Rede von
Johannes
Even
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bundesrat hat in seiner Sitzung vom 20. Oktober 1950 beschlossen, dem Bundestag den Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der Lohnzahlung an Feiertagen zu unterbreiten. Sie finden diesen Gesetzentwurf auf Drucksache Nr. 1885 vom 7. Februar 1951. In der 120. Sitzung des Deutschen Bundestags vom 22. Februar 1951 wurde der Gesetzentwurf dem Ausschuß für Arbeit überwiesen.
Der Ausschuß konnte sich dem Standpunkt der Bundesregierung, man solle die Regelung der Lohnzahlung an Feiertagen den Sozialpartnern überlassen, nicht anschließen. Der Ausschuß glaubte, das um so weniger tun zu können, als in vielen Ländern bereits gesetzliche Regelungen bestehen, die nicht nur Art und Zahl der gesetzlichen Feiertage benennen, sondern auch eine Bezahlung dieser Feiertage festlegen. Ist es auch unbestritten, daß die Festlegung der Anzahl der Feiertage eine Angelegenheit der Länder ist, so glaubte der Ausschuß doch, das Bundesparlament solle von seinem Recht Gebrauch machen, die Art und Weise der Lohnzahlung an den von den Länderparlamenten festgelegten Feiertagen durch Gesetz einheitlich zu regeln.
Der Ausschuß konnte der Empfehlung der Bundesregierung, die Zahl der zu bezahlenden Feiertage auf 8 zu beschränken, nicht folgen. Ebenso hat der Ausschuß einen Antrag der FDP abgelehnt, die Zahl der zu bezahlenden Feiertage auf 10 zu beschränken. Nach Ansicht der Mehrheit des Ausschusses hätte dies bedeutet, die Rechte der Länder indirekt zu beschneiden und die jetzt in den Ländern geltenden Regelungen teilweise zu verschlechtern. So sind nach den uns bekannten Materialien in der britischen Besatzungszone 6 Feiertage, in Baden 12 Feiertage, in Bayern 13 Feiertage, in Hessen 11 Feiertage, in Rheinland-Pfalz 10 Feiertage, in Württemberg-Baden 13 Feiertage und in Württemberg-Hohenzollern 15 Feiertage zu gesetzlichen Feiertagen erklärt. In fast allen diesen Ländern ist auch die Lohnzahlung für diese Feiertage geregelt.
Es handelt sich also bei dieser Gesetzesvorlage nicht um ein grundsätzlich neues Gesetz mit nennenswerten neuen Leistungen und neuen Belastungen für die Wirtschaft, sondern nur um eine einheitliche Regelung der Lohnzahlungen an jenen Wochenfeiertagen, die durch die Länderparlamente den gesetzlichen Schutz erhalten haben. Der Ausschuß ist in seiner Mehrheit der Meinung, daß die Länderparlamente einsichtig genug sein werden, nun keine Inflation von Feiertagen herbeizuführen und zu den jetzt geltenden Feiertagen noch nennenswert mehr Feiertage zu gesetzlichen Feiertagen zu erklären.
Der Ausschuß für Arbeit ist in einigen Punkten wesentlich von dem ihm vorgelegten Gesetzentwurf abgewichen. Ursprünglich hat der Ausschuß in seiner Mehrheit den § 1 Abs. 1 und 2 unverändert übernommen. Den Abs. 3 von § 1 dagegen glaubte der Ausschuß nicht übernehmen zu können. Er war vielmehr der Meinung, daß die Regelung für die Heimarbeiter nicht den Länderparlamenten überlassen bleiben kann, sondern ebenfalls im Rahmen dieses Gesetzes geregelt werden muß.
Während über den gesamten Inhalt des Gesetzentwurfs fast volle Übereinstimmung erzielt wurde, sind die Meinungen der Ausschußmitglieder hinsichtlich Abs. 2 von § 1 auseinandergegangen. Dieser Absatz besagt, daß Arbeitnehmer, die am letzten Arbeitstag vor oder am ersten Arbeitstag nach Feiertagen ohne genügende Entschuldigung der Arbeit fernbleiben, keinen Anspruch auf Bezahlung des Feiertags haben. Während die Mehrheit des Ausschusses der Meinung war, daß eine solche Bestimmung aus Gründen der Betriebsdisziplin und der Verhütung von Mißbrauch notwendig ist, vertrat ein anderer Teil die Meinung, daß eine solche einschränkende Bestimmung für Beamte und Angestellte nicht besteht und auch nicht notwendig ist, daß im übrigen die vorliegenden arbeitsrechtlichen Bestimmungen und Urteile einen solchen Mißbrauch von selbst ausschließen und dies nicht besonders gesetzlich verankert zu werden braucht. Der Ausschuß hat sich dann einstimmig auf die folgende Fassung geeinigt:
Arbeitnehmer, die am letzten Arbeitstag vor oder am ersten Arbeitstag nach Feiertagen unentschuldigt der Arbeit fernbleiben, haben keinen Anspruch auf Bezahlung für diese Feiertage.
Der § 2 des Gesetzentwurfs, der sich mit der Entlohnung für an Feiertagen geleistete Arbeit befaßt, soll nach dem Vorschlag des Ausschusses fortfallen. Man will diese Regelung den Tarifpartnern überlassen. Der Ausschuß hält diese Lösung für besser, da Sonn- und Feiertagsarbeit für eine ganze Reihe von Berufen Wesensmerkmal ist und eine besondere Vereinbarung der Sozialpartner hier eher den richtigen Ausgleich findet als eine generelle gesetzliche Regelung.
An Stelle des in Fortfall kommenden § 2 hat der Ausschuß einen neuen § 2 formuliert, der die Entlohnung der Heimarbeiter an Feiertagen regelt. Der neu formulierte § 2 wurde in der Drucksache Nr. 2204 irrtümlich mit „§ 2 a" gekennzeichnet. Auch in der Drucksache Nr. 2204 wurde der § 2 irrtümlich mit „§ 2 a" bezeichnet. Die Bezeichnung des Paragraphen muß „§ 2" lauten. Der Ausschuß hat sich bei der Formulierung des § 2 die langjährigen Erfahrungen mit den seitherigen Regelungen und Vereinbarungen betreffend Heimarbeiter zu eigen gemacht. Er glaubt mit der nunmehr vorliegenden Fassung dem Hohen Hause eine Regelung
vorzuschlagen, die allen Besonderheiten des Berufsstandes der Heimarbeiter Rechnung trägt.
Der § 3 kann nach einstimmiger Auffassung des Ausschusses entfallen, da die in diesem Paragraphen vorgesehenen erforderlichen Verwaltungsvorschriften zur Durchführung des Gesetzes zu den selbstverständlichen Rechten des Bundesministeriums der Arbeit gehören.
Der § 4 des Gesetzentwurfs setzt alle seitherigen Bestimmungen in dieser Materie mit dem Tage des Inkrafttretens des vorliegenden Gesetzes außer Kraft. Der Ausschuß glaubte hier einen Satz anfügen zu sollen, der die Feiertagszuschläge in noch geltenden Tarifordnungen von dieser Außerkraftsetzung ausnimmt. Ein mündlich eingebrachter Antrag, die Bezahlung von Feiertagen von einer mindestens dreimonatigen Beschäftigungsdauer abhängig zu machen, hat nicht die Zustimmung der Mehrheit des Ausschusses gefunden. Zur Begründung des Antrags wurde angeführt, daß in einzelnen Berufszweigen kurzfristige Beschäftigungsverhältnisse nicht zu vermeiden seien und daß in solchen Fällen der Arbeitgeber bei relativ wenigen Arbeitstagen gleichzeitig mehrere Feiertage bezahlen müsse, was sich wieder ungünstig auf Kalkulation und Preise auswirke.
Trotz bedingter Anerkennung dieser Gründe sieht die Mehrheit des Ausschusses in der Einführung einer solchen Sperrbestimmung eine Benachteiligung jener Arbeitnehmer, die nach längerer Arbeitslosigkeit oder auch als Heimkehrer wieder ein Arbeitsverhältnis erhalten, aber wegen Nichterreichung der dreimonatigen Wartezeit von der Bezahlung der Feiertage ausgeschlossen werden. Aus diesen Gründen lehnte die Mehrheit des Ausschusses diesen Antrag, die Bezahlung der Feiertage von einer dreimonatigen Beschäftigung abhängig zu machen, ab. Der kleine Prozentsatz solcher Fälle könnte nach Ansicht des Ausschusses durch besondere Regelungen ausgenommen werden, die aber die Partner unter sich ausmachen könnten.
Durch diese Ihnen vom Ausschuß vorgelegte Fassung dürfte die Gewähr dafür geboten sein, daß den Länderparlamenten das Recht der Festsetzung der Feiertage ungeschmälert verbleibt, daß darüber hinaus aber die Entlohnung für diese Feiertage einheitlich geregelt wird. Dabei verbliebe den Sozialpartnern für besondere Regelungen und Feiertagszuschläge weitgehend das Recht der freien Vereinbarung.
Wenn das Haus der Auffassung zustimmt, daß ohne eine gesetzliche Regelung der Lohnzahlung auch die gesetzlichen Feiertage vielfach nur auf dem Papier stehen, diese also nur auf Kosten der Arbeitnehmer eingehalten werden können, wenn darüber hinaus eine einheitliche Regelung der Lohnzahlung an Feiertagen für notwendig erkannt wird, dann müßte das Hohe Haus — und ich darf darum bitten — dieser Gesetzesvorlage in der Fassung des Ausschusses, für Arbeit zustimmen.