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ID0112302500

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    Vokabeln: 6
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
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    5. Herr: 1
    6. Bundesfinanzminister.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 123. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. März 1951 4685 123. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 7. März 1951. Geschäftliche Mitteilungen . . . . 4686C, 4687A, 4718A, 4732C Änderung der Tagesordnung 4686D Anfrage Nr. 159 der Fraktion der SPD betr. Überschwemmungsschäden in Niedersachsen und Schleswig-Holstein (Nrn 1861 und 1979 der Drucksachen) 4687A Zwischenbericht des Bundesministers der Finanzen über die Frage der Freigabe historischer Gold- und Silbermünzen (Nr 1981 der Drucksachen) 4687A Bericht des Bundeskanzlers über Kredite und steuerliche Begünstigungen für Flüchtlingsbetriebe (Nrn. 1286 und 1986 der Drucksachen) 4687B Beratung der Interpellation der Fraktion der FDP betr. Uraltkonten in West-Berlin, deren Berechtigte im Gebiete der Bundesrepublik wohnen (Nr. 1786 der Drucksachen) 4687B Dr. Dr. Nöll von der Nahmer (FDP), Interpellant 4687B Schäffer, Bundesminister der Finanzen 4688A Frau Schroeder (Berlin) 4689A Dr. Reif (FDP) 4689D Frau Kalinke (DP) 4690A Dr. Krone (CDU) 4690B Ausschußüberweisung 4690C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Vereinfachung des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes (ESt- und KSt-Änderungsgesetz 1951) (Nr. 1982 der Drucksachen) in Verbindung mit der Ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes und des Beförderungsteuergesetzes (Nr. 1983 der Drucksachen) . . . 4690C Schäffer, Bundesminister der Finanzen 4690D, 4710D Dr. Koch (SPD) 4695D Dr. Bertram (Z) 4701B Neuburger (CDU) 4703D Dr. Dr. Höpker-Aschoff (FDP) . . 4707A Ewers (DP) 4713A Loritz (WAV) 4714C Müller (Frankfurt) (KPD) 4716A Ausschußüberweisung 4718A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über Sozialversicherung nebst Schlußprotokoll (Nr 1977 der Drucksachen) 4718A Sauerborn, Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit , . . 4718A Ausschußüberweisung 4719A Erste, zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur weiteren Verlängerung der Geltungsdauer des Preisgesetzes (Nr. 1993 der Drucksachen; Anträge Umdruck Nrn. 93 und 94) 4687A, 4719A Dr. Schröder (Düsseldorf), Antragsteller 4719A, 4724D Frau Strobel (SPD) 4719D Dr. Dr. Müller (Bonn) (CDU) . . . 4721D Dr. Niklas, Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 4723A Kriedemann (SPD) 4723C Dr. Preusker (FDP) 4724C Abstimmungen 4725A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Wertpapierbereinigungsgesetzes (Nr. 1654 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Geld und Kredit (12. Ausschuß) (Nr. 1984 der Drucksachen) 4725C Neuburger (CDU), Berichterstatter 4725C Abstimmungen 4726A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes über die Übernahme von Sicherheitsleistungen und 4 Gewährleistungen im Ausfuhrgeschäft (Nr. 1845 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen (14. Ausschuß) (Nr. 1972 der Drucksachen) 4726C Degener (CDU), Berichterstatter . 4726C Beschlußfassung 4726D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Verlängerung der Prioritätsfristen auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes (Nr. 1731 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Patentrecht und gewerblichen Rechtsschutz (16. Ausschuß) (Nr 1980 der Drucksachen) 4727A Dr. Schatz (CSU), Berichterstatter . . 4727B Beschlußfassung 4728A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Fragen der Jugendfürsorge (33. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Dr. Mende u. Gen. betr. Programm für die Betreuung der deutschen Jugend (Nrn. 1030, 1968 der Drucksachen) . . . 4728A Kemmer (CSU), Berichterstatter . . 4728B Strauß (CSU) 4728D Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 4730A Beschlußfassung 4731C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wiederaufbau und Wohnungswesen (18. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der FDP betr. Gebührenbefreiung beim Kleinwohnungsbau (Nrn. 1467, 1978 der Drucksachen) . . 4731C Erler (SPD), Berichterstatter . . . . 4731C Beschlußfassung 4732A Beratung der Übersicht Nr. 21 über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages über Petitionen (Umdruck Nr. 87) 4732A Beschlußfassung 4732C Beratung des interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck Nr. 91) 4732C Beschlußfassung 4732C Nächste Sitzung 4732C Die Sitzung wird um 13 Uhr 31 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Dr. Hermann Höpker-Aschoff


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Meine Damen und Herren! Es ist schon einmal das Wort „Steuerbewilligungsmaschine" gefallen. Ich glaube, Herr Finanzminister, das, was darüber in den Zeitungen berichtet wurde und was ich heute morgen auch mit einiger Bestürzung gelesen habe, entspricht wohl nicht ganz den Tatsachen. Denn wenn diese Rede im bayerischen Grenzland so gelautet haben sollte, wie die Zeitungen es berichten, müßte ich allerdings sehr energisch dagegen Verwahrung einlegen, daß wir hier zu einer „Steuerbewilligungsmaschine" degradiert werden sollen. Im übrigen werden wir auch die Rechte der Steuerzahler wahrzunehmen haben, dazu sind wir nun einmal berufen. Wenn ich dabei auch nicht so sehr daran denke, daß es gilt, den einzelnen Steuerzahler zu schonen, so steht doch soviel fest, daß wir Steuergesetze unmöglich ohne Rücksicht auf ihre wirtschaftlichen Auswirkungen verabschieden können.
    In diesem Zusammenhang noch eine andere Bemerkung. Herr Finanzminister, Ihre Gesetze, sowohl das Einkommensteuergesetz wie das Umsatzsteuergesetz, enthalten eine Fülle von Ermächtigungen, die bei uns gewisse Bedenken auslösen. Wenn alle diese Ermächtigungen Ihnen wirklich' erteilt werden sollten, würde unsere Arbeitszeit hier im Hause vielleicht verkürzt werden; aber wir hätten dann zugleich das Gefühl, einfach an die Seite geschoben zu werden.

    (Sehr richtig! bei der FDP.) .

    Ich glaube also nicht, daß Sie darauf rechnen können, daß wir Ihnen diese Ermächtigungen in dem gewünschten Umfange erteilen werden.

    (Sehr gut! bei der FDP.)

    Sie mögen vielleicht der Meinung sein, daß die Gesetzgebungsmaschine zu schwerfällig arbeite und daß infolgedessen an die Stelle der Gesetze Rechtsverordnungen treten müßten. Nun, wenn die Gesetzgebungsmaschine etwas schwerfällig arbeitet, so liegt das, glaube ich, nicht so sehr am Bundestag, sondern es liegt an der unglückseligen Konstruktion unseres Grundgesetzes,

    (Sehr richtig! links)

    das eine zweite gesetzgebende Körperschaft zweimal in den Ablauf der Gesetzgebung einschaltet. Einmal wird ihr die Vorlage von der Bundesregierung zugeleitet, und dann kann sie mit einer Überlegungsfrist von 21 Tagen zu dieser Vorlage Stellung nehmen. Dann geht die Vorlage an den Bundestag, und nach Beratung im Bundestag geht sie erneut an den Bundesrat, der nun wiederum überlegen kann, ob er dem Gesetz zustimmen oder Einspruch einlegen will. Ich denke manchmal, daß wir besser gefahren wären, wenn wir im Parlamentarischen Rat auf die Vorschläge eingegangen wären, die damals von meinen engeren Freunden gemacht worden sind, nämlich der Zweiten Kammer die Form eines Senates zu geben. Hätten wir das gemacht, so würden alle Gesetzesvorlagen zunächst an den Bundestag herankommen, und der Bundesrat in der Form des Senates hätte dann nur noch die Möglichkeit, einmal zu dieser Vorlage Stellung zu nehmen.
    Meine Damen und Herren! Das Memorandum, das der Vorlage der Regierung beigelegt ist, errechnet einen erschreckenden Mehrbedarf. Ich bin der Meinung, daß diese Berechnung nicht ganz ohne Widerspruch hingenommen und zur Grundlage unserer Entschließung gemacht werden kann. Ich habe dabei vor allen Dingen den einen großen Posten, Mehrausgaben für Besatzungskosten 1 700 Millionen DM, im Auge. Ich bin mir darüber im klaren, daß der Herr Finanzminister und sein Ministerium sich alle erdenkliche Mühe geben werden, diese Besatzungskosten zu vermindern. Was heute der Herr Minister selbst bereits gesagt hat, daß er am liebsten das Wort Besatzungskosten vermeiden würde und daß er in diesen Besatzungskosten nur einen Sicherheitsbeitrag sehen könnte, ist uns ganz gewiß aus dem Herzen gesprochen. Aber wenn das nun alles richtig ist, können wir diesen Posten von 1 700 Millionen DM als eine unausweichliche Mehrausgabe nicht ohne weiteres hinnehmen. Ich darf auf die Untersuchung des Tübinger Instituts über die Höhe der Besatzungskosten hinweisen und bin der Meinung, daß wir auf dieser Grundlage alles versuchen müßten, um diese Mehrausgabe an Besatzungskosten in engeren Grenzen zu halten.
    Ich habe neulich schon einmal darauf hingewiesen, daß die Wandlung der Verhältnisse, wenn nunmehr die Besatzungsmächte bereit sind, uns ein höheres Maß von Selbstverwaltung und eigener Regierung einzuräumen, auch manche Änderungen bedingt. Ich habe damals darauf hingewiesen: Warum müssen noch Residenten der Militärregierung in allen Kreisstädten, in allen Landkreisen und bei allen Regierungen sitzen, Residenten mit großen Stäben, die ihre Aufgabe nur darin sehen, irgendwie in die uns zustehende Verwaltung einzugreifen?

    (Lebhafte Zustimmung.)

    Wenn diese Dinge einmal bereinigt würden. würden die Besatzungskosten eine sehr erhebliche Verminderung erfahren können.
    Dann noch einige Bemerkungen darüber, ob die Schätzungen des Mehrbedarfs insofern richtig sind, als das Mehraufkommen der laufenden Steuern eingeschätzt worden ist. Wir haben in diesen Tagen die Mitteilung über das Aufkommen der Steuern in den ersten drei Vierteljahren hekommen, auch die Mitteilung über das Aufkommen der Steuern im Monat. Januar. Die Ergebnisse erscheinen außergewöhnlich günstig. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß, obwohl der Herr Finanzminister bei der Aufstellung des Haushalts für das Jahr 1950 bereits erhebliche Mehreinnahmen in Rechnung gestellt hatte, diese Mehreinnahmen noch überschritten werden und daß das Ergebnis des Jahres 1950 ein Mehraufkommen an Steuern über die Haushaltsansätze hinaus sein wird, das nach meinen Berechnungen bei etwa einer halben Milliarde liegen wird.

    (Hört! Hört! bei der FDP.)

    Ich möchte auch meinen, daß die Landesfinanzminister, wenn einmal die Abschlußzahlungen zur Einkommen- und Körperschaftsteuer für das Jahr 1950 erfolgen werden, eine freudige Überraschung erleben werden.

    (Abg. Schoettle: Aber Sie werden es uns nicht zeigen, Herr Kollege!)

    Sie werden mehr erhalten, als sie bisher erwarten konnten.


    (Dr. Dr. Höpker-Aschoff)

    In diesem Zusammenhang noch ein besonderer Hinweis! Wir stehen vor der Verabschiedung eines neuen Zolltarifes und haben auf Grund der Verabschiedung dieses neuen Zolltarifes jetzt erheblich höhere Einnahmen aus Zöllen zu erwarten. Ich vermisse die Einrechnung dieser erhöhten Mehreinnahmen bei den Berechnungen des Finanzministeriums. Also auch das bedarf noch der Nachprüfung.
    Dann, meine Damen und Herren, ein weiterer Punkt, den bereits Herr Kollege Dr. Bertram berührt hat, das Verhältnis des Bundes zu den Ländern. Wir sollen hier nicht nur eine Erhöhung der Umsatzsteuer, sondern auch Erhöhungen der Einkommensteuer beschließen, also einer Steuer, die in die Kassen der Länder fließen würde. Der Herr Finanzminister scheint darauf hinaus zu wollen, obwohl das weder im Memorandum noch in der Begründung im einzelnen ausgeführt ist, von der Einkommen- und Körperschaftsteuer den Ländern im kommenden Jahr 30 % abzunehmen, dafür aber auf die Interessenquote zu verzichten. Wenn dieser Plan durchgeführt werden könnte, würde der Finanzminister an der Interessenquote rund 1130 Millionen verlieren und auf der anderen Seite einen Betrag von vielleicht zwei Milliarden gewinnen, würde also tatsächlich an dem Mehraufkommen an Einkommen- und Körperschaftsteuer als Hauptempfänger beteiligt sein. Aber das würde davon abhängen, daß zunächst einmal Abänderungsgesetze ergehen. Ich halte es mit dem Herrn Kollegen Dr. Bertram in der Tat für völlig unmöglich, daß wir die Erhöhung der Einkommen-und Körperschaftsteuer bewilligen, ohne gleichzeitig in Gesetzesform darüber zu beschließen, daß ein Teil dieser Einkommen- und Körperschaftsteuer, also etwa 30 %, gemäß Art. 106 Abs. 3 in die Bundeskasse fließt. Sonst würde der seltsame Zustand eintreten: die Einkommen- und Körperschaftsteuer ist erhöht, der Ertrag fließt zunächst in die Kassen der Länder, und es hängt nunmehr von der Zustimmung der Länder ab — die Inanspruchnahme des Art. 106 Abs. 3 setzt nämlich ein Zustimmungsgesetz voraus —, ob der Bund tatsächlich an dem Mehraufkommen der Steuern beteiligt wird. Es wird also eine Verkopplung der Verabschiedung des Gesetzes über die Einkommen-und Körperschaftsteuer und des Gesetzes, das das Verhältnis zwischen Bund und Ländern auf Grund des Art. 106 Abs. 3 ändert, unter allen Umständen 'hergestellt werden müssen. Ob die Länder überhaupt Mehreinnahmen brauchen — sie würden auch dann noch gewisse Mehreinnahmen haben, und den Gemeinden würden mehr Einnahmen zufließen, weil mit der Verschärfung der Einkommensteuer dann auch die Gewerbeertragsteuer hochgehen würde —, ist eine Frage, die ich hier im einzelnen nicht behandeln will. Aber wenn heute immer wieder in allen Ländern von der Notwendigkeit einer durchgreifenden Verwaltungs- reform gesprochen wird, so wäre vielleicht ein solcher Mehrbedarf nicht mehr da, wenn mit einer solchen Verwaltungsreform endlich einmal ernst gemacht würde.
    Meine Damen und Herren! Wir begrüßen es, daß in der Vorlage für die Einkommensteuer der Tarif unangetastet bleibt. Ich weiß, daß wir uns hier im Gegensatz gerade zu der Sozialdemokratischen Partei befinden, die ja die Senkung des Tarifes durch die vorjährige Novelle immer bekämpft hat und uns heute angekündigt hat, daß ihr Wunsch dahin gehen würde, den Tarif der Einkommensteuer noch zu verschärfen. Ich weiß nicht, Herr Kollege Dr. Koch, ob es einen Sinn hat, auf diese alte Kontroverse noch einzugehen. Aber eins möchte ich Sie doch bitten zu überlegen. Denken Sie einmal an die Vergangenheit. Wir haben die scharfen Kriegszuschläge während des zweiten Weltkrieges erlebt; sie trafen in der Hauptsache die mittleren und höheren Einkommen. Wir haben die drakonischen Steuergesetze des Kontrollrats erlebt; sie trafen in der Hauptsache die mittleren und hohen Einkommen. Wir haben dann die Steuerreform von 1948 erlebt, das Gesetz Nr. 64 im Zusammenhang mit der Währungsreform; sie kam nur den unteren Einkommen bis zu 4500 Mark zugute, die mittleren und höheren Einkommen gingen leer aus. Wenn nach dieser geschichtlichen Entwicklung der Gesetzgeber sich nun endlich dazu aufraffte,

    (Zuruf des Abg. Seuffert)

    den Tarif auch auf der Ebene der mittleren und höheren Einkommen zu ändern, so glaube ich nicht, daß Sie das Recht haben, das als eine unsoziale Steuerreform zu betrachten.

    (Beifall rechts und in der Mitte.)

    Daß diese Ermäßigung des Tarifs im Laufe des vergangenen Jahres ihre Früchte getragen hat, indem sie ein starkes Stück zur Belebung der Wirtschaft beigetragen hat, ich glaube, das kann nicht bestritten werden.

    (Zurufe links.)

    Nun hätte man vielleicht damals daran denken können, einige der Bestimmungen, die j a nicht wir im vorigen Jahr geschaffen haben, sondern die durch die Steuernovelle vom April 1949 geschaffen wurden, also die Begünstigung der Selbstfinanzierung, wieder zu beseitigen. Diese Bestimmungen sind jedoch unter dem Zwang der Verhältnisse geschaffen worden, weil die Besatzungsmächte rundweg abgelehnt hatten, irgendeine Änderung des Tarifs zugunsten der mittleren und höheren Einkommen herbeizuführen. Daher mußte schlechthin ein Ausweg gesucht werden, wenn man der Wirtschaft irgendeine Möglichkeit geben wollte, auf dem Wege der Selbstfinanzierung ihre Unternehmungen wieder aufzubauen. Damals gab es ebensowenig wie heute einen Kapitalmarkt.

    (Zuruf links.)

    — Nun gewiß, man hätte vielleicht damals daran denken können, aber hat sich das nicht auch im vorigen Jahr bezahlt gemacht? Sie sprechen immer von Fehlinvestitionen. Ich will ohne weiteres zugeben, daß unter den Investitionen Fehlinvestitionen vorgekommen sind; aber Sie tun ja beinahe so, als ob die ganze Fülle dieser Investitionen nur aus Fehlinvestitionen bestanden habe. Davon kann doch gar keine Rede sein!

    (Zuruf von der SPD: Aber zum größten Teil!)

    Herr Kollege Koch, Sie gehen doch auch mit offenen Augen im Lande herum und sehen, was in diesen Jahren geschaffen worden ist. Sie werden mir zugeben, daß manches nicht hätte geschaffen werden können, wenn diese Begünstigung der Investitionen, diese Begünstigung der Eigenfinanzierung nicht dagewesen wäre.

    (Abg. Dr. Greve: Aber auf wessen Kosten?) Und diese Dinge haben sich bezahlt gemacht.

    Sie haben dann in diesem Zusammenhang eine merkwürdige Verkoppelung mit den Engpässen hergestellt, die in der Wirtschaft vorhanden ge-


    (Dr. Dr. Höpker-Aschoff)

    wesen seien. Ja, Herr Kollege Koch, könnte man
    nicht umgekehrt argumentieren, wenn wir dieselbe
    Möglichkeit der Eigenfinanzierung beispielsweise
    dem Bergbau gegeben hätten und wenn der Bergbau nicht durch Zwangswirtschaft an unzureichende
    Preise gebunden worden wäre, dann hätten wir die
    Engpässe vielleicht heute nicht. Das wäre vielleicht
    der logische Schluß dieser Argumentation gewesen.

    (Lebhafter Beifall rechts und in der Mitte. — Abg. Dr. Greve: Wer hätte die teuren Kohlen bezahlen sollen?)

    Nun, meine Damen und Herren, möchte ich auf einige Einzelheiten der uns vorliegenden Gesetzentwürfe eingehen, zunächst auf den § 10 des Einkommensteuergesetzes, die Sonderausgaben. Wir haben es damals begrüßt, daß hier eine gewisse Begünstigung des Kleinsparens im Gesetz vorgesehen wurde. Nun gewiß, diese Bestimmungen sollen nicht beseitigt werden durch die Novelle, aber im Gesetz ist für diese Sonderausgaben eine Grenze vorgesehen: 1200 + 400 + 400 DM und bei den alten Leuten 1600 + 800 + 800 DM. Nun tritt hier, zwar nicht für das Jahr 1951, aber vom 1. Januar 1952 ab eine entscheidende Änderung ein. Es fällt nämlich der höhere Grenzbetrag für die alten Leute über 50 Jahre weg, und gerade das würden meine Freunde außerordentlich bedauern;

    (Sehr richtig! rechts)

    denn wir hatten gerade entscheidenden Wert darauf gelegt, bei der Begünstigung des Sparens vor allen Dingen auch an die alten Leute zu denken, die nun nicht mehr allzuviele Jahre vor sich haben, wenn sie für ihre alten Tage einige Ersparnisse zurücklegen wollen. Außerdem sind in dem bisher freigegebenen Rahmen auch langfristige Sparverträge mit Bausparkassen oder Lebensversicherungsgesellschaften abgeschlossen worden. Wird nun der Rahmen der Sonderausgaben für die alten Leute herabgedrückt, so sind sie gezwungen, diese Verträge irgendwie rückgängig zu machen, unter Umständen mit erheblichen Verlusten. Hier haben wir also sehr erhebliche Bedenken gegen das, was vorgeschlagen ist.

    (Sehr richtig! rechts)

    In diesem Zusammenhang, Herr Minister, noch eine andere Bemerkung. Wir haben mit vieler Mühe Vergünstigungen für Spenden zur wissenschaftlichen Forschung in das Gesetz hereingebracht. Die Geschichte wird jetzt in § 10 gestrichen, erscheint dann aber in § 10 b an einer anderen Stelle, leider jedoch halbiert; denn bisher waren es 100/0 und jetzt sind es nur noch 5%. Ich glaube also, daß wir diese Kürzung der Steuerfreiheit für die Zuwendungen zur wissenschaftlichen Forschung unter keinen Umständen hinnehmen können.

    (Abg. Kunze: Auch nicht zur Wohlfahrtspflege!)

    Nun zu den Bestimmungen der §§ 10 a und 32 a. Wenn wir einen Kapitalmarkt hätten, gut, dann könnte man sich mit der Streichung des § 10 a abfinden. Aber da dieser Kapitalmarkt nicht da ist und da ich im Augenblick auch nicht weiß, wie er entwickelt werden soll, und da ich insbesondere noch nicht sehe, wie der Erhardsche Plan des gebundenen Sparens oder des erzwungenen Sparens verwirklicht werden soll, so muß ich doch im Namen meiner Freunde ausdrücken, daß wir ganz erhebliche Bedenken gegen die völlige Streichung des § 10 a haben. Wir lassen mit uns darüber reden, wenn man einen Weg findet, an die Stelle der Fremdfinanzierung eine Begünstigung des Kapitalsparens im Rahmen des § 10 a zu setzen. Darüber ließe sich reden; aber den § 10 a völlig zu streichen, ohne anstatt der Eigenfinanzierung eine Finanzierung über den Kapitalmarkt zu gewährleisten, scheint uns ein sehr großes Wagnis zu sein.

    (Sehr richtig! bei der FDP.)

    Bei dem § 32 a mag in der Möglichkeit, für alle Personalgesellschaften die Besteuerung nach den Grundsätzen der Körperschaftsteuer zu verlangen, ein gewisser Ersatz liegen. Aber so, wie es heute in dem Gesetz vorgeschlagen ist, ist es wahrscheinlich völlig undurchführbar. Denken Sie an Gesellschaften, offene Handelsgesellschaften mit mehreren Gesellschaftern oder gar an Kommanditgesellschaften mit 6 oder 10 Gesellschaftern, Familiengesellschaften. In welcher Form soll denn das durchgeführt werden? Einmütiger unwiderruflicher Antrag? Das ist bei einer Gesellschaft mit mehreren Gesellschaftern, insbesonder aber bei einer Kommanditgesellschaft, gar nicht beizubringen. Also hier werden nach meinem Dafürhalten auch noch einige Abänderungen eingebaut werden müssen.
    Ich habe noch im Interesse der Vertriebenen auf eines hinzuweisen. Der § 7 a enthielt bisher in der Vorlage noch eine Ausnahme zugunsten der Vertriebenen. blieb für die Vertriebenen aufrechterhalten. Der Bundesrat hat das gestrichen. Nun will der Finanzminister hier mit Subventionen aushelfen. Ob das gerade ein willkommener und guter Weg ist, das ist mir außerordentlich fraglich.
    Dieselbe Frage wird auch bei § 10 a auftauchen. Wir haben ja Gott sei Dank eine ganze Reihe von Vertriebenen, denen es gelungen ist, hier im Westgebiet einen eigenen Betrieb wieder aufzubauen und mit einigem Erfolg zu arbeiten. Diesen Betrieben muß doch unter allen Umständen die Möglichkeit gegeben werden, aus etwaigen Gewinnen nun ihren Betrieb weiter aufzubauen, Kapital zu bilden. Also da würde sich die ersatzlose Streichung des § 10 a besonders schlimm auswirken. Ich habe nun allerdings die Worte des Herrn Finanzministers so verstanden, daß Subventionen an die Vertriebenen nicht nur im Falle des § 7 a, sondern auch im Falle des § 10 a gegeben werden sollen. Das wäre ein kleiner Trost; aber ob dieser kleine Trost als ausreichend betrachtet werden kann, ist mir auch noch recht fraglich.
    Noch ein Wort zu den Betriebsprüfern. Wenn der Bund nun auf einen Teil der Einkommensteuer zurückgreift, wird er wohl auch das Recht haben müssen, die Veranlagung der Einkommensteuer durch die Landesfinanzverwaltungen zu überwachen. Das ist ja nun der Punkt, wo der Herr Finanzminister einhaken und seine Bundesbetriebsprüfer einsetzen will. Ich begrüße es sehr, daß dieser Versuch unternommen wird. Es kann gar keinem Zweifel unterliegen, daß die Veranlagung in den verschiedenen Ländern nach verschiedenen Grundsätzen durchgeführt wird und daß wir eine wirklich sorgfältige und einheitliche Veranlagung nur dann bekommen werden, wenn wir diese Bundesbetriebsprüfer haben werden.

    (Zurufe: Sehr richtig!)

    Aber wir gehen hier einen krummen und krausen Weg, und wir werden auf einen geraden Weg erst kommen — Herr Bundesfinanzminister, ich hoffe, daß Sie mir heute darin zustimmen werden —, wenn wir die einheitliche Bundesfinanzverwaltung haben.

    (Starker Beifall bei der FDP.)

    Dann wird sich diese Frage viel leichter abwickeln.
    Nun noch ein paar Bemerkungen zu der Umsatzsteuer. Ich will nur die Fragen herausheben, die


    (Dr. Dr. Höpker-Aschoff)

    wahrscheinlich auch Gegenstand der Auseinandersetzungen unter uns und insbesondere im Finanz-und Steuerausschuß sein werden, also zunächst die Sonderbesteuerung für die Großbetriebe, Konsumvereine und Warenhäuser. Wir haben doch diese Frage im vorigen Jahre hier zur Entscheidung gestellt und haben uns in einer namentlichen Abstimmung dafür entschieden, diese Sondersteuer beizubehalten.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Wir haben das getan, weil wir der Meinung waren, daß darin ein gewisser Schutz der mittelständischen Betriebe liege.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Ich weiß nicht, warum wir unsere Meinung nun von heute auf morgen ändern sollen.

    (Sehr richtig! in der Mitte und rechts.) Meine Parteifreunde sind gewillt, an dieser Sondersteuer festzuhalten, und werden hier nicht auf eine Hilfe verzichten, die für den Mittelstand nicht ohne Bedeutung ist.

    Dann will ich noch auf etwas anderes hinweisen, das ist die Frage der Besteuerung der mehrstufigen Betriebe. Diese Besteuerung mehrstufiger Betriebe haben wir heute nur bei den sogenannten Spinnwebern. Nun ist es eine Ungerechtigkeit, wenn man diese Besteuerung der Innenumsätze nur an einer bestimmten Stelle durchführt. Man wird also diese Sonderregelung für die Spinnweber entweder beseitigen müssen oder man wird den Gedanken der Besteuerung der Innenumsätze in vertikalen Vertrustungen weiter ausdehnen müssen. Nun geht aber die Vorlage, wenn ich von der Begründung ausgehe, offenbar einen ganz anderen Weg. Sie will diese Steuerbefreiung der Innenumsätze nunmehr auch auf die Organgesellschaften ausdehnen. Diesen Gedanken betrachten meine Parteifreunde mit einer gewissen Sorge, weil das ja die Tendenz zur Konzernbildung, zur Vertrustung noch verstärken würde. Wir werden also auch diese Frage, glaube ich, einer sehr eingehenden Betrachtung unterziehen müssen, und ich möchte meinen, Herr Finanzminister, wenn wir heute eine Verbindung zwischen Produktionsbetrieben und Einzelhandelsgeschäften haben, sollten wir unter allen Umständen darauf bestehen, daß die Umsatzsteuer zweimal gezahlt wird. Es ist ein Unding, wenn sich heute große Produktionsstätten Einzelhandelsgeschäfte angliedern und dem Einzelhandel Konkurrenz machen und dabei den Vorsprung einer Steuerbegünstigung haben.

    (Zuruf: Ausgezeichnet!)

    Dasselbe ist dann der Fall, wenn Einzelhandelsunternehmungen sich von sich aus mit einem Produktionsbetrieb verbinden und dadurch auch den Vorsprung im Wettbewerb durch eine Ersparung an Steuern gewinnen.
    Sodann ein paar Worte zu der Exportförderung. Wir haben gehört, daß uns ein besonderes Gesetz über die Exportförderung vorgelegt werden soll. Was über eine Erhöhung der Ausfuhrhändlervergütung im Entwurf drinsteht, ist eigentlich nur eine Konsequenz der Erhöhung der Steuersätze und keine besondere Begünstigung des Exports. Aber aus Verlautbarungen der Zeitungen erfahren wir ja, daß eine gewisse Förderung des Exports durch Steuerbegünstigungen geplant ist und daß diese Steuerbegünstigungen nicht nur im Rahmen der Umsatzsteuer, sondern vielleicht auch der Einkommensteuer liegen würden. Herr Finanzminister, wir bitten Sie dringend, dafür zu sorgen, daß wir diese Vorlage im Zusammenhang mit diesem Gesetz verabschieden können. Ich halte das für durchaus möglich, selbst dann, wenn Sie eine besondere Gesetzesvorlage machen wollen. Dann möge sie uns in den Finanz- und Steuerausschuß nachgeschickt werden.
    Dann muß ich leider noch auf eine andere Frage hinweisen. Ich fürchte, daß ich damit dem Herrn Bundesfinanzminister einen Kummer mache. Wir haben uns im Finanz- und Steuerausschuß sehr eingehend auch mit anderen indirekten Steuern befaßt: Tabaksteuer und Kaffeesteuer. Wir sind in unseren Berechnungen zu dem Ergebnis gekommen, daß eine Senkung der Steuersätze bei diesen Steuern möglich ist, ohne daß es dem Herrn Finanzminister einen Pfennig Geld kosten würde.

    (Abg. Kemper: Ebenfalls Schaumweinsteuer!) Ich bin auch nicht der Meinung, daß man, wenn man die Umsatzsteuer erhöhte, die Tabaksteuer und die Kaffeesteuer nicht senken könnte. Warum nicht? Ich bin im Gegenteil der Meinung, daß diese Verkoppelung etwas Willkommenes sein würde, weil eine Senkung der Tabaksteuer und der Kaffeesteuer dazu beitragen würde, die reale Kaufkraft des Einkommens zu erhöhen. Ich glaube, wir werden im Finanz- und Steuerausschuß — ich möchte beinahe annehmen. daß ich und meine Parteifreunde nicht alleine stehen werden — auf diese Frage doch noch einmal zurückkommen müssen.

    Das, meine Damen und Herren, war das Wesentliche, was ich hier ausführen wollte. Daß wir als Partei der Regierungskoalition uns unserer Verantwortung bewußt sind und dazu beitragen müssen, daß der Haushalt ausgeglichen wird, brauche ich hier nicht besonders zu betonen. Denn wenn dies nicht geschehen würde, blieben nur zwei Möglichkeiten: entweder der Staatsbankrott oder die Deckung der Ausgaben durch Geldschöpfung, also eine inflatorische Entwicklung. Wir haben die Verpflichtung, den Ausgleich des Haushalts herbeizuführen, um so mehr, als wir ja durch unsere Beschlüsse aus wohlüberlegten sozialen Erwägungen und um einer sozialen Verpflichtung zu genügen, manche Ausgaben über die Vorschläge der Bundesregierung hinaus beschlossen haben.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Wer also damals angesichts der sozialen Verpflichtung A gesagt hat, der muß heute auch B sagen, und dieser Verpflichtung werden wir uns bei den weiteren Arbeiten bewußt bleiben.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Hermann Schäfer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Herr Bundesfinanzminister.

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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es war nicht meine Absicht, während der Debatte das Wort zu ergreifen, aber es ist so oft in der Debatte eine Anspielung auf die Steuerbewilligungsmaschine gefallen, daß ich mich genötigt sehe, auf dieses Thema zu sprechen zu kommen.
    Die Anspielungen waren Gott sei Dank in einem Ton gehalten, daß ich annehme, daß die Pressenachricht nicht von vornherein als völlig glaubwürdig übernommen worden 'ist; ich möchte Ihnen versichern, daß es ja auch das Gegenteil der Wahrheit und Wirklichkeit wäre, wenn man wirklich eine solche Behauptung aufstellen wollte. Ich darf


    (Bundesfinanzminister Schäffer)

    Ihnen den Zusammenhang ganz ruhig erklären und bitten, es rein menschlich zu nehmen.
    Wenn ich so im Bayerischen Wald

    (Heiterkeit)

    in meinem Grenzlandausschuß bin und spreche, dann faßt mich halt eine gewisse Liebe und Sehnsucht nach der Gegend, in der die Wiege meiner Eltern stand, und man bekommt so etwas wie Sehnsucht, zu erklären, wie man so töricht sein kann, ein so schönes Land zu verlassen und woanders tätig zu sein.

    (Heiterkeit)

    Da man selbst bei all denen, in deren Kreis man
    sitzt, merkt, daß sie sagen: mich brächte keiner
    hinaus, warum bist Du — zoologisches Beiwort —

    (Heiterkeit)

    hinaus gegangen? —, muß man mit einem Gegenwort antworten. Und ich werbe um Mitleid. Wenn ich um Mitleid werbe, schildere ich das Los des Finanzministers als solches. Ich habe Ihnen deshalb gesagt, es sei in allen Parlamenten der Welt so, daß die Parlamente gerne Ausgaben bewilligten, weil jede Ausgabebewilligung irgendeine Bevölkerungsschicht finde, bei der sie populär sei, und es wäre in allen Parlamenten der Welt so, daß die Parlamente ungern die Deckung, die Einnahmen bewilligten; denn jede Einnahme, die man bewillige, und jede Steuer finde eine Bevölkerungsschicht, bei der sie unpopulär sei. Der Finanzminister habe aber leider die Aufgabe, gegen Ausgaben vielleicht deswegen zu reden, weil er an den Steuerzahler denkt, den er zu schützen hat. Infolgedessen muß er sich manchmal gegen eine populäre Forderung stellen, wenn er ihre Durchführung für unnötig hält. Wenn die Ausgabe bewilligt ist, bleibt dem Finanzminister auf der anderen Seite gar nichts anderes übrig, als, um das Gleichgewicht zwischen Ausgaben und Einnahmen wiederherzustellen und damit der Allgemeinheit, dem Sparer, dem sozial Schwachen zu dienen, auch die Einkünfte zu verantworten und den Steuervorschlag zu machen. So sei er leider Gottes immer in der Rolle des Unpopulären. Das geschehe ihm ganz recht; warum hat er seine Heimat verlassen?

    (Heiterkeit.)

    So ungefähr war die Rede, und insofern muß ich dann erklären, warum ich gerade heute wieder als der Mann dastehe, der seine schöne Heimat verläßt, um mit recht unpopulären Steuervorschlägen an seine eigenen Landsleute heranzutreten. Ich bitte, meine menschliche Rolle zu verstehen und zu entschuldigen. Ich habe wirklich nicht das Hohe Haus als eine Steuerbewilligungsmaschine bezeichnet oder bezeichnen wollen.

    (Bravo! rechts.)

    Ich habe nur in meiner Heimat aus meinem Herzen keine Mördergrube gemacht und um Entschuldigung gebeten, daß ich sie verlassen habe.
    Jetzt darf ich auf das Sachliche eingehen, aber ich möchte nicht über jeden einzelnen Punkt sprechen, der hier erörtert worden ist.

    (Abg. Schoettle: Herr Minister, jetzt gehen Sie vom Volksgesang zum höheren Kunstgesang über! — Heiterkeit.)

    — Ja, ganz richtig. Ich möchte nicht auf die einzelnen Punkte eingehen. Ich nehme an, daß wir uns über die Einzelheiten im Ausschuß unterhalten. Es ist ja der Zweck des Ausschusses und meiner dort zu haltenden ersten Einführungsrede, auf all die Spezialpunkte, die im Plenum geäußert worden sind, im Ausschuß zu antworten. Ich darf nur die allgemeinen Gesichtspunkte herausgreifen.
    Erstens ist von den allzu reichen Ermächtigungen gesprochen worden. Es gibt heute noch einen § 12 der Reichsabgabenordnung. Nach meiner Überzeugung gilt dieser Paragraph in der Form, in der er vor 1933 bestanden hat, eigentlich heute noch. Manche Juristen bestreiten das. Infolgedessen verlangen sie wegen der Fassung des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes, daß jede einzelne Möglichkeit, für die überhaupt eine Durchführungsverordnung notwendig werden kann, von A bis Z aufgezählt wird. Früher war es eine Selbstverständlichkeit, in das Gesetz hineinzuschreiben: Der Herr Reichsminister der Finanzen erläßt die notwendigen Durchführungsvorschriften. Wenn heute versäumt wird, irgendeinen Begriff anzuführen, dann bestreiten die Juristen dem betreffenden Ressortminister das Recht, eine ganz kleine Durchführungsverordnung zu erlassen. Dieser Katalog muß so lange aufgestellt werden, als wir uns nicht zu der Erkenntnis durchringen, daß § 12 der Reichsabgabenordnung in dem Sinne wirksam ist, wie er damals gedacht war, daß man nämlich die not wendigen Durchführungsvorschriften, die man nicht in der ersten Minute alle vorausbedenken kann, erlassen kann. Bei all diesen Verordnungen kann das Parlament, wenn es mit den Durchführungsvorschriften nicht einverstanden ist, sofort deren Aufhebung verlangen. Das also war früher der einfache Weg. Warum aber soll man's einfach machen, wenn's umständlich auch geht. Eine rein formalistische Auslegung des Art. 80 des Grundgesetzes zwingt uns zu einem umständlichen Weg, zu einer Aufzählung aller Einzelheiten, die überhaupt je einmal Gegenstand einer Durchführungsverordnung sein können. Ich bitte, einmal unter diesem Gesichtspunkt die sogenannten Ermächtigungsbestimmungen zu lesen.
    Zweitens. Was das Thema „Schätzung des Bedarfs" anlangt, so ist hier gesagt worden, die Besatzungskosten seien vielleicht zu hoch eingeschätzt. Die Damen und Herren haben zugegeben, das Vertrauen zu haben, daß sich im eigenen Interesse und um des deutschen Volkes willen Bundesregierung und Bundesminister der Finanzen bemühen werden, diesen Ausgabeposten auf das notwendigste Maß einzuhalten. Ich kann heute keine bestimmte Zahl über die Höhe dieser Besatzungskosten angeben, und zwar deswegen nicht, weil erst in den nächsten Tagen bei den Hohen Kommissaren Entscheidungen über diese Zahlen fallen, über die zu reden sein wird, und weil erst von dieser Stunde an die Möglichkeit zu Verhandlungen besteht. Selbstverständlich nehme ich ohne weiteres an, daß man über diesen Posten gleich zu gleich verhandelt und nicht etwa befohlen wird. Ich mußte aber von vornherein mit einem Posten rechnen, und wenn der Wunsch, den wir haben, in Erfüllung geht, daß nämlich die deutsche Grenze durch Söhne der Mütter anderer Länder geschützt wird, dann wird allerdings nach meinem Dafürhalten insgesamt ein Bedarf, wie ich ihn gekennzeichnet habe, notwendig sein. Er wird unter der Voraussetzung ausreichen, daß die Besatzungskosten nicht mehr dem alten System dienen, sondern alles einem einheitlichen Zweck dient, nämlich der echten Verteidigung der demokratischen Welt und damit in erster Linie des an den Eisernen Vorhang stoßenden deutschen Bodens.
    Ich darf aber darauf aufmerksam machen, daß ich in die Ausgaben und in den Mehrbedarf nicht die Fortsetzung der Subventionen eingerechnet


    (Bundesfinanzminister Schiffer)

    hatte. Ich muß Ihnen heute schon gestehen —es ist j a ein öffentliches Geheimnis —: so, wie sich der Weltmarkt entwickelt hat, wäre es unmöglich, ohne unerträgliche Rückwirkungen auf Preis- und Lohngebiet die ganzen Auswirkungen des Weltmarkts auf die notwendigsten Nahrungsmittel losprellen zu lassen. Voraussichtlich wird Ihnen bald die Entscheidung darüber vorgelegt werden, daß die Subventionspolitik — auf das Notwendigste beschränkt — fortgeführt werden muß. Wer das Kapitel „Subventionen" kennt, der weiß, daß mit diesem Posten ein sehr großer Mehrbedarf an den Bundeshaushalt herangetragen wird. Dieser neue Posten wird durch die Steuervorschläge voraussichtlich nicht voll gedeckt werden können.
    Meine Damen und Herren, es ist dann über die Exportförderung gesprochen worden. Selbstverständlich ist die Bundesregierung bereit, alles zu tun, was der Exportförderung dienen kann. Sie wird daher auch auf dem Gebiet der Einkommensteuer — nicht nur der Umsatzsteuer — konkrete Vorschläge vorlegen, die bereits ausgearbeitet und mit den Ländern, die j a verantwortlich sind, da es um ihre Steuererträge geht, vereinbart sind. Ich glaube, Ihnen bestimmt versprechen zu können, Ihnen diesen Gesetzesvorschlag als Material so rasch zugehen zu lassen, daß Sie vielleicht schon im Ausschuß die Möglichkeit haben, ihn in Initiativform zu übernehmen und bereits in das neue Einkommensteuergesetz einzubauen. Damit wird Zeit gewonnen, wofür ich Ihnen sehr dankbar wäre. Denn das Ausland macht uns Vorwürfe, daß wir uns auch in der Steuergesetzgebung und in den finanzpolitischen Maßnahmen zu langsam an die Änderung der Verhältnisse angleichen würden. Wir haben dem Ausland unsere Pläne Mitte Dezember 1950 mitgeteilt. Sie wissen: wenn wir heute, am 7. März, die Ausarbeitung der Gesetzentwürfe, die Vorlage an das Kabinett, die Vorlage an den Bundesrat, die Beratung im Bundesrat, die Äußerung des Bundesrats und die Gegenäußerung der Bundesregierung — verfassungsrechtlich vorgeschriebene Stadien — überwunden und heute die erste Lesung dieser Steuergesetze haben, dann haben wir im Rahmen des Grundgesetzes rasch gearbeitet. Das Ausland versteht das nicht. Wenn ich also eine Unterstützung dahin erfahre, daß solche Gesetzentwürfe auf dem Weg der Initiative eine Beschleunigung erhalten, dann bin ich selbstverständlich dafür dankbar und werde Ihnen die Möglichkeit dazu geben.
    Eine Frage darf ich noch aufwerfen, nachdem Herr Kollege Höpker-Aschoff sie vorhin erwähnt hat — ich hoffe, ihm damit keinen Kummer zu bereiten —, nämlich die der Tabaksteuer. Eine Tabaksteuerreform im Sinne einer Steuersenkung könnte dann überlegt werden, wenn die Senkung der Tarifsätze nicht gleichzeitig eine wesentliche Senkung des Aufkommens bedeuten müßte. Ich sage es absichtlich: es schadet nichts, die deutsche Öffentlichkeit an den Ernst der Situation zu erinnern. Eine Senkung der Tabaksteuer würde zur Voraussetzung haben, daß der Tabakkonsum um wenigstens 60 % steigt. Ich frage, ob wir die notwendigen Devisen haben, um uns diese nicht unvermeidbare Einfuhr im Laufe des Jahres leisten zu können. Diese Frage müßte zuerst geklärt werden, bevor wir an eine Reform der Tabaksteuer herantreten könnten.
    Meine Damen und Herren, zum Schluß noch ein wesentliches Thema! Es ist davon gesprochen worden, daß die Steuergesetze nicht beraten erden könnten, solange nicht feststünde, wem das Mehraufkommen eigentlich zufließe. Nun darf ich zunächst folgendes sagen. Ein Gesetz nach Art. 106 Abs. 3 verlangt die Zustimmung des Bundesrates. Dieses Gesetz dem Bundesrat vorzulegen, bevor der Bundesrat weiß, was das Gesetz für ihn wirklich bedeutet, bevor ich ihm also mit Ziffern sagen kann — Art. 106 Abs. 3 setzt ja nichtgedeckte Ausgaben des Bundes voraus —, worin die nichtgedeckten Ausgaben des Bundes bestehen, bevor ich ihm nicht sagen kann, wie tief ziffernmäßig der Eingriff in die Ländermittel ist, wie hoch er infolgedessen prozentual bei den Steuern ist, erscheint mir ganz aussichtslos. Ich halte die Voraussetzungen erst dann für gegeben, wenn ich dem Bundesrat sagen kann, in welcher Zwangslage das gesamte deutsche Volk ist, wenn ich ihm sagen kann: ich schaffe den Ländern Mehreinnahmen; ich schaffe die Mehreinnahmen aber praktisch nicht für die Länder, sondern ich muß sie auf diesem Wege dem Bund zuleiten; infolgedessen können die Länder ihre alten Einnahmen, ziffernmäßig gerechnet, ungefähr behalten. Dann habe ich Aussicht auf Erfolg.
    Meine Damen und Herren, ich kann Ihnen sagen, daß über dieses Thema bereits Besprechungen zwischen Länderregierungen und Bundesfinanzministerium stattgefunden haben. Diese Besprechungen von Land zu Land haben dazu geführt, daß die Mehrheit der Länderregierungen für die vom Bundesfinanzministerium vorgeschlagene Lösung eintritt. Ich freue mich, feststellen zu können, daß hier zum erstenmal ein Weg friedlich beschritten wird, von dem ich früher gedacht habe, daß er nur unter schärfsten politischen Konflikten zwischen Bund und Ländern würde beschritten werden können. Heute ist die Sachlage anders. Die Länderregierungen sind überzeugt, daß der Mehraufwand, den wir haben, anfällt, und sind überzeugt, daß der Mehraufwand gedeckt werden muß. Sie sehen bei dieser Sachlage, daß man mit dem alten System der Interessenquoten nicht durchkommt; denn dieses System bringt Ungleichheiten unter den Ländern mit sich, und eine Verdoppelung der Interessenquoten würde diese Ungleichheiten verdoppeln und zu unmöglichen Ungerechtigkeiten werden lassen. Infolgedessen haben sich die Länder in ihrer Mehrheit bisher grundsätzlich bereit erklärt, den Weg des Art. 106 Abs. 3 zu beschreiten, obwohl sie wissen, daß die selbstverständliche Schlußfolgerung daraus die Anwendung des Art. 108 Abs. 2 ist. d. h. „insoweit" geht die Verwaltung auf den Bund über.
    Es war, um Art. 106 Abs. 3 mit Aussicht auf Erfolg anzuwenden, notwendig, gleichzeitig mit den Ländern zu vereinbaren, wie die Vorschrift, daß insoweit die Verwaltung auf den Bund übergeht, zu verstehen und zu handhaben ist. Ich freue mich, feststellen zu können, daß auch hier die große Mehrheit der Länder für die Vorschläge des Bundesfinanzministers volles Verständnis gezeigt hat und selbstverständlich anerkennt, daß damit gesagt ist, daß der Bundesfinanzminister soviel Einfluß auf die Verwaltung haben muß, daß er das Aufkommen, mit dem er rechnet. auch prozentual sichern kann. Die Gesetzentwürfe, und zwar einer über die Anwendung des Art. 106 Abs. 3 und ein zweiter zum Vollzug des Art. 108 Abs. 2, sind ausgearbeitet und gehen dem Kabinett dieser Tage zu, so daß ich sie Ihnen demnächst werde vorlegen können. Ich freue mich, wenn ich dabei sagen kann: im Einvernehmen mit der großen Mehrheit der Länder. Die Länder wissen,


    (Bundesfinanzminister Schäffer)

    daß sie damit, von einem rein egoistischen und einem rein doktrinären Standpunkt aus betrachtet, ein großes Entgegenkommen beweisen müssen. Die Länder wissen aber auch, daß dieses Entgegenkommen notwendig ist, und ich glaube, sagen zu dürfen: es ist ein Vertrauensbeweis zwischen Bund und Ländern, daß es im Wege der Einigung erfolgt ist. So wie ich den Föderalismus verstehe und wie er überhaupt verstanden werden sollte, bedeutet er die Zusammenarbeit Gleichberechtigter zum Wohle des Ganzen,

    (Zustimmung rechts)

    und in diesem Falle haben Gleichberechtigte zum Wohle des Ganzen den Egoismus zurückgestellt und nach meiner Überzeugung dem Ganzen gedient.

    (Beifall in der Mitte.)