Rede von
Anton
Diel
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In dem Ihnen vorliegenden Antrag der Fraktion der SPD Drucksache Nr. 2311 wird die Bundesregierung aufgefordert, einen Bericht über die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zu geben.
Es ist Ihnen allen bekannt, daß am 19. Oktober das Bundesversorgungsgesetz vom Bundestag in seltener Einmütigkeit verabschiedet, am 21. Dezember im Bundesgesetzblatt verkündet und rückwirkend ab 1. Oktober in Kraft getreten ist_ Wir waren bei der Verabschiedung des Bundesversorgungsgesetzes alle der Meinung — ich glaube, hier wohl im Namen aller Fraktionen sprechen zu dürfen —, daß dieses Gesetz einer sozialen Befriedung des davon betroffenen Personenkreises dienen sollte. Meine politischen Freunde und ich haben aber leider feststellen müssen und den Eindruck gewonnen, daß dem nicht so ist, sondern daß dieses Gesetz, welches damals vom ganzen Hause einstimmig verabschiedet wurde, mittlerweile zu einem Gesetz des sozialen Unfriedens wird. Die Stimmen mehren sich draußen in den Kreisen der Kriegsbeschädigten, der Hinterbliebenen, daß von den Versorgungsämtern nicht mit der genügenden Schnelligkeit gearbeitet wird, um die Umrechnung der Rentensätze zu erledigen. Vor allem wird, soweit ich orientiert bin, bei der Umrechnung der Rentensätze die Herabsetzung der Renten gegenüber dem Gegenteil, ihrer Erhöhung, bevorzugt behandelt. Wir haben seinerzeit im Bundestag beschlossen, daß in erster Linie die Erhöhungen und nicht die Herabsetzungen bearbeitet werden sollten. Ich darf in diesem Zusammenhang auch daran erinnern, daß die Umanerkennungen in erster Linie für die Witwen mit Kindern, für Schwerbeschädigte und Pflegezulageempfänger vorgenommen werden sollten. Dieser Beschluß scheint aber von den Ländern nicht mit genügender Sorgfalt beachtet zu werden.
Ich kann nicht verhehlen, daß meine politischen Freunde mit der Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes außerordentlich unzufrieden sind. Wir erwarten deshalb von der Bundesregierung, daß sie nötigenfalls von Art. 84 des Grundgesetzes Gebrauch macht, wonach sie die Aufsicht darüber ausüben kann, daß die Länder die Bundesgesetze dem geltenden Recht gemäß ausführen. Vor allen Dingen scheint es uns notwendig — das hat der Kriegsopferausschuß erst kürzlich auf seiner Reise nach Bayern in aller Deutlichkeit feststellen können —, daß die Bundesregierung sich darum bemüht, die etwa 1870 neuen Stellen, die vorgesehen sind, zu besetzen, damit die Umberentungen schneller aufgearbeitet werden können, und zwar etwa 250 000 in einem halben Jahr. Für dieses
Mehrpersonal ist aber auch die Erstellung oder der Ausbau von Räumlichkeiten erforderlich. Schon jetzt ist das Übel in vielen dieser Versorgungsämter doch das, daß die Leute zusammengedrängt sitzen müssen und deswegen gar nicht in der Lage sind, diesen Arbeiten ihre volle Arbeitskraft zu widmen.
Um nun dem Bundestag einen Überblick über die Durchführung des Gesetzes zu geben, halten wir es für notwendig, die Bundesregierung aufzufordern, in monatlichen Abständen oder aber, wenn das etwa zu große Verwaltungsschwierigkeiten bereiten sollte, mindestens in zweimonatlichen Abständen über die folgenden Fragen zu berichten: erstens wieviel Umanerkennungen in den einzelnen Ländern in der Berichtszeit vorgenommen worden sind und wieviel Umanerkennungen hiervon zu Rentenerhöhungen, zu Rentenkürzungen und zum Entzug von Renten geführt haben; zweitens wieviel Neuanträge in der Berichtszelt gestellt wurden. Für die zurückliegende Zeit soll der Bericht von den einzelnen Ländern vom Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes bis zum 31. Mai 1951 in einer Gesamtaufstellung erstattet werden. Um bei diesen Arbeiten das Parlament nicht allzusehr zu belasten, bitte ich die Regierung, diese Feststellungen den Fraktionen und insbesondere den Mitgliedern des Ausschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen schriftlich vorzulegen, damit wir auf Grund dieser Berichte jederzeit in der Lage sind, den Fortgang der Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zu beobachten und da, wo es notwendig ist, mitzuhelfen, um den rechten Weg zu zeigen.
Ich glaube, daß diese Forderungen vom gesamten Bundestag gebilligt werden können, und ich bitte das Hohe Haus im Interesse aller von diesem Gesetz betroffenen Personen, diesem unserem Antrag seine Zustimmung geben zu wollen.