Meine Damen und Herren! Es ist schon einmal das Wort „Steuerbewilligungsmaschine" gefallen. Ich glaube, Herr Finanzminister, das, was darüber in den Zeitungen berichtet wurde und was ich heute morgen auch mit einiger Bestürzung gelesen habe, entspricht wohl nicht ganz den Tatsachen. Denn wenn diese Rede im bayerischen Grenzland so gelautet haben sollte, wie die Zeitungen es berichten, müßte ich allerdings sehr energisch dagegen Verwahrung einlegen, daß wir hier zu einer „Steuerbewilligungsmaschine" degradiert werden sollen. Im übrigen werden wir auch die Rechte der Steuerzahler wahrzunehmen haben, dazu sind wir nun einmal berufen. Wenn ich dabei auch nicht so sehr daran denke, daß es gilt, den einzelnen Steuerzahler zu schonen, so steht doch soviel fest, daß wir Steuergesetze unmöglich ohne Rücksicht auf ihre wirtschaftlichen Auswirkungen verabschieden können.
In diesem Zusammenhang noch eine andere Bemerkung. Herr Finanzminister, Ihre Gesetze, sowohl das Einkommensteuergesetz wie das Umsatzsteuergesetz, enthalten eine Fülle von Ermächtigungen, die bei uns gewisse Bedenken auslösen. Wenn alle diese Ermächtigungen Ihnen wirklich' erteilt werden sollten, würde unsere Arbeitszeit hier im Hause vielleicht verkürzt werden; aber wir hätten dann zugleich das Gefühl, einfach an die Seite geschoben zu werden.
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Ich glaube also nicht, daß Sie darauf rechnen können, daß wir Ihnen diese Ermächtigungen in dem gewünschten Umfange erteilen werden.
Sie mögen vielleicht der Meinung sein, daß die Gesetzgebungsmaschine zu schwerfällig arbeite und daß infolgedessen an die Stelle der Gesetze Rechtsverordnungen treten müßten. Nun, wenn die Gesetzgebungsmaschine etwas schwerfällig arbeitet, so liegt das, glaube ich, nicht so sehr am Bundestag, sondern es liegt an der unglückseligen Konstruktion unseres Grundgesetzes,
das eine zweite gesetzgebende Körperschaft zweimal in den Ablauf der Gesetzgebung einschaltet. Einmal wird ihr die Vorlage von der Bundesregierung zugeleitet, und dann kann sie mit einer Überlegungsfrist von 21 Tagen zu dieser Vorlage Stellung nehmen. Dann geht die Vorlage an den Bundestag, und nach Beratung im Bundestag geht sie erneut an den Bundesrat, der nun wiederum überlegen kann, ob er dem Gesetz zustimmen oder Einspruch einlegen will. Ich denke manchmal, daß wir besser gefahren wären, wenn wir im Parlamentarischen Rat auf die Vorschläge eingegangen wären, die damals von meinen engeren Freunden gemacht worden sind, nämlich der Zweiten Kammer die Form eines Senates zu geben. Hätten wir das gemacht, so würden alle Gesetzesvorlagen zunächst an den Bundestag herankommen, und der Bundesrat in der Form des Senates hätte dann nur noch die Möglichkeit, einmal zu dieser Vorlage Stellung zu nehmen.
Meine Damen und Herren! Das Memorandum, das der Vorlage der Regierung beigelegt ist, errechnet einen erschreckenden Mehrbedarf. Ich bin der Meinung, daß diese Berechnung nicht ganz ohne Widerspruch hingenommen und zur Grundlage unserer Entschließung gemacht werden kann. Ich habe dabei vor allen Dingen den einen großen Posten, Mehrausgaben für Besatzungskosten 1 700 Millionen DM, im Auge. Ich bin mir darüber im klaren, daß der Herr Finanzminister und sein Ministerium sich alle erdenkliche Mühe geben werden, diese Besatzungskosten zu vermindern. Was heute der Herr Minister selbst bereits gesagt hat, daß er am liebsten das Wort Besatzungskosten vermeiden würde und daß er in diesen Besatzungskosten nur einen Sicherheitsbeitrag sehen könnte, ist uns ganz gewiß aus dem Herzen gesprochen. Aber wenn das nun alles richtig ist, können wir diesen Posten von 1 700 Millionen DM als eine unausweichliche Mehrausgabe nicht ohne weiteres hinnehmen. Ich darf auf die Untersuchung des Tübinger Instituts über die Höhe der Besatzungskosten hinweisen und bin der Meinung, daß wir auf dieser Grundlage alles versuchen müßten, um diese Mehrausgabe an Besatzungskosten in engeren Grenzen zu halten.
Ich habe neulich schon einmal darauf hingewiesen, daß die Wandlung der Verhältnisse, wenn nunmehr die Besatzungsmächte bereit sind, uns ein höheres Maß von Selbstverwaltung und eigener Regierung einzuräumen, auch manche Änderungen bedingt. Ich habe damals darauf hingewiesen: Warum müssen noch Residenten der Militärregierung in allen Kreisstädten, in allen Landkreisen und bei allen Regierungen sitzen, Residenten mit großen Stäben, die ihre Aufgabe nur darin sehen, irgendwie in die uns zustehende Verwaltung einzugreifen?
Wenn diese Dinge einmal bereinigt würden. würden die Besatzungskosten eine sehr erhebliche Verminderung erfahren können.
Dann noch einige Bemerkungen darüber, ob die Schätzungen des Mehrbedarfs insofern richtig sind, als das Mehraufkommen der laufenden Steuern eingeschätzt worden ist. Wir haben in diesen Tagen die Mitteilung über das Aufkommen der Steuern in den ersten drei Vierteljahren hekommen, auch die Mitteilung über das Aufkommen der Steuern im Monat. Januar. Die Ergebnisse erscheinen außergewöhnlich günstig. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß, obwohl der Herr Finanzminister bei der Aufstellung des Haushalts für das Jahr 1950 bereits erhebliche Mehreinnahmen in Rechnung gestellt hatte, diese Mehreinnahmen noch überschritten werden und daß das Ergebnis des Jahres 1950 ein Mehraufkommen an Steuern über die Haushaltsansätze hinaus sein wird, das nach meinen Berechnungen bei etwa einer halben Milliarde liegen wird.
Ich möchte auch meinen, daß die Landesfinanzminister, wenn einmal die Abschlußzahlungen zur Einkommen- und Körperschaftsteuer für das Jahr 1950 erfolgen werden, eine freudige Überraschung erleben werden.
Sie werden mehr erhalten, als sie bisher erwarten konnten.
In diesem Zusammenhang noch ein besonderer Hinweis! Wir stehen vor der Verabschiedung eines neuen Zolltarifes und haben auf Grund der Verabschiedung dieses neuen Zolltarifes jetzt erheblich höhere Einnahmen aus Zöllen zu erwarten. Ich vermisse die Einrechnung dieser erhöhten Mehreinnahmen bei den Berechnungen des Finanzministeriums. Also auch das bedarf noch der Nachprüfung.
Dann, meine Damen und Herren, ein weiterer Punkt, den bereits Herr Kollege Dr. Bertram berührt hat, das Verhältnis des Bundes zu den Ländern. Wir sollen hier nicht nur eine Erhöhung der Umsatzsteuer, sondern auch Erhöhungen der Einkommensteuer beschließen, also einer Steuer, die in die Kassen der Länder fließen würde. Der Herr Finanzminister scheint darauf hinaus zu wollen, obwohl das weder im Memorandum noch in der Begründung im einzelnen ausgeführt ist, von der Einkommen- und Körperschaftsteuer den Ländern im kommenden Jahr 30 % abzunehmen, dafür aber auf die Interessenquote zu verzichten. Wenn dieser Plan durchgeführt werden könnte, würde der Finanzminister an der Interessenquote rund 1130 Millionen verlieren und auf der anderen Seite einen Betrag von vielleicht zwei Milliarden gewinnen, würde also tatsächlich an dem Mehraufkommen an Einkommen- und Körperschaftsteuer als Hauptempfänger beteiligt sein. Aber das würde davon abhängen, daß zunächst einmal Abänderungsgesetze ergehen. Ich halte es mit dem Herrn Kollegen Dr. Bertram in der Tat für völlig unmöglich, daß wir die Erhöhung der Einkommen-und Körperschaftsteuer bewilligen, ohne gleichzeitig in Gesetzesform darüber zu beschließen, daß ein Teil dieser Einkommen- und Körperschaftsteuer, also etwa 30 %, gemäß Art. 106 Abs. 3 in die Bundeskasse fließt. Sonst würde der seltsame Zustand eintreten: die Einkommen- und Körperschaftsteuer ist erhöht, der Ertrag fließt zunächst in die Kassen der Länder, und es hängt nunmehr von der Zustimmung der Länder ab — die Inanspruchnahme des Art. 106 Abs. 3 setzt nämlich ein Zustimmungsgesetz voraus —, ob der Bund tatsächlich an dem Mehraufkommen der Steuern beteiligt wird. Es wird also eine Verkopplung der Verabschiedung des Gesetzes über die Einkommen-und Körperschaftsteuer und des Gesetzes, das das Verhältnis zwischen Bund und Ländern auf Grund des Art. 106 Abs. 3 ändert, unter allen Umständen 'hergestellt werden müssen. Ob die Länder überhaupt Mehreinnahmen brauchen — sie würden auch dann noch gewisse Mehreinnahmen haben, und den Gemeinden würden mehr Einnahmen zufließen, weil mit der Verschärfung der Einkommensteuer dann auch die Gewerbeertragsteuer hochgehen würde —, ist eine Frage, die ich hier im einzelnen nicht behandeln will. Aber wenn heute immer wieder in allen Ländern von der Notwendigkeit einer durchgreifenden Verwaltungs- reform gesprochen wird, so wäre vielleicht ein solcher Mehrbedarf nicht mehr da, wenn mit einer solchen Verwaltungsreform endlich einmal ernst gemacht würde.
Meine Damen und Herren! Wir begrüßen es, daß in der Vorlage für die Einkommensteuer der Tarif unangetastet bleibt. Ich weiß, daß wir uns hier im Gegensatz gerade zu der Sozialdemokratischen Partei befinden, die ja die Senkung des Tarifes durch die vorjährige Novelle immer bekämpft hat und uns heute angekündigt hat, daß ihr Wunsch dahin gehen würde, den Tarif der Einkommensteuer noch zu verschärfen. Ich weiß nicht, Herr Kollege Dr. Koch, ob es einen Sinn hat, auf diese alte Kontroverse noch einzugehen. Aber eins möchte ich Sie doch bitten zu überlegen. Denken Sie einmal an die Vergangenheit. Wir haben die scharfen Kriegszuschläge während des zweiten Weltkrieges erlebt; sie trafen in der Hauptsache die mittleren und höheren Einkommen. Wir haben die drakonischen Steuergesetze des Kontrollrats erlebt; sie trafen in der Hauptsache die mittleren und hohen Einkommen. Wir haben dann die Steuerreform von 1948 erlebt, das Gesetz Nr. 64 im Zusammenhang mit der Währungsreform; sie kam nur den unteren Einkommen bis zu 4500 Mark zugute, die mittleren und höheren Einkommen gingen leer aus. Wenn nach dieser geschichtlichen Entwicklung der Gesetzgeber sich nun endlich dazu aufraffte,
den Tarif auch auf der Ebene der mittleren und höheren Einkommen zu ändern, so glaube ich nicht, daß Sie das Recht haben, das als eine unsoziale Steuerreform zu betrachten.
Daß diese Ermäßigung des Tarifs im Laufe des vergangenen Jahres ihre Früchte getragen hat, indem sie ein starkes Stück zur Belebung der Wirtschaft beigetragen hat, ich glaube, das kann nicht bestritten werden.
Nun hätte man vielleicht damals daran denken können, einige der Bestimmungen, die j a nicht wir im vorigen Jahr geschaffen haben, sondern die durch die Steuernovelle vom April 1949 geschaffen wurden, also die Begünstigung der Selbstfinanzierung, wieder zu beseitigen. Diese Bestimmungen sind jedoch unter dem Zwang der Verhältnisse geschaffen worden, weil die Besatzungsmächte rundweg abgelehnt hatten, irgendeine Änderung des Tarifs zugunsten der mittleren und höheren Einkommen herbeizuführen. Daher mußte schlechthin ein Ausweg gesucht werden, wenn man der Wirtschaft irgendeine Möglichkeit geben wollte, auf dem Wege der Selbstfinanzierung ihre Unternehmungen wieder aufzubauen. Damals gab es ebensowenig wie heute einen Kapitalmarkt.
— Nun gewiß, man hätte vielleicht damals daran denken können, aber hat sich das nicht auch im vorigen Jahr bezahlt gemacht? Sie sprechen immer von Fehlinvestitionen. Ich will ohne weiteres zugeben, daß unter den Investitionen Fehlinvestitionen vorgekommen sind; aber Sie tun ja beinahe so, als ob die ganze Fülle dieser Investitionen nur aus Fehlinvestitionen bestanden habe. Davon kann doch gar keine Rede sein!
Herr Kollege Koch, Sie gehen doch auch mit offenen Augen im Lande herum und sehen, was in diesen Jahren geschaffen worden ist. Sie werden mir zugeben, daß manches nicht hätte geschaffen werden können, wenn diese Begünstigung der Investitionen, diese Begünstigung der Eigenfinanzierung nicht dagewesen wäre.
Und diese Dinge haben sich bezahlt gemacht.
Sie haben dann in diesem Zusammenhang eine merkwürdige Verkoppelung mit den Engpässen hergestellt, die in der Wirtschaft vorhanden ge-
wesen seien. Ja, Herr Kollege Koch, könnte man
nicht umgekehrt argumentieren, wenn wir dieselbe
Möglichkeit der Eigenfinanzierung beispielsweise
dem Bergbau gegeben hätten und wenn der Bergbau nicht durch Zwangswirtschaft an unzureichende
Preise gebunden worden wäre, dann hätten wir die
Engpässe vielleicht heute nicht. Das wäre vielleicht
der logische Schluß dieser Argumentation gewesen.
Nun, meine Damen und Herren, möchte ich auf einige Einzelheiten der uns vorliegenden Gesetzentwürfe eingehen, zunächst auf den § 10 des Einkommensteuergesetzes, die Sonderausgaben. Wir haben es damals begrüßt, daß hier eine gewisse Begünstigung des Kleinsparens im Gesetz vorgesehen wurde. Nun gewiß, diese Bestimmungen sollen nicht beseitigt werden durch die Novelle, aber im Gesetz ist für diese Sonderausgaben eine Grenze vorgesehen: 1200 + 400 + 400 DM und bei den alten Leuten 1600 + 800 + 800 DM. Nun tritt hier, zwar nicht für das Jahr 1951, aber vom 1. Januar 1952 ab eine entscheidende Änderung ein. Es fällt nämlich der höhere Grenzbetrag für die alten Leute über 50 Jahre weg, und gerade das würden meine Freunde außerordentlich bedauern;
denn wir hatten gerade entscheidenden Wert darauf gelegt, bei der Begünstigung des Sparens vor allen Dingen auch an die alten Leute zu denken, die nun nicht mehr allzuviele Jahre vor sich haben, wenn sie für ihre alten Tage einige Ersparnisse zurücklegen wollen. Außerdem sind in dem bisher freigegebenen Rahmen auch langfristige Sparverträge mit Bausparkassen oder Lebensversicherungsgesellschaften abgeschlossen worden. Wird nun der Rahmen der Sonderausgaben für die alten Leute herabgedrückt, so sind sie gezwungen, diese Verträge irgendwie rückgängig zu machen, unter Umständen mit erheblichen Verlusten. Hier haben wir also sehr erhebliche Bedenken gegen das, was vorgeschlagen ist.
In diesem Zusammenhang, Herr Minister, noch eine andere Bemerkung. Wir haben mit vieler Mühe Vergünstigungen für Spenden zur wissenschaftlichen Forschung in das Gesetz hereingebracht. Die Geschichte wird jetzt in § 10 gestrichen, erscheint dann aber in § 10 b an einer anderen Stelle, leider jedoch halbiert; denn bisher waren es 100/0 und jetzt sind es nur noch 5%. Ich glaube also, daß wir diese Kürzung der Steuerfreiheit für die Zuwendungen zur wissenschaftlichen Forschung unter keinen Umständen hinnehmen können.
Nun zu den Bestimmungen der §§ 10 a und 32 a. Wenn wir einen Kapitalmarkt hätten, gut, dann könnte man sich mit der Streichung des § 10 a abfinden. Aber da dieser Kapitalmarkt nicht da ist und da ich im Augenblick auch nicht weiß, wie er entwickelt werden soll, und da ich insbesondere noch nicht sehe, wie der Erhardsche Plan des gebundenen Sparens oder des erzwungenen Sparens verwirklicht werden soll, so muß ich doch im Namen meiner Freunde ausdrücken, daß wir ganz erhebliche Bedenken gegen die völlige Streichung des § 10 a haben. Wir lassen mit uns darüber reden, wenn man einen Weg findet, an die Stelle der Fremdfinanzierung eine Begünstigung des Kapitalsparens im Rahmen des § 10 a zu setzen. Darüber ließe sich reden; aber den § 10 a völlig zu streichen, ohne anstatt der Eigenfinanzierung eine Finanzierung über den Kapitalmarkt zu gewährleisten, scheint uns ein sehr großes Wagnis zu sein.
Bei dem § 32 a mag in der Möglichkeit, für alle Personalgesellschaften die Besteuerung nach den Grundsätzen der Körperschaftsteuer zu verlangen, ein gewisser Ersatz liegen. Aber so, wie es heute in dem Gesetz vorgeschlagen ist, ist es wahrscheinlich völlig undurchführbar. Denken Sie an Gesellschaften, offene Handelsgesellschaften mit mehreren Gesellschaftern oder gar an Kommanditgesellschaften mit 6 oder 10 Gesellschaftern, Familiengesellschaften. In welcher Form soll denn das durchgeführt werden? Einmütiger unwiderruflicher Antrag? Das ist bei einer Gesellschaft mit mehreren Gesellschaftern, insbesonder aber bei einer Kommanditgesellschaft, gar nicht beizubringen. Also hier werden nach meinem Dafürhalten auch noch einige Abänderungen eingebaut werden müssen.
Ich habe noch im Interesse der Vertriebenen auf eines hinzuweisen. Der § 7 a enthielt bisher in der Vorlage noch eine Ausnahme zugunsten der Vertriebenen. blieb für die Vertriebenen aufrechterhalten. Der Bundesrat hat das gestrichen. Nun will der Finanzminister hier mit Subventionen aushelfen. Ob das gerade ein willkommener und guter Weg ist, das ist mir außerordentlich fraglich.
Dieselbe Frage wird auch bei § 10 a auftauchen. Wir haben ja Gott sei Dank eine ganze Reihe von Vertriebenen, denen es gelungen ist, hier im Westgebiet einen eigenen Betrieb wieder aufzubauen und mit einigem Erfolg zu arbeiten. Diesen Betrieben muß doch unter allen Umständen die Möglichkeit gegeben werden, aus etwaigen Gewinnen nun ihren Betrieb weiter aufzubauen, Kapital zu bilden. Also da würde sich die ersatzlose Streichung des § 10 a besonders schlimm auswirken. Ich habe nun allerdings die Worte des Herrn Finanzministers so verstanden, daß Subventionen an die Vertriebenen nicht nur im Falle des § 7 a, sondern auch im Falle des § 10 a gegeben werden sollen. Das wäre ein kleiner Trost; aber ob dieser kleine Trost als ausreichend betrachtet werden kann, ist mir auch noch recht fraglich.
Noch ein Wort zu den Betriebsprüfern. Wenn der Bund nun auf einen Teil der Einkommensteuer zurückgreift, wird er wohl auch das Recht haben müssen, die Veranlagung der Einkommensteuer durch die Landesfinanzverwaltungen zu überwachen. Das ist ja nun der Punkt, wo der Herr Finanzminister einhaken und seine Bundesbetriebsprüfer einsetzen will. Ich begrüße es sehr, daß dieser Versuch unternommen wird. Es kann gar keinem Zweifel unterliegen, daß die Veranlagung in den verschiedenen Ländern nach verschiedenen Grundsätzen durchgeführt wird und daß wir eine wirklich sorgfältige und einheitliche Veranlagung nur dann bekommen werden, wenn wir diese Bundesbetriebsprüfer haben werden.
Aber wir gehen hier einen krummen und krausen Weg, und wir werden auf einen geraden Weg erst kommen — Herr Bundesfinanzminister, ich hoffe, daß Sie mir heute darin zustimmen werden —, wenn wir die einheitliche Bundesfinanzverwaltung haben.
Dann wird sich diese Frage viel leichter abwickeln.
Nun noch ein paar Bemerkungen zu der Umsatzsteuer. Ich will nur die Fragen herausheben, die
wahrscheinlich auch Gegenstand der Auseinandersetzungen unter uns und insbesondere im Finanz-und Steuerausschuß sein werden, also zunächst die Sonderbesteuerung für die Großbetriebe, Konsumvereine und Warenhäuser. Wir haben doch diese Frage im vorigen Jahre hier zur Entscheidung gestellt und haben uns in einer namentlichen Abstimmung dafür entschieden, diese Sondersteuer beizubehalten.
Wir haben das getan, weil wir der Meinung waren, daß darin ein gewisser Schutz der mittelständischen Betriebe liege.
Ich weiß nicht, warum wir unsere Meinung nun von heute auf morgen ändern sollen.
Meine Parteifreunde sind gewillt, an dieser Sondersteuer festzuhalten, und werden hier nicht auf eine Hilfe verzichten, die für den Mittelstand nicht ohne Bedeutung ist.
Dann will ich noch auf etwas anderes hinweisen, das ist die Frage der Besteuerung der mehrstufigen Betriebe. Diese Besteuerung mehrstufiger Betriebe haben wir heute nur bei den sogenannten Spinnwebern. Nun ist es eine Ungerechtigkeit, wenn man diese Besteuerung der Innenumsätze nur an einer bestimmten Stelle durchführt. Man wird also diese Sonderregelung für die Spinnweber entweder beseitigen müssen oder man wird den Gedanken der Besteuerung der Innenumsätze in vertikalen Vertrustungen weiter ausdehnen müssen. Nun geht aber die Vorlage, wenn ich von der Begründung ausgehe, offenbar einen ganz anderen Weg. Sie will diese Steuerbefreiung der Innenumsätze nunmehr auch auf die Organgesellschaften ausdehnen. Diesen Gedanken betrachten meine Parteifreunde mit einer gewissen Sorge, weil das ja die Tendenz zur Konzernbildung, zur Vertrustung noch verstärken würde. Wir werden also auch diese Frage, glaube ich, einer sehr eingehenden Betrachtung unterziehen müssen, und ich möchte meinen, Herr Finanzminister, wenn wir heute eine Verbindung zwischen Produktionsbetrieben und Einzelhandelsgeschäften haben, sollten wir unter allen Umständen darauf bestehen, daß die Umsatzsteuer zweimal gezahlt wird. Es ist ein Unding, wenn sich heute große Produktionsstätten Einzelhandelsgeschäfte angliedern und dem Einzelhandel Konkurrenz machen und dabei den Vorsprung einer Steuerbegünstigung haben.
Dasselbe ist dann der Fall, wenn Einzelhandelsunternehmungen sich von sich aus mit einem Produktionsbetrieb verbinden und dadurch auch den Vorsprung im Wettbewerb durch eine Ersparung an Steuern gewinnen.
Sodann ein paar Worte zu der Exportförderung. Wir haben gehört, daß uns ein besonderes Gesetz über die Exportförderung vorgelegt werden soll. Was über eine Erhöhung der Ausfuhrhändlervergütung im Entwurf drinsteht, ist eigentlich nur eine Konsequenz der Erhöhung der Steuersätze und keine besondere Begünstigung des Exports. Aber aus Verlautbarungen der Zeitungen erfahren wir ja, daß eine gewisse Förderung des Exports durch Steuerbegünstigungen geplant ist und daß diese Steuerbegünstigungen nicht nur im Rahmen der Umsatzsteuer, sondern vielleicht auch der Einkommensteuer liegen würden. Herr Finanzminister, wir bitten Sie dringend, dafür zu sorgen, daß wir diese Vorlage im Zusammenhang mit diesem Gesetz verabschieden können. Ich halte das für durchaus möglich, selbst dann, wenn Sie eine besondere Gesetzesvorlage machen wollen. Dann möge sie uns in den Finanz- und Steuerausschuß nachgeschickt werden.
Dann muß ich leider noch auf eine andere Frage hinweisen. Ich fürchte, daß ich damit dem Herrn Bundesfinanzminister einen Kummer mache. Wir haben uns im Finanz- und Steuerausschuß sehr eingehend auch mit anderen indirekten Steuern befaßt: Tabaksteuer und Kaffeesteuer. Wir sind in unseren Berechnungen zu dem Ergebnis gekommen, daß eine Senkung der Steuersätze bei diesen Steuern möglich ist, ohne daß es dem Herrn Finanzminister einen Pfennig Geld kosten würde.
Ich bin auch nicht der Meinung, daß man, wenn man die Umsatzsteuer erhöhte, die Tabaksteuer und die Kaffeesteuer nicht senken könnte. Warum nicht? Ich bin im Gegenteil der Meinung, daß diese Verkoppelung etwas Willkommenes sein würde, weil eine Senkung der Tabaksteuer und der Kaffeesteuer dazu beitragen würde, die reale Kaufkraft des Einkommens zu erhöhen. Ich glaube, wir werden im Finanz- und Steuerausschuß — ich möchte beinahe annehmen. daß ich und meine Parteifreunde nicht alleine stehen werden — auf diese Frage doch noch einmal zurückkommen müssen.
Das, meine Damen und Herren, war das Wesentliche, was ich hier ausführen wollte. Daß wir als Partei der Regierungskoalition uns unserer Verantwortung bewußt sind und dazu beitragen müssen, daß der Haushalt ausgeglichen wird, brauche ich hier nicht besonders zu betonen. Denn wenn dies nicht geschehen würde, blieben nur zwei Möglichkeiten: entweder der Staatsbankrott oder die Deckung der Ausgaben durch Geldschöpfung, also eine inflatorische Entwicklung. Wir haben die Verpflichtung, den Ausgleich des Haushalts herbeizuführen, um so mehr, als wir ja durch unsere Beschlüsse aus wohlüberlegten sozialen Erwägungen und um einer sozialen Verpflichtung zu genügen, manche Ausgaben über die Vorschläge der Bundesregierung hinaus beschlossen haben.
Wer also damals angesichts der sozialen Verpflichtung A gesagt hat, der muß heute auch B sagen, und dieser Verpflichtung werden wir uns bei den weiteren Arbeiten bewußt bleiben.