Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Auch meine Fraktion bedauert außerordentlich, daß die Angelegenheit der Umstellung der Sparkonten von West-Berliner Sparern, die sich heute im Bundesgebiet befinden, noch nicht geregelt worden ist. Wir sind uns voll und ganz darüber im klaren, daß auf diese Weise gerade die schwächsten Kreise getroffen werden, d. h. die Alten, die Frauen mit Kindern, die in der schweren Bombenzeit und auch während der Blokkade aus Berlin herausgegangen sind, ebenso wie die Angehörigen von Betrieben, die nach dem Westen verlagert wurden. Wir bedauern deshalb sehr, daß sich sehr viele von ihnen in Not befinden und nicht in der Lage sind, auf ihre Sparkonten wenigstens in dem geringen Maße, in dem es für West-Berliner möglich ist, zurückzugreifen. Ich darf allerdings dabei sagen: in einer noch schwierigeren Lage befinden sich alle diejenigen, die nicht nach West- sondern nach Ostdeutschland evakuiert worden sind und die nun auch die geringen Hilfsmöglichkeiten, die hier vorhanden sind, nicht im gleichen Maße haben. Wenn Herr Nöll von der Nahmer meinte, daß es sich dabei um einen Betrag von weniger als 104 Millionen DM handle, so hat schon der Herr Finanzminister darauf hingewiesen, daß es sich nicht nur um diese persönlichen Sparer handelt, sondern auch um die überlokalen Organisationen, die bis heute noch nicht in den Besitz des Umstellungswertes gekommen sind.
Lassen Sie mich aber, meine sehr verehrten Herren und Damen, ein Wort dazu sagen, wie es überhaupt möglich war, zu dieser Ungerechtigkeit zu kommen, denn ich weiß, daß dies von westdeutschen Sparern zum Teil nicht verstanden wird. Die Durchführungsverordnung Nr. 19, die von der Militärregierung erlassen wurde, ist am 23. Dezember 1949, d. h. wenige Monate nach der Blokkade, erschienen, in einer Zeit, in der Berlin in einer ganz besonderen Schwierigkeit war. Wir hatten nicht nur eine vierfache Währungsreform im Gegensatz zu Westdeutschland zu verzeichnen, wir hatten die 11 Monate Blockade durchgehalten und standen mitten in der Spaltung Berlins. Das bedeutete, daß der einzelne in Berlin bis zum äußersten ausgeblutet und verarmt, daß aber genau so unsere Wirtschaft verarmt war, und daß eine unerhörte Arbeitslosigkeit die Folge war. Aus diesem Grunde mußte diesen Menschen und dieser Wirtschaft zunächst einmal geholfen werden. Nun aber — darin gebe ich den Interpellanten und dem Herrn Finanzminister sehr gerne recht — muß alles getan werden, um diese 80 bis 100 Millionen, die für die Einzelsparer, und die rund 115 Millionen, die für die überlokalen Guthaben in Frage kommen, auch endlich wenigstens — ich sage es noch einmal — in dem minimalen Maße der Umwertung von 20 zu 1 den Guthaben der West-Berliner gleichzustellen. Es wird aber notwendig sein, in eingehenden Beratungen dafür zu sorgen, daß nicht eine neue Belastung West-Berlins und damit der West-Berliner Bevölkerung erfolgt.
Es handelt sich nicht um ein Berliner Problem. Ein Berliner Problem ist es nur in dem Sinne, daß auch wir ein Interesse daran haben, in Westdeutschland nicht den Eindruck aufkommen zu lassen, daß dieses Westdeutschland, wie es häufig in den Eingaben, die wir wohl alle erhalten, heißt, auf der einen Seite Berlin helfe und auf der andern Seite Berlin sich nicht um seine früheren Einwohner, die sich in Westdeutschland befinden, kümmere. Es handelt sich aber darum, daß die Aufgabe vom gesamtdeutschen Standpunkt aus gelöst wird. Dabei muß überprüft werden, inwieweit auch die Rechtsfolgebanken aus Berlin, die sich heute im Bundesgebiet befinden, mit für die Verpflichtungen aufzukommen haben. Es geht nicht an, wie Herr Kollege Nöll von der Nahmer gemeint hat, daß auf der einen Seite die Sparguthaben aus Berlin herausgezogen werden, auf der andern Seite aber auch die Banken infolge ihrer Sitzverlegung ihr Kapital aus Berlin herausgeholt haben. Deshalb muß eingehend geprüft werden, wie all denen, die sich nicht in Berlin befinden, in der gerechtesten und für Berlin tragbarsten Weise geholfen werden kann. Darum freue ich mich, daß der Herr Finanzminister im Gegensatz zu Verhandlungen, die bisher stattfanden, erklärt hat, es sei nicht der richtige Weg, auf der Grundlage der Verwaltungsvereinbarung seitens der Bundesregierung für die Zinsen in Höhe von 5 bis 6 Millionen DM aufzukommen, wie es notwendig ist. Die Verwaltungsvereinbarung würde ein absolut unsicheres Element in die Angelegenheit hineintragen, wie wir es gerade gegenwärtig sehen, wo der Betrag, der Berlin nach unserer Ansicht im Monat März zusteht, reduziert werden soll. Ich brauche nur an die augenblickliche Streikgefahr in Berlin zu erinnern, um Ihnen zu zeigen, wie schwierig unsere Lage ist. Es muß durch ein Gesetz die hundertprozentige Sicherheit gegeben werden, daß nun auch alle zu ihrem Recht kommen, d. h. die Sparer, die überlokalen Organisationen und Berlin..