Gesamtes Protokol
Meine Damen und. Herren! Ich eröffne die 155. Sitzung des Deutschen Bundestages und bitte den Herrn Schriftführer, die Namen der entschuldigten Abgeordneten bekanntzugeben.
Es suchen für längere Zeit um Urlaub nach die Abgeordneten Jahn für zwei Wochen vom 3. bis 13. Juli 1951 wegen Teilnahme am Kongreß des Internationalen Bundes Freier Gewerkschaften in Mailand, Dr. Preiß für zwei Monate wegen einer Studienreise in die Vereinigten Staaten.
Entschuldigt sind die Abgeordneten Hilbert, Jahn, Sander, Margulies, Herrmann, Dr. Dorls, Frau Albrecht, Freiherr von Fürstenberg und Böhm.
Eine weitere amtliche Mitteilung wird wie üblich ohne Verlesung ins Stenographische Protokoll aufgenommen:
Der Herr Bundesminister für Arbeit hat unter dem 15. Juni 1951 die Anfrage Nr. 195 der Fraktion der SPD betreffend Elternrente — Nr. 2308 der Drucksachen — beantwortet. Die Antwort wird als Drucksache Nr. 2376 vervielfältigt.
Meine Damen und Herren! Zur heutigen Tagesordnung möchte ich auf folgendes hinweisen: Es liegt inzwischen der Bericht des Vermittlungsausschusses zum Gesetz zur Änderung und Vereinfachung des Einkommensteuergesetzes und- des Körperschaftsteuergesetzes, Drucksache Nr. 2365, vor. Ich bin mit Rücksicht auf die Tatsache, daß die Verhandlungen darüber erst gestern abend spät im Vermittlungsausschuß stattgefunden haben, gebeten worden, die Sitzung auf eine halbe Stunde zu unterbrechen, bevor dieser Punkt der Tagesordnung behandelt wird und zur Abstimmung kommt. Ich darf annehmen, daß das Haus damit einverstanden ist, daß ich diese Unterbrechung zum gegebenen Zeitpunkt vorschlage.
Dann hat der Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen den Bericht zum Gesetz zur Änderung des Tabaksteuergesetzes, Drucksache Nr. 2362, und zum Gesetz über die steuerliche Behandlung von Tabakerzeugnissen besonderer Eigenart, Drucksache Nr. 2363, zur zweiten und dritten Beratung dieser Gesetzentwürfe übersandt. Ich darf annehmen, daß das Haus damit einverstanden ist, daß diese Punkte mit der heutigen Tagesordnung erledigt werden. — Das ist der Fall.
Ich rufe auf Punkt 1 der Tagesordnung:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Verlängerung des Gesetzes zur Sicherung der Düngemittel- und Saatgutversorgung .
Die Regierung verzichtet, wie ich annehme, auf eine mündliche Begründung und verweist auf die schriftliche Begründung. Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, bei diesem Gesetz auf eine Aussprache zu verzichten. Ich schlage Ihnen vor, diesen Gesetzentwurf an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu überweisen. — Das Haus °ist offenbar damit einverstanden.
Ich rufe auf Punkt 2 der Tagesordnung:
Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes .
Der Ältestenrat schlägt Ihnen eine Begründungszeit von 10 Minuten und eine Aussprachezeit von höchstens 90 Minuten vor. — Das Haus ist damit einverstanden.
Herr Abgeordneter Wagner wird das Gesetz begründen. — Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Im Auftrage der sozialdemokratischen Fraktion habe ich den von uns auf Drucksache Nr. 2303 eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes zu begründen. Ich beantrage, diesen Entwurf dem Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht zu überweisen.
Der Entwurf besteht aus einem einzigen Paragraphen:
Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 wird durch folgende Bestimmung ergänzt:
Artikel 46 a
Auf Antrag des Bundestages kann das Bundesverfassungsgericht einem Abgeordneten, der seine Mitgliedschaft im Bundestag gewinnsüchtig mißbraucht, die Mitgliedschaft im Bundestag aberkennen.
Der Antrag bedarf der Zustimmung von 2/3 der gesetzlichen Mitgliederzahl des Bundestages.
Meine Damen und Herren! Das Grundgesetz, das kaum mehr als zwei Jahre in Kraft ist, bedarf nach unserer Meinung der Ergänzung durch die in diesem Entwurf vorgeschlagenen Bestimmungen. Als Mitglied des Parlamentarischen Rats muß man sich fragen, warum der Gesetzgeber des Grundgesetzes nicht an dieses Problem gedacht hat, an das jetzt der Bundestag herangeführt wird. Dazu möchte ich sagen: Der Gesetzgeber des Grundgesetzes hat daran nicht gedacht, weil er davon ausgegangen ist, daß der Abgeordnete in seinem hohen Amte, das ihm das Volk anvertraut, von einer Pflichtauffassung getragen wird, die es einfach nicht erlaubt, daß ihn Motive der Art, wie wir sie im Entwurf bezeichnet haben, irgendwie beeinflussen oder gar beherrschen könnten.
Gewisse Vorgänge der letzten Zeit, die hier in diesem Hause zur Erörterung gestanden haben, haben uns zu unserem großen Bedauern davon überzeugt, und zwar nicht nur uns in der sozialdemokratischen Fraktion, sondern — dessen bin ich sicher — die Mehrheit des Hauses, daß sich leider, wenn auch in einer verschwindend geringen Zahl, Vorfälle ereignet haben, die es uns geraten erscheinen lassen, hier gesetzgeberisch einzugreifen. An und für sich sollte es in einem demokratischen Staat, der mit einem Parlament ausgestattet ist, das Mitträger der Souveränität ist, unmöglich sein, daß irgendein Abgeordneter sein Mandat, seine Mitgliedschaft in diesem Hause gewinnsüchtig mißbraucht. Sollte es aber vorkommen, dann sollte man erwarten, daß die Wähler, daß das Volk einen derartigen moralischen Druck auf einen solchen Abgeordneten ausüben, daß er vor Scham und Schande in den Boden versinkt.
Dieses Haus hat ein Urteil über gewisse Vorgänge und über einige Abgeordnete gefällt.
Dieses Haus hat den Standpunkt vertreten, daß
eine Reihe von Abgeordneten, die ihm auf Grund
der Untersuchungen des Untersuchungsausschusses
als belastet erschienen, ihr Mandat niederlegen sollen. Sie haben das nicht getan; sie haben trotzdem ihr Mandat behalten, und teilweise sind sie in ein Ausweichmanöver eingetreten, mit dem sie so tun, als ob sie irgend etwas tun wollten, was aber nur den Zweck verfolgt, nichts zu tun.
So gehen die Dinge nicht. Auf diese Weise wird der Demokratie unerhörter Schaden zugefügt.
Man könnte sich vielleicht fragen, meine Damen und Herren: wird durch einen Gesetzentwurf wie den, den wir hier eingebracht haben, nicht etwa der Eindruck erweckt, als ob ein großer Teil der Abgeordneten dieser Gefahr, die dazu führen kann, daß das Mandat aberkannt wird, unterliegen würde? Das ist sicherlich nicht so. Vergegenwärtigen Sie sich aber eines: Wenn unter 400 Abgeordneten 399 rechtschaffene, ehrenhafte Männer und Frauen sind, die sich im Dienste am Gesamtvolk aufopfern, und nur ein einziger aus gewinnsüchtigen Motiven sein Mandat mißbraucht, so wirkt dieser Mißbrauch des- einzelnen auf die anderen 399 im Ansehen des Volkes und der Öffentlichkeit in einer Weise, daß es von den 399 heißt: das ist auch einer von denen wie. der, der sich hier derartig benommen hat.
Deshalb hat das Parlament allen Grund, eine Selbstreinigung, vorzunehmen, in seinem eigenen Hause zu schauen, daß Ordnung und Sauberkeit herrschen, politische Reinlichkeit und Ehrenhaftigkeit alle Abgeordneten auszeichnet und daß der, der sich in dieses Milieu nicht hineinfinden kann, ausgespien wird.
Nun gibt es dazu verschiedene Möglichkeiten. Gestatten Sie mir aber, ehe ich in dem Gedankengang fortfahre, eine Bemerkung. — Richtig ist, daß wir bisher eine derartige Bestimmung nicht gehabt haben. Das ist erklärlich. Wir dürfen nicht vergessen, daß wir in einer Zeit leben, die alles umgestürzt hat, in einer Zeit, die neue Fundamente legt, in einer Zeit, die manches aufgewühlt hat und auch in gewissen politischen Erscheinungen Persönlichkeiten hervorgebracht und emporgespült hat, die morgen wieder versinken werden, Persönlichkeiten, durch die immer eine Zeit charakterisiert wird, die solche Jahre hinter sich hat wie wir seit 1933.
Nun könnte man sagen, es gibt zwei Wege, auf denen sich das Parlament von solchen Elementen befreien kann. Der eine Weg wäre z. B. darin gegeben, daß — analog dem Art. 41 des Grundgesetzes — das Parlament mit einer qualifizierten Mehrheit, einer Zweidrittel- oder Dreiviertelmehrheit, selbst über den Ausschluß eines solchen Abgeordneten beschließt. Wir Sozialdemokraten pflegen aber solche Gesetzentwürfe außerordentlich genau und peinlich zu prüfen. Wir möchten nicht, daß mit einer solchen Institution irgendein Mißbrauch getrieben werden kann, sondern wir möchten, daß alle rechtsstaatlichen und verfassungsmäßigen Garantien für das Mandat des Abgeordneten geschaffen werden sollen. Deshalb haben wir den Weg gewählt, daß der Bundestag als solcher den Antrag an das Organ stellen soll, das die verfassungsmäßigen Rechte überwacht: an das Bundesverfassungsgericht. Dann haben Sie eine doppelte Garantie. Wir haben diese doppelte Garantie noch einmal verschärft, indem wir beantragen, daß der Bundestag einen solchen Antrag an
den Bundesverfassungsgerichtshof nur mit einer qualifizierten Mehrheit, mit einer Zweidrittelmehrheit, beschließen kann. Der Bundestag wird einen solchen Antrag nur stellen, und die zwei Drittel seiner Mitglieder werden ihm nur dann zustimmen, wenn eine gründliche Untersuchung vorgenommen worden ist. Ich könnte mir denken, daß bereits die Untersuchung eines Untersuchungsausschusses die Frage genügend geklärt hat, und wenn zwei Drittel der Mitglieder des Parlaments sich für den Antrag entschieden haben, wird kaum jemand Unrecht getan. Und sollte jemand Unrecht getan worden sein, dann würde der Bundesverfassungsgerichtshof mit seiner völligen Unabhängigkeit und mit der großen Autorität seiner Stellung dafür Sorge tragen, daß in einem absolut objektiven, mit rechtsstaatlichen Garantien ausgestatteten Verfahren sichergestellt wird, daß nur d e r die Abgeordneteneigenschaft verliert, der sie wirklich verlieren muß. So haben wir, glaube ich, alle rechtsstaatlichen Garantien geschaffen, um einen Mißbrauch zu vermeiden.
Da die Begründungszeit abgelaufen ist, möchte ich nur noch eine Bemerkung machen. Ich glaube, daß dieser Entwurf, wenn er Gesetz werden sollte, zu einem jener Gesetze wird, die allein schon durch ihre Existenz garantieren, daß sie gar nicht angewandt zu werden brauchen. Damit möchte ich die Hoffnung verbinden, daß Wählerschaft, Volk und Parlament und alle Abgeordneten bis zum letzten und auch bis zum schwächsten dafür sorgen, daß dieses Gesetz in der Praxis niemals angewandt zu werden braucht.
Meine Damen und Herren,
ich eröffne die Aussprache im Rahmen der vereinbarten Redezeit von 90 Minuten. Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Becker.
Meine Damen und Herren! Die Ergebnisse der Debatte über den Bericht des „Spiegel"-Ausschusses haben, glaube ich, zu dem Versuch geführt, das, was als tadelnswert gefunden worden ist, vielleicht nach drei Richtungen hin zu verbessern: erstens durch die Schaffung eines Ehrenrats mit einer Ehrenordnung in diesem Hause, zweitens in der Richtung, in der sich wohl der vorliegende Antrag bewegt, und drittens durch Schaffung etwaiger neuer Bestimmungen des Strafgesetzbuches gegen Bestechung von Abgeordneten.
Der Tendenz und der Begründung des vorliegenden Antrages, wie sie der Herr Vorredner gegeben hat, stimmen wir vollkommen zu. Wir sind auch damit einverstanden, daß er durch den zuständigen Ausschuß behandelt wird. Wir schließen uns auch dem Wunsche an, daß eine solche Bestimmung, wenn sie geschaffen ist, hoffentlich niemals angewandt zu werden braucht. Ich glaube aber doch, daß es nötig sein wird, dem Ausschuß noch einige Gedanken mit auf den Weg zu geben, die sich bei einer Prüfung des Textes dieses Antrags im einzelnen ergeben.
Mit Recht hat der Herr Vorredner darauf hingewiesen, daß die Entscheidung darüber, ob ein Abgeordneter sein Mandat wegen gewinnsüchtigen Mißbrauchs verwirkt hat, dem Gericht, und zwar dem höchsten Gericht des Bundes übertragen werden soll. Es ist in der Tat so, daß die Spuren des französischen Konvents von 1793 schrecken, der glaubte, über seine Selbstreinigung selbst entscheiden zu sollen, und zwar gerade meist auf Antrag
d e s Robespierre, der sich selbst den „Unbestechlichen" nannte. Wir sind also einverstanden mit der Entscheidung durch den obersten Gerichtshof des Bundes.
Es ist aber die Frage aufzuwerfen, ob nicht auch die Anklageerhebung statt durch dieses Parlament durch den Bundesanwalt erfolgen sollte, und zwar aus folgender Erwägung heraus. Es ist durchaus möglich, daß ein Fall vor das Gericht gehört, daß sich aber eine Zweidrittelmehrheit dieses Hauses aus irgendwelchen Erwägungen heraus nicht zur Stellung des Antrages bereit findet. Umgekehrt ist es durchaus möglich, daß sich unter Umständen eine Zweidrittelmehrheit schützend vor irgend jemanden stellt. Wir würden es also gerne sehen, wenn der Bundesanwalt, der natürlich auf Antrag dieses Hauses, aber auch auf Antrag von anderer Seite tätig werden könnte, die Anklageerhebung übernähme.
Die Frage, was gewinnsüchtig und was Mißbrauch ist, wird im Ausschuß eingehend zu klären sein. „Gewinnsüchtig" wird nicht nur den Fall umfassen können, daß jemand in der plumpsten Form, die es gibt, nämlich durch die Bestechung des Abgeordneten selbst, gegen diese Bestimmungen verstößt; sondern es wird vielleicht zu beachten sein, daß diese Gewinnsucht ja auch darin bestehen kann, daß Umgehungen versucht werden, indem man versucht, Angehörigen der Familie, Bekannten oder Freunden irgendwelche Vorteile zuzuschanzen. Da sind doch unter Umständen Mißbräuche zu beobachten, die die Frage nahelegen, ob die Mißbräuche, die heute schon in der Öffentlichkeit beklagt werden, nicht auch schon unter „gewinnsüchtigen Mißbrauch" fallen, nämlich dann, wenn jemand unter der Gewinnsucht nicht die Sucht, sich selbst zu bereichern, versteht, sondern andern, die einem nahestehen, Vorteile zuzuwenden. Ich denke also z. B. an das große Kapitel des Parteibuchbeamtentums. Es ist die Frage aufzuwerfen, ob nicht auch diese Tätigkeit eines Abgeordneten gegebenenfalls unter den Begriff eines gewinnsüchtigen Mißbrauchs zu bringen ist, wenn diese Vorteile Angehörigen der eigenen Partei zugeschanzt werden sollen, ohne daß bei dem Beamten die für das Amt notwendigen Voraussetzungen vorliegen.
Ich möchte bei dieser Gelegenheit überhaupt einmal anregen, ob wir uns nicht allesamt in diesem Hohen Hause dahin verständigen könnten, daß es gewisse Posten gibt — Ministerposten, Staatssekretäre, meinethalben auch die Ministerialdirektoren und Botschafter —, die als politische Posten anzusehen sind und entsprechend besetzt werden, daß aber alle anderen Posten, die es irgendwie in der Verwaltung gibt, unter allen Umständen von parteipolitischen Einflüssen bei der Besetzung freigehalten werden sollten.
— Ja, natürlich, davon rede ich ja doch! Ich rede von der Bundespolitik und, meine Herren von links, auch von den Ländern!
— Nun regen Sie sich doch nicht unnötig auf, meine Herren!
Denn die Geschichte ist doch die, daß wir uns alle-
samt, ohne daß ich irgendwie eine Partei habe an- sprechen wollen — ich habe niemanden dabei scharf angesehen —,
einmal versuchen sollten, ob wir uns nicht nach dieser Richtung hin einigen können.
Die Kontrolle des Parlaments darüber, daß derartige Vorschriften, über die wir uns einigen würden, eingehalten werden, wird in erster Linie beim Haushaltsausschuß und in zweiter Linie bei diesem Parlament liegen, dem die Stellenbesetzungen vorgelegt werden müßten und das nun seinerseits kontrollieren könnte, ob die vereinbarte Unparteilichkeit bei der Stellenbesetzung eingehalten wird. Das ist eine kleine Abschweifung vom Thema; sie wird aber durch eine Auslegung des Begriffes „gewinnsüchtiger Mißbrauch" ausgelöst.
Wir werden noch mehr Fragen im Ausschuß zu prüfen haben. Nehmen Sie an, es wird eine Reihe von Aufsichtsratsposten durch ein Gesetz dieses Hohen Hauses geschaffen — sie fallen vielleicht als Nebenprodukt ab —, dann wird ein Eintreten für dieses Gesetz vielleicht nicht ohne weiteres als Gewinnsucht oder Mißbrauch anzusehen sein. Wenn das Gesetz aber darauf ausgeht, derartige Aufsichtsratsposten expreß zu schaffen und ganz bestimmte Voraussetzungen für die Besetzung dieser Posten, nämlich nur durch bestimmte Personengruppen, vorzusehen, und wenn dieses Gesetz in einer Weise geschaffen wird, von der die Begründung des Gesetzes sagt, daß die Vorgeschichte dieses Gesetzes bekannt sei, dann ist die Frage aufzuwerfen, ob nicht auch hier Mißbrauch vorliegt. Also diese Dinge sind genau zu prüfen.
Eine weitere Frage: Soll denn derjenige, dem das Mandat aberkannt ist, dieses für immer, auf Zeit oder nur in diesem einzelnen Falle verlieren? Soll mit anderen Worten die Möglichkeit bestehen, daß er bei Neuwahlen — etwa 6 Monate darauf — schon wiedergewählt werden kann? Ich glaube, wir werden diese Frage im einzelnen prüfen müssen. Anschließend werden wir auch die Frage prüfen müssen, welche Änderungen — seien es substantielle, seien es redaktionelle — am Wahlgesetz vorzunehmen sind.
Wir werden uns weiter auch die Frage vorzulegen haben, ob irgendeine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes, die auf der Grundlage einer solchen Bestimmung, wie sie hier angestrebt wird, ergeht, schon in irgendeiner Weise für eine strafgerichtliche Beurteilung präjudiziell sein soll, wenn der strafgerichtliche Tatbestand sich mit dem Tatbestand, der hier getroffen werden soll, in irgendeiner Weise deckt.
Wir werden also an dem Gesetz in der Hoffnung mitarbeiten, daß auch nach anderer Richtung — Ehrenordnung, Ehrenrat oder auch strafgesetzliche Bestimmungen — die Konsequenzen, die sich auf Grund der Untersuchungen des „Spiegel"-Ausschusses ergeben haben, gezogen werden. Aber damit kein falscher Eindruck entsteht, möchte ich noch einmal eins hervorheben: wir teilen die Hoffnung des Herrn Kollegen Wagner, daß die Existenz einer solchen Bestimmung genügt, daß sie nicht angewendet zu werden braucht. Wir unterstreichen aber auch, daß die Untersuchungen des „Spiegel"-Ausschusses nur bei ganz wenigen Abgeordneten irgend etwas auszusetzen gefunden haben und daß die große, die überwiegende Mehrheit dieses Hohen Hauses als völlig integer aus diesen Untersuchungen herausgegangen ist.
Das Wort hat der Abgeordnete Ewers.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Tendenz dieser Vorlage und auch die Begründung, die der Herr Kollege Wagner ihr gegeben hat, wird von meiner Fraktion gebilligt. Die Fragen, die aber bei diesem Anlaß aufzuwerfen sind, sind mannigfach. Die erste Frage ist die, ob dieser Anlaß es erforderlich macht, zum erstenmal in diesem Hause eine Änderung des Grundgesetzes zu beschließen, ob also dieses schwere Geschütz überhaupt erforderlich ist. Dieses Erfordernis wird hier vermutlich damit begründet, daß man annimmt, es stehe irgendwo in der Verfassung, wenn auch nicht expressis verbis, geschrieben, daß ein Abgeordneter für die Sitzungsperiode oder die Dauer des Parlaments unabänderlich gewählt ist. Das ist ja aber ein Irrtum. Denn gewisse Tatbestände, wonach ein Abgeordneter sein Mandat verliert, kennt jedes Wahlgesetz,
— nicht nur wenn er stirbt, sondern auch wenn er entmündigt, wenn er bestraft wird oder wenn andere Gründe, wie der Verlust der Staatsangehörigkeit, vorliegen. Solche Tatbestände kennt also jedes Wahlgesetz. Es bleibt nur hier die Frage, ob auch solche Straftatbestände gleichgeordnet sind, die auf einem Verschulden des Abgeordneten beruhen. Das ist ohne weiteres zu bejahen, soweit die Strafgesetze es heute schon bei dem Strafurteil — Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte, Verlust der Befähigung zur Bekleidung öffentlicher Ämter—vorschreiben. Es ist also die Frage, ob darüber hinaus noch weitere Bestimmungen über schuldhaften Verlust des Mandats möglich sind. Ich meine, diese Bestimmungen können ohne weiteres durch das Wahlgesetz getroffen werden. Ich sehe nicht ein, wieso sie gegen irgendein Prinzip des Grundgesetzes verstoßen sollen. Daß das nicht der Fall ist, ergibt sich für mich schon zwingend daraus, daß der Ort, wo die Antragsteller diese Bestimmung unterbringen wollen — Art. 46 a —, eigentlich sehr willkürlich gewählt ist. Denn hier stehen Bestimmungen, die sich gerade mit dem Umgekehrten, nämlich mit der Immunität des Abgeordneten und anderen Dingen befassen. Dort ist diese Bestimmung irgendwie ein völliger Fremdkörper. Sie könnte höchstens im Anschluß an den Art. 41, wo von der Wahlprüfung die Rede ist, vielleicht einen Platz finden. Aber wir meinen, daß überhaupt zu fragen ist, ob wir, um das, was die Antragsteller erstreben, durchzuführen, des schweren Geschützes einer Änderung des Grundgesetzes bedürfen. Um so mehr meinen wir das, als ja in dem Grundgesetz selbst vorgesehen ist, daß dem Bundesverfassungsgericht durch einfachen Gesetzesakt weitere Aufgaben übertragen werden können, wie diese Vorlage z. B. hier grundsätzlich vorsieht.
In einem sind wir mit den Antragstellern völlig einig: Kein Parlamentsbeschluß kann es — bei verständiger Gestaltung des Rechts — herbeiführen, daß ein Abgeordneter sein Mandat verliert; denn das wäre eine Rechtsentscheidung, die tief in das politische Leben eingreift und die eine politische, zur Gesetzgebung berufene Körperschaft nicht fällen kann und darf. Insofern herrscht offenbar Einigkeit.
Die weiteren materiellen Bedenken beruhen nun darauf, daß hier „gewinnsüchtiger Mißbrauch des Mandats" als alleiniger Tatbestand die Ausschließung durch Rechtsakt herbeiführen soll. Alle anderen denkbaren Tatbestände, z. B. der, den wir neulich im Prinzip nicht entschieden, aber zu dem wir Stellung genommen haben, daß ein Abgeordneter durch ein unerhörtes Geschwätz den gesamten Bundestag beleidigt, werden hier nicht vorgesehen. Das kann also straflos, d. h. ohne Mandatsverlust, weiter geschehen; denn es gibt ja im Strafgesetzbuch keinen Rechtssatz, wonach Beleidigungen Amtsverlust nach sich ziehen können. Ich bin daher der Ansicht, daß der Tatbestand hier einerseits viel zu eng und andererseits viel zu ungreifbar ist. Dazu hat mein Vorredner, der verehrte Herr Kollege Becker, schon einiges angeführt. Ich bin der Ansicht, daß selbst für eine Disziplinarmaßnahme der gewinnsüchtige Mißbrauch eines Mandats einen außerordentlich schwer faßbaren, tatbestandsmäßig kaum je feststellbaren Vorwurf bedeutet, wenn man nicht einfach an die Bestechung denkt. Was die Bestechung aber anlangt, so werden wir in, der neuen Strafrechtsnovelle einen Verbrechenstatbestand schaffen, der von Gesetzes wegen mit der Bestrafung den Verlust des Mandats herbeiführen kann. Dazu brauchten wir also keine Spezialbestimmung. Aber andere Verstöße gegen die Mandatspflichten sind durchaus denkbar, bei denen wir das Bundesverfassungsgericht einschalten müssen, und zwar, wie ich hoffe, ohne Änderung des Grundgesetzes.
Alle diese Fragen hängen mit der Ehrenordnung innerlich sehr eng zusammen, und ich frage mich, wie man nun praktisch vorgehen soll. Man muß nämlich den Ausschuß für Geschäftsordnung und Immunität, der die Ehrenordnung demnächst in Angriff nehmen wird, natürlich zur Arbeit des Ausschusses heranziehen, der diese Vorlage behandeln soll; denn das alles behandelt ja die gleiche Materie, wie mein Vorredner auch schon gesagt hat, und zweierlei Erwägungen, die da ganz und gar selbständig nebeneinander herlaufen, wären fehl am Ort. Ich würde also empfehlen, dafür zu sorgen, daß der Ausschuß, der die Ehrenordnung zunächst einmal vorbereitend bearbeitet, als mitentscheidend herangezogen wird.
Was die Wirkung des Gesetzes anlangt, so bin ich mit meinen Herren Vorrednern völlig einig. Schon die Tatsache, daß ein Gesetz besteht, hat in vielen Dingen des Lebens einen heilsamen Einfluß auf die Moral. Die Abschreckungstheorie bewährt sich insofern je und je, nicht in dem Sinne, daß nun jeder Verbrecher abgehalten wird, aber daß dem moralisch schwankenden Menschen durch das Bewußtsein: es gibt ein einwandfreies Gesetz, Hemmungen auferlegt werden, die ihn veranlassen, ein Verhalten zu vermeiden, das ihm nach dem Wunsch des Strafrechts weitere Nachteile als nur Verlust des Ansehns zufügen kann. Ich glaube daher, daß schon der Erlaß solcher Vorschriften den besten Einfluß haben wird.
Das Wort hat der Abgeordnete Renner.
Meine Damen und Herren! Der so harmlos aussehende Gesetzentwurf, welcher von dem Herrn Vertreter der SPD, Herrn Kollegen Wagner, auch so verniedlicht vorgetragen worden ist, enthält Auslegungsmöglichkeiten und Anwendungsmöglichkeiten, die uns die beiden auf ihn folgenden Redner, vor allen Dingen Herr Kollege Becker, sehr eindringlich klargemacht haben. Das ist also ein Gesetz, welches auswertbar und ausdehnbar ist wie Kautschuk. Ich will das beweisen.
Gestatten Sie mir aber zuerst eine Vorfeststellung. Es ist hier das Ergebnis des „Spiegel"-Ausschusses herangezogen worden. Es ist davon gesprochen worden, daß dieser Bundestag an eine Reihe von Abgeordneten die Aufforderung gerichtet hat, freiwillig ihr Mandat niederzulegen. Nach Pressemeldungen hat das auf die Mitglieder der Partei, aus der die in Frage kommenden Herren stammen, so gewirkt, daß am vergangenen Sonntag der Herr von Aretin und der Herr Volkholz zum ersten bzw. dritten Vorsitzenden ihrer Parteigruppe mit Stimmenmehrheit wiedergewählt worden sind. Das steht in den Zeitungen zu lesen. Also die Mitglieder der Partei, deren Abgeordnete hier in dieser Art und Weise bloßgestellt worden sind, haben eine abweichende Auffassung von Ehre, von Bestechung und von Sauberkeit der Abgeordneten. Das muß man doch einmal klar herausstellen.
Wie soll man nun bei einer derartigen Auffassung in der Wählerschaft bzw. in der Mitgliedschaft einer Partei zu der Überzeugung kommen, daß durch die Schaffung eines Ehrengerichts, das wir doch nur aus dem Bundestag zusammensetzen können, Remedur geschaffen werden könnte? Übrigens haben sich die beiden Herren ihre Wiederwahl sehr leicht gemacht. Sie haben — das habe ich in der Zeitung gelesen — behauptet, daß der von ihnen gestellte Antrag auf Aufhebung ihrer Immunität vom Bundestag abgelehnt worden sei. Das ist auch ein starkes Stück, wenn man die generelle Haltung des Bundestages in der Frage der Immunität, die darauf hinausgeht, daß der Bundestag von sich aus nicht einem Ersuchen eines Abgeordneten auf Aufhebung seiner Immunität stattgibt, nachher so ausgelegt, wie das in diesem Fall offensichtlich geschehen ist.
Nun zu diesem Gesetz selber. Ihre Auffassung, Herr Kollege Wagner, darüber, was „gewinnsüchtig mißbraucht" bedeutet, ist ja inzwischen wohltuend ergänzt worden. Ich frage: gewinnsüchtig mißbraucht zu wessen Gunsten? Zu seinen persönlichen Gunsten, also für die eigene Person oder etwa für die Wähler oder für die Gruppe mißbräuchlich ausgewertet, die einen hierher geschickt hat? Da gibt mir zum Beispiel der Kampf um die sogenannte Mitbestimmung Anlaß, einige Gedanken zu entwickeln. Damals hat man Ihnen doch vorgeworfen, daß Sie mit diesem Gesetz auf kalte Art und Weise „sozialisieren". Man hat Ihnen gesagt, daß Sie sich damit über die Eigentümer der Werke und Betriebe hinweg materielle Vorteile erobern. Man hat heute davon gesprochen, daß Aufsichtsratsposten besetzt und extra zu dem Behufe geschaffen werden könnten, einige Abgeordnete in diese Sessel hineinzubringen. Ich stelle die Frage: Wird man nicht eines schönen Tages aus der Tatsache, daß doch dieses sogenannte Mitbestimmungsrecht immerhin GewerkschaftsSpitzenfunktionären Aufsichtsratsposten gibt, den Vorwurf ableiten, daß sie im Kampf um dieses sogenannte Mitbestimmungsrecht mißbräuchlich ihr Amt zu gewinnsüchtigen Zwecken ausgenutzt haben?
Nun fiel hier das Schlagwort „Parteibuchbeamter". Ich erinnere mich an eine Aussprache im Herbst 1949 nach dem großen Wahlsieg der
CDU/CSU. Da habe ich dem Herrn Adenauer einmal im Düsseldorfer Landtag die Frage gestellt: Wie ist es denn eigentlich, man hört doch, daß ihr jetzt in Bonn 4000 Beamte neu einstellen wollt; das werden doch, so sagte ich ihm, alles Beamte Ihrer Couleur? — Sicher, sagte der Herr Adenauer, schließlich haben wir ja auch gesiegt!
Das ist die Konzeption von Herrn Adenauer bezüglich des Begriffs Berufsbeamtentum.
— Herr Bausch, „wenn Sie siegen würden", fragen Sie mich, „was würden Sie dann tun?" Also, wenn Sie unterstellen, daß der Sieger sowieso diese Politik betreibt, dann hören Sie doch auf, mit dem Begriff „Parteibuchbeamtentum" zu arbeiten. Das ist doch ein Schwindel, nicht wahr? Ich freue mich, daß Sie mir diesen Ball zugeworfen haben.
Aber noch etwas anderes zu diesem Gesetz. Angesichts der Tatsache, daß ein Mitglied der Regierung den Kampf um das Mitbestimmungsrecht so dargestellt hat, daß die Gewerkschaften dadurch zuchthausreif geworden seien, sollte man doch auch einmal auf die im Zusammenhang mit der Bildung der Grenzschutzpolizei offizielle und allgemein bekannte Aufforderung der CDU, Bewerbungen um die Offiziersposten in der Polizei durch die CDU-Sekretariate laufen zu lassen, hinweisen. Ich bin der Auffassung, daß man bei diesem Tatbestand nicht durch ein Gesetz verhindern kann, daß der Besitz der politischen Macht zur Verschaffung von Vorteilen für sich, für die Partei, die Interessentengruppen, für den „lieben Bruder" oder für den Neffen mißbraucht wird.
— Ja, fiel nicht gestern das Wort „der junge
Adenauer"? Die Dinge sind doch stadtbekannt.
Einer der Herren Vorredner hat gesagt, daß man die Anklageerhebung auf den Bundesanwalt übertragen müsse. Der Herr Becker hat gesagt, daß das Bundesverfassungsgericht bereits durch Anklageerhebung des Bundesanwalts in die Lage kommen müsse, die Frage des Verlusts eines Mandats eines Abgeordneten zu behandeln. Ich bin der Meinung, daß man sich angesichts der Tatsache, wie hier nach Parteigesichtspunkten um die Besetzung des Vorsitzendenpostens des Bundesverfassungsgerichtshofes gekämpft wird, davor hüten sollte, solche generellen Feststellungen zu machen, wie Sie das getan haben, Herr Kollege Wagner, daß dieser Gerichtshof mit seiner „objektiven Unabhängigkeit" alle Garantien für den notwendigen Rechtsschutz der Abgeordneten böte. Ich fürchte — wie ich glaube, mit Recht —, daß dieses Parlament ein derartiges Gesetz auswerten wird — nicht kann, auswerten wird! —, um mißliebige Abgeordnete aus seinen Reihen auszuschalten. Wenn hier schon angetippt wird, daß die „Beleidigung des Bundestages" genügen soll, dann denken Sie doch einmal an die Perspektiven. Die „Beleidigung eines Ministers" müßte logischerweise doch dieselbe Konsequenz haben. Also, den Bundeskanzler Adenauer zu beleidigen, müßte die Konsequenz haben, daß der Bundesanwalt an den Bundesverfassungsgerichtshof herangehen kann mit dem Antrag, den Abgeordneten seines Mandats verlustig zu erklären. Das sind die Konsequenzen, und diese
Konsequenzen werden Sie sicherlich gegen uns auswerten, wenn Sie in der Phase der Vorbereitung Ihres Krieges zu solchen Unterdrückungsmaßnahmen gezwungen sind.
So liegen die Dinge. Darum, Herr Kollege Wagner, haben wir einem solchen Gesetz gegenüber allergrößte Bedenken. Wir wissen, wie die Reaktion derartige Gesetze in der Stunde mißbraucht, in der sie irgendwelche schwerwiegenden Verbrechen gegen das Volk vorbereitet und durchführt.
Darum sind wir nicht in der Lage, diesem Gesetzentwurf in dieser Form unsere Zustimmung zu geben.
Das Wort hat der Abgeordnete Reismann.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Zentrumsfraktion stimmt dem vorliegenden Antrag der SPD nach seinem Grund und nach seinem Inhalt im wesentlichen zu. Wir müssen aber auf drei Gesichtspunkte aufmerksam machen, die nach unserer Ansicht in den Beratungen noch eingehender Erörterung bedürfen.
Da hat zunächst der Herr Vertreter dieses Vorschlags eben darauf hingewiesen, daß sich das Parlament selbst reinigen müsse. Was hier aber vorgeschlagen wird, ist etwas anderes. Hier wird vorgeschlagen, daß das Bundesverfassungsgericht eventuell darüber zu entscheiden hat. Aber gerade da haben wir Bedenken. Das Hohe Haus wird nach unserer Meinung doch Bedenken haben müssen, die letzte Entscheidung über diese Dinge durch eine andere Instanz als sich selbst treffen zu lassen. Man könnte es vielleicht umgekehrt machen, daß der Bundesverfassungsgerichtshof berechtigt oder wenigstens mitberechtigt wäre, den Antrag zu stellen. Aber die letzte Entscheidung aus der Hand zu geben, erscheint uns bedenklich. Gerade dieser Punkt muß überlegt werden. Es handelt sich dabei um die Frage, ob es außer dem Bundestag, der repräsentativen Vertretung des deutschen Volkes, eine in irgendwelcher Hinsicht noch höhere Instanz geben darf oder geben soll. Eine solche Entscheidung, im Sinne dieses Antrages zugunsten des Bundesverfassungsgerichtshofes gefällt, könnte im Augenblick noch nicht übersehbare Auswirkungen haben, die sich mit der Idee der Volkssouveränität nicht vertragen. Die richterliche Gewalt und die gesetzgebende Gewalt sind zwei verschiedene Dinge. Es kann aber nicht angehen, daß auf dem Umweg über die richterliche Gewalt eine andere als die Repräsentation des Volkes irgendwie an die Spitze des Staates drängt. Das sind Bedenken, mit denen man sich auseinandersetzen muß.
Zweitens zu dem Inhalt. Es ist richtig, daß es notwendig, sogar unabweisbar notwendig erscheint, unter gewissen Umständen Abgeordnete auszumerzen. Es ist aber die Frage, ob dieser Fall nur dann gegeben ist, wenn es sich um einen gewinnsüchtigen Mißbrauch handelt. Das Wort „Mißbrauch" ist dabei in erster Linie zu betonen. Aber was heißt nun „gewinnsüchtig"? — Haben Sie schon mal gesehen, daß jemand aus „Verliersucht" handelt? Wenn es sich also um Geld oder Geldeswert oder Vorteile handelt, dann wird man fast immer von Gewinnsucht sprechen können. Aber in den wenigen Fällen, in denen man nicht um eines eigenen Gewinnes willen eine unerlaubte oder zu mißbilligende Handlung begeht, kann die Tat trotz-
dem genau so verwerflich sein. Ist z. B. im Falle des Stimmenkaufs, einem ganz groben Fall, der Käufer nicht ebenso zu verurteilen wie der Verkäufer seiner Stimme? Gerade die Fälle, die wir hinter uns haben, sollten uns in dieser Hinsicht zu denken geben. Es genügt nicht, da das Subjekt — man kann es nicht anders bezeichnen — auszumerzen, das seine Stimme verkauft, sondern man muß auch an den denken, der diese Handlung aktiv begeht. Und der hat selber wahrscheinlich keinen „gewinnsüchtigen" Vorteil, denn er bezahlt; aber er hat einen politischen Vorteil.
— Er handelt aus „Verliersucht"? Er handelt seiner politischen Vorteile wegen! — Es gibt aber auch politische Vorteile, die zu mißbilligen sind oder bei denen der Weg zu mißbilligen ist, auf dem man sie zu erreichen sucht.
Mit all diesen Fragen wird man sich im Ausschuß auseinandersetzen. Ich möchte jedenfalls darauf hingewiesen haben: so einfach, daß man dem Antrag stehenden Fußes zustimmen könnte, liegen die Dinge nicht. Aber mit dem Kern des Antrages, sowohl was die Begründung als auch die Zielrichtung anlangt, sind wir einverstanden.
Weitere Wortmeldungen zur allgemeinen Aussprache liegen nicht vor.
Zu einem Schlußwort Herr Abgeordneter Wagner!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will versuchen, die in der Debatte gemachten Ausführungen auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Im großen und ganzen hat man der Grundtendenz des von uns vorgelegten Gesetzentwurfes zugestimmt. Man hat zum Teil kritische, zum Teil anregende Bemerkungen zu Fragen gemacht, mit denen ich mich gern bei meiner Begründung rein juristisch auseinandergesetzt hätte, wenn die Zeit es erlaubt haben würde.
Der Herr Kollege Becker hat die Frage in die Diskussion geworfen, ob es nicht richtig sei, daß die Anklageerhebung, wie er wörtlich gesagt hat, durch den Bundesanwalt erfolgen solle. Es besteht ein Unterschied zwischen der Anklageerhebung und der Antragstellung. Wenn Sie, Herr Kollege Becker, damit gemeint haben, daß die Antragstellung nur durch den Bundesanwalt erfolgen solle, dann wäre ich ganz entschieden dagegen, denn dann wäre das Antragstellungsmonopol in Händen des Bundesanwalts. Das wäre ein unmöglicher Zustand. Dieses Parlament muß die Möglichkeit haben, von sich aus den Antrag zu stellen. Ich glaube, auch der andere Weg — au c h dem Bundesanwalt die Befugnis zu geben — führt nicht zu der richtigen Lösung, wie sie der Würde der Volksvertretung entspricht. Ich stehe vielmehr auf dem Standpunkt, daß der Antrag lediglich vom Bundestag gestellt werden darf und gestellt werden muß.
Herr Kollege Reismann hat gemeint, der Bundestag könne sich nicht das Recht aus der Hand nehmen lassen, diejenigen Abgeordneten durch eigenen Beschluß auszuschalten, von denen er glaubt, daß sie sich in gewinnsüchtiger Absicht eines Mißbrauchs ihres Mandats schuldig machen. Er sprach von der richterlichen und von der gesetzgebenden Gewalt. Wenn ich ihn recht verstanden habe, so wollte er damit sagen, daß wir nicht der richterlichen Gewalt etwas übertragen können, was nur der gesetzgebenden Gewalt zusteht. Mir scheint, daß theoretisch an und für sich durchaus eine Konstruktion möglich gewesen wäre, wonach der Bundestag von sich aus mit einer qualifizierten Mehrheit einem Mitglied das Mandat absprechen kann und wonach analog den Bestimmungen des Art. 41 des Grundgesetzes gegen diesen Beschluß des Bundestages Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingelegt werden kann. Ich will nicht leugnen, daß eine solche Konstruktion denkbar wäre. Wir haben es für richtig gehalten, zunächst dem Bundestag das Recht zur Stellung eines Antrages, der mit Zweidrittelmehrheit angenommen werden muß, zu überlassen und dann den Bundesverfassungsgerichtshof endgültig entscheiden zu lassen. Damit erreichen wir, glaube ich, höhere Garantien für die Sicherheit und Unabhängigkeit des Abgeordneten, als wenn der andere Weg, der an und für sich durchaus diskutabel wäre, beschritten würde.
Meine Damen und Herren! In der Diskussion hat dann auch die Frage eine Rolle gespielt, an welcher Stelle diese Bestimmung eingefügt werden sollte. Wir haben geglaubt, die passende Stelle dafür sei nach Art. 46. Der Herr Kollege Ewers hat gemeint: Wenn schon, dann ist die passende Stelle nach Art. 41. Ich kann nicht leugnen, daß die Frage, welches die passende Stelle sei, auch mich beschäftigt hat. Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, daß diese Bestimmung dem logischen Gedankengang nach am besten hinter Art. 46 paßt. Im Art. 46 werden, wie ich sagen möchte, die Unabhängigkeit, die Freiheit und der Schutz des Abgeordneten festgelegt. Der Abgeordnete genießt einen besonderen Schutz, um sein hohes Amt unabhängig ausüben zu können. Wenn er aber — das ist doch die logische Fortsetzung dieses Gedankenganges — dieses hohe Amt zu niedrigen Zwecken mißbrauchen will, verliert er alles, auch diesen Schutz, und muß ausgespien werden. Das schien uns eine Rechtfertigung dafür, der Bestimmung diesen Platz zu geben. Wir können uns darüber im Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht noch näher unterhalten.
Mit Recht hat auch die Frage, die ich vorhin schon sehr gern behandelt hätte, eine große Rolle gespielt: Was ist ein gewinnsüchtiger Mißbrauch? Es ist richtig, daß wir den Antrag nicht darauf abgestellt haben, ein Gesetz zu beschließen, auf Grund dessen jeder Mißbrauch mit dem Verlust des Mandats enden soll. Wir haben das nicht etwa deshalb so gemacht, weil wir nicht jeden Mißbrauch bekämpfen würden, wie es die überwiegende Mehrheit dieses Hauses auch tun wird, sondern weil wir einen klaren, einfachen Tatbestand, dessen gesetzliche Regelung sehr dringend und auch möglich ist, herausgreifen wollten, um sofort den übelsten Mißständen begegnen zu können.
Das Tatbestandsmerkmal „gewinnsüchtig" ist hier interpretiert worden. Sie wissen, meine Damen und Herren, soweit Sie Juristen sind, daß der Begriff der Gewinnsucht je nach dem Zusammenhang, in dem er im Strafgesetzbuch gebraucht wird, verschieden ausgelegt wird. Sie kennen den Begriff der Gewinnsucht beim § 27 a des Strafgesetzbuches, in dem von Verbrechen und Vergehen gesprochen wird, die auf Gewinnsucht beruhen. Der Begriff der Gewinnsucht, wie er in § 27 a gebraucht wird, wird nicht auf den Tatbestand passen, den wir hier gesetzlich einbauen wollen; denn dort ist der Begriff der Gewinnsucht in einem ganz anderen Zusammenhang gebraucht. Dagegen wird der Begriff „gewinnsüchtig", wie er bei der Vernichtung öffentlicher Urkunden im § 133 Abs. 2 des Strafgesetzbuches angewandt wird, hier passen. Im § 133 Abs. 2 wird eine Handlung als gewinnsüchtig bezeichnet, die in der Absicht begangen worden ist,
irgendeinen materiellen Vorteil zu erlangen. Ich möchte gar keinen Zweifel darüber lassen, daß der Begriff des gewinnsüchtigen Mißbrauchs im besonderen Hinblick auf das Mandat durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entwickelt werden muß und wird. Er ist ja schon bisher je nach dem Tatbestand verschieden entwickelt worden. Es wird zu den vielen schweren Aufgaben des Bundesverfassungsgerichts gehören, hier eine Rechtsprechung zu schaffen, die keinen Zweifel mehr darüber aufkommen läßt, was man unter gewinnsüchtigem Mißbrauch des Mandats versteht.
Herr Kollege Ewers hat gemeint, der Begriff sei zu eng und zu wenig greifbar. Dem möchte ich entgegenhalten, daß an und für sich alle juristischen Begriffe, ehe sie durch die Rechtsprechung ausgelegt sind, ungreifbar sind; sie werden nur dann greifbar, bekommen nur dann Leben, wenn sie an den Fällen des praktischen Lebens angewandt und entwickelt worden sind. Deshalb scheint mir dieser Angriff fehlzugehen.
Ich leugne nicht, daß mich die Ausführungen des Herrn Kollegen Becker über den Begriff der Gewinnsucht und des gewinnsüchtigen Mißbrauchs etwas stutzig gemacht und überrascht haben. Wenn man diesen Begriff nach dem gesunden Menschenverstand prüft — obwohl man Jurist ist, Herr Kollege Becker —, dann kann man, glaube ich, wirklich nicht auf einen solchen Abweg kommen, auf den Sie hier gekommen zu sein scheinen, und den Begriff „Parteibuchbeamten" im Zusammenhang mit dem Begriff des gewinnsüchtigen Mißbrauchs an den Haaren herbeiziehen. Einer der Herren hat einem meiner Kollegen den Zwischenruf gemacht, als er von Parteibuchbeamten sprach: „Sie fühlen sich wohl getroffen?"! Herr Kollege Wuermeling, ich bitte um Entschuldigung, wenn ich Ihre angeregte Unterhaltung für eine Minute unterbreche; denn ich glaube, Sie waren es, der einem meiner Kollegen zugerufen hat: „Sie fühlen sich wohl getroffen?" ! Da möchte ich Ihnen doch folgendes sagen. Es scheint, Sie haben sich daran gewöhnt, daß Stellen im öffentlichen Leben, insbesondere in der Verwaltung, vorwiegend mit CV.-Leuten besetzt werden.
Die nennen Sie dann aber nicht Parteibuchbeamte, weil es für Sie eine sehr honorige Verbindung ist, deren Mitglieder sich für das ganze Leben als einander angeschworen halten und einander unterstützen, fördern und befördern.
Dieser Zustand, der anscheinend zu einem Gewohnheitszustand geworden ist, ist allerdings nicht so, — —
— Ich weiß nicht, Herr Kollege Vogel, ob Sie ein CVer oder KVer sind. Nehmen Sie auch die KVer dazu! Seit wann CVer und KVer SPD-Leute sind, weiß ich nicht.
Es mag ein weißer Rabe dabei sein; aber der wird
ja von Ihnen nicht mehr als legitim anerkannt, den
werden Sie ja nicht mehr fördern und befördern.
Lassen Sie mich auf den Ausgangspunkt zurückkommen. Wenn nun auch Sozialdemokraten irgendeine Position erreicht haben, dann fühlt sich die
privilegierte Schicht, die glaubt, das Monopol auf die Herrschaft in der ganzen Verwaltung zu haben, in dem Besitz dieser Macht gestört, und dann schreien die, die von jeher ausgesprochene Parteibuchbeamte waren,
dann schreien die, die glauben, daß sie ein Monopol auf den Besitz aller Stellen haben, über Parteibuchbeamte.
- Hören Sie: schreien wir in den Länderverwaltungen?
Ich möchte meinen, Herr Dr. Vogel: bis wir in den Länderverwaltungen auch nur einen kleinen Bruchteil der Beamten haben, die Sie von jeher besessen haben und immer noch besitzen, können wir noch 100 Jahre arbeiten.
Wenn Ihre alten, von Ihnen als ewige Dauerbesitzrechte auf Monopolstellungen empfundenen Ansprüche durch den gesunden demokratischen Grundsatz, daß alle Staatsbürger das Recht haben müssen, an der Verwaltung teilzunehmen, angegriffen werden, dann schreien Sie von Parteibuchbeamten.
Ich könnte den Satz des Herrn Abgeordneten Dr.
Wuermeling gebrauchen: Sie fühlen sich getroffen.
Aber lassen Sie mich zurückkehren zu dem eigentlichen Thema, von dem der Herr Kollege Becker uns abgelenkt hat! Ich bedauere, daß im Zusammenhang mit einem Gesetzentwurf, über dessen Grundtendenz an und für sich das Haus im großen und ganzen einig ist, es sich als notwendig erwiesen hat, derartige Ausführungen überhaupt zu machen. Denn darüber habe ich gar keinen Zweifel: Die überwiegende Mehrheit dieses Hauses ist sich völlig einig darin, daß der verderbliche und schädliche Abgeordnete, der aus diesem Hause hinausgeworfen werden muß, derjenige ist, der die Tatbestandsmerkmale erfüllt, die wir in § 46 a festlegen wollen.
Der Herr Abgeordnete Renner hat verschiedene Ausführungen gemacht, die tatsächlich die logische Fortsetzung dessen waren, was der Herr Kollege Becker vorgetragen hat; das kann ich nicht leugnen. Aber, meine Damen und Herren, wenn Sie das wollen, dann dürfen Sie überhaupt keine juristischen Begriffe mehr scharfen, dann dürfen Sie überhaupt keinem Richter mehr irgendeinen Begriff an die Hand geben, ohne befürchten zu müssen, daß dieser Begriff mißbraucht wird. Auch Herr Renner wird mit mir und mit uns darin einig sein, daß kein gewinnsüchtiger Mißbrauch des Abgeordnetenmandats geduldet werden kann.
— Das ist selbstverständlich; dann kommt es nur darauf an, wie wir das Ziel erreichen können. Ich glaube, wir bauen ein Bundesverfassungsgericht auf und haben die Möglichkeit, in dieses Bundes verfassungsgericht Männer hineinzuwählen, die das Vertrauen der überwiegenden Mehrheit dieses Hauses, des Bundesrates und damit des deutschen Volkes haben und zu denen wir auch das Vertrauen haben müssen, daß, wenn man ihnen ein In-
strument in die Hand gibt, wie es dieses Gesetz darstellt, sie von diesem Instrument den weisen Gebrauch machen, den dieses Gesetz erfordert und der schließlich die ganze Tätigkeit des Bundesverfassungsgerichts beherrschen muß.
Ich schließe die Besprechung.
Meine Damen und Herren, ich schlage Ihnen vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht zu überweisen. Ist das Haus damit einverstanden? — Das ist der Fall.
Nunmehr rufe ich auf Punkt 3 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des vom Deutschen Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung der Lohnzahlung an Feiertagen ;
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit (Nr. 2204 [neu] der Drucksachen; Änderungsantrag Umdruck Nr. 231):
Berichterstatter ist der Herr Abgeordnete Even.
Der Ältestenrat schlägt Ihnen eine Aussprachezeit von 60 Minuten vor. Ich nehme an, daß das Haus damit einverstanden ist.
Das Wort hat der Abgeordnete Even.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bundesrat hat in seiner Sitzung vom 20. Oktober 1950 beschlossen, dem Bundestag den Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der Lohnzahlung an Feiertagen zu unterbreiten. Sie finden diesen Gesetzentwurf auf Drucksache Nr. 1885 vom 7. Februar 1951. In der 120. Sitzung des Deutschen Bundestags vom 22. Februar 1951 wurde der Gesetzentwurf dem Ausschuß für Arbeit überwiesen.
Der Ausschuß konnte sich dem Standpunkt der Bundesregierung, man solle die Regelung der Lohnzahlung an Feiertagen den Sozialpartnern überlassen, nicht anschließen. Der Ausschuß glaubte, das um so weniger tun zu können, als in vielen Ländern bereits gesetzliche Regelungen bestehen, die nicht nur Art und Zahl der gesetzlichen Feiertage benennen, sondern auch eine Bezahlung dieser Feiertage festlegen. Ist es auch unbestritten, daß die Festlegung der Anzahl der Feiertage eine Angelegenheit der Länder ist, so glaubte der Ausschuß doch, das Bundesparlament solle von seinem Recht Gebrauch machen, die Art und Weise der Lohnzahlung an den von den Länderparlamenten festgelegten Feiertagen durch Gesetz einheitlich zu regeln.
Der Ausschuß konnte der Empfehlung der Bundesregierung, die Zahl der zu bezahlenden Feiertage auf 8 zu beschränken, nicht folgen. Ebenso hat der Ausschuß einen Antrag der FDP abgelehnt, die Zahl der zu bezahlenden Feiertage auf 10 zu beschränken. Nach Ansicht der Mehrheit des Ausschusses hätte dies bedeutet, die Rechte der Länder indirekt zu beschneiden und die jetzt in den Ländern geltenden Regelungen teilweise zu verschlechtern. So sind nach den uns bekannten Materialien in der britischen Besatzungszone 6 Feiertage, in Baden 12 Feiertage, in Bayern 13 Feiertage, in Hessen 11 Feiertage, in Rheinland-Pfalz 10 Feiertage, in Württemberg-Baden 13 Feiertage und in Württemberg-Hohenzollern 15 Feiertage zu gesetzlichen Feiertagen erklärt. In fast allen diesen Ländern ist auch die Lohnzahlung für diese Feiertage geregelt.
Es handelt sich also bei dieser Gesetzesvorlage nicht um ein grundsätzlich neues Gesetz mit nennenswerten neuen Leistungen und neuen Belastungen für die Wirtschaft, sondern nur um eine einheitliche Regelung der Lohnzahlungen an jenen Wochenfeiertagen, die durch die Länderparlamente den gesetzlichen Schutz erhalten haben. Der Ausschuß ist in seiner Mehrheit der Meinung, daß die Länderparlamente einsichtig genug sein werden, nun keine Inflation von Feiertagen herbeizuführen und zu den jetzt geltenden Feiertagen noch nennenswert mehr Feiertage zu gesetzlichen Feiertagen zu erklären.
Der Ausschuß für Arbeit ist in einigen Punkten wesentlich von dem ihm vorgelegten Gesetzentwurf abgewichen. Ursprünglich hat der Ausschuß in seiner Mehrheit den § 1 Abs. 1 und 2 unverändert übernommen. Den Abs. 3 von § 1 dagegen glaubte der Ausschuß nicht übernehmen zu können. Er war vielmehr der Meinung, daß die Regelung für die Heimarbeiter nicht den Länderparlamenten überlassen bleiben kann, sondern ebenfalls im Rahmen dieses Gesetzes geregelt werden muß.
Während über den gesamten Inhalt des Gesetzentwurfs fast volle Übereinstimmung erzielt wurde, sind die Meinungen der Ausschußmitglieder hinsichtlich Abs. 2 von § 1 auseinandergegangen. Dieser Absatz besagt, daß Arbeitnehmer, die am letzten Arbeitstag vor oder am ersten Arbeitstag nach Feiertagen ohne genügende Entschuldigung der Arbeit fernbleiben, keinen Anspruch auf Bezahlung des Feiertags haben. Während die Mehrheit des Ausschusses der Meinung war, daß eine solche Bestimmung aus Gründen der Betriebsdisziplin und der Verhütung von Mißbrauch notwendig ist, vertrat ein anderer Teil die Meinung, daß eine solche einschränkende Bestimmung für Beamte und Angestellte nicht besteht und auch nicht notwendig ist, daß im übrigen die vorliegenden arbeitsrechtlichen Bestimmungen und Urteile einen solchen Mißbrauch von selbst ausschließen und dies nicht besonders gesetzlich verankert zu werden braucht. Der Ausschuß hat sich dann einstimmig auf die folgende Fassung geeinigt:
Arbeitnehmer, die am letzten Arbeitstag vor oder am ersten Arbeitstag nach Feiertagen unentschuldigt der Arbeit fernbleiben, haben keinen Anspruch auf Bezahlung für diese Feiertage.
Der § 2 des Gesetzentwurfs, der sich mit der Entlohnung für an Feiertagen geleistete Arbeit befaßt, soll nach dem Vorschlag des Ausschusses fortfallen. Man will diese Regelung den Tarifpartnern überlassen. Der Ausschuß hält diese Lösung für besser, da Sonn- und Feiertagsarbeit für eine ganze Reihe von Berufen Wesensmerkmal ist und eine besondere Vereinbarung der Sozialpartner hier eher den richtigen Ausgleich findet als eine generelle gesetzliche Regelung.
An Stelle des in Fortfall kommenden § 2 hat der Ausschuß einen neuen § 2 formuliert, der die Entlohnung der Heimarbeiter an Feiertagen regelt. Der neu formulierte § 2 wurde in der Drucksache Nr. 2204 irrtümlich mit „§ 2 a" gekennzeichnet. Auch in der Drucksache Nr. 2204 wurde der § 2 irrtümlich mit „§ 2 a" bezeichnet. Die Bezeichnung des Paragraphen muß „§ 2" lauten. Der Ausschuß hat sich bei der Formulierung des § 2 die langjährigen Erfahrungen mit den seitherigen Regelungen und Vereinbarungen betreffend Heimarbeiter zu eigen gemacht. Er glaubt mit der nunmehr vorliegenden Fassung dem Hohen Hause eine Regelung
vorzuschlagen, die allen Besonderheiten des Berufsstandes der Heimarbeiter Rechnung trägt.
Der § 3 kann nach einstimmiger Auffassung des Ausschusses entfallen, da die in diesem Paragraphen vorgesehenen erforderlichen Verwaltungsvorschriften zur Durchführung des Gesetzes zu den selbstverständlichen Rechten des Bundesministeriums der Arbeit gehören.
Der § 4 des Gesetzentwurfs setzt alle seitherigen Bestimmungen in dieser Materie mit dem Tage des Inkrafttretens des vorliegenden Gesetzes außer Kraft. Der Ausschuß glaubte hier einen Satz anfügen zu sollen, der die Feiertagszuschläge in noch geltenden Tarifordnungen von dieser Außerkraftsetzung ausnimmt. Ein mündlich eingebrachter Antrag, die Bezahlung von Feiertagen von einer mindestens dreimonatigen Beschäftigungsdauer abhängig zu machen, hat nicht die Zustimmung der Mehrheit des Ausschusses gefunden. Zur Begründung des Antrags wurde angeführt, daß in einzelnen Berufszweigen kurzfristige Beschäftigungsverhältnisse nicht zu vermeiden seien und daß in solchen Fällen der Arbeitgeber bei relativ wenigen Arbeitstagen gleichzeitig mehrere Feiertage bezahlen müsse, was sich wieder ungünstig auf Kalkulation und Preise auswirke.
Trotz bedingter Anerkennung dieser Gründe sieht die Mehrheit des Ausschusses in der Einführung einer solchen Sperrbestimmung eine Benachteiligung jener Arbeitnehmer, die nach längerer Arbeitslosigkeit oder auch als Heimkehrer wieder ein Arbeitsverhältnis erhalten, aber wegen Nichterreichung der dreimonatigen Wartezeit von der Bezahlung der Feiertage ausgeschlossen werden. Aus diesen Gründen lehnte die Mehrheit des Ausschusses diesen Antrag, die Bezahlung der Feiertage von einer dreimonatigen Beschäftigung abhängig zu machen, ab. Der kleine Prozentsatz solcher Fälle könnte nach Ansicht des Ausschusses durch besondere Regelungen ausgenommen werden, die aber die Partner unter sich ausmachen könnten.
Durch diese Ihnen vom Ausschuß vorgelegte Fassung dürfte die Gewähr dafür geboten sein, daß den Länderparlamenten das Recht der Festsetzung der Feiertage ungeschmälert verbleibt, daß darüber hinaus aber die Entlohnung für diese Feiertage einheitlich geregelt wird. Dabei verbliebe den Sozialpartnern für besondere Regelungen und Feiertagszuschläge weitgehend das Recht der freien Vereinbarung.
Wenn das Haus der Auffassung zustimmt, daß ohne eine gesetzliche Regelung der Lohnzahlung auch die gesetzlichen Feiertage vielfach nur auf dem Papier stehen, diese also nur auf Kosten der Arbeitnehmer eingehalten werden können, wenn darüber hinaus eine einheitliche Regelung der Lohnzahlung an Feiertagen für notwendig erkannt wird, dann müßte das Hohe Haus — und ich darf darum bitten — dieser Gesetzesvorlage in der Fassung des Ausschusses, für Arbeit zustimmen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Ich eröffne die Einzelbesprechung der zweiten Beratung. Ich rufe zunächst auf § 1. Zu § 1 liegt ein Abänderungsantrag der Fraktion der FDP vor. Wünscht jemand das Wort dazu zu nehmen? — Herr Abgeordneter Dr. Atzenroth, bitte!
Meine Damen und Herren! Dieser Gesetzentwurf ist vom Bundesrat eingebracht worden. Das kommt nicht oft vor. Es hat sich aber auch hier wieder einmal als unglücklich erwiesen. Wir sind nach wie vor der Ansicht, daß diese Materie nicht durch ein Gesetz geregelt werden sollte. Es handelt sich um Aufgaben der Tarifpartner, die von diesen gelöst werden sollten und auch gelöst werden können. Der Gesetzgeber sollte sich in solchen Fällen der eigenen Initiative enthalten. Das würde durchaus dem Gedanken des Grundgesetzes entsprechen.
Mit dieser Auffassung befinden wir uns in guter Gesellschaft. Denn Sie brauchen nur die Begründung nachzulesen. Sie werden daraus ersehen, daß auch die Bundesregierung diesen Standpunkt teilt, und ich könnte mir vorstellen, daß sowohl die Gewerkschaften als auch die Arbeitgeber dieselben Gedankengänge zu diesem Gesetzentwurf haben.
Aber da nun die Mehrheit des Ausschusses wünscht, daß dieses Gesetz verabschiedet wird, wollen wir doch wenigstens versuchen, die gröbsten Übertreibungen zu beseitigen. Dabei ist nicht daran gedacht, in die Rechte der Länder einzugreifen, die in der Festsetzung der Zahl der gesetzlichen Feiertage frei sind und auch frei bleiben sollen. Wir wollen aber auch nicht in die Rechte der Tarifpartner eingreifen. Ich kann die Meinung des Herrn Berichterstatters nicht teilen, daß den Tarifpartnern nach diesem Gesetz noch weitgehend Raum zu weiteren Vereinbarungen verbleibt. Das ist nicht der Fall. Vielmehr werden die Tarifpartner durch dieses Gesetz absolut eingeengt und gebunden.
Unser Antrag geht dahin, die Zahl derjenigen Feiertage, die nach dem Bundesgesetz zu bezahlen sind, auf zehn zu beschränken. Damit ist weder das Recht der Länder, die Zahl der Feiertage festzusetzen, noch das Recht der Sozialpartner, darüber hinaus Vereinbarungen zu treffen, eingeschränkt. Eingeschränkt bleibt allerdings das Recht der Sozialpartner, darunter zu bleiben.
Meine Damen und Herren, wir sprechen in diesem Hohen Hause so oft von den unerträglichen Preissteigerungen. Wir machen uns aber selten klar, daß wir daran die größte Schuld tragen; denn wir sind mit unseren Beschlüssen, die zwangsläufige Kostenerhöhungen verursachen, eigentlich die Urheber der meisten Preissteigerungen. Das zeigt sich in diesem Falle wieder besonders deutlich. Zweifellos sind Urlaub und Ruhe an Feiertagen für den Arbeitnehmer eine Quelle neuer Kraft. Wenn wir aber in der Zubilligung von Feiertagen zu weit gehen, dann kommen wir zu dem Problem, daß jeder Tag, an dem kein Sozialprodukt geschaffen wird, das Doppelte kostet und damit die doppelte Preissteigerung verursacht. Bedenken Sie bitte, daß jeder Werktag, der hier zusätzlich als Feiertag bezahlt wird, schätzungsweise 100 Millionen DM an Arbeitslohn verursacht, die sich nicht in Sozialprodukt umsetzen. Mir liegt zufällig eine weitere Zahl vor: allein im Braunkohlenbergbau bedeutet jeder Werktag, der ausfällt, einen Produktionsausfall von 220 000 Tonnen.
Ich wiederhole: Die Rechnung, die ich aufmache, trifft nicht für die ersten Urlaubstage zu, die Tage, die wirklich notwendig sind, um die Kräfte des arbeitenden Menschen wiederherzustellen. Sie trifft aber zweifellos dann in voller Schärfe zu, wenn wir zu Übertreibungen kommen, und hier besteht die Gefahr der Übertreibungen.
— Herr Kollege, das ist eben falsch! Wir wollen nicht Weihnachten abschaffen. Diese Feiertage sind selbstverständlich. Wir wollen den vierzehnten Tag abschaffen, nicht den ersten. Darauf kommt es hier wesentlich an.
Sie bringen mich aber noch auf ein weiteres Argument. Der Bundesrat hat in seiner Begründung angegeben, er wolle eine bundeseinheitliche Regelung schaffen, er wolle die Gleichmäßigkeit herstellen. Was aber in diesem Gesetz verankert wird, ist die Ungleichmäßigkeit; denn nach Inkrafttreten dieses Gesetzes werden in dem einen Land 11, im Nachbarland 14 Feiertage bezahlt. Von Gleichheit, die herzustellen beabsichtigt war, ist keine Rede mehr.
Meine Damen und Herren, ich komme nun zu dem Eventualantrag. Dieser Eventualantrag betrifft die Betriebe des Bundes, Betriebe also, deren Arbeitnehmerschaft sich über das ganze Bundesgebiet erstreckt und bei denen diese Ungleichheit, die durch die Annahme dieses Gesetzentwurfs entstehen würde, sich in noch stärkerem Maße auswirken müßte. Für diese Betriebe ist -durch Tarifverträge eine absolut befriedigende Regelung geschaffen worden. Diese Tatsache wird weder von der Arbeitnehmerseite noch von der Leitung dieser Betriebe bestritten. Für die Betriebe des Bundes ist einheitlich eine Bezahlung von 10 Feiertagen festgelegt. Auch hinsichtlich der Feiertage, die darüber hinaus in den einzelnen Ländern gesetzlich festgelegt sind, ist alles in, den Tarifverträgen gere- gelt. Bei den Betrieben des Bundes würde sich noch deutlicher zeigen, daß durch Erhöhung der Zahl der zu bezahlenden Feiertage, und zwar durch Gesetz, zugleich Kostenerhöhungen entstehen würden, die sich unweigerlich früher oder später in den Tarifen für die Allgemeinheit auswirken müßten.
Deswegen bitte ich Sie nochmals, unserem Antrag Ihre Zustimmung zu geben.
Das Wort hat der Herr Staatssekretär im Bundesfinanzministerium.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte hier lediglich zu den Fragen sprechen, die die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes betreffen, und zwar im Sinne des eben begründeten Antrags der FDP, zumindest des Eventualantrages. Nach unserer Ansicht gehören die Bezahlung des durch die Feiertage entstehenden Lohnausfalls und die Zuschlagszahlung für Feiertagsarbeit gerade zu den Arbeitsbedingungen, die ganz allgemein der tariflichen Regelung zwischen den Sozialpartnern vorbehalten sein sollten.
Bis zum Jahre 1945 waren, allerdings auf Grund eines Gesetzes der damaligen Zeit, einheitlich 10 Wochenfeiertage festgesetzt. Nach 1945 haben eine Reihe von Ländern diese Zahl erheblich erhöht; sie schwankt zwischen 11 und 18 Feiertagen. Bei der früheren Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes und auch jetzt bei der Bundesverwaltung einschließlich Bundesbahn und Bundespost ist die Zahl der bezahlten Wochenfeiertage auf 10 begrenzt geblieben, sie ist bei Bundesbahn und Bundespost durch Tarifvertrag ausdrücklich festgelegt.
Durch diese Tarifverträge sind im ganzen Bundesgebiet Rechtseinheit und Rechtsgleichheit erreicht
worden. Würde der Gesetzentwurf in der Fassung des Ausschusses angenommen, dann würde diese Rechtseinheit und Rechtsgleichheit, man kann wohl nur sagen, partikularistisch aufgelockert werden. Wir würden eine Ungleichheit erhalten, und ich glaube, gerade dadurch würden soziale Spannungen ausgelöst werden, die dank der tarifvertraglichen Regelung bisher völlig vermieden werden konnten. Ich will nur am Rande erwähnen, daß dadurch bei Bundesbahn und Bundespost sich ein jährlicher Mehraufwand von 10,5 Millionen DM ergeben würde, für den keine Deckung vorhanden ist. Auch die finanzielle Frage sollte daher zu einer gewissen Zurückhaltung Anlaß geben.
Ich glaube also, man kann diese Regelung nicht von dem Bedürfnis einzelner Länderregierungen nach vermehrter Abhaltung von Feiertagen abhängig machen, sondern man sollte die Regelung beibehalten, wie sie seit 1945 in befriedigender Weise getroffen war, nämlich im Sinne der einheitlichen tarifvertraglichen Vereinbarung zwischen den Sozialpartnern.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Bergmann.
Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Im Ausschuß für Arbeit wurde über wesentliche Punkte Einmütigkeit erzielt. Nur in der Frage, in welchem Umfange die Länder berechtigt sein sollen, diese Feiertage festzulegen, war man verschiedener Meinung.
— Ich glaube doch! Im Ausschuß für Arbeit war man auch bestrebt, eine Höchstzahl von Feiertagen festzulegen, genau so, wie Sie jetzt in Ihrem Antrag Umdruck Nr. 231 doch versuchen, die Zahl der zu bezahlenden Feiertage auf 10 zu beschränken. Das, glaube ich, ist als einzige Meinungsverschiedenheit übriggeblieben.
Nach unserer Auffassung ist es nicht möglich, eine Höchstzahl von Feiertagen festzusetzen. Wir müssen den Ländern das Recht geben, ihre Feiertage je nach Landescharakter festzulegen.
Wir wissen doch, daß nur ganz wenige Länder -ich glaube, es sind zwei oder drei — über die Zahl von 10 bzw. 11 Feiertagen hinausgegangen sind. Weiterhin ist bekannt, daß wir in der britischen Zone im Augenblick nur 6 gesetzliche Feiertage haben. Hier geht es darum, auch den Ländern der britischen Zone endlich einmal die Möglichkeit zu geben, zu einer Bezahlung der Feiertage zu kommen.
Der Herr Berichterstatter hat schon darauf hingewiesen: es geht nicht darum, die Zahl der Feiertage festzulegen, sondern darum, die Bezahlung dieser Feiertage gesetzlich zu verankern. Das kann nur durch ein Bundesgesetz erfolgen. Wir sollten dabei auch daran denken, daß doch gerade nur die Arbeiterschaft davon betroffen ist, da für die Beamten und Angestellten bisher schon eine Bezahlung erfolgte. Ich denke nur an Nordrhein-Westfalen, wo gerade kürzlich der Fronleichnamstag gefeiert wurde und die Arbeiterschaft wieder den großen Nachteil hatte, daß dieser Tag, wenn er als Feiertag begangen wurde, nicht bezahlt wurde. Die sozialdemokratische Fraktion ist der Auffassung, daß wir es nach wie vor den Ländern überlassen sollen, die Anzahl der Feiertage festzu-
legen. Wir lehnen darum den Antrag der Fraktion der FDP auf Umdruck Nr. 231 aus demselben Grunde ab, nämlich um die Einheitlichkeit in jedem Falle zu wahren.
Es ist nicht so, wie Sie, Herr Kollege Dr. Atzenroth, sagen, daß wir durch die Annahme des Ausschußberichtes eine Ungleichheit in diese Angelegenheit hineinbringen würden, sondern wir erreichen hier im Gegenteil eine Einheitlichkeit der Bezahlung, ob Arbeiter, Beamter oder Angestellter. Darauf kommt es uns an. Wir begrüßen darum die Initiative, die j a hier nun das Land Hamburg ergriffen hat, um eine bundeseinheitliche Regelung der Lohnzahlung an Feiertagen zu erreichen. Ich habe schon gesagt, daß die Festlegung der Feiertage ausschließliches Recht der Gesetzgebung der Länder ist. Hier geht es um die Art der Lohnzahlung, und sie ist Angelegenheit des Arbeitsrechts und kann darum nur durch Bundesgesetz, wie ich schon sagte, geregelt werden.
Nur die verschiedenartige politische Entwicklung nach 1945 gab ja allen süddeutschen Ländern die Möglichkeit, die gesetzliche Grundlage dafür zu schaffen, den Arbeitnehmern das Recht auf Zahlung von entgangenem Arbeitsverdienst zu sichern. Darum geht es doch in Wirklichkeit. Alle süddeutschen Länder haben davon Gebrauch gemacht. Nur in der britischen Zone war es nicht möglich. Dort blieb es bei der Anordnung des Beauftragten für den Vierjahresplan über die Lohnzahlung an Feiertagen vom 3. Dezember 1937, wonach nur eine Lohnzahlungspflicht für die sechs gesetzlichen Feiertage bestand. Wir sehen also schon daraus: hier geht es praktisch nur um die Länder der britischen Zone. Alle anderen Feiertage gehen in der britischen Zone auf Kosten der arbeitenden und damit auch der sozial schwächsten Kreise, während ja auch dort für die Angestellten und Beamten kein finanzieller Ausfall entsteht. Die hieraus entstehenden sozialen Spannungen- zu beseitigen, das ist unsere Pflicht, glaube ich. Die Regelung dieses Entwurfs bedeutet darum auch keine besondere Belastung der Wirtschaft; denn die Bezahlung der Zuschläge bei Arbeit an Feiertagen, die ja ebenfalls vorgeschlagen worden war, ist auch vom Ausschuß für Arbeit aus diesem Gesetz herausgenommen -worden. Die Regelung dieser Frage soll auch nach unserer Auffassung Aufgabe der beiden Sozialpartner bleiben; denn diese Zuschläge gehören in die Arbeitsbedingungen und damit in den Tarifvertrag. Man kann diese Zuschläge dann je nach der Bedeutung des Feiertages festsetzen.
Besonders erfreulich ist auch, daß die Heimarbeiter in dieses Gesetz aufgenommen werden. Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion begrüßt daher dieses Gesetz zur Regelung der Lohnzahlung an Feiertagen und wird ihm in der Ausschußfassung zustimmen.
Nun haben einige Kollegen, u. a. die Abgeordneten Günther, Dr. Wellhausen, Walter, mit Umdruck Nr. 233 ebenfalls noch einen Antrag gestellt, daß Arbeilnehmer, die weniger als vier Wochen in einem Betrieb tätig sind, keinen Anspruch auf Bezahlung der Feiertage haben sollen, sondern die Bezahlung soll erst später, wenn die Arbeitnehmer die Frist von drei Monaten im Betriebe erfüllt haben, erfolgen. Ich möchte zu diesem Antrage nur sagen, daß man damit eigentlich eine wenig vornehme Gesinnung zum Ausdruck bringt;
denn hier handelt es sich doch wirklich um die sozial schwächsten Kreise, die nun endlich einmal eine Arbeit gefunden haben und natürlich noch nicht wissen, wie lange sie im Betriebe verbleiben können.
Wenn vorhin der Vertreter des Bundesfinanzministeriums darauf aufmerksam machte, daß auch das Ministerium der Auffassung sei, daß man dem Eventualantrag der FDP auf Umdruck Nr. 231 zustimmen solle, so müssen wir der Auffassung sein, daß wir diesen Antrag auch für die öffentlichen Verwaltungen — ganz gleich, ob es sich um Gemeinde-, Post- oder Eisenbahnarbeiter handelt — im Interesse der Einheitlichkeit ablehnen müssen. Ich glaube, sagen zu können: Wenn Ihnen die Feiertage heilig sind, dann sollten wir kein Ausnahmegesetz, letzten Endes gegen die Arbeiterschaft, beschließen, ganz gleich, wie verschiedenartig hier die Dinge betrachtet werden. Ich bitte Sie darum, dem Antrage des Ausschusses zuzustimmen.
Das Wort hat der Abgeordnete Sabel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu dem Abänderungsantrag von Herrn Dr. Atzenroth möchte ich folgendes bemerken. Ich glaube, wir dürfen nicht übersehen, warum es zu dieser Gesetzesvorlage gekommen ist. In den Ländern der amerikanischen und französischen Zone bestanden bereits gesetzliche Regelungen über die Feiertage und die Feiertagsbezahlung. In den Ländern der britischen Zone sind solche gesetzlichen Regelungen aus bestimmten Gründen nicht erfolgt. Nun sind sie nicht mehr möglich, weil diese Frage zur Zuständigkeit des Bundes gehört. Im Ausschuß für Arbeit war man doch weit überwiegend der Auffassung, daß auch hier ein echtes Bedürfnis für eine einheitliche Regelung besteht. Zumindest sollte der Grundsatz festgelegt werden, daß die Bezahlung für gesetzliche Feiertage erfolgen muß. Ich halte es nicht für angängig, diese Frage in Tarifverträgen zu regeln, sondern ich halte es für viel zweckmäßiger, diese Feiertagsbezahlung hier im Gesetz grundsätzlich festzulegen. Ich bin wohl der Auffassung, man sollte die Frage der Zuschläge bei Feiertagsarbeit den Tarifverträgen überlassen, weil innerhalb der einzelnen Sparten die Verhältnisse so stark differenziert sind, daß eine einheitliche bundesgesetzliche Regelung zweifellos nicht das Richtige treffen würde.
Von Herrn Dr. Atzenroth ist auf den Produktionsausfall hingewiesen worden. Das Gesetz, das uns zur Entscheidung vorliegt, bedeutet keinen Produktionsausfall. Vom Berichterstatter ist mit Nachdruck darauf hingewiesen worden, daß die Festlegung der Feiertage den Ländern obliegt. Das ist doch zu beachten! Ein Produktionsausfall tritt erst dann in Erscheinung, wenn in den Ländern die Feiertage festgelegt werden; das sollte man beachten.
Die Frage der Kosten ist meines Erachtens etwas übersteigert betont worden. Die Situation ist so, daß wir in einem Land, in Südbaden, 14 Feiertage — 12 plus 2 Feiertage — in überwiegend katholischen Bezirken haben, daß aber die Zahl der Feiertage in den Ländern der französischen und amerikanischen Zone zwischen 11 und 14 liegt. In der britischen Zone ist noch die alte Regelung in Kraft, nach der bisher 6 Feiertage bezahlt wur-
den. Wenn Sie umrechnen, daß eine Ausweitung in der britischen Zone praktisch nur dann erfolgt, wenn die Länder mehr gesetzliche Feiertage festlegen, dann mögen Sie daraus erkennen, daß man die Kosten — sie sind beachtlich — nicht übersteigert darstellen sollte. Wollte man dem Antrag von Herrn Dr. Atzenroth zustimmen, dann würde das zu dem Ergebnis führen, daß in einer Reihe von Ländern die Arbeitnehmer bestimmte Feiertage nicht bezahlt erhielten; denn wir können ja nicht damit rechnen, daß die Länder dann ihre Feiertage reduzieren. Hier handelt es sich doch durchweg um Feiertage, die nicht seit Jahren, sondern seit Jahrhunderten gefeiert werden, und es wird zweifellos in den Ländern kein Bedürfnis dafür bestehen, hier eine Korrektur zu erreichen. Die Korrektur läge nur darin, daß die Arbeitnehmer für diese Feiertage keine Bezahlung erhalten würden. Wie ich Ihnen schon sagte, ist die weit überwiegende Mehrheit des Ausschusses der Auffassung gewesen, daß den Arbeitnehmern für alle Feiertage das Recht auf Lohn zugestanden werden sollte.
Nun zu der Frage, die im zweiten Antrag von Herrn Dr. Atzenroth angeschnitten worden ist und die auch von Herrn Staatssekretär Hartmann behandelt wurde. Auch im öffentlichen Dienst ist für einen Teil der Arbeitnehmer die Situation gleich der der Arbeitnehmer in der übrigen Wirtschaft. Auch hier besteht ein Bedürfnis dafür, daß für diesen Teil der Arbeitnehmer die Lohnzahlungspflicht an Feiertagen festgelegt wird. Ich halte es nicht für zweckmäßig, diese grundsätzliche Frage in Tarifverträgen festzulegen. Ich sage in aller Offenheit: die bisherigen tarifvertraglichen Regelungen werden der Wirklichkeit, den Bedürfnissen nicht gerecht. Es geht nicht an, daß man — wie man es beispielsweise bei der Bundesbahn gemacht hat — automatisch 10 Feiertage festlegt und dann in den Ländern, in denen nun keine 10 Feiertage vorhanden sind — britische Zone — praktisch zusätzliche Urlaubstage bewilligt. So ist es bisher gehandhabt worden. Durch das Gesetz soll lediglich ein Lohnausfall verhindert werden. Durch das Gesetz sollen keine Sondervergünstigungen für bestimmte Länder geschaffen werden, in denen die Zahl der Feiertage niedriger ist.
Ich habe auch sehr starke Bedenken gegen die von Herrn Staatssekretär Hartmann genannte Summe der Kosten, die bei Annahme des Gesetzes für den öffentlichen Dienst entstehen würde. Wir hatten Gelegenheit, im Ausschuß für Arbeit die Vertreter von Bundespost und Bundesbahn zu hören. Die von der Bundesbahn angegebenen Zahlen wurden im Ausschuß angezweifelt. Es wurde gewünscht, diese Zahlen etwas näher zu spezifizieren. Das ist nicht geschehen. Ein oberflächlicher Blick zeigte aber den Ausschußmitgliedern schon, daß diese Summe der Kosten zu hoch angegeben war. Ich bin der Auffassung: sie liegt wesentlich niedriger, als sie von der Bundesbahn angegeben wurde.
Ich möchte dann zu dem Antrag der Abgeordneten Günther, Kohl , Eickhoff und Genossen etwas sagen. In der Einleitung dieses Antrages heißt es:
In § 1 wird Abs. 3 mit folgendem Wortlaut wie der eingefügt.
Ich möchte hierzu feststellen, daß dieser Passus noch nie eingefügt war, weder in der ursprünglichen Vorlage noch in dem ersten Bericht.
Diese Frage ist auch im Ausschuß eingehend diskutiert worden, und diese Regelung wurde im Ausschuß gegen eine Stimme abgelehnt.
Hierzu ist folgendes zu sagen. Zweifellos gibt es Fälle, wo eine Belastung des Handwerks, des Gewerbes entstehen könnte, die im Verhältnis zur abgeleisteten Arbeitszeit hoch ist. Es gibt aber auch hier die Möglichkeit, durch befristete Arbeitsverhältnisse gewisse Stoßgeschäfte vor Feiertagen zu erledigen, ohne daß hier nun ein Anspruch auf Bezahlung der Feiertage erwächst. Würden wir dem. Antrag zustimmen, dann bedeutete das zweifellos, daß wir gerade eine Gruppe von Menschen benachteiligen, die eigentlich ein Anrecht darauf hat, besonders berücksichtigt zu werden. Ich denke an die Menschen, die aus irgendeinem Grunde erst seit kurzer Zeit in einem Arbeitsverhältnis stehen. Auch hier geht es wieder darum, die Tendenz des Gesetzes zu beachten, die darin liegt, dem Arbeitnehmer durch den Feiertag keinen Lohnausfall erwachsen zu lassen.
Ich möchte Sie aus den vorgetragenen Gründen herzlich bitten, dem Gesetzentwurf in der Fassung zuzustimmen, wie sie vom Ausschuß vorgeschlagen wird.
Meine Damen und Herren, nachdem bereits zwei Redner zum Abs. 3 gesprochen haben, möchte ich zunächst Herrn Abgeordneten Günther das Wort dazu geben.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Grundsatz bejahe ich die Absicht, die mein Vorredner mit seinem Antrag verfolgt, und bejahe auch das, was der Antrag besagt. Das steht nur im Gegensatz etwa zu dem Verfahren, das zur Zeit gehandhabt wird: Sonntag für Sonntag wird gearbeitet, obwohl das Grundgesetz jedem einzelnen Bürger die Heilighaltung des Sonntags gewährleistet. Ich freue mich, daß eine Reihe Feiertage dadurch, daß sie bezahlt werden, geschützt werden sollen. Das darf nach meiner Auffassung aber nicht zu dem Privileg einer Lohnzahlung für diesen Tag oder gar zu einer doppelten Lohnzahlung für diesen Tag führen, sondern die Staatsautorität muß dann auch die Einhaltung der Feiertage entsprechend garantieren.
Ich kann mich für diesen Antrag besonders einsetzen und kann auch an dem, was mir zu weitgehend erscheint, Kritik üben, weil ich in meinem eigenen Betrieb in den mehr als zwölf Jahren, in denen ich ihn führe, von der Nazizeit — und insbesondere damals! — bis heute jeden Feiertag gehalten habe. Ich habe immer eine Lösung gefunden, so daß meine Leute einen Ausgleich hatten: an dem auf den Feiertag folgenden Samstag wurde voll gearbeitet, und den Ausgleich für den ausgefallenen halben Tag habe ich immer bezahlt.
Ich glaube aber trotzdem, daß diese Handhabung auf den Großbetrieb zugeschnitten ist; viele Handwerksbetriebe werden hierdurch wirtschaftlich stark beeinträchtigt. Ich begrüße den Grundsatz, daß Arbeiter, Beamte und Angestellte im wesentlichen gleich behandelt werden sollen. Man muß zugeben, daß die bisherige Handhabung auf diesem Gebiet ein Unrecht darstellt.
Vor allen Dingen wird in diesem Fall das Bauhaupt- und Baunebengewerbe betroffen. Metzger, Bäcker usw. werden nicht betroffen, weil sie ohnehin im Wochenlohn arbeiten; wenn Ausfälle
durch Feiertage entstehen, wird entsprechend in der Woche vor- oder nachgearbeitet. Im Bauhaupt- und Baunebengewerbe ist aber der Stundenlohn ein wesentlicher Bestandteil der Kalkulation. Es tritt nicht selten der Fall auf — im Baunebengewerbe ist es sogar in der Mehrzahl aller Fälle so, ob ich die Dachdecker oder Installateure oder sonst einen Beruf herausgreife; die Stamm-Mannschaft sind fünf Personen —, daß Bauten unter allen Umständen fertiggestellt werden müssen, und bei der heutigen Terminstellung werden dann häufig beim Arbeitsamt Leute angefordert. Es werden dann keine fünf Leute, sondern zehn bis fünfzehn beschäftigt, die an und für sich nur für vier Wochen beschäftigt werden können. Bei dem heutigen Submissionsverfahren kann ich nicht im Oktober feststellen, ob diese Arbeiten im November oder Dezember anfallen und ob sie auf oder zwischen Feiertage fallen.
Das trifft besonders für die Gewerbe zu, die von den Witterungsverhältnissen abhängig sind oder die unter Umständen die Baustellen von Ende November stillegen und dann entsprechend der anfallenden Arbeit Leute einstell en müssen Jedenfalls ist die vorgeschlagene Regelung für diese Betriebe eine außerordentliche Belastung. wenn sie diese Mehrkosten, die dadurch verursacht werden. in die Kalkulation einbauen oder unter Umständen dadurch auf ihren Verdienst verzichten müssen. Denken Sie vor allem daran. daß es einem sehr großen Teil der Handwerksbetriebe nicht gerade besonders gut geht, besonders den Betrieben des Baunebengewerbes, deren Existenz durch Preisdrückung usw. in vielen Fällen in Fraie gestellt ist. Sie brauchen sich nur die Konkurskurve der letzten Monate zu betrachten. dann werden Sie feststellen, daß meine Ausführungen berechtigt sind.
Weiter kommt hinzu, daß gerade an Weihnachten, Pfingsten oder Ostern drei oder vier Feiertage innerhalb von drei his vier Wochen anfallen. Es muß unterschieden werden zwischen einer Gruppe von Leuten, die man im Handwerk sozusagen als Zugvögel betrachtet, die kommen und gehen, und dem Angestellten. bei dem es so ist, daß er, wenn er eingestellt ist, nicht vorzeitig aufhören kann. sondern seine Kündigungsfrist einhalten muß. Der im Arbeitsverhältnis stehende Arbeitnehmer kann eingestellt sein, und wenn ihm die Luft nicht paßt, dann seht er, aber erst nachdem er die vier Tage bezahlt bekommen hat, ohne jedoch ei-ne entsprechende Leistung für den Betrieb erbracht zu haben. Deswegen habe ich mich im Ausschuß für die Begrenzung auf drei Monate eingesetzt. Ich bin überstimmt worden. habe nun aber meinen damaligen Antrag dergestalt geändert, daß Arbeitnehmer. die weniger als vier Wochen in einem Betrieb tätig sind, keinen Anspruch haben sollen. es sei denn. daß sie länger als drei Monate im Betrieb verbleiben. Die Bezahlung erfolgt vorschußweise.
Nun möchte ich den letzten Satz insoweit geändert haben:
Der Vorschuß wird im Falle des vorzeitigen Ausscheidens verrechnet.
Das stellt meines Erachtens keine unbillige Härte dar. Heimkehrer werden davon gar nicht betroffen. Wenn ein Heimkehrer in seinen Betrieb zurückkehrt, bekommt er selbstverständlich den Tag bezahlt; darüber gibt es gar keinen Streit.
Auf der andern Seite möchte ich sagen, daß es nicht auf die Zahl der Betroffenen ankommt. Wenn ich ein Gesetz mache, muß es auch für eine Minderheit Geltung haben und seine Bestimmunden dürfen nicht gegen eine Minderheit gerichtet sein. Außerdem ist festzustellen — Sie mögen bei den Arbeitsämtern der Großstädte nachfragen; ich selbst habe mich beim Arbeitsamt Köln erkundigt -, daß ab 1. Mai bis zum Pfingstdienstag keine Einstellungen erfolgt sind, weil eben bestimmte Betriebe, vor allen Dingen Großbetriebe, die beiden Feiertage nicht mitbezahlen wollten und sich deswegen zurückhielten. Außerdem wird man gewissermaßen als Selbsthilfe — die Praxis beweist es jetzt schon — auf ein Überstundenunwesen zurückgreifen. Die Arbeitnehmer selbst sind daran zum Teil interessiert. Dem wird noch Vorschub geleistet, wenn ein derartiges Gesetz überspitzt wird.
— Jedes Gesetz, das überspitzt wird, wirkt sich gegen diejenigen aus, für die es eigentlich gedacht ist.
Ich möchte im Interesse der Handwerksbetriebe bitten, doch dieser an sich sehr billigen Forderung, die im Grundsatz auch im Ausschuß anerkannt worden ist, Ihre Zustimmung zu geben.
Das Wort hat der Vertreter des Landes Hamburg im Bundesrat.
Neuenkirch, Senator von Hamburg: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieser Initiativgesetzentwurf des Bundesrats entspringt nicht etwa dem Bedürfnis einiger Länder auf „vermehrte Abhaltung von Feiertagen", wie Herr Staatssekretär Hartmann glaubte andeuten zu müssen, sondern er entspringt dem sozialen Bedürfnis gerade derjenigen Länder, die ohnehin schon die geringste Zahl von gesetzlichen Feiertagen haben und auf Grund der heute geltenden Rechtsvorschriften nur einen Bruchteil dieser durch einen Lohnzahlungsanspruch gesichert sehen. Ich möchte also nur herausstellen, daß der Ausgangspunkt doch lediglich der ist, die bisherige Benachteiligung der Arbeitnehmer — vor allen Dingen der Arbeiter in der britischen Zone — gegenüber den anderen Besatzungszonen zu beseitigen. Daß wir diese Ungleichheit heute haben, ist doch wirklich nur eine Folge des willkürlichen Auseinandergehens der Rechtsentwicklung unter den Verhältnissen des Besatzungsrechtes. Hätten wir in der britischen Besatzungszone nicht die Zuständigkeitsbegrenzung der Länder durch das Zentralamt für Arbeit in Lemgo gehabt, dann wäre ohne Zweifel in den Jahren nach 1945 genau wie in den Ländern der amerikanischen und französischen Besatzungszone der Lohnzahlungsanspruch für alle gesetzlich festgelegten Feiertage auch in diesen Ländern einheitlich geregelt worden. Also, es handelt sich bei der hier heute herbeizuführenden und vom Bundesrat gewünschten Entscheidung lediglich um die Beseitigung des Unrechts und die Herbeiführung der Gleichmäßigkeit.
Ich möchte mich in der Auseinandersetzung mit dem sachlichen Vorbringen nur mit dem Antrag beschäftigen, der soeben von Herrn Abgeordneten Günther hier begründet worden ist. Ich darf Sie bitten, darauf zu achten, daß eine Annahme dieses
Antrags eine wesentliche Verschlechterung des heute bestehenden Zustandes zur Folge haben würde.
Denn der Antrag beschränkt sich nicht etwa nur auf die Feiertage, für die jetzt durch dieses Gesetz die Möglichkeit zur Einräumung eines Lohnzahlungsanspruchs gegeben sein sollte, sondern er spricht grundsätzlich von allen Feiertagen. Das bedeutet also, daß die seit Jahren — ich glaube, seit 11 oder 12 Jahren — bestehenden Lohnzahlungsansprüche für die sechs gesetzlichen Feiertage generell und die seit 4 oder 5 Jahren durch Landesrecht gesicherten Lohnzahlungsansprüche wesentlich beschränkt werden. Eine solche Maßnahme würde wohl allgemein als sozial rückschrittlich angesehen werden. Ich glaube, daß jedenfalls der Bundesrat für eine solche Veränderung des in den Ländern jetzt bestehenden Zustandes kein Verständnis zeigen würde. Das darf ich zu der Auswirkung des Antrages sagen.
Im allgemeinen möchte ich noch bemerken, daß es doch wohl eine Verkennung des Gedankens bedeutet, wie er dem Gesetzentwurf zugrunde lieg t, wenn man eine solche Einschränkung vorsieht. Es handelt sich ja nicht um zusätzliche soziale Leistungen, die hier dem Arbeitnehmer aus irgendeinem Anlaß gewährt werden sollen, sondern es handelt sich im Ergebnis doch nur um die Klarstellung, daß ich nicht Feiertage anordnen, also einen Arbeitnehmer zur Arbeitsruhe zwingen kann, wenn ich ihm nicht gleichzeitig einen Lohnzahlungsanspruch dafür zuerkenne. Die Wirkung dieses Antrages müßte dann sein, daß den Arbeitnehmern, die nicht einen bis drei Monate im Betrieb sind, auch die Möglichkeit verschafft werden müßte, wenigstens für ihren Teil an einem gesetzlichen Feiertag zu arbeiten, um die wirtschaftliche Gleichstellung mit den anderen Arbeitnehmern zu erreichen.
Ich bin davon überzeugt, daß der Bundesrat — trotz der Abweichungen, die sein Initiativgesetzentwurf in den Ausschußberatungen erfahren hat — dem Gesetz in der vom Ausschuß angeregtern Form ohne Einschränkung zustimmen wird.
Das Wort hat der Abgeordnete Willenberg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ergebnisse, die der Ausschuß für Arbeit nach vielen Beratungen dem Hohen Hause vorlegt, finden bei meiner Fraktion volle Zustimmung. Die Abänderungsanträge," die uns von der Fraktion der FDP vorgelegt worden sind, lehnt meine Fraktion ab. Wir sind der Auffassung, die Festsetzung der Zahl der Feiertage ist Aufgabe der Länder.
Wir wollen das den Ländern überlassen, wieviel
Feiertage sie als solche bestimmen, -und können meines Erachtens da von hier aus nicht eingreifen. Ebenso lehnen wir den für den Fall der Ablehnung des vorhin genannten Antrages eingereichten Ersatzantrag ab.
Dann liegt uns auch noch ein Änderungsantrag auf Umdruck Nr. 233 vor, der von einigen Mitgliedern des Hohen Hauses eingereicht worden ist. Auch diesen Antrag lehnt meine Fraktion ab, und zwar aus folgenden Gründen: Man kann gerade jene Arbeiter, die lange Zeit arbeitslos gewesen sind oder die als Heimatvertriebene lange Zeit hier keine Beschäftigung gefunden haben und die nun endlich einmal Arbeit bekommen, nicht schlechter stellen als jene Arbeitnehmer, die seit Jahr und Tag im Betrieb gewesen sind. Aus diesem Grunde lehnen wir die vorgeschlagene Einschränkung ab.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Wir bezahlen nur die Feiertage, die gesetzlich anerkannt worden sind. — Also nicht die Sozialpartner bestimmen die gesetzlichen Feiertage, sondern das zu tun wird immer Sache der Länder sein.
Meine Fraktion stimmt den Anträgen des Ausschusses zu.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Atzenroth. — Er verzichtet. Danke schön.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Besprechung zu § 1.
Meine Damen und Herren, zunächst der Abänderungsantrag der Fraktion der FDP Umdruck Nr. 231, wonach dem § 1 Abs. 1 zwei Sätze, Satz 3 und Satz 4, hinzugefügt werden sollen. Ich bitte die Damen und Herren, die für den Änderungsantrag der Fraktion der FDP sind, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei einigen Enthaltungen ist der Antrag mit Mehrheit abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über den Eventualantrag Umdruck Nr. 231, nach dem in § 1 Abs. 1 ein Satz 3 hinzugefügt werden soll. Ich bitte die Damen und Herren, die für diesen Eventualantrag sind, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei einigen Enthaltungen ist der Antrag abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über den Änderungsantrag Umdruck Nr. 233 der Abgeordneten Günther, Kohl, Eickhoff und Genossen. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — ich bitte um die Gegenprobe. — Das letzte ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über § 1 in der Ausschußfassung. Ich bitte die Damen und Herren, die dem § 1 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Mit überwiegender Mehrheit angenommen.
Ich rufe § 2 a auf und weise entgegen dem vorhin Festgestellten ausdrücklich darauf hin, daß gesetzestechnisch keine andere Möglichkeit bestand, als diesen Paragraphen zunächst als 2 a zu bezeichnen. Die endgültige Numerierung wird natürlich vorzubehalten sein. Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Besprechung.
Ich komme zur Abstimmung über § 2 a in der Ausschußfassung. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei einigen Enthaltungen angenommen.
Ich rufe § 4 auf. — Keine Wortmeldungen. Ich schließe die Besprechung. Ich bitte die Damen und Herren, die § 4 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. —
Enthaltungen? — Bei einigen Enthaltungen angenommen.
Ich rufe auf Einleitung und Überschrift. — Keine Wortmeldung. Ich bitte die Damen und Herren, die Einleitung und Überschrift zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei einigen Enthaltungen angenommen. Damit ist die zweite Beratung beendet.
Ich komme zur
dritten Beratung.
Zur allgemeinen Besprechung keine Wortmeldungen: Ich schließe die allgemeine Besprechung.
Ich rufe auf § 1, — § 2 a, — § 4, — Einleitung und Überschrift. — Keine Wortmeldungen. Ich schließe die Besprechung.
Ich komme zur Abstimmung über die aufgerufenen Paragraphen, Einleitung und Überschrift. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei einigen Enthaltungen gegen wenige Stimmen angenommen.
Ich komme zur Schlußabstimmung über das Gesetz zur Regelung der Lohnzahlung an Feiertagen. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Gesetz in seiner Gesamtheit zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Bei einigen Enthaltungen mit Mehrheit angenommen.
Meine Damen und Herren, ich mache Ihnen den Vorschlag, daß wir jetzt den Bericht des Vermittlungsausschusses entgegennehmen. Ich rufe also auf:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Vereinfachung des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes (ESt-
und KSt-Änderungsgesetz 1951) .
Berichterstatter ist Herr Staatssekretär Dr. Ringelmann. Ich schlage Ihnen vor, daß wir nach Entgegennahme des Berichts entsprechend der eingangs festgelegten Planung eine Pause von etwa
einer Stunde eintreten lassen, um den Fraktionen
Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. — Das
Haus ist damit einverstanden.
Bitte, Herr Staatssekretär!
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Deutsche Bundestag hat in seiner 145. Sitzung am 31. Mai 1951 den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Vereinfachung des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes, der Ihnen als Drucksache Nr. 1982 unterbreitet wurde und die aus den Drucksachen Nrn. 2212 und zu 2212 ersichtlichen Änderungen erfahren hat, verabschiedet. Der Bundesrat hat in seiner 58. Sitzung am 8. Juni 1951 über diesen Entwurf beraten und beschlossen, die Einberufung des Vermittlungsausschusses gemäß Art. 77 Abs. 2 des Grundgesetzes zu verlangen. Der Vermittlungsausschuß sollte zu fünf Anträgen des Bundesrates vermittelnd Stellung nehmen. Ich bin beauftragt, Ihnen über den Verlauf und das Ergebnis der Besprechungen des Vermittlungsausschusses zu berichten.
Der erste Antrag des Bundesrats betrifft die Streichung des § 1 Ziffer 4 des Gesetzentwurfs, der die in § 7 a des Einkommensteuergesetzes geregelte Bewertungsfreiheit für bewegliche Wirtschaftsgüter betrifft. Die Regierungsvorlage hatte vorgeschlagen, durch eine Neufassung des § 7 a des Einkommensteuergesetzes grundsätzlich die Bewertungsfreiheit für Ersatzbeschaffung abnutzbarer beweglicher Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens zu beseitigen und damit zu einer Beschränkung der auf dem Wege der Selbtsfinanzierung auf Kosten des Steueraufkommens durchgeführten Investitionstätigkeit zu gelangen.
Der Bundesrat hatte bereits bei der Beratung des Steueränderungsgesetzes vom Jahre 1950 die vorzeitige Aufhebung des § 7 a, der erst am 31. Dezember 1952 auslaufen sollte, gefordert. Die Bundesregierung erkannte nunmehr im Hinblick auf den erhöhten Finanzbedarf des Bundes und der Länder sowie auf die Notwendigkeit, die Auswahl der volkswirtschaftlich erforderlichen Investitionen nicht mehr allein der Initiative der Unternehmer zu überlassen, die Berechtigung dieser Forderung an. Maßgebend war hierbei auch die Erwägung, daß der normale Investitionsbedarf in vielen Fällen durch die Absetzungen für Abnutzungen und Abschreibungen auf die D-MarkBilanzwerte, deren Reaktivierung das D-MarkBilanzgesetz sehr großzügig zugelassen hatte, befriedigt werden kann. Lediglich bei dem bisher in § 7 Abs. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes genannten Personenkreis der politisch, rassisch und religiös Verfolgten sowie der Flüchtlinge und Vertriebenen erschien es der Bundesregierung erforderlich, die Selbstfinanzierung bis zu dem ursprünglich vorgesehenen Zeitpunkt vom 31. Dezember 1952 in der bisherigen Weise zu fördern. a Dabei sollte im Interesse der Vereinfachung des Verfahrens die Bewertungsfreiheit auf die im bisherigen § 7 a Abs. 1 Buchstabe a bezeichnete Möglichkeit beschränkt werden.
Der Bundestag hat nun demgegenüber nicht nur die Regierungsvorlage mit Abs. 1 und Abs. 2 des § 7 a übernommen, sondern diese Vorschriften noch durch die neuen Bestimmungen eines Abs. 3 erweitert, der die Bewertungsfreiheit nach Abs. 1 und 2 auf solche Steuerpflichtige erstreckt, die ihre frühere Erwerbsgrundlage infolge Kriegsschadens oder durch Demontage verloren haben, und zwar dann, wenn sie nach dem Stande vom 20. Juni 1948, also dem Stande am Währungsstichtag, mindestens 2/3 des Wertes der Wirtschaftsgüter des in der Steuerbilanz vor Eintritt des schädigenden Ereignisses ausgewiesenen Anlagevermögens eingebüßt haben.
Der Bundesrat erblickt in dem Ihnen in § 1 Ziffer 4 des Gesetzentwurfs vorliegenden neuen § 7 a nicht nur eine bedauerliche Komplizierung der Vorschriften, insbesondere hinsichtlich der klaren Abgrenzung des Kreises der zu begünstigenden Unternehmen, sondern auch die Gefahr einer Benachteiligung anderer bedeutender Wirtschaftszweige mit ähnlich gelagerten Verhältnissen, und befürchtet, daß sich aus dieser Bestimmung nicht unerhebliche Steuerausfälle ergeben. Um weiteren Berufungen vorzubeugen und das Steuerrecht tunlichst zu vereinfachen, schlug der Bundesratsfinanzausschuß die ersatzlose Streichung des § 7 a vor. Das Plenum des Bundesrats trat diesem Vorschlag bei, nachdem sich der Herr Bundesfinanzminister bereits bei der ersten Beratung des Gesetzentwurfs gegen die Streichung nicht ablehnend verhalten hatte.
Der Vermittlungsausschuß würdigte in seiner gestrigen Sitzung eingehend die für und wider die Streichung sprechenden Gründe. Er prüfte die Frage, ob die Bewertungsfreiheit für die beteiligten Kreise eine nachhaltige, wirksame Hilfe bieten kann oder ob das angestrebte Ziel nicht zweckmäßiger mit anderen Mitteln, insbesondere mit Krediten oder Subventionen, erreicht werden kann. Schließlich prüfte er die Frage, ob, wenn die Bewertungsfreiheit in beschränktem Umfange beibehalten werden soll, es nicht notwendig ist, den Kreis der Begünstigten enger zu ziehen.
Hinsichtlich der finanziellen Auswirkungen erklarte der Herr Bundesfinanzminister auf Anfrage, daß die Abs. 1 und 2 des § 7 a einen Einnahmeausfall von etwa 10 Millionen DM zur Folge haben würden, während der vom Bundestag neu eingefügte § 7 a Abs. 3 mit der Begünstigung der Kriegs-und Demontagegeschädigten einen mindestens dreimal so hohen Ausfall, d. h. einen Ausfall von rund 30 Millionen DM mit sich bringen würde.
Zu dem Abs. 3 des § 7 a wurde im einzelnen noch dargelegt, daß die Fassung dieser Bestimmung zu einer Reihe von Zweifeln Anlaß gebe und eine weitere Komplizierung der Steuerveranlagung bedeute, daß ferner der Ausgleich für Kriegs- und Demontageschäden wegen der unvermeidbaren Rückwirkungen, unbeschadet anderweitiger Hilfsmaßnahmen des Bundes und der Länder, der Lastenausgleichsgesetzgebung vorbehalten bleiben müsse. Das unter Berufung auf die Unzulänglichkeit einer jährlichen Abschreibungsgrenze von 100 000 DM gestellte Verlangen, den § 7 a Abs. 3 zu erweitern und den Bundesfinanzminister zu ermächtigen, eine höhere Abschreibungsgrenze festzusetzen, fand im Vermittlungsausschuß keine ausreichende Unterstützung. Hingegen trat der Vermittlungsausschuß einem Vorschlag bei, die Abs. 1 und 2 des § 7 a in der vom Bundestag in dritter Lesung beschlossenen Fassung beizubehalten und den vom Bundestag in der gleichen Lesung eingefügten Abs. 3 des § 7 a zu streichen. Der Vermittlungsausschuß empfiehlt dem Bundestag, diesem Vorschlag zu entsprechen und sich mit der Streichung des Abs. 3 des im übrigen in den Abs. 1 und 2 aufrechtzuerhaltenden § 7 a einverstanden zu erklären.
Der Bundesrat wünscht zweitens eine Ergänzung des § 1 Ziffer 6 des Gesetzentwurfs in der vom Bundestag beschlossenen Fassung dahingehend, daß im § 7 a Buchstabe d Abs. 2 Ziffer 1 hinter den Worten „im Bundesgebiet" die Worte „oder im Lande Berlin" eingefügt werden sollen, weil auch Berliner Werften ein lebhaftes Interesse an der Abzugsfähigkeit von Zuschüssen zur Förderung des Schiffsbaus haben. Der Vermittlungsausschuß empfiehlt dem Hohen Hause, diesem Verlangen zu entsprechen.
Der Bundesrat hat drittens eine Überprüfung des § 1 Ziffer 8 des Gesetzentwurfes verlangt. Diese Ziffer 8 enthält einen neuen § 9 a des Einkommensteuergesetzes, wonach Aufwendungen für die Bewirtung von Geschäftsfreunden mit Speisen, Getränken oder sonstigen Genußmitteln als Betriebsausgaben oder Werbungskosten bei der Ermittlung des Gewinns oder des Überschusses der Einnahmen über die Werbungskosten nur nach Maßgabe einer Rechtsverordnung abgesetzt werden dürfen. Da der Bundesrat sich entgegen seiner sonstigen Übung, bei einem Vermittlungsverlangen das Petitum scharf abzugrenzen, nicht darüber ausgelassen hat, nach welcher Richtung er diesen § 9 a
nachgeprüft wissen will, ergaben sich im Vermittlungsausschuß hinsichtlich der Behandlung dieses Verlangens Meinungsverschiedenheiten. Schließlich wurde aber vom Vermittlungsausschuß mit Stimmenmehrheit die Frage bejaht, ob es bei dem Beschluß der dritten Lesung des Bundestages verbleiben soll. Der Vermittlungsausschuß schlägt dem Hohen Hause demgemäß vor, an dem § 9 a in der Ihnen vorliegenden Fassung keine Änderung eintreten zu lassen.
Längere Erörterungen ergaben sich hinsichtlich der vierten Forderung des Bundesrats, Ziffer 12 des § 1 des Gesetzentwurfs zu streichen. Diese Ziffer 12 sieht die Einfügung eines § 26 Abs. 3 in das Einkommensteuergesetz vor, wonach Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit der Ehefrau in einem dem Ehemann fremden Betrieb bei' der Zusammenveranlagung ausscheiden, es sei denn, daß das gemeinsame Einkommen 600 DM übersteigt. Da für das Einkommen von 600 DM in dem vom Bundestag eingefügten Abs. 3 kein Zeitraum angegeben ist, mußte aus den vorhergehenden Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes gefolgert werden, daß das gemeinsame Einkommen von 600 DM sich auf das Kalenderjahr bezieht. Der Grundsatz der getrennten Veranlagung käme in diesem Fall aber überhaupt nicht zum Zuge, weil bei der geringen Freigrenze praktisch in allen Fällen, in denen eine Ehefrau Arbeitslohn bezieht, eine Zusammenveranlagung vorzunehmen wäre. Der Bundesrat hat den Standpunkt vertreten, daß es nicht möglich ist, im Wege der Auslegung die 600 DM als Monatseinkommen zu bezeichnen. Er hat im übrigen auch dahingehend eine Korrektur nicht für angezeigt erachtet, daß ein Jahresbetrag von beispielsweise 4800 oder 6000 DM als Grenze eingesetzt wird, sondern er hat die ersatzlose Streichung des neu eingefügten Abs. 3 des § 26 verlangt. Der Vermittlungsausschuß ging bei seinen Überlegungen davon aus, daß das Einkommensteuergesetz zwar den Grundsatz der Zusammenveranlagung aller Einkünfte von Ehemann und Ehefrau vorschreibt, § 43 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung aber während des Krieges ohne besondere gesetzliche Grundlage im Interesse einer möglichst weitgehenden Einschaltung von Ehefrauen in den Arbeitsprozeß die Einkünfte der Ehefrau aus nicht selbständiger Arbeit in einem dem Ehemann fremden Betrieb von der Zusammenrechnung frei läßt. Die Aufrechterhaltung, von Steuervergünstigungen, die während des Krieges im Interesse der Kriegsproduktion zugestanden wurden, läßt sich im gegenwärtigen Zeitpunkt an sich nicht mehr rechtfertigen. Es liegt wohl auch nicht im Interesse unseres Volkes, die Frauen durch Einschaltung in den Arbeitsprozeß ihrer Bestimmung als Frau und Mutter zu weitgehend zu entziehen. Auf der anderen Seite muß berücksichtigt werden, daß sich eine im Wege der Zusammenveranlagung erfolgende Erfassung des Arbeitseinkommens einer Ehefrau, insbesondere zum Schaden der jungen Ehen, in denen die Ehegatten noch mit den Schwierigkeiten der Beschaffung der Einrichtung des Hausstandes zu kämpfen haben, bereits auf das laufende Kalenderjahr auswirken würde, für das die Steuer nach den Ergebnissen des Kalenderjahres 1950 zu erheben wäre.
Der Vermittlungsausschuß hielt es unter diesen Umständen für richtig, die auch in das Gebiet des Art. 3 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 117 Abs. 1 des Grundgesetzes übergreifende grundlegende Neuregelung der Zusammenveranlagung des Einkommens von Ehegatten, bei der naturgemäß auch
die Frage der Behandlung des Einkommens einer Ehefrau aus selbständiger Arbeit -- z. B. als Ärztin oder als Rechtsanwältin — eine Rolle spielt, auf die kommende Steuerreform zurückzustellen. Der Vermittlungsausschuß wurde in dieser Meinung durch die vom Herrn Bundesfinanzminister namens der Bundesregierung bei der Beratung abgegebene Erklärung, Drucksache Nr. 2365, bestärkt, wonach die Bundesregierung erstens die jetzige Regelung der getrennten Veranlagung eines Ehepaares, wenn die Ehefrau in nichtselbständiger Arbeit in einem dem Ehemann fremden Betrieb steht, für das Kalenderjahr 1951 beibehalten wird und wonach die Bundesregierung zweitens beabsichtigt, diese getrennte Veranlagung auch künftig beizubehalten, aber entweder durch Gesetz oder durch Rechtsverordnung ab 1. Januar 1952 eine Regelung dahin zu treffen, daß beim Steuerabzug von dem Arbeitslohn, den die Ehefrau aus einem Arbeitsverhältnis in einem dem Ehemann fremden Betrieb bezieht, die Lohnsteuer ohne Rücksicht auf den Familienstand und ohne Rücksicht auf die Zahl der Kinder nach Steuerklasse I berechnet wird.
Auf Grund dieser Erklärung der Bundesregierung empfiehlt der Vermittlungsausschuß dem Bundestag die Streichung der den verlangten § 26 Abs. 3 enthaltenden Ziffer 12 des § 1 des Gesetzentwurfs.
Das fünfte und damit letzte Verlangen des Bundesrats ist die Streichung 'der Ziff. 15 des § 1 des Gesetzentwurfs. Als Ersatz für den vom Bundesrat beim ersten Durchgang gestrichenen Abschnitt III des Gesetzentwurfes der Bundesregierung hat der Bundestag in einem neuen § 32 b die Möglichkeit der Anwendung des Körperschaftsteuersatzes auf Gewinne aus Gewerbebetrieb vorgesehen. Diese Bestimmung wurde jedoch im Vermittlungsausschuß ebenso, wie es bereits im Finanzausschuß und im Plenum des Bundesrates geschehen war, als außerordentlich schwer durchführbar bezeichnet. Der Ausfall an Steuer wurde mit 70 bis 80 Millionen DM veranschlagt. Der Herr Bundesfinanzminister verwies zwar darauf, daß der § 32 b, der schon nach seinem äußeren Umfang und seiner Gliederung als eine schwierige Bestimmung erscheint, eine Vorarbeit für die künftige Betriebsteuer darstellt. Er legte aber kein entscheidendes Gewicht auf die Beibehaltung dieser Bestimmung, die übrigens für das Gebiet der Gewerbesteuer keine Anwendung findet und damit die Finanzämter zu einer getrennten Gewinnermittlung und Veranlagung zur Körperschaftsteuer und zur Gewerbesteuer zwingen würde.
Bei der Beratung im Vermittlungsausschuß wurde die auch bereits im Bundesrat erörterte Frage gestellt und von der Mehrheit verneint, ob es richtig ist, eine Sondervorschrift zu treffen, die für Steuerpflichtige mit Einkommen von über 200 000 bzw. 300 000 DM eine neue Steuervergünstigung schaffen würde, während für die kleinen und mittleren Einkommenbezieher durch das vorliegende Gesetz ein wesentlicher Teil der bisherigen Steuervergünstigungen in Fortfall kommen soll. Der Vorwurf, daß Bund und Länder für einige tausend Steuerpflichtige ein Geschenk von 70 bis 80 Millionen DM übrig haben, würde sich trotz der steuersystematischen Bedeutung dieser Bestimmung sehr schwer widerlegen lassen.
— Ich bitte um Entschuldigung, ich habe mich versprochen; es muß heißen: für weniger als 1000.
Im Vermittlungsausschuß wurde noch darauf hingewiesen, daß im Hinblick auf die Erhöhung der Körperschaftsteuertarife auf 60 % und die gleichzeitige Begrenzung der Einkommensteuer auf 80 % des Einkommens die Neuregelung an Bedeutung außerordentlich verliere.
— Bitte, ich kann nur referieren, was im Ausschuß erklärt wurde.
— Ich habe zunächst die Argumente der Mehrheit vorgetragen, Herr Abgeordneter Wellhausen; ich habe mich bemüht, eine ganz objektive Darstellung zu geben.
— Die Argumente der Minderheit gingen in erster Linie dahin, daß man die unter 1000 liegende Zahl von Steuerpflichtigen nicht indirekt zwingen solle, den Weg zur Anonymität, also den Weg zu den Kapitalgesellschaften zu gehen, daß man ihnen vielmehr, ohne ihnen Gründungskosten oder sonstige Schwierigkeiten zu bereiten, den Weg der Besteuerung nach dem Körperschaftsteuergesetz eröffnen soll. Aber wenn Sie auch meine persönliche Ansicht in dieser Frage hören wollen, — —
— Ich darf sie also hier nicht äußern; ich hätte nämlich sonst darauf hingewiesen, daß die Kosten einer solchen Umgründung eben getragen werden müssen und im übrigen im Vergleich zu den steuerlichen Ersparnissen verhältnismäßig gering sind.
Ich darf nun fortfahren und berichten, daß der Ausschuß geglaubt hat, Ihnen vorschlagen zu sollen, die Ziffer 15 des § 1 des Gesetzentwurfs, also den § 32 b, zu streichen.
Die Anträge des Vermittlungsausschusses finden Sie in der heute verteilten Drucksache Nr. 2365 niedergelegt. Ich darf aber noch darauf aufmerksam machen, daß die Beschlußfassung des Vermittlungsausschusses zum Verlangen des Bundesrats nach Überprüfung der Ziffer 8 des § 1 in diese Zusammenstellung versehentlich nicht aufgenommen wurde. Der Vermittlungsausschuß hat, wie ich schon erwähnt habe, hier den Beschluß gefaßt, daß es bei dem § 9 a in der Fassung der dritten Lesung des Bundestags sein Bewenden haben soll.
Das Wort hat der Herr Bundesfinanzminister. — Sie wollen das Wort jetzt nicht haben? Dann bin ich falsch unterrichtet worden. Ich bitte um Entschuldigung.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Wellhausen zur Abgabe einer Erklärung.
Meine Damen und Herren! Ich wäre nicht so unhöflich gewesen, den Herrn Berichterstatter an die Pflicht zur Erwähnung der Argumente der Minderheit zu erinnern, wenn eine Debatte möglich wäre. Sie wissen aber, daß nach der Geschäftsordnung keine Debatte stattfinden kann. Deswegen habe ich mich verpflichtet gefühlt, den Herrn Berichterstatter daran zu erinnern, daß er auch die Argumente der Minderheit vorzutragen hat.
Ich habe an den Herrn Vorsitzenden des Vermittlungsausschusses noch eine Frage zu richten. Im letzten Absatz der Ziffer 3 der Drucksache Nr. 2365 heißt es, daß der Vermittlungsausschuß auf Grund der abgegebenen Erklärung dem Bundestag die Streichung „empfiehlt". Normalerweise wird in den Mündlichen Berichten gesagt: die und die Bestimmung wird gestrichen. Warum ist hier eine andere Formulierung gebraucht?
Diese Formulierung beruht auf einem Versehen. Es war gestern abend sehr spät, als der Beschluß formuliert wurde, und da ist dann versehentlich dieser Wortlaut hineingekommen.
Dieser Wortlaut hat also nichts Besonderes zu bedeuten?
Er hat nichts Besonderes zu bedeuten.
Ich war nur im Zweifel darüber, ob damit etwas Besonderes ausgesagt werden wollte oder nicht.
Meine Damen und Herren, nun soll vereinbarungsgemäß eine Pause von einer Stunde eintreten. Ich unterbreche die Sitzung und berufe sie auf 12 Uhr 30 wieder ein.
Die Sitzung wird um 12 Uhr 39 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Schmid wieder eröffnet.
Meine Damen und Herren! Wir fahren in der 155. Sitzung fort.
Wir haben abzustimmen über den Vorschlag des Vermittlungsausschusses betreffend den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Vereinfachung des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes auf Drucksache Nr. 2365.
Das Wort zur Abstimmung hat der Abgeordnete Dr. Wellhausen.
Meine Damen und Herren! Ich beantrage Abstimmung nach Ziffern.
Es ist beantragt worden, nach Ziffern abzustimmen. Wir beginnen mit der Abstimmung. Ich rufe die einzelnen Ziffern der Drucksache Nr. 2365 gesondert auf, und zwar zunächst Ziffer 1. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Das erste war die Mehrheit; Ziffer 1 ist angenommen.
Ich rufe auf Ziffer 2. Wer für die Annahme ist, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Das erste war die Mehrheit; angenommen.
Ziffer 3. Wer für die Annahme ist, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Gegen einige Stimmen angenommen.
Ziffer 4. — Wer für die Annahme ist, den bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Letzteres war die Mehrheit; Ziffer 4 ist abgelehnt.
Wir müssen nach der Geschäftsordnung eine Schlußabstimmung vornehmen. Aber ich werde eben von dem Herrn Berichterstatter darauf aufmerksam gemacht, daß der Vermittlungsausschuß dem Hause empfiehlt, den § 9 a nachzuprüfen.
Das Wort hat der Abgeordnete Kiesinger.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Berichterstatter irrt sich, wenn er annimmt, daß dieser Passus in dem Bericht aus Versehen weggeblieben ist. Der Vermittlungsausschuß hat hier lediglich die Änderungsvorschläge gebracht. Er hat den § 9 a nicht mehr besonders erwähnt, weil er insoweit vorschlägt, es bei den Beschlüssen des Bundestages zu belassen.
Das Wort hat Herr Dr. Wellhausen.
Meine Damen und Herren! Ich möchte Sie bitten, die Geschäftsordnung des Vermittlungsausschusses nachzulesen, die in der in Drucksache Nr. 2139 niedergelegten Form beschlossen ist. In § 9 Abs. 3 heißt es: — —
Vizeprasident Dr. Schmid: § 10!
Ich habe hier den Mündlichen Bericht; vielleicht ist es in der endgültigen Drucksache der § 10. Aber ich hoffe, richtig dahin unterrichtet zu sein, daß der Wortlaut unverändert ist. Dort heißt es:
Erfolgt eine Einzelabstimmung über mehrere Änderungen, so ist eine Schlußabstimmung über den Einigungsvorschlag im ganzen erforderlich.
Da in diesem Hause gelegentlich ein Dissens passiert, erlaube ich mir, zur Abstimmung vorab zu sagen, daß darunter nach unserer Ansicht der Einigungsvorschlag in der Form zu verstehen ist, die er durch die vorausgegangenen Abstimmungen gewonnen hat.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Daran kann doch
kaum ein Zweifel bestehen.
Ich lasse nunmehr die Schlußabstimmung vornehmen. Wer für die Annahme der Drucksache Nr. 2365 in der nunmehrigen Fassung ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Gegen die Stimmen der kommunistischen Fraktion angenommen.
- Enthaltungen bitte! — Bei einigen Enthaltungen!
— Es gab offenbar noch einige weitere Gegenstimmen. Ich bitte diejenigen, die dagegen stimmen wollen, noch einmal um ein Handzeichen. — Gegen einige Gegenstimmen angenommen.
Dieser Punkt der Tagesordnung ist erledigt.
Meine Damen und Herren, soeben ist vorgelegt worden der
Mündliche Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (Nr. 2377 der Drucksachen) über den Antrag der Fraktion der SPD betreffend Verfahren gegen Rechtsanwalt Dr. Kemritz in Bad Homburg (Nr. 2337 der Drucksachen), den
Antrag der Fraktion der FDP betreffend Verfahren gegen Rechtsanwalt Dr. Kemritz, Bad Homburg , den
Antrag der Fraktion der Deutschen Partei betreffend Volle deutsche Gerichtshoheit und den
Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP betreffend Entwurf eines Gesetzes zum Schutz der persönlichen Freiheit .
Ich schlage Ihnen vor, diese Sache als nächsten Punkt der Tagesordnung zu behandeln. Ist das Haus damit einverstanden? — Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Dr. Laforet als Berichterstatter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Auftrage des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht unterbreite ich folgende Anträge, die im Rechtsausschuß allgemeine Zustimmung gefunden haben. Ihnen liegt unser Mündlicher Bericht auf Drucksache Nr. 2377, die soeben verteilt worden ist, vor.
Die Anträge lauten:
Der Bundestag wolle beschließen:
1. Die Bundesregierung wird ersucht, bei dem Herrn Hohen Kommissar der Vereinigten Staaten von Amerika Verwahrung wegen der Eingriffe in die deutsche Rechtspflege einzulegen, wie sie im Fall Kemritz erfolgt sind.
2. Der Bundestag ist der Überzeugung, daß die Verwirklichung des Rechts nicht Erwägungen der Staatsraison geopfert werden darf.
3. Der Bundestag erwartet, daß Eingriffe' der Besatzungsmächte unterbleiben, durch die Personen der deutschen Justiz entzogen werden, welche eines Verbrechens beschuldigt sind.
4. Im Fall Kemritz müssen die ehrengerichtlichen Befugnisse der Anwaltschaft und der Ansprüche der geschädigten Hinterbliebenen gewahrt bleiben.
5. Der Bundestag ersucht die Bundesregierung, dahin zu wirken, daß im Zuge der Verhandlungen über die Wiederherstellung des normalen rechtlichen und politischen Standes Deutschlands die Einschränkungen der deutschen Gerichtshoheit beseitigt werden, insbesondere daß das Recht der Besatzungsmächte entfällt, in die deutsche Rechtspflege einzugreifen.
Ich beantrage entsprechend der einmütigen Beschlußfassung des Rechtsausschusses,
6. dem Entwurf eines Gesetzes zum Schutz der persönlichen Freiheit mit der nachstehenden Änderung, im übrigen unverändert nach der Vorlage Nr. 2344 zuzustimmen:
Die Änderung lautet:
Artikel 2
Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.
Der Rechtsausschuß bittet das Plenum, seinen Anträgen beizutreten.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Meine Damen und Herren, ich schlage Ihnen vor, die Ziffern 1 bis 5 in der Aussprache getrennt von Ziffer 6 zu behandeln. Bei Ziffer 6 haben wir ja einfach die zweite und dritte Lesung dieses Gesetzes vorzunehmen. Die Ziffern 1 bis 5 sind mehr politisch-programmatischer Natur. Ich bitte also die Damen und Herren, die sich zu den Ziffern 1 bis 5 zum Wort melden wollen, dies jetzt zu tun, die Damen und Herren, die nur zum Gesetz sprechen wollen, sich dann zum Wort zu melden, wenn ich die einzelnen Artikel des Gesetzes aufrufe.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Tillmanns.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei dem Fall Kemritz handelt es sich um eine sehr ernste und wichtige Angelegenheit, um die Frage, inwieweit elementare Rechtsgrundsätze auch gegenüber politischen Zweckgesichtspunkten Geltung haben. Der Abgeordnete Richter hat gestern als letzter Redner einem unglückseligen Hang zur Übertreibung und Maßlosigkeit folgend diese Debatte dazu benutzt, allgemeine Verunglimpfungen gegenüber dem amerikanischen Volke auszusprechen. Er hat in der Form einer rhetorischen Frage behauptet, es sei nicht länger möglich, daß der Bundespräsident und der Bundeskanzler die Ehrendoktorwürde einer amerikanischen Universität trügen.
Wir brauchen an sich die Auffassung eines so unbelehrbaren Mannes nicht zu beachten.
Trotzdem darf sie nicht unwidersprochen bleiben. Das ist dieses Haus sich selbst schuldig; das sind wir aber vor allem der Sache schuldig, über die wir hier verhandeln.
Herr Richter hat durch seine Ausführungen dieser Sache nicht nur nicht genützt, sondern er hat ihr schwer geschadet.
Die Auseinandersetzung um den Fall Kemritz kann nur dann zum Guten führen, wenn sie von dem Willen getragen ist, Gegensätzlichkeiten zu überwinden, nicht aber, wenn sie dazu mißbraucht wird, neue Klüfte aufzureißen.
Die allgemeine Verunglimpfung anderer Völker sollte endgültig aus unserem politischen Sprachgebrauch verbannt werden.
Wir Deutschen haben in vielfacher Hinsicht die Hilfe des amerikanischen Volkes erfahren. Die Vereinigten Staaten von Amerika haben viel dazu beigetragen, daß unsere Wirtschaft sich wieder entwickeln konnte.
Ihrem obersten Repräsentanten hier in Deutschland bringen wir Achtung und menschlichen Respekt entgegen.
Wir sehen in der Verleihung der Ehrendoktorwürde einer amerikanischen Universität an den Herrn Bundespräsidenten und den Herrn Bundeskanzler ein Zeichen des guten Willens, das wir dankbar begrüßen.
Über Fragen von Recht und Rechtlichkeit sollten überhaupt nur diejenigen sprechen, die selber bereit sind, diese Grundpfeiler unseres gesellschaftlichen Lebens unverbrüchlich zu achten.
Über diese Dinge sollte als Deutscher auch nur derjenige sprechen, der sich der Last bewußt ist, die uns das vergangene Naziregime des Unrechts und der Gewalt auferlegt hat.
Herr Richter hat durch seine gestrige Rede wieder
bewiesen, daß er von der entgegengesetzten Gesinnung erfüllt ist.
Wenn Kollege Brandt gestern Herrn Renner das Recht abgesprochen hat, in dieser Debatte das Wort zu ergreifen,
so erklären wir mit gleicher Bestimmtheit, daß die Herren Richter, Dorls und Genossen dieses Recht vor dem deutschen Volke verwirkt haben.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Wellhausen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte dem, was der Kollege Tillmanns unter dem Beifall des ganzen Hauses ausgeführt hat, kein Wort hinzufügen. Wohl aber haben mich meine politischen Freunde gebeten, dem Hause und allen seinen Mitgliedern zu empfehlen, die gute Übung zu übernehmen, die Person des Bundespräsidenten überhaupt nicht in die Debatte zu ziehen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Dann schließe ich die Aussprache zu den Ziffern 1 bis 5 der Drucksache Nr. 2377. Ich lasse über diese Ziffern abstimmen. Ich kann wohl im ganzen abstimmen lassen.
Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei einigen Enthaltungen angenommen.
Nun rufe ich auf Ziffer 6 betreffend den Entwurf eines Gesetzes zum Schutz der persönlichen Freiheit. Wir treten in die
zweite Lesung
ein. Ich rufe auf Art. 1. — Keine Wortmeldungen. Wer für Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei Enthaltung der kommunistischen Fraktion angenommen.
Art. 2 mit der Fassung: „Dieses Gestz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft"! Wer für Annahme ist, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Angenommen. Die zweite Beratung ist damit abgeschlossen.
Ich rufe auf die
dritte Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. — Keine Wortmeldungen. Die allgemeine Aussprache ist geschlossen.
Ich rufe auf zur Einzelbesprechung: Art. 1, — Art. 2, — Einleitung und Überschrift. Wer für Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. -
Gegenprobe! —
— Ich habe Sie nicht gesehen, Sie müssen sich dann schon melden. Ich gebe Ihnen das Wort zur Abstimmung vor der Schlußabstimmung.
— Wir haben doch vorhin über die Ziffern 1 bis 5 im ganzen abgestimmt! — Wer für die Anahme des e Gesetzes im ganzen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? —
— Gegen Enthaltung der kommunistischen Fraktion angenommen.
Damit ist auch dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie um die Genehmigung, nun einen Wahlakt auf die Tagesordnung setzen zu dürfen. Die Fraktion der FDP bittet, an Stelle des ausgeschiedenen Abgeordneten Dr. Fritz Oellers den Abgeordneten Dr. Hubertus von Golitschek zum Mitglied des Kontrollausschusses beim Hauptamt für Soforthilfe zu wählen. Ich nehme an, daß sich kein Widerspruch erhebt. — Wir können also zur Wahl schreiten. Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Angenommen. Herr Dr. Hubertus von Golitschek ist damit Mitglied des Kontrollausschusses beim Hauptamt für Soforthilfe.
Nun rufe ich auf Punkt 4 der Tagesordnung: Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Preise für Getreide inländischer Erzeugung für das. Getreidewirtschaftsjahr 1951/52 und des von den Abgeordneten Dr. Dr. Müller , Faßbender, Tobaben, Fürst zu Oettingen-Wallerstein, Dr. Glasmeyer, Donhauser und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Zahlung von Frühdruschprämien (Nrn. 2328, 2340 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (19. Ausschuß) (Nr. 2358 der Drucksachen).
— Ich wollte eben sagen: dieser Punkt kann nicht besprochen werden, weil der Mündliche Bericht fehlt. Aber Sie haben das Wort, Herr Abgeordneter Horlacher. Wir wollen uns das nicht entgehen lassen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Daß der Punkt abgesetzt werden muß, ist selbstverständlich, da der Mündliche Bericht des Ausschusses nicht vorliegt. Aber ich habe die Bitte an das Hohe Haus, folgendes zuzulassen:
Die Frage ist deswegen auf die Tagesordnung gekommen, weil am 1. Juli eigentlich die neuen Getreidepreise nach dem Getreidegesetz festliegen müßten. Das ist jetzt nicht mehr möglich. Deswegen bitte ich Sie dringend, folgendem Initiativgesetzentwurf betreffend Weitergeltung der Getreidepreise zuzustimmen:
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:
Art. 1
Die durch Verordnung PR Nr. 11/51 vom 16. März 1951 festgesetzten Getreidepreise gelten bis 21. Juli 1951 weiter.
Art. 2
Das Gesetz tritt am Tage seiner Verkündung in Kraft.
Das ist deswegen nötig, weil sonst ein gesetzloser
Zustand eintritt und wir der wilden Spekulation dadurch gewissermaßen legal Tür und Tor öffnen würden. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie diesem Gesetzentwurf zustimmen und ihn in drei Lesungen verabschieden würden. Bis 21. Juli wird dann wahrscheinlich das eigentliche Gesetz für das neue Getreidewirtschaftsjahr, das nach dem Getreidegesetz zu erlassen ist, verabschiedet sein. Ich bitte Sie herzlich darum.
Das Wort hat der Abgeordnete Kriedemann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zum Unterschied von meinem Herrn Vorredner finde ich es gar nicht selbstverständlich, daß dieser Punkt heute leider abgesetzt werden muß. Immerhin stehen wir unmittelbar vor dem 1. Juli, d. h. vor dem Beginn des neuen Getreidewirtschaftsjahres, und da wäre es eigentlich, wenigstens für meinen Geschmack, selbstverständlicher gewesen, wir hätten es in diesem Jahr fertiggebracht, alles, was über das neue Getreidewirtschaftsjahr gesagt werden muß, rechtzeitig vor Beginn eben dieses Getreidewirtschaftsjahres zu sagen.
Wenn meine Freunde und ich der dritten Lesung des eben hier vorgetragenen Initiativgesetzentwurfes heute nicht widersprechen, dann nur deshalb, weil wir gern darauf verzichten, der Tragikomödie, die sich auch diesmal wieder um die Regelung in der Getreidewirtschaft abspielt, ein komisches Kapitel hinzuzufügen. Wir werden selbstverständlich trotzdem gegen das Gesetz stimmen, wie wir auch gegen diese Preise, die bekanntlich mitten im Getreidewirtschaftsjahr im Zeichen der Unordnung auf diesem Sektor auf die Landwirtschaft und auf die Verbraucher zu beider Schaden losgelassen worden sind, gestimmt haben. Wir werden das auch in dem Bewußtsein tun, daß unsere damalige Haltung durch die Entwicklung in vollem Umfang gerechtfertigt ist. Jedermann in diesem Hause weiß, daß auch nach der Festsetzung des neuen Getreidepreises, dessen Geltung heute verlängert werden soll, Getreide aus inländischer Erzeugung für diesen Preis nicht zu erhalten war, und jedermann weiß auch, warum es nicht zu erhalten war. Im übrigen mußte man schon bei der Zustimmung zu diesem Preis wissen, daß es dazu nie zu erhalten sein würde. An diesem Zustand, der ein Ausdruck der Unordnung ist, wird sich auch dadurch nichts ändern, daß man nun diesen Preis, der sowieso nur auf dem Papier steht, noch vier Wochen gelten läßt. Man hat es leider nicht fertig gebracht, das nötige Maß an Verantwortungsfreude, an Entschlußkraft und die Bereitwilligkeit des Bekenntnisses zu den erforderlichen Mitteln aufzubringen, alles das aufzubringen, was aufgebracht werden muß, wenn wir auch nur die Chance haben wollen, im nächsten Jahre unsere Versorgung mit Brotgetreide und dem, was dazu gehört, durch die sehr erheblichen Gefahren hindurchzusteuern, denen wir dann entgegensehen müssen.
Weitere Wortmeldungen? — Sie liegen nicht vor. Ich muß nun an sich zur allgemeinen Aussprache erster Lesung des Initiativgesetzentwurfs des Abgeordneten Dr. Horlacher aufrufen; aber ich nehme an, daß das Bedürfnis zur Beteiligung an der allgemeinen Aussprache mit den beiden Wortmeldungen erschöpft ist. — Die allgemeine Aussprache ist geschlossen, damit auch die erste Beratung.
Ich rufe auf zur zweiten Beratung: Art. 1. — Keine Wortmeldungen. — Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe. — Das erste war die Mehrheit, angenommen.
Art. 2:
Das Gesetz tritt am Tage seiner Verkündung in Kraft.
Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit; angenommen.
Einleitung und Überschrift: Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe. — Ist angenommen.
Die zweite Lesung ist geschlossen.
Ich rufe auf zur
dritten Lesung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. — Keine Wortmeldungen. Ich schließe die allgemeine Aussprache.
Wir gehen über zur Einzelberatung. Ich rufe auf Art. 1, — 2, — Einleitung und Überschrift. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Das erste war die Mehrheit; ist angenommen.
Wer für die Annahme des Gesetzes im ganzen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Meine Damen und Herren, es ist zweifelhaft, wie abgestimmt worden ist. Wir müssen die Abstimmung im Verfahren des Hammelsprungs vornehmen. Meine Damen und Herren! Ich bitte, den Saal rasch zu räumen und sich zu beeilen.
Sind die Türen alle besetzt? — Ich bitte, die Türen zu schließen.
Die Abstimmung beginnt; ich bitte, die Türen zu öffnen.
— Meine Damen und Herren, ich bitte doch, die Abstimmung rasch zu vollziehen. —
Ich bitte, die Türen zu schließen; die Auszählung ist beendet. Nun stimmt das Büro ab.
Meine Damen und Herren, das Ergebnis der Abstimmung ist: 147 Ja-Stimmen, 134 Nein-Stimmen, 15 Enthaltungen. Damit ist das Gesetz angenommen.
Meine Damen und Herren! Ich schlage Ihnen vor, nunmehr auf die Tagesordnung zu setzen:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs
eines Gesetzes zur Änderung des Tabaksteuergesetzes , worüber nunmehr der Ausschußbericht Drucksache Nr. 2362 vorliegt, und den
Entwurf eines Gesetzes über steuerliche Behandlung von Tabakerzeugnissen besonderer Eigenart .
— Das Haus ist damit einverstanden.
Dann erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Kneipp als Berichterstatter das Wort. Ich nehme an, daß über beide Gesetze gleichzeitig berichtet werden kann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf in der Berichterstattung zunächst auf die Regierungsvorlage Drucksache Nr. 2362 eingehen. Sie haben vor kurzem das Umsatzsteuergesetz in dritter Lesung verabschiedet. Seine Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt wird wohl in Kürze erfolgen. Durch die Erhöhung der Umsatzsteuer von 3 auf 4 % wird auch die von den Tabakherstellern, Tabakwarengroßhändlern und Tabakwarenkleinhändlern zu entrichtende Umsatzsteuer höher. Diese Berufszweige spielen aber insofern eine ganz besondere Rolle, als sie Preisfixierungen unterliegen und deshalb nicht in der Lage sind, das eine Prozent Umsatzsteuer irgendwie abzuwälzen. Im Ausschuß für Finanz-und Steuerfragen ist eingehend die Frage behandelt worden, ob man nicht diesen drei Berufszweigen zumuten könne, dieses eine Prozent in ihren Kalkulationen aufzufangen. Auf Grund der Darlegungen der Regierungsvertreter gelangte man aber zu der Überzeugung, daß das nicht möglich ist. Die Tabakwarenhersteller weisen mit Recht darauf hin, daß sie höhere Löhne zahlen müßten, daß ihre Rohstoffe, also die ausländischen Tabake, beträchtlich im Preis gestiegen seien und daß die Preise ihrer sonstigen Materialien — denken wir mal an die Kartonage und dergleichen — ebenfalls in die Höhe geklettert seien.
Für diese drei Berufszweige muß also ein Ausgleich geschaffen werden. Dieses Gesetz will die Schaffung des Ausgleichs herbeiführen. Im Ausschuß ist die Frage aufgeworfen worden, warum man denn so umständlich sei, warum man nicht von vornherein diese Zweige der Wirtschaft von der Umsatzsteuererhöhung von 3 auf 4 % bzw. beim Großhandel von 3/4 auf 1% ausgenommen
habe; denn man wolle jetzt praktisch auf einem Umweg mit wesentlichen Schwierigkeiten der Tabakwirtschaft wieder das zukommen lassen, was man ihr auf der anderen Seite nehme. Von den Vertretern der Regierung wurde dargelegt, daß die erhöhte Belastung durch 1 % Umsatzsteuer mehr für den gesamten Tabakwarenhandel einschließlich der Herstellung rund 75 Millionen DM ausmacht. Durch diesen Gesetzentwurf soll das Mehr von 75 Millionen wieder ausgeglichen werden; das heißt, was die Umsatzsteuerabteilung des Finanzministeriums mehr einnimmt, muß die Zollabteilung wieder zurückgeben. Demgemäß wird Ihnen im Art. 1 vorgeschlagen, die Steuern der einzelnen Preisklassen um durchweg 2 % zu senken. Wo also bisher 30 % stand, steht jetzt 28 %. Wo jetzt 33 % steht, stand bisher 35 %. So ist es bei allen andern Klassen. Es tritt also praktisch bei der Tabaksteuer eine Ermäßigung um 2 % ein.
Auch das Verfahren, nach dem sich das abwickeln soll, wird in dem Gesetz geregelt, soweit am 30. Juni 1951 entsprechende Vorräte bei den drei Gruppen Hersteller, Großhandel und Kleinhandel vorhanden sind. Es liegen bereits 1,5 Millionen Formulare bereit, die für die Rückerstattung Verwendung finden sollen, sofern bei einer einzelnen Firma eine Rückerstattung von mehr als 5 DM in Frage kommt. Beträge unter 5 DM werden nicht zurückerstattet. Es ist also mit Ihre Aufgabe, heute dafür zu sorgen, daß diese Formulare ihrer alsbaldigen geeigneten Verwendung zugeführt werden.
Auch die Zigarettenhülsen sollen eine entsprechende Preissenkung erfahren, weil hier dieselben Schwierigkeiten wie bei den übrigen reinen Tabakerzeugnissen vorliegen.
Schließlich haben wir in dem Art. 1 unter Ziffer C 1 eine Bestimmung eingefügt, auf die ich bei der
Behandlung des- Entwurfs eines Gesetzes über die 1 steuerliche Behandlung von Tabakerzeugnissen besonderer Eigenart näher eingehen werde. Wir haben in Erwartung der Annahme des nachfolgenden Gesetzentwurfs unter C 1 eingetragen:
für feingeschnittenen Rauchtabak
mit Beimischung von mindestens 50 v. H. Inlandstabak 50 % des Kleinverkaufspreises. Das ist also aus der Drucksache Nr. 2363 oder Nr. 2214 übernommen.
Der Gesetzentwurf Drucksache Nr. 2242 sieht noch mehr vor. Er hat unter Ziffer 4 die sogenannte Betriebsbeihilfe aufgeführt. Der Ausschuß konnte mit Rücksicht auf die Dringlichkeit der Verabschiedung dieses Gesetzentwurfs diese Betriebsbeihilfe, ihre Auswirkung und etwaige Gestaltung nicht eingehend würdigen und bringt Ihnen in der Drucksache Nr. 2363 nur einen Teilvorschlag. Er behält sich vor, nach gründlicher Beratung in Kürze mit entsprechenden Vorschlägen zu Ziffer 4 an Sie heranzutreten.
Dieser Gesetzentwurf ist deshalb besonders eilig, weil das neue Umsatzsteuergesetz am 1. Juli dieses Jahres in Kraft treten soll und weil am 30. Juni die Tabakfirmen — es gibt in Deutschland rund 700 000 solcher Firmen! — ihren Vorrat dem zuständigen Zollamt melden sollen.
Bei diesem Gesetz entspann sich noch eine längere Aussprache zu Art. 2. Hier hat der Wortlaut des Regierungsentwurfs keine Gnade gefunden, sondern der Ausschuß hat sich dem Vorschlag des Bundesrats angeschlossen, weil er diese Fassung des Bundesrats als klarer, eindeutiger und übersichtlicher ansah.
Lediglich den Art. 2 Abs. c) glaubte der Ausschuß streichen zu müssen. Nach ihm sollten auch für diejenigen Umsätze gewisse Vergütungen bezahlt werden, die schon getätigt, am 30. Juni 1951 aber noch nicht zur Bezahlung gekommen sind. Der Ausschuß glaubte, etwas Derartiges nicht verantworten zu können und beschloß die Streichung dieser Bestimmung.
Ich darf Sie demgemäß bitten, dem Gesetzentwurf in der Fassung der Drucksache Nr. 2362 im vollen Umfang zuzustimmen, wobei ich noch einmal darauf hinweisen muß, daß zu der Ziffer 4 ein entsprechender Gesetzentwurf bzw. ein entsprechender Ausschußbeschluß in Kürze nachgereicht wird. Um Sie auch darauf nochmals besonders hinzuweisen, es handelt sich um Steuererleichterung für kleine Betriebe.
Ich komme zu dem Bericht Drucksache Nr. 2363 zu Nr. 2214 der Drucksachen. Hier handelt es sich um einen Initiativgesetzentwurf des Abgeordneten Neuburger und einer Reihe von Abgeordneten mehrerer Parteien. Der Entwurf packt, ich möchte sagen, ein soziales Problem an, und zwar die steuerliche Behandlung von Tabakerzeugnissen besonderer Eigenart. Es ist Ihnen ja bekannt, daß auch auf deutschem Boden schon seit Jahrhunderten Tabak wächst und daß dieser Tabakanbau sich über eine Reihe deutscher Länder verbreitet hat. Die Tabakanbauer bemühen sich schon seit Jahren ernsthaft, Qualitätserzeugnisse hervorzubringen, die zwar nicht hundertprozentig in Konkurrenz mit virginischen oder orientalischen Tabaken treten wollen, die, aber immer und immer wieder versuchen, sich in ihrer Qualität an mittlere Erzeugnisse des Auslands anzunähern'
Dieser Tabakanbau ist etwas Gewachsenes. Man wird ihn sich nicht wegdenken können, und man wird auch gerade den Schichten, die diesen Tabak-
anbau betreiben, nicht gut zumuten können, sich auf andere Kulturen umzustellen. Dieser Tabakanbau ist durchweg — entschuldigen Sie den Ausdruck — Sache der kleinen und kleinsten Leute. Es handelt sich um Familienbetriebe intensivster Art. Auch eine ganze Anzahl von Arbeitern betreiben diesen Tabakanbau nebenbei. Dieser Tabakanbau wird auch auf solchen Böden durchgeführt, auf denen sich die hochintensive Kultur der Zuckerrübe leider nicht durchführen läßt. Es sind durchweg leichtere Böden, die aber gerade durch den Tabakanbau bisher oder früher ihren Anbauern eine entsprechende Einnahme und damit Existenzmöglichkeit verschafft haben.
Dieser Tabakanbau hatte bis zum Jahre 1946 und dann noch, unter der Herrschaft des Zwanges der Ablieferung und des Zwanges der Rationierung eine gesicherte Absatzmöglichkeit. Im Jahre 1922 hat der damalige Reichstag einen Gesetzentwurf verabschiedet, der den Beimischungszwang für Tabakerzeugnisse einheimischer Art festlegte. Es handelt sich um zwei Arten der Beimischung, zuerst bei dem Feinschnitt und zweitens bei einer sogenannten schwarzen Zigarette. Es war natürlich auch nur ein Teil des Ernteerzeugnisses, das hier beigemischt wurde, das sogenannte Schneidegut. Der deutsche Tabakanbauer bringt ja auch hochwertige Erzeugnisse hervor, die sowohl als Umblatt als auch als Einlage bei der Zigarre Verwendung finden. Nur sitzen die Erzeuger dieser Schneideguttabake jetzt auf, weil im Jahre 1946 dieser Beimischungszwang weggefallen ist. Der Kontrollrat hat durch sein Gesetz vom 10. Mai 1946 diesen Beimischungszwang beseitigt. Dann gab es einige Jahre, in denen wir in der Einfuhr ausländischer Tabake mit Rücksicht auf den Devisenmangel gehandikapt waren. Diese Zeiten waren dann vorbei. Nun sitzen noch Tabakanbauer auf einem Teil ihrer Schneideguternte aus den Jahren 1949 und 1950, und schon wird in einigen Monaten die neue Ernte des Jahres 1951 eingebracht. Dabei ergab die Ernte des Jahres 1950 ein qualitätsmäßig recht gutes Erzeugnis. Aber die steuerliche Einstufung war leider so, daß diese Tabake nur in verschwindend geringem Umfange zur Verwendung kamen. Zwar hat die französische Zone bereits einen Zwang zur Beimischung von 30 % gehabt, sie hat ja auch die sogenannte schwarze Zigarette, beides Maßnahmen, die jetzt in geänderter Form in unserem Gesetzentwurf, der Ihnen zur Beschlußfassung unterbreitet ist, übernommen werden sollen.
Man kann ja aber die Rechnung nicht für den Tabakerzeuger allein aufmachen. Man muß auch fragen, wie stellt sich die Tabakwarenindustrie dazu, in erster Linie die Feinschnitt herstellenden Firmen, wie stellt sich schließlich auch der Raucher dazu, der dieses Erzeugnis in irgendeiner Form konsumieren soll. Schließlich muß man sich fragen, wie stellt sich der Finanzminister dazu.
Dieser Gesetzentwurf hat eine gewisse Leidensgeschichte, und ich kann es verstehen, wenn der Finanzminister eine besondere Vorliebe zur Zigarette zeigt; denn die bringt ihm ja bei dem über 2 Milliarden DM Jahresaufkommen rund drei Viertel des gesamten Jahresaufkommens an Tabaksteuer. Vielleicht ist es darauf zurückzuführen, daß im Bundesrat die Entwicklung zu langsam vor sich ging und daß es auch zwischen den Pflanzerverbänden und dem Finanzminister einerseits sowie den Tabakfabriken, der Zigarettenindustrie anderseits noch nicht zu einem entsprechend vernünftigen „Dreh" gekommen ist. Es ist zu verstehen, wenn der Finanzminister Bedenken hat, daß ein allzu weites Entgegenkommen sein Hauptsteuerprodukt, die Zigarette, irgendwie beeinträchtigen würde. In den letzten Wochen haben sich aber die Verhältnisse insofern gewandelt, als sich die Erzeuger und der Finanzminister entgegengekommen sind. Der Initiativgesetzentwurf, den Sie heute behandeln sollen, trägt dieser Vereinbarung, die damals getroffen worden ist, in seiner ersten Fassung noch keine Rechnung. Aber ich bringe Ihnen hier die Vorschläge des Finanz- und Steuerausschusses, die auch von dem Finanzminister nunmehr gebilligt werden. Sie laufen darauf hinaus, daß der steuerbegünstigte Tabak bei 50 % Beimischung und 50 % Steuern in der untersten Stufe bei 32 DM liegen soll. Es kommt natürlich darauf an, einen Anreiz zu geben, daß auch von den Rauchern diesem Tabak mit 50 % Beimischung bei 50 % Steuern unter allen Umständen das entsprechende Entgegenkommen gezeigt wird. Deshalb ist es erforderlich, daß zu dem Erzeugnis eine entsprechende Spanne bleibt, das aus reinem, sagen wir einmal, Virginia-Tabak oder orientalischem Tabak besteht und das nach Ansicht mancher Raucher in der Qualität eben besser ist. Denn es wird allgemein angenommen, und es darf auch unterstellt werden , daß der deutsche Tabak qualitätsmäßig noch nicht an die Höhe des ausländischen Tabaks herangekommen ist und auch wohl infolge der klimatischen Verhältnisse, die unserer Heimat beschieden sind und die wir als konstante Tatsache in Rechnung stellen müssen, auch nicht so bald herankommen wird.
Man hat den nächsten Satz mit 45 DM festgelegt. Das ist also die Klasse ohne jede Beimischung, die hundertprozentig auf ausländischem Tabak aufbauen kann, so daß zwischen diesen beiden Klassen ein entsprechender Unterschied klafft. Vielleicht wird es Ihnen klarer, wenn ich Ihnen sage, wie die Einzelverkaufspreise sind. Es wird sich bei der Klasse 32 mit 50 % Beimischung inländischen Tabaks das Päckchen auf 1,60 DM stellen, bei der nichtbeigemischten Packung der 45er Klasse kostet das Päckchen 2,25 DM. Durch den Unterschied zwischen 1,60 DM und 2,25 DM ist also für den Raucher ein entsprechender Anreiz gegeben, diese — ich will mal sagen— deutsche, einheimische Steuerklasse entsprechend zu bevorzugen.
Es ist noch eine mittlere Klasse eingeschaltet worden, deren Preis auf 36 DM festgesetzt ist. Von der Tabakwarenindustrie wurde immer wieder gesagt: Jawohl, mit 32 sind wir einig — schweren Herzens —, mit 45 für nicht mit deutschem Tabak gemischten Tabak sind wir auch einig, aber daß der Ausschuß eine zweite Klasse mit 36 DM eingeschaltet hat, das will uns nicht recht verständlich erscheinen. Es ist aber doch so: Der qualitätsmäßige Fortschritt im Tabakanbau hat nicht überall denselben Intensitätsgrad erreicht. Wir haben schon Gebiete an der Aller, in Hessen, in Franken und auch anderswo, die für die Herausstellung einer besonderen Qualität besonders große Aufwendungen gemacht und Erfolge erzielt haben. Wir haben auch eine Reihe von Tabakanbaugebieten, die diesen heißluftgekühlten virginischen Tabak, wie die Anbauer ihn selbst nennen, in den Verkehr bringen, die also beträchtliche Aufwendungen gemacht haben, um ein Erzeugnis herauszustellen, das zwar nicht hundertprozentig die Konkurrenz mit den echten virginischen aufnehmen kann, das aber doch qualitätsmäßig besser ist als die Klasse 32. Deshalb hat sich der Ausschuß gestern nach eingehenden Beratungen zu der zweiten Preisklasse 36 ebenfalls bekannt, und wie ich heute morgen aus
Besprechungen gehört habe, scheint sich jetzt auch die Tabakwarenindustrie damit abzufinden. Auch diese 36 DM setzen einen 50 %igen Beimischungszwang bei 50 % Steuern voraus. Das ist wohl das Wesentlichste zu diesem Teil.
Nun werden Sie sehen, daß der ursprüngliche Antrag Neuburger und Genossen in § 3 eine beträchtliche Ausweitung erfahren hat. Sinn einer zweckmäßigen Verarbeitung des Tabaks ist, auch seine Abfälle irgendwie zu verwerten. § 3 sieht diese Möglichkeit vor. Es gibt nämlich beim Tabak auch Rippen. Ob diese Rippen den richtigen blauen Dunst erzeugen, vermag ich nicht zu sagen; es gibt aber Leute, die auf dem Standpunkt stehen, auch diese Tabakrippen vermittelten den richtigen blauen Dunst. Es gibt auch Leute, die besonders heftig nach diesem Rippentabak verlangen, weil er besonders viel Qualm erzeugt; vielleicht wollen sie nicht sich selbst, sondern anderen blauen Dunst vormachen.
Es muß aber auf diese Weise der Absatz auch des Abfalls ermöglicht werden. In der französischen Zone hat man schon für Pfeifentabak und Tabakrippen Preisklassen von 6 und 8 DM je Kilogramm zugelassen. Diesen Pfeifentabak nunmehr auch für das ganze Bundesgebiet salonfähig zu erklären, ist die Aufgabe des § 3. Es ist erläutert, daß diese niedrigen Preisklassen von 6 und 8 DM auch dann gelten, wenn an den Tabakrippen noch kleine Restchen von Tabakblättern hängen, weil sich bei keiner noch so guten mechanischen Bearbeitung diese Reste gänzlich entfernen lassen. Aber wir erreichen damit doch verschiedenerlei. Zunächst helfen wir einer Reihe von Volksschichten zu irgendeinem Tabakgenuß, auch wenn der Tabak anderen nicht hundertprozentig gefällt. Wir erreichen weiter die letzte Verwertung von Erzeugnissen, die sonst auf den Komposthaufen wandern.
Schließlich haben wir auch noch im § 6 a Vorsorge dafür getroffen, daß noch weitere bisher nicht zum Zuge gekommene Tabakerzeugnisse entsprechende Vergünstigungen bekommen. Es handelt sich im § 6 a um den sogenannten Strangtabak. Dieser wird in reiner Handarbeit hergestellt. Er dient auch heute noch hauptsächlich in Gebirgsgegenden einer Reihe von Leuten zum Tabakgenuß. Diesen Strangtabak muß man natürlich steuerlich so behandeln, daß die Absatzmöglichkeit für ihn unter allen Umständen gegeben ist und denjenigen Personen, die dem Strangtabak noch heute anhängen, ein billiges Pfeifchen ermöglicht wird. Das ist das Wesentlichste, was ich hierzu zu sagen habe.
Ich hoffe, daß Sie dem Gesetzentwurf Ihre Zustimmung nicht versagen werden und daß Sie damit dem deutschen Tabakbau die Möglichkeit geben, seine Erzeugnisse in entsprechender Form und möglichst bald abzusetzen, damit der Überhang aus der Ernte 1949 und 1950 so rasch wie möglich verschwindet.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Meine Damen und Herren, ich schlage Ihnen vor, zunächst den Entwurf auf Drucksache Nr. 2362 in zweiter und dritter Lesung zu behandeln und dann den Entwurf auf Drucksache Nr. 2363 auch in zweiter und dritter Lesung.
Ich rufe in der zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Tabaksteuergesetzes — Drucksache Nr. 2362 — den Art 1 auf.
Das Wort hat der Abgeordnete Peters.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens der sozialdemokratischen Fraktion habe ich zu Art. 1 des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Tabaksteuergesetzes, Drucksache Nr. 2362, einen Änderungsantrag einzubringen. Wir bitten zu beschließen, in Art. 1 Abs. 1 der Ziffer C 1. folgende Fassung zu geben:
für feingeschnittenen Rauchtabak mit Beimischung von mindestens 50 v. H. Inlandstabak
48% des Kleinverkaufspreises.
Der Sinn dieses Antrages ist, daß wir entgegen dem Mehrheitsbeschluß des Ausschusses für Bauchtabak mit Beimischung die untersten Preisklassen auf 30 und 32 DM statt auf 32 und 36 DM festgesetzt wissen wollen. Mit diesem Antrag befinden wir uns auf dem Boden des Bundesratsbeschlusses vom 16. März dieses Jahres. Der Bundesrat hat sich damals ebenfalls auf eine Preisklasse von 30 DM bei einer Beimischung von 50% Inlandstabak und bei einem Steuersatz von 50 v. H. festgelegt. Dieser Steuersatz von 50 v. H. entspricht infolge der Umsatzsteuererhöhung, die inzwischen eingetreten ist, einem heutigen Satz von 48%.
Mit unserem Antrag befinden wir uns auch auf dem Boden des Antrages der Abgeordneten Neuburger und Genossen, Drucksache Nr. 2214. In dessen § 5 ist ebenfalls eine Preislage von 30 DM gefordert worden. Darüber hinaus stimmt unser Antrag auch mit den Empfehlungen des Bundesfinanzministers überein, wonach die Umsatzsteuererhöhung durch Ermäßigung des Steuersatzes aufgefangen werden soll und muß. Die Beschlüsse des Bundesrates sind seinerzeit sowohl von den Tabakpflanzern wie auch von der Industrie gutgeheißen worden und werden auch heute noch von beiden Gruppen verfochten.
Wir glauben, daß wir bei einer Festsetzung von 30 und 32 DM je Kilogramm eine gesunde Preisrelation zwischen Zigarette und Tabak haben. Es würde so sein, daß 15 fertige Zigaretten, also 15 „Aktive", im Preis einem Päckchen von 50 g Tabak für 1,50 DM gleichkämen. Bei dieser Relation schneidet die Zigarette noch besser ab als vor 1938. Wenn wir, wie vorgesehen ist, den Preis für die schwarze Zigarette um 15% ermäßigen, dann ist es nicht mehr als recht, wenn wir auch für die Feinschnittraucher eine gleiche Ermäßigung fordern. Diese Ermäßigung wird erst wirksam, wenn wir auf eine Preislage von 30 DM kommen. Selbst bei einer Festsetzung der Preise auf 30 und 32 DM kann man nicht von einer Preissenkung sprechen, sondern höchstens von einer Preisberichtigung entsprechend der minderen Qualität des Tabaks.
Wir wollen nicht vergessen, daß wir über ein „Tabakerzeugnis besonderer Eigenart", d. h. über ein Tabakerzeugnis besonders geringer Qualität verhandeln. Die Raucher dieses Tabakerzeugnisses sind ausschließlich Minderbemittelte. Diese Raucher — und das ist die Mehrzahl aller Raucher überhaupt — müssen es als einen Betrug empfinden, wenn in Zukunft für ein Päckchen Tabak weit minderer Qualität nur 15 Pfennige weniger oder gar 5 Pfennige mehr gezahlt werden sollen als bisher, statt 1,75 DM nunmehr 1,60 oder gar 1,80 DM. Wenn der Bundestag so beschließen würde, würde er in Wirklichkeit statt eine Steuerermäßigung eine Steuererhöhung beschließen. Wir glauben, daß die Preise der neuen
Qualität angepaßt werden müssen. Dabei dürfen wir nicht vergessen, daß bei einer Preislage von 30 DM der Preis noch dreimal so hoch ist, als er bis 1938 war.
Wenn nach dem Antrag Neuburger und Genossen vorwiegend der Notlage der Tabakanbauer Rechnung getragen werden soll durch eine Steigerung des Absatzes an Inlandtabak, muß neben dem Beimischungszwang eine wesentliche Preisermäßigung für „Steuerbegünstigten Tabak" — so heißt er — gegeben werden. Kommen wir zu einer solchen Preisermäßigung nicht, dann bleibt der Absatz inländischer Tabakblätter fraglich, und die Existenz tausender Tabakbauern bleibt immerhin gefährdet. Es ist unseres Erachtens unmöglich, für die bisherige Preislage von 1,75 DM ohne Beimischungszwang jetzt eine Preislage von 1,80 DM mit Beimischungszwang zu schaffen.
So kann man dem Problem der Existenzerhaltung der Tabakbauern nicht beikommen. Außerdem macht man sich dem Raucher gegenüber schuldig. Wir stimmen selbstverständlich dem Beimischungszwang zu, weil er für den deutschen Tabakpflanzer lebenswichtig ist. Wir wehren uns aber gegen eine unzureichende Preisberichtigung. Wie fraglich die Auswirkungen des Beimischungszwanges nach den Beschlüssen des Ausschusses sind, geht daraus hervor, daß ein in der französischen Zone hergestellter Tabak mit 30% Beimischung für 32 DM nur 1,6% des Gesamtumsatzes an Feinschnitt erreicht, obwohl dieser Feinschnitt in der ganzen Bundesrepublik verkauft werden konnte. Wir dürfen bei der Entscheidung über Steuersätze und Preisklassen für Rauchwaren nicht rein fiskalisch denken; wir müssen dabei die Gesichtspunkte der Wirtschaftsstruktur beachten.
Interessant wird für viele Damen und Herren sein, zu erfahren, daß der Herr Bundesfinanzminister im Frühjahr dieses Jahres der Rauchtabakindustrie den Vorschlag gemacht haben soll, die heutige Feinschnittsteuer von 55 auf 45% zu ermäßigen, ohne den Kleinverkaufspreis zu ändern.
Der Herr Minister wollte also freiwillig auf 18,2% der Steuern bei der Tabakqualität verzichten, die etwa 90 % des Umsatzes ausmacht.
Wir sind überzeugt, daß bei Annahme unseres Antrages erstens der Absatz an Inlandtabak in genügendem Umfang gesichert ist, und zweitens, daß der Raucher dann für die neue Qualität einen einigermaßen gerechten Preis zahlt. Aus diesem Grunde bitten wir, unseren Antrag zuzustimmen.
Das Wort hat der Herr Bundesfinanzminister.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte, den eben gestellten Abänderungsantrag nicht anzunehmen. Erstens: was die Preissenkung betrifft, so stelle ich nur fest, daß sich tatsächlich der Preis bei Feinschnitt bei der ersten Sorte von 2 DM auf 1,80 und bei der zweiten Sorte von 1,75 auf 1,60 DM ermäßigt. Zweitens stelle ich fest: der jetzigen Regelung, wie sie Ihnen von dem Ausschuß vorgeschlagen ist, haben gerade die Anbauländer und im Bundesrat, nachdem zuerst lange Wochen über das ganze Problem verhandelt worden war, alle Finanzminister zugestimmt und der gesamte deutsche Tabakbau, um dessen Interessen es in erster Linie geht. Drittens mache ich darauf aufmerksam, daß der eben gestellte Antrag einen neuen Steuerausfall oder -rückgang von wenigstens 40 Millionen DM bedeuten würde. Ich glaube, daß die Herren Antragsteller nicht in der Lage sein werden, die Frage zu beantworten, wie dieser Ausfall von 40 Millionen DM anderweitig gedeckt werden könnte oder welche sozialen Ausgaben etwa unterbleiben sollten.
Das Wort hat der Abgeordnete Neber.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Landwirtschaft, der man so eifrig die einseitige Vertretung ihrer Interessen vorwirft, hat an diesen beiden Gesetzentwürfen, über die zu sprechen ich gezwungen bin — obwohl hier nur die Ziffer C des Art. 1 des Entwurfs Drucksache Nr. 2242 zur Debatte steht; aber die Dinge gehören ja zusammen —, ein sehr großes Interesse. Bei aller — wie uns so oft vorgeworfen wird — einseitigen Interessenvertretung sehen wir ein, daß es sich nicht allein um die Vertretung der Interessen der Tabakanbauer handeln kann. Auch dieses Problem hat zwei Seiten, und bei seiner Lösung spielt auch die fiskalische Seite eine bestimmte Rolle. Wir sind also geneigt — nachdem wir schon immer bereit waren, dem Vaterlande zu geben, was des Vaterlandes ist —, auch die Argumente, die der Herr Bundesfinanzminister in die Debatte geworfen hat, gebührend in Rechnung zu stellen.
Nun darf ich kurz auf die sachliche Seite eingehen, auf die Belange der Landwirtschaft. Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie wissen ja alle, daß es sich hierbei um 60 000 Tabakanpflanzer in den verschiedenen Teilen des Bundesgebietes handelt, daß es sich um Kleinbauern handelt, die über eine durchschnittliche Bodenfläche von 3,5 Hektar verfügen und die, das hat der Herr Berichterstatter ja schon erwähnt, wegen der leichten Böden nicht imstande sind, etwa auf andere Sonderkulturen auszuweichen. Es handelt sich um Kleinbauern, die auf ihre Tabakanbaufläche von durchschnittlich 18 Ar — ich wiederhole: 18 Ar —, die einen durchschnittlichen Rohertrag von 1500 DM im Jahr einbringen, unter allen Umständen angewiesen sind. Wenn der heute bestehende Zustand — Lebensmöglichkeiten, die mit einem halbwegs anständigen Leben nichts mehr zu tun haben —, nicht zum Vegetieren führen soll, dann ist es unerläßlich, daß die Belange der Tabakanbauer gewahrt werden.
Steuerbegünstigten Feinschnitt gab es bisher nicht. Wohl wurden den Tabakfabrikaten schon Inlandstabake, und zwar auch ohne Steuerbegünstigung, beigemischt, was nicht gerade zur Erhöhung der Preise des Rohproduktes geführt hat, sondern anderen Zwecken diente. Im allgemeinen hat man idem Tabak — dem Feinschnitt, vor allen Dingen dem Grobschnitt und dem Krüllschnitt — nur 20% Inlandstabak beigemischt, also 80% Auslandstabak verwendet. All diese Umstände führten dazu, daß heute noch 230 000 Zentner der alten Ernte nicht verwertet sind, wovon 30 000 Zentner sich noch 'unverkauft in den Händen der Tabakanbauer befinden.
Wenn hier nicht durch die Einführung des Beimichungszwanges für verschiedene Tabakwaren — nicht nur bei dem steuerbegünstigten Feinschnitt —
Abhilfe geschaffen wird, dann besteht die Gefahr, daß die Tabakernte 1951 überhaupt nicht abzusetzen ist. Was das bedeuten würde, meine sehr geehrten Damen und Herren, brauche ich Ihnen wohl nicht mehr auseinanderzusetzen. Wir waren deshalb von jeher der Meinung — und damit gebe ich die Meinung der Tabakbauverbände wieder; der Herr Berichterstatter hat diesen Gedanken ja ebenfalls schon gestreift —, daß es unerläßlich sei, nun endlich den Beimischungszwang und, wenn er einen Sinn und Zweck haben soll, mit ihm auch die Steuerbegünstigung einzuführen. Ursprünglich waren wir durchaus der Meinung, die auch von dem Vertreter der Sozialdemokratie hier vorgetragen wurde. Um den entsprechenden Absatz zu sichern, sollte, so schien es uns, in der untersten Klasse ein steuerbegünstigter Feinschnitt zu einem Satz von 30 DM, bei dem nächst höheren von 40 DM, angesetzt werden. Wir haben uns aber davon überzeugen müssen — und hier befinde ich mich im Gegensatz zu dem, was der Herr Berichterstatter über die Qualität der heimischen Tabake sagte —, daß auch die Qualität des heimischen Tabaks seit Jahren ständig verbessert wurde,
und daß es auch da verschiedene Qualitäten gibt. Ich darf Ihnen berichten, daß ich selbst von je, seit meiner Jugendzeit, seitdem ich das Rauchen — unter Schmerzen — gelernt habe,
diesen steuerbegünstigten Feinschnitt geraucht
habe, und ich bin bis heute nicht daran gestorben.
Ich darf weiter 'beispielsweise anführen, daß ich mir, als ich im Jahre 1945 kurz vor dem Zusammenbruch meinen Sohn bei Wiesloch in Baden besucht habe, 5 Pfund heimischen Tabak — es war damals so, es gab ja nur etwas unter ,der Hand — in seinem Urzustand mitgenommen habe. Und ich kann Ihnen versichern, meine Damen und Herren, ich glaube, im Leben noch keinen besseren Tabak geraucht zu haben!
Deshalb sind wir, unter Würdigung der Argumente, die der Herr Bundesfinanzminister vorgetragen hat, und bestärkt durch die Auffassung unserer Tabakbauvereinigungen, der Tabakbauverbände und auch unserer landwirtschaftlichen Organisationen, zu dem Entschluß gekommen, diesem Vorschlag, wie er nun durch den Ausschuß unterbreitet wurde, auch für die Landwirtschaft zuzustimmen. Wir sind der Meinung, man sollte auf der Basis des Ausschußbeschlusses — Zwang zur Beimischung von 50 % einheimischen Tabaks bei steuerbegünstigtem Feinschnitt bei einer unteren Klasse von 32 DM und bei einer zweiten Klasse von 36 DM — versuchen, diese Maßnahmen durchzuführen. Ich betone ausdrücklich: versuchen. Diese 2. Klasse kann nach unserem Dafürhalten durchaus in der gleichen Packung verabreicht werden. Sie kann gegenüber der Sorte zu 32 DM noch durch einen besseren Inlandstabak oder durch die Verwendung von teurerem Auslandstabak verbessert werden. Darüber hinaus soll unter Umständen — ein Zustand, der in der französischen Zone schon längst besteht und nun legalisiert werden soll — ein Rippentabak zu 6 und 8 DM eingeführt werden. Ferner sollen dem Rauchtabak zu 15 DM, dem sogenannten Krüllschnitt, 50 % Inlandstabakblätter
beigemischt werden. Daneben muß der sogenannte Strangtabak, der zwar eine sehr sekundäre Rolle spielt, immerhin noch erwähnt werden.
Unter Berücksichtigung all dieser Umstände erscheint es nach unserer Meinung notwendig, den Versuch zu unternehmen, die Dinge auf der Basis des Ausschußbeschlusses in Ordnung zu bringen. Ich bitte Sie auch meinerseits als Vertreter der Landwirtschaft, diesem Ausschußantrag zuzustimmen.
Das Wort zu einer kurzen Erklärung hat der Herr Berichterstatter.
Meine Damen und Herren! Nur noch einige wenige Worte. Ich kann die Ausführungen des Herrn Kollegen Neber nicht unwidersprochen Iassen. Ich habe dem Qualitätsstreben des deutschen Tabakbaus nach jeder Richtung hin Gerechtigkeit widerfahren lassen. Die Unterstellung des Kollegen Neber nach der Richtung weise ich ganz entschieden zurück. Er muß in Zukunft besser aufhorchen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
- Zu Art. 1?
— Abgeordneter Peters, bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir möchten trotz der Ausführungen des Herrn Bundesfinanzministers bei unserem Antrag bleiben. Vorhin haben wir bei der Abstimmung über den Antrag des Vermittlungsausschusses einer Bestimmung zugestimmt, die die Einnahmen um etwa 70 bis 80 Millionen DM vermindert.
Wir glauben, daß wir dann auch noch einen Ausfall von 40 Millionen DM, der hier errechnet worden ist, verkraften können.
Wenn der Tabakanbau den Beschlüssen des Ausschusses zugestimmt hat, so halten wir das für eine Auswirkung seiner sogenannten „Strohhalmpolitik". Der Tabakanbau ist tatsächlich darauf angewiesen, daß nun endlich einmal der Beimischungszwang beschlossen wird. Um das zu erreichen, ist man bereit, der Vorlage des Ausschusses auch in dieser Form zuzustimmen.
Ich hatte vorhin die Behauptung aufgestellt, daß der Bundesminister der Finanzen der Tabakindustrie angeboten hatte, den Tabaksteuersatz von 55 % auf 45 % zu ermäßigen. Er wollte also hier auf einen Betrag in Höhe von 18,2 % der bisherigen Steuereinnahmen verzichten, ohne daß dabei der Preis für Tabak ermäßigt würde. Der Herr Finanzminister hat darauf nicht geantwortet. Es wäre doch immerhin interessant, zu erfahren, womit dann dieser Ausfall hätte gedeckt werden sollen.
Wir sind der Meinung, daß eine Preisermäßigung von 1,75 DM auf 1,60 DM bei einem Beimischungszwang von 50 % deutschen Tabaks nicht der Qualitätsminderung entspricht. Ich bitte Sie deshalb nochmals, unserem Antrag zuzustimmen, die 30-
Mark-Preislage zugrunde zu legen, also einen Steuersatz von 48 % in Art. 1 festzusetzen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen.
Ich lasse zunächst über den Abänderungsantrag der Fraktion der SPD zu Art. 1 abstimmen, der soeben noch einmal begründet worden ist. Er bezieht sich auf Litera C 1. des Abs. 1 von Art. 1. Wer für die Annahme des Abänderungsantrages ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Letzteres ist die Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.
Wer für die Annahme von Art. 1 in der Ausschußfassung ist, den bitte ich um ein Handzeichen.
— Gegenprobe! — Angenommen.
Ich rufe auf: Art. 2. — Keine Wortmeldungen. — Art. 2 a, — Art. 3, — Einleitung und Überschrift. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei einer größeren Zahl von Enthaltungen angenommen. Damit ist die zweite Beratung abgeschlossen.
Ich rufe zur
dritten Beratung
auf. Ich eröffne die allgemeine Aussprache. — Keine Wortmeldung. Ich schließe die allgemeine Aussprache und gehe zum Aufruf in der Einzelberatung über: Art. 1, — Art. 2, — Art. 2 a, — Art. 3, — Einleitung und Überschrift. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Angenommen.
Wer für die Annahme des Gesetzentwurfs im ganzen ist, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei einigen Enthaltungen angenommen.
Wir haben dann noch — das ist ein Teil des Antraps Drucksache Nr. 2362 — die zu dem Gesetzentwurf eingegangenen Petitionen für erledigt zu erklären. Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Es ist so beschlossen.
Nun rufe ich den Entwurf eines Gesetzes über steuerliche Behandlung von Tabakerzeugnissen besonderer Eigenart, Drucksache Nr. 2363, zur
zweiten Beratung
auf: § 1, — § 2, — § 3, — § 4, — § 5 entfällt, —§ 6, — § 6 a, — § 6 b, — § 7, — Einleitung und Überschrift. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! —
— Enthaltungen? — Bei einigen Enthaltungen angenommen. Die zweite Beratung ist abgeschlossen.
Ich rufe zur
dritten Beratung
auf. Ich eröffne die allgemeine Aussprache. — Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die allgemeine Aussprache.
Wir treten in die Einzelberatung der dritten Lesung ein: §§ 1 bis 7 unter Wegfall von § 5, Einleitung und Überschrift. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe!
— Angenommen.
Wer für die Annahme des Gesetzentwurfs im ganzen ist, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Bei einigen Enthaltungen angenommen.
Wir haben jetzt noch über den Antrag unter Ziffer 2 der Drucksache Nr. 2363 abzustimmen, die zu dem Gesetzentwurf eingegangenen Petitionen für erledigt zu erklären. Wer dafür ist, den bitte ich um ein Handzeichen. — Angenommen. Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt..
Ich rufe Punkt 5 der Tagesordnung auf: Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen über den Antrag der Fraktion der SPD betreffend Einstellung von Schwerbeschädigten im Bundesdienst (Nrn. 2314, .1945 der Drucksachen; Änderungsantrag Umdruck Nr. 232).
Ich erteile dem Abgeordneten Leibfried das Wort als Berichterstatter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag der Fraktion der Sozialdemokratischen Partei Drucksache Nr. 1945 befaßt sich mit der brennenden Frage der Unterbringung von Schwerbeschädigten bei Dienststellen der Bundesregierung. Der Ausschuß für Kriegsopfer und Kriegsgefangenenfragen hat sich in seiner Sitzung vom 21. Februar dieses Jahres eingehend mit diesem Antrag beschäftigt. Die Diskussion ergab, daß im Hinblick auf das zu erwartende Schwerbeschädigtengesetz wenigstens bei den Bundesbehörden die Forderung auf Beschäftigung von 10 % Schwerbeschädigter erfüllt werden soll. Man war allgemein der Meinung, daß sich, wenn die Bundesbehörden in dieser Angelegenheit nicht mit gutem Beispiel vorangingen, die Wirtschaft unter Umständen weigern könnte, den im Schwerbeschädigtengesetz vorzusehenden höheren Prozentsatz an Schwerbeschädigten unterzubringen. Daß dieser eventuellen Entwicklung mit aller Entschiedenheit entgegengetreten werden muß, war einstimmige Meinung des Ausschusses.
Weiter wurde die Ansicht vertreten, daß es nicht entscheidend sei, den Behörden oder anderen Institutionen ein bestimmtes Einstellungssoll zuzuteilen, sondern daß als alleiniges Ziel gelten müsse, eine möglichst hohe Gesamtzahl von Schwerbeschädigten in den allgemeinen Wirtschaftsprozeß einzugliedern und diesen Schwerbeschädigten dadurch die Lebensfreude zurückzugeben. Hierbei wurde auf den Arbeitgeberverband Nordrhein-Westfalen hingewiesen, der ein diesbezügliches Referat eingerichtet und damit die besten Erfolge erzielt hat. Man hielt es für zweckmäßig, sich die Erfahrungen dieses Verbandes zunutze zu machen.
Im weiteren Verlauf der Verhandlungen wurden folgende Vorschläge gemacht:
1. Die Bundesregierung soll ersucht werden, vierteljährlich einen Bericht vorzulegen, aus dem der Prozentsatz der in den Bundesverwaltungen beschäftigten Schwerbeschädigten ersichtlich ist;
2. zu einem noch zu bestimmenden Zeitpunkt einen gleichen Bericht wie unter Punkt 1 von der Bundesregierung zu verlangen. Wird dann festgestellt, daß das vorgesehene Einstellungssoll nicht erreicht ist, sollen weitere Maßnahmen zur Beschleunigung der Einstellung getroffen werden.
Auf Antrag wurde in dieser Sitzung beschlossen, die Abfassung des Mündlichen Berichts zur Drucksache Nr. 1945 zu vertagen, um den Mitgliedern des Ausschusses noch einmal Gelegenheit zu geben, die Möglichkeiten für eine beschleunigte Durchführung des vom Bundestag beschlossenen Einstellungssolls zu prüfen.
In seiner letzten Sitzung vom 6. Juni dieses Jahres hat sich der Ausschuß erneut mit dieser Drucksache befaßt und einstimmig beschlossen, dem Hohen Hause folgende Beschlußfassung zu empfehlen:
1. Die Bundesregierung wird beauftragt, bei allen vorzulegenden Stellenplänen stets Angaben darüber zu machen, welche der genannten Stellen — unter Bezeichnung der Dienststellung — mit Schwerbeschädigten besetzt sind.
2. Die Bundesregierung wird ersucht, dem Bundestag in jedem Vierteljahr eine Übersicht über die fortschreitende Einstellung von Schwerbeschädigten in den Bundesministerien und diesen unterstehenden Verwaltungen zuzuleiten.
Ich darf namens des Ausschusses das Hohe Haus um Annahme dieser Entschließung bitten.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Es ist ein Abänderungsantrag der Fraktion der FDP angekündigt, den ich vielleicht mitteilen darf: in Abs. 2 das Wort „Vierteljahr" zu ersetzen durch das Wort „Halbjahr".
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Langer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben im Ausschuß für den Antrag gestimmt, wie ihn die SPD vorgelegt hat bzw wie ihn jetzt der Ausschuß vorlegt. Wir haben uns aber hinterher durch Erkundigungen davon überzeugen müssen, daß die Frist von einem Vierteljahr zu kurz ist. Mit Recht weisen die Verbände, die Vertreter der Schwerbeschädigten immer wieder darauf hin, daß die Schwerbeschädigten immer nur in untergeordneten Stellen, als Portier usw., untergebracht werden. Wenn wir aber wollen, daß wir vor allen Dingen auch einen Überblick darüber bekommen, wie die Angestellten und Beamten aus diesen Kreisen anteilmäßig in den Bundesministerien Verwendung finden, dann ist es nach unserer Ansicht angebracht, die Frist der Meldung an uns von einem Vierteljahr auf ein Halbjahr zu verlängern. Ich bitte Sie deshalb, diesem Antrage zuzustimmen.
Das Wort hat Frau Abgeordnete Dr. Probst.
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Ich habe noch ein besonderes Anliegen, und zwar als Ergänzung zu dem vorliegenden Antrag des Ausschusses. Es genügt meines Erachtens nicht, daß wir von der Bundestegierung den Bericht über die Neueinstellungen anfordern. Es wird vielmehr auch darauf ankommen, einen Kündigungsschutz für Schwerbeschädigte hinsichtlich der Stellen bei der Bundesregierung dahingehend einzubauen, daß Schwerbeschädigte nicht aus Gründen entlassen werden dürfen, die mit ihrer Beschädigung zusammenhängen. Ich habe konkrete Gründe, aus denen ich dies vorbringe. Ich bitte, dies auch vor allem auf die Bundesbahn auszudehnen.
Können Sie den Antrag schriftlich formulieren? —
Das Wort hat der Abgeordnete Bazille.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte das Haus bitten, dem Abänderungsantrag der FDP nicht zuzustimmen. Die Frage des Termins der Berichterstattung durch die Bundesregierung ist im Kriegsopferausschuß eingehend diskutiert worden. Der ursprüngliche Antrag der SPD wurde ja entsprechend dem Ausschußbericht abgeändert. Ich bitte das Haus, dieser Vorlage entsprechend dem Ausschußbericht zuzustimmen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Frau Dr. Probst, wollen Sie den Antrag noch schriftlich überreichen?
— Dann ist von Ihnen also jetzt kein Antrag gestellt.
Ich lasse zunächst über den Abänderungsantrag der Fraktion der FDP auf Umdruck Nr. 232 abstimmen. Wer dafür ist, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Darf ich bitten, die Abstimmung zu wiederholen. Wer für den Abänderungsantrag ist, von einem vierteljährlichen auf einen halbjährlichen Bericht überzugehen, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Das Präsidium hat Zweifel; wir müssen darüber durch Hammelsprung abstimmen.
Ich bitte den Saal zu räumen.
Ich bitte, die Türen zu schließen. Die Abstimmung beginnt.
Die Auszählung ist beendet.
Meine Damen und Herren, das Ergebnis der Abstimmung ist: 148 Ja-Stimmen, 107 Nein-Stimmen, keine Enthaltungen. Der Antrag ist damit angenommen.
Weitere Abänderungsanträge liegen nicht vor. Wir stimmen nunmehr über den Antrag des Ausschusses in der heute beschlossenen Fassung ab. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Einstimmig angenommen.
Ehe ich den nächsten Punkt aufrufe, habe ich einige Mitteilungen zu machen. Der Unterausschuß Wohnraummangelgesetz fällt aus. Die nächste Sitzung findet morgen früh um 9 Uhr 30 statt. Der Ausschuß für Verfassungsschutz und der Ausschuß für Angelegenheiten der inneren Verwaltung treten sofort nach Schluß des Plenums zusammen, der Ausschuß für Geld und Kredit statt um 14 Uhr um 15 Uhr.
Schließlich habe ich noch mitzuteilen, daß auch der Ausschuß für Presse, Rundfunk und Film um 15 Uhr tagt.
Ich rufe auf Punkt 6 der Tagesordnung: Beratung des Berichts des Ausschusses für Verkehrswesen über den Antrag der Fraktion des Zentrums betreffend Umgehung der Bundesstraße 51 in Haltern/ Westfalen (Nrn. 2325, 2111 der Drucksachen).
Ich sehe soeben, daß hierzu ein schriftlicher Bericht
vorliegt. Das Haus begnügt sich wohl mit der Entgegennahme des schriftlichen Berichts. — Aber
Herr Abgeordneter Ribbeheger hat das Wort erbeten. Bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Aus dem Bericht des Ausschusses für Verkehrswesen geht eindeutig hervor, daß der Bau der Umgehungsstraße 51 bei Haltern/Westfalen erforderlich ist. Aus diesem Grunde ist auch der Antrag berechtigt und begründet. Er ist deshalb
gestellt worden, weil nach 1945 der Nordsüdverkehr auf der Bahnstrecke Köln—Hamburg einen großen Umfang angenommen hat. Außerdem hat die Rangiertätigkeit am Bahnhof Haltern erheblich an Umfang gewonnen, so daß der Ruhrsiedlungsverband im Juni des vorigen Jahres mitgeteilt hat, die Eisenbahndirektion Münster plane, das Rangiergleis um 25 Meter zu erbreitern. Jeder, der die Bundesstraße 51 passiert — und ich bin davon überzeugt, daß sehr viele der verehrten Kolleginnen und Kollegen die Bundesstraße 51 über Haltern passieren —, weiß, daß die Schranke sehr oft geschlossen ist. Das lange Schlangestehen kann nur der ermessen, der einmal dort an Ort und Stelle gestanden ist.
Aber neben der Steigerung .des Verkehrs auf der Schiene ist eine große Steigerung des Verkehrs auf der Bundesstraße 51 zu verzeichnen, und zwar auch dadurch, daß der Fremdenverkehr zur Stadt Haltern hin gewaltig gestiegen ist. Ich darf mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten bekanntgeben, daß das städtische Verkehrsbüro darüber folgende Mitteilung macht: In der Hauptsaison von April bis September und in den Hauptverkehrszeiten von 8 bis 12 und von 17 bis 21 Uhr ist gezählt worden, daß pro Minute 10 motorisierte Fahrzeuge, das sind am Tage 4800 Fahrzeuge, dort die schienengleiche Kreuzung passieren. An Samstagen sind 15- bis 18 000 Fahrzeuge gezählt worden. Bei Fahrrädern haben wir an Samstagen bis zu 30 000 gezählt, die alle das Erholungsgebiet Haltern mit seinem Stausee, seinen Wasserläufen, seinen Wald-, Erholungs-
und Wandergebieten, seiner Jugendherberge usw. aufsuchen.
Außer auf diese Steigerung des Fremdenverkehrs muß ich nachdrücklich darauf hinweisen, daß die Funktion der Bundesstraße 51 als Fernverkehrsstraße innerhalb des Stadtgebietes unbedingt beseitigt werden muß. Der Durchgangsverkehr durch die sehr engen Straßen und die sehr schmalen Ausfalltore dieser Stadt ist durchaus unerträglich geworden, und zwar nicht nur hinsichtlich der Behinderung des Verkehrs, sondern besonders auch deswegen, weil dadurch Menschenleben gefährdet worden sind. Das Amt für öffentliche Ordnung hat mir eine Statistik hereingereicht, die folgendermaßen aussieht: Im Jahre 1950 hatten wir 148 Unfälle, davon 77 Fälle mit Verletzungen. Vom 1. Januar 1951 bis zum 31. Mai dieses Jahres hatten wir 65 Unfälle mit 27 Schwerverletzten und 4 Toten zu verzeichnen. Ich darf darauf hinweisen, daß hinsichtlich der Linienführung mit den entsprechenden Stellen der Landesbehörden des Kreises und des Ruhrsiedlungsverbandes Maßnahmen getroffen worden sind. Aus dem Bericht ist weiterhin ersichtlich, daß mit der Stadt Haltern Verhandlungen geführt worden sind.
Nachdem Sie auch gestern die Wiederherstellung des Pleiner Viadukts mit Rücksicht auf den Fremdenverkehr beschlossen haben, darf ich das Hohe Haus bitten, abweichend von dem Antrag des Ausschusses gemäß unserem Abänderungsantrag beschließen zu wollen, und zwar im Interesse eines geregelten Fernverkehrs auf der Bundesstraße 51, eines geordneten Fremdenverkehrs und nicht zuletzt im Interesse der Sicherheit der Stadteinwohner. Ich bitte Sie also, den Abänderungsantrag meiner Freunde annehmen zu wollen.
Weitere Wortmeldungen? — Das Wort hat zunächst der Herr Bundesverkehrsminister.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Antrag, um den es sich hier handelt, ist im Ausschuß für Verkehrswesen sehr eingehend behandelt worden. Ich darf darauf aufmerksam machen, daß solche Engpässe wie in Haltern leider noch an vielen anderen Orten unseres schönen deutschen Landes vorhanden sind
und daß es sehr viele Plätze gibt, an denen die Verhältnisse zum Teil sogar noch dringender zu einer Abänderung Veranlassung geben. Wir haben auch große Durchgangsstraßen — ich erinnere an die Verbindungsstraße von Wiesbaden nach Frankfurt oder an die Straße zwischen Celle und Hannover und an andere Stellen, z. B. auch die Inntalstraße —, bei denen solche Umbauten dringend erforderlich sind und bei denen sich unbedingt Unfallhäufungen ergeben müssen, die in sehr unerfreulicher Weise unsere Unfallstatistik belasten. Aber wir können bei den beschränkten Mitteln, die uns für diese Art Aufgaben zur Verfügung stehen, diese natürlich nur nach und nach und nach einer gewissen Dringlichkeitsabstufung durchführen.
Ich möchte Sie darauf aufmerksam machen, daß für den Straßenbau die Auftragsverwaltung nach dem Grundgesetz bei den Ländern liegt und daß es infolgedessen für uns notwendig ist, abzuwarten, welche Projekte von den Ländern als besonders dringlich an uns nicht nur herangetragen werden, sondern auch ausführungsreif ausgearbeitet sind. Denn die baureife Ausarbeitung derartiger Projekte ist auch Aufgabe der Länder.
Wir haben uns im Falle Haltern schon bemüht und haben das auch bereits im Ausschuß für Verkehrswesen vorgetragen. Wir haben dort mitgeteilt, daß ein Projekt vorliegt, das einschließlich einer Umleitung von 6 km 6 Millionen DM erfordern wird, und daß natürlich die Stadt Haltern sich bereit erklären muß, dazu einen entsprechenden Beitrag zu leisten. Vor allen Dingen aber ist es notwendig, daß das Land Nordrhein-Westfalen uns durch seine Straßenbauverwaltung ein fertiges, ausführungsreifes Projekt vorlegt. Das Land Nordrhein-Westfalen hat dieses Projekt bisher nicht vorgelegt, obwohl wir wiederholt darauf gedrungen haben. Infolgedessen war es nicht möglich, für die Umgehungsstraße Haltern in den diesjährigen Haushalt einen Betrag hereinzunehmen. Wenn das Projekt von Nordrhein-Westfalen ausgearbeitet sein wird, wird es eines von denen sein, die in den nächsten Haushaltsplan mit aufgenommen werden sollen.
Das Wort hat der Abgeordnete Hoppe.
Meine Damen und Herren! Ich kann mich den Ausführungen des Bundesverkehrsministers nicht anschließen.
Ich bin mir bewußt, daß, wenn Abgeordnete Wünsche ihrer Heimat und ihres Wahlkreises in diesem Hohen Hause vortragen und diese Wünsche alle erfüllt werden sollten, wir in unhaltbare Zustände kämen, insbesondere dann, wenn die Voraussetzung für die Befriedigung dieser Wünsche die Bereitstellung erheblicher Mittel wäre. Es ist doch in der Tat so, daß alle unsere Haushaltsberechnungen dadurch erschüttert werden könnten.
Wenn ich trotzdem anderer Meinung bin als der Bundesverkehrsminister und wenn ich mich zu dem Abänderungsantrag des Zentrums bekenne, dann deshalb, weil ich aus eigener Erfahrung weiß, daß es sich hier um die Lösung eines Problems handelt, das nicht nur vom verkehrstechnischen Standpunkt und auch nicht allein vom Standpunkt der Fremdenwerbung aus gesehen werden kann, sondern auch vom Standpunkt der Gefährdung des Lebens der Menschen aus gesehen werden muß, die sich auf dieser Straße nun einmal bewegen und bewegen müssen. Haltern ist die Lunge des Industriegebietes. Die Bundesbahn hat das dadurch anerkannt, daß sie den fahrpilanmäßigen Zügen Sonderzüge anreiht und besondere Bundesbahn- Omnibusse zur Verfügung stellt, um den Verkehr zu bewältigen. Es kommt aber hinzu, daß über die Straße 51 ja auch der direkte Verkehr mit der Regierung 'in Münster und der noch bestehenden Provinzialverwaltung führt. Daß dort in der letzten Zeit wiederum die verschiedensten Unfälle vorkommen konnten, ist ebenfalls auf den unhaltbaren Zustand dieser Verkehrsstraße 51 zurückzuführen.
Der Verkehrsausschuß will diese Angelegenheit der Bundesregierung als Material überweisen. Was hindert uns denn, dem Abänderungsantrag stattzugeben, natürlich mit der Maßgabe, daß aus diesem Antrag die Worte gestrichen werden ,,gegebenenfalls Mittel aus dem Arbeitsbeschaffungsprogramm oder ERP-Mittel"? Nach Rücksprache mit meinen politischen Freunden kann ich erklären, daß wir bereit sind, dem Antrag zuzustimmen in der Formulierung: „der Bundesregierung zu überweisen mit der Maßgabe, so bald wie möglich die erforderlichen Mittel für den Bau D der östlichen Umgehungsstraße der Bundesstraße 51 bei Haltern bereitzustellen".
Genau so ist der Antrag von Herrn Ribbeheger gestellt worden! Diese Worte waren schon gestrichen!
Dann ist es gut; ich hatte noch die ursprüngliche Formulierung. — Meine politischen Freunde würden also diesem Antrag zustimmen, um einen wirklichen Übelstand zu beseitigen, der in der Tat das Leben vieler Menschen, die sich auf dieser Straße bewegen müssen, gefährdet.
Das- Wort hat der Abgeordnete Ribbeheger.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nur ein kurzes Wort. Der Herr Bundesverkehrsminister hat ausgeführt, daß zunächst das ausführungsreife Projekt seitens des Landes Nordrhein-Westfalen vorliegen müsse. Ich bin in der glücklichen Lage, die gesamten Unterlagen bei mir zu haben.
Dieser Plan ist bereits vor Jahresfrist sowohl von der Landesbehörde, vom Landesstraßenbauamt Bochum, wie auch vom Ruhrsiedlungsverband Essen, sowie von der Kreisverwaltung und dem Stadtparlament genehmigt worden. Er liegt also vor, und ich werde Gelegenheit nehmen, Ihnen, Herr Minister, diese Unterlagen vorzulegen.
Das Wort hat der Abgeordnete Heiland.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zweifellos stellt der Zustand der Straße 51 im Raume Haltern ein sehr ernstes Verkehrsproblem dar. Ich weiß aber nicht, ob wir alle ernsten Verkehrsprobleme hier in diesem Hause in Einzelberatungen behandeln können.
Wenn aber der Herr Minister hier ans Rednerpult tritt und erklärt, die Unterlagen des Landes lägen noch nicht soweit vor, daß das Projekt bearbeitet werden könne, während auf der anderen Seite ein Abgeordneter des Hauses sagt, er habe sämtliche Unterlagen in der Hand, es liege ein fertiges Projekt vor, so besteht hier ein Widerspruch, der zumindest erst einmal geklärt werden sollte.
Man sollte doch erwarten können, daß der Landesminister bzw. die Landesbehörde, die ja im Auftrage des Bundes handelt, ihre Unterlagen wenigstens soweit fertigstellt, daß der- Minister, wenn er an das Parlament herantritt, eine eindeutige Erklärung darüber abgeben kann, ob die Dinge so oder anders liegen.
Ich bin aber der Meinung, daß man dem Abänderungsantrag des Zentrums trotzdem zustimmen kann, weil in ihm verlangt wird, die erforderlichen Mittel „so bald wie möglich" zur Verfügung zu stellen. Dieser Formulierung könnte, glaube ich, auch der Herr Minister zustimmen, denn solange die Unterlagen nicht klar sind und solange die Mittel nicht da sind, würde die Frage ja nicht von heute auf morgen zu lösen sein. Darüber hinaus sollte man dieser Frage jedoch sehr große Aufmerksamkeit deswegen widmen, weil es sich hier immerhin um den nördlichsten Teil des Industriegebietes handelt. Wir kennen die Nordwanderung der Kohle, wir kennen die ungeheure Schwergewichtsverlagerung der Industrie gerade in diesen Raum und die damit verbundene ungeheure Verkehrsmassierung, und wir wissen, wie die Dinge sich da drängen. Eine sehr schnelle Bearbeitung der Frage wäre also schon notwendig. Ich glaube nur, Herr Minister, daß es vorhin bei Ihnen vielleicht ein falscher Zungenschlag war, als Sie von 6 Millionen DM sprachen. Die Vorlage des Verkehrsausschusses spricht von einem Kostenaufwand von 3 Millionen DM. Das möchte ich nur am Rande mit vermerkt haben.
Das Wort hat der Herr Bundesverkehrsminister.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Abgeordnete Heiland hat insofern recht, als ich von 6 km und von 3 Millionen DM sprechen wollte. Aber die 3 Millionen DM, die hier in der Vorlage stehen, treffen heute nicht mehr zu. Es werden ungefähr 4 bis 4 1/2 Millionen DM benötigt werden.
Ich darf nun zu den Anfragen nochmals darauf hinweisen, daß wir ein endgültiges baureifes Projekt für Haltern nicht vorliegen haben. Man muß nämlich doch sehr genau zwischen den Vorprojekten, den verschiedenen Stadien ihrer Bearbeitung und dem Projekt unterscheiden, das nachher die endgültige baureife Lösung bringt. Es ergeben sich, auch wenn solche Projekte von den Ländern bei uns eingehen, immer noch eine Reihe von Rückfragen der Abteilung Straßenbau. Ich kann Ihnen nur sagen: Ich habe heute früh den Leiter meiner Straßenbau-Abteilung, Herrn Ministerialdirigenten Dr. Kunde, ausdrücklich gefragt, und er hat mir
mitgeteilt, daß ein baureifes, endgültig abgeschlossenes Projekt noch nicht vorliegt. Infolgedessen war es mir nicht möglich, dies rechtzeitig in den Haushalt 1951 einzuplanen, der ja als Überrollungshaushalt vorgelegt worden ist. Es kann erst in den Plan des nächsten Jahres hineinkommen, und für das nächste Jahr kommt es unter vielen anderen Aufgaben auch in Betracht.
Aber ich möchte noch eines sagen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Ich meine, wenn solche Anträge kommen und im Ausschuß für Verkehrswesen doch sehr eingehend behandelt werden, dann ist dort doch wirklich das Für und Wider solcher Einzelangelegenheiten — mögen sie örtlich auch noch so bedeutungsvoll sein und regional ausstrahlen — hinreichend durchgesprochen worden. Ich weiß nicht, ob es für das Hohe Haus nicht doch eine sehr große Belastung ist, wenn man diese Fragen, die eingehend im Ausschuß behandelt worden sind, dann nachher im Plenum noch einmal behandelt. Ich behandele ja sehr viele derartige Anfragen schon dadurch, daß ich direkt mit den Herren Abgeordneten spreche — ich versuche, auch die Ausschüsse dadurch zu entlasten — und ihnen wirklich ausreichendes Material gebe, damit sie ihrerseits die Angelegenheiten in ihrem Wahlkreise vertreten und ihre Auffassung bekanntgeben können. Wenn wir alle diese verschiedenen Anträge, die solche Einzelfragen betreffen, tatsächlich hier behandeln würden, meine sehr verehrten Damen und Herren, dann könnten wir, glaube ich, mindestens einen ganzen Tag jeder Woche für ihre Erledigung ansetzen. Ich halte es nicht für zweckmäßig, das zu tun. Dafür haben wir ja schließlich unsere Ausschüsse, damit wir uns hier mit den Einzelheiten nicht zu belasten brauchen.
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung. Ich lasse zunächst über den Abänderungsantrag des Abgeordneten Ribbeheger abstimmen, wobei die Worte von „gegebenenfalls" bis „Mittel" in der dritten und vierten Zeile gestrichen sind. Wer für den Abänderungsantrag ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das erste war die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen. Damit erledigt sich der Antrag des Ausschusses.
Ich rufe auf Punkt 7 der Tagesordnung:
a) Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses über den Antrag des Bundesministers der Finanzen auf Zustimmung des Bundestages gemäß § 47 Absatz 3 der Reichshaushaltsordnung zur Veräußerung eines bundeseigenen Grundstücks in Münster (Nrn. 2360, 2246 der Drucksachen);
b) Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses über den Antrag des Bundesministers der Finanzen auf Zustimmung des Bundestages gemäß § 47 Absatz 3 der Reichshaushaltsordnung zum Verkauf eines Teilgeländes der ehemaligen Munitionsanstalt in Moelln (Nrn. 2364, 2343 der Drucksachen).
Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, sich mit der Entgegennahme eines kurzen Berichtes des Ausschusses zu begnügen und auf eine Aussprache zu verzichten. Ist das Haus einverstanden? —
Das Wort zur Berichterstattung hat Abgeordneter Dr. Leuchtgens.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine Damen und Herren! Im Auftrage des Haushaltsausschusses habe ich Ihnen folgenden Bericht zu erstatten. Dem Haushaltsausschuß ist mit der Drucksache Nr. 2246 ein Vertrag über die Veräußerung eines bebauten Grundstücks in Münster vorgelegt worden. Dieses Grundstück liegt mitten in dem Universitäts-Gebäudekomplex, gehört dem Bunde und ist heute von der Verwaltung der Wasser- und Schiffahrtsdirektion belegt. Es ist für die Verkehrsabteilung der Wasser- und Schiffahrtsdirektion dieses Gebiets zu klein geworden. Infolgedessen hat der Staat nicht mehr das Interesse an ihm, das er sonst hätte. Auf der anderen Seite liegt aber der Universitätsverwaltung ungeheuer viel daran, dieses Grundstück zu erwerben, da es mitten in dem Gebäudekomplex der Universität, Münster, Schloßplatz 7, liegt. Nach längeren Verhandlungen ist man zu einem Kaufvertrag gekommen. Der Kaufvertrag liegt Ihnen als Anhang zur Drucksache Nr. 2246 vor. Der Haushaltsausschuß hat sich eingehend hiermit beschäftigt und schlägt Ihnen einstimmig vor, diesen Kaufvertrag zu genehmigen.
Noch ein paar Einzelheiten zu dem Kaufvertrag.
Ich glaube, das Haus legt auf die Kenntnisnahme dieser Einzelheiten keinen gesteigerten Wert.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich kann dann darauf verzichten, über die Einzelheiten weiter zu berichten.
Ich wiederhole, daß sich der Ausschuß einstimmig für den Abschluß dieses Kaufvertrags ausgesprochen hat.
Ich kann dann auch darauf verzichten, zu berichten, wie die schon eingegangenen Mittel verwertet werden sollen. Das ist bereits zum Teil im Haushalt 1950 vorgesehen, und der Rest fällt in den Haushalt 1951.
Wollen Sie auch gleich zu der Angelegenheit unter Punkt 7 b berichten?
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich berichte dann gleich über den Verkauf eines Teilgeländes der ehemaligen Munitionsanstalt Moelln in Schleswig-Holstein, Drucksache Nr. 2343. Diese ehemalige Munitionsanstalt hat das Schicksal erlitten, das alle diese Anstalten erlitten haben: das Grundstück ist zum großen Teil zerbombt worden. Einen Teil davon haben die Textilwerke Moelln GmbH besetzt, haben es zum Teil wiederhergestellt und wollen jetzt einen Teil dieser Munitionsanstalt in Größe von 14,23 ha käuflich erwerben. Man ist sich über den Kaufpreis einig geworden; er soll 278 000 DM betragen. Ich mache darauf aufmerksam, daß dieser Erwerb von unserem Kollegen Herrn Gülich in seiner früheren Stellung als Landrat mit größtem Nachdruck befürwortet worden und daß er für die Entwicklung der Arbeitsverhältnisse in Schleswig-Holstein von größter Bedeutung ist. Dieses Moellner Textilwerk beschäftigt 700 Arbeiter, und wenn es jetzt diesen Teil der ehemaligen Munitionsanstalt erwirbt, so ist es in der Lage, weitere Teile des Werkes an sich zu ziehen, vor allen Dingen das Werk weiter auszubauen und damit mehr Arbeiter zu beschäf-
tigen. Der Kaufpreis soll in zwei Jahresraten von je 139 000 DM geleistet werden. Die Prüfung ist erfolgt. Der Haushaltsausschuß stellt deshalb einstimmig den Antrag, auch diesem Verkauf zuzustimmen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter und eröffne die Aussprache. -
Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Aussprache. -
Ich lasse abstimmen, und zwar über beide Teile des Punktes 7 zusammen. Wer für die Annahme der Ausschußanträge ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Angenommen.
Ich rufe auf Punkt 8 der Tagesordnung: Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betreffend Nichtanerkennung der deutschen Vorkriegsauslandsschuld und der Nadikriegsschulden .
Der Ältestenrat schlägt für die Begründung des Antrags 15 Minuten und für die Aussprache 60 Minuten Redezeit vor.
— Kein Widerspruch.
Das Wort zur Begründung hat Herr. Abgeordneter Fisch.
Meine Damen und Herren! Am 6. März dieses Jahres hat der Herr Bundeskanzler der Alliierten Hohen Kommission ein Dokument zugehen lassen, durch welches eine gewaltige Verschuldung Westdeutschlands anerkannt und gleichzeitig die Zustimmung zur Verpfändung wesentlicher Teile der deutschen Wirtschaft erteilt wird.
Herr Abgeordneter Fisch, darf ich kurz unterbrechen. — Meine Damen und Herren, ich hätte bekanntgeben sollen, daß der Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen um 14 Uhr 30 zusammentreten will. — Ich bitte um Entschuldigung, Herr Abgeordneter Fisch!
Worin bestehen die Verpflichtungen, die der Herr Bundeskanzler in seinem sogenannten Brief vom 6. März unterschrieben hat? Erstens in der Anerkennung aller deutschen Vorkriegsschulden. Zweitens in der Anerkennung der Schulden, die aus der sogenannten Nachkriegswirtschaftshilfe, insbesondere also aus den Segnungen des Marshallplans für die Bundesrepublik entstanden sind. Drittens hat der Herr Bundeskanzler die Verpflichtung unterschrieben, daß allen finanziellen Verpflichtungen, die sich hieraus ergeben, der Vorrang gebührt gegenüber allen anderen Verpflichtungen privater oder öffentlicher Natur; und viertens erklärt die Bundesregierung durch die Unterschrift Adenauers ausdrücklich, daß sie einverstanden ist, daß die Erlöse aus dem deutschen Export herangezogen werden, ja dem Pfandrecht unterliegen, um alle Verpflichtungen zu erfüllen, die sich aus dem Schuldenanerkenntnis ergeben. In dem Brief ist das zwar nicht ausdrücklich ausgesprochen, aber mit der Zitierung des Abkommens, das die Bundesregierung mit den USA am 15. Dezember 1949 unter der Bezeichnung ECA-Abkommen geschlossen hat, wird indirekt die Zustimmung zum Pfandrecht der amerikanischen Bankhyänen gegenüber den Erlösen aus dem deutschen Export gegeben. Schließlich hat sich die Bundesregierung bereit erklärt, den Zahlungsdienst für Tilgung und Zinsen baldigst aufzunehmen.
Es handelt sich, wie gesagt, keineswegs nur um einen einfachen, unverbindlichen Briefwechsel. In dem Schreiben, in dem die Alliierte Hohe Kommission die Schuldverschreibung Adenauers bestätigt, erklärt sie, daß der sogenannte Briefwechsel als Beurkundung eines Abkommens zu betrachten sei. In der gleichen Weise, wie dieses Abkommen ohne Zustimmung des Bundestags, ohne Informierung der Öffentlichkeit getroffen worden ist, soll auch der Plan für die Leistung der Zahlungen aufgestellt und verabschiedet werden. Auch dieser Zahlungsplan soll sich eindeutig nach dem Diktat der drei Westmächte oder vielmehr nach deren wichtigstem Partner, nach den Vereinigten Staaten von Amerika richten.
Am 26. Mai wurde bekanntgegeben, daß eine Drei-Mächte-Kommission für deutsche Schulden eingesetzt worden sei. Sie werde am 25. Juni erstmals in London, zusammentreten. Deutsche Vertreter werden aber erst zu einem Zeitpunkt .;u diesen Verhandlungen geladen, nachdem die Kommission ihre Vorschläge fertig formuliert hat, nämlich etwa zwei bis drei Wochen später. Man soll doch nicht den Eindruck zu erwecken versuchen, als ob die sogenannten Schuldenbesprechungen, die vor einigen Tagen in Bad Godesberg unter Beteiligung des Herrn Finanzministers stattgefunden haben, irgend etwas mit einer echten Beratung des Schuldenproblems zu tun haben. Seitens der Alliierten Kommission wird bekanntgegeben, daß es sich bei dieser Aussprache lediglich um die Bekanntgabe des technischen Verfahrens an die Vertreter der Bundesregierung gehandelt habe und nicht um irgendeine Beratung der sachlichen Probleme. Ich möchte mich hierzu auf eine Schweizer Zeitung berufen, die „Neue Züricher Zeitung", die am 4. Juni dieses Jahres erklärte, daß die sogenannten Vorschläge der Studiengruppe der drei westlichen Okkupationsmächte weit mehr als bloße Anregungen darstellen.
Sie sind
— so schreibt diese Zeitung, wie zunächst festzuhalten ist —
von den drei Regierungen bereits gutgeheißen
worden. Sie kommen also schon einer sehr
positiven Verständigung zwischen den Okkupationsmächten darüber gleich, wie das deutsche Schuldenproblem gelöst werden soll.
Wiederum wie schon oft vorher wird den Vertretern der Adenauer-Regierung lediglich das Recht eingeräumt, zu fertig formulierten Texten nachträglich ihre Unterschrift herzugeben.
Man muß doch sagen: es ist wirklich ein eigenartiges Verfahren, das seitens der Bundesregierung bei einer so eminent wichtigen Angelegenheit eingeschlagen wird. Am 23. Oktober richteten die Hohen Kommissare an die Bundesregierung ihre offizielle Aufforderung, gemäß den Beschlüssen der New Yorker Außenministerkonferenz eine formelle Anerkennung der Auslandsschulden, insbesondere der Vorkriegsauslandsschulden zu geben. Dieser Brief war eigenartigerweise von einem Vordruck der Hohen Kommission für ein Antwortschreiben begleitet, zu dem sich der Bundeskanzler bequemen sollte.
Ich habe das glücklicherweise hier, und ich möchte gern, daß sich die Herren der Regierungskoalition einmal dazu äußern, wie sie ein solches Verfahren mit der Würde der Bundesregierung vereinbaren wollen oder wie sich das mit den Prinzipien der Gleichberechtigung verträgt, wenn der Petersberg an die Bundesregierung die Vorlage eines Antwortbriefs gleich mitschickt. Es heißt nämlich hier: „Alliierter Entwurf einer Antwort des Bundeskanzlers an die Hohe Kommission".
Am 5. März hat die Bundesregierung zum erstenmal eine Erklärung darüber abgegeben, wie sie sich die Anerkennung der Auslandsschulden denkt. Zugegebenermaßen tat sie das darum so schnell, weil sie für die bevorstehenden militärischen Verhandlungen in Brüssel eine Vorleistung in der Form geben wollte, daß die Brüsseler Mächte von vornherein der unbedingten Gefolgschaft der Bundesregierung und der Anerkennung jeglichen wirtschaftlichen, finanziellen und personellen Beitrags sicher waren, dessen Leistung zur Wiederaufrüstung Westeuropas von der Bundesregierung verlangt wird.
Am 16. Februar schließlich hat sich der Ausschuß für Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten mit der Sache befaßt und, wie man hört, den Standpunkt der Bundesregierung einstimmig gebilligt, folglich auch — das verdient festgehalten zu werden — mit den Stimmen der sozialdemokratischen Vertreter, die zwei Monate vorher noch ausdrücklich erklärt haben, sie würden unter keinen Umständen dem Schulden-anerkennungsverfahren des Bundeskanzlers ihre Zustimmung geben.
Schließlich hat der Herr Bundeskanzler in seinem Brief vom 6. März erklärt, er werde sehr bald den gesetzgebenden Körperschaften der Bundesrepublik sein Abkommen mit dem Petersberg zur Genehmigung vorlegen. Das war am 6. März. Seitdem sind fast vier Monate vergangen. Der Bundeskanzler denkt nicht daran, sein Abkommen den gesetzgebenden Körperschaften zur Genehmigung vorzulegen. Er weiß auch, warum. Er weiß, daß, wenn bekannt würde, zu welcher Anerkennung von Schulden er sich bereit erklärt hat, die Bevölkerung ihrer Empörung Ausdruck geben würde, und zwar in einer Art, daß der Bundesdeskanzler es nicht mehr wagen könnte, zu seiner Unterschrift zu stehen. Darum wird dieser Akt vor der Öffentlichkeit verschwiegen. Es wird verschwiegen, daß noch nicht einmal die genaue Höhe der Schuldverschreibung fixiert ist, daß sozusagen eine Blankoverpflichtung im vorhinein gegeben wurde. Es steht noch nicht fest — die technischen Einzelheiten soll die Dreierkommission ja erst beschließen und fixieren —, ob die Summe nach der Goldklausel des Dollars oder nach einem abgewerteten Dollar bewertet wird. Es steht noch nicht fest, ob die westdeutsche Abwertung von 1948 angerechnet wird oder nicht. Es steht noch nicht fest, ob die amerikanischen Herren Zinseszinsen berechnen wollen oder nicht.
Somit sind auch die Berechnungen der eingegangenen Schuldverschreibungen außerordentlich verschieden. Sie schwanken bei den Auslandsschulden zwischen 2 Milliarden und 17,4 Milliarden, nämlich unter Einrechnung aller Vorkriegsschulden der Hitlerregierung, der Weimarer Regierung, der Schulden aus der Dawes- und Young-Anleihe usw. und außerdem der Anerkennung auch der Summen, die die Anerkennung der privaten Schulden nach sich zieht. Alles zusammen -
wenn auch die Schulden dazu gezählt werden, die sich aus den Marshall-„Geschenken" in der Höhe von über 15 Milliarden ergeben — ergibt sich eine vorläufige Mindestsumme der von Adenauer anerkannten Auslandsschuld von über 33 Milliarden Mark. Es handelt sich wohl um die ungeheuerlichste Belastung, die jemals eine deutsche Regierung mit einem Federstrich eingegangen ist, ohne die gesetzgebenden Körperschaften zu befragen.
Ich weiß, daß nicht nur von unserer Seite her ernste Bedenken gegen diese Schuldenanerkennung geltend gemacht werden. Ich weiß, daß auch in den Kreisen der Regierungsparteien mit großer Sorge den Folgen entgegengesehen wird, die sich aus diesem Akt ergeben. Man weiß dort sehr gut, daß mit diesem Akt die Ausfuhrerlöse für Tilgung und Zinsleistungen in Anspruch genommen werden sollen. Man weiß sehr gut, daß damit eine weitere Drosselung desjenigen Teils unserer Einfuhr verbunden sein wird, der nicht unbedingt kriegswichtig ist, der aber für die zivilen Bedürfnisse unserer Bevölkerung von Bedeutung ist. Man weiß, daß von außen her, seitens der Gläubiger, eine gewaltige Forcierung der Ausfuhr zu dem Zweck vor sich gehen wird, die Zahlungen für die Tilgung und die Zinsen aufzubringen. Man weiß sehr gut, daß sich das in einer weiteren Einengung des inländischen Konsums, in einem starken Lohndruck bei unserer inlandischen Industrie auswirken wird. Man weiß außerdem, daß die Bestimmung, daß zwar der Hauptteil der Zahlungen in Devisen, ein gewisser Rest aber in D-Mark erfolgen soll, dazu ausgenutzt werden soll, der Überfremdung mit ausländischem Kapital Tür und Tor zu öffnen. Denn es heißt ausdrücklich, daß diese D-Mark-Zahlungen in langfristige Kapitalanlagen mit allen ihren Folgen umgewandelt werden können.
Meine Damen und Herren, diese Willfährigkeit, die die Adenauer-Regierung gegenüber den ausländischen Gläubigern bewiesen hat,
hat nichts mit einer deutschen Politik zu tun. Man muß sagen: die Adenauer-Regierung hat nicht das geringste Recht dazu, solche Verpflichtungen einzugehen,
sie ist von niemandem dazu beauftragt, und sie hat erst recht nicht die Berechtigung, im Namen des gesamten deutschen Volkes zu sprechen.
Wir wissen, warum sich die Adenauer-Regierung so beeilt hat, diese Verpflichtungen einzugehen. Es handelt sich, wie man sagt, um die Wiederherstellung der Kreditwürdigkeit . der westdeutschen Bundesregierung und der westdeutschen Industrie. Jawohl, Wiederherstellung der Kreditwürdigkeit zu dem einen Zweck, um amerikanische Kapitalströme ins Land zu lenken, die ausschließlich und allein der Mehrung des westdeutschen Rüstungspotentials dienen,
die ausschließlich dazu dienen, den gleichen Geldgebern der amerikanischen Banken zusätzliche
Profite aus Rüstungsinvestitionen zu gestatten,
die sich auch in der Hitlerzeit an den Rüstungsanleihen, an den Krupp-, Thyssen- und Vereinigten Stahlwerken bereichert haben.
Meine Fraktion hat beantragt, daß die Schuldenanerkennung des Bundeskanzlers zurückgezogen, vom Bundestag für null und nichtig erklärt wird. Ich hoffe, daß es sich die verantwortungsbewußten Mitglieder des Hauses bei dieser Sache nicht etwa wieder so einfach machen werden, wie das üblich geworden ist, nämlich: Übergang zur Tagesordnung zu beantragen.
— Ich weiß, der Herr Strauß sitzt schon bereit, um diesen Antrag zu stellen. Aber Sie werden sich dafür vor dem Volk rechtfertigen müssen, ob Sie das Recht haben, eine Schuldverschreibung in der Höhe von Dutzenden von Milliarden auszugeben, ohne das Volk zu befragen.
Sie wissen, daß diese Verschuldung die Mehrung des sozialen Elends unseres Volkes und die Organisierung der wirtschaftlichen Katastrophe bedeutet.
Meine Damen und Herren, das war die Begründung des Antrags. Wir kommen zur Aussprache.
Das Wort zur Geschäftsordnung hat der Abgeordnete Strauß.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Über das Alter wollen wir nicht streiten, es gibt auch alte Esel, Herr Renner.
Herr Abgeordneter Strauß, ich nehme an, daß Sie mit dieser zoologischen Bezeichnung kein Mitglied des Hauses gemeint haben.
Ich überlasse die Interpretation — —
(Beifall rechts, in der Mitte und bei der SPD. — Zuruf von der KPD: Das ist
billig!)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Luetkens. Zur Geschäftsordnung oder zur Debatte?
— Es ist zunächst der Antrag auf Übergang zur Tagesordnung gestellt, über den muß ich ja zuerst abstimmen lassen. Ich bitte diejenigen, die für Übergang zur Tagesordnung sind, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Das erste war die Mehrheit. Damit ist der Antrag auf Übergang zur Tagesordnung angenommen.
Ich rufe nun auf Punkt 9 der Tagesordnung:
Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betreffend Bericht über die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes .
Wer begründet den Antrag? — Bitte, Herr Abgeordneter Diel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In dem Ihnen vorliegenden Antrag der Fraktion der SPD Drucksache Nr. 2311 wird die Bundesregierung aufgefordert, einen Bericht über die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zu geben.
Es ist Ihnen allen bekannt, daß am 19. Oktober das Bundesversorgungsgesetz vom Bundestag in seltener Einmütigkeit verabschiedet, am 21. Dezember im Bundesgesetzblatt verkündet und rückwirkend ab 1. Oktober in Kraft getreten ist_ Wir waren bei der Verabschiedung des Bundesversorgungsgesetzes alle der Meinung — ich glaube, hier wohl im Namen aller Fraktionen sprechen zu dürfen —, daß dieses Gesetz einer sozialen Befriedung des davon betroffenen Personenkreises dienen sollte. Meine politischen Freunde und ich haben aber leider feststellen müssen und den Eindruck gewonnen, daß dem nicht so ist, sondern daß dieses Gesetz, welches damals vom ganzen Hause einstimmig verabschiedet wurde, mittlerweile zu einem Gesetz des sozialen Unfriedens wird. Die Stimmen mehren sich draußen in den Kreisen der Kriegsbeschädigten, der Hinterbliebenen, daß von den Versorgungsämtern nicht mit der genügenden Schnelligkeit gearbeitet wird, um die Umrechnung der Rentensätze zu erledigen. Vor allem wird, soweit ich orientiert bin, bei der Umrechnung der Rentensätze die Herabsetzung der Renten gegenüber dem Gegenteil, ihrer Erhöhung, bevorzugt behandelt. Wir haben seinerzeit im Bundestag beschlossen, daß in erster Linie die Erhöhungen und nicht die Herabsetzungen bearbeitet werden sollten. Ich darf in diesem Zusammenhang auch daran erinnern, daß die Umanerkennungen in erster Linie für die Witwen mit Kindern, für Schwerbeschädigte und Pflegezulageempfänger vorgenommen werden sollten. Dieser Beschluß scheint aber von den Ländern nicht mit genügender Sorgfalt beachtet zu werden.
Ich kann nicht verhehlen, daß meine politischen Freunde mit der Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes außerordentlich unzufrieden sind. Wir erwarten deshalb von der Bundesregierung, daß sie nötigenfalls von Art. 84 des Grundgesetzes Gebrauch macht, wonach sie die Aufsicht darüber ausüben kann, daß die Länder die Bundesgesetze dem geltenden Recht gemäß ausführen. Vor allen Dingen scheint es uns notwendig — das hat der Kriegsopferausschuß erst kürzlich auf seiner Reise nach Bayern in aller Deutlichkeit feststellen können —, daß die Bundesregierung sich darum bemüht, die etwa 1870 neuen Stellen, die vorgesehen sind, zu besetzen, damit die Umberentungen schneller aufgearbeitet werden können, und zwar etwa 250 000 in einem halben Jahr. Für dieses
Mehrpersonal ist aber auch die Erstellung oder der Ausbau von Räumlichkeiten erforderlich. Schon jetzt ist das Übel in vielen dieser Versorgungsämter doch das, daß die Leute zusammengedrängt sitzen müssen und deswegen gar nicht in der Lage sind, diesen Arbeiten ihre volle Arbeitskraft zu widmen.
Um nun dem Bundestag einen Überblick über die Durchführung des Gesetzes zu geben, halten wir es für notwendig, die Bundesregierung aufzufordern, in monatlichen Abständen oder aber, wenn das etwa zu große Verwaltungsschwierigkeiten bereiten sollte, mindestens in zweimonatlichen Abständen über die folgenden Fragen zu berichten: erstens wieviel Umanerkennungen in den einzelnen Ländern in der Berichtszeit vorgenommen worden sind und wieviel Umanerkennungen hiervon zu Rentenerhöhungen, zu Rentenkürzungen und zum Entzug von Renten geführt haben; zweitens wieviel Neuanträge in der Berichtszelt gestellt wurden. Für die zurückliegende Zeit soll der Bericht von den einzelnen Ländern vom Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes bis zum 31. Mai 1951 in einer Gesamtaufstellung erstattet werden. Um bei diesen Arbeiten das Parlament nicht allzusehr zu belasten, bitte ich die Regierung, diese Feststellungen den Fraktionen und insbesondere den Mitgliedern des Ausschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen schriftlich vorzulegen, damit wir auf Grund dieser Berichte jederzeit in der Lage sind, den Fortgang der Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zu beobachten und da, wo es notwendig ist, mitzuhelfen, um den rechten Weg zu zeigen.
Ich glaube, daß diese Forderungen vom gesamten Bundestag gebilligt werden können, und ich bitte das Hohe Haus im Interesse aller von diesem Gesetz betroffenen Personen, diesem unserem Antrag seine Zustimmung geben zu wollen.
Das Wort hat in Vertretung des Herrn Bundesarbeitsministers Herr Ministerialdirektor Scheuble.
Scheuble, Ministerialdirektor im Bundesministerium für Arbeit: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist Ihnen bekannt, daß die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes eine Angelegenheit der Länder ist. Mit den Ländern ist vereinbart, daß sie dem Bundesarbeitsminister in zweimonatigen Abständen über den Stand der Arbeiten berichten. Der erste Bericht mit Datum vom 31. Mai 1951 liegt bereits vor. Danach sind bisher im ganzen Bundesgebiet 528 000 Fälle umanerkannt worden. Die Aufstellung nach den verschiedenen Arten der Umstellung, die in der Drucksache Nr. 2311 beantragt wird, liegt noch nicht vor. Die genaue Ubersicht wird dem Bundestag in kurzer Zeit vorgelegt werden. Das Bundesarbeitsministerium bittet aber dringend, von einer Berichterstattung in einmonatigen Abständen abzusehen, weil sonst die Gefahr entsteht, daß die auch so schon außerordentlich umfangreichen Arbeiten der Versorgungsbehörden noch durch statistische Erhebungen erschwert werden. Wir haben mit den Ländern vereinbart, daß eine zweimonatliche Berichterstattung erfolgen soll. Ich glaube, man sollte es bei diesen Abständen belassen.
Für die folgende Diskussion hat der Ältestenrat eine Gesamtredezeit von 60 Minuten vorgesehen. — Ich nehme die Zustimmung des Hauses dazu an.
Das Wort hat Frau Abgeordnete Dr. Probst.
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Wir stimmen im grundsätzlichen mit dem Antrag der SPD überein. Das Bedürfnis nach einer laufenden Berichterstattung über die Fortschritte in der Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes ist gegeben. Es fragt sich nur, welcher Weg verwaltungsmäßig gesehen der zweckmäßigste und beste ist, um das eigentliche Ziel des Antrags, das uns gemeinsam am Herzen liegt, nämlich eine möglichste Beschleunigung in der Durchführung, zu erreichen. Infolgedessen möchte ich für meine Fraktion beantragen, daß nicht eine vierwöchentliche Berichterstattung, die unter Umständen eine Verstopfung der an sich schon überlasteten Verwaltungskanäle bedeuten würde, sondern eine vierteljährliche Berichterstattung erfolgt.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung. Frau Abgeordnete Probst, Sie hatten eine Änderung hinsichtlich der Vorlagefristen beabsichtigt. Ich glaube, das ist aber eine Angelegenheit, die erst im Ausschuß beraten werden muß.
— Dann lasse ich, obwohl der Antrag nicht schriftlich vorliegt, abstimmen, statt „monatlich" „vierteljährlich" zu sagen. Ich bitte diejenigen, die zunächst diesem Abänderungsantrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das erste war die Mehrheit; es ist so beschlossen.
Ich bitte diejenigen, die dem Entschließungsantrag mit der eben angenommenen Änderung zustimmen, die Hand zu erheben. — Gegenprobe!
— Enthaltungen? — Einstimmig angenommen.
Damit ist die heutige Tagesordnung erschöpft.
Ich habe noch bekanntzugeben, daß die Vorsitzenden des Ausschusses zum Schutze der Verfassung, des. Ausschusses für gesamtdeutsche Fragen und des Ausschusses für Fragen der Jugendfürsorge im Hinblick auf die Ausdehnung der heutigen Vollsitzung ihre Ausschußsitzungen für heute absagen.
Ich berufe die nächste, die 156. Sitzung des Deutschen Bundestages auf Mittwoch, den 4. Juni 1951.
Die 155. Sitzung ist geschlossen.