Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Grundsatz bejahe ich die Absicht, die mein Vorredner mit seinem Antrag verfolgt, und bejahe auch das, was der Antrag besagt. Das steht nur im Gegensatz etwa zu dem Verfahren, das zur Zeit gehandhabt wird: Sonntag für Sonntag wird gearbeitet, obwohl das Grundgesetz jedem einzelnen Bürger die Heilighaltung des Sonntags gewährleistet. Ich freue mich, daß eine Reihe Feiertage dadurch, daß sie bezahlt werden, geschützt werden sollen. Das darf nach meiner Auffassung aber nicht zu dem Privileg einer Lohnzahlung für diesen Tag oder gar zu einer doppelten Lohnzahlung für diesen Tag führen, sondern die Staatsautorität muß dann auch die Einhaltung der Feiertage entsprechend garantieren.
Ich kann mich für diesen Antrag besonders einsetzen und kann auch an dem, was mir zu weitgehend erscheint, Kritik üben, weil ich in meinem eigenen Betrieb in den mehr als zwölf Jahren, in denen ich ihn führe, von der Nazizeit — und insbesondere damals! — bis heute jeden Feiertag gehalten habe. Ich habe immer eine Lösung gefunden, so daß meine Leute einen Ausgleich hatten: an dem auf den Feiertag folgenden Samstag wurde voll gearbeitet, und den Ausgleich für den ausgefallenen halben Tag habe ich immer bezahlt.
Ich glaube aber trotzdem, daß diese Handhabung auf den Großbetrieb zugeschnitten ist; viele Handwerksbetriebe werden hierdurch wirtschaftlich stark beeinträchtigt. Ich begrüße den Grundsatz, daß Arbeiter, Beamte und Angestellte im wesentlichen gleich behandelt werden sollen. Man muß zugeben, daß die bisherige Handhabung auf diesem Gebiet ein Unrecht darstellt.
Vor allen Dingen wird in diesem Fall das Bauhaupt- und Baunebengewerbe betroffen. Metzger, Bäcker usw. werden nicht betroffen, weil sie ohnehin im Wochenlohn arbeiten; wenn Ausfälle
durch Feiertage entstehen, wird entsprechend in der Woche vor- oder nachgearbeitet. Im Bauhaupt- und Baunebengewerbe ist aber der Stundenlohn ein wesentlicher Bestandteil der Kalkulation. Es tritt nicht selten der Fall auf — im Baunebengewerbe ist es sogar in der Mehrzahl aller Fälle so, ob ich die Dachdecker oder Installateure oder sonst einen Beruf herausgreife; die Stamm-Mannschaft sind fünf Personen —, daß Bauten unter allen Umständen fertiggestellt werden müssen, und bei der heutigen Terminstellung werden dann häufig beim Arbeitsamt Leute angefordert. Es werden dann keine fünf Leute, sondern zehn bis fünfzehn beschäftigt, die an und für sich nur für vier Wochen beschäftigt werden können. Bei dem heutigen Submissionsverfahren kann ich nicht im Oktober feststellen, ob diese Arbeiten im November oder Dezember anfallen und ob sie auf oder zwischen Feiertage fallen.
Das trifft besonders für die Gewerbe zu, die von den Witterungsverhältnissen abhängig sind oder die unter Umständen die Baustellen von Ende November stillegen und dann entsprechend der anfallenden Arbeit Leute einstell en müssen Jedenfalls ist die vorgeschlagene Regelung für diese Betriebe eine außerordentliche Belastung. wenn sie diese Mehrkosten, die dadurch verursacht werden. in die Kalkulation einbauen oder unter Umständen dadurch auf ihren Verdienst verzichten müssen. Denken Sie vor allem daran. daß es einem sehr großen Teil der Handwerksbetriebe nicht gerade besonders gut geht, besonders den Betrieben des Baunebengewerbes, deren Existenz durch Preisdrückung usw. in vielen Fällen in Fraie gestellt ist. Sie brauchen sich nur die Konkurskurve der letzten Monate zu betrachten. dann werden Sie feststellen, daß meine Ausführungen berechtigt sind.
Weiter kommt hinzu, daß gerade an Weihnachten, Pfingsten oder Ostern drei oder vier Feiertage innerhalb von drei his vier Wochen anfallen. Es muß unterschieden werden zwischen einer Gruppe von Leuten, die man im Handwerk sozusagen als Zugvögel betrachtet, die kommen und gehen, und dem Angestellten. bei dem es so ist, daß er, wenn er eingestellt ist, nicht vorzeitig aufhören kann. sondern seine Kündigungsfrist einhalten muß. Der im Arbeitsverhältnis stehende Arbeitnehmer kann eingestellt sein, und wenn ihm die Luft nicht paßt, dann seht er, aber erst nachdem er die vier Tage bezahlt bekommen hat, ohne jedoch ei-ne entsprechende Leistung für den Betrieb erbracht zu haben. Deswegen habe ich mich im Ausschuß für die Begrenzung auf drei Monate eingesetzt. Ich bin überstimmt worden. habe nun aber meinen damaligen Antrag dergestalt geändert, daß Arbeitnehmer. die weniger als vier Wochen in einem Betrieb tätig sind, keinen Anspruch haben sollen. es sei denn. daß sie länger als drei Monate im Betrieb verbleiben. Die Bezahlung erfolgt vorschußweise.
Nun möchte ich den letzten Satz insoweit geändert haben:
Der Vorschuß wird im Falle des vorzeitigen Ausscheidens verrechnet.
Das stellt meines Erachtens keine unbillige Härte dar. Heimkehrer werden davon gar nicht betroffen. Wenn ein Heimkehrer in seinen Betrieb zurückkehrt, bekommt er selbstverständlich den Tag bezahlt; darüber gibt es gar keinen Streit.
Auf der andern Seite möchte ich sagen, daß es nicht auf die Zahl der Betroffenen ankommt. Wenn ich ein Gesetz mache, muß es auch für eine Minderheit Geltung haben und seine Bestimmunden dürfen nicht gegen eine Minderheit gerichtet sein. Außerdem ist festzustellen — Sie mögen bei den Arbeitsämtern der Großstädte nachfragen; ich selbst habe mich beim Arbeitsamt Köln erkundigt -, daß ab 1. Mai bis zum Pfingstdienstag keine Einstellungen erfolgt sind, weil eben bestimmte Betriebe, vor allen Dingen Großbetriebe, die beiden Feiertage nicht mitbezahlen wollten und sich deswegen zurückhielten. Außerdem wird man gewissermaßen als Selbsthilfe — die Praxis beweist es jetzt schon — auf ein Überstundenunwesen zurückgreifen. Die Arbeitnehmer selbst sind daran zum Teil interessiert. Dem wird noch Vorschub geleistet, wenn ein derartiges Gesetz überspitzt wird.
— Jedes Gesetz, das überspitzt wird, wirkt sich gegen diejenigen aus, für die es eigentlich gedacht ist.
Ich möchte im Interesse der Handwerksbetriebe bitten, doch dieser an sich sehr billigen Forderung, die im Grundsatz auch im Ausschuß anerkannt worden ist, Ihre Zustimmung zu geben.