Gesamtes Protokol
Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 123. Sitzung des Deutschen Bundestags.
Ich bitte um Ihre Aufmerksamkeit für die Bekanntgabe der Namen der entschuldigten Abgeordneten.
Der Präsident hat Urlaub erteilt für 2 Tage — für den 7. und 8. März — den Abgeordneten Dr. Schmid , Dr. Horlacher, Bauereisen, Agatz, Gundelach, Harig, Niebergall, Renner, Rische, Vesper. Weiter hat der Präsident Urlaub erteilt für 3 Tage — für den 7., 8. und 9. März — den Abgeordneten Mensing, Ruhnke, Knothe, Fürst Fugger von Glött, Glüsing, Dr. Baade, Dr. Bucerius, Dr. Köhler und Parzinger. Für längere Zeit suchen um Urlaub nach die Abgeordneten Loibl, Wallner, Diel und Dr. Brill, jeweils für 14 Tage wegen Krankheit, der Abgeordnete Dr. Henle für 14 Tage wegen dienstlicher Inanspruchnahme und der Abgeordnete Kalbfell für 3 Wochen wegen Krankheit.
Ein Widerspruch erfolgt nicht, die Urlaubserteilung ist genehmigt.
Weiter sind entschuldigt die Abgeordneten Dr. Oesterle, Frühwald, Dr. Nowack , Junglas, Dr. Gerstenmaier, Gockeln, Frau Albrecht, Keuning, Cramer, Wagner und Dr. Dresbach.
Weiterhin, meine Damen und Herren, bitte ich, von folgenden Änderungen der Tagesordnung Kenntnis zu nehmen:
Nach einer in der heutigen Sitzung getroffenen Vereinbarung des Ältestenrats sind von der heutigen Tagesordnung abgesetzt worden: Punkt 6, Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes über den Entwurf eine Gesetzes über die Errichtung einer Bundesstelle für den Warenverkehr der gewerblichen Wirtschaft — Nr. 1974 der Drucksachen —, und Punkt 13, Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betreffend Stellungnahme der Bundesregierung zu den Ausweisungen deutscher Staatsbürger durch die Regierung des Saargebiets — Nr. 1957 der Drucksachen —.
— Ich bitte um Entschuldigung, meine Damen und Herren; die mir vorliegende Aufstellung ist nach der vervielfältigten Tagesordnung gemacht worden, Es handelt sich also um Punkt 12 der gedruckten Tagesordnung.
Zu Punkt 5 der Tagesordnung, erste, zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der CDU/ CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur weiteren Verlängerung der Geltungsdauer des Preisgesetzes, liegen vor ein Antrag der Fraktion der SPD, der eine Entschließung des Bundestags wünscht — Umdruck Nr. 94 —, und ein Änderungsantrag der Fraktion der FDP — Umdruck Nr. 93 —.
Das Haus ist mit diesen Änderungen der Tagesordnung einverstanden.
Die übrigen amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung ins Protokoll aufgenommen:
Der Herr Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat unter dem 15. 2. 1951 die Anfrage Nr. 159 der Fraktion der SPD betreffend Überschwemmungsschäden in Niedersachsen und Schleswig-Holstein — Drucksache Nr. 1861 — beantwortet. Die Antwort wird als Drucksache Nr. 1979 verteilt.
Entsprechend einem Beschluß des Deutschen Bundestages in seiner 110. Sitzung hat der Herr Bundesminister der Finanzen unter dem 21. 2. 1951 einen Zwischenbericht gegeben, der die bisherigen Bemühungen in der Frage der Freigabe historischer Gold- und Silbermünzen schildert und als Drucksache Nr. 1981 vervielfältigt wird.
Auf den Beschluß des Deutschen Bundestages
in seiner 48. Sitzung hat der Herr Bundeskanzler am 28. 2. 1951 unter Bezugnahme auf sein Schreiben vom 12. 8. 1950 — Drucksache Nr. 1286 — über Kredite und steuerliche Begünstigungen für Flüchtlingsbetriebe berichtet. Das Schreiben wird als Drucksache Nr. 1986 vervielfältigt.
Ich rufe auf Punkt 1 der Tagesordnung:
Beratung der Interpellation der Fraktion der
FDP betreffend Uraltkonten in West-Berlin,
deren Berechtigte im Gebiete der Bundesrepublik wohnen .
Der Ältestenrat schlägt Ihnen eine Begründungszeit von 10 Minuten und eine Aussprachezeit von 40 Minuten vor, sofern eine Aussprache gewünscht wird. — Ich nehme an, daß das Hohe Haus damit einverstanden ist.
Herr Abgeordneter Dr. Nöll von der Nahmer begründet die Interpellation. Bitte, Herr Abgeordneter!
Dr. Dr. Nöll von der Nahmer , Interpellant: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion hat sich zur Einbringung dieser Interpellation entschlossen, nachdem ein unmittelbarer Schriftverkehr mit dem Herrn Minister für gesamtdeutsche Fragen schon vor mehreren Monaten zu keiner befriedigenden Klärung und Regelung der Angelegenheit geführt hat. Wir sind der Auffassung, daß es sich bei diesem in der Interpellation eingehend dargelegten Tatbestand um eine grundsätzliche Angelegenheit der Sparer handelt. Hier liegt wieder einmal einer der vielen bedauerlichen Fälle vor, in denen die Rücksichtnahme auf die berechtigten Sparerinteressen schon längst eine befriedigende Regelung erfordert hätte. Wir bedauern es, daß das Berliner Gesetz im Dezember
1949 ergangen ist — wie Sie das ja in der Interpellation lesen — und daß heute, am 7. März 1951, immer noch keine zufriedenstellende Regelung dieser Frage für unsere Mitbürger, die hier im Westen wohnen, aber ihre Konten in Berlin haben, erfolgt ist. Deswegen haben wir uns veranlaßt gesehen, die Regierung nunmehr förmlich zu bitten, uns eine Auskunft darüber zu geben, was im verflossenen Jahr zur Regelung der Angelegenheit geschehen ist, wieweit Verhandlungen mit Berlin gepflogen worden sind und, da uns bekannt ist, daß solche Verhandlungen tatsächlich eingeleitet worden sind, wie eine Regelung gedacht ist.
Meine Damen und Herren! Diese Regelung wirft gewisse volkswirtschaftliche Fragen auf. Es ist anzunehmen, daß die Sparer in Westdeutschland ihre aufgewerteten Guthaben abziehen werden. Das bedeutet also, daß hier im Westen ein zusätzliches Konsumgeld auftritt. Ich glaube, darüber besteht wohl in diesem Hause Einverständnis, daß das im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht wünschenswert ist. Wir sind trotzdem der Auffassung, daß dieser zweifellos vorhandene volkswirtschaftliche Nachteil mit in Kauf genommen werden muß; denn die Dinge liegen doch so, daß die Sparerkreise, die ihre Konten in Berlin geführt haben und hier im Westen wohnen, bisher die ganze Zeit über diese Guthaben nicht für ihre Zwecke verwenden konnten, daß sie also offensichtlich gegenüber uns anderen Bürgern im Nachteil sind, die wir das Glück hatten, unsere Gelder im Westen zu haben. Deswegen stehen wir auch auf dem Standpunkt, daß die volkswirtschaftlichen Nachteile, die eventuell mit einer Aufwertung der Westberliner Konten der westdeutschen Bevölkerung verbunden sein können, in Kauf genommen werden bzw. ausgeglichen werden müssen zu Lasten derer, die bisher schon aus ihren aufgewerteten Guthaben ihre Konsumgüternachfrage befriedigen konnten. Im übrigen ist uns von zuständiger und sachverständiger Seite mitgeteilt worden, daß der in Frage kommende Betrag wahrscheinlich gar nicht einmal so hoch sein wird, wie es in unserer Interpellation angegeben ist, die sich ja auch auf amtliche Unterlagen stützt. In dieser Interpellation ist noch von 104 Millionen die Rede. Von Berliner Seite ist uns versichert worden, daß der freiwerdende Betrag, der zu finanzieren ist, tatsächlich geringer sein würde.
Grundsätzlich — und damit möchte ich schließen, meine Damen und Herren — haben wir den Wunsch, daß gerade in der heutigen Zeit alles geschieht, um die berechtigten Interessen der Sparer zu wahren. Wir können nicht auf eine Belebung des Spargedankens'hoffen, wenn nicht von der Gesetzgebung oder der Verwaltung her alles geschieht, um diesen Kreisen, die für unsere Volkswirtschaft sehr wertvoll sind — ja, ich möchte beinahe sagen, die im gegenwärtigen Zeitpunkt eine entscheidende Bedeutung haben! —, die Gewißheit zu geben, daß alles getan wird, um ihre berechtigten Interessen zu wahren.
In diesem Sinne haben wir die Interpellation eingebracht und wir hoffen, daß nunmehr in kurzer Zeit eine Regelung gefunden wird, die den berechtigten Interessen der Sparer entspricht und einen volkswirtschaftlich richtigen Ausgleich der verschiedenen Interessen herbeiführt.
Zur Beantwortung der Interpellation der Herr Bundesminister der Finanzen.
Herr Präsident, Meine Damen und Herren! Nach der im Auftrag der Berliner Militärregierung erlassenen West-Berliner Durchführungsbestimmung Nr. 19 vom 23. Dezember 1949 sind die sogenannten Uraltguthaben bei Groß-Berliner Kreditinstituten, d. h. Guthaben aus der Zeit vor dem 9. Mai 1945, im Verhältnis 20 zu 1 auf D-Mark umgestellt, wenn der Gläubiger entweder am 1. Oktober 1949 seinen Wohnsitz oder Sitz in West-Berlin hatte oder am 1. Oktober 1949 Angehöriger der Vereinten Nationen oder eines neutralen Staates war. Das auf D-Mark umgestellte Guthaben wird nach Wahl des Anspruchsberechtigten bei einem zum Geschäftsbetrieb zugelassenen West-Berliner Geldinstitut gutgeschrieben. Den Geldinstituten wird in Höhe der dadurch entstehenden Verbindlichkeiten eine mit 3 % jährlich verzinsliche Ausgleichsforderung gegen das Land Berlin zugeteilt. Die Guthaben werden in drei gleichen Jahresraten fällig, und zwar die erste Rate einen Monat nach Gutschrift, die weiteren Raten jeweils am 1. April 1951 und am 1. April 1952.
Berlin beabsichtigt, unter den gleichen Bedingungen, die für die bisherige Umwertung gelten, die Umwertung der Uraltguthaben auf die Konteninhaber auszudehnen, die am 1. Oktober 1949 ihren Wohnsitz oder Sitz im Bundesgebiet hatten. Die zuständigen Berliner Stellen sind an das Bundesministerium der Finanzen mit der Bitte herangetreten, daß der Bund zu 90°/o die Verzinsung der zur Bedeckung dieser Verbindlichkeiten erforderlichen Ausgleichsforderungen übernimmt.
Ferner erbittet Berlin gleichfalls zu 90 % die Übernahme der Verzinsung derjenigen Ausgleichsforderungen durch den Bund, die aus der Bedeckung der der Durchführungsbestimmung Nr. 19 bereits unterliegenden Guthaben überlokaler Art entstehen. Bei den Konteninhabern überlokaler Art handelt es sich um Ausländer und um solche Organisationen, deren Wirkungsbereich sich nicht auf Berlin beschränkte, sondern sich auf das ganze frühere Reichsgebiet ausdehnte. Es sind dies die Sozialversicherungsträger, die Organisationen der gewerblichen Wirtschaft, der Reichsnährstand und gewisse überlokale Handelsunternehmen wie z. B. die der IG-Farben und der UFA.
Die Bundesregierung ist sich mit den zuständigen Stellen Berlins darüber einig, daß die bisherige Rechtslage, die für Deutsche die Umwertung auf solche Berliner Guthaben beschränkt, die am 1. Oktober 1949 in West-Berlin ansässigen Konteninhabern zustehen, für die im Bundesgebiet wohnenden Konteninhaber eine gewisse Härte darstellt. Wenn seinerzeit die Umwertung der Berliner Uraltguthaben in dem gekennzeichneten Sinne beschränkt wurde, so beruhte das darauf, daß nur solche Guthaben berücksichtigt werden sollten, deren Umwertung der Berliner Wirtschaft zugute kam. An dieser Voraussetzung fehlte es bei denjenigen Konteninhabern, die ihren Wohnsitz im Bundesgebiet haben. In der Einleitung zu der Durchführungsbestimmung Nr. 19 war jedoch die Regelung der bisher noch nicht berücksichtigten Guthaben einer späteren Entscheidung vorbehalten worden. Diese Entscheidung soll jetzt getroffen werden.
Wenn auch zu betonen ist, daß die Ausdehnung der Umwertung auf solche Konteninhaber, die im Bundesgebiet wohnen, ausschließlich durch einen Berliner Gesetzgebungsakt erfolgen kann, so ist sich die Bundesregierung doch von Anfang an darüber klar gewesen, daß sie die Verpflichtung trifft, für die berechtigten Belange der Angehörigen des
Bundesgebiets einzutreten. Dies ist dadurch geschehen, daß schon im vergangenen Jahr über eine angemessene Regelung dieser Frage Verhandlungen mit der Berliner Zentralbank geführt worden sind. Bei diesen Verhandlungen hat sich mein Ministerium von der Erwägung leiten lassen, daß der von Berlin ausgesprochenen Bitte, die Verzinsung der Ausgleichsforderungen zu übernehmen, die aus der Umwertung der überlokalen Guthaben und der Guthaben im Bundesgebiet wohnender Gläubiger entstehen, eine gewisse Berechtigung nicht abzusprechen ist. Es ist zu berücksichtigen, daß das aus der Umwertung der Konten im Bundesgebiet wohnender Gläubiger und der überlokalen Konten den Konteninhabern auszuzahlende Geld zum überwiegenden Teil nach dem Bundesgebiet abfließen und deshalb der Berliner Wirtschaft nicht zugute kommen wird. Andererseits mußte bedacht werden, daß durch eine neunzigprozentige Beteiligung des Bundes an der Verzinsung dieser Ausgleichsforderungen der Bund eine nicht unerhebliche Belastung übernimmt. Während von vornherein feststand, daß für die Einbeziehung der im Bundesgebiet wohnenden Konteninhaber in die Umwertung etwa 80 bis 100 Millionen DM Ausgleichsforderungen benötigt werden, stand die Höhe der für die Bedeckung der überlokalen Guthaben erforderlichen Ausgleichsforderungen nicht von Anfang an fest. Hier mußte zunächst bezüglich der Guthaben ausländischer Banken in Besprechungen zwischen der Berliner Zentralbank und meinem Ministerium erst die rechtlich schwierige Frage geklärt werden, welche ausländischen Banken nach den von Berlin erlassenen gesetzlichen Bestimmungen eine Umwertung verlangen können. Diese Frage war für den Bund deshalb von großer Wichtigkeit, weil eine Anerkennung aller von den ausländischen Banken angemeldeten Guthaben zu einer nicht tragbaren Belastung des Bundes geführt hätte. Nach den auf Grund dieser Besprechungen vorgenommenen Berechnungen werden für die überlokalen Guthaben einschließlich der ausländischen Banken etwa 112,5 Millionen DM an Ausgleichsforderungen benötigt, so daß bei Hinzurechnung der Guthaben der im Bundesgebiet wohnenden Gläubiger etwa 210 Millionen DM zu 90°/o vom Bund zu verzinsen wären. Das würde eine jährliche Belastung des Bundes von 5,67 Millionen DM ergeben.
Angesichts dessen, daß die Regelung der finanzrechtlichen und finanzwirtschaftlichen Beziehungen zwischen Berlin und dem Bundesgebiet durch eine Verwaltungsvereinbarung erfolgt ist, erscheint es nicht zweckmäßig, eine solche Belastung außerhalb des Rahmens dieser Vereinbarung zu übernehmen. Die zur Zeit geltende Verwaltungsvereinbarung läuft am 31. März dieses Jahres ab. Die Verhandlungen über die Neuregelung der finanziellen Beziehungen zu Berlin werden in Kürze beginnen. Im Rahmen dieser Verhandlungen wird die Übernahme einer Zinserstattungsverpflichtung des Bundes in Höhe von 90 % der gesamten Zinsverpflichtung einer endgültigen Lösung zugeführt werden.
Sie sehen, meine Damen und Herren, daß die Bundesregierung in der Frage der Berliner Uraltguthaben nicht untätig geblieben ist. Sie werden aber verstehen, daß die Übernahme einer Zinserstattungspflicht des Bundes für die aus der Umwertung entstehenden Ausgleichsforderungen notwendig im Rahmen der allgemeinen Regelung der finanziellen Beziehungen zu Berlin erfolgen muß. Nur wenn diese Regelung alle vom Bund übernommenen Verpflichtungen umfaßt, ist die Gewähr gegeben, daß die zuständigen Stellen den notwen-
digen Überblick behalten und dieser Überblick nicht durch eine Fülle von Einzelregelungen verloren geht.
Ich bitte die Damen und Herren, die eine Besprechung wünschen, mir dies durch ein Handzeichen zu erkennen zu geben. — Jetzt sind es 50 Abgeordnete. Die Besprechung findet statt.
Frau Abgeordnete Schroeder hat sich als erste zum Wort gemeldet.
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Auch meine Fraktion bedauert außerordentlich, daß die Angelegenheit der Umstellung der Sparkonten von West-Berliner Sparern, die sich heute im Bundesgebiet befinden, noch nicht geregelt worden ist. Wir sind uns voll und ganz darüber im klaren, daß auf diese Weise gerade die schwächsten Kreise getroffen werden, d. h. die Alten, die Frauen mit Kindern, die in der schweren Bombenzeit und auch während der Blokkade aus Berlin herausgegangen sind, ebenso wie die Angehörigen von Betrieben, die nach dem Westen verlagert wurden. Wir bedauern deshalb sehr, daß sich sehr viele von ihnen in Not befinden und nicht in der Lage sind, auf ihre Sparkonten wenigstens in dem geringen Maße, in dem es für West-Berliner möglich ist, zurückzugreifen. Ich darf allerdings dabei sagen: in einer noch schwierigeren Lage befinden sich alle diejenigen, die nicht nach West- sondern nach Ostdeutschland evakuiert worden sind und die nun auch die geringen Hilfsmöglichkeiten, die hier vorhanden sind, nicht im gleichen Maße haben. Wenn Herr Nöll von der Nahmer meinte, daß es sich dabei um einen Betrag von weniger als 104 Millionen DM handle, so hat schon der Herr Finanzminister darauf hingewiesen, daß es sich nicht nur um diese persönlichen Sparer handelt, sondern auch um die überlokalen Organisationen, die bis heute noch nicht in den Besitz des Umstellungswertes gekommen sind.
Lassen Sie mich aber, meine sehr verehrten Herren und Damen, ein Wort dazu sagen, wie es überhaupt möglich war, zu dieser Ungerechtigkeit zu kommen, denn ich weiß, daß dies von westdeutschen Sparern zum Teil nicht verstanden wird. Die Durchführungsverordnung Nr. 19, die von der Militärregierung erlassen wurde, ist am 23. Dezember 1949, d. h. wenige Monate nach der Blokkade, erschienen, in einer Zeit, in der Berlin in einer ganz besonderen Schwierigkeit war. Wir hatten nicht nur eine vierfache Währungsreform im Gegensatz zu Westdeutschland zu verzeichnen, wir hatten die 11 Monate Blockade durchgehalten und standen mitten in der Spaltung Berlins. Das bedeutete, daß der einzelne in Berlin bis zum äußersten ausgeblutet und verarmt, daß aber genau so unsere Wirtschaft verarmt war, und daß eine unerhörte Arbeitslosigkeit die Folge war. Aus diesem Grunde mußte diesen Menschen und dieser Wirtschaft zunächst einmal geholfen werden. Nun aber — darin gebe ich den Interpellanten und dem Herrn Finanzminister sehr gerne recht — muß alles getan werden, um diese 80 bis 100 Millionen, die für die Einzelsparer, und die rund 115 Millionen, die für die überlokalen Guthaben in Frage kommen, auch endlich wenigstens — ich sage es noch einmal — in dem minimalen Maße der Umwertung von 20 zu 1 den Guthaben der West-Berliner gleichzustellen. Es wird aber notwendig sein, in eingehenden Beratungen dafür zu sorgen, daß nicht eine neue Belastung West-Berlins und damit der West-Berliner Bevölkerung erfolgt.
Es handelt sich nicht um ein Berliner Problem. Ein Berliner Problem ist es nur in dem Sinne, daß auch wir ein Interesse daran haben, in Westdeutschland nicht den Eindruck aufkommen zu lassen, daß dieses Westdeutschland, wie es häufig in den Eingaben, die wir wohl alle erhalten, heißt, auf der einen Seite Berlin helfe und auf der andern Seite Berlin sich nicht um seine früheren Einwohner, die sich in Westdeutschland befinden, kümmere. Es handelt sich aber darum, daß die Aufgabe vom gesamtdeutschen Standpunkt aus gelöst wird. Dabei muß überprüft werden, inwieweit auch die Rechtsfolgebanken aus Berlin, die sich heute im Bundesgebiet befinden, mit für die Verpflichtungen aufzukommen haben. Es geht nicht an, wie Herr Kollege Nöll von der Nahmer gemeint hat, daß auf der einen Seite die Sparguthaben aus Berlin herausgezogen werden, auf der andern Seite aber auch die Banken infolge ihrer Sitzverlegung ihr Kapital aus Berlin herausgeholt haben. Deshalb muß eingehend geprüft werden, wie all denen, die sich nicht in Berlin befinden, in der gerechtesten und für Berlin tragbarsten Weise geholfen werden kann. Darum freue ich mich, daß der Herr Finanzminister im Gegensatz zu Verhandlungen, die bisher stattfanden, erklärt hat, es sei nicht der richtige Weg, auf der Grundlage der Verwaltungsvereinbarung seitens der Bundesregierung für die Zinsen in Höhe von 5 bis 6 Millionen DM aufzukommen, wie es notwendig ist. Die Verwaltungsvereinbarung würde ein absolut unsicheres Element in die Angelegenheit hineintragen, wie wir es gerade gegenwärtig sehen, wo der Betrag, der Berlin nach unserer Ansicht im Monat März zusteht, reduziert werden soll. Ich brauche nur an die augenblickliche Streikgefahr in Berlin zu erinnern, um Ihnen zu zeigen, wie schwierig unsere Lage ist. Es muß durch ein Gesetz die hundertprozentige Sicherheit gegeben werden, daß nun auch alle zu ihrem Recht kommen, d. h. die Sparer, die überlokalen Organisationen und Berlin..
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Reif.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sind dem Herrn Bundesfinanzminister dafür dankbar, daß er die Situation dargestellt hat, innerhalb deren die Regelung dieser Frage gefunden werden muß. Wir stimmen aber durchaus dem zu, was Frau Schroeder eben hier gesagt hat: dies ist im Grunde keine Berliner Angelegenheit. Berlin hat ein Interesse daran, daß in Westdeutschland keine Vorwürfe erhoben werden, wie das dauernd geschieht, die nach Lage der Dinge Berlin gar nicht treffen können. Es handelt sich auch nur zum Teil um Ansprüche von Personen, die früher einmal in Berlin seßhaft waren; es handelt sich um die überterritorialen Organisationen und selbstverständlich auch um Einwohner Westdeutschlands, die früher aus irgendwelchen Gründen Konten in Berlin hatten. In jeder Beziehung ist es also eine gesamtdeutsche Angelegenheit, und es erscheint uns deshalb auch nicht ganz zweckmäßig, wenn die Regelung dieser Frage jetzt auf dem Wege einer Verwaltungsvereinbarung im Rahmen der Auseinandersetzung mit Berlin überhaupt erfolgt. Ich möchte deshalb im
Auftrage meiner Freunde beantragen, daß wir diese Interpellation dem Ausschuß für Geld und Kredit überweisen.
Das Wort hat Frau Abgeordnete Kalinke.
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Ich möchte mich namens meiner Fraktion dem Vorschlag des Herrn Kollegen Reif von der Freien Demokratischen Partei anschließen. Auch wir sind der Meinung, daß man dieses Problem nicht allein der Verwaltungsvereinbarung überlassen kann, nachdem nun seit Monaten, besonders durch die Stellungnahme der Berliner Stellen, eine gerechtfertigte Unsicherheit entstanden ist.
Was die überlokalen Guthaben angeht, so möchte ich besonders auf das „Vermögen der Sozialversicherungsträger" und auf die „Zusammenhänge zwischen Berliner und westdeutschen Rentnern der Sozialversicherung" hinweisen. Wenn eine Berlinerin, die als alte Bürgerin Berlins damals wegen der Blockade die Stadt verlassen mußte, nun wieder nach Berlin zu ihrer Familie, zu ihren Kindern zurückkehren möchte, dann hat sie Schwierigkeiten, ihren Rentenanspruch in Berlin anerkannt zu bekommen. Sie wird in Berlin ihre Rente erst v dem Tage an bekommen, von dem die Zuzugsgenehmigung anerkannt ist. Ich hatte Veranlassung, eine Reihe solcher Fälle dem Herrn Bundesarbeitsminister vorzulegen. Man wendet sich dann an die zuständigen Landesversicherungsanstalten des Bundesgebiets und erwartet, daß hier die Leistungen aufgebracht werden — es sind sehr bedeutende Mittel, die von den Versicherungsträgern sowohl für die westdeutschen wie für die Berliner Versicherten aufgebracht werden —, obwohl das Vermögen der bundeseinheitlichen Versicherungsträger in Berlin eingefroren ist. Aus der öffentlichen Diskussion kann man erkennen, daß es nicht nur darum geht, Überlegungen hinsichtlich der Möglichkeit, den Zinsendienst zu übernehmen, oder der Liquidität der Banken anzustellen, sondern daß noch sehr viele politische und sozialpolitische Überlegungen in dieser Diskussion eine Rolle gespielt haben.
Auch meine Fraktion wäre außerordentlich dankbar, wenn sich die Bundesregierung bemühen würde, dieses so wichtige Problem sowohl im Interesse der einzelnen Berliner Sparer wie der gesamten Forderungen für die Sozialversicherten aus dem Bundesgebiet einschließlich Berlins beschleunigt zu erledigen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Krone.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will die Gründe, die für eine baldige Regelung dieser Frage sprechen, hier nicht wiederholen; sie sind von den Abgeordneten aus Berlin eingehend dargelegt worden. Frau Abgeordnete Schroeder hat besonders darauf hingewiesen, daß es sich um sozial geschwächte Kreise handelt, die jetzt in Westdeutschland wohnen; ich gebe das zu. Es sind aber auch Kreise,. Frau Abgeordnete Schroeder, die aus anderen Gründen Berlin verlassen haben und für die wir uns als Berliner gern einsetzen wollen. Ich möchte den Vorschlag des Herrn Kollegen Reif auch von mir aus aufgreifen, daß wir diese Frage eingehend in dem Ausschuß für Geld und Kredit behandeln. Ich erhebe dabei allerdings die andere Frage, ob das nicht auch im Zusammenhang mit dem Altsparergesetz behandelt werden muß und auch zum Lastenausgleich gehört. Das mag noch festgestellt werden, ob es der Fall ist. Im übrigen begrüßen wir es sehr, daß der Herr Bundesfinanzminister diese Frage regeln will. Wir legen darauf größtes Gewicht.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
Meine Damen und Herren! Es ist beantragt, die Interpellation dem Ausschuß für Geld und Kredit zu überweisen. Für den Fall, daß sich herausstellen sollte, daß andere Ausschüsse beteiligt werden müssen, steht das dem Ausschuß für Geld und Kredit ja zweifellos frei. Ich nehme an, daß die Überweisung erfolgt. — Das ist der Fall.
Ich rufe auf die Punkte 2 und 3 der Tagesordnung:
2. Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Vereinfachung des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes (Nr.1982 der Drucksachen);
3. Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes und des Beförderungsteuergesetzes .
Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, daß beide Punkte zusammen besprochen werden, und zwar in einer Gesamtredezeit von 180 Minuten.
Zur Begründung der Gesetzentwürfe hat das Wort der Herr Bundesminister der Finanzen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit dem Juli 1950 hat sich das Klima in der Welt geändert. Seit dieser Zeit sind die gesamten wirtschafts- und finanzpolitischen Voraussetzungen, unter denen wir stehen, andere geworden. In den Jahren 1949 und 1950 war es dem Bundesminister der Finanzen möglich, danach zu trachten, eine Finanzpolitik durchzuführen, deren Ziel die Erleichterung der Steuerlasten und deren Fernziel damit eine Belebung der Wirtschaft und eine Steigerung des Steuereinkommens durch die belebte Wirtschaft war. Seit Korea treten an die Welt und auch an die deutsche Bundesrepublik Anforderungen heran, die es notwendig machen, erhöhte öffentliche Lasten durch vermehrte Leistungen der Bevölkerung zu tragen.
Ich habe Ihnen in dem Memorandum, das die Begründung für die beiden Steuergesetzentwürfe enthält, die Ziffern im einzelnen gegeben und darf sie hier als bekannt voraussetzen. Ich greife nur die drei großen Gruppen heraus, um die es sich handelt. Die erste Gruppe betrifft die Sorge für die äußere und innere Sicherheit der deutschen Bundesrepublik. Ich brauche dazu keinen politischen Kommentar zu geben. Die Ziffern und Auswirkungen haben Sie vor sich. Sie bedeuten einen neuen Mehraufwand von über 1700 Millionen DM. Die zweite Ziffer heißt: Sicherung des sozialen Friedens, in der heutigen Zeit genau so wichtig und genau so ein Beitrag für den Frieden der Welt überhaupt wie der Schutz der inneren und äußeren Sicherheit. Hier handelt es sich darum, nicht nur
die alten sozialen Leistungen trotz allem voll aufrechtzuerhalten, sondern auch die Mehraufwendungen, die die Entwicklung und Gesetzgebung bringen, zu übernehmen. Der hierfür erforderliche Betrag beläuft sich auf rund 1750 Millionen DM. Dazu kommen als drittes die wirtschaftlichen Maßnahmen, die getroffen werden müssen, um das Wirtschaftsleben den veränderten Verhältnissen anzupassen. Ich nenne nur die Wohnungsbaufinanzierung, die Exportförderung und die Anpassung der Gehälter der Bediensteten des Staates an die inzwischen veränderten Umstände. Auch hierbei handelt es sich um einen großen Betrag, so daß sich insgesamt ein Mehraufwand von 4505 Millionen DM für Bund und Länder ergeben hat.
Wenn wir entschlossen sind, das Ziel, dem diese Aufwendungen dienen, unter allen Umständen zu erreichen, dann müssen wir auch die Aufwendungen tragen. Selbstverständlich müssen wir uns bemühen, diese Aufwendungen im Rahmen der deutschen Leistungsfähigkeit zu tragen, sie so zu tragen, daß nicht dem deutschen Volk durch eine Überspannung der Steuerlasten eine Gefährdung des sozialen Friedens von der anderen Seite her droht.
Die erste Frage, die für das deutsche Volk aufgeworfen wird, ist die Frage des sogenannten Verteidigungsbeitrags. Ich wähle hier absichtlich das Wort Verteidigungsbeitrag und vermeide das Wort Besatzungskosten. Das, was früher Besatzungskosten waren was die 41/2 Milliarden bezweckt und wozu sie gedient haben, hat heute ein ganz anderes Gesicht. Man muß, wie ich damals schon bei der Beantwortung der Interpellation Strauß über die Besatzungskosten gesagt habe, heute davon ausgehen, daß wir als gleichberechtigtes Glied der demokratischen Welt, die um die Freiheit ihrer Ge-danken, ihrer Ideen und ihrer Existenz kämpft, gleichberechtigt neben den anderen und gleich verpflichtet mit den anderen einen Beitrag leisten. Dieser findet seine Grenze in der deutschen Leistungsfähigkeit. Die Ziffern, die ich Ihnen damals als die voraussichtliche Höhe des gesamten Verteidigungsbeitrags genannt habe, scheinen mir die Grenz- und Höchstziffern zu sein, die der deutschen Leistungsfähigkeit entsprechen. Wenn aber das erreicht werden soll, was ich damals als Ziel des Verteidigungsbeitrags genannt habe, daß alle diese Mittel, die das deutsche Volk in seiner Not um der Freiheit der demokratischen Welt willen mit aufbringt, auch ihren Zwecken wirklich dienen, wenn also alle diese Mittel dem echten Verteidigungszweck dienen sollen und nicht etwa dem Wohlleben einzelner und dem unnötigen Aufwand einzelner, dann müssen alle diese Mittel nur unter dem Gesichtspunkt der gemeinsamen Verteidigung der demokratischen Welt betrachtet werden, und man muß wissen: jede Mark, die unnötig ausgegeben wird, jede Mark, die dem Wohlleben eines einzelnen dient, geht dem echten Verteidigungszweck verloren.
Es ist aber eine gemeinsame Aufgabe der deutschen Bevölkerung und der Mächte, zu verhindern, daß dem Verteidigungszweck auch nur ein Pfennig verloren geht.
Unter diesem Gesichtspunkt müssen wir infolgedessen im „Verteidigungsbeitrag" einen Schritt sehen, auch auf finanziellem und wirtschaftlichem Gebiet zu einer Einheit zu kommen, um die Vergangenheit mit ihren Fehlern und Unvollkommenheiten, die mit ihr zusammenhängen, zu überwinden und auch hier einer neuen Zeit und einem neuen Denken entgegenzugehen.
Im Zusammenhang mit diesen Gedanken des Verteidigungsbeitrages, der ja auch gleichzeitig dem Schutz der inneren Ordnung dient, steht die Frage der Aufwendungen für den sozialen Frieden. Wir haben die Mehraufwendungen mit ungefähr 1750 Millionen angegeben und sind — wohl alle im ganzen Haus — bereit, diese Mehraufwendungen zu übernehmen. Es ist eine gewisse Tragik in unserer Verfassungsgesetzgebung, daß das Grundgesetz vorsieht: soziale Leistungen sind Sache des Bundes, und daß derselbe Bund als Einnahmequellen lediglich die indirekten Steuern zur Verfügung hat, so daß also die sozialen Aufwendungen nach den Gedanken des Grundgesetzes immer durch eine Belastung geleistet werden müßten, die grundsätzlich als unsozial empfunden wird, weil sie in erster Linie eine Belastung der breiten Massen, des kleinen Mannes ist.
In dieser Situation mußte der Versuch gemacht werden, Ihnen eine Gesetzgebung vorzulegen, die die Schwierigkeiten, die auch verfassungsrechtlich und nicht bloß finanz- und wirtschaftspolitisch gegeben sind, einigermaßen überwindet. Ich darf dabei vorausschicken: ich habe damals darauf hingewiesen, wir hofften, daß von dem Mehraufwand von 4 505 Millionen DM, der Bund und Länder betrifft, durch Mineralölsteuer und durch die natürliche Steigerung des Steuereinkommens im kommenden Jahre fast die Hälfte — 2250 Millionen DM — gedeckt werden. Wir haben mit einer Steigerung des sogenannten Sozialprodukts um ungefähr 5 Milliarden gerechnet. Wir können diese Schätzung meiner Überzeugung nach heute aufrechterhalten, obwohl wir uns doch inzwischen — was ich nicht zu. vergessen bitte — in der Notlage sehen, unsere Einfuhr den Möglichkeiten der Devisenbilanz anzupassen, und in der Zukunft daher wahrscheinlich mit einer nicht unbeträchtlichen Einschränkung der deutschen Einfuhr rechnen müssen, was einen Ausfall nicht nur bei den Bundeseinnahmen — Zölle und Umsatzsteuer —, sondern ebenso einen Ausfall bei den Landessteuern — Einkommensteuer und Körperschaftsteuer — zur Folge haben wird. Ich glaube, daß wir die Schätzung aufrechterhalten können, obwohl wir inzwischen aus denselben Gründen durch die Beschlüsse der Bank deutscher Länder genötigt sind, auf dem Gebiete von Geld und Kredit Kreditrestriktionen hinzunehmen, die ja auch nicht produktionsfördernd und -ausweitend wirken, und obwohl wir letzten Endes auch damit rechnen müssen, daß eine Produktionsvermehrung nur insoweit möglich ist, als die Urstoffe der Produktion, die Grundstoffe, zur Verfügung stehen, und obwohl die letzte Ausweitung der Produktion schon gewisse Engpässe gerade bei den Grundstoffen zur Folge gehabt hat. Trotz alledem bin ich der Überzeugung, daß wir diese Hoffnung auf eine natürliche Ausweitung der Produktion und damit auf eine natürliche Steigerung des Aufkommens an Steuern im nächsten Jahre haben können.
Wir mußten dann daran denken, daß wir eine Verteilung in den Steueraufkommen zwischen direkten und indirekten Steuern bringen. Denn wenn der Bund die Mehraufwendungen, die auf ihn entfallen, nur aus seinen eigenen Einnahmen hätte decken wollen, dann hätte er sie ja nur auf das Gebiet der indirekten Steuern legen können, und damit wäre eine Verschiebung in dem Verhält-
nis direkte und indirekte Steuern eingetreten, die zum mindesten und ganz leise gesagt den Grundlinien, denen die deutsche Finanzpolitik folgen will, widersprochen hätte. Das Verhältnis zwischen direkten und indirekten Steuern in Deutschland ist heute noch nicht so ungünstig, wie es manchmal hingestellt wird. Es ist ja ganz natürlich, meine Damen und Herren, daß das Verhältnis direkte und indirekte Steuern in den Ländern am günstigsten sein kann, in denen hohe Einkommen, große Vermögen und damit auch große Kapitalerträge vorhanden sind. Diese Voraussetzungen sind bei uns nicht gegeben.
Jede vergleichende Statistik über Einkommensteuer und Einkommensschichtung beweist, daß gerade in Deutschland der Prozentsatz der kleinen Einkommen, gemessen am gesamten Steueraufkommen und an der gesamten Steuerkraft, unverhältnismäßig groß ist, daß also die Voraussetzungen für die Verteilung direkte und indirekte Steuern ungewöhnlich ungünstig sind. Die Verhältnisse liegen, wenn ich einmal die vier größten Länder miteinander vergleiche, folgendermaßen. Wir haben in den reichen Vereinigten Staaten von Amerika einen Prozentsatz von 73,2 direkter Besteuerung und von 26,8 indirekter Besteuerung. In dem Vereinigten Königreich England haben wir eine direkte Besteuerung von 60,2 % und eine indirekte Besteuerung von 39,8 %. In Frankreich beträgt der Prozentsatz der direkten Besteuerung 38,3, der der indirekten Besteuerung 61,7. Die Zahlen sind aus dem Jahre 1949. In Deutschland betrug im Jahre 1949 das Verhälnis 53 % direkte Besteuerung und 47 % indirekte Besteuerung. Wenn ich das Steueraufkommen des Jahres 1950 nehme, so ist das Verhältnis der direkten Besteuerung zur indirekten Besteuerung 48,3 zu 51,7 %.
Meine Damen und Herren, man darf aber nicht vergessen, daß Deutschland in all diesen Steuerproblemen ein Sonderproblem hat, und dieses Sonderproblem heißt heute Soforthilfeabgabe und künftig Lastenausgleich. Wenn Sie Soforthilfeabgabe und Lastenausgleich in ihren wirtschaftlichen Auswirkungen in eine der beiden Arten einrechnen wollten, müßten Sie sie zur direkten Steuer rechnen, und dann wäre das Verhälnis der direkten Besteuerung zur indirekten Besteuerung prozentual weit günstiger als in Frankreich und würde ziemlich nahe an das in England herankommen.
Die Bundesregierung wollte einen Weg gehen, der das Verhältnis der direkten zur indirekten Besteuerung nicht allzusehr zuungunsten der letzteren verschiebt, und hat deswegen die Aufbringung des notwendigen Bedarfs in erster Linie auf dem Wege der direkten Besteuerung, also eine Änderung der Einkommensteuer gewünscht. Dabei darf ich einen Grundgedanken vorausschicken. Dieser Gesetzentwurf zur Änderung des Einkommensteuergesetzes hat nicht nur den Zweck, das Steueraufkommen zu mehren, sondern der Gesetzentwurf will auch die Steuergesetzgebung vereinfachen. Ich habe an anderer Stelle einmal gesagt: ich glaube, wenn sämtliche Steuerlasten in Deutschland nach dem Buchstaben des Gesetzes ehrlich getragen würden, müßte ich keines oder nur einen Teil der Steuergesetze vorlegen, die ich in dieser Stunde vorzulegen gezwungen bin. Das hängt aber auch sehr viel damit zusammen, daß unsere Steuergesetze überkompliziert, weil überverfeinert sind. Jede Spezialfrage und jeder spezielle Gesichtspunkt, die in die Steuergesetzgebung hineingetragen werden, bedeuten nicht nur für die Steuerverwaltung, sondern auch für den Steuerpflichtigen eine Mehrarbeit, weil jeder einzelne dieser Gesichtspunkte in einem Formblatt, in einer Anmerkung, in einer Fußnote seinen Niederschlag finden muß, was von den vielen Millionen Steuerzahlern nur einen ganz kleinen Teil wirklich betrifft, wobei aber das gesamte Formblatt, das gelesen und überdacht werden muß, dann unübersichtlich wird. Die Hälfte der Arbeitszeit unserer Finanzverwaltungen geht ja damit verloren, daß sie jeden Tag von 8 bis 12 Uhr nur mehr Auskunfteien sind, um den Steuerzahlern mündlich Aufklärung über die Art der Erfüllung ihrer Steuerpflichten zu geben. Wenn das Ziel einer inneren Gesundung und eines besseren Ertrags der bestehenden Steuern erreicht werden soll, so muß
— das ist heute das dringendste Moment — die Steuergesetzgebung möglichst vereinfacht werden. Ich hoffe, daß ich auf Grund von Berichten, die ich anfordere, in absehbarer Zeit einmal eine Übersicht darüber geben kann, was nach den Erfahrungen der: Verwaltung an weiteren Vereinfachungen in der Steuergesetzgebung dringend und unabweisbar notwendig wäre.
Meine Damen und Herren, das Prinzip wird von allen Seiten anerkannt; aber — verzeihen Sie mir
— gegen dieses Prinzip wird auch von allen Seiten gesündigt. Wir haben bei der Beratung des Ein- kommensteuergesetzentwurfs im Bundesrat wieder ein Beispiel gehabt. Die Finanzminister der Länder waren mit mir der Überzeugung, daß das Wertvollste an der Reform der Steuergesetze in erster Linie der Gedanke der Vereinfachung ist. Trotzdem sind von andern Kreisen und von Ausschüssen alle möglichen Spezial- und Sonderwünsche vorgebracht worden, deren Verwirklichung die erstrebte Vereinfachung verdorben hätte. Jeder einzelne hat nur an sein eigenes Sonderziel gedacht und gemeint, dieses kleine Ding schade nicht; aber es wurde vielleicht nicht bedacht, daß die Summe der kleinen Dinge einen enormen Schaden anrichtet. Ich bin dem Bundesrat dafür dankbar, daß er alle diese Verkünstelungen und Sonderwünsche aus der Erkenntnis heraus abgewiesen hat, daß wir unsere Steuergesetze gerecht und sauber handhaben müssen, um nicht jeden Tag wieder zu neuen Steuerbelastungen gezwungen zu sein, die doch immer auf Kosten des Steuerehrlichen und Steueranständigen gehen, da es in erster Linie der Unehrliche ist, der durch die Löcher, die es in der Steuergesetzgebung gibt, hindurchschlüpft. Diese Erkenntnis hat den Deutschen Bundesrat dazu gebracht, die Sonderwünsche abzulehnen. Ich möchte das Hohe Haus dringend bitten, diesem Grundgedanken der Vereinfachung bei allen Beratungen Rechnung zu tragen und demgegenüber manche Lieblingswünsche zurückzustellen, die man sonst in andern Zeiten äußern könnte.
Das ist das eine, worum es gegangen ist. Das andere war der Grundsatz, daß auch den geänderten wirtschaftlichen Verhältnissen Rechnung getragen werden muß. Meine Damen und Herren, ich habe selbst in früherer Zeit die Steuervergünstigungen, die dem Gedanken der Eigenfinanzierung gedient haben, verteidigt. Aber schließlich: das Klima in der Welt ändert sich, und wer im Sommer einen Wintermantel trägt, beweist nur, daß er sich den geänderten klimatischen Verhältnissen nicht anzupassen weiß.
Wenn ich nach Korea, sagen wir einmal, meinen
Wintermantel abgelegt habe, so deshalb, weil das Klima anders geworden ist.
In den vergangenen Jahren war es die erste Aufgabe des deutschen Volkes, einen Wiederaufbau zu beginnen, und es war im Endeffekt vollkommen gleichgültig, wer Fabriken und Werkstätten und Wohnungen baute, wenn nur überhaupt aus dem Ruinenfeld heraus Wohnungen, Fabriken und Werkstätten entstanden.
Das hat sich heute geändert, weil heute die letzte Produktionskraft der deutschen Volkswirtschaft ebenso wie die anderer Volkswirtschaften einem gemeinsamen übergeordneten Zweck dienen muß. Der Staat kann es nicht mehr mit ansehen, daß die Kapitalmittel, die vorhanden sind, völlig unbeeinflußt und völlig nach privatwirtschaftlichen Gesichtspunkten in der Investition verwendet werden.
— Ich kann Sie leider nicht verstehen.
Infolgedessen muß heute, genau wie es bei allen Reformen der Steuergesetze in allen anderen Ländern geschieht, von dem Gedanken, die Eigenfinanzierung besonders zu begünstigen, abgegangen werden. Wir gehen dabei nicht so weit wie andere Länder, in denen z. B. nicht ausgeschüttete Gewinne mit einer besonders hohen Steuer belegt werden. Wir tun das aus einem sehr einfachen Grund: Wenn ich die Steuerlasten bei uns in Deutschland zusammenrechne und davon ausgehe, daß eine Kapitalgesellschaft 60 % Körperschaftsteuer, vielleicht 30 % Lastenausgleich und 3 % Berliner Notopfer zu tragen hat, daß also diese Steuerbelastung 93 % beträgt, dann bieten die verbleibenden 7 % keinen Spielraum mehr für besondere Steuer- und Sparexperimente. Aus dieser einfachen Erkenntnis heraus — in den anderen Ländern gibt es derartige Belastungen nicht —müssen wir einen anderen Weg gehen.
Wir gehen den Weg, daß wir die Steuervergünstigung zwar nicht aufrechterhalten — wir schlagen vor, die §§ 10 a und 32 a aufzuheben —, auf der andern Seite aber durch einen Ausbau des § 10 eine Steuervergünstigung für die Fremdfinanzierung beibehalten und verstärken. Wir wollen jedem Deutschen die Möglichkeit und einen Anreiz geben, daß er das, was er ersparen kann, langfristig und in einer Form anlegt, daß es dem deutschen Wohnungsbau und allenfalls dem Investitionsbedarf der deutschen Grundstoffindustrien zufließen kann. Das ist auch der Grundgedanke des Gesetzes.
Im Zusammenhang damit stehen auch die Bestimmungen der §§ 7 a und 10 a. Mir ist der Gedanke der Vereinfachung der Steuerverwaltung so wichtig, daß ich hier vorgeschlagen habe, die Bestimmung des § 10 a restlos aufzuheben, also auch die Vergünstigung für Heimatvertriebene und sonstige Personen.
— Moment, ausreden lassen! Der Bundesrat hat
beschlossen, diese Vergünstigung auch für § 7 a
aufzuheben. Unter derselben Voraussetzung wie
bei § 10 a habe ich mich dazu bereit erklärt. Diese Voraussetzung ist folgende. Es will niemand damit etwas ersparen. Das Gesamterträgnis, der Gesamtgewinn, der diesen Kreisen durch diese Steuervergünstigung vorbehalten gewesen wäre, soll ihnen vorbehalten bleiben. Das, was die Länder durch den Wegfall an Mehraufkommen erhalten, wird diesen Kreisen zu Lasten des Bundes im Bundeshaushalt ersetzt, und zwar in der Form, daß den Betrieben an Stelle einer Steuervergünstigung eine ganz offene Unterstützung aus der Staatskasse gegeben wird, eine offene Unterstützung, die lediglich zur Voraussetzung hat, daß der einzelne — deshalb sind die §§ 7 a und 10 a für diese Kreise geschaffen worden — auch nachweist, daß er infolge der überhohen Investitionskredite, die die Rentabilität dieser Betriebe so stark drücken, nicht in der Lage ist, konkurrenzfähig zu bleiben. Er erhält dann eine Bescheinigung des Finanzamtes; und diese Bescheinigung des Finanzamtes stellt lediglich fest, welchen Vorteil er bei Anwendung des § 7 a und des § 10 a gehabt hätte.
Mit dieser Grenze kann ihm die offene Unterstützung gegeben werden. Das hat den Vorteil, daß ich hier nur mit den einzelnen als Antragstellern zu tun habe und daß ich nicht jedem deutschen Steuerzahler, der hierfür gar nicht in Frage kommt, all die Fragen, die die Voraussetzungen sind, in seinem Formblatt vorzulegen habe. Das ist die Bedeutung, die die §§ 7 a und 10 a haben.
Wir haben bei Wegfall des § 32 a selbstverständlich daran denken müssen, daß vielleicht durch steuerliche Gründe eine Umwandlung von Personalgesellschaften in Kapitalgesellschaften begünstigt wird. Wir wollten das vermeiden und haben deshalb einen neuen Vorschlag gemacht, der dem französischen Steuersystem entnommen ist. Der Vorschlag geht dahin, daß jede Personalgesellschaft das Recht hat, zu verlangen, nach den Grundsätzen, die für Kapitalgesellschaften gelten, versteuert zu werden. Damit ist zumindest der steuerliche Anlaß zur Umwandlung der Personalgesellschaften in Kapitalgesellschaften genommen. Ich glaube auch, daß die Zahl derer, die davon Gebrauch machen, naturgemäß beschränkt ist, weil ja rechnerisch zum mindesten 60 % reine Steuern vorhanden sein müssen, bis an eine Umwandlung überhaupt zu denken ist. Infolgedessen wird die Zahl der Antragsteller so gering sein, daß — das ist auch die Meinung aller Leute aus der Verwaltung — eine Mehrbelastung für die Verwaltung nicht entsteht. Das sind die wesentlichen Gedanken.
— Der Bundesrat hat hauptsächlich deshalb seine Zustimmung mit geringer Mehrheit verweigert, weil der Gedanke neu war.
Der Bundesrat hat erklärt, daß er die Schwierigkeiten, die sich in der Durchführung ergeben können, nicht voraussehen könne. Wir glauben jedoch, daß sich die Schwierigkeiten, die im französischen System überwunden worden sind, auch bei uns werden überwinden lassen. Um des Gedankens selbst und seiner volkswirtschaftlichen Bedeutung willen hat die Bundesregierung daran festgehalten.
Das wäre das Wesentliche. Ich darf dazu bemerken. daß in dem bekannten § 7 c nicht etwa
eine volle Aufhebung der Vergünstigungen erfolgt ist, obwohl — ich betone das noch einmal — der Mißbrauch mit den Bestimmungen des § 7 c leider Gottes sehr groß gewesen ist. Hier werden aber Beschränkungen eingefügt, von denen wir hoffen, daß sie dem Mißbrauch doch ein Ende bereiten. Allerdings kann die beste volkswirtschaftliche und finanzpolitische Absicht nicht erreicht werden, wenn nicht die sittlichen Voraussetzungen, mit denen man auch auf diesem Gebiet rechnen muß, in den Kreisen der deutschen Bevölkerung vorhanden sind. Wir haben das Bestreben, trotz finanzieller Not die Fremdfinanzierung, wie ich gesagt habe, möglichst zu begünstigen. Das ist nur möglich, wenn gerade die Kreditinstitute, die aus volkswirtschaftlichen Gründen diese Vergünstigung wünschen, nicht dazu beitragen, daß das volkswirtschaftliche Ziel dieser Bestimmungen völlig widerlegt und völlig vernichtet wird. Das wäre dann der Fall, wenn die Kreditinstitute ihre Hand dazu bieten würden, daß derjenige, der Spargeld langfristig anlegt und damit binden soll, aus der Bindung dadurch herausgenommen wird, daß die Kreditinstitute in etwa in demselben Betrag kurzfristige Kredite zur Verfügung stellen. Das hätte nur zur Folge, daß der eine seine Steuervergünstigung hat und das Kreditinstitut vielleicht Wertpapiere angebracht hat, die es gern auf den Markt wirft, und Zinsen und Provision an kurzfristigen Krediten verdient. Der volkswirtschaftliche Erfolg wäre aber damit verwirkt. Deshalb war es ein guter Vorschlag des Bundesrates, in diese Bestimmung die Klausel einzusetzen, daß die Vergünstigung nur gewährt wird, wenn die Spareinlage rein aus eigenen Mitteln des Sparers gewonnen ist. Das hat für alle Kreditinstitute zur Folge, daß sie, wenn sie in Kenntnis des Umstandes, daß es nicht eigene Mittel des Sparers, sondern von ihnen oder anderen Kreditinstituten zur Verfügung gestellte Mittel sind, die nur den Eindruck erwecken sollen, daß es eigene Mittel sind, Kredite gewähren, Beihilfe zu einem Vergehen leisten, das strafbar ist, nämlich zu einem Steuerbetrug. Ich glaube, daß dieser Appell an sich genügen wird, um zu sichern, daß die moralische Unterstützung auf diesem Gebiet künftig restlos gegeben sein wird. Der volkswirtschaftliche Zweck muß auch hier in dieser Form gesichert bleiben.
Meine Damen und Herren, der Wegfall dieser Vergünstigungen soll an sich einen Mehrertrag von 950 Millionen DM jährlich erbringen, wobei ich mir noch den mittelbaren Vorteil — wenn auch nicht in diesem Jahr, aber in den kommenden Jahren — durch die Vereinfachung und durch die Verschärfung der Überwachung auf dem Gebiet dieser Steuer erhoffe. Es ist bekannt, daß der Bund darangeht, den Betriebsprüfungsdienst in sich auszubauen. Ich werde gleich darauf kommen, daß sich damit auch eine mittelbare Auswirkung für den gesamten Betriebsprüfungsdienst im Bundesgebiet, also in Bund und Ländern, notwendigerweise ergeben wird.
Es war für die Bundesregierung kein leichter Entschluß — er wurde nur deshalb geboren, weil die Mehraufwendungen, die gedeckt werden müssen, als lebensnotwendig zu betrachten sind —, daneben dem Hohen Hause einen zweiten Vorschlag zu machen, nämlich die notwendigen Mittel durch Erhöhung der Umsatzsteuer zu gewinnen. Über die Einzelheiten brauche ich hier wohl auch nicht viel zu sagen. Es dürfte in der Öffentlichkeit bekannt sein: Erhöhung des Normalsatzes der Umsatzsteuer von 3 % auf 4 %. Die Besonderheit, über die wahrscheinlich debattiert werden wird, ist dabei, daß über 4 % nicht hinausgegangen wird, daß also der Satz auch bei Handelsbetrieben, die mehr als eine Million DM Umsatz im Jahre haben und bisher 33/4°/o bezahlt haben, nur um das eine Viertelprozent auf 40/o gesteigert werden, so daß die bisherige höhere Belastung dieser Handelsbetriebe gegenüber den übrigen Betrieben praktisch in Wegfall kommt.
Meine Damen und Herren, Sie dürfen mich ruhig daran erinnern, daß ich vor einem Jahr, als aus der Mitte des Hauses ein ähnlicher Antrag kam, nämlich der Antrag, die steuerliche Mehrbelastung der Warenhäuser, Konsumvereine etc. aufzuheben, widersprochen habe. Ich muß aus anderer Überlegung heute selber diesen Vorschlag machen. Ich habe damals nicht daran denken können, daß ich durch die Umstände je gezwungen sein- könnte, eine Erhöhung der Umsatzsteuer vorzuschlagen. Wenn ich das heute trotz der Bedenken, die ich selber kenne, und trotz des Umstandes, daß dadurch gerade die indirekte Belastung steigt und die Gefahr einer Preiserhöhung gegeben ist, tue, so deshalb, weil ich in Erkenntnis der neuen Umstände die Konsequenzen ziehen muß. Ich will verhindern, daß die Preiserhöhung von 1 %, die in der Umsatzsteuererhöhung liegt, in Ausnützung der Umstände zum Vorwand einer zehnfachen Preiserhöhung gegenüber dem Verbraucher genommen wird. Ich muß infolgedessen jeden möglichen Weg gehen, um auf natürliche Weise eine Preisbremse einzuschalten. Die praktische Beibehaltung des Umsatzsteuersatzes bei den Großhandelsbetrieben gibt die Möglichkeit, durch Büchernachschau und Betriebsprüfungen festzustellen, ob diese Großhandelsbetriebe an der Tatsache nicht vorübergegangen sind, daß die Umsatzsteuererhöhung sie praktisch nicht trifft und sie in ihren Preisen auf dem alten Niveau geblieben sind. Bleiben Sie das aber — und Sie wissen, daß nur unter dieser Voraussetzung der Wegfall dieser Sonderbelastung auf die Dauer gerechtfertigt sein kann —, dann ist bei den allgemeinen Wettbewerbsverhältnissen und der allgemeinen Konkurrenz hier eine natürliche Preisbremse und eine natürliche Preiskontrolle geschaffen. Das ist für die Bundesregierung der ausschlaggebende Grund, diesen Vorschlag zu machen.
Der ermäßigte Satz von 1,5 % für Getreide, Getreideerzeugnisse, Brot, Backwaren etc. bleibt ebenfalls unverändert. Es ist schon im Bundesrat der Antrag gestellt worden, den Kreis der steuerbegünstigten Lebensmittel zu erweitern. Es war dort eine ganze Reihe von Artikeln aufgezählt, von den Heringen über den Käse bis zu den Teigwaren, Butter, Butterschmalz etc. Eine Auslese von diesen ist dem Bundesrat neuerdings vorgeschlagen, nicht für den Satz von 1,5 %, sondern von 3 %. Ich muß das Hohe Haus bitten, es zu würdigen, daß die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung vorschlägt, diesem Abänderungsantrag nicht zuzustimmen, nicht nur deswegen, weil dieser Abänderungsantrag einen Steuerausfall von mindestens 160 Millionen DM zur Folge haben würde und diese 160 Millionen DM, wenn sie ausfallen würden — nachdem unsere Kalkulation ohnehin auf des Messers Schneide steht —, durch irgendwelche anderen Steuergesetze und Steuereinnahmen neu gedeckt werden müßten — womit der Wirtschaft in Deutschland bestimmt nicht geholfen wäre —, sondern vor allem auch deshalb, weil dieser Antrag seinen sozialen Zweck bestimmt nicht erreicht. Wenn z. B. für das Ei die 1 Umsatzsteuer um 1 % verringert wird, bedeutet das
für das einzelne Ei eine Verbilligung von 0,3 Pf. Diese 0,3 Pf. bekommt der Verbraucher bestimmt nicht; diese 0,3 Pf. würden bestimmt nur in die Handelsspanne fließen. Das deutsche Volk ist nach meiner Überzeugung zu arm, um 160 Millionen DM herzuschenken, damit die Handelsspanne des Einzelhändlers sich bessert und der Ausfall durch Steuergesetze auf andere Art beigebracht wird.
Das ist meine Überzeugung.
Ich darf hinzusetzen: wir müssen uns bei allen Steuergesetzen bemühen, den Gesichtspunkt der Vereinfachung zu wahren. Das gilt auch beim Umsatzsteuergesetz. Wir können nicht alle möglichen Tarife, 1,5, 3, 4 % usw. haben; wir müssen um der Verwaltung willen möglichst einfache Tarife haben. Ich muß es überwachen können. Wenn ich an einen kleinen Kramladen denke, wo vom Schuhband und der Schuhwichse über die Heringe, die Butter und den Hemdenstoff alles verkauft wird, und wenn ein Teil dieser Waren, der nicht leicht kontrollierbar ist wie Brot und Backware, einen Satz von 3 °/o haben würde, so garantiere ich Ihnen, daß der kleine Kramhändler mir in einem halben Jahr nachweist, daß er überhaupt nur Waren zum Umsatzsteuersatz von 3 % zu verkaufen gehabt hat und daß alles andere überhaupt nicht gegangen sei. Die Überwachung in diesen tausenden und hunderttausenden kleiner Läden ist unmöglich. Diese Bestimmung würde nicht dem Verbraucher zugute kommen; sie würde die Überwachung sehr stark erschweren, und sie würde ganz bestimmt auch zur Folge haben, daß der Finanzminister wieder in die unangenehme Lage käme, sich den Kopf darüber zu zerbrechen, welche Vorschläge er zur Deckung des Ausfalls machen müßte. Ich muß deshalb an dem Vorschlag der Bundesregierung festhalten.
Dagegen glaube ich, daß sich auf einem anderen Gebiet, wo ich früher meinte, nein sagen zu müssen, doch ein Weg zur Verständigung finden läßt. Das ist die Frage der Umsatzsteuerbefreiung für die gemeinnützigen Anstalten und Einrichtungen. Das Umsatzsteuergesetz — ich habe das betont — kennt an sich nur die Begriffe „Leistung" und „Gegenleistung", es kennt den Begriff einer Begünstigung aus persönlichen Umständen heraus nicht. Das war das Bedenken, von dem ich früher ausgegangen bin. Das Hohe Haus hat einmütig eine Begünstigung in diesem Falle gewünscht. Ich hoffe, Ihnen noch im Laufe der Ausschußberatungen einen Vorschlag darüber machen zu können, wie das durchführbar ist.
Dabei gehe ich allerdings von zwei Voraussetzungen aus. Die eine Voraussetzung ist, daß dadurch nicht ein stiller Koalitionszwang ausgeübt wird, daß also nicht ein Druck auf die gemeinnützigen Anstalten und Einrichtungen versucht wird, und zwar aus steuerlichen Überlegungen, Verbänden beizutreten, denen sie bisher nicht beigetreten waren, weil sie, vielleicht als Stiftungen besonderer Art, ihre Unabhängigkeit und Freiheit bewahren wollten.
— Ich glaube, daß die Wege zu finden sind. — Die zweite Voraussetzung ist die, daß der Charakter der Gemeinnützigkeit ganz klar abgegrenzt wird, so daß jede Gefahr, daß durch diese Befreiung in die Wettbewerbsverhältnisse eingegriffen wird, von vornherein ausgeschlossen ist. Das sind die Voraussetzungen, unter denen ich glaube, daß eine Verständigung möglich sein könnte. Ich wäre bereit, im Ausschuß solche Vorschläge zu machen,
die aber — ich unterstreiche das noch einmal — eine klare Abgrenzung der Gemeinnützigkeit zur Voraussetzung haben.
Meine Damen und Herren! Ich habe damit über die Einzelheiten und den Grundgedanken dieser Gesetze gesprochen. Sie wissen, es ist für einen Finanzminister nicht leicht, der deutschen Volksvertretung Steuergesetze, wie sie hier nun zur Debatte stehen, vorzulegen und der deutschen Bevölkerung, die die überlastetste aller Kulturländer ist, neue Steuerlasten vorzuschlagen. Aber, meine Damen und Herren, der Redner gehört einer Generation an, die im ersten Weltkrieg den Bruder und im zweiten Weltkrieg den Sohn verloren hat. Wenn wir an das Ziel denken, dem diese Gesetzentwürfe dienen, dann ist es das Ziel, den sozialen Frieden im Lande zu erhalten und das Eindringen eines fremden, uns feindlichen Geistes zu verhindern.
Es ist das Ziel, die äußere und innere Sicherheit aufrechtzuerhalten und durch die Aufrechterhaltung der äußeren und inneren Sicherheit und des sozialen Friedens im Lande den Frieden der Welt zu garantieren.
Was wir dem deutschen Volke zumuten, mag schwer sein. Aber wenn wir das Ziel der Sicherung des Weltfriedens erreichen, werden wir den deutschen Müttern die Sicherheit geben, daß sie ihre Söhne nicht mehr in einen Krieg schicken müssen. Die Steuerlasten sind das Leben eines Sohnes wert.
Meine Damen und Herren, ich eröffne die Besprechung der ersten Beratung im Rahmen einer Gesamtredezeit von 180 Minuten. Als erster Redner hat das Wort Herr Abgeordneter Dr. Koch.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Bundesfinanzminister hat im Finanzpolitischen Ausschuß des Bundestages und auch heute an dieser Stelle darauf hingewiesen, daß die Steuervorlagen, die jetzt zur Diskussion stehen, nicht nur finanzpolitischen Charakter haben, sondern auch von wesentlicher wirtschaftspolitischer Bedeutung sind. In diesem Punkte können wir alle dem Herrn Finanzminister folgen. Auch in diesem Jahre dürfen wir daher ebenso, wie wir es bei der Beratung der Einkommensteuerreform im vergangenen Frühjahr getan haben, vor allen Dingen auf die wirtschaftspolitischen Gesichtspunkte hinweisen, die auch bei dieser neuen Steuerreform zu berücksichtigen sind.
Wenn wir heute auf die Ergebnisse der Wirtschaftspolitik blicken, die die Bundesregierung im vergangenen Jahr oder überhaupt bisher betrieben hat, so müssen wir feststellen, daß die Finanzpolitik diese Wirtschaftspolitik begünstigt hat. Wir müssen mit Bedauern feststellen, daß der Herr Bundesfinanzminister seine Finanzpolitik an eine völlig verfehlte Wirtschaftspolitik angeknüpft hat,
daß er durch Begünstigung der Fehlinvestitionen,
durch Verschärfung der Engpässe wie auch der
sozialen Gegensätze dem Bundeswirtschaftsminister
bei dessen Wirtschaftspolitik geholfen hat. Wir
dürfen als sozialdemokratische Fraktion mit gutem Gewissen an die Argumente erinnern, die wir im vergangenen Jahre gegen diese Wirtschaftspolitik vorgebracht haben. Wir haben damals eine genaue Analyse über den Umfang der Investitionen und über den ungesunden Anteil der Selbstfinanzierung schon bis zum Jahre 1949 gegeben und wir haben seinerzeit, im März des vergangenen Jahres, vor einem Weitergehen auf diesem Wege gewarnt. Wir möchten nicht mißverstanden werden. Auch wir freuen uns über eine hohe Investitionsrate, weil Investieren volkswirtschaftlich gesehen auch Sparen ist. Aber es kommt vor allen Dingen auch auf die Beantwortung der Frage an: wo wird investiert?
Wir haben vor der überhöhten Selbstfinanzierung gewarnt, die im vergangenen Jahr wieder der Anlaß zu ganz besonders unerhörten Fehlinvestitionen gewesen ist und damit zu der Tatsache geführt hat, daß für die Engpaßindustrien nicht das notwendige Geld zur Verfügung gestanden hat.
Meine Damen und Herren! Im Jahre 1950 sind nach den neuesten Ziffern im Wege der Selbstfinanzierung 5 Milliarden DM investiert worden, während es im Jahre 1949 nur 4 Milliarden DM waren. Wir dürfen nicht vergessen, daß diese Selbstfinanzierungen, die den Betrieben zugute kamen, die wir nicht so sehr zu fördern haben wie die Engpaßindustrien, letzten Endes von der breiten Schicht der unteren Einkommensbezieher getragen worden sind, die als Verbraucher die überhöhten Preise bezahlt haben und die sich als Arbeitnehmer mit von Tag zu Tag sinkenden Reallöhnen haben zufrieden geben müssen.
Meine Damen und Herren! Wir haben als Folge der Wirtschaftspolitik insbesondere auf sechs Gebieten Engpässe festzustellen: auf dem Gebiete der Kohle, auf dem Gebiete des Eisens und Stahls, auf dem Gebiete der Energie, des Verkehrs, der Exportindustrien und dann auf dem Gebiete der gerade für diese Industrien so wichtigen Arbeiterwohnungsbauten. Diese Engpässe haben wir trotz der unerhörten Leistungen des ganzen Volkes — ich erinnere nur an den Anteil der Investitionsrate am gesamten Sozialprodukt —, trotz des Konsumverzichts der breiten Masse, erzwungen durch die hohen Preise, wie ich schon sagte, und trotz des ständigen Sinkens des Reallohnes zu verzeichnen, weil man sich nicht zu einer planvollen Wirtschaftspolitik Bereitfinden konnte, wie wir sie seit Jahr und Tag vorschlagen.
Wir müssen berücksichtigen, daß der eine Engpaß Kohle zu der Kohlenkrise dieses Winters geführt hat.
— Wir sind uns alle darüber einig, meine Herren Zwischenrufer, daß wir diese Kohlenkrise sicher hätten vermeiden können, wenn wir im Sommer des vergangenen Jahres nicht 500 000 Tonnen Kohle freiwillig ausgeführt hätten, die wir nicht auszuführen brauchten.
Wenn wir von den Leiden der Unterversorgten
absehen, wenn wir davon absehen, daß auch in
diesem Winter zu Diebstählen gegriffen werden
mußte, damit man Kohle hatte, wenn wir von dem Schlangestehen absehen, von den Kundenlisten, von den Schulschließungen, so ist uns durch diesen Engpaß ein unübersehbarer volkswirtschaftlicher Schaden entstanden. Diesen Engpaß müssen wir berücksichtigen, wenn wir Steuerpolitik machen. Der Herr Bundeswirtschaftsminister hat sich im wesentlichen, wie wir wissen, nur von dem Gedanken leiten lassen, daß Frühling und Sommer sich schon langsam wieder heranpendeln werden.
Meine Damen und Herren, wir müssen berücksichtigen, daß einer der schlimmsten Engpässe der Kapitalmarkt ist. Auf ihm haben sich keineswegs die Hoffnungen erfüllt, die der Herr Bundesfinanzminister und die Regierungsparteien an die Steuerreform des vergangenen Jahres geknüpft haben.
Denn die hohen Steuersenkungen — wir wagten damals zu sagen, die hohen Steuergeschenke an eine bestimmte Gruppe von Einkommensbeziehern — haben sich nicht im Kapitalmarkt niedergeschlagen, wie man seinerzeit gehofft hatte.
Im letzten Jahre schon durfte ich Herrn Abs, den Präsidenten der Wiederaufbaubank, zitieren. Er hatte damals schon mit Bedauern festgestellt, daß wesentliche Beträge in der deutschen Volkswirtschaft fehlgeleitet, fehlinvestiert seien.
Heute sagt er uns, daß viele Betriebe, die wir im letzten Jahre unnötigerweise durch die Steuerreform des vergangenen Jahres begünstigten, heute Investitionen der Jahre 1953 bis 1955 durchführen, während andere Unternehmen, nämlich die Engpaßunternehmungen, noch nicht einmal die Investitionen der Jahre 1947 und 1948 durchführen können.
Ich sprach davon, daß sich die Hoffnungen nicht erfüllt haben, die an die Steuerreform geknüpft wurden. Während die Spareinlagen im Jahre 1949 1 400 Millionen DM betragen haben, haben sie nach den neuesten Ziffern im Jahre 1950 nur 970 Millionen DM, d. h. also noch nicht einmal zwei Drittel der Sparrate des Jahres vorher, betragen.
Wir haben also aus der Tarifreform des vergangenen Jahres für unsere Kapitalmarktpolitik nichts gewonnen,
während auf der anderen Seite — das sei den Zwischenrufern gesagt — das Investitionssparen, das Sparen in den Betrieben an unnötigen Orten nicht mehr 4 Milliarden, sondern 5 Milliarden betragen hat.
Ich glaube, damit sind Ihre Zwischenrufe beantwortet.
Meine Damen und Herren! Wir müssen, wenn wir über die Wirtschaftspolitik als Grundlage der Finanzpolitik sprechen, an die Millionen von Arbeitslosen denken. Wir müssen, wenn wir von Wirtschaftspolitik sprechen, den völligen Zusammenbruch der Liberalisierung und die hoff-
nungslose Verschuldung im Außenhandel berücksichtigen. Auch damit werden wir uns zu beschäftigen haben, wenn wir über diese Steuergesetze sprechen.
Ich bitte Sie, mir nicht entgegenzuhalten, wie es seinerzeit der Herr Bundeswirtschaftsminister in der Diskussion über die Kohlenkrise getan hat, wir hätten den Krieg verloren, wir machten ihn dafür verantwortlich, daß der Krieg verloren wäre — vielleicht paßt hier das Wort Korea hinein —. Nein, meine Damen und Herren, dafür machen wir den Bundeswirtschaftsminister und die Bundesregierung nicht verantwortlich. Aber wir machen die Bundesregierung dafür verantwortlich, daß sie seit Jahr und Tag eine Politik verfolgt, als ob wir den Krieg gewonnen hätten.
Diese Wirtschafts- und Finanzpolitik, meine Damen und Herren,
— im vergangenen Jahr haben wir darauf hingewiesen, als Sie erhebliche Steuersenkungen vornahmen — wird unsere Wirtschaft auf die Dauer, wie die von mir genannten Ziffern beweisen, nicht vertragen können. Vor diesem düsteren Hintergrund der Wirtschaftspolitik, über die wir sicherlich noch vor Ostern zu sprechen haben werden, vor diesem düsteren Hintergrund einer planlosen Wirtschaftspolitik müssen wir, muß der Bundesfinanzminister Finanzpolitik machen, vielleicht sogar mit dem Ziele, dieser Wirtschaftspolitik noch zu helfen. Das Programm dieser hilflosen Wirtschaftspolitik ist ja das Niederbreisiger Programm, und auch darin sind verschiedene Ansätze für eine Änderung in der Steuerpolitik.
Meine Damen und Herren, auch wir gehen davon aus und betonen es immer wieder, daß wir verpflichtet sind, dem Herrn Finanzminister die Einnahmen zu bewilligen, die er zur Deckung derjenigen Ausgaben gebraucht, die auch von diesem Hause bewilligt werden. In diesem Sinne, Herr Bundesfinanzminister, ist dieses Haus nicht nur im schlechten, sondern auch im guten Sinne eine „Bewilligungsmaschine". Doch ich glaube, wir sollten dieses Wort „Bewilligungsmaschine" mißbilligen selbst dann, wenn es im bayerischen Wald, hinten in Cham gesprochen worden ist.
Wir kennen den Bundeshaushalt, Herr Bundesfinanzminister, und wir wissen — Sie haben es uns oft genug vorgetragen —, daß etwa 80 % oder noch mehr
des Bundeshaushalts einfach gebunden sind. Wir können in diesem Haushalt kaum sparen. Sie haben sich auch auf das Memorandum der Bundesregierung bezogen; wir beziehen uns ebenfalls darauf. Aber man könnte, wenn man vom Sparen und von der Notwendigkeit des Sparens spricht, auf die Kosten hinweisen, die uns das föderalistische .System, die uns der Länderpartikularismus bereitet. Ich glaube, daß sehr viele Steuerpflichtige, denen man heute erneut Steuerlasten zumutet, gern sähen, wenn gerade auf diesem Gebiete das Wort „Sparen" großgeschrieben würde!
Meine Damen und Herren, ich komme nunmehr zu den Einzelheiten der Steuervorlage. Die sozialdemokratische Fraktion wird „Ja" sagen zu den Änderungen in der sogenannten Siebenergruppe, d. h. also zu den weitgehenden Änderungen im § 7 a, zu der Abschaffung des § 7 e, zu den Änderungen in den §§ 7 c und 7 d. Wir folgen diesen Vorschlägen des Bundesfinanzministers vor allem auch aus dem von ihm genannten Grunde, daß es sich hierbei auch um eine Vereinfachung in der Steuerverwaltung handelt, und wir bedauern in diesem Zusamenhang nur noch einmal, daß man nicht schon im vergangenen Jahr unseren Vorschlägen gefolgt ist.
Das Kind liegt nun einmal im Brunnen, und bedauerlicherweise macht man nunmehr ein Jahr zu spät den Brunnen zu. Um das Beispiel des Herrn Bundesfinanzministers zu gebrauchen, diejenigen, die von den Vorschriften der Siebenergruppe haben Gebrauch machen können, werden jetzt wahrscheinlich genug Wintermäntel haben.
Wir sind dem Herrn Bundesfinanzminister dankbar, daß er unsere Anträge aus der Drucksache Nr. 641 vom 28. Februar 1950 aufgreift, sie jetzt selbst stellt, und daß er das Hohe Haus bittet, die §§ 10 a und 32 a abzuschaffen. Wir brauchen also jetzt zur Begründung nichts mehr zu sagen.
Wir sind auch einverstanden mit der Regelung im § 9 a, d. h. mit einer scharfen Heranziehung der. Spesenausgaben. Ich glaube, dazu braucht in diesem Hause nichts mehr gesagt zu werden. Wir werden im Finanzausschuß zu überlegen haben, ob wir diese Bestimmungen nicht noch verschärfen können.
Wir stimmen weiter der Änderung des § 33 a zu, d. h. der Erhöhung der Freibeträge für besondere Fälle. Wir stimmen auch unter dem Preise zu, daß damit die Geltendmachung der höheren Beträge wegfallen soll. Wir sind für diese Änderung, weil damit wahrscheinlich eine wesentliche Vereinfachung in der Finanzverwaltung wird eintreten können.
Lebhaft widersprechen aber werden wir in allen Beratungen der folgenden Änderung: der vorgesehenen Zusammenveranlagung der mitverdienenden Ehefrau mit ihrem Ehemann. Das ist eine unsoziale Änderung, die wir nicht mitmachen können.
Im Gegenteil, meine Damen und Herren, wir werden wie schon im vergangenen Jahr wiederum die Besserstellung der berufstätigen unverheirateten oder verwitweten Frau verlangen. Man darf hier nicht von einer Gleichstellung mit den Männern sprechen.Das wäre eine Ungerechtigkeit, da völlig verschiedene Voraussetzungen vorliegen.
Meine Damen und Herren! Wir werden den wesentlichen Ermächtigungen widersprechen, die in den §§ 51 des Einkommensteuergesetzes, 23 a des Körperschaftsteuergesetzes und 18 a des Umsatzsteuergesetzes vorgesehen sind. Diese generellen Ermächtigungen werden wir grundsätzlich ablehnen, weil es ein unmögliches Verfahren ist, die Regierung zu ermächtigen, materiell neues Recht auf dem Wege der Verordnung zu schaffen. Ich brauche keine einzelnen Beispiele zu nennen. Wir haben aber mit Vergnügen davon Kenntnis genommen, daß der Bundesrat diese Ermächtigungen abgelehnt hat, weil ihm der Gedanke zu neu gewesen ist, d. h. also mit anderen Worten, weil er nicht so schnell den Sinn dieser Ermächtigungen verstanden hat.
Wir werden gegen diese Ermächtigungen stimmen, weil wir unter keinen Umständen wieder Zustände schaffen wollen, wie sie etwa in der Weimarer Republik zur Zeit des Herrschens mit dem Art. 48 bestanden haben. Wir wünschen auch keine Ermächtigungsgesetze und werden selbst dann dagegen stimmen, wenn wir wie im März 1933 allein bleiben sollten.
— Das Wort „Ermächtigungen" weckt in uns Erinnerungen an frühere Tage, wie dies etwa auch das Wort des Herrn Bundesfinanzministers tut: „Erst Brot und dann Pralinen!" Glücklicherweise brauchen wir ja von Kanonen noch nicht wieder zu sprechen. Wir denken nicht daran, etwa die Bundesregierung mit Vergangenem vergleichen zu wollen, aber wenn man uns so ungeschickterweise dazu herausfordert, dann drängt sich doch der Gedanke auf, daß solche griffigen Formulierungen notwendig werden, weil einige Jahre Regierungspolitik vorangegangen sind.
Gar nicht gefallen uns die Terminsetzungen im Einkommensteuergesetz, aber wir müssen der Regierung überlassen, die Wirtschaft ständig zu beunruhigen, im einen Jahre Bestimmungen zu schaffen, um sie dann im nächsten Jahr zu widerrufen.
Was die Körperschaftsteuer anbetrifft, so kann ich mit einem Satz darüber hinweggehen. Wir halten die Erhöhung für annehmbar; wir hätten es aber viel lieber gesehen, wenn man schon jetzt eine anständige Betriebssteuer geschaffen hätte.
Und nun, meine Damen und Herren, komme ich
eigentlich zum wichtigsten dieser Vorlage, nämlich zur Erhöhung der Umsatzsteuer. Der Herr Kollege Wellhausen ist gerade nicht im Hause; er hat uns seinerzeit geraten, wir sollten nicht immer wieder die alte Platte auflegen. Aber es ist außerordentlich bedauerlich, daß wir es immer wieder tun müssen, weil uns immer wieder neue indirekte Steuern vom Bundesfinanzministerium vorgeschlagen werden. Die indirekte Besteuerung ist schematisch und unsozial. Sie knüpft nicht an die steuerliche Leistungsfähigkeit an,
weil alle indirekten Steuern diesen Begriff der wirtschaftlichen und steuerlichen Leistungsfähigkeit eben nicht kennen. Die neue indirekte Besteuerung, d. h. also die Erhöhung der Umsatzsteuer wird zu einer erneuten Erhöhung der Preise führen, und damit zu einem Sinken der Reallöhne. Wir müßten aber alles tun, um dafür zu sorgen, daß die Preis-Lohn-Schere nicht noch weiter auseinanderklafft.
Ich möchte dem Herrn Bundesfinanzminister, der mit so beredten Worten Vergleiche mit der indirekten Besteuerung in anderen Ländern gezogen hat, nur einen Absatz aus der Drucksache Nr. 1000 vorhalten, die diesem Hause vor 'etwa dreiviertel Jahren zuging, und worin es hieß:
Der Anteil der Steuern vom Umsatz und Verbrauch am Gesamtsteueraufkommen, der 1913 noch 36,1% betrug, stellte sich 1949 auf 46,2 % und wird 1950 nach den Vorschätzungen 50 % übersteigen. Eine Erhöhung der Steuern vom Umsatz, Verbrauch und Aufwand ist somit ausgeschlossen.
Das ist also aus der Drucksache Nr. 1000! Wir schließen uns diesen Worten des Herrn Bundesfinanzministers vollauf an.
Wenn er uns eine Berechnung über das Verhältnis der direkten zur indirekten Besteuerung vorlegt, so möchte ich nach den Zahlen, die mir vorliegen, darauf hinweisen, daß im Jahre 1949 die indirekten Steuern 52 % der Gesamtsteuersumme ausgemacht haben, daß aber im Jahre 1950 nach den Steuersenkungen der Einkommensteuerreform und nach dem Ausfall von etwa 800 bis 900 Millionen DM dieser Satz auf 58,9 % gestiegen ist.
Während in England — der Herr Bundesfinanzminister liebt ja die Vergleiche mit England — im Jahre 1938 die direkten Steuern 45% und die indirekten Steuern 55 % betrugen, betragen jetzt —1948 — die direkten Steuern 55% und die indirekten Steuern 45 %. Also, genau die entgegengesetzte Entwicklung! Und dieser Entwicklung sollten wir nachstreben.
Meine Damen und Herren! Wir haben zu befürchten, daß dieselbe Mehrheit, die in der Hausbranddebatte dem Herrn Bundeswirtschaftsminister dankbar Beifall zollte, als wir gerade auf die Kohlenkatastrophe zugingen, jetzt auch die Umsatzsteuererhöhung annehmen wird. In diesem Falle werden wir beantragen, daß lediglich für drei höchstpreisgebundene Volksnahrungsmittel, nämlich fur Speisefett, Frischmilch und Zucker der Steuersatz von 11/2 % angewandt wird wie bisher schon beim Brot und bei den Waren aus Getreide. Wir haben dann nicht einen neuen Steuersatz von 3°/o, also einen dritten oder vierten Steuersatz; der fiele weg. Wir würden also der Bundesratsvorlage nicht zustimmen. Wir haben aber vor allen Dingen die Möglichkeit, bei diesen drei Warengruppen über das Bundeswirtschaftsministerium eine Senkung der Höchstpreise und der Handelsspannen zu erwirken. In diesem Falle würden also alle die Überlegungen nicht stimmen, die der Herr Bundesfinanzminister hier mit Recht — z. B. wegen der Eier oder wegen anderer Produkte — angestellt hat. Diesen Antrag werden wir dann stellen, wenn die Erhöhung der Umsatzsteuer von 3 auf 4°/o in diesem Hause eine Mehrheit finden sollte.
Wir sprachen von den indirekten Steuern. Ich möchte nur noch eine Zahl nennen. Die Steuersenkung des vergangenen Jahres hat nach den Berechnungen des Instituts für Konjunkturforschung und des Wirtschaftswissenschaftlichen Instituts der Gewerkschaften der Index-Arbeiterfamilie insgesamt nur eine steuerliche Entlastung von 0,5°/o, auf das Einkommen berechnet, gebracht. Während nämlich 1949 die steuerliche Belastung einschließlich der indirekten Steuern bei diesen — in der Regel — Lohnempfängern mit einem Einkommen von 200 bis 300 DM 15 % ausgemacht hatte, machte sie 1950 nach den Steuersenkungen etwa 14,5 % aus.
— Ich habe hier die Zahlen von 1949 und 1950 verglichen. Die Zahlen von 1948 können Sie uns ja nachher nennen.
Was meine politischen Freunde und mich besonders erschütterte, das ist, daß seine wirtschaftspolitischen Sachverständigen dem Herrn Bundesfinanzminister erklärt haben, es sei völlig einerlei,
ob die Umsatzsteuer um 1/20/0 oder um 1 % erhöht werde.
Die Preiserhöhungen werden doch dieselben sein!
Meine Damen und Herren, wir denken an die glücklichen Tage der Weimarer Republik zurück, wo über eine Umsatzsteuererhöhung von 1/4 % ganze Regierungen stürzten. Außerdem entnehmen wir aus diesen Äußerungen das abgrundtiefe Mißtrauen der wirtschaftspolitischen Sachverständigen gegenüber den Kalkulationen in Industrie und Handel.
Ob dieses Mißtrauen berechtigt ist, müßten diese wirtschaftspolitischen Sachverständigen besser wissen als wir.
Nun kommen wir zu unseren Vorschlägen und Forderungen. Wir wiederholen immer wieder unsere Forderungen nach einer umfassenden - Steuerreform. Wir möchten nicht jedes Jahr wieder im Frühjahr wie das Grobreinemachen bei den Hausfrauen ein Herumwursteln und Herumdoktern an .den alten Steuern. Das Bundesfinanzministerium hat jetzt mehr als eineinhalb Jahre Zeit gehabt, sich Gedanken über eine organische Steuerreform zu machen. Solange wir diese Steuerreform nicht haben, werden Sie, Herr Finanzminister — das möchten wir Ihnen garantieren — wie das Christkind alle Jahre wieder mit derartigen Steuerreformen vor dieses Haus treten müssen.
Die Autorität der Bundesregierung, die auch die Autorität der Bundesrepublik sein sollte, gewinnt sicherlich nicht dadurch, daß wir ständig Monat f ur Monat vor neue Steuerprogramme gestellt werden, sie gewinnt sicher auch nicht dadurch, daß an einem Sonntag der eine Minister von Steuersenkungen und am anderen Sonntag der andere Minister von Steuererhöhungen spricht,
und gewinnt sicherlich auch nicht dadurch, daß uns Herr Professor Erhard vor etwa einem Monat erklärte, die Austerity der Engländer wäre nichts für das deutsche Volk, und uns heute der Bundesfinanzminister sagt, das deutsche Volk könne sich an dem englischen auf diesem Gebiet ein Beispiel nehmen.
Die Autorität der Bundesregierung gewinnt sicherlich nicht dadurch, daß man uns ständig neue Steuervorschläge macht — Luxussteuer, Süßwarensteuer —, die offenbar nicht genügend überlegt worden sind und die man dann zurückzieht, wenn die Interessentengruppen genügend Sturm gelaufen haben. Was wir brauchen, ist die grundlegende Steuerreform, d. h. also eine organische Steuerreform, deren Grundzüge wir schon im vergangenen Jahr hier klargelegt haben.
Wir möchten uns einen Satz des Sonntagsblatts vom 19. November 1950 zu eigen machen, in dem es heißt:
Alle bisherigen Versuche zur Einnahmensteigerung muten kümmerlich und kläglich an: Benzinpreiserhöhung, Wäppchenkleben für die Autobahn, Coca-Cola-Steuer und andere Pflästerchen. Immer wieder wird an unserer
nachgerade unmöglichen Steuersituation herumgeschnibbelt, und die hockbezahlte Bürokratie hat geradezu einen Horror davor, eine
große und gründliche Steuerreform zu machen.
Eine unserer wichtigsten Forderungen, meine Damen und Herren, ist die auf völlige Ausschöpfung der vorhandenen Steuern, ist die Forderung nach dem rücksichtslosen Kampf gegen die Steuerunehrlichkeit.
Das entspricht dem Gesamtaufkommen an Lohn-und Einkommensteuer. Die Hoffnungen, die in diesem Punkt an die Steuerreform des vergangenen Jahres geknüpft worden sind, haben sich auch nicht erfüllt. Es sind fromme Wünsche geblieben, und es ist in dieser Frühlingsnacht sehr viel Reif auf die Hoffnungen gefallen.
Wir werden aus diesem Grunde auch niemals den Anträgen des Zentrums zustimmen können, die generell Strafbestimmungen mildern möchten. Das genaue Gegenteil wäre richtiger, zwar nicht barbarische Strafen gegen Steuerhinterziehungen, aber drakonische Strafen.
Wir werden, meine Damen und Herren, die Rückgängigmachung der Tarifänderungen beantragen und fordern. Wir haben festgestellt, daß sie falsch waren. Sie haben zu einer unnützen Selbstfinanzierung geführt, sie haben den Kapitalmarkt und auch die Steuermoral nicht gehoben; sie haben unnötigerweise den Luxuskonsum gefördert. Die Ausfälle aus diesen Steuersenkungen sind zu hoch, als daß wir sie uns auf die Dauer leisten könnten.
Ich hatte hier einmal an dieser Stelle eine Auseinandersetzung mit dem Kollegen Neuburger im Dezember über die Steuerausfälle aus der sogenannten Steuerreform 1950 gehabt. Herr Kollege Neuburger behauptete, wir hätten keine Ausfälle. Tatsächlich hat sich die Einkommensteuer folgendermaßen entwickelt: 1949 7 135 000 000 DM, 1950 6 313 000 000 DM,
d. h. also, daß wir ein Weniger von 822 Millionen Mark zu verzeichnen haben. Wenn wir uns noch überlegen, daß die Nominallöhne und Nominaleinkommen gestiegen sind — nicht die Realeinkommen, dafür sorgt schon die Wirtschaftspolitik —,
und wenn wir uns weiter überlegen, daß auch der Bundesfinanzminister mit einem natürlichen Anwachsen der Steuern rechnet, dann können wir die Ausfälle aus der Steuerreform mit mindestens 1,2 bis 1,5 Milliarden Mark schätzen.
In diesem Moment interessiert uns als Opposition viel weniger die Höhe als die Verteilung dieser Ausfälle. Von den 822 Millionen Mark entfielen auf die Lohnsteuer 279 Millionen und auf die veranlagten Einkommensteuerpflichtigen 528 Millionen, also beinahe das Doppelte,
d. h. in die 279 Millionen müssen sich etwa
10 Millionen und mehr Steuerpflichtige teilen,
während die 528 Millionen Mark auf etwa 1 bis
2 Millionen veranlagte Steuerpflichtige entfallen.
Wir beantragen wie im vergangenen Jahr weiter eine grundlegende Tarifreform als Teil einer organischen Steuerreform. Wir beantragen ausreichende Freibeträge, wie wir das im vergangenen Jahr getan haben. Wir beantragen sie um so mehr, als der Herr Bundesfinanzminister selbst Wert auf eine wesentliche Vereinfachung in der Finanzverwaltung legt. Wenn wir bedenken, daß bei Freibeträgen in Höhe von etwa 1 500 Mark für den Steuerpflichtigen und 1 000 Mark für seine Ehefrau und dann für jedes Kind meinetwegen 600 Mark — Freibeträge, wie wir sie in England längst haben —
5 bis 6 Millionen Steuerpflichtige aus der Veranlagung überhaupt herausfielen, dann kann man sich denken, wie groß die Vereinfachung auf Grund einer solchen Bestimmung wäre. Dann wären die Finanzämter nicht mehr nur Auskunfteien, wie uns der Herr Bundesfinanzminister sagte, sondern sie könnten ihre wertvolle Arbeitskraft auf wertvollere Objekte lenken, und das Aufkommen an Einkommensteuer könnte um Milliarden gehoben werden.
Einen Tarifvergleich mit England, Herr Bundesfinanzminister, haben wir in diesem Jahr ebensowenig zu fürchten wie im vergangenen Jahr. Wir beantragen die Abschaffung der ungerechten Tabelle B. Wir wünschen die Einführung einer Betriebssteuer. Wir machen die folgenden beiden neuen Vorschläge, wobei wir uns von nachstehender Überlegung leiten lassen.
Wir vermissen in dieser Steuerreform — wenn ich einmal so sagen darf --- das Positive. So geht es nicht: die Begünstigungen der Selbstfinanzierungen werden schematisch abgebaut; auf der andern Seite haben wir kaum eine neue, konstruktive Begünstigung des Sparens, sei es des Konsumsparens, sei es des Investitionssparens. Der Ausbau des § 10 genügt nicht, wenn wir daran denken, wie wenig Erfolg bisher das steuerbegünstigte Sparen gehabt hat: 250 Millionen in drei Jahren seit der Währungsreform. Es muß also unbedingt mehr geschehen, um den Sparwillen zu fördern, aber nur dann, wenn der größere Teil dieses Geldes dem Kapitalmarkt zugute kommt und nicht etwa in konsumtiven Ausgaben des Bundes oder der Länder verbraucht wird. Wir wünschen also eine planvolle Lenkung der Investitionen. Das, meine Damen und Herren, ist die Grundlage für die Stabilhaltung der Währung, für die Beseitigung von Engpässen und damit auch für die Steigerung des Realeinkommens für viele Hunderttausende von Arbeitslosen. Das Fiasko mit den Baby-Bonds wollen wir gar nicht erst abwarten, ganz abgesehen davon, daß auch das bundeskanzlereigene Wirtschaftsministerium im Bundeskanzleramt diese Baby-Bonds schon abgelehnt hat.
Wir empfehlen Ihnen, meine Damen und Herren, als erstes eine Investitionsabgabe und als zweites eine Mehrverbrauchssteuer. Ich muß mich kurz fassen, da meine Redezeit abzulaufen droht, aber ich bitte Sie, diese beiden Vorschläge der sozialdemokratischen Fraktion noch zur Kenntnis zu nehmen.
Der eine Vorschlag hat das Gewinnsparen zur Steuergrundlage und zum Gegenstand, der andere, die Mehrverbrauchssteuer, den unerwünschten Überverbrauch, den Mehrverbrauch, den Überkonsum, wenn ich einmal so sagen darf. Der eine Vorschlag wendet sich gegen volkswirtschaftlich unerwünschte Investitionen durch Selbstfinanzierung, der andere gegen den volkswirtschaftlich unerwünschten Konsum, der eine also gegen die Investitionsverzerrungen, der andere gegen die Konsumverzerrungen, die unser Ansehen im Ausland, wie wir wissen, tagtäglich schädigen.
Die Investitionsabgabe — ich sage nicht -steuer — hat das Ziel, Mittel für die Engpaßindustrien freizusetzen; die Mehrverbrauchssteuer soll Mittel für den Haushalt freisetzen.
Ich hatte die Absicht, auf die Ausführungen des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundeswirtschaftsministerium vom Dezember 1950 einzugehen, der auch auf die völlig verfehlte Investitionspolitik der 'vergangenen Jahre hinweist. Die Investitionsabgabe hat ähnliche Vorschläge in Schweden als Anregung. Wir wissen, daß dort die Verhältnisse auf manchen Gebieten anders liegen, aber man wollte auch dort die Selbstfinanzierungen treffen. Man könnte also die Investitionsabgabe — eine Zwangsanleihe, keine Steuer — auf folgender Besteuerungsgrundlage gestalten: 10 oder 20 O/o von den Neuinvestitionen als Zwangsanleihe; dann auch einen bestimmten Betrag von den Ersatzbeschaffungen und Abschreibungen, damit man nicht dahin ausweicht, und ausschließlich — was besonders wichtig wäre — ein bestimmter Prozentsatz auf die Lagerzugänge, auf die Überbestände am Lager. Es muß aber unbedingt sichergestellt werden, daß diese Investitionsabgaben tatsächlich nur für Investitionen in den Engpaßindustrien in Frage kommen.
Der Vorschlag der Erhebung einer Mehrverbrauchssteuer geht auf eine Anregung aus den USA zurück, wo man während des Krieges eine Konsumsteuer einführen wollte. Sie soll sich nicht gegen den Massenkonsum, nicht gegen den lebensnotwendigen Bedarf wenden, sondern gegen einen volkswirtschaftlich unerwünschten Überkonsum, also gegen Konsumverzerrungen. Besteuerungsgrundlage wäre der Mehrverbrauch, der das gegebene, d. h. bekannte einkommensteuerpflichtige Einkommen zum Ausgangspunkt hat. Von diesem Einkommen wären abzusetzen die Einkommensteuer und sonstige Abgaben, dann alle zusätzlichen Sparbeträge, alles, was man in Wertpapieren oder auf Banken und Sparkassen langfristig anlegt, und alle Versicherungsbeiträge. Dann wären Freibeträge als Mindestgrenzen zu gewähren, durch die 8 bis 10 Millionen Steuerpflichtige aus der Mehrverbrauchssteuer herausfielen; was dazwischenliegt, ist eben nicht Verbrauch, sondern Mehrverbrauch. Die Steuer würde sich also nur gegen den Überkonsum, nicht gegen den Massenkonsum richten Sie würde den Spargedanken fördern, und sie wäre etwas ganz Neues: eine direkte Verbrauchssteuer.
Wir kennen die Einwände, die man gegen solche Steuern erhebt. Sie träfe mittelbar viele Industrien, die für den Überbedarf arbeiten. Aber das ist immer noch besser als Zwangssparen, das das ordentliche Sparen zerstört; es ist immer noch besser als die schematischen Umsatzsteuererhöhungen, besser als Luxussteuern und besser als die sogenannten Baby-Bonds. Wir brauchten keine
neue Verwaltung, da keine übermäßige Belastung der Finanzverwaltung gegeben ist. Wir brauchten keinen Katalog sparmarkenpflichtiger Waren wie bei den Baby-Bonds; es wäre nicht notwendig, den gesamten Einzelhandel mit hunderttausenden von Geschäften zu belästigen.
Ich glaube, mit diesen Ausführungen dem Herrn Bundesfinanzminister bewiesen zu haben, daß in diesem Hause nicht nur negative Bewilligungsmaschinisten sitzen, sondern auch positive.
Meine Damen und Herren, in der vergangenen Woche hat Herr Kollege Arndgen uns, der Opposition, an dieser Stelle zugerufen, wir könnten in dieser Woche beweisen, ob wir bereit wären, durch Steuerbewilligungen den Ärmsten der Armen zu helfen. Daß wir dazu bereit sind, haben wir oft genug bewiesen; aber es darf nicht so sein, daß man diesen Ärmsten der Armen durch indirekte Steuern zunächst die Beträge, die sie nachher als Unterstützung erhalten, aus den Taschen holt.
Das, meine Damen und Herren, geschähe, wenn wir die Umsatzsteuer erhöhten.
Darum haben wir unsere andersgearteten Vorschläge hier vorgetragen. Die Erhöhung der Umsatzsteuer wäre das Unsozialste, was es gibt. Für den Herrn Zwischenrufer: die Umsatzsteuer wird von jedem erhoben.
Wir können auch in diesem Jahre wieder an der Steuerreform ermessen — und mit uns das ganze Volk —, ob und wie ernst es der Regierung mit ihren Worten in der Regierungserklärung ist, sie wolle „so sozial wie möglich" handeln. Auf allen anderen Gebieten kann man möglicherweise diskutieren nach den Worten:
Mit Worten läßt sich trefflich streiten,
Mit Worten ein System bereiten.
Aber hier, bei der Steuerdebatte, haben wir Steuersätze, Steuertabellen und Steuertarife. Bisher, meine Damen und Herren, hat das deutsche Volk an diesen Maßstäben nicht gerade sehr viel Gutes über die soziale Einstellung dieser Bundesregierung ablesen können.
Die sozialdemokratische Fraktion wird auch in diesem Jahre wieder alles daransetzen, daß unser Steuersystem diese vier Forderungen erfüllt: die Vereinfachung der Verwaltung und damit die sparsamste Erhebung der Steuern, die Belastung des einzelnen nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, dann vor allem auch die unerbittliche Erfassung aller Steuerpflichtigen um der steuerlichen Gerechtigkeit willen und schließlich und nicht zuletzt auch ein Steuersystem der unbedingten sozialen Gerechtigkeit.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Bertram.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hatte vor einiger Zeit Gelegenheit, zu sagen, daß der Herr Bundesfinanzminister damit beschäftigt sei, neue Steuern zu erfinden. Diese Behauptung hat sich nun als richtig erwiesen. Wir haben hier schon die Erhöhung des Notopfers Berlin und die Erhebung der Mineralölsteuer beschlossen. Die Coca-Cola-Steuer ist uns vorgelegt worden. Jetzt ist eine Abänderung der Einkommensteuer und der Umsatzsteuer angekündigt, und in unseren Fächern liegt bereits der Entwurf eines Gesetzes über die SüBwarensteuer mit einer Generalermächtigung für die Bundesregierung, bei allen Gütern, die die Regierung in einem besonderen Katalog bestimmt, 50 % zu erheben. Das ist also eine ganze Fülle von neuen Steuern.
Wenn solche Steuern erwogen werden, ist es zunächst notwendig, zu prüfen, ob neue Steuern überhaupt notwendig sind. Wir sind von der Notwendigkeit, die Steuern in dem vorgesehenen Umfange zu erheben, bisher nicht überzeugt. Der Bericht der Bundesregierung geht davon aus, daß ein Mehrbedarf von 2,25 Milliarden DM im Etatjahr 1951 ungedeckt sei. Zunächst einmal ist in der Ausgabeposition die Gesamtanforderung der Besatzungsmächte für zusätzliche Besatzungskosten enthalten, obwohl es bekannt ist, daß sich die Besatzungsmächte selber zur Zeit bemühen, eine entsprechende Ermäßigung ihres Besatzungskostenhaushalts durchzuführen. Eine definitive Erklärung, welches Ergebnis die Verhandlungen der Bundesregierung mit den Hohen Kommissaren über den Besatzungshaushalt für 1951 haben werden, liegt uns nicht vor, wird aber ebensowenig dem Bundesfinanzminister vorliegen, so daß er bezüglich dieses Postens ganz auf Schätzungen und Vermutungen angewiesen sein dürfte.
— Er schätzt und vermutet diese Mindestgrenze. Wenn man an die Vorschläge des amerikanischen Hohen Kommissars denkt, so ist zu vermuten, daß diese Mindestgrenze unterschritten werden wird. Aber immerhin, es ist zur Zeit noch eine bloße Schätzung, und trotzdem werden uns heute schon Steuervorlagen unterbreitet.
Ein wichtiger Gesichtspunkt ist auch folgender. Wir wissen gar nicht, ob die Schätzung des Bundesfinanzministeriums über das Steueraufkommen auch nur annähernd zutrifft. Der Bundesfinanzminister geht davon aus, daß im letzten Jahr ein Brutto-Sozialprodukt von 90 Milliarden erreicht worden sei und daß es im kommenden Jahr 95 Milliarden betragen werde. Dabei ist zu beachten, daß sich das Brutto-Sozialprodukt in den letzten Jahren ja nicht gleichmäßig entwickelt hat. Im ersten Halbjahr 1950 waren es 42 Milliarden, im zweiten Halbjahr 1950 48 Milliarden, und der Produktionsindex , ist von 95 auf 105 im ersten Halbjahr und von 105 auf 125 im zweiten Halbjahr gestiegen. Das bedeutet doch, daß der Steigerungsgrad der Zunahme des Brutto-Sozialprodukts im Laufe des zweiten Halbjahres erheblich größer geworden ist. Wenn wir also einen Vergleich des bisherigen Brutto-Sozialprodukts mit dem Brutto-Sozialprodukt im kommenden Jahre anstellen wollen, dann müssen wir von dem Stand ausgehen, der beispielsweise im letzten Vierteljahr 1950 erreicht worden ist. Gehen wir aber davon aus, so kommen wir zu einer wesentlich höheren Ziffer, einer Ziffer, die ja auch der Bundeswirtschaftsminister mit 100 Milliarden offiziell angegeben hat. Ich weiß nicht, warum das Bundeswirtschaftsministerium und das Bundesfinanzministerium in dieser wichtigen Frage um 5 Milliarden differieren. Jedenfalls würde sich bei einer Schätzung des Volkseinkommens in Höhe von 100 Milliarden auch eine entsprechend höhere Steuerschätzung ergeben.
Hinzu kommt ein zweiter Punkt. Wir alle kennen die Preissteigerung, die sich vor allem im Laufe der letzten Monate ergeben hat. Im Zuge der Preis-
steigerung ist zwangsläufig auch ein höheres Steueraufkommen zu erwarten. Unter diesen Umständen sind schon auf Grund dieser beiden Ziffern — ein Sozialprodukt von 90 Milliarden, dessen Anstieg auf über 95 Milliarden erwartet -wird — die Schätzungen unzutreffend, so daß wir auf der Einnahmenseite mit einem um 5 % höheren Steueraufkommen zu rechnen hätten.
Ein weiterer Gesichtspunkt: Seit April 1949 hat sich die Aufkommenkurve für die veranlagte Einkommensteuer scharf abwärts bewegt, während die Aufkommenkurve für die Umsatzsteuer und die Kurve für Verbrauchsteuern und Zölle sich scharf aufwärts bewegt hat. Seit diesem Zeitpunkt haben wir eine Schere: das Aufkommen an veranlagten Steuern einerseits und an Umsatzsteuern und Verbrauchsteuern andererseits. Diese Schere hat sich doch offenbar dadurch aufgetan, daß in dieser Zeit die Bestimmungen der §§ 7 a ff. über die Abzugsfähigkeit eingeführt wurden. Dabei ergab sich für die Wirtschaft — und auf diese Möglichkeit hat der Bundesfinanzminister im vorigen Sommer selbst hingewiesen — die Möglichkeit der Selbstveranlagung. Kein Finanzbeamter — auch die gesamte Finanzverwaltung nicht — ist in der Lage, zu prüfen, ob diese Vergünstigungsvorschriften auch nur annähernd richtig angewendet worden sind und ob nicht in den Steuererklärungen in viel zu großem Umfange von Vergünstigungen Gebrauch gemacht worden ist, die in Wirklichkeit gar nicht berechtigt sind. Diese Überinanspruchnahme, diese ungerechtfertigte Inanspruchnahme von Steuervergünstigungen hat zu dem katastrophalen Rückgang des Aufkommens an veranlagter Einkommensteuer und an Körperschaftsteuer wahrscheinlich entscheidend beigetragen. Wir können damit rechnen, daß — in dem Umfang, in dem diese Vergünstigungen abgebaut werden — bei richtiger Inanspruchnahme der Vergünstigungen nicht nur der geschätzte Betrag mehr aufkommen würde, sondern daß bei Fortfall der Vergünstigungen dem Bund bzw. den Ländern auch das Mehraufkommen zufließen würde, das bisher wegen der ungerechtfertigten und nicht kontrollierbaren Inanspruchnahme derartiger Steuervergünstigungen nicht verfügbar gewesen ist.
Die Kurve der veranlagten Einkommensteuer ist immer parallel verlaufen der Kurve der Umsatzsteuer, wenn auch mit einer gewissen Zeitdifferenz. Dieses plötzliche Absinken nach unten von 800 Millionen DM auf 450 Millionen DM ist zweifellos darauf zurückzuführen, daß in der Wirtschaft tatsächlich die Steuervorteile nach den Bestimmungen der §§ 7 a ff., 10 a, 32 a ff. usw. übermäßig ausgenutzt worden sind und eine Kontrolle einfach nicht möglich war.
Wir können also damit rechnen, daß sich an Mehreinnahmen nicht nur die vom Bundesfinanzministerium vorgesehenen 970 Millionen ergeben, sondern daß sich darüber hinaus noch weitere Beträge ergeben werden, weil eben eine falsche Auslegung der Bestimmungen nach ihrer Beseitigung überhaupt nicht mehr möglich sein wird. und wir können damit rechnen. d iß die künftige Wirtschaftsentwicklung vom Bundesfinanzministerium zu vorsichtig geschätzt worden ist. Das würde insgesamt einen erheblichen Mehrbetrag ausmachen. Wenn man davon ausgeht, daß das Sozialprodukt um 5 % zu niedrig geschätzt ist, würden wir hier eine Steuermehreinnahme von 5 % erwarten können. Das würde allein bei den veranlagten Steuern einen Betrag von 200 Millionen DM ausmachen. Wenn wir nochmals denselben Betrag — und das ist bestimmt nicht zu hoch geschätzt — aus dem Wegfall der zu Unrecht in Anspruch genommenen Vergünstigungen hinzusetzen, dann würden wir schon eine Mehreinnahme von 400 Millionen DM haben
Die Länder erhalten von den Gemeinden aus der Gewerbesteuer eine erhebliche finanzielle Stärkung. Diese finanzielle Stärkung kommt dadurch zustande, daß die Gewerbesteuer und damit auch das Gewerbesteueraufkommen von dem Betriebsgewinn abhängig sind. Lassen wir die Vergünstigungen jetzt fortfallen, dann wird sich automatisch das Gewerbeertragsteueraufkommen erheblich steigern. Vom Finanzministerium ist dieser Betrag auf eine halbe Milliarde DM geschätzt worden. Wenn wir also diesen Betrag, der den Gemeinden zunächst zufließt, aber über die internen Länderfinanzzuweisungen praktisch auch den Ländern zur Verfügung steht, hinzurechnen, kommen wir bereits auf eine Mehreinnahme von 900 Millionen DM gegenüber dem Voranschlag, der in dem Memorandum aufgestellt worden ist. Schon dieser Betrag ist aber so hoch, daß er die gesamten Berechnungen der Bundesregierung umwerfen würde.
Ich glaube deshalb nicht, daß man die bisherigen Schätzungen als ausreichend untermauert ansehen kann, so daß sie uns Abgeordnete veranlassen könnten, einen Betrag zu bewilligen, dessen Bewilligung doch zweifellos tief in die gesamte Wirtschaftsstruktur unseres Volkes eingreifen würde. Insbesondere die Bewilligung der Umsatzsteuererhöhung — und das ist bis vor ganz kurzer Zeit noch auch die Meinung der Bundesregierung gewesen — müßte außerordentliche Nachteile für die gesamte Preisentwicklung nach sich ziehen. Wir stehen jetzt in einer wirtschaftspolitisch außerordentlich schwierigen Zeit. Die Preise in Deutschland laufen weg; manche Preise liegen schon über dem Weltmarktpreisniveau. Durch die knappen Devisenkontingente haben sich auf den Warenmärkten in Deutschland zusätzliche Knappheitserscheinungen entwickelt. Diese Verknappungen treiben die Preise zusätzlich empor und bringen für unsere Exportindustrie erhebliche Erschwerungen mit sich. Wenn wir nun diesen allgemeinen Trend der Preise nach oben durch die Umsatzsteuererhöhung noch verstärken, besteht eine große Gefahr für unsere gesamte Wirtschaftspolitik. Ist es deshalb — und das ist die Frage, die wir an die Regierung stellen — genügend sicher, daß tatsächlich das Aufkommen an Steuern richtig veranschlagt ist, und ist nicht hier eine ganz große Reserve vorhanden?
Wenn wir hören, daß allein im Monat Januar dieses Jahres das Steueraufkommen — wenn ich recht unterrichtet bin — 1,8 Milliarden gegenüber einem durchschnittlichen monatlichen Steueraufkommen von 1,1 Milliarden beträgt, hier also sich ein ganz starker Zug nach oben ergeben hat, dann ist meiner Ansicht nach damit bereits bewiesen, daß die Vorausschätzungen der Bundesregierung über die Steuereinnahmen zu niedrig sind und daß hier deshalb eine ganz starke Reserve vorhanden ist. Daß wir deshalb die Umsatzsteuererhöhung ablehnen, gerade die Umsatzsteuer als eine der Steuern. die den breiten Massenkonsum belasten, liegt auf der Hand.
Der Bundesfinanzminister hat uns Zahlen über das Verhältnis der direkten zu den indirekten Steuern genannt. Diese Zahlen mag man als richtig ansehen, wenn man nicht weiß, wie die Begriffe „direkte Steuern" und „indirekte Steuern" zuvor abgegrenzt worden sind. Wenn wir sagen, es sind nur die indirekten Steuern im klassischen Sinn,
nämlich die Verbrauchsteuern und Zölle, zu den indirekten Steuern gerechnet worden, dann mag der Bundesfinanzminister recht haben. Damit kommen wir aber nicht weiter. Wir müssen zu den indirekten Steuern — wenn wir die Frage der Massenbesteuerung gegenüber der progressiven Besteuerung aus Einkommen- und Körperschaftsteuer erörtern -- doch sicherlich noch diejenigen Steuern hinzusetzen, die bei uns Massensteuern, im Ausland aber nicht Massensteuern sind, beispielsweise die Lohnsteuer. Es ist ja bekannt, daß die Anzahl derjenigen Personen, die in Deutschland zur Lohnsteuer herangezogen werden die Zahl der entsprechenden Personen in Amerika oder England um ein Vielfaches übertrifft. Wegen der Höhe der Freibeträge in Amerika und England sind die Zahlen der Steuerpflichtigen dort erheblich niedriger. In Amerika sind es, glaube ich, nur ein Zehntel derjenigen, die wir in Deutschland haben. Wir müssen also, um einen international richtigen Vergleich zu haben, sicherlich das Notopfer Berlin — soweit es von den Lohnsteuerpflichtigen bezahlt wird — und die Lohnsteuer zu den indirekten Steuern ebenso hinzurechnen wie die Umsatzsteuer, um auf diese Art und Weise ein Bild zu bekommen auf der einen Seite der Massenbelastung und auf der anderen Seite der Belastung mit progressiv wirkenden Steuern.
Die Abgrenzung von direkten und indirekten Steuern ist überhaupt sehr schwierig. Nimmt man aber die erwähnten Steuern, um einen international brauchbaren Vergleich zu haben, dann erkennt man zweifellos, daß wir in Deutschland die Massenkaufkraft in wesentlich höherem Maße durch Steuern als das Ausland belastet haben. Dort ist man in der Lage, mit dem Ertrag der Progressivsteuern den bei weitem größten Anteil der Staatsausgaben zu decken.
Das Bundesfinanzministerium schlägt jetzt vor, § 7 a des Einkommensteuergesetzes zu ändern. Auch dieser Vorschlag ist im Zusammenhang mit der damaligen Steuerdebatte schon von uns gemacht worden. Nach dem Vorschlag des Bundesfinanzministeriums zu § 7 a können Steuerpflichtige, die wegen Verfolgung aus Gründen der Rasse usw. ihre frühere Erwerbsgrundlage verloren haben, die nach diesen Bestimmungen möglichen Vergünstigungen bis zu einem Höchstsatz von 100 000 DM noch weiter in Anspruch nehmen. In dieser Aufzählung fehlen die total Bombengeschädigten. Es ist nicht richtig, daß nur Flüchtlinge und Vertriebene ihre Erwerbsgrundlage verloren haben können, sondern das gleiche gilt ja auch für total Bombengeschädigte. Der Katalog muß deshalb um der Gerechtigkeit willen erweitert werden. Sie werden sich daran erinnern, daß vor einiger Zeit im Bundestag auch eine entsprechende Erklärung über die Gleichstellung von Bombengeschädigten, Flüchtlingen und Vertriebenen abgegeben worden ist.
Die Bundesregierung hat uns leider noch nicht gesagt, in welcher Weise sie die höheren Steuereingänge, die sie bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer erwartet, den Ausgaben des Bundes zuführen will. Solange wir nicht wissen, wie sich der Bund mit den Ländern über diese Dinge geeinigt hat und ob überhaupt eine Einigung im Rahmen des Art. 106 Abs. 3 des Grundgesetzes, im Rahmen eines Zustimmungsgesetzes, möglich ist, können wir mit einer solchen Beschlußfassung dem Bund praktisch ja überhaupt nichts zuführen. Der Bund hat von einer solchen Einkommensteuerregelung gar nichts, solange nicht ein Gesetz nach
Art. 106 Abs. 3 vorgelegt ist und die Zustimmung
des Bundestags und des Bundesrats gefunden hat.
— Ich glaube Ihnen, daß das kommt. Der Bundesfinanzminister hat es ja schon angekündigt. Mir ist nur die Reihenfolge unverständlich. Mir wäre es verständlich, wenn zunächst ein Gesetz nach Art. 106 und danach eine Steuererhöhungsvorlage eingebracht worden wären. Die Verhandlungsgrundlage für den Bund wird ja bei der jetzt gewählten Art des Vorgehens außerordentlich geschwächt. Wenn nämlich die Länder schon wissen, daß das Gesetz über die Einkommensteueränderung perfekt ist, dann haben sie es gar nicht mehr nötig, noch große Konzessionen zu machen. Bei dem umgekehrten Verfahren wäre die Stellung des Bundesfinanzministers wesentlich stärker. Schon aus diesem Grunde müssen wir das jetzige Verfahren als verfehlt bezeichnen.
— Ich weiß ganz genau, daß man noch nichts verteilen kann, was man noch nicht hat; aber wir können nach Art. 106 grundsätzlich einen Anteil an der Einkommen- und Körperschaftsteuer in Anspruch nehmen. Vom Bundesfinanzministerium sind 30 % vorgesehen. Findet ein solches Gesetz über eine 30 %ige Inanspruchnahme die Zustimmung des Bundesrats, dann ist damit eine Änderung des Einkommensteuergesetzes möglich und zweckmäßig.
Ich kann auf die Einzelheiten des Gesetzentwurfs wegen des Ablaufes meiner Redezeit leider nicht eingehen. Ich möchte nur zusammenfassend sagen: Wir sind wegen des mangelnden Nachweises des tatsächlichen Finanzbedarfs und der ungenügenden Vorausschätzung nicht in der Lage, dem Umsatzsteuergesetz, dem wir auch aus anderen Gründen nicht zustimmen würden, zuzustimmen, und schlagen vor, die Beratung über das Einkommensteueränderungsgesetz so lange zu verschieben, bis uns ein Gesetz nach Art. 106 vorgelegt sein wird, das dann eine geordnete Finanzwirtschaft im Verhältnis zwischen Bund und Ländern ermöglicht.
Das Wort hat der Abgeordnete Neuburger.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Steuern haben immer etwas Unangenehmes an sich, entweder wenn man Steuern bezahlen muß oder wenn man, wie ich es jetzt hier tue, eine Steuervorlage zu vertreten und zu verteidigen hat, die zusätzliche steuerliche Belastungen bringt. Ich bin daher an sich nicht überrascht, daß ich bis jetzt im wesentlichen nur Kritik gehört habe. Aber mit Kritik allein läßt sich der Etat nun einmal nicht füllen; und dafür, daß der Etat in Ordnung ist, daß also für die Ausgaben auch die Einnahmen da sind, ist nicht nur der Finanzminister, sondern meines Erachtens sogar noch sehr viel mehr das Hohe Haus verantwortlich.
Es ist primär und um so mehr verantwortlich, als ja wir vorweg die Höhe der Ausgaben eigentlich erst bestimmen und der Finanzminister dann gezwungen ist, danach zu sehen, welche Vorschläge er uns in Anbetracht der Höhe dieser Ausgaben zum Zwecke der Deckung machen kann. Das heißt
mit anderen Worten: die Verantwortung liegt auch bezüglich der Höhe bei uns.
Eine Tatsache müssen wir in den Mittelpunkt unserer Erörterungen und Überlegungen — auch der kritischen Überlegungen — stellen, nämlich die Tatsache, daß von einem Sozialprodukt von nicht ganz 100 Milliarden der steuerliche Anteil indirekter und direkter Steuern rund 25 Milliarden, also über 25 %, beträgt. Diese Steuerhöhe ist die eigentliche Ursache all unserer Steuerkalamitäten. Sie ist die Ursache dafür, daß wir finanz- und steuerpolitisch nicht mehr denken können, ohne zugleich im ursprünglichsten Sinne wirtschaftspolitisch zu denken und zu überlegen. Die Steuerhöhe ist die Ursache dafür, daß wir immer um den Grundsatz der Vereinfachung kämpfen müssen, und die Steuerhöhe ist mit verantwortlich und mit ursächlich dafür, daß wir einen beinahe uferlosen und teilweise aussichtslosen Kampf gegen die Steuerunehrlichkeit führen müssen.
Ich komme zunächst auf die Finanzpolitik im Verhältnis zur Wirtschaftspolitik zu sprechen. Betrügen die Steuersätze nur 5 oder 10 % unseres Sozialproduktes, so brauchten wir nur fiskalische Überlegungen anzustellen. Der Finanzminister brauchte dann wirklich nur ein Finanzminister zu sein und hätte seinen Etat nur nach fiskalischen Gesichtspunkten in Ordnung zu halten. Die Steuern sind aber so hoch, daß jede finanzpolitische Maßnahme wirtschaftspolitische Auswirkungen hat. Wir nähern uns der gefährlichen und inhaltsschweren Situation, daß die Steuer zum Steuerungsmittel der Wirtschaft wird. Deshalb ist es kein Zufall, daß schon bei der ersten Steuervorlage vor einem Jahr die wirtschaftspolitischen Erwägungen im Vordergrund standen und daß auch bei der I heutigen Vorlage vom Finanzminister neben den fiskalischen Gesichtspunkten ausdrücklich wirtschaftspolitische Gesichtspunkte zur Begründung vorgetragen und herangezogen wurden. Vorhin fiel das Wort, man müsse damit aufhören, in jedem Frühjahr neue Steuervorlagen einzubringen. Weiter wurde gesagt: daß der Finanzminister nicht jedes Jahr wie ein Weihnachtsmann kommen solle. Dazu sage ich: Lösen Sie durch die Senkung der Steuersätze die Verkoppelung mit der Wirtschaftspolitik, dann ist auch eine stetige Steuer- und Finanzpolitik möglich!
— Das ist mit unsere Aufgabe, daß wir zu einer Senkung dieser Steuersätze kommen.
— Darüber werden wir uns noch unterhalten.
— Vielleicht komme ich sogar nachher selbst noch bei meinen Ausführungen dazu.
Eine gewisse abhängige Beweglichkeit der Steuerpolitik ist also zwangsläufig, weil die Wirtschaft selbst sich ständig in Bewegung befindet und damit wechselnde wirtschaftliche Anforderungen auftreten; und dies alles verschärft mit Rücksicht darauf, daß wir mit rund 25 % unserer Wirtschaft von Faktoren abhängig sind, die außerhalb unserer Macht und außerhalb unseres Landes liegen.
Die Situation, vor die sich unsere Wirtschaft vor einem Jahr gestellt sah, war eine völlig andere als die, in der wir jetzt stehen. War die Situation vor einem Jahr dadurch gekennzeichnet, daß es unserer Wirtschaft an Aufträgen mangelte, daß wir
sozusagen eine Wirtschaftsstagnation hatten, so ist
es heute umgekehrt so, daß die Wirtschaft mit Aufträgen überlastet ist. Damals galt es daher, die
Wirtschaft durch das Mittel der Steuer in Bewegung zu bringen. Wenn behauptet wird, das sei
nicht richtig gewesen, und wenn behauptet wird, die
Auswirkungen seien schädlich gewesen, so ist das die
unrichtigste Behauptung, die je aufgestellt wurde.
Durch die Steuerreform vor einem Jahr sind die Selbstfinanzierung, die Eigenfinanzierung und die Kapitalbildung angeregt worden.
— Komme ich drauf! — Jeder Arbeitsplatz, der neu gebildet wird, bedarf vorweg einer Investition. Allein in der Zeit vom März 1950 bis September 1950 sind zusätzlich rund eine Million Menschen neu in Arbeit gekommen. In der gleichen Zeit des Vorjahres betrug die Sparkapitalbildung rund 0,8 Milliarden, also 800 Millionen. — Herr Kollege, ich habe die Statistik nachgesehen: in den 1,4 Milliarden, die Sie als Sparkapital dos Jahres 1949 nennen, sind sämtliche Beträge enthalten, die nachträglich auf Grund der Aufwertung bzw. der Reste, die bei der Währungsreform noch verblieben, gutgeschrieben wurden.
Das Jahr 1949 hat uns eine Sparkapitalbildung von einer Milliarde gebracht. Das Jahr 1950 — das ist richtig — hat uns eine Sparkapitalbildung von ebenfalls einer Milliarde gebracht. Vom Februar bis September 1950 haben wir eine Sparkapitalbildung von 800 Millionen, und erst ab September hat sich dann die Sparkapitalbildung sehr stark verlangsamt.
Wir haben dafür aber auf dem Sektor Bausparkassen und auf dem Sektor Lebensversicherungen eine zusätzliche Sparkapitalbildung gehabt, so daß wir im Jahre 1950 insgesamt eine Sparkapitalbildung von über 2 Milliarden haben, immerhin eine Summe, die sich sehen lassen kann.
In diesem Zusammenhang möchte ich gleich noch auf die Einwendung eingehen, die Steuereinnahmen seien rückläufig. Seinerzeit, vor einem Jahr, wurde ausdrücklich erklärt, daß ein solcher steuerlicher Impuls, der zunächst mit Steuervergünstigungen auf dem Gebiet der Eigenfinanzierung arbeitet, selbstverständlich zunächst einen Steuerausfall bringen wird. Ich kann den Steuerausfall nicht dadurch errechnen, daß ich diese 3/4 Jahre mit dem Jahr vorher vergleiche. Wir können vielmehr erst Vergleiche ziehen, wenn das Finanzjahr per 31. März abgeschlossen ist. Dann werden wir feststellen, daß wir keine Steuerausfälle zu verzeichnen haben. Die Eigenfinanzierung, die wir damals bewußt eingeführt haben, diente in erster Linie also dem Zweck, der Wirtschaft wieder Aufträge und eine gewisse Auftragsfreudigkeit zu geben und damit neue Arbeitsplätze zu schaffen. Das ist geschehen. Das Sozialprodukt hat sich erweitert. Weil sich das Sozialprodukt erweitert hat, sind — was niemand bestreiten kann — die Käufer immer zurückhaltender geworden, und die Preise sind bis September langsam, aber stetig gesunken. Es hat etwas dazu gehört, die Waren abzusetzen.
Wenn ich nun die wirtschaftliche Lage von heute betrachte, so muß ich folgendes sagen. Wenn Ihr Standpunkt richtig wäre, dann müßte die heutige wirtschaftliche Situation gerade durch die Eigenfinanzierung bedingt sein. Nun kennen wir aber doch die Ursachen der Gleichgewichtsstörung von heute. Die Gleichgewichtsstörung unserer Wirtschaft von heute ist doch nicht dadurch bedingt, daß wir leerstehende Produktionsstätten oder Überkapazitäten haben, sondern die Gleichgewichtsstörung beruht in erster Linie darauf, daß wir eine einseitigeVerlagerung in die Konsumsphäre haben. Diese Verlagerung haben wir, weil sich unser Preisgefüge nicht hat halten können. Wir wissen aber, wenn wir ehrlich mit uns zu Rate gehen, die Ursachen dafür, daß sich das Preisgefüge nicht hat halten können. Jedenfalls liegt das nicht an steuerpolitischen Maßnahmen.
Mehr will ich dazu jetzt nicht sagen. Ich kann jedenfalls die Eigenfinanzierung in keiner Weise verantwortlich machen a) für die Preisentwicklung und b) für die Konsumverlagerung.
Wenn Sie sagen, die Engpässe hätten Investitionen gebraucht, dann will ich Ihnen folgendes sagen. Gerade zu der Zeit, im Juni und Juli, konnten die Zechen die Kohlen nicht absetzen. Ich selbst bin in Süddeutschland angegangen worden, weil die Gaswerke ihren Koks nicht absetzen konnten. Wenn wir die Korea-Krise nicht bekommen hätten, dann würde unsere Kohlenproduktion mehr als ausreichen. Es wäre nicht das erste Mal, daß wir hier im europäischen Wirtschaftsraum eine Kohlenschwemme gehabt hätten. Wir würden dann sagen, daß all die Gelder, die wir dafür investiert haben, Fehlinvestitionen sind. Ob etwas fehlinvestiert ist, entscheidet doch erst die Wirtschaftskonjunktur, die nachher kommt.
Mit anderen Worten, die sogenannten Engpässe von heute sind in keiner Weise dadurch bedingt, daß seinerzeit die §§ 7 a, 10 a und 32 a eingeführt wurden.
— Das sind meine Erfahrungen und meine Erkenntnisse, die ich hier vortrage.
So komme ich also zu dem Ergebnis, daß die Steuerreform von damals, weil sie eben mit Rücksicht auf die Steuerhöhe wirtschaftspolitische Gesichtspunkte haben mußte, gerechtfertigt war und ihren Zweck voll erfüllte. Weil diese Voraussetzungen heute wegfallen, müssen diese steuerpolitischen Vorteile eben zwangsläufig in Wegfall kommen. Daher sind wir uns grundsätzlich darüber einig, daß der § 7 a wegfallen muß. Ob die §§ 10 a und 32 a ebenfalls wegfallen müssen, möchte ich persönlich bezweifeln. Ich hätte es gern gesehen, wenn zumindest der § 10 a noch die Möglichkeit einer gewissen Eigenfinanzierung vorsehen würde.
Was die Investierungsraten des Jahres 1950 betrifft, so möchte ich Ihnen folgendes sagen. Im Jahre 1950 wurden etwas über 15 Milliarden DM investiert; darunter 35 % aus öffentlichen Mitteln, 23 % aus Mitteln des Kapitalmarktes, 10 % aus Mitteln der Gegenwertfonds und rund 27 % aus normalen Investierungen, aus Bankkrediten und aus diesen steuerbegünstigten Investierungen. Das sind etwa 4,5 Milliarden DM. Sie haben vorhin den Betrag von 5 Milliarden DM genannt. Wenn
Sie von diesen 4,5 Milliarden DM die sogenannten normalen Investierungen, die Sie ja unserer Wirtschaft zubilligen müssen, absetzen, dann kommen Sie über diese Steuerbegünstigungen glücklich noch zu einer Investierung von rund 2 Milliarden DM. Dafür haben wir über eine Million Leute neu in Arbeit gebracht, und das Sozialprodukt hat sich entsprechend erhöht. Auf Grund des Memorandums, das der Minister vorgelegt hat, soll sich durch die Erweiterung unserer Wirtschaft das Steueraufkommen ohne Änderung unserer Steuergesetze um über 2 Milliarden DM erhöhen. Denn der Minister verlangt von den 4,5 Milliarden DM auf Grund neuer Steuergesetze nur 2,2 Milliarden DM, während der normale Gesundungsprozeß unserer Wirtschaft 2,2 Milliarden DM zusätzlich erbringt. Wenn also diese Investierungen sich nicht gelohnt haben und wenn das Wirtschaftsprogramm und die Finanzpolitik nicht zweckentsprechend waren, dann gibt es nichts mehr, was sich lohnt und volkswirtschaftlich richtig ist.
Auf einem Gebiet sind die Auffassungen heute wie vor einem Jahr die gleichen, auf dem Gebiet der Kapitalnot. Daher sind mit Recht die Bestimmungen betreffend den Wohnungsbau, die Lebensversicherungen und die Bausparkassen geblieben. Nicht ganz einverstanden bin ich, wie ich bereits vorhin gesagt habe, damit, daß die anderen Vergünstigungen abgebaut werden, ohne daß in dieser Steuervorlage zugleich echte neue Kapitalquellen durch steuerliche Vergünstigungen erschlossen werden. Ich persönlich denke hier daran, daß es möglich sein müßte, den Sparer wieder an den Pfandbrief zu bringen. Der Sparer müßte auch wieder an die Obligation gebracht werden. Aber wir müssen bezüglich dieser beiden Papiere neue 'rechtliche Wege gehen. Wir müssen Pfandbrief und Obligation an einen echten Sachwert koppeln, um nach all dem, was wir bisher erlebt haben, bei diesen beiden Papieren — den Standardpapieren des Sparens und der Investition — das Prinzip der Wertbeständigkeit juristisch zu verwirklichen.
Die Steuerhöhe ist auch ein Feind jeder Vereinfachung. Denn je höher der Steuersatz ist, desto mehr Vergünstigungen und Ausweichmöglichkeiten muß man mit Rücksicht auf die Vielfalt des Lebens gewähren. Deshalb stehe ich auch Ihren beiden Vorschlägen der Investitionsabgabe und der sogenannten Verbrauchssteuer oder Mehrumsatzsteuer etwas skeptisch gegenüber. Denn Sie werden dann in dieselben Schwierigkeiten kommen. Bei der Investitionsabgabe wäre es doch so, daß unter Umständen derjenige, der gerade besonders günstig verdient, investiert. Ob das volkswirtschaftlich gerade das Richtige ist, steht auf einem anderen Blatt. Das läßt sich im Augenblick der Investition meistens nicht zutreffend beurteilen.
Bei der Mehrverbrauchssteuer ist selbstverständlich der Gedanke richtig, zu sagen: Wer sich den Luxus erlaubt, von seinen Einnahmen mehr als üblich zu verbrauchen, der soll dafür eine gewisse Steuer zahlen. Aber welcher tägliche Umsatz, mein lieber Herr Kollege Koch, ist dann in diesem Sinne steuerunschädlich? Stellen Sie sich einmal die Vielfalt des Lebens vor, denken Sie an Familienzuwachs, an notwendige Anschaffungen für den Haushalt, an Krankheit, an Erziehungsausgaben für die Kinder, an eigene Ausgaben für Erholung oder
für Krankheit, an Umzug oder sonstige Fälle. Sie kämen ohne einen großen Kalender nicht aus, den Sie dann eben von der anderen Seite her aufbauen müßten, und schließlich kämen Sie noch zu einer zweiten Steuerveranlagung. Es ist die Frage, ob d a s dann eine Vereinfachung darstellt. Ebenso ist es mit der Betriebssteuer, die wir doch praktisch bei den Kapitalgesellschaften haben. Solange die Steuersätze so hoch sind, wird jedes Steuersystem kompliziert bleiben.
Dasselbe gilt nun leider auch für den Grundsatz der Steuerehrlichkeit, für den wir nicht genug streiten können und für den wir immer wieder streiten müssen. Niemand zahlt gern seine Steuern richtig, wenn er weiß, daß der andere umgekehrt den Steuerfiskus in irgendeiner Form betrügt. Die Steuerehrlichkeit hat aber zwei natürliche Feinde, einmal die Steuerhöhe und weiter die Unstetigkeit unserer Steuern wegen der Kopplung der Steuerpolitik mit der Wirtschaftspolitik.
— Das möchte ich auch sagen.
Heute ist auf Grund des Grundgesetzes die Steuerveranlagung, die Steuerüberprüfung auf die einzelnen Länder verlagert. Die einzelnen Länder selber sind gegenseitig Unterstützungszahler und Unterstützungsempfänger. Die Steuermeßzahlen bei den Ländern liegen von rund 40 % auf der einen Seite bis rund 150 % auf der anderen Seite. Mit anderen Worten, Sie verlangen, wenn Sie von den Ländern eine steuergerechte Eintreibung fordern, von den steuerstarken Ländern, daß sie ihre Steuerzahler beknien, damit diese alle Steuern bezahlen, um diese Steuern dann an das andere Land geben zu können. Umgekehrt soll das steuerschwache Land ebenfalls das Letzte herausholen, um nicht soviel fordern zu müssen. Aber in dem Kampf des Steuerausgleichs zwischen den Ländern spielen die umgekehrten Positionen die entscheidende Rolle. Der eine will möglichst wenig in seiner Kasse haben, damit er viel verlangen kann; der andere will möglichst wenig in seiner Kasse haben, damit er wenig zu geben braucht. Wenn ich aus der Erfahrung spreche — ich möchte niemandem zu nahe treten — und mir überlege, was hinsichtlich der Verlagerung und der Neuansiedlung von Betrieben alles an Steuervergünstigungen gegeben und versprochen wird, dann muß ich sagen, daß der Begriff der Steuergleichheit — ich möchte in bezug auf die Länder nicht von Steuerehrlichkeit sprechen, sondern von Steuergleichheit — ein sehr relativer Begriff ist. Ich muß sagen, meines Erachtens werden wir auf diesem Gebiete niemals zu gesunden Verhältnissen kommen, wenn es uns nicht in diesem Hohen Hause sowie im Bundesrat gelingt, die Dinge verantwortlich und real zu sehen und mindestens zu einem einheitlichen Steuerprüfungs- und Steuerfahndungsdienst zu kommen.
Als ich seinerzeit hier in dem Hohen Hause bei der Auseinandersetzung zwischen steuerschwachen und steuerstarken Ländern gehört habe, daß damit, daß im Grundgesetz ein Steuerausgleich vorgesehen sei, auch eine Existenzberechtigung für steuerschwache Länder gegeben sei, ist mir der Gedanke gekommen: weil wir eine Krüppelfürsorge haben, haben wir auch Rechtsansprüche darauf, Krüppel zu haben.
— Es ist aber so.
Abschließend möchte ich folgendes sagen. Die Steuernovelle muß unter dem Gesichtspunkt betrachtet werden, daß wir jetzt diese Steuerhöhe haben und daß uns diese Steuerhöhe zwangsläufig in diese Kalamitäten bringt.
— Darauf komme ich noch. Um unserer Wirtschaft entscheidend zu helfen, müssen wir die Kapitalbildung auf jede Weise und in echter Form so fördern, daß der Sparer auch das Gefühl hat, daß er in keiner Weise mehr mit einer nominellen Entwertung seines Spargeldes zu rechnen hat.
Nun die Umsatzsteuer. Sie lehnen die Umsatzsteuer völlig ab, betonen aber auf der anderen Seite, völliges Verständnis dafür zu haben, daß die Ausgaben zu leisten sind.
Für zusätzliche Ausgaben allein für die äußere Sicherheit — ich will jetzt nicht vom inneren, sozialen Frieden sprechen — sind 1,7 Milliarden Mark angefordert. Die Umsatzsteuer soll 1,2 Milliarden Mark bringen. Ja ist jemand hier im Hause oder ist jemand in unserem Volke, der nicht verpflichtet wäre, für diese Sicherheit einen Geldbeitrag zu leisten? Man darf auf keinen Fall der Versuchung erliegen, die Umsatzsteuer als indirekte Steuer allein zu betrachten, sondern man muß immer die Gesamtsteuerbelastung sehen — und unter dem Gesichtspunkt der Zusammenrechnung von Umsatzsteuer und Einkommensteuer haben wir immer noch eine sozial sehr gestufte Steuer.
Was noch den § 33 a betrifft, so werden weite Kreise der Betroffenen zweifellos verlangen, daß diese Bestimmung aufrechterhalten bleibt, obwohl andererseits unter dem Gesichtspunkt der Vereinfachung und in Verbindung mit der Erhöhung der Freibeträge vielleicht ein Ausgleich gefunden werden könnte.
Zu begrüßen ist, daß die Leistungen der freien Wohlfahrtspflege umsatzsteuerfrei werden sollen. Ich würde es aber noch mehr begrüßen, wenn im Hinblick auf die geradezu turbulente Rechtslage von heute in den verschiedenen Ländern der Herr Bundesfinanzminister sich entschließen könnte, einen einheitlichen Stundungserlaß für diese Steuer rückwirkend ab 1. April 1950 herauszugeben.
Zusammenfassend möchte ich sagen: Wir können an diese Steuervorlage mit gar nicht genug Verantwortung herangehen. Die Steuersätze haben meines Erachtens jetzt eine Höhe erreicht, die nicht mehr überschritten werden kann.
Man kann auch in der staatlichen Verwaltung übertreiben. Wir haben seinerzeit den Zusammenbruch des Bewirtschaftungssystems erlebt, wir haben auch schon Zusammenbrüche auf dem Preissektor erlebt. Deshalb müssen wir uns auf dem Gebiete der Ausgabenwirtschaft, und zwar sowohl hier in diesem Hause wie als einzelne, die größte Disziplin auferlegen. Bringen wir diese Disziplin nicht auf, dann fürchte ich für unsere Zukunft, nicht nur für
unsere wirtschaftliche, sondern auch für unsere soziale und demokratische Zukunft.
Das Wort hat der Herr Abgeoranete Dr. Hupker-Aschoff.
Meine Damen und Herren! Es ist schon einmal das Wort „Steuerbewilligungsmaschine" gefallen. Ich glaube, Herr Finanzminister, das, was darüber in den Zeitungen berichtet wurde und was ich heute morgen auch mit einiger Bestürzung gelesen habe, entspricht wohl nicht ganz den Tatsachen. Denn wenn diese Rede im bayerischen Grenzland so gelautet haben sollte, wie die Zeitungen es berichten, müßte ich allerdings sehr energisch dagegen Verwahrung einlegen, daß wir hier zu einer „Steuerbewilligungsmaschine" degradiert werden sollen. Im übrigen werden wir auch die Rechte der Steuerzahler wahrzunehmen haben, dazu sind wir nun einmal berufen. Wenn ich dabei auch nicht so sehr daran denke, daß es gilt, den einzelnen Steuerzahler zu schonen, so steht doch soviel fest, daß wir Steuergesetze unmöglich ohne Rücksicht auf ihre wirtschaftlichen Auswirkungen verabschieden können.
In diesem Zusammenhang noch eine andere Bemerkung. Herr Finanzminister, Ihre Gesetze, sowohl das Einkommensteuergesetz wie das Umsatzsteuergesetz, enthalten eine Fülle von Ermächtigungen, die bei uns gewisse Bedenken auslösen. Wenn alle diese Ermächtigungen Ihnen wirklich' erteilt werden sollten, würde unsere Arbeitszeit hier im Hause vielleicht verkürzt werden; aber wir hätten dann zugleich das Gefühl, einfach an die Seite geschoben zu werden.
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Ich glaube also nicht, daß Sie darauf rechnen können, daß wir Ihnen diese Ermächtigungen in dem gewünschten Umfange erteilen werden.
Sie mögen vielleicht der Meinung sein, daß die Gesetzgebungsmaschine zu schwerfällig arbeite und daß infolgedessen an die Stelle der Gesetze Rechtsverordnungen treten müßten. Nun, wenn die Gesetzgebungsmaschine etwas schwerfällig arbeitet, so liegt das, glaube ich, nicht so sehr am Bundestag, sondern es liegt an der unglückseligen Konstruktion unseres Grundgesetzes,
das eine zweite gesetzgebende Körperschaft zweimal in den Ablauf der Gesetzgebung einschaltet. Einmal wird ihr die Vorlage von der Bundesregierung zugeleitet, und dann kann sie mit einer Überlegungsfrist von 21 Tagen zu dieser Vorlage Stellung nehmen. Dann geht die Vorlage an den Bundestag, und nach Beratung im Bundestag geht sie erneut an den Bundesrat, der nun wiederum überlegen kann, ob er dem Gesetz zustimmen oder Einspruch einlegen will. Ich denke manchmal, daß wir besser gefahren wären, wenn wir im Parlamentarischen Rat auf die Vorschläge eingegangen wären, die damals von meinen engeren Freunden gemacht worden sind, nämlich der Zweiten Kammer die Form eines Senates zu geben. Hätten wir das gemacht, so würden alle Gesetzesvorlagen zunächst an den Bundestag herankommen, und der Bundesrat in der Form des Senates hätte dann nur noch die Möglichkeit, einmal zu dieser Vorlage Stellung zu nehmen.
Meine Damen und Herren! Das Memorandum, das der Vorlage der Regierung beigelegt ist, errechnet einen erschreckenden Mehrbedarf. Ich bin der Meinung, daß diese Berechnung nicht ganz ohne Widerspruch hingenommen und zur Grundlage unserer Entschließung gemacht werden kann. Ich habe dabei vor allen Dingen den einen großen Posten, Mehrausgaben für Besatzungskosten 1 700 Millionen DM, im Auge. Ich bin mir darüber im klaren, daß der Herr Finanzminister und sein Ministerium sich alle erdenkliche Mühe geben werden, diese Besatzungskosten zu vermindern. Was heute der Herr Minister selbst bereits gesagt hat, daß er am liebsten das Wort Besatzungskosten vermeiden würde und daß er in diesen Besatzungskosten nur einen Sicherheitsbeitrag sehen könnte, ist uns ganz gewiß aus dem Herzen gesprochen. Aber wenn das nun alles richtig ist, können wir diesen Posten von 1 700 Millionen DM als eine unausweichliche Mehrausgabe nicht ohne weiteres hinnehmen. Ich darf auf die Untersuchung des Tübinger Instituts über die Höhe der Besatzungskosten hinweisen und bin der Meinung, daß wir auf dieser Grundlage alles versuchen müßten, um diese Mehrausgabe an Besatzungskosten in engeren Grenzen zu halten.
Ich habe neulich schon einmal darauf hingewiesen, daß die Wandlung der Verhältnisse, wenn nunmehr die Besatzungsmächte bereit sind, uns ein höheres Maß von Selbstverwaltung und eigener Regierung einzuräumen, auch manche Änderungen bedingt. Ich habe damals darauf hingewiesen: Warum müssen noch Residenten der Militärregierung in allen Kreisstädten, in allen Landkreisen und bei allen Regierungen sitzen, Residenten mit großen Stäben, die ihre Aufgabe nur darin sehen, irgendwie in die uns zustehende Verwaltung einzugreifen?
Wenn diese Dinge einmal bereinigt würden. würden die Besatzungskosten eine sehr erhebliche Verminderung erfahren können.
Dann noch einige Bemerkungen darüber, ob die Schätzungen des Mehrbedarfs insofern richtig sind, als das Mehraufkommen der laufenden Steuern eingeschätzt worden ist. Wir haben in diesen Tagen die Mitteilung über das Aufkommen der Steuern in den ersten drei Vierteljahren hekommen, auch die Mitteilung über das Aufkommen der Steuern im Monat. Januar. Die Ergebnisse erscheinen außergewöhnlich günstig. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß, obwohl der Herr Finanzminister bei der Aufstellung des Haushalts für das Jahr 1950 bereits erhebliche Mehreinnahmen in Rechnung gestellt hatte, diese Mehreinnahmen noch überschritten werden und daß das Ergebnis des Jahres 1950 ein Mehraufkommen an Steuern über die Haushaltsansätze hinaus sein wird, das nach meinen Berechnungen bei etwa einer halben Milliarde liegen wird.
Ich möchte auch meinen, daß die Landesfinanzminister, wenn einmal die Abschlußzahlungen zur Einkommen- und Körperschaftsteuer für das Jahr 1950 erfolgen werden, eine freudige Überraschung erleben werden.
Sie werden mehr erhalten, als sie bisher erwarten konnten.
In diesem Zusammenhang noch ein besonderer Hinweis! Wir stehen vor der Verabschiedung eines neuen Zolltarifes und haben auf Grund der Verabschiedung dieses neuen Zolltarifes jetzt erheblich höhere Einnahmen aus Zöllen zu erwarten. Ich vermisse die Einrechnung dieser erhöhten Mehreinnahmen bei den Berechnungen des Finanzministeriums. Also auch das bedarf noch der Nachprüfung.
Dann, meine Damen und Herren, ein weiterer Punkt, den bereits Herr Kollege Dr. Bertram berührt hat, das Verhältnis des Bundes zu den Ländern. Wir sollen hier nicht nur eine Erhöhung der Umsatzsteuer, sondern auch Erhöhungen der Einkommensteuer beschließen, also einer Steuer, die in die Kassen der Länder fließen würde. Der Herr Finanzminister scheint darauf hinaus zu wollen, obwohl das weder im Memorandum noch in der Begründung im einzelnen ausgeführt ist, von der Einkommen- und Körperschaftsteuer den Ländern im kommenden Jahr 30 % abzunehmen, dafür aber auf die Interessenquote zu verzichten. Wenn dieser Plan durchgeführt werden könnte, würde der Finanzminister an der Interessenquote rund 1130 Millionen verlieren und auf der anderen Seite einen Betrag von vielleicht zwei Milliarden gewinnen, würde also tatsächlich an dem Mehraufkommen an Einkommen- und Körperschaftsteuer als Hauptempfänger beteiligt sein. Aber das würde davon abhängen, daß zunächst einmal Abänderungsgesetze ergehen. Ich halte es mit dem Herrn Kollegen Dr. Bertram in der Tat für völlig unmöglich, daß wir die Erhöhung der Einkommen-und Körperschaftsteuer bewilligen, ohne gleichzeitig in Gesetzesform darüber zu beschließen, daß ein Teil dieser Einkommen- und Körperschaftsteuer, also etwa 30 %, gemäß Art. 106 Abs. 3 in die Bundeskasse fließt. Sonst würde der seltsame Zustand eintreten: die Einkommen- und Körperschaftsteuer ist erhöht, der Ertrag fließt zunächst in die Kassen der Länder, und es hängt nunmehr von der Zustimmung der Länder ab — die Inanspruchnahme des Art. 106 Abs. 3 setzt nämlich ein Zustimmungsgesetz voraus —, ob der Bund tatsächlich an dem Mehraufkommen der Steuern beteiligt wird. Es wird also eine Verkopplung der Verabschiedung des Gesetzes über die Einkommen-und Körperschaftsteuer und des Gesetzes, das das Verhältnis zwischen Bund und Ländern auf Grund des Art. 106 Abs. 3 ändert, unter allen Umständen 'hergestellt werden müssen. Ob die Länder überhaupt Mehreinnahmen brauchen — sie würden auch dann noch gewisse Mehreinnahmen haben, und den Gemeinden würden mehr Einnahmen zufließen, weil mit der Verschärfung der Einkommensteuer dann auch die Gewerbeertragsteuer hochgehen würde —, ist eine Frage, die ich hier im einzelnen nicht behandeln will. Aber wenn heute immer wieder in allen Ländern von der Notwendigkeit einer durchgreifenden Verwaltungs- reform gesprochen wird, so wäre vielleicht ein solcher Mehrbedarf nicht mehr da, wenn mit einer solchen Verwaltungsreform endlich einmal ernst gemacht würde.
Meine Damen und Herren! Wir begrüßen es, daß in der Vorlage für die Einkommensteuer der Tarif unangetastet bleibt. Ich weiß, daß wir uns hier im Gegensatz gerade zu der Sozialdemokratischen Partei befinden, die ja die Senkung des Tarifes durch die vorjährige Novelle immer bekämpft hat und uns heute angekündigt hat, daß ihr Wunsch dahin gehen würde, den Tarif der Einkommensteuer noch zu verschärfen. Ich weiß nicht, Herr Kollege Dr. Koch, ob es einen Sinn hat, auf diese alte Kontroverse noch einzugehen. Aber eins möchte ich Sie doch bitten zu überlegen. Denken Sie einmal an die Vergangenheit. Wir haben die scharfen Kriegszuschläge während des zweiten Weltkrieges erlebt; sie trafen in der Hauptsache die mittleren und höheren Einkommen. Wir haben die drakonischen Steuergesetze des Kontrollrats erlebt; sie trafen in der Hauptsache die mittleren und hohen Einkommen. Wir haben dann die Steuerreform von 1948 erlebt, das Gesetz Nr. 64 im Zusammenhang mit der Währungsreform; sie kam nur den unteren Einkommen bis zu 4500 Mark zugute, die mittleren und höheren Einkommen gingen leer aus. Wenn nach dieser geschichtlichen Entwicklung der Gesetzgeber sich nun endlich dazu aufraffte,
den Tarif auch auf der Ebene der mittleren und höheren Einkommen zu ändern, so glaube ich nicht, daß Sie das Recht haben, das als eine unsoziale Steuerreform zu betrachten.
Daß diese Ermäßigung des Tarifs im Laufe des vergangenen Jahres ihre Früchte getragen hat, indem sie ein starkes Stück zur Belebung der Wirtschaft beigetragen hat, ich glaube, das kann nicht bestritten werden.
Nun hätte man vielleicht damals daran denken können, einige der Bestimmungen, die j a nicht wir im vorigen Jahr geschaffen haben, sondern die durch die Steuernovelle vom April 1949 geschaffen wurden, also die Begünstigung der Selbstfinanzierung, wieder zu beseitigen. Diese Bestimmungen sind jedoch unter dem Zwang der Verhältnisse geschaffen worden, weil die Besatzungsmächte rundweg abgelehnt hatten, irgendeine Änderung des Tarifs zugunsten der mittleren und höheren Einkommen herbeizuführen. Daher mußte schlechthin ein Ausweg gesucht werden, wenn man der Wirtschaft irgendeine Möglichkeit geben wollte, auf dem Wege der Selbstfinanzierung ihre Unternehmungen wieder aufzubauen. Damals gab es ebensowenig wie heute einen Kapitalmarkt.
— Nun gewiß, man hätte vielleicht damals daran denken können, aber hat sich das nicht auch im vorigen Jahr bezahlt gemacht? Sie sprechen immer von Fehlinvestitionen. Ich will ohne weiteres zugeben, daß unter den Investitionen Fehlinvestitionen vorgekommen sind; aber Sie tun ja beinahe so, als ob die ganze Fülle dieser Investitionen nur aus Fehlinvestitionen bestanden habe. Davon kann doch gar keine Rede sein!
Herr Kollege Koch, Sie gehen doch auch mit offenen Augen im Lande herum und sehen, was in diesen Jahren geschaffen worden ist. Sie werden mir zugeben, daß manches nicht hätte geschaffen werden können, wenn diese Begünstigung der Investitionen, diese Begünstigung der Eigenfinanzierung nicht dagewesen wäre.
Und diese Dinge haben sich bezahlt gemacht.
Sie haben dann in diesem Zusammenhang eine merkwürdige Verkoppelung mit den Engpässen hergestellt, die in der Wirtschaft vorhanden ge-
wesen seien. Ja, Herr Kollege Koch, könnte man
nicht umgekehrt argumentieren, wenn wir dieselbe
Möglichkeit der Eigenfinanzierung beispielsweise
dem Bergbau gegeben hätten und wenn der Bergbau nicht durch Zwangswirtschaft an unzureichende
Preise gebunden worden wäre, dann hätten wir die
Engpässe vielleicht heute nicht. Das wäre vielleicht
der logische Schluß dieser Argumentation gewesen.
Nun, meine Damen und Herren, möchte ich auf einige Einzelheiten der uns vorliegenden Gesetzentwürfe eingehen, zunächst auf den § 10 des Einkommensteuergesetzes, die Sonderausgaben. Wir haben es damals begrüßt, daß hier eine gewisse Begünstigung des Kleinsparens im Gesetz vorgesehen wurde. Nun gewiß, diese Bestimmungen sollen nicht beseitigt werden durch die Novelle, aber im Gesetz ist für diese Sonderausgaben eine Grenze vorgesehen: 1200 + 400 + 400 DM und bei den alten Leuten 1600 + 800 + 800 DM. Nun tritt hier, zwar nicht für das Jahr 1951, aber vom 1. Januar 1952 ab eine entscheidende Änderung ein. Es fällt nämlich der höhere Grenzbetrag für die alten Leute über 50 Jahre weg, und gerade das würden meine Freunde außerordentlich bedauern;
denn wir hatten gerade entscheidenden Wert darauf gelegt, bei der Begünstigung des Sparens vor allen Dingen auch an die alten Leute zu denken, die nun nicht mehr allzuviele Jahre vor sich haben, wenn sie für ihre alten Tage einige Ersparnisse zurücklegen wollen. Außerdem sind in dem bisher freigegebenen Rahmen auch langfristige Sparverträge mit Bausparkassen oder Lebensversicherungsgesellschaften abgeschlossen worden. Wird nun der Rahmen der Sonderausgaben für die alten Leute herabgedrückt, so sind sie gezwungen, diese Verträge irgendwie rückgängig zu machen, unter Umständen mit erheblichen Verlusten. Hier haben wir also sehr erhebliche Bedenken gegen das, was vorgeschlagen ist.
In diesem Zusammenhang, Herr Minister, noch eine andere Bemerkung. Wir haben mit vieler Mühe Vergünstigungen für Spenden zur wissenschaftlichen Forschung in das Gesetz hereingebracht. Die Geschichte wird jetzt in § 10 gestrichen, erscheint dann aber in § 10 b an einer anderen Stelle, leider jedoch halbiert; denn bisher waren es 100/0 und jetzt sind es nur noch 5%. Ich glaube also, daß wir diese Kürzung der Steuerfreiheit für die Zuwendungen zur wissenschaftlichen Forschung unter keinen Umständen hinnehmen können.
Nun zu den Bestimmungen der §§ 10 a und 32 a. Wenn wir einen Kapitalmarkt hätten, gut, dann könnte man sich mit der Streichung des § 10 a abfinden. Aber da dieser Kapitalmarkt nicht da ist und da ich im Augenblick auch nicht weiß, wie er entwickelt werden soll, und da ich insbesondere noch nicht sehe, wie der Erhardsche Plan des gebundenen Sparens oder des erzwungenen Sparens verwirklicht werden soll, so muß ich doch im Namen meiner Freunde ausdrücken, daß wir ganz erhebliche Bedenken gegen die völlige Streichung des § 10 a haben. Wir lassen mit uns darüber reden, wenn man einen Weg findet, an die Stelle der Fremdfinanzierung eine Begünstigung des Kapitalsparens im Rahmen des § 10 a zu setzen. Darüber ließe sich reden; aber den § 10 a völlig zu streichen, ohne anstatt der Eigenfinanzierung eine Finanzierung über den Kapitalmarkt zu gewährleisten, scheint uns ein sehr großes Wagnis zu sein.
Bei dem § 32 a mag in der Möglichkeit, für alle Personalgesellschaften die Besteuerung nach den Grundsätzen der Körperschaftsteuer zu verlangen, ein gewisser Ersatz liegen. Aber so, wie es heute in dem Gesetz vorgeschlagen ist, ist es wahrscheinlich völlig undurchführbar. Denken Sie an Gesellschaften, offene Handelsgesellschaften mit mehreren Gesellschaftern oder gar an Kommanditgesellschaften mit 6 oder 10 Gesellschaftern, Familiengesellschaften. In welcher Form soll denn das durchgeführt werden? Einmütiger unwiderruflicher Antrag? Das ist bei einer Gesellschaft mit mehreren Gesellschaftern, insbesonder aber bei einer Kommanditgesellschaft, gar nicht beizubringen. Also hier werden nach meinem Dafürhalten auch noch einige Abänderungen eingebaut werden müssen.
Ich habe noch im Interesse der Vertriebenen auf eines hinzuweisen. Der § 7 a enthielt bisher in der Vorlage noch eine Ausnahme zugunsten der Vertriebenen. blieb für die Vertriebenen aufrechterhalten. Der Bundesrat hat das gestrichen. Nun will der Finanzminister hier mit Subventionen aushelfen. Ob das gerade ein willkommener und guter Weg ist, das ist mir außerordentlich fraglich.
Dieselbe Frage wird auch bei § 10 a auftauchen. Wir haben ja Gott sei Dank eine ganze Reihe von Vertriebenen, denen es gelungen ist, hier im Westgebiet einen eigenen Betrieb wieder aufzubauen und mit einigem Erfolg zu arbeiten. Diesen Betrieben muß doch unter allen Umständen die Möglichkeit gegeben werden, aus etwaigen Gewinnen nun ihren Betrieb weiter aufzubauen, Kapital zu bilden. Also da würde sich die ersatzlose Streichung des § 10 a besonders schlimm auswirken. Ich habe nun allerdings die Worte des Herrn Finanzministers so verstanden, daß Subventionen an die Vertriebenen nicht nur im Falle des § 7 a, sondern auch im Falle des § 10 a gegeben werden sollen. Das wäre ein kleiner Trost; aber ob dieser kleine Trost als ausreichend betrachtet werden kann, ist mir auch noch recht fraglich.
Noch ein Wort zu den Betriebsprüfern. Wenn der Bund nun auf einen Teil der Einkommensteuer zurückgreift, wird er wohl auch das Recht haben müssen, die Veranlagung der Einkommensteuer durch die Landesfinanzverwaltungen zu überwachen. Das ist ja nun der Punkt, wo der Herr Finanzminister einhaken und seine Bundesbetriebsprüfer einsetzen will. Ich begrüße es sehr, daß dieser Versuch unternommen wird. Es kann gar keinem Zweifel unterliegen, daß die Veranlagung in den verschiedenen Ländern nach verschiedenen Grundsätzen durchgeführt wird und daß wir eine wirklich sorgfältige und einheitliche Veranlagung nur dann bekommen werden, wenn wir diese Bundesbetriebsprüfer haben werden.
Aber wir gehen hier einen krummen und krausen Weg, und wir werden auf einen geraden Weg erst kommen — Herr Bundesfinanzminister, ich hoffe, daß Sie mir heute darin zustimmen werden —, wenn wir die einheitliche Bundesfinanzverwaltung haben.
Dann wird sich diese Frage viel leichter abwickeln.
Nun noch ein paar Bemerkungen zu der Umsatzsteuer. Ich will nur die Fragen herausheben, die
wahrscheinlich auch Gegenstand der Auseinandersetzungen unter uns und insbesondere im Finanz-und Steuerausschuß sein werden, also zunächst die Sonderbesteuerung für die Großbetriebe, Konsumvereine und Warenhäuser. Wir haben doch diese Frage im vorigen Jahre hier zur Entscheidung gestellt und haben uns in einer namentlichen Abstimmung dafür entschieden, diese Sondersteuer beizubehalten.
Wir haben das getan, weil wir der Meinung waren, daß darin ein gewisser Schutz der mittelständischen Betriebe liege.
Ich weiß nicht, warum wir unsere Meinung nun von heute auf morgen ändern sollen.
Meine Parteifreunde sind gewillt, an dieser Sondersteuer festzuhalten, und werden hier nicht auf eine Hilfe verzichten, die für den Mittelstand nicht ohne Bedeutung ist.
Dann will ich noch auf etwas anderes hinweisen, das ist die Frage der Besteuerung der mehrstufigen Betriebe. Diese Besteuerung mehrstufiger Betriebe haben wir heute nur bei den sogenannten Spinnwebern. Nun ist es eine Ungerechtigkeit, wenn man diese Besteuerung der Innenumsätze nur an einer bestimmten Stelle durchführt. Man wird also diese Sonderregelung für die Spinnweber entweder beseitigen müssen oder man wird den Gedanken der Besteuerung der Innenumsätze in vertikalen Vertrustungen weiter ausdehnen müssen. Nun geht aber die Vorlage, wenn ich von der Begründung ausgehe, offenbar einen ganz anderen Weg. Sie will diese Steuerbefreiung der Innenumsätze nunmehr auch auf die Organgesellschaften ausdehnen. Diesen Gedanken betrachten meine Parteifreunde mit einer gewissen Sorge, weil das ja die Tendenz zur Konzernbildung, zur Vertrustung noch verstärken würde. Wir werden also auch diese Frage, glaube ich, einer sehr eingehenden Betrachtung unterziehen müssen, und ich möchte meinen, Herr Finanzminister, wenn wir heute eine Verbindung zwischen Produktionsbetrieben und Einzelhandelsgeschäften haben, sollten wir unter allen Umständen darauf bestehen, daß die Umsatzsteuer zweimal gezahlt wird. Es ist ein Unding, wenn sich heute große Produktionsstätten Einzelhandelsgeschäfte angliedern und dem Einzelhandel Konkurrenz machen und dabei den Vorsprung einer Steuerbegünstigung haben.
Dasselbe ist dann der Fall, wenn Einzelhandelsunternehmungen sich von sich aus mit einem Produktionsbetrieb verbinden und dadurch auch den Vorsprung im Wettbewerb durch eine Ersparung an Steuern gewinnen.
Sodann ein paar Worte zu der Exportförderung. Wir haben gehört, daß uns ein besonderes Gesetz über die Exportförderung vorgelegt werden soll. Was über eine Erhöhung der Ausfuhrhändlervergütung im Entwurf drinsteht, ist eigentlich nur eine Konsequenz der Erhöhung der Steuersätze und keine besondere Begünstigung des Exports. Aber aus Verlautbarungen der Zeitungen erfahren wir ja, daß eine gewisse Förderung des Exports durch Steuerbegünstigungen geplant ist und daß diese Steuerbegünstigungen nicht nur im Rahmen der Umsatzsteuer, sondern vielleicht auch der Einkommensteuer liegen würden. Herr Finanzminister, wir bitten Sie dringend, dafür zu sorgen, daß wir diese Vorlage im Zusammenhang mit diesem Gesetz verabschieden können. Ich halte das für durchaus möglich, selbst dann, wenn Sie eine besondere Gesetzesvorlage machen wollen. Dann möge sie uns in den Finanz- und Steuerausschuß nachgeschickt werden.
Dann muß ich leider noch auf eine andere Frage hinweisen. Ich fürchte, daß ich damit dem Herrn Bundesfinanzminister einen Kummer mache. Wir haben uns im Finanz- und Steuerausschuß sehr eingehend auch mit anderen indirekten Steuern befaßt: Tabaksteuer und Kaffeesteuer. Wir sind in unseren Berechnungen zu dem Ergebnis gekommen, daß eine Senkung der Steuersätze bei diesen Steuern möglich ist, ohne daß es dem Herrn Finanzminister einen Pfennig Geld kosten würde.
Ich bin auch nicht der Meinung, daß man, wenn man die Umsatzsteuer erhöhte, die Tabaksteuer und die Kaffeesteuer nicht senken könnte. Warum nicht? Ich bin im Gegenteil der Meinung, daß diese Verkoppelung etwas Willkommenes sein würde, weil eine Senkung der Tabaksteuer und der Kaffeesteuer dazu beitragen würde, die reale Kaufkraft des Einkommens zu erhöhen. Ich glaube, wir werden im Finanz- und Steuerausschuß — ich möchte beinahe annehmen. daß ich und meine Parteifreunde nicht alleine stehen werden — auf diese Frage doch noch einmal zurückkommen müssen.
Das, meine Damen und Herren, war das Wesentliche, was ich hier ausführen wollte. Daß wir als Partei der Regierungskoalition uns unserer Verantwortung bewußt sind und dazu beitragen müssen, daß der Haushalt ausgeglichen wird, brauche ich hier nicht besonders zu betonen. Denn wenn dies nicht geschehen würde, blieben nur zwei Möglichkeiten: entweder der Staatsbankrott oder die Deckung der Ausgaben durch Geldschöpfung, also eine inflatorische Entwicklung. Wir haben die Verpflichtung, den Ausgleich des Haushalts herbeizuführen, um so mehr, als wir ja durch unsere Beschlüsse aus wohlüberlegten sozialen Erwägungen und um einer sozialen Verpflichtung zu genügen, manche Ausgaben über die Vorschläge der Bundesregierung hinaus beschlossen haben.
Wer also damals angesichts der sozialen Verpflichtung A gesagt hat, der muß heute auch B sagen, und dieser Verpflichtung werden wir uns bei den weiteren Arbeiten bewußt bleiben.
Das Wort hat der Herr Bundesfinanzminister.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es war nicht meine Absicht, während der Debatte das Wort zu ergreifen, aber es ist so oft in der Debatte eine Anspielung auf die Steuerbewilligungsmaschine gefallen, daß ich mich genötigt sehe, auf dieses Thema zu sprechen zu kommen.
Die Anspielungen waren Gott sei Dank in einem Ton gehalten, daß ich annehme, daß die Pressenachricht nicht von vornherein als völlig glaubwürdig übernommen worden 'ist; ich möchte Ihnen versichern, daß es ja auch das Gegenteil der Wahrheit und Wirklichkeit wäre, wenn man wirklich eine solche Behauptung aufstellen wollte. Ich darf
Ihnen den Zusammenhang ganz ruhig erklären und bitten, es rein menschlich zu nehmen.
Wenn ich so im Bayerischen Wald
in meinem Grenzlandausschuß bin und spreche, dann faßt mich halt eine gewisse Liebe und Sehnsucht nach der Gegend, in der die Wiege meiner Eltern stand, und man bekommt so etwas wie Sehnsucht, zu erklären, wie man so töricht sein kann, ein so schönes Land zu verlassen und woanders tätig zu sein.
Da man selbst bei all denen, in deren Kreis man
sitzt, merkt, daß sie sagen: mich brächte keiner
hinaus, warum bist Du — zoologisches Beiwort —
hinaus gegangen? —, muß man mit einem Gegenwort antworten. Und ich werbe um Mitleid. Wenn ich um Mitleid werbe, schildere ich das Los des Finanzministers als solches. Ich habe Ihnen deshalb gesagt, es sei in allen Parlamenten der Welt so, daß die Parlamente gerne Ausgaben bewilligten, weil jede Ausgabebewilligung irgendeine Bevölkerungsschicht finde, bei der sie populär sei, und es wäre in allen Parlamenten der Welt so, daß die Parlamente ungern die Deckung, die Einnahmen bewilligten; denn jede Einnahme, die man bewillige, und jede Steuer finde eine Bevölkerungsschicht, bei der sie unpopulär sei. Der Finanzminister habe aber leider die Aufgabe, gegen Ausgaben vielleicht deswegen zu reden, weil er an den Steuerzahler denkt, den er zu schützen hat. Infolgedessen muß er sich manchmal gegen eine populäre Forderung stellen, wenn er ihre Durchführung für unnötig hält. Wenn die Ausgabe bewilligt ist, bleibt dem Finanzminister auf der anderen Seite gar nichts anderes übrig, als, um das Gleichgewicht zwischen Ausgaben und Einnahmen wiederherzustellen und damit der Allgemeinheit, dem Sparer, dem sozial Schwachen zu dienen, auch die Einkünfte zu verantworten und den Steuervorschlag zu machen. So sei er leider Gottes immer in der Rolle des Unpopulären. Das geschehe ihm ganz recht; warum hat er seine Heimat verlassen?
So ungefähr war die Rede, und insofern muß ich dann erklären, warum ich gerade heute wieder als der Mann dastehe, der seine schöne Heimat verläßt, um mit recht unpopulären Steuervorschlägen an seine eigenen Landsleute heranzutreten. Ich bitte, meine menschliche Rolle zu verstehen und zu entschuldigen. Ich habe wirklich nicht das Hohe Haus als eine Steuerbewilligungsmaschine bezeichnet oder bezeichnen wollen.
Ich habe nur in meiner Heimat aus meinem Herzen keine Mördergrube gemacht und um Entschuldigung gebeten, daß ich sie verlassen habe.
Jetzt darf ich auf das Sachliche eingehen, aber ich möchte nicht über jeden einzelnen Punkt sprechen, der hier erörtert worden ist.
— Ja, ganz richtig. Ich möchte nicht auf die einzelnen Punkte eingehen. Ich nehme an, daß wir uns über die Einzelheiten im Ausschuß unterhalten. Es ist ja der Zweck des Ausschusses und meiner dort zu haltenden ersten Einführungsrede, auf all die Spezialpunkte, die im Plenum geäußert worden sind, im Ausschuß zu antworten. Ich darf nur die allgemeinen Gesichtspunkte herausgreifen.
Erstens ist von den allzu reichen Ermächtigungen gesprochen worden. Es gibt heute noch einen § 12 der Reichsabgabenordnung. Nach meiner Überzeugung gilt dieser Paragraph in der Form, in der er vor 1933 bestanden hat, eigentlich heute noch. Manche Juristen bestreiten das. Infolgedessen verlangen sie wegen der Fassung des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes, daß jede einzelne Möglichkeit, für die überhaupt eine Durchführungsverordnung notwendig werden kann, von A bis Z aufgezählt wird. Früher war es eine Selbstverständlichkeit, in das Gesetz hineinzuschreiben: Der Herr Reichsminister der Finanzen erläßt die notwendigen Durchführungsvorschriften. Wenn heute versäumt wird, irgendeinen Begriff anzuführen, dann bestreiten die Juristen dem betreffenden Ressortminister das Recht, eine ganz kleine Durchführungsverordnung zu erlassen. Dieser Katalog muß so lange aufgestellt werden, als wir uns nicht zu der Erkenntnis durchringen, daß § 12 der Reichsabgabenordnung in dem Sinne wirksam ist, wie er damals gedacht war, daß man nämlich die not wendigen Durchführungsvorschriften, die man nicht in der ersten Minute alle vorausbedenken kann, erlassen kann. Bei all diesen Verordnungen kann das Parlament, wenn es mit den Durchführungsvorschriften nicht einverstanden ist, sofort deren Aufhebung verlangen. Das also war früher der einfache Weg. Warum aber soll man's einfach machen, wenn's umständlich auch geht. Eine rein formalistische Auslegung des Art. 80 des Grundgesetzes zwingt uns zu einem umständlichen Weg, zu einer Aufzählung aller Einzelheiten, die überhaupt je einmal Gegenstand einer Durchführungsverordnung sein können. Ich bitte, einmal unter diesem Gesichtspunkt die sogenannten Ermächtigungsbestimmungen zu lesen.
Zweitens. Was das Thema „Schätzung des Bedarfs" anlangt, so ist hier gesagt worden, die Besatzungskosten seien vielleicht zu hoch eingeschätzt. Die Damen und Herren haben zugegeben, das Vertrauen zu haben, daß sich im eigenen Interesse und um des deutschen Volkes willen Bundesregierung und Bundesminister der Finanzen bemühen werden, diesen Ausgabeposten auf das notwendigste Maß einzuhalten. Ich kann heute keine bestimmte Zahl über die Höhe dieser Besatzungskosten angeben, und zwar deswegen nicht, weil erst in den nächsten Tagen bei den Hohen Kommissaren Entscheidungen über diese Zahlen fallen, über die zu reden sein wird, und weil erst von dieser Stunde an die Möglichkeit zu Verhandlungen besteht. Selbstverständlich nehme ich ohne weiteres an, daß man über diesen Posten gleich zu gleich verhandelt und nicht etwa befohlen wird. Ich mußte aber von vornherein mit einem Posten rechnen, und wenn der Wunsch, den wir haben, in Erfüllung geht, daß nämlich die deutsche Grenze durch Söhne der Mütter anderer Länder geschützt wird, dann wird allerdings nach meinem Dafürhalten insgesamt ein Bedarf, wie ich ihn gekennzeichnet habe, notwendig sein. Er wird unter der Voraussetzung ausreichen, daß die Besatzungskosten nicht mehr dem alten System dienen, sondern alles einem einheitlichen Zweck dient, nämlich der echten Verteidigung der demokratischen Welt und damit in erster Linie des an den Eisernen Vorhang stoßenden deutschen Bodens.
Ich darf aber darauf aufmerksam machen, daß ich in die Ausgaben und in den Mehrbedarf nicht die Fortsetzung der Subventionen eingerechnet
hatte. Ich muß Ihnen heute schon gestehen —es ist j a ein öffentliches Geheimnis —: so, wie sich der Weltmarkt entwickelt hat, wäre es unmöglich, ohne unerträgliche Rückwirkungen auf Preis- und Lohngebiet die ganzen Auswirkungen des Weltmarkts auf die notwendigsten Nahrungsmittel losprellen zu lassen. Voraussichtlich wird Ihnen bald die Entscheidung darüber vorgelegt werden, daß die Subventionspolitik — auf das Notwendigste beschränkt — fortgeführt werden muß. Wer das Kapitel „Subventionen" kennt, der weiß, daß mit diesem Posten ein sehr großer Mehrbedarf an den Bundeshaushalt herangetragen wird. Dieser neue Posten wird durch die Steuervorschläge voraussichtlich nicht voll gedeckt werden können.
Meine Damen und Herren, es ist dann über die Exportförderung gesprochen worden. Selbstverständlich ist die Bundesregierung bereit, alles zu tun, was der Exportförderung dienen kann. Sie wird daher auch auf dem Gebiet der Einkommensteuer — nicht nur der Umsatzsteuer — konkrete Vorschläge vorlegen, die bereits ausgearbeitet und mit den Ländern, die j a verantwortlich sind, da es um ihre Steuererträge geht, vereinbart sind. Ich glaube, Ihnen bestimmt versprechen zu können, Ihnen diesen Gesetzesvorschlag als Material so rasch zugehen zu lassen, daß Sie vielleicht schon im Ausschuß die Möglichkeit haben, ihn in Initiativform zu übernehmen und bereits in das neue Einkommensteuergesetz einzubauen. Damit wird Zeit gewonnen, wofür ich Ihnen sehr dankbar wäre. Denn das Ausland macht uns Vorwürfe, daß wir uns auch in der Steuergesetzgebung und in den finanzpolitischen Maßnahmen zu langsam an die Änderung der Verhältnisse angleichen würden. Wir haben dem Ausland unsere Pläne Mitte Dezember 1950 mitgeteilt. Sie wissen: wenn wir heute, am 7. März, die Ausarbeitung der Gesetzentwürfe, die Vorlage an das Kabinett, die Vorlage an den Bundesrat, die Beratung im Bundesrat, die Äußerung des Bundesrats und die Gegenäußerung der Bundesregierung — verfassungsrechtlich vorgeschriebene Stadien — überwunden und heute die erste Lesung dieser Steuergesetze haben, dann haben wir im Rahmen des Grundgesetzes rasch gearbeitet. Das Ausland versteht das nicht. Wenn ich also eine Unterstützung dahin erfahre, daß solche Gesetzentwürfe auf dem Weg der Initiative eine Beschleunigung erhalten, dann bin ich selbstverständlich dafür dankbar und werde Ihnen die Möglichkeit dazu geben.
Eine Frage darf ich noch aufwerfen, nachdem Herr Kollege Höpker-Aschoff sie vorhin erwähnt hat — ich hoffe, ihm damit keinen Kummer zu bereiten —, nämlich die der Tabaksteuer. Eine Tabaksteuerreform im Sinne einer Steuersenkung könnte dann überlegt werden, wenn die Senkung der Tarifsätze nicht gleichzeitig eine wesentliche Senkung des Aufkommens bedeuten müßte. Ich sage es absichtlich: es schadet nichts, die deutsche Öffentlichkeit an den Ernst der Situation zu erinnern. Eine Senkung der Tabaksteuer würde zur Voraussetzung haben, daß der Tabakkonsum um wenigstens 60 % steigt. Ich frage, ob wir die notwendigen Devisen haben, um uns diese nicht unvermeidbare Einfuhr im Laufe des Jahres leisten zu können. Diese Frage müßte zuerst geklärt werden, bevor wir an eine Reform der Tabaksteuer herantreten könnten.
Meine Damen und Herren, zum Schluß noch ein wesentliches Thema! Es ist davon gesprochen worden, daß die Steuergesetze nicht beraten erden könnten, solange nicht feststünde, wem das Mehraufkommen eigentlich zufließe. Nun darf ich zunächst folgendes sagen. Ein Gesetz nach Art. 106 Abs. 3 verlangt die Zustimmung des Bundesrates. Dieses Gesetz dem Bundesrat vorzulegen, bevor der Bundesrat weiß, was das Gesetz für ihn wirklich bedeutet, bevor ich ihm also mit Ziffern sagen kann — Art. 106 Abs. 3 setzt ja nichtgedeckte Ausgaben des Bundes voraus —, worin die nichtgedeckten Ausgaben des Bundes bestehen, bevor ich ihm nicht sagen kann, wie tief ziffernmäßig der Eingriff in die Ländermittel ist, wie hoch er infolgedessen prozentual bei den Steuern ist, erscheint mir ganz aussichtslos. Ich halte die Voraussetzungen erst dann für gegeben, wenn ich dem Bundesrat sagen kann, in welcher Zwangslage das gesamte deutsche Volk ist, wenn ich ihm sagen kann: ich schaffe den Ländern Mehreinnahmen; ich schaffe die Mehreinnahmen aber praktisch nicht für die Länder, sondern ich muß sie auf diesem Wege dem Bund zuleiten; infolgedessen können die Länder ihre alten Einnahmen, ziffernmäßig gerechnet, ungefähr behalten. Dann habe ich Aussicht auf Erfolg.
Meine Damen und Herren, ich kann Ihnen sagen, daß über dieses Thema bereits Besprechungen zwischen Länderregierungen und Bundesfinanzministerium stattgefunden haben. Diese Besprechungen von Land zu Land haben dazu geführt, daß die Mehrheit der Länderregierungen für die vom Bundesfinanzministerium vorgeschlagene Lösung eintritt. Ich freue mich, feststellen zu können, daß hier zum erstenmal ein Weg friedlich beschritten wird, von dem ich früher gedacht habe, daß er nur unter schärfsten politischen Konflikten zwischen Bund und Ländern würde beschritten werden können. Heute ist die Sachlage anders. Die Länderregierungen sind überzeugt, daß der Mehraufwand, den wir haben, anfällt, und sind überzeugt, daß der Mehraufwand gedeckt werden muß. Sie sehen bei dieser Sachlage, daß man mit dem alten System der Interessenquoten nicht durchkommt; denn dieses System bringt Ungleichheiten unter den Ländern mit sich, und eine Verdoppelung der Interessenquoten würde diese Ungleichheiten verdoppeln und zu unmöglichen Ungerechtigkeiten werden lassen. Infolgedessen haben sich die Länder in ihrer Mehrheit bisher grundsätzlich bereit erklärt, den Weg des Art. 106 Abs. 3 zu beschreiten, obwohl sie wissen, daß die selbstverständliche Schlußfolgerung daraus die Anwendung des Art. 108 Abs. 2 ist. d. h. „insoweit" geht die Verwaltung auf den Bund über.
Es war, um Art. 106 Abs. 3 mit Aussicht auf Erfolg anzuwenden, notwendig, gleichzeitig mit den Ländern zu vereinbaren, wie die Vorschrift, daß insoweit die Verwaltung auf den Bund übergeht, zu verstehen und zu handhaben ist. Ich freue mich, feststellen zu können, daß auch hier die große Mehrheit der Länder für die Vorschläge des Bundesfinanzministers volles Verständnis gezeigt hat und selbstverständlich anerkennt, daß damit gesagt ist, daß der Bundesfinanzminister soviel Einfluß auf die Verwaltung haben muß, daß er das Aufkommen, mit dem er rechnet. auch prozentual sichern kann. Die Gesetzentwürfe, und zwar einer über die Anwendung des Art. 106 Abs. 3 und ein zweiter zum Vollzug des Art. 108 Abs. 2, sind ausgearbeitet und gehen dem Kabinett dieser Tage zu, so daß ich sie Ihnen demnächst werde vorlegen können. Ich freue mich, wenn ich dabei sagen kann: im Einvernehmen mit der großen Mehrheit der Länder. Die Länder wissen,
daß sie damit, von einem rein egoistischen und einem rein doktrinären Standpunkt aus betrachtet, ein großes Entgegenkommen beweisen müssen. Die Länder wissen aber auch, daß dieses Entgegenkommen notwendig ist, und ich glaube, sagen zu dürfen: es ist ein Vertrauensbeweis zwischen Bund und Ländern, daß es im Wege der Einigung erfolgt ist. So wie ich den Föderalismus verstehe und wie er überhaupt verstanden werden sollte, bedeutet er die Zusammenarbeit Gleichberechtigter zum Wohle des Ganzen,
und in diesem Falle haben Gleichberechtigte zum Wohle des Ganzen den Egoismus zurückgestellt und nach meiner Überzeugung dem Ganzen gedient.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Ewers.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die grundsätzlichen Ausführungen des Herrn Kollegen Dr. Höpker-Aschoff werden von meiner Fraktion weitgehend gebilligt, so daß ich mich kurz fassen kann.
Auch wir stehen auf dem Standpunkt, daß, wenn der Finanzbedarf auch nur annähernd so stark ist und durch das erhöhte Mehraufkommen von Steuern, das ja erst im letzten Vierteljahr eingesetzt hat, nicht gedeckt werden kann und wenn die in einem gewissen Umbruch befindliche allgemeine Wirtschaftspolitik nicht überhaupt alle Berechnungen über den Haufen wirft, die Regierungsparteien gehalten sind, dem Bund die Mittel zu geben, um seinen Verpflichtungen nachzukommen. Mich hat allerdings an der Einleitungsrede des Herrn Bundesfinanzministers ein wenig befremdet, daß er versuchte, die Sache so darzustellen, als ob jeder Steuergroschen, der aufgebracht wird, ausschließlich der Verteidigung des Heimatlandes diene. Das ist, insofern durch Bundesmittel soziale Leistungen bewirkt werden, indirekt richtig; soweit wir einen „Verteidigungsbeitrag" — wie heute wohl euphemistisch die Formel für Besatzungsausgaben lauten soll —leisten, können wir das nach den bisherigen Erfahrungen der letzten 5 Jahre keineswegs anerkennen. Unkosten für Luxuskegelbahnen und Ähnliches haben mit der Verteidigung unseres Gebietes gar nichts zu tun, und insofern müssen wir diesen — wie soll ich sagen — an unser Ehrgefühl gerichteten Appell des Herrn Bundesfinanzministers für heute zurückweisen. Dieser Appell wird deshalb auch für mich und meine Fraktion um so unerfreulicher, weil wir uns mit gewissen Argumenten der Begründung dieser Vorlage, über die offensichtlich viele Kollegen bisher völlig hinweggelesen haben, überhaupt nicht einverstanden erklären können.
Wir geben zwar zu, daß sich die Wirtschaftspolitik infolge der zugespitzten Weltlage des mittlerweile beinahe schon warmen Krieges, der geführt wird und der sich auch auf uns auswirkt, zwangsläufig geändert hat und daß daher die freie Wirtschaft, zu der wir entschlossen waren, sich nicht mehr durchführen läßt. Aber dennoch geht uns die Begründung, die gegeben ist und die auch aus den Worten des Herrn Ministers hervorklang, teilweise wesentlich zu weit. Aus dem Memorandum der Bundesregierung in Drucksache Nr. 1982 darf ich nur einen Passus zitieren. Es heißt unter Ziffer 12 auf Seite 24:
Die Notwendigkeit einer Steuererhöhung ergibt sich nicht allein aus haushaltspolitischen, sondern auch aus allgemeinen volkswirtschaftlichen Erwägungen.
Und dann wird die Nutzanwendung hieraus gezogen:
Zu dieser unvermeidlichen Umlenkung der finanziellen Mittel aus der privaten in die öffentliche Sphäre ist die Steuererhöhung der einzige im Augenblick gangbare Weg.
Das bedeutet doch offenbar, daß sich die Regierung
anschickt, nicht mehr die Privatinitiative als den
Impuls in der Wirtschaft anzusehen, sondern eine
gelenkte sozialistische Planwirtschaft einzuführen.
Es müßte doch weiterhin heißen: „von der Konsumin die Investitionssphäre". Oder was soll das Geld in der öffentlichen Hand? Als wenn die öffentliche Hand nicht ebenfalls Fehlinvestitionen genug gemacht hätte, wofür wir ja wohl in allen Ländern heute hinreichende Beispiele haben.
Ich muß also diese Begründung, die hier meines Erachtens nur durch so etwas wie ein Büroversehen stehengeblieben sein kann, auf das entschiedenste beanstanden und muß dazu erklären: So sehr wir eine Verflechtung — bedauerlicherweise — der Steuer- mit der Wirtschaftspolitik für unser schweres Schicksal halten, so wenig sind wir gesonnen, durch eine Steuererhöhung im geringsten die öffentliche Hand in den Stand zu setzen, mit dén sauer verdienten Geldern der Staatsbürger eigene Investitionen vorzunehmen.
Das möchte ich ganz deutlich aussprechen. Ich glaube, daß der Hinweis auf einen „Verteidigungsbeitrag", den wir hier angeblich leisten, und diese Nutzanwendung in praxi miteinander in einem recht peinlichen Zusammenhang stehen.
Im übrigen wird es der Prüfung im Ausschuß bedürfen, ob die Wirtschaft wirklich so radikal, wie es jetzt geschehen soll, Selbstinvestitionen entbehren kann. Diese Zweifel sind insbesondere bei der Industrie heute noch angebracht, ganz besonders bei der Flüchtlingsindustrie. Ich meine, daß man insoweit doch wohl einen allmählicheren Übergang finden müßte. Die übrigen Einzelbemerkungen, die ich zu machen hätte, decken sich im im wesentlichen mit den Ausführungen des Herrn Kollegen Höpker-Aschoff.
Und nun zur Umsatzsteuer! Ich muß ehrlich gestehen, daß es mich als Angehörigen einer Regierungspartei sehr befremdet, daß, nachdem vor etwa einem Dreivierteljahr der Bundestag nach sehr langen und eingehenden Ausschuß- und Plenarberatungen den Beschluß gefaßt hat, es im Gegensatz zu dem damaligen Regierungsantrag bei der bisherigen Regelung des § 7 Abs. 4 des Umsatzsteuergesetzes zu belassen — wogegen die Opposition opponiert hatte — hier bei der neuen Vorlage noch einmal der Versuch gemacht wird, dasselbe — ich hätte beinahe gesagt: „klamheimlich" — einzuführen; denn in der Begründung der Vorlage der Drucksache Nr. 1983 heißt es auf Seite 6 in dem Absatz vor der Überschrift „Zu Abschnitt I § 1 Ziffer 5" nur, daß gleiche Erwägungen, nämlich solche zur Verhütung von Preisverteuerungen, dazu geführt hätten, ausgerechnet die Großbetriebe nur sehr mäßig anzufassen und nicht mit einer besonderen Steuer zu belegen. Das war keine Begründung; das schien eigentlich eher fast sinnlos.
Heute ist uns ja nun ab er erklärt worden, was das heißen soll. Die Dinge liegen da wie folgt: Nimmt man einen Großbetrieb an, der im Großhandel und Einzelhandel durch einen einzigen Wirtschaftsvorgang 1 Million DM umsetzt und von dieser 1 Million DM 10 %, also 100 000 DM, in Teigwaren und Mehl umsetzt, dann ergibt sich bei einer genauen Berechnung, daß dieser Betrieb, der bisher auch für Teigwaren und Mehl die erhöhte Umsatzsteuer zahlen mußte, überhaupt keinen Pfennig mehr Umsatzsteuer als vorher zu zahlen hat. Diese Betriebe zahlen de facto also genau die gleiche Umsatzsteuer wie bisher. Bei dem Beispiel des Umsatzes von 1 Million DM, wenn davon 10 % auf Teigwaren entfallen, trifft es genau zu; ist der Umsatz in Teigwaren und Mehl größer, dann machen diese Betriebe sogar erhebliche Einsparungen an Umsatzsteuer. Das ist die Situation.
Nun will der Herr Bundesfinanzminister wie folgt argumentieren. Diese Großbetriebe haben also bei dieser Gesetzesgestaltung nicht den geringsten Anlaß, auf Grund der Erhöhung der Umsatzsteuer, die sie ja in Wirklichkeit gar nicht trifft, die Preise zu erhöhen. Sie können sie vielleicht sogar verbilligen und entfalten dann in den Städten als Warenhäuser, Filialbetriebe oder Konsumvereine eine nachhaltige Werbungskraft, indem sie die Kundschaft mit Riesenplakaten auf ihr billiges Angebot hinweisen und die Massen an sich ziehen. Wie soll denn damit der Kleingewerbetreibende, der durch die Umsatzsteuer doch in der Tat eine Unkostensteigerung erfährt, konkurrieren — er soll nach der Absicht des Finanzministers veranlagt werden, seinerseits unter allen Umständen diese erhöhte Umsatzsteuer voll zu tragen, so daß die Mehrsteuer also auf seine eigenen Kosten geht —, wenn er gegenüber dem Konsumverein, dem Warenhaus und dem Großfilialbetrieb, die bei gleichen Preisen durchaus keine Mehrsteuer zu tragen haben, überhaupt wettbewerbsfähig bleiben will? Das heißt also auf deutsch: Versuche machen auf dem Buckel der kleinen selbständigen Existenzen. Solchen Versuch müssen wir auf das allerentschiedenste zurückweisen. Wir sind durchaus der Meinung, daß in sehr wesentlichen Artikeln eine Umsatzsteuerhöhung von 1°/o von der Wirtschaft mit einkalkuliert werden kann, ohne daß die Preise erhöht zu werden brauchen. Bei denjenigen Artikeln, bei denen die Handelsspanne sehr gering ist, geht es vielleicht nicht, aber bei den meisten Konsumartikeln sollte es sich ermöglichen lassen. Ich bin aber davon überzeugt, daß die Warenhäuser unter allen Umständen deshalb, weil sie auf billige Massenartikel Wert legen, mit gutem Beispiel vorangehen, auch wenn sie die einzig gerechte Sondersteuer für ihre zwei Umsätze im eigenen Betrieb zahlen müssen.
Wir treten also mit aller Entschiedenheit dafür ein, daß der Beschluß des Bundestags auch jetzt wieder durchgeführt wird und die Sondersteuer des § 7 Abs. 4, die von Brüning eingeführt ist, bleibt.
Im übrigen ist es selbstverständlich für jede politische Partei und Richtung eine außerordentlich schwere Zumutung, überhaupt einer Umsatzsteuererhöhung zuzustimmen. Das ist in der Tat nur denkbar, wenn wir uns davon völlig überzeugt halten, daß der Bund, der ja bedauerlicherweise allein auf indirekte Steuern für den Eigenbedarf angewiesen ist, sonst vor der Unmöglichkeit steht, die sozialen Verpflichtungen zu erfüllen, die ihm durch das Kriegsende erwachsen sind. Sobald wir der Überzeugung sind, daß das der Fall ist, werden wir uns der Notwendigkeit der Steuererhöhung nicht entziehen, wenn wir sie auch theoretisch und grundsätzlich durchaus ablehnen; aber wir sind der Meinung, daß die Erfüllung der Verpflichtungen auf dem sozialen Sektor in der Tat das vordringlichste Gebot ist.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Loritz.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Namens der Fraktion der WAV mochte ich die Erklärung abgeben, daß wir uns von dem vorliegenden Steuerprojekt aufs schärfste distanzieren und diese Steuererhöhungen unter allen Umständen ablehnen müssen.
Ganz besonders verhängnisvoll wird sich die Erhöhung der Umsatzsteuer auswirken. Sehr verehrter Herr Vorredner von der DP, es ist sehr bemühend, wenn man hier hören muß, daß Sie genau so wie wir diese verhängnisvolle Auswirkung der Umsatzsteuererhöhung auf die Volkswirtschaft, auf die Verbraucherschaft, auf den Mittelstand usw. erkennen, aber dann trotzdem hergehen und namens Ihrer Parteifreunde diese Erhöhung der Umsatzsteuer empfehlen. So geht das natürlich nicht, daß man auf der einen Seite sagt, und zwar mit Recht sagt, daß volkswirtschaftlich gesehen eine Umsatzsteuer von 4 °/o. ein Wahnsinn ist, andererseits aber nichts tut, um die Regierung zu Fall zu bringen, die jetzt wieder eine solche Steuererhöhung vorschlägt und die uns demnächst noch weitere Steuererhöhungen vorschlagen will; denn Sie haben ja heute schon aus dem Munde des Herrn Finanzministers gehört, daß er sagte, daß der Verteidigungsbeitrag, der von uns gewünscht wird, so hoch ist, daß dieser das ganze Budget aus dem Gleichgewicht zu bringen droht. Und der Herr Finanzminister sagte wörtlich, daß man im Ausland schon ungehalten darüber ist, daß wir angeblich zu wenig Verteidigungsbeitrag leisten wollen bzw. nicht gleich in 0,5 Sekunden mit den dazu nötigen Steuererhöhungen bereitstehen.
Sehr verehrter Herr Bundesfinanzminister, es wird wohl die Zeit kommen müssen — sie wäre schon lange gekommen —, daß wir dem Ausland gegenüber endlich erklären, daß Deutschland doch nicht immer wieder auf Kommando wie ein Pudel durch jeden Reifen, den man ihm vorhält, hin-durchspringen muß und daß die Belastungen, die Deutschland trägt — denken Sie nur an die Auswirkungen des Yalta- und des Potsdamer Abkommens —, so sind, daß wir weitere Verteidigungsbeiträge angesichts dieser ungeheueren Mehrbelastung durch die Heimatvertriebenen und so fort heute schon kaum mehr aufzubringen in der Lage sind. Das muß dem Ausland gegenüber sehr deutlich gesagt werden. Es muß ohne Rücksicht auf Parteischattierungen von jedem in diesem Hause gesagt werden, und es muß von der Regierung mit aller Deutlichkeit unterstrichen werden!
Diese Umsatzsteuererhöhung wird selbstverständlich voll und ganz auf den letzten Verbraucher abgewälzt werden. Darüber sind sich alle Volkswirtschaftler im klaren. Diese Umsatzsteuererhöhung kann man nicht dadurch minimisieren, daß man von seiten der Regierungsbank wiederum hergeht und sagt: Pro Ei bringt das nur eine Belastung von Null Komma soundsoviel Pfennig, pro Pfund Butter von Null Komma soundsoviel Pfennig. Diese Milchmädchenrechnerei machen wir von der WAV-Fraktion nicht mit! Das
möchte ich mit aller Entschiedenheit sagen. Denn immer wieder kommen neue Steuererhöhungen, und immer wieder bemüht man sich, uns die NullKomma-Soundsoviel-Pfennig-Rechnung zu produzieren, um damit weitere Steuererhöhungen schmackhaft zu machen. In Wirklichkeit aber sieht es ganz anders aus. Eine Umsatzsteuererhöhung von 3 auf 4 % wird sich in dem betreffenden Warenpreis mehrfach auswirken, weil ja bei soundsoviel Artikeln des täglichen Bedarfs vielerlei Umsätze in Frage kommen. Ich brauche Ihnen das wohl nicht im einzelnen noch zu schildern.
— Um Gottes willen nicht? Herr Kollege, es wäre vielleicht für Sie manchmal sehr gut, wenn Sie auf die Stimmen der Opposition etwas mehr achten würden, als Sie das tun.
Meine Damen und Herren, diese neue Umsatzsteuererhöhung wird mit Sicherheit ein weiteres Steigen des ohnehin schon überhöhten Preisniveaus bedeuten. Wir haben heute schon aus dem Munde von Rednern hier im Hause gehört, daß das deutsche Preisniveau teilweise bereits höher ist als das umliegender Länder. Das wird sich noch in der übelsten Art und Weise auf unsere ganze Volkswirtschaft auswirken.
Was die Einkommensteuererhöhungen betrifft: diese Streichungen, die hier jetzt zum Teil wieder rückgängig gemacht worden sind, waren ja seinerzeit das „Verdienst" des Herrn Bundesfinanzministers. Freut uns, wenn er sie jetzt wenigstens teilweise wieder rückgängig machen will. Er soll aber nicht mit seiner Erzählung von dem Sommer-und dem Wintermantel daherkommen. Zu dem Zeitpunkt, als diese Einkommensteuerermäßigung den Großeinkommen in den Schoß geworfen wurde, wußte bereits jeder, wie sich die Lage entwickeln wird.
Ja, meine Herren, wenn heute von dem sehr verehrten Herrn Kollegen Neuburger gesagt wird, im August sei die Kohle auf dem Inlandsmarkt nicht abzusetzen gewesen und deswegen habe man damals die 600 000 t exportiert, die uns jetzt fehlen, so sage ich Ihnen: Im August war bereits der Koreakrieg da. Jeder mußte sich sagen, daß dieser Krieg nur mit einem völligen Prestigezusammenbruch entweder der einen, der roten, oder der anderen Seite enden kann und daß aus diesen Gründen dieser Konflikt sehr lange dauern wird.
Hier wäre es Sache der Regierung gewesen, Vorrite anzulegen. Das sind die Vorratslager, von denen ich das letzte Mal gesprochen habe. Damals hat der Kollege Horlacher, meine Ausführungen völlig mißverstehend, gea twortet, das würde den großen Geldbeutel begünstigt haben. In der Schweiz hat man große Kohlenlager rechtzeitig von Regierungsseite her angelegt. Selbstverständlich, der Mittelstand kann das nicht machen. Bei uns hat man im August, zwei Monate nach Ausbruch des Koreakrieges, noch nichts dergleichen oder fast nichts gemacht. Das möchte ich den Herren Vorrednern doch zu bedenken geben, bevor sie hergehen und dem Hause gegenüber mit allgemeinen Redewendungen die vollkommen falsche Wirtschafts- und Finanzpolitik der Regierung zu rechtfertigen versuchen.
— Unsere Wirtschaftspolitik?
— Wenn Sie sich die Mühe gegeben hätten, Herr Kollege, zu verfolgen, was wir damals schon gesagt haben und wobei ich hier von Ihnen verlacht worden bin, — —
Wir haben damals bereits erklärt, daß die Regierung Vorräte anlegen soll. Das hatten wir Ihnen damals bereits erklärt. Hätten Sie das getan, dann brauchten Sie heute statt der einen Milliarde DM, die Sie jetzt für wichtigste Lebensmittel und sonstige Grundrohstoffe auszugeben gezwungen sind, höchstens 600 Millionen DM auszugeben. Wenn Sie diese Lebensmittel und Grundrohstoffe heute überhaupt noch auf dem Weltmarkt bekommen — ich fürchte, Sie werden sie zum großen Teil nicht mehr bekommen —, dann werden Sie dadurch die Preise auf den Weltmärkten nur noch mehr hinauftreiben.
— Meine Damen und Herren, wo die Geldsummen waren? Sie waren da, wo sie jetzt auch sind. Jetzt müssen Sie sie ja auch aufbringen und haben sie auch aufgebracht.
Was die Einkommensteuer betrifft: es ist unser Ziel, die kleinen Einkommen möglichst pfleglich zu behandeln und die größten und großen Einkommen entsprechend stark heranzuziehen. Das ist — um auf Ihren Zwischenruf einzugehen — unsere Einkommensteuerpolitik. Bei dem Verhältnis zwischen direkter und indirekter Besteuerung muß man sich darüber klar werden, daß gerade ein verarmtes Volk das Verhältnis zwischen direkter und indirekter Steuer anders festlegen muß als ein reiches Volk, aber nicht so, wie ,der Herr Bundesfinanzminister argumentiert, sondern gerade umgekehrt. Ein verarmtes Volk kann sich nur ganz geringe Umsatzsteuern leisten.
— Ja, Herr Kollege, wenn Sie sich die Mühe nehmen würden, in ersten ausländischen Finanzzeitschriften — siehe z. B. die Handelsbeilage der „Neuen Zürcher Zeitung" oder andere — einmal nachzulesen, wie hoch die Summen sind, die von großen Exportindustrien heute verdient und teilweise ins Ausland verschoben werden, dann würden Sie wohl anders reden. Die Summe wurde von dem Finanzreferenten der „Neuen Zürcher Zeitung" auf 3 Milliarden DM für das Jahr 1950 beziffert. Wenn Sie das Exemplar dieser Zeitung einsehen wollen, dann kann ich es aus unserem Archiv sofort bringen und Ihnen zur Verfügung stellen.
— Nein, wir haben keine solche guten Beziehungen wie Ihre Leute, die alle Augenblicke dort sind, teilweise sogar zum Sommeraufenthalt, wie der Herr Bundeskanzler, statt in einem deutschen Kurort Aufenthalt zu nehmen. Das, mein Lieber, auf Ihren Zwischenruf!
Wir von der WAV sehen mit größter Bestürzung eines: Die Preis-Lohn-Spirale ist in Bewegung gekommen und wird sich, wenn es so weitergeht, nicht mehr aufhalten lassen, sondern wird alles zerdrücken und zermalmen. Das ist bedauerlich genug. Eine Schutzwand gegen die Gefahr aus dem Osten, mit der der Herr Bundesfinanzminister diese Steuererhöhungen uns heute schmackhaft zu machen versucht, können Sie nur dann aufrichten, wenn Sie unsere deutsche Volkswirtschaft nicht zertrümmern und kaputtschlagen.
Zu diesem Zweck müssen Sie ein Steuersystem und ein Wirtschaftssystem haben, .das dem heute von der Regierung praktizierten diametral entgegengesetzt ist. Dieses fehlerhafte Wirtschaftssystem, das so sehr gegen das Wort Talleyrands verstößt: „Gouverner c'est prévoir", weil diese Regierung eben nichts vorausgesehen hat, werden wir von der WAV bei solchen Steuererhöhungen nicht mitmachen. Deswegen lehnen wir die heutige Regierungsvorlage mit aller Entschiedenheit ab!
Das Wort hat der Abgeordnete Müller.
Meine Damen und Herren! Den wiederholt von Vertretern der kommunistischen Fraktion gemachten Feststellungen, ) daß die Massensteuern und die Preiserhöhungen in erster Linie durch die Remilitarisierung und die Aufrüstung bedingt sind und der Finanzierung dieser dienen, wurde aus den Parteien der Regierungskoalition und der rechten Gruppe widersprochen. Aber ich glaube, daß die heutige Erklärung des Herrn Finanzministers diese Einwendungen seitens der Regierungskoalition mit Eindeutigkeit und Offenheit klar widerlegt und damit unsere Feststellungen bestätigt hat.
Der erste Punkt, den der Herr Finanzminister zur Begründung dieser neuen Massensteuern aufstellte, bezog sich auf die Besatzungskosten. Er nannte sie zwar Verteidigungskosten. Ich glaube aber, diese Formulierung, die von amerikanischer Seite dem deutschen Volk einsuggeriert wird, verschleiert nur die Tatsache, daß ein Krieg, ein Angriffskrieg, auf deutschem Boden vorbereitet werden soll. In dem Memorandum der Bundesregierung wird zur Begründung dieser neuen Massensteuern gesagt, daß zusätzliche finanzielle Anforderungen insbesondere für Zwecke der äußeren Und inneren Sicherheit des Bundesgebietes zu erwarten seien, und festgestellt, daß die mit der Verstärkung der alliierten Streitkräfte im Zusammenhang stehenden Mehrausgaben nach den vorliegenden Informationen auf zunächst 1 700 000 000 DM zu veranschlagen sind. Das Memorandum erklärt aber, daß sich die Bundesregierung noch nicht ganz im klaren darüber sei, ob die Summe von 1 700 000 000 DM den aus Anlaß der Truppenverstärkungen im Rechnungsjahr 1951 zu erwartenden Bedarf in voller Höhe erfaßt. Es könne damit gerechnet werden — stellt wiederum diese Regierung fest —, daß die Besatzungsmächte ihre Anforderungen im Laufe des Rechnungsjahres 1951 noch erhöhen würden. Ich glaube, Herr Bundesfinanzminister, Ihnen wird nicht ganz unbekannt sein: in der letzten Zeit sind vom Petersberg Zahlen veröffentlicht und nicht widersprochen worden, nach denen man mit einer Anforderung an sogenannten Besatzungskosten,
h. Kosten der Kriegsvorbereitung in Höhe von 10,7 Milliarden DM rechnet.
— Ich weiß nicht, ob Sie so ignorant sind, daß Sie das nicht gelesen haben. — Das würde bedeuten, daß gegenüber der bisherigen Zahl von 4,5 Milliarden DM mehr als doppelte Kosten das Volk in Westdeutschland belasten würden. Das würde bedeuten, daß der Würgegriff gegen die arbeitenden Menschen, gegen die breiten Massen des Volkes noch enger gedrückt würde. Das würde bedeuten, daß das Volk die Vorbereitung des Krieges jetzt finanziell und materiell und, sollte es zum Kriege kommen, diesen Krieg nachher mit seinem Blut bezahlen sollte. Das ist die eine Begründung für diese Vorlage.
Die zweite Begründung bezieht sich auf die sogenannte innere Sicherheit und den Grenzschutz, wofür zirka 270 Millionen DM in Rechnung gestellt werden. Der Herr Bundesinnenminister weiß sehr wohl und hat es unmißverständlich wiederholt zum Ausdruck gebracht, wofür er diese Polizei braucht. Die Regierung ist sich darüber im klaren, daß angesichts der immer weiter um sich greifenden Massenbelastungen und damit der Senkung des Lebensstandards die werktätigen Massen sich gegen diese Politik mit aller Entschiedenheit zur Wehr setzen werden und zur Wehr setzen. müssen. Dafür die Mittel für die Polizei, dafür die Mittel zur sogenannten Sicherung im Innern, die hier angefordert werden.
Die Vorlage betreffend die Finanzierung der Besatzungskosten und der Kosten für die Polizei enthält noch weitere, die arbeitenden Schichten draußen zweifellos außerordentlich interessierende Begründungen. Die Bundesregierung bringt es fertig, zu erklären, daß es angesichts dieser Lage notwendig sei, auch auf dem Wege über diese neuen Massenbelastungen eine planmäßige Einschränkung des entbehrlichen privaten Konsums zu erreichen. Das bedeutet, daß der Leibriemen noch enger geschnallt werden soll. Man will — so sagt wiederum das Memorandum — durch eine höhere Belastung des Verbrauchs die Mittel für die Kriegsfinanzierung aufbringen. Wenn, um es noch einmal wörtlich zu zitieren, in diesem Memorandum ausgesprochen wird, daß eine gewisse Einengung des Lebensstandards als unvermeidliche Gegenleistung für die angestrebte höhere politische Sicherheit des deutschen Volkes hingenommen werden müsse, dann deckt der nächste Satz, glaube ich, die Ziele der Regierung sichtbar auf. Es heißt dort:
Sollte die höhere Besteuerung des Konsums eine entsprechende Steigerung der Löhne und Sozialleistungen zur Folge haben, so würde die mit der Steuererhöhung angestrebte haushaltswirtschaftliche und sozialökonomische Wirkung nicht erreicht werden.
Das heißt auf deutsch nichts anderes, als daß die Regierung hier bereits die Anweisung an die Unternehmer gibt, trotz der gestiegenen Mehrbelastungen unter keinen Umständen Lohnerhöhungen zu bewilligen. Das bedeutet nichts anderes. -als daß
die Regierung auch nicht bereit ist, den Sozialrentenempfängern, den Kriegsbeschädigten usw. höhere Rentenbezüge zu bewilligen, die den gestiegenen Preisen angemessen sind. Man geht also — das habe ich vorhin schon einmal gesagt — den Weg der Massenbelastung, während man es auf der andern Seite ganz offen ausspricht, daß eine zusätzliche Belastung des Vermögens nicht als tragbar angesehen werden kann, genau so wenig, wie man eine Wiedererhöhung des Einkommensteuertarifs durchführen will. Es wurde heute schon davon gesprochen: das Milliardengeschenk, das man im Frühjahr des vergangenen Jahres den Reichen gemacht hat, wird aufrechterhalten. Die Reichen werden noch reicher werden, das Volk soll die Kosten bezahlen.
Das liegt. in der Linie der Politik, die von dem obersten Dirigenten der Bundespolitik
bereits im Januar dieses Jahres verkündet worden ist. Als der Präsident der Vereinigten Staaten, Truman,
vor dem Kongreß sein Programm der restlosen Mobilmachung auf wirtschaftlichem, industriellem und finanziellem Gebiet sowie auf dem Rüstungsgebiet verkündete, als mit diesem Programm aas Rüstungsfieber eine ungeahnte Kurvenhöhe erreichte, da wurde zugleich verkündet, daß mit der Einstellung der amerikanischen Wirtschaft auf die Rüstung und die Kriegsproduktion zugleich eine einschneidende und entscheidende Einengung der Produktion für die Konsumgüter der Massen erreicht werden wird. Zugleich wurde verkündet, daß an eine Lohnerhöhung für die amerikanische Arbeiterschaft nicht zu denken sei. Dieses Programm Trumans wurde von der Bundesregierung gemäß den Direktiven übernommen und liegt zu einem Teil in dieser Vorlage und in der Begründung des Memorandums vor. Diese Linie soll durchgeführt werden.
Um sichtbar werden zu lassen, in welchem Umfange das breite Volk zur Massenbelastung gepreßt wird, führe ich nur folgende Tatsache an. Vor wenigen Tagen wurden die Zahlen betreffend die Einnahmen im Bundesgebiet im Jahre 1950 veröffentlicht. Wenn wir aus dieser Veröffentlichung all die Steuern, die die Massen belasten, und zwar die direkten und indirekten Steuern, die Lohnsteuer, die Umsatzsteuer, die Tabaksteuer, die Zölle und die Verbrauchsabgaben zusammenfassen, dann ergibt sich ein Betrag von 12,7 Milliarden DM. Die Gesamteinnahmen im Jahre 1950 betrugen 15,5 Milliarden. Das bedeutet also, daß 80 % der gesamten Einnahmen im Jahre 1950 durch Massensteuern aufgebracht worden sind.
Wenn Sie eine Zusammenstellung der Belastung machen, die auf Grund dieser neuen Vorlage nun durchgeführt werden soll, dann ergibt sich das gleiche Bild. Die Umsatz- und die Beförderungsteuer zuzüglich der 50 Millionen, die sich durch den Wegfall der Steuerbegünstigungen bei Mehrarbeitslöhnen ergeben, zusammen 1,7 Milliarden, bedeuten auch hier, daß die neue Vorlage zu 800/0 eine Massenbelastung, eine Belastung der arbeitenden Menschen ist.
Die Schlußfolgerungen aus dieser Politik sind eindeutig. Sie wurden heute bereits genannt. Ich glaube, ,daß die statistischen Berechnungen über die Entwicklung des Reallohnes, die von den Gewerkschaften aufgestellt worden sind, eindeutig ein stetiges Absinken des Reallohnes der Arbeiter zeigen. Der Sozialrentner und der Fürsorgeempfänger, dessen Bezüge bei weitem nicht ausreichen, um nur einigermaßen leben zu können, die Kriegsbeschädigten, die Umsiedler usw. werden die Leidtragenden dieser neuen Massensteuern sein. Ihr Realeinkommen und ihre Realbezüge sinken immer mehr ab. Es ist ganz klar, daß sich die Arbeiterschaft gegen diese Politik mit aller Entschiedenheit zur Wehr setzen wird und zur Wehr setzen muß, wenn sie leben will.
Der Herr Finanzminister brachte es heute aber auch fertig zu sagen, daß jeder Pfennig, der nur irgendwie aufgebracht werden könnte, zu dem offen eingestandenen Zweck und Ziel herangeholt werden müsse, die Mittel für diese Remilitarisierung, Aufrüstung zur Verfügung zu stellen. Er brachte es sogar fertig zu sagen, daß die Mutter bereit sein wird, den Pfennig zu zahlen, um zu verhindern, daß ihr Sohn durch einen Krieg vielleicht getötet werde. Herr Finanzminister, fragen Sie die deutschen Mütter, und die deutschen Mütter werden Ihnen erklären, daß sie den Frieden wollen,
daß sie wollen, daß ihre Söhne am Leben bleiben, daß sie wollen, daß ihre Kinder eine friedliche und glückliche Zukunft haben.
Diese Wünsche und diese Sehnsucht der Mütter werden nicht durch eine Politik verwirklicht, die die Mittel, die die Massen aufgebracht haben, für die Finanzierung des Krieges verwendet. Sie werden nicht 'dadurch verwirklicht, daß die Politik Westdeutschlands entsprechend den Plänen der amerikanischen Kriegsmillionäre und Kriegsverdiener durchgeführt wird, sondern dadurch, daß das deutsche Volk entlastet wird
von den Besatzungskosten,
daß der Weg beschritten wird, dem deutschen Volke den Frieden zu erhalten.
Meine Damen und Herren! Der entscheidende Posten in unserer gesamten Finanzierung sind die sogenannten Besatzungskosten.
Würden diese beseitigt, dann wären die Mittel frei für den Wohnungsbau, für die Erhöhung der Renten, für ,die Umsiedler, für die Erleichterung der Steuern usw.
Sorgen wir dafür — das müßten alle einsichtigen Deutschen tun —, daß diese Besatzungskosten beseitigt werden.
Meine Damen und Herren, übermorgen werden Sie Gelegenheit haben, diese Frage zu beantworten, nämlich die Frage, die an den Bundestag gerichtet wird, ob der Weg beschritten wird, um dem deutschen Volk durch die Herstellung seiner Einheit den Frieden, damit den Abzug der Besatzungstruppen, die Beseitigung der Besatzungskosten zu bringen
und den Weg für eine bessere Zukunft zu beschreiten. Das ist die Entscheidung, vor die Sie
gestellt werden, vor die die deutschen Mütter auch den Bundestag stellen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist damit geschlossen. Wir haben diese Debatte zu den Punkten 2 und 3 unserer Tagesordnung geführt. Zu Punkt 2 ist die Überweisung an den Ausschuß für Finanz-und Steuerfragen als federführenden Ausschuß und an den Ausschuß für Wiederaufbau und Wohnungswesen vorgesehen. Ich bitte diejenigen, die dieser Überweisung zustimmen, die Hand zu erheben. — Das ist die Mehrheit; es ist so beschlossen.
Zu Punkt 3 ist Überweisung an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen beantragt. Ich nehme auch dazu die Zustimmung des Hauses an, da nicht widersprochen wird.
Ich gebe noch bekannt, daß der Untersuchungsausschuß Nr. 44 im Zimmer 12 zu einer nichtöffentlichen Sitzung zusammentritt,
Ich rufe auf Punkt 4 der Tagesordnung:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über Sozialversicherung nebst Schlußprotokoll .
Das Wort zur Begründung der Regierungsvorlage hat Herr Staatssekretär Sauerborn.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ihnen liegt der Entwurf eines Gesetzes über das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über Sozialversicherung nebst Schlußprotokoll vor.
Das Abkommen bezieht sich deutscherseits auf die Unfallversicherung und die drei Rentenversicherungen für Arbeiter, Angestellte und Bergleute und schweizerischerseits auf die Unfallversicherung sowie die Alters- und Hinterlassenen-versicherung. Die Einbeziehung der Krankenversicherung war nicht möglich, da das schweizerische System grundlegend von der deutschen Krankenversicherung abweicht.
Das Abkommen stellt die beiderseitigen Staatsangehörigen in ihren Rechten und Pflichten aus der Sozialversicherung der beiden Vertragsstaaten grundsätzlich einander gleich. Es grenzt die Zuständigkeit der beiderseitigen Sozialversicherungen gegeneinander nach dem Kriterium des Beschäftigungsortes ab. Für bestimmte Betriebe, die durch die gemeinsame Landesgrenze durchschnitten werden oder von einem Vertragsstaat in den andern herüberreichen, ist der Sitz des Unternehmens für die Zuständigkeit als maßgebend bezeichnet worden.
Die beiderseitigen Staatsangehörigen erhalten in beiden Versicherungen die Leistungen ohne jede Einschränkung und unter Einschluß aller Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln, solange sie im Gebiet eines der beiden Vertragsstaaten wohnen. Bei Wohnsitz in einem dritten Staat erhält der Berechtigte die Leistungen aus der Sozialversicherung eines der beiden Vertragsstaaten unter den gleichen Voraussetzungen und in dem 'gleichen Umlange wie ein Angehöriger dieses Staates, der sich in dem dritten Staat aufhält. Das Abkommen beseitigt also für die beiderseitigen Staatsangehörigen alle innerstaatlichen Vorschriften, durch die Leistungen wegen Auslandsaufenthalt beschränkt oder zum Ruhen gebracht werden, wenn der Wohnsitz in einem der beiden Länder gegeben ist.
Da die Schweiz keine Deckung des Invaliditäts-
und Berufsrisikos kennt, werden die nach deutschem Recht für diese Wagnisse zu gewährenden Renten ohne Anrechnung schweizerischer Versicherungszeiten gewährt. Bei den Renten für den Fall des Alters und des Todes dagegen werden die in der schweizerischen Alters- und Hinterlassenenversicherung zurückgelegten Versicherungszeiten unter bestimmten Voraussetzungen für die Erfüllung der Wartezeit und die Erhaltung der Anwartschaft nach deutschem Recht zusammengerechnet. Außerdem werden die von den deutschen Rentenversicherungen zu gewährenden Alters- und Hinterbliebenenrenten nach bestimmten Berechnungsregeln im Verhältnis der von der deutschen Versicherung zu berücksichtigenden Versicherungszeiten zu den insgesamt in der deutschen und schweizerischen Versicherung zurückgelegten Versicherungszeiten gewährt. Die schweizerischen Alters- und Hinterbliebenenrenten werden deutschen Staatsangehörigen unter erleichterten Bedingungen gewährt. Die im schweizerischen Recht für Ausländer vorgesehenen verschärften Bestimmungen für den Erwerb des Rentenanspruchs sind für Deutsche wesentlich gemildert worden. Schließlich ist nach dem Grundsatz der Gegenseitigkeit festgelegt worden, daß in den Fällen, in denen wegen Nichterfüllung der vorgeschriebenen Voraussetzungen eine Rente nicht gewährt werden kann, die entrichteten Beiträge in einem bestimmten Umfange zurückerstattet werden.
Auch in der Unfallversicherung ist das Prinzip der Gegenseitigkeit für die beiderseitigen Leistungsansprüche festgelegt worden. Einschränkende Bestimmungen über die Behandlung von Ausländern in jedem der innerstaatlichen Gesetze sind für die beiderseitigen Staatsangehörigen außer Kraft gesetzt worden.
Schließlich enthält das Abkommen noch eine Reihe von VerwaltungsVorschriften, die der reibungslosen Durchführung des Abkommens dienen.
Der Zahlungsverkehr für die laufenden Renten der beiderseitigen Sozialversicherungen und die Nachzahlung der seit dem 1. September 1949 rückständig gebliebenen Renten wird in Kürze aufgenommen werden.
Wegen der sonstigen Einzelheiten darf auf das dem Gesetzentwurf beigefügte Memorandum verwiesen werden.
Das deutsch-schweizerische Abkommen über Sozialversicherung ist ein wertvolles Glied in der Kette der zwischenstaatlichen Verträge auf dem Gebiet der Sozialversicherung, um deren Abschluß sich die Bundesregierung bemüht. Das 'Abkommen mit der Schweiz ist nach dem Abkommen mit Frankreich und dem multilateralen Abkommen über soziale Sicherheit des fahrenden Personals in der Rheinschiffahrt der dritte Staatsvertrag auf diesem Gebiet. Verhandlungen mit weiteren westeuropäischen Staaten sind im Gange.
Nachdem der Bundesrat den Gesetzentwurf ohne Änderung angenommen hat, bitte ich den Bundestag, ihm ebenfalls zuzustimmen.
Der Ältestenrat schlägt vor, bei der ersten Beratung dieser Vorlage auf eine Aussprache zu verzichten. Ich darf daher die
Aussprache als geschlossen ansehen. Vorgesehen ist die Überweisung dieser Vorlage an den Ausschuß für Sozialpolitik. — Da nicht widersprochen wird, nehme ich die Zustimmung des Hauses dazu an.
Ich rufe nun auf Punkt 5 der Tagesordnung: Erste, zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. Schröder , Dr. von Brentano und Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur weiteren Verlängerung der Geltungsdauer des Preisgesetzes (Nr. 1993 der Drucksachen, Umdruck Nr. 93 und 94).
Das Wort zur Begründung hat Herr Abgeordneter Dr. Schröder.
Dr. Schröder (CDU), Antragsteller: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Gesetz, dessen Entwurf wir Ihnen heute vorlegen, ist erforderlich, weil wir sonst nach dem 31. dieses Monats ohne ein Preisgesetz sein werden. Sie wissen, daß wir uns im Wirtschaftspolitischen Ausschuß, ich glaube, seit Mai vergangenen Jahres, große Mühe gegeben haben, ein neues Preisgesetz zu schaffen. Dieses Preisgesetz hat damals das Hohe Haus passiert. Es ist dann vom Bundesrat an den Vermittlungsausschuß verwiesen worden, und der Vermittlungsausschuß hat einen Vorschlag gemacht, den das Hohe Haus mit Mehrheit abgelehnt hat. Daraufhin hat der Bundesrat zum erstenmal, meine Damen und Herren, in der Geschichte der Gesetzgebung der Bundesrepublik Deutschland Einspruch eingelegt, und zwar mit großer Mehrheit, nämlich mit 34 gegen 9 Stimmen. Das versetzte dieses Haus in die Notwendigkeit, den Einspruch des Bundesrats mit mindestens einer Zweidrittelmehrheit zu überstimmen. Das ist gescheitert, wir haben es nur auf 200 gegen 110 Stimmen gebracht. Damit ist die Arbeit eines langen Zeitraumes zunächst leider zunichte geworden.
Das ist ein recht beklagenswerter Vorgang. Wie bedauerlich der Ablauf der ganzen Sache ist, können Sie sich leicht vor Augen führen, wenn Sie sich einmal die Mühe machen, den Bericht über die 50. Sitzung des Bundesrates nachzulesen. Dort werden Sie auf Seite 149 finden, daß der Herr Präsident des Bundesrates, Ministerpräsident Ehard, folgendes ausgeführt hat:
Hätte der Bundestag den Antrag des Vermittlungsausschusses wie schon so oft ganz oder wenigstens teilweise angenommen, hätten wir sicher in dem Fall keinen Einspruch eingelegt, wären überhaupt nicht auf den Gedanken gekommen, Einspruch einzulegen.
Meine Damen und Herren, wenn ich darauf besonders hinweise, dann aus dem Grund, weil ich glaube, daß wir in Zukunft bei solchen Vorschlägen des Vermittlungsausschusses doch mit ganz besonderer Sorgfalt und Gründlichkeit werden vorgehen müssen, um zu vermeiden, daß Einsprüche kommen wie dieser, in dem das Motiv, einer gewissen Enttäuschung und Verärgerung doch ganz unverkennbar ist.
Wir haben dann in der letzten Sitzung in der vergangenen Woche, wie Sie sich erinnern werden, den Versuch gemacht, nun wenigstens schlankweg einen Gegenzug zu machen, wenn ich so sagen darf. Der Antrag, den ich jetzt vor Ihnen zu begründen die Ehre habe, hätte am vergangenen Donnerstag behandelt werden können, wenn nicht aus dem Hause heraus mit einer Stimme, möchte ich sagen,
Widerspruch erhoben worden wäre. Auch das halte ich nicht für einen sehr glücklichen Vorgang angesichts der Zeitnot, in die wir kommen. Ob wir wollen oder nicht: wir sind gehalten, über den 31. März hinaus eine Regelung zu treffen, und je schneller und je einmütiger wir sie treffen, desto besser wird es sein.
Das Gesetz zur weiteren Verlängerung der Geltungsdauer des Preisgesetzes ist, wie ich doch hervorheben möchte, nun leider schon die fünfte Verlängerung, zu der wir haben kommen müssen. Gerade weil es die fünfte Verlängerung ist, sollte das für das Hohe Haus ein Appell in der Richtung sein, nun auch den Zeitpunkt, nämlich die Zeitdauer der Verlängerung, so zu bemessen, daß wir nicht wieder wie bei den bisherigen Verlängerungen in Schwierigkeiten kommen. Meine Fraktion hat sich deswegen entschlossen, Ihnen die Fassung vorzuschlagen: „bis zum Inkrafttreten eines neuen Preisgesetzes". Ich halte es für unerträglich, diese Verlängerung wieder so kurzfristig bemessen zu wollen, da wir praktisch technisch gar nicht in der Lage sein werden — vor allen Dingen etwaige Komplikationen mit dem Bundesrat eingerechnet —, in einem so kurzen Zeitraum ein komplettes neues Preisgesetz zu verabschieden. Deswegen möchte ich Sie bitten, wenn ich das gleich dazu sagen darf, den Abänderungsantrag, den unsere Freunde von der FDP gestellt haben, nicht anzunehmen. Das Preisgesetz hat eine lange Geschichte gehabt. Die Geschichte der Verlängerungen ist jetzt schon beinahe länger als die Geschichte des Preisgesetzes. Um das noch einmal zum Ausdruck zu bringen: es gibt, glaube ich, keinen andern Weg, den wir gehen könnten, als zunächst dieses reine Behelfsmittel zu schaffen, um am 1. April nicht ohne preisrechtliche Bestimmungen überhaupt zu sein. Ich glaube, meine Damen und Herren, daß die angeführten Gründe es rechtfertigen, diesen Entwurf heute, wenn nur irgend angängig, in drei Beratungen zu verabschieden.
Meine Damen und Herren, der Ältestenrat hat für die folgende Aussprache eine Gesamtredezeit von • 90 Minuten vorgesehen.
— Ich nehme die Zustimmung des Hauses dazu an. Das Wort hat Frau Abgeordnete Strobel.
Meine Damen und Herren! Die SPD-Fraktion stimmt der Vorlage ohne Abänderungsvorschlag zu und möchte sich ersparen, dazu eine Begründung zu geben. Wir haben Ihnen im Umdruck Nr. 94 einen Antrag vorgelegt, der keine Änderung dieses Gesetzes fordert, aber bei dieser Gelegenheit behandelt werden soll. Ich darf Sie von vornherein um Ihr Verständnis dafür bitten, daß wir bei dieser Gelegenheit auch auf die materielle Veranlassung zu diesem Antrage eingehen müssen. Ich bitte Sie, nicht mich dafür verantwortlich zu machen, sondern die Regierung, die dafür verantwortlich i , daß diese Debatte heraufbeschworen wurde, weil sie durch ihre Anordnung an die Preisbehörden praktisch gegen dieses Gesetz verstößt.
Diese von der Bundesregierung den Landesbehörden nahegelegte stillschweigende Duldung von erheblichen Preisüberschreitungen bei Getreide ist mit den Grundlagen eines Rechtsstaates nicht vereinbar.
Ich darf ganz kurz chronologisch feststellen: Der Bundestag hat am 6. Oktober 1950 die Verordnung Pr. 59/50 angenommen, in der die Preise für in-und ausländisches Getreide vom Oktober 1950 bis Juni 1951 festgelegt wurden. Diese Verordnung beruhte auf dem zur Zeit geltenden Preisgesetz, das wir uns im Augenblick anschicken zu verlängern. Nach § 1 dieses Gesetzes bedarf eine Veränderung der Getreidepreise wegen der grundlegenden Bedeutung für den gesamten Preisstand der Zustimmung des Bundestags.
Dies ist bis jetzt weder beantragt worden noch erfolgt. Wir stehen aber vor der erschreckenden Tatsache, daß die Bundesregierung durch eine amtliche Bekanntmachung die Mißachtung dieser Verordnung geradezu empfiehlt und den Behörden und Beamten zumutet, eine vom Gesetz mit Zuchthaus bedrohte Handlung zu begehen.
Meine Damen und Herren, die Bundesregierung verläßt damit eindeutig den Boden des Rechts. Wie kann sie von den Staatsbürgern die Achtung vor dem Gesetz erwarten, wenn sie selbst, wenn auch nur in diesem einzigen speziellen Fall, ankündigt, daß die Nichtbeachtung dieser Preisverordnung nicht bestraft wird?
Meine Herren und Damen! Über die Höhe der heute der Landwirtschaft und den Verbrauchern zumutbaren Getreidepreise mögen die Auffassungen in diesem Hause auseinandergehen. Nicht auseinandergehen dürfen sie nach unserer Meinung darüber, daß die Regierung keine rechtswidrigen Anordnungen geben darf.
Die Bundesregierung mag die Tragweite ihrer amtlichen Mitteilung nicht bedacht haben. Um so notwendiger ist es, daß das Parlament solchen Anfängen wehrt, wenn es den Anspruch erheben will, die Volksvertretung eines Rechtsstaates zu sein und zu bleiben.
Bitte, verstehen Sie so unseren Antrag Umdruck Nr. 94!
Nun muß ich aber auch noch einiges zur materiellen Veranlassung dieser Situation sagen. Die Getreidepreise sind auf dem Weltmarkt gestiegen. Die innerdeutschen Getreidepreise sind davongelaufen, und zwar so sehr davongelaufen, daß auch die Ankündigung der Bundesregierung, sie auf 420 DM pro Tonne Weizen und 380 DM pro Tonne Roggen zu erhöhen, ,den grauen Markt nicht beseitigen wird. Es ist bekannt, daß die Tonne Weizen heute bereits mit 520 DM gehandelt wird. Solange aus Versorgungsrunden jede Tonne inländischen Brotgetreides Mangelware ist, solange Futtergetreide knapp und teuer ist. solange die Verwertung von Brotgetreide über den Schweinemagen mehr einbringt als der direkte Verkauf, werden sich immer Menschen finden, die diese Situation ausnutzen. Dabei interessiert uns gar nicht so sehr, wer von dieser Verdienstmöglichkeit Gebrauch macht, sondern wer diese Möglichkeit gibt. Die mangelnde rechtzeitige Vorratshaltung der Regierung hat die Knappheit heraufbeschworen.
Darf ich Ihnen ins Gedächtnis rufen, daß das am 27. Juli 1950 von uns verabschiedete Getreidegesetz der Marktordnung dienen soll. Dazu gehört die Sicherstellung der Versorgung, der Schutz der Landwirtschaft vor unnatürlich sinkenden Preisen genau so wie auch der Schutz der Verbraucher vor unnatürlich steigenden Preisen.
Eine solche Marktordnung kann aber nur funktionieren bei entsprechend vorausschauender Vorratshaltung; und gerade diese ist von unserer Bundesregierung gründlich versäumt worden. Der übliche rosarote Optimismus, von dem heute schon mehrmals die Rede war, hat maßgebende Minister der Bundesregierung dazu veranlaßt, die rechtzeitige Anlage einer genügenden Bundesreserve nicht durchzuführen. Ich muß Herrn Minister Blücher zitieren, der am 21. Juli 1950 hier ausgeführt hat — und ich darf Sie, meine Herren und Damen, daran erinnern, daß das vier Wochen nach Ausbruch des Koreakrieges geschehen ist —:
Unsere jetzige Vorratslage, die Möglichkeit, die Vorräte zu vermehren, und nicht zuletzt die ergriffenen Maßnahmen, um auch die Ernte in Sicherheit einzubringen, und ein entsprechender Preisschutz für denjenigen, der nunmehr abliefern soll; alles das zusammen gibt uns die Möglichkeit, mit Ruhe daran zu denken, wie sich die Versorgung der Bevölkerung in den nächsten Monaten abwickeln wird.
Sie wird auf lange Zeit gesichert sein.
Als im August, also unmittelbar danach, Mitglieder des Bundesrats eine Vorratshaltung in Höhe eines Dreimonatsverbrauchs forderten, ist das an der Nichtbereitstellung von 600 Millionen DM gescheitert. Dieses Versäumnis ist nicht wiedergutzumachen. Natürlich muß man bei objektiver Betrachtung zugeben, daß die krisenhafte Entwicklung auf dem Weltmarkt nicht unbedingt voraus- zusehen war. Deutschland trifft sie aber deswegen so besonders hart, weil unsere Regierung — von der man billigerweise verlangen kann, daß sie auch mit Schwierigkeiten rechnet — völlig unvorbereitet war, da sie planende und lenkende Maßnahmen sowohl in der Geld als auch in der Wirtschaftspolitik immer abgelehnt hat.
Deswegen trifft die Schuld an dieser Mangelsituation und allen ihren Folgen eindeutig die Bundesregierung.
Und wer profitiert davon, meine Damen und Herren? — Doch nicht die Landwirtschaft, allgemein gesprochen. Seit Monaten bemüht sich das Bundesernährungsministerium durch Appelle an das Verantwortungsbewußtsein, durch die Milakorn-Aktion, das noch vorhandene Brotgetreide herauszuholen. Der kleine oder mittlere Bauer, der im Vertrauen auf die Versicherungen der Herren Bundesminister und Staatssekretäre, daß die Getreidepreise während des Wirtschaftsjahres nicht geändert würden, damals abgeliefert hat oder verkaufen mußte, weil er das Geld brauchte, wird jetzt praktisch für diese rechtzeitige Ablieferung bestraft.
Frau Strobel)
Wer trotz aller Aufforderungen dieses für die Versorgung der Bevölkerung so notwendige Brotgetreide zurückgehalten hat, wird heute durch phantastische Preise dafür belohnt
und von der Regierung noch dazu aufgefordert, ohne Gefahr das Gesetz zu verletzen.
Und die Zeche, meine Damen und Herren, zahlt doch wieder einmal mehr der Verbraucher; und wieder einmal mehr wird eine Verbitterung gegen die Landwirtschaft und das Gewerbe heraufbeschworen, obwohl nicht sie, sondern die Bundesregierung die Schuld an der Entwicklung trifft.
Bitte, glauben Sie nicht, daß die angekündigte Erhöhung der Unterstützungen und Renten eine fühlbare Erleichterung für die kaufkraftschwache Bevölkerung bringt. Die paar Mark, die die armen Leute mehr bekommen, sind doch längst durch die gestiegenen Lebenshaltungskosten vorweggenommen. Als wir im Mai vorigen Jahres und seitdem laufend vor der drohenden Entwicklung gewarnt haben, haben wir bei Ihnen niemals das notwendige Verständnis gefunden. Immer wieder haben Sie Herrn Minister Erhard für seine optimistischen Behauptungen und Prophezeiungen Beifall gezollt, ohne sie einmal wirklich kritisch nachzuprüfen. Ich muß auch Herrn Minister Erhard zitieren, der hier im Hause erst am 14. Dezember 1950 behauptet hat:
Ich kann Ihnen verraten, daß immer mehr
europäische Länder an uns herantreten, um
sich zu erkundigen, mit welchen Mitteln wir
es bewerkstelligt haben, daß bei uns die Preise
stabiler geblieben sind als im ganzen europäischen Ausland.
So weit Herr Professor Erhard im Dezember des vergangenen Jahres! — Wie sieht diese Stabilität in Wirklichkeit aus? —
— Wenn Sie zu Hause Ihre Frau fragen, dann können Sie das nachprüfen!
Sie weisen in Ihren Zwischenrufen so gern immer auf England hin. Ich bitte Sie, sich doch einmal genau darüber zu informieren, wie die Lebenshaltungskosten in England wirklich sind. Dann werden Sie nämlich erfahren, daß man dort durch Subventionen den Lebensstandard gehalten hat.
Ich muß aber — nur ganz kurz — auch die Preise für Brot nennen. Im Juli kostete das Roggenfeinbrot je Kilo 50 Pfennig, heute 58 Pfennig. Das ist eine Steigerung um 16 %; ,das Weißbrot im Juli 70 Pfennig, heute 85 Pfennig, eine Steigerung um 21 %,
wobei ich Sie darauf aufmerksam machen darf,
daß das Weißbrot für Kranke und Kinder sehr notwendig ist. — Und weil Sie das Konsumbrot anführen, darf ich Sie bitten, sich doch einmal bei den Bäckern zu erkundigen, wie das Konsumbrot überhaupt gefragt ist. Die Backlohnspanne für Konsumbrot ist jedenfalls auch um 2 Pfennig gesenkt worden. Ich muß Ihnen auch weiter sagen, daß in meiner Heimatstadt z. B. der Anteil des Konsumbrotes nur 25% des gesamten Brotumsatzes beträgt.
— Das ist darauf zurückzuführen, daß die Menschen nicht imstande sind, einen Brotaufstrich zu kaufen,
und daß es ihnen deswegen unmöglich ist, das Konsumbrot zu essen. Ich erinnere mich im Augenblick daran, daß Herr Minister Blücher damals hier sagte, daß er dieses Brot schon lange essen würde. Das glaube ich gerne: Wenn man imstande ist, Butter darauf zu streichen. ist das Brot angenehm.
Meine Herren und Damen! Die SPD-Fraktion hat Ihnen am 12. Dezember einen Antrag vorgelegt, den Sie mit uns angenommen haben und in dem es u. a. heißt:
Die Bundesregierung wird außerdem aufgefordert, alle Maßnahmen zu treffen und zur Sicherung der Versorgung der Bevölkerung ein ortsübliches Brot zum alten Preis in einer guten Qualität zur Verfügung zu stellen und dariiber hinaus jede weitere Erhöhung der Preise für Brot und Backwaren zu verhindern.
Diesen Antrag haben Sie angenommen. Die Bundesregierung hätte besser daran getan. diesem Antrag zu folgen, anstatt neue Preiserhöhungen für Brot usw. heraufzubeschwören. Angesichts dieser unhaltbaren Lage fragen wir heute die Bundesregierung:
In welchem Umfange ist die Versorgung der Bevölkerung mit Brot, Mehl. Nährmitteln usw. sichergestellt? Was beabsichtigt die Regierung zu tun, um die Preise für Brot, Mehl, Backwaren usw. auf den Stand vom 15. Dezember zurückzuführen?
Im Namen von Millionen Hausfrauen und von ebensovielen besorgten Familienvätern muß ich Sie auffordern, dafür zu sorgen, daß diese Preistreiberei nun endlich sofort beendet wird. Es kann und soll gar nicht bestritten werden, daß es notwendig und richtig ist, auch der Landwirtschaft die Produktionskosten und einen angemessenen Verdienst zu sichern. Konjunktur- und Spekulationspreise, die noch dazu gar nicht der Landwirt bekommt, sind aber nicht der richtige Weg dazu und die Aufforderung zur Gesetzwidrigkeit schon gar nicht. Jeder, der gesunden Menschenverstand hat, weiß, daß es so auf keinen Fall weitergehen darf.
Wir bitten deshalb, unsern Antrag Umdruck Nr. 94 anzunehmen, damit zu der an sich völlig verfahrenen Lage nicht auch noch die Tatsache kommt, daß der Bundestag eine Rechtswidrigkeit der Regierung sanktioniert.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Müller.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich freue mich, feststellen zu dürfen, daß ich mit meiner verehrten Vorrednerin darin, was sie zum Schluß sagte, über-
einstimme, nämlich daß die Landwirtschaft für ihre Produktion Preise haben müsse, die die Kosten decken und die ihr einen Verdienst sichern. Damit sind wir schon über ein großes Stück des Weges, den wir gehen müssen, einig. Ich glaube, daß wir uns auch über den Rest werden verständigen können.
Wenn man den Dingen auf den Grund geht, dann stimmt es, glaube ich, nicht so ganz, wenn man der Bundesregierung oder in erster Linie dem Herrn Ernährungsminister den Vorwurf macht, daß er an der Entwicklung, die sich nun in der Vorratshaltung und Marktgestaltung gezeigt hat, die Schuld trage. Wir sind in das Getreidejahr mit einem Vorrat von über 1,3 Millionen t hineingegangen. Bis zum 1. Februar 1951 hatten wir bei einer Einfuhr von über 1,1 Millionen t eine Ablieferung von über 1,6 Millionen t. Das sind zusammen rund 4,1 Millionen t, denen ein Bedarf von rund 5,3 Millionen t gegenübersteht. Wenn man damit rechnet, daß im März/April die Ablieferungen die Höhe der letzten Monate erreichen werden und die in Frankreich gekauften Weizenmengen von 225 000 t hereinkommen, dann verbleibt für das Erntejahr noch ein Defizit von rund 660 000 t. Die Regierung steht in Verhandlungen mit dem ECA-Ausschuß in Washington. Vor einigen Tagen ist der Vertreter der Regierung, Herr Häffner, der, wie ich glaube, dieser Seite des Hauses sehr angenehm und willkommen ist, nach Washington geflogen, um die Verhandlungen, die gute Aussicht auf Erfolg haben, dahin zu führen, daß wir weitere 575 000 t Brotgetreide bekommen, so daß wir mit kleinen Käufen von 80- bis 90 000 t, die auch noch am Weltmarkt zu bewerkstelligen sein werden, den Brotbedarf decken. Wir gehen allerdings ohne jeden Vorrat in das neue Jahr.
Wie ist es denn dazu gekommen?
— Nein, das hat mit dem freien Markt gar nichts zu tun; ich werde Ihnen nachher dazu noch einiges sagen. Man kann doch nicht daran vorbeigehen, daß der Weltmarkt absolut in Unordnung gebracht und daß im Weltmarkt nicht nur eine Preissteigerung zu verzeichnen ist, sondern daß eine ganze Reihe von Ländern dazu übergegangen ist, eine staatliche Vorratswirtschaft zu betreiben. Von einem unserer Nachbarländer wird sogar behauptet, daß es die Absicht habe, Vorräte für zwölf Jahre anzusammeln.
Beim Futtermittelmarkt, der ja auch bei uns frei ist, haben sich die Preise durch die Ereignisse auf dem Weltmarkt so entwickelt, daß Hafer 400 DM die Tonne kostet, Weizen 320 DM, Mais 470 DM; selbst das Milo-Korn kostet 370 DM und liegt damit im freien Markt weit über dem Weizenpreis. Das mußte ja zu Komplikationen auf dem Markt führen. Wir haben noch hinzuzurechnen, daß uns in der Futtermittelversorgung eine andere Katastrophe auf das schwerste betroffen hat: die Hungersnot in Indien. 500 000 t Milo-Korn, von denen wir einen erheblichen Teil als Futtergetreide bekommen sollten, sind von den USA zum Zwecke der menschlichen Ernährung nach Indien gegangen. Dagegen ist nichts einzuwenden; denn die Menschen in Indien sind hunderttausendmal wichtiger als 11 Millionen Schweine in Deutschland.
Nun wird geredet: die Regierung trägt die Schuld an dieser Entwicklung. Man muß anerkennen, daß die Regierung alles Mögliche unternommen hat, Vorräte zu sammeln. Sie kann es aber nicht verhindern, wenn Getreide, das für uns bestimmt ist, nach Indien geht oder wenn Schiffe während der Fahrt umgelenkt werden und nach Griechenland fahren, so daß diese Weizenmengen für uns verloren sind. Wenn dann noch die Vorratsbildung in Rechnung gestellt wird, dann haben wir auf dem Weltmarkt ein Chaos, das sich bei uns auswirken muß. Nachher läßt sich gut reden.
Als wir an die Festsetzung der Preise gingen, hat Herr Professor Baade, den ich als Wissenschaftler sehr hoch schätze, gemeint, daß der Milo-KomPreis bei etwa 200 DM die Tonne liegen werde und die Getreidepreise, die wir festgesetzt haben, zu hoch seien.
Die Entwicklung ging einen ganz anderen Weg. Dafür kann man Herrn Professor Baade nicht verantwortlich machen, auch nicht dafür, daß er damals die Dinge nicht richtig gesehen hat; denn was sich ereignete, das konnte weder Herr Professor Baade noch sonst jemand ahnen.
Wir haben uns auch über diese Dinge im Ausschuß unterhalten. Selbst Herr Kriedemann hat im Ausschuß anerkannt, daß den Minister für diese Entwicklung keine Schuld treffe.
— Der Regierung ist aber von meiner Vorrednerin der Vorwurf gemacht worden, daß sie die Schuld treffe, und der Exponent der Regierung auf diesem Posten ist nun mal der Herr Ernährungsminister.
— Ach, „überfahren worden"! Meine Damen und Herren, wenn die Situation auf dem Weltmarkt so ist, dann kann man nicht mehr von „überfahren" reden.
Herr Kriedemann hat zugegeben, daß man die Preise nur mit marktgemäßen Mitteln regulieren kann, d. h. wenn man Vorräte genug hat, um sie auf den Markt zu werfen und um die Preise zu drücken. Dazu waren wir nicht in der Lage. Ich glaube, auch nicht zuviel zu behaupten, Herr Kriedemann, wenn ich sage: wir beide sind darin einig, daß man jetzt nicht an jeden Bauernhof und an jede Mühle einen Gendarmen stellen kann, der überwacht, was sich dort abspielt.
Die Dinge liegen so: der Markt ist weggelaufen, weil wir ihn nicht marktmäßig beeinflussen konnten. Die Zahlen, die vom Ministerium auf Grund von 6000 Nachrichten, die es regelmäßig über die Vorräte bekommt, errechnet worden sind, kann man nicht einfach auf die Gesamtheit der Landwirt schaft umrechnen. Das ergibt ein falsches Bild. Bei den geringen Vorräten, die noch in der Landwirtschaft stecken, wird man nicht mehr allzuviel dort finden; man wird aus diesem Markt nicht viel mehr herausholen, als die Zahlen ausmachen, die ich genannt habe.
Wenn man aber sagt, daß man an die Regierung mit dem § 346 des Strafgesetzbuches 'herangehen will, wonach derjenige, der Beihilfe leistet und mitwirkt, mit 5 Jahren Zuchthaus bestraft wird,' so
kann ich verstehen, daß es Ihnen Freude machen würde, die Regierung 5 Jahre ins Zuchthaus zu sperren.
Ich nehme sogar an, daß Sie einigen Auserwählten dieser Regierung gern noch einige Jahre dazugeben würden. Sie vergessen aber eines: eine Strafverhängung ist gar nicht möglich, weil die Entscheidung darüber bei den Staatsanwälten liegt, die den Ministerpräsidenten und der Regierung der einzelnen Länder unterstellt sind. Vielleicht tut Herr Kopf uns den Gefallen, jetzt vor den Wahlen in Niedersachsen den Staatsanwalt einzusetzen. Uns würden Sie damit eine ganz besondere Freude machen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.
— Herr Abgeordneter, die vorgesehene Redezeit ist verbraucht. Darf ich Sie auf die zweite Beratung verweisen.
— Das Wort hat der Herr Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Damit wird die Beratung wieder eröffnet.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mich in meiner Erklärung auf den Punkt 5 der Tagesordnung, das I Preisgesetz, und da insbesondere auf den Antrag Umdruck Nr. 94 beschränken und darf zu den Ausführungen, die Frau Abgeordnete Strobel im ersten Teil ihrer Darlegungen machte, folgende Erklärung abgeben.
Entgegen anderen Auffassungen sind die Preise für Brotgetreide aus der inländischen Ernte 1950 nicht durch das Getreidegesetz vom 4. November geregelt. Das Getreidegesetz sieht in § 10 eine derartige Regelung für die Zukunft vor, indem es bestimmt, daß jeweils vor der Ernte für das kommende Wirtschaftsjahr die Preise für inländisches Brotgetreide gesetzlich festgelegt werden sollen. Die Preise für inländisches Brotgetreide aus der Ernfe 1950 sind dagegen durch die Verordnung PR Nr. 59/50 über Getreidepreise für die Monate Oktober 1950 bis Juni 1951 vom 7. Oktober festgeleet worden. Diese Verordnung ist noch auf Grund des § 2 des Preisgesetzes vom 10. April 1948 in der heute geltenden Fassung mit Zustimmung des Bundestags und des Bundesrats erlassen worden.
Die Bundesregierung hat sich mit der Entwicklung der Brotgetreidepreise aus der Ernte 1950 in der letzten Zeit wiederholt befaßt. Sie will angesichts der eingetretenen Änderung der Verhältnisse eine Neuregelung dieser Preise durchführen. Dies wird in Form einer Preisanordnung geschehen, welche die entsprechenden Sätze der Preisanordnung vorn 7. Oktober ändert. Die Bundesregierung wird diese Preisanordnung ebenso, wie es seinerzeit der Fall war, dem Bundesrat und dem Bundestag zur Zustimmung vorlegen.
Das Bundeskabinett hat in seiner Sitzung vom 2. März 1951 zu dieser Frage in folgender Weise Stellung genommen:
Die Getreidepreise haben in der letzten Zeit eine Entwicklung genommen, die zu ernster Sorge Anlaß gibt. Es ist bekannt, daß die bisher festgelegten Festpreise mit Rücksicht auf die Entwicklung auf dem Weltmarkt auf die Dauer nicht werden beibehalten werden können. Die Bundesregierung beabsichtigt daher eine Erhöhung der Getreidepreise im Rahmen eines umfassenden Wirtschaftsprogramms. Diese Erhöhung der Getreidepreise wird aber über den Preis von 400 bis 420 DM für die Tonne Weizen und 380 DM für die Tonne Roggen nicht hinausgehen. Die Bundesregierung wird daher sofort die Preisbehörden anweisen, gegen alle Preissteigerungen, die diese Grenze überschreiten, in voller Schärfe vorzugehen.
Dieser Kabinettsbeschluß ist den Landesregierungen und den Preisbildungsstellen mitgeteilt worden. Andere Anweisungen sind an die Preisbildungsstellen nicht ergangen.
Meine Damen und Herren, durch die Erklärung des Herrn Bundesministers ist die Besprechung wieder eröffnet.
Herr Abgeordneter Kriedemann! Ich darf annehmen: in Kürze.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren und insbesondere Sie, mein verehrter Herr Kollege Dr. Müller! Ich habe alles Verständnis dafür, daß man reichlich nervös ist, wenn man als Politiker, als Partei oder als Koalition Verantwortung für so etwas tragen muß, was man hierzulande Wirtschaftspolitik nennt.
Diese Nervosität hat Sie vielleicht daran gehindert, die Ausführungen meiner Kollegin, der Frau Abgeordneten Strobel, aufmerksam genug mit anzuhören. Da ist mit keinem Wort etwas über die Höhe der Getreidepreise gesagt worden. Da ist u. a. auch nicht verlangt worden, etwa an jeden Bauernhof einen Gendarm hinzustellen, und auch sonstige Wünsche sind nicht geäußert worden. Da ist nur ein sehr ernsthaftes Bedenken gegen das Verfahren geäußert worden, und nur darauf kommt es uns in diesem Augenblick an.
Ich möchte hier nicht entscheiden, ob der Standpunkt richtig ist, den der Herr Minister vertritt,
daß, obwohl das Getreidegesetz in Kraft ist und
alle möglichen anderen Vorschriften dieses Getreidegesetzes jetzt angewendet werden sollen, dieser Teil des Gesetzes, der dem Bundestag und nur
dem Bundestag das Recht gibt, Getreidepreise festzusetzen, noch nicht in Anwendung ist. Das mögen
befugtere Leute, Leute mit mehr juristischen
Kenntnissen entscheiden, als ich sie habe. Wir werden uns um die Klärung der Sache aber schon deshalb bemühen, weil, wenn das Gesetz in dieser
Vorschrift noch nicht wirksam sein sollte, dann
auch andere Vorschriften — wie z. B. über die
Mühlenstelle — noch nicht wirksam sein können.
Meine Damen und Herren, es kann ja nicht die Rede davon sein, daß hier ganz plötzlich aus h eiterem Himmel eine Situation entsteht, die die Regierung zwingt, kurzerhand, sozusagen Hals über Kopf zu handeln. Seit Wochen, ja seit Monaten
wissen wir alle miteinander, daß die Festpreise längst überholt sind, in weitem Umfange eigentlich nur noch spaßeshalber da sind, in der Praxis aber gar keine Bedeutung haben, und auch an dem Tage, an dem die Bundesregierung glaubte, einer katastrophalen Entwicklung vorbeugen zu müssen, war das noch so.
Im übrigen wird es mich sehr interessieren, ob dem Herrn Bundesminister schon irgendein Fall bekanntgeworden ist, in dem nach dieser Mitteilung, die doch mindestens in ihrer Form als Empfehlung an die zuständigen Stellen sehr, sehr merkwürdig ist, Getreide tatsächlich anders als von der Vorratsstelle zu 400 bis 420 DM an die Mühlen herangekommen ist. Nach meiner Kenntnis liegt der Preis im großen Durchschnitt auch heute noch eher über als unter 500 DM, und daran wird sich auch wohl durch eine derartige Erklärung oder eine derartige Information der Bundesregierung nichts ändern.
Meine Damen und Herren! Wir haben, als man zum erstenmal an die Getreidepreise herangegangen ist, hier mit aller Deutlichkeit unsern Standpunkt dahingehend interpretiert: Jawohl, wir sind dafür, daß auch der Bauer, daß auch der Landarbeiter einen anständigen Lohn kriegt, und wir wissen, daß sich das in den Preisen für landwirtschaftliche Erzeugnisse ausdrücken muß. Wir müssen aber erwarten, daß die Bundesregierung, wenn sie Maßnahmen in der einen Richtung ergreift, in der andern Richtung bereit ist, sich zu den Konsequenzen zu bekennen,
sie offen darzulegen und entweder Maßnahmen vorzuschlagen oder zu ergreifen, die diese Konsequenzen für die Verbraucher abwenden. Damals hat man uns gesagt: Die Getreidepreise werden erhöht; das hat mit dem Brotpreis aber nichts zu tun. Ich will das Haus hier nicht um irgendwelche Illusionen bringen und mich wohl hüten, alle mir bekannten Einzelheiten über die mit dem Konsumbrot und seinem Preis zusammenhängenden Diskussionen, Verhandlungen und Schwierigkeiten vorzutragen. Das möge jeder, der Spaß daran hat, auf eigene Rechnung tun. Wir sind doch zum zweitenmal in der gleichen Situation, daß die Bundesregierung etwas mit den Getreidepreisen macht. Ich will über die Höhe der Preissteigerung gar nicht reden. Ich wünschte, man bekäme Getreide zu dem Preis, den die Bundesregierung für richtig hält. Aber auch jetzt wieder wird nach der anderen Seite alles getan, um die harten Auswirkungen der Preiserhöhung zumindest nicht in Erscheinung treten zu lassen.
Es wäre doch richtig gewesen, es wäre auch, glaube ich, im Sinne des Gesetzes gewesen, wenn die Bundesregierung uns hier alle miteinander vor die entscheidende Frage gestellt hätte, wenn nicht sie auf eine noch recht zweifelhafte Weise die Verantwortung in einer recht eingewickelten und versteckten Form übernommen hätte, wenn sie dieses Haus vor die Verantwortung für das gestellt hätte, was nun auf dem Getreidesektor mit allen Einzelheiten, auch mit den Konsequenzen für den Brotpreis, geschehen sollte. Das hat die Regierung nicht getan. Sie hat damit in die allgemeine Unsicherheit noch neue Unsicherheiten hineingetragen. Ihr Vorgehen scheint mir — vor allen Dingen, wenn man die der eben noch einmal wiederholten Mitteilung vorangegangenen Mitteilungen entgegengesetzter Natur an die Preisüberwachungsstellen kennt — nicht geeignet zu sein, das Gefühl von
Sicherheit, Ordnung und Stabilität in unsere Dinge hineinzubringen. Das haben wir heute ausgesprochen. Dagegen wenden wir uns in unserem Antrag. Alle darüber hinausgehenden Erörterungen sind mindestens im gegenwärtigen Moment überflüssig. Ich wünsche für uns alle, daß wir keine Veranlassung haben mögen, in die Getreidepolitik, in die Brotpolitik und in alle damit zusammenhängenden Fragen eingehender einzusteigen, als es heute der Fall zu sein braucht.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Besprechung der ersten Beratung.
Ich eröffne die Einzelbesprechung der
zweiten Beratung.
Herr Abgeordneter Preusker, ich bitte, den angekündigten Abänderungsantrag zu begründen.
Meine Damen und Herren! Ich möchte Sie bitten, den Abänderungsantrag der FDP-Fraktion anzunehmen, wonach das Preisgesetz nicht einfach bis zum Inkrafttreten eines neuen Preisgesetzes verlängert werden soll, sondern „längstens bis zum 30. Juni 1951". Unsere Fraktion ist der Meinung, daß wir schon längst ein neues Preisgesetz hätten haben können, daß es dringend notwendig ist und daß auch die soeben stattgefundene Debatte gezeigt hat, wie notwendig es ist, wieder eine völlig eindeutige Regelung dieser Materie zu bekommen.
Wir müssen deswegen auch im Hinblick auf die Verantwortung für das Nichtvorhandensein eines neuen Preisgesetzes, die wir diesmal in dem Vorgehen des Bundesrats sehen, eine zeitliche Begrenzung setzen. Ich glaube auch, daß diese zeitliche Begrenzung durchaus einzuhalten ist; denn ich darf ankündigen, daß unsere Fraktion dem Bundestag in der nächsten Woche einen Initiativantrag für ein Preisgesetz vorlegen wird. Nachdem sich Bundestag sowohl wie Bundesrat mit dieser Materie über ein Dreivierteljahr befaßt haben, möchte ich meinen, daß es angesichts der Dringlichkeit möglich sein muß, bis zum 30. Juni zur Verabschiedung des Gesetzes zu kommen.
Weitere Wortmeldungen?
Herr Abgeordneter Dr. Schröder !
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe schon bei Einbringung dieses Gesetzentwurfs Gelegenheit genommen, Sie zu bitten, nicht dem Antrag der FDP zuzustimmen. Ich möchte sagen: „Gebranntes Kind scheuts Feuer".
Wir haben Ihnen hier tatsächlich die fünfte Verlängerung vorlegen müssen. Bei allem Optimismus des Herrn Preusker, den ich gern teilen will, und unserem Elan, an die Sache heranzugehen, teile ich keineswegs seine Zuversicht, daß wir unter allen Umständen in der Lage sind, bis zum 30. Juni eine exakte gesetzliche Regelung zu schaffen. Deswegen glaube ich, daß wir unbedingt an der Formulierung festhalten müssen, wie wir sie Ihnen vorgeschlagen haben, wenn wir uns nicht selber zum dann vielleicht sechsten Male in die peinliche Lage bringen wollen, uns eine weitere Verlängerung zuzubilligen.
Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Ich schließe die Einzelbesprechung der zweiten Beratung.
Es liegt vor der Abänderungsantrag der Fraktion der FDP, vor dem letzten Wort des § 1 die Worte „längstens bis zum 30. Juni 1951" einzufügen. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Abänderungsantrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Der Abänderungsantrag ist abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung über § 1 des Gesetzes in der Fassung des Antrages Drucksache Nr. 1993, gleichzeitig zur Abstimmung über § 2, Einleitung und Überschrift. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Gegen etwa 30 Stimmen angenommen. Damit ist die zweite Beratung beendet.
Wir treten in die
dritte Beratung
ein. Ich eröffne die allgemeine Aussprache. — Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die allgemeine Aussprache.
Ich komme zur Schlußabstimmung über den Gesetzentwurf. § 1, — § 2, — Einleitung und Überschrift. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf insgesamt zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Gegen die gleiche Minderheit angenommen.
Weiterhin liegt vor die Entschließung der Fraktion der SPD Umdruck Nr. 94. Zur Klärung der Geschäftsordnungslage möchte ich darauf hinweisen, daß mir inzwischen der Antrag zugegangen war, diese Entschließung dem Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu überweisen. An sich ist die Entschließung genau in der Form gefaßt, wie sonst selbständige Anträge gefaßt werden, und beginnt auch mit der dort vorgeschriebenen Eingangsformel „Der Bundestag wolle beschließen". Aus verständlichen Gründen ist dieser Antrag in die Form einer Entschließung gebracht worden. Ich halte die Überweisung einer Entschließung an den Ausschuß nicht für zulässig, sondern wir kommen geschäftsordnungsmäßig nach der dritten Beratung zur Abstimmung über diese Entschließung.
Ich bitte die Damen und Herren, die der Entschließung der Fraktion der SPD zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Meine Damen und Herren, Sie tun uns einen Gefallen, wenn Sie Ihre Hand entweder ganz unten lassen oder richtig erheben.
Ich bitte noch einmal die Damen und Herren, die der Entschließung nicht zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — So, ich darf jetzt noch einmal die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, bitten. Meine Damen und Herren, das Ergebnis ist nicht mit völliger Sicherheit festzustellen. Ich muß also bitten, sich auf den Weg des Hammelsprungs zu begeben.
Ich bitte, mit der Auszählung zu beginnen.
Ich bitte, die Abstimmung zu beschleunigen. — Die Abstimmung ist geschlossen.
Meine Damen und Herren, ich gebe das Ergebnis
der Abstimmung über die Entschließung der Fraktion der SPD bekannt: Ja 135, Nein 132, Enthaltungen 34. Die Entschließung Umdruck Nr. 94 ist angenommen.
— Herr Abgeordneter Jacobi, Sie überschätzen die verfassungsmäßigen Möglichkeiten einer Entschließung.
— Herr Abgeordneter Greve, wollen wir uns hier heute abend noch über Moral streiten?
Meine Damen und Herren, ich rufe Punkt 7 der Tagesordnung auf:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Wertpapierbereinigungsgesetzes ; Mündlicher Bericht des Ausschusses für Geld und Kredit (12. Ausschuß) (Nr. 1984 der Drucksachen).
Berichterstatter ist der Abgeordnete Neuburger. Ich bitte ihn, das Wort zu nehmen.
Ich weise darauf hin, daß vorgesehen war, eine Aussprache nicht stattfinden zu lassen.
Herr Präsident! Ist das Haus bereit, mich anzuhören?
Meine Damen und Herren, der Berichterstatter fragt mit Recht, ob das Haus bereit sei, ihn anzuhören.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei dieser Gesetzesvorlage handelt es sich um ein technisches Gesetz. Bei dem Wertpapierbereinigungsgesetz vom Jahre 1949 sind auf Grund von Erfahrungen, die in der Zwischenzeit bei der Handhabung des Gesetzes gemacht wurden, verschiedene Änderungen erforderlich geworden.
Zunächst mußte der Kreis der Aussteller von Wertpapieren etwas erweitert werden. § 1 enthält die Einbeziehung aller derjenigen Aussteller, die ihren Sitz nach dem 1. Oktober 1949 in das Bundesgebiet verlegt haben. § 2 bringt die Möglichkeit, auch für Auslandsstücke Lieferbarkeitsbescheinigungen zu geben.
Meine Damen und Herren, darf ich um etwas mehr Ruhe bitten.
§ 3 gibt die Möglichkeit, auf Grund von verwahrten Depotbüchern Lieferbarkeitsbescheinigungen auszustellen. § 5 erweitert den Kreis der Beisitzer. § 6 ermöglicht die Erhöhung der Gebühren, und zwar mit Rücksicht darauf, daß die Arbeitslast der Beisitzer viel größer ist, als man ursprünglich angenommen hatte. § 7 schafft die Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Fristversäumung. § 8 bringt einen Schutz gegen Mißbrauch von Pfandrechten. § 11 enthält die Anglei-
chung an die Bestimmungen, wie sie in Berlin gelten. § 12 dehnt die Vorschriften dieses Gesetzes auf die Ausübung von Mitgliedschaftsrechten aus. Im Ausschuß für Geld und Kredit wurde das Gesetz beraten und mit nur geringen Änderungen einstimmig angenommen. Die Änderungen beziehen sich auf die Verlängerung von Fristen. Diese Verlängerung von Fristen war deshalb notwendig, weil das Gesetz erst heute in zweiter und dritter Lesung ansteht und die im Gesetz ursprünglich vorgesehenen Fristen bereits heute verstrichen sind. § 10 a bringt die Möglichkeit eines vereinfachten Zustellungsverfahrens.
Wie gesagt, der Ausschuß hat das Gesetz beraten. Er hat es mit diesen wenigen Änderungen einstimmig angenommen und empfiehlt dem Hohen Hause, dieses Gesetz mit den vorgeschlagenen Änderungen nunmehr anzunehmen.
Sie haben die Berichterstattung gehört. Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Ich rufe auf zur Einzelbesprechung der zweiten Beratung.
§ 1. — Keine Wortmeldungen. Ein Abänderungsantrag liegt nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte die Damen und Herren, die § 1 des Gesetzes zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Ist angenommen.
Ich rufe auf § 2. — Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Besprechung. Der Berichterstatter hat Ihnen den Antrag des Ausschusses vorgetragen, in § 2 Abs. 2 und Abs. 3 an Stelle von „31. Januar 1951" den „30. Juni 1951" und in § 2 Abs. 3 statt „28. Februar 1951" den „31. Juli 1951" zu setzen. Ich bitte die Damen und Herren, die dem § 2 unter Berücksichtigung dieser vom Ausschuß vorgeschlagenen Abänderung zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Angenommen.
Ich rufe auf die §§ 3,— 4, — 5, — 6, — 7, — 8, —9, — 10, —. Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich bitte die Damen und Herren, die diesen Paragraphen zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Angenommen.
Ich rufe weiter auf § 10 a, Ausschußantrag Drucksache Nr. 1984, — §§ 11, — 12, — 13, und zwar Abs. 2 in der Fassung der Drucksache Nr. 1984. — Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Angenommen.
Einleitung und Überschrift. Ich darf noch einmal
um Abstimmung bitten. — Ebenfalls angenommen. Ich schließe die zweite Beratung und eröffne die
dritte Beratung.
Zur allgemeinen Aussprache liegen Wortmeldungen nicht vor.
Ich rufe auf in der Fassung der Beschlüsse der zweiten Beratung die §§ 1, — 2, -- 3, — 4, — 5, —6, — 7, — 8, — 9, — 10, — 10 a, — 11, — 12, —13, — Einleitung und Überschrift. — Ich bitte die Damen und Herren, die diesen Paragraphen und der Einleitung und Überschrift zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Angenommen.
Ich komme zur Schlußabstimmung über das Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Wertpapierbereinigungsgesetzes und bitte die Damen und Herren, die dem Gesetz im ganzen zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Soweit ich sehe, einstimmig angenommen.
Ich rufe auf Punkt 8 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes über die Übernahme von Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen im Ausfuhrgeschäft ;
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen (Nr. 1972 der Drucksachen). (Erste Beratung: 118. Sitzung.)
Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, auf eine Aussprache zu verzichten. Berichterstatter ist der Abgeordnete Degener. Ich bitte den Berichterstatter, das Wort zu nehmen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In dem Ihnen vorliegenden Entwurf eines Zweiten Gesetzes über die Übernahme von Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen im Ausfuhrgeschäft wird verlangt, daß der in dem Gesetz über die Übernahme solcher Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen im Ausfuhrgeschäft vom 4. September vorigen Jahres bestimmte Betrag von 600 Millionen DM auf 1,2 Milliarden erhöht wird. Dem Entwurf ist eine Begründung beigegeben, die ich als bekannt voraussetzen darf. In der Begründung wird im wesentlichen gesagt, daß die Gründe, die für solche Garantiebürgschaftsleistungen des Bundes im Ausfuhrgeschäft bei der Bewilligung des ersten Gesetzes bestanden haben, nach wie vor weiterbestehen. In diesem Hause wird kein Zweifel oder keine Meinungsverschiedenheit darüber bestehen, daß bei der gegenwärtigen schwierigen wirtschaftlichen Lage alles getan werden muß, um unsere Ausfuhr zu steigern, damit sichergestellt wird, daß die nötigen Rohstoffe und Lebensmittel eingeführt werden können.
Nun sind im vergangenen Jahre Garantien und Bürgschaften für insgesamt 1,9 Milliarden DM beantragt worden. Etwa 60 % davon haben zur Indeckungnahme oder zur Inaussichtstellung einer Indeckungnahme geführt. Nach dem Stand von Mitte Februar 1951 laufen Garantien und Bürgschaften über insgesamt 505 Millionen DM. Außerdem sind Geschäfte mit einem Fakturenwert von 576 Millionen DM für die spätere Indeckungnahme vorgemerkt. Die Erhöhung des Garantie- und Bürgschaftsfonds auf 1,2 Milliarden DM, wie sie jetzt verlangt wird, wird also gerade ausreichen, um diesen Anforderungen kontinuierlich zu dienen. Da bisher alle Anträge auf solche Garantien und Bürgschaften mit der größten Sorgfalt geprüft worden sind, ist auch eine Inanspruchnahme des Bundes aus den Garantie- und Bürgschaftszusagen bisher nicht eingetreten. Der Ausschuß für Außenhandelsfragen hat daher der Vorlage einstimmig zugestimmt. Ich darf das Hohe Haus bitten, ebenso zu verfahren.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Ich eröffne die Einzelbesprechung der zweiten Beratung. Wortmeldungen liegen nicht vor. — Ich schließe die Einzelbesprechung.
Wir kommen zur Abstimmung, und zwar — mit Genehmigung des Hauses.— zugleich über die §§ 1, — 2, — Einleitung und Überschrift. Ich bitte die Damen und Herren, die den Paragraphen, der Einleitung und Überschrift zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegen-
probe. — Angenommen. Damit ist die zweite Beratung beendet.
Ich eröffne die
dritte Beratung.
— Wortmeldungen zur allgemeinen Aussprache liegen nicht vor. Ich schließe die allgemeine Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über die §§ 1, —2, — Einleitung und Überschrift. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Angenommen.
Es folgt die Schlußabstimmung über das Gesetz über die Übernahme von Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen im Ausfuhrgeschäft. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Gesetz im ganzen zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Das Gesetz ist angenommen.
— Gegen vier Stimmen. Enthaltungen liegen nicht vor.
Ich rufe auf Punkt 9 der Tagesordnung: Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Verlängerung der Prioritätsfristen auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes ;
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Patentrecht und gewerblichen Rechtsschutz (Nr. 1980 der Drucksachen). (Erste Beratung: 110. Sitzung.)
Der Ältestenrat schlägt auch zu diesem Punkt vor, ohne Aussprache abzustimmen.
Berichterstatter des Ausschusses für Patentrecht und gewerblichen Rechtsschutz ist Herr Abgeordneter Dr. Schatz.
Ich darf den Berichterstatter bitten, das Wort zu nehmen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am 2. November 1950 wurde in München ein Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Verlängerung von Prioritätsfristen auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes unterzeichnet. Dieses Abkommen ist nach den Bestimmungen des Grundgesetzes von der Zustimmung des Bundestags abhängig. Auch in dem Abkommen selbst ist vereinbart, daß es nur wirksam werden soll, wenn die gesetzgebenden Körperschaften Deutschlands und der Schweiz dieses Abkommen sanktioniert haben. Demzufolge hat die Bundesregierung mit der Drucksache Nr. 1731 dem Hohen Hause einen entsprechenden Gesetzentwurf vorgelegt. Das Hohe Haus hat diesen Gesetzentwurf nach erster Lesung dem Ausschuß für Patentrecht und gewerblichen Rechtsschutz zur Beratung und Beschlußfassung übergeben. Die Bundesregierung hat gleichzeitig mit der Einbringung dieses Gesetzentwurfs die Abschrift des Abkommens als Beilage zu der genannten Drucksache beigeheftet.
Ich darf zunächst einige Berichtigungen vornehmen, die durch Druckfehler usw. entstanden sind, und bitten, folgendes zu protokollieren. In Zeile 3 von Art. 1 des Abkommens muß es statt „2. Juli 1934" „2. Juni 1934" heißen. Außerdem muß es in Art. 3 Zeile 1 statt „dieser Vereinbarung" „dieses Abkommens" heißen, in Art. 6 statt „vorgeschriebenen Bescheinigung" „vorgeschriebene
Bescheinigung" und in Art. 8 letzter Satz statt „Gefertigt in doppelte Urschrift" „Gefertigt in doppelter Urschrift".
Das Abkommen selbst verfolgt den Zweck, all die Beeinträchtigungen, die am Schluß des Krieges und nach dem Kriege auf dem Gebiete der Anmeldung gewerblicher Schutzrechte in Beziehung zwischen den beiden Ländern aufgetreten waren, zu bereinigen. Das Abkommen geht vor allem von Art. 4 der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums aus, die im Jahre 1934 in London neu gefaßt wurde. Der Grundsatz dieses Artikels ist der, daß derjenige, der in irgendeinem Verbandsland — Deutschland und die Schweiz gehören zu den Verbandsländern — ein Gesuch für ein Erfindungspatent, ein Gebrauchsmuster, ein gewerbliches Muster, ein Modell, eine Fabrik- oder Handelsmarke ordnungsgemäß hinterlegt, in einem anderen Verbandsland innerhalb bestimmter Fristen eine Priorität genießt. Die Fristen, die für ein Erfindungspatent und für ein Gebrauchsmuster 12 Monate und für die übrigen Schutzrechte, die ich genannt habe, 6 Monate betragen, werden bis zum 31. Juli 1951 verlängert. Es kommen nur die Fristen in Frage, die mit dem 1. Januar 1945 noch nicht abgelaufen waren oder die nach dieser Zeit zu laufen begonnen haben und vor dem 1. Oktober 1950 abgelaufen sind. Der Anfangstermin des 1. Januar 1945 ist gewählt, weil eine ordnungsmäßige Anmeldung beim Reichspatentamt in Berlin infolge der Kriegsereignisse, Fliegereinwirkungen usw., nicht mehr gewährleistet war. Der Endtermin des 1. Oktober 1950 ist gewählt, weil spätestens mit der Errichtung des deutschen Patentamtes in München am 1. Oktober 1949 wiederum die Möglichkeit gegeben war, ordnungsgemäße Anmeldungen zu tätigen. Das Gesetz verlängert die Frist auf den 31. Juli 1951, um allen denjenigen, die ihre Anmeldung nachholen wollen oder die auf eine zurückliegende Priorität Bezug nehmen wollen, hierzu die Möglichkeit zu geben.
Die übrigen Bestimmungen des Abkommens befassen sich mit dem Personenkreis, dem die Vorteile dieses Abkommens zukommen sollen, ferner mit der Begriffsbestimmung der Anmeldung, mit der Bezugnahme auf das deutsche Patentgesetz und das entsprechende schweizerische Gesetz, mit den Benutzungsrechten für diejenigen, die den Gegenstand der Nachanmeldung bereits in Benutzung genommen haben, außerdem mit den Erleichterungen für die deutschen Erfinder. Die Akten des Reichspatentamts in Berlin sind verlorengegangen, und den betreffenden deutschen Erfindern muß die Möglichkeit gegeben werden, mittels eidesstattlicher Versicherungen oder anderer Urkunden ihre Rechte zu wahren und zu sichern.
Das Gesetz selber, das drei Artikel hat, sieht in Art. I vor, daß der Bundestag diesem Abkommen zustimmt. In Art. II ist festgelegt, daß dieses Abkommen mit Gesetzeskraft veröffentlicht wird. In Art. III ist die Inkraftsetzung des Gesetzes geregelt.
Der Ausschuß für Patentrecht und gewerblichen Rechtsschutz hat das Abkommen eingehend beraten und das Gesetz einstimmig beschlossen. Ich habe Sie zu bitten, Ihrerseits dem Gesetz und dem Abkommen Ihre Zustimmung zu erteilen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Ich eröffne die Einzelbesprechung der zweiten
Beratung über Art. I, — Art. II, — Art. III, — Einleitung und Überschrift. —. Wortmeldungen liegen nicht vor. Für die Damen und Herren, die sich für Schreibfehler in Staatsverträgen interessieren, erinnere ich daran, daß in Art. 1, Art. 3, Art. 6 und Art. 8 des Abkommens Fehler vorhanden waren, die von dem Herrn Berichterstatter verbessert worden sind.
Ich lasse in der zweiten Beratung über Art. I, Art. II, Art. III, Einleitung und Überschrift abstimmen. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Einstimmig angenommen.
Ich schließe die zweite Beratung und eröffne die
dritte Beratung.
— Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Besprechung der dritten Beratung.
Ich komme zur Abstimmung über Art. I, — Art. II, — Art. III, — Einleitung und Überschrift. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Angenommen.
Ich komme zur Schlußabstimmung über das Gesetz über das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Verlängerung der Prioritätsfristen auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Gesetz in der Gesamtheit zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Einstimmig angenommen.
Ich rufe auf Punkt 10 der Tagesordnung: Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Fragen der Jugendfürsorge über den Antrag der Abgeordneten Dr. Mende und Genossen be-
' treffend Programm für die Betreuung der deutschen Jugend .
Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Kemmer, Der Ältestenrat schlägt Ihnen eine Besprechungszeit von 40 Minuten vor. Das Haus ist damit einverstanden.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Ausschuß für Jugendfürsorge hat einmütig den in dem Mündlichen Bericht vorliegenden Beschluß zu dem Antrag der Abgeordneten Mende und Genossen Drucksache Nr. 1030 gefaßt. Danach sind auf Grund des Bundesjugendplans die Punkte 4 bis 8 erledigt.
Zu Punkt 1, Durchführung gesamtdeutscher Veranstaltungen auf kultureller und sportlicher Ebene und Einführung eines „Tages der deutschen Jugend", bittet der Ausschuß die Bundesregierung, mit den Landesregierungen und den zuständigerr Spitzenorganisationen, insbesondere mit dem Bundesjugendring, in Verbindung zu treten und solche Veranstaltungen zu beraten und einzuleiten. Dabei ist in keiner Weise daran gedacht, daß der Staat diese Veranstaltungen trägt oder gar anordnet, sondern die Ansätze, die in den verschiedenen Ländern und in den Jugendverbänden in ihrer Vielgestaltigkeit und Buntheit schon vorhanden sind, sollen einmal im Jahr schwerpunktmäßig in Form eines deutschen Jugendtages oder einer gesamtdeutschen Jugendwoche zusammengefaßt werden, in der die Jugendverbände und auch die nichtorganisierte Jugend unter einem besonderen Gesichtspunkt an den Staat herangeführt werden, wobei der Staat helfend zur Seite stehen soll. Initiative, Gestaltung und Durchführung liegen bei der Jugend selbst. In der gleichen Form sollen auch sportliche Wettkämpfe aller Art nicht nur der Sportverbände, sondern auch der Schulen einmal im Jahr am gleichen Wochentage stattfinden, wie das auch in der Weimarer Zeit schon eingeführt war und sich eingespielt hatte.
In Punkt 3 werden Berufswettkämpfe auf Bundesebene vorgeschlagen. In manchen Ländern werden solche in Verbindung mit den Berufsorganisationen schon durchgeführt. Die Bundesregierung soll nun in Besprechungen mit den Spitzenorganisationen der Wirtschaft diesen echten Berufswettbewerb zur Heranbildung und auch zur Auslese eines guten Nachwuchses in allen Berufen auch auf Bundesebene einführen.
Außerdem wird die Bundesregierung ersucht, neuerdings mit den Hohen Kommissaren zu verhandeln, damit die einschränkenden Bestimmungen auf dem Gebiete des Amateurfunkwesens sowie das Verbot des Segelfliegens aufgehoben werden. Das Segelfliegen gehört in der Ostzone längst zum Sport der FDJ und wird von dieser in Westdeutschland als besonderes Propagandamittel bei der Jugend verwendet. Der Ausschuß bittet die Bundesregierung dringend, auch unserer Jugend diesen Sport, der keine NS-Erfindung und keine Kriegserfindung ist, wieder zugänglich zu machen.
Der Ausschuß bittet die Regierung, bis zum 1. Juni dem Hohen Hause über die Verhandlungen zu berichten. Ich darf Sie bitten, dem Antrag des Ausschusses zuzustimmen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Ich eröffne die Besprechung. Das Wort hat Herr Abgeordneter Strauß.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir halten es für dringend erforderlich, daß die Bundesregierung diese Entschließung des Ausschusses für Fragen der Jugendfürsorge zu den Punkten 1 bis 3 und zu den Punkten 9 und 10 als sehr bedeutungsvoll, sehr ernst und sehr dringlich ansieht. Niemand von uns und von unseren politischen Freunden denkt daran, etwa wieder einen Tag der deutschen Jugend im Sinne einer ehemaligen Staatsjugend einzuführen mit dem Hintergedanken, daß der Staat nicht für die Jugend, sondern die Jugend für den Staat da ist. Wohl aber halten wir es für notwendig, daß im gesamten öffentlichen Leben unseres Volkes, ob es sich um Leistungswettbewerbe der Berufe, ob es sich um Sportwettkämpfe, ob es sich um soziale Einrichtungen handelt, die Notwendigkeiten und der Zukunftsanspruch unserer Jugend vom Staate und vom gesamten deutschen Volk ernst genommen werden und nach außen in Erscheinung treten. Nur so ist, kurz gesagt, unsere Bitte und unsere Aufforderung zu verstehen, wobei wir den Anträgen des Ausschusses für Fragen der JugendfürSorge zu den Punkten 1, 2 und 3 in vollem Umfange zustimmen und die Bundesregierung bitten, diese bestimmt nicht leichten Verhandlungen zu führen. Sie werden ohne Zweifel mit der Vielfait der Organisationen nicht so einfach zu führen sein wie früher, als ein Reichsjugendführer bestimmen konnte.
Ich möchte aber bei dieser Gelegenheit, nachdem die Punkte 4 bis 8 des Antrages von Dr. Mende auf Grund der Durchführung des Bundesjugendplans für erledigt erklärt worden sind, noch eine
Bemerkung anfügen. Im Bundesjugendplan ist unter anderem ein Kredit des Bundeswirtschaftsministeriums zur Schaffung zusätzlicher Lehrstellen vorgesehen. Dieser Kredit in Höhe von 20 Millionen DM ist bis heute infolge der Schwierigkeiten, die hauptsächlich von der Bank deutscher Länder gemacht worden sind, nicht bewilligt worden und nicht zur Ausschüttung gekommen. Wir werden in wenigen Wochen die Schulentlassenen aus der Volksschule haben; aus diesem Grunde möchten wir sowohl das Innenministerium dringend bitten, beim Wirtschaftsministerium auf eine Ausschüttung dieses Kredites hinzuwirken, wie auch den Herrn Bundeswirtschaftsminister sehr dringlich bitten, diesen 20-Millionen-Kredit—gleichgültig bei welchen der verschiedenen Programme oder wie auf die einzelnen Kreditprogramme verteilt — nun auszugeben, damit für die heuer zur Schulentlassung kommende Jugend eine wirksame Hilfe in der Vermittlung der Lehrstellen oder der Schaffung zusätzlicher Lehrstellen gewährt werden kann.
Wir möchten auch den Herrn Innenminister bitten, daß der Vorgriff bei der Durchführung der übrigen Punkte des Jugendplanes von einer Million DM durch besonderen und dringlichen Antrag beim Bundesfinanzministerium auf 5 Millionen DM erhöht wird, damit der Bundesjugendplan 1950/51, der normalerweise am 31. März ablauft, bei der Vielzahl der vorliegenden Gesuche rasch abgewickelt werden kann.
Ich möchte aber hier noch etwas zum Ausdruck bringen, worüber wir uns in allen Fraktionen weitgehend einig sind: daß dieser Bundesjugendplan 1950/51 nur ein Beginn gewesen sein kann, und wir darauf bestehen, daß es auch einen Bundesjugendplan 1951/52 usw. gibt, weil die mit dem ersten Bundesjugendplan begonnene Arbeit fortgesetzt werden muß, damit das angestrebte Ziel erreicht werden kann. Ich glaube, es liegt im Interesse des gesamten Volkes, im Interesse aller Jugendverbände, aller Wohlfahrtsverbände, der wirtschaftlichen Organisationen wie auch im Interesse des Staates, gerade auf diesem Gebiet der Berufsausbildung der Jugend und der Vermittlung in Arbeitsstellen wirksame Maßnahmen zu ergreifen.
Wir haben es schon damals, am 18. Dezember, als der Bundesjugendplan hier in diesem Saale verkündet wurde, nicht sehr gern gesehen, daß dieser Bundesjugendplan von den Jugendverbänden mit einer gewissen Skepsis betrachtet worden ist, so als ob der Staat die Millionen gewissermaßen nur aufbringen wolle, um ihnen die Freiheit und Selbständigkeit zu nehmen. Inzwischen haben sich diese Bedenken von selbst zerstreut. Das von den Jugendverbänden und ihren Vertrauensmännern in der Hauptsache besetzte Kuratorium hat ja viele dieser Mittel jetzt im Vorgriff verteilt, und niemand konnte dabei den Eindruck gewinnen, daß der Staat irgendwie in das freie Leben der Verbände oder Organisationen eingreifen oder übergreifen will. Umgekehrt sind jetzt gerade auch auf seiten des Bundesjugendringes die damals bestehenden Bedenken zurückgestellt worden.
Um so unverständlicher ist es, wenn heute von einer allerdings nicht sehr bedeutenden Organisation in der Zeitung „Der Fortschritt" in der Nummer vom 2. März 1951 ein Artikel veröffentlicht wird, den man nur als geradezu grotesk bezeichnen kann. Wenn der Herr Präsident es genehmigt, will ich gern einige Sätze daraus verlesen. — Der Artikel trägt die Überschrift „Generalangriff auf die Bünde?" und stammt von Henning Meincke, Bundesführer der Gefährtenschaft Hamburg: Hier heißt es:
Zehn Millionen DM
—an sich sind es mehr! —
sind viel Geld. Und die Idee, soviel für den „Ausbau der Jugendorganisationen" zu geben, ist neu. Das wilhelminische- Deutschland hatte dem Wandervogel keinen Pfennig gegeben,
— „o selige Zeiten" möchte man dazu rufen! —
er hatte auch nicht darum gebeten. Das Deutschland von Weimar hatte die Bündischen nicht finanziert, sie hatten ebenfalls nicht darum gebeten. Und wir? Auch wir erbitten nichts. Aber wir nehmen an! Schon seit 1945: Lizenzen, Heime, Fahrgelderlaß, Fahrtenausrüstungen, Beaufsichtigungen, Kontrollen, Rat und Tat, Bespitzeltwerden.
Wie schön und wahr: Wer die Jugend hat, hat die Zukunft! Diesmal möchte man das Wort durch ein ganz sanftes System der Organisiererei verwirklichen, durch Kauf en und Gekauft wer den, dadurch, daß der letzte Rest aufbruchbereiten Jugendtums in dieses System unverantworteten Lebens eingespannt wird — und sich einspannen läßt. Aber dazu muß man uns erst gleichschalten, umschalten, umerziehen, und als Belohnung dafür, daß wir uns so bereitwillig abziehen lassen von unserem eigentlichen Auftrag, vom Selbstsein, dafür werden wir eben bezahlt, mit zehn Millionen DM.
Diese zehn Millionen DM
— so heißt es dann weiter —
sind der Generalangriff auf die letzten Reste wachen und selbstbereiten Jungentums.
— Und es heißt zum Schluß:
Die von jenem Geld gekauften Klampfen werden nie bundrein, Fahrtenbrot von diesem Geld wird immer bitter sein und die von ihm gekauften Halstücher werden zu Stricken werden, die uns erwürgen, wenn die lebendigen und gestaltungsfähigen Bünde nicht auf der Stelle kehrtmachen.
Ich kann es dem Hohen Hause ersparen, noch weitere Einzelheiten aus diesem Artikel zur Kenntnis zu nehmen. Für mich und den Kreis meiner Freunde aber darf ich feststellen: Alle Organisationen, die auf diesem Gebiet tätig sind, haben mit Recht vom Staat ein Eingreifen gefordert. Sie haben mit Recht vom Staat, also von der öffentlichen Hand, verlangt, daß die Mittel, die praktisch der Steuerzahler aufzubringen hat, gerade für die Sicherung der Zukunft unserer Jugend verwendet werden. Von keiner Partei, von keiner Stelle des Hauses ist jemals ein Ausspruch der Art gefallen, daß mit diesem Geld irgendwelche Auflagen verbunden würden. Das Geld, das der Ausschuß für Fragen der Jugendfürsorge auf Grund der Anträge der verschiedenen Parteien vermittelt hat und das dann auch zur Verwirklichung des Bundesjugendplanes geführt hat, hat lediglich den einen Zweck, die Freiheit und Selbständigkeit der Jugendverbände wie die Sicherung der Zukunft und der Berufsausbildung der Jugend zu gewährleisten. Das ist der alleinige Zweck, der mit diesen Mitteln verfolgt wird. Man soll nicht auf der einen Seite dem Staat Vorwürfe machen, daß er zu wenig für
4730 Deutscher Bundestag — 1n. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. März 1951
die Jugend tut, und auf der anderen Seite, wenn er dann Mittel auswirft, behaupten, daß er damit in die freie Sphäre der Jugendverbände eingreift. Die Zeit der Betätigung des Wandervogels im Stile der wilhelminischen oder der Weimarer Zeit ist heute bei Gott wahrlich vorbei. Wir haben mit dem Bundesjugendplan einen ganz anderen Zweck verfolgt, und wir hoffen auch, mit diesen Mitteln zum Ziel zu kommen.
Sodann bitten wir den Herrn Bundesinnenminister auch noch darum, in den Verhandlungen mit der Hohen Kommission doch darauf hinzuweisen, daß es für die westdeutsche Jugend, für die Jugend der Bundesrepublik, ja nicht gerade ein Vergnügen wäre, wenn sie in die Ostzone gehen müßte, um dort den Segelflugsport zu erlernen, denn für die sogenannte Freie Deutsche Jugend ist er bekanntlich erlaubt. Das Segelfliegen gehört nicht zu den kriegs- oder militärähnlichen Betätigungen. Man sollte daher bei der Revision des Besatzungsstatuts auch eine Lockerung auf diesem Gebiet herbeiführen und unserer Jugend den Segelflugsport und den allgemein motorischen Flugsport wieder gestatten.
Das Wort hat der Herr Bundesminister des Innern.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst einmal zu den Punkten 1 und 2 des Antrages Mende, und zwar vorerst zu Ziffer 2 a der Drucksache Nr. 1968, Stellung nehmen. Gemeinsam mit dem Bundesjugendring und mit den ihm angeschlossenen Sportjugendverbänden werden zur Zeit Verhandlungen geführt über die Verwirklichung dieses Antrages, gesamtdeutsche Veranstaltungen der Jugend auf sportlicher und kultureller Ebene durchzuführen und einen „Tag der deutschen Jugend" einzuführen. Der Bundesjugendring wird sich in seiner nächsten Sitzung mit diesem Antrag befassen. Mit der Ständigen Konferenz der Kultusminister ist wegen der Einberufung eines Kuratoriums für die Bundesjugendkämpfe seit längerer Zeit Fühlung genommen. Zur Gründung dieses Kuratoriums sollen Vertreter der Länder, der Turn- und Sportverbände, des Bundesjugendringes und der Stadtämter für Leibesübungen zugezogen werden. Eine Vorbesprechung mit den Fachreferenten der Länder hat deren Zustimmung gefunden. Inzwischen ist der Deutsche Sportbund gegründet worden und hat der Veranstaltung gleichfalls zugestimmt. Die Stellungnahme der Ständigen Konferenz der Kultusminister steht noch aus. Sobald sie eingegangen ist, werden Gründung des Kuratoriums und Ausschreibung der Bundesjugendkämpfe sofort erfolgen.
Ich komme zu Ziffer 2 b der Drucksache Nr. 1968. Damit gleichzeitig behandle ich Ziffer 3 der Drucksache Nr. 1030. Ich setze voraus, daß hier im Hohen Hause bekannt ist, daß das Handwerk, und zwar der Zentralverband des Handwerks, bereits seit längerer Zeit Berufswettkämpfe durchgeführt hat. Nun wollen wir im Einvernehmen mit dem Herrn Bundeswirtschaftsminister den Industrie- und Handelstag bitten, im Zusammenwirken mit den Gewerkschaften für die Berufe in Industrie und Handel ebenfalls Berufswettkämpfe einzuführen.
Ich komme dann zu der Ziffer 2 c der Drucksache Nr. 1968, zugleich zu den Ziffern 9 und 10 der Drucksache Nr. 1030, zu dem Segelfliegen. Ein Spitzenverband für das Segelfliegen und das
Modellsegelfliegen ist inzwischen in Gestalt des Deutschen Aeroklubs gegründet worden. Sobald die Genehmigung des Segelfliegens durch die Alliierte Hohe Kommission erfolgt ist, wird die Wiedereinführung des Segelfliegens mit Mitteln des Sport- und Jugendfonds gefördert werden. Auch zur Wiederbelebung des Amateurfunkwesens werde ich im Einvernehmen mit den zuständigen Verbänden die notwendigen Schritte einleiten.
Ich komme zu Ziffer 1 der Drucksache Nr. 1968, gleichzeitig zu den Punkten 4 bis 8 des Antrags Mende in Drucksache Nr. 1030. Nach dem Antrag des Jugendfürsorgeausschusses soll der Bundestag beschließen, die Punkte 4 bis 8 dieser Drucksache auf Grund der Durchführung des Bundesjugendplans für erledigt zu erklären. Das gibt mir Veranlassung, dem Hohen Hause über die Durchführung des Bundesjugendplans in aller Kürze einen Bericht zu erstatten. Die erste Sitzung des seinerzeit gegründeten Kuratoriums hat noch vor Weihnachten stattgefunden, und im Anschluß an diese Gründung sind sofort Richtlinien für die Durchführung des Bundesjugendplans öffentlich bekanntgegeben worden, mit Ausnahme der Richtlinien für den 20-Millionen-Kredit zur Schaffung von Lehrwerkstätten. Dann haben zwischenzeitlich mehrere Sitzungen des vorbereitenden Aktionsausschusses des Kuratoriums stattgefunden. Die nächste Sitzung des Gesamtkuratoriums, in der über die von den Landesregierungen und den zentralen Jugendorganisationen eingereichten Anträge endgültig entschieden werden soll, findet bereits am 20. März dieses Monats statt. Um dringliche Maßnahmen nicht zu verzögern, sind zwischendurch schon im Einvernehmen mit dem Bundesjugendring und dem Ring der politischen Jugend vorweg beträchtliche Zuweisungen an diese erfolgt. Sie wissen, daß der Bundesjugendplan den Beitrag des Bundes zu den so bedeutsamen Arbeiten für die Jugend der Bundesrepublik darstellt. Durch den Bundesjugendplan soll geholfen werden, die Arbeiten der deutschen Jugendorganisationen so zu aktivieren, daß die internationale Verständigung zwischen den Jugendlichen Deutschlands und der anderen Völker gefördert und nicht zuletzt die staatsbürgerliche Erziehung der Jugend intensiviert wird.
Daneben laufen nun die umfangreichen Maßnahmen zur Behebung der Not der arbeits- und berufslosen männlichen und weiblichen Jugend. Hierbei muß ich daran erinnern, daß das Kabinett beschlossen hat, dem Bundesministerium für Wirtschaft zu den üblichen Zinsbedingungen Kreditmittel in Höhe von 20 Millionen DM für diejenigen Kreise der Wirtschaft zu vermitteln, die sich verpflichten, unter Aufwendung erheblicher eigener Mittel — im allgemeinen sollen das 60 % des Betrages sein — zusätzlich Lehrlingsplätze zu schaffen. Nun ist leider angesichts der schwierigen kreditpolitischen Lage die ursprüngliche Planung etwas in Rückstand gekommen, im Rahmen des sogenannten Engpaßprogramms die Kreditmittel zu beschaffen. Wir haben das leider noch nicht durchführen können; doch hat das Bundeswirtschaftsministerium sofort weitere Wege beschritten, um die nötigen Kreditmittel flüssig zu machen. Diese Verhandlungen stehen zur Zeit vor dem Abschluß. Der Herr Wirtschaftsminister wird dem Ausschuß des Bundestags für Fragen der Jugendfürsorge bis zum 15. dieses Monats einé Erklärung abgeben, auf welchem Wege und in welcher Höhe die Kreditmittel der Wirtschaft zugeleitet werden sollen. Die
Bedeutung dieser Kreditaktion ist von der Bundesregierung voll erkannt; sie wird dazu dienen, der Jugend zahlreiche Lehrlingsplätze neu zu erschließen.
Wir haben weiter Maßnahmen zur Förderung der Erziehung und Erwerbsbefähigung Jugendlicher eingeleitet. Wir werden sie durch einen Erlaß zum Kriegsfolgenhilfsgesetz auf eine sichere und den Forderungen des modernen Jugendfürsorgerechts entsprechende Basis stellen. Im Rahmen dieses Erlasses übernimmt der Bund 75 % der Kosten von beruflichen Erziehungsmaßnahmen für alle hilfsbedürftigen Jugendlichen, die unter die Kriegsfolgenhilfe fallen, vor allem also für die Jugendlichen aus dem Kreis der Heimatvertriebenen. Außerdem fördert der Bund durch Gewährung von Zuschüssen die Errichtung von Jugendwohnheimen und anderen Einrichtungen, die der Erziehung und Erwerbsbefähigung der Jugend an arbeitsmarktpolitischen Schwerpunkten dienen.
Einen Arbeitsdienst nach dem Muster der Vergangenheit einzurichten, wie wir ihn in den Jahren vor dem Zusammenbruch erlebt haben, beabsichtigt die Bundesregierung nicht. Auch Jugendgemeinschaftswerke, deren Träger Jugendorganisationen, Wohlfahrtsverbände oder Selbstverwaltungskörperschaften sind, sollen nur dann von uns gefördert werden, wenn andere Beschäftigungsmöglichkeiten für die Jugend nicht gegeben sind. Dabei ist nur an Gemeinschaftsarbeiten in kleinen Gruppen und auf freiwilliger Basis gedacht, möglichst unter Einschaltung der Selbstverwaltung der Jugend. Ich gebe der Überzeugung Ausdruck, daß wir mit diesen Maßnahmen nach Überwindung gewisser Schwierigkeiten im Anlauf — die Anträge der Länder liegen z. B. zum Teil noch gar nicht vor — Zehntausenden von jungen Menschen Hilfe leisten können. Durch diese Maßnahmen sind dann auch die Ziffern 4 und 5 des Antrags Mende erfaßt.
Was nun das Jugendförderungsprogramm angeht, von dem ich sprach, so bezieht es sich auch auf den Ausbau zentraler Einrichtungen der Jugendorganisationen einschließlich der Unterstützung des deutschen Jugendherbergswesens, soweit es von der Bundesebene her unterstützt werden kann. Ebenso gehört hierhin die Förderung guten Jugendschrifttums; es gehört hierhin die Unterstützung von Fahrpreisermäßigungen für Jugendfahrten. Ich darf noch besonders darauf hinweisen, daß die Bundesregierung zur Erleichterung des internationalen Jugendaustausches auch an die Hohe Alliierte Kommission mit der Bitte herangetreten ist, internationale Vereinbarungen zur Schaffung eines Jugendpasses oder eines Jugendvisums anzuregen. Ich hoffe, daß ich Ihnen bald Näheres über die Antwort der Hohen Kommission berichten kann.
Ich darf dem Herrn Abgeordneten Strauß sagen, daß auch die Bundesregierung und insbesondere mein eigenes Haus auf dem Standpunkt steht, daß dies alles ein Anfang ist und daß die 53 Millionen DM keineswegs das Ende oder die letzte Höhe der bereitzustellenden Mittel bedeuten, sondern daß bereits für das nächste Etatjahr entsprechend höhere Beträge vorgesehen werden. Wir hoffen, damit den Wünschen des Hohen Hauses in allen Teilen gerecht werden zu können.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Besprechung. Ich komme zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Fragen der Jugendfürsorge auf Drucksache Nr. 1968 und bitte die Damen und Herren, die dem Antrage des Ausschusses zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Der Antrag ist angenommen.
Ich rufe auf Punkt 11 der Tagesordnung: Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wiederaufbau und Wohnungswesen über den Antrag der Fraktion der FDP betreffend Gebührenbefreiung beim Kleinwohnungsbau (Nrn. 1467, 1978 der Drucksachen).
Berichterstatter ist der Abgeordnete Erler. Ich bitte ihn, das Wort zu nehmen. — Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, daß dieser Punkt ohne Aussprache erledigt wird.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Ausschuß für Wiederaufbau und Wohnungswesen hatte sich mit der ihm vor geraumer Zeit überwiesenen Drucksache Nr. 1467 zu befassen. Der Sinn des Antrages, den die Freie Demokratische Partei eingebracht hatte, war, den privaten Bausparkassen die gleichen Erleichterungen beim Kleinwohnungsbau zu gewähren, wie sie durch die bestehenden Bestimmungen denjenigen Sparern zuteil werden, die ihre Bausparverträge bei einer öffentlichen Bausparkasse abgeschlossen haben. Dieser Unterschied sollte beseitigt werden.
Der Ausschuß für Wiederaufbau und Wohnungswesen ist im Grundsatz diesem Begehren der Freien Demokratischen Partei beigetreten. Er hat aber das Problem im ganzen untersucht und kam zu dem Ergebnis, daß es nicht gut wäre, jetzt eine Teillösung vorzunehmen, sondern daß es sehr erwünscht wäre, an das Problem der Gebührenbefreiung beim Kleinwohnungsbau überhaupt einmal heranzugehen. Wir haben einen Bericht der Vertreter des Ministeriums entgegengenommen, aus dem sich ergab, daß mit den Ländern seit geraumer Zeit Verhandlungen über diese Fragen im Gange sind. Die Bundesregierung beabsichtigt, dieses ganze Rechtsgebiet einheitlich zu regeln, aber nur in Übereinstimmung mit den Ländern. In einer ganzen Reihe von Ländern sind schon entsprechende Bestimmungen ergangen, in anderen nicht. Die Meinungen gehen darüber auseinander. Der Ausschuß glaubt nun, durch die von ihm vorgetragene Empfehlung, die wir der Bundesregierung mit auf den Weg geben, die Verhandlungen der Regierung mit den Ländern zu erleichtern. Der Ausschuß war der Meinung, daß es nicht nur darauf ankommt, jetzt den einen Sonderfall „private Bausparkassen" zu regeln, sondern daß es auch darauf ankommt, dafür zu sorgen, daß endlich einmal all die verschiedenartigen Definitionen, die für Steuerbefreiungen und für andere Förderungsmaßnahmen gelten, auf einen einheitlichen Nenner gebracht werden. Er wünscht, daß dieser Nenner nicht in längst verklungenen alten Bestimmungen gefunden wird, sondern daß wir das Gesetz zugrunde legen, das wir hier alle gemeinsam erarbeitet haben, nämlich das erste Wohnungsbaugesetz. Er wünscht also, daß alle Befreiungs-
und Erleichterungsbestimmungen für Gebühren gleich welcher Art — ob es nun Notariatsgebühren, Gerichtsgebühren, Grunderwerbsteuern sind oder was es auch sein mag — in ihrem Inhalt auf das erste Wohnungsbaugesetz abgestimmt werden, da-
mit es z. B. gleiche Flächengrenzen gibt, damit es z. B. auch die gleichen Körperschaften gibt, die der Begünstigung durch das Gesetz unterliegen.
Der Ausschuß wollte keinen Zweifel daran lassen, daß er mit der Annahme des jetzigen Antrages durch den Bundestag seine Mission noch nicht als erfüllt ansieht. Der Ausschuß hat sich zum Ziel gesetzt, in nicht allzu ferner Zukunft zu überprüfen, wie weit die Verhandlungen mit den Ländern gediehen sind, und sich davon zu überzeugen, ob dem Bundestag entweder Maßnahmen der Bundesregierung oder solche der Länder mitgeteilt werden können, die sachlich das gleiche Ergebnis erzielen. Ich glaube daher, Ihnen im Auftrage des Ausschusses mit gutem Gewissen die Annahme der Drucksache Nr. 1978 empfehlen zu können, die dahin geht, die Bundesregierung zu ersuchen, die Verordnung über die Gebührenbefreiung beim Kleinwohnungsbau vom 27. August 1936 an das erste Wohnungsbaugesetz anzupassen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Eine Aussprache sollte nicht stattfinden.
Ich komme zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses auf Drucksache Nr. 1978. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Einstimmig angenommen.
Ich rufe auf Punkt 13 der Tagesordnung: Beratung der Übersicht Nr. 21 über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages über Petitionen .
Ich bitte die Damen und Herren, die den Anträgen der Ausschüsse zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das ist einstimmig angenommen.
Ich rufe auf Punkt 14 der Tagesordnung:
Beratung des interfraktionellen Antrags betreffend Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse .
Ich bitte die Damen und Herren, die dieser Überweisung zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Auch das ist einstimmig angenommen.
Ich bin gebeten worden, folgendes mitzuteilen:
Eine halbe Stunde nach dem Plenum findet in Zimmer 10, Südflügel, eine Sitzung des Ausschusses für Fragen der Presse, des Rundfunks und des Films statt.
Der Vorsitzende des Ausschusses für Geld und Kredit bittet, mitzuteilen, daß die für morgen 8 Uhr 30 anberaumte Sitzung ausfällt.
Damit, meine Damen und Herren, sind wir am Ende der Sitzung. Ich berufe die nächste, die 124. Sitzung des Deutschen Bundestags auf Donnerstag, den 8. März, 13 Uhr 30, und schließe die 123. Sitzung.