Protokoll:
17103

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 17

  • date_rangeSitzungsnummer: 103

  • date_rangeDatum: 8. April 2011

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: None Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 15:10 Uhr

  • account_circleMdBs dieser Rede
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 17/103 Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Jan van Aken, Christine Buchholz, Sevim Dağdelen, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion DIE LINKE: Atomwaffen unverzüglich aus Deutsch- land abziehen (Drucksachen 17/116, 17/2214) . . . . . . . . c) Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Jan van Aken, Christine Buchholz, Sevim Dağdelen, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion DIE LINKE: Überprüfungskonferenz des Atomwaf- fensperrvertrages durch atomare Ab- rüstung stärken (Drucksachen 17/886, 17/2215) . . . . . . . . d) Antrag der Abgeordneten Agnes Malczak, Bei der Abrüstung der Atomwaffen vo- rangehen (Drucksachen 17/122, 17/2213) . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 8: Antrag der Fraktion der SPD: Deutschland im VN-Sicherheitsrat – Impulse für Frieden und Abrüstung (Drucksache 17/4863) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister AA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Groschek (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 11805 B 11805 C 11806 A 11806 A 11806 B 11807 C Deutscher B Stenografisch 103. Sitz Berlin, Freitag, den I n h a l Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeord- neten Johannes Pflug . . . . . . . . . . . . . . . . . . Begrüßung der Botschafterin der Ukraine, Frau Natalia Zarudna . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 26: a) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung zum Stand der Bemühungen um Rüstungs- kontrolle, Abrüstung und Nichtverbrei- tung sowie über die Entwicklung der Streitkräftepotenziale (Jahresabrüstungs- bericht 2010) (Drucksache 17/4620) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beschlussempfehlung und Bericht des e f) 11805 A 11829 C 11805 B Dr. Gerhard Schick, Dr. Thomas Gambke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Investitio- undestag er Bericht ung 8. April 2011 t : nen in Antipersonenminen und Streu- munition gesetzlich verbieten und die steuerliche Förderung beenden (Drucksache 17/4697) . . . . . . . . . . . . . . . ) Antrag der Abgeordneten Agnes Malczak, Sylvia Kotting-Uhl, Ute Koczy, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Aufnahme In- diens in die Nuclear Suppliers Group verhindern – Keine weitere Erosion des nuklearen Nichtverbreitungsregimes (Drucksache 17/5374) . . . . . . . . . . . . . . . Beschlussempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Agnes Malczak, Omid Nouripour, Katja Keul, weiterer Abgeord- neter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Deutschland atomwaffenfrei – 11805 D 11805 D Dr. Rainer Stinner (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Groschek (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . 11808 D 11809 B II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 103. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. April 2011 Roderich Kiesewetter (CDU/CSU) . . . . . . . . . Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . Agnes Malczak (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christoph Schnurr (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . Uta Zapf (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erich G. Fritz (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) . . . . . . . . Dr. Reinhard Brandl (CDU/CSU) . . . . . . . . . Robert Hochbaum (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Tagesordnungspunkt 27: a) Antrag der Abgeordneten Jürgen Trittin, Renate Künast, Sylvia Kotting-Uhl, weite- rer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Nie wieder Tscher- nobyl – Atomzeitalter beenden (Drucksache 17/5375) . . . . . . . . . . . . . . . . b) Antrag der Abgeordneten Dorothee Menzner, Eva Bulling-Schröter, Ralph Lenkert, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: 25 Jahre Reaktorkatastrophe von Tschernobyl – Atomkraftwerke ab- schalten (Drucksache 17/5379) . . . . . . . . . . . . . . . . in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 9: Antrag der Fraktion der SPD: Tschernobyl mahnt – Für eine zukunftssichere Energie- versorgung ohne Atomkraft und eine le- bendige europäische Erinnerungskultur (Drucksache 17/5366) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marie-Luise Dött (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Marco Bülow (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Michael Kauch (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . . . . Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) . . . . . Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Oliver Kaczmarek (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . Angelika Brunkhorst (FDP) . . . . . . . . . . . . . . Dorothee Menzner (DIE LINKE) . . . . . . . . . . M D D T Z d G 2 u s g z (D 1 P D B H D R L T B s A B d ti (D C D E K M D M T E W w L z s (D 11809 D 11811 D 11814 B 11816 B 11817 D 11819 B 11820 D 11821 D 11823 A 11824 C 11824 D 11824 D 11824 D 11826 B 11828 A 11829 D 11830 D 11831 D 11832 B 11832 D 11834 C 11836 A 11837 A anfred Grund (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . r. Bärbel Kofler (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . r. Michael Paul (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 28: weite und dritte Beratung des von der Bun- esregierung eingebrachten Entwurfs eines esetzes zur Umsetzung der Richtlinie 009/65/EG zur Koordinierung der Rechts- nd Verwaltungsvorschriften betreffend be- timmte Organismen für gemeinsame Anla- en in Wertpapieren (OGAW-IV-Umset- ungsgesetz – OGAW-IV-UmsG) rucksachen 17/4510, 17/4811, 17/5403, 7/5417) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . eter Aumer (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . r. Carsten Sieling (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . jörn Sänger (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . arald Koch (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . . . r. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . alph Brinkhaus (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . othar Binding (Heidelberg) (SPD) . . . . . . . . agesordnungspunkt 29: eschlussempfehlung und Bericht des Aus- chusses für Gesundheit zu dem Antrag der bgeordneten Dr. Marlies Volkmer, Bärbel as, Elke Ferner, weiterer Abgeordneter und er Fraktion der SPD: Für ein modernes Pa- entenrechtegesetz rucksachen 17/907, 17/5227) . . . . . . . . . . . hristine Aschenberg-Dugnus (FDP) . . . . . . r. Marlies Volkmer (SPD) . . . . . . . . . . . . . . rwin Rüddel (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . athrin Vogler (DIE LINKE) . . . . . . . . . . . . aria Anna Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ietrich Monstadt (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . echthild Rawert (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . agesordnungspunkt 30: rste Beratung des von den Abgeordneten olfgang Nešković, Harald Koch, Jan Korte, eiteren Abgeordneten und der Fraktion DIE INKE eingebrachten Entwurfs eines Geset- es zur Bekämpfung der Abgeordnetenbe- techung rucksache 17/1412) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11838 A 11839 B 11841 A 11842 C 11842 D 11844 A 11845 C 11846 C 11847 C 11848 D 11850 C 11851 D 11852 A 11853 B 11854 C 11856 A 11857 B 11858 C 11859 D 11860 D Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 103. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. April 2011 III Halina Wawzyniak (DIE LINKE) . . . . . . . . . Ansgar Heveling (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . Michael Hartmann (Wackernheim) (SPD) . . . Jörg van Essen (FDP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christine Lambrecht (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen) (CDU/CSU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . Anlage 2 Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11860 D 11861 D 11863 A 11864 A 11865 D 11867 A 11868 C 11869 D 11871 A 11872 C 11873 A 11874 A Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 103. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. April 2011 11805 (A) ) )(B) 103. Sitz Berlin, Freitag, den Beginn: 9.0
  • folderAnlagen
    Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 103. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. April 2011 11873 (A) (C) )(B) Anlagen zum Stenografischen Bericht Kramme, Anette SPD 08.04.2011 Kressl, Nicolette SPD 08.04.2011 Wagenknecht, Sahra DIE LINKE 08.04.2011 Winkler, Josef Philip BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 08.04.2011 Anlage 1 Liste der entschuldigte Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Bluhm, Heidrun DIE LINKE 08.04.2011 Bonde, Alexander BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 08.04.2011 Brinkmann (Hildesheim), Bernhard SPD 08.04.2011 Crone, Petra SPD 08.04.2011 Dr. Danckert, Peter SPD 08.04.2011 Friedhoff, Paul K. FDP 08.04.2011 Friedrich, Peter SPD 08.04.2011 Dr. Fuchs, Michael CDU/CSU 08.04.2011 Gädechens, Ingo CDU/CSU 08.04.2011 Dr. Gerhardt, Wolfgang FDP 08.04.2011 Gruß, Miriam FDP 08.04.2011 Günther (Plauen), Joachim FDP 08.04.2011 Hasselfeldt, Gerda CDU/CSU 08.04.2011 Haustein, Heinz-Peter FDP 08.04.2011 Hinz (Herborn), Priska BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 08.04.2011 Hinz (Essen), Petra SPD 08.04.2011 Höfken, Ulrike BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 08.04.2011 Höhn, Bärbel BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 08.04.2011 Hörster, Joachim CDU/CSU 08.04.2011 Jasper, Dieter CDU/CSU 08.04.2011 Jung (Konstanz), Andreas CDU/CSU 08.04.2011 Kotting-Uhl, Sylvia BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 08.04.2011 K K D L L L L L L L L M P P P D D S S S T D A (D n Abgeordneten ühn, Stephan BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 08.04.2011 uhn, Fritz BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 08.04.2011 r. Lamers (Heidelberg), Karl A. CDU/CSU 08.04.2011 ange, Ulrich CDU/CSU 08.04.2011 ange (Backnang), Christian SPD 08.04.2011 aurischk, Sibylle FDP 08.04.2011 enkert, Ralph DIE LINKE 08.04.2011 eutheusser- Schnarrenberger, Sabine FDP 08.04.2011 indner, Christian FDP 08.04.2011 ips, Patricia CDU/CSU 08.04.2011 udwig, Daniela CDU/CSU 08.04.2011 öller, Kornelia DIE LINKE 08.04.2011 etermann, Jens DIE LINKE 08.04.2011 flug, Johannes SPD 08.04.2011 ieper, Cornelia FDP 08.04.2011 r. Riesenhuber, Heinz CDU/CSU 08.04.2011 r. Schäuble, Wolfgang CDU/CSU 08.04.2011 chlecht, Michael DIE LINKE 08.04.2011 chmidt (Eisleben), Silvia SPD 08.04.2011 teinke, Kersten DIE LINKE 08.04.2011 empel, Frank DIE LINKE 08.04.2011 r. Terpe, Harald BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 08.04.2011 bgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich 11874 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 103. Sitzung. Berlin, Freitag, den 8. April 2011 (A) (C) )(B) Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss gemäß § 80 Absatz 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Auswärtiger Ausschuss – Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung zur Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik 2009/2010 – Drucksachen 17/4413, 17/4742 Nr. 4 – Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, dass der Ausschuss die nachstehenden Unionsdokumente zur Kenntnis genommen oder von ei- ner Beratung abgesehen hat. Auswärtiger Ausschuss Drucksache 17/4768 Nr. A.l Ratsdokument 16689/10 Innenausschuss Drucksache 17/4509 Nr. A.7 Ratsdokument 15894/1/10 REV 1 Drucksache 17/4768 Nr. A.2 Ratsdokument 16271/1/10 REV 1 Haushaltsausschuss Finanzausschuss – Unterrichtung durch den Bundesrechnungshof Bericht nach § 99 der Bundeshaushaltsordnung über die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistun- gen und Handwerkerleistungen nach § 35a des Einkom- mensteuergesetzes – Drucksachen 17/4641, 17/4917 Nr. 1.2 – Ausschuss für Wirtschaft und Technologie – Unterrichtung durch die Bundesregierung Raumfahrtstrategie der Bundesregierung – Für eine zu- kunftsfähige deutsche Raumfahrt – Drucksachen 17/4140, 17/4499 Nr. 1.4 – Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung – Unterrichtung durch die Bundesregierung Tätigkeitsberichte 2008 und 2009 der Bundesnetzagen- tur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen für den Bereich Eisenbahnen gemäß § 14b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes und Stellungnahme der Bundesregierung – Drucksachen 17/4630, 17/4917 Nr. 1 – (D Drucksache 17/4768 Nr. A.7 Ratsdokument 5330/11 Drucksache 17/4768 Nr. A.8 Ratsdokument 5331/11 Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Drucksache 17/4768 Nr. A.10 EuB-BReg 135/2011 Drucksache 17/4927 Nr. A.l5 Ratsdokument 2115 Drucksache 17/4927 Nr. A.l6 Ratsdokument 5559/11 Ausschuss für Arbeit und Soziales Drucksache 17/4768 Nr. A.l3 Ratsdokument 5064/11 Drucksache 17/4768 Nr. A.l4 Ratsdokument 5068/11 Drucksache 17/4768 Nr. A.l5 Ratsdokument 5520/11 Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Drucksache 17/4927 Nr. A.25 Ratsdokument 5541/11 Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 17/3791 Nr. A.15 Ratsdokument 14868/10 103. Sitzung Berlin, Freitag, den 8. April 2011 Inhalt: Redetext Anlagen zum Stenografischen Bericht Anlage 1 Anlage 2
Gesamtes Protokol
Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710300000

Die Sitzung ist eröffnet. Nehmen Sie bitte Platz.

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich
begrüße Sie herzlich zu unserer Plenarsitzung.

Heute feiert der Kollege Johannes Pflug seinen
65. Geburtstag.


(Beifall – Dr. h. c. Gernot Erler [SPD]: Er feiert!)


– Genau. Der donnernde Beifall des Plenums wird ihn
hoffentlich übers Fernsehen beim Frühstück erreichen.
Alle guten Wünsche für das neue Lebensjahr begleiten
ihn.

Es gibt keine Ankündigungen, sodass wir sofort in
unsere Tagesordnung eintreten können. Ich rufe zu-
nächst die Tagesordnungspunkte 26 a bis f sowie den
Zusatzpunkt 8 auf:

26 a) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesre-
gierung

Bericht der Bundesregierung zum Stand der
Bemühungen um Rüstungskontrolle, Abrüs-
tung und Nichtverbreitung sowie über die Ent-
wicklung der Streitkräftepotenziale

(Jahresabrüstungsbericht 2010)


Redet
– Drucksache 17/4620 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)

Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung

b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

(3. Ausschuss)

Aken, Christine Buchholz, Sevim Dağdelen, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE

Atomwaffen unverzüglich aus De
abziehen

– Drucksachen 17/116, 17/2214 –

(C (D ung 8. April 2011 0 Uhr Berichterstattung: Abgeordnete Roderich Kiesewetter Edelgard Bulmahn Dr. Rainer Stinner Jan van Aken Dr. Frithjof Schmidt c)

richts des Auswärtigen Ausschusses (3. Aus-
schuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Jan van
Aken, Christine Buchholz, Sevim Dağdelen, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE

Überprüfungskonferenz des Atomwaffen-
sperrvertrages durch atomare Abrüstung
stärken

– Drucksachen 17/886, 17/2215 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Roderich Kiesewetter
Edelgard Bulmahn
Dr. Rainer Stinner
Jan van Aken
Kerstin Müller (Köln)


d) Beratung des Antrags der Abgeordneten Agnes
Malczak, Dr. Gerhard Schick, Dr. Thomas

ext
Gambke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Investitionen in Antipersonenminen und
Streumunition gesetzlich verbieten und die
steuerliche Förderung beenden

– Drucksache 17/4697 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)

Finanzausschuss
Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe

des Antrags der Abgeordneten Agnes
, Sylvia Kotting-Uhl, Ute Koczy, weite-
ordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/

NEN
utschland e) Beratung
Malczak
rer Abge
DIE GRÜ





Präsident Dr. Norbert Lammert


(A) )


)(B)

Aufnahme Indiens in die Nuclear Suppliers
Group verhindern – Keine weitere Erosion des
nuklearen Nichtverbreitungsregimes

– Drucksache 17/5374 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung

f) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

(3. Ausschuss)

Malczak, Omid Nouripour, Katja Keul, weiterer
Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Deutschland atomwaffenfrei – Bei der Abrüs-
tung der Atomwaffen vorangehen

– Drucksachen 17/122, 17/2213 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Roderich Kiesewetter
Edelgard Bulmahn
Dr. Rainer Stinner
Jan van Aken
Dr. Frithjof Schmidt

ZP 8 Beratung des Antrags der Fraktion der SPD

Deutschland im VN-Sicherheitsrat – Impulse
für Frieden und Abrüstung

– Drucksache 17/4863 –
Überweisungsvorschlag:
Auswärtiger Ausschuss (f)

Verteidigungsausschuss
Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung
Haushaltsausschuss

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
die Aussprache 90 Minuten vorgesehen. – Das ist offen-
kundig einvernehmlich. Dann können wir so verfahren.

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort zu-
nächst dem Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Guido
Westerwelle.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister des Aus-
wärtigen:

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-
ren! Kolleginnen und Kollegen! Das letzte Jahr war ein
gutes Jahr für die Abrüstung. Auf der Konferenz zur nu-
klearen Nichtverbreitung in New York fand anders als
vor fünf Jahren eine Einigung statt. Das Abkommen
über das Verbot von Streumunition ist in Kraft getreten.
Die NATO hat das Ziel einer nuklearwaffenfreien Welt
zum Teil ihrer neuen Strategie gemacht. Der START-
Vertrag über die Reduzierung strategischer Atomwaffen
zwischen den USA und Russland wurde ratifiziert. Man
kann es zusammenfassen: Nach einem Jahrzehnt des
Stillstands bei der Abrüstung ist das ein guter und solider

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(C (D tart in ein Jahrzehnt der Abrüstung, für das wir alle geeinsam arbeiten wollen. Natürlich sind diese Erfolge kein Anlass, sich auszuhen, sondern sie sind ein Ansporn, mit ganzer Kraft eiterzumachen. Die Bundesregierung hat im vergangeen Jahr zur Wiederbelebung der internationalen Abrüsngspolitik beigetragen. Diese neue Dynamik werden ir auch für die vor uns liegenden weiteren Aufgaben utzen. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Es war richtig, dass wir die Diskussion über die sub-
trategischen Nuklearwaffen innerhalb der NATO ange-
toßen haben. Wir setzen dabei auf eine enge Abstim-
ung im Bündnis, aber gleichzeitig wollen wir diese
ebatten anführen.

Unsere Initiative für die Reduzierung der substrategi-
chen Nuklearwaffen zeigt Wirkung. Bei der Münchner
icherheitskonferenz in diesem Jahr hat die amerikani-
che Außenministerin Hillary Clinton Gespräche mit
ussland auch über die substrategischen Atomwaffen
ngekündigt. Russland ist nämlich – das muss uns allen
lar sein – ausdrücklich auch in der Pflicht. Das wird
lar, wenn wir allein an die zahlenmäßige Überlegenheit
diesem Segment denken.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Nächste Woche werden wir hier in Berlin beim Au-
enministertreffen der NATO-Staaten mit Russland über
lle Bereiche der Abrüstung sprechen, auch über die
onventionelle Rüstung; denn eines ist klar: Nukleare
brüstung darf konventionelle Kriege nicht leichter
hrbar machen.

Wir haben mit Japan und Australien im September
es letzten Jahres in New York die Freundesgruppe für
brüstung und Nichtverbreitung gegründet. Ende April
effen sich die Außenminister aus fünf Kontinenten hier
Berlin. Die Tatsache, dass sich sowohl die Außen-
inister der NATO zu informellen Beratungen als auch

ie Freundesgruppe für Abrüstung und Nichtverbreitung
diesem Monat in Berlin treffen, ist nicht nur eine Aus-

eichnung für unser Land, sondern es zeigt auch, dass
ir mitten in den Gesprächen und Verhandlungen sind.
eutschland spielt beim Thema Abrüstung eine wichtige
olle. Darüber freuen wir uns. Ich denke, darauf kann
ie Bundesregierung mit Stolz verweisen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Wichtigstes Ziel ist es, die Produktion von waffenfä-
igem Spaltmaterial vollständig zu verbieten und auch
as zu vernichten, was schon produziert wurde. Wenn
ie Genfer Abrüstungskonferenz keine Fortschritte ma-
hen kann, dann wollen wir das Thema in New York in
ie Generalversammlung der Vereinten Nationen ein-
ringen.

In dieser Überlebensfrage für die Menschheit können
ir keine weitere Blockade zulassen. Wir dürfen nicht

ulassen, dass nukleares Spaltmaterial in die Hände von
yrannen oder von Terroristen fällt. Das zu verhindern,





Bundesminister Dr. Guido Westerwelle


(A) )


)(B)

ist eine außerordentlich bedeutsame Aufgabe, die wir in-
ternational verfolgen müssen.

Deswegen gehört zur Debatte über diesen Abrüs-
tungsbericht auch die Debatte über das iranische Atom-
programm. Es ist für uns völlig klar, dass dieses Thema
zu den Herausforderungen auch dieses Jahres zählt. Im
Januar war der Iran beim Treffen mit den E3+3-Staaten
in Istanbul nicht bereit, über die zentralen Fragen zu ver-
handeln. Der Iran hat auch die letzten Wochen und Mo-
nate nicht genutzt. Ich warne davor, das Bemühen der
Weltgemeinschaft mit Schwäche zu verwechseln. Die
Europäische Union ist bei Sanktionen sogar weiter-
gegangen als der Sicherheitsrat in seiner Resolution 1929.

Unsere Hand bleibt ausgestreckt. Die Führung in
Teheran muss aber wissen, dass endlich Verhandlungen
ohne Vorbedingungen aufgenommen werden müssen.
Die nukleare Kontrolle ist natürlich ein Thema, das aus-
drücklich auch für Nordkorea gilt. Darauf wird in Anbe-
tracht der Debatten, die in unserer unmittelbaren Nach-
barschaft stattfinden, nicht unbedingt genug geachtet.
Ich denke aber, dass wir uns darüber einig sind, dass die
internationale Staatengemeinschaft auch hierauf beson-
ders achten muss.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Abrüstung
gelingt mit einem starken Völkerrecht. Wir werben für
den Beitritt zum Atomteststoppabkommen und zum
Atomwaffensperrvertrag. Wir wollen auch Staaten wie
Indien in die internationalen Kontrollsysteme einbinden,
auch wenn der Weg dahin lang und beschwerlich sein
wird.

In den Vereinten Nationen setzen wir uns für ein ro-
bustes Waffenhandelsabkommen ein, damit Regime, die
Menschenrechte mit Füßen treten, und Länder, in denen
Bürgerkrieg herrscht, nicht mehr legal mit Waffen belie-
fert werden können. Ich denke, die Bedeutung des The-
mas Abrüstung ist uns über die Parteigrenzen hinweg
klar. Abrüstung hat überhaupt nichts Naives. Abrüstung
gefährdet nicht unsere Sicherheit, sondern sie vergrößert
unsere Sicherheit. Sie sorgt dafür, dass die Sicherheit in
der Welt erhöht wird und dass der Frieden in der Welt
stabiler wird. Die Angelegenheit ist ohnehin fragil ge-
nug.

Auch wenn die Debatte über den Jahresabrüstungsbe-
richt hier nicht von einer großen Anzahl von Kollegin-
nen und Kollegen verfolgt wird, so möchte ich doch aus-
drücklich sagen: Ich glaube, dass Abrüstung keine
geringere Aufgabe für die Menschheit ist als beispiels-
weise das Thema Klimaschutz. Man mag sich nicht aus-
malen, was passieren könnte, wenn Terroristen oder
autokratische Regime durch nukleare Verbreitung Atom-
waffen in die Hände bekommen. Das ist das Problem.
Wir müssen verhindern, dass die Griffnähe zu nuklearen
Waffen kleiner wird. Das ist das zentrale Anliegen.

Auch wenn es am frühen Morgen vielleicht nicht den
Anschein hat, so gehe ich davon aus, dass die Bemühun-
gen um die Abrüstung und um die nukleare Nichtver-
breitung von einer großen Anzahl von Abgeordneten
hier im Bundestag nicht nur getragen, sondern auch mit
Interesse verfolgt werden.



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(C (D Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. Nächster Redner ist der Kollege Michael Groschek r die SPD-Fraktion. Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her n! Das war ein denkwürdig kurzer und knapper Aufitt. Herr Außenminister, wir hätten erwartet, dass Sie icht nur aus Ihrer Sicht darauf verweisen, dass das ein utes Jahr für die Abrüstung war, worüber man – was en Anteil der Bundesregierung angeht – streiten kann. ir hätten erwartet, dass Sie auch einen Hinweis darauf eben, wie dieses Jahr ein besseres Jahr für die deutsche ußenund Sicherheitspolitik werden könnte. Wir hätn deshalb natürlich erwartet, dass Sie auch auf Libyen ezug nehmen, was Sie leider nicht getan haben, Herr r. Westerwelle. Ich finde es schon bemerkenswert, dass Ihr erster uftritt nach der beabsichtigten Degradierung im Kabiett und der Enthauptung in Ihrer eigenen Partei so spurs an allen politischen Entwicklungen vorbeigeht, die amit verbunden sind. (Beifall bei der SPD – Philipp Mißfelder [CDU/ CSU]: Was hat das damit zu tun?)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710300100
Michael Groschek (SPD):
Rede ID: ID1710300200

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


(Beifall bei der SPD)


Ich finde es schon bemerkenswert – um noch einmal
arüber zu reden –, dass die „Kehrtwende Marsch“ zum
ngütesiegel Ihrer eigenen Politik geworden ist. Dabei
atten Sie uns doch eine Politik der langen Linie ver-
prochen. Frau Dr. Merkel hat gesagt: Wir stehen für ein
urchregieren, damit mehr Kohärenz und mehr Konse-
uenz in die Politik kommt. – Was erleben wir aber? Ein
urchlavieren auf allen wichtigen Feldern der Politik,
ider auch in der Außen- und Sicherheitspolitik. Das
ill ich an ein paar Punkten deutlich machen. Der Zu-

ammenhang zu unserem heutigen Thema besteht darin,
ass glaubwürdige Politik auch Voraussetzung für
laubwürdigkeit in der Abrüstungspolitik ist.


(Beifall bei der SPD)


In der Libyen-Frage zum Beispiel haben Sie sich völ-
g gegenteilig verhalten. Ihre Nein implizierende Ent-
altung in New York wurde am nächsten Tag durch den
inweis gekrönt: Es wird keine Beteiligung von deut-

chen Soldaten an militärischen Einsätzen in Libyen ge-
en.


(Zuruf des Abg. Dr. Rainer Stinner [FDP])


as war am 18. März. Dann kam die denkwürdige Em-
argo-Entscheidung. Sie haben gesagt: Nein danke, un-
ere Marine macht beim Embargo nicht mit. Sie haben
ie Marineeinheiten abziehen lassen. Dann wurden die
arineeinheiten der NATO unterstellt, und uns wurde

esagt: Es gibt zwar einen NATO-Befehl, aber es wird





Michael Groschek


(A) )


)(B)

hierbei eine räumliche Trennung vorgenommen.
Schließlich haben wir jetzt im Grunde genommen aus
der Zeitung erfahren, dass es drei Tage nach Ihrem Nein
zum Einsatz deutscher Soldaten


(Dr. Rainer Stinner [FDP]: Was hat das mit Abrüstung zu tun?)


– ja, ich komme dazu –


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


offensichtlich auf einmal ein Ja zum Einsatz der 990 Sol-
daten der Battle Group EUFOR gab, deren Gros
Deutschland stellt. Damit liegt genau das vor, was in un-
seren Augen Durchlavieren und nicht Durchregieren
darstellt.

Der Kollege Stinner hat nun erklärt: Wir sind offen
für militärische Absicherung humanitärer Einsätze. Der
Kollege Rösler hat erklärt: militärisch nein, humanitär
ja. Der Kollege Mißfelder hat gesagt: Wir haben die mo-
ralische Pflicht, zu folgen. Die Kanzlerin und der Vertei-
digungsminister schweigen. Letztendlich hat das Außen-
ministerium nur verlautbaren lassen, man könne sich
eine robuste Sicherheitskomponente vorstellen.

Wenn man, werter Herr Außenminister, Ihr Verhalten
beim Embargo nur auf die Stichworte Abrüstung und
Rüstungskontrolle überträgt, dann stellt sich natürlich
die Frage, welche Position denn die deutsche Regierung
beispielsweise im Hinblick auf die in Libyen stattgefun-
dene Aufrüstung einnimmt. Bis vor wenigen Monaten
waren es doch unsere italienischen und französischen
Verbündeten, die ein ganz enges Verhältnis, das auch
Aufrüstung beinhaltete, zu Herrn Gaddafi pflegten. Wir
würden deshalb von Ihnen gerne erfahren, wo Sie mit
Abrüstung und Rüstungskontrolle ganz konkret ansetzen
wollen.

Zugleich möchten wir Ihnen auch den Hinweis geben,
dass wir es sehr gerne sähen, wenn künftig Rüstungs-
kontrollberichte und Rüstungsexportberichte zeitnäher
vorgelegt würden. Das ist unser Appell an Sie; denn
dann könnte man auch besser überprüfen, ob die von Ih-
nen verkündeten eigenen Maßstäbe eingehalten wurden.


(Beifall bei der SPD)


Wir müssen auch noch einmal hinterfragen, auf wel-
cher Mandatsgrundlage hier im Bundestag diskutiert
werden soll. Gibt es schon eine UN-Anforderung? Was
heißt denn: Schützen ja, kämpfen nein? Wie verhält sich
denn der Schutz von Zivilisten gegenüber dem Ziel,
Gaddafi aus der Verantwortung zu nehmen? Was bedeu-
tet Ihr Hinweis „Wir stehen für humanitäre Hilfe bereit“
angesichts Ihrer Aussage, keine deutschen Soldaten dort
hinzuschicken? Wir sind offen, über diese Punkte zu dis-
kutieren. Wir werden Ihnen aber keinen Freibrief ertei-
len. Wir werden auch nicht akzeptieren, dass quasi über
die Zeitungen ein Vorratsbeschluss gefasst wird. Wir
wollen die Diskussion hier und heute und sind ent-
täuscht, dass Sie mit keinem Wort auf diese neuerliche
Kehrtwende Ihrer Politik eingehen.


(Beifall bei der SPD)


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(C (D Sie sind es, wie ich finde, diesem Parlament auch chuldig, noch einmal deutlich zu machen, warum Sie lauben, in der Außenund Sicherheitspolitik im Kabiett noch am richtigen Platz zu sein. (Dr. Reinhard Brandl [CDU/CSU]: Zum Thema!)


ie Urteile, die Ihre eigenen Parteifreunde über Sie ge-
offen haben, stammen eben nicht nur von Herrn
ubicki und Herrn Hahn, sondern auch Herr Martin
indner und Herr Chatzimarkakis äußern eine ganz be-
timmte Wertschätzung.


(Gisela Piltz [FDP]: Es sind gar keine Wahlen in Nordrhein-Westfalen! Was reden Sie hier eigentlich? – Weiterer Zuruf des Abg. Hartwig Fischer [Göttingen] [CDU/CSU])


nd uns wundert schon, dass Sie als Außenminister zu
ieser Zurdispositionstellung Ihrer jetzigen Position in
er Bundesregierung kein Wort verlieren.


(Beifall bei der SPD – Philipp Mißfelder [CDU/ CSU]: Peinlich, Herr Groschek!)


Herr Außenminister, es hätte ein gutes Jahr werden
önnen. Sie haben allerdings viele Chancen versäumt,
eutsche Abrüstungs- und Außenpolitik prominent zu
ertreten. Wo waren Ihre Initiativen beispielsweise im
ahen Osten zur Vorbereitung der Konferenz 2012?


(Beifall bei der SPD)


o waren Ihre Initiativen zur nachhaltigen zivilen Kri-
enprävention und -nachsorge in Nordafrika? Wo sind
re konkreten Initiativen hinsichtlich des Dialogs mit

en Verbündeten als Reaktion auf das Nein zu einem
tomwaffenfreien Deutschland?

Chatzimarkakis und Martin Lindner haben als Ant-
ort darauf, warum Sie, Herr Außenminister, im Amt
leiben sollten, gesagt, keiner hat so viel über Men-
chenrechte geredet wie unser Außenminister. Ja, gere-
et haben Sie viel, aber umgesetzt haben Sie wenig und
och weniger haben Sie Kurs gehalten.

Wir danken den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
res Ministeriums für diesen Bericht. Aber von Ihnen

rwarten wir zumindest eine Erklärung für die erneute
ehrtwende und eine Antwort auf die Frage, warum Sie
lauben, noch einmal durchstarten und der Außen- und
icherheitspolitik neues Profil geben zu können.


(Beifall bei der SPD – Gisela Piltz [FDP]: In der Schule wäre das „Thema verfehlt – Note 6“!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710300300

Zu einer Kurzintervention erhält der Kollege Stinner

as Wort.


Dr. Rainer Stinner (FDP):
Rede ID: ID1710300400

Vielen Dank, Herr Präsident. – Liebe Kolleginnen

nd Kollegen von der SPD, Sie haben in Ihren Reihen
ehrere Kolleginnen und Kollegen, die sich seit vielen

ahren sehr ernsthaft mit dem Thema Abrüstung be-





Dr. Rainer Stinner


(A) )


)(B)

schäftigen. Frau Zapf und Herr Mützenich werden von
uns sehr ernst genommen, und wir stehen mit ihnen sehr
gerne im Dialog, weil sie sehr profund an diesem Thema
arbeiten. Herr Steinmeier, trotzdem schickt Ihre Fraktion
heute diesen Redner in diese wichtige Debatte. Das ist
unsäglich


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Dr. Frank-Walter Steinmeier [SPD]: Ja, Herr Stinner, das tut weh!)


und zeigt uns, dass Ihre Fraktion, Herr Steinmeier, hier
und heute an dem Thema Abrüstung offensichtlich nicht
das geringste Interesse hat.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP)


Sie schickten stattdessen den nordrhein-westfälischen
Generalsekretär Ihrer Partei ins Feld, der hier mit allge-
meinen Äußerungen das Parlament sozusagen aufge-
mischt hat.

Sehr geehrter Herr Kollege Groschek, Sie haben ver-
sucht, sich an der Situation der FDP abzuarbeiten, die in
der Tat nicht besonders gut ist; das will ich gerne einge-
stehen. Wenn Sie schon über Parteien sprechen, dann
hätte ich erwartet, dass Sie über den Verlust von
10 Prozentpunkten Ihrer Partei in Rheinland-Pfalz ge-
sprochen hätten und erklärt hätten, wie es dazu gekom-
men ist.


(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Dr. Frank-Walter Steinmeier [SPD]: Wie war denn Ihr Ergebnis?)


Das Thema Abrüstung liegt uns allen am Herzen.
Frau Zapf, ich weiß, dass das auch für Sie und für den
Kollegen Mützenich gilt. Wir wissen, wie sorgfältig Sie
dieses Thema behandeln. Die SPD kann zwar machen,
was sie will. Aber dass sie angesichts der schwierigen
internationalen Situation einen Vertreter in die Debatte
schickt, der eine solche Rede hält, ist erbärmlich ange-
sichts der außenpolitischen und abrüstungspolitischen
Kompetenz Ihrer Partei.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710300500

Jetzt erhält zur Erwiderung der Kollege Groschek

noch einmal das Wort. Dann wäre es ganz schön, wenn
wir wieder über Abrüstungsfragen reden könnten.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Michael Groschek (SPD):
Rede ID: ID1710300600

Sehr geehrter Herr Kollege Dr. Stinner, ich greife Ih-

ren Hinweis zu Rheinland-Pfalz gerne auf; denn Büchel
liegt in Rheinland-Pfalz. Es waren der jetzige Außen-
minister und die FDP, die immer vollmundig erklärt ha-
ben: Wir werden das atomwaffenfreie Deutschland
schaffen. – Dann folgte aber die Kehrtwende. Wir wer-
fen Ihnen vor, dass Sie erst vollmundig Ankündigungen
machen, sich aber dann zwergenhaft verhalten, wenn es
um die Umsetzung geht.

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(C (D (Zuruf von der FDP: Das stimmt doch gar nicht!)


Das ist das Problem, das Ihr Außenminister und Ihre
artei haben. Aber der Offenbarungseid der Freien De-
okratischen Partei darf nicht zum Offenbarungseid

eutscher Außenpolitik werden. Diese Befürchtung ha-
en wir allerdings.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Sie kennen Herrn Genscher wahrscheinlich besser als
h.


(Dr. Rainer Stinner [FDP]: Ganz offensichtlich!)


hristian Lindner berichtete in den Gremien der FDP,
ass Herr Genscher die Implosion der FDP vor Augen
at und der Meinung ist, es sei die schwierigste Situation
er FDP seit der Nachkriegszeit und man müsse Rösler
eit geben, den personellen Wechsel zu vollziehen. Was
eißt das denn? Das heißt doch, dass die Fraktionsvorsit-
ende, der Wirtschaftsminister und der Außenminister
re Ämter nur noch auf Abruf bekleiden. Das besorgt

ns; denn das ist nicht allein Privatsache der Freien De-
okratischen Partei, sondern auch Sache der Bundes-

olitik, weil die Funktionsfähigkeit der Bundesregierung
nd des Parlamentes berührt wird.


(Gisela Piltz [FDP]: Sie müssen sich um uns keine Sorgen machen!)


Sie können gerne solche Ablenkungsmanöver starten.
ir erwarten von Ihnen allerdings, dass Sie nicht nur
nkündigungen machen, sondern Rede und Antwort ste-
en, wenn es um Ihre außenpolitische Bilanz und um
re gescheiterten Ansätze in der Außenpolitik geht.


(Beifall bei der SPD – Dr. Rainer Stinner [FDP]: Peinlich! Peinlich! – Gisela Piltz [FDP]: Das war unterirdisch!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710300700

Roderich Kiesewetter ist der nächste Redner für die

DU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Roderich Kiesewetter (CDU):
Rede ID: ID1710300800

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

n! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist für ernst-
afte Abrüstungspolitiker schon erstaunlich und in Tei-
n nicht nachvollziehbar, dass ein so wichtiges Thema
ie der Jahresabrüstungsbericht als Forum für Opposi-
onspolitik benutzt wird.

Selbst der Fraktionsvorsitzende der SPD hat die Ent-
altung der Bundesrepublik Deutschland bei den Verein-
n Nationen den Medien gegenüber und auch in den ei-
enen Reihen für gut geheißen. Ich möchte aber von
iesem Thema weg; denn es geht um etwas ganz ande-
s. Es geht um die Frage, wie sich unser Land in der
brüstung positioniert. Ich hätte mich sehr gefreut, Herr
ollege Groschek, wenn Sie heute ein ganz wesentliches
atum genannt hätten. Genau heute vor einem Jahr, am





Roderich Kiesewetter


(A) )


)(B)

8. April 2010, wurde der START-Vertrag von Obama
und Medwedew unterzeichnet. Am 6. Februar dieses
Jahres wurden die Ratifizierungsurkunden in Deutsch-
land, nämlich bei der Münchner Sicherheitskonferenz,
ausgetauscht.

Wir haben im letzten Jahr auch erhebliche Bewegung
beim Nuklearen Nichtverbreitungsvertrag gehabt. Erst-
mals nach fünf Jahren haben sich alle Unterzeichnerstaa-
ten auf ein Kommuniqué geeinigt. Für uns ist es, glaube
ich, auch wichtig, dass der KSE-Vertrag, der Vertrag
über konventionelle Streitkräfte in Europa, von 1990
endlich eine Wiederbelebung erfährt. Wir feiern in die-
sem Monat auch das 20-jährige Bestehen des Verifika-
tionszentrums der Bundeswehr in Geilenkirchen. – So
weit zu den wirklichen Bollwerken und Bausteinen der
Abrüstungspolitik.

Damit wird eindeutig klar: Deutschland hat sich mit
aller Kraft und erfolgreich für Abrüstung eingesetzt. Zu-
letzt – Herr Außenminister Westerwelle hat es angespro-
chen – ist es uns gelungen, zu erreichen, dass Abrüstung
im NATO-strategischen Konzept ganz fest verankert ist,
und zwar sowohl im nuklearen Bereich als auch im kon-
ventionellen Bereich. Abrüstung gehört zum Fahrplan
der NATO. Das ist ein Novum nach über elf Jahren mit
dem alten Konzept.

Hinzu kommt, dass wir im NATO-Hauptquartier – ich
möchte das bewusst sachlich ansprechen – jetzt einen
Rüstungskontrollausschuss eingerichtet haben. Dieser
Rüstungskontrollausschuss ist Verdienst deutscher Au-
ßenpolitik. Dafür sind wir Ihnen, Herr Außenminister,
dankbar.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Uta Zapf [SPD]: Der Kollege Steinmeier war das!)


Ich denke, damit haben wir beste Voraussetzungen,
um unsere Abrüstungsbemühungen mit Russland noch
intensiver fortzusetzen. Bei Russland kommt es darauf
an, dass gerade im Bereich der Anpassung der konven-
tionellen Abrüstung Einvernehmen mit den Konfliktpar-
teien im Südkaukasus und auch in Transnistrien herge-
stellt wird. Wir als CDU/CSU fordern alle Parteien auf,
sich gemeinsam an die internationalen Verhandlungsre-
gime zu halten. Dann erzielen wir auch die notwendigen
Fortschritte in der konventionellen Abrüstung, und das
ist überfällig.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Es ist keine Binse, dass Deutschland an der Spitze in-
ternationaler ernsthafter Abrüstungsbemühungen steht.
Aber gerade deshalb möchte ich einige grundsätzliche
Positionen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zur Ab-
rüstungspolitik erläutern.

Abrüstungspolitik ist für uns ein Teil kluger und vor-
sorgender Sicherheitspolitik. Verantwortungsbewusste
Abrüstungspolitik hat das Ziel einer friedlicheren Welt
im Blick. Das geht nur mit einer effektiven Rüstungs-
kontrolle. Abrüstung allein reicht nicht; die Abrüstung
muss auch kontrolliert werden. Aber was heißt „friedli-
cher“? Friedlicher heißt: weniger militärische Konflikte,
eine stärkere Abstützung auf zivile Krisenprävention,

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(C (D irksamere Krisennachsorge und natürlich eine glaubürdige militärische Rückversicherung. Das müssen wir uch bei der Bundeswehrreform im Blick haben. Rüsngskontrolle und Nichtverbreitung sind die Geschwisr von Abrüstung. Das sind Drillinge einer sicherheitsolitischen Familie. Ferner gilt es – ich glaube, das ist ein ganz wichtiger unkt –, die Mittel, die durch Abrüstung und Konversion ei werden, möglichst in Bildungs-, Energieversorungsund Ernährungsprojekte zu investieren. Gerade ir als Union haben uns in einer Anhörung sehr stark afür eingesetzt. Es geht uns darum, Konfliktpotenziale bzubauen, zivile Krisenprävention zu stärken. Wir seen in Nordafrika, wie wichtig es ist, auch die Zivilgeellschaft zu fördern. Das ist aber nur glaubwürdig, enn wir die Fakten kennen und die Wirklichkeit so ak eptieren, wie sie ist. Anerkennung der Wirklichkeit und in realpolitischer Umgang mit den Fakten, das ist unere Position; denn Abrüstung ist harte Arbeit. Abrüsng ist ein wechselseitiger, auf Vertrauen basierender rozess, und dieses Vertrauen muss mühsam erarbeitet erden. Abrüstung ist für die CDU/CSU kein Selbstzweck. as bedeutet für uns, Abrüstung nicht nur realpolitisch nd wertegebunden zu sehen, sondern auch die Interesen unserer Außenpolitik deutlich anzusprechen. Für uns eißt das: eine enge Abstimmung im Bündnis. Eine enge bstimmung bei Abrüstungsfragen ist ein sicherheitsolitisches Markenzeichen. Unser Land kann seine Ziele icht allein erreichen. Bündnissolidarität erleichtert unere außenpolitische Handlungsfähigkeit und gestaltet nsere Politik wirksamer. Bündnissolidarität ist der Schlüssel zum Erfolg. Das chließt aber nicht aus, dass wir auch eigene deutsche Inressen verfolgen. Ich sage ganz bewusst: Das zeigt uch das Beispiel Libyen. Wir wollten die Bombardiengen nicht. Jetzt sehen wir die Auswirkungen, nicht ur in der Öffentlichkeit, sondern auch in der Zivilgeellschaft. Was wir aber wollen, ist, humanitäre Hilfe zu isten und zu unterstützen. Deswegen stehen wir auch azu, dass EU-Battlegroups humanitäre Hilfe leisten. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Agnes Malczak [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hätte sich doch der Minister vorher überlegen können!)


Darum stehen wir bei allen notwendigen abrüstungs-
olitischen Schritten für eine enge Abstimmung in
ATO und EU. So haben wir uns bei der Ausarbeitung
es strategischen Konzepts und im konventionellen Be-
ich bei der Wiederbelebung des KSE-Vertrages erfolg-
ich eingebracht. Deshalb wollen wir noch viel stärker
brüstung als Instrument vorsorglicher Krisenpräven-
on und aufmerksamer Krisennachsorge implementie-
n.

Auf unsere Anregung hin wird es deshalb im Septem-
er eine gemeinsame Anhörung der beiden Unter-
usschüsse – dem für Abrüstung und dem für zivile
risenprävention – geben, und zwar mit dem Ziel der
erifikation, das heißt, eine Form der Rüstungskontrolle





Roderich Kiesewetter


(A) )


)(B)

als Mittel der Krisenprävention zu untersuchen. Wir
wollen verklammerte Sicherheit, ganzheitliche Sicher-
heit. Deshalb ist es für uns wichtig, dass sich Abrüstung
auch bewerten lassen muss. Wir wollen ein Mehr an
Transparenz, ein Mehr an Vertrauen und Sicherheit. Nur
so schaffen wir auch ein Mehr an internationaler Stabili-
tät.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, weil Sicher-
heit unteilbar bleibt, betone ich mit Nachdruck: Abrüs-
tungspolitische Euphorie und blinder Aktionismus füh-
ren uns nicht zum Ziel. Es braucht geeignete Foren und
Verträge. Das hat im vergangenen Jahr die Nichtverbrei-
tungskonferenz in New York ebenso gezeigt wie die Ra-
tifizierung des START-Vertrages.

Für uns ist deshalb ein klarer Fahrplan wichtig. Wo-
hin führt uns die weitere Reise? Für die weitere Ab-
rüstung im nuklearen Bereich gilt es bei uns die soge-
nannten substrategischen Atomwaffen in den Fokus zu
nehmen. Diese Waffen werden gegenwärtig weder poli-
tisch noch militärisch benötigt. Da sind wir uns einig.
Sie sind durch verantwortungsvolle, bewusste Sicher-
heitspolitik, aber nicht durch rhetorische Erklärungen
überflüssig geworden. Das ist ein Ergebnis jahrzehnte-
langer parteiübergreifender Sicherheitspolitik.

Allerdings stelle ich für meine Fraktion sehr deutlich
fest – und da bleiben wir auch fest –: Der Abzug dieser
Waffen, den wir in unserem fraktionsübergreifenden An-
trag im letzten Jahr gefordert haben, muss abgestimmt
im Bündnis vorgenommen werden.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wie wollen wir das machen? Das Ganze sollte mit einem
Dialog mit den Bündnispartnern vorbereitet werden.
Nächste Woche ist die Außenministerkonferenz hier in
Berlin. Wir müssen mehr Transparenz und Vertrauens-
bildung mit Russland schaffen. „New START“ war ohne
diesen Ansatz gar nicht denkbar. Diese Aufgabe ist lös-
bar. Ich denke, mit den weiteren Verhandlungen und mit
dem Rüstungskontrollausschuss sind wir dort auf dem
richtigen Weg.

Wesentlich wichtigere und schwierigere Herausforde-
rungen gibt es im weiteren Umfeld Europas. Der Iran
verletzt weiterhin UN-Resolutionen mit der fortgesetz-
ten Arbeit an seinem Nuklearprogramm und verweigert
sich der Zusammenarbeit mit der Internationalen Atom-
energiebehörde. Deshalb setzen wir uns für eine mög-
lichst gemeinsam mit Russland entwickelte Raketenab-
wehr ein, um unsere Sicherheit zu gewährleisten.

Nordkorea und Pakistan sind gleichfalls Staaten, de-
ren Sicherheitspolitik wir nicht teilen. Es fehlt die völ-
lige Bereitschaft dieser Staaten, an internationalen
Vertragswerken mitzuwirken. Sie sind weder bei Nicht-
verbreitung noch bei Teststopps konstruktiv. Nordkorea
muss die Bedingungen für die Wiederaufnahme des
Sechs-Parteien-Gesprächs erfüllen.

Ich möchte auch etwas zu Pakistan sagen, zumal
nächste Woche ein Besuch der deutsch-pakistanischen
Freundschaftsgruppe ansteht. Pakistan verweigert Fort-

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(C (D chritte bei der Genfer Abrüstungskonferenz, insbesonere beim Verbot der Produktion von spaltbarem Mateal für Waffenzwecke. Wir werden das im Gespräch mit nseren pakistanischen Freunden verdeutlichen. Auf eier Delegationsreise im Januar dieses Jahres haben wir as Thema bereits intensiv angesprochen. Bei den Parlamentariern in Pakistan stoßen wir auf ffene Ohren. Sie sind für uns der Schlüssel für mehr ransparenz in diesem Bereich. Deshalb unterstützen ir auch mit Nachdruck alle Bemühungen der Bundesreierung, sämtliche Hebel und Kanäle auf der diplomatichen Ebene zu nutzen, um Iran, Nordkorea und Pakisn zu angemessenem Verhalten zu bringen. Über Indien erden wir nachher noch sprechen. Der Abrüstungsbericht ist nicht nur umfangreich, er t ein hervorragendes Kompendium der sicherheitspolischen Abrüstungsbemühungen weltweit und des Engaements unseres Landes. Es ist absolut erfreulich, dass ich der Bericht auch mit neuen Herausforderungen bechäftigt, zum Beispiel mit der Frage der Sicherheit der formationstechnik, Stichwort „Cyber“. Hier mahnt die undesregierung vertrauensund sicherheitsbildende aßnahmen an. Gerade der Bereich der IT-Sicherheit ird uns in den nächsten Jahren erheblich stärker be chäftigen, als wir das heute erahnen. Wir können einen Beitrag leisten, indem wir im Beich der Abrüstung intensiv mitwirken und bei der Bun eswehrreform dafür sorgen, dass die Bundeswehr über laubwürdige militärische Fähigkeiten verfügt. Das ist ie andere Seite der Medaille. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Das Wort erhält nun der Kollege Dr. Gregor Gysi für ie Fraktion Die Linke. (Beifall bei der LINKEN – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Musst du jetzt für Oskar reden, oder wie?)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710300900


Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710301000

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir füh-

n heute eine Abrüstungsdebatte und keine Debatte
ber das Personal der FDP. Deshalb werde ich mich an
tzterer auch nicht beteiligen.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auch nicht zur Linken? Sag mal was zu Oskar! Wann kommt der denn?)


Der Tenor des Jahresabrüstungsberichts 2010 liest
ich wie der der vorangegangenen Jahresberichte: Da-
ach hat die Bundesregierung eigentlich alles richtig ge-
acht, und Abrüstung wird im Grunde nur von Staaten

ußerhalb der NATO gefordert. Das ist so was von ein-
eitig, und das ist auch nicht akzeptabel.

Wenn man weltweit Abrüstung will, muss man selbst
orbildlich vorangehen.


(Beifall bei der LINKEN)






Dr. Gregor Gysi


(A) )


)(B)

Stattdessen wird aus der Bundeswehr, die im Grundge-
setz als Landesverteidigungsarmee konstruiert ist,
Schritt für Schritt eine Armee zur weltweiten Interven-
tion gemacht. Sie machen aus einer Verteidigungsarmee
eine Kriegsarmee.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)


Das Problem ist, dass sich diesbezüglich Union, SPD,
FDP und Grüne einig sind. Die Einzigen, die dagegen-
stehen, ist die Fraktion der Linken.


(Beifall bei der LINKEN)


Das, was Sie machen, ist nicht Abrüstung, sondern das
Gegenteil davon.

Sprechen wir ganz kurz über Libyen. Im Unterschied
zu den Grünen und anderen fanden wir es richtig, dass
sich die Bundesregierung zumindest enthalten hat; man
hätte im Sicherheitsrat auch mit Nein stimmen können.
Auf jeden Fall haben Sie gesagt: Deutsche Soldaten wer-
den an diesem Krieg nicht beteiligt. – Aber nun schicken
Sie deutsche Soldaten nach Libyen, und zwar bewaff-
nete deutsche Soldaten. Das ist ein Widerspruch in sich
und nicht akzeptabel.


(Beifall bei der LINKEN)


Ich weiß, Herr Trittin, Sie lachen da nur arrogant,
weil Sie schon immer für Kriege waren, auch in Bezug
auf Jugoslawien.


(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich kann gar nicht arrogant lachen!)


Ich sage Ihnen eines: Frieden mag schwieriger sein, aber
das ist ein viel besserer Weg, als Krieg zum Mittel der
Politik zu machen.


(Beifall bei der LINKEN)


Man kann über Rüstung und Abrüstung nicht ernst-
haft diskutieren, wenn man nicht gleichzeitig über Waf-
fenexporte diskutiert. Ich finde, Deutschland hätte aus
dem Zweiten Weltkrieg diese Lehre ziehen müssen: Wir
machen nie wieder Geschäfte mit dem Krieg! Wir wol-
len nie wieder am Verkauf von Waffen verdienen! – Lei-
der ist das Gegenteil realisiert worden: Deutschland ist
jetzt der drittgrößte Waffenexporteur der Erde. Ich bitte
Sie! Nur die USA und Russland verkaufen mehr Waffen
als Deutschland. Deutschland steht in der Rangliste vor
Großbritannien, vor Frankreich und vor China. Das ist
doch ein Skandal, mit dem man sich auseinandersetzen
muss!


(Beifall bei der LINKEN)


Ein großes Ziel war auch die Eindämmung des Ex-
ports von Kleinwaffen. Fehlanzeige! Kleinwaffen aus
Deutschland werden in alle Regionen der Welt verkauft.
Es wurde sogar der Bau einer Produktionsanlage für Ge-
wehre vom Typ G 36 in Saudi-Arabien genehmigt. Herr
Bundesaußenminister, international fordert die Bundes-
regierung die Markierung des Herkunftslandes auf allen
Waffen und auf jeder Munition. Das ist richtig. Aber wa-
rum werden Kleinwaffen und Munition in Deutschland
trotzdem nicht markiert? Warum dürfen wir nicht wis-
sen, ob die Waffen und die Munition, die in irgendwel-

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(C (D hen Kriegen eingesetzt werden, aus Deutschland sind der nicht? Es ist doch eine Selbstverständlichkeit, das urchzusetzen. Wie Sie wissen, wurde ein Verbot von Streumunition ngestrebt. Auch Deutschland hat sich für Ausnahmereeln für eigene Munitionstypen eingesetzt. Abgesehen avon setzen Sie das Lagerverbot nicht durch. Denn die S-Streitkräfte in Deutschland besitzen nach wie vor treumunition. Warum sagen Sie Herrn Obama oder rau Clinton nicht: „Das geht nicht. Es ist nicht hinehmbar. Es ist aus Deutschland abzuziehen.“? (Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Heidemarie Wieczorek-Zeul [SPD])


(Beifall bei der LINKEN)


Kommen wir zu den Atomwaffen. Der Atomwaffen-
perrvertrag sieht auch die Abrüstung der damaligen
nf Atommächte vor. Da das so gut wie gar nicht ge-

chehen ist, haben wir jetzt acht Atommächte; denn ne-
en den USA, Russland, China, Großbritannien und
rankreich sind Israel, Indien und Pakistan hinzugekom-
en. Jetzt ruft Obama zur Abrüstung auf. Das ist okay.
ber reale Schritte gibt es, siehe START-Abkommen, ei-
entlich nur zwischen den USA und Russland, und das
uch nur begrenzt. Die haben noch so viele überflüssige
tomwaffen, dass sie diesbezüglich weitermachen könn-
n. Die anderen Länder unternehmen in dieser Frage
eine Schritte.

Obwohl auch Sie gesagt haben, Herr Bundesaußen-
inister, dass Sie dagegen sind, dass US-Atomwaffen in
eutschland lagern, gibt es 20 Jahre nach Herstellung
er deutschen Einheit immer noch US-Atomwaffen in
eutschland. Sorgen Sie doch einmal dafür, dass diese

bgezogen werden! Wir brauchen keine einzige davon.


(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Heidemarie Wieczorek-Zeul [SPD])


Ich hatte vor vielen Jahren ein Erlebnis, das mich be-
indruckt hat. Zu der Zeit, als Krieg gegen Jugoslawien
eführt wurde, war ich in Indien und habe mit dem da-
aligen Außenminister Singh gesprochen. Pflichtgemäß

abe ich ihm natürlich gesagt, dass ich mir Sorgen ma-
he, dass auch Indien jetzt Atomwaffen hat. – Daraufhin
agte er mich: Sagen Sie mal, waren Sie für oder gegen
en Jugoslawien-Krieg? – Da habe ich gesagt: Ich war
agegen. – Darauf fragte er: Hatte Jugoslawien Atom-
affen? – Darauf antwortete ich: Nein. – Dann fragte er:
lauben Sie im Ernst, Belgrad wäre bombardiert wor-
en, wenn Jugoslawien Atomwaffen gehabt hätte? Das
t meine Antwort. – Er sagte mir also: Man macht sich
urch den Besitz von Atomwaffen unangreifbar. – Des-
alb gibt es nur eine Lösung: Die Atomwaffen weltweit
üssen vernichtet werden. Nur dann sind wir berechtigt,
eltweit zu verhindern, dass jemand eine Atomwaffe
erstellt.


(Beifall bei der LINKEN)


nsonsten werden wir das Problem mit Iran und mit
ordkorea nicht los; denn es ist immer die gleiche Lo-
ik, die dort herrscht.





Dr. Gregor Gysi


(A) )


)(B)

Lassen Sie mich etwas zur Nuclear Suppliers Group
sagen. Dieser gehören die Staaten, die Atomhandel be-
treiben, an. Der Atomwaffensperrvertrag verbietet
Atomhandel mit Ländern, die diesem Vertrag nicht bei-
getreten sind. Es muss – wie auch immer – die erste Aus-
nahme bei Israel gegeben haben, worüber so gut wie nie
diskutiert wurde. Jetzt hat es eine weitere Ausnahme bei
Indien gegeben; denn es gibt ein Abkommen zwischen
den USA und Indien über den Atomhandel. Das verletzt
den Atomwaffensperrvertrag. Nun hat auch China mit
Pakistan ein entsprechendes Abkommen geschlossen.
Dieses ist kritisiert worden, woraufhin China gesagt hat:
Aber wenn die USA das mit Indien dürfen, dann dürfen
wir das mit Pakistan. – So zieht ein Schritt der Verlet-
zung eines Vertrages den nächsten nach sich.

Nun soll Indien Mitglied der Nuclear Suppliers Group
werden. Auch das ist vertragswidrig, weil ein Beitritt
von Ländern, die dem Atomwaffensperrvertrag nicht
beigetreten sind – die Ausnahme bilden die ursprüngli-
chen fünf Staaten –, ausgeschlossen ist, und Indien ist ja
nicht beigetreten. Wenn wir hier die erste Ausnahme ma-
chen, werden weitere Ausnahmen folgen. Die ganze
Richtung ist falsch. Das ist kein Weg zur Abrüstung,
sondern eine Animierung zur Rüstung. Auf diesem Weg
müssen wir umkehren.


(Beifall bei der LINKEN)


Zu den Rüstungsexportgenehmigungen; diese liegen
im Milliardenbereich. Hören Sie einmal gut zu. Im Jahre
1998 genehmigten Union und FDP in der Kohl-Regie-
rung Rüstungsexporte im Wert von 6,2 Milliarden Euro.
Unter der Regierung aus SPD und Grünen waren die
Zahlen erst einmal rückläufig. Aber schon im Jahre 2001
genehmigte die Regierung Rüstungsexporte im Wert von
7,5 Milliarden Euro. Von 2003 bis 2005 hat Rot-Grün,
genau wie die Kohl-Regierung, jährlich Rüstungs-
exporte im Wert von 6,2 Milliarden Euro genehmigt.
Was war in dieser Frage der Unterschied zwischen den
beiden Regierungen? Es gab keinen. Danach regierten
Union und SPD. Sie haben zum Beispiel in einem Jahr
Rüstungsexporte im Wert von 8,7 Milliarden Euro er-
laubt.

Der größte Anteil der Waffenexporte erfolgt in die
NATO oder an Länder wie Australien und Kanada; aber
niemals ist vereinbart worden, dass diese die Waffen
nicht weiterverkaufen dürfen. Wir wissen überhaupt
nicht, wo die Waffen letztlich landen. Darüber hinaus hat
der Anteil der sogenannten Drittstaaten, in die Rüstungs-
exporte stattfinden, ständig zugenommen. Nehmen wir
nur das Jahr 2009. In diesem Jahr wurden Waffenexporte
in Drittstaaten, davon zwei Drittel in den Nahen Osten,
im Umfang von 2,5 Milliarden Euro genehmigt. Aber
Waffenexporte in Spannungsgebiete und an Diktaturen
sind doch verboten. Wieso werden ständig Waffen an
Diktaturen und vor allen Dingen auch in Spannungsge-
biete verkauft? Der ganze Nahe Osten ist ein Spannungs-
gebiet.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


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(C (D Ich möchte Ihnen einige Beispiele für Waffenexporte n Diktaturen und in Spannungsgebiete zwischen 2006 nd 2009 nennen. Libyen – eine Diktatur – bekam Wafnexporte in Höhe von 83 Millionen Euro. Israel – es ist elbstverständlich keine Diktatur, aber liegt in einem pannungsgebiet – bekam Waffenexporte im Umfang on 106 Millionen Euro. Andere Länder bekamen noch viel mehr Waffenxporte: Ägypten – eine Diktatur – im Werte von 144 Milonen Euro, Bahrain – eine Diktatur – im Werte von 84 Millionen Euro, Saudi-Arabien – eine feudal strukrierte Diktatur – im Werte von 441 Millionen Euro, die ereinigten Arabischen Emirate – eine Diktatur – im erte von 846 Millionen Euro. So werden Geschäfte geacht. Sogar die Diktatur Syrien bekam Waffenexporte, enn auch nur im Werte von 550 000 Euro. Ich glaube, chon 1 Euro ist zu viel. Waffen werden auch geliefert an Indien, an Indoneien, an Malaysia, an Pakistan – das sind doch Spanungsgebiete, oder nicht? – und an Südkorea. Südkorea t nun wirklich ein Spannungsgebiet. Im Jahre 2008 urden Waffenlieferungen an Südkorea im Wert von ,9 Milliarden Euro genehmigt. Das war der höchste Beag von allen. Was könnte die Bundesregierung tun? Wofür sollten ir streiten? Ich sage erstens: Wir müssen sehr grundsätzlich daber nachdenken, ob aus unserer Geschichte nicht die erpflichtung resultiert, zu sagen: Wir beteiligen uns berhaupt nicht mehr an Waffenexporten. Wir verbieten ie in Deutschland. enn Sie das nicht wollen, wenn Sie also sagen, Wafnlieferungen innerhalb der NATO, an Kanada, Austraen etc. seien notwendig, dann versuchen Sie doch enigstens, in Verträgen zu vereinbaren, dass ein Weirverkauf dieser Waffen ausgeschlossen wird. Das wäre och das Mindeste, was man hinbekommen müsste. Verbieten Sie wenigstens Waffenexporte an Drittstaan, zumindest an Staaten in Spannungsgebieten – diese üssten dann definiert werden, und zwar ganz eng – und n Diktaturen! Nichts dergleichen geschieht. Wir benötien endlich ein Ende der Waffenexporte in den Nahen sten. Das ist doch wohl das Mindeste, worauf man sich ier verständigen könnte, wenn Sie unsere weitergehenen Forderungen schon nicht erfüllen. Zweitens: atomare Abrüstung. Wir brauchen den Abug der Atomwaffen aus Deutschland, wir brauchen eine itiative für eine kernwaffenfreie Zone in ganz Europa, nd wir müssen eine Initiative für eine kernwaffenfreie one im Nahen Osten unterstützen. Das betrifft nicht nur rael, sondern verhindert vor allem auch eine atomare ufrüstung im Iran. Drittens. Nicht mehr benötigte Waffensysteme der undeswehr müssen vernichtet und dürfen nicht weiter Dr. Gregor Gysi )


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)





(A) )

gegeben und verkauft werden. Sie müssen endlich ver-
nichtet werden.


(Beifall bei der LINKEN)


Viertens. Die Lagerung von Streumunition in
Deutschland ist nicht zu dulden.

Fünftens. Endlich muss der Vertrag über konventio-
nelle Abrüstung in Europa hier ratifiziert werden.

Sechstens. Wir brauchen keinen Ausbau der militäri-
schen Kapazitäten in der EU. Mein Gott, Sie haben doch
die NATO! Warum reicht Ihnen das nicht? Warum muss
jetzt auch noch die EU militarisiert werden? Das ist
überhaupt nicht nachzuvollziehen.


(Beifall bei der LINKEN)


Siebtens. Ich sage Ihnen, dass der Aufbau einer Rake-
tenabwehr durch die USA in Tschechien und Polen
Russland völlig verunsichert. Auch hier wäre es erfor-
derlich, dass die Bundesregierung ihre Stimme erhebt
und deutlich macht, dass dies kein Weg zur Abrüstung
ist.

Lassen Sie uns umkehren! Schluss mit den Geschäf-
ten mit Waffen, Schluss mit Kriegen! Lassen Sie
Deutschland einen anderen Weg gehen!


(Anhaltender Beifall bei der LINKEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710301100

Die Kollegin Agnes Malczak ist die nächste Rednerin

für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


Agnes Malczak (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710301200

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Abrüs-

tungspolitik muss ein Grundpfeiler deutscher Außen-
politik sein.


(Christoph Schnurr [FDP]: Ist sie!)


Denn weniger Rüstung und mehr vertrauensbildende
Rüstungskontrolle bedeuten mehr Frieden und Sicher-
heit für alle.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Heidemarie Wieczorek-Zeul [SPD])


Herr Minister Westerwelle, Sie betonen hier im Bun-
destag immer wieder, wie wichtig Ihnen Abrüstung ist.
Das klingt gut. Sie hätten uns Grüne und wahrscheinlich
das ganze Parlament an Ihrer Seite, wenn Sie Ihre Ver-
sprechen wahrmachen würden. Sie ziehen aber immer
mit großen Worten davon und kommen dann mit leeren
Händen wieder.

Ihre Außenpolitik lässt eine klare Linie vermissen. Ihr
Zickzackkurs in Bezug auf Libyen ist dafür wieder ein-
mal bezeichnend.

Zuerst sagten Sie generell Nein zu einem militäri-
schen Einsatz in Libyen.


(Philipp Mißfelder [CDU/CSU]: Was sagen Sie denn?)


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(C (D ann sagten Sie, dass Sie sich auch nicht am Waffenemargo beteiligen und die deutschen Schiffe abziehen. etzt sagen Sie: Bei EUFOR Libya sind wir mit dabei. – an hat das Gefühl, Ihnen fehlt der Kompass und Sie erfen eine Münze, wenn es darum geht, zu entscheien, an welchem Einsatz man sich beteiligt und an welhem nicht. Es gibt kein Wertefundament, keine Begrünungen und keine einheitliche Linie. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der CDU/CSU: Ja, ja! Die Grünen sind sich in der Frage ja sehr einig!)


Abrüstungspolitik funktioniert nur dann, wenn sie
mfassend, konsequent und ehrlich ist. Ihre Abrüstungs-
olitik ist in zentralen Punkten reduziert, inkonsequent
nd halbherzig. Gegenüber grundlegenden Zusammen-
ängen scheinen Sie oftmals blind zu sein. Sie denken
icht zusammen, was zusammengehört. Das hat schwer-
iegende Folgen, wie ich Ihnen mit Blick auf mehrere
ereiche aufzeigen möchte.

Bei der Umsetzung von internationalen Abrüstungs-
erträgen ist es geboten, umfassende Maßnahmen zu
effen, um geächtete Waffen effektiv aus dem Verkehr
u ziehen. Mit dem Inkrafttreten des Abkommens zum
erbot von Antipersonenminen und des Übereinkom-
ens über Streumunition wurden für die weltweite Äch-
ng dieser barbarischen Waffen wichtige Fortschritte

rzielt.

Trotz dieser großen Erfolge werden diese Waffen je-
och weiter in vielen Ländern produziert und eingesetzt.
ie töten und verstümmeln Menschen auf grausame
eise und treffen vor allem die Zivilbevölkerung. Viele
nterzeichnerstaaten haben diese Verträge leider noch
icht ratifiziert, Deutschland zum Glück schon.

Aber mit Halbherzigkeit ist ein umfassendes Verbot
on Landminen und Streumunition nicht zu verwirkli-
hen. Und um effektiv und konsequent den Einsatz, die
agerung, die Herstellung, die Entwicklung und den
andel dieser Waffen zu verhindern, muss in allen rele-
anten Bereichen dafür Sorge getragen werden, dass das
erbot dieser Waffen nicht untergraben wird.

Zu einem universellen und wirksamen Verbot gehört
eshalb zwingend auch das Verbot von Investitionen in
nternehmen, die diese grausamen Waffen herstellen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


och in Deutschland darf weiterhin munter in die Pro-
uktion dieser barbarischen Waffen investiert werden.
er zum Beispiel in Deutschland eine Riester-Rente hat,
uss damit rechnen, dass das angelegte Geld in Streu-
unition investiert wird. Denn die Produkte der staatlich

eförderten privaten Altersvorsorge werden überhaupt
icht daraufhin überprüft, ob ethische Mindeststandards
ingehalten werden. Die Bundesregierung scheint es gar
icht zu interessieren, ob mit Steuergeldern Unterneh-
en unterstützt werden, die diese geächteten Waffen

erstellen und entwickeln. Dadurch wird das Verbot von
ntipersonenminen und Streumunition zugunsten der





Agnes Malczak


(A) )


)(B)

wirtschaftlichen Interessen der Rüstungsindustrie und
des Finanzsektors ausgehöhlt.

Herr Minister, hier ist kein Herz für Banken und In-
vestmentfonds gefragt, sondern ein beherztes Eintreten
für ein Investitionsverbot in Unternehmen, die völker-
rechtswidrige Waffen entwickeln und herstellen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Deutschland sollte dem Beispiel Belgiens, Luxemburgs,
Norwegens oder Neuseelands folgen und diese Investi-
tionen generell gesetzlich untersagen. Denn zu einem
Verbot des Einsatzes und der Produktion gehört unwei-
gerlich auch ein Verbot, damit Profit zu machen. Beides
muss zusammengedacht werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Deshalb legen wir Grüne heute einen Antrag für ein
umfassendes Investitionsverbot in Streumunition und
Landminen vor. Wir laden heute auch alle Fraktionen zur
Zusammenarbeit ein, um endlich Investitionen in diese
Waffen gesetzlich zu verbieten und die steuerliche För-
derung zu beenden.


(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Alle?)


– Ja, alle.

Meine Damen und Herren, im vergangenen Jahr stand
die nukleare Abrüstung und Nichtverbreitung an obers-
ter Stelle auf der abrüstungspolitischen Agenda. Im Ko-
alitionsvertrag wurde vollmundig versprochen, dass sich
die Bundesregierung für den Abzug der in Deutschland
stationierten amerikanischen Atomwaffen einsetzt. Die
breite Mehrheit dieses Hauses hat bei der Debatte zum
Jahresabrüstungsbericht im vergangenen Jahr mit einem
historischen Antrag, der von CDU/CSU, SPD, FDP und
uns Grünen gemeinsam erarbeitet wurde, die Bundesre-
gierung dazu aufgefordert, dieses Versprechen auch ein-
zulösen.

Herr Minister, ich darf Sie daran erinnern: Dieser Be-
schluss des Bundestages ist keine unverbindliche Hand-
lungsempfehlung. Wir sind in dieser Frage aber leider
keinen Schritt weitergekommen. Innerhalb der NATO
konnte die Bundesregierung keine nennenswerten abrüs-
tungspolitischen Erfolge erzielen. Sie sind daran ge-
scheitert, die Reduzierung der US-Atomwaffen in Eu-
ropa im neuen strategischen Konzept der Allianz zu
verankern.

Stattdessen weitet die Bundesregierung ihre Verzöge-
rungstaktik aus und koppelt die Frage des Abzugs der
US-Atomwaffen aus Deutschland an Zugeständnisse
Russlands im substrategischen Bereich. Damit verschie-
ben Sie den Abzug der US-Atomwaffen absichtlich auf
den Sankt-Nimmerleins-Tag. Diese kurzsichtige Politik
lassen wir Ihnen nicht durchgehen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


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(C (D Wirkliche Fortschritte werden wir außerdem nur chaffen, wenn wir atomare Abrüstung und den Atomusstieg zusammendenken. Denn es gibt einen höchst roblematischen Zusammenhang zwischen atomarer ufrüstung und der zunehmenden Ausbreitung der zivin Nutzung von Atomenergie. Wer davor die Augen erschließt, denkt eben nicht zu Ende und nicht an das anze. Durch die zivile Nutzung erwerben immer mehr taaten die Fähigkeit zum Aufbau militärischer Nuklearrogramme. Wir alle wissen: Die Nutzung der Atomraft ist mit unverantwortlichen ökologischen und siherheitspolitischen Risiken verbunden. Die furchtbare atastrophe in Fukushima fordert auch international ein ndamentales Umdenken. Allerdings unterliegen noch immer viele Entwickngsländer und aufstrebende Staaten dem Irrglauben, tomenergie sei das Wundermittel für eine sichere Enerieversorgung. Dafür sind auch die Atommächte verantortlich, die jahrelang, statt ihren Abrüstungsverpflichngen nachzukommen, allen Nichtkernwaffenstaaten ie zivile Nutzung schmackhaft gemacht haben. Dieser rend muss dringend aufgehalten werden. Deutschland muss nicht nur schnellstmöglich aus der tomenergie aussteigen, sondern auch weltweit dafür erben. Schwarz-Gelb stellt sich hier blind und hält an er fahrlässigen Förderung deutscher Atomexporte fest. it Blick auf Indien, das wie kaum ein anderes Land tomkraftwerke aus dem Boden stampfen will und als bsatzmarkt für die deutsche Industrie lockt, scheinen ie sogar bereit, alle sicherheitspolitischen Bedenken ber Bord zu werfen. Die Brückentechnologie-Kanzlerin elbst befürwortet den nukleartechnologischen Brückenchlag zum Atomwaffenstaat Indien. Dabei erlaubt das ukleare Nichtverbreitungsregime den Handel von ukleartechnologie und Nuklearmaterial nur unter sehr trengen Auflagen. Deutschland ist Mitglied der Gruppe der nuklearen ieferstaaten, der sogenannten Nuclear Suppliers Group, nd hat hier, wie jedes andere Mitglied, ein Vetorecht. chon im September 2008 haben die Lieferstaaten unter eutschem Vorsitz die fatale Entscheidung getroffen, für en Nuklearhandel mit Indien eine Ausnahme zu mahen. Das haben damals nicht nur wir Grüne, sondern uch die FDP zu Recht sehr scharf kritisiert. Heute ist sogar im Gespräch, Indien in die Nuclear uppliers Group aufzunehmen und damit den nuklearen ammbruch endgültig zu besiegeln. Auf unsere Frage in, wie man zur Aufnahme Indiens in die Nuclear Supliers Group steht, windet sich die Bundesregierung heus. Ich fordere Sie auf, hier endlich Farbe zu beken en! Wenn Sie mit einem Veto nicht Nein zur Aufnahme on Indien sagen, dann sagen Sie Ja zu einem verstärkn Handel von Nukleartechnologie mit einem Staat, der icht Mitglied des Atomwaffensperrvertrages ist und essen Atomanlagen nicht unter dauerhafter Aussicht er Internationalen Atomenergie-Organisation stehen. enn Sie nicht Nein zur Aufnahme Indiens in die Nu Agnes Malczak )


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)





(A) )

clear Suppliers Group sagen, dann bleibt auch all Ihre
Freude über den Erfolg der Überprüfungskonferenz zum
Atomwaffensperrvertrag im letzten Jahr letztendlich ein-
fach nur scheinheilig. Die Bundesregierung ist dann
auch verantwortlich dafür, dass der Atomwaffensperr-
vertrag komplett ausgehebelt wird.

Mit unserem zweiten grünen Antrag, den wir heute
hier vorlegen, erteilen wir deshalb dem Nuklearhandel
mit Indien eine entschiedene Absage und stellen uns ge-
gen diese auf kurzsichtigen Profit ausgerichtete Politik.
Angesichts der enormen ökologischen und sicherheits-
politischen Risiken gibt es für uns nur eine Lösung: den
Ausstieg aus der Atomenergie in Deutschland schnellst-
möglich zu vollziehen und international voranzutreiben.
Als eines der technologisch fortschrittlichsten Länder
kann Deutschland bei dieser Überzeugungsarbeit eine
sehr wichtige Rolle spielen, wenn es selbst zügig und
konsequent aus der Atomenergie aussteigt.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Heidemarie Wieczorek-Zeul [SPD])


Ein grundsätzliches Umdenken hinsichtlich der weltwei-
ten Energieversorgung anzustoßen und andere Länder
durch alternative und ökologische Energiegewinnung in
ihrem Streben nach Energiesicherheit zu unterstützen –
das könnte der wertvollste Beitrag Deutschlands zu einer
atomwaffenfreien Welt sein.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Heidemarie Wieczorek-Zeul [SPD])


Zusammendenken, was zusammengehört! Ich emp-
fehle Ihnen, sowohl in der Energiepolitik als auch in der
Abrüstungspolitik die Denkblockaden zu durchbrechen.
Falls Sie dazu Denkanstöße brauchen: In beiden Fällen
sind Sie bei uns, wie immer, gut beraten.

Vielen Dank.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Heidemarie Wieczorek-Zeul [SPD] und Josip Juratovic [SPD])



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710301300

Das Wort erhält nur der Kollege Christoph Schnurr

für die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Christoph Schnurr (FDP):
Rede ID: ID1710301400

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kolle-

gen! Herr Groschek, zu Beginn meiner Rede möchte ich
auf Sie eingehen.

Erstens. Sie haben gesagt, der Auftritt des Bundes-
ministers sei knapp gewesen. Der Bundesaußenminister
Westerwelle hat sieben Minuten gesprochen. Sechs Mi-
nuten stehen mir zu. Wir in der FDP-Fraktion lassen
eben nicht nur die Minister sprechen, sondern halten es
auch für notwendig, dass die Abgeordneten an dieser
sehr wichtigen Diskussion teilnehmen. Deswegen kam
es bei uns zu einer Splittung der Redezeit. Sie machen
das in der SPD-Fraktion vielleicht anders.

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(C (D Zweitens. Sie haben zu Libyen gesprochen. Lieber err Kollege Groschek, ich glaube, über Libyen wurde ft und ausreichend diskutiert. as wird die Außenund Sicherheitspolitik natürlich eiter begleiten, und wir werden in diesem Hohen ause auch weiter über diese Entscheidung und über eitere Entscheidungen diskutieren. Mich würde aber interessieren, was eigentlich die osition der SPD-Fraktion ist. ls wir in der letzten Diskussion über Libyen gesprohen und hier im Hohen Hause über das Mandat abgetimmt haben, wurde auch auf mehrfache Nachfrage der DP-Fraktion hin nicht deutlich, welche Position die PD vertritt. Vielleicht können Sie das nachher noch ufklären. Der dritte Punkt ist: Guido Westerwelle spricht nicht ls Parteivorsitzender, sondern als Außenminister. (Michael Groschek [SPD]: Wenn er es nur wäre!)


(Michael Groschek [SPD]: Immer anders!)


(Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Genau!)


as sollte auch Ihnen bekannt sein. Von daher ist es rich-
g, dass er diese Rede gehalten hat.

Frau Malczak, Sie haben gesagt, dass die Außenpoli-
k der Regierung in der Libyen-Frage keine klare Linie
at. Ich frage mich, ob die Politik und die Äußerungen
er Grünen zu Libyen und Afghanistan eine klare Linie
aben, wenn Ihre Fraktion teilweise zustimmt, sich ent-
ält oder mit Nein stimmt.

Ich glaube, dass wir solche wichtigen Themen durch-
us diskutieren können, aber heute steht ein anderer
ichtiger Punkt auf der Tagesordnung, nämlich der Jah-
sabrüstungsbericht. In den vergangenen Jahren gab es
diesem Zusammenhang nicht immer nur Positives zu

erichten. Vor allem der Nichtverbreitungsvertrag, der
ichtigste internationale Vertrag über die nukleare Ab-
stung, war unter Druck. Dazu beigetragen haben die

atsache, dass Proliferationsfälle bekannt wurden, die
tomtests Nordkoreas und auch die gescheiterte Über-
rüfungskonferenz 2005.

Heute können wir sagen: Der schleichende Erosions-
rozess des NVV ist vorerst gestoppt. Schon deshalb
ar das Jahr 2010 ein gutes Jahr für die Abrüstung. Zwei
ntwicklungen haben dazu maßgeblich beigetragen: der
bschluss und die Ratifizierung des New-START-Ab-
ommens und der Erfolg der Überprüfungskonferenz.

Vor einem Jahr hat Außenminister Westerwelle an
ieser Stelle zur Überprüfungskonferenz gesagt: Wir
ollen einen konkreten Aktionsplan. – Genauso ist es
ekommen. Ich denke, wir können sehr zufrieden damit
ein, was die Bundesregierung und unser Außenminister
esterwelle geleistet haben. Ein positives Signal ist

uch, dass die Gründung der Gruppe der „Freunde des
VV“ erfolgt ist und wir uns aktiv beteiligen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)






Christoph Schnurr


(A) )


)(B)

Der NVV wird auch durch den New-START-Vertrag
gestärkt. Er ist ein deutliches Signal dafür, dass die Staa-
ten, die über 90 Prozent aller Kernwaffen besitzen, ihren
Verpflichtungen aus dem Nichtverbreitungsvertrag nach-
kommen.

Auch die NATO kann und sollte Verantwortung über-
nehmen. Vor dem Gipfel in Lissabon gab es unterschied-
liche Stimmen, die den Standpunkt vertreten haben, die
NATO sei kein Abrüstungsgremium; deshalb solle man
keine Abrüstungsthemen in der NATO diskutieren. Ich
denke, die NATO ist ein Instrument der transatlantischen
kooperativen Sicherheit. Abrüstung und Rüstungskon-
trolle tragen wesentlich zu mehr Sicherheit bei. Deshalb
sollte auch in der NATO Raum für dieses Thema sein.
Die ersten Schritte sind schon getan, und die Bundesre-
gierung hat einen maßgeblichen Anteil daran. Vielen
Dank!


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Die NATO hat sich in ihrem neuen Strategischen
Konzept verpflichtet, die Voraussetzungen für eine Welt
ohne Atomwaffen zu schaffen. Außerdem soll sich ein
Kontrollausschuss mit abrüstungs- und rüstungskontroll-
politischen Themen beschäftigen. Die Einrichtung die-
ses Ausschusses ist ein wichtiger und richtiger Schritt in
die Zukunft.

Es muss aber auch in anderen Fragen weitergehen. Es
geht zum Beispiel um den Abzug der substrategischen
Nuklearwaffen aus Europa. Dazu gab es auch einen
Antrag. Wir haben das nicht nur im Koalitionsvertrag
festgeschrieben, sondern wir stehen auch dazu und dis-
kutieren darüber. Die Koalition verfolgt dieses Ziel kon-
sequent.

Es ist erstaunlich, dass Sie heute so tun, als ob Rot-
Grün nie in der Regierungsverantwortung gewesen
wäre. Elf Jahre waren es bei der SPD, sieben Jahre bei
den Grünen. Sie haben es nicht geschafft. Das mache ich
Ihnen nicht zum Vorwurf. Wichtig ist nur, dass wir ge-
meinsam an diesem Ziel weiterarbeiten. Umso mehr
freut es mich persönlich, wenn eine große Mehrheit in
diesem Haus die Bundesregierung in diesem konkreten
Punkt unterstützt.

Es geht auch um die Rolle der Atomwaffen in der Mi-
litärdoktrin. Hier muss sich die NATO mindestens am
Nuclear Posture Review der US-Regierung aus dem letz-
ten Jahr orientieren.

Eine Gefahr für unsere kollektive Sicherheit geht aber
nicht nur von der reinen Zahl der Kernwaffen aus. Eine
große, vielleicht sogar noch größere Gefahr geht von der
Proliferation von Kernwaffen aus.

Große Sorge sollte uns auch der latente Konflikt zwi-
schen Pakistan und Indien machen. Die Geschwindigkeit
der nuklearen Aufrüstung in dieser Region ist jedenfalls
beängstigend.

Das vergangene Jahr hat uns gezeigt: Wer Fortschritte
bei der nuklearen Abrüstung will, muss auch die kon-
ventionelle Abrüstung vorantreiben. Das wird beim

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(C (D ew-START-Folgeprozess offensichtlich. Russland hat eutlich gemacht, dass der gerade geschlossene Vertrag nd erst recht ein weiteres Abkommen eng mit dem ufbau einer amerikanischen bzw. transatlantischen Raetenabwehr verknüpft ist. Auch die Einbeziehung von ubstrategischen Nuklearwaffen in einen START-Folgerozess wird wohl nur möglich sein, wenn man auch die onventionellen Kräfte einbezieht. Eine weitere wichtige Wegmarke des letzten Jahres ar das Inkrafttreten des Übereinkommens über Streuunition und die erste Vertragsstaatenkonferenz dazu in aos. Die Bundesrepublik hat bei der Aushandlung des bkommens in Oslo eine wichtige Rolle gespielt. Auch eshalb kommt Deutschland eine besondere Verantworng zu, wenn es darum geht, die großen Streumunionsbesitzer an das Übereinkommen heranzuführen. Bei allen Dingen, die den Bundestag teilweise schon eit Jahrzehnten beschäftigen, sollten wir neue Entwickngen nicht vernachlässigen. Als Beispiel will ich die efahren durch Cyberangriffe nennen. 2010 hat uns tuxnet aus dem informationstechnischen Dornröschenchlaf gerissen. Alle Experten sind sich einig, dass die erkömmlichen Methoden der Rüstungskontrolle hier icht greifen. Deshalb brauchen wir neue Ideen. Einige orschläge liegen auf dem Tisch, zum Beispiel zu verauensund sicherheitsbildenden Maßnahmen. Die undeskanzlerin hat angekündigt, dass die Bundesregieng eine internationale Konvention zum Verhalten im yberspace anstrebt. Das könnte ein erster Schritt sein. jedem Fall sollten wir versuchen, eine Aufrüstungs pirale in diesem Bereich zu verhindern. In jedem Fall lässt sich eines sagen: Wir sind unteregs in die richtige Richtung. In diesem Jahr muss es nsere Aufgabe sein, das Rad am Laufen zu halten, das er amerikanische Präsident mit seiner Prager Rede in chwung gebracht hat. Vielen Dank. Die Kollegin Uta Zapf hat nun das Wort für die SPD raktion. Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Es t guter Brauch, dass wir uns in einer Debatte über den ahresabrüstungsbericht zuerst für die gute Zusammenrbeit mit dem Auswärtigen Amt in diesem Bereich beanken, (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710301500

(Beifall bei der SPD)

Uta Zapf (SPD):
Rede ID: ID1710301600

ber auch für die gute Zusammenarbeit, die wir im zu-
tändigen Fachausschuss miteinander pflegen. Wir dan-
en auch für den Jahresabrüstungsbericht, der ein wert-
olles Kompendium für alle ist, die sich in Bezug auf
brüstung und Rüstungskontrolle orientieren wollen.





Uta Zapf


(A) )


)(B)


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Es wurde bereits mehrfach gefragt: Ist 2010 ein gutes
Jahr gewesen? Ich habe mir hier ein Fragezeichen no-
tiert. 2010 war sowohl ein gutes Jahr als auch ein Jahr,
das sehr viele Fragen aufgeworfen hat. Ich möchte das
an der Nuklearfrage deutlich machen. Wir hatten 2008
und in der Folgezeit große Hoffnungen, als sich Obama
insbesondere in seiner Prager Rede für eine Welt ohne
Kernwaffen eingesetzt hat. Dies hat große Zustimmung
gefunden, auch bei denen, die früher in der Verantwor-
tung waren. Entsprechende Artikel wurden veröffent-
licht. Es haben sich Initiativen gebildet. Wir hatten die
große Hoffnung, dass dies der NATO einen Schub geben
würde.

Wir haben mit New START einen ersten positiven Er-
folg erzielt; darüber freue ich mich sehr. Da gibt es
nichts zu meckern. Aber die Tatsache, dass wir beim
NATO-Konzept unserem Ziel, eine Welt ohne Atomwaf-
fen zu schaffen, kein Stück nähergekommen sind, berei-
tet mir große Sorgen, lieber Herr Außenminister. Ich bin
enttäuscht darüber, dass die Bundesregierung mit
Hinweis auf die Solidarität einen Rückzieher bei den
substrategischen Waffen gemacht hat; darauf komme ich
gleich noch einmal zu sprechen. Zudem wird aus meiner
Sicht die Bedeutung der Nuklearwaffen im NATO-Kon-
zept nicht verringert. Es gibt weiterhin einen Mix aus
konventionellen und nuklearen Elementen. Die nukleare
Abschreckung besteht fort. Ich sehe keine Verringerung
der Bedeutung der Nuklearwaffen. Wir konstatieren ge-
nauso wie die Amerikaner in der Nuclear Posture
Review: Solange es Nuklearwaffen auf der Welt gibt,
brauchen wir eine starke Abschreckung. – Ich glaube,
dass die NATO nicht auf Nuklearwaffen zur Abschre-
ckung angewiesen ist. Vielmehr gibt es andere Hebel
und Möglichkeiten. Wir müssen zuerst einmal feststel-
len, welche Aufgaben wir innerhalb der NATO eigent-
lich haben, die nach dem Ende des Ost-West-Konflikts
überhaupt noch eine nukleare Abschreckung nötig ma-
chen. Also: Büchel bleibt. Ich glaube, das ist eine Auf-
gabe, die noch einmal angegangen werden muss.

Frau Malczak hat schon darauf hingewiesen: Wir ha-
ben im März 2010 in diesem Haus einen gemeinsamen
Antrag – weitestgehend auf der Grundlage eines SPD-
Entwurfs – beschlossen. Mit diesem Antrag haben wir
der Bundesregierung gemeinsam umfangreiche Aufträge
gegeben. Herr Präsident, Sie betonen ja immer die wich-
tige Rolle der Parlamente. Ich bin enttäuscht, dass diese
Regierung einen Teil der darin ausgesprochenen Auf-
träge an die Bundesregierung nicht erfüllt hat.


(Beifall der Abg. Agnes Malczak [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


Zum einen geht es um die substrategischen Waffen,
die, denke ich, als Nächste an der Reihe sind. In einer
Untersuchung von Pax Christi in den Niederlanden
wurde der Frage nachgegangen, wie die 27 NATO-Staa-
ten zu diesen Nuklearwaffen im Rahmen der NATO ste-
hen. Es erweist sich, dass gerade einmal drei Staaten an
diesen Waffen festhalten wollen. Nicht überraschend ist,
dass einer der Staaten Frankreich ist. Aber dessen Nu-

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(C (D learwaffen sind ja von der nuklearen Integration der ATO überhaupt nicht betroffen. Ich denke also, dass an hier offensiver vorgehen kann, und wünsche mir, ass die Bundesregierung das in der Folge auch tut. Ich laube nicht, dass es notwendig ist, zu sagen: Wir brauhen diese Waffen in Europa als Unterpfand, wenn wir Verhandlungen mit den Russen über deren taktische uklearwaffen eintreten. – Die Russen haben ganz deutch zur Bedingung gemacht, dass die Waffen der USA on fremder Erde abgezogen werden. Wir haben also in en Folgeverhandlungen, die die Amerikaner schon anekündigt haben und die diese taktischen Waffen themasch beinhalten werden, die Möglichkeit, auf den Abzug u dringen. Ich denke, das sollte unbedingt erfolgen. Das Ganze steht natürlich auch im Zusammenhang it der angekündigten Defence and Deterrence Posture eview der NATO. Wir sollen also innerhalb der NATO nalysieren, wie wir uns in Bezug auf Abschreckung und erteidigung aufstellen. Das ist eine umfangreiche Aufabe. Leider sehe ich nicht, dass diese Bundesregierung ine Vorstellung davon hat, wie das aussehen soll. Meies Erachtens sollte das Konzept ohne Nuklearwaffen uskommen. Meines Erachtens könnte, wie Kollege iesewetter gesagt hat, eine zivile Komponente, die ja uch Bestandteil der Strategie ist, enthalten sein, um mitärische Mittel eben erst als letzte Möglichkeit einseten zu müssen. Es gibt einen Arbeitsplan dafür. Danach sollen bis eptember 2011 die Terms of Reference aufgestellt weren, die darstellen, worüber wir in dieser Posture eview, bei der Aufstellung der NATO überhaupt reden. h denke, das sollte in einer transparenten Art und eise geschehen, wie dies auch zu Beginn bei der Forulierung der NATO-Strategie der Fall war. Ich sehe das ber bisher nicht und fordere die Regierung daher auf, ns mitzuteilen, wie sie diese Entwicklung sieht. Das Zweite ist – das ist etwas sehr Positives –, dass tzt der Ausschuss für Rüstungskontrolle und Abrüsng eingesetzt worden ist. Das geschah im Übrigen auf ine Initiative von Frank-Walter Steinmeier als Außeninister. Es hat lange gedauert, bis das in der NATO über aupt angekommen ist. Der Vorgänger von Rasmussen at ja noch gesagt, das Thema Abrüstung habe mit der ATO überhaupt nichts zu tun. Ich finde deshalb, die insetzung dieses Ausschusses ist schon sehr erfreulich. as muss aber mit Leben erfüllt werden. Was soll dieser usschuss überhaupt machen? Wer sitzt in diesem Aus chuss? Welches Programm haben sie? Wie wird das ommuniziert? Werden die Russen einbezogen? Das äre ja ein ganz wichtiger Bestandteil der Agenda für iese Arbeitsgruppe. Davon sind wir aber noch weit entrnt. Ich begrüße es, dass wir auf der Review-Konferenz inen breiten Konsens gefunden haben, wozu sicherlich uch beigetragen hat, dass die amerikanische Regierung ine völlig andere Position eingenommen hat. Wir haben uns in unserem gemeinsamen Antrag dafür usgesprochen, dass sich diese Regierung proaktiv an er Diskussion über Ansätze für eine Welt ohne Nulearwaffen beteiligt und sich für eine Konvention zur Uta Zapf )





(A) )

Ächtung der Atomwaffen einsetzt. Der Entwurf einer
solchen Konvention liegt auf dem Tisch. Darüber wird in
der VN-Generalversammlung in regelmäßigen Abstän-
den abgestimmt. Die deutsche Regierung hat immer da-
gegen gestimmt. Auch diesmal, nach der gemeinsamen
Entschließung dieses Parlaments, hat sie dagegen ge-
stimmt. Ich halte das nicht für richtig, Herr Außenminis-
ter.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Das Parlament hat beschlossen, dass das ein vernünftiger
Weg ist. Deshalb hätten Sie zustimmen müssen. Noch
viel besser wäre es, sich dem anzuschließen, was Ban
Ki-moon erbittet: dass dafür gesorgt wird, dass eine
Gruppe die Rahmenbedingungen beraten kann.

Herr Außenminister, Sie haben im Zusammenhang
mit CTBT, also mit dem Vertrag über ein Verbot der Er-
probung von Nuklearwaffen, von Indien gesprochen. Sie
haben gesagt, Sie wollen Indien an den Nichtverbrei-
tungsvertrag heranführen. Das ist zwar ein sehr begrü-
ßenswertes Unternehmen; nur das allein genügt nicht.
Wir müssen Pakistan und auch Israel ins Boot holen.
Ohne Israel wird es nicht gelingen – auch Sie engagieren
sich dafür, jedenfalls nach Ihrer Aussage –, eine nuklear-
waffenfreie Zone im Nahen Osten zu schaffen. Wo bleibt
das EU-Expertenseminar zu einer solchen nuklearwaf-
fenfreien Zone, das 2011 eingerichtet werden soll? Ich
glaube, dass es trotz der veränderten Rahmenbedingun-
gen in Nordafrika wichtig ist, dieses Ziel nicht aus den
Augen zu verlieren.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710301700

Frau Kollegin Zapf!


Uta Zapf (SPD):
Rede ID: ID1710301800

Ich komme zum Schluss. – Wenn nichts passiert, dann

wird die nächste Überprüfungskonferenz zum Atomwaf-
fensperrvertrag genauso ein Desaster wie die Überprü-
fungskonferenz im Jahre 2005 sein. Wir und auch Sie,
Herr Außenminister, sind in der Pflicht, das zu verhin-
dern.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710301900

Das Wort erhält nun der Kollege Erich Fritz für die

CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Erich G. Fritz (CDU):
Rede ID: ID1710302000

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen

und Kollegen! Herr Gysi, Sie haben hier wieder rhetori-
sche Plakate aufgehängt. Am Beitrag der Kollegin Zapf
konnten Sie sehen, wie man mit diesem Thema ange-
messen umgeht.

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(C (D (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Zuruf von der LINKEN: Irgendjemand muss ja die Wahrheit sagen!)


Hier handelt es sich tatsächlich um eine Baustelle, an
er man hart, konsequent und dauerhaft arbeiten muss.
irkliche Fortschritte werden weder durch ein deut-

ches Gesetz noch durch einen Willensakt aus dem
eutschen Bundestag oder der deutschen Bundesregie-
ng erzielt, sondern nur durch konsequente Arbeit.
iest man diesen Abrüstungsbericht, stellt man fest:
err Steinmeier als Außenminister hätte sich gefreut,
enn er so etwas in einen solchen Bericht hätte schrei-
en können.


(Christoph Schnurr [FDP]: Das ist genau der Punkt! – Zuruf von der LINKEN: Luftblasen!)


Nein, keine Luftblasen. – Im Unterschied zu früher
nthält dieser Bericht keine Regierungsprosa mehr, son-
ern beschreibt konkrete Fortschritte, konkrete Maßnah-
en. Er zeigt, dass weitergearbeitet wird und dass man

orankommt.

Nehmen wir die Umsetzung des Ottawa-Abkommens.
uch wenn sie mit Verzögerungen und anderen Schwie-
gkeiten einhergeht, zeigt sich, dass konkret etwas pas-
iert. Ich sehe keinen Grund, dem ehemaligen Außen-
inister Vorwürfe zu machen. Die Umsetzung dieses
bkommens braucht seine Zeit; denn es bedarf be-

timmter Konstellationen. Nur in einer bestimmten his-
rischen internationalen Situation, kann man weiter-

ommen.


(Dr. Gregor Gysi [DIE LINKE]: Halten Sie die Waffenlieferungen an Gaddafi nicht für falsch?)


Ja. Aber auch in dieser Hinsicht ändern sich Situatio-
en und gibt es neue Ansatzpunkte und Überlegungen.

Ich finde es ausgesprochen bedauerlich und in der Sa-
he nicht förderlich, wenn es mit Blick auf die Errei-
hung politischer Ziele, über deren Richtigkeit sich die
epublik im Prinzip einig ist – was die Instrumente an-
eht, sind die Auffassungen logischerweise kontrovers –,
icht möglich ist, einmal eine Debatte ohne populisti-
che Ausfälle wie die zu führen, die sich Herr Groschek
ier heute leider geleistet hat. Willy Brandt hätte sich,
enn er hier gesessen hätte, für Ihre Rede heute Morgen
eschämt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Warum sollte es eigentlich nicht möglich sein, sich
emeinsam darüber zu freuen, dass wir an konsensfähi-
en Zielen gemeinsam arbeiten? Warum sollte es nicht
öglich sein, im Deutschen Bundestag an bestimmten
tellen – ich glaube, Abrüstung ist eine solche Stelle –
ie Außenwahrnehmung Deutschlands in die innenpoli-
sche Debatte zu übertragen? Fragen Sie doch die Kolle-
en aus unseren europäischen Partnerländern oder aus
er NATO, wie sie Deutschland in dieser Rolle sehen.
re Sicht hat mit dem, was Sie, Herr Gysi, sagen, nichts

u tun; denn da sind wir diejenigen, die beim Thema Ab-
stung vorangehen. Wir sind diejenigen, die auf diesem





Erich G. Fritz


(A) )


)(B)

Gebiet fordern, Konzepte haben und Überlegungen ein-
bringen. Sie werden die Partner nicht zwingen können,
auch nicht durch noch so viele rhetorische Plakate dazu;
das wird nur durch kontinuierliche Arbeit gelingen.

Ich glaube, wir spielen hier eine sehr positive Rolle,
und das hat Tradition. „Der Friede der Welt kann nicht
gewahrt werden ohne schöpferische Anstrengungen, die
der Größe der Bedrohung entsprechen“, heißt es im
Schuman-Plan. Dieser Gedanke stand ganz am Anfang
der europäischen Entwicklung. Er ist doch durchgängige
Politik, und zwar über alle Regierungswechsel hinweg.
Abrüstung und Rüstungskontrolle bilden Bausteine für
eine globale Sicherheitsarchitektur der Zukunft, heißt es
im Koalitionsvertrag für die 17. Legislaturperiode. Was
der Außenminister vorgetragen hat, zeigt, dass das nicht
nur in einer Vereinbarung steht, sondern dass daran kon-
kret mit den Kräften gearbeitet wird, die Deutschland
mobilisieren kann. „In einem vereinten Europa dem
Frieden der Welt zu dienen“, heißt es in der Präambel
des Grundgesetzes. Meinen Sie denn wirklich, dass wir
alle in diesem Haus diesen Auftrag nicht ernst nehmen?
Dass der eine populistisch geschickter ist und die ande-
ren mehr die Arbeit verrichten, ist vielleicht eine gerade
noch tolerable Arbeitsteilung im Parlament. Es wird aber
der Aufgabe und dem Auftrag, den wir aufgrund unserer
Verfassung haben, nicht gerecht.

Ich glaube, es versteht sich von selbst, dass – auch im
Sicherheitsrat – Fragen der Nichtverbreitung und der
Abrüstung als Kernanliegen der deutschen Außenpolitik
eine wesentliche Rolle spielen. Der Antrag der SPD,
wenn man ihn genau liest, dokumentiert eigentlich das
Einverständnis mit der Praxis der Bundesregierung. In-
sofern ist er vielleicht nicht unbedingt nötig.


(Uta Zapf [SPD]: Was?)


Der Rüstungsexportbericht, Herr Kollege Gysi, zeigt
im Übrigen, dass es nicht je nach Regierung beliebige
Wechsel gibt, sondern dass es Richtlinien gibt, an die
man sich hält, und dass es Kriterien gibt, die allerdings
nicht einfach abzuwägen sind. Auch Sie müssten, wenn
Sie in der Rolle wären, zu entscheiden,


(Dr. Gregor Gysi [DIE LINKE]: Sie liefern Waffen an Saudi-Arabien! Was soll das?)


bei jeder einzelnen Entscheidung die unterschiedlichsten
Aspekte abwägen. Das ist etwas, was man nicht pauschal
sagen kann. Deshalb muss man der Bundesregierung
bzw. den Bundesregierungen attestieren, dass sie bei ih-
rer restriktiven Rüstungsexportpolitik verantwortlich ge-
handelt haben.

Im Nachhinein sieht man immer auch Fehler. Aber
Sie müssen sich einmal mit der Zusammensetzung des-
sen, was aus Deutschland exportiert wird, beschäftigen,
und Sie dürfen im Übrigen nicht – wie in Ihrer Rede
dauernd geschehen, Herr Gysi – Rüstungsgüter, Waffen
und Ähnliches durcheinanderwerfen, wenn Sie in die
Einzelheiten gehen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir sehen im Hinblick auf den vorliegenden Rüs-
tungsexportbericht – wir sind uns übrigens einig, dass

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(C (D ir ihn etwas früher haben wollen; das haben wir bei jeer Debatte hier angemahnt, egal unter welcher Regieng –, dass sowohl bei den einzelnen Ausfuhrgenehmi ungen wie bei den Sammelausfuhrgenehmigungen die ahlen zurückgegangen sind. Auch die tatsächliche Aushr ist zurückgegangen. Wir engagieren uns im Rahmen einer internationalen itiative wirkungsvoll im Bereich der Kleinwaffen. Ich laube, dass das ein ähnlicher Erfolg werden kann wie ei den Antipersonenminen. Aber auch das wird nicht on selbst und von heute auf morgen gehen, sondern es ird der Anstrengung vieler bedürfen. Dem Antrag der Grünen kann man in dieser Absoluteit nicht zustimmen, aber man sollte darüber reden. ielleicht gibt es ja eine Möglichkeit, ihn in anderer orm wieder einzubringen. Die Commerzbank bietet Fonds an, bei denen Anleern garantiert wird, dass keine Investitionen im Rüsngsbereich finanziert werden. (Dr. Barbara Hendricks [SPD]: Andere Banken auch!)


arum sollte man anderen nicht vorschlagen, das als
eispiel zu nehmen, und so diejenigen, die vorangehen,

ozusagen belohnen?


(Beifall des Abg. Roderich Kiesewetter [CDU/ CSU])


Meine Damen und Herren, es ist noch Gelegenheit,
ber Libyen zu reden. Wer in dieser Woche die Debatten
ei der WEU verfolgt hat, in denen das eine Rolle ge-
pielt hat, der konnte feststellen, dass die Begeisterung
ber das, was man da unternimmt, bei manchen unserer
reunde schon stark gelitten hat – die Überzeugung da-
on ebenso – und dass plötzlich Nüchternheit eingekehrt
t, was die Ziele, die Mittel und das angeht, was man
tsächlich machen kann. Von daher tun wir gut daran,

u sagen: Ja, wir haben das richtig entschieden. – Das
eißt aber nicht, dass wir nicht auch bereit sein müssen,
umanitäre Einsätze zu sichern; denn man kann in be-
timmten Situationen Hilfe nicht ohne einen solchen
chutz leisten.

Danke schön.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710302100

Das Wort erhält nun die Kollegin Heidemarie
ieczorek-Zeul für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD):
Rede ID: ID1710302200

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zur

eutigen Debatte liegt auch der Antrag der SPD-Bundes-
gsfraktion „Deutschland im VN-Sicherheitsrat – Im-
ulse für Frieden und Abrüstung“ vor. Die Wahl Deutsch-
nds in den UN-Sicherheitsrat für zwei Jahre war ein
eichen der international hohen Anerkennung, die sich
eutschland im vergangenen Jahrzehnt und davor erarbei-
t hatte. Bereits nach drei Monaten steht die Bundesregie-





Heidemarie Wieczorek-Zeul


(A) )


)(B)

rung und mit ihr Außenminister Westerwelle vor einem
Scherbenhaufen ihrer internationalen Politik – isoliert
von wichtigen Verbündeten, belächelt und verspottet.


(Beifall bei der SPD)


Für das Ziel – erklärtermaßen ein ständiger Sitz im UN-
Sicherheitsrat für Deutschland – ist das eine absolute
Katastrophe.

In unserem Antrag fordern wir die Bundesregierung
auf, insbesondere politische Schwerpunkte bei den an-
stehenden Abrüstungsfragen in den Vereinten Nationen
zu setzen. Ich will drei Punkte nennen:

Erstens, Streumunition. Das Übereinkommen – die
Kollegin Malczak hat das vorhin angesprochen – ist am
1. August letzten Jahres in Kraft getreten. 108 Staaten
haben das Übereinkommen unterzeichnet; 46 haben es
bereits in nationales Recht umgesetzt. Darin verpflichten
sich die Vertragsstaaten, keine Streumunition herzustel-
len oder einzusetzen, sie auch nicht zu unterstützen.

Wir alle wissen, dass Streumunition deshalb beson-
ders gefährlich ist, weil sie durch Blindgänger noch nach
Jahrzehnten Menschen tötet. In vollem Umfang trifft das
Zivilisten und besonders Kinder. Die Zahlen besagen,
dass weltweit rund 85 000 Menschen Opfer von Streu-
bomben und Blindgängern werden. Dennoch sind einige
Länder – Sie haben es angesprochen – diesem Überein-
kommen bisher nicht beigetreten. Wir fordern die Bun-
desregierung auf, das Übereinkommen zum Verbot von
Streumunition umzusetzen und vor allen Dingen Haus-
haltsmittel bereitzustellen, um die Opferfürsorge zu fi-
nanzieren.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Das ist bisher nicht geschehen.

Wir fordern die Bundesregierung auf, sich auch für
ein vollständiges Verbot von Streumunition einzusetzen
und dafür zu sorgen, dass die Länder Russland, USA,
China, Indien und Pakistan diesem Übereinkommen bei-
treten. Zu den Verhandlungen in Genf liegt ein Protokoll
vor. Dieses Protokoll fällt hinter die Oslo-Bestimmun-
gen zurück. Deshalb fordern wir die Bundesregierung
auf, dafür zu sorgen, dass das Oslo-Abkommen nicht
ausgehöhlt wird und dass Streubomben nicht wieder le-
gitimiert werden.


(Beifall bei Abgeordneten der SPD)


Das ist ein aktueller Konflikt, der ansteht.

Ich unterstütze nachdrücklich die Forderung, Investi-
tionen in Hersteller von Streumunition zu verbieten. Re-
cherchen von Nichtregierungsorganisationen zeigen in
der Tat, dass Banken und Versicherungen in diesen Be-
reichen Investments vornehmen. Wir fordern, dass jed-
wedes Investment in völkerrechtswidrige Waffen per
Gesetz verboten wird.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


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(C (D Zweitens zu den sogenannten Kleinwaffen. Auch hier uss man sich noch einmal den Umfang vergegenwärti en. Der globale Handel mit Schusswaffen übersteigt Schätzungen zufolge – jährlich 6 Milliarden US-Dollar, nd es sind noch einmal rund 4,3 Milliarden US-Dollar r Munition. Der illegale Handel ist dabei naturgemäß icht eingerechnet. Im Jahr 2012 findet die Überprüngskonferenz des UN-Aktionsprogramms gegen den ransfer von kleinen und sogenannten leichten Waffen tatt. Das ist eine konkrete Aufgabe, vor der die Bundesgierung steht; denn diese Konferenz muss endlich ein rfolg werden. Sie hat dieses Mal bessere Chancen, weil ie USA in diesen Fragen kooperativer sind. Die Chanen sind also gestiegen. Die Bundesregierung hat angekündigt, dass sie die hemen „Kindersoldaten“ und „Kinder in bewaffneten onflikten“ in der UN besonders voranbringen will. Es ibt keine wichtigere Voraussetzung dafür, als den Strom er Kleinwaffen zu verhindern. Deshalb erheben wir iese konkrete Forderung. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Der dritte und letzte Punkt aus einer Fülle von Punk-
n: Deutschland muss sich aktiver um die Umsetzung
er UN-Sicherheitsratsresolution 1325 bemühen, die vor
nd zehn Jahren verabschiedet worden ist. In dieser völ-

errechtlich verbindlichen Resolution wird unter ande-
m auf allen Ebenen die verstärkte Einbeziehung von
rauen in Friedensprozesse gefordert. Im Oktober 2010
atten erst 23 Staaten einen notwendigen Aktionsplan
erabschiedet. Der Deutsche Bundestag hat gefordert,
ass es einen gemeinsamen deutschen Aktionsplan ge-
en muss. Angesichts des Elends und der Gewalt in der
elt, die gerade in Kriegen und Bürgerkriegen gegen

rauen ausgeübt wird, ist dies eine wichtige gemeinsame
ufgabe, zu der ich uns gemeinsam aufrufe.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie des Abg. Stefan Liebich [DIE LINKE])



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710302300

Nächster Redner ist der Kollege Dr. Reinhard Brandl

on der CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Dr. Reinhard Brandl (CSU):
Rede ID: ID1710302400

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

ie Umsetzung der Vision einer Welt ohne nukleare und
ndere Arten von Massenvernichtungswaffen ist ein Ge-
erationenprojekt. Es ist kein Thema wie andere The-
en, die man sich vielleicht für eine Legislaturperiode

ornimmt, um dann darauf hinzuarbeiten, innerhalb die-
er einen Periode einen Haken daran zu setzen. Nichts-
estotrotz stehen wir zu unserer Verantwortung, unsere
ktive Zeit dafür zu nutzen, diesem Ziel Stück für Stück
äherzukommen. Das Ziel wird aber nie erreicht werden,
enn man sich nur auf die Waffen selbst konzentriert. Es





Dr. Reinhard Brandl


(A) )


)(B)

muss in erster Linie darum gehen, in internationalen
Bündnissen Rahmenbedingungen zu schaffen und Ver-
trauen herzustellen, sodass diese Waffen irgendwann
einmal von selbst überflüssig werden.

So betrachtet, war das Jahr 2010 ein gutes Jahr. Der
Abschluss und die Ratifizierung des neuen START-Ver-
trags zwischen den USA und Russland markieren einen
weiteren Schritt der Annäherung und Kooperation zwi-
schen den beiden Ländern. Mit dem Vertrag wurden
Transparenz- und Verifikationsmaßnahmen beschlossen
und neue Obergrenzen für die strategischen Arsenale
festgelegt. Der Vertrag ist aber auch ein Signal für die
Welt. Das sichtbare Bemühen um nukleare Abrüstung
bei beiden Mächten des Kalten Krieges hebt die Bedeu-
tung des Themas auf der internationalen Bühne.

Meine Damen und Herren, aus meiner Sicht ist es
aber mindestens genauso wichtig, dass jetzt in einem
nächsten Schritt wieder Bewegung in die Verhandlungen
mit Russland über die konventionellen Streitkräfte
kommt. Die NATO hat im letzten Jahr ebenfalls ein Si-
gnal gesetzt: Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nicht-
verbreitung sind wesentliche Elemente des neuen strate-
gischen Konzepts, das im November in Lissabon
beschlossen wurde. Erstmalig in ihrer Geschichte hat
sich die NATO dem Ziel verschrieben, Voraussetzungen
für eine Welt ohne Atomwaffen zu schaffen. Das ist auch
ein großer Erfolg der diplomatischen Bemühungen der
Bundesregierung.

Frau Zapf, die Arbeit auf Ebene der NATO geht ja
nun weiter mit der Einrichtung des Abrüstungs- und
Rüstungskontrollausschusses und der umfassenden
Überprüfung des NATO-Abschreckungs- und Verteidi-
gungsdispositivs. Ihr Vorwurf, dass da jetzt nichts mehr
passiert, trifft also nicht zu.

Natürlich sind das alles kleine Schritte, genauso wie
zum Beispiel der Dialog zwischen der NATO und Russ-
land im NATO-Russland-Rat. Aber die Abrüstung inner-
halb der NATO und innerhalb Russlands ist nur die eine
Seite. Daneben steht – das ist die weitaus konkretere Ge-
fahr – das Streben nach Atomwaffen vor allem in Län-
dern wie Iran, Syrien oder Nordkorea. Nordkorea wei-
gerte sich auch 2010 konsequent, Transparenz über sein
Atomprogramm herzustellen. Im Gegenteil: Durch die
Bekanntgabe einer bisher unbekannten Urananreiche-
rungsanlage und einen Angriff auf Südkorea hat sich die
Lage in der Region weiter zugespitzt.

Es gibt weiter Unklarheiten darüber, was denn Israel
2007 in Syrien überhaupt bombardiert hat. Die starke
Vermutung, dass es sich dabei um den Rohbau eines
nicht bekanntgegebenen Reaktors handelt, wurde bisher
nicht ausgeräumt.

Weiterhin kritisch ist auch die Lage im Iran. Auch
2010 ist das Land nicht den Auflagen des UN-Sicher-
heitsrates gefolgt. Es hat sein Atomprogramm fortge-
setzt, die Urananreicherung ausgebaut und mit dem Bau
des Schwerwasserreaktors in Arak fortgeführt. Durch
Presseveröffentlichungen im Herbst letzten Jahres haben
wir erfahren, wie groß die Nervosität in der Region ist,
wie groß die Angst vor der iranischen Atombombe ist
und welches Konfliktpotenzial damit verbunden ist.

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(C (D eutschland bringt sich hier sehr konstruktiv in die 3+3-Gespräche ein. Gesprächsbereitschaft auf der inen Seite, aber auch harte Sanktionen auf der anderen eite, wenn das Angebot zum Dialog und zur Kooperaon nicht angenommen wird, sind weiterhin der richtige eg. Meine Damen und Herren, zu den Risiken der Prolifetion kommt die Bedrohung durch den Nuklearterrorisus. Organisationen wie al-Qaida folgen nicht der ogik der Abschreckung und hätten sicher keine Hemungen, Atomwaffen auch tatsächlich einzusetzen. Es uss deswegen alles unternommen werden, damit sol he Organisationen nicht in den Besitz von Atomwaffen ommen. ber selbst, wenn sie nicht in den Besitz eines Sprengopfes kommen, würde der Diebstahl von nuklearem aterial zum Bau einer schmutzigen Bombe die Bedro ung durch den internationalen Terrorismus auf eine anz neue Stufe heben. Der Gipfel zur nuklearen Sicherung im April letzten ahres war deswegen richtig und wichtig. Deutschland tellt beispielsweise bis 2012 für die Einrichtung einer atenbank durch die IAEO für gering angereichertes aterial 10 Millionen Euro zur Verfügung. Aber gerade, as die Etablierung internationaler Standards zur Absi herung von Nuklearanlagen und von Nuklearmaterial ngeht, müssen wir noch dringend nachlegen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte uch nicht verschweigen, dass es jenseits der Fragen von uklearer Abrüstung auch in anderen Bereichen der Rüsngskontrolle im Jahr 2010 wichtige Erfolge gab. Einen rfolg möchte ich besonders herausstellen – er ist heute chon mehrfach angesprochen worden–: Am 1. August 010 ist das Übereinkommen über Streumunition in raft getreten. Dies ist aus deutscher Sicht besonders ereulich, weil wir es – auch schon während Ihrer Regiengszeit, verehrte Kollegen von der SPD – vorangetrie en haben und weil wir eines der ersten Länder waren, ie diesen Vertrag unterzeichnet und im Parlament ratifiiert haben. Das Übereinkommen beschreibt einen umssenden Verbotstatbestand für diese Art der Munition, ie durch die hohen Raten von Blindgängern über Jahrehnte hinweg noch eine Gefahr für die Bevölkerung arstellt. Es geht bei diesem Abkommen nicht nur um ie Munition selbst, sondern es geht in besonderem aße um Hilfe für die Opfer. Deutschland war wesent ch am Erfolg des Abkommens und am Erfolg der ersten ertragsstaatenkonferenz im letzten Jahr beteiligt. Das ist aber nur ein Beispiel für die vielen deutschen nstrengungen, die der Jahresabrüstungsbericht 2010 ufzeigt. Ich möchte allen Vertretern der Bundesregieng, aber auch allen Nichtregierungsorganisationen, die ich im vergangenen Jahr dafür starkgemacht haben, von ieser Stelle aus ganz herzlich danken. Sie alle leisten leine Beiträge, kleine Schritte, von denen aber jeder auf em Weg zu mehr Frieden und Sicherheit in der Welt ichtig ist. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)





(A) )


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710302500

Der Kollege Robert Hochbaum von der CDU/CSU-

Fraktion ist der letzte Redner zu diesem Tagesordnungs-
punkt.


(Beifall bei der CDU/CSU)



Robert Hochbaum (CDU):
Rede ID: ID1710302600

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und

Kollegen! Das Jahr 2010 war meiner Meinung nach,
auch wenn in Frau Zapfs Manuskript an dieser Stelle ein
Fragezeichen steht, richtungsweisend, was Abrüstung
und Rüstungskontrolle angeht. Ich möchte deshalb
gleich zu Beginn meiner Rede der Bundesregierung und
allen Beteiligten für ihr Engagement und ihr nachhalti-
ges Handeln bei allen Bemühungen um dieses Thema
und natürlich auch für das Verfassen dieses sehr ausführ-
lichen Berichts herzlich danken.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dass für Deutschland die Themen Abrüstung und
Rüstungskontrolle von herausragender Bedeutung sind,
zeigt dabei nicht allein der Umstand, dass bereits
26 Tage nach Jahresende das Kabinett den Bericht be-
schlossen hat, sondern vor allem auch die im Berichts-
zeitraum erzielten Ergebnisse. Sie sind nämlich auf ei-
nen wesentlichen Beitrag Deutschlands zurückzuführen,
und sie unterstützen maßgeblich den häufig genannten
und von Barak Obama eingeleiteten weltweiten Paradig-
menwechsel hin zu einer nuklearwaffenfreien Welt.

Nicht zuletzt prägen die aktuellen Geschehnisse – ich
erinnere da an die Vorkommnisse in der arabischen
Welt – auch die heutige Debatte. Durch sie wird einmal
mehr auf die Notwendigkeit von Abrüstung und Rüs-
tungskontrolle verwiesen. Dies waren und sind zentrale
Bestandteile deutscher Außen- und Sicherheitspolitik
und müssen es auch weiterhin sein.

Lassen Sie mich vor diesem Hintergrund auf einige
wichtige Punkte eingehen, die speziell im deutschen
Fokus stehen und auch weiterhin stehen werden. Mit
Sicherheit kann dabei die Einigung auf ein Abschluss-
dokument der Staaten des Nuklearen Nichtverbreitungs-
vertrages als zentraler Erfolg gewertet werden. Nach,
wie Sie wissen, zehnjährigem Stillstand konnte hier
nicht zuletzt aufgrund der Bemühungen Deutschlands
ein Konsens zu verpflichtenden Handlungsempfehlun-
gen zur nuklearen Abrüstung gefunden werden.

Deutschland hatte sich darüber hinaus intensiv dafür
eingesetzt, taktische Atomwaffen, also sogenannte sub-
strategische Nuklearwaffen, die gegenwärtig leider noch
keiner Rüstungskontrolle unterliegen, in den weiteren
Abrüstungsprozess aufzunehmen. Diese Diskussion
steht nun auf der internationalen Agenda. Man kann mit
Fug und Recht behaupten, dass dies zu einem nicht uner-
heblichen Teil den Aktivitäten der Bundesregierung zu
verdanken ist. Auch dafür gilt mein herzlicher Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Aber auch mit Blick auf Amerika kann von einer
positiven Entwicklung, was die Abrüstung bei den tak-
tischen Atomwaffen angeht, gesprochen werden. So hat

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(C (D räsident Obama – wir hörten es schon – bei der Untereichnung des neuen START-Vertrages erklärt, taktische tomwaffen in zukünftige Verhandlungen mit Russland nbedingt einbeziehen zu wollen. Ich denke, das ist ein ichtiger Schritt in die richtige Richtung, und ich hoffe, ussland wird diesen Weg eines Tages mitgehen. Dies oll natürlich keinesfalls die Stellung des neuen STARTertrages abschwächen, der eine immense politische Sinalwirkung für weitere weltweite Bemühungen um die ukleare Abrüstung besitzt. Er gehört neben dem Abchlussdokument mit Sicherheit zu den abrüstungspolitichen Erfolgen der letzten Zeit. Aber auch mit dem neuen Strategischen Konzept der ATO – ich bin nicht ganz der Meinung, dass sich da ichts getan hätte – und der darin formulierten Verpflichng, Bedingungen für eine Welt frei von Atomwaffen u schaffen, konnte 2010 ein wahrer Meilenstein zum aradigmenwechsel bei der nuklearen Abrüstung gechaffen werden. Gerade in diesen Tagen – wir hörten es – tritt hier in erlin im Rahmen des NATO-Außenministertreffens rstmalig der in Lissabon beschlossene Abrüstungsauschuss der NATO zusammen. Bemerkenswert ist dabei uch, dass dieses Gremium trotz der Vorbehalte einiger artner – ich nenne da zum Beispiel Frankreich – ins Leen gerufen wurde. Ich meine, das ist ein kleiner, aber ichtiger Schritt zu mehr Abrüstung auch innerhalb der ATO. Darüber hinaus war es ein zentrales Anliegen der undesregierung, die Krise um den KSE-Vertrag nach er bekanntermaßen langen Ruhepause zu beenden. Ereulicherweise wurde dieses Gesprächsangebot von ussland und den anderen nicht der NATO angehörenen KSE-Staaten grundsätzlich positiv aufgenommen. h hoffe, dass auch hier bald Bewegung in die Sache ommt. Das Ziel sollte auf jeden Fall sein – darin kann h die Bundesregierung nur bestärken –, noch in diesem ahr den Einstieg in wirklich konkrete Verhandlungen, in enen Maßnahmen der Transparenz dann auch festgeurrt werden, zu schaffen. Aber es sind nicht nur die großen Ereignisse, die das ahr 2010 abrüstungspolitisch prägten. So leistete eutschland im Bereich der chemischen Waffen im uge des G-8-Programms „Globale Partnerschaft“ fianzielle und technische Hilfe für entsprechende Verichtungsprogramme, zum Beispiel in Russland. Russiche Atom-U-Boote konnten abgewrackt werden, und er Bau einer dritten Anlage zur Vernichtung chemischer affen, den Deutschland kofinanzierte, wurde abge chlossen. (Uta Zapf [SPD]: Nur, jetzt gibt es kein Geld mehr!)


Und – man glaubt es kaum –: Auch bei uns wurden
Jahre 2010 die letzten Granaten des Lagerbestandes

n chemischen Waffen des Ersten Weltkrieges vernich-
t. Man sieht also, wie lange Abrüstung dauern kann.

Das sind zwar kleine Schritte, aber handfeste und
reifbare Abrüstungsschritte, die trotz der großen globa-





Robert Hochbaum


(A) )


)(B)

len nuklearen Herausforderungen nicht unter den Tisch
fallen sollten.

Nicht zuletzt darf bei all diesen Fragen unser En-
gagement – es wurde mehrfach genannt – bei der Ver-
nichtung von Streumunition nicht unerwähnt bleiben.
Seit der Unterzeichnung der Osloer Konvention hat sich
Deutschland zu einer der führenden Kräfte unter diesen
Vertragsstaaten entwickelt und die Abrüstung im Be-
reich der Streumunition auch im letzten Jahr entschei-
dend mit vorangetrieben.

Meine Damen und Herren, abschließend kann man
zum Jahresabrüstungsbericht festhalten – auch wenn ich
weiß, dass hier im Raum nicht alle derselben Meinung
sind –, dass alle Bemühungen der Bundesregierung in
die richtige Richtung gewiesen haben bzw. weisen. Na-
türlich ist Abrüstung ein schwieriger, oft auch von Rück-
schlägen begleiteter Prozess und natürlich sollte alles
viel, viel schneller gehen, umfassender sein und mit weit
mehr Erfolgen verbunden sein. Aber seien wir nicht
blauäugig. Halten wir uns an die Realitäten und kämpfen
wir um jeden kleinen Schritt. Alle Themen in dieser Hin-
sicht gilt es im internationalen Rahmen, im Verbund mit
der NATO, mit Russland, mit der EU und mit anderen
internationalen Gremien zu vereinbaren. Dabei müssen
Abrüstungspolitik und Rüstungskontrolle immer auf
Vertrauen und gemeinsamer Verständigung basieren. Al-
leingänge nutzen da wenig. Das ist sicherlich nicht im-
mer der einfachste und leider nicht immer der schnellste
Weg. Es ist aber sicherlich immer der nachhaltigste und
ein Weg, der entscheidend zu mehr Sicherheit und zu
mehr politischer Stabilität in unserer Welt führen wird.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710302700

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zunächst zu den Überweisungen. Hier
geht es um die Tagesordnungspunkte 26 a, d, e und den
Zusatzpunkt 8. Interfraktionell wird die Überweisung
der Vorlagen auf den Drucksachen 17/4620, 17/4697,
17/5374 und 17/4863 an die in der Tagesordnung aufge-
führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein-
verstanden? – Das ist offenkundig der Fall. Dann sind
die Überweisungen so beschlossen.

Wir kommen nun zu der Beschlussempfehlung des
Auswärtigen Ausschusses zum Antrag der Fraktion Die
Linke mit dem Titel „Atomwaffen unverzüglich aus
Deutschland abziehen“. Der Ausschuss empfiehlt in sei-
ner Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/2214, den
Antrag der Fraktion Die Linke auf der Drucksache 17/116
abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh-
lung? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Da-
mit ist die Beschlussempfehlung mit Mehrheit angenom-
men.

Unter dem Tagesordnungspunkt 26 c stimmen wir ab
über die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Aus-
schusses zum Antrag der Fraktion Die Linke mit dem Ti-
tel „Überprüfungskonferenz des Atomwaffensperrver-

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(C (D ages durch atomare Abrüstung stärken“. Der usschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf er Drucksache 17/2215, den gerade genannten Antrag er Fraktion Die Linke auf der Drucksache 17/886 abzuhnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – er stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Auch diese eschlussempfehlung ist mit breiter Mehrheit angenomen. Unter dem Tagesordnungspunkt 26 f geht es um die eschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses um Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit em Titel „Deutschland atomwaffenfrei – Bei der Abrüsng der Atomwaffen vorangehen“. Auch hier empfiehlt er Ausschuss in seiner Beschlussempfehlung auf der rucksache 17/2213, diesen Antrag der Fraktion ündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 17/122 abzulehen. Wer stimmt dieser Beschlussempfehlung zu? – Wer timmt dagegen? – Wer enthält sich? – Die Beschlussmpfehlung ist mit Mehrheit angenommen. Ich rufe nun die Tagesordnungspunkte 27 a und b soie den Zusatzpunkt 9 auf. 27 a)

Trittin, Renate Künast, Sylvia Kotting-Uhl, wei-
terer Abgeordneter und der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN

Nie wieder Tschernobyl – Atomzeitalter been-
den

– Drucksache 17/5375 –

b) Beratung des Antrags der Abgeordneten
Dorothee Menzner, Eva Bulling-Schröter, Ralph
Lenkert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
DIE LINKE

25 Jahre Reaktorkatastrophe von Tschernobyl –
Atomkraftwerke abschalten

– Drucksache 17/5379 –

P 9 Beratung des Antrags der Fraktion der SPD

Tschernobyl mahnt – Für eine zukunftssichere
Energieversorgung ohne Atomkraft und eine
lebendige europäische Erinnerungskultur

– Drucksache 17/5366 –

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für
ie Aussprache 90 Minuten vorgesehen. – Ich höre kei-
en Widerspruch, also können wir so verfahren.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort erhält zunächst
er Kollege Jürgen Trittin für die Fraktion Bündnis 90/
ie Grünen.


Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710302800

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor

5 Jahren, am 26. April 1986, wurde im Block 4 des
tomkraftwerks Tschernobyl ein Versuch durchgeführt.
s sollte nachgewiesen werden, dass der Reaktor einen
tromausfall bewältigen kann. Er konnte es nicht. Das
rgebnis war ein Super-GAU, ein Unfall, der über die
uslegung der Anlage hinausging. Das Ergebnis war die





Jürgen Trittin


(A) )


)(B)

größte Katastrophe in der Geschichte der Atomenergie.
Explosionen und ein Grafitbrand verbreiteten die Radio-
aktivität über ganz Europa. Noch am Tag darauf, am
27. April, begannen über 1 800 Hubschrauberflüge, um
den geborstenen Reaktor mit Blei, Bor, Dolomit, Sand
und Lehm zuzuschütten. Die Einwohner der Stadt Prip-
jat, 48 000 Menschen, wurden evakuiert.

Ich selber weiß noch, wie ich am 1. Mai 1986 bei
strahlendem Sonnenschein mit vielen Kindern auf dem
Göttinger Markt ein Maifest feierte, und zwei Tage spä-
ter die Feuerwehr Göttingen den hilflosen Versuch
machte, Proben aus Pfützen zu ziehen, und zu erschre-
ckenden Werten kam. Kurz darauf wurden Sandkästen
und Sportplätze gesperrt. Ich glaube, es gibt nur wenige
Ereignisse, die sich so in das Gedächtnis von Menschen
einprägen, dass sie später noch sagen können, was sie an
diesem Tag, als sie die Nachricht erfahren haben, ge-
macht und gedacht haben. Tschernobyl gehört zu dieser
Art von Ereignissen.

Wir müssen klar sagen: Nicht nur die damalige So-
wjetunion war auf einen solchen Störfall nicht vorberei-
tet; auch Deutschland war nicht darauf vorbereitet. Die
damalige Bundesregierung spielte die Vorgänge herun-
ter. Ein bayerischer Minister versuchte noch, im Selbst-
versuch klarzumachen, dass Molkepulver doch nicht so
schädlich sei. Schließlich gelang es, zehn Tage später,
am 6. Mai 1986, die Freisetzung radioaktiven Materials
in Tschernobyl einzudämmen. Bei diesen Arbeiten, die
dann folgten, wurden über 800 000 Liquidatoren, wie sie
genannt wurden, eingesetzt. Einer von denen, die damals
eingesetzt worden sind, wurde jetzt gefragt, wie denn
das Leben nach Tschernobyl sei. Er hat geantwortet: Es
gab ein Leben vor Tschernobyl, aber es gibt kein Leben
nach Tschernobyl. Es gibt nur noch ein Leben mit
Tschernobyl. – Das sollten wir uns 25 Jahre danach ver-
gegenwärtigen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


„Mit Tschernobyl leben“ heißt: mit 4 000 Toten,
400 000 Evakuierten, 1,5 Millionen Hektar Land, die
nicht mehr genutzt werden können. Bis heute kostet
diese Katastrophe die Ukraine 6 Prozent des Bruttoso-
zialprodukts.

Wir müssen uns die Frage stellen: Was wurde eigent-
lich aus Tschernobyl gelernt? Der damalige Fraktions-
vorsitzende der baden-württembergischen CDU, Erwin
Teufel, sagte am 18. Mai 1986 in einer Debatte im dorti-
gen Landtag: Tschernobyl mahnt uns, wir müssen die
Kernenergie ethisch neu bewerten. – Schon damals hatte
Erwin Teufel recht. Wer gibt uns das Recht, die Gesund-
heit und das Leben von Menschen, die heute noch nicht
geboren sind, in einem solchen Ausmaß zu beeinträchti-
gen? Woher nehmen wir uns das Recht, mit unserer
Erde, mit unserer Luft, mit unserem Wasser so umzuge-
hen und uns, um es einmal mit diesen Worten zu sagen,
so an der Schöpfung zu versündigen?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


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(C (D Ja, seit Tschernobyl war klar, dass die Atomenergie thisch neu bewertet werden muss. Aber betrachten wir uch die Konsequenzen, die daraus hier in Deutschland ezogen worden sind. Nach 1986 wurde zwar kein Neuau eines Atomkraftwerks begonnen – alle Projekte wuren beendet –, die im Bau befindlichen Reaktoren ginen aber samt und sonders ans Netz und erhielten nbefristete Betriebserlaubnisse. Es war nicht Erwin eufel, der sich durchsetzte, sondern die Auffassung elmut Kohls, der damals sagte: … die Kernkraftwerke in der Bundesrepublik Deutschland [gehören] mit zu den sichersten Anlagen in der Welt. … auf dieser Grundlage ist das theoretisch verbleibende Restrisiko vertretbar und die Nutzung der Kernenergie ethisch zu verantworten. Diese Auffassung stand schon damals in einem scharn Kontrast zur Mehrheit der Bevölkerung. Es gibt seit 5 Jahren einen Konsens unter den Deutschen. Sie woln raus aus der Atomenergie, schrittweise, aber raus. wei Drittel bis drei Viertel lehnen eine Technik ab, die ich als nicht beherrschbar erwiesen hat. Dieser Konsens t erst 15 Jahre nach Tschernobyl umgesetzt worden: it der Begrenzung der Laufzeiten, mit dem Einstieg in en Ausbau der erneuerbaren Energien, mit der rot-grüen Energiewende zu Beginn des neuen Jahrhunderts. arallel zu dem Ausbau der erneuerbaren Energien solln bis um das Jahr 2020 herum schrittweise alle Reakton vom Netz gehen. Diesen Konsens, das Risiko einer ernschmelze für Deutschland endgültig zu beenden, at die schwarz-gelbe Koalition im Herbst vergangenen ahres verlassen. Gegen den Willen einer übergroßen ehrheit der Bevölkerung haben Sie den vier Betreibern in 100-Milliarden-Euro-Geschenk gemacht und die aufzeiten im „Herbst der Entscheidungen“ verlängert. Meine Damen und Herren, das war eine historische ehlentscheidung. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


s war eine Fehlentscheidung gegen die Sicherheit der
evölkerung. Es war eine Fehlentscheidung, weil Sie
räben über eine Frage aufgerissen haben, in der in die-

er Gesellschaft ein neuer Konsens entstanden war. Es
ar eine Fehlentscheidung – das will ich ausdrücklich

agen –, bevor in Fukushima die Kernschmelze in nicht
inem, sondern in drei Reaktorblöcken einsetzte. Es war
ine Fehlentscheidung, bevor erneut ein Stromausfall be-
ies, dass solche Anlagen Stromausfälle eben nicht ver-
raften können. Es war eine Fehlentscheidung, bevor in
inem Hightechland mit hohen Sicherheitsstandards die-
es passierte.

25 Jahre nach Tschernobyl müssen wir nun lernen,
uch mit Fukushima zu leben, mit den Opfern, mit den
olgen und mit der radioaktiven Verseuchung des Pazi-
ks. 25 Jahre nach Tschernobyl, im Jahr von Fukushima,
üssen wir aber endlich Konsequenzen ziehen. Wir
üssen raus aus der Atomenergie, und zwar so schnell
ie möglich.





Jürgen Trittin


(A) )


)(B)


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Sie von der Koalition haben sich nun eine dreimona-
tige Denkpause verordnet, um Ihre gut drei Monate alte
Fehlentscheidung zu korrigieren. Ich würde mir am heu-
tigen Tag wünschen, dass Sie in diesem Fall von Erwin
Teufel lernen und nicht von Helmut Kohl. Ich würde mir
wünschen, lieber Herr Röttgen, dass Sie die Zeit nutzen,
um eine Brücke zurück zum Konsens in dieser Gesell-
schaft zu bauen. Dieser Konsens ist heute übrigens ein
anderer als der vor zehn Jahren, für den ich mitverant-
wortlich war. 30 Prozent der Bevölkerung wollen sofort
raus, 27 Prozent innerhalb von fünf Jahren und
20 Prozent innerhalb von zehn Jahren. Man kann es so
sagen: Drei Viertel sind der Ansicht, wir sollten deutlich
vor 2020 alle AKW stilllegen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Wie könnte ein solcher neuer Konsens aussehen?
Nehmen wir die sieben ältesten Atomkraftwerke und
Krümmel endgültig und nicht nur vorübergehend vom
Netz. Nehmen wir die Laufzeitverlängerung gemeinsam
zurück. Koppeln wir künftig die verbleibenden Rest-
strommengen an das Wachstum erneuerbarer Energien.
Beenden wir gemeinsam die bürokratischen Blockaden
für den Ausbau der Windenergie auch in den südlichen
Bundesländern.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Bauen wir gemeinsam neue Netze für eine dezentralere
Energieversorgung. Investieren wir mehr und nicht we-
niger in Wärmedämmung, weil wir das Gas, das dadurch
eingespart wird, an anderer Stelle brauchen. Sorgen wir
für mehr Pumpspeicher und für mehr Elektrospeicher in
Elektrofahrzeugen. Schaffen wir mehr Bioenergiedörfer.

Dies alles hieße nicht nur, die Atomkraft ethisch neu
zu bewerten, es würde auch unzählige neue Arbeits-
plätze schaffen. Es würde den Industriestandort Deutsch-
land stärken. Es würde unsere Versorgungssicherheit er-
höhen, und es würde das Klima schützen. Ein solcher
neuer Konsens, das hieße, im Jahr von Fukushima aus
Tschernobyl zu lernen.

Vielen Dank.


(Anhaltender Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Beifall bei der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710302900

Nächste Rednerin ist die Kollegin Marie-Luise Dött

für die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



Marie-Luise Dött (CDU):
Rede ID: ID1710303000

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Oppo-

sition hat den bevorstehenden 25. Jahrestag des schlim-
men Reaktorunfalls in Tschernobyl zum Anlass genom-

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(C (D en, einmal mehr hier im Deutschen Bundestag eine ebatte über die Zukunft der Kernenergie zu führen. as ist begrüßenswert, weil es Gelegenheit gibt, uns an ie Geschehnisse der Nacht vom 25. zum 26. April des ahres 1986 zu erinnern. In der Nacht des 26. April 1986 reignete sich im Kernkraftwerk Tschernobyl der welteit schwerste Unfall in der zivilen Nutzung der Kern nergie. Es ist wichtig, dass wir uns erneut bewusst mahen, dass über 350 000 Menschen – Herr Trittin sprach on 400 000 Menschen – aus den betroffenen Gebieten mgesiedelt werden mussten, und wichtig ist auch, dass ir uns an die Tausende von Menschen erinnern, die als ogenannte Liquidatoren und unter Einsatz ihres Lebens nd ihrer Gesundheit in Tschernobyl eingesetzt waren, nd ihnen für ihren Einsatz danken. Die heutige Debatte ist aber auch Anlass, auf die norme internationale Solidarität bei der Bewältigung er Folgen des Unglücks hinzuweisen. Deutschland hat ereits erhebliche Unterstützung bei der Bewältigung er ökologischen, medizinischen, wirtschaftlichen und ozialen Folgen geleistet. Wir werden diese Hilfe auch ünftig fortsetzen. Hierbei geht es nicht nur um die Fortetzung der deutschen Beteiligung am internationalen helter Implementation Plan, also an der Errichtung eies neuen, haltbaren Sarkophags. Enorme Unterstützung isten auch die über 900 zivilgesellschaftlichen Initiatien, die sich insbesondere um Kinder aus den betroffeen Gebieten in Belarus und der Ukraine kümmern. Sie rmöglichen bis zu 20 000 von ihnen jährlich, an einem erienaufenthalt in Deutschland teilzunehmen. Für diees Engagement sage ich herzlichen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE])


Meine Damen und Herren, seit dem schweren Erdbe-
en vom 11. März 2011 in Japan steht Tschernobyl nicht
ehr allein als Synonym für die Gefahren der Kernener-

ie. Erneut hat es ein schweres Unglück bei der Nutzung
er Kernenergie gegeben. Vieles, was in Tschernobyl
assiert ist, war bei unseren Kernkraftwerken technisch
icht möglich. Es handelte sich beim Reaktortyp in
schernobyl um ein sicherheitstechnisch veraltetes
raftwerk. Die Reaktoren dieses Typs in Greifswald ha-
en wir unmittelbar nach der Wende abgeschaltet.

Jetzt aber ist in Japan ein Kernkraftwerk betroffen,
as in einem hochindustrialisierten Land steht. Dort sind
it dem schweren Erdbeben vom 11. März 2011 – in der
tzten Nacht fand dort wieder ein Erdbeben statt – und
em dadurch ausgelösten Tsunami Ereignisse eingetre-
n, die so nicht vorhergesehen wurden. Das sogenannte
estrisiko hat sich in Fukushima als reales Risiko erwie-

en. Die Sicherheitsannahmen und die Sicherheitsreser-
en in Japan sind nicht ausreichend gewesen. Aus diesen
reignissen müssen wir Konsequenzen ziehen. Das
estrisiko auch unserer Kraftwerke muss nach den Er-
ignissen in Japan neu bewertet werden. Wir müssen die
icherheit neu bewerten und mit ergänzten Maßstäben
rüfen. Genau das tun wir jetzt.

Meine Damen und Herren, wir werden die Sicher-
eitsmaßnahmen und vor allen Dingen die Sicherheits-





Marie-Luise Dött


(A) )


)(B)

annahmen zu Erdbebengefahren, zu den Auswirkungen
von Hochwasserereignissen, zu möglichen Auswirkun-
gen des Klimawandels oder zu terroristischen Angriffen,
zu Cyberattacken und zu möglichen Gefahren durch
Flugzeugabstürze genau prüfen. Wir werden insbeson-
dere die Wirkungen eines möglichen Zusammentreffens
verschiedener Schadensereignisse prüfen. Wir werden
auch die technische Situation in den Kraftwerken genau
analysieren, zum Beispiel wie die Strom- und Notstrom-
versorgung und die externe Infrastruktur ausgelegt sind,
und prüfen, wie robust sie bei Schadensereignissen sind.
Gründlichkeit in der Analyse und Konsequenz im Han-
deln, das ist jetzt gefordert. Auf beides können sich die
Bürger verlassen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – René Röspel [SPD]: Das wäre das erste Mal!)


Der von der Reaktor-Sicherheitskommission in der
vergangenen Woche vorgelegte Anforderungskatalog
umfasst alle Themen der Anlagensicherheit. Er stellt ex-
trem hohe Anforderungen an alle Anlagen und ist der
Maßstab zur Beurteilung jedes einzelnen Kraftwerks.
Diese Anforderungen gehen weit über die Anforderun-
gen eines kerntechnischen Regelwerks hinaus. Eine An-
lage, bei der die Sicherheit nicht vollständig gewährleis-
tet ist, geht nicht wieder ans Netz. Ein Kraftwerk
neueren Typs, das die Anforderungen nicht erfüllt, muss
nachgerüstet werden, oder es wird ebenfalls vom Netz
genommen. Die Sicherheit der Kraftwerke hat höchste
Priorität.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Marco Bülow [SPD]: Auch was Neues!)


Wir führen eine sehr intensive Diskussion über die
Zukunft der Energieversorgung in Deutschland. Wir
wollen die Nutzung der Kernenergie möglichst schnell
beenden. Wir werden im Lichte der Ereignisse in Japan
prüfen, ob das schneller geht, als wir bisher angenom-
men haben.


(Marco Bülow [SPD]: Als Sie bisher angenommen haben, nicht wir!)


Seit längerem sind wir uns, glaube ich, alle einig, dass
wir das Zeitalter der erneuerbaren Energien möglichst
schnell erreichen wollen. Der Umbau hat bereits begon-
nen. Wir werden ihn noch einmal beschleunigen. Die
Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, die in die-
sem Jahr ansteht, wird entsprechende Maßnahmen ent-
halten.

Wir werden zum Beispiel dafür sorgen, dass der Aus-
bau der Windenergieerzeugung beschleunigt wird. Hier
haben wir derzeit das wirtschaftlichste Ausbaupotenzial.
Wir werden den dafür erforderlichen Ausbau der Netze
und Speicherkapazitäten beschleunigen. Das bereits vor-
gelegte Eckpunktepapier für ein Netzausbaubeschleuni-
gungsgesetz ist dafür die Grundlage. Wir werden gerade
bei der Erhöhung der Energieeffizienz für schnelle Fort-
schritte sorgen. Insbesondere die energetische Gebäude-
sanierung ist hier ein wichtiger Ansatz.


(Marco Bülow [SPD]: Das haben Sie gekürzt!)


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(C (D ier haben wir ein hervorragendes Kosten-Nutzen-Verältnis mit sehr geringen CO2-Vermeidungskosten. Wir erden in den nächsten Wochen und Monaten die Wei hen stellen und sehr konkrete Vorhaben für den Ausbau er erneuerbaren Energien und die Steigerung der Enerieeffizienz auf den Weg bringen. Ein schnellerer Übergang in das Zeitalter der erneueraren Energien ist nicht umsonst zu haben. Gerade eshalb muss stärker als bisher die Effizienz des Mittelinsatzes betrachtet werden. Wir müssen den Bürgern achvollziehbar erklären, dass der Netzausbau, die chaffung von Energiespeichern und die Errichtung von euen Anlagen Geld kosten. Schließlich handelt es sich m das Geld der Bürger, das sie mit der Stromrechnung ezahlen – und nicht nur die Bürger. Auch die Wirtschaft nd hier insbesondere die energieintensiven Unternehen, die ein wichtiges Element der Wertschöpfungskette Deutschland sind, brauchen wettbewerbsfähige Ener iepreise. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


er Umbau der Energieversorgung darf nicht zur Ab-
anderung von Unternehmen und damit zum Verlust
on Arbeitsplätzen führen. Das betrifft übrigens nicht
ur die Preiswürdigkeit der Energie, sondern auch die
ersorgungssicherheit. Klimaverträglich, sicher, preis-
ürdig – das bleiben auch beim Übergang in das Zeital-
r der erneuerbaren Energien die Prämissen unserer
nergiepolitik.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir wollen einen schnelleren Ausstieg aus der Kern-
nergie; aber ein Umbau Hals über Kopf, nach dem
otto: „Koste er, was er wolle“, ist mit uns nicht mach-

ar.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Meine Damen und Herren, ich hoffe sehr und bin zu-
ersichtlich, dass die von der Bundeskanzlerin einge-
etzte Ethikkommission auch dieses Thema ausgiebig
iskutieren wird. Eine sichere, bezahlbare und klimaver-
ägliche Energiepolitik ist eine gesellschaftspolitische
rage von höchster Relevanz, und damit eignet sie sich
icht für parteipolitische Taktik. Den in Anträgen der
pposition vorweggenommenen Forderungen nach kon-
reten Jahreszahlen können wir heute – auch wenn es
onst an mancher Stelle Übereinstimmungen gibt – nicht
ustimmen. An einem Unterbietungswettlauf darum, wer
m schnellsten die Kernkraftwerke abschaltet, werden
ir uns ebenfalls nicht beteiligen. Erst die gründliche
nalyse, dann konsequentes Handeln – so ist unsere
eihenfolge.

Ich hoffe sehr, dass die Signale der Opposition für ei-
en offenen, sachlichen und fairen Dialog ernst gemeint
ind; denn die Energiepolitik in Deutschland braucht
ine langfristig stabile Perspektive. Wir sind sehr gern
ereit, darüber zu diskutieren.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)







(A) )


)(B)


Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710303100

Das Wort hat nun Marco Bülow für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Marco Bülow (SPD):
Rede ID: ID1710303200

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Zu-

nächst einmal möchte ich mich bei den vielen Initiati-
ven, Organisationen, Einzelpersonen und Abgeordneten,
die sich seit 25 Jahren für die Opfer von Tschernobyl
einsetzen und engagieren, für die Aufklärung, die es seit
Tschernobyl gegeben hat, bedanken. Beispielhaft will
ich das Internationale Bildungs- und Begegnungswerk in
Dortmund und die Abgeordnete Uta Zapf nennen, die in
den letzten 25 Jahren sehr viel Engagement aufgebracht
haben.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Selbst nach 25 Jahren ist das wahre Ausmaß von
Tschernobyl immer noch nicht bekannt. Wir wissen un-
gefähr, wie viele 100 000 Quadratkilometer Landfläche
unbewohnbar geworden sind, wir wissen, dass Hundert-
tausende ihre Heimat verloren haben, wir wissen, dass es
viele Opfer gegeben hat; aber genau beziffern wird man
es nicht können, und selbst nach 25 Jahren kommen im-
mer noch neue Opfer hinzu.

Jürgen Trittin hat es gerade schon gesagt: Viele wis-
sen, was sie zu diesem Zeitpunkt vor 25 Jahren gemacht
haben. Ich war damals knapp 15 und erinnere mich ge-
nau an diesen Tag. Ich erinnere mich auch deswegen da-
ran, weil ich damals als Jugendlicher Fragen gestellt
habe. Ich habe gefragt, warum wir auf so eine Ener-
gieform setzen und ob es keine Alternativen gibt. Ich er-
innere mich daran, dass auch in Deutschland Ratlosig-
keit und Unwissenheit vorherrschte, dass Mütter nicht
wussten, ob sie ihren kleinen Kindern Milch geben dür-
fen und ob sie bestimmte Nahrungsmittel essen können
oder nicht, dass viele große Angst hatten und sich große
Sorgen gemacht haben und dass Antworten nur spärlich
gegeben wurden.

So bin ich damals übrigens politisiert worden. Hätten
Union und FDP damals umgeschwenkt, dann wäre Ihnen
meine Rede heute möglicherweise erspart geblieben,
weil ich dann vielleicht nicht zur Politik gekommen
wäre.


(Heiterkeit bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Ich möchte Ihnen gerne eine Aussage von Franz Alt
vorlesen:

Ich habe mich 25 Jahre zurückerinnert, an Tscher-
nobyl, wo ich ganz ähnliche Bilder gesehen habe.
Damals war ich als CDU-Mitglied noch ein Anhän-
ger der Atomenergie. Ich war damals so bekloppt,
den Fachleuten zu glauben, dass da nie etwas pas-
sieren kann. Erst dann habe ich angefangen, gründ-
lich zu recherchieren, und habe gemerkt, was uns
vor allem die Fachleute an Lügen erzählt haben.
… sie hatten nur Angst, ihren Job zu verlieren. Wie

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(C (D viele Atomtechniker habe ich kennen gelernt, die gesagt haben, wir wussten alle um die Gefahren, wir haben sie nur verdrängt. Das kann natürlich keine Zukunftstechnologie sein, wenn sie auf Angst aufbaut. ieser Mensch hat dazugelernt; viele in dieser Republik aben das leider nicht. In 25 Jahren ist trotzdem eine Menge Bewegung enttanden. Es gab ähnliche Leute, ähnliche Politiker, Wisenschaftler, die umgeschwenkt sind, die die Alternatien untersucht haben und die sich von der Atomenergie bgewandt haben. Leider gilt das vor allen Dingen für ie CDU/CSU und die FDP nicht. Im Gegenteil: Vor weigen Monaten haben Sie einen Konsens, der in diesem and herrschte und der Frieden in dieser Politik gebracht at, aufgebrochen. 25 Jahre nach Tschernobyl haben Sie, bwohl wir die Alternativen längst kennen und aufgeaut haben, ganz ohne Not eine Laufzeitverlängerung eschlossen, und zwar ohne die Beteiligung der Länder, hne eine angemessene Diskussion in diesem Parlament, hne die vielen internationalen und nationalen Organisaonen mit einzubeziehen, die sich um dieses Thema chon lange verdient gemacht haben, aber natürlich nach usgiebigen Gesprächen mit den vier Atomkonzernen. Man darf hier auch nicht von einer Brücke sprechen; enn es war klar: Es war nur eine Krücke, um die Atomnergie so lange am Tropf zu halten, wie es eben geht. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Stimmt doch nicht!)


Dann gab es die Katastrophe in Fukushima, die uns
och heute in Atem hält und wahrscheinlich auch noch
ie nächsten Wochen, Monate und vielleicht sogar Jahre
Atem halten wird. Wir haben in der letzten Nacht er-
hren, dass es wieder ein starkes Nachbeben gab und

ass ein weiteres Atomkraftwerk ein Leck hat, und wir
issen nicht, wo die ganze Geschichte enden wird.

Die Japaner bekommen jetzt auch langsam Angst. Die
formationspolitik ist fatal, weil sie hauptsächlich von

inem Betreiber ausgeht. Ich finde, es ist ein Skandal,
ass ein Unternehmen, das davon lebt, Atomenergie zu
roduzieren, fast eine Informationsallmacht hat, und das
einer entwickelten Demokratie. Ich halte das für ziem-
ch gefährlich.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Aber auf einmal wandeln sich in Deutschland und
ielen anderen Ländern die Atomdinosaurier von Kriti-
ern zu Fans der Erneuerbaren und kündigen das baldige
nde der Atomenergie an. Das sind zum Teil dieselben
ersonen, die uns noch vor ein paar Wochen oder Mona-
n als Ökospinner, Ideologen oder Panikmacher be-

chimpft haben. Jetzt können sie nicht schnell genug aus
er Atomenergie aussteigen.

Sie haben gesagt, dass es keinen Wettlauf gibt, Frau
ött. Es gibt ihn aber gerade in der CDU/CSU.





Marco Bülow


(A) )


)(B)


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Viele Länderchefs versuchen, möglichst schnell von der
Atomenergie wegzukommen, schneller als Rot-Grün es
jemals beschlossen hat.

Ich bin aber froh über jeden, der dazulernt. Besser
spät als nie, von mir aus auch erst jetzt nach Fukushima.
Dabei sollten wir aber ein paar Fragen stellen dürfen:

Warum musste es erst zu einer Katastrophe in Fuku-
shima kommen? Es gab schon vorher andere Katastro-
phen neben Tschernobyl. Es gab ernstzunehmende Stör-
fälle wie 2006 in Forsmark in Schweden, einem
hochindustrialisierten Land, mit einer Technik, die auch
in Deutschland eingesetzt wird. Auch daraus wurden
keine Lehren gezogen.

Warum haben die Politiker von CDU/CSU und FDP
nicht den Mut, ähnliche Worte zu finden wie Franz Alt
und sich für ihre Politik zu entschuldigen? Stattdessen
tun sie so, als ob das, was sie noch vor zwei Monaten ge-
sagt haben, völlig richtig gewesen wäre.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Warum entmündigen Sie erneut das Parlament? Sie
setzen Ethikkommissionen ein, die vor 25 Jahren hätten
tagen müssen – unlegitimierte Kommissionen, die heute
darüber bestimmen sollen, wie wir mit der Atomenergie
umgehen –, statt im Parlament eine lange, ausführliche
Debatte zu führen und Anhörungen durchzuführen, zu
denen man die Experten hätte einladen können. Denn
das Thema gehört ins Parlament. Es sollte nicht etwa en
passant im Juni entschieden werden, wie wir es schon
einmal erlebt haben.

Warum machen Sie das nicht? Das zeigt doch, dass
der Lerneffekt sehr begrenzt ist. Sie beschränken sich
auf Lippenbekenntnisse, statt wirklich umzudenken.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Auch nach Fukushima gibt es den Konsens in der
Atomdebatte und in der Energiedebatte nicht, den Sie uns
vorzuspielen versuchen. Das ist auch ein Hinweis an die
Medien; denn es gibt immer noch große Unterschiede. Es
gibt viele Möglichkeiten, eine Energiewende, die jetzt an-
geblich alle wollen, zu verzögern. Es gibt unterschiedli-
che Ziele und Vorstellungen über die Zeitabläufe.

Es geht nicht nur darum, sieben Pannenreaktoren ab-
zuschalten. Es geht nicht einmal darum, nur über die
Atomenergie insgesamt zu sprechen. Denn eine wahre
Energiewende ist eine industrielle Revolution, die ein
neues Denken erfordert.

Albert Einstein hat gesagt: „Probleme kann man nie-
mals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie ent-
standen sind.“ Deswegen müssen wir komplett umstei-
gen. Wir müssen die Energie effizienter nutzen und auf
die Erneuerbaren umsteigen. Aber nicht nur das: Wir
brauchen ein völlig neues System. Wir dürfen nicht wie-

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(C (D er die Großstrukturen fördern. Wir müssen Energie deentral einsetzen. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Denn eines ist klar – das ist mein letzter Satz –: Ich
öchte nicht, dass einige wenige Konzerne darüber ent-

cheiden, wie es mit der Energiepolitik läuft, und dass wir
rofitdenken, das für die Konzerne notwendig ist – das
reide ich ihnen nicht an –, im Zweifel über Sicherheit,
ransparenz und volkswirtschaftlichen Nutzen stellen.

Danke schön.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710303300

Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile,

öchte ich sehr herzlich die Botschafterin der Ukraine,
rau Natalia Zarudna, sowie Vertreter verschiedener
schernobyl-Initiativen begrüßen, für deren Arbeit ich
Namen des Hauses sehr herzlich danke.


(Beifall)


Das Wort hat nun Kollege Michael Kauch für die
DP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Michael Kauch (FDP):
Rede ID: ID1710303400

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! 25 Jahre

ach Tschernobyl, das ist ein Anlass, sich zu fragen: Wie
ar es damals bei mir? – Ich war 1986 in der Oberstufe
eines Gymnasiums, habe ehrenamtlich die Milchbar

emanagt und irgendwann die Erfahrung gemacht, dass
h meine Milch nicht mehr verkaufen durfte. Ich
laube, so etwas prägt junge Menschen und bringt Er-
enntnisse. Bei mir hat es Skepsis gegenüber dieser
echnologie bewirkt.

Bei allen Abwägungen gegenüber Klimaschutz, Ver-
orgungssicherheit und Bezahlbarkeit sind dies die Er-
hrungen, durch die bei uns, meiner Generation, immer

in Rest von Skepsis geblieben ist, auch wenn es in den
tzten 25 Jahren nicht zu einer Katastrophe gekommen
t.


(René Röspel [SPD]: Das haben Sie aber sehr gut verborgen!)


ir haben 1986 als Folge von Tschernobyl die Grün-
ung des Bundesumweltministeriums erlebt. Die FDP
eschloss im Jahr 1988, dass die Kernkraft nur eine
bergangsenergie sein kann. Seitdem wurden keine
euen Kernkraftwerke mehr in Deutschland gebaut.

Ich denke, das waren die damals möglichen Konse-
uenzen aus Tschernobyl; denn in der Zeit standen uns
ie technologischen Alternativen nicht in dem Umfang
ur Verfügung wie heute. Tschernobyl und die Folgen
ahnen uns, menschliche Katastrophen und Tragödien

rnst zu nehmen. Deshalb begrüße ich es ausdrücklich,
ass sich der Antrag der SPD zum größten Teil mit der





Michael Kauch


(A) )


)(B)

menschlichen Tragödie befasst. Demgegenüber enthält
der Forderungskatalog des Antrags der Grünen kein ein-
ziges Wort zum Verhältnis zur Ukraine und zu den Men-
schen, die immer noch unter den Folgen von Tscherno-
byl leiden. Ich beglückwünsche die SPD und finde es
schade, dass die Grünen an dieser Stelle hinter den Er-
wartungen zurückbleiben.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Nach Fukushima stehen wir erneut vor einer Heraus-
forderung. Es gibt einen wesentlichen Unterschied zwi-
schen den Lehren aus Tschernobyl und Fukushima.
Tschernobyl war das Ergebnis menschlicher Fahrlässig-
keit in Kombination mit einer nichtoptimalen Reaktor-
technik. Fukushima zeigt: Selbst wenn ein Kernkraft-
werk im genehmigten Betrieb sicher betrieben werden
kann, kann es äußere Einwirkungen auf den Reaktor ge-
ben, die zur Katastrophe führen. Deshalb müssen wir
Lehren aus Fukushima ziehen. Auch wenn wir der Mei-
nung sind, dass die deutschen Kernkraftwerke im laufen-
den Betrieb sicher sind und es auch immer waren, müs-
sen wir erkennen, dass die Sicherheitsreserven der
Reaktoren offensichtlich kleiner sind, als wir uns das
vorgestellt haben. Es ist daher richtig, dass wir jetzt Leh-
ren ziehen und im Rahmen des Moratoriums von drei
Monaten Sicherheitsüberprüfungen nicht nur der Kern-
kraftwerke, sondern auch der Sicherheitsreserven und
der Sicherheitsregeln angeordnet haben.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Politik muss eine weitere Lehre ziehen. Die Bürgerin-
nen und Bürger haben ein klares demokratisches Signal
gegeben. Sie wollen schneller raus aus der Kernkraft.
Politik muss dies erkennen und entsprechend handeln.
Die FDP wird deswegen den Umbau hin zum Zeitalter der
erneuerbaren Energien beschleunigen. Das Energiekon-
zept des letzten Jahres sieht für das Jahr 2050 80 Prozent
Strom aus erneuerbaren Energien und 0 Prozent Kern-
kraftstrom vor. Allerdings müssen wir jetzt möglicher-
weise einen anderen Pfad verfolgen. Wir müssen dieses
Energiekonzept nicht auf den Müll werfen. Vielmehr geht
es darum, den Umbauprozess, der bereits im Energiekon-
zept angelegt ist, schneller hinzubekommen.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wie können wir ihn schneller hinbekommen? Das
Hauptproblem bei den erneuerbaren Energien ist nicht,
dass wir nicht schnell genug Kapazitäten aufbauen kön-
nen. Das Hauptproblem, das wir heute haben, ist, den
Strom aus erneuerbaren Energien zum Verbraucher zu
bringen. Insbesondere in Norddeutschland, wo Techno-
logien zur Nutzung erneuerbarer Energien effizient an-
gewendet werden können, gibt es riesige Kapazitäten.
Aber der Großteil der Verbraucher befindet sich im Sü-
den und im Westen der Republik. Außerdem unterliegen
diese Stromquellen Schwankungen. Deshalb sind Spei-
cherung und neue Stromtrassen die Schlüsselherausfor-
derungen für die erneuerbaren Energien. Niemand sollte
so tun, als ginge es darum, ein paar Vergütungsstufen an-

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(C (D uheben, und schon wäre das Problem gelöst. Wir müsen umbauen, und zwar nicht nur das Energiesystem, ondern die gesamte Infrastruktur dieser Republik. Das t eine riesige Herausforderung, die eine gemeinsame ationale Kraftanstrengung und eine gemeinsame Akeptanzoffensive erfordert. Daraus kann sich niemand erabschieden. Da müssen wir alle gemeinsam Verantortung tragen. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Man sollte nicht blauäugig sein und glauben, dass
iese Stromtrassen, selbst wenn wir die Genehmigungs-
erfahren beschleunigen, in ein bis zwei Jahren da sein
erden. Wir werden – das ist die bittere Wahrheit – kurz-
istig Strom importieren, was wir schon tun, kurzfristig
ie Kohlekraftwerke und die Gaskraftwerke hochfahren
nd mehr CO2 produzieren. Deswegen besteht die He-
usforderung vor allem darin, den Kernkraftausstieg mit
limaschutz zu verbinden; denn die Herausforderungen
es Klimaschutzes sind durch Fukushima nicht kleiner
eworden.

Deshalb müssen wir über das Stromsystem hinaus-
enken, wir müssen über das Thema Gebäudesanierung
prechen, durch die wir schneller und kostengünstig
O2-Emissionen und Erdgas einsparen können. Dafür
üssen auch Finanzierungsmittel bereitgestellt werden.

Meine Damen und Herren, wir stehen vor großen He-
usforderungen, wenn wir ernsthaft darangehen wollen,
limaschutz, Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit,

uch für unsere Industrie, sicherzustellen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710303500

Das Wort hat nun Eva Bulling-Schröter für die Frak-

on Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Eva-Maria Bulling-Schröter (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710303600

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

enn ich mir im Fernsehen die Bilder aus Japan an-
chaue, dann denke ich oft an Tschernobyl. Ich war 2006
emeinsam mit dem Umweltausschuss vor Ort. Vier
raktionen waren dabei; die christliche konnte sich nicht
ntschließen, mitzufahren. Ich denke an die verlassenen
tädte. Ich denke an das Riesenrad, bei dessen Anblick
an sich vorstellen kann, dass dort Kinder gespielt ha-

en. Ich denke an die Läden, die damals nach drei Tagen
erlassen wurden und die wir noch sehen konnten. Ich
abe das als sehr bedrückend empfunden.

Das sind Eindrücke, die man nie mehr vergisst. Wir
aben dort gemeinsam einen Kranz niedergelegt und uns
eschworen: So etwas darf nie wieder geschehen!


(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


ir waren dann in einer Klinik für krebskranke Kinder.
iese Eindrücke wird man ebenfalls nie mehr vergessen.





Eva Bulling-Schröter


(A) )


)(B)

Auch dort haben wir gesagt: Nie wieder! Diesen Men-
schen muss geholfen werden.

Es hat sehr, sehr lange gedauert, bis auch bei uns ein
Umdenken spürbar wurde, wie es jetzt der Fall ist.

Wir hatten dann im Umweltausschuss eine Anhörung
zu einem Bericht der IAEO, der Internationalen Atom-
energie-Organisation, mit dem Titel „Tschernobyl: Das
wahre Ausmaß des Unfalls“. In diesem Bericht stand – es
gab aufgrund der Katastrophe 4 000 Tote, deshalb habe
ich mich sehr darüber geärgert –: Die größere Bedrohung
als die Langzeitbestrahlung stellen in diesen Gebieten Ar-
mut, Lifestyle-Krankheiten und psychische Probleme
dar. – Das heißt, Sie haben schon damals versucht, zu re-
lativieren, vergessen zu machen. Wir haben darüber sehr
gestritten. Es ist genau diese IAEO, die jetzt wieder das
Sagen hat.

27 000 Quadratkilometer kontaminierter Boden sowie
9 Millionen Menschen in der Ukraine und in Belarus
wurden betroffen, und immer noch kommen Kinder auf
die Welt, bei denen die Folgen spürbar sind. Das ist nicht
nichts, und deswegen müssen wir umdenken. Es gibt
eine Linie: Harrisburg, Majak, Sellafield usw. Ich sage
Ihnen: Das muss endlich aufhören.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Jetzt haben wir eine Zäsur. Wir haben ein Moratorium
für drei Monate. Dieses Moratorium ist auch ein Erfolg
der Anti-AKW-Bewegung, bei der ich mich hiermit be-
danke. Ich sage ihr: Hört nicht auf, macht weiter so;
denn wir brauchen den Atomausstieg, und wir brauchen
ihn so schnell wie möglich!


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Das Moratorium war auch dem Wahlkampf geschul-
det. Viele Menschen haben das natürlich auch gespürt.

Im November letzten Jahres gab es einen großen Streit
bezüglich der Verlängerung der Laufzeiten. Wir haben
Anhörungen dazu durchgeführt. Alle Fakten lagen auf
dem Tisch; sie wurden diskutiert, genau wie jetzt. Aber
die Koalition war beratungsresistent hoch drei. Sie wollte
es nicht hören. Es hieß nur: Das ist eine Brückentechno-
logie, und die brauchen wir. – Es gab ein Wort, das hieß
„alternativlos“. Ich denke, dieses Wort darf in der Politik
nie mehr eine Rolle spielen; denn es gibt immer bessere
und sichere Alternativen.


(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


Um es noch einmal zu sagen: Ein abgeschriebenes
AKW, das einen Tag länger läuft, bringt einen Profit in
Höhe von 1 Million Euro. Es geht also nicht um Peanuts
und um Brückentechnologien, sondern um die Profite
der Konzerne.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Das ist falsch!)


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(C (D us diesem Grund fordern wir in unserem Antrag, dass as Verbot der Atomtechnologie im Grundgesetz veranert wird. Wir wollen darüber hinaus, dass Atomtechnogie nicht mehr exportiert und auch nicht mehr finan iert wird. Wir wollen, dass der Atomausstieg nicht vidierbar ist. Ich war Abgeordnete des Bundestages, als der rotrüne Atomkompromiss verabschiedet wurde. Meine raktion hat dagegengestimmt, aber nicht, weil wir geen den Atomausstieg waren, sondern weil uns das anze damals zu langsam ging. Durch die vereinbarten estlaufzeiten werden die Atomkraftwerke zu einer Art elddruckmaschine. Hinzu kam, dass der damals be chlossene Atomausstieg revidierbar war. Ich muss saen: Leider haben wir mit unseren Befürchtungen recht ehalten, und das, obwohl ich in diesem Punkt nicht cht haben wollte. Wir müssen den Atomausstieg un mkehrbar machen. Machen wir uns doch nichts vor: Die Atomkonzerne tehen schon wieder in den Startlöchern. Ihre juristichen Abteilungen überlegen doch bereits, wie sie es der olitik schwermachen können, etwa indem sie Geld forern. Aus diesem Grund brauchen wir ganz schnell neue esetze. Die acht vorübergehend stillgelegten AKWs ürfen nicht wieder ans Netz gehen. Der Atomausstieg uss schnell erfolgen. Zum Schluss: Eine Technologie, die nicht beherrschar ist, darf nicht weiter angewandt werden. Derzeit nuten wir zwei dieser Technologien: die Atomkraft und die entechnologie. Hinzukommen wird die CCS-Technogie, die Verpressung von CO2 in Gesteinsformationen. iese Technologien dürfen zum Wohle der Menschen uch dann nicht weiter angewandt oder eingeführt weren, wenn dies möglich ist. Wir, die Politikerinnen und olitiker, sind gewählt, um Schaden vom Volk abzuhaln. In diesem Sinne müssen wir in Zukunft entscheiden. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710303700

Das Wort hat nun Georg Nüßlein für die CDU/CSU-

raktion.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Georg Nüßlein (CSU):
Rede ID: ID1710303800

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren!

5 Jahre nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl
ilt den Opfern unser Gedenken – vor jeder Debatte, vor
dem Parteienstreit. Die Anzahl der Opfer ist hoch. Die
ahlen machen uns sprachlos. Aber es macht keinen
inn, über die Summen zu diskutieren. Unser Bedauern
ilt jedem einzelnen Menschen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Dem Dank an und der Anerkennung für die vielen
rivaten Hilfsinitiativen und ihren Spendern kann man
ich nur anschließen. Bei dieser Gelegenheit muss es





Dr. Georg Nüßlein


(A) )


)(B)

auch darum gehen, zu unterstreichen, was der deutsche
Staat und mithin der deutsche Steuerzahler in diesem
Zusammenhang zu leisten haben: Das sind für den Sar-
kophag 62,5 Millionen Euro, davon sind 60,5 Millionen
Euro direkt für den Chernobyl Shelter Fund. Außerdem
zahlt Deutschland 23,5 Millionen Euro in den Nuclear
Safety Account.


(Dr. Bärbel Kofler [SPD]: Da sieht man, wie teuer die Atomenergie uns kommt!)


Im Übrigen werden wir uns mit geschätzten 10 Prozent
an der Deckung der noch bestehenden Finanzierungslü-
cke von immerhin 740 Millionen Euro beteiligen, ganz
zu schweigen von über 50 Millionen Euro, die wir antei-
lig über die EU bezahlen.

Ich bitte Sie, es nicht als Populismus zu verstehen,
wenn ich bei dieser Gelegenheit unterstreiche, dass in
diesem Zusammenhang insbesondere die ehemaligen
Sowjetstaaten und ganz besonders das rohstoffreiche
Russland gefordert sind, nach dem Verursacherprinzip
hier ihren Anteil zu leisten.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Da ich an diesem Punkt bin: Es wurden die
600 000 Liquidatoren angesprochen, die damals von der
Sowjetunion ohne einen angemessenen Schutz vor der
Strahlung quasi ins Feuer geschickt wurden, ohne dass
sie die Strahlendosis, der sie ausgesetzt waren, gekannt
hätten. Zum heutigen Tag gehört, deutlich zu sagen, dass
wir alle froh sein müssen, dass das linke Sowjetregime
ein Ende hatte und dass auch die Wiedervereinigung da-
für Sorge getragen hat – da schütteln die Linken schon
den Kopf –, dass uns auf deutschem Boden Umwelt-
katastrophen solchen Umfangs erspart geblieben sind.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710303900

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der

Kollegin Bulling-Schröter?


Dr. Georg Nüßlein (CSU):
Rede ID: ID1710304000

Aber gern.


Eva-Maria Bulling-Schröter (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710304100

Danke schön, Herr Nüßlein. – Ich möchte nicht in

Abrede stellen, dass in Tschernobyl viel zu viele Men-
schen gestorben sind. Aber ich möchte Sie fragen, ob
Ihnen bekannt ist, dass es bei uns eine Initiative „Atom-
opfer“ gibt. Die meisten Mitglieder der Initiative sind in-
zwischen gestorben. In dieser Initiative haben sich
Atomopfer aus Ost und West zusammengeschlossen. Es
handelte sich dabei unter anderem um Leiharbeiter in
den AKWs in Westdeutschland. Ist Ihnen bekannt, dass
in Japan die meisten Liquidatoren, oder wie sie sich nen-
nen, Leiharbeiter sind? Das finde ich genauso schlimm.
Sie haben genauso wenig Schutz wie die anderen. Das
ist ein systemübergreifendes Problem, dem wir uns wid-
men müssen; denn sozialistische Atomkraftwerke sind
nicht besser oder schlechter als kapitalistische – das

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(C (D usste ich lernen –, sondern es ist die falsche Technoloie. Ich bedanke mich zunächst dafür, dass Sie meine Re ezeit verlängern. Ich wäre natürlich noch auf Fukuhima gekommen. Auch hätte ich betont, dass die dorge Informationspolitik nicht optimal ist. Natürlich tut an sich in einer so schwierigen Phase schwer, eine Re ierung von außen zu kritisieren; aber die Informationsolitik, die dort betrieben wird, ist durchaus kritikwürig. Es ist kritikwürdig, wie – vermutlich kulturbedingt – it den Geschehnissen – ursprünglich mit einem hohen aß an Gelassenheit – umgegangen wurde. All das uss man durchaus kritisieren. (Stefan Liebich [DIE LINKE]: Das eine ist kulturbedingt, das andere kommunistisch! So ein Quatsch!)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Georg Nüßlein (CSU):
Rede ID: ID1710304200

Liebe Kollegin, Sie werden aber doch wohl nicht
ugnen, dass es in der Umweltpolitik einen Unterschied

wischen dem alten Sowjetregime und den westeuropäi-
chen Demokratien gab. Da können Sie mit dem Wald-
terben anfangen, das damals entlang der Zonengrenze
esonders spürbar war. Man konnte sehen, woher das
am, nämlich von den Dreckschleudern, die in der DDR
tanden. Sie haben versucht, das zu einem globalen Pro-
lem hochzustilisieren. Das hing aber unmittelbar mit
er Tatsache zusammen, dass man in der DDR auf die
mwelt keine Rücksicht genommen hat. – Da können
ie jetzt den Kopf schütteln, aber das ist nun einmal so.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch bei der LINKEN)


Diese Reaktoren, die es in Tschernobyl gab, wären
das wissen Sie ganz genau – bei uns nicht genehmi-

ungsfähig gewesen. Das unterscheidet uns aber nicht
ur von Sowjetrussland, sondern auch ganz deutlich von
er DDR. Ich weiß, dass Ihnen das nicht gefallen wird.
as verstehe ich auch; aber es ist nun einmal eine Tatsa-

he, die zu leugnen für Sie blamabel ist. – Da sieht man
ieder, wes Geistes Kind Sie nach wie vor sind.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710304300

Herr Kollege, gestatten Sie eine weitere Zwischen-

age des Kollegen Fell?


Dr. Georg Nüßlein (CSU):
Rede ID: ID1710304400

Aber gern.


(Stefan Liebich [DIE LINKE]: Fragen Sie mal was zum Thema, Herr Fell!)



Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710304500

Herr Kollege Nüßlein, Sie haben gerade das Bild ge-

eichnet, dass unter den konservativen Regierungen hier
Westen eine wesentlich bessere Umweltpolitik betrie-

en worden wäre, ohne dass es ein Problem mit der Ge-





Hans-Josef Fell


(A) )


)(B)

sellschaft gegeben hätte. Nur im Osten hätte es Probleme
gegeben.

Ist Ihnen bekannt, dass es nach der Katastrophe von
Tschernobyl in Deutschland ein unglaubliches Unwissen
und ein Informationsdesaster gab? Es gab unter anderem
Beschwichtigungen und andere Dinge. Ich zitiere aus
einem Interview des damaligen Umweltministers
Zimmermann von der CSU aus Bayern. Er sagte in die-
sem Interview im letzten Jahr:

Nach Tschernobyl haben Kohl und Schäuble täglich
bei mir angerufen und verlangt: herunterspielen, die
Leute sollen Gemüse essen.

Das Problem mit der Radioaktivität solle nicht so in der
Öffentlichkeit dargestellt werden, wie es sei.


(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)



Dr. Georg Nüßlein (CSU):
Rede ID: ID1710304600

Erstens glaube ich nicht, dass Sie, Herr Kollege Fell,

für die Informationsdefizite, die es damals ursprünglich
gab – sie waren in der Informationspolitik der Sowjet-
union begründet –, jetzt einen CSU-Minister verantwort-
lich machen wollen. Das traue ich Ihnen nicht zu.

Zweitens bitte ich Sie – da Sie angeblich einer Um-
weltpartei angehören


(Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wieso angeblich?)


und wir uns hier in einer demokratischen Vertretung des
deutschen Volkes befinden –, schon auch mit einem ge-
wissen Stolz auf das zu schauen, was wir in West-
deutschland und dann in Gesamtdeutschland geleistet
haben. Sie werden doch nicht in Abrede stellen wollen,
dass das, was sich in den letzten Jahrzehnten hier um-
weltpolitisch bewegt hat, um Klassen besser als das war,
was irgendwo im Ostblock geschah.


(Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe Sie zu Herrn Zimmermann gefragt!)


Dazu leisten Sie, lieber Kollege, Ihren Beitrag als Abge-
ordneter so wie ich. Wir sollten unser Licht nicht unter
den Scheffel stellen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Petra Merkel [Berlin] [SPD]: Er kocht gerade runter!)


Lassen Sie mich nach diesem Nebenkriegsschauplatz,
den ich gar nicht in dieser umfassenden Form eröffnen
wollte, auf das zu sprechen kommen, worauf es an-
kommt, nämlich: Wie geht es weiter? Was bedeutet Fu-
kushima für uns? Wie bewerten wir das sogenannte
Restrisiko neu?

Ich bitte Sie: Hören Sie auf, von Wahlkampftaktik zu
sprechen! Diese Zeit ist vorbei. Sie müssen sich jetzt da-
mit auseinandersetzen, dass wir das Restrisiko neu be-
werten und uns die Frage stellen, was passiert, wenn sich
absolut unvorhersehbare Ereignisse duplizieren. Das
wird für unsere Politik natürlich Konsequenzen haben.

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(C (D Ich sage ganz selbstbewusst: So gradlinig, wie Sie es erne darstellen, meine lieben Kollegen von Rot-Grün, t Ihre Kernenergiepolitik nie gewesen. Wenn Sie 1986 tsächlich die Lehren gezogen hätten, die Sie hier be chreiben, wären Sie spätestens, als Sie an die Regierung ekommen sind, sofort ausgestiegen. Das haben Sie icht getan. Sie hatten 2000 einen Hebel in der Hand, aben aber den Betrieb der Atomkraftwerke für 20 weire Jahre in Kauf genommen, und zwar auf Basis einer icherheitsbetrachtung, über die wir alle uns offenkunig einig waren. Das stimmt doch wohl. Sonst hätten Sie s vermutlich nicht gemacht. (Petra Merkel [Berlin] [SPD]: Das ist ja unerträglich!)


Sie haben in dem sogenannten Ausstieg, in dem Kon-
ens, den Sie hier beschwören, ganz klar formuliert: Die
eutschen Kernkraftwerke laufen auf einem im interna-
onalen Vergleich hohen Sicherheitsniveau. Sie sind so-
ar noch einen Schritt weiter gegangen und haben ge-
agt: Wir werden an diesem Sicherheitsstandard und an
er zugrunde liegenden Sicherheitsphilosophie nichts
ndern. Das war ein Versprechen an die Versorger.


(Ulrich Kelber [SPD]: Lüge!)


Sie schreien „Lüge“. Ich wäre an Ihrer Stelle vorsich-
g bei Dingen, die man schwarz auf weiß hat, die man
achlesen kann und die in dieser Vereinbarung so deut-
ch stehen.


(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Hermann Ott [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Nüßlein, es wird Ihnen nichts nützen! Die Leute wissen, dass Sie Blödsinn reden!)


Hier geht es nicht darum, ob es mir nützt oder nicht.
h sehe das nicht parteipolitisch, nicht einfach schwarz-
eiß, wie Sie das jetzt gern hätten. Sie werden sich noch
anz schön wundern, wenn Sie sehen, in welchem Maße
ir bereit sind, die Energieversorgung dieses Landes
mzubauen.

Eine klare Lehre aus Tschernobyl muss heißen: Ra-
ioaktivität macht nicht an Grenzen halt. – Was mich am
eisten umtreibt, bei aller Bereitschaft, hier im Lande

twas zu ändern, ist die Tatsache, dass in den Ländern
m uns herum, wenn man einmal von Italien absieht,
enig Bereitschaft vorhanden ist, andere Wege zu ge-
en. Ich sage Ihnen auch ganz offen: Es trifft doch zu,
ass der Import von Kernkraftstrom aus Tschechien oder
rankreich, wie er momentan stattfindet, maximal die
efühlte Sicherheit, aber nicht die tatsächliche Sicherheit
rhöht.

Wir werden Konsequenzen technischer wie ökonomi-
cher Art ziehen. Wenn man das Moratorium ernst
immt, kann man an dieser Stelle nicht vorgreifen. Aber
h sage Ihnen: Es ist schwierig, den Ausstieg in Jahren

u bemessen. Mir wäre wohler, wenn wir uns beim Aus-
tieg in diesem Land an Vorgaben, an Umstellungen, an
nderungen, an Strommengen orientieren würden. Es

tellt sich nämlich die Frage: Was gelingt uns im Bereich
er erneuerbaren Energien? Was gelingt uns beim Aus-
au von Stromnetzen?





Dr. Georg Nüßlein


(A) )


)(B)

Das ist mir deshalb wichtig, weil man da auch die Op-
position in die Pflicht nehmen kann. Auch die Opposi-
tion muss ihren Beitrag leisten, nicht nur bei Debatten
hier, sondern umfassend, wenn es wirklich um einen
Konsens geht, wie ihn Herr Trittin heute angekündigt
hat.

Was beispielsweise den Ausbau von Infrastruktur an-
geht, werden wir meiner Auffassung nach über Themen
wie die Abschaffung der Verbandsklage oder die Einfüh-
rung eines eigenen Klageweges reden müssen, um zu
einer Beschleunigung zu kommen. Wir werden die Op-
position immer wieder bitten müssen, sich nicht in Bür-
gerinitiativen gegen Stromtrassen, Pumpspeicherkraft-
werke oder Wasserkraftanlagen zu engagieren und das
auf allen politischen Ebenen auch durchzustehen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wir müssen vom reinen Aufbau von Kapazitäten im
Bereich der erneuerbaren Energien wegkommen hin
zum Aufbau einer Versorgung mit erneuerbaren Ener-
gien. Das ist nicht einfach. Wir brauchen intelligente
Modelle zur Netzintegration. Das wird das Kernthema
des EEG sein. Wir brauchen echte Innovationsförderung
statt der Besitzstandwahrung, die wir an dieser Stelle er-
leben. Statt der Förderung chinesischer PV-Module
brauchen wir etwas, was die Innovationen hier in diesem
Land voranbringt. Ich halte das EEG für ein geeignetes
Instrument, um das zu tun, wenn man das eine oder an-
dere anders akzentuiert. Dazu sind wir bereit.

Das wird auch bedeuten, dass wir die eine oder andere
konventionelle Ersatzkapazität brauchen. Dies geht in
die Richtung effizienter Gaskraftwerke. Das muss uns
klar sein. Es geht darum, Industriestrom zu produzieren,
den sich die Industrie noch leisten kann. Wir werden in
diesem Zusammenhang auch eine Entlastungsdebatte
führen und die Frage beantworten müssen, wie wir ener-
gieintensive Betriebe, die physikalisch kein Potenzial
zur Effizienzsteigerung haben, entlasten. Das bedeutet in
der Konsequenz zusätzliche Belastungen von Verbrau-
cherinnen und Verbrauchern. Das Ganze gibt es nicht
zum Nulltarif; das muss uns klar sein.

Am meisten beschäftigt mich Ihre Behauptung – die
ist populär –, dass wir die Laufzeitverlängerung verein-
bart hätten, um die Gewinne der Versorger zu sichern.
Wir haben das gemacht, weil wir einen Weg gesucht ha-
ben, um den Ausbau der erneuerbaren Energien und die
Energieforschung zu finanzieren. Dieser Weg bricht jetzt
weg. Da muss uns etwas einfallen. Das wird – auch das
gehört zur politischen Wahrheit – teuer für die Stromver-
braucher.


(René Röspel [SPD]: Teuer, weil die Regierung falsch gehandelt hat!)


Das müssen wir uns alle merken.

In diesem Sinne: Vielen Dank fürs Zuhören.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Das Wort hat nun Oliver Kaczmarek für die SPD raktion. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich öchte versuchen, auf das Ereignis zurückzukommen nd in der Debatte einen anderen Akzent zu setzen. Man uss es wohl wirklich als tragischen Zufall bezeichnen, ass die Reaktorkatastrophe von Fukushima beinahe eitgleich auf den 25. Jahrestag des Unfalls in Tschernoyl fällt. Tatsächlich kann man Fukushima und Tscherobyl nicht gleichsetzen; das würde der Einzigartigkeit eider Ereignisse nicht gerecht werden. Allerdings gibt es auch heute viele – wie ich finde – icht ganz unberechtigte Stimmen, die befürchten, dass uch die Ereignisse in Japan bald zu einer Episode weren und dass es zu einer Verdrängung kommen kann, ie dies nach Tschernobyl der Fall gewesen ist; ein Verrängungsprozess, der wirtschaftliche Interessen über icherheitsinteressen und einen gesellschaftlichen Konens stellt. Ich denke, wir sollten auch in dieser Debatte um Ausdruck bringen, dass wir diesen Verdrängungsrozess in unserem Land nicht geschehen lassen wollen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710304700

(Beifall bei der SPD)

Oliver Kaczmarek (SPD):
Rede ID: ID1710304800

Die Opfer der Katastrophe von Tschernobyl können
s sich nicht erlauben, zu vergessen. Für sie ist Tscher-
obyl nicht die Erinnerung an ein Ereignis vor
5 Jahren. Sie leben bis heute mit Tschernobyl und allen
olgen, wahrscheinlich noch über viele Generationen hi-
aus. Deswegen darf es allein aus Respekt vor den Op-
rn und denen, die sich dort engagieren, kein Vergessen

nd Verdrängen geben, weder von Tschernobyl noch von
ukushima in der Zukunft.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Tschernobyl ist auch der Ausgangspunkt einer bis
eute einzigartigen Solidaritätsbewegung in Europa. In
ahlreichen Ländern wurden nach der Katastrophe Ver-
ine und Verbände gegründet, die mit ihrer Arbeit bei-
pielhaft für bürgerschaftliches Engagement stehen.
hne deren Engagement wären die Opfer der Katastro-
he schlicht alleingelassen worden.

Es waren und sind die Nichtregierungsorganisationen,
ie der Bevölkerung die meiste Hilfe zur Minderung der
atastrophenfolgen gewährten. Es wurden und werden
eute noch zahlreiche Hilfstransporte organisiert. Kran-
enhäuser wurden in großer Anzahl umgebaut und neu
usgestattet. Ärztefortbildungen vor Ort haben den All-
g in Krankenhäusern verändert, und aufgrund der bes-

eren medizinischen Versorgung konnten Leben gerettet
erden. Vor allem hat mithilfe dieser Organisationen
ittlerweile über 1 Million Kinder aus Osteuropa im
usland Erholungsaufenthalte gehabt.

Einige Vertreter dieser Organisationen haben heute
uf der Tribüne Platz genommen. Diese Arbeit der Ver-





Oliver Kaczmarek


(A) )


)(B)

eine und Verbände, hinter denen unbezahlbares ehren-
amtliches Engagement steht, verdient deshalb höchste
Anerkennung. Das wollen wir auch durch diese Debatte
und durch unsere Anträge zum Ausdruck bringen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)


Doch 25 Jahre nach der Katastrophe sehen sich die
Tschernobyl-Initiativen mit wachsenden Problemen kon-
frontiert: Mangelnder Nachwuchs und ein allgemein ge-
ringeres Spendenaufkommen sind nur die eine Seite.
Noch schwerwiegender sind für sie die Schwierigkeiten,
mit denen sie bei ihrer Arbeit durch die belarussische
Regierung konfrontiert werden. Sie behindert die zivil-
gesellschaftlichen Organisationen oft durch die Errich-
tung massiver bürokratischer Hürden. Deshalb mahnt
Tschernobyl tatsächlich und ganz konkret: Es mahnt uns,
unsere Verantwortung hier bei uns unter der großen
Überschrift der „europäischen Verantwortung für
Tschernobyl“ wahrzunehmen.

Wir wollen die Menschen vor Ort nicht alleine lassen.
Wir wollen an Tschernobyl erinnern und am Aufbau ei-
ner aktiven Erinnerungskultur mitwirken, gerade jetzt,
wo es einen Generationswechsel in den Hilfsorganisatio-
nen gibt. Wir wollen diejenigen nach Kräften unterstüt-
zen, die es sich nicht nehmen lassen wollen, trotz diver-
ser Schwierigkeiten weiter zu helfen, die sich nicht
unterkriegen lassen. Wir als Bundestag können nämlich
mehr tun, als nur Danke sagen. Wir können konkrete
Unterstützung leisten. Ich will vier Elemente nennen,
über die wir schon mit den Initiativen ins Gespräch ge-
kommen sind und die diesen auch besonders wichtig
sind.

Erstens. Das Förderprogramm Belarus, das im Haus-
halt des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusam-
menarbeit und Entwicklung etatisiert ist, muss auch nach
dem Auslaufen der fünften Förderphase über das Ende
dieses Jahres hinaus verlängert werden.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


Mit diesem Programm fördert das Ministerium 42 zivil-
gesellschaftliche Projekte, die jeweils von deutschen und
belarussischen Nichtregierungsorganisationen durchge-
führt werden. Das Programm ist zudem ein zentrales
Element, um den Aufbau der belarussischen Zivilgesell-
schaft zu unterstützen. Gerade nach der Verunsicherung
der Zivilgesellschaft infolge der Präsidentschaftswahlen
in Belarus – ich erspare mir, darauf im Detail einzugehen –
ist es umso wichtiger, dass wir die Aktivitäten weiter un-
terstützen und deutlich machen: Wir geben Belarus nicht
auf.


(Beifall bei der SPD sowie der Abg. MarieLuise Dött [CDU/CSU] und der Abg. Claudia Bögel [FDP])


Zweitens. Wir müssen Wege finden, den Austausch
mit Kindern und Jugendlichen, die heute immer noch in
radioaktiv belasteten Regionen leben, dauerhaft zu si-
chern. Dabei ist es durchaus sinnvoll, mit den vorhande-

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(C (D en ehrenamtlichen Initiativen in Deutschland in Dialog u treten. Von diesen ist der Gedanke eines europäischen ugendwerkes entwickelt worden. Dieser Idee sollten ir nachgehen und sie prüfen. Wenn wir nämlich weiterin für die Ermöglichung dieses Austausches sorgen, enden wir auch das nicht zu vernachlässigende Signal n die junge Generation in Belarus und der Ukraine: Ihr eid willkommen in Europa. Ihr seid Teil von Europa. – as ist eine wichtige Botschaft für die dort Lebenden. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Drittens. Die Staatsführung in Belarus muss die Ar-
eit der zivilgesellschaftlichen Organisationen unterstüt-
en; sie darf sie zumindest nicht weiter erschweren. Es
t Aufgabe der Regierung und auch des Parlaments
das erwarten wir –, Druck auf die belarussische Regie-
ng auszuüben, damit die Arbeit der zivilgesellschaftli-

hen Organisationen unterstützt wird, beispielsweise
urch eine transparente und unbürokratische Vergabe
on Visa.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Viertens. Erinnerung und Zukunft brauchen Orte in
elarus und in der Ukraine. Tschernobyl ist nicht in ers-
r Linie eine Technikkatastrophe, sondern Tschernobyl
t vor allem eine menschliche Katastrophe. Es ist die
ufgabe, dauerhaft an diese Dimension zu erinnern so-
ie die Perspektive einer von Atomkraft unabhängigen
nergieversorgung zu eröffnen. Wenn wir das schaffen,
önnen wir auch eine dauerhafte Perspektive zum Leben
it Tschernobyl in den betroffenen Regionen ermögli-

hen.

Meine Damen und Herren, wir können das natürlich
eute hier nur anreißen und andiskutieren. Mir sind auch
ie innenpolitischen Umstände dieser Debatte völlig
ewusst. Ich weiß, dass zahlreiche Kolleginnen und
ollegen aus allen Fraktionen in Tschernobyl-Initiati-
en, -Vereinen und -Verbänden mitarbeiten bzw. Mit-
lied sind. Deswegen lautet mein Appell, diese Arbeit
olitisch zu unterstützen. Es wäre schön, wenn wir es ge-
einsam schaffen, in den von mir genannten Punkten,

ie auch die Initiativen betreffen, zu Lösungen zu kom-
en. Das könnte eine echte Unterstützung für die Men-

chen darstellen, die auch in Zukunft noch über viele
enerationen mit Tschernobyl leben müssen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710304900

Das Wort hat nun Angelika Brunkhorst für die FDP-

raktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)







(A) )


)(B)


Angelika Brunkhorst (FDP):
Rede ID: ID1710305000

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! 25 Jahre

nach dem verheerenden Unglück von Tschernobyl ist es
notwendig und richtig, dass wir uns immer wieder daran
erinnern und dass wir nachdenklich bleiben.

Ich habe in den drei Anträgen der Opposition unter
anderem die Forderungen gefunden, dass wir unsere Un-
terstützung der zivilen Gruppen aufrechterhalten sollen
und dass wir uns weiterhin um die von der Katastrophe
betroffenen Menschen kümmern sollen. Dies findet un-
sere Unterstützung. Die humanitäre Hilfe und die Zu-
sammenarbeit müssen weitergeführt werden.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Trotz der vielen guten Ansätze, die in diesen Anträ-
gen zu finden sind, haben mich die ewig gleichen Fest-
stellungen zur Kernkraft doch ein wenig ermüdet. In
letzter Konsequenz hätten die Anträge der Grünen und
der Linken die Überschrift haben können „Kraftwerke in
Deutschland abschalten“. Das hat mich ein bisschen ge-
nervt.

Ich war 2006 ebenso wie Frau Bulling-Schröter, Herr
Müller und Herr Fell in Tschernobyl; Herr Müller gehört
heute dem Parlament nicht mehr an. Wir haben dort sehr
interessante Gespräche geführt. Ich habe eine vielleicht
etwas andere Erinnerung daran als Frau Bulling-Schröter
oder Herr Fell.

An eine Sache kann ich mich besonders gut erinnern.
Wir hatten ein gemeinsames Arbeitsessen mit einem In-
genieur, der ehemals in Tschernobyl gearbeitet hatte und
der dort in den ersten Tagen nach der Katastrophe tätig
war. Er selbst, ein Mann wie ein Schrank, war robust.
Aber viele seiner Freunde sind an den Folgen des Un-
glücks gestorben. Wir haben uns über die damaligen
Vorkommnisse unterhalten. Er hat uns erklärt, dass ein
RBMK-Reaktor auf einer anderen Technik beruht als die
anderen europäischen Reaktoren. In Tschernobyl wurde
Grafit als Moderator benutzt, was hochgradig brennbar
ist. Die anderen europäischen Reaktoren arbeiten mit
Wasser als Moderator. Das kann zum Glück nicht bren-
nen. Wir haben es also mit ganz unterschiedlichen Reak-
torfamilien zu tun.

Dieser Ingenieur hat uns damals weiterhin erzählt:
Wir haben ein Experiment durchgeführt – es war also
kein Test, sondern ein Experiment –, das wir nie hätten
wagen dürfen. Wir haben nämlich die Notkühlung aus-
geschaltet und am Ende vergessen, diese wieder zu akti-
vieren. – Es hat sich also um einen menschlichen Fehler
gehandelt. Das sagt sehr viel aus über die unterschiedli-
che Sicherheitskultur.

Natürlich wurden aus dem Reaktorunfall von Tscher-
nobyl Lehren gezogen, was dazu geführt hat, dass die Si-
cherheitstechnik in den osteuropäischen Ländern im Be-
reich des Machbaren wesentlich verbessert worden ist.
Deutschland hat zu Beginn der 90er-Jahre mit dem
Transfer von Know-how sehr geholfen. Auch bei uns
wurden aufgrund des Reaktorunfalls die Sicherheitsan-
forderungen für Reaktoren verschärft und die techni-
schen Sicherheitskonzepte verbessert.

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(C (D In Kiew haben wir mit dem Energieminister gesprohen. Wenn Herr Fell und auch Frau Bulling-Schröter an olchen Gesprächen teilnehmen, dann werden natürlich ie erneuerbaren Energien angepriesen, und es wird aneboten, entsprechende Anlagen zu liefern. Aber der nergieminister hat uns doch eine deutliche Abfuhr erilt, indem er darauf hingewiesen hat, dass man ange ichts der Probleme bei den Gaslieferungen weiterhin uf die Kernenergie setzen will. Ich will in diesem Zusammenhang ein paar Zahlen ennen; denn in den Anträgen klingt immer durch, wir önnten anderen Länder vorschreiben, mit der Kernenerie aufzuhören. (René Röspel [SPD]: Das steht in keinem Antrag!)


Man kann es jedenfalls so interpretieren.


(Dr. Bärbel Kofler [SPD]: Es geht nicht um „vorschreiben“, sondern um gutes Beispiel!)


Wir müssen folgende Tatsachen ins Auge fassen: In
er Ukraine gibt es vier Standorte mit insgesamt
5 Blöcken. Acht Reaktorblöcke sind seit 1986 in Be-
ieb gegangen; zwei befinden sich derzeit im Bau.
0 weitere Reaktorblöcke sind noch in der Planung. Das
uss man sich einmal vorstellen. Ich glaube nicht – Herr
ell, vielleicht haben Sie andere Informationen –, dass
ezüglich der erneuerbaren Energien eine aufgeschlosse-
ere Haltung zu erkennen ist.


(Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein bisschen!)


Das ist wenigstens etwas. Dann können wir ja „ein
isschen“ beruhigter sein.

Aber was ich noch sagen wollte, ist Folgendes: Auch
eutschland hat natürlich einiges getan. Wir haben sehr
iel Geld in die Hand genommen. Es gibt ein internatio-
ales Forum, bestehend aus 24 Geberländern, das viel
eld bereitgestellt hat. Darunter sind auch sechs kleinere
eberländer. Japan hat zugesagt, seine Gelder trotz der
atastrophe weiterhin zur Verfügung zu stellen.

Wir haben versucht, die Mittel für die Stabilisierung
es zerstörten Reaktorgebäudes bereitzustellen. Es hat
nge gedauert. Das Design war lange Zeit nicht be-
annt. Wir erhalten auch wenig Informationen über den
ortgang des Bauvorhabens.

Ich nenne einmal ein paar Zahlen zu den Folgen eines
olchen Unglücks, wobei ich hervorheben möchte, dass
ie internationale Gemeinschaft den Betroffenen wirk-
ch beisteht: Bei den Kosten für einen Sarkophag, also
ine Hülle um den zerstörten Reaktor, ist man zunächst
on 715 Millionen Euro ausgegangen. Mittlerweile geht
ie Kostenannahme sogar so weit, dass man wahrschein-
ch 1,5 bis 1,6 Milliarden Euro wird aufwenden müssen.
ie Geberländer haben gesagt: Das wird schwer werden,

ber wir werden dieses Geld irgendwie auftreiben. Es ist
ns wichtig, dass dieses zerstörte Reaktorgebäude einen
kologisch sicheren Abschluss bekommt und dass von
ort keine weitere Gefahr mehr ausgehen kann.





Angelika Brunkhorst


(A) )


)(B)

Ich weiß, dass die beschädigte Wand mittlerweile sta-
bilisiert worden ist, dass diese Maßnahme vollendet ist.
Ich weiß auch, dass die Fundamente für die Kräne in An-
griff genommen worden sind, die benötigt werden, um
die Hallenbögen schaffen zu können, und dass man – op-
timistisch gerechnet – im Jahre 2014 die Hülle über den
zerstörten Sarkophag wird schieben können.

Warum erzähle ich das hier? Ich möchte darauf hin-
weisen, dass solche extremen Ereignisse, wie wir sie
jetzt auch in Japan erlebt haben, die Hilfe der internatio-
nalen Gemeinschaft erfordern. Ich habe ein wenig be-
trübt feststellt – das haben viele andere auch getan –,
dass die Japaner sich zunächst nicht haben helfen lassen.
Ich hoffe, dass wir da jetzt ins Gespräch kommen und
auch etwas tun können. Dazu rufe ich Sie alle – auch in
Anbetracht der Erinnerung an Tschernobyl – auf.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710305100

Das Wort hat nun Dorothee Menzner für die Fraktion

Die Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Dorothee Menzner (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710305200

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen!

Sehr verehrte Damen und Herren! Wir haben gehört,
welche Folgen die Katastrophe in Tschernobyl 1986
hatte: 400 000 Menschen mussten umgesiedelt werden.
Rund 850 000 Menschen, sogenannte Liquidatoren, wa-
ren mit der Beseitigung der konkreten Folgen beschäf-
tigt. 280 000 Menschen müssen bis heute in den am
stärksten verstrahlten Gebieten leben. Man geht von
rund 100 000 Todesfällen aus, die mittelbar oder unmit-
telbar mit der Katastrophe zu tun haben. Die Folgekos-
ten werden auf mehrere hundert Milliarden US-Dollar
geschätzt.

Aber Tschernobyl war nicht der einzige große Unfall;
es gibt vielmehr eine ganze Latte. Ich möchte nur wenige
aufzählen. Three Mile Island 1979: 200 000 Menschen
mussten evakuiert werden. Als in Majak im September
1957 ein Tank mit radioaktiven Abfällen explodierte,
starben 1 000 Menschen; 10 000 wurden verstrahlt. Im
selben Jahr, einen Monat später, kam es zu einem Unfall
in Sellafield, Großbritannien, der auch diverse Todesop-
fer zur Folge hatte. Es gibt noch weitere Unfälle.

Alle diese Unfälle und Störfälle haben eines gemein-
sam: Unter gravierenden Sicherheitsmängeln, oftmals
verursacht durch Schlamperei, Kosteneinsparungsdruck,
Profitsucht einzelner Manager in irgendwelchen Vor-
standsetagen, müssen Tausende und Hunderttausende
von Menschen leiden. Sie leiden nicht nur im Moment
des Unglücks, sondern auch Jahre und Jahrzehnte später,
oft über viele Generationen. Ihnen wird ihre Heimat, ihre
Existenzgrundlage genommen. Agrarland kann nicht
mehr bewirtschaftet werden. All diese Folgen sehen wir
in Tschernobyl, und sie drohen in Japan jetzt auch.

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(C (D Landverwüstung, Opferzahlen und andere katastrohale Auswirkungen auf die Umwelt haben eigentlich ngst das Ausmaß eines permanenten Kriegsschauplat es, der mit jedem Unfall größer wird. Mehr noch: Die olgen der radioaktiven Dauerbelastung reichen weit in ommende Jahrhunderte hinein. Ich erinnere nur an die ngelöste Frage der Atommüllverwahrung. Von daher nde ich den Satz sehr richtig und wichtig, den der ehealige Vizepräsident des Internationalen Gerichtshofs in en Haag nach den Ereignissen in Fukushima in einem ffenen Brief an die Umweltminister aller Staaten forulierte. Er schrieb: Deshalb sind wir die zerstörerischste Generation der Menschheitsgeschichte. Die Opfer von Katastrophen sind immer auch diejenien, die nach dem Ereignis noch mit den Kosten behelgt werden und diese selber tragen müssen. Atomkrafterke – das ist bereits angesprochen worden – sind nicht ersicherbar. Die immensen Kosten zahlt hinterher die evölkerung, von der oftmals ein großer Anteil zugleich ie Geschädigten sind. Allein in Deutschland wurden als usgleich für die durch Tschernobyl verursachten wirt chaftlichen Schäden bis Juni 2010 rund 240 Millionen uro Entschädigungsleistungen aus Steuermitteln geahlt. So viel zu der Frage, ob Atomkraft billig ist. Den enschen, die von dem Unglück betroffen waren, wur en zunächst großmundige Versprechungen gemacht; tztendlich aber stehen sie alleine da und müssen mit en Folgen klarkommen. Die Entscheidung für Hochrisikotechnologien wie die tomkraft ist nicht mit arroganten und nach Profit streenden Konzernen zu treffen. Eine solche Frage muss ielmehr in der Gesellschaft diskutiert und demokratisch ntschieden werden. ie Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland hat dazu ine sehr klare Meinung. Jedes Zögern – sei es durch die dustrie oder durch uns selbst verursacht –, das Atom raftwerke unnötig weiter am Netz lässt, ist dazu geeiget, die Risiken zu mehren. Das ist ein Bruch mit dem ostulat des Grundgesetzes, dass der Wille der Mehrheit er Bevölkerung umzusetzen ist und dass diese Umsetung unsere Aufgabe ist. Die Respektlosigkeit, mit der zunächst gesagt wurde, as mit dem Moratorium sei doch nur zur Beruhigung ewesen, während hinterher gesagt wurde, es sei ein rotokollfehler gewesen, empfinde ich – und ich glaube, icht nur ich – als eine Verhöhnung der Opfer von schernobyl und Fukushima. Wir müssen in dieser Gesellschaft anders diskutieren. ir müssen in der Breite diskutieren; viele Menschen rdern das berechtigterweise ein. Die Menschen tun sel er etwas, indem sie zum Beispiel den Stromanbieter echseln. Sie machen Druck, sei es, indem sie woanders unden werden, oder, indem sie auf die Straße gehen. enn sie wissen: Erst wenn das letzte Atomkraftwerk om Netz genommen und in seine Einzelteile zerlegt Dorothee Menzner )


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)





(A) )

wurde, wenn die Verwahrung des Atommülls zumindest
ansatzweise sicher geregelt ist, erst dann sind Restrisi-
ken minimiert. Erst dann werden wir den Opfern in
Tschernobyl, Fukushima und in all den anderen Orten
gerecht und haben ihre Botschaft verstanden.


(Beifall bei der LINKEN)


Dies gilt nicht nur für uns, sondern auch für die Genera-
tionen, die uns folgen.

Ich danke Ihnen.


(Beifall bei der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710305300

Das Wort hat nun Manfred Grund für die CDU/CSU-

Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Manfred Grund (CDU):
Rede ID: ID1710305400

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das war

es wohl mit der Menschheitsbeglückung durch billigen
Atomstrom. Erinnern wir uns: Zwischen 1969 und 1982
wurde in der alten Bundesrepublik Deutschland mit dem
Bau von 19 Kernkraftwerken begonnen. 18 weitere wa-
ren in Planung. Regierungspartei war die SPD.

Auch die DDR hatte ihre Atomkraftwerke. Im Ju-
gendweihehandbuch Weltall Erde Mensch wurde den
staunenden Kindern erklärt, dass mit einer Uranmenge
in der Größe einer Eisenbahnfahrkarte der Energiebedarf
einer ganzen Stadt gedeckt werden könne.


(Stefan Liebich [DIE LINKE]: Das war aber kein DDR-Spezifikum!)


In der Zeitung Fröhlich sein und singen gab es das Ato-
mino, um den Kindern die strahlende Zukunft zu erklä-
ren.

Der Atomtraum war zuerst in der ausgehenden DDR
ausgeträumt; die Anlagen wurden geschlossen und de-
montiert. Die Transporte aus diesen Anlagen sorgen bis
heute für Ärger. Was Tschernobyl für die Ukraine und
Weißrussland brachte, das wäre als Ergebnis des Uran-
bergbaus durch die Sowjetisch-Deutsche Aktiengesell-
schaft Wismut über Ostthüringen und Westsachsen
gekommen: verseuchte und verstrahlte Tagebauland-
schaften, eine verwüstete Umwelt, unbewohnbare Städte
und Dörfer. Die Beseitigung der Wismut-Altlasten hat
bereits mehr als 7 Milliarden Euro gekostet, und sie kos-
tet immer noch viel Geld.


(Marie-Luise Dött [CDU/CSU]: Hört! Hört!)


Das ist aber gut angelegtes Geld. Aus der ehemaligen
Wismut-Region sind so blühende Landschaften entstan-
den, ausweislich der Bundesgartenschau in Gera und
Ronneburg.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Peter Röhlinger [FDP])


Der vereinten Linken, hervorgegangen aus der Regie-
rungspartei der DDR, fällt dazu nichts ein,


(Dr. Ilja Seifert [DIE LINKE]: Na, na, na!)


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(C (D rst recht keine Entschuldigung oder ein Dankeschön an en bundesdeutschen Steuerzahler. Das hindert die inke nicht, in ihrem Antrag die unverzügliche Stillleung aller Atomkraftwerke in Deutschland zu fordern. (Zuruf von der LINKEN: Das ist auch sinnvoll!)


er wird sich, wenn es um die Weltrettung geht, schon
it der eigenen Vergangenheit aufhalten?


(Marie-Luise Dött [CDU/CSU]: Genau!)


Ganz so nassforsch ist der Antrag der Bündnisgrünen
icht. Aber immerhin fordern sie, „auf nationaler Ebene
en gesetzlichen und finanziellen Rahmen dafür zu
chaffen, die Atomkraftnutzung bis spätestens 2017 zu
eenden“. Die geltende Gesetzeslage sieht wie folgt aus,
stgehalten im Energiekonzept der Bundesregierung

om Herbst letzten Jahres:

Beim Energiemix der Zukunft sollen die erneuerba-
ren Energien den Hauptanteil übernehmen. Auf die-
sem Weg werden … die konventionellen Energie-
träger … durch erneuerbare Energien ersetzt.

uf dem Weg dorthin stellt die Kernenergie eine zeitli-
he und eine finanzielle Brücke dar. Nach Fukushima
ägt diese Brücke nicht mehr.

Die Energieumstellung muss wesentlich schneller ge-
en und wird wesentlich mehr kosten. Beides hat Konse-
uenzen für die Verbraucher in der Industrie und in den
aushalten, aber auch für die Politik. Einige Hausnum-
ern zu den Kosten: Wenn sich die „grüne“ Kraftwerks-
istung bis 2040 auf 120 Gigawatt verdreifachen soll,

ind dafür durch die Stromkunden 100 Milliarden Euro
usätzlich aufzubringen. Mit ebenfalls dreistelligen Mil-
ardenbeträgen wird der Umbau des Hochspannungsnet-
es zu Buche schlagen. Zurzeit beträgt die Durchschnitts-
ntfernung zwischen Kraftwerk und Großverbraucher
0 Kilometer. In Zukunft werden es 400 Kilometer und
ehr sein. Nach einer Studie der dena werden insgesamt

napp 4 000 Kilometer Hochspannungsleitungen neu zu
auen sein. Ähnliches gilt für Anlagen zur Energiespei-
herung, zum Beispiel Pumpspeicherkraftwerke. Auch
iese müssen neu gebaut werden.

Die Internationale Energieagentur rechnet für die
uropäische Union für notwendige Investitionen in
raftwerke und Netze bis 2020 mit Kosten von bis zu
Billion Euro. Doch ist es mit Geld allein nicht getan. Es
uss auch tatsächlich gebaut und investiert werden. Wer

chnell aus der Nutzung der Atomkraft heraus will und
benso die Kohleverstromung beenden will, der muss ge-
auso schnell für beschleunigte Planungsverfahren sor-
en. Die beschleunigte Energieumstellung ist bei den jet-
igen Zeiträumen für Planungsverfahren von 20 Jahren
nd mehr nicht zu machen.

Die Bundesregierung bemüht sich auch in dieser Frage
m einen gesellschaftlichen und politischen Konsens. Ich
offe, dass sich die Bundestagsfraktionen der Grünen und
er Linken bei einem Netzausbaubeschleunigungsgesetz
icht vom Acker machen oder in die grünen Büsche
chlagen oder, wie in Thüringen, Demonstrationen gegen
en Neubau von Hochspannungsleitungen anführen.





Manfred Grund


(A) )


)(B)


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Marie-Luise Dött [CDU/ CSU]: Genau so ist es! Das sind genau dieselben! – Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Erdverkabelung!)


Das Pumpspeicherwerk Goldisthal in Thüringen kann
bei Volllastbetrieb acht Stunden lang Strom liefern, was
bedeutet, dass man allein zur Vollversorgung des Bun-
deslandes Thüringen drei Pumpspeicherwerke in dieser
Größenordnung bräuchte. Selbst das Pumpspeicherwerk
Goldisthal ist nur über eine Stichleitung angeschlossen.
Ich sage das nicht, um zu problematisieren, sondern, um
auf die Konsequenzen und die Handlungsnotwendigkeit
hinzuweisen. Ich möchte, dass am Ende des beschleu-
nigten Energieumbaus Energie für den Privatkunden be-
zahlbar und verfügbar ist und dass energieintensive Ar-
beitsplätze, wie im Zementwerk in Deuna in meinem
Wahlkreis, auch nach diesem Energieumbau noch in
Deutschland vorhanden sind.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Vermutlich muss auch bei anderen Strukturen weiter-
gedacht werden. Wir brauchen ein Energie- und Roh-
stoffministerium; denn die jetzige Kompetenzzersplitte-
rung führt zu strukturellen Reibungsverlusten.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das muss raus bei Brüderle! Da haben Sie recht! Das muss zu Röttgen!)


Wir als Staat müssen uns überlegen, ob der Staat nicht
besser wieder als Gestalter im Energiesektor tätig wird.
Das heißt, der Staat würde Netze zurückkaufen oder in
eigener Regie neu bauen. Das heißt auch, dass die Rest-
laufzeiten der Kernkraftwerke noch stärker als bisher
kontrolliert würden und dass diese Anlagen nach dem
Ende ihrer Laufzeiten in staatlicher Regie zurückgebaut
würden.


(René Röspel [SPD]: Sozialismusrufe hört die FDP nicht! – Gegenruf des Abg. Otto Fricke [FDP]: Ich höre die schon!)


Nach Fukushima kann man Kernkraftwerksbetreibern
weltweit so weit trauen wie der Frosch dem Storch, näm-
lich gar nicht.


(Beifall des Abg. Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710305500

Das Wort hat nun Bärbel Kofler für die SPD-Fraktion.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Bärbel Kofler (SPD):
Rede ID: ID1710305600

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Ich hatte gehofft, dass in dieser Debatte zwei bestimmte
Argumente von Kolleginnen und Kollegen der Union

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(C (D nd der FDP nicht angeführt werden. Das eine Arguent, das immer wieder genannt wird, ist, dass die Notendigkeit des Atomausstieges in Deutschland durch en Bestand von Atomkraftwerken im Ausland relatiiert wird. Ich hatte sehr gehofft, dass dieses Argument icht vorgebracht wird. Wir hatten gestern die Gelegeneit, mit Zeitzeugen über dieses Thema zu sprechen. Gede von Zeitzeugen aus Tschernobyl, von Menschen, ie die Katastrophe erlebt haben, wird von Deutschland efordert und erwartet, dass wir mit gutem Beispiel orangehen, dass wir die progressive Politik der verganenen Jahre – das wurde wörtlich so gesagt, und damit t nicht der Oktober 2010 gemeint –, dass wir das Um teuern in Richtung Energiewende und den Ausstieg aus er Kernenergie vorantreiben und damit anderen Länern ein Beispiel geben und helfen. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Das zweite Argument, das leider genannt wurde – es
ar fast zu erwarten –, ist, dass man vieles nach Tscher-
obyl noch nicht so genau wissen konnte, man habe erst
ie neue Katastrophe in Fukushima gebraucht, um dazu-
ulernen. Auch hier darf ich eine Zeitzeugin aus dem
estrigen Gespräch zitieren, die wörtlich gesagt hat:
Tschernobyl hat die Einstellung der Menschheit zur
ernenergie grundlegend verändert.“ Ich denke, mehr
uss man zu diesen Argumenten eigentlich nicht mehr

agen.

Aber ich möchte noch einmal deutlich machen, dass
an nach Tschernobyl eigentlich sehr genau wissen

onnte, auf welche Risiken wir uns als Menschheit ein-
elassen haben. Es gab – das ist schon angesprochen
orden – etwa 100 000 Tote. Das sind geschätzte Zah-
n, weil man es leider nicht genau weiß. Mehrere Mil-
onen Menschen haben damals in verstrahlten Gebieten
elebt und leben dort teilweise noch heute. Knapp
Millionen Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche sind

usgefallen. Die Konsequenzen kann man auch sehen,
enn man eine Greenpeace-Studie der letzten Tage liest.
ort steht, dass Pilze aus dem Gebiet Schitomir in der
kraine den ukrainischen Grenzwert für Cäsium um das

15-Fache überschreiten. Was das für die Ernährung der
enschen bedeutet, kann man erahnen.

Wir hatten gestern in dem Gespräch die Gelegenheit,
it einer Ärztin zu reden, die uns eindringlich vor Au-

en geführt hat, wie viele Schilddrüsenkrebserkrankun-
en es in diesen Gebieten Weißrusslands und der
kraine gegeben hat und welche katastrophalen Auswir-
ungen und Folgen, selbstverständlich auch Todesfälle,
as in jedem einzelnen Fall, persönlich für jeden Betrof-
nen, hat.

Das alles konnte man wissen. Das alles musste man
issen. Man musste wissen, dass 600 000 bis 800 000 Li-
uidatoren ihr Leben eingesetzt haben – viele von ihnen
aben ihr Leben verloren –, um die katastrophalen Aus-
irkungen des Reaktorunglücks in Tschernobyl zu be-
ämpfen, so gut es mit den damaligen Möglichkeiten
ing.





Dr. Bärbel Kofler


(A) )


)(B)

Man konnte und musste wissen, dass 420 000 Men-
schen ihre Heimat, ihre Freunde, ihre Familie – alles,
was ihr bisheriges persönliches Leben ausgemacht hat –
verloren haben. Man konnte und musste auch die volks-
wirtschaftlichen Folgen kennen, nicht nur für die
Ukraine, sondern auch für die Weltgemeinschaft. Wenn
hier immer so getan wird, als sei Atomenergie sehr bil-
lig, muss ich sagen: Die volkswirtschaftlichen Kosten
der Atomenergie kann man an dem Unfall, dem Un-
glück, der Katastrophe von Tschernobyl ablesen. Allein
für Weißrussland wurden die Kosten auf 235 Milliarden
US-Dollar beziffert. Diese Zahlen kannte man. Diese
Zahlen kennt man.

Ich glaube, es kommt darauf an – es wäre darauf be-
reits direkt nach den Ereignissen in Tschernobyl ange-
kommen –, die richtigen Konsequenzen zu ziehen. Was
den im Jahre 2000 beschlossenen Atomausstieg angeht,
wird häufig so getan, als sei das zu wenig gewesen. Wir
haben damals die unbefristete Laufzeit von Atomkraft-
werken befristet und damit den Einstieg in das Ende des
Atomzeitalters beschlossen. Das war eine herausragende
Leistung.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Es ist egal, ob eine Atomkatastrophe durch eine Na-
turkatastrophe, durch technisches oder menschliches
Versagen oder durch ein systemisches Versagen in einem
Land ausgelöst werden kann. Man wusste, welche Fol-
gen die Atomenergie haben kann. Der Ausstieg aus der
Atomenergie, aus dieser nicht beherrschbaren Technolo-
gie, ist damals die einzig richtige Antwort gewesen, und
sie ist es auch heute.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Georg Nüßlein [CDU/ CSU]: Und warum seid ihr nicht ausgestiegen? – Gegenruf des Abg. Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt machen Sie doch nicht den guten Eindruck von Herrn Grund wieder kaputt!)


Ich finde es ganz wichtig, dass wir im Hinblick auf in-
ternationale Verantwortung und internationale Politik
mit unserer Politik mit gutem Beispiel vorangehen. Von
der Kollegin Brunkhorst ist angesprochen worden, dass
viele Regierende in der Ukraine noch auf die Atomener-
gie setzen. Was man in der Ukraine aber auch feststellen
kann, ist ein spannender Wandel im Bewusstsein der Be-
völkerung. Es gibt zunehmend mehr Menschen in der
Ukraine, denen auch die Risiken der dortigen Kraft-
werke und der Atomenergie generell bewusst sind. Es
gibt zunehmend mehr Menschen, die auf einen schnellen
Umstieg auf erneuerbare Energien und insbesondere
– wer die Länder kennt, weiß das – auf Energieeffizienz
setzen. Dies erwarten sie auch von uns. Hier müssen wir
mit gutem Beispiel vorangehen und entsprechende Pro-
gramme auflegen. Zunächst einmal müssen wir aber bei
uns im Lande unter Beweis stellen, dass diese Pro-
gramme funktionieren.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


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(C (D Wir haben ein CO2-Gebäudesanierungsprogramm ufgelegt; die Mittel sind um 60 Prozent gekürzt woren. Es gibt auch ein entsprechendes Programm im Hinlick auf die Gebäudeeffizienz in der Ukraine. Der Bearf wäre riesig. Die Möglichkeiten der Umsetzung sind ehr groß. Aber wir tun zu wenig, um in diesem Bereich it gutem Beispiel voranzugehen und dort, wo es mögch wäre, zu helfen, einen Energieumstieg, einen Umtieg hin zu mehr Energieeffizienz und erneuerbaren nergien, zu befördern. Dies ist unsere Aufgabe. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Im Hinblick auf internationale Verantwortung muss
h sagen: Es muss auch Schluss sein mit Hermesbürg-

chaften für die Nutzung von Atomenergie und Nuklear-
nergie in anderen Ländern.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


s kann doch nicht allen Ernstes unser Anliegen als
eutsche sein – wenigstens dies könnte man aus den Er-

ignissen in Fukushima lernen –, durch Bürgschaften
en Bau von Atomkraftwerken in erdbebengefährdeten
ebieten dieser Erde zu unterstützen.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wenn es um die richtigen Lehren aus den Ereignissen
Tschernobyl und Fukushima geht, dann ist ein zentra-
r Punkt, die Energiewende im eigenen Lande voranzu-
ringen. Wir müssen raus aus der Atomenergie. Wir
üssen zeigen, was man hier tun kann. Wir müssen den
nergieumstieg in anderen Ländern unterstützen. Wir
ürfen keine Bürgschaften für die Nutzung von Nuklear-
chnologie zur Verfügung stellen. All dies ist notwen-
ig.

An dem gestrigen Gespräch hat eine Zeitzeugin teil-
enommen, die viel mit Schulklassen zu tun hat. Die
chulklassen stellen ihr immer eine ganz einfache Frage:
ie kann es die jetzige Generation verantworten, der

ächsten Generation völlig unlösbare Probleme zu hin-
rlassen? – Wenn wir aus diesem Dilemma herauswol-
n und der nächsten Generation eine Antwort oder zu-
indest den Ansatz einer Antwort geben wollen, müssen
ir raus aus der Atomenergie, rein in erneuerbare Ener-
ien, rein in Energieeffizienz – und das auch als Vorbild
it unserem Handeln auf internationaler Ebene zum
usdruck bringen.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710305700

Als letztem Redner in dieser Debatte erteile ich Kol-

gen Michael Paul für die CDU/CSU-Fraktion das
ort.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)







(A) )


)(B)


Dr. Michael Paul (CDU):
Rede ID: ID1710305800

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Da-

tum 26. April 1986 wird in unserer Erinnerung immer
mit dem Wort Tschernobyl verbunden sein. Die Reaktor-
katastrophe führte uns damals – genauso wie heute das
Unglück von Fukushima – vor Augen, welche Risiken
mit der Nutzung der Kernenergie verbunden sind. Ob
wir bereit sind, diese Risiken zu tragen, müssen wir in
diesen Tagen neu entscheiden. In Tschernobyl hat die
Kombination von besonderem menschlichen Leichtsinn
mit sicherheitstechnischen – oder ich sollte besser sagen:
die unsicherheitstechnischen – Besonderheiten des
sowjetischen Reaktortyps RBMK das Unglück ausge-
löst. Wie damals gibt es auch heute eine Welle der Hilfs-
bereitschaft in unserem Land, getragen auch gerade von
vielen privaten Initiativen, um den von den Unglücken
Betroffenen zu helfen. All denen, die sich bei dieser
Hilfe engagieren, danke ich an dieser Stelle noch einmal
ausdrücklich.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir sind uns seit einigen Jahren über alle Parteigren-
zen hinweg einig, dass die Kernenergie in Deutschland
ein Auslaufmodell ist. Neue Kernkraftwerke wird es
nicht geben. Dies wird zwar in der öffentlichen Diskus-
sion kaum wahrgenommen, aber die einzige – ich gebe
zu, heftig umstrittene – Frage ist, wie lange die einzelnen
Reaktoren in Deutschland noch am Netz bleiben sollen.

Wir, die christlich-liberale Koalition, haben noch im
vergangenen Jahr das neue Energiekonzept sehr intensiv
diskutiert. Wir haben in diesem Zusammenhang eine
Laufzeitverlängerung beschlossen, weil wir sie für
ethisch-moralisch verantwortbar und für ökonomisch
und ökologisch sinnvoll gehalten haben. Denn das Ri-
siko eines Unfalls muss abgewogen werden gegen die
Vorteile einer CO2-freien und preisgünstigen Strom-
erzeugung dieser Brückentechnologie.

Nach dem Unfall von Fukushima haben wir innege-
halten, denn für unmöglich Gehaltenes wurde Realität.
Zwei Naturkatstrophen bisher nicht gekannten Ausma-
ßes haben zusammen dazu geführt, dass das Kernkraft-
werk in Fukushima zerstört wurde. Bis heute ist in Japan
die Bedrohung für Menschen und Umwelt nicht abge-
wendet. Wir werden jetzt die drei Monate des Morato-
riums nutzen, um sowohl die Technik unserer Kernkraft-
werke erneut auf den Prüfstand zu stellen als auch die
Frage zu beantworten, ob wir bereit sind, das nukleare
Risiko für eine bestimmte Zeit zu tragen.

Die Beantwortung dieser Frage müssen wir sehr ernst-
haft angehen, schon allein aus der Verantwortung gegen-
über der Schöpfung. Aber – das möchte ich an dieser
Stelle noch einmal betonen – keine einzige Energieform
ist nur vorteilhaft. Kernenergie enthält ein Restrisiko.
Erdöl, Erdgas, Stein- und Braunkohle sind endliche Res-
sourcen, und ihre Verbrennung schadet dem Klima.
Sonne scheint nicht immer, Wind weht nicht immer. Der
Strom aus Wind und Sonne ist noch immer wesentlich
teurer als der aus anderen Energiequellen. Außerdem ist
auch die Produktion von Solarzellen nicht nur umwelt-
freundlich. Biomasse kann auf jedem Hektar nur einmal
angebaut werden: entweder für Nahrungsmittel oder als
nachwachsender Rohstoff für unsere Industrie als Ersatz


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(C (D r das knappe Öl oder eben als Energiepflanze für die tromund Gasgewinnung. Eine Entscheidung darüber, ob die zeitweise Weiterutzung der Kernenergie verantwortbar ist, hängt desalb maßgeblich auch von den Alternativen ab. Denn ist s moralisch vorzugswürdig, dass weniger Nahrungsmitl angebaut werden, weil wir mehr Energiepflanzen beötigen? Der Druck auf die Land-, Forstund Wasserirtschaft wird wachsen, alles zu nutzen, was Land, ald und Flüsse hergeben. Aber wollen wir wirklich den rreichten Stand an Artenund Naturschutz gefährden? t es ethisch vorteilhaft, wenn wir für eine bestimmte eit mehr CO2 in die Atmosphäre entlassen und dadurch as Klima bedrohen? Wollen wir höhere Preise für trom akzeptieren? Akzeptieren wir diese höheren reise auch dann, wenn womöglich Tausende von Areitsplätzen wegfallen, weil besonders die energieinteniven Unternehmen, aber auch viele mittelständische irmen in Deutschland dann nicht mehr international ettbewerbsfähig sind? Ist es schließlich richtig, dass ir in Deutschland stärker von einzelnen Energielieferndern abhängig werden? Bei dieser Diskussion muss außerdem berücksichtigt erden, dass das Leben und die Gesundheit nicht nur urch die Risiken der Kernenergie bedroht werden. Vielehr gibt es gerade in einem Industrieland wie Deutschnd vielfältige Risiken. Eine ehrliche Diskussion muss aher alle zivilisatorischen Risiken in den Blick nehmen. Meine Damen und Herren, wir müssen auch klären, ie wir erneuerbare Energien schneller als bisher geacht aufbauen können. Aber auch hier sind die Fragen, ie sich stellen, nicht einfach zu beantworten. Ich bechränke mich einmal auf fünf Fragen: Erstens. Wie können wir Strom aus Wind und Sonne peichern, damit er auch dann zur Verfügung steht, wenn ie Sonne gerade nicht scheint und der Wind nicht weht? merhin ist das beim Wind zurzeit in über 000 Stunden der 8 760 Stunden eines Jahres der Fall. ei der Sonne sind es sogar 7 910 Stunden des Jahres. as gesamte Speichervermögen für Elektrizität aller eutschen Pumpspeicherkraftwerke kann zurzeit gerade inmal 2,5 Prozent des Tagesbedarfs an Strom decken. Zweitens. Wie transportieren wir den Windstrom orthin, wo er gebraucht wird? Die Studien der Deutchen Energie-Agentur – sie wurden schon angeführt – prechen von bis zu 4 450 Kilometer Hochspannungsleingen, die wir allein bis 2020 gebaut haben müssen, das eißt in weniger als neun Jahren. In den letzten acht Jahn haben wir keine 100 Kilometer realisiert. Drittens. Wie gehen wir mit der Tatsache um, dass tatt Strom aus deutschen Kernkraftwerken nunmehr usländischer Atomstrom bei uns verbraucht wird? Beits jetzt, in den ersten Wochen des Moratoriums, im ortieren wir Tag für Tag bis zu 50 Millionen Kilowatttunden Strom aus Frankreich und aus Tschechien. (Marie-Luise Dött [CDU/CSU]: Das brauchen wir schon wegen der Netzstabilität! – Dr. Michael Paul )


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


(Zuruf des Abg. René Röspel [SPD])





(A) )

Dr. Bärbel Kofler [SPD]: Wie viel wir expor-
tieren, sollten Sie vielleicht auch sagen!)

Da dort der Strom insbesondere aus Kernkraftwerken
kommt, heißt das, dass jeden Tag umgerechnet
30 Millionen Kilowattstunden ausländischen Atom-
stroms im deutschen Netz sind.

Viertens. Wie sichern wir die Stabilität des deutschen
Stromnetzes, wie verhindern wir also großflächige
Stromausfälle? Bisher leben wir, was das angeht, auf
einer Insel der Seligen. Bis auf im Durchschnitt
18 Minuten stand zum Beispiel im Jahre 2008 der Strom
das ganze Jahr rund um die Uhr zur Verfügung. Diese
Stabilität ist nicht nur für jeden Einzelnen von uns, son-
dern insbesondere auch für unsere Wirtschaft wichtig;
denn schon durch kurze Schwankungen oder Ausfälle
können hohe Schäden bei sensiblen Produktionsprozes-
sen angerichtet werden.


(Marie-Luise Dött [CDU/CSU]: Das ist richtig!)


Die Stabilität muss deshalb auch in Zukunft gewährleis-
tet sein.

Nach dem Abschalten von allein fünf Kernkraftwer-
ken im Süden Deutschlands wird dort die Stabilität zur-
zeit aber nur durch die geschilderten massiven Stromim-
porte sichergestellt – auch, weil es zu wenige
Stromleitungen von Nord nach Süd gibt.


(Marie-Luise Dött [CDU/CSU]: Genau, richtig!)


Fünftens. Wie hoch ist für uns der Sicherheitsgewinn,
wenn nach unserem möglichen Ausstieg allein in Europa
noch über 130 Kernkraftwerke am Netz sind?

Alle diese Fragen müssen wir ehrlich beantworten.
Dazu gehört auch, dass wir das Problem der sicheren
Endlagerung radioaktiver Abfälle angehen müssen;


(Frank Schwabe [SPD]: Wie lange dauert das noch?)


denn die jahrzehntelange Zwischenlagerung auch der
hochradioaktiven Abfälle ist sicherheitstechnisch be-
stimmt nicht vorteilhafter als die Endlagerung tief unter
dem Erdboden. Also müssen wir nun schnell Schritte in
Richtung einer dauerhaften Entsorgung zurücklegen. Es
ist hier sicherlich nicht verantwortungsvoll, die Erkun-
dung von Gorleben zu blockieren und die Altlasten da-
mit künftigen Generationen aufzubürden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710305900

Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss kommen.


Dr. Michael Paul (CDU):
Rede ID: ID1710306000

Mein letzter Satz ist eine Aufforderung: Bitte beteili-

gen Sie sich alle an der Diskussion, aber geben Sie auch
Antworten auf diese drängenden Fragen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der raktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 17/5375 it dem Titel „Nie wieder Tschernobyl – Atomzeitalter eenden“. Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt agegen? – Enthaltungen? – Der Antrag ist mit den timmen von CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen on Linkspartei und Grünen bei Enthaltung der SPD abelehnt. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der raktion Die Linke auf Drucksache 17/5379 mit dem itel „25 Jahre Reaktorkatastrophe von Tschernobyl – tomkraftwerke abschalten“. Wer stimmt für diesen Anag? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Anag ist mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD und FDP egen die Stimmen der Linken bei Enthaltung der Grüen abgelehnt. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der PD auf Drucksache 17/5366 mit dem Titel „Tschernoyl mahnt – Für eine zukunftssichere Energieversorgung hne Atomkraft und eine lebendige europäische Erinnengskultur“. Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer timmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Antrag ist mit en Stimmen der beiden Koalitionsfraktionen gegen die timmen von SPD und Grünen bei Stimmenthaltung der inken abgelehnt. Ich rufe nun Tagesordnungspunkt 28 auf: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2009/65/EG zur Koordinierung der Rechtsund Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW-IV-Umsetzungsgesetz – OGAW-IVUmsG)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710306100

– Drucksachen 17/4510, 17/4811 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzaus-
schusses (7. Ausschuss)


– Drucksachen 17/5403, 17/5417 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Ralph Brinkhaus
Dr. Carsten Sieling
Björn Sänger
Harald Koch
Dr. Gerhard Schick

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich
öre keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Kollegen
eter Aumer für die CDU/CSU-Fraktion das Wort.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Peter Aumer (CSU):
Rede ID: ID1710306200

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

n! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Wir haben ge-





Peter Aumer


(A) )


)(B)

rade über einen wichtigen Punkt diskutiert, um Lehren
aus der Vergangenheit zu ziehen. Die Umwelt und die
Energieversorgung sind sicherlich wesentliche Bereiche,
in denen wir einen Grundkonsens in unserer Gesellschaft
herbeiführen müssen. Dessen hat sich die christlich-libe-
rale Koalition angenommen.

Bei den Finanzmarktthemen ist es genauso: Auch hier
müssen wir die Lehren aus der Vergangenheit ziehen,
nämlich die Lehren aus der Finanz- und Wirtschafts-
krise, die auch Europa und unser Land erschüttert haben.
Deswegen diskutieren wir heute über ein zugegeben sehr
technisches, aber auch wichtiges Thema: die Umsetzung
der OGAW-IV-Richtlinie in nationales Recht.

In der Anhörung des Finanzausschusses zum Entwurf
dieses Gesetzes hat ein Sachverständiger die OGAW-IV-
Richtlinie als Meilenstein bei der Verwirklichung des
europäischen Binnenmarktes im Fondsbereich bezeich-
net. Er hat recht: Es ist eine wichtige Entscheidung in
diesem Bereich, über die wir heute reden. Insofern ist
auch das Technische wichtig, um die einzelnen Punkte
für die Zukunft festzuzurren.

Die Abkürzung OGAW steht für Organismen für ge-
meinsame Anlagen in Wertpapieren und ist die europäi-
sche Bezeichnung für Wertpapier-Investmentfonds. Die
Neuregelung dieser Wertpapier-Investmentfonds erfolgt
durch neue Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die
den größten Teil des heute zu beschließenden Gesetzent-
wurfs ausmachen.

Der Gesetzentwurf leistet einen wichtigen Beitrag zur
Stärkung der Qualität von Investmentfondsgeschäften,
aber auch zur Verbesserung des Anlegerschutzes in unse-
rem Land. Im Großen und Ganzen wird die OGAW-IV-
Richtlinie im Investmentgesetz und im Investmentsteu-
ergesetz umgesetzt.

Mit der Umsetzung der OGAW-IV-Richtlinie sollen
die Bestimmungen des Europäischen Passes für Gesell-
schaften auf grenzüberschreitende Verwaltungen von
Investmentfonds ausgeweitet werden. Fondsverschmel-
zungen sollen grenzüberschreitend erleichtert und
insgesamt erleichtert werden. Gleichzeitig sollen die In-
formationen der Anleger erheblich verbessert sowie die
Anforderungen und Verfahren zur Verschmelzung von
Fonds erstmals EU-weit harmonisiert werden.

Weiter sollen doppelstöckige Fondsstrukturen in
Form von Master-Feeder-Konstruktionen im Bereich der
Publikumsfonds unter bestimmten Voraussetzungen und
mit einer umfassenden Anlegerinformation über die da-
mit verbundenen Rechtsfolgen ermöglicht werden. Es
sollen außerdem wesentliche Anlegerinformationen in
einem zwei-, maximal dreiseitigen Informationsdoku-
ment EU-weit vereinheitlicht werden und national auch
für nicht richtlinienkonforme Fonds Anwendung finden.
Außerdem sollen die bei grenzüberschreitendem Ver-
trieb von Investmentfonds erforderlichen Anzeigever-
fahren, mit denen der Marktzugang für den gesamten
Binnenmarkt erreicht werden kann, erheblich beschleu-
nigt werden.

Für eine Verbesserung der Zusammenarbeit der natio-
nalen Aufsichtsbehörden sollen unter anderem Verfahren


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(C (D r Vorortprüfungen und -ermittlungen der zuständigen ufsichtsbehörden auf dem Gebiet eines anderen Mitliedstaates konkretisiert werden. Auch hier zeigt sich, ass man in Europa stärker zusammenarbeitet. Das ist ine wichtige Lehre, die man aus der schweren Krise geogen hat. Es gehören noch viele andere Maßnahmen azu. Die Anforderungen an Mikrofinanzinstitute weren verringert und steuerliche Rahmenbedingungen aners gesetzt. Es wird zudem Regelungen betreffend rohende Steuerausfälle im Bereich des Kapitalertragteuerabzugsverfahrens geben. Auch hier hat die christch-liberale Koalition auf die Sparbestrebungen im undeshaushalt und die Konsolidierungsbemühungen ücksicht genommen. Es werden außerdem Umstruktuerungsvergünstigungen von Unternehmen im Grundererbsteuerbereich angepasst. Darüber hinaus wurden ie Empfehlungen des Finanzausschusses in den Gesetzntwurf eingearbeitet. Das Gesetz sieht konkret eine deutliche Verbesserung es Anlegerschutzes im Bereich der Anlegerinformation or. Wenn Fondsgesellschaften zukünftig Kosten erhöen oder ihre Anlagepolitik umstellen, soll der Anleger irekt informiert werden, sofern es sich um wesentliche nderungen handelt. Angesichts der Tatsache, dass Änerungen der Vertragsbedingungen aufgrund gesetzliher Neuregelungen erfolgen oder oftmals rein technicher Natur sind, sollte man sich hier auf die Information ber wesentliche Änderungen konzentrieren. Ein wichtiger Punkt zur Verbesserung der Effizienz es Investmentgeschäfts wird die Ermöglichung grenzberschreitender Fondsverwaltungen sein. Damit können ünftig auch ausländische Fondsverwaltungsgesellschafn in Deutschland ohne inländische Tochtergesellschafn deutsche Investmentfonds auflegen. Ebenfalls dürfen ukünftig deutsche Kapitalgesellschaften Investmentnds im Nachbarland auflegen, ohne durch eine eigene esellschaft vor Ort zu sein und ohne dass dies mit Per onalverschiebungen einhergehen muss. Eine wesentliche Verbesserung wird zudem beim renzüberschreitenden Fondsvertrieb eingeführt. Bisher usste sich eine deutsche Fondsgesellschaft bei einem erkauf ihrer Produkte im Ausland mit ausländischen ufsichtsbehörden in einem mehrwöchigen Verfahren bis zu zwei Monate – über die Markteinführung aus inandersetzen. Zukünftig wird dieses bislang sehr büroratische Verfahren im Sinne der Marktteilnehmer verinfacht, ohne dass Anlegerschutzbelange vernachlässigt erden. Die Fristen für die sogenannten Vertriebsanzeien werden stark verkürzt. Erforderliche Unterlagen erden innerhalb der Aufsichtsbehörden übermittelt. amit werden im Sinne des europäischen Binnenmarks die Rahmenbedingungen für den grenzüberschreitenen Fondsverkauf ganz wesentlich verbessert, und es ird ein wesentlicher Beitrag zum Bürokratieabbau geistet. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


eiter sollen Fondsgesellschaften künftig bessere Mög-
chkeiten bekommen, ihre Angebotspalette zusammen-
ufassen und effizienter zu verwalten. Hierzu sollen





Peter Aumer


(A) )


)(B)

grenzüberschreitende Fondsverschmelzungen und soge-
nannte Master-Feeder-Konstruktionen ermöglicht wer-
den.

Mit diesem Gesetz, meine sehr geehrten Damen und
Herren, zur Umsetzung der OGAW-IV-Richtlinie wird
die christlich-liberale Koalition ihrer Verantwortung ge-
recht, zum einen einen wichtigen Beitrag für den Anle-
gerschutz zu leisten und zum anderen die Wettbewerbs-
fähigkeit des deutschen Fondsstandortes sicherzustellen.
Deswegen bitten wir um Ihre Zustimmung.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Nein, das geht nicht!)



Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710306300

Das Wort hat nun Carsten Sieling für die SPD-Frak-

tion.


(Petra Ernstberger [SPD]: Er sagt jetzt, warum nicht!)



Dr. Carsten Sieling (SPD):
Rede ID: ID1710306400

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Dieses Gesetz ist kein technisches Klein-Klein,


(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Dafür ist die SPD zuständig!)


wie es vielleicht den Anschein haben mag, wenn man
den Titel liest. Wenn man sich das Gesetz genau an-
schaut, stellt man fest, dass da eine gewaltige Menge
Musik drin ist. Das Problem ist allerdings: Sie haben die
parlamentarischen Gesetzesberatungen genutzt, um eine
Reihe von schiefen Tönen einzubauen. Das schwächt
das, was wir heute zu beschließen haben.


(Beifall bei der SPD)


Ich will in diesem Zusammenhang zu dem Ausgangs-
punkt und zu der Frage zurückkommen, um die es hier
eigentlich geht. Die Finanzkrise hat uns gezeigt, dass die
Steigerung von Markteffizienz, Maximierung von Ge-
winnen, Wettbewerb usw. keine Argumente mehr für den
Gesetzgeber sein dürfen. Die Zeit der Deregulierung
muss endgültig vorbei sein. Wir müssen dazu kommen,
dass wir erstens eine Beschränkung riskanter und speku-
lativer Geschäftsmodelle erreichen und dass wir zwei-
tens vor allem eine Stärkung des Anlegerschutzes nach
vorn stellen.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Meine Damen und Herren, schauen wir uns jetzt ein-
mal an, was Sie daraus gemacht haben. Vorgestern habe
ich eine wunderschöne Presseerklärung von den Kolle-
gen Flosbach und Brinkhaus gelesen,


(Zuruf von der CDU/CSU: Gute Leute!)


die darin jubeln, dieses Gesetz werde die Effizienz des
Investmentfondsgeschäfts erhöhen und attraktive Rah-
menbedingungen schaffen.


(Zuruf von der CDU/CSU: Sehr richtig!)


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(C (D as ist altes Denken, das ist die falsche Antwort an dieer Stelle. Wir müssen im Einzelnen feststellen, dass Sie mit iesem Gesetz über das, was die EU vorgibt – natürlich, ir bewegen uns hier in einem solchen Rahmen –, inaus eine Einbeziehung von Hochrisikoprodukten vorehmen und im Beratungsverfahren Informationspflichn der Anlegerinnen und Anleger noch einmal einge chränkt haben. Die Richtlinie – darauf möchte ich jetzt kurz kommen – t ja für die Sondervermögen wie Aktienfonds, Geldarktfonds und Rentenfonds geschaffen. Da kann es tzt zu Verschmelzungen kommen, sogenannten Masr-Feeder-Konstruktionen. Kollege Aumer hat das hier chon angesprochen. Die Koalition ist jetzt ohne Not darangegangen, den nwendungsbereich auf nichtrichtlinienkonforme Fonds uszudehnen. Damit sind die hochgefährlichen Hedgends in diese neuen Freiheiten und neuen Regelungen inbezogen worden. Dazu will ich nur sagen: Hedgends können zukünftig in Deutschland fusionieren. Wir ls Sozialdemokraten haben das von Anfang an kritiiert. In der öffentlichen Anhörung wurde das von verchiedenen Sachverständigen ebenfalls kritisiert. Die oalition allerdings blieb unbeeindruckt. Somit sage ich, o ein Gesetz ist schädlich und inakzeptabel. Das kann ier unsere Zustimmung nicht bekommen. Ich will auch sagen, dass zum Thema Aufsicht Neureelungen vorgesehen sind. Da sollen jetzt die Aufsichtsehörden, auch unsere deutsche Aufsichtsbehörde aFin, stärker mit anderen europäischen Aufsichtsbeörden kooperieren. Das ist vom Grundsatz her richtig. – Schauen Sie sich ber einmal an – wir sehen uns das ja dauernd an –, wie elastet die Aufsichtsbehörden schon jetzt sind und wie iele Detailregelungen es für sie gibt. Mit Ihrer Erweiteng im nichtrichtlinienkonformen Bereich packen Sie eitere Dinge in den Rucksack der Aufsichtsbehörden. ann bleibt vernünftiger Aufsicht lediglich das Prinzip offnung. Das geht so nicht, das ist in der Tat gefährlich – uch für die Stabilität der Finanzmärkte selber. Auch als eine wichtige Lehre aus der Finanzkrise üssen wir uns in jedem Verfahren vornehmen, dass wir sbesondere die Informationsasymmetrien auf den inanzmärkten beheben. Das ist eine ganz zentrale Aufabe. Das heißt aber, dass die Anlegerinnen und Anleger ehr Informationen brauchen statt weniger Informatio en, qualifiziert aufbereitete Informationen. Im Beratungsverfahren im Ausschuss sind es die Kolitionsfraktionen gewesen, die Änderungen eingebracht aben, die dazu führen, dass zukünftig keine vernünftige nd umfassende Pflicht mehr besteht, nachhaltig zu inrmieren. Auch das ist gefährlich und kann so nicht leiben, weil ja insbesondere Ausgangspunkt war, dass Dr. Carsten Sieling )


(Beifall bei der SPD)


(Beifall bei der SPD und der LINKEN)


(Björn Sänger [FDP]: Was richtig ist!)





(A) )

nach Vorliegen des Gesetzentwurfs aus dem Bundes-
finanzministerium die Branche aufgeheult und von Bü-
rokratiekosten gesprochen hat. Dann hat die Anhörung
deutlich gemacht – dafür sind öffentliche Anhörungen ja
da –, dass die Bürokratiekosten bei – hören Sie gut zu! –
1,21 Euro liegen. – Bei 1,21 Euro! Das ist also völlig lä-
cherlich.

Da wusste auch die Koalition nicht mehr weiter. Also
sind Sie dazu gekommen und haben gewisse organisato-
rische Veränderungen vorgenommen, dass man zukünf-
tig nur auf Anforderung informiert wird, über E-Mail
und so weiter und so fort. Das reicht uns nicht.

Im Übrigen hat die BaFin selber in der Anhörung
deutlich gemacht, dass sie an uns, den Gesetzgeber – ich
zitiere –, „appelliert“, es bei dem zu belassen, was vor-
gesehen ist. Sie von der Koalition haben darauf nicht ge-
hört. Sie haben diese EU-Vorgabe verwässert und ma-
chen die deutschen Finanzmärkte damit angreifbar und
die Anlegerinnen und Anleger schwach.

Es gibt auch Licht, gar keine Frage.


(Otto Fricke [FDP]: Sonst gäbe es ja keinen Schatten!)


Sie setzen, Gott sei Dank, pflichtgemäß eins zu eins die
Vorgabe um, dass ein Produktinformationsblatt, das so-
genannte Key Investor Document, dem Produkt beizufü-
gen ist. Das ist richtig, und das ist gut. Aber kaum hat
man Licht bei Ihnen entdeckt, stellt man fest: Es scheint
nicht mehr die Sonne, sondern es fängt gleich an, zu reg-
nen. Sie haben nämlich auch in anderen Bereichen Ver-
änderungen vorgenommen, die für uns nicht akzeptabel
sind, Stichwort „REITs“. Diese Abkürzung steht für:
Real Estate Investment –


(Otto Fricke [FDP]: Trusts!)


– Trust. Vielen Dank für die liberale Hilfe.


(Otto Fricke [FDP]: Wir helfen immer gerne!)


– Das ist wunderbar.

Sie helfen auch deshalb gerne, weil Sie, Herr Kollege,
wahrscheinlich genau wissen, wie gefährlich dieses In-
strument ist. Sie sind für eine flächendeckende Einfüh-
rung. Dass es dazu in Deutschland nicht gekommen ist,
liegt daran, dass wir Sozialdemokraten verhindert haben,
dass dieses gefährliche Instrument flächendeckend zuge-
lassen wird. Es gibt nur drei bis fünf Fonds dieser Art.
Sie wollen deren Laufzeit jetzt verlängern.


(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Ein SPD-Finanzminister hat die eingeführt! Unerhört! – Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/ CSU]: Wer hat denn die REITs eingeführt? Das war Eichel!)


Ich sehe darin nichts anderes als die Verlängerung eines
Steuersparmodells für wenige. Auch das kann nicht Sinn
unserer Gesetzgebung sein.

Unterm Strich: Was Sie uns vorlegen, ist das Ergebnis
von Klempnerei und kein effektiver Anlegerschutz. Es
bedeutet nur Steigerung der Effizienz der Investment-

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(C (D ndslandschaft. Das ist gut, darf aber nie alleine stehen. eshalb lehnen wir diesen Gesetzentwurf ab. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit. Das Wort hat nun Björn Sänger für die FDP-Fraktion. Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her n! Der vorliegende Gesetzentwurf ist für die Branche o etwas Ähnliches wie das Grundgesetz. In der Tat ist as, was hier vorliegt – Kollege Aumer hat es schon geagt –, mit Sicherheit als ein großer Schritt zu bezeichen. Vielleicht ist es so etwas wie ein Meilenstein für en Investmentfondsmarkt. Es wird nämlich ein weiterer chritt getan hin zur Schaffung eines einheitlichen euroäischen Marktes, der einheitlichen Regeln unterliegt. as sorgt für ein Mehr an Effizienz. Es bringt Kostenorteile, und das dient am Ende den Anlegerinnen und nlegern, die ihr Geld in Investmentfonds investieren. Investmentfonds sind ein ideales Vehikel für die Alrsvorsorge. Sie dienen dem Vermögensaufbau. Desween werden sie sehr gerne für vermögenswirksame Leisngen genutzt, und zwar von Arbeitnehmerinnen und rbeitnehmern. Sie sollen ja einmal eine Klientel der ozialdemokratischen Partei gewesen sein. (Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Das ist schon lange her!)


(Beifall bei der SPD)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710306500

(Beifall bei der FDP)

Björn Sänger (FDP):
Rede ID: ID1710306600

vestmentfonds dienen als mittelfristiger Kapitalpuffer
nd zum Aufbau von Eigenkapital, beispielsweise wenn
an sich ein Eigenheim zulegen möchte.

Ein Investmentfonds ist im Prinzip eine Art moderner
EB.


(Otto Fricke [FDP]: Jetzt versteht es auch die Linke!)


irgendwo anders haben breite Bevölkerungsschichten
ie Möglichkeit, sich leichter am Produktivvermögen ei-
er Volkswirtschaft zu beteiligen. Sie haben die Chance
uf ein diversifiziertes Portfolio. Sie haben ein profes-
ionelles Anlagemanagement. Sie haben eine Risiko-
ptimierung, und sie haben eine Anlagevielfalt. All das
ietet der Investmentfonds. Deswegen ist der vorlie-
ende Gesetzentwurf so wertvoll.

Umso wichtiger ist es, dass Vertrauen in dieses Vehi-
el existiert. Genau dem wird der vorliegende Gesetz-
ntwurf gerecht, und zwar dadurch, dass die Aufsicht ge-
tärkt wird. Herr Kollege Sieling, ich kann Sie nicht so
chtig verstehen: Sie beklagen sich über die Ausweitung
uf die Hedgefonds, wodurch sie einer zusätzlichen Auf-
icht unterliegen. Gleichzeitig sagen Sie, diese Aufsicht
önne das, was von ihr erwartet wird, gar nicht leisten.
ie müssten sich einmal in irgendeiner Art und Weise
ntscheiden, wofür Sie stehen.





Björn Sänger


(A) )


)(B)


(Beifall des Abg. Ralph Brinkhaus [CDU/ CSU])


Wir sind der Auffassung, dass der Anlegerschutz
durch die Verabschiedung des vorliegenden Gesetzent-
wurfs gestärkt wird. Entscheidend ist dabei das Key In-
vestor Document, das dem Anleger in übersichtlicher
Art und Weise Informationen über das Produkt ver-
schafft, in das er investieren möchte. Die Rückschlüsse
aus diesen Informationen muss natürlich jeder Anleger
für sich selbst ziehen. Das Anlagerisiko kann man nie-
mandem abnehmen.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Das ist eine Frage der Finanzbildung. Da gibt es mögli-
cherweise an der einen oder anderen Stelle noch Defi-
zite. Aber auch hier ist die Branche mit einer Initiative
unterwegs.

Wir haben in die Informationsflut, die ursprünglich
vorgesehen war, etwas Struktur hineingebracht. Der An-
leger soll nämlich übersichtlich über die wesentlichen
Änderungen – und zwar per Post – informiert werden.
Wir vermeiden damit eine Informationsüberflutung, be-
halten aber nach wie vor die Informationspflicht bei.

Die Frage ist doch: Was ist denn eine „wesentliche
Änderung“? Eine wesentliche Änderung kann sein,
wenn sich zum Beispiel die Anlagestrategie bei einem
Fonds ändert. Wenn ich eine Anlage bei einem offenen
Immobilienfonds habe, der überwiegend in europäische
Gewerbeimmobilien investiert hat, plötzlich aber in asia-
tische Wohnimmobilien hineingeht, dann ist das sicher-
lich eine wesentliche Änderung der Anlagestrategie. Das
hat Auswirkungen auf das Anlagevermögen. Wir wol-
len, dass der Anleger darüber informiert wird. Das gilt
genauso bei Fragen der Kostenänderung.

Der Anleger weiß zukünftig, wenn er etwas von sei-
nem Fondsanbieter per Post bekommt, dass es sich um
eine wesentliche Änderung handelt, die für ihn wichtig
ist und die er lesen muss. Bei allen anderen Änderungen,
die zum Beispiel allein aus Gründen der Änderung der
Rechtslage entstehen, bekommt er beispielsweise auf
dem Jahresdepotauszug einen Hinweis. Er kann sich
dann, wenn ihn das interessiert, entsprechend informie-
ren. Die Entscheidung darüber, was wesentlich ist, haben
wir bei der dafür richtigerweise zuständigen Stelle ange-
siedelt, nämlich bei der BaFin.

Aus der Anhörung heraus haben wir ein weiteres
wichtiges Thema entwickelt, nämlich das Pension
Pooling. Auch das ist für Anlegerinnen und Anleger in
Bezug auf die betriebliche Altersvorsorge wichtig. Es ist
auch wichtig für den Finanzplatz Deutschland. Wir re-
den da über 250 Milliarden Euro, die in Deutschland an-
gelegt werden können bzw. von Deutschland aus verwal-
tet werden können. Sie unterliegen damit natürlich auch
der deutschen Aufsicht.

Auch dazu haben wir eine gute Nachricht, dass sich
nämlich die Koalition dieses Themas annehmen und
zeitnah einen entsprechenden Referentenentwurf vorle-
gen wird. Wir gehen davon aus, dass dies bis zum Ende
des Jahres 2011 der Fall sein wird. Das bedeutet, die

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(C (D ranche kann sich darauf einstellen: Pension Pooling ird in Deutschland ermöglicht. Darüber hinaus haben wir steuerliche Missstände, bei enen man unter Umständen einen Umgehungstatbetand konstruieren kann, im System beseitigt. Auch desalb ist das ein guter Tag für Deutschland. Als Fazit kann man sagen: Wir haben eine gelungene msetzung europäischen Rechts in nationales Recht orgelegt. ir haben nationale Akzente gesetzt, ohne Wettbeerbsnachteile für deutsche Anbieter zu generieren. Unrm Strich kann man sagen: Das ist eine gelungene Vorge, der man getrost zustimmen kann. Herzlichen Dank. Das Wort hat nun Harald Koch für die Fraktion Die inke. Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Als ir im Januar zur ersten Lesung hier zusammenkamen, arnte ich davor, das Wachstum des wuchernden inanzsektors mit diesem Gesetz auch noch zu beschleuigen und somit Riesenheuschrecken im Fondsmantel zu üchten. Damals konnte ich mich tagesaktuell auf einen nommierten Finanzjournalisten des Handelsblatts befen, der eindringlich vor dem Schattenbankensystem er Fondsbranche warnte. Genützt hat es leider nichts. Im Gegenteil: In noch rößerem Umfang als schon im Kabinettsentwurf gelant, sollen Investmentfonds wachsen können. Das achstum wird angetrieben, indem die Fonds durch eine och exzessivere Mikrokreditvergabe von der Armut in steuropa und in den unterentwickelten Ländern dieser rde profitieren dürfen. Dass dies mit karitativem Anpruch rein gar nichts zu tun hat, hat einer der führenden ikrofinanzexperten Europas in der Sachverständigennhörung ausführlich dargelegt. Er stieß damit bei der oalition leider auf taube Ohren. Wenn Sie den Armen der Welt wirklich helfen wollen, dann kommen Sie uerst einmal den Verpflichtungen nach, die Deutschnd mit der Zusage einging, den Anteil der Entwickngshilfe am Sozialprodukt, die sogenannte ODAuote, spürbar zu erhöhen. Die Regierungskoalition versucht, den Eindruck zu erecken, sie hätte in der Finanzmarktregulierung ihre ausaufgaben fast erledigt. Aber ich kann Ihnen heute eien weiteren Zeugen dafür anführen, dass bei der Reguerung der Fondsbranche das Wichtigste noch zu tun ist. der Aprilausgabe des Monatsmagazins des Bankenver andes die bank warnt der oberste Finanzaufseher des andes, Jochen Sanio, davor – Zitat –, „dass man sich nur it Teilaspekten des nicht oder unterregulierten Finanz ektors beschäftigt und wichtige Bereiche außer Acht sst. Etwa die Hedge-Fonds, die Private-Equity-Unter Harald Koch )


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Dr. h.c. Wolfgang Thierse (SPD):
Rede ID: ID1710306700
Harald Koch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710306800




(A) )

nehmen und – nicht zu vergessen – die Rating-Agenturen,
die ‚Legitimierer‘ des ‚Schatten Banking‘“. Ähnlich wie
im Januar kann ich Ihnen nur wieder sagen: Würden Sie
doch wenigstens auf Ihre eigenen Beamten hören, anstatt
dem Begehren der Lobby ein ums andere Mal nachzuge-
ben!


(Beifall bei der LINKEN)


Es ist aber nicht nur die Senkung regulatorischer
Standards, mit der Sie die Finanzbranche mästen. Nein,
Sie werfen auch noch Steuergeschenke hinterher.


(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Aha!)


So sollen Unternehmen, die ihre Immobilien an eine bör-
sennotierte Immobilien-AG veräußern, auf den Erlös
weiterhin eine 50-prozentige Steuerbefreiung erhalten.
Diese Regelung wurde mit einer weiteren Frist verlän-
gert. Hat man Ihnen dafür wenigstens entsprechend
Spenden versprochen?


(Beifall bei der LINKEN – Widerspruch bei der CDU/CSU)


Selbst was den Anlegerschutz angeht, haben Sie mehr
Gesetzeskosmetik betrieben, als dass Sie substanziell et-
was merklich verbessert hätten. Zwar ist das Wort „An-
leger“ häufiger im Gesetzestext zu lesen; dieser Anleger
kann aber nach wie vor nicht darauf bauen, dass ihm die
Kosten seiner Anlageentscheidung wirklich transparent
gemacht werden. Die Linke fordert hier unter anderem
die Angabe einer umfassenden Gesamtkostenquote.

Nachfragen in den Berichterstattergesprächen, warum
dies trotz Machbarkeit nicht geschehe, wurden damit be-
antwortet, dass dann eine erfolgreiche Ansiedlung der
Fonds in Deutschland gefährdet sei. Entschuldigung,
meine Damen und Herren von Union und FDP! Wer
nicht bereit ist, mit offenen Karten an den Markt zu ge-
hen, der sollte doch bitte schön dahin gehen, wo der
Pfeffer wächst, anstatt dass ihm hierzulande auch noch
alles nach seinem Geschmack gestaltet wird.


(Beifall bei der LINKEN – Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Die armen Inder haben das gar nicht verdient! – Alexander Süßmair [DIE LINKE]: Die sollen dahin gehen, wo das Seegras wächst!)


Was Sie der Öffentlichkeit verheimlichen: Sie betrei-
ben bewusst Etikettenschwindel, damit die Fusionierung
von Fondsvermögen erleichtert wird. Dies haben die Be-
ratungen zu diesem Gesetzentwurf leider deutlich wer-
den lassen. Kollege Sieling hat schon darauf hingewie-
sen; ich will es noch deutlicher sagen. So sind deutsche
Kunden erfahrungsgemäß eher bereit, in einen Fonds zu
investieren, dessen Name den Eindruck erweckt, dass es
sich um ein Vehikel ihrer – deutschen – Hausbank han-
delt. Dieser Eindruck soll auch künftig bestehen bleiben.
Allerdings wird es sich nicht auf den ersten Blick er-
schließen lassen, dass dieser Fonds sein gesamtes Ver-
mögen in einen ausländischen Fonds einbringen kann. In
diesen ausländischen Fonds hätte der Anleger womög-
lich nie direkt investiert. Ich versichere Ihnen: An die-
sem Bluff wird sich die Linke nicht beteiligen.


(Beifall bei der LINKEN)


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(C (D Ich komme zum Schluss. – Wie auch immer man dieen Gesetzentwurf betrachtet – makroökonomisch, aufichtsrechtlich, entwicklungsund verbraucherpolitisch der unter steuerlichen Gesichtspunkten –: Der Finanzektor darf ohne Rücksicht auf Verluste weiter frei wuhern. Durchgreifende Regulierung? Fehlanzeige! Kollege Koch, Sie hatten angekündigt, dass Sie zum chluss kommen. Sie müssen jetzt zum Schluss kommen. Der Gesetzentwurf vermag alles in allem in keiner insicht zu überzeugen. Er ist rückschrittlich und konaproduktiv. Danke schön. Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat der Kol ge Dr. Schick das Wort. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! er vorliegende Gesetzentwurf enthält Änderungen in erschiedenen Bereichen; das ist schon deutlich geworen. Ich will zunächst auf den Anlegerschutz eingehen. s werden einige neue Informationspflichten gegenüber em Anleger eingeführt, und das ist richtig so. An dieser telle kann ich die Bundesregierung in der Finanzmarktolitik ausnahmsweise einmal loben. (Beifall bei Abgeordneten der FDP sowie des Abg. Ralph Brinkhaus [CDU/CSU])

Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710306900
Harald Koch (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710307000
Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710307100
Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710307200

ie gehen bei den Informationspflichten im Sinne des
nliegerschutzes über eine Eins-zu-eins-Umsetzung der
ichtlinie hinaus. Das ist bisher an vielen Stellen abge-
hnt worden und findet hier richtigerweise einmal statt.

Es bleibt trotzdem eine Reihe von gravierenden Defi-
iten. Es ist zum Beispiel unverständlich, dass die Be-
eislast, ob er Dokumente erhalten hat oder nicht, auf
en Anleger übergeht. Es wird für ihn schwer sein, das
isten zu können.

Was überhaupt nicht überzeugt, ist, dass Sie unseren
nderungsantrag in Bezug auf die sogenannte Best-Exe-

ution-Regel abgelehnt haben. Diese Regel besagt, dass
an – grob gesprochen – bei einer Handelsorder immer

en besten Handelsplatz im Sinne des Kunden aussu-
hen soll. Es ist im Jahr 2007 bei der Umsetzung der Fi-
anzmarktrichtlinie versäumt worden, dies für Invest-
entfondsanteile einzuführen. Das gilt nur für Aktien

nd Ähnliches. Damals hieß es in der Begründung der
undesregierung: Wegen des Prinzips der Eins-zu-eins-
msetzung lehnt die Bundesregierung die Anwendung
er Regeln auf Investmentfondsanteile ab.

Wenn Sie dieses Prinzip der Eins-zu-eins-Umsetzung
un zu Recht an anderer Stelle aufgeben, dann frage ich:
arum nicht auch an dieser Stelle im Interesse von Kun-
innen und Kunden?


(Jörg van Essen [FDP]: Weil es der Koalitionsvertrag so vorsieht!)






Dr. Gerhard Schick


(A) )


)(B)

Es ist bezeichnend, dass von den Koalitionsfraktionen
im Finanzausschuss an dieser Stelle kein einziges Argu-
ment gegen unseren Antrag genannt worden ist, was den
Anlegerschutz verbessern würde.


(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Weil das die Bundesregierung ausreichend begründet hat!)


Ein weiterer Kritikpunkt, den wir haben, betrifft die
Verschmelzung der Nicht-OGAW-Fonds. Das ist schon
angesprochen worden. Es besteht konkret die Gefahr:
Wenn Sie in einem Fonds drin sind, dann müssen Sie so-
zusagen Anteile eines schlechteren Fonds mitnehmen,
weil im Rahmen der Verschmelzung das Interesse be-
steht, dem Anleger auch schlechte Portfolien aufzudrü-
cken. Das hat die Bundesregierung in der Gegenäuße-
rung zum Bundesrat selbst eingeräumt. Es ist nicht
nachvollziehbar, warum hier nicht im Interesse des An-
legers gehandelt wird. Hier trifft der Vorwurf, den Herr
Koch gemacht hat, zu. Sie setzen die Standortvorteile
der Fondsgesellschaften vor das Interesse von Kundin-
nen und Kunden, und das lehnen wir ab.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Es ist angesprochen worden, dass es auch ein Problem
mit der Umsetzung gibt. Das ist in der Anhörung deut-
lich geworden. Es gibt eine Reihe von neuen Aufgaben
für die Aufsicht. Sie haben bisher nicht dargelegt, wie
die Aufsicht in die Lage versetzt werden soll, diesen
nachzukommen. Ich habe große Sorge, dass die Aufsicht
mangels der entsprechenden Ressourcen nicht in der
Lage sein wird, diese Regeln umzusetzen.

Ein weiterer Punkt ist richtig ärgerlich: Es gibt immer
noch keine vollständige Kostentransparenz. Dieses Ge-
setz wäre die Gelegenheit gewesen, national auch eine
Offenlegung der Transaktionskosten vorzuschreiben.
Das wollen Sie in der Koalition nicht, obwohl die Euro-
päische Kommission empfiehlt, auch die Transaktions-
kosten auszuweisen. Dem Kunden wird also weiterhin
suggeriert, dass die jetzt umbenannte Gesamtsumme der
laufenden Kosten einen vollständigen Überblick über die
Kosten eines Fonds liefert. Das bleibt aber weiterhin
nicht der Fall, und das ist im Interesse der Kunden eben
nicht die Transparenz, von der häufig gesprochen wird.
Wir wollen volle Kostentransparenz.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)


Ich will noch auf weitere Punkte eingehen, die im Ge-
setzentwurf enthalten sind. Ein wichtiger Aspekt ist der
steuerliche Teil im Investmentsteuergesetz. Es ist richtig,
dass an dieser Stelle versucht wird, ein wichtiges Steuer-
schlupfloch bei der Kapitalertragsteuer zu schließen. Wir
sehen aber die Gefahr, dass eine kleine Lücke, die dabei
noch bleibt, in der Zukunft größeren Schaden anrichtet.
Konkret könnte es sein, dass ein in Deutschland be-
schränkt steuerpflichtiger ausländischer Investor, zum
Beispiel eine Gesellschaft, die auf den Cayman Islands
sitzt, im Fonds Dividendenerträge erzielt, ohne dass die-
ser Kapitalertragsteuer einbehalten muss, obwohl es sich
um ein Vermögen im Inland handelt. Es ist deshalb wenig
verständlich, dass Sie hier keine Bereitschaft hatten, das

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(C (D u korrigieren. Wenn man schon an das Stopfen von Steurschlupflöchern herangeht, dann muss man schauen, ass man das möglichst konsequent und umfassend tut. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Harald Koch [DIE LINKE]: So ist es!)


Sie sehen, es gibt in diesem Gesetzentwurf Licht und
chatten. Die Koalition liegt nicht überall daneben, sie
chafft aber auch keine überzeugende Wende in Rich-
ng einer Finanzmarktpolitik zugunsten der Kunden.
enn es mir abschließend noch erlaubt ist, dann möchte
h sagen: Beim Thema Geldwäsche muss man dieses
esetzgeberische Gewurstel als peinlich bezeichnen.
ier brauchen wir einen Gesamtansatz.

Wir können den schlechten Teilen des Gesetzentwur-
s nicht zustimmen. Wir finden aber auch, dass wir die

uten nicht ablehnen können. Wir werden uns deswegen
ngesichts der Vielzahl von Regelungen enthalten. Wir
erden uns gegenüber den guten Punkten entsprechend
ositionieren, aber zugleich auch die gravierenden Defi-
ite ansprechen, um in Zukunft für eine Korrektur zu
orgen.

Danke.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710307300

Der Kollege Brinkhaus hat für die Unionsfraktion

tzt das Wort.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)



Ralph Brinkhaus (CDU):
Rede ID: ID1710307400

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Womit

eschäftigen wir uns zur Mittagszeit? Es geht in erster
inie darum, europäische Richtlinien für eine bestimmte
rt von Fonds umzusetzen. Das tun wir hier. Da diese

ber nur für eine bestimmte Art von Fonds gelten, haben
ir uns zugleich dazu entschlossen, entsprechende Re-
elungen auch für Fonds zu erlassen, die von den euro-
äischen Richtlinien nicht erfasst werden, damit es zu
ransparenz kommt und gleiche Wettbewerbsbedingun-
en herrschen. Ich glaube, das ist nicht zu kritisieren.

Es ist ebenfalls nicht zu kritisieren, dass wir in einem
raftakt Steuerschlupflöcher schließen, die auf sehr
omplizierte Weise genutzt werden konnten. Das ist mit
inem wahnsinnigen Umbau des Steuererhebungsver-
hrens verbunden.

Es ist wohl auch nicht zu kritisieren, dass wir dieses
esetz außerdem nutzen, um einige andere Dinge mit

uf den Weg zu bringen, wie zum Beispiel Regelungen
Bereich der Geldwäsche und Nachbesserungen bei

em eigentlich sehr guten Ansatz, mit dem wir Mikro-
nanzierung auf den Weg bringen wollten, was aber
icht geklappt hat. Weiterhin gehören hierzu Regelungen
ur Haftpflicht von Lohnsteuerhilfevereinen und noch
inige andere Sachen. Ich denke, all das ist richtig und





Ralph Brinkhaus


(A) )


)(B)

gut. Es ist ja auch in der einen oder anderen Bemerkung
vonseiten der Opposition angeklungen, dass dem so ist.

Werfen wir einmal einen Blick zurück auf das Gesetz-
gebungsverfahren: Alle Berichterstatter dürften wohl
festgestellt haben, dass sie hier an ihre Grenzen gestoßen
sind, und zwar deswegen, weil das Investmentsteuerge-
setz wirklich nur etwas für Leute ist, die sich sehr, sehr
gerne mit Steuern beschäftigen, um das einmal vorsich-
tig auszudrücken. Diese Geschichte ist nämlich wahn-
sinnig spezifisch.

An dieser Stelle sollte man der Öffentlichkeit einmal
folgenden Sachverhalt darstellen: Von uns als Parlamen-
tariern wird erwartet, den Schiedsrichter zwischen den
Vorlagen, die von der Regierung kommen, und den Inte-
ressen, die vonseiten der Bevölkerung und den Verbän-
den geäußert werden, zu spielen. Aber ganz ehrlich – ich
schaue jetzt einmal in die Augen der Coberichterstat-
ter –: Das Investmentsteuergesetz hat uns ein wenig über-
fordert. Wenn wir weiterhin vernünftige parlamentari-
sche Arbeit machen wollen, ist wirklich zu hinterfragen,
ob hierfür ein oder anderthalb Mitarbeiter ausreichen.
Auf der einen Seite steht das Finanzministerium mit meh-
reren Tausend Mitarbeitern und auf der anderen Seite die
Finanzbranche mit mehreren Tausend Mitarbeitern. Wir
aber sollen ein gutes Urteil fällen. Das fällt uns, ehrlich
gesagt, hin und wieder recht schwer. An dieser Stelle ist
es noch einmal gelungen. Wir sollten uns aber überlegen,
ob das in Zukunft nicht anders vonstattengehen könnte.

Nun zu der Kritik, die an diesem Gesetzentwurf geäu-
ßert wurde. Fangen wir einmal mit der Kritik vonseiten
der Linken an. Lieber Kollege Koch, das, was Sie hier
gebracht haben, stammte ja wohl eher aus dem Satzbau-
kasten „Kapitalismusbeschimpfung für junge Pioniere“,
als dass es eine ernsthafte Kritik darstellte.


(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Das hatte höchstens ein wenig Erheiterungswert.

Ich möchte aber insbesondere auf ein Argument von
Ihnen eingehen, mit dem Sie, wie ich glaube, den Men-
schen etwas Falsches suggerieren. Sie haben kritisiert,
dass es nicht gut sei, dass die OGAW-Richtlinie große
Investmentfonds fördere und dass das zu zusätzlichen
Risiken führe, und gesagt, dass das nicht Ihrem Bild ent-
spreche. Darüber kann man sich unterhalten. Das ist
überhaupt keine Frage. Sie sollten nur so ehrlich sein
und den Menschen hier auf der Tribüne und an den Bild-
schirmen erzählen, dass wir diese Richtlinie umsetzen
müssen, ob wir sie gut finden oder nicht. Wenn Sie als
Linke hier so tun, als ob es die Freiheit gäbe, sie nicht
umzusetzen, dann kann ich Ihnen den Vorwurf nicht er-
sparen, dass Sie sich hier unehrlich verhalten. Das sollte
nicht zum Stil in diesem Haus werden.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Harald Koch [DIE LINKE]: Mindestlohn!)


Bei dem, was außerdem an Kritik geäußert worden
ist, möchte ich mich auf einen Punkt konzentrieren, der
sowohl von der SPD als auch teilweise von den Grünen
angesprochen wurde. Dabei geht es darum, dass wir die

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(C (D erbraucher nicht ausreichend schützen und ihnen nicht enügend Informationen mit auf den Weg geben. Meine Damen und Herren, Verbraucherschutz ist imer eine Gratwanderung, eine Gratwanderung zwischen ransparenz und Information auf der einen Seite und ürokratie auf der anderen Seite. Er ist eine Gratwandeng zwischen Schutz auf der einen Seite und Bevorundung auf der anderen Seite. Ich glaube, das verges en Sie hin und wieder. Ich möchte das auch an den eispielen erläutern, die Sie selbst gebracht haben. Herr Sieling, Sie haben gesagt, Anleger bekämen betimmte Informationen nicht, weil wir die entsprechenen Verpflichtungen im Gesetz abgeschwächt hätten. Ich öchte einmal erläutern, um welche Informationen es eht – Kollege Sänger hat das eben ja auch schon angeprochen –: Wenn Sie an einem Aktienfonds beteiligt ind, werden Sie nach diesem Gesetz zeitnah darüber inrmiert, wenn sich die Kostenstruktur ändert, wenn sich ie Anlagestrategie ändert oder wenn sich wesentliche ertragsbedingungen ändern wie zum Beispiel Kündiungsfristen, Rückgabemodalitäten und Ähnliches. Auf der anderen Seite haben wir gesagt: Wenn jede leine Änderung in den AGB dem Verbraucher per Brief itgeteilt werden würde, dann würde er es nicht mehr sen. Es würde ein Informationsmüll auf ihm abgeladen erden, den er nicht mehr beherrschen kann. Insofern undere ich mich wirklich, dass Sie kritisieren, dass wir on der Unionsfraktion zusammen mit unserem liberalen artner versuchen, den Verbrauchern sinnvolle und zielerichtete Informationen zukommen zu lassen, anstatt ie mit Briefen zuzumüllen. Aus eigener Erfahrung wisen wir, dass wir solche Schreiben ungelesen in den Paierkorb werfen. Der Kollege Schick hat weiterhin kritisiert, dass wir ie Beweislast umgekehrt haben. Jetzt müsse der Verraucher beweisen, dass er den entsprechenden Brief on der Kapitalanlagegesellschaft bekommen hat. (Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


ie ist es denn vorher gewesen? Vorher hätte die Kapi-
lanlagegesellschaft es beweisen müssen. Das hätte, zu
nde gedacht, bedeutet, dass jeder Brief als Einwurfein-
chreiben hätte aufgegeben werden müssen, weil sonst
ine Beweisführung nicht möglich ist.


(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie soll es denn der Kunde beweisen?)


Wir haben dann Folgendes gesagt: Wir machen es ge-
auso wie das Finanzamt, das völlig unverdächtig ist,
gendwelche falschen Regelungen anzuwenden. Das
inanzamt schickt einen Brief ab, und es gibt eine Zu-
angsfiktion, bei der davon ausgegangen wird, dass nach
rei Tagen der Brief des Finanzamts beim Bürger ange-
ommen ist. Wenn der Bürger sagt, der Brief sei nicht
ei ihm angekommen, dann schaut man beim Finanzamt
ach, ob alles korrekt verschickt worden ist. Wir machen
as jetzt analog: Die BaFin schaut bei der Kapitalanlage-





Ralph Brinkhaus


(A) )


)(B)

gesellschaft nach. Sie muss nachweisen, dass sie die or-
ganisatorischen Voraussetzungen für diese Regelung ge-
troffen hat. Das ist eine erhebliche Verbesserung. Herr
Schick und Herr Sieling, ich finde es schon ein bisschen
irritierend, dass Sie das kritisieren. Sie müssen den Men-
schen in diesem Land einmal erklären, warum diese Re-
gelung für sie eine Verschlechterung darstellen soll.

Selbst ein Gesetz zu OGAW – darauf will ich den
Rest meiner Redezeit verwenden – eignet sich dazu, ei-
nige grundlegende Unterschiede zwischen dem Bild, das
Sie von unserer Gesellschaft haben, und dem Bild, das
wir von unserer Gesellschaft haben, herauszuarbeiten.


(Dr. Carsten Sieling [SPD]: In der Tat!)


Wir haben immer noch das Bild vom mündigen Verbrau-
cher vor Augen. Für uns zählen die Freiheit und die Frei-
heit der Entscheidung.


(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zur Sache!)


Wir ermöglichen diese Freiheit. Dazu braucht es faire
und transparente Märkte. Dafür schaffen wir gute Rah-
menbedingungen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Carsten Sieling [SPD]: Lobbyistentum!)


Das ist ein anderer Ansatz als der Ihrige. Sie wollen Ein-
fluss darauf nehmen, wie sich die Menschen entschei-
den.


(Dr. Carsten Sieling [SPD]: Quatsch! Wir wollen Informationen anbieten!)


Denn Sie glauben, dass Sie es besser wissen als die Men-
schen. Das ist Ihr Menschenbild. Sie wollen die Men-
schen sozusagen zu Tode regulieren und schaffen an al-
len Stellen neue Vorschriften und Gesetze.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Das kann man an dieser Diskussion sehen. Das
könnte ich auch an allen anderen Diskussionen festma-
chen, die wir hier zum Verbraucherschutz geführt haben.
Was von Rot und was von Grün kommt, ist Bürokratie,
das ist eine Vorschrift nach der anderen. Damit sollen die
Menschen in ihren Entscheidungen beeinflusst werden.
Das ist nichts anderes als gesetzliche Gängelung.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf von der SPD: Quatsch! Blödsinn!)


Ein großes Thema in dieser Legislaturperiode ist, den
Menschen in diesem Land klarzumachen, was Sie für ei-
nen Staat wollen und was wir für einen Staat wollen.


(Zurufe von der SPD: Oh!)


Vorgestern wurde in einem interessanten Artikel in einer
Zeitung festgestellt, dass Rot-Grün – man müsste eigent-
lich Grün-Rot sagen – aus unserem Land einen Ponyhof
machen möchte. Ich sage dazu nur: Der Weg von einem
Ponyhof zu George Orwells Animal Farm ist nicht weit.
Das sollten wir beim Verbraucherschutz hin und wieder
beachten.


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(C (D Ich kann Ihnen nur eines sagen: Wir sind die Partei da stehen wir eng an der Seite der Liberalen; das ver indet uns –, die an den freien und mündigen Bürger laubt. Sie glauben nicht daran. Sie wollen die Menchen gängeln und ihnen alles vorschreiben. Das ist Ihre hilosophie. Diese werden wir Ihnen nicht durchgehen ssen. Danke schön. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zuruf von der SPD: Holla!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710307500

Das Wort hat der Kollege Binding für die SPD-Frak-

on.


(Beifall bei der SPD)



Lothar Binding (SPD):
Rede ID: ID1710307600

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
eine sehr verehrten Damen und Herren! Herr
rinkhaus hat schon recht: An dem Gesetzentwurf kann
an erkennen, welchen Staat wir wollen. Ich will an

ine Bemerkung von Herrn Aumer erinnern. Er hat, an-
nüpfend an den vorherigen Tagesordnungspunkt, ge-
agt: Wir sollten die Lehren aus der Vergangenheit zie-
en. – In der Vergangenheit hatten wir einen Atomstaat.
etzt haben Sie die Lehren daraus gezogen. Diese Lehre
at Herr Aumer interessanterweise auf das OGAW über-
agen und einen Vergleich mit der Finanzkrise herge-
tellt, die vielleicht einen Super-GAU mit Blick auf den
inanzplatz darstellt. Wir wollten diesen schon immer
tärker regulieren als Sie. Interessanterweise haben Sie,
ezogen auf die Atomkraft, jetzt gelernt, dass es ganz
ut ist, wenn ein Staat hinreichend reguliert.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)


Auch wir sind für Effizienz. Nur sind wir nicht für die
ffizienz des Marktes an sich; denn der Markt an sich
at gar keine Qualität.


(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Oh doch!)


ir sind dafür, dass die Effizienz des Schutzes verbes-
ert wird. Das ist ein wichtiger Punkt. Uns geht es dabei
m die Verbraucher. Das ist eine ganz wesentliche Sa-
he, die vielleicht im Spannungsverhältnis der Erklärung
on Gerhard Schick liegt, der ausgeführt hat, warum sich
ie Grünen enthalten. Er sagte, sie werden sich enthal-
n, weil es im Gesetzentwurf gute und schlechte Teile
ibt. Ich glaube, wenn man einen Gesetzentwurf danach
eurteilt, müssten wir uns immer enthalten; denn es gibt
ein Gesetz, das nur gut ist. Das ist so ähnlich wie mit
em Orangensaft. Wenn drei Tropfen Arsen darin sind,
eurteile ich ihn anders, als wenn sie fehlen. Das ist also
ine komplizierte Sache.

Ich will aber auf die Gesamtschau abheben; denn wir
iehen ja die Lehren aus der Vergangenheit. Bei allem,
as wir im Moment tun, besteht die Gefahr, dass wir an-
esichts unendlich vieler Einzelregelungen den Über-





Lothar Binding (Heidelberg)



(A) )


)(B)

blick verlieren. Heute OGAW, gestern MiFID, morgen
Basel III, Solvency II, EMIR, REMI, MAD. Die Ener-
giehandelsunternehmen wollen auch schon wieder ihre
Freiheiten und Ausnahmen haben. Wir sehen, wir reihen
Ausnahme an Ausnahme und verlieren die Gesamt-
schau. Dadurch entsteht ein riesengroßes Problem. Übri-
gens reicht das bis tief in die Anhörung. Da war ein
Mensch von der Deutschen Bank noch nicht einmal in
der Lage, seine eigenen Produkte zu erklären. Daran
sieht man, wie weit wir in diesem Markt gekommen
sind.


(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)


Das geht ja weiter. Wir haben einen Euro-Rettungs-
fonds im Umfang von 700 Milliarden Euro geschaffen.
Was macht denn der Fonds? Es wird immer von Trans-
ferunion gesprochen. Da geht es nicht um Transferleis-
tungen zwischen Staaten. Das ist ganz anders. Es geht
um einen hochrisikoreichen Markt, nämlich den priva-
ten. Wenn der versagt, infiziert er die Staaten, und die
sollen dann zahlen. Diese Rechnung, denke ich, darf
nicht aufgehen.


(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Das hat auch etwas mit Staatsverschuldung zu tun, Herr Binding!)


Deshalb müssen wir uns darum kümmern, dass die
Leute, die private Risiken in exorbitanter Dimension
eingehen, hinterher auch dafür geradestehen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Das ist derzeit nicht der Fall. Im Moment zahlt immer
der Staat, oder es zahlen die Staaten aus Europa. Wenn
wir da keinen Riegel vorschieben, haben wir ein riesen-
großes Problem.

Ich will zur Trennung von Verwaltungsgesellschaften
und Investmentvermögen oder Depotbanken – bezogen
auf grenzüberschreitende Niederlassungen und Ver-
schmelzungen ist schon etwas erwähnt worden – nur sa-
gen: Wenn das immer zu den Bedingungen des Her-
kunftsstaates passiert, dann infizieren wir die Staaten mit
guten Verhältnissen mit den Verhältnissen der schlechten
Staaten, und das wollen wir nicht. Das ist ein systemati-
scher Fehler in diesem Gesetz.


(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Sie glauben nicht an Europa!)


Ganz aktuell vielleicht: Wenn man die Hedgefonds in
der Weise europäisch mischt, dann verdirbt man eine ex-
zellente Regelung, die vor sieben oder acht Jahren ge-
troffen wurde, mit der wir Hedgefonds erlaubt, diese
aber so reguliert haben, dass dadurch in Deutschland
kein Verbraucher geschädigt wird. Deshalb gibt es auch
nur 14, und deshalb sind dort auch nur 2 Milliarden Euro
investiert und nicht 80 Milliarden, wie die Banker be-
hauptet haben. Aber wenn man das in der Weise regu-
liert, wie es der Entwurf des OGAW-IV-Umsetzungsge-
setzes vorsieht, dann infizieren wir praktisch den guten
deutschen Hedgefondsmarkt mit Hedgefondsvorgängen

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(C (D us anderen Ländern, die uns sehr gefährlich werden önnen. (Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Das geht doch gar nicht! Das steht doch gar nicht im Gesetzentwurf! Sie haben den Gesetzentwurf nicht verstanden!)


as bereitet den nächsten GAU vor. Deshalb sind wir
agegen und lehnen den Gesetzentwurf ab.


(Beifall bei der SPD und der LINKEN)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710307700

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun-
esregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Umset-
ung der Richtlinie zur Koordinierung der Rechts- und
erwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organis-
en für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren. Der Fi-

anzausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung
uf Drucksachen 15/5403 und 15/5417, den Gesetzent-
urf der Bundesregierung auf den Drucksachen 15/4510
nd 15/4811 in der Ausschussfassung anzunehmen.

Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der
usschussfassung zustimmen wollen, um das Handzei-

hen. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der
esetzentwurf ist damit in zweiter Beratung mit den
timmen der Unionsfraktion und der FDP-Fraktion ge-
en die Stimmen der SPD-Fraktion und der Fraktion Die
inke bei Enthaltung der Fraktion Bündnis 90/Die Grü-
en angenommen.

Dritte Beratung

nd Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem
esetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. –
er stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Gesetz-

ntwurf ist mit den Stimmen der Unionsfraktion und der
DP-Fraktion gegen die Stimmen der SPD-Fraktion und
er Fraktion Die Linke bei Enthaltung der Fraktion
ündnis 90/Die Grünen angenommen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 29 auf:

Beratung der Beschlussempfehlung und des Be-

(14. Ausschuss)

Dr. Marlies Volkmer, Bärbel Bas, Elke Ferner,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Für ein modernes Patientenrechtegesetz

– Drucksachen 17/907, 17/5227 –

Berichterstattung:
Abgeordnete Christine Aschenberg-Dugnus

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Ich
öre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kolle-
in Christine Aschenberg-Dugnus für die FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)







(A) )


)(B)


Christine Aschenberg-Dugnus (FDP):
Rede ID: ID1710307800

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

In unserer Koalitionsvereinbarung mit der Union haben
wir uns verpflichtet, die Rechte von Patientinnen und
Patienten in einem eigenen Gesetz zu regeln. Denn
Patientensouveränität und Patientenrechte sind uns ein
wichtiges Anliegen. Das habe ich an dieser Stelle schon
mehrfach betont.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Daran wird sich auch nichts ändern. Insoweit sind wir
uns mit der SPD im Grunde einig.


(Zuruf von der SPD: Das ist doch schön!)


Ihren Antrag werden wir dennoch ablehnen; denn an
vielen Stellen offenbaren Sie ein Menschenbild, das mit
dem unsrigen nicht übereinstimmt.


(Zuruf von der SPD: Das beruhigt uns!)


Sie leiten die berechtigten Interessen und Bedürfnisse
der Patienten aus einer Opferrolle ab. Das wird den
Menschen aber nicht gerecht.


(Beifall bei der FDP)


Für uns sind Patienten nicht per se die Opfer, die Ge-
schädigten oder die Getäuschten, deren schwache Posi-
tion man gegenüber den übermächtigen Ärzten stärken
muss. Nein, ich bleibe dabei: Patienten und Ärzte sind
Partner.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir wollen den souveränen, aufgeklärten Patienten,
der seine Rechte kennt und nutzt. Deshalb haben wir die
unabhängige Patientenberatung zu einem festen Be-
standteil des deutschen Gesundheitswesens gemacht.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Jetzt haben wir eine neutrale UPD, die ihrer Seismogra-
fenfunktion gerecht werden kann. In einem nächsten
Schritt werden wir ein Patientenrechtegesetz vorlegen.
Mit diesem Gesetz verfolgen wir das Ziel, Transparenz
über die heute bereits bestehenden umfangreichen
Rechte der Patienten herzustellen. Nur wer seine Rechte
kennt, kann als mündiger Patient selbstbewusst gegen-
über Behandlern und Krankenkassen auftreten.

Darüber hinaus wollen wir zum einen die tatsächliche
Durchsetzung dieser Rechte verbessern und zum ande-
ren insbesondere in Fällen von Behandlungsfehlern den
Patienten stärker unterstützen. Gleichzeitig sollen die
Patienten im Sinne einer verbesserten Gesundheitsver-
sorgung geschützt werden. Daher freue ich mich sehr,
dass unsere Minister Philipp Rösler und Sabine
Leutheusser-Schnarrenberger ein Papier vorgelegt ha-
ben, das den im Koalitionsvertrag formulierten Ansprü-
chen mehr als gerecht wird.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


Ich möchte einzelne Punkte aufgreifen, weil sie mir
besonders wichtig sind.

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(C (D Erstens. Bewilligungsverfahren von Sozialversichengsträgern sollen verkürzt werden. Dies ist ein ganz entraler Punkt im erlebten Alltag der Versicherten. Dem atienten ist es doch mehr oder weniger egal, an welcher telle im Gesetz genau steht, welche Rechte er hat. ichtig ist ihm aber, dass er die Leistungen, die ihm zu tehen, schnellstmöglich erhält. Wir sorgen für kürzere ewilligungsverfahren, und zwar zum Wohle der Patienn. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Mechthild Rawert [SPD]: Wieder nur große Ankündigungspolitik!)


enau in diesem Sinne, im Sinne des konkreten Nutzens
r die Versicherten, werden wir die Verfahrensrechte

ei einem Behandlungsfehlerverdacht stärken, nämlich
it einheitlichen Schlichtungsverfahren, Mediation und

pezialisierten Kammern bei den Landgerichten.

Ganz wichtig ist uns auch die Förderung der Fehler-
ermeidungskultur.


(Zuruf von der SPD: Ja, das brauchen Sie auch bei der Politik!)


ehandlungsfehlern vorzubeugen, hat höchste Priorität.
h denke, da sind wir uns einig. Risikomanagement und
ehlermeldesysteme in der stationären und ambulanten
ersorgung werden gestärkt. Im Rahmen der Verpflich-
ng zum einrichtungsinternen Qualitätsmanagement
ird das Beschwerdemanagement in den Krankenhäu-

ern vorgeschrieben.

Da wir Behandler und Patienten als Partner begreifen
nd nicht als Gegner, legen wir auf die Schaffung finan-
ieller Anreize großen Wert: zur Einführung eines Feh-
rvermeidungssystems, zum Beispiel im Rahmen von
ualitätszuschlägen – ambulant und stationär –, sowie
urch Transparenzvorgaben, insbesondere für den Quali-
tsbericht der Krankenhäuser.

Wir dürfen bei alledem nicht die Leistungserbringer
ergessen, die tagtäglich den Herausforderungen des
edizineralltags ausgesetzt sind. Eine Stärkung der Pa-

entenrechte darf deshalb nicht auf dem Prinzip des
isstrauens aufgebaut werden. Zwei Dinge müssen uns

lar sein:

Erstens. Ärzte dürfen nicht mit immer mehr unnöti-
en Dokumentationspflichten überlastet werden.

Zweitens. Durch weitere Beweiserleichterungen, die
ber die Rechtsprechung hinausgehen, gerät man schnell
eine Situation der Defensivmedizin. Diese Defensiv-
edizin kann bei einer überzogen vorsichtigen Haltung

chlimmstenfalls zur Behandlungsverweigerung führen.


(Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Was unterstellen Sie denn hier den Ärzten?)


s kann aber auch zu einer extremen Überversorgung
es Patienten kommen. Mit beidem ist den Patienten
icht gedient. Ich verweise in diesem Zusammenhang
ur auf die übermäßige Strahlenbelastung bei häufigem
öntgen.





Christine Aschenberg-Dugnus


(A) )


)(B)

Wir wollen keine Kultur des Misstrauens. Wir bauen
auf das Prinzip von Vertrauen und Fairness.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Deshalb gibt es weder eine allgemeine Beweislast-
umkehr bei Behandlungsfehlerverdacht noch über das
Richterrecht hinausgehende weitere Beweiserleichterun-
gen. Wir kodifizieren das Richterrecht. Die von der
Rechtsprechung entwickelten Grundsätze und Instru-
mente zur Beweislastverteilung werden in das Bürgerli-
che Gesetzbuch eingefügt. Diese angemessene Beweis-
lastverteilung wird den Ansprüchen, Rechten und
Pflichten aller Beteiligten gerecht.

Wenn wir über das Arzthaftungsrecht sprechen, muss
uns klar sein: Für eine Haftung des Arztes müssen drei
Voraussetzungen erfüllt sein:

Erstens. Es muss eine ärztliche Pflichtverletzung vor-
liegen, also eine Verletzung des geltenden medizinischen
Standards.

Zweitens. Es muss ein Gesundheitsschaden eingetre-
ten sein.

Drittens. Es muss ein eindeutiger Ursachenzusam-
menhang bestehen. Um genau diesen Ursachenzusam-
menhang geht es. Bei Fragen des beherrschbaren Risi-
kos, bei Befunderhebungsmängeln und bei groben
Behandlungsfehlern gilt durch die Rechtsprechung be-
reits die Beweislastumkehr. Eine darüber hinausgehende
Beweislastumkehr zulasten der Ärzte wird es mit uns
nicht geben;


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


denn wir wollen keine amerikanischen Verhältnisse.


(Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Das ist ja mal was Neues!)


Wir wollen keine Defensivmedizin. Wir wollen keine
Kultur des Misstrauens. Wir wollen bestmögliche Ver-
sorgung auf der Basis von Vertrauen und Fairness zum
Wohle der Patientinnen und Patienten in Deutschland.

Danke.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Maria Anna Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Was war denn jetzt mit dem SPD-Antrag?)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710307900

Für die SPD-Fraktion hat nun die Kollegin

Dr. Volkmer das Wort.


(Beifall bei der SPD)



Dr. Marlies Volkmer (SPD):
Rede ID: ID1710308000

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Für die SPD ist die Selbstbestimmung der Menschen und
damit auch die Selbstbestimmung der Patientinnen und
Patienten ein hohes Gut. Von daher haben für uns die Pa-
tientenrechte einen ganz hohen Stellenwert.

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(C (D (Beifall bei der SPD – Christine AschenbergDugnus [FDP]: Für uns auch!)


Das haben wir in der Regierungszeit von Rot-Grün
ewiesen. Wir haben das Amt des Patientenbeauftragten
er Bundesregierung eingeführt; sonst könnte Herr
öller dieses Amt heute nicht bekleiden. Wir haben die
nabhängige Patientenberatung eingeführt. Das ist ein
rfolgsmodell, das jetzt in die Regelversorgung über-
hrt worden ist.


(Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Das haben aber wir gemacht!)


ußerdem haben wir dafür gesorgt, dass Patientenvertre-
r in dem Gremium sitzen, das entscheidet, welche
eistungen von der gesetzlichen Krankenversicherung
bernommen werden.


(Beifall bei der SPD)


Deswegen ist es folgerichtig, dass wir einen Antrag
r ein Patientenrechtegesetz vorgelegt haben, den wir

eute beraten. Patienten haben Rechte, die sie häufig
icht kennen. Sie kennen diese Rechte nicht, weil diese
echte verstreut in unterschiedlichen Gesetzen niederge-
gt sind, im Sozialgesetzbuch, im Bürgerlichen Gesetz-
uch, aber auch in Berufsordnungen. Von daher ist es
chtig und wichtig, dass wir das in einem Gesetz zusam-
enführen, und zwar in einem Patientenrechtegesetz.


(Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Das machen wir ja auch!)


Dabei geht es nicht nur darum, mehr Übersichtlich-
eit für die Patienten zu schaffen, sondern auch für die
rztinnen und Ärzte; denn manchmal kennen auch
eine Arztkollegen die Rechte von Patientinnen und Pa-
enten nicht so ganz genau.

Wir können dabei gleichzeitig Lücken schließen.
um Beispiel muss gesetzlich verankert werden, dass
ei der Aufklärung von Patientinnen und Patienten auch
ber Alternativen zu einer diagnostischen Methode oder
u einer bestimmten Therapie informiert wird.

Wir wollen viel mehr, als nur das jetzt schon geltende
echt zu kodifizieren. Ein ganz wichtiger Punkt ist die

ichere Behandlung von Patientinnen und Patienten.
un kann man sagen: Das ist doch eine Selbstverständ-
chkeit. – Ja, eigentlich schon, aber es ist leider Tatsa-
he, dass in Deutschland mehr Menschen an den Folgen
on Behandlungsfehlern in Krankenhäusern sterben als
urch Verkehrsunfälle. Von daher können wir da nicht
hig bleiben, sondern müssen sagen: Wir wollen Feh-
rvermeidungssysteme in allen Krankenhäusern ver-
indlich vorschreiben. – Es gibt Krankenhäuser, die das
chon jetzt auf freiwilliger Basis machen. Das ist richtig
nd gut, aber das reicht uns nicht. In jedem Krankenhaus
uss das geschehen.

Natürlich werden überall dort, wo gearbeitet wird,
ehler gemacht. Das ist ganz normal. Aber es ist vor al-
n Dingen wichtig, dass Fehler und Beinahefehler er-
sst werden, um daraus Rückschlüsse für zukünftiges
rbeiten und für die Sicherheit ziehen zu können. Des-
egen halten wir es für dringend erforderlich, dass Men-





Dr. Marlies Volkmer


(A) )


)(B)

schen, die einen eigenen oder einen fremden Fehler mel-
den, keine arbeitsrechtlichen Sanktionen befürchten
müssen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Ein Patientenrechtegesetz muss aber auch die Opfer
von Behandlungsfehlern stärken. Zum Beispiel wollen
wir gesetzlich vorschreiben, dass Nachbehandler bei
Verdacht auf einen groben Behandlungsfehler den Pa-
tienten darauf aufmerksam machen müssen. Wir wollen
sowohl die gesetzlichen als auch die privaten Kranken-
kassen verpflichten, im Falle des Verdachtes eines Be-
handlungsfehlers die Versicherten zu unterstützen.

Eine Schwierigkeit für die betroffenen Patientinnen
und Patienten ist der Nachweis der Kausalität. Dabei
geht es um die Frage, ob der Gesundheitsschaden tat-
sächlich aufgrund eines Behandlungsfehlers eingetreten
ist oder ohnehin aufgrund einer anderen Erkrankung
oder der Erkrankung, wegen der der Betroffene behan-
delt wird, eingetreten wäre. Wir fordern bei groben Be-
handlungsfehlern in bestimmten Fällen eine Beweislast-
umkehr, zum Beispiel dann, wenn Dokumentationen
nicht vollständig sind oder wenn diese Dokumentationen
den Gerichten nur verzögert oder scheibchenweise zur
Verfügung gestellt werden.


(Beifall bei der SPD)


Um das noch einmal ganz klar zu sagen: Eine gene-
relle Beweislastumkehr wollen wir nicht; denn da sehen
auch wir Gefahren für den Patienten. Es könnte sein,
dass die Versicherungen dann sehr hohe Beiträge verlan-
gen und dass gefährliche Eingriffe bei Patientinnen und
Patienten nicht durchgeführt werden. Es stimmt nicht,
dass wir eine generelle Beweislastumkehr fordern; mit
dieser Behauptung soll nur Stimmung gegen ein solches
Gesetz zur Stärkung der Patientenrechte gemacht wer-
den.

Sehr wichtig ist uns auch die Stärkung der kollektiven
Rechte von Patientinnen und Patienten. Ich habe schon
gesagt, dass wir die Beteiligung von Patientenvertretern
im Gemeinsamen Bundesausschuss eingeführt haben.
Jetzt geht es darum, ein Stimmrecht der Patientenvertre-
ter zumindest in Verfahrensfragen in dem Gemeinsamen
Bundesausschuss auf den Weg zu bringen.

Heute liegt Ihnen ein ziemlich umfassender Antrag
vor, in dem wir beschreiben, wie wir uns die Ausgestal-
tung eines Patientenrechtegesetzes vorstellen. Das, was
bisher vonseiten der Koalition vorgelegt worden ist,
würde ich nur als Ankündigung bezeichnen. Es besteht
nämlich nicht einmal Einigkeit darüber, welchen Status
Ihr Papier hat. Manche sagen, es sei ein Eckpunktepa-
pier; manche sagen, es sei ein Positionspapier.

Es besteht bei Ihnen noch nicht einmal Einigkeit da-
rüber, wie das Gesetz heißen soll. Herr Zöller, Sie spre-
chen immer von einem Patientenrechtegesetz; das finde
ich sehr gut. Aber es gibt viele Kollegen, gerade in der
FDP, die von einem Patientenschutzgesetz sprechen. Da
frage ich Sie: Welchen Blick haben Sie denn auf die Pa-

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(C (D enten? Wir glauben nicht, dass Patienten unbedingt chützenswert sind. ber wir glauben, dass Patienten ganz klar über ihre echte Bescheid wissen müssen, damit sie fachgerecht ntscheiden können, gemeinsam mit dem Arzt. Wir haln eine Verbesserung ihrer Situation bei Behandlungshlern für notwendig. Hier ist der Patient tatsächlich in iner sehr ungünstigen Position. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


(Jörg van Essen [FDP]: Wir aber schon!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710308100

Das Wort hat der Kollege Erwin Rüddel für die

nionsfraktion.


Erwin Rüddel (CDU):
Rede ID: ID1710308200

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen

nd Herren! Grundsätzlich stelle ich hier im Haus einen
roßen Konsens fest. Wir wollen die Rechte der Patien-
n und Patientinnen stärken, und wir wollen das Ver-
ältnis Arzt–Patient auf eine saubere Grundlage stellen
nd damit insgesamt transparenter machen. Wir kündi-
en nicht nur an, sondern wir werden in diesem Jahr den
ntwurf eines Patientenrechtegesetzes vorlegen!


(Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Richtig!)


as künftige Regelwerk wird zwei Bedingungen erfül-
n: Es wird Vorschriften bündeln und die Rechte der Pa-
enten in vielfältiger Weise stärken.

Die christlich-liberale Koalition hat die Absicht, mit
en konkreten Beratungen über ein Patientenrechtege-
etz zu beginnen, um die Rechte der Patienten im Um-
ang mit Ärzten, Krankenhäusern und Krankenkassen
u verbessern und die Versicherten vor Behandlungsfeh-
rn stärker zu schützen. Dabei ist uns ein zentrales An-
egen, den Patientinnen und Patienten mehr Souveräni-
t im Umgang mit Ärzten zu verschaffen, sie zu
artnern auf Augenhöhe zu machen und gleichzeitig das
otwendige Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Pa-
ent nicht zu zerstören.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir wollen eine ausgewogene Balance der Interessen
nd sehen keinen Sinn darin, einzelne Gruppen in unse-
m Gesundheitssystem gegen andere Gruppen in Stel-
ng zu bringen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


eshalb haben wir den vorliegenden Antrag der SPD im
esundheitsausschuss abgewiesen. Wir halten ihn für
icht zielgenau und für überzogen. Ich nenne stellvertre-
nd nur das Stichwort „Leichenschau“.

Es ist in diesem Zusammenhang bezeichnend, dass
ich selbst das in der vergangenen Legislaturperiode von
er SPD geführte Gesundheitsministerium seinerzeit ge-
ütet hat, sich diese Vorstellungen der SPD-Fraktion zu





Erwin Rüddel


(A) )


)(B)

eigen zu machen. Umso mehr begrüße ich das vom
Patientenbeauftragten der Bundesregierung jüngst vor-
gelegte Grundsatzpapier.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Namens der CDU/CSU-Fraktion danke ich unserem
Kollegen Wolfgang Zöller für seine Arbeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Er hat in zahllosen Gesprächen mit allen gesellschaftli-
chen Gruppen und allen Beteiligten in unserem Gesund-
heitswesen einen breiten gesellschaftlichen Konsens für
dieses Grundlagenpapier hergestellt. Mein Dank gilt
ebenso dem Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler


(Dr. Marlies Volkmer [SPD]: Wo ist er denn?)


und der Frau Bundesjustizministerin, die beide engagiert
und konstruktiv an diesem Papier mitgearbeitet haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Die Vorschläge des Patientenbeauftragten sind von
der Bundesärztekammer, der Kassenärztlichen Bundes-
vereinigung und dem GKV-Spitzenverband positiv auf-
genommen worden.


(Dr. Marlies Volkmer [SPD]: Und von den Patientinnen und Patienten?)


Die Bundesärztekammer würdigt das Papier als gutes
Ergebnis einer vertrauensvollen Zusammenarbeit. Die
Kassenärztliche Bundesvereinigung begrüßt, dass damit
die Rechte der Patienten gestärkt werden und ihre Betei-
ligung in der Selbstverwaltung ausgebaut wird.

Der GKV-Spitzenverband beurteilt die Vorschläge
ausdrücklich als sehr positiv. Auch der Bundesverband
der Verbraucherschützer bewertet die Eckpunkte als
Schritt in die richtige Richtung.


(Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Schrittchen!)


Wir haben den Bürgerinnen und Bürgern versprochen,
das Jahr 2011 zum Jahr der Patienten zu machen, und
wir halten Wort.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Wir haben die unabhängige Patientenberatung gesetzlich
verankert. Wir haben den Gesetzentwurf zur durchgrei-
fenden Verbesserung der Krankenhaushygiene einge-
bracht. Gestern haben wir über das 5,5-Milliarden-Euro-
Programm zur Erforschung der Volkskrankheiten debat-
tiert. Wir haben heute die Eckpunkte für ein umfassen-
des Versorgungsgesetz vorgelegt – Stichworte hierzu:
flächendeckende Bedarfsplanung und Versorgungsge-
rechtigkeit für den ländlichen Raum. Wir werden mit
dem Patientenrechtegesetz die Kräfte im Gesundheits-
wesen so ausbalancieren, dass die Patienten gestärkt
werden, ohne das unabdingbare Vertrauensverhältnis
zwischen Arzt und Patient zu beschädigen.


(Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)


Zu den Kernpunkten unseres Vorhabens gehören die
Verankerung des Behandlungsvertrags im BGB, die
gesetzliche Klarstellung der Aufklärungs- und Doku-

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(C (D entationspflichten sowie die Vereinheitlichung des auergerichtlichen Schlichtungsverfahrens bei den Ärzteammern. Wir stärken die Rechte der Patienten auf kteneinsicht, wir fördern das Beschwerdemanagement den Krankenhäusern, und wir werden nachhaltig die ehlervermeidung vorantreiben, indem wir die Einfühng von Risikomanagementund Fehlermeldesystemen rcieren. Ferner werden wir die Beteiligung der Patienn – zum Beispiel im Gemeinsamen Bundesausschuss – usweiten und die künftigen Aufgaben des Patientenbeuftragten präzisieren. Ein Schwerpunkt unserer Vorhaben betrifft Behandngsfehler. Hier wollen wir in einfachen Fällen – wie isher –, dass sich der Patient an die Schlichtungsstelle er zuständigen Ärztekammer wendet. Bereits heute erden rund 70 Prozent der Streitfälle auf diese Weise ußergerichtlich geklärt. Kommt es zu einem Haftungsrozess, gelten die von der Rechtsprechung entwickelten strumente zur Beweislastverteilung, die in das BGB ufgenommen werden; denn wir haben nicht die Abicht, Ärzte unter Generalverdacht zu stellen. Allerdings werden wir bei groben Behandlungsfehrn verbindlich festschreiben, dass der Arzt nachweisen uss, den Schaden nicht verursacht zu haben. Weiter erden Länder und Ärztekammern angehalten, dafür zu orgen, dass Ärzte über eine entsprechende Berufshaftflichtversicherung verfügen. Zudem werden die bislang jedem Bundesland unterschiedlich geregelten Schlichngsverfahren bei ärztlichen Behandlungsfehlern ver inheitlicht. Die Krankenund Pflegekassen sollen ihren ersicherten künftig Hilfestellung bei der Durchsetzung on Schadenersatzansprüchen geben, indem sie die Paenten – etwa durch medizinische Gutachten – unterstüten und so dazu beitragen, oft jahrelang dauernde gechtliche Auseinandersetzungen zu beschleunigen. Die Kassen können schon heute ihre Versicherten bei er Verfolgung von Schadenersatzansprüchen unterstüten; ich denke aber, wir sollten aus dieser Kann-Regeng eine verbindlichere Lösung für die Versicherten ntwickeln. Meine Damen und Herren, ich komme zu einem unkt, den ich für besonders wichtig halte. Es geht um ie Einführung einer Frist, innerhalb derer die Krankenassen über Rehaund Hilfsmittelanträge entscheiden üssen. Der Patientenbeauftragte schlägt vor, Anträge ach Ablauf einer Frist als genehmigt gelten zu lassen. as ist eine bedeutende Verbesserung für die Patientinen und Patienten in Deutschland. Ebenfalls in diesen usammenhang gehört die Prüfung der Frist, nach der atienten bei den Sozialgerichten gegen ausstehende ntscheidungen der Sozialversicherung klagen können; ier denken wir daran, diese Frist von sechs auf zwei onate zu verkürzen. Alle diese Maßnahmen entsprechen dem Leitbild eies souveränen und mündigen Patienten, der seine echte kennt – und genau darum geht es. Der Patienteneauftragte der Bundesregierung hat es so ausgedrückt: ie Patientinnen und Patienten sollen ihr Gesundheits ystem als gerecht empfinden. – Das bedeutet: Patienten ürfen nicht das Gefühl haben, Bittsteller zu sein. Sie Erwin Rüddel )





(A) )

dürfen sich gegenüber Leistungsträgern und Leistungs-
erbringern nicht ohnmächtig fühlen.

Es geht uns in diesem Jahr der Patienten darum, den
Menschen, der krank ist, mit Nachdruck in den Mittel-
punkt unseres Gesundheitssystems zu stellen; denn das
ist der Platz, der ihm zusteht und auf den er Anspruch
hat. Es geht uns gleichzeitig aber auch um einen ver-
nünftigen Ausgleich der Interessen von Patienten und
Leistungserbringern.

Nur gemeinsam mit Ärzten und Krankenkassen kön-
nen wir ein Patientenrechtegesetz machen, das seinen
Namen verdient. Wir wollen keine Grabenkämpfe, son-
dern ein partnerschaftliches Vertrauensverhältnis auf
Augenhöhe.

Es bleibt dabei: Alle Fraktionen dieses Hauses sind
eingeladen, daran konstruktiv mitzuarbeiten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710308300

Das Wort hat die Kollegin Vogler für die Fraktion Die

Linke.


(Beifall bei der LINKEN)



Kathrin Vogler (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710308400

Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen

und Kollegen! Herr Rüddel, ich hatte es bisher immer so
verstanden, dass der Herr Minister Rösler dieses Jahr
zum Jahr der Pflege erklärt hat. Sie haben es jetzt zum
Jahr der Patienten gemacht.


(Jens Spahn [CDU/CSU]: Das gehört doch zusammen!)


Vielleicht einigen Sie sich da koalitionsintern, damit wir
wissen, was jetzt eigentlich angesagt ist.


(Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Multitasking!)


Ich habe einmal das Wort „Patientenrechte“ gegoogelt
und 143 000 Einträge gefunden. Bei demselben Begriff
auf Englisch oder Spanisch erhalte ich jeweils 17 Millio-
nen Einträge, und wenn ich den französischen Begriff
eingebe, sind es sogar 19 Millionen Einträge.


(Rudolf Henke [CDU/CSU]: Sie haben eine neue Zählmaschine! Das war gestern auch schon so!)


Wenn ich ihn auf Niederländisch eingebe, sind es im-
merhin noch 219 000 Einträge. Zumindest hinsichtlich
der öffentlichen Wahrnehmung scheint es mit den Pa-
tientenrechten in Deutschland und im deutschsprachigen
Raum nicht ganz so weit her zu sein, wie uns das hier
immer dargestellt wird.


(Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Das machen wir jetzt an Google-Einträgen fest? – Heinz Lanfermann [FDP]: Geben Sie einmal „Kommunismus“ ein, und schauen Sie, was dabei herauskommt!)


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(C (D Worüber reden wir jetzt eigentlich? Dazu will ich Ihen einmal eine Geschichte aus meiner Heimat erzählen, ie sich etwa vor einer Woche zugetragen hat. Es wäre anz gut, wenn Sie zuhören würden, weil das nicht ereulich ist: (Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Wir hören immer zu!)


in 83-jähriger blinder Mann kommt zu einer Untersu-
hung ins Krankenhaus. Dort erleidet er einen Kreislauf-
usammenbruch und wird stationär aufgenommen. Nach
inigen Untersuchungen wird er entlassen und mit ei-
em Krankenwagen nach Hause gebracht: allein, im
P-Hemd und noch mit der Infusionsnadel im Arm.

Dieses Ereignis ist einfach mehr als ein Fehler, den
enschen nun einmal machen. Für mich ist das Aus-

ruck eines Gesundheitswesens, das immer mehr von
er Ökonomie beherrscht wird, in dem der Patient nicht
ehr ein leidender Mensch ist, dem zu helfen ist, son-

ern so etwas wie ein Werkstück, das im Fließbandtakt
ie Fabrik durchläuft, und in dem die Pflegenden und
ehandelnden immer mehr zu selenloser und entwürdi-
ender Fließbandarbeit gezwungen werden.

Die Linke setzt sich deswegen für ein Gesundheits-
esen ein, das allen Menschen barrierefrei und unabhän-
ig von ihrem Einkommen eine gute medizinische Ver-
orgung garantiert. Ich finde es ganz wichtig, dass die
ahrung ihrer Würde und Selbstbestimmung dabei stär-

er als bisher in den Mittelpunkt gerückt wird.


(Beifall bei der LINKEN)


Die derzeitigen Rechte für Patientinnen und Patienten
ich glaube, darin sind wir alle uns einig – finden sich in
ielen Einzelgesetzen wieder, und vieles ist gar nicht ge-
etzlich geregelt, sondern ergibt sich nur aus der Recht-
prechung.


(Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: „Nur“?)


h glaube, die Patientinnen und Patienten haben den
erichten in Deutschland in den letzten Jahren tatsäch-
ch mehr zu verdanken als der Politik.

Der Antrag mit dem Titel „Für ein modernes Patien-
nrechtegesetz“, den die SPD hier vorgelegt hat, hat ja

chon vor einem Monat seinen ersten Geburtstag gefei-
rt.


(Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Darum diskutieren wir das ja hier auch!)


Er kann also schon fast laufen. Er enthält einige rich-
ge und wichtige Gedanken – das möchte ich auch un-
rstützen –, wie den Entschädigungsfonds und die Re-
ulierung der sogenannten IGeL. Man merkt ihm aber
och noch ein bisschen seine Entstehungsgeschichte an.

Gleich zu Beginn der Legislaturperiode haben Sie ihn
ilig aus dem zusammengezimmert, was Sie in der ge-
einsamen Regierungsarbeit mit der CDU/CSU liegen-
ssen mussten. Die Linke – auch ich – kann sicher mit
nen mitgehen, wenn Sie fordern, die Rechte der Patien-

nnen und Patienten zusammenzufassen und zu stärken.





Kathrin Vogler


(A) )


)(B)

Ich kann es mir aber nicht verkneifen, Sie daran zu erin-
nern, dass Sie bis 2009 die Verantwortung für das Justiz-
und das Gesundheitsministerium hatten. Insofern stellt
sich die Frage, warum Sie damals nicht eine der Maßnah-
men durchgesetzt haben, die Sie jetzt von Schwarz-Gelb
fordern.


(Jörg van Essen [FDP]: Bei Ulla Schmidt stellt sich die Frage nicht!)


Meiner Ansicht nach hätten Sie die 13 Monate Liege-
zeit dafür nutzen können, den Antrag nachzubessern und
konkreter zu machen; denn bei der Anhörung im Ge-
sundheitsausschuss sind seitens der Patientinnen- und
Patientenorganisationen einige gute Impulse gekommen.
Das haben Sie leider versäumt. Deswegen und wegen
des völlig überzogenen Eigenlobs in der Einleitung muss
sich die Linksfraktion leider in der Abstimmung enthal-
ten.

Es gibt aber erhebliche Schnittmengen zwischen un-
seren Auffassungen. Ich könnte mir vorstellen, dass wir
dann, wenn die Regierungsfraktionen ihren schon lange
angekündigten Gesetzentwurf vorlegen, gemeinsam un-
sere Alternativvorschläge formulieren.

Die von der Bundesregierung vorgelegten Eckpunkte
zum Patientenrechtegesetz lassen befürchten, dass der
lang und breit angekündigte Entwurf nicht die nötige
Weite haben wird und nicht mehr als ein kleiner Hopser
wird: kein Satz zum Entschädigungsfonds, kein Ge-
danke an Beweiserleichterung. Lediglich den Kranken-
kassen wollen Union und FDP neue Lasten auferlegen.

Ich fand es schon symptomatisch, dass Sie in der An-
hörung die anwesenden Patientenvertreter fast völlig ig-
noriert haben. Was sie zu sagen hatten, schien für Sie
völlig uninteressant zu sein.

Ich komme zum Schluss. Liebe Kolleginnen und Kol-
legen von der Koalition, machen Sie es sich bitte nicht
so einfach. Wenn man etwas im Sinne der Menschen er-
reichen will, muss man sich eben auch manchmal mit
Lobbygruppen anlegen.


(Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Damit haben Sie Erfahrung!)


Wenn Ihnen dazu der Mut fehlt, dann überlassen Sie das
Regieren bitte anderen. Denn Regieren ist nichts für
Feiglinge.


(Beifall bei der LINKEN – Dr. Martin Lindner [Berlin] [FDP]: Selbst das haben Sie vom Blatt abgelesen!)



Petra Pau (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710308500

Das Wort hat die Kollegin Klein-Schmeink für die

Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Sehr ge-
ehrte Präsidentin! Ich will jetzt etwas tun, was vor mir
gar nicht so viele getan haben, nämlich tatsächlich auf
den vorliegenden Antrag eingehen. Wir reden ja heute

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(C (D ber einen SPD-Antrag, der es unserer Meinung nach erdient hat, gewürdigt zu werden. Herr Rüddel, wenn Sie anbieten, gemeinsam Positioen zu entwickeln, dann hätte es Ihnen auch gut angetanden, das zu tun. Denn in diesem Hause gibt es eine lativ breite Übereinstimmung darin, auf ein modernes artnerschaftliches Verhältnis zwischen Arzt und Patienn zu setzen, statt einen Konflikt zwischen ihnen heufzubeschwören. Zum einen stellt sich die Frage, wel he Rahmenbedingungen wir brauchen. Zum anderen üssen wir in den Fällen, in denen die Patienten chwach sind und sich nicht durchsetzen können, unsere chutzfunktion als Gesetzgeber wahrnehmen. Diese unkte gehören eng zusammen. Ich glaube – das kann man auch als politischer Wettewerber sagen –, der SPD-Antrag wird in großen Teilen eiden Punkten gerecht. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


(Beifall bei der SPD)


Genau. Das können Sie gerne bestätigen. – Denn in
em Antrag werden verschiedene Aspekte angespro-
hen, zum Beispiel die Frage, was an Information nötig
t, welche Unterstützung im Verlauf der Leistungser-
ringung gegeben sein muss und was an Fehlervermei-
ungskultur und Qualitätssicherungssystemen erforder-
ch ist. Er geht darauf ein, was nötig ist, um die
ehandlungssituation insgesamt sicherer zu machen,
nd welche Unterstützung diejenigen brauchen, die Op-
r eines Behandlungsfehlers geworden sind, aus wel-

hen Gründen auch immer er gemacht worden ist.

Von daher ist dem Antrag Respekt zu gewähren. Von
nserer Seite heißt das nicht, dass wir alle Punkte ab-
chließend behandelt finden. Es gibt etliche Positionen,
ie wir gerne genauer gefasst hätten, und Etliches ist
urch den Lauf der Ereignisse längst erledigt. Die unab-
ängigen Beratungsstellen müssten aus unserer Sicht
iel stärker ausgebaut werden, wenn wir dem Anspruch
erecht werden wollten, tatsächlich für Information und
nterstützung von Patienten auf gleicher Augenhöhe zu

orgen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Kathrin Vogler [DIE LINKE])


o viel zum Antrag.

Jetzt komme ich zu dem, wofür Sie von der Koalition
en heutigen Tag auch genutzt haben, nämlich das ge-
einsam vereinbarte Grundlagenpapier für ein Patien-
nrechtegesetz vorzustellen und auch ein bisschen zu
iern. In der Tat gebührt dem Patientenbeauftragten der
undesregierung insofern ein Lob,


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


ls dass er es geschafft hat, ein Stück weit über Ihre
oalitionsvereinbarung hinauszugehen. In Ihrem Koali-
onsvertrag steht nur, dass Sie die geltenden Rechte
ündeln wollen. Herr Zöller hat aufgrund des Kontaktes
nd der Auseinandersetzung mit Patientenorganisatio-
en dafür gesorgt, dass auch Bereiche, die ursprünglich





Maria Anna Klein-Schmeink


(A) )


)(B)

nicht Bestandteil Ihres Papieres waren, einbezogen wer-
den, Bereiche, die auch im SPD-Antrag berücksichtigt
werden.

Gleichwohl will ich an dieser Stelle auf einen beson-
deren Unterschied hinweisen. Sie sprechen in Ihrem
Koalitionsvertrag nicht von einem Patientenrechte-
gesetz, sondern von einem Patientenschutzgesetz. Dieser
eigentlich sehr engen Auffassung werden Sie aber mit
dem Grundlagenpapier in keiner Weise gerecht; das
finde ich schon erstaunlich.

Schauen wir uns an, welche Vorschläge Sie für eine
Fehlervermeidungskultur machen. Sie setzen im Bereich
der Patientensicherheit auf freiwillige Anreize, die heute
in 900 Krankenhäusern schon bestehen. Aber es geht
jetzt darum, das Recht des Patienten auf eine sichere und
gute Versorgung so festzuschreiben, dass in allen Kran-
kenhäusern und Praxen bestimmte qualitätsgesicherte
und risikogeprüfte Verfahren eingehalten werden.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Keiner von uns steigt in ein Flugzeug, ohne darauf zu
vertrauen, dass zuvor ein Sicherheitscheck durchgeführt
wurde. Auch Patienten haben Anspruch auf einen sol-
chen Check. Das muss rechtsverbindlich geregelt wer-
den.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Wenn es darum geht, Patienten zu ihrem Recht zu
verhelfen, wenn sie Opfer von Behandlungsfehlern ge-
worden sind, bleiben Sie weit hinter dem zurück, was ei-
gentlich notwendig wäre. Sie versuchen zwar, die Recht-
sprechung ein Stück weit in Recht zu fassen, machen das
aber handwerklich so schlecht, dass die Patienten letzt-
endlich schlechter gestellt werden. Da müssen Sie drin-
gend nachlegen und korrigieren. Wir werden den Ge-
setzgebungsprozess und den Diskussionsprozess nutzen,
um auf diese Mängel hinzuweisen.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710308600

Frau Kollegin!


(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich nehme gerne das von Ihnen unterbreitete Angebot
an, Herr Rüddel, gemeinschaftlich an einer Verbesserung
zu arbeiten. Sowohl der vorliegende SPD-Antrag als
auch der Antrag, den wir in Kürze einbringen werden
und der weitere qualifizierte Vorschläge beinhalten wird,
und auch Ihr Grundlagenpapier werden Grundlage wei-
terer Diskussionen sein. Heute haben wir sicherlich nicht
das letzte Mal darüber diskutiert.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710308700

Nächster Redner ist der Kollege Dietrich Monstadt

für die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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(C (D Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! ehr geehrte Damen und Herren! Frau Kollegin Kleinchmeink, es ist erstaunlich, dass Sie uns handwerkliche ehler vorwerfen, ohne ein Gesetz gesehen zu haben. ie das gehen soll, kann ich nicht beurteilen. Wir disku eren jedenfalls über ein Grundlagenpapier. Seit etwa 15 Jahren gibt es die Diskussion über ein atientenrechtegesetz. Jetzt hat diese Diskussion die ielgerade erreicht. Es wird eine gesetzliche Regelung eben. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Dietrich Monstadt (CDU):
Rede ID: ID1710308800

er Patientenbeauftragte der Bundesregierung,
olfgang Zöller, hat nach gründlicher Vorarbeit und

ach umfangreicher Abstimmung mit allen Betroffenen
ie Grundlagen dieser gesetzlichen Regelung am
2. März vorgestellt.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


em Patientenbeauftragten der Bundesregierung ge-
ührt Dank, dass er das Projekt in die Hand genommen,
s engagiert koordiniert und mit über 300 Verbänden be-
prochen hat. Es war im Übrigen richtig, zuerst mit den
erbänden, mit allen potenziell Betroffenen zu sprechen
nd eben nicht ein wohlklingendes Papier an den Anfang
u stellen.

Anlass unserer heutigen Debatte ist ein Antrag der
PD. Es ist nicht alles falsch, was darin steht. Aber be-
ogen auf diesen Antrag ist manches differenzierter zu
etrachten und manches überholt. Überholt ist etwa die
orderung, die Modellvorhaben der Unabhängigen Pa-
entenberatung, UPD, auf Dauer abzusichern; denn das,
rau Kollegin, haben wir bereits im letzten Jahr mit dem
MNOG getan. Die UPD gehört jetzt zur gesetzlichen
egelversorgung.

Wir wissen, dass Patientenrechte heute an vielen un-
rschiedlichen Orten geregelt sind: in Gesetzen, Richtli-
ien, Berufsordnungen und in Bundesmantelverträgen
er Selbstverwaltung. Viele Details sind durch die
echtsprechung ausgestaltet worden. Wir sind uns einig
der Bewertung, dass im Interesse von Patientinnen

nd Patienten mehr Transparenz hergestellt werden
uss. Wer wie ich als Rechtsanwalt in der Praxis Man-

anten in medizinrechtlichen Haftungsauseinanderset-
ungen betreut hat, kennt die Situation, dass der Laie die
erfahrensabläufe in der Regel nicht mehr überblicken
ann bzw. dass er sie überwiegend nicht versteht. Diese
ituation wollen wir verbessern.

Grundlage jeder ärztlichen Behandlung ist der Be-
andlungsvertrag, der bisher nicht ausdrücklich gesetz-
ch geregelt ist. Heute kommt ein Behandlungsvertrag
eist mündlich oder auch konkludent zustande, indem

ich der Patient in die Behandlung begibt. Ein Vertrag in
chriftform ist nur in besonderen Fällen vorgeschrieben.
ie Pflichten des Arztes ergeben sich in diesem Zusam-
enhang aus seiner Berufsordnung, dem Bundesmantel-

ertrag Ärzte, dem Bürgerlichen Gesetzbuch und dem
GB V sowie gegebenenfalls aus der Gebührenordnung





Dietrich Monstadt


(A) )


)(B)

oder auch aus Hausarztverträgen. Künftig wird der Be-
handlungsvertrag ausdrücklich im Bürgerlichen Gesetz-
buch stehen, und es wird den Behandlungsvertrag nicht
nur im Verhältnis zwischen Patienten und Ärzten geben,
sondern auch im Verhältnis zwischen Patienten und an-
deren Heilberufen wie Physiotherapeuten, Heilprakti-
kern, Hebammen usw.

Patienten sind verständlich und umfassend zu infor-
mieren. Sie müssen auch auf Kosten für solche Heilbe-
handlungen hingewiesen werden, die von den Leistungs-
trägern nicht übernommen werden.

Wirksamkeit erlangt ein solcher Vertrag nur dann,
wenn über die zur Erstellung der Diagnose erforderli-
chen Maßnahmen, über die Diagnose selbst und über die
Therapie aufgeklärt wurde. Nur dann gilt die Einwilli-
gung des Patienten in die Behandlungsmaßnahme als er-
teilt; ansonsten ist sie unwirksam.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Im Streitfall muss der Behandelnde die ordnungsgemäße
Aufklärung des Patienten beweisen. Die im Wesentli-
chen richterrechtlich geprägte Aufklärungspflicht und
die Dokumentationspflicht werden wir gesetzlich kon-
kretisieren.

Krankenakten sind vollständig und sorgfältig zu füh-
ren. Dies kann unter Beachtung des Datenschutzes und
der Datensicherheit auch elektronisch erfolgen. Ver-
säumt die behandelnde Person ihre gesetzliche Doku-
mentationspflicht, dann wird zu ihren Lasten vermutet,
dass die nicht dokumentierte Maßnahme auch nicht statt-
gefunden hat.

Schließlich wird das Recht auf Akteneinsicht durch
die Patienten gesetzlich abgesichert. Patienten steht das
Recht zu, Einblick in die Patientenakte zu nehmen und
diese – auf eigene Kosten – zu kopieren. Wir wollen Pa-
tienten besonders schützen, wenn die Akte nicht heraus-
gegeben wird. Damit wollen wir keine Belastung oder
Gängelung zum Beispiel der Ärzte einführen, sondern
klare Vorgaben setzen, die das Vertrauen zwischen Arzt
oder in anderen Heilberufen Tätigen und Patient ent-
scheidend stärken können und sollen.

In Haftungsprozessen geht der Streit häufig darum, ob
ein Behandlungsfehler ursächlich für einen Schaden ist.
Hier werden wir im Interesse der Patienten mehr Rechts-
sicherheit herstellen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wir werden eine differenzierte Regelung in das BGB
aufnehmen und damit die von der Rechtsprechung ent-
wickelten Ansätze zur Beweislast aufgreifen. Im Falle
eines groben Behandlungsfehlers, der generell geeignet
ist, den Schaden herbeizuführen, wird vermutet, dass der
Fehler für den Eintritt des Schadens ursächlich war. Es
tritt eine Beweislastumkehr ein: Der Behandelnde kann
dann den Beweis führen, dass sein Fehler nicht kausal
für den Eintritt des Schadens war.

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(C (D Wir wollen, dass Auseinandersetzungen über Behandngsfehler deutlich verkürzt werden. Wir befürworten undesweit einheitliche Schlichtungsverfahren zur auergerichtlichen Streitbeilegung und spezialisierte Kamern bei den Landgerichten. Auch die am 4. Februar 011 auf den Weg gebrachte Änderung des § 522 Abs. 2 PO, also die Nichtzulassungsbeschwerde in Berufungsachen mit einer Beschwer über 20 000 Euro, schafft in iesem Zusammenhang mehr Rechtssicherheit für alle eteiligten. Für betroffene Patienten ist es von entscheidender Beeutung, dass ihre Schadenersatzansprüche tatsächlich rfüllt werden. Deshalb müssen Ärzte über eine durchängige Berufshaftpflichtversicherung mit ausreichenen Deckungssummen verfügen und diese auch belegen. ies durch geeignete Mechanismen sicherzustellen, liegt unächst bei Ländern und Ärztekammern. Wir werden in Kürze den Gesetzentwurf zu Patientenchten debattieren. In der Zielrichtung sind wir uns eitgehend einig: Wir wollen Rechtsklarheit und Transarenz deutlich verbessern und Vollzugsdefizite abauen. Wir wollen dies auch durch gesetzliche Regelunen erreichen. Ich freue mich auf eine konstruktive ebatte auf der Basis des kommenden Gesetzentwurfes. en über ein Jahr alten Antrag der SPD müssen wir eute leider ablehnen. Herzlichen Dank. Letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt ist ie Kollegin Mechthild Rawert für die SPD-Fraktion. (Beifall bei der SPD – Jörg van Essen [FDP]: Coesfeld nach vorn!)


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710308900


Mechthild Rawert (SPD):
Rede ID: ID1710309000

Genau, Coesfeld nach vorn – und vor allen Dingen

erlin.


(Beifall der Abg. Stefanie Vogelsang [CDU/ CSU])


Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wer genau
ugehört hat, hat festgestellt, dass im Jahr des Vertrauens
och nicht einmal die Koalitionspartner und -partnerin-
en untereinander einig sind.


(Beifall der Abg. Dr. Marlies Volkmer [SPD] – Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Doch, das sind wir schon!)


gal ob man von einem Positionspapier oder von einem
ckpunktepapier ausgeht – Herr Monstadt hat uns vor-
etragen, was man alles will –: Entschieden ist noch
ichts.


(Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Inhaltlich sind wir uns einig!)


er genauer hingeschaut hat, hat gesehen: Zwischen-
urch gab es Kopfschütteln. Wir werden sehen, was die
oalition tatsächlich auf den Weg bringt.





Mechthild Rawert


(A) )


)(B)


(Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Ich glaube, Sie brauchen eine Brille!)


Es ist gut, dass wir ein anderes Menschenbild haben
als Sie, Frau Aschenberg-Dugnus. Wer Patienten aus-
schließlich als Opfer beschreibt, greift zu kurz.


(Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Richtig, da sind wir uns einig, Frau Rawert!)


Wir wollen starke und mündige Patienten.


(Christine Aschenberg-Dugnus [FDP]: Das habe ich in meiner Rede auch betont!)


Nichtsdestotrotz ist es so: Wenn jemand ein Opfer von
Behandlungsfehlern geworden ist, dann gilt über den
Opferschutz hinaus, dass dieser Mensch krank ist und
unseres besonderen Schutzes bedarf. Daher ist es kein
Widerspruch, hier von Opfern zu reden.

Ich möchte einen anderen Aspekt aufgreifen, der im
Jahr des Vertrauens heute hier noch kaum eine Rolle ge-
spielt hat; gleichwohl ist er Teil unseres Antrages. Wir
haben Sie, die Regierung, aufgefordert, zur Stärkung der
Patientenrechte gegenüber Sozialleistungsträgern und
Leistungserbringern etwas dazu beizutragen, dass der
Griff ins Portemonnaie der Patientinnen und Patienten
aufhört.


(Beifall bei der SPD)


Wir beobachten einen sprunghaften Anstieg der soge-
nannten IGeL-Leistungen, also eine ständige Auswei-
tung der individuellen Gesundheitsleistungen. Wir reden
hier von einem Markt, dessen Volumen mittlerweile von
1 Milliarde Euro auf 1,5 Milliarden Euro angewachsen
ist. Der allergrößte Teil dieser Leistungen ist nicht not-
wendig.

Hier ist heute schon viel davon die Rede gewesen,
wie wichtig Vertrauen ist, und zwar insbesondere im
Verhältnis zu den Patientinnen und Patienten. Ich sage
Ihnen ganz klar: Die Ausweitung der sogenannten indi-
viduellen Gesundheitsleistungen zerstört das für die me-
dizinische Behandlung so wichtige Vertrauensverhältnis.


(Beifall bei der SPD)


Der Glaube an die Leistungsfähigkeit und an die Zuver-
lässigkeit unseres Gesundheitswesens wird erschüttert.
Der Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen
erscheint minderwertig oder nicht ausreichend. Ich bin
auch ganz sicher, dass sich hiermit das ärztliche Berufs-
bild ändert. Wir haben Sie aufgefordert, hierzu einen Be-
richt abzuliefern. Sie sind bis dato leider Gottes untätig
gewesen. Zuzahlungen, IGeL-Leistungen – die Bundes-
regierung lässt den Griff in die Portemonnaies der Versi-
cherten geschehen.

Etwas anderes sei an dieser Stelle aus Zeitgründen nur
erwähnt. Sie haben vorhin wieder die Qualität des
AMNOG herausgestellt. Wo aber beweisen Sie, dass mit
dem AMNOG eine Verbesserung der Arzneimittelver-
sorgung hinsichtlich geschlechtsspezifischer Wirkungen
erzielt wird?

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(C (D (Erwin Rüddel [CDU/CSU]: Wir haben es verbessert! – Dietrich Monstadt [CDU/CSU]: Sie haben noch die Kurve gekriegt!)


er bestreitet, dass es geschlechtsspezifische Wirkun-
en gibt, dem sage ich eindeutig, dass er sich insbeson-
ere an der individuellen Gesundheit von Frauen versün-
igt.


(Beifall bei der SPD)


folgedessen würde ich mich an Ihrer Stelle nicht da-
ber lustig machen, sondern zügig an die Arbeit gehen,

amit der Aspekt „Gender-Medizin und geschlechterge-
chte Gesundheitsförderung“ endlich Wirklichkeit für

lle in Deutschland wird.

Herzlichen Dank.


(Beifall bei der SPD – Holger Krestel [FDP]: Wer bezahlt denn das alles? Das Geld kommt vom Staat!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710309100

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des Aus-
chusses für Gesundheit zum Antrag der SPD-Fraktion
it dem Titel „Für ein modernes Patientenrechtegesetz“.
er Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung

uf der Drucksache 17/5227, den Antrag der SPD-Frak-
on auf Drucksache 17/907 abzulehnen. Wer stimmt die-
er Beschlussempfehlung zu? – Wer stimmt dagegen? –
er enthält sich? – Damit ist die Beschlussempfehlung
it Mehrheit angenommen.

Ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt 30 auf:

Erste Beratung des von den Abgeordneten
Wolfgang Nešković, Harald Koch, Jan Korte,
weiteren Abgeordneten und der Fraktion DIE
LINKE eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes
zur Bekämpfung der Abgeordnetenbestechung

– Drucksache 17/1412 –
Überweisungsvorschlag:
Rechtsausschuss (f)

Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und
Geschäftsordnung
Innenausschuss
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die
ussprache eine Dreiviertelstunde vorgesehen. – Das ist
ffenkundig unstreitig. Dann können wir so verfahren.

Ich eröffne die Aussprache und erteile zunächst der
ollegin Halina Wawzyniak für die Fraktion Die Linke
as Wort.


(Beifall bei der LINKEN)



Halina Wawzyniak (DIE LINKE.):
Rede ID: ID1710309200

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

n! Wir reden über Bestechung und Bestechlichkeit in
er Politik. In unserem Grundgesetz heißt es:





Halina Wawzyniak


(A) )


)(B)

Die Abgeordneten … sind Vertreter des ganzen
Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden
und nur ihrem Gewissen unterworfen.

So weit das geschriebene Wort. Doch wie sieht die Re-
alität aus? Ganz genau kann dies vermutlich niemand sa-
gen. Denn das, worüber wir heute reden, geschieht zu-
meist im Dunkeln und eben nicht im Licht der
Öffentlichkeit.

Offiziell bekannt ist ein Fall, den das Landgericht
Neuruppin zu entscheiden hatte. Eine Investitionsgesell-
schaft hatte einem Mitglied des Neuruppiner Stadtrates
ein persönliches Darlehen von 100 000 Euro angeboten,
um von der Stadt eine Ausfallbürgschaft von 13,7 Mil-
lionen Euro zu bekommen. Das Gericht sah darin einen
Stimmenkauf. Der Kauf von Stimmen bei Abstimmun-
gen und Wahlen ist also strafbar. Das ist gut so; aber es
reicht nicht aus. Denn auch in anderen Fragen gibt es ge-
nug Motive und leider auch genug Gelegenheiten, Politi-
kerinnen und Politiker mit Geld- und anderen Leistungen
dazu zu bringen, bestimmte Entscheidungen zu treffen
oder eben nicht zu treffen.

Auch wenn wir Linken sonst eher skeptisch sind, was
die Erweiterungen des Straftatenkatalogs angeht, fordern
wir an dieser Stelle genau dies. Wir wollen es in Bezug
auf die Abgeordnetenbestechung nicht bei symbolischer
Politik belassen. Es kann nicht sein, dass allein der Kauf
von Stimmen bei Abstimmungen und Wahlen strafbar
ist, ansonsten aber jede Politikerin und jeder Politiker
sich kaufen lassen kann.


(Beifall bei der LINKEN)


Der Ruf von Politikerinnen und Politikern ist nicht
der beste. Wir alle müssen uns fragen, welchen Beitrag
wir dazu leisten, dass der Ruf nicht besser, sondern eher
schlechter wird. Die Menschen haben das Vertrauen in
Parteipolitik verloren, nicht in Politik an sich. Wenn wir
nicht aktiv daran arbeiten, Vertrauen in politische Pro-
zesse wiederherzustellen, und wenn wir es versäumen,
die Menschen daran zu beteiligen und mehr Transparenz
herzustellen, dann gefährden wir die Demokratie.

Viele Bürgerinnen und Bürger haben den Eindruck:
Die Kleinen hängt man, und die Großen lässt man lau-
fen. Diesen Eindruck können wir nicht mit guten Worten
entkräften. Hier sind Taten gefordert.


(Beifall bei der LINKEN)


Deshalb haben wir diesen Gesetzentwurf vorgelegt.
Wenn Abgeordnete dem Anspruch gerecht werden wol-
len, den das Grundgesetz zu Recht aufstellt, dann dürfen
sie nicht korrumpierbar sein. Wenn sie sich doch kor-
rumpieren lassen, dann muss das Folgen haben. Wir alle
haben unser Mandat nur auf Zeit; aber in dieser Zeit sind
wir – so sagt es die Verfassung – Vertreterinnen und Ver-
treter des ganzen Volkes. Deswegen haben alle Men-
schen, ob sie uns gewählt haben oder nicht, ein Anrecht
darauf, dass wir uns um einen gerechten Interessenaus-
gleich bemühen und nicht die Interessen derjenigen ver-
treten, die uns dafür Geld oder andere Annehmlichkeiten
versprechen. Wenn wir das nämlich zulassen und als ge-
geben hinnehmen, dürfen wir uns nicht wundern, wenn
die anderen – also die große Mehrheit – sich ohnmächtig


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(C (D hlen und an der Politik insgesamt das Interesse verlien. Das wollen wir nicht. Wir wollen Politik für die, aber or allen Dingen mit den Menschen gestalten. ir wollen, dass Entscheidungen und Entscheidungsrozesse transparent sind. ir wollen, dass Entscheidungen des Parlaments im Parment nd nicht im Vorzimmer, im Hinterzimmer oder im Kainzimmer der Kanzlerin getroffen werden. ir wollen Lobbyismus aufzeigen, und wir wollen Lobyismus begrenzen. Wir wollen – das ist der Kern dieses esetzentwurfs – unsichtbare Korruption öffentlich ma hen und unter Strafe stellen. Die Linke steht damit nicht allein. Auch Transparency ternational hat sich für eine grundlegende Neufassung er Bekämpfung der Abgeordnetenbestechung ausgeprochen. Die Experten der Staatengruppe gegen Korrupon des Europarates haben ebenfalls gefordert, die Misstände bis Mai 2011 zu beseitigen. Wir reden hier tatsächlich über Korruption. Die UNonvention gegen Korruption vom 31. Oktober 2003 erlangt eine Gleichbehandlung von Mitgliedern der Geetzgebungsorgane oder kommunalen Volksvertretern it Amtsträgern. Diese Konvention hat Deutschland och nicht ratifiziert. Warum eigentlich nicht? Liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU/CSU, DP, SPD und auch von den Grünen, wir haben heute ie Chance, ein Zeichen zu setzen, ein Zeichen, dass der ampf gegen Korruption kein Lippenbekenntnis ist, ein eichen, dass die Interessen der Einwohnerinnen und inwohner im Mittelpunkt politischer Entscheidungen tehen und nicht die Interessen derjenigen, die über die eisten finanziellen Mittel verfügen, ein Zeichen, dass ilt, was in unserer Verfassung steht: dass die Abgeordeten Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge an Weiungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterorfen sind. Stimmen Sie unserem Gesetzentwurf zu! Das Wort erhält nun der Kollege Ansgar Heveling für ie CDU/CSU-Fraktion. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Denn die einen sind im Dunkeln und die andern sind im Licht und man siehet die im Lichte die im Dunkeln sieht man nicht. Ansgar Heveling )


(Beifall bei der LINKEN)


(Ansgar Heveling [CDU/CSU]: Wir auch!)


(Ansgar Heveling [CDU/CSU]: Wir auch!)


(Beifall bei der LINKEN)


(Beifall bei der LINKEN)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710309300

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ansgar Heveling (CDU):
Rede ID: ID1710309400




(A) )

So lautet eine allseits bekannte Strophe aus der „Moritat
von Mackie Messer“ von Bertolt Brecht.

Mit ihrem Gesetzentwurf zur Bekämpfung der Abge-
ordnetenbestechung, im Übrigen im Großen und Ganzen
ein Aufguss aus der vorangegangenen Legislaturperiode,
meint die Fraktion Die Linke wohl, Licht in ein ver-
meintliches Dunkel zu bringen oder bringen zu müssen.
Vielleicht ist es dort aber doch viel heller, als die Kolle-
ginnen und Kollegen links von mir meinen. Denn hier
im Deutschen Bundestag und in den anderen deutschen
Parlamenten steht man doch schon gleichsam im Lichte.
Wir, die Abgeordneten, stehen mit unserem Tun und
Lassen im Lichte der Öffentlichkeit.

Nach Art. 38 des Grundgesetzes sind wir grundsätzlich
frei und nur unserem Gewissen unterworfen. Aber seien
wir ehrlich: Wir haben uns dabei stets auch eine – wenn
auch nicht verfassungsrechtlich definierte – Schranke zu
vergegenwärtigen: die Öffentlichkeit. In unserer Repu-
blik haben wir ein fein differenziertes und stark ausge-
prägtes System öffentlicher Kontrolle der Politik. Sie be-
ginnt in diesem Hause im parlamentarischen Widerstreit
von Regierungsfraktionen und Opposition, also auch eine
Form der gegenseitigen Kontrolle. Sie setzt sich fort
durch Partizipation und Willensbildung in den Parteien
und der Bevölkerung. Nicht zuletzt haben Presse und Me-
dien eine machtvolle Kontrollfunktion inne.

Alles das ist schlichtweg konstitutiv für unsere offene
Gesellschaft. Missstände können, ohne dass Repression
befürchtet werden muss, benannt werden, und je nach
Schwere haben sie auch außerhalb von Wahlen und ge-
richtlichen Verfahren unmittelbare Konsequenzen für
denjenigen, der Fehlverhalten an den Tag legt. Beispiele
dafür gibt es genug.

Das unterscheidet im Übrigen unsere Gesellschaft
und ihre Verfassung auch deutlich von korruptionsanfäl-
ligen politischen Systemen und Regimen, Systemen, die
es auf deutschem Boden schon hinlänglich gegeben hat,
Systemen, die es andernorts auch heute noch gibt.

Was waren und sind deren Charakteristika? Einerseits
setzen sie oft auf Scheinlegalität. Formal waren und sind
solche Systeme oft sogar geradezu Weltmeister in der
Umsetzung entsprechender Regeln und Konventionen.
Ja, sie brauchen die formale Fassade geradezu, um sich
den Anschein der Lauterkeit zu geben. Doch hinter die-
ser Fassade herrschen Intransparenz und mangelnde öf-
fentliche Kontrolle. Das zeigt vor allem eines: Es reicht
nicht aus, wenn ein Staat formal über Rechtsvorschriften
zur Bekämpfung von Korruption verfügt. Es bedarf einer
aktiven Zivilgesellschaft, die – wie eingangs beschrie-
ben – über vielfältige Kontroll- und Einflussmöglichkei-
ten verfügt.

Ich bin froh, dass wir in einer solchen Gesellschaft
und in einem solchen Staat leben. Ich bin froh, dass wir
bei unseren Rechtsvorschriften bereits über einen hohen
Standard verfügen. Ich bin froh, dass unsere Gesellschaft
ausreichend über unabhängige und öffentliche Institutio-
nen und Instanzen verfügt, die auf Fehlverhalten auf-
merksam machen und auch in strafrechtlicher Hinsicht

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(C (D ereits über vielfältige Möglichkeiten der Ahndung vergen. Ich meine, wir brauchen uns als Bundesrepublik keieswegs zu verstecken. (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Leider doch!)


(Beifall bei der CDU/CSU)


s mag den Linken gefallen, nachdem ihre geistigen
orväter einst schon dafür gesorgt haben, dass in der
ergangenheit so manches Gespenst hier und in Europa
mgegangen ist, nun auch den Teufel an die Wand zu
alen. Aber lassen Sie uns auf dem Teppich bleiben.


(Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Wer hat Ihnen denn das aufgeschrieben?)


Ich bin sehr erstaunt darüber, dass gerade die SPD so
arauf reagiert.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wundert mich allerdings auch!)


Der Gesetzentwurf konstruiert nun vor allem eines:
ine vermeintliche Lücke, weil Abgeordnete und Amts-
äger nicht gleich behandelt werden. Sie sind aber auch
icht gleich. Schon an meinen Eingangsbemerkungen
sst sich ein entscheidender Unterschied zwischen
mtsträgern der Exekutive und Abgeordneten festma-

hen: Während die Ersteren einen klar umrissenen Pflich-
n- und Aufgabenkreis haben, den sie weithin unbemerkt
on der Öffentlichkeit im Wege von Einzelentscheidun-
en, also einzelnen Diensthandlungen, vollziehen, treffen
etztere allgemeine Entscheidungen abstrakt-genereller
atur für eine Vielzahl von Sachverhalten, und sie tun
ies öffentlich.

Natürlich vertreten Abgeordnete dabei Interessen. Das
üssen sie sogar. Aus diesen Interessen formt sich dann
demokratisch-parlamentarischen Prozess das allge-

eingültige Recht. Interessengeleitetes Handeln und Öf-
ntlichkeit sind dabei zwei einander bedingende und

ich gegenseitig korrektiv ausbalancierende Elemente
olitischen Handelns. Das ist mithin ein Spannungsfeld,
eine Frage; aber es ist eben auch ein Unterschied zum
mtsträger.

Das alles ist bei jenen nämlich gerade nicht der Fall.
ie vertreten keine Interessen. Sie müssen unparteiisch
andeln, allein orientiert an Recht und Gesetz. Sie müs-
en das von anderen gesetzte Recht anwenden, unbeein-
usst durch Versprechungen und Verlockungen. Schon
llein deshalb lassen sich die Regelungen von Amtsträ-
ern nicht einfach auf Abgeordnete übertragen. Es
ürde schlichtweg hinten und vorn nicht passen.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


Wenn es also überhaupt Regelungsbedarf geben sollte
und einen solchen müsste man sehr sorgfältig identifi-
ieren –, dann ist es mit einem gesetzgeberischen Schnell-
chuss, bei dem im Übrigen auch fraglich ist, ob er über-
aupt den Vorgaben des Bestimmtheitsgebots Genüge tut,
icherlich nicht getan. Das ist der Sache auch nicht ange-





Ansgar Heveling


(A) )


)(B)

messen, und der Schaden wäre hinterher weitaus größer
als der Nutzen. Den Gesetzentwurf der Linken lehnen wir
daher ab.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710309500

Für die SPD erhält der Kollege Michael Hartmann

das Wort.


(Beifall bei der SPD)



Michael Hartmann (SPD):
Rede ID: ID1710309600

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

ren! Wir leben in einer Zeit, in der in der öffentlichen
Wahrnehmung des politischen Betriebs auch hier in Ber-
lin immer die Regierung im Vordergrund steht. Tatsäch-
lich – gelegentlich muss man an diese vermeintliche
Selbstverständlichkeit erinnern – befinden wir uns aber
in einem parlamentarischen Regierungssystem. Deshalb
ist es schon wichtig, dass wir unsere Selbstachtung als
Parlamentarierinnen und Parlamentarier mit dem nötigen
Selbstbewusstsein nach außen zeigen und unsere Kon-
trollfunktion gegenüber der Bundesregierung in ausrei-
chendem Maße wahrnehmen. Deshalb sollten wir uns,
liebe Kolleginnen und Kollegen der Linken, nicht klein-
machen. Wir sollten nicht selbst dem jeweils anderen un-
terstellen, dass er der Gemeinte ist, wenn es um den Vor-
wurf der Korruption oder der Bestechlichkeit geht.
Vielmehr sollten wir auf Selbstheilungskräfte setzen und
für eine Selbsthygiene sorgen. Dazu bedarf es in der Tat
klarer Regeln.

Deshalb kann ich nicht verstehen, wieso Sie von den
Koalitionsfraktionen bei dem, worüber wir hier heute
debattieren, von einem Schnellschuss sprechen. Wir re-
den ja in Wirklichkeit über eine Konvention zum Kampf
gegen Korruption, die von der UN beschlossen und von
der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 2003 unter-
zeichnet worden ist, die wir aber bis zum heutigen Tage
nicht ratifiziert haben. Es wird höchste Zeit, dass wir
hier etwas tun, meine Damen und Herren!


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Ich sage Ihnen auch, warum: Es geht nämlich nicht an
– dabei will sich die SPD die Antworten gar nicht leicht
machen –, dass wir Abgeordnete immer wieder in den
Geruch der Vorteilsnahme, des überbordenden Lobbyis-
mus oder des Durchstechens oder gar der Korruption ge-
raten.

Es gibt aber leider immer wieder aktuelle Anlässe,
diese Themen zu diskutieren. Ich verstehe vor diesem
Hintergrund nicht, wie diese Woche von der Kanzlerin
entgegen § 3 des Normenkontrollratgesetzes eine Rich-
terin des Sächsischen Verfassungsgerichtshofes und ein
Herr, der Ihnen persönlich bekannt ist, sehr geehrter
Herr von Klaeden – das scheint auch seine einzige Qua-
lifikation zu sein –, nämlich der Vorsitzende der JU Nie-
dersachsen, für den Normenkontrollrat benannt werden
konnten. Das verstößt eklatant gegen das Gesetz und

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(C (D eugt davon, dass es Einflussnahmen und Kumpanei ibt, die ungesund und falsch sind und abgestellt werden üssen. (Beifall bei der SPD – Jörg van Essen [FDP]: Ist das strafbar? Soll das strafbar werden?)


Meine sehr geehrten Damen und Herren, zur Umset-
ung der genannten UN-Richtlinie können wir zunächst
inmal festhalten: Es gibt seit dem Jahr 1994 eine ge-
etzliche Vorschrift, nämlich § 108 e des Strafgesetzbu-
hes, die den Stimmenkauf verbietet. Das ist eine klare
trafrechtliche Norm.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Noch nie angewandt!)


ir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sind
ber der Meinung, dass diese Norm ausgeweitet und ver-
chärft werden muss, meinethalben in Form eines
108 f, der zumindest drei Kriterien umfassen muss:

Erstens. Es muss erkennbar geworden sein, dass ein
bgeordneter sich bereit erklärt hat, entsprechend zu

gieren. Es muss also ein objektiver Beweis erbracht
erden.

Zweitens. Es muss eine Unrechtsvereinbarung vorlie-
en, das heißt, eine Bindung gegenüber dem Vorteilsge-
er muss festzustellen sein.

Drittens. Es darf – das meine ich, wenn ich von
elbstbewusstsein und Selbstheilungskräften des Parla-
ents rede – eine Verfolgung nur mit Ermächtigung

urch die jeweilige Volksvertretung, also in unserem
alle durch den Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität
nd Geschäftsordnung, erfolgen.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, die machen das ja immer!)


Der Antrag der Linken geht uns zu weit. Wir sind
ber durchaus bereit, Gespräche über die Grundstoßrich-
ng zu führen; denn Abgeordnete sind parteiisch, sie
üssen es sein.


(Zuruf von der FDP: Richtig! Genau!)


emokratie funktioniert nämlich nur im Widerstreit ver-
chiedener Interessen, die am Schluss über Mehrheitsbe-
chlüsse zusammengeführt werden. Das heißt, parteiisch
üssen wir sein, käuflich dürfen wir aber nicht sein.
eshalb müssen wir Regeln einführen.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Es gibt nun einmal nicht den über dem Wasser schwe-
enden Abgeordneten. Wir sollten durch entsprechende
iskussionen und Debatten auch nicht jenen Affen Zu-

ker geben, die so gerne das Bild vom unpolitischen
olitiker zeichnen, der in ihrer Vorstellung das einzig
ahre und Gute verkörpert. Wir dürfen auch nicht durch

igene Stellungnahmen und eigene Aussagen jenes Bild
om verkommenen Abgeordneten bzw. Volksvertreter
erfestigen und vertiefen, der in verrauchten Hinterzim-
ern Geldbündel entgegennimmt und dementsprechend

andelt. Diesen gibt es nicht, allenfalls in schlechten Fil-





Michael Hartmann (Wackernheim)



(A) )


)(B)

men und vielleicht da und dort in den Köpfen mancher
überengagierter Staatsanwälte.


(Jörg van Essen [FDP]: Das sollte man denen nicht unterstellen!)


Bei all dem sollten wir nicht vergessen, das Vertrauen
in politische Lösungen darf durch ein entsprechendes
Vorgehen, das sicherlich unabweisbar notwendig ist,
nicht noch mehr erschüttert werden.

Ich füge noch etwas anderes hinzu: Wo Korruption
beginnt und wo sie endet, ist letztendlich nicht immer ju-
dizierbar. Da sollten wir uns nichts vormachen. Denn
letztlich geht es dabei auch um Charakterfragen. Des-
halb ist eine kritische Öffentlichkeit genauso wichtig wie
eine Verschärfung der entsprechenden Strafvorschriften.

Es gilt nach wie vor: Die oberste Instanz für Abgeord-
nete sind nicht die Gerichte, sondern die Wählerinnen
und Wähler. Lassen Sie uns auf diesem mittleren Weg
weitergehen und eine gemeinsame Lösung finden!


(Beifall bei der SPD)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710309700

Der Kollege Jörg van Essen hat nun das Wort für die

FDP-Fraktion.


(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Jörg van Essen (FDP):
Rede ID: ID1710309800

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es

war auffällig, dass die Kollegin der Linken in ihrem Bei-
trag kaum rechtliche Ausführungen gemacht hat. Sie hat
zwar Vorwürfe, die in der Öffentlichkeit gegen Abgeord-
nete erhoben werden, vorgetragen. Aber sie ist nicht auf
die Fragen, mit denen wir uns schon seit ganz langer Zeit
befassen – beispielsweise: Welche Möglichkeiten haben
wir, das Ganze in einen Straftatbestand zu fassen? –, und
auch nicht auf die Voraussetzungen für einen Straftatbe-
stand, wie die Klarheit der Norm, eingegangen.


(Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Machen wir im Rechtsausschuss! – Wolfgang Wieland [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie wollte es Ihnen überlassen! Sie sind der Fachmann!)


Sie hat allerdings nicht unterlassen, auf einen Vor-
gang, der sich vor einiger Zeit im Europäischen Parla-
ment abgespielt hat, hinzuweisen. Auch ich habe die Bil-
der gesehen, die zeigten, wie ein Abgeordneter aus
Österreich die Verhandlungen führte und sich für be-
stimmte Dinge bezahlen lassen wollte.


(Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Eine Schande für die Zunft!)


– Das sehe ich genauso wie Sie, Herr Hartmann. Das ist
eine Schande.

Auf der anderen Seite hat sich gezeigt: Kontrolle
funktioniert.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und wie häufig nicht?)


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(C (D as ich noch viel besser finde: Dieser Abgeordnete hat ine viel höhere Strafe für sein Fehlverhalten bekomen, als es jede strafrechtliche Verurteilung sein könnte. r musste sein Mandat aufgeben und ist gesellschaftlich eächtet. Das ist, finde ich, eine Strafe, die durch keinen trafrichter höher ausgesprochen werden könnte. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war beim Abgeordneten Kohl nicht der Fall!)


Es ist richtig, was hier gesagt worden ist: Wir stehen
ier unter schärfster öffentlicher Beobachtung, insbeson-
ere was die Entgegennahme von gewissen Gefälligkei-
n anbelangt. Ich weiß, wie streng Journalisten sind; sie

elbst unternehmen eine von einer Firma gesponserte
eise in den Süden, aber regen sich hier auf, wenn ein
olitiker mit dem Schiff eines Prominenten, beispiels-
eise eines Industriellen, von einem zum anderen Ufer

ines Sees gefahren wird. Wie gesagt: Kontrolle muss
nktionieren. Ich habe ganz klar das Gefühl, dass das

er Fall ist.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich aber nicht!)


Ich war schon Anfang der 90er-Jahre Berichterstatter,
ls wir damals den § 108 e in das Strafgesetzbuch einge-
hrt haben. Es ist interessant: All diejenigen, die jetzt
eufassungen fordern, gehören Fraktionen an, die da-
als zum gleichen Ergebnis gekommen sind wie wir,

ämlich dass es eine wirklich vernünftige und fassbare
trafvorschrift über das hinaus, was wir in § 108 e StGB
nter Strafe gestellt haben, nicht gibt.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber es hat sich seit 1994 etwas verändert!)


ll die Argumente, die bisher vorgetragen worden sind,
aben mich überhaupt nicht überzeugt.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die ganze Welt ist anders geworden!)


Herr Kollege Ströbele, das Stichwort „die ganze Welt“
abe ich erwartet. Im Gesetzentwurf der Linkspartei ist
as Beispiel China aufgeführt. Das chinesische Parla-
ent hat, wie jeder von uns weiß, keinerlei Gestaltungs-
öglichkeiten. Die heben die Hand für das, was die Re-

ierung ihnen vorschlägt.


(Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Jetzt ziehen Sie keine falschen Parallelen!)


eshalb gibt es im chinesischen Parlament auch keiner-
i Anlass, irgendjemanden zu irgendeinem Zweck zu
estechen, weil man schon vorher weiß, dass er die Hand
eben wird. Deshalb ist es sehr „beeindruckend“, dass
ie das Beispiel China anführen.

Mich hat gewundert, dass Italien nicht erwähnt wor-
en ist; denn Italien wurde in der Vergangenheit immer
ls Beispiel genannt.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Immer noch!)






Jörg van Essen


(A) )


)(B)

Jeder, der sich einmal die Rechtswirklichkeit in Italien
anschaut, weiß: Jedes Mal dann, wenn es für Regierende
und für Abgeordnete aus dem Regierungslager schwierig
wird, wird ein neues Immunitätsgesetz verabschiedet.


(Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Auch bei Bunga-Bunga!)


Das macht deutlich: Wir sollten uns nicht an anderen
orientieren, sondern wir sollten schauen, dass wir das
machen, was nach deutschem Recht und gemäß unseren
Anforderungen umsetzbar ist.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Sehr richtig!)


Ganz wichtig ist mir – das ist bisher nur am Rande
gestreift worden; der Kollege Heveling hat allerdings
einige Ausführungen dazu gemacht –, dass das, was uns
aufgegeben wird, beispielsweise von den Vereinten Na-
tionen, aber auch vom Europarat, keinen Unterschied
zwischen Amtsträgern und Abgeordneten macht, und
das ist falsch. Das ist sogar beweisbar falsch, lieber Herr
Kollege Ströbele;


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir müssen es ja nicht gleich machen!)


denn der Bundesgerichtshof hat kürzlich noch einmal
festgestellt, dass Abgeordnete keine Amtsträger sind,
und er hat gut begründet, dass das so ist. Ich kann es
wiederholen: Das Abgeordnetenmandat ist ein freies
Mandat.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber nicht frei zur Bestechung!)


Der Amtsträger ist ganz klar an das Recht gebunden, und
er ist verpflichtet, das völlig unparteilich anzuwenden.
Jeder von uns ist aber Interessenvertreter. Es ist auch gut
so, dass er das ist,


(Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Ohne Frage!)


und zwar unabhängig davon, wo man politisch steht. Wir
sind zum Beispiel die Vertreter der Interessen unserer
Wahlkreise. Ich habe beispielsweise einmal die Interes-
sen meines Wahlkreises vertreten, als ich wusste, dass
meine Argumente für meinen Wahlkreis schlechter wa-
ren als die des Kollegen aus dem Nachbarwahlkreis,


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber Sie haben dafür nicht die Hand aufgehalten!)


der eine bestimmte Institution in seinen Wahlkreis brin-
gen wollte.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das tue ich auch, aber ich kriege kein Geld dafür!)


Das zeigt, wie schwierig es ist, gegeneinander abzugren-
zen, was hinnehmbar ist und was nicht hinnehmbar ist.

Ich habe es auch schon erlebt, dass mir jemand gesagt
hat: Sie bekommen meine Stimme, wenn Sie das durch-
setzen. – Da wird mir etwas versprochen. Das ist genau

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(C (D ie Formulierung, die wir in den entsprechenden Straforschriften haben. Das zeigt, dass das Ganze eben nicht bzugrenzen ist. Genau das war das Ergebnis unserer Beratungen, die ir Anfang der 90er-Jahre hatten, und zwar in Überein timmung mit den Grünen und in Übereinstimmung mit er SPD. Deshalb haben wir damals so agiert. Ich habe hier keinerlei neue Argumente gehört. Ich abe hier keinerlei neue Formulierungen gehört. Das Letzte, was ich sagen wollte und was mir auch anz wichtig ist, ist Folgendes: Andere Länder sind zum eil auch deshalb so großzügig, beispielsweise mit der nterzeichnung der Konvention der UN, weil dort ganz ndere Immunitätsregeln gelten als bei uns. Ich finde es ut, dass Abgeordnete bei uns wie jeder Bürger behanelt werden. Wenn wir im Immunitätsausschuss etwas orgelegt bekommen, dann winken wir das durch, damit trafverfolgung stattfinden kann, damit Ermittlungen tattfinden können. (Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir werden eben nicht gleichbehandelt!)


ur in ganz wenigen Ausnahmefällen,


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, eben!)


denen wir das Gefühl haben, dass es beispielsweise
olitische Gründe gibt, oder in denen es uns rechtlich
icht überzeugt, halten wir es an. Aber es gibt ja Länder,
denen es überhaupt keine Strafverfolgung gibt, so-
nge man im Parlament ist. Im Europaparlament ist das
eispielsweise so. Deshalb gibt es da auch keinerlei Ver-
uchung, jemanden mit entsprechenden Vorwürfen in
ine Ecke zu stellen. Auch das ist für mich ein sehr
ichtiger Gesichtspunkt dafür, dass wir ganz streng da-
uf achten müssen, dass das, was gegebenenfalls ge-

etzlich kodifiziert ist, auch den Ansprüchen des Straf-
chts genügt. Wenn man diesen Ansprüchen folgt, muss
an sagen: Das, was die Linkspartei hier vorgelegt hat,
t das ganz offenkundig nicht, beispielsweise indem sie

icht gemerkt hat, dass zwischen Gemeindevertretern
nd Abgeordneten ein Unterschied besteht. – Das sollte
eine letzte Bemerkung sein.

Vielen Dank.


(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710309900

Jerzy Montag hat nun das Wort für die Fraktion

ündnis 90/Die Grünen.


Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710310000

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die De-

atte darüber, ob eine Regelung über die Strafbarkeit der
bgeordnetenbestechung eingeführt werden sollte oder
icht, wird in diesem Haus seit Jahren, über mehrere Le-
islaturperioden hinweg geführt. Ich empfinde sie als
nwahrhaftig und in einem wirklichen Wortsinn auch als
rbärmlich. Ich will diese harten Vorwürfe untermauern





Jerzy Montag


(A) )


)(B)

und deren Richtigkeit unter Beweis stellen, indem ich
noch einmal die Geschichte der Entscheidungen von in-
ternationalen Organisationen und der Stellungnahme
Deutschlands dazu aus den letzten Jahren rezitiere.

Ich fange mit der OECD, der Organisation für wirt-
schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, an. Die
OECD hat am 21. November 1997 ein Übereinkommen
über die Bekämpfung der Bestechung ausländischer
Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr verab-
schiedet. Die Bundesrepublik Deutschland hat dieses
Abkommen am 21. November 1997, am Tag der Verab-
schiedung, unterzeichnet. Bereits ein Jahr später, am
10. September 1998, hat dieser Bundestag – da hat
Schwarz-Gelb regiert – ein Gesetz verabschiedet. Darin
heißt es:

Wer in der Absicht, … einem Mitglied eines Ge-
setzgebungsorgans eines ausländischen Staates …
einen Vorteil … als Gegenleistung dafür anbietet,
verspricht oder gewährt, dass es eine mit seinem
Mandat oder seinen Aufgaben zusammenhängende
Handlung oder Unterlassung künftig vornimmt,
wird … bestraft.

Herr Heveling, Herr van Essen, da hatten Sie keine Be-
denken mit der Klarheit der Norm. Da war alles ganz
klar. Innerhalb von neun Monaten hatten Sie eine Straf-
vorschrift, ohne jegliche Bedenken; denn es ging nur um
die ausländischen Abgeordneten und nicht um uns sel-
ber.


(Siegfried Kauder [Villingen-Schwenningen] [CDU/CSU]: Herr Heveling war noch nicht da!)


Der nächste Punkt. Europarat in Straßburg, 21. Januar
1999: Das Strafrechtübereinkommen über Korruption
wird verabschiedet. Die Bundesrepublik Deutschland ist
dabei. Am gleichen Tag, am 21. Januar 1999, unter-
schreibt die Bundesrepublik Deutschland dieses Straf-
rechtübereinkommen.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Rot-Grün!)


In diesem Übereinkommen wird dargelegt, welche exis-
tenzielle Bedeutung die Korruption für demokratische
Rechtsstaaten hat: eine Bedrohung der Rechtsstaatlich-
keit, der Demokratie, eine Bedrohung der Menschen-
rechte. Wortwörtlich heißt es in diesem Übereinkommen
als Aufforderung:

Jede Vertragspartei … stellt das unmittelbare oder
mittelbare Versprechen, Anbieten oder Gewähren
eines ungerechtfertigten Vorteils an … ein Mitglied
einer Vertretungskörperschaft, die Gesetzgebungs-
oder Verwaltungsbefugnisse ausübt, … unter
Strafe.

Das haben wir unterschrieben. Inzwischen ist dieses
Übereinkommen von 43 Staaten der OECD ratifiziert.
Wir tragen die rote Laterne und gehören heute noch zu
den letzten sieben Staaten, die es immer noch nicht rati-
fiziert haben. Das finde ich peinlich, oberpeinlich sogar.

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(C (D (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


Der nächste Punkt. Im Dezember 2000 beschließt die
eneralversammlung der Vereinten Nationen, an einem
echtsinstrument gegen Korruption zu arbeiten. Dieses
strument wird am 9. Dezember 2003 in Mexiko verab-

chiedet. Wer ist dabei? Am 9. Dezember 2003, am ers-
n Tag, unterzeichnet die Bundesrepublik Deutschland
ieses UNO-Übereinkommen. Auch dort heißt es, dass
ie Korruption keine begrenzte Angelegenheit ist, son-
ern eine Erscheinung, die alle Gesellschaften – Herr
eveling, „alle Gesellschaften“, das haben wir unter-

chrieben –, also auch unsere Gesellschaft, betrifft und
ie bekämpft werden muss. Wozu haben wir uns da ver-
flichtet? Zitat:

Jeder Vertragsstaat stellt das unmittelbare oder mit-
telbare Versprechen, Anbieten oder Gewähren eines
ungerechtfertigten Vorteils an Personen, die durch
Wahl ein Amt in der Gesetzgebung innehaben,

also keine Amtsträger, sondern Mandatsträger –

unter Strafe.

Wie viele Staaten dieser Welt haben dieses Überein-
ommen ratifiziert? 151. Nicht ratifiziert haben: Syrien,
audi-Arabien, der Sudan, Myanmar und Deutschland.
eine Damen und Herren, das ist oberpeinlich.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)


s ist peinlich, dass wir – und zwar nicht die Bundes-
gierung, sondern wir als Parlament – uns Jahr um Jahr
die Reihe dieser Staaten stellen.


(Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Richtig!)


Wir halten Sonntagsreden – verzeihen Sie, wenn ich
as so sage – wie die, die Sie heute gehalten haben, über
en Stand der Gesellschaft und unseres Landes. Sie ha-
en das ja richtig beschrieben. Wenn es dann aber darum
eht, das Ganze mit Fleisch zu füllen, dann kneifen Sie.
as ist eine peinliche Situation, in die Sie die Bundesre-
ublik Deutschland im internationalen Rahmen bringen.

Wir sind von der OECD aufgefordert, ja sogar gerügt
orden, bis zum 30. Juni 2011, also in wenigen Mona-
n, endlich eine Verschärfung des Straftatbestandes der
bgeordnetenbestechung vorzulegen.

Zum Schluss sage ich: Wir haben in der letzten Legis-
turperiode einen Gesetzentwurf vorgelegt. Dieses Vor-
aben ist unter anderem an den Sozialdemokraten ge-
cheitert. Ich danke Ihnen ausdrücklich dafür, dass Sie
tzt eine andere Position dazu einnehmen.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710310100

Herr Kollege.


Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710310200

Wir werden mit allen diskutieren. Wir werden unse-

n Gesetzentwurf wieder vorlegen. Wir warten auf bes-
ere Vorschläge. Wir werden uns über die Formulierun-





Jerzy Montag


(A) )


)(B)

gen noch einmal unterhalten. Ich möchte, dass alle
Fraktionen gemeinsam zu einem Ergebnis kommen. Ei-
nes ist aber nicht akzeptabel: dass wir weiterhin nichts
machen.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710310300

Nun hat der Kollege Siegfried Kauder das Wort für

die CDU/CSU-Fraktion.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen) (CDU/
CSU):

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!
Die folgende Situation kommt in diesem Haus schon
einmal vor: Jemand, der im Jahr 2008 den Petitionsaus-
schuss angeschrieben hat, weil ihm etwas nicht passte,
bekam eine Antwort. Im Jahr 2011 kommt er mit dem
gleichen Anliegen aber noch einmal. Dann schreiben
wir: Sie haben vor vielen Jahren auf diese Frage eine
Antwort bekommen. Eine nochmalige Antwort werden
Sie von uns nicht bekommen. Wir bitten um Verständnis.

Fairerweise muss ich sagen, dass die Kollegin
Wawzyniak im Jahr 2008, als wir in diesem Hohen Haus
über das Thema „Abgeordnetenbestechung“ diskutiert
haben, noch nicht im Deutschen Bundestag war. Deswe-
gen gehe ich auf das Thema noch einmal ein.

Meine Damen und Herren, wir sind Abgeordnete, frei
gewählte Abgeordnete, dem ganzen Volk verpflichtet
und nur unserem Gewissen verantwortlich.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eben!)


Wir sind keine Beamten. Wir sind keine Amtsträger;
denn der Amtsträger ist an Vorschriften gebunden, und
er ist auch ersetzbar. Wenn er krank ist, vertritt ihn ein
anderer. Den Kollegen van Essen kann niemand vertre-
ten, wenn er nicht da ist.


(Christine Lambrecht [SPD]: Nein!)


Als Abgeordneter kann nur er in Person handeln.


(Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Da zweifelt mancher! – Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er ist nicht der einzige! – Iris Gleicke [SPD]: Vorsicht! Wir sind alle ersetzbar!)


– Sie wissen genau, warum ich den Kollegen besonders
gerne erwähne. – Deswegen ist ein Bundestagabgeord-
neter anders zu beurteilen als das Mitglied eines Ge-
meinderates.


(Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Ohne Frage!)


Frau Kollegin Wawzyniak, gehen Sie nach Hause und
erzählen Sie den in Ihrem Wahlkreis in Gemeinderäten
und Kreistagen ehrenamtlich politisch Tätigen, dass Sie
ihnen in Zukunft zur Kontrolle den Staatsanwalt auf die
Pelle schicken wollen. Das kommt gut an.

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(C (D (Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Mein Kommunalabgeordneter findet das gut!)


In Ihrem Gesetzentwurf ist auch der Vertreter im Ge-
einderat einbezogen.


(Jörg van Essen [FDP]: Sehr richtig!)


ie differenzieren nicht einmal zwischen einem Parla-
entarier und einem Gemeinderatsmitglied. Überlegen
ie sich genau, was Sie mit Ihrem Gesetzentwurf errei-
hen wollen.

Wir wollen nicht, dass der Staatsanwalt hier im Parla-
ent auftaucht, wo dann das passiert, was vielen Ärzten
Deutschland widerfahren ist. Man hat sie ins Messer
ufen lassen. Es gab den Vorwurf der Korruption, ob-
ohl sie nur pflichtgemäß Drittmittel eingeworben ha-
en. Statt ein Dankeschön zu bekommen, kam der
taatsanwalt, und es wurden Freiheitsstrafen verhängt.
as musste der Bundesgerichtshof richten. Dort gab es
reisprüche. Als Gesetzgeber haben wir uns nicht bemü-
igt gefühlt, zu helfen. Wir wären gut beraten, auf die-
em Gebiet einmal etwas zu tun.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Wir wollen nicht wie Amtsträger behandelt werden,
nd wir dürfen auch nicht so behandelt werden.


(Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Richtig!)


as ist der Webfehler dieser UN-Konvention. Schon der
nsatz stimmt nicht. Wer sagt: „Der Parlamentarier
uss behandelt werden wie ein Amtsträger“, der schei-
rt schon im Ansatz.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Christine Lambrecht [SPD]: Das sagt doch auch keiner!)


eswegen sage ich Ihnen: Wir werden das Anliegen so
icht weiterverfolgen.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir brauchen eine neue Mehrheit!)


ir dürfen nicht rein formaljuristisch argumentieren und
agen: Bloß weil andere Staaten ins Messer gelaufen
ind, tun wir das auch.


(Lachen bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Also, das ist wirklich unglaublich, Herr Kollege Kauder! – Halina Wawzyniak [DIE LINKE]: Wo ist denn die internationale Verantwortung?)


Schauen Sie nach Österreich. Die Österreicher haben
ersucht, dieses Dilemma zu lösen. Sie behandeln den
bgeordneten wie einen Amtsträger und führen dann
azu aus: Aber wie ein Amtsträger ist er nur dann zu be-
andeln, wenn er abstimmt im Parlament, wenn es um
inge geht, die die Geschäftsordnung im Parlament be-
effen. – Man hat also einen Umweg versucht, um die-
em UN-Abkommen formaljuristisch beitreten zu kön-





Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen)



(A) )


)(B)

nen, dessen Ziel aber nicht herbeiführen zu müssen. Sie
sehen daran, dass das so nicht funktioniert. Daher sind
wir lieber ehrlich und sagen, dass wir dieser Konvention
nicht beitreten. Wir werden sie nicht unterschreiben.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir sind schon beigetreten! Das ist schon unterschrieben!)


– Es ist unterschrieben, aber nicht ratifiziert.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, leider!)


Sie merken selbst, dass Ihr Gesetzentwurf so, wie Sie
ihn konstruiert haben, nicht funktionieren kann, Frau
Kollegin.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unserer ist besser! – Jörg van Essen [FDP]: Nein, er ist nicht besser!)


Sie versuchen nämlich, den Sachverhalt mit der Ver-
werflichkeitsklausel, die Sie § 240 StGB, Nötigung, ent-
nommen haben, einzufangen. Das ist sehr wohl zu er-
kennen.

Parlamentarismus lebt von den Kontakten mit Lobby-
isten und Interessenverbänden.


(Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Unbedingt!)


Wie wollen Sie das in den Griff bekommen? Was ist
noch sozial verträglich, was ist politisch gemünzt, und
wo fängt der strafbare Sachverhalt an?


(Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: BDI ist verwerflich!)


– Nein, lieber Kollege Hartmann. – Das haben hochran-
gige Juristen in der Großen Strafrechtskommission von
1957 bis 1960 in zahlreichen Sitzungen immer wieder
versucht. Lesen Sie es nach. Nach drei Jahren kamen sie
zu dem Ergebnis, dass sich politische Sachverhalte nicht
so einordnen lassen wie eine Amtshandlung eines Amts-
trägers.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, klar, das ist schwierig!)


Politik ist ein eigenes Geschäft. Kollege Montag, wer
argumentiert, dass ein Politiker nicht die Hand aufhalten
darf, der verkürzt doch den Straftatbestand der Beste-
chung, der Bestechlichkeit.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, wie Helmut Kohl zum Beispiel!)


Das wissen Sie als Jurist genauso gut wie ich. Wenn wir
diesen Straftatbestand, der vorgeschlagen wird, einfüh-
ren, ist jeder Vorteil, den der Abgeordnete annimmt,
schädlich.


(Christine Lambrecht [SPD]: Nein!)


Es gäbe keine Erheblichkeitsschwelle, sondern nur diese
vorgesehene Klausel. Bei der Sozialadäquanz weiß kei-
ner, wo es anfängt und wo es aufhört.

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(C (D Darf der Kollege Montag Ihnen eine Zwischenfrage tellen? Siegfried Kauder SU)

Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710310400
Bitte schön.


Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Rede ID: ID1710310500

Danke schön, Herr Präsident. – Herr Kollege Kauder,

ürden Sie bitte zur Kenntnis nehmen, dass das Europa-
tsübereinkommen und auch die UNO-Vereinbarung,

ie ich zitiert habe und die die Bundesregierung für
eutschland unterschrieben hat, nicht von Vorteilen

prechen, sondern von ungerechtfertigten Vorteilen? In
er Sprache der UNO und des Europarates ist das kein
traftatbestand, sondern ein ungerechtfertigter Vorteil.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Noch dehnbarer!)


eswegen besteht sehr wohl die Möglichkeit – das wäre
ann sozusagen der Schweiß der fleißigen Juristen
ert –,


(Jörg van Essen [FDP]: Normenklarheit und Normenwahrheit!)


ass wir gemeinsam daran arbeiten, das in die Sprache
es Strafrechts zu übersetzen, um die Vorteile, die Abge-
rdnete und Mandatsträger annehmen dürfen – das steht
uch in unseren Richtlinien –, von denjenigen zu unter-
cheiden, die tatsächlich verwerflich sind.

Beantworten Sie doch meine schlichte Frage. Stellen
ie sich vor, dass jemand zu Ihnen kommt und sagt:
enn Sie sich für mein Interesse in diesem Hause ein-

etzen, in der Fraktion, in den Ausschüssen, wo auch im-
er, wenn Sie in meinem Interesse handeln, lieber Ab-

eordneter Kauder, bekommen Sie 100 000 Euro.


(Marco Wanderwitz [CDU/CSU]: Das ist doch strafbar!)


Nein, das ist nicht strafbar. – Was haben Sie dagegen,
ass diese klaren Sachverhalte unter Strafe gestellt wer-
en?


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)


Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen) (CDU/
SU):
Herr Kollege Montag, es geht doch um den Begriff

orteil mit einem Zusatz, der nicht definierbar ist. Genau
as ist das Problem. Sie bekommen das juristisch nicht
den Griff. Ein Straftatbestand muss bestimmt sein. Ist

r nicht bestimmt, ist er nicht gesetzeskonform. Herr
ollege Montag, ich werde auch der Kollegin
awzyniak ein bisschen weiterhelfen, was die juristi-

chen Dinge anbelangt. Es gibt in einer wunderschönen
estschrift für Rainer Hamm aus dem Jahre 2008 Aus-
hrungen von Frau Regina Michalke zu diesem Thema;

iese umfassen 17 Seiten.





Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen)



(A) )


)(B)


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schon gelesen!)


Wer diese gelesen hat, ist bestens informiert, warum es
so, wie die Linken es vorschlagen, nicht gehen kann.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Man ist hinterher auch klüger!)


Der Sachverhalt ist strafrechtlich nicht in den Griff zu
bekommen. Deshalb sollten wir dieses Vorhaben
schlichtweg sein lassen.


(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Alle Länder können es, nur wir nicht!)


– Herr Kollege Ströbele, das ist doch das dümmste Ar-
gument, das Sie vortragen können.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wieso das denn? – Jörg van Essen [FDP]: Dafür ist der Kollege bekannt!)


Sie sagen: Alle machen es. – Wenn alle in den Brunnen
springen, springen wir dann hinterher?


(Christine Lambrecht [SPD]: Ach! – Ansgar Heveling [CDU/CSU]: Na klar! Und Ströbele vorneweg! – Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Sie haben es unterschrieben!)


Die Österreicher haben doch im Jahr 2009 erkannt, dass
die Vorschrift, so wie sie sie ausgestaltet haben, nicht
funktioniert.


(Christine Lambrecht [SPD]: Dann haben sie eben schlecht gearbeitet!)


Sie haben sie geändert, aber sie funktioniert noch immer
nicht; das hat der Kollege Heveling schon gesagt.

In Deutschland ist der Druck viel größer als in allen
anderen Ländern.


(Jörg van Essen [FDP]: Richtig!)


Wir brauchen keinen Straftatbestand.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sondern?)


Bei einem Politiker genügt schon der Verdacht, der An-
schein,


(Jörg van Essen [FDP]: Ja! Und schon wird die Sanktion verhängt!)


und schon ist das Amt, das er hat, beschädigt.


(Christine Lambrecht [SPD]: Wie bei jedem anderen auch ein Anfangsverdacht!)


– Auch bei anderen Personen gibt es den Anfangsver-
dacht. Sie werden aber erst dann aus dem Amt gejagt,
wenn sie strafrechtlich belangt worden sind.


(Christine Lambrecht [SPD]: Das gilt für uns auch!)


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(C (D ie öffentliche Kontrolle, der öffentliche Druck ist viel ehr wert als ein Strafgesetz, das nicht funktioniert und icht funktionieren kann. (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann können wir das Strafgesetz ja ganz abschaffen! Auch für die anderen!)


Ich sage zum Schluss: Ich möchte nicht, dass dieses
hema in zwei Jahren wieder ansteht.


(Christine Lambrecht [SPD]: Genau! Lassen Sie es uns jetzt regeln!)


eswegen von meiner Seite – ich glaube, die FDP trägt
as mit – eine ganz klare Ansage:


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein Zeichen für den Wechsel der Mehrheiten!)


ir werden ein solches Gesetz nicht veranlassen und ei-
em solchen Gesetz nicht zustimmen, weil es unsinnig
t, niemandem nützt und nur dem Parlamentarismus

chadet. Das machen wir nicht mit. Das können Sie von
ns nicht verlangen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na ja! Warten Sie es ab!)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710310600

Die Kollegin Christine Lambrecht ist die letzte Red-

erin zu diesem Tagesordnungspunkt.


(Beifall bei der SPD)



Christine Lambrecht (SPD):
Rede ID: ID1710310700

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

err van Essen, Sie haben die Kollegin Wawzyniak vor-
in kritisiert, weil es von ihr keine ausführlichen rechtli-
hen Bewertungen und Ausführungen zu diesem Thema
egeben habe. Ich glaube, an den Anfang dieser Debatte
uss man keine rechtlichen Ausführungen stellen. Sie
üssten im weiteren Verfahren folgen. Was hier im Par-
ment an erster Stelle stehen muss, ist die Aussage, dass
ir uns als deutsche Politiker gegen Bestechung und Be-

techlichkeit wehren und dies auch strafrechtlich veran-
ern wollen.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Marco Wanderwitz [CDU/CSU]: Das ist doch Konsens!)


Ich will Ihnen eines sagen: Auf der Zuschauertribüne
itzen junge Leute, die uns zuhören. Ich glaube, wenn sie
nsere bisherige Debatte verfolgt haben, dann können
ie die Welt nicht mehr verstehen. Natürlich ist es so,
ass Amtsträger und Politiker nicht vergleichbar sind.
atürlich ist es so, dass Politiker interessengeleitet sind
nd Interessen zu vertreten haben. Natürlich ist es so,
ass man hier differenzieren kann. Man kann aber nicht
infach sagen: Weil zwischen Amtsträgern und Politi-
ern zu unterscheiden ist, darf im Hinblick auf eine der
eiden Gruppen kein Tatbestand eingeführt werden, der





Christine Lambrecht


(A) )


)(B)

Bestechung unter Strafe stellt. – Das dürfen wir nicht zu-
lassen; denn auch dies führt zu Politikverdrossenheit.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Jetzt will ich zu einigen Sachargumenten kommen.


(Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Toll! Sachargumente!)


Herr van Essen, Sie haben gesagt, seit dem Zeitpunkt,
als Sie den § 108 e StGB mit initiiert haben, habe es für
Sie keine neuen Erkenntnisse gegeben.


(Jörg van Essen [FDP]: Keine neuen Argumente!)


Ich meine, wenn eine Staatengemeinschaft, bestehend
aus 151 Staaten, sich darauf verständigt, nicht nur eine
solche Erklärung abzugeben, sondern sie auch in den
jeweiligen Parlamenten im Rahmen entsprechender Ge-
setzgebungsverfahren zu verankern, dann ist das, wie ich
finde, durchaus ein Argument, das man nicht einfach
von der Hand weisen kann. Wo stehen wir denn? Wir
werden mit Staaten in eine Reihe gestellt, mit denen wir
in anderen Zusammenhängen beim besten Willen nicht
in einer Reihe stehen wollen.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Herr Kauder, wenn Sie sagen, all diese Staaten seien
ins Messer gelaufen, muss ich Ihnen entgegnen: Ich
weiß nicht, wo Sie in den letzten Jahren gelebt haben.


(Jörg van Essen [FDP]: Weil die ein anderes Immunitätsrecht haben, Frau Kollegin!)


Ich habe nicht mitbekommen, dass die Staaten, die ent-
sprechende Regelungen umgesetzt haben, in große Kri-
sen gestürzt sind.


(Jörg van Essen [FDP]: Noch einmal: Die haben ein anderes Immunitätsrecht!)


– Herr van Essen, wir waren jahrelang Mitglieder des
1. Ausschusses. Es ist doch nicht so, dass in anderen
Ländern, in anderen europäischen Ländern ein völlig an-
deres Immunitätsrecht gilt.


(Jörg van Essen [FDP]: Ja! Natürlich! – Manfred Grund [CDU/CSU]: Natürlich! Gehen Sie mal in die Ukraine! – Gegenruf des Abg. Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Verschärfen wir das Immunitätsrecht doch dort! Was meinen Sie?)


Natürlich bestehen Unterschiede; aber es gibt auch Län-
der, die ein Immunitätsrecht haben, das mit dem deut-
schen vergleichbar ist.

Es kann doch nicht wahr sein, dass wir nicht in der
Lage sind, ein solches Gesetz zu formulieren. Hier sitzen
hervorragende Juristen; ich schaue jetzt bewusst in Rich-
tung der Koalitionsfraktionen.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die verweigern sich aber!)


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(C (D ir werden ja wohl in der Lage sein, den Erfordernissen ntsprechend ein Gesetz auf den Weg zu bringen, das uch den Bestimmtheitsanforderungen genügt. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Andrea Astrid Voßhoff [CDU/CSU]: Warum haben Sie es denn nicht gemacht?)


Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir das hinbekom-
en werden. Dafür muss allerdings die Voraussetzung

rfüllt sein, dass man sagt: Jawohl, wir wollen gegen Be-
techung vorgehen. – Das ist die erste Voraussetzung. In
iesem Zusammenhang habe ich von Ihnen gerade die
anz klare Ansage gehört, dass CDU/CSU und FDP da-
n kein Interesse haben.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau! – Manfred Grund [CDU/ CSU]: Wenn ihr wieder regiert, macht ihr das, okay? Aber lasst uns damit bis dahin in Ruhe!)


ir haben daran ein Interesse. Wir werden uns weiterhin
it diesem Thema befassen, damit Deutschland nicht
nger im Aus steht.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)


Jetzt noch zwei, drei Anmerkungen. Herr Montag, Sie
aben gesagt, die SPD habe sich verweigert bzw. nicht
itgemacht. Ich war in der 15. Wahlperiode schon dabei.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich auch!)


h war in diesen Arbeitskreisen, in denen Herr Ströbele,
err Beck und auch Herr Montag saßen. Wir waren ganz
urz davor, etwas umzusetzen.


(Manfred Grund [CDU/CSU]: Ach ja!)


amals ist eine verkürzte Wahlperiode dazwischenge-
ommen. Das mag man beklagen, und man kann sich
berlegen, wer dafür der Verursacher war. Nichtsdesto-
otz haben wir damals sehr konstruktiv daran gearbeitet,
in entsprechendes Gesetz auf den Weg zu bringen.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt! – Manfred Grund [CDU/CSU]: Legt es euch auf Wiedervorlage für das nächste Mal!)


ie haben da keine Verweigerungshaltung der SPD er-
bt.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie können das dem Herrn Stünker vorhalten!)


Ich glaube, wir sollten das niemandem vorhalten, weil
s nicht der Fall war, weil es in der SPD keine Verweige-
ngshaltung gab.


(Jerzy Montag [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe die Zitate dabei! Vorsicht!)


Es gibt auch keine Verweigerungshaltung.


(Beifall bei der SPD)






Christine Lambrecht


(A) )


)(B)

Deswegen werden wir uns in den nächsten Wochen
und Monaten selbstverständlich konstruktiv einbringen,
um ein Gesetz auf den Weg zu bringen, das auf der einen
Seite diesen Straftatbestand klar definiert, auf der ande-
ren Seite aber auch dafür sorgt, dass wir als Parlamenta-
rier arbeiten können. Ich sage das ganz bewusst. Ich war
im Immunitätsausschuss. Ich habe da Fälle kennenge-
lernt, wo Strafverfolgung stattgefunden hat, was zum
Teil wirklich Fragen aufgeworfen hat. Aber da waren die
Gesetze klar definiert. Nichtsdestotrotz gab es eine
Strafverfolgung, nichtsdestotrotz haben Staatsanwälte
einen Anfangsverdacht ausgemacht. Deswegen kann
man nicht argumentieren, so ein Gesetz bekämen wir
hier nicht hin.


Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710310800

Frau Kollegin Lambrecht, darf Ihnen der Kollege

Kauder kurz vor Schluss dieser Debatte noch eine Zwi-
schenfrage stellen?


Christine Lambrecht (SPD):
Rede ID: ID1710310900

Die Gelegenheit lasse ich mir doch nicht entgehen.


(Zuruf des Abg. Marco Buschmann [FDP])


– Das kann man so interpretieren, Herr Buschmann.

Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen) (CDU/
CSU):

Frau Kollegin Lambrecht, wenn Sie fragen, ob es
nicht blamabel sei, dass so viele gute Juristen ein solches
Gesetz nicht hinbekommen, darf ich die Gegenfrage
stellen: Meinen Sie nicht, dass es blamabel wirkt, wenn
Sie hier vor der Bevölkerung auftreten und sagen, Sie
hätten es jahrelang versucht, aber nicht hinbekommen?


Christine Lambrecht (SPD):
Rede ID: ID1710311000

Nein, nein.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Schröder kam uns dazwischen!)


Siegfried Kauder (Villingen-Schwenningen) (CDU/
CSU):

Sie haben es nicht hinbekommen, weil Sie es unterm
Strich genauso wenig für vertretbar halten wie wir.


(Jörg van Essen [FDP]: Richtig, das waren nämlich die gleichen Gründe!)



Christine Lambrecht (SPD):
Rede ID: ID1710311100

2003 gab es die UN-Konvention, und wir haben es

tatsächlich nicht geschafft, bis Mai 2005 eine entspre-
chende Regelung auf den Weg zu bringen. Das war näm-
lich genau die Zeitspanne, die wir hatten.


(Jörg van Essen [FDP]: Damals haben auch die SPD und die Grünen dem Staatssekretär gesagt, er soll nicht unterzeichnen!)


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(C (D anach kam die Große Koalition. In dieser Großen oalition gab es auf Betreiben der CDU/CSU-Fraktion ie ganz klare Ansage, an dieses Thema nicht heranzuehen. Das war der Hintergrund, warum zwischen 2005 und 009 an dieser Fragestellung innerhalb der Großen oalition nicht gearbeitet wurde. (Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: So war das!)


(Iris Gleicke [SPD]: Hört! Hört!)


omentan – wie Sie vielleicht mitbekommen haben,
ielleicht bekommen Sie es aber auch nicht mit – sind
ir nicht in Regierungsverantwortung. Aber selbstver-

tändlich werden wir einen entsprechenden Gesetzent-
urf vorlegen. Dann bin ich gespannt, ob Sie sich zu-
indest auf konstruktive Beratungen einlassen.


(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


Ich will nur deutlich machen: Ich glaube, es steht uns
icht gut zu Gesicht, wenn wir als Juristen sagen, dass
ir es zwar in vielen anderen Bereichen hinbekommen,
esetze und Straftatbestände genau zu definieren, dass
as aber nicht gilt, wenn es uns betreffen könnte.


(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


ann strecken wir lieber gleich alle Waffen und sagen,
ass wir es nicht hinbekommen. Lassen Sie uns deshalb
it dieser Diskussion aufhören. Machen Sie mit, und

erweigern Sie sich nicht von vornherein. Lassen Sie
ns schauen, ob wir etwas Praktikables, etwas Umsetz-
ares auf den Weg bringen. Ich bin mir da ziemlich si-
her, denn ich kenne den Sachverstand der Kolleginnen
nd Kollegen.

Vielen Dank.


(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)



Dr. Norbert Lammert (CDU):
Rede ID: ID1710311200

Ich schließe die Aussprache.

Interfraktionell wird die Überweisung des Gesetzent-
urfs auf der Drucksache 17/1412 an die in der Tages-
rdnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. – An-
ere Vorschläge sehe ich nicht. Dann ist das so
eschlossen.

Ich habe zum Schluss einen Hinweis und eine Bitte.
er Hinweis lautet wie folgt: Es kommt im parlamenta-
schen Alltag nicht selten vor, dass ein Gesetzesvor-
chlag aus beachtenswerten Gründen für die angestrebte
roblemlösung nicht für geeignet gehalten wird und man
ich dennoch des Eindrucks nicht erwehren kann, dass es
u dem Problem Klärungs- und vielleicht auch Hand-
ngsbedarf gibt. Ich empfehle auch bei diesem Punkt,

iese Differenzierung im Auge zu behalten.





Präsident Dr. Norbert Lammert


(A) (C)



(D)(B)



(Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Vielen Dank!)


Nun zu der Bitte. Das Thema ist ganz offenkundig
entschieden komplizierter, als es auf den ersten Blick
aussieht.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt!)


Zumindest das ist in der Debatte deutlich geworden, die
neben offensichtlichen Unterschieden auch erkennbare
Übereinstimmungen in der Beurteilung dieser differen-
zierten Sachverhalte deutlich gemacht hat. Weil hier
zweifellos ein Zusammenhang mit dem Immunitätsrecht
besteht, könnte die Betrachtung dieses Zusammenhangs
ein Bestandteil der gemeinsamen Bemühungen in die-
sem Themenumfeld sein.


(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)


Jede weitere Bemerkung verkneife ich mir, weil wir
die gute Tradition haben, dass sich amtierende Präsiden-
ten nicht in Debatten einzumischen haben.


(Michael Hartmann [Wackernheim] [SPD]: Das haben Sie auch nicht getan!)


– Herr Kollege Hartmann, ich bedanke mich für den
Zwischenruf.


(Iris Gleicke [SPD]: Das war nur ein Arbeitsauftrag!)


Deswegen habe ich das sorgfältigst vermieden.

Wir sind damit am Ende der heutigen Tagesordnung.

Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun-
destages auf Mittwoch, den 13. April 2011, 13 Uhr, ein.

Die Sitzung ist geschlossen. Ich wünsche Ihnen ein
schönes und hoffentlich geruhsames Wochenende.