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    Deutscher Bundestag — 155. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 21. Juni 1951 6141 155. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 21. Juni 1951. Geschäftliche Mitteilungen . . . 6142C, 6170D, 6174B, 6177D Anfrage Nr. 195 der Fraktion der SPD betr. Elternrente (Nrn. 2308, 2376 der Drucksachen) 6142C Änderungen der Tagesordnung 6142C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Verlängerung des Gesetzes zur Sicherung der Düngemittel- und Saatgutversorgung (Nr. 2216 der Drucksachen) . . 6142D Ausschußüberweisung 6142D Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes (Nr. 2303 der Drucksachen) 6142D Dr. Wagner (SPD), Antragsteller . 6143A, 6148A Dr. Becker (Hersfeld) (FDP) . . . 6144B Ewers (DP) 6145C Renner (KPD) 6146B Dr. Reismann (Z) 6147C Ausschußüberweisung 6150A Zweite und dritte Beratung des vom Deutschen Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung der Lohnzahlung an Feiertagen (Nr. 1885 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit (20. Ausschuß) (Nr. 2204 [neu] der Drucksachen; Änderungsanträge Umdrucke Nm. 231, 233) . . . . 6150A Even (CDU), Berichterstatter . . . . 6150A Dr. Atzenroth (FDP) 6151C Hartmann, Staatssekretär im Bundes- ministerium der Finanzen . . . 6152B Bergmann (SPD) 6152C Sabel (CDU) 6153C Günther (CDU) 6154C Neuenkirch, Senator von Hamburg 6155C Willenberg (Z) 6156B Abstimmungen 6156C Beratung des Mündlichen Berichts des Vermittlungsausschusses über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Vereinfachung des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes (Nrn. 2365, 1982, 2212, zu 2212, 2321 der Drucksachen) . 6142C, 6157B Dr. Ringelmann, Staatssekretär im bayerischen Staatsministerium der Finanzen, Berichterstatter . . . . 6157B Dr. Wellhausen (FDP): zur Abgabe einer Erklärung . . . 6159D zur Abstimmung 6160B, C Kiesinger (CDU) 6160A Abstimmungen 6160B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) (Nr. 2377 der Drucksachen) über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Verfahren gegen Rechtsanwalt Dr. Kemritz in Bad Homburg (Nr. 2337 der Drucksachen), den Antrag der Fraktion der FDP betr. Verfahren gegen Rechtsanwalt Dr. Kemritz, Bad Homburg (Nr. 2359 [neu] der Drucksachen), den Antrag der Fraktion der DP betr. volle deutsche Gerichtshoheit (Nr. 2367 der Drucksachen) und den Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP betr. Entwurf eines Gesetzes zum Schutz der persönlichen Freiheit (Nr. 2344 der Drucksachen) 6160D Dr. Laforet (CSU), Berichterstatter 6161A Dr. Tillmanns (CDU) 6161C Dr. Wellhausen (FDP) 6162A Beschlußfassung 6162B Wahl des Abg. Dr. von Golitschek zum Mitglied des Kontrollausschusses beim Hauptamt für Soforthilfe an Stelle des ausgeschiedenen Abg. Dr. Oellers 6162C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über Preise für Getreide inländischer Erzeugung für das Getreidewirtschaftsjahr 1951/52 und des von den Abg. Dr. Dr. Müller (Bonn), Faßbender, Tobaben, Fürst zu Oettingen-Wallerstein, Dr. Glasmeyer, Donhauser u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Zahlung von Frühdruschprämien (Nrn. 2328, 2340 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (19. Ausschuß) (Nr. 2358 der Drucksachen) 6162C Beratung abgesetzt 6162D Beratung des Antrags der Abg. Dr. Horlacher u. Gen. betr. Weitergeltung der Getreidepreise 6162D Dr. Horlacher (CSU), Antragsteller 6162D Kriedemann (SPD) 6163A Beschlußfassung 6163C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (11. Ausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Tabaksteuergesetzes (Nrn. 2242, 2362 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen i(11. Ausschuß) über den von den Abg. Neuburger, Stahl, Eickhoff u. Gen. eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über steuerliche Behandlung von Tabakerzeugnissen besonderer Art (Nrn. 2214, 2363 der Drucksachen) 6152D, 6163D Dr. Kneipp (FDP), Berichterstatter . 6164A, 6168C Peters (SPD) 6166C, 6168C Schäffer, Bundesminister der Finanzen 6167B Neber (CDU) 6167C Abstimmungen 6169A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen (26. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Einstellung von Schwerbeschädigten im Bundesdienst (Nrn. 2314, 1945 der Drucksachen; Änderungsantrag Umdruck Nr 232) 6169C Leibfried (CDU), Berichterstatter . 6169C Langer (FDP) 6170A Frau Dr. Probst (CSU) 6170B Bazille (SPD) 6170B Abstimmungen 6170C Beratung des Berichts des Ausschusses für Verkehrswesen (27. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion des Zentrums betr. Umgehung der Bundesstraße 51 in Haltern/Westfalen (Nrn. 2325, 2111 der Drucksachen) 6170D Ribbeheger (Z) 6170D, 6172B Dr. Seebohm, Bundesminister für Verkehr . . 6171C, 6172D Hoppe (CDU) 6171D Heiland (SPD) . 6172C Beschlußfassung 6173B Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß) über den Antrag des Bundesministers der Finanzen auf Zustimmung des Bundestages gemäß § 47 Abs. 3 der Reichshaushaltsordnung zur Veräußerung eines bundeseigenen Grundstücks in Münster (Nrn. 2360, 2246 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß) über den Antrag des Bundesministers der Finanzen auf Zustimmung des Bundestages gemäß § 47 Abs. 3 der Reichshaushaltsordnung zum Verkauf eines Teilgeländes der ehemaligen Munitionsanstalt in Moelln (Nrn. 2364, 2343 der Drucksachen) 6173B Dr. Leuchtgens (DP), Berichterstatter 6173C Beschlußfassung 6174A Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Nichtanerkennung der deutschen Vorkriegsauslandsschuld und der Nachkriegsschulden (Nr. 2301 der Drucksachen) 6174A Fisch (KPD), Antragsteller 6174A Strauß (CSU) (zur Geschäftsordnung) 6176B Übergang zur Tagesordnung 6176C Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Bericht über die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (Nr. 2311 der Drucksachen) 6176C Diel (SPD), Antragsteller 6176C Scheuble, Ministerialdirektor im Bundesministerium für Arbeit . . 6177B Frau Dr. Probst (CSU) 6177C Beschlußfassung 6177D Nächste Sitzung 6177D Die Sitzung wird um 9 Uhr 3 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Friedrich Wilhelm Wagner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Im Auftrage der sozialdemokratischen Fraktion habe ich den von uns auf Drucksache Nr. 2303 eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes zu begründen. Ich beantrage, diesen Entwurf dem Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht zu überweisen.
    Der Entwurf besteht aus einem einzigen Paragraphen:
    Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 wird durch folgende Bestimmung ergänzt:
    Artikel 46 a

    (1) Auf Antrag des Bundestages kann das Bundesverfassungsgericht einem Abgeordneten, der seine Mitgliedschaft im Bundestag gewinnsüchtig mißbraucht, die Mitgliedschaft im Bundestag aberkennen.


    (2) Der Antrag bedarf der Zustimmung von 2/3 der gesetzlichen Mitgliederzahl des Bundestages.

    Meine Damen und Herren! Das Grundgesetz, das kaum mehr als zwei Jahre in Kraft ist, bedarf nach unserer Meinung der Ergänzung durch die in diesem Entwurf vorgeschlagenen Bestimmungen. Als Mitglied des Parlamentarischen Rats muß man sich fragen, warum der Gesetzgeber des Grundgesetzes nicht an dieses Problem gedacht hat, an das jetzt der Bundestag herangeführt wird. Dazu möchte ich sagen: Der Gesetzgeber des Grundgesetzes hat daran nicht gedacht, weil er davon ausgegangen ist, daß der Abgeordnete in seinem hohen Amte, das ihm das Volk anvertraut, von einer Pflichtauffassung getragen wird, die es einfach nicht erlaubt, daß ihn Motive der Art, wie wir sie im Entwurf bezeichnet haben, irgendwie beeinflussen oder gar beherrschen könnten.
    Gewisse Vorgänge der letzten Zeit, die hier in diesem Hause zur Erörterung gestanden haben, haben uns zu unserem großen Bedauern davon überzeugt, und zwar nicht nur uns in der sozialdemokratischen Fraktion, sondern — dessen bin ich sicher — die Mehrheit des Hauses, daß sich leider, wenn auch in einer verschwindend geringen Zahl, Vorfälle ereignet haben, die es uns geraten erscheinen lassen, hier gesetzgeberisch einzugreifen. An und für sich sollte es in einem demokratischen Staat, der mit einem Parlament ausgestattet ist, das Mitträger der Souveränität ist, unmöglich sein, daß irgendein Abgeordneter sein Mandat, seine Mitgliedschaft in diesem Hause gewinnsüchtig mißbraucht. Sollte es aber vorkommen, dann sollte man erwarten, daß die Wähler, daß das Volk einen derartigen moralischen Druck auf einen solchen Abgeordneten ausüben, daß er vor Scham und Schande in den Boden versinkt.
    Dieses Haus hat ein Urteil über gewisse Vorgänge und über einige Abgeordnete gefällt.

    (Abg. Renner: Die sind wieder gewählt worden!)

    Dieses Haus hat den Standpunkt vertreten, daß
    eine Reihe von Abgeordneten, die ihm auf Grund
    der Untersuchungen des Untersuchungsausschusses
    als belastet erschienen, ihr Mandat niederlegen sollen. Sie haben das nicht getan; sie haben trotzdem ihr Mandat behalten, und teilweise sind sie in ein Ausweichmanöver eingetreten, mit dem sie so tun, als ob sie irgend etwas tun wollten, was aber nur den Zweck verfolgt, nichts zu tun.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    So gehen die Dinge nicht. Auf diese Weise wird der Demokratie unerhörter Schaden zugefügt.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Man könnte sich vielleicht fragen, meine Damen und Herren: wird durch einen Gesetzentwurf wie den, den wir hier eingebracht haben, nicht etwa der Eindruck erweckt, als ob ein großer Teil der Abgeordneten dieser Gefahr, die dazu führen kann, daß das Mandat aberkannt wird, unterliegen würde? Das ist sicherlich nicht so. Vergegenwärtigen Sie sich aber eines: Wenn unter 400 Abgeordneten 399 rechtschaffene, ehrenhafte Männer und Frauen sind, die sich im Dienste am Gesamtvolk aufopfern, und nur ein einziger aus gewinnsüchtigen Motiven sein Mandat mißbraucht, so wirkt dieser Mißbrauch des- einzelnen auf die anderen 399 im Ansehen des Volkes und der Öffentlichkeit in einer Weise, daß es von den 399 heißt: das ist auch einer von denen wie. der, der sich hier derartig benommen hat.

    (Lebhafte Zustimmung bei der SPD.) Deshalb hat das Parlament allen Grund, eine Selbstreinigung, vorzunehmen, in seinem eigenen Hause zu schauen, daß Ordnung und Sauberkeit herrschen, politische Reinlichkeit und Ehrenhaftigkeit alle Abgeordneten auszeichnet und daß der, der sich in dieses Milieu nicht hineinfinden kann, ausgespien wird.


    (Lebhafte Zustimmung bei der SPD.)

    Nun gibt es dazu verschiedene Möglichkeiten. Gestatten Sie mir aber, ehe ich in dem Gedankengang fortfahre, eine Bemerkung. — Richtig ist, daß wir bisher eine derartige Bestimmung nicht gehabt haben. Das ist erklärlich. Wir dürfen nicht vergessen, daß wir in einer Zeit leben, die alles umgestürzt hat, in einer Zeit, die neue Fundamente legt, in einer Zeit, die manches aufgewühlt hat und auch in gewissen politischen Erscheinungen Persönlichkeiten hervorgebracht und emporgespült hat, die morgen wieder versinken werden, Persönlichkeiten, durch die immer eine Zeit charakterisiert wird, die solche Jahre hinter sich hat wie wir seit 1933.
    Nun könnte man sagen, es gibt zwei Wege, auf denen sich das Parlament von solchen Elementen befreien kann. Der eine Weg wäre z. B. darin gegeben, daß — analog dem Art. 41 des Grundgesetzes — das Parlament mit einer qualifizierten Mehrheit, einer Zweidrittel- oder Dreiviertelmehrheit, selbst über den Ausschluß eines solchen Abgeordneten beschließt. Wir Sozialdemokraten pflegen aber solche Gesetzentwürfe außerordentlich genau und peinlich zu prüfen. Wir möchten nicht, daß mit einer solchen Institution irgendein Mißbrauch getrieben werden kann, sondern wir möchten, daß alle rechtsstaatlichen und verfassungsmäßigen Garantien für das Mandat des Abgeordneten geschaffen werden sollen. Deshalb haben wir den Weg gewählt, daß der Bundestag als solcher den Antrag an das Organ stellen soll, das die verfassungsmäßigen Rechte überwacht: an das Bundesverfassungsgericht. Dann haben Sie eine doppelte Garantie. Wir haben diese doppelte Garantie noch einmal verschärft, indem wir beantragen, daß der Bundestag einen solchen Antrag an


    (Wagner)

    den Bundesverfassungsgerichtshof nur mit einer qualifizierten Mehrheit, mit einer Zweidrittelmehrheit, beschließen kann. Der Bundestag wird einen solchen Antrag nur stellen, und die zwei Drittel seiner Mitglieder werden ihm nur dann zustimmen, wenn eine gründliche Untersuchung vorgenommen worden ist. Ich könnte mir denken, daß bereits die Untersuchung eines Untersuchungsausschusses die Frage genügend geklärt hat, und wenn zwei Drittel der Mitglieder des Parlaments sich für den Antrag entschieden haben, wird kaum jemand Unrecht getan. Und sollte jemand Unrecht getan worden sein, dann würde der Bundesverfassungsgerichtshof mit seiner völligen Unabhängigkeit und mit der großen Autorität seiner Stellung dafür Sorge tragen, daß in einem absolut objektiven, mit rechtsstaatlichen Garantien ausgestatteten Verfahren sichergestellt wird, daß nur d e r die Abgeordneteneigenschaft verliert, der sie wirklich verlieren muß. So haben wir, glaube ich, alle rechtsstaatlichen Garantien geschaffen, um einen Mißbrauch zu vermeiden.
    Da die Begründungszeit abgelaufen ist, möchte ich nur noch eine Bemerkung machen. Ich glaube, daß dieser Entwurf, wenn er Gesetz werden sollte, zu einem jener Gesetze wird, die allein schon durch ihre Existenz garantieren, daß sie gar nicht angewandt zu werden brauchen. Damit möchte ich die Hoffnung verbinden, daß Wählerschaft, Volk und Parlament und alle Abgeordneten bis zum letzten und auch bis zum schwächsten dafür sorgen, daß dieses Gesetz in der Praxis niemals angewandt zu werden braucht.

    (Beifall bei der SPD und der CDU.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Meine Damen und Herren,
ich eröffne die Aussprache im Rahmen der vereinbarten Redezeit von 90 Minuten. Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Becker.

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    Rede von Dr. Max Becker


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Meine Damen und Herren! Die Ergebnisse der Debatte über den Bericht des „Spiegel"-Ausschusses haben, glaube ich, zu dem Versuch geführt, das, was als tadelnswert gefunden worden ist, vielleicht nach drei Richtungen hin zu verbessern: erstens durch die Schaffung eines Ehrenrats mit einer Ehrenordnung in diesem Hause, zweitens in der Richtung, in der sich wohl der vorliegende Antrag bewegt, und drittens durch Schaffung etwaiger neuer Bestimmungen des Strafgesetzbuches gegen Bestechung von Abgeordneten.
    Der Tendenz und der Begründung des vorliegenden Antrages, wie sie der Herr Vorredner gegeben hat, stimmen wir vollkommen zu. Wir sind auch damit einverstanden, daß er durch den zuständigen Ausschuß behandelt wird. Wir schließen uns auch dem Wunsche an, daß eine solche Bestimmung, wenn sie geschaffen ist, hoffentlich niemals angewandt zu werden braucht. Ich glaube aber doch, daß es nötig sein wird, dem Ausschuß noch einige Gedanken mit auf den Weg zu geben, die sich bei einer Prüfung des Textes dieses Antrags im einzelnen ergeben.
    Mit Recht hat der Herr Vorredner darauf hingewiesen, daß die Entscheidung darüber, ob ein Abgeordneter sein Mandat wegen gewinnsüchtigen Mißbrauchs verwirkt hat, dem Gericht, und zwar dem höchsten Gericht des Bundes übertragen werden soll. Es ist in der Tat so, daß die Spuren des französischen Konvents von 1793 schrecken, der glaubte, über seine Selbstreinigung selbst entscheiden zu sollen, und zwar gerade meist auf Antrag
    d e s Robespierre, der sich selbst den „Unbestechlichen" nannte. Wir sind also einverstanden mit der Entscheidung durch den obersten Gerichtshof des Bundes.
    Es ist aber die Frage aufzuwerfen, ob nicht auch die Anklageerhebung statt durch dieses Parlament durch den Bundesanwalt erfolgen sollte, und zwar aus folgender Erwägung heraus. Es ist durchaus möglich, daß ein Fall vor das Gericht gehört, daß sich aber eine Zweidrittelmehrheit dieses Hauses aus irgendwelchen Erwägungen heraus nicht zur Stellung des Antrages bereit findet. Umgekehrt ist es durchaus möglich, daß sich unter Umständen eine Zweidrittelmehrheit schützend vor irgend jemanden stellt. Wir würden es also gerne sehen, wenn der Bundesanwalt, der natürlich auf Antrag dieses Hauses, aber auch auf Antrag von anderer Seite tätig werden könnte, die Anklageerhebung übernähme.
    Die Frage, was gewinnsüchtig und was Mißbrauch ist, wird im Ausschuß eingehend zu klären sein. „Gewinnsüchtig" wird nicht nur den Fall umfassen können, daß jemand in der plumpsten Form, die es gibt, nämlich durch die Bestechung des Abgeordneten selbst, gegen diese Bestimmungen verstößt; sondern es wird vielleicht zu beachten sein, daß diese Gewinnsucht ja auch darin bestehen kann, daß Umgehungen versucht werden, indem man versucht, Angehörigen der Familie, Bekannten oder Freunden irgendwelche Vorteile zuzuschanzen. Da sind doch unter Umständen Mißbräuche zu beobachten, die die Frage nahelegen, ob die Mißbräuche, die heute schon in der Öffentlichkeit beklagt werden, nicht auch schon unter „gewinnsüchtigen Mißbrauch" fallen, nämlich dann, wenn jemand unter der Gewinnsucht nicht die Sucht, sich selbst zu bereichern, versteht, sondern andern, die einem nahestehen, Vorteile zuzuwenden. Ich denke also z. B. an das große Kapitel des Parteibuchbeamtentums. Es ist die Frage aufzuwerfen, ob nicht auch diese Tätigkeit eines Abgeordneten gegebenenfalls unter den Begriff eines gewinnsüchtigen Mißbrauchs zu bringen ist, wenn diese Vorteile Angehörigen der eigenen Partei zugeschanzt werden sollen, ohne daß bei dem Beamten die für das Amt notwendigen Voraussetzungen vorliegen.
    Ich möchte bei dieser Gelegenheit überhaupt einmal anregen, ob wir uns nicht allesamt in diesem Hohen Hause dahin verständigen könnten, daß es gewisse Posten gibt — Ministerposten, Staatssekretäre, meinethalben auch die Ministerialdirektoren und Botschafter —, die als politische Posten anzusehen sind und entsprechend besetzt werden, daß aber alle anderen Posten, die es irgendwie in der Verwaltung gibt, unter allen Umständen von parteipolitischen Einflüssen bei der Besetzung freigehalten werden sollten.

    (Zuruf von der SPD: Auch in der Bundespolitik! — Unruhe links.)

    — Ja, natürlich, davon rede ich ja doch! Ich rede von der Bundespolitik und, meine Herren von links, auch von den Ländern!

    (Sehr richtig! bei der FDP und CDU. — Abg. Renner: Auch von der Bereitschaftspolizei? — Anhaltende lebhafte Zurufe links.)

    — Nun regen Sie sich doch nicht unnötig auf, meine Herren!

    (Zuruf von der SPD: Das tun S i e jetzt!)

    Denn die Geschichte ist doch die, daß wir uns alle-


    (Dr. Becker [Hersfeld] )

    samt, ohne daß ich irgendwie eine Partei habe an- sprechen wollen — ich habe niemanden dabei scharf angesehen —,

    (Abg. Dr. Wuermeling: Die fühlen sich aber getroffen!)

    einmal versuchen sollten, ob wir uns nicht nach dieser Richtung hin einigen können.

    (Erneute Zurufe links.)

    Die Kontrolle des Parlaments darüber, daß derartige Vorschriften, über die wir uns einigen würden, eingehalten werden, wird in erster Linie beim Haushaltsausschuß und in zweiter Linie bei diesem Parlament liegen, dem die Stellenbesetzungen vorgelegt werden müßten und das nun seinerseits kontrollieren könnte, ob die vereinbarte Unparteilichkeit bei der Stellenbesetzung eingehalten wird. Das ist eine kleine Abschweifung vom Thema; sie wird aber durch eine Auslegung des Begriffes „gewinnsüchtiger Mißbrauch" ausgelöst.
    Wir werden noch mehr Fragen im Ausschuß zu prüfen haben. Nehmen Sie an, es wird eine Reihe von Aufsichtsratsposten durch ein Gesetz dieses Hohen Hauses geschaffen — sie fallen vielleicht als Nebenprodukt ab —, dann wird ein Eintreten für dieses Gesetz vielleicht nicht ohne weiteres als Gewinnsucht oder Mißbrauch anzusehen sein. Wenn das Gesetz aber darauf ausgeht, derartige Aufsichtsratsposten expreß zu schaffen und ganz bestimmte Voraussetzungen für die Besetzung dieser Posten, nämlich nur durch bestimmte Personengruppen, vorzusehen, und wenn dieses Gesetz in einer Weise geschaffen wird, von der die Begründung des Gesetzes sagt, daß die Vorgeschichte dieses Gesetzes bekannt sei, dann ist die Frage aufzuwerfen, ob nicht auch hier Mißbrauch vorliegt. Also diese Dinge sind genau zu prüfen.
    Eine weitere Frage: Soll denn derjenige, dem das Mandat aberkannt ist, dieses für immer, auf Zeit oder nur in diesem einzelnen Falle verlieren? Soll mit anderen Worten die Möglichkeit bestehen, daß er bei Neuwahlen — etwa 6 Monate darauf — schon wiedergewählt werden kann? Ich glaube, wir werden diese Frage im einzelnen prüfen müssen. Anschließend werden wir auch die Frage prüfen müssen, welche Änderungen — seien es substantielle, seien es redaktionelle — am Wahlgesetz vorzunehmen sind.
    Wir werden uns weiter auch die Frage vorzulegen haben, ob irgendeine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes, die auf der Grundlage einer solchen Bestimmung, wie sie hier angestrebt wird, ergeht, schon in irgendeiner Weise für eine strafgerichtliche Beurteilung präjudiziell sein soll, wenn der strafgerichtliche Tatbestand sich mit dem Tatbestand, der hier getroffen werden soll, in irgendeiner Weise deckt.
    Wir werden also an dem Gesetz in der Hoffnung mitarbeiten, daß auch nach anderer Richtung — Ehrenordnung, Ehrenrat oder auch strafgesetzliche Bestimmungen — die Konsequenzen, die sich auf Grund der Untersuchungen des „Spiegel"-Ausschusses ergeben haben, gezogen werden. Aber damit kein falscher Eindruck entsteht, möchte ich noch einmal eins hervorheben: wir teilen die Hoffnung des Herrn Kollegen Wagner, daß die Existenz einer solchen Bestimmung genügt, daß sie nicht angewendet zu werden braucht. Wir unterstreichen aber auch, daß die Untersuchungen des „Spiegel"-Ausschusses nur bei ganz wenigen Abgeordneten irgend etwas auszusetzen gefunden haben und daß die große, die überwiegende Mehrheit dieses Hohen Hauses als völlig integer aus diesen Untersuchungen herausgegangen ist.

    (Beifall bei der FDP.)