsprechende Konsequenzen zu ziehen.


(Beifall bei der SPD)


Ich bin davon überzeugt, dass es sich lohnt, im Rah-
en eines Gesamtkonzepts über eine sinnvolle Besteue-
ng von sehr hohen Vermögen nachzudenken und die
ermögensteuer als ein mögliches Instrument auf den
eg zu bringen.

Ich sage es noch einmal – ich habe es vorhin schon er-
ähnt –: Im vorliegenden Antrag wurde alles richtig hin-
eschnuddelt; ich muss es so sagen. Mit einem Steuer-
atz von 5 Prozent will man weit in die Substanz
ineingehen. Auch andere Dinge wurden hingeschnud-
elt. Das kann keine Grundlage für eine seriöse Ausei-
andersetzung mit dieser Frage sein. Für uns Sozialde-
okraten ist klar, dass, wenn jemand sein Vermögen für

ie Schaffung von Arbeitsplätzen einsetzt, dies selbst-






(A) )



(B) )


Nicolette Kressl
verständlich berücksichtigt werden muss. Es geht nicht
um Neid, sondern um eine faire Verteilung von Lasten
und Chancen in unserer Gesellschaft.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Wir werden diese Punkte im Rahmen eines steuerli-
chen Gesamtkonzepts – dahin gehört es nämlich – auf-
greifen und die Einführung einer Vermögensteuer einfü-
gen. Ich hoffe, dass wir dann zu einer seriöseren
Diskussion kommen, als wir sie gerade erlebt haben.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1702010200

Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Volker Wissing

von der FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Volker Wissing (FDP):
Rede ID: ID1702010300

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

linke Seite dieses Hauses ist sich offensichtlich sehr ei-
nig. Sie will jetzt ganz schnell eine Vermögensteuer in
Deutschland einführen. Die Linkspartei hat uns einen
Antrag vorgelegt, der, wie ich finde, nur als Faschings-
scherz zu bezeichnen ist; Frau Kollegin Kressl hat das
ein bisschen untermauert. Was Sie da vorhaben, können
Sie nicht ernst meinen. Das kann man nur fordern, wenn
man sicher ist, dass man nie die Verantwortung dafür be-
kommt, so einen Unsinn umsetzen zu müssen. Es ist
schlicht und einfach nicht machbar, was Sie da fordern.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Die SPD ist eine große Anhängerin der Vermögen-
steuer, und zwar immer dann, wenn sie die Regierungs-
verantwortung verloren hat.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP)


Ihre Partei hat elf Jahre lang den Bundesminister der Fi-
nanzen gestellt. Zu uns hat gerade die ehemalige Staats-
sekretärin aus dem Bundesministerium der Finanzen ge-
sprochen und uns, nachdem all das nach elf Jahren
Verantwortung der Sozialdemokraten nicht gemacht
worden ist, erklärt, dass das für Deutschland dringend
notwendig sei. Wie kann man sich das erklären?


(Heiterkeit und Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Nicolette Kressl [SPD]: Weil sich die Rahmenbedingungen verändert haben! Sie haben nicht zugehört!)


Wir sind der Meinung, dass in Deutschland Erträge
gerecht besteuert werden sollen. Wer höhere Erträge hat,
der soll auch einen höheren Anteil finanzieren und hö-
here Steuern zahlen.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Das ist ja schon so!)


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(C (D as ist unsere Auffassung. Wie kommt man zu höheren rträgen? Man erzielt höhere Erträge, indem man eine achstumsorientierte Politik macht, damit die Unternehen auf der Grundlage ihrer Vermögenswerte etwas erirtschaften können, Arbeitsplätze entstehen können nd der Staat die Gewinne angemessen und gerecht beteuern kann. Wieso fordern Sie jetzt etwas völlig anderes, als Sie der Regierungsverantwortung gemacht haben? Ich er läre mir das so: Sie haben es in diesen elf Jahren nicht eschafft, eine wachstumsorientierte Politik umzuseten. (Ute Kumpf [SPD]: Au, das tut aber sehr, sehr weh, Herr Wissing, was Sie da gerade erzäh len! So viel Verblendetes! – Joachim Poß [SPD]: Alles Erblast!)


etzt glauben Sie, Wachstum sei nicht mehr möglich und
an könne den Staat nur noch über eine Substanzbesteue-
ng finanzieren. Ich sage Ihnen: Man kann eine wachs-
msorientierte Politik machen. Die christlich-liberale
oalition wird dies tun. Wir bleiben bei der Ertragsbe-

teuerung, weil wir an die Kraft dieses Landes glauben.
ie haben dieses Land offensichtlich aufgegeben.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die Linksfraktion fordert eine Besteuerung der Sub-
tanz mit einem Steuersatz von 5 Prozent. Sie sagt, das
ei ganz einfach. Aber Sie legen keine konkreten Vor-
chläge vor, die man tatsächlich umsetzen könnte.

Sie werfen mehr Fragen auf, als Sie beantworten.
elches Vermögen wollen Sie konkret besteuern? Nur
eldwerte oder auch Sachwerte? Ist Opel für Sie eben-
lls ein Millionär? Soll auch dieses Vermögen besteuert
erden? Wollen Sie die Industrie ausnehmen und nur die
leinen, mittelständischen Betriebe besteuern? Was ge-
au haben Sie vor? Ist auch eine landwirtschaftliche Flä-
he ein Sachwert? Wollen Sie die ebenfalls besteuern?
ollen Sie den Bauern in Deutschland jedes Jahr

Prozent des Verkehrswertes ihres landwirtschaftlichen
ermögens abnehmen? Haben Sie das vor? Dann sagen
ie das konkret. Dann reden wir darüber. Dann reden wir
uch über die Auswirkungen einer solchen Politik für
nser Land. Aber einfach einen Antrag vorzulegen, in
em gefordert wird, dass 5 Prozent der Vermögenssub-
tanz von Millionären besteuert werden sollen, damit
eien die Probleme unseres Landes gelöst, das ist, ich
laube, eine Ebene, auf der wir nicht wirklich sachlich
iskutieren können.


(Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: 1 Prozent Ertrag und 5 Prozent Steuern! – Joachim Poß [SPD]: Das ist ja ähnlich wie bei der FDP, die will ja auch mit drei Steuern alle Probleme des Landes lösen!)


ie Probleme des Landes sind viel zu groß, um eine der-
rtig alberne Finanzpolitik machen zu können.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU Dr. Volker Wissing Ludwig Erhard hat einmal gesagt: Wir brauchen Wohlstand für alle. (Joachim Poß [SPD]: Die FDP ist genauso einfältig, nur von der anderen Seite!)





(A) )


(B) )


Das war die Leitlinie erfolgreicher Wirtschafts- und Fi-
nanzpolitik. Sie glauben, wenn man einigen eine Misere
beschert, dann wäre dem Land insgesamt gedient.


(Joachim Poß [SPD]: Das ist ja eine pure Neiddebatte, Herr Wissing! Das ist aber flach!)


Es gibt niemanden in Deutschland, der nicht dafür
kämpft, dass es Ärmeren besser geht. Aber wenn Sie
glauben, es ist jemandem geholfen, wenn Sie Leistungs-
träger, die Erfolgreichen in diesem Land schwächen,
dann sind Sie auf dem falschen Weg.


(Beifall bei der FDP – Joachim Poß [SPD]: Sie wollen die Reichen stärken! Das sind dann erfolgreiche Schwächlinge oder was?)


Es gibt eine Alternative zu Ihrer Neidpolitik. Die ma-
chen Sie immer, wenn Sie in der Opposition sind. Wenn
Sie regieren, wollen Sie davon nichts mehr wissen:


(Joachim Poß [SPD]: Das ist so auch nicht richtig!)


Die Vermögensteuer sei nie angegangen worden und nie
aufgegriffen worden.


(Nicolette Kressl [SPD]: Das Bewertungsgesetz gibt es noch nicht lange!)


Kaum sind Sie in der Opposition, sagen Sie: Das wollen
wir.

Dass es eine Alternative zu dieser Politik gibt, zeigt
die christlich-liberale Koalition. Wir haben nämlich – im
Gegensatz zu Ihnen – in dieser Legislaturperiode vor, et-
was für die unteren und mittleren Einkommen zu tun.


(Joachim Poß [SPD]: Ach! Sie sind ja ein richtiger Witzbold! Was haben wir denn gemacht beim Eingangssteuersatz?)


Wir wollen die kalte Progression abmildern. Wir wollen
steuerliche Entlastungen. Bereits jetzt haben die Deut-
schen ein höheres Nettoeinkommen. Während Sie eine
Reichensteuer beschlossen und die kalte Progression
beibehalten haben, kümmern wir uns jetzt um die Ver-
säumnisse und arbeiten sie in dieser Legislaturperiode
Schritt für Schritt ab.


(Beifall bei der FDP)


Sie waren es doch, die nicht davor zurückgeschreckt
sind, die Pendlerpauschale auf verfassungswidrige Weise
zu kürzen.


(Joachim Poß [SPD]: Sie sind doch nur für Stundenhotels zuständig!)


Dass die Menschen in den letzten Jahren immer weniger
von ihrem Einkommen übrig hatten, war das Ergebnis
Ihrer Politik.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


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(C (D ass die Nettoeinkommen in den nächsten Jahren steien werden, werden die Früchte der christlich-liberalen inanzpolitik sein. (Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja, der Besserverdiener!)


Sie können das Mantra der Vermögensteuer ruhig
eiterhin singen. Sie können in Ihrem Stadium kreativer
eidpolitik verharren. In der Zwischenzeit hat Deutsch-
nd eine Regierung, die dafür sorgt, dass die Menschen
ehr netto vom Brutto haben,


(Lachen bei der SPD – Joachim Poß [SPD]: Was?)


ass Leistungsanreize in Deutschland gesetzt werden,
ass die Wachstumskräfte unseres Landes entfesselt
erden, dass die Erträge, die die Unternehmen in
eutschland erwirtschaften, steigen werden,


(Joachim Poß [SPD]: Die Rechnung werden wir ja bald sehen!)


ass das Steueraufkommen, das wir auf diese Erträge er-
eben, steigen wird – und das bei einer Entlastung der
nteren und mittleren Einkommen. Ich glaube, wir sind
uf einem guten Weg. Wir brauchen diese nicht ganz
rnstzunehmenden Anträge nicht.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1702010400

Als letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt

at jetzt das Wort die Kollegin Lisa Paus von Bündnis 90/
ie Grünen.


Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1702010500

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Steuer-

olitik ist nicht der Umgang mit Zahlen, sondern Steuer-
olitik ist Gesellschaftspolitik.“ –


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


o die Bundeskanzlerin in ihrer ersten Regierungserklä-
ng nach der Wiederwahl.


(Dr. Daniel Volk [FDP]: Gute Frau, die Bundeskanzlerin!)


Ich möchte Ihnen ein paar Zahlen nennen. Ein Zehn-
l unserer Bevölkerung besitzt über 60 Prozent des Ver-
ögens, während ein Viertel unserer Bevölkerung über

ichts bzw. über weniger als nichts, nämlich über Schul-
en verfügt.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Ein Zehntel erwirtschaftet 70 Prozent der Einkommensteuer!)


ie OECD attestiert uns: Nirgendwo in der industriali-
ierten Welt haben sich in den letzten Jahren die Einkom-
ensunterschiede schneller verschärft als in Deutsch-
nd.


(Zuruf von der FDP: Das haben wir nicht gemacht! Das haben die Grünen gemacht!)







(A) )



(B) )


Lisa Paus
Noch eine Zahl: Mehr als 75 Prozent der Deutschen sind
nach einer GfK-Umfrage der Meinung, es gehe in die-
sem Land nicht gerecht zu.


(Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Seit wann?)


Das sind nur Zahlen, aber sie machen deutlich: In dieser
Republik läuft gesellschaftspolitisch etwas verdammt
schief.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Und was ist die Antwort von CDU/CSU und FDP?
Statt einer gerechten Steuer von Mövenpick et al. ge-
kaufte Steuergesetze, statt Gesellschaftspolitik politische
Landschaftspflege. Das ist nur als armselig zu bezeich-
nen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die Finanzkrise hat an der Vermögensverteilung in
Deutschland nichts geändert; so das DIW. Die Reichen
sind dank öffentlicher Rettungsschirme unverändert
reich. Die Finanzkrise hat aber eine neue Zahl hervorge-
bracht: Die Staatsverschuldung war noch nie so hoch
wie heute; 1 Billion Euro – das sind 1 000 Milliar-
den Euro – Schulden hat jetzt allein der Bund. Wenn wir
unser Steuer- und Abgabensystem nicht ändern, wenn
wir nicht damit aufhören, nur die Niedrigverdiener und
die arbeitende Mittelschicht zu belasten und die Reichen
nicht zu belasten, dann führt unser ungerechtes System
dazu, dass die Schere zwischen Arm und Reich noch
schneller auseinanderdriftet.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Deswegen sagen wir: Außergewöhnliche Krisen er-
fordern außergewöhnliche Maßnahmen. Deshalb ist die
Idee, dass diejenigen, die an den entfesselten Finanz-
märkten große Gewinne gemacht haben, auch in beson-
derem Maß die Kosten der Krise tragen sollen, richtig.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Seid ihr jetzt dafür?)


Deshalb begrüßen wir es, dass der Antrag der Linken zur
Wiedereinführung der Vermögensteuer das Thema auf
die Tagesordnung bringt.


(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der LINKEN)


Der vorliegende Antrag hat aus unserer Sicht aber wenig
belastbare Substanz. Das können wir jedoch im Rahmen
der parlamentarischen Beratungen weiter erörtern. Herr
Dautzenberg, die Stoßrichtung „mehr Besteuerung von
Vermögen“ ist richtig.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie des Abg. Dr. Carsten Sieling [SPD])


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(C (D Wir Grüne haben uns in der aktuellen Situation dafür usgesprochen, eine zweckgebundene Vermögensabgabe, ie als Beitrag zur Bewältigung der Krise die hohen Verögen in einem vertretbaren Maß belastet, einzuführen. Übrigen wäre das nicht das erste Mal. In der Tat, nicht ie FDP, auch nicht die SPD hat das schon einmal geacht, aber die Regierung Adenauer hat mit dem Lasten usgleichsgesetz eine Vermögensabgabe eingeführt. (Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mit Ludwig Erhard!)


as war Gesellschaftspolitik in Steuern gegossen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ie Zahlen von damals sprechen eine deutliche Sprache:
hne den Lastenausgleich hätte es das deutsche Wirt-

chaftswunder damals niemals gegeben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Eine Vermögensabgabe, wie wir sie uns vorstellen,
chließt die Gerechtigkeitslücke, die wir in der Vermö-
ensverteilung in Deutschland haben. Sie bürdet die
asten der Krise denen auf, die sie tragen können. Des-
egen ist die Erhebung einer Vermögensabgabe keine
opulistische Enteignung der sogenannten Leistungsträ-
er unserer Gesellschaft, die deswegen angeblich scha-
nweise ins Ausland flüchten würden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Jetzt wird es aber immer hübscher hier!)


s ist einfach so: Wer von unregulierten Finanzmärkten
rofitiert hat, der steht in besonderer Verantwortung, die
osten ihres Zusammenbruchs zu schultern. Wie erklä-
n Sie sich, dass es in diesem Land inzwischen Millio-

äre gibt, die öffentlich darum bitten, zur Verantwortung
ezogen zu werden, weil sie wissen, dass sie Verantwor-
ng übernehmen müssen und übernehmen können?
ehmen Sie das doch endlich einmal zur Kenntnis!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN – Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Das dürfen sie doch! Jeden Tag spenden!)


Da Sie immer noch von einer Neiddebatte sprechen,
ill ich dazu noch eines sagen: Milliardäre und Millio-
äre scheinen Ihnen von Schwarz-Gelb ähnliche Sorgen
u bereiten wie die Geldbeutel armer Hotelbarone. Aber
as ist auch in diesem Fall überhaupt nicht nötig. Die
ermögensbezogenen Steuern in Deutschland sind nied-
ger als in den USA, niedriger als in Luxemburg und
iedriger als in der Schweiz. Auch das sollten Sie end-
ch einmal zur Kenntnis nehmen. Deswegen ist diese
ermögensabgabe keine Zumutung, sondern ein wichti-
er Baustein, um mehr als ein paar Zahlen wieder ins
leichgewicht zu bringen, zum Beispiel das Verhältnis

wischen öffentlichen Schulden und privater Vermö-
ensverteilung.

Daher werden wir Grünen an diesem Thema weiterar-
eiten und einen entsprechenden Antrag in dieses Haus
inbringen.






(A) )



(B) )


Lisa Paus
Herzlichen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1702010600

Frau Kollegin Paus, ich gratuliere Ihnen zu Ihrer ers-

ten Rede im Deutschen Bundestag.


(Beifall)


Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf
Drucksache 17/453 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung
so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 21 a bis 21 c auf:

a) Erste Beratung des von den Abgeordneten Volker
Beck (Köln), Jerzy Montag, Kai Gehring, weite-
ren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Ge-

(Artikel 3 Absatz 3 Satz 1)


– Drucksache 17/88 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe

b) Erste Beratung des von der Fraktion der SPD ein-
gebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur

(Artikel 3 Absatz 3 Satz 1)


– Drucksache 17/254 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe

c) Erste Beratung des von den Abgeordneten
Dr. Barbara Höll, Cornelia Möhring, Matthias W.
Birkwald, weiteren Abgeordneten und der Frak-
tion DIE LINKE eingebrachten Entwurfs eines
Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes

(Artikel 3 Absatz 3 Satz 1)


– Drucksache 17/472 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Innenausschuss
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen. Gibt es Wi-
derspruch dagegen? – Das ist nicht der Fall. Dann ist das
so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red-
ner das Wort dem Kollegen Volker Beck von
Bündnis 90/Die Grünen.

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(C (D Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir wol n, dass es im Grundgesetz in Art. 3 Abs. 3 künftig eißt: Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner sexuellen Identität, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Es geht darum, die Schwulen, Lesben und Transgener in unserer Verfassung endlich vor Benachteiligungen u schützen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1702010700

Art. 3 Abs. 3 Grundgesetz war so etwas wie die Nega-
on der nationalsozialistischen Selektions- und Verfol-
ungspolitik. So haben ihn die Väter und Mütter des
rundgesetzes konzipiert. Aber auch sie waren nicht frei
on Moralanschauungen und Vorurteilen und haben des-
alb zwei Gruppen, die Opfer des Nationalsozialismus
aren, vergessen: die Behinderten und die Homosexuel-
n. Die Behinderten haben wir in der Verfassungsreform
994 endlich in den Diskriminierungsschutz der Verfas-
ung aufgenommen. Für die Aufnahme von Schwulen,
esben und Transgendern gab es damals keine Zweidrit-
lmehrheit, sondern nur eine einfache Mehrheit. Deshalb
urde dieses Ziel verfehlt.

Die Geschichte der Schwulen und Lesben im Zusam-
enhang mit der Verfassung in diesem Land ist sehr wi-

ersprüchlich. 1957 hat das Bundesverfassungsgericht
ie menschenrechtswidrige strafrechtliche Verfolgung
urch § 175 des Strafgesetzbuchs in nationalsozialis-
scher Fassung für vereinbar mit dem Grundgesetz
rklärt. Es dauerte viele Jahrzehnte, bis das Bundesver-
ssungsgericht im Jahre 2009 erstmals in einer Ent-

cheidung die Rechte von Lesben und Schwulen auf-
rund der Verfassung ausgeweitet hat. Ich denke, es ist
ichtig, dass wir in unserer Verfassung jetzt endlich ein
r alle Mal zum Ausdruck bringen, dass Lesben,

chwule und Transgender Bürgerinnen und Bürger wie
lle im Lande sind, mit gleichen Rechten, mit gleichen
flichten und ohne jeglichen Abstand.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


as gebieten Respekt und Würde, wie es unsere Verfas-
ung vorsieht.

In Europa haben wir seit dem Amsterdamer Vertrag
ine Klausel, die Maßnahmen der Kommission gegen
iskriminierung wegen der sexuellen Orientierung er-
ubt. Seit 2009 steht in der EU-Grundrechtecharta der
iskriminierungsschutz für Lesben, Schwule und Trans-
ender. In den Landesverfassungen von Berlin, Branden-
urg, Thüringen und Bremen findet sich eine solche
lausel. Im Saarland wurde vereinbart, die saarländische






(A) )



(B) )


Volker Beck (Köln)

Verfassung in dieser Legislatur entsprechend zu erwei-
tern.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Es ist an der Zeit, dass wir als Bundestag auf Bundes-
ebene diese Entscheidungen nachvollziehen.

Es gab im letzten Jahr eine Bundesratsinitiative von
den Ländern Bremen, Hamburg und Berlin, die im Bun-
desrat leider keine Mehrheit gefunden hat. Welche Argu-
mente wurden von der Gegenseite vorgetragen? Ich
zitiere den Justizminister aus Hessen von der FDP:

Im Interesse einer möglichst schlanken und über-
sichtlichen Verfassung sollen nur zwingend erfor-
derliche Änderungen des Textes vorgenommen wer-
den. So werden eine Verwässerung und ein damit
einhergehender Bedeutungsverlust durch Überregu-
lierung und die Aufnahme immer neuer Schutzas-
pekte vermieden.

Etwas hineinzuschreiben, was letztlich schon europäi-
scher Konsens ist, drei weitere Wörter in der Verfassung,
das kann mit solchen Argumenten nicht pariert werden,


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


und schon gar nicht von einer Koalition, die verabredet
hat, sie wolle die Selbstverständlichkeit, dass man in
Deutschland Deutsch spricht, ins Grundgesetz schreiben.
Wer sich anschickt, solche Dinge auf den Weg zu brin-
gen, kann beim Schutz vor Diskriminierung wohl nicht
ernsthaft gegen eine Klärung der Sache argumentieren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Minister Busemann aus Niedersachsen sagte in der
Bundestagsdebatte:

Vielmehr bedarf es noch verstärkter praktischer ge-
sellschaftlicher Aufklärung, sei es durch die Me-
dien oder durch öffentliche Einrichtungen wie
Schulen, um langfristig jeder Form von Diskrimi-
nierung entgegenzuwirken.

Eine Verfassungsänderung lehnt er ab.

Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen: Wenn in
Zukunft im Sozialkundeunterricht oder im Politikkurs
über die Grundrechte und das Grundgesetz aufgeklärt
wird, dann soll man auch darüber aufklären, dass eine
Diskriminierung von Lesben und Schwulen verboten ist.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1702010800

Herr Kollege Beck!


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1702010900

Wenn wir Ausländerinnen und Ausländern in Integra-

tionskursen die Werte unserer Verfassung vermitteln,
dann soll man sagen, dass Lesben und Schwule hier
nicht diskriminiert werden dürfen. Das soll man aber im

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(C (D rundgesetz nachlesen können und nicht im 123. Band er Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts in arlsruhe. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1702011000

Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Jan-Marco Luczak

on der CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Jan-Marco Luczak (CDU):
Rede ID: ID1702011100

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich

eiß nicht, wie gut Sie sich in Berlin auskennen. Ich sel-
er habe meinen Wahlkreis in Berlin-Tempelhof/Schö-
eberg. Der Stadtteil Schöneberg ist bekannt dafür, dass
r, vielleicht mit Ausnahme von Köln, die höchste Kon-
entration von Schwulen und Lesben in ganz Deutsch-
nd hat. Ich weiß daher um die Probleme, denen
chwule und Lesben in der gesellschaftlichen Realität
egegnen.

Ja, es gibt Diskriminierung, und es gibt Anfeindungen
nd Übergriffe gegen Homosexuelle, und das nehme ich
ehr ernst. Lassen Sie mich deswegen gleich zu Anfang
einer Rede klar und unmissverständlich formulieren:
as Ziel, das Anliegen, das mit dem vorgelegten Antrag
erfolgt wird, teile ich uneingeschränkt.


(Burkhard Lischka [SPD]: Dann unterstützen Sie diesen Antrag!)


eutschland ist ein modernes und weltoffenes Land.
ine Diskriminierung von Anderslebenden oder Anders-
ebenden ist nicht akzeptabel, und wir nehmen sie nicht
in.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


ie Frage ist allerdings: Was können wir dagegen tun?
rauchen wir, wie die Opposition es vorschlägt, eine
erfassungsänderung, um Diskriminierung wirksam be-
egnen zu können?


(Zurufe von der SPD und vom BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Ja!)


Meine Damen und Herren, wenn Sie eine ehrliche Be-
tandsaufnahme machen, werden Sie feststellen: Es gibt
ereits einen umfassenden Schutz. Das Grundgesetz
elbst gewährleistet die sexuelle Selbstbestimmung, und
as nicht nur durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht.
s ist vor allen Dingen der allgemeine Gleichheitsgrund-
atz des Art. 3 Abs. 1, der vor Diskriminierung schützt.


(Burkhard Lischka [SPD]: Lesen Sie sich doch mal durch, was das Verfassungsgericht dazu sagt!)


Er besagt bekanntlich, dass vor dem Gesetz alle Men-
chen gleich sind. Es ist schlicht unrichtig, wenn Sie in






(A) )



(B) )


Dr. Jan-Marco Luczak
Ihrem Antrag behaupten, dass dieser Artikel keinen aus-
reichenden Schutz gewährt.


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dieser Artikel hat von 1957 bis 2009 nicht geholfen!)


Ihr Versuch – auch der Herr Kollege Beck hat das gerade
wieder angeführt –, diese Behauptung durch Verweis auf
ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre
1957 zu belegen, geht an der Sache vorbei.


(Burkhard Lischka [SPD]: Es gibt auch neuere Entscheidungen, die sich damit beschäftigen!)


Damals hat das Bundesverfassungsgericht – das ist rich-
tig – die Strafbarkeit der sexuellen Unzucht zwischen
Männern nach § 175 StGB noch als verfassungsgemäß
eingestuft.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unglaublich!)


Zum Grundsatz der Gleichberechtigung der Ge-
schlechter hat es seinerzeit ausgeführt:

Schon die körperliche Bildung der Geschlechtsor-
gane weist für den Mann auf eine mehr drängende
und fordernde, für die Frau auf eine mehr hinneh-
mende und zur Hinnahme bereite Funktion hin.

Anders als der Mann würde

die Frau unwillkürlich schon durch ihren Körper
daran erinnert, daß das Sexualleben mit Lasten ver-
bunden

sei. Damit möge es zusammenhängen,


(Sexualtrieb)

fast immer miteinander verschmolzen sind, wäh-
rend beim Manne, und zwar gerade beim Homo-
sexuellen, beide Komponenten vielfach getrennt
bleiben.

Meine Damen und Herren, Sie wollen doch nicht
ernsthaft behaupten, dass das Bundesverfassungsgericht
auch heute noch in einer solchen Art und Weise argu-
mentieren würde!


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Christine Lambrecht [SPD], zur CDU/CSU gewandt: Bei solchen Äußerungen klatscht ihr?)


Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall. Das belegt die
jüngste Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
– der Kollege Beck hat es angesprochen –, in der das
Bundesverfassungsgericht die Reichweite des allgemei-
nen Gleichheitsgrundsatzes noch einmal verdeutlicht
hat. Danach ist bei der Prüfung von Ungleichbehandlun-
gen ein strenger Kontrollmaßstab anzulegen, wenn die
Ungleichbehandlung an Persönlichkeitsmerkmale an-
knüpft, die denen von Art. 3 Abs. 3 vergleichbar sind.
Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass die
Ungleichbehandlung von Ehe und eingetragener Lebens-
partnerschaft bei der Hinterbliebenenversorgung mit
Art. 3 Abs. 1 nicht in Einklang steht. Das Gericht be-

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(C (D timmt also den Schutzinhalt von Art. 3 Abs. 1 genau so, ls ob das Merkmal der sexuellen Identität in Art. 3 bs. 3 ausdrücklich genannt wäre. Insofern ist das, was ie hier mit Ihrem Antrag erreichen wollen, nämlich ass der einfachrechtliche Gesetzgeber durch das Grundesetz eine klare und verbindliche Vorgabe erhält, beits immanenter Bestandteil der Verfassung. (Beifall bei der CDU/CSU – Christine Lambrecht [SPD]: Nein!)


Das spiegelt sich auch in den umfangreichen einfach-
chtlichen Vorschriften wider, die eine Diskriminierung

us Gründen der sexuellen Identität ausdrücklich verbie-
n: im Beamtenrecht, im Arbeitsrecht oder nach dem
llgemeinen Gleichbehandlungsgesetz. Man sieht: Es
ommt nicht allein auf den Text der Verfassung an, son-
ern auf die gelebte Verfassungswirklichkeit. Ich glaube
icht, dass der Deutsche Bundestag, also wir alle mitei-
ander, Nachhilfe in Sachen Diskriminierungsschutz be-
ötigt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Im Übrigen lohnt es sich – das hat Kollege Beck auch
chon angeführt –, einen Blick nach Europa zu werfen.
icht nur nach der Rechtsprechung des Europäischen
erichtshofes für Menschenrechte wird ein entsprechen-
er Schutz gewährt; auch die Verträge sowie Art. 21 der
rundrechtecharta zählen die sexuelle Ausrichtung

usdrücklich zu den Merkmalen, bei denen das Diskri-
inierungsverbot gilt. All diese Regelungen sind in
eutschland unmittelbar geltendes Recht, nach der
echtsprechung des EuGH sogar mit Anwendungsvor-
ng gegenüber unserer Verfassung.

Wieso also eine Verfassungsänderung, wenn die sexu-
lle Ausrichtung gemäß europäischer Vorgaben aus-
rücklich als ein Merkmal benannt wird, bei dem das
iskriminierungsverbot gilt? – Sie schweigen, weil Sie
issen, dass es tatsächlich keine Notwendigkeit und
eine Rechtfertigung für eine Änderung der Verfassung
ibt.


(Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn Schweigen gegen uns ausgelegt wird, dann reden wir jetzt!)


Sie können sich hier jetzt aufregen. Ich weiß natürlich,
ass Sie diesen Antrag auch nutzen wollen, um vor allen
ingen uns von der Union in eine bestimmte Ecke zu
rängen: in die Ecke einer Partei mit antiquierten, ver-
taubten und überkommenen Wertvorstellungen.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, da stehen Sie! Da müssen Sie nur Herrn Geis zuhören!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1702011200

Herr Kollege Luczak, erlauben Sie eine Zwischen-

age des Kollegen Beck?


Dr. Jan-Marco Luczak (CDU):
Rede ID: ID1702011300

Bitte schön.






(A) )



(B) )


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1702011400

Bitte, Herr Beck.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1702011500

Vielen Dank. Ich finde es sehr gut, dass Sie eine Zwi-

schenfrage zulassen, obwohl dies Ihre erste Rede ist. –
Wenn das alles so selbstverständlich ist, wie Sie sagen,
wie kommt es dann, dass wir zum Beispiel beim Lebens-
partnerschaftsgesetz, im Steuerrecht, bei der Frage der
Beamtenversorgung immer noch ungleiches Recht ha-
ben?


(Burkhard Lischka [SPD]: Beihilfe!)


Wie kommt es, dass die Koalition im Dezember im Zu-
sammenhang mit dem Wachstumsbeschleunigungsge-
setz den Antrag ablehnen konnte, beim Erbschaftsteuer-
recht endlich die gleichen Tarife für homosexuelle
Lebenspartnerschaften einzuführen, wie sie bei Ehegat-
ten gelten? Wenn das alles so selbstverständlich wäre,
wie Sie behaupten, hätte es für Sie selbstverständlich
sein müssen, im Dezember unserem Änderungsantrag
zuzustimmen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)



Dr. Jan-Marco Luczak (CDU):
Rede ID: ID1702011600

Herr Kollege Beck, vielen Dank für die Zwischen-

frage. Wenn Sie mir noch einige Sekunden zugehört hät-
ten, hätte ich dazu etwas gesagt. – Wenn Sie einen Blick
in unseren Koalitionsvertrag werfen,


(Christine Lambrecht [SPD]: Der Koalitionsvertrag hat aber keinen Verfassungsrang! – Gegenruf des Abg. Burkhard Lischka [SPD]: Zum Glück!)


dann werden Sie feststellen, dass dort ausdrücklich steht:
Die christlich-liberale Koalition will „gleichheitswidrige
Benachteiligungen im Steuerrecht abbauen“ und die be-
stehenden Schutzlücken, zum Beispiel im Bereich des
öffentlichen Dienstes, schließen. Das werden wir umset-
zen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Christine Lambrecht [SPD]: Ja, dann machen Sie es doch!)


Ich möchte an dieser Stelle eines betonen: Es bleibt
beim Grundsatz des Art. 3 Abs. 1: Gleiches wird gleich
behandelt. Soweit Sachverhalte aber ungleich sind, er-
laubt unsere Verfassung Differenzierungen. Auch daran
hält die Union fest.


(Beifall bei der CDU/CSU – Burkhard Lischka [SPD]: Aha, jetzt sind Sie mal zum Punkt gekommen!)


So berechtigt das Anliegen in dieser Sache auch ist:
Das, was die Opposition mit diesem Antrag macht, ist
nichts weiter als Schaufensterpolitik. Sie wissen sehr ge-
nau, dass mit einer solchen Änderung der Verfassung un-
mittelbar gar nichts bewirkt würde. Wir brauchen also
keine theoretischen Debatten, sondern praktische An-

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(C (D ätze. Wir müssen gesellschaftliche Akzeptanz schaffen. ir brauchen Aufklärungsarbeit in den Schulen und üssen diejenigen stärken, die Zivilcourage zeigen, enn sie sich für Menschen erheben, die wegen ihrer exuellen Identität angefeindet werden. Das alles beirkt weit mehr, als eine Änderung der Verfassung, enn wir sie hier beschließen würden, bewirken könnte. Lassen Sie mich zum Schluss sagen: Unsere Verfasung hat sich in den letzten 60 Jahren bewährt. Wir solln sie achten. Ich sage ganz bewusst: Wir sollten sie ehr achten. Das Grundgesetz ist seit seinem Inkrafttren im Jahre 1949 nicht weniger als 57-mal geändert orden. Das hat die Lesbarkeit und Verständlichkeit der erfassung nicht eben verbessert. Sehen Sie sich nur einal die Regelungen zur Schuldenbremse an. Egal wie chtig sie in der Sache sind, verständlich sind sie in vien Bereichen nicht. Ich erinnere auch an die Diskussion m die Reform der Jobcenter. Ich bin froh, dass wir nun nicht den Weg gehen woln, die Verfassung an die Politik anzupassen; denn Polik hat sich nach den Vorgaben der Verfassung zu richn, nicht umgekehrt. Jetzt kommen Sie aber bitte zum Schluss. Ich komme zum Schluss. – Ich kann also festhalten: urch unsere Verfassung wird bereits ein umfangreicher chutz gegen Diskriminierung aufgrund der sexuellen entität gewährleistet. Es gibt eine Fülle von einchrechtlichen Vorschriften, mit denen solchen Diskriinierungen wirksam begegnet wird. Auch durch das nionsrecht werden Ungleichbehandlungen verbindlich erboten. Lassen Sie mich deshalb mit den Worten des Präsienten des Bundesverfassungsgerichts, Professor Papier, chließen: Man kann ohne Übertreibung feststellen, dass … das Grundgesetz … die beste Verfassung ist, die Deutschland je hatte. em stimme ich uneingeschränkt zu. Die Union will, ass dies auch so bleibt. (Burkhard Lischka [SPD]: Daran werden wir uns erinnern! – Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1702011700
Dr. Jan-Marco Luczak (CDU):
Rede ID: ID1702011800

Wir wollen deshalb keine Verunklarung des Verfas-
ungstextes durch neue Inhalte, durch die kein Mehr an
chutz geboten wird und die daher nicht erforderlich
ind. Deswegen spricht sich die Union auch gegen die
eantragte Änderung des Grundgesetzes aus.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)







(A) )



(B) )


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1702011900

Herr Kollege Luczak, auch Ihnen gratuliere ich im

Namen des Hauses zu Ihrer ersten Rede im Deutschen
Bundestag. Ich mache Sie aber gleich darauf aufmerk-
sam, dass Sie bei Ihrer nächsten Rede nicht einen so gro-
ßen Zeitzuschlag erhalten.


(Heiterkeit und Beifall – Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Danke schön!)


Das Wort hat die Kollegin Christine Lambrecht von
der SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Christine Lambrecht (SPD):
Rede ID: ID1702012000

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In

dieser Woche, am Mittwoch, haben wir hier im Plenar-
saal der Opfer des Nationalsozialismus gedacht, und wir
sind von den Rednern gemahnt worden, Verantwortung
zu übernehmen: Verantwortung nicht für das Gesche-
hene, sondern Verantwortung dafür, dass solche Verbre-
chen, wie sie unter der Naziherrschaft geschehen sind, in
unserem Land nicht wieder vorkommen.

Genau dieser Verantwortung stellen wir uns mit die-
sem Antrag. Deswegen geht es nicht darum, die Verfas-
sung aufzublähen und das Grundgesetz unübersichtlich
zu machen, sondern darum, Verantwortung zu überneh-
men.


(Zuruf von der FDP: Unpassender Vergleich!)


– Ich werde Ihnen gleich erklären, was für ein passender
Vergleich das ist.

Die Väter und Mütter des Grundgesetzes haben genau
aus dieser Verantwortung heraus in Art. 3 Abs. 3 Grund-
gesetz genau die Merkmale aufgezählt, die Ursache bzw.
Grund für die Verfolgung der Menschen waren. Alle
Merkmale, die damals dazu geführt haben, dass Men-
schen zu Opfern wurden, sind aufgeführt worden, bis auf
zwei – das ist schon angeführt worden –: die Behinde-
rung und die sexuelle Identität. Genau diese beiden
Merkmale, die viele Menschen zu Opfern des National-
sozialismus werden ließen, werden in Art. 3 nicht aufge-
zählt.

Eines dieser Merkmale ist 1994 im Zuge der Wieder-
vereinigung ergänzt worden. Damals wurde das Merk-
mal Behinderung mit aufgenommen, weil es die ganz
klare Ansage gab: Wir wollen in Zukunft nicht mehr
dafür stehen, dass eine Diskriminierung Behinderter
möglich ist. Wir wollen von staatlicher Seite ein entspre-
chendes Signal geben. – Es war richtig so, dass das
Grundgesetz damals entsprechend ergänzt wurde.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Aus genau dem gleichen Grund wäre es mehr als an-
gebracht – die Mahnung der Opfer vom Mittwoch muss
Ihnen doch noch präsent sein –, dass wir uns auch jetzt
der Verantwortung stellen und das letzte noch fehlende
Merkmal von Opfern des Nationalsozialismus, nämlich
die sexuelle Identität, aufnehmen.

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(C (D (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


1994 gab es dafür bereits eine Mehrheit, aber leider
eine Zweidrittelmehrheit, sonst wäre das Merkmal
eute schon längst aufgenommen. Wir haben jetzt die
öglichkeit – es gibt ja auch entsprechende Länderini-

ativen; das ist kein rot-rot-grüner Gedanke, sondern das
ommt ja auch aus Ländern, in denen die CDU an der
egierung beteiligt ist –, dieser Verantwortung, der wir
ns stellen wollen, auch dadurch gerecht zu werden, dass
ir drei Worte in Art. 3 Abs. 3 Grundgesetz aufnehmen,
ämlich: die sexuelle Identität.

Herr Luczak, wenn das stimmt, was Sie sagen, dass
ir nämlich Art. 3 Abs. 3 eigentlich gar nicht brauchen,
ann könnten wir ihn ja streichen. Es gäbe dann
rt. 3 Abs. 1, und damit wäre die Sache erledigt. So ein-
ch ist es aber nicht, und das wissen Sie auch. Sie weh-
n sich lediglich noch aus ideologischen Gründen gegen

ine solche Aufnahme. Das finde ich wirklich unerträg-
ch.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich finde es unerträglich, in Feierstunden zu nicken,
enn wir gemahnt werden, Verantwortung zu überneh-
en, und später mit fadenscheinigen Gründen ein einzi-

es Merkmal nicht ins Grundgesetz aufzunehmen, wenn
an dies tun könnte. Ich finde, so etwas kann man auch

ei einer ersten Rede nicht durchgehen lassen.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Deswegen kann ich Sie nur auffordern: Lassen Sie
ns in den anstehenden Ausschussberatungen darüber
den, wie wichtig es wäre, wenn unser Staat ein ent-

prechendes Signal geben würde.

Ich setze große Hoffnung in die FDP. Die Justizminis-
rin, Frau Leutheusser-Schnarrenberger, hat dieses Jahr
ie Schirmherrschaft für den Christopher Street Day
bernommen und hat damit auch eine gewisse Verant-
ortung diesem Thema gegenüber. Ich kann sie nur auf-
rdern: Nehmen Sie diese Verantwortung entsprechend
ahr! Lassen Sie es nicht durchgehen, dass die Möglich-
eit vertan wird, ein solch wichtiges Signal auch in die
anze Welt zu senden, dass wir uns der Verantwortung
us der Vergangenheit stellen. Lassen Sie uns sachlich
iteinander diskutieren und diesen Schritt gehen! Ich

laube, das würde dem Ansehen Deutschlands guttun.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1702012100

Das Wort hat jetzt der Kollege Marco Buschmann von

er FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)







(A) )



(B) )


Dr. Marco Buschmann (FDP):
Rede ID: ID1702012200

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen

und Kollegen! Wir debattieren heute über eine mögliche
Änderung des Grundrechtekatalogs des Grundgesetzes.
Dieser Grundrechtekatalog ist für uns Liberale das Herz
unserer Verfassung. Deshalb haben Anliegen mit dem
Ziel, daran Änderungen vorzunehmen, für uns, wenn Sie
den Vergleich erlauben, immer etwas von einer Opera-
tion am offenen Herzen.

Solche Eingriffe darf man nicht leichtfertig vorneh-
men. Für uns als Liberale – das ist meine feste Überzeu-
gung – ist es nur dann angemessen, einzugreifen, wenn
es grundrechtliche Schutzlücken gibt, die wir schließen
müssen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Bei Ihrem politischen Anliegen, das Sie mit Ihrem
Antrag verfolgen, ist Ihnen bewusst, dass Sie bei uns als
FDP-Fraktion immer dann große Sympathie erfahren,
wenn es darum geht, einen wirksamen Beitrag dazu zu
leisten, dass Menschen ihre sexuelle Identität in
Deutschland frei leben dürfen. Das wissen Sie auch des-
halb, weil keine andere politische Kraft in der Ge-
schichte unseres Landes so viel für dieses Anliegen ge-
tan hat wie die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP – Zurufe von der SPD: Was?)


Wir haben 1973 mit Ihnen zusammen den Anwen-
dungsbereich des § 175 StGB minimiert und diesen dann
1994 mit der Union abgeschafft. Wir haben in den Koali-
tionsvertrag mit der Union aufgenommen, dass die Dis-
kriminierung im Steuerrecht für gleichgeschlechtliche
Lebenspartnerschaften beseitigt wird.


(Widerspruch bei der SPD)


Wir haben in den Koalitionsvertrag aufgenommen und
werden es auch in Kürze umsetzen, dass die ehe- und fa-
milienrechtlichen Regelungen im Beamtenrecht auf die
gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften übertra-
gen werden.


(Christine Lambrecht [SPD]: Wer hat denn beim Bundesverfassungsgericht dagegen geklagt? Wer war denn gegen die gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften? Das waren doch Sie!)


Wir werden die Magnus-Hirschfeld-Stiftung einrichten,
die sich gegen Diskriminierung wendet, und wir werden
das Transsexuellengesetz auf die Höhe der Zeit bringen.


(Beifall bei der FDP)


Selbst die CSU bzw. die bayerische Staatsregierung
haben wir davon überzeugt, dass Homosexuelle fürsorg-
liche Stiefeltern sein können. Deshalb hat die bayerische
Staatsregierung ihre Klage gegen das Lebenspartner-
schaftsergänzungsgesetz vor dem Bundesverfassungsge-
richt zurückgezogen.


(Beifall bei der FDP – Widerspruch bei der SPD)


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(C (D Kurzum: Auf die FDP ist Verlass, egal wann, egal wo nd egal mit wem. Wir sorgen für Fortschritt in der Sahe für die Menschen. (Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Christine Lambrecht [SPD]: Sie haben doch vor dem Verfassungsgericht dagegen geklagt!)


aran können Sie von der SPD sich ein Beispiel neh-
en. „Kannste was lernen“, um mit den Worten Bertolt
rechts zu sprechen. All die bleiernen Jahre in der Gro-
en Koalition, in der auch Sie in Regierungsverantwor-
ng standen und etwas hätten tun können, haben Sie im-
er gesagt: Wir würden ja gerne, aber die böse Union
sst uns nicht.

Wir haben es zusammen mit der Union geschafft.


(Christine Lambrecht [SPD]: Das Bundesverfassungsgericht, aber nicht Sie!)


as ist also möglich. Wir halten Wort. Nehmen Sie sich
aran bitte ein Beispiel!


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Bei aller Sympathie für das Anliegen: Auch für die im
ntrag geforderte Grundgesetzänderung gilt der Prü-
ngsmaßstab, den ich eingangs erwähnt habe: Es ist

ämlich die Frage zu stellen, ob es eine Schutzlücke
ibt, die wir schließen müssen. Diese Frage ist zu vernei-
en. Denn in Deutschland fehlt es nicht am verfassungs-
chtlichen Schutz der sexuellen Identität.

Sie alle kennen die Entscheidung des Bundesverfas-
ungsgerichts vom 7. Juli letzten Jahres. Darin hat das
undesverfassungsgericht ausdrücklich aus Art. 3
bs. 1 Grundgesetz einen entsprechenden grundrechtli-

hen Schutz abgeleitet, und zwar auf demselben Schutz-
iveau wie bei Art. 3 Abs. 3. Das ist kein Zufall.

Wenn hier so getan wird, als ob das eine volatile
echtsprechung sei, die jederzeit umkippen könnte,
ann machen Sie den Betroffenen nur Angst. Denn Sie
lle wissen, dass das Bundesverfassungsgericht nie wie-
er zu einer Entscheidung wie zu der von 1957 käme.
as wissen auch Sie, Herr Beck – Sie schreiben es sogar

uf Ihrer Internetseite –, weil es Ihnen ja in Ihrem eige-
en Seminar zu diesem Thema erklärt worden ist.


(Heiterkeit bei der FDP – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Habe ich denn etwas anderes behauptet?)


Wir haben auch neue Erkenntnisquellen. Das Bundes-
erfassungsgericht lehnt sich zum Beispiel an Art. 21
bs. 1 der Grundrechte-Charta an. Das Bundesverfas-

ungsgericht zieht die Rechtsprechung des EGMR he-
n. Eine solche Entscheidung wie die von 1957 ist heute

ndenkbar und kann nie wieder passieren. Wer etwas an-
eres behauptet, macht den Menschen Angst, um politi-
ches Kapital daraus zu ziehen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Kurzum: Es wäre lediglich von symbolischer Wir-
ung, die vorgeschlagene Ergänzung vorzunehmen.
ber eine bloß symbolische Wirkung reicht uns nicht für






(A) )



(B) )


Marco Buschmann
eine Operation am offenen Herzen, nicht für einen Ein-
griff in den Grundrechtekatalog unseres Grundgesetzes.
Zugleich reichen wir Ihnen aber die Hand, um die ei-
gentliche Baustelle abzuarbeiten. Die eigentliche Bau-
stelle ist, auf der einfachrechtlichen Ebene mögliche
Unterschiede zu identifizieren und zu beseitigen. Hier
haben wir die Möglichkeit, unser Land toleranter, offe-
ner und liberaler zu gestalten. Ich würde mich freuen,
wenn Sie sich konstruktiv einbringen würden.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1702012300

Herr Kollege Buschmann, ich gratuliere im Namen

des Hauses zu Ihrer ersten Rede im Bundestag.


(Beifall)


Ich bitte Sie aber, jetzt noch ein bisschen aufmerksam
zu bleiben, weil sich die Frau Kollegin Lambrecht zu ei-
ner Kurzintervention gemeldet hat, auf die Sie erwidern
dürfen.

Bitte schön, Frau Kollegin Lambrecht.


Christine Lambrecht (SPD):
Rede ID: ID1702012400

Bei allem Respekt, dass das Ihre erste Rede ist, Herr

Buschmann: Ich glaube, was Recht ist, muss auch Recht
bleiben. Es war keineswegs die FDP, die in diesem
Hause für die gleichgeschlechtlichen Lebensgemein-
schaften gekämpft hat. Es war Rot-Grün. Die FDP ist
zum damaligen Zeitpunkt – da Sie neu dabei sind, kön-
nen Sie das vielleicht nicht wissen; aber offensichtlich
haben Sie sich auch nicht die Mühe der Recherche ge-
macht – sogar vor das Bundesverfassungsgericht gezo-
gen, weil sie die Verfassungswidrigkeit der Regelung
festgestellt haben wollte.

Darüber hinaus bitte ich Sie, zur Kenntnis zu nehmen,
dass es nicht die FDP war, die die Union zu der Einsicht
gebracht hat, dass man eine Gleichstellung von gleichge-
schlechtlichen Lebensgemeinschaften mit der Ehe in be-
stimmten Teilbereichen akzeptieren muss, sondern es
war ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Daher
bitte ich Sie, diese Tatsachen auch bei Ihrer ersten Rede
zur Kenntnis zu nehmen und das, was Sie behauptet ha-
ben, nicht einfach so stehen zu lassen.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1702012500

Herr Kollege Buschmann zur Erwiderung, bitte.


Dr. Marco Buschmann (FDP):
Rede ID: ID1702012600

Ich mache es ganz kurz.


(Christine Lambrecht [SPD]: Geben Sie zu, dass Sie schlecht recherchiert haben!)


Selbstverständlich hat die FDP immer die Vorreiterrolle
übernommen. Ich möchte Sie nicht daran erinnern müs-

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(C (D en, dass es der sozialdemokratische Bundeskanzler elmut Schmidt ist, dem ein Diktum nachgesagt wird, as an diskriminierendem Inhalt nicht zu überbieten ist. (Christine Lambrecht [SPD]: Reden wir hier über Gerüchte, oder über was reden wir hier?)


ie alle wissen, was ihm nachgesagt wird. Ich erlaube
ir, dieses Zitat nicht zu wiederholen. Die SPD hat sich

n ganz vielen Stellen verweigert. Die FDP war stets die
eibende Kraft.


(Beifall bei der FDP – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lächerlich! – Christine Lambrecht [SPD]: Realitätsverlust ersten Grades!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1702012700

Das Wort hat jetzt die Kollegin Dr. Barbara Höll von

er Fraktion Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. Barbara Höll (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1702012800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

err Buschmann, so mancher überhebliche Reiter ist
chon vom Pferd gefallen. Nur zu Ihrer Information: Im
eptember 1991 hat die damalige Gruppe der PDS/Linke
iste als Erste die Diskussion über die ersatzlose Strei-
hung des § 175 StGB angestoßen. Dass wir heute in
rster Beratung über drei gleichlautende Gesetzentwürfe
er Oppositionsfraktionen sprechen, ist natürlich auch
rgebnis eines gesellschaftlichen Prozesses. Das muss
an zur Kenntnis nehmen.


(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


s geht nicht darum, wer sich welche Orden an die Brust
eften kann.

Es geht um den Schutz, den Respekt und die Akzep-
nz von Lesben, Schwulen, Transsexuellen, Trans-
endern, Bisexuellen, Intersexuellen und natürlich von
eterosexuellen Frauen und Männern. Es geht um den
chutz der sexuellen Identität. Engagierte Lesben und
chwule haben es erneut auf die politische Agenda ge-
etzt. Sie sind dabei von Politikerinnen und Politikern al-
r Parteien unterstützt worden. Ole von Beust hat im
ktober im Bundesrat darüber gesprochen. Vom Müns-
raner CDU-Oberbürgermeister, Berthold Tillmann, bis

um Präsidenten des Deutschen Fußball-Bundes, Theo
wanziger, reicht die Unterstützung.

Das ist bemerkenswert. Er hat sein Engagement in
en letzten Tagen wiederholt, er als Chef des Deutschen
ußball-Bundes, der letzten „Bastion des heterosexuel-
n Mannes“; denn hier weiß Mann, was Diskriminie-
ng bedeutet.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ich erlaube, Theo Zwanziger zu zitieren:






(A) )



(B) )


Dr. Barbara Höll
Ich habe in letzter Zeit mit einigen Leuten geredet,
die in dieser Situation sind, und sie haben mir ver-
mittelt, weshalb sie sich nicht outen wollen.

Es hängt damit zusammen, dass für einen Homose-
xuellen im Fußball die persönlichen Bindungen, die
Freude am Sport und auch das Geldverdienen ver-
loren gehen können, wenn er sich outet.

Das ist immer noch gesellschaftliche Realität in der Bun-
desrepublik Deutschland.


(Zuruf von der CDU/CSU: Dagegen hilft aber keine Grundgesetzänderung!)


Schwule Fußballprofis heiraten dann eben mal zum
Schein und versuchen alles Mögliche. Es nutzt eben
nichts, dass es inzwischen lesbische Politikerinnen und
schwule Politiker, homosexuelle Fernsehjournalistinnen
und -journalisten oder vielleicht Künstler gibt. In der ge-
sellschaftlichen Realität gibt es immer noch keine voll-
ständige Gleichstellung.

Auch wenn der Deutsche Bundestag mit dem Allge-
meinen Gleichbehandlungsgesetz einen umfassenden
Diskriminierungsschutz beschlossen hat und auch wenn
im vergangenen Jahr das bekannte Urteil ergangen ist,
nutzt dies nichts. Wir sind dennoch in der Verantwor-
tung, hier Art. 3 des Grundgesetzes zu ändern. Dies hätte
verschiedene Wirkungen. Die rückholende Wirkung
nach hinten, die den § 175 betrifft, wurde schon genannt.
Es geht aber auch um die Frage einer Normsetzung nach
vorn, sowohl für den rechtlichen Bereich – dies hätte un-
mittelbare Wirkungen; das wissen Sie – als auch für den
außerrechtlichen Bereich. Wir halten es für notwendig,
hier tatsächlich eine Norm zu setzen.

In der Debatte hier spielte es mehrmals eine Rolle,
dass kaum noch offene Diskriminierungen vorkommen.
Im Bundesrat gibt es jetzt die Initiative dreier Länder;
Brandenburg hat sich angeschlossen. In einigen Bundes-
ländern steht der Schutz schon in der Landesverfassung.
Aber schauen Sie sich die Realität an!

In Thüringen steht es in der Landesverfassung. Aber
wenn sich dort ein schwules oder lesbisches Paar, viel-
leicht im schönsten Weiß, eintragen lassen will, muss es
zum Ordnungsamt gehen und steht dann mit Leuten in
einer Reihe, die vielleicht Geld bezahlen müssen, weil
sie falsch geparkt haben. Ist das würdevoll?

Das Antidiskriminierungsgebot steht dort in der Ver-
fassung; es wird aber nicht umgesetzt. Jetzt hat die Frak-
tion Die Linke im Landtag in Thüringen eine Möglich-
keit, dagegen zu klagen; wir tun es und hoffen, dass dann
die Diskriminierung beseitigt wird.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Grundgesetzänderung, die wir verlangen und für
die die einfache Mehrheit schon vorhanden war, ist jetzt
notwendig. Für sie ist es Zeit, und sie steht uns allen ein-
fach gut zu Gesicht, über alle politischen Parteien hin-
weg. Deshalb sollten wir das schnell und sachlich erledi-
gen.

Ich danke Ihnen.

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(C (D (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1702012900

Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Stephan Harbarth

on der CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dr. Stephan Harbarth (CDU):
Rede ID: ID1702013000

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die

eutige Debatte ist unnötig. Die von der Opposition vor-
eschlagene Verfassungsänderung ist überflüssig. Der
undesrat hat sie deshalb bereits völlig zu Recht abge-
hnt,


(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war übrigens eine Initiative von Herrn von Beust!)


nd CDU/CSU werden sie auch im Deutschen Bundes-
g aus diesem Grunde völlig zu Recht ablehnen.


(Beifall bei der CDU/CSU)


Über Fraktionsgrenzen hinweg eint uns das Ziel, ge-
ellschaftliche Minderheiten zu schützen. Über Frak-
onsgrenzen hinweg werben wir gemeinsam für Tole-
nz und wenden wir uns gemeinsam gegen die
iskriminierung von Teilen unserer Gesellschaft. Über
raktionsgrenzen hinweg verurteilen wir gemeinsam die
iskriminierung von Menschen aufgrund ihrer sexuellen
entität.

Die christlich-liberale Koalition hat dies in ihrer Ko-
litionsvereinbarung sehr deutlich herausgestellt. Die
oalitionsvereinbarung sieht vor, dass die Ausgewogen-
eit von Rechten und Pflichten eingetragener Lebens-
artnerschaften verbessert wird. Sie sieht vor, dass die
milien- und ehebezogenen Regelungen über Besol-

ung, Versorgung und Beihilfe auf Lebenspartnerschaf-
n erstreckt werden. Sie sieht vor, dass gleichheitswid-
ge Benachteiligungen im Steuerrecht abgebaut werden.

Das sind die Themen, an denen wir arbeiten müssen,
icht an Schaufensterprojekten, wie Sie sie heute präsen-
eren, meine Damen und Herren.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Christine Lambrecht [SPD]: Seit wann ist die Verfassung denn ein Schaufenster? Was ist denn das für ein Verständnis?)


Heute geht es nicht um die Frage: Wer ist gegen Dis-
riminierung? Heute geht es vielmehr um die Frage:
rauchen wir eine Änderung des Grundgesetzes? Unser
rundgesetz ist das Fundament unserer staatlichen Ord-
ung.


(Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, deshalb!)


eshalb sollten wir nicht leichtfertig nach Änderungen
es Grundgesetzes rufen. Wir sollten nur dort Hand ans
rundgesetz anlegen, wo dies inhaltlich notwendig ist.
ies ist hier eindeutig nicht der Fall.






(A) )



(B) )


Dr. Stephan Harbarth

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wer unsere Verfassung als Ort für Symbolpolitik an-
sieht, wer unsere Verfassung als Versandhauskatalog zur
Erfüllung politischer Wünsche betrachtet, der entwertet
unsere Verfassung.


(Christine Lambrecht [SPD]: Beschämend!)


Genau das wollen wir nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Schon heute ist klar: Wer andere diskriminiert, wer
andere wegen ihrer sexuellen Identität in die gesell-
schaftliche Ecke drängt, wer andere wegen ihrer sexuel-
len Identität beleidigt, der verstößt schon heute gegen
geltendes Recht. Diese Entscheidung unserer Rechtsord-
nung ist richtig. Unsere Verfassung enthält schon heute
klare Vorgaben gegen Diskriminierung. Das im Grund-
gesetz verbürgte allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt
die persönliche Lebenssphäre. Es schützt damit auch die
sexuelle Identität und die sexuelle Orientierung eines
Menschen. In Art. 3 des Grundgesetzes ist es in Stein ge-
meißelt:

Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

Dieser Maßstab bindet die öffentliche Gewalt und wirkt
weit darüber hinaus in wichtige Teile unserer Privat-
rechtsordnung hinein.

Vor Diskriminierung schützt aber nicht nur das
Grundgesetz. Vor Diskriminierung schützt zugleich un-
ser einfaches Gesetzesrecht: im Arbeitsrecht, im Beam-
tenrecht, im Sozialrecht und ebenso in weiteren Rechts-
gebieten. Im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz
wird sogar als Gesetzesziel ausdrücklich genannt, Be-
nachteiligungen wegen der sexuellen Identität zu verhin-
dern und zu beseitigen. Der Befund ist also eindeutig:
Unser Grundgesetz und unsere einfachen Gesetze schüt-
zen klar und wirksam vor Diskriminierung.

Sollten Gesetze den Vorgaben unserer Verfassung ein-
mal nicht entsprechen, dann ist die Rechtsprechung ge-
fordert. Wir sehen: Die Rechtsprechung erfüllt ihre Auf-
gabe zuverlässig und gewissenhaft. Dies belegt das
jüngste Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Juli
vergangen Jahres zur betrieblichen Hinterbliebenen-
rente.


Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1702013100

Herr Kollege Harbarth, obwohl das Ihre erste Rede

ist, möchte Ihnen Herr Beck gerne eine Zwischenfrage
stellen.


Dr. Stephan Harbarth (CDU):
Rede ID: ID1702013200

Herr Kollege Beck hatte heute schon genug Gelegen-

heit, sich zu produzieren. Ich möchte gerne in meiner
Rede fortfahren.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Der Beschwerdeführer hatte die Ungleichbehandlung
von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft im Be-
reich der betrieblichen Hinterbliebenenrente gerügt. Das

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(C (D undesverfassungsgericht hat ihm gerade nicht gesagt: s tut uns leid, aber Art. 3 des Grundgesetzes hilft hier icht weiter. – Vielmehr hat es dem Beschwerdeführer cht gegeben, und zwar ohne dass es dazu die von Ihnen orgeschlagene Verfassungsänderung benötigt hätte. Der llgemeine Gleichheitssatz des Grundgesetzes „Alle enschen sind vor dem Gesetz gleich“ war als Grundge völlig ausreichend. Damit ist klipp und klar: Kein inziges der Argumente, die heute vorgetragen wurden, chtfertigt eine Verfassungsänderung. Sie berufen sich zur Begründung Ihres Gesetzenturfs auf das Unrecht, das Menschen in der Zeit des Naonalsozialismus aufgrund ihrer sexuellen Identität iderfahren ist. Gewiss, das erlittene Unrecht ist Verflichtung zu wirksamem verfassungsrechtlichen Schutz or einer Wiederholung solchen Unrechts. Aber genau ies leistet das Grundgesetz schon heute. Genau dies istet auch unsere Verfassungswirklichkeit schon heute, ie die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts elegt. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Sie berufen sich weiterhin auf die bewusstseinsprä-
ende Wirkung einer Grundgesetzänderung. Aber Be-
usstseinsprägung – lassen Sie sich das gesagt sein – ist
icht die wesentliche Aufgabe einer Verfassung. Das ist
ielmehr Aufgabe aller, die sich im Sinne gesellschaftli-
her Ziele einsetzen, also Aufgabe von uns allen. Des-
alb sollten wir engagiert für unsere gesellschaftlichen
erte eintreten. Aber wir sollten am Grundgesetz nicht
ichtfertig herumbasteln. Das sind wir unserer so er-
lgreichen Verfassung schuldig.

Dass Sie vonseiten der Opposition wieder einmal
ach einer Verfassungsänderung rufen, entspricht Ihrem
olitikansatz: Sie entdecken ein Übel und wollen es ver-
ieten. Das ist bequem und lässt sich in Presseerklärun-
en gut verkaufen. Die Philosophie „Ich mache ein Ge-
etz, und die Welt wird ein besserer Ort“ ist aber zu
ünn.


(Christine Lambrecht [SPD]: Ihre Rede ist dünn!)


eshalb machen Sie es sich mit Ihrem Gesetzentwurf zu
infach.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Das klare öffentliche Wort und die Zivilcourage eines
den Einzelnen sind gefragt, nicht die Änderung des
rundgesetzes. Deshalb werden wir Ihren Gesetzent-
urf ablehnen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1702013300

Herr Kollege Harbarth, auch Ihnen gratuliere ich im

amen des Hauses zu Ihrer ersten Rede im Deutschen
undestag.






(A) )



(B) )


Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms
Für Sie gilt ebenfalls, dass Sie weiterhin aufmerksam
sein sollten; denn der Kollege Beck hat eine Kurzinter-
vention beantragt. Er erhält jetzt die Gelegenheit dazu.
Bitte schön, Herr Beck.


Volker Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1702013400

Herr Kollege Harbarth, bislang beschränkte sich die

Zivilcourage der Unionsfraktion eigentlich darauf, alle
Anträge und Vorstöße zur Gleichstellung von Lesben
und Schwulen im Bundestag abzulehnen. Das haben wir
in den letzten Jahrzehnten immer wieder erfahren.

Sie haben hier wortreich erklärt, wie man Verfas-
sungsrechtsänderungen diskutieren sollte: Es soll keine
Klarstellungen im Text geben, und es soll auch keine
symbolische Bedeutung haben. – Ich habe gehört, dass
Sie in der Koalition vereinbart haben, „Deutsch“ ins
Grundgesetz zu schreiben. Dazu gibt es eine Beschluss-
lage der CDU Deutschlands – auf Antrag des Landesver-
bands Saar –, die folgenden Wortlaut hat:

Die CDU Deutschlands setzt sich für die Veranke-
rung der deutschen Sprache im Grundgesetz ein.
Dies soll durch einen Zusatz in Artikel 22 des
Grundgesetzes erfolgen, mit dem Wortlaut:

– man beachte das, weil der Satz zahlreiche neue Er-
kenntnisse enthält –

„Die Sprache der Bundesrepublik ist

– raten Sie! –

Deutsch“.

Wie wird das vom Landesverband der CDU begrün-
det? Es heißt da:

Durch die Erhebung der deutschen Sprache in den
Verfassungsrang machen wir deutlich, welche Be-
deutung und Wertschätzung wir unserer Sprache
einräumen.

Durch die Erhebung des Diskriminierungsschutzes
für Lesben und Schwule in den Verfassungsrang wollen
wir deutlich machen, dass der Respekt vor der Würde al-
ler Menschen, auch der von Lesben und Schwulen, bei
uns eben Verfassungsrang hat. Wir wollen das entspre-
chend hervorheben.

Wenn Sie die Worte, die Sie hier geäußert haben,
ernst meinen, müssten Sie sagen: Die Union lässt die
Forderung, die ich gerade zitiert habe, fallen, weil das
nicht in ihr verfassungsrechtliches Konzept passt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1702013500

Bitte schön, Kollege Harbarth, zur Erwiderung.


Dr. Stephan Harbarth (CDU):
Rede ID: ID1702013600

Sehr geehrter Herr Kollege Beck, ich komme aus ei-

nem Bundesland, aus Baden-Württemberg, in dem füh-
rende Repräsentanten der CDU und Repräsentanten der
Landesregierung beispielsweise Schirmherrschaften für

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(C (D eranstaltungen von Schwulen und Lesben übernommen aben. (Christine Lambrecht [SPD]: Da seid ihr groß!)


ieber Herr Beck, das ist möglicherweise bei Ihnen noch
icht angekommen. Das passt nicht in das Bild, das Sie
on der Union zeichnen wollen. Wir sind wesentlich
eiter, als Sie denken.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Christine Lambrecht [SPD]: Im Übernehmen von Schirmherrschaften seid ihr groß!)


Herr Beck, Sie können über Deutsch in der Verfas-
ung lange fabulieren, es ändert nichts daran, dass in
em Punkt, den wir heute im Plenum diskutieren, der
chutz, den die Verfassung etabliert, völlig ausreichend
t. Daran ändern Ihre Ausführungen nichts! Deshalb
ssen wir das Grundgesetz so, wie es ist. Es ist die beste
erfassung, und so soll es bleiben.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Also kein Deutsch in das Grundgesetz!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1702013700

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird Überweisung der Gesetzent-
ürfe auf den Drucksachen 17/88, 17/254 und 17/472 an
ie in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorge-
chlagen. Gibt es anderweitige Vorschläge? – Das ist
icht der Fall. Dann sind die Überweisungen so be-
chlossen.

Jetzt rufe ich den Zusatzpunkt 2 auf:

Aktuelle Stunde

auf Verlangen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN

Einstieg in die Kopfpauschale – Weniger Netto
vom Brutto für die Beitragszahler der gesetz-
lichen Krankenversicherung


(Unruhe)


Ich bitte die Kollegen, die dieser Debatte nicht folgen
ollen, den Saal zu verlassen, damit die anderen ihre
ufmerksamkeit dem Redner widmen können.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Red-
er dem Kollegen Fritz Kuhn von Bündnis 90/Die Grü-
en das Wort.


Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1702013800

Sehr verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

ollegen! Wir haben diese Aktuelle Stunde beantragt,
eil eine Reihe von gesetzlichen Krankenkassen Zusatz-
eiträge erheben werden. Ihre Wirtschaftspolitik folgt
er Melodie „mehr netto vom Brutto“. Viele Menschen
aben demnächst allerdings weniger netto vom Brutto;






(A) )



(B) )


Fritz Kuhn
denn das, was die Leute als Zusatzbeiträge zu zahlen ha-
ben, fehlt ihnen im Geldbeutel.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Ich persönlich finde, dass ein gehörig Maß an Heu-
chelei in der Debatte ist.


(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Mit Heuchelei kennen Sie sich ja aus!)


Die Zusatzbeiträge, die jetzt erhoben werden, sind näm-
lich ein konstitutiver Teil des Gesundheitsfonds, den die
Große Koalition vor einigen Jahren beschlossen hat. Sie
haben einen strukturell unterfinanzierten Gesundheits-
fonds beschlossen – so lautete unsere damalige Kritik –
und das Erheben von Zusatzbeiträgen einkalkuliert. Man
darf sich deswegen jetzt nicht wundern und sagen: Huch,
die Zusatzbeiträge kommen auch noch.

Ich muss die Abgeordneten der Union fragen, ob sie
bei der Inkraftsetzung des Meisterwerks Gesundheits-
fonds von Frau Merkel eigentlich dabei waren.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Die Überraschung, die Frau Merkel jetzt an den Tag legt,
ist doch nur geheuchelt. Diejenigen von der Union oder
von der SPD, die sich an diesen Zusatzbeiträgen jetzt
stören, müssen einmal deutlich sagen, dass es ein Fehler
war, diesen Gesundheitsfonds einzurichten; schließlich
ist das Erheben von Zusatzbeiträgen ein konstitutives
Element dieses Fonds, durch das einer so einseitigen
Verteuerung – nicht zulasten der Arbeitgeber, sondern
ausschließlich zulasten der Arbeitnehmer und der Ar-
beitslosen – Tür und Tor geöffnet wird. Das haben Sie
verursacht; also müssen Sie jetzt auch dazu stehen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es bedarf keines Verweises auf das Kartellamt oder et-
was anderes; denn Sie haben den Gesundheitsfonds be-
schlossen. Das, was Sie beschlossen haben, können Sie
ändern, wenn Sie es wollen.

Für uns ist klar: Diese Zusatzbeiträge bedeuten eine
weitere Entsolidarisierung des Gesundheitssystems. Sie
führen dazu, dass die Parität weiter verschlechtert wird,
und sie führen auch zu sozialen Schieflagen. Personen in
Arbeitslosengeld-II-Haushalten müssen diese 8 Euro be-
zahlen; Gutverdiener können sie sogar von der Steuer
absetzen. Das heißt, es entsteht eine zusätzliche Schief-
lage. Wir müssen mit diesem Unsinn Schluss machen.
Sorgen Sie dafür, dass Zusatzbeiträge nicht mehr erho-
ben werden können!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es gibt eine besondere Perfidie. Die SPD hat in die-
sem falschen System Gott sei Dank immerhin die 1-Pro-
zent-Grenze durchgesetzt. Die CDU hat durchgesetzt,
dass die 1-Prozent-Grenze als Belastungsobergrenze erst
ab einem Zusatzbeitrag von 8 Euro gilt. Weil die Große
Koalition diese Untergrenze eingezogen hat, verlangen
einige gesetzliche Krankenkassen jetzt 8 Euro. Ohne
diese Untergrenze wäre die Entwicklung ganz anders;
das muss man der Wahrheit halber schon sagen.

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(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Sie haben gerade die Unwahrheit gesagt!)


Wir finden, dass diese Zusatzbeiträge als Teilelement
es Gesundheitsfonds nichts anderes sind als der Ein-
tieg in eine Kopfpauschale. Wenn man beim Gesund-
eitsfonds die 1-Prozent-Grenze und die 95-Prozent-
renze abschafft, kann man schrittweise zu einer Kopf-
auschale übergehen. Wir halten eine Kopfpauschale für
rundfalsch, weil sie eine Entsolidarisierung der gesetz-
chen Krankenversicherung bedeutet. Vor allem wird
urch sie das Prinzip geschwächt, dass diejenigen, die
reitere Schultern haben, mehr einzahlen – bis zur Bei-
agsbemessungsgrenze –, damit alle Menschen in die-
em Land vor den Kosten von Krankheit geschützt sind.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Gesundheitsminister Rösler hat erklärt, er wolle mit
en Zusatzbeiträgen nichts zu tun haben; dafür macht er
eundlich die CDU verantwortlich. Er hat gesagt, diese
eiträge seien nicht sozial. Das ist richtig. Was die Kopf-
auschale angeht, setzt er auf eine Regelung über einen
teuerausgleich. Er möchte, dass Solidarität über das
teuersystem praktiziert wird. Wir halten das für falsch.
enn Solidarität über das Steuersystem praktiziert wird,
t der Bezug viel indirekter als in der gesetzlichen Kran-
enversicherung. Herr Rösler, darüber müssen wir uns
inmal unterhalten. Bis zur Beitragsbemessungsgrenze in
ie gesetzliche Krankenversicherung und damit in ein
nd denselben Topf einzuzahlen, ist doch etwas anderes,
ls abstrakt etwas mehr Steuern zu zahlen.


(Heinz Lanfermann [FDP]: Steuern sind nie abstrakt! Steuern sind wirklich, Herr Kuhn!)


Unser Hauptkritikpunkt an Ihrem System ist, dass Sie
ie damit verbundenen Kosten von maximal 35 Milliar-
en Euro nicht decken können und dennoch so tun, als
önnten Sie diese Politik betreiben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


ir wollen nicht vergessen, was Sie in der Steuerpolitik
orhaben: Sie wollen die Progression aushebeln, einen
tufentarif schaffen, einen Spitzensteuersatz von 35 Pro-
ent beschließen und somit für die Spitzenverdiener eine
rt steuerliche Flatrate herbeiführen. Wer wie die FDP

o etwas befürwortet, der kann mir nicht erzählen, dass
ie Bestverdienenden nach Umsetzung dieser Pläne ei-
en größeren Solidaritätsbeitrag leisten, als es gegen-
ärtig der Fall ist. Wenn Sie, Herr Rösler, Probleme mit
er Solidarität haben, dann sollten Sie darüber nachden-
en, ob die Beibehaltung der Beitragsbemessungsgrenze
chtig ist, aber nicht solch einen Unsinn in diesem kom-
lexen System machen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1702013900

Kommen Sie bitte zum Schluss, Herr Kuhn.






(A) )



(B) )


Fritz Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1702014000

Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. – Aber selbst

dann, wenn man das ablehnt, was Sie vorhaben, haben
wir immer noch eine Zweiklassenmedizin und ein fal-
sches Gesundheitssystem. Dagegen müssen wir sowohl
auf der Ausgaben- wie auf der Einnahmeseite etwas tun.
Wir haben ein vernünftiges Konzept. Wir schlagen eine
Bürgerversicherung vor, die die Solidaritätsbasis verbrei-
tert und damit Solidarität erneuert und nicht abschafft,
wie von der FDP vorgesehen.

Danke.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1702014100

Das Wort hat jetzt der Kollege Stephan Stracke von

der CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Stephan Stracke (CSU):
Rede ID: ID1702014200

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten

Damen und Herren! Im Gegensatz zu dem, was Herr
Kuhn gesagt hat, ist festzuhalten: Die christlich-liberale
Koalition steht für mehr netto vom Brutto.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wir sind es, die mit dem Wachstumsbeschleunigungsge-
setz jährlich für Entlastungen von Bürgern und Unter-
nehmen in Höhe von 8,5 Milliarden Euro sorgen. Wir
sind es, die einen Schutzschirm für Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer spannen und die konjunkturbedingten
Mindereinnahmen in der Arbeitslosenversicherung und
der Krankenversicherung mit Steuermitteln auffangen.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Sehr richtig!)


Von diesen Maßnahmen profitieren vor allem Familien
und Bürger mit niedrigen und mittleren Einkommen,
und mit diesen Maßnahmen, Herr Kuhn, helfen wir, die
Lohnnebenkosten stabil zu halten. Dies tun wir, um in
der schwersten Finanz- und Wirtschaftskrise seit Beste-
hen der Bundesrepublik Deutschland Arbeitsplätze zu si-
chern.

Die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung
werden im Jahr 2010 die Einnahmen voraussichtlich um
rund 7 Milliarden Euro übersteigen. Ursache dieses De-
fizits ist im Wesentlichen nicht eine Ausgabenexplosion,
sondern die Einnahmeschwäche der gesetzlichen Kran-
kenversicherung infolge der Finanz- und Wirtschafts-
krise.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Es ist die christlich-liberale Koalition – das ist entgegen
dem, was Sie hier ständig behaupten, festzuhalten –, die
in dieser Situation die Krankenversicherten nicht allein-
lässt. Deshalb stellen wir der Krankenversicherung

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(C (D ,9 Milliarden Euro mehr aus Steuermitteln zur Verfüung. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Das ist Solidarität!)


amit werden 2010 rund 9 Prozent der Ausgaben der ge-
etzlichen Krankenversicherung aus Steuermitteln finan-
iert. Dies ist gegenüber 2008 viereinhalbmal mehr und
in deutlicher Beleg für Solidarität; denn Gutverdiener
agen den Löwenanteil des Steueraufkommens.

Dennoch wissen wir alle, dass so das erwartete Defizit
der Krankenversicherung nicht vollständig aufgefan-

en werden kann; denn wir haben natürlich auch Ausga-
ensteigerungen zu erwarten. Ich darf daran erinnern,
ass in der letzten Legislaturperiode Verbesserungen bei
er ambulanten Versorgung und im Krankenhausbereich
nd damit einhergehende Ausgabensteigerungen poli-
sch und gesellschaftlich gewünscht waren.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Jawohl!)


s bestand auch in diesem Hohen Hause ein ganz breiter
esellschaftlicher Konsens, im Zuge der Einführung des
esundheitsfonds auch Leistungen auszuweiten. Denje-
igen, die an all das nicht mehr erinnert werden wollen,
ei gesagt: Ihr Platz ist zu Recht in der Opposition. Nut-
en Sie diesen zur politischen Reha! Sie haben es nötig.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Fünf gesetzliche Krankenkassen haben nun angekün-
igt, Zusatzbeiträge einzuführen. Damit müssen von 70 Mil-
onen Versicherten laut Medienberichten rund 7 Millio-
en zahlende Mitglieder mit einem Zusatzbeitrag von
Euro rechnen. Die Barmer GEK, die größte deutsche
rankenversicherung mit 8,5 Millionen Versicherten,
acht dies beispielsweise nicht. Dies bestätigt: Die Erhe-

ung von Zusatzbeiträgen kann durch wirtschaftliches
gieren vermieden werden. Die Erhebung von Zusatz-
eiträgen in dieser Situation ist kein Naturgesetz.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Der kassenindividuelle Zusatzbeitrag stellt für die
rankenkassen ein zusätzliches Wettbewerbsinstrument
ar. Jetzt ist es an den von der Erhebung von Zusatzbei-
ägen betroffenen Versicherten, zu entscheiden, ob sie
ach Abwägung aller Vor- und Nachteile in ihrer Kasse
leiben oder in eine andere Kasse wechseln.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


iese Entscheidung zu fällen, kann man wirklich jedem
dieser Bundesrepublik zumuten. Das ist Ausdruck ei-

es mündigen, eigenverantwortlichen Patienten und Ver-
icherten.

Die Opposition – auch der Teil, der das GKV-WSG
erfasst hat – ist selbstverständlich schnell mit abstrak-
n Hinweisen auf Einsparmöglichkeiten auf dem Markt,
ezeichnenderweise auch die Krankenkassen selbst. Es
ird Aufgabe der Bundesregierung in dieser Legislatur-
eriode sein, konkrete Einsparpotenziale zu heben. Da-
ei ist auch das Instrument des Vertrages, des Gebens
nd Nehmens, sicherlich sinnvoll.






(A) )



(B) )


Stephan Stracke
Ich plädiere dafür, die möglichen Einsparpotenziale
durch Effizienzsteigerungen gründlich zu erarbeiten und
nicht auf die Schnelle etwas auf den Weg zu bringen.
Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit. In diesem Sinne
wünsche ich dem Bundesgesundheitsminister und der
Koalition bei ihren Bemühungen alles Gute.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1702014300

Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Karl Lauterbach

von der SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD – Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Uns bleibt auch nichts erspart heute!)



Dr. Karl Lauterbach (SPD):
Rede ID: ID1702014400

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In

den Medien ist in diesen Tagen zu lesen, dass Gesund-
heitsminister Rösler jetzt den Kampf gegen die Kosten-
explosion im Gesundheitswesen aufnehmen möchte.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Den Kampf haben Sie ja schon lange verloren!)


Gleichzeitig ist zu hören, dass er sofort zur schärfsten
Waffe des neuen Politikstils greift: Man will sich mit den
Lobbyisten der Pharmaindustrie am runden Tisch tref-
fen.

Vielleicht ist die Industrie tatsächlich bereit, eine
Spende an den Bürger zu entrichten, nachdem der wich-
tigste Pharmakritiker, Professor Sawicki, geopfert wurde.


(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Aber wie viel wahrscheinlicher ist es, dass dabei nichts
herauskommt als heiße Luft und ein paar salbungsvolle
Absichtserklärungen? Nicht ein einziger Euro in diesem
System wird durch Kuschelrunden mit den Lobbyisten
aus der Pharmaindustrie gespart werden können.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Heinz Lanfermann [FDP]: Er weiß wieder alles vorher!)


Herr Kollege Rösler, wenn Sie sich mit der Pharmain-
dustrie an einen Tisch setzen und um Sparvorschläge bit-
ten, dann ist das so ähnlich, als wenn Sie die Frösche bit-
ten würden, Vorschläge zur Trockenlegung der Sümpfe
vorzutragen.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ist ein ehemaliger Wirtschaftsminister wirklich so naiv,
zu glauben, die Industrie würde Vorschläge zur Be-
schränkung der eigenen Gewinne vortragen?

Wir brauchen keine Kuschelrunden mit den Lobbyis-
ten, sondern wir brauchen ganz konkrete Vorschläge, wie
im Gesundheitssystem gespart werden kann. Dazu gehört
zum Beispiel – statt der jetzt vorgesehenen Einschrän-
kung der ohnedies nicht weitgehenden Vorschläge – die
Erweiterung der Möglichkeiten der Kassen, Rabattver-
träge mit den Arzneimittelfirmen einzugehen. Zudem

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(C (D uss ermöglicht werden, dass die Arzneimittel in eutschland billiger auf den Markt kommen. Unsere rzneimittel werden nicht innovativer, nur weil sie zu öheren Preisen auf den Markt kommen. ie Vorschläge dazu liegen auf dem Tisch. Man braucht olitisches Kapital, um sie umzusetzen. Wir benötigen icht die Erlaubnis der Pharmaindustrie, in der Politik olche Vorschläge zu machen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall der Abg. Mechthild Rawert [SPD])


Bisher hören wir bei den Empfängen von den Apothe-
ern, den Fachärzten und der Industrie, dass ein neuer
olitikstil zu erwarten ist, auf den man sich freue. Der
ürger dagegen soll schrittweise an ein neues System
er Kopfpauschalen gewöhnt werden. Er soll sozusagen
ber kleine Kopfpauschalen auf die großen Kopfpau-
chalen vorbereitet werden. Aber wie logisch ist das
rinzip, die kleine Kopfpauschale als ungerechten
urks abzutun, aber gleichzeitig für die große Kopfpau-

chale zu werben, für die man keinen sozialen Ausgleich
onkret benennen und die man nicht bezahlen kann?
ie soll das funktionieren? Glaubt denn die Koalition
tsächlich, der Bürger wäre so dumm, zu glauben, dass
ie kleine Kopfpauschale ungerecht ist, die große Kopf-
auschale sei es aber nicht? Für wie dumm hält man den
ürger?


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


er Bürger wird genau sehen – Frau Merkel hat das
ngst bemerkt –, dass dafür weder Geld im Haushalt
orhanden ist noch die Unterstützung der Bevölkerung
egeben ist. Wer in der Bevölkerung verlangt denn der-
eit eine einkommensunabhängige Kopfpauschale, bei
er die Putzfrau so viel bezahlt wie der Bankkaufmann
der der Manager? Wer braucht das heutzutage? Worauf
ürden denn diese Vorschläge hinauslaufen? Die Vor-

chläge liefen doch nur darauf hinaus, dass die Arbeitge-
er und die Gutverdiener mit einer Steuersubvention ent-
stet würden. Das wären die Einzigen, die davon
rofitieren würden. Weshalb brauchen wir in der Zeit
on Minilöhnen, in der die Leute von ihrem Nettolohn
aum leben können, eine Belastung der Nettolöhne
urch neue Pauschalen und eine zusätzliche Belastung
er Steuerzahler, nur damit Arbeitgeber und Gutverdie-
er weiter entlastet werden? Das will doch niemand in
eutschland.


(Heinz Lanfermann [FDP]: Das ist wie Kraut und Rüben, was Sie da erzählen!)


ie Wähler werden bei der Landtagswahl in Nordrhein-
estfalen der FDP für diese Vorschläge, die als Bedro-

ung empfunden werden, die Quittung geben.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Was wir derzeit brauchen, sind Vorschläge für echten
ettbewerb. Die FDP posiert gerne als Partei des Wett-

ewerbs. In Wahrheit aber sind die FDP und die Links-






(A) )



(B) )


Dr. Karl Lauterbach
partei beim Wettbewerb Brüder im Geiste. Das sind die
beiden Parteien, die den Wettbewerb im Gesundheitssys-
tem am vehementesten ablehnen.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Lachen bei der FDP – Heinz Lanfermann [FDP]: Abenteuerlich!)


Niemand hat mehr Angst vor dem Wettbewerb im Ge-
sundheitssystem als die Linkspartei und die FDP, wenn
auch aus unterschiedlichen Gründen; das ist ganz klar.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Was sagt denn die Linkspartei dazu?)


Aber Apotheker, Pharmaindustrie und Fachärzte haben
hohe Erwartungen.

Mein letzter Rat, da meine Zeit abgelaufen ist:


(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Die FDP tut den Staat als teuren Schwächling ab.
Gleichzeitig soll dieser teure Schwächling den Sozial-
ausgleich für die Entlastung der Gutverdienenden lie-
fern. Nicht, dass zum Schluss die ersten Repräsentanten
des Staates als die wirklichen Schwächlinge im Umgang
mit den Lobbygruppen dastehen!

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1702014500

Das Wort hat jetzt die Kollegin Ulrike Flach von der

FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Ulrike Flach (FDP):
Rede ID: ID1702014600

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Herr Lauterbach, ich muss mich erst einmal im Namen
der FDP-Fraktion für die ordnungsgemäße Übergabe des
maroden Gesundheitssystems bedanken, das Sie uns im
November hinterlassen haben.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Haben Sie eigentlich eine Erinnerung daran, was Sie uns
hinterlassen haben? Wer hat denn dafür gesorgt, dass
jetzt Zusatzbeiträge erhoben werden?


(Beifall bei der FDP – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Sie, Herr Lauterbach!)


Wer hat denn dieses Gesetzesvorhaben auf den Weg ge-
bracht? Wer hat denn für die Unterfinanzierung im Sys-
tem gesorgt? Das war doch von vornherein so gewollt.
Sie wollten doch, dass Zusatzbeiträge erhoben werden.

Jetzt erzählen Sie den Leuten, dass die FDP


(Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Nicht die FDP, die CDU!)


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(C (D der die CDU daran schuld sei, dass so etwas passiert. ber unseren Koalitionspartner will ich jetzt gar nicht den. (Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Das sollten Sie aber!)


ber über die FDP kann ich sehr gut reden; denn wir
ind überhaupt keine Verfechter dieses Systems. Es ist
nsozial, weil dieser Zusatzbeitrag jeden trifft. Genau
as, was Sie uns vorwerfen, tun Sie doch mit Ihrem Sys-
m.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Genau!)


er Zusatzbeitrag wirkt natürlich bei jemandem, der we-
ig verdient, in einem ganz anderen Ausmaß als bei je-
andem, der viel verdient.


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Leider wahr! – Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schaffen Sie das doch ab!)


eide zahlen gleich viel. Wo ist denn da die Gerechtig-
eit, die Sie einfordern?


(Beifall bei der FDP – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Schämen Sie sich, Herr Lauterbach!)


Der Einzige, der etwas für die Menschen in diesem
and getan und dafür gesorgt hat, dass sie auf die Partei
ertrauen können, die sie gewählt haben, weil sie dafür
teht, dass mehr netto vom Brutto bleibt, ist doch Philipp
ösler.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist aber doch nicht gekommen!)


er hat denn dafür gesorgt, dass der Zuschuss kam? Das
ar doch nach der Wahl, nicht vor der Wahl. Sie haben
ns ein System überlassen, in dem genau diese
,9 Milliarden Euro fehlen.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie wollen ja noch mehr von diesem System!)


atürlich kann man in jeder Fernsehsendung neu erzäh-
n, die anderen seien schuld


(Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Das ist doch die Wahrheit!)


nd man hätte schon über Weihnachten Ausgabenstopp-
rogramme produzieren müssen. Aber, lieber Herr
auterbach, wo waren denn Ihre Ausgabenstopppro-
ramme?


(Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Eben! Fehlanzeige!)


ie haben doch vor der Wahl jede Menge Mehrkosten
uf den Weg gebracht.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Es gab keine Zusatzbeiträge bei uns!)


er war das denn? Das war nicht Herr Rösler.






(A) )



(B) )


Ulrike Flach
Herr Rösler muss in dieser Legislaturperiode ein Sys-
tem schaffen, das für die Menschen in Zukunft etwas Po-
sitives darstellt. Unser Vorschlag liegt auf dem Tisch.
Wir sagen: Jeder soll eine einkommensunabhängige Prä-
mie zahlen, und derjenige, der dies nicht kann, bekommt
einen Sozialausgleich.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Aus Steuern!)


Genau das fehlt in Ihrem System. Dieses Element wird
es in dem Konzept geben, das wir auf den Tisch legen
werden.

Sie sagen, Herr Rösler habe zu lange gewartet, bis er
reagiert hat. Wir werden in diesen Tagen die Arbeit der
Kommission in Angriff nehmen. Die Kommission wird
uns bis Mitte des Sommers Vorschläge unterbreiten. Sie
hat an erster Stelle den Auftrag, einen Sozialausgleich
herbeizuführen, lieber Herr Lauterbach. Nicht den Rei-
chen soll mehr gegeben werden, sondern es soll dafür
gesorgt werden, dass es in Zukunft einen entsprechenden
Sozialausgleich im Gesundheitssystem gibt.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Das ist im Interesse der Menschen mit kleinem Einkommen!)


Wir wollen das nicht auf die bürokratische Art und
Weise machen – das posaunen Sie ja immer so wunder-
schön in der Welt herum –, wie der Gesundheitsfonds
jetzt agiert.


(Abg. Maria Anna Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


– In einer Aktuellen Stunde kann man leider keine Zwi-
schenfrage stellen. – Das jetzige System ist von Büro-
kratie geprägt. Der Gesundheitsminister hat allen ein un-
bürokratisches System versprochen. Der Sozialausgleich
wird so einfach wie möglich gefasst. Das ist die Aufgabe
der Kommission. Mit dieser Perspektive werden wir in
die nächsten Monate gehen.

Lieber Herr Lauterbach, zum Thema, wie wir mit
Ausgabensteigerungen umgehen. Nicht nur, dass wir erst
einmal damit umgehen müssen, was wir von Ihnen über-
lassen bekommen haben! Herr Rösler hat vor wenigen
Tagen gesagt, dass jetzt Teilgebiet für Teilgebiet seziert
wird. Es wird nachgedacht, und dann wird gehandelt,
und zwar in überlegten Schritten,


(Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Die Zeit läuft!)


nicht in hastigen Kostendämpfungsschritten, wie es un-
sere Freundin Ulla Schmidt über viele Jahre praktiziert
hat. Alles, was schnell und mit heißer Nadel gestrickt
wurde, haben wir wieder auf dem Tisch. Dies alles hat
sich nicht bewährt, sondern zu einem System geführt,
mit dem wir alle nicht zufrieden sind. Wir wissen, dass
wir mit den Mitteln, die im Augenblick im Etat vorgese-
hen sind, nicht auskommen.

Da ich auch als Haushälterin spreche, hoffe ich sehr,
dass Sie vielleicht doch zu der Erkenntnis kommen, dass
Sie den Vorschlägen der FDP folgen könnten. Wir ma-

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(C (D hen noch ein paar Fernsehsendungen zusammen, lieber err Lauterbach; dann kann ich Sie vielleicht überzeuen. Ansonsten wünsche ich dem Minister alles Gute für ie nächsten Monate. Es wird eine schwere Aufgabe. ber wir sind an Ihrer Seite. Das Wort hat die Kollegin Kathrin Vogler von der raktion Die Linke. (Beifall bei der LINKEN – Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Was sagen Sie zu Herrn Lauterbach?)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1702014700


Kathrin Vogler (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1702014800

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe

olleginnen und Kollegen! Wie wir gerade gehört ha-
en, werden in Kürze einige gesetzliche Krankenkassen
inen Zusatzbeitrag von 8 Euro pro Versicherten einfüh-
n. Millionen Versicherte werden mit dem gleichen
urobetrag zur Kasse gebeten, unabhängig von ihrem
inkommen. Diese kleine Kopfpauschale bereitet den
eg in die schwarz-gelbe Kopfpauschale, die dann dazu
hrt, dass die Rentnerin mit einer Rente von 600 Euro

benso viel für die Krankenversicherung zahlen soll wie
twa ein Angestellter mit einem Einkommen von
500 Euro; das haben wir schon gehört.


(Heinz Lanfermann [FDP]: Mein Gott, Sie haben es immer noch nicht verstanden!)


Ja, ich habe es nicht verstanden. Vielleicht erklären Sie
ir das noch einmal in Ruhe.


(Beifall bei der LINKEN – Heinz Lanfermann [FDP]: Offensichtlich haben Sie es nicht verstanden! Sie müssen einmal darüber nachdenken, was Sozialausgleich heißt!)


Herr Lanfermann, ich muss jetzt Herrn Lauterbach et-
as sagen.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Genau, sagen Sie mal etwas zu ihm!)


Meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der SPD,
ei Ihnen läuft es ja immer so: Sie wollten eigentlich
chon immer eine solidarische Bürgerversicherung. Aber
den sieben Jahren Rot-Grün haben Sie das nicht hin-

ekommen. Danach wollten Sie mit der dritten Partei,
ie das auch so sieht, nicht zusammenarbeiten.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben noch nicht einmal einen Vorstand! Wie soll man da zusammenarbeiten?)


eil Sie dann mit der Union regiert haben, mussten Sie
ider etwas machen, was Sie gar nicht wollten, in die-

em Fall einen Gesundheitsfonds einführen, der so un-
rfinanziert ist, dass die gesetzlichen Krankenkassen in
chwierigkeiten kommen müssen. Weil Sie aber die Bei-
äge für die Arbeitgeber absolut nicht erhöhen wollten,
üssen die Versicherten das Defizit alleine ausgleichen.






(A) )



(B) )


Kathrin Vogler
Dafür bauen die Krankenkassen schon einmal einen
Apparat auf, mit dem sie diesen Zusatzbeitrag direkt von
den Mitgliedern kassieren können, inklusive Buchfüh-
rung, Rechnungsstellung, Mahnverfahren und Inkasso.

Damit liefern Sie die Steilvorlage für Herrn Dr. Rösler
und seine FDP. Er braucht nur noch ein paar gesetzgebe-
rische Schräubchen zu drehen und schon hat er seine
große Kopfpauschale: eine Krankenversicherung, in der
die Armen künftig mehr und die Reicheren weniger an
Beitrag zahlen. Herr Kuhn, Herr Lauterbach, das haben
Sie eindrucksvoll geschildert. So funktioniert das: Die
SPD will das Soziale, aber leider kommt dann doch wie-
der das FDP-Modell heraus. Das ist – wir haben es von
den Grünen und von der SPD gehört – ausgesprochen un-
sozial.


(Beifall bei der LINKEN)


Auch in der Union wird momentan kräftig nach links
geblickt, um dann umso steiler nach rechts abzubiegen.
Wenn Sie, lieber Herr Kollege Spahn, im Gesundheits-
ausschuss unseren Antrag gegen die Kopfpauschale zur
Abstimmung zugelassen hätten, dann hätte man gese-
hen: Sie sind gar nicht gegen die Kopfpauschale, auch
wenn Herr Söder und die CSU immer mal wieder so tun
als ob. Schließlich haben Sie schon alles dafür vorberei-
tet. In Ihrem Wahlprogramm heißt es – ich zitiere –:

Im Mittelpunkt der Gesundheitspolitik von CDU
und CSU stehen die Patienten und Versicherten.
Gerade im Umgang mit Kranken, Älteren und
Schwachen zeigt die Gesellschaft ihr soziales Ge-
sicht und ihr Wertefundament.


(Stefanie Vogelsang [CDU/CSU]: Genau so ist es!)


Ihrem Wertefundament entspricht es also, dass Schwa-
che ebenso viel schultern sollen wie Starke; denn darauf
läuft das Ganze wohl hinaus.

Wenn zum Beispiel Herr Dr. Rösler von Frau
Dr. Merkel offenbar die klare Ansage bekommt, dass
sein geplanter Sozialausgleich auf keinen Fall Kosten
verursachen darf, dann bedeutet das Folgendes: Die FDP
will die Kopfpauschale. Die Union will keine zusätzli-
chen Staatsausgaben. Das heißt, beide wollen die Kopf-
pauschale und keinen Sozialausgleich.


(Beifall bei der LINKEN)


Das sagen Sie aber noch nicht, weil Sie im Mai in NRW
noch gewählt werden wollen.


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist schon gelaufen!)


So viel zum Wertefundament der Union. Wir dagegen
sagen: Kopfpauschalen, ob klein oder groß, sind unso-
zial, und deswegen lehnt die Linke sie ab.


(Beifall bei der LINKEN)


Noch ein Wort zu Herrn Kuhn. Auch die Grünen tei-
len unsere Ablehnung von Zusatzbeiträgen und Kopf-
pauschalen. Aber erinnert sich noch jemand, wer damals
die Praxisgebühr und die Zuzahlung bei Krankenhaus-

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(C (D ufenthalten oder in der Apotheke beschlossen hat? Da aren Sie doch dabei. (Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir erinnern uns!)


amit haben Sie die Gesunden entlastet und die Kranken
ur Kasse gebeten. Auch dass die Versicherten inzwi-
chen 0,9 Prozentpunkte mehr zahlen müssen als die Ar-
eitgeber, geht zur Hälfte auf Ihr Konto.

Wenn Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD
nd Grünen, mit uns gegen die Kopfpauschale kämpfen
ollen, dann ist das gut. Aber wenn Sie es ehrlich mei-
en, dann unterstützen Sie uns auch in unserem seit Jah-
n andauernden Kampf gegen Praxisgebühr, Zuzahlun-

en und Leistungsausschlüssen. Ich lade Sie ein: Streiten
ie mit uns für eine solidarische, paritätisch finanzierte
ürger- und Bürgerinnenversicherung, in die alle den
leichen Prozentsatz einzahlen, von der Friseurin bis
um Manager.

Vielen Dank.


(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der FDP: Wie in der DDR!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1702014900

Das Wort hat jetzt der Kollege Jens Spahn von der

DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Jens Spahn (CDU):
Rede ID: ID1702015000

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja,

err Kuhn, Sie haben recht: Die Zusatzbeiträge waren
olitisch gewollt. Wir als Union stehen auch zu dem,
as wir beschlossen haben und machen uns nicht wie
ie politisch vom Acker.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


err Lauterbach, es ist schlicht und ergreifend schlechter
olitischer Stil, erst in der Großen Koalition etwas zu be-
chließen und sich dann so zu äußern, wie Sie es in den
tzten Tagen getan haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Man muss nicht mit allem inhaltlich übereinstimmen,
as Frau Schmidt getan hat. Aber an einem sollten Sie

ich ein Beispiel nehmen: Sie hat zwar vieles beschlos-
en, was wir nicht wollten, aber sie hat immer zu dem
estanden, was sie beschlossen hat. Das ist Ihnen leider
ffensichtlich in Ihrem Oppositionschaos abhandenge-
ommen. Das werden wir Ihnen nicht durchgehen las-
en, Herr Kollege Lauterbach.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Ich bestreite ja nicht, was wir beschlossen haben!)


Im Übrigen zeigen Sie in einem weiteren Bereich po-
tische Demenz. Sie sagen immer, wir sollten sparen,
eil die Ausgaben stiegen. In den beiden großen Berei-

hen, in denen die Ausgaben steigen – bei den niederge-
ssenen Ärzten und in den Krankenhäusern –, haben wir






(A) )



(B) )


Jens Spahn
gemeinsam in der Großen Koalition beschlossen, dass es
zu Ausgabensteigerungen kommen soll, weil wir insbe-
sondere für die hausärztliche Versorgung etwa in Ost-
deutschland sowie für die Pflegesituation in Kranken-
häusern, wo es zu Missständen gekommen ist, das nötige
Geld zur Verfügung stellen wollten.


(Beifall der Abg. Stefanie Vogelsang [CDU/ CSU])


Wenn Sie sich jetzt hier hinstellen und sagen, dass wir
sparen sollen, dann sagen Sie auch, wo zum Beispiel bei
der hausärztlichen Versorgung oder beim Krankenhaus-
personal gespart werden soll. Überschriften alleine las-
sen wir Ihnen nicht durchgehen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Apotheker!)


Wir haben die lohnunabhängige Finanzierung einge-
führt, weil wir die Arbeitskosten entlasten wollten.


(Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Bei Schlecker!)


Herr Kuhn, im Übrigen war das einmal die Argumenta-
tionslinie von Rot-Grün. Als Sie die Erhöhung um
0,9 Prozentpunkte den Arbeitnehmerinnen und Arbeit-
nehmern allein aufgebürdet haben, war die Argumenta-
tionslogik von SPD und Grünen – als Opposition haben
wir damals mitgemacht –: Wir wollen die Arbeitskosten
in Deutschland entlasten, um im Wettbewerb mit ande-
ren Ländern Arbeitsplätze dauerhaft in diesem Land zu
sichern. Auch an diesem Punkt machen Sie sich langsam
aber sicher vom Acker, Herr Lauterbach.


(Heinz Lanfermann [FDP]: Der macht sich lächerlich!)


Sie sollten Ihre Argumentationslogik auch vor dem Hin-
tergrund des Themas „Arbeitsplätze in Deutschland“
noch einmal überdenken.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Natürlich enthält der Zusatzbeitrag, so, wie er heute
angelegt ist, bereits Elemente des sozialen Ausgleichs.
Es gibt eine 1-Prozent-Überforderungsklausel


(Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Die Sie nicht wollten!)


– insofern passt die Brutto-Netto-Debatte nicht so rich-
tig –, bei der das Gesamteinkommen und nicht nur das
lohnabhängige Einkommen berücksichtigt wird.


(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Genau! Das ist richtig!)


Das ist das Entscheidende. Es gibt viele Menschen mit
kleinem Einkommen, die abhängig beschäftigt sind, die
aber aus anderen Bereichen zusätzliche Einnahmen er-
zielen, die bis jetzt gar nicht berücksichtigt werden. Bei
dieser Überforderungsklausel werden sie aber berück-
sichtigt.

Sie haben die 8 Euro angesprochen. Früher gab es
Beitragssatzunterschiede zwischen den Krankenkassen.
Der Beitragssatz betrug bei der einen Kasse 13 Prozent
und zum Beispiel hier in Berlin 16,7 Prozent. 8 Euro ent-

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(C (D prechen bei 1 000 Euro Einkommen einem Unterschied on 13,8 Prozent zu 14,6 Prozent Beitragssatz zu früher Zeit. Das waren Unterschiede, die als ganz normal ingenommen wurden. Man sollte jetzt nicht so tun, als ei ein Beitragssatzunterschied der Untergang des bendlandes. Vor zwei oder drei Jahren haben Sie sol he Unterschiede zwischen den Kassen nicht so kritiiert, wie Sie es hier gerade getan haben. Das Problem liegt darin – dieses Problems sollten wir ns in dieser Koalition annehmen –, dass der Beitrag bei er 1-Prozent-Überforderungsklausel einfach nur geappt wird, das Geld, das dadurch nicht fließt, den Kasen aber tatsächlich fehlt. Deswegen wollen wir die Zuatzbeiträge so weiterentwickeln, (Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Also mehr Zusatzbeiträge!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


ass es zu einem Sozialausgleich aus Steuermitteln
ommt. Dann sind tatsächlich alle an der Finanzierung
eteiligt. Vor allem aber – das ist wichtig – kommt so bei
en Kassen das entsprechende Geld an.


(Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich glaube ja nicht, dass Sie das realisieren!)


Wenn Sie wie vorhin die Dinge aufzählen, müssen Sie
uch darauf hinweisen, dass bis jetzt erst wenige von den
twa 170 Kassen insgesamt einen Zusatzbeitrag nehmen.
0 Kassen in Deutschland – darunter auch sehr große
assen – haben schon angekündigt, in nächster Zukunft,
diesem Jahr, keinen Zusatzbeitrag nehmen zu müssen.
ier Kassen haben sogar schon angekündigt, in diesem

ahr Prämien an ihre Versicherten ausschütten zu wollen.
ir haben für Transparenz im Versicherungsmarkt ge-

orgt. Die Zusatzbeiträge in Euro machen jetzt jedem
en Unterschied deutlich, und jeder kann selbst entschei-
en, ob ihm das Preis-Leistungs-Verhältnis der jeweili-
en Kasse gefällt oder nicht. Wenn nicht, dann kann man
echseln. Genau das wollen wir im Wettbewerb der
assen untereinander möglich machen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Lieber Herr Kollege Lauterbach, machen Sie sich
eine Sorgen über unsere Ergebnisse bei den Wahlen in
ordrhein-Westfalen oder woanders. Im Unterschied zu
nen haben wir im vergangenen Jahr vor der Bundes-
gswahl gesagt, was wir anschließend tun wollen. Wun-
ern Sie sich nicht, wenn wir das jetzt tun, und wundern
ie sich vor allem nicht, wenn wir es in dieser christlich-
beralen Koalition frohen Mutes tun.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1702015100

Das Wort hat die Kollegin Dr. Carola Reimann von

er SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)







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Dr. Carola Reimann (SPD):
Rede ID: ID1702015200

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Koali-
tionsfraktionen, ich verstehe ja, dass Sie sich in einer un-
angenehmen Situation befinden.


(Stefanie Vogelsang [CDU/CSU]: Wir doch nicht! – Heinz Lanfermann [FDP]: Sie können doch nicht gleich mit so einer Unterstellung beginnen, Frau Kollegin!)


In nur wenigen Wochen haben Sie sich mit einer bislang
beispiellosen Klientelpolitik dermaßen in eine Sackgasse
manövriert, dass Sie es inzwischen mit einer ganz brei-
ten Front der Kritik, nicht nur hier im Haus, zu tun ha-
ben. Selbst diejenigen, die wohlwollend gestimmt wa-
ren, können nur noch mit dem Kopf schütteln: erst die
Klientelgeschenke für die Ärzte, für die private Kran-
kenversicherung, für die Pharmalobby im Koalitionsver-
trag – die kann man sich übrigens sparen, Herr Spahn –,
dann die Berufung eines hochrangigen PKV-Vertreters
an die Ministeriumsspitze und zuletzt die unrühmliche
Rolle bei der Absetzung des pharmakritischen IQWiG-
Chefs Sawicki.

Jetzt holt Sie auch noch die gesundheitspolitische
Realität ein.


(Ulrike Flach [FDP]: Also, das ist politische Demenz!)


Am Montag dieser Woche haben die ersten Kassen
Zusatzbeiträge angekündigt.


(Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU]: Haben Sie eben nicht zugehört?)


Was machen Sie? Sie zeigen mit den Fingern auf die an-
deren: auf die Kassen und noch lieber auf die SPD.


(Ulrike Flach [FDP]: Das ist auch richtig!)


Um es gleich vorwegzunehmen: Die SPD stiehlt sich
nicht aus der Verantwortung.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Ulrike Flach [FDP]: Haben Sie das Herrn Lauterbach auch schon gesagt?)


Wir waren es, die die Gesundheitspolitik der letzten
Jahre gestaltet haben, und natürlich haben wir nicht im-
mer alles richtig gemacht. Darunter war vieles, das
Kompromissen mit der Union geschuldet war. Nichts
von dem, was beschlossen wurde, ist in Stein gemeißelt.
Es ist doch selbstverständlich, dass sich eine Partei, die
vom Wähler in die Opposition geschickt wurde, pro-
grammatisch weiterentwickelt und an manchen Stellen
Korrekturen vornimmt.


(Ulrike Flach [FDP]: So nennt man das heute?)


Wir nehmen die Botschaften, die uns unsere Wählerin-
nen und Wähler im letzten Jahr mitgegeben haben, ernst.
Es wäre gut, wenn auch Sie das täten; dann sähe Ihre Po-
litik anders aus.

Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU und
der FDP, auch wenn es für uns und die 70 Millionen ge-

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(C (D etzlich Versicherten unerfreulich ist: Schwarz-Gelb hat ie Verantwortung in der Gesundheitspolitik. Die Währ haben Sie in die Verantwortung gewählt. Sie können ich jetzt nicht davonstehlen. (Ulrike Flach [FDP]: Das tun wir auch nicht! – Heinz Lanfermann [FDP]: Wir sind doch alle da!)


enn Sie jetzt andere für Ihre eigenen Versäumnisse
erantwortlich machen, machen Sie es sich zu leicht. Sie
n in den letzten Tagen gerade so, als sei der Zusatzbei-
ag von der SPD erfunden worden.


(Zurufe von der FDP: Ja!)


as ist grober Unfug, und das wissen Sie alle.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Ulrike Flach [FDP]: Was war denn mit Ulla Schmidt? – Heinz Lanfermann [FDP]: Sie kennen Ihr eigenes Gesetz nicht mehr!)


ies war die Bedingung für die Zustimmung der Union
um verbesserten Risikostrukturausgleich, krankheits-
rientiert, und zu weiteren wichtigen Strukturreformen.
ußerdem war es die SPD – das ist auch schon ange-
lungen –, die darauf bestanden hat, dass es eine Über-
rderungsklausel gibt, dass bei 1 Prozent des Einkom-
ens Schluss ist. Wäre es allein nach der CDU/CSU

egangen – Kollege Spahn hat es angekündigt –, hätten
ir schon jetzt Zusatzbeiträge in ganz anderen Dimen-

ionen. Für uns Sozialdemokraten war immer klar, dass
s Aufgabe der Regierung ist, alle gesetzgeberischen
ittel zu nutzen, um die Erhebung von Zusatzbeiträgen

u vermeiden, beispielsweise auch durch Einsparungen
Pharmabereich.


(Ulrike Flach [FDP]: Das haben Sie nicht getan!)


Ich sage hier in aller Deutlichkeit: Wäre die SPD
och an der Regierung, hätte sie dieser Entwicklung
icht tatenlos zugesehen, sondern Maßnahmen ergriffen,
ie die Zusatzbeiträge auf breiter Front verhindern.


(Beifall bei der SPD – Ulrike Flach [FDP]: Das haben Sie bisher aber gut verborgen!)


enau das hat Minister Rösler versäumt. Das haben Sie
ich selbst zuzuschreiben und niemand anderem, Herr

inister. Dass Sie sich jetzt aber auch noch hinstellen
nd scheinheilig die kleine Kopfpauschale beklagen, ob-
ohl Sie selbst eine große einführen wollen, das schlägt
em Fass den Boden aus.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


r Ziel ist es doch, dass die Wohlsituierten künftig ge-
auso viel zahlen wie all diejenigen, die den Euro zwei-
al umdrehen müssen. Das ist ungerecht und unsozial.


(Ulrike Flach [FDP]: Aber das haben Sie doch erfunden!)


er Sozialausgleich, den Sie angeblich einführen wol-
n, wird das Problem nicht beheben. In Wahrheit ist er






(A) )



(B) )


Dr. Carola Reimann
nichts anderes als ein sozialpolitisches Feigenblatt, das
Ihre Pläne zur Umverteilung von unten nach oben ka-
schieren soll.


(Ulrike Flach [FDP]: Oh Gott!)


Denn Sie wissen genauso gut wie ich – Sie sind Haus-
hälterin –, dass Ihnen dafür schlicht das Geld fehlt.


(Ulrike Flach [FDP]: Im Gegensatz zu Ihnen weiß ich, was kommt!)


Sie müssen allein 60 Milliarden Euro einsparen, um die
Schuldenbremse einzuhalten. Woher sollen dann 25 bis
35 Milliarden Euro für einen Sozialausgleich kommen?


(Heinz Lanfermann [FDP]: Das sind doch Fantasiezahlen von Herrn Lauterbach! Die haben keinerlei Bestand! – Widerspruch des Abg. Dr. Karl Lauterbach [SPD])


Das passt vorne und hinten nicht zusammen: „Das ist
blanke Illusion.“ Das sind nicht meine Worte, sondern
die Worte Ihres Regierungspartners Horst Seehofer, der
das Ganze heute Morgen so bezeichnet hat.


(Beifall bei der SPD)


Kolleginnen und Kollegen, fast 100 Tage ist Minister
Rösler nun im Amt. Wir alle kennen das ungeschriebene
Gesetz, dass demjenigen, der ein Amt übernimmt, eine
Schonfrist zusteht.


(Jens Ackermann [FDP]: Das wäre schön gewesen!)


Schonfrist bedeutet aber nicht Schlummerphase. Es
reicht nicht, ein paar schön vorgetragene, aber im Kern
substanzlose Reden zu halten und ansonsten alles andere
laufen zu lassen, alle Weckrufe und Alarme zu ignorie-
ren. Ich sage nur: Ergebnisse des Schätzerkreises.

Das Gesundheitssystem wartet nicht, bis die Bundes-
regierung beschließt, mit dem Regieren zu beginnen. Die
Zusatzbeiträge sind der beste Beweis: 100 Tage Rösler
heißt für Millionen von gesetzlich Versicherten fast
100 Euro mehr im Jahr für ihre Krankenversicherung.
Ein guter Start sieht anders aus.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Ulrike Flach [FDP]: 100 Tage nach Ulla Schmidt!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1702015300

Das Wort hat der Kollege Jens Ackermann von der

FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Jens Ackermann (FDP):
Rede ID: ID1702015400

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Kollegin-

nen und Kollegen! Der Zusatzbeitrag von 8 Euro ist
keine Erfindung der FDP, sondern eine Erblast von Ulla
Schmidt.

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(C (D (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Von der CDU!)


Die christlich-liberale Koalition hat sich zum Ziel ge-
etzt, unser Gesundheitswesen zukunftsfest zu machen.
enn was mussten wir in der Vergangenheit nach jeder
ahl erleben? Nach jeder Wahl kam ein Kostendämp-
ngsgesetz und dann, zur Mitte des Legislaturperiode,

ine große Reform, eine Jahrhundertreform des Gesund-
eitswesens. Das hat alles komplizierter gemacht und
ürokratischer; besser – für die Versicherten – ist es aber
icht geworden.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir wollen eine grundlegende Reform. Wir wollen ei-
en Krankenversicherungsschutz mit sozialem Aus-
leich. Durch die Einführung des Gesundheitsfonds
urden die Probleme nicht gelöst, sondern versteckt.
m Beitragsgerechtigkeit zu gewährleisten, brauchen
ir eine klare Trennung von Versicherungsleistung und
mverteilung. Die Absicherung für den Krankheitsfall

oll über leistungsgerechte Prämien erfolgen. Im Ge-
undheitssystem unterstützt der gesunde Mensch den
ranken Menschen, im Steuersystem unterstützt der rei-
he Mensch den armen Menschen; das ist echte Solidari-
t.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Die Bundesregierung, speziell der Finanzminister und
nser Gesundheitsminister, hat schnell gehandelt: Zu
em Bundeszuschuss für die Krankenkassen, der schon
ei 11,8 Milliarden Euro liegt, kommen 3,9 Milliarden
uro hinzu. Werte Kollegin Reimann, da kann ich nicht
erstehen, wenn Sie Gesundheitsminister Rösler Untä-
gkeit vorwerfen. Wir konnten Anfang dieser Woche in
er Berliner Zeitung lesen, dass Sie Philipp Rösler als
urch im Winterschlaf bezeichnet haben. Ich möchte Sie
itten, persönliche Attacken zu unterlassen.


(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein Lurch ist ein possierliches Tierchen! Was ist dagegen zu sagen? – Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ein Lob!)


ir können in der Sache hart miteinander streiten; aber
ir sollten menschlich fair miteinander umgehen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Wort „Übelkrähe“ war viel schlimmer!)


Ich habe selbst auf einer Krankenstation gearbeitet.
ir 6 Pflegekräfte waren für circa 30 Patienten verant-
ortlich. Eine von den 6 Pflegekräften war nur damit be-

chäftigt, sich um den Papierkram zu kümmern, die Bü-
kratie zu bewältigen. Das, was sie gelernt hat – Dienst

m Menschen –, war nicht mehr möglich umzusetzen.

Die christlich-liberale Koalition setzt sich dafür ein,
en Menschen – den Ärzten, den Pflegerinnen – etwas
ehr Vertrauen zu schenken, statt sie mit einer Kontrol-






(A) )



(B) )


Jens Ackermann
litis und einem überbordenden Bürokratiesystem zu gän-
geln und zu bevormunden.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Ute Kumpf [SPD]: Wovon reden Sie eigentlich, Herr Kollege?)


Meine Damen und Herren von der Opposition, haben Sie
auch etwas mehr Vertrauen in unsere Bevölkerung! Die
Menschen wollen keine Zwangsbeglückung, sie wollen
sich frei entscheiden – sie können es nämlich.


(Dr. Martina Bunge [DIE LINKE]: Aber sie wollen auch keine Kopfpauschale! 80 Prozent sind dagegen!)


Ich will aber auch klar sagen: Unterstützung und Hilfe
sind notwendig bei den Menschen, die dies nicht selbst
können.

Wettbewerb und Transparenz im Gesundheitswesen
sind kein Teufelszeug, sondern die Voraussetzung für
mehr Effizienz. Planwirtschaft und Einheitskasse – das
hat die Geschichte gezeigt – führen in die falsche Rich-
tung. Das ist nicht unser Ansatz in der Gesundheitspoli-
tik.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1702015500

Das Wort hat der Kollege Dr. Harald Terpe von der

Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


Dr. Harald Terpe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1702015600

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir

reden heute über die Zusatzbeiträge. Einige Krankenkas-
sen haben in dieser Woche angekündigt, sie notgedrun-
gen zu erheben. Jetzt schallt es plötzlich aus Regierungs-
kreisen und aus dem Kanzleramt: Abzocke! Haltet den
Dieb!

Es ist doch so: Die Zusatzbeiträge waren politisch ge-
wollt und stehen deshalb im Gesetz. Im Übrigen sind
diese Zusatzbeiträge auch von der Kanzlerin und von
Frau Ministerin Aigner beschlossen worden. Ich sage:
Der Versuch, anderen die Schuld zuzuschieben, ist schä-
big und scheinheilig.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Die Union hat die Tatsache, dass Zusatzbeiträge vorge-
sehen wurden, schließlich als Einstieg in die Kopfpau-
schale gefeiert. Jetzt schieben Sie den Krankenkassen
den Schwarzen Peter zu.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Haben Sie zugehört?)


Sie sind doch für die Unterdeckung des Fonds mitver-
antwortlich. Mit dem Haushalt für dieses Jahr bürden Sie
den Kassen sogar weitere Defizite auf; denn die von Ih-
nen kalkulierten krisenbedingten Einnahmeausfälle wer-
den nur zu etwa 80 Prozent mit Steuermitteln ausgegli-
chen. Das heißt, es entsteht ein weiteres Defizit von 600

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(C (D is 700 Millionen Euro. Das ist eine große Zahl; es urde von Ihnen verursacht. Sie sind offensichtlich nicht bereit, offen zu Ihren eienen politischen Entscheidungen zu stehen. an kann also sagen: kein Schneid. Die Glaubwürdigeit der Politik kann dadurch nur Schaden nehmen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


(Stefanie Vogelsang [CDU/CSU]: Na klar!)


Die von Ihnen ermöglichten Zusatzbeiträge werden
ürgerinnen und Bürger mit geringen Einkommen be-

onders stark belasten. Ich will Ihnen ein paar Beispiele
ennen. Der geringverdienende Wachmann in Schwerin
it einem Verdienst von weniger als 800 Euro muss
ehr als 1 Prozent seines Einkommens für den Zusatz-

eitrag aufwenden.


(Zuruf von der CDU/CSU: Der kann sich sofort ummelden!)


ie Überforderungsklausel funktioniert also ausgerech-
et bei den Menschen nicht, die besonders darauf ange-
iesen sind. Glauben Sie mir: Geringverdiener gibt es
icht nur in Schwerin.

Wer allerdings über ein ausreichend hohes Einkom-
en verfügt, kann neben dem Krankenversicherungsbei-
ag auch den Zusatzbeitrag von der Steuer absetzen.
ier geht es um eine wirklich wichtige steuerpolitische
rage, mit der sich auch die FDP beschäftigen muss. So
uss der verheiratete Ingenieur aus Sindelfingen mit ei-

em jährlichen Bruttoeinkommen von beispielsweise
0 000 Euro letztlich einen Zusatzbeitrag von monatlich
ur 5,50 Euro bezahlen. Die verheiratete Kassiererin in
inem Supermarkt in Duisburg bezahlt den vollen Zu-
atzbeitrag von 8 Euro. Damit wird doch das Solidar-
rinzip auf den Kopf gestellt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Der arbeitslose Werftarbeiter aus Rostock zum Bei-
piel soll den Zusatzbeitrag von 8 Euro aus eigener Ta-
che bezahlen; Hilfe von der Arbeitsagentur ist nicht in
ussicht.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Er kann dann ja die Kasse wechseln!)


Ich komme darauf zu sprechen: Die Bundesregierung
chlägt nun den Langzeitarbeitslosen vor, sie könnten zu
iner Krankenkasse ohne Zusatzbeitrag wechseln. Ich
alte das für zynisch; denn es ist nach Insidermeinung
chon heute absehbar, dass spätestens im nächsten Jahr
iel mehr Kassen von der Erhebung eines Zusatzbeitrags
ebrauch machen werden.

Noch ein Wort zur FDP. Die Krokodilstränen, die die
DP und der Gesundheitsminister angesichts des Zusatz-
eitrages vergießen, sind für meine Begriffe der Gipfel
er Heuchelei; denn die Zusatzbeiträge sind doch nur der
instieg,


(Ulrike Flach [FDP]: Das glauben Sie, weil Sie sich mit dem System nicht auseinandersetzen!)







(A) )



(B) )


Dr. Harald Terpe
ein Vorgeschmack auf die Kopfpauschale und andere ge-
sundheitspolitische Pläne, die besonders die Menschen
mit geringem Einkommen treffen werden. Da nützt es
nichts, immer wieder zu sagen: Wir organisieren im Be-
reich der niedrigen Einkommen einen Sozialausgleich.


(Ulrike Flach [FDP]: Genau das bringt es! – Heinz Lanfermann [FDP]: Genau das zieht ja in den Fällen! Milliardenausgleich heißt sozialer Ausgleich! – Gegenruf der Abg. Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Steuerlüge! Einen Ausgleich wird es doch gar nicht geben!)


– Ja, ja. Ich sage Ihnen: In der Summe werden viele Bür-
gerinnen und Bürger deutlich mehr für Gesundheit zah-
len müssen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Die können die Kasse wechseln! Begreifen Sie es doch einmal!)


Anders als vor der Wahl von Union und FDP vollmundig
angekündigt, werden die Menschen – vielleicht abgese-
hen von Hotelbesitzern, Steuerberatern und anderen Gut-
betuchten – netto weniger haben als bisher.

Ihre mit Glanz in den Augen beschworene christlich-
liberale Koalition läuft Gefahr, die elementarsten christ-
lichen Werte auf den Kopf zu stellen, nach dem Motto:
Nehmet den Armen und gebet den Reichen!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Ich sage: Nicht mit uns Bündnisgrünen!


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Zuruf von der CDU/CSU: Das ist doch ein Quatsch, was Sie da sagen!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1702015700

Das Wort hat der Kollege Dietrich Monstadt von der

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Dietrich Monstadt (CDU):
Rede ID: ID1702015800

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kolle-

gen! Sehr geehrte Damen und Herren! Uns allen dürfte
klar sein, dass unsere demografisch alternde Gesell-
schaft einen wachsenden Bedarf an Gesundheitsleistun-
gen haben wird. Gleichzeitig gibt es einen medizinisch-
technischen Fortschritt, den wir begrüßen und für alle
wollen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Hellmut Königshaus [FDP])


Beides führt zu wachsenden Kosten.

Zur Bewältigung dieser Herausforderung haben wir
nur wenige Optionen. Wenn wir die Leistungen nicht
kürzen oder gar streichen wollen, müssen wir die Ein-
nahmesituation der gesetzlichen Krankenkassen verbes-
sern. Niemand sollte die Illusion schüren, wir könnten

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(C (D essere medizinische Leistungen vermehrt in Anspruch ehmen, ohne dass die Kosten steigen. Ich darf den Hintergrund der heutigen Debatte noch inmal in Erinnerung rufen: Nach Medienberichten wird eschätzt, dass auf 7 Millionen der 70 Millionen gesetzch Versicherten, also auf 10 Prozent, ein Zusatzbeitrag ukommt. Andere Krankenkassen teilen dagegen mit, ass sie keine Zusatzbeiträge erheben wollen. Vier Kasen wollen sogar Prämien zurückerstatten. Wir konnten in den letzten Tagen dauernd hören, dass ie SPD Zusatzbeiträge jetzt prinzipiell und kategorisch blehnt. Die Gesundheitsministerin, unter der diese Reelung in der letzten Legislaturperiode beschlossen urde, heißt bekanntlich Ulla Schmidt. Ich habe hier ein chreiben von Frau Schmidt aus der letzten Legislatureriode, das an die Mitglieder der Fraktionen der CDU/ SU und der SPD im Deutschen Bundestag gerichtet ar. Einigen Kolleginnen und Kollegen der SPD könnte s ja noch bekannt sein. Unter der Überschrift „Mehr Wettbewerb durch Effiienz und Transparenz“ beschrieb Frau Schmidt darin ie Vorzüge der Konzeption, die heute Gegenstand dieer Debatte ist. Ich zitiere: Jeder Versicherte kann künftig besser erkennen, ob seine Krankenkasse wirtschaftlich arbeitet oder nicht. Kommt eine Krankenkasse mit den ihr zugewiesenen Mitteln nicht aus, muss sie Effizienzreserven erschließen; reicht auch dies nicht aus, kann sie direkt von ihren Mitgliedern einen Zusatzbeitrag erheben. (Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Hören Sie genau hin, Herr Lauterbach!)


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


rau Schmidt schrieb weiter:

Gut wirtschaftende Krankenkassen können an ihre
Mitglieder Prämien auszahlen. Dies setzt ein trans-
parenteres und wirksameres Preissignal als die ge-
genwärtigen, nur in Prozentpunkten benennbaren
Unterschiede zwischen den verschiedenen Bei-
tragssätzen der Krankenkassen, die vielfach bei den
Versicherten unbekannt sind.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Hört! Hört! – Ulrike Flach [FDP]: Das hat Frau Reimann auch nicht gelesen!)


em ist nichts hinzuzufügen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Herr Kollege Dr. Lauterbach, um Ihren entscheiden-
en Diskussionsbeitrag in der Talkshow am Mittwoch-
bend anzusprechen: Damit, dass wir Ihnen das vorhal-
n, verstecken wir uns nicht hinter Frau Schmidt. Um-
ekehrt wird vielmehr ein Schuh daraus: Sie versuchen,
u verstecken, dass vor drei Jahren 187 SPD-Abgeord-
ete in namentlicher Abstimmung genau dieser Rege-
ng mit Ja zugestimmt haben.


(Dr. Hans-Peter Friedrich [Hof] [CDU/CSU]: Aha! – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Lesen Sie das einmal nach!)







(A) )



(B) )


Dietrich Monstadt
Das sind im Übrigen 41 Abgeordnete mehr, als Ihre heu-
tige Fraktion stark ist, wenn ich mir die Bemerkung er-
lauben darf.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Heinz Lanfermann [FDP]: Deshalb sind es auch weniger geworden! – Gegenruf des Abg. Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Wir kommen zurück!)


Vielleicht sollten Sie auch Ihre stellvertretende SPD-
Vorsitzende hiervon in Kenntnis setzen, damit Frau
Schwesig die jetzige Bundesregierung nicht länger ver-
antwortlich macht.

Herr Dr. Lauterbach, in der letzten gesundheitspoliti-
schen Debatte am 17. Dezember 2009 haben Sie kon-
krete Vorschläge der SPD angekündigt. Frau Bender,
die, so glaube ich, heute nicht hier ist, hat damals mit
Zwischenrufen dazu aufgefordert, dass Sie diese SPD-
Vorschläge in Form eines Antrages vorlegen.


(Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Nächste Woche! – Lachen bei der CDU/CSU und der FDP)


– Warten wir einmal ab, ob sie nächste Woche vorliegen,
Herr Kollege.


(Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Sie sind in den Gremien!)


Herr Kollege, gestatten Sie mir gleichwohl die An-
merkung: Wenn die Bürgerinnen und Bürger so großes
Vertrauen in die konkreten Vorstellungen der SPD hät-
ten, dann hätten sie die SPD mit einer größeren Zahl an
Mandaten in diesen Bundestag geschickt. – So viel dazu.

Meine Damen und Herren, von anderer Qualität als
die angekündigten Vorschläge der SPD sind die von den
Grünen im Dezember vorgelegten Eckpunkte, wenn ich
auch die meisten nicht teile. Erstens sind sie konkret,
zweitens wollen die Grünen ausdrücklich am morbidi-
tätsorientierten Risikostrukturausgleich festhalten, den
die CDU-geführte Koalition eingeführt hat, und drittens
wollen die Grünen alle Einkommensarten unter Berück-
sichtigung von Freigrenzen und des Ehegattensplittings
in den Solidarausgleich einbeziehen. Übersetzt bedeutet
dies: Gleichsetzung mit der Einkommensermittlung durch
die Finanzverwaltung.


(Ulrike Flach [FDP]: So ist es!)


Ich sage: Dann doch bitte gleich ein Sozialausgleich
über Steuermittel!


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Im Koalitionsvertrag haben wir die Richtung festge-
legt: Es soll langfristig eine Entkopplung der Gesund-
heitskosten von den Arbeitskosten geben. Die einzelnen
Schritte wird die Regierungskommission erarbeiten. So
lange sollten wir den Arbeitsergebnissen der Regie-
rungskommission nicht vorgreifen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Herr Kollege Monstadt, ich gratuliere Ihnen im Na en des ganzen Hauses zu Ihrer ersten Rede im Deutchen Bundestag. Das Wort hat der Kollege Steffen-Claudio Lemme on der SPD-Fraktion. Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bun esminister Dr. Rösler! Sehr geehrte Frau Staatssekretän Widmann-Mauz! Meine lieben Kolleginnen und Kolgen! Im aktuellen Spiegel ist zu lesen, dass Herr r. Rösler die Gesundheitsreform plant. Ich meine, das t eine Operation am offenen Herzen. Er sagt von sich elbst – das hat ihm wohl sein letzter Chef attestiert –, er ei nie ein guter Chirurg gewesen, aber er sei immer der röhlichste. Insofern scheint das Motto dieser Gesundeitsreform zu lauten: „Lachen macht gesund“. Aber das icht bei weitem nicht. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sagt Eckart von Hirschhausen auch! – Zuruf von der FDP: Wir nähern uns dem Karneval!)

Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1702015900

(Beifall)


(Beifall bei der SPD)

Steffen-Claudio Lemme (SPD):
Rede ID: ID1702016000

Die neue Bundesregierung ist fast auf den Tag genau
rei Monate im Amt. Angetreten mit markigen Wahlver-
prechen, sind die schwarz-gelben Eheleute allerspätes-
ns diese Woche auf dem harten Boden der Realität ge-
ndet. Die öffentliche Schelte für ihre Politik reißt
denfalls nicht ab.

Mit der Berufung von Christian Weber vom PKV-
erband und der Demontage von Peter Sawicki ist diese
egierung im Begriff, die gesundheitliche Absicherung
on 70 Millionen Bürgerinnen und Bürgern der privaten
ersicherungswirtschaft zu überantworten.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Ulrike Flach [FDP]: Irgendwann glauben Sie das selbst!)


leichzeitig signalisiert sie den Kostentreibern im Sys-
m, insbesondere der Pharmaindustrie, dass sie zumin-
est in dieser Legislaturperiode vonseiten der Regierung
eine Gefährdung ihrer Profite zu erwarten hat.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Heinrich L. Kolb [FDP]: Sie lesen wohl nie Zeitungen!)


Doch, doch.

Nahezu anderthalb Monate ist es nun her, dass der
chätzerkreis beim Bundesversicherungsamt Berech-
ungen vorgelegt hat, wonach im Gesundheitsfonds mit
inem 4-Milliarden-Euro-Loch zu rechnen ist. Das sind
echs Wochen, in denen von Bundesminister Rösler und






(A) )



(B) )


Steffen-Claudio Lemme
seinem Stab rein gar nichts unternommen wurde, um das
drohende Defizit abzuwenden.


(Ulrike Flach [FDP]: Bei Ihnen sind es elf Jahre!)


– Bei mir nicht.

In der Konsequenz führen dieses wochenlange Still-
halten und Ignorieren der Realitäten des Bundesminis-
ters nun zu Zusatzbeiträgen. Ich behaupte schlicht, Herr
Dr. Rösler fährt hier eine Art Tabula-rasa-Strategie.


(Ulrike Flach [FDP]: Sie glauben es nicht selbst!)


Er denkt wohl, er hält sich so lange Augen und Ohren
zu, bis er die solidarische Krankenversicherung gegen
die Wand gefahren hat.


(Hellmut Königshaus [FDP]: Kommen denn noch Inhalte?)


Im Nachgang muss er dann nur noch mit der Abrissbirne
ran und gibt dem Solidarsystem den Rest. Die Sache ist
klar: Sein Vorgehen hat Methode.


(Beifall bei der SPD)


Das umlagefinanzierte Gesundheitssystem mit der
Solidarität der Versicherten untereinander sowie der pa-
ritätischen Beitragsaufbringung von Arbeitnehmern und
Arbeitgebern ist eine historische Errungenschaft und
Tradition, um die uns andere Länder beneiden.


(Heinz Lanfermann [FDP]: Die paritätische Beitragsbemessung hatten Sie selbst schon aufgegeben! Immer schön bei der Wahrheit bleiben!)


Lassen Sie uns dieses System zu einer solidarischen Bür-
gerversicherung weiterentwickeln. Schüren Sie mit der
Kopfpauschale nicht die gesellschaftliche Spaltung!

Ich fordere insbesondere die Kolleginnen und Kolle-
gen der Unionsfraktion auf, sich ihrer Verantwortung für
die Bürgerinnen und Bürger als konservative Volkspartei
zu erinnern. Ich sehe mich gezwungen, Ihnen die gemein-
samen Werte der sozialen – ich betone: der sozialen –
Marktwirtschaft erneut ins Gedächtnis zu rufen, wonach
auch nach § 1 SGB V die Krankenversicherung eine So-
lidargemeinschaft ist.


(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Bei der sozialen Marktwirtschaft brauchen wir Ihre Nachhilfe bestimmt nicht!)


Erinnern Sie sich bitte schnell, bevor Sie und Ihr Ko-
alitionspartner einen schweren Fehler begehen! Zeigen
Sie Vernunft und Einsicht!

Was ich mich seit Tagen bezüglich der Kritik an der
Bundesregierung frage, ist Folgendes: Wenn man so sehr
und aus allen Richtungen unter Feuer genommen wird,
gibt einem das nicht zu denken?


(Heinz Lanfermann [FDP]: Ja, dann muss man den Brandstifter suchen!)


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(C (D icher, Herr Rösler ist jung, folgt wie auch immer gearten Idealen und ist voller Tatendrang. Aber sollten die en stets so eloquent auftretenden Minister die zahlreihen Stimmen aus der Gesellschaft nicht wenigstens ein isschen beeindruckt haben, twa die Kritik der Sozialund Wohlfahrtsverbände, jeer Organisationen, die diejenigen Menschen bei der Beältigung ihres Alltags unterstützen, die von den finan iellen Auswirkungen Ihrer Politik betroffen wären? (Zuruf von der FDP: Wissen Sie, was die über Ihre Politik gesagt haben?)


(Zuruf von der FDP: Viel Feind, viel Ehr’!)


ie Präsidentin des Sozialverbandes VdK, Ulrike
ascher, hat die Pläne gegenüber der Frankfurter Rund-

chau als unsozial bezeichnet. Der Bundesgeschäftsfüh-
r der Volkssolidarität, Bernd Niederland, hat erklärt:
usatzbeiträge sind Ausdruck einer verfehlten Politik,
ie die Gesundheitskosten einseitig auf die Versicherten
erlagert.


(Ulrike Flach [FDP]: Das ist ja der Punkt! Deshalb sind Sie abgewählt worden!)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1702016100

Kommen Sie bitte zum Schluss.


Steffen-Claudio Lemme (SPD):
Rede ID: ID1702016200

Hinzu kommen die Gewerkschaften. Der DGB-Vor-

itzende, Michael Sommer, hat zu Recht an die Auswir-
ungen für Menschen mit kleinen Einkommen oder Ren-
n erinnert, für die 8 Euro schlicht das Budget eines
ebensmitteleinkaufes darstellen.


(Heinz Lanfermann [FDP]: Schreibt doch lieber einen Brief an Ulla Schmidt!)


hristine Clauß, die sächsische Sozialministerin, hat,
ie Sie wissen, von einer unsäglichen Reform gespro-

hen. Ich erinnere außerdem daran, dass Herr Minister-
räsident Seehofer davor gewarnt hat. Der bayerische
esundheitsminister tut es ihm gleich. Ich glaube, die
SU wird in diesem Haus sicherlich noch die zweite
unde einläuten und den zweiten Gong schlagen, damit
ie wieder zur Vernunft zurückkehren und auf diese un-
olidarische Kopfpauschale verzichten.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1702016300

Herr Kollege Lemme, ich gratuliere Ihnen im Namen

es Hauses zu Ihrer ersten Rede im Deutschen Bundes-
g.


(Beifall)


Als letzter Redner in der Aktuellen Stunde hat nun
as Wort der Kollege Rudolf Henke von der CDU/CSU-
raktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)







(A) )



(B) )


Rudolf Henke (CDU):
Rede ID: ID1702016400

Herr Präsident! Verehrte Damen! Meine Herren!

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mir schon
immer gewünscht, am Ende einer Plenarwoche im Deut-
schen Bundestag das letzte Wort in einer Debatte zu ha-
ben; das ist sehr erfreulich. Das stimmt einen natürlich
auch ein bisschen milde. Lieber Herr Lemme, ich finde
Ihre Aussage, es gebe eine Verletzung der Parität, durch-
aus diskussionswürdig. Aber ich verstehe nicht, warum
Sie von einem hohen moralischen Ross herab die Verlet-
zung der Parität kritisieren; denn es war doch die
rot-grüne Regierung Schröder, die im Jahr 2003 die Ein-
führung des heutigen 0,9-prozentigen Sonderbeitrags im
GKV-Modernisierungsgesetz beschlossen hat, und zwar
mit den Stimmen von SPD und Grünen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Es war die rot-grüne Regierung Schröder, die die Ein-
führung der Kassengebühr beim Praxisbesuch beschlos-
sen hat. Es war die rot-grüne Regierung Schröder, die
die Erhöhung von Zuzahlungen unter anderem bei Arz-
neimitteln beschlossen hat.


(Beifall bei der FDP)


Warum setzen Sie sich also auf dieses hohe moralische
Ross und sagen, die Verletzung der Parität fange mit
8 Euro Unterschied an, verlieren aber kein Wort darüber,
dass SPD und Grüne den Einstieg in die Veränderung der
Parität selber herbeigeführt haben?

Herr Terpe, ich danke Ihnen zwar für die wichtige Er-
innerung an elementarste christliche Regeln. Aber zu
diesen Regeln gehört auch ernst gemeinte Wahrhaftig-
keit. Sie können doch angesichts der Tatsache, dass fünf
Krankenkassen einen Zusatzbeitrag akzeptiert haben,
nicht so tun, als gäbe es keinen Ausweg. Natürlich gibt
es einen Ausweg; denn man kann entscheiden, ob man
diesen Zusatzbeitrag zahlen will. 50 Krankenkassen ha-
ben erklärt, 2010 keinen Zusatzbeitrag zu erheben. Es
gibt vier Krankenkassen, die sogar Geld an ihre Versi-
cherten ausschütten. Bitte machen Sie es nicht zur Kern-
frage der Glaubwürdigkeit christlich-liberaler Politik
und religiöser Orientierung, dass in fünf Krankenkassen
8 Euro mehr gezahlt werden müssen.

Ich fühle mich da an der falschen Stelle kritisiert, und
ich sage dann auch: Zur Wahrhaftigkeit gehört es
ebenso, ein Problem nicht größer, bedrohlicher und
schlimmer darzustellen, als es wirklich ist.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Ich komme gern auf Ihren ursprünglichen Debatten-
ansatz zu sprechen, Herr Kuhn. Er lautet: Wir setzen uns
jetzt mit dem Zusatzbeitrag gar nicht deswegen ausei-
nander, weil die 8 Euro so schlimm sind. Da hatten Sie
selber in Ihrer eigenen Regierungszeit unter Andrea
Fischer ganz andere Beitragsentwicklungen zu verant-
worten. Die 8 Euro sind nicht das Problem; Sie sagen
vielmehr, das Kernproblem sei, dass diese 8 Euro der
Einstieg sind und wir dann bei der Schaffung einkom-
mensunabhängiger Beiträge eine größere soziale Unge-
rechtigkeit bekommen.

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(C (D Daher meine ich, man muss Sie jetzt doch noch einal mit der tatsächlich geführten öffentlichen Diskus ion konfrontieren. Ich habe unter der Überschrift „Gechte Kopfpauschale“ einen Artikel aus der üddeutschen Zeitung von Claus Hulverscheidt aus dieer Woche, und ich erlaube mir, daraus zu zitieren: … die Behauptung, es sind nicht meine Worte, sondern die von Herrn ulverscheidt – die Putzfrau müsse beim Prämienmodell den gleichen Kassenbeitrag zahlen wie der Fabrikdirektor, löst in den Parteizentralen regelmäßig Panikattacken aus – dabei ist der Vorwurf hanebüchener Unsinn: (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Zwar ist die Gesundheitsprämie zunächst tatsäch-
lich für alle Versicherten gleich hoch, schließlich
kostet die Kasse das Herausnehmen eines Direkto-
ren-Blinddarms ja nicht mehr als die gleiche Opera-
tion bei der Putzfrau. Aber: Im Gegensatz zu ihrem
Chef muss die Reinigungskraft die Prämie nicht al-
leine zahlen, sondern erhält einen Teil aus Steuer-
mitteln erstattet.


(Zuruf von der FDP: Richtig!)


azu sagen Sie jetzt, das werde vielleicht nicht gehen.
ber ist es denn nicht des Schweißes der Edlen wert, das

u versuchen?


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Die Koalitionsvereinbarung ist klar und eindeutig:
inkommensunabhängige Beiträge, die sozial ausgegli-
hen werden. Wir werden uns doch wohl an Worten die-
es Bundesgesundheitsministers messen lassen, der die
entität der Beitragsbelastung bei 8 Euro als unsozial

ritisiert. Dann werden wir doch keine einkommens-
nabhängige Prämie aufbauen, die dann nicht sozial aus-
eglichen wird, denn das wäre ja total widersprüchlich.
eswegen machen Sie sich da einmal keine zu großen
orgen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Im Übrigen, auch Andrea Fischer, die bis 2001 die
rste grüne Bundesministerin für Gesundheit dieser Re-
ublik war, hat sich im vergangenen Jahr zu dem Thema
rämie in einem Interview mit dem Tagesspiegel bemer-
enswert geäußert. Ich zitiere:

Es ist im Prinzip kein falscher Gedanke, mit einer
solchen Prämie für jeden Menschen festzulegen,
welchen Preis er für seine Gesundheit in einem soli-
darischen System aufbringen muss. Die Umvertei-
lung ist eine sozialpolitische Aufgabe danach – und
getrennt von der Gesundheitspolitik.


(Dr. Karl Lauterbach [SPD]: Eine Einzelmeinung!)







(A) (C)



(B) (D)


Rudolf Henke

Mit diesem für alle gleichen Beitrag sollte niemand
überfordert werden, nicht die Einkommensarmen,
nicht die Menschen mit Familie. Das Steuersystem
ist der Ort, an dem die gesamte finanzielle Situation
eines Menschen erfasst und wo er entsprechend sei-
ner Leistungsfähigkeit zu Abgaben verpflichtet
wird.


(Ulrike Flach [FDP]: Gute Vorgabe!)


Eigentlich

– so Andrea Fischer –

also genau das richtige System, um Solidarität kon-
kret werden zu lassen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Fritz Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sehen wir anders!)


Liebe Kolleginnen und Kollegen, die einzige Bitte,
die ich habe, ist, dass Sie nicht so tun, als hätten Sie ein
Monopol auf die Definition von Solidarität und als wä-
ren wir davon ausgeschlossen, mitzudiskutieren, wenn
es darum geht, was Solidarität tatsächlich ist. Verlassen
Sie sich darauf: Wenn es einkommensunabhängige Prä-
mien gibt, dann werden diese Prämien sozial ausgegli-

chen. Sonst werden CDU und CSU dem nicht zustim-
men. Das ist eine Aussage, auf die Sie sich verlassen
können. Hören Sie auf damit, Panik zu verbreiten.

Ich bedanke mich sehr herzlich für Ihre Aufmerksam-
keit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Hermann Otto Solms (FDP):
Rede ID: ID1702016500

Herr Kollege Henke, auch Ihnen gratuliere ich im Na-

men des Hauses zu Ihrer ersten Rede im Deutschen Bun-
destag.


(Beifall)


Sie haben damit, wie Sie schon angekündigt haben, die
Debatte für heute abgeschlossen. Die Aktuelle Stunde ist
beendet.

Wir sind damit am Schluss der heutigen Tagesord-
nung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destages auf Dienstag, den 9. Februar 2010, 15 Uhr, ein.

Die Sitzung ist geschlossen.