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ID0112302900

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 123. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. März 1951 4685 123. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 7. März 1951. Geschäftliche Mitteilungen . . . . 4686C, 4687A, 4718A, 4732C Änderung der Tagesordnung 4686D Anfrage Nr. 159 der Fraktion der SPD betr. Überschwemmungsschäden in Niedersachsen und Schleswig-Holstein (Nrn 1861 und 1979 der Drucksachen) 4687A Zwischenbericht des Bundesministers der Finanzen über die Frage der Freigabe historischer Gold- und Silbermünzen (Nr 1981 der Drucksachen) 4687A Bericht des Bundeskanzlers über Kredite und steuerliche Begünstigungen für Flüchtlingsbetriebe (Nrn. 1286 und 1986 der Drucksachen) 4687B Beratung der Interpellation der Fraktion der FDP betr. Uraltkonten in West-Berlin, deren Berechtigte im Gebiete der Bundesrepublik wohnen (Nr. 1786 der Drucksachen) 4687B Dr. Dr. Nöll von der Nahmer (FDP), Interpellant 4687B Schäffer, Bundesminister der Finanzen 4688A Frau Schroeder (Berlin) 4689A Dr. Reif (FDP) 4689D Frau Kalinke (DP) 4690A Dr. Krone (CDU) 4690B Ausschußüberweisung 4690C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Vereinfachung des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes (ESt- und KSt-Änderungsgesetz 1951) (Nr. 1982 der Drucksachen) in Verbindung mit der Ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes und des Beförderungsteuergesetzes (Nr. 1983 der Drucksachen) . . . 4690C Schäffer, Bundesminister der Finanzen 4690D, 4710D Dr. Koch (SPD) 4695D Dr. Bertram (Z) 4701B Neuburger (CDU) 4703D Dr. Dr. Höpker-Aschoff (FDP) . . 4707A Ewers (DP) 4713A Loritz (WAV) 4714C Müller (Frankfurt) (KPD) 4716A Ausschußüberweisung 4718A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über Sozialversicherung nebst Schlußprotokoll (Nr 1977 der Drucksachen) 4718A Sauerborn, Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit , . . 4718A Ausschußüberweisung 4719A Erste, zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur weiteren Verlängerung der Geltungsdauer des Preisgesetzes (Nr. 1993 der Drucksachen; Anträge Umdruck Nrn. 93 und 94) 4687A, 4719A Dr. Schröder (Düsseldorf), Antragsteller 4719A, 4724D Frau Strobel (SPD) 4719D Dr. Dr. Müller (Bonn) (CDU) . . . 4721D Dr. Niklas, Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 4723A Kriedemann (SPD) 4723C Dr. Preusker (FDP) 4724C Abstimmungen 4725A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Wertpapierbereinigungsgesetzes (Nr. 1654 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Geld und Kredit (12. Ausschuß) (Nr. 1984 der Drucksachen) 4725C Neuburger (CDU), Berichterstatter 4725C Abstimmungen 4726A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes über die Übernahme von Sicherheitsleistungen und 4 Gewährleistungen im Ausfuhrgeschäft (Nr. 1845 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen (14. Ausschuß) (Nr. 1972 der Drucksachen) 4726C Degener (CDU), Berichterstatter . 4726C Beschlußfassung 4726D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Verlängerung der Prioritätsfristen auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes (Nr. 1731 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Patentrecht und gewerblichen Rechtsschutz (16. Ausschuß) (Nr 1980 der Drucksachen) 4727A Dr. Schatz (CSU), Berichterstatter . . 4727B Beschlußfassung 4728A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Fragen der Jugendfürsorge (33. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Dr. Mende u. Gen. betr. Programm für die Betreuung der deutschen Jugend (Nrn. 1030, 1968 der Drucksachen) . . . 4728A Kemmer (CSU), Berichterstatter . . 4728B Strauß (CSU) 4728D Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 4730A Beschlußfassung 4731C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wiederaufbau und Wohnungswesen (18. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der FDP betr. Gebührenbefreiung beim Kleinwohnungsbau (Nrn. 1467, 1978 der Drucksachen) . . 4731C Erler (SPD), Berichterstatter . . . . 4731C Beschlußfassung 4732A Beratung der Übersicht Nr. 21 über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages über Petitionen (Umdruck Nr. 87) 4732A Beschlußfassung 4732C Beratung des interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck Nr. 91) 4732C Beschlußfassung 4732C Nächste Sitzung 4732C Die Sitzung wird um 13 Uhr 31 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Hans Ewers


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die grundsätzlichen Ausführungen des Herrn Kollegen Dr. Höpker-Aschoff werden von meiner Fraktion weitgehend gebilligt, so daß ich mich kurz fassen kann.
    Auch wir stehen auf dem Standpunkt, daß, wenn der Finanzbedarf auch nur annähernd so stark ist und durch das erhöhte Mehraufkommen von Steuern, das ja erst im letzten Vierteljahr eingesetzt hat, nicht gedeckt werden kann und wenn die in einem gewissen Umbruch befindliche allgemeine Wirtschaftspolitik nicht überhaupt alle Berechnungen über den Haufen wirft, die Regierungsparteien gehalten sind, dem Bund die Mittel zu geben, um seinen Verpflichtungen nachzukommen. Mich hat allerdings an der Einleitungsrede des Herrn Bundesfinanzministers ein wenig befremdet, daß er versuchte, die Sache so darzustellen, als ob jeder Steuergroschen, der aufgebracht wird, ausschließlich der Verteidigung des Heimatlandes diene. Das ist, insofern durch Bundesmittel soziale Leistungen bewirkt werden, indirekt richtig; soweit wir einen „Verteidigungsbeitrag" — wie heute wohl euphemistisch die Formel für Besatzungsausgaben lauten soll —leisten, können wir das nach den bisherigen Erfahrungen der letzten 5 Jahre keineswegs anerkennen. Unkosten für Luxuskegelbahnen und Ähnliches haben mit der Verteidigung unseres Gebietes gar nichts zu tun, und insofern müssen wir diesen — wie soll ich sagen — an unser Ehrgefühl gerichteten Appell des Herrn Bundesfinanzministers für heute zurückweisen. Dieser Appell wird deshalb auch für mich und meine Fraktion um so unerfreulicher, weil wir uns mit gewissen Argumenten der Begründung dieser Vorlage, über die offensichtlich viele Kollegen bisher völlig hinweggelesen haben, überhaupt nicht einverstanden erklären können.
    Wir geben zwar zu, daß sich die Wirtschaftspolitik infolge der zugespitzten Weltlage des mittlerweile beinahe schon warmen Krieges, der geführt wird und der sich auch auf uns auswirkt, zwangsläufig geändert hat und daß daher die freie Wirtschaft, zu der wir entschlossen waren, sich nicht mehr durchführen läßt. Aber dennoch geht uns die Begründung, die gegeben ist und die auch aus den Worten des Herrn Ministers hervorklang, teilweise wesentlich zu weit. Aus dem Memorandum der Bundesregierung in Drucksache Nr. 1982 darf ich nur einen Passus zitieren. Es heißt unter Ziffer 12 auf Seite 24:
    Die Notwendigkeit einer Steuererhöhung ergibt sich nicht allein aus haushaltspolitischen, sondern auch aus allgemeinen volkswirtschaftlichen Erwägungen.
    Und dann wird die Nutzanwendung hieraus gezogen:
    Zu dieser unvermeidlichen Umlenkung der finanziellen Mittel aus der privaten in die öffentliche Sphäre ist die Steuererhöhung der einzige im Augenblick gangbare Weg.
    Das bedeutet doch offenbar, daß sich die Regierung
    anschickt, nicht mehr die Privatinitiative als den
    Impuls in der Wirtschaft anzusehen, sondern eine
    gelenkte sozialistische Planwirtschaft einzuführen.

    (Hu-Rufe bei der SPD.)

    Es müßte doch weiterhin heißen: „von der Konsumin die Investitionssphäre". Oder was soll das Geld in der öffentlichen Hand? Als wenn die öffentliche Hand nicht ebenfalls Fehlinvestitionen genug gemacht hätte, wofür wir ja wohl in allen Ländern heute hinreichende Beispiele haben.

    (Sehr wahr! rechts.)

    Ich muß also diese Begründung, die hier meines Erachtens nur durch so etwas wie ein Büroversehen stehengeblieben sein kann, auf das entschiedenste beanstanden und muß dazu erklären: So sehr wir eine Verflechtung — bedauerlicherweise — der Steuer- mit der Wirtschaftspolitik für unser schweres Schicksal halten, so wenig sind wir gesonnen, durch eine Steuererhöhung im geringsten die öffentliche Hand in den Stand zu setzen, mit dén sauer verdienten Geldern der Staatsbürger eigene Investitionen vorzunehmen.

    (Beifall bei der DP.)

    Das möchte ich ganz deutlich aussprechen. Ich glaube, daß der Hinweis auf einen „Verteidigungsbeitrag", den wir hier angeblich leisten, und diese Nutzanwendung in praxi miteinander in einem recht peinlichen Zusammenhang stehen.
    Im übrigen wird es der Prüfung im Ausschuß bedürfen, ob die Wirtschaft wirklich so radikal, wie es jetzt geschehen soll, Selbstinvestitionen entbehren kann. Diese Zweifel sind insbesondere bei der Industrie heute noch angebracht, ganz besonders bei der Flüchtlingsindustrie. Ich meine, daß man insoweit doch wohl einen allmählicheren Übergang finden müßte. Die übrigen Einzelbemerkungen, die ich zu machen hätte, decken sich im im wesentlichen mit den Ausführungen des Herrn Kollegen Höpker-Aschoff.
    Und nun zur Umsatzsteuer! Ich muß ehrlich gestehen, daß es mich als Angehörigen einer Regierungspartei sehr befremdet, daß, nachdem vor etwa einem Dreivierteljahr der Bundestag nach sehr langen und eingehenden Ausschuß- und Plenarberatungen den Beschluß gefaßt hat, es im Gegensatz zu dem damaligen Regierungsantrag bei der bisherigen Regelung des § 7 Abs. 4 des Umsatzsteuergesetzes zu belassen — wogegen die Opposition opponiert hatte — hier bei der neuen Vorlage noch einmal der Versuch gemacht wird, dasselbe — ich hätte beinahe gesagt: „klamheimlich" — einzuführen; denn in der Begründung der Vorlage der Drucksache Nr. 1983 heißt es auf Seite 6 in dem Absatz vor der Überschrift „Zu Abschnitt I § 1 Ziffer 5" nur, daß gleiche Erwägungen, nämlich solche zur Verhütung von Preisverteuerungen, dazu geführt hätten, ausgerechnet die Großbetriebe nur sehr mäßig anzufassen und nicht mit einer besonderen Steuer zu belegen. Das war keine Begründung; das schien eigentlich eher fast sinnlos.


    (Ewers)

    Heute ist uns ja nun ab er erklärt worden, was das heißen soll. Die Dinge liegen da wie folgt: Nimmt man einen Großbetrieb an, der im Großhandel und Einzelhandel durch einen einzigen Wirtschaftsvorgang 1 Million DM umsetzt und von dieser 1 Million DM 10 %, also 100 000 DM, in Teigwaren und Mehl umsetzt, dann ergibt sich bei einer genauen Berechnung, daß dieser Betrieb, der bisher auch für Teigwaren und Mehl die erhöhte Umsatzsteuer zahlen mußte, überhaupt keinen Pfennig mehr Umsatzsteuer als vorher zu zahlen hat. Diese Betriebe zahlen de facto also genau die gleiche Umsatzsteuer wie bisher. Bei dem Beispiel des Umsatzes von 1 Million DM, wenn davon 10 % auf Teigwaren entfallen, trifft es genau zu; ist der Umsatz in Teigwaren und Mehl größer, dann machen diese Betriebe sogar erhebliche Einsparungen an Umsatzsteuer. Das ist die Situation.
    Nun will der Herr Bundesfinanzminister wie folgt argumentieren. Diese Großbetriebe haben also bei dieser Gesetzesgestaltung nicht den geringsten Anlaß, auf Grund der Erhöhung der Umsatzsteuer, die sie ja in Wirklichkeit gar nicht trifft, die Preise zu erhöhen. Sie können sie vielleicht sogar verbilligen und entfalten dann in den Städten als Warenhäuser, Filialbetriebe oder Konsumvereine eine nachhaltige Werbungskraft, indem sie die Kundschaft mit Riesenplakaten auf ihr billiges Angebot hinweisen und die Massen an sich ziehen. Wie soll denn damit der Kleingewerbetreibende, der durch die Umsatzsteuer doch in der Tat eine Unkostensteigerung erfährt, konkurrieren — er soll nach der Absicht des Finanzministers veranlagt werden, seinerseits unter allen Umständen diese erhöhte Umsatzsteuer voll zu tragen, so daß die Mehrsteuer also auf seine eigenen Kosten geht —, wenn er gegenüber dem Konsumverein, dem Warenhaus und dem Großfilialbetrieb, die bei gleichen Preisen durchaus keine Mehrsteuer zu tragen haben, überhaupt wettbewerbsfähig bleiben will? Das heißt also auf deutsch: Versuche machen auf dem Buckel der kleinen selbständigen Existenzen. Solchen Versuch müssen wir auf das allerentschiedenste zurückweisen. Wir sind durchaus der Meinung, daß in sehr wesentlichen Artikeln eine Umsatzsteuerhöhung von 1°/o von der Wirtschaft mit einkalkuliert werden kann, ohne daß die Preise erhöht zu werden brauchen. Bei denjenigen Artikeln, bei denen die Handelsspanne sehr gering ist, geht es vielleicht nicht, aber bei den meisten Konsumartikeln sollte es sich ermöglichen lassen. Ich bin aber davon überzeugt, daß die Warenhäuser unter allen Umständen deshalb, weil sie auf billige Massenartikel Wert legen, mit gutem Beispiel vorangehen, auch wenn sie die einzig gerechte Sondersteuer für ihre zwei Umsätze im eigenen Betrieb zahlen müssen.
    Wir treten also mit aller Entschiedenheit dafür ein, daß der Beschluß des Bundestags auch jetzt wieder durchgeführt wird und die Sondersteuer des § 7 Abs. 4, die von Brüning eingeführt ist, bleibt.
    Im übrigen ist es selbstverständlich für jede politische Partei und Richtung eine außerordentlich schwere Zumutung, überhaupt einer Umsatzsteuererhöhung zuzustimmen. Das ist in der Tat nur denkbar, wenn wir uns davon völlig überzeugt halten, daß der Bund, der ja bedauerlicherweise allein auf indirekte Steuern für den Eigenbedarf angewiesen ist, sonst vor der Unmöglichkeit steht, die sozialen Verpflichtungen zu erfüllen, die ihm durch das Kriegsende erwachsen sind. Sobald wir der Überzeugung sind, daß das der Fall ist, werden wir uns der Notwendigkeit der Steuererhöhung nicht entziehen, wenn wir sie auch theoretisch und grundsätzlich durchaus ablehnen; aber wir sind der Meinung, daß die Erfüllung der Verpflichtungen auf dem sozialen Sektor in der Tat das vordringlichste Gebot ist.

    (Beifall bei der DP.)



Rede von Dr. Hermann Schäfer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Loritz.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Alfred Loritz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (WAV)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (WAV)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren! Namens der Fraktion der WAV mochte ich die Erklärung abgeben, daß wir uns von dem vorliegenden Steuerprojekt aufs schärfste distanzieren und diese Steuererhöhungen unter allen Umständen ablehnen müssen.
    Ganz besonders verhängnisvoll wird sich die Erhöhung der Umsatzsteuer auswirken. Sehr verehrter Herr Vorredner von der DP, es ist sehr bemühend, wenn man hier hören muß, daß Sie genau so wie wir diese verhängnisvolle Auswirkung der Umsatzsteuererhöhung auf die Volkswirtschaft, auf die Verbraucherschaft, auf den Mittelstand usw. erkennen, aber dann trotzdem hergehen und namens Ihrer Parteifreunde diese Erhöhung der Umsatzsteuer empfehlen. So geht das natürlich nicht, daß man auf der einen Seite sagt, und zwar mit Recht sagt, daß volkswirtschaftlich gesehen eine Umsatzsteuer von 4 °/o. ein Wahnsinn ist, andererseits aber nichts tut, um die Regierung zu Fall zu bringen, die jetzt wieder eine solche Steuererhöhung vorschlägt und die uns demnächst noch weitere Steuererhöhungen vorschlagen will; denn Sie haben ja heute schon aus dem Munde des Herrn Finanzministers gehört, daß er sagte, daß der Verteidigungsbeitrag, der von uns gewünscht wird, so hoch ist, daß dieser das ganze Budget aus dem Gleichgewicht zu bringen droht. Und der Herr Finanzminister sagte wörtlich, daß man im Ausland schon ungehalten darüber ist, daß wir angeblich zu wenig Verteidigungsbeitrag leisten wollen bzw. nicht gleich in 0,5 Sekunden mit den dazu nötigen Steuererhöhungen bereitstehen.
    Sehr verehrter Herr Bundesfinanzminister, es wird wohl die Zeit kommen müssen — sie wäre schon lange gekommen —, daß wir dem Ausland gegenüber endlich erklären, daß Deutschland doch nicht immer wieder auf Kommando wie ein Pudel durch jeden Reifen, den man ihm vorhält, hin-durchspringen muß und daß die Belastungen, die Deutschland trägt — denken Sie nur an die Auswirkungen des Yalta- und des Potsdamer Abkommens —, so sind, daß wir weitere Verteidigungsbeiträge angesichts dieser ungeheueren Mehrbelastung durch die Heimatvertriebenen und so fort heute schon kaum mehr aufzubringen in der Lage sind. Das muß dem Ausland gegenüber sehr deutlich gesagt werden. Es muß ohne Rücksicht auf Parteischattierungen von jedem in diesem Hause gesagt werden, und es muß von der Regierung mit aller Deutlichkeit unterstrichen werden!
    Diese Umsatzsteuererhöhung wird selbstverständlich voll und ganz auf den letzten Verbraucher abgewälzt werden. Darüber sind sich alle Volkswirtschaftler im klaren. Diese Umsatzsteuererhöhung kann man nicht dadurch minimisieren, daß man von seiten der Regierungsbank wiederum hergeht und sagt: Pro Ei bringt das nur eine Belastung von Null Komma soundsoviel Pfennig, pro Pfund Butter von Null Komma soundsoviel Pfennig. Diese Milchmädchenrechnerei machen wir von der WAV-Fraktion nicht mit! Das


    (Loritz)

    möchte ich mit aller Entschiedenheit sagen. Denn immer wieder kommen neue Steuererhöhungen, und immer wieder bemüht man sich, uns die NullKomma-Soundsoviel-Pfennig-Rechnung zu produzieren, um damit weitere Steuererhöhungen schmackhaft zu machen. In Wirklichkeit aber sieht es ganz anders aus. Eine Umsatzsteuererhöhung von 3 auf 4 % wird sich in dem betreffenden Warenpreis mehrfach auswirken, weil ja bei soundsoviel Artikeln des täglichen Bedarfs vielerlei Umsätze in Frage kommen. Ich brauche Ihnen das wohl nicht im einzelnen noch zu schildern.

    (Zuruf von der FDP: Um Gottes willen nicht!)

    — Um Gottes willen nicht? Herr Kollege, es wäre vielleicht für Sie manchmal sehr gut, wenn Sie auf die Stimmen der Opposition etwas mehr achten würden, als Sie das tun.

    (Abg. Stücklen: Gehören Sie auch dazu? Die Opposition will Sie ja gar nicht haben!)

    Meine Damen und Herren, diese neue Umsatzsteuererhöhung wird mit Sicherheit ein weiteres Steigen des ohnehin schon überhöhten Preisniveaus bedeuten. Wir haben heute schon aus dem Munde von Rednern hier im Hause gehört, daß das deutsche Preisniveau teilweise bereits höher ist als das umliegender Länder. Das wird sich noch in der übelsten Art und Weise auf unsere ganze Volkswirtschaft auswirken.
    Was die Einkommensteuererhöhungen betrifft: diese Streichungen, die hier jetzt zum Teil wieder rückgängig gemacht worden sind, waren ja seinerzeit das „Verdienst" des Herrn Bundesfinanzministers. Freut uns, wenn er sie jetzt wenigstens teilweise wieder rückgängig machen will. Er soll aber nicht mit seiner Erzählung von dem Sommer-und dem Wintermantel daherkommen. Zu dem Zeitpunkt, als diese Einkommensteuerermäßigung den Großeinkommen in den Schoß geworfen wurde, wußte bereits jeder, wie sich die Lage entwickeln wird.

    (Lachen und Widerspruch in der Mitte und rechts.)

    Ja, meine Herren, wenn heute von dem sehr verehrten Herrn Kollegen Neuburger gesagt wird, im August sei die Kohle auf dem Inlandsmarkt nicht abzusetzen gewesen und deswegen habe man damals die 600 000 t exportiert, die uns jetzt fehlen, so sage ich Ihnen: Im August war bereits der Koreakrieg da. Jeder mußte sich sagen, daß dieser Krieg nur mit einem völligen Prestigezusammenbruch entweder der einen, der roten, oder der anderen Seite enden kann und daß aus diesen Gründen dieser Konflikt sehr lange dauern wird.

    (Zurufe und Lachen in der Mitte und rechts.) Hier wäre es Sache der Regierung gewesen, Vorrite anzulegen. Das sind die Vorratslager, von denen ich das letzte Mal gesprochen habe. Damals hat der Kollege Horlacher, meine Ausführungen völlig mißverstehend, gea twortet, das würde den großen Geldbeutel begünstigt haben. In der Schweiz hat man große Kohlenlager rechtzeitig von Regierungsseite her angelegt. Selbstverständlich, der Mittelstand kann das nicht machen. Bei uns hat man im August, zwei Monate nach Ausbruch des Koreakrieges, noch nichts dergleichen oder fast nichts gemacht. Das möchte ich den Herren Vorrednern doch zu bedenken geben, bevor sie hergehen und dem Hause gegenüber mit allgemeinen Redewendungen die vollkommen falsche Wirtschafts- und Finanzpolitik der Regierung zu rechtfertigen versuchen.


    (Abg. Stücklen: Was haben Sie denn überhaupt für eine Wirtschaftspolitik?)

    — Unsere Wirtschaftspolitik? (Abg. Stücklen: Ja!)

    — Wenn Sie sich die Mühe gegeben hätten, Herr Kollege, zu verfolgen, was wir damals schon gesagt haben und wobei ich hier von Ihnen verlacht worden bin, — —

    (Oho-Rufe und Lachen in der Mitte und rechts.)

    Wir haben damals bereits erklärt, daß die Regierung Vorräte anlegen soll. Das hatten wir Ihnen damals bereits erklärt. Hätten Sie das getan, dann brauchten Sie heute statt der einen Milliarde DM, die Sie jetzt für wichtigste Lebensmittel und sonstige Grundrohstoffe auszugeben gezwungen sind, höchstens 600 Millionen DM auszugeben. Wenn Sie diese Lebensmittel und Grundrohstoffe heute überhaupt noch auf dem Weltmarkt bekommen — ich fürchte, Sie werden sie zum großen Teil nicht mehr bekommen —, dann werden Sie dadurch die Preise auf den Weltmärkten nur noch mehr hinauftreiben.

    (Zuruf von der Mitte: Wo waren die Devisen? Wo waren die Geldsummen?)

    — Meine Damen und Herren, wo die Geldsummen waren? Sie waren da, wo sie jetzt auch sind. Jetzt müssen Sie sie ja auch aufbringen und haben sie auch aufgebracht.

    (Abg. Leonhard: So könnte die Bundesregierung nicht wursteln, wie Sie es vorschlagen! — Abg. Stücklen: Und wie ist Ihre Finanzpolitik?)

    Was die Einkommensteuer betrifft: es ist unser Ziel, die kleinen Einkommen möglichst pfleglich zu behandeln und die größten und großen Einkommen entsprechend stark heranzuziehen. Das ist — um auf Ihren Zwischenruf einzugehen — unsere Einkommensteuerpolitik. Bei dem Verhältnis zwischen direkter und indirekter Besteuerung muß man sich darüber klar werden, daß gerade ein verarmtes Volk das Verhältnis zwischen direkter und indirekter Steuer anders festlegen muß als ein reiches Volk, aber nicht so, wie ,der Herr Bundesfinanzminister argumentiert, sondern gerade umgekehrt. Ein verarmtes Volk kann sich nur ganz geringe Umsatzsteuern leisten.

    (Zuruf von der Mitte.)

    — Ja, Herr Kollege, wenn Sie sich die Mühe nehmen würden, in ersten ausländischen Finanzzeitschriften — siehe z. B. die Handelsbeilage der „Neuen Zürcher Zeitung" oder andere — einmal nachzulesen, wie hoch die Summen sind, die von großen Exportindustrien heute verdient und teilweise ins Ausland verschoben werden, dann würden Sie wohl anders reden. Die Summe wurde von dem Finanzreferenten der „Neuen Zürcher Zeitung" auf 3 Milliarden DM für das Jahr 1950 beziffert. Wenn Sie das Exemplar dieser Zeitung einsehen wollen, dann kann ich es aus unserem Archiv sofort bringen und Ihnen zur Verfügung stellen.

    (Abg. Stücklen: Sie haben immer gute Beziehungen zu der Schweiz!)



    (Loritz)

    — Nein, wir haben keine solche guten Beziehungen wie Ihre Leute, die alle Augenblicke dort sind, teilweise sogar zum Sommeraufenthalt, wie der Herr Bundeskanzler, statt in einem deutschen Kurort Aufenthalt zu nehmen. Das, mein Lieber, auf Ihren Zwischenruf!
    Wir von der WAV sehen mit größter Bestürzung eines: Die Preis-Lohn-Spirale ist in Bewegung gekommen und wird sich, wenn es so weitergeht, nicht mehr aufhalten lassen, sondern wird alles zerdrücken und zermalmen. Das ist bedauerlich genug. Eine Schutzwand gegen die Gefahr aus dem Osten, mit der der Herr Bundesfinanzminister diese Steuererhöhungen uns heute schmackhaft zu machen versucht, können Sie nur dann aufrichten, wenn Sie unsere deutsche Volkswirtschaft nicht zertrümmern und kaputtschlagen.

    (Abg. Stücklen: Das würden Sie machen!)

    Zu diesem Zweck müssen Sie ein Steuersystem und ein Wirtschaftssystem haben, .das dem heute von der Regierung praktizierten diametral entgegengesetzt ist. Dieses fehlerhafte Wirtschaftssystem, das so sehr gegen das Wort Talleyrands verstößt: „Gouverner c'est prévoir", weil diese Regierung eben nichts vorausgesehen hat, werden wir von der WAV bei solchen Steuererhöhungen nicht mitmachen. Deswegen lehnen wir die heutige Regierungsvorlage mit aller Entschiedenheit ab!