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ID0112303600

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 123. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. März 1951 4685 123. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 7. März 1951. Geschäftliche Mitteilungen . . . . 4686C, 4687A, 4718A, 4732C Änderung der Tagesordnung 4686D Anfrage Nr. 159 der Fraktion der SPD betr. Überschwemmungsschäden in Niedersachsen und Schleswig-Holstein (Nrn 1861 und 1979 der Drucksachen) 4687A Zwischenbericht des Bundesministers der Finanzen über die Frage der Freigabe historischer Gold- und Silbermünzen (Nr 1981 der Drucksachen) 4687A Bericht des Bundeskanzlers über Kredite und steuerliche Begünstigungen für Flüchtlingsbetriebe (Nrn. 1286 und 1986 der Drucksachen) 4687B Beratung der Interpellation der Fraktion der FDP betr. Uraltkonten in West-Berlin, deren Berechtigte im Gebiete der Bundesrepublik wohnen (Nr. 1786 der Drucksachen) 4687B Dr. Dr. Nöll von der Nahmer (FDP), Interpellant 4687B Schäffer, Bundesminister der Finanzen 4688A Frau Schroeder (Berlin) 4689A Dr. Reif (FDP) 4689D Frau Kalinke (DP) 4690A Dr. Krone (CDU) 4690B Ausschußüberweisung 4690C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Vereinfachung des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes (ESt- und KSt-Änderungsgesetz 1951) (Nr. 1982 der Drucksachen) in Verbindung mit der Ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes und des Beförderungsteuergesetzes (Nr. 1983 der Drucksachen) . . . 4690C Schäffer, Bundesminister der Finanzen 4690D, 4710D Dr. Koch (SPD) 4695D Dr. Bertram (Z) 4701B Neuburger (CDU) 4703D Dr. Dr. Höpker-Aschoff (FDP) . . 4707A Ewers (DP) 4713A Loritz (WAV) 4714C Müller (Frankfurt) (KPD) 4716A Ausschußüberweisung 4718A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über Sozialversicherung nebst Schlußprotokoll (Nr 1977 der Drucksachen) 4718A Sauerborn, Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit , . . 4718A Ausschußüberweisung 4719A Erste, zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur weiteren Verlängerung der Geltungsdauer des Preisgesetzes (Nr. 1993 der Drucksachen; Anträge Umdruck Nrn. 93 und 94) 4687A, 4719A Dr. Schröder (Düsseldorf), Antragsteller 4719A, 4724D Frau Strobel (SPD) 4719D Dr. Dr. Müller (Bonn) (CDU) . . . 4721D Dr. Niklas, Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 4723A Kriedemann (SPD) 4723C Dr. Preusker (FDP) 4724C Abstimmungen 4725A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Wertpapierbereinigungsgesetzes (Nr. 1654 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Geld und Kredit (12. Ausschuß) (Nr. 1984 der Drucksachen) 4725C Neuburger (CDU), Berichterstatter 4725C Abstimmungen 4726A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes über die Übernahme von Sicherheitsleistungen und 4 Gewährleistungen im Ausfuhrgeschäft (Nr. 1845 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Außenhandelsfragen (14. Ausschuß) (Nr. 1972 der Drucksachen) 4726C Degener (CDU), Berichterstatter . 4726C Beschlußfassung 4726D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Verlängerung der Prioritätsfristen auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes (Nr. 1731 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Patentrecht und gewerblichen Rechtsschutz (16. Ausschuß) (Nr 1980 der Drucksachen) 4727A Dr. Schatz (CSU), Berichterstatter . . 4727B Beschlußfassung 4728A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Fragen der Jugendfürsorge (33. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Dr. Mende u. Gen. betr. Programm für die Betreuung der deutschen Jugend (Nrn. 1030, 1968 der Drucksachen) . . . 4728A Kemmer (CSU), Berichterstatter . . 4728B Strauß (CSU) 4728D Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 4730A Beschlußfassung 4731C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wiederaufbau und Wohnungswesen (18. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der FDP betr. Gebührenbefreiung beim Kleinwohnungsbau (Nrn. 1467, 1978 der Drucksachen) . . 4731C Erler (SPD), Berichterstatter . . . . 4731C Beschlußfassung 4732A Beratung der Übersicht Nr. 21 über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages über Petitionen (Umdruck Nr. 87) 4732A Beschlußfassung 4732C Beratung des interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck Nr. 91) 4732C Beschlußfassung 4732C Nächste Sitzung 4732C Die Sitzung wird um 13 Uhr 31 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Dr. Hermann Schäfer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Der Ältestenrat schlägt vor, bei der ersten Beratung dieser Vorlage auf eine Aussprache zu verzichten. Ich darf daher die


    (Vizepräsident Dr. Schäfer)

    Aussprache als geschlossen ansehen. Vorgesehen ist die Überweisung dieser Vorlage an den Ausschuß für Sozialpolitik. — Da nicht widersprochen wird, nehme ich die Zustimmung des Hauses dazu an.
    Ich rufe nun auf Punkt 5 der Tagesordnung: Erste, zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. Schröder (Düsseldorf), Dr. von Brentano und Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur weiteren Verlängerung der Geltungsdauer des Preisgesetzes (Nr. 1993 der Drucksachen, Umdruck Nr. 93 und 94).
    Das Wort zur Begründung hat Herr Abgeordneter Dr. Schröder.
    Dr. Schröder (Düsseldorf) (CDU), Antragsteller: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Gesetz, dessen Entwurf wir Ihnen heute vorlegen, ist erforderlich, weil wir sonst nach dem 31. dieses Monats ohne ein Preisgesetz sein werden. Sie wissen, daß wir uns im Wirtschaftspolitischen Ausschuß, ich glaube, seit Mai vergangenen Jahres, große Mühe gegeben haben, ein neues Preisgesetz zu schaffen. Dieses Preisgesetz hat damals das Hohe Haus passiert. Es ist dann vom Bundesrat an den Vermittlungsausschuß verwiesen worden, und der Vermittlungsausschuß hat einen Vorschlag gemacht, den das Hohe Haus mit Mehrheit abgelehnt hat. Daraufhin hat der Bundesrat zum erstenmal, meine Damen und Herren, in der Geschichte der Gesetzgebung der Bundesrepublik Deutschland Einspruch eingelegt, und zwar mit großer Mehrheit, nämlich mit 34 gegen 9 Stimmen. Das versetzte dieses Haus in die Notwendigkeit, den Einspruch des Bundesrats mit mindestens einer Zweidrittelmehrheit zu überstimmen. Das ist gescheitert, wir haben es nur auf 200 gegen 110 Stimmen gebracht. Damit ist die Arbeit eines langen Zeitraumes zunächst leider zunichte geworden.
    Das ist ein recht beklagenswerter Vorgang. Wie bedauerlich der Ablauf der ganzen Sache ist, können Sie sich leicht vor Augen führen, wenn Sie sich einmal die Mühe machen, den Bericht über die 50. Sitzung des Bundesrates nachzulesen. Dort werden Sie auf Seite 149 finden, daß der Herr Präsident des Bundesrates, Ministerpräsident Ehard, folgendes ausgeführt hat:
    Hätte der Bundestag den Antrag des Vermittlungsausschusses wie schon so oft ganz oder wenigstens teilweise angenommen, hätten wir sicher in dem Fall keinen Einspruch eingelegt, wären überhaupt nicht auf den Gedanken gekommen, Einspruch einzulegen.
    Meine Damen und Herren, wenn ich darauf besonders hinweise, dann aus dem Grund, weil ich glaube, daß wir in Zukunft bei solchen Vorschlägen des Vermittlungsausschusses doch mit ganz besonderer Sorgfalt und Gründlichkeit werden vorgehen müssen, um zu vermeiden, daß Einsprüche kommen wie dieser, in dem das Motiv, einer gewissen Enttäuschung und Verärgerung doch ganz unverkennbar ist.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Wir haben dann in der letzten Sitzung in der vergangenen Woche, wie Sie sich erinnern werden, den Versuch gemacht, nun wenigstens schlankweg einen Gegenzug zu machen, wenn ich so sagen darf. Der Antrag, den ich jetzt vor Ihnen zu begründen die Ehre habe, hätte am vergangenen Donnerstag behandelt werden können, wenn nicht aus dem Hause heraus mit einer Stimme, möchte ich sagen,
    Widerspruch erhoben worden wäre. Auch das halte ich nicht für einen sehr glücklichen Vorgang angesichts der Zeitnot, in die wir kommen. Ob wir wollen oder nicht: wir sind gehalten, über den 31. März hinaus eine Regelung zu treffen, und je schneller und je einmütiger wir sie treffen, desto besser wird es sein.
    Das Gesetz zur weiteren Verlängerung der Geltungsdauer des Preisgesetzes ist, wie ich doch hervorheben möchte, nun leider schon die fünfte Verlängerung, zu der wir haben kommen müssen. Gerade weil es die fünfte Verlängerung ist, sollte das für das Hohe Haus ein Appell in der Richtung sein, nun auch den Zeitpunkt, nämlich die Zeitdauer der Verlängerung, so zu bemessen, daß wir nicht wieder wie bei den bisherigen Verlängerungen in Schwierigkeiten kommen. Meine Fraktion hat sich deswegen entschlossen, Ihnen die Fassung vorzuschlagen: „bis zum Inkrafttreten eines neuen Preisgesetzes". Ich halte es für unerträglich, diese Verlängerung wieder so kurzfristig bemessen zu wollen, da wir praktisch technisch gar nicht in der Lage sein werden — vor allen Dingen etwaige Komplikationen mit dem Bundesrat eingerechnet —, in einem so kurzen Zeitraum ein komplettes neues Preisgesetz zu verabschieden. Deswegen möchte ich Sie bitten, wenn ich das gleich dazu sagen darf, den Abänderungsantrag, den unsere Freunde von der FDP gestellt haben, nicht anzunehmen. Das Preisgesetz hat eine lange Geschichte gehabt. Die Geschichte der Verlängerungen ist jetzt schon beinahe länger als die Geschichte des Preisgesetzes. Um das noch einmal zum Ausdruck zu bringen: es gibt, glaube ich, keinen andern Weg, den wir gehen könnten, als zunächst dieses reine Behelfsmittel zu schaffen, um am 1. April nicht ohne preisrechtliche Bestimmungen überhaupt zu sein. Ich glaube, meine Damen und Herren, daß die angeführten Gründe es rechtfertigen, diesen Entwurf heute, wenn nur irgend angängig, in drei Beratungen zu verabschieden.

    (Bravo! in der Mitte.)



Rede von Dr. Hermann Schäfer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Meine Damen und Herren, der Ältestenrat hat für die folgende Aussprache eine Gesamtredezeit von • 90 Minuten vorgesehen.

(Unruhe und Zurufe.)

— Ich nehme die Zustimmung des Hauses dazu an. Das Wort hat Frau Abgeordnete Strobel.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Käte Strobel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Meine Damen und Herren! Die SPD-Fraktion stimmt der Vorlage ohne Abänderungsvorschlag zu und möchte sich ersparen, dazu eine Begründung zu geben. Wir haben Ihnen im Umdruck Nr. 94 einen Antrag vorgelegt, der keine Änderung dieses Gesetzes fordert, aber bei dieser Gelegenheit behandelt werden soll. Ich darf Sie von vornherein um Ihr Verständnis dafür bitten, daß wir bei dieser Gelegenheit auch auf die materielle Veranlassung zu diesem Antrage eingehen müssen. Ich bitte Sie, nicht mich dafür verantwortlich zu machen, sondern die Regierung, die dafür verantwortlich i , daß diese Debatte heraufbeschworen wurde, weil sie durch ihre Anordnung an die Preisbehörden praktisch gegen dieses Gesetz verstößt.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Diese von der Bundesregierung den Landesbehörden nahegelegte stillschweigende Duldung von erheblichen Preisüberschreitungen bei Getreide ist mit den Grundlagen eines Rechtsstaates nicht vereinbar.


    (Frau Strobel)


    (Lebhafter Beifall bei der SPD. — Abg. Leddin: Was sagt der Justizminister? — Weitere Zurufe von der SPD.)

    Ich darf ganz kurz chronologisch feststellen: Der Bundestag hat am 6. Oktober 1950 die Verordnung Pr. 59/50 angenommen, in der die Preise für in-und ausländisches Getreide vom Oktober 1950 bis Juni 1951 festgelegt wurden. Diese Verordnung beruhte auf dem zur Zeit geltenden Preisgesetz, das wir uns im Augenblick anschicken zu verlängern. Nach § 1 dieses Gesetzes bedarf eine Veränderung der Getreidepreise wegen der grundlegenden Bedeutung für den gesamten Preisstand der Zustimmung des Bundestags.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Dies ist bis jetzt weder beantragt worden noch erfolgt. Wir stehen aber vor der erschreckenden Tatsache, daß die Bundesregierung durch eine amtliche Bekanntmachung die Mißachtung dieser Verordnung geradezu empfiehlt und den Behörden und Beamten zumutet, eine vom Gesetz mit Zuchthaus bedrohte Handlung zu begehen.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Meine Damen und Herren, die Bundesregierung verläßt damit eindeutig den Boden des Rechts. Wie kann sie von den Staatsbürgern die Achtung vor dem Gesetz erwarten, wenn sie selbst, wenn auch nur in diesem einzigen speziellen Fall, ankündigt, daß die Nichtbeachtung dieser Preisverordnung nicht bestraft wird?

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Meine Herren und Damen! Über die Höhe der heute der Landwirtschaft und den Verbrauchern zumutbaren Getreidepreise mögen die Auffassungen in diesem Hause auseinandergehen. Nicht auseinandergehen dürfen sie nach unserer Meinung darüber, daß die Regierung keine rechtswidrigen Anordnungen geben darf.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Die Bundesregierung mag die Tragweite ihrer amtlichen Mitteilung nicht bedacht haben. Um so notwendiger ist es, daß das Parlament solchen Anfängen wehrt, wenn es den Anspruch erheben will, die Volksvertretung eines Rechtsstaates zu sein und zu bleiben.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD.)

    Bitte, verstehen Sie so unseren Antrag Umdruck Nr. 94!
    Nun muß ich aber auch noch einiges zur materiellen Veranlassung dieser Situation sagen. Die Getreidepreise sind auf dem Weltmarkt gestiegen. Die innerdeutschen Getreidepreise sind davongelaufen, und zwar so sehr davongelaufen, daß auch die Ankündigung der Bundesregierung, sie auf 420 DM pro Tonne Weizen und 380 DM pro Tonne Roggen zu erhöhen, ,den grauen Markt nicht beseitigen wird. Es ist bekannt, daß die Tonne Weizen heute bereits mit 520 DM gehandelt wird. Solange aus Versorgungsrunden jede Tonne inländischen Brotgetreides Mangelware ist, solange Futtergetreide knapp und teuer ist. solange die Verwertung von Brotgetreide über den Schweinemagen mehr einbringt als der direkte Verkauf, werden sich immer Menschen finden, die diese Situation ausnutzen. Dabei interessiert uns gar nicht so sehr, wer von dieser Verdienstmöglichkeit Gebrauch macht, sondern wer diese Möglichkeit gibt. Die mangelnde rechtzeitige Vorratshaltung der Regierung hat die Knappheit heraufbeschworen.
    Darf ich Ihnen ins Gedächtnis rufen, daß das am 27. Juli 1950 von uns verabschiedete Getreidegesetz der Marktordnung dienen soll. Dazu gehört die Sicherstellung der Versorgung, der Schutz der Landwirtschaft vor unnatürlich sinkenden Preisen genau so wie auch der Schutz der Verbraucher vor unnatürlich steigenden Preisen.

    (Hört! Hört! bei der SPD)

    Eine solche Marktordnung kann aber nur funktionieren bei entsprechend vorausschauender Vorratshaltung; und gerade diese ist von unserer Bundesregierung gründlich versäumt worden. Der übliche rosarote Optimismus, von dem heute schon mehrmals die Rede war, hat maßgebende Minister der Bundesregierung dazu veranlaßt, die rechtzeitige Anlage einer genügenden Bundesreserve nicht durchzuführen. Ich muß Herrn Minister Blücher zitieren, der am 21. Juli 1950 hier ausgeführt hat — und ich darf Sie, meine Herren und Damen, daran erinnern, daß das vier Wochen nach Ausbruch des Koreakrieges geschehen ist —:

    (Hört! Hört! bei der SPD )

    Unsere jetzige Vorratslage, die Möglichkeit, die Vorräte zu vermehren, und nicht zuletzt die ergriffenen Maßnahmen, um auch die Ernte in Sicherheit einzubringen, und ein entsprechender Preisschutz für denjenigen, der nunmehr abliefern soll; alles das zusammen gibt uns die Möglichkeit, mit Ruhe daran zu denken, wie sich die Versorgung der Bevölkerung in den nächsten Monaten abwickeln wird.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Sie wird auf lange Zeit gesichert sein.

    (Hört! Hart! bei ,der SPD.)

    Als im August, also unmittelbar danach, Mitglieder des Bundesrats eine Vorratshaltung in Höhe eines Dreimonatsverbrauchs forderten, ist das an der Nichtbereitstellung von 600 Millionen DM gescheitert. Dieses Versäumnis ist nicht wiedergutzumachen. Natürlich muß man bei objektiver Betrachtung zugeben, daß die krisenhafte Entwicklung auf dem Weltmarkt nicht unbedingt voraus- zusehen war. Deutschland trifft sie aber deswegen so besonders hart, weil unsere Regierung — von der man billigerweise verlangen kann, daß sie auch mit Schwierigkeiten rechnet — völlig unvorbereitet war, da sie planende und lenkende Maßnahmen sowohl in der Geld als auch in der Wirtschaftspolitik immer abgelehnt hat.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Deswegen trifft die Schuld an dieser Mangelsituation und allen ihren Folgen eindeutig die Bundesregierung.
    Und wer profitiert davon, meine Damen und Herren? — Doch nicht die Landwirtschaft, allgemein gesprochen. Seit Monaten bemüht sich das Bundesernährungsministerium durch Appelle an das Verantwortungsbewußtsein, durch die Milakorn-Aktion, das noch vorhandene Brotgetreide herauszuholen. Der kleine oder mittlere Bauer, der im Vertrauen auf die Versicherungen der Herren Bundesminister und Staatssekretäre, daß die Getreidepreise während des Wirtschaftsjahres nicht geändert würden, damals abgeliefert hat oder verkaufen mußte, weil er das Geld brauchte, wird jetzt praktisch für diese rechtzeitige Ablieferung bestraft.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)


    Frau Strobel)
    Wer trotz aller Aufforderungen dieses für die Versorgung der Bevölkerung so notwendige Brotgetreide zurückgehalten hat, wird heute durch phantastische Preise dafür belohnt

    (Sehr richtig! bei der SPD)

    und von der Regierung noch dazu aufgefordert, ohne Gefahr das Gesetz zu verletzen.
    Und die Zeche, meine Damen und Herren, zahlt doch wieder einmal mehr der Verbraucher; und wieder einmal mehr wird eine Verbitterung gegen die Landwirtschaft und das Gewerbe heraufbeschworen, obwohl nicht sie, sondern die Bundesregierung die Schuld an der Entwicklung trifft.
    Bitte, glauben Sie nicht, daß die angekündigte Erhöhung der Unterstützungen und Renten eine fühlbare Erleichterung für die kaufkraftschwache Bevölkerung bringt. Die paar Mark, die die armen Leute mehr bekommen, sind doch längst durch die gestiegenen Lebenshaltungskosten vorweggenommen. Als wir im Mai vorigen Jahres und seitdem laufend vor der drohenden Entwicklung gewarnt haben, haben wir bei Ihnen niemals das notwendige Verständnis gefunden. Immer wieder haben Sie Herrn Minister Erhard für seine optimistischen Behauptungen und Prophezeiungen Beifall gezollt, ohne sie einmal wirklich kritisch nachzuprüfen. Ich muß auch Herrn Minister Erhard zitieren, der hier im Hause erst am 14. Dezember 1950 behauptet hat:
    Ich kann Ihnen verraten, daß immer mehr
    europäische Länder an uns herantreten, um
    sich zu erkundigen, mit welchen Mitteln wir
    es bewerkstelligt haben, daß bei uns die Preise
    stabiler geblieben sind als im ganzen europäischen Ausland.

    (Abg. Dr. Wuermeling: Das stimmt auch heute noch! — Lachen bei der SPD.)

    So weit Herr Professor Erhard im Dezember des vergangenen Jahres! — Wie sieht diese Stabilität in Wirklichkeit aus? —

    (Erneute Zurufe.)

    — Wenn Sie zu Hause Ihre Frau fragen, dann können Sie das nachprüfen!

    (Abg. Dr. Wuermeling: Dann weiß sie, daß die Preise in England mehr steigen als hier!)


    (Zuruf von der CDU: Und in England?)

    Sie weisen in Ihren Zwischenrufen so gern immer auf England hin. Ich bitte Sie, sich doch einmal genau darüber zu informieren, wie die Lebenshaltungskosten in England wirklich sind. Dann werden Sie nämlich erfahren, daß man dort durch Subventionen den Lebensstandard gehalten hat.

    (Beifall bei der SPD.)

    Ich muß aber — nur ganz kurz — auch die Preise für Brot nennen. Im Juli kostete das Roggenfeinbrot je Kilo 50 Pfennig, heute 58 Pfennig. Das ist eine Steigerung um 16 %; ,das Weißbrot im Juli 70 Pfennig, heute 85 Pfennig, eine Steigerung um 21 %,

    (Abg. Dr. Wuermeling: Und das Konsumbrot?)

    wobei ich Sie darauf aufmerksam machen darf,
    daß das Weißbrot für Kranke und Kinder sehr notwendig ist. — Und weil Sie das Konsumbrot anführen, darf ich Sie bitten, sich doch einmal bei den Bäckern zu erkundigen, wie das Konsumbrot überhaupt gefragt ist. Die Backlohnspanne für Konsumbrot ist jedenfalls auch um 2 Pfennig gesenkt worden. Ich muß Ihnen auch weiter sagen, daß in meiner Heimatstadt z. B. der Anteil des Konsumbrotes nur 25% des gesamten Brotumsatzes beträgt.

    (Abg. Dr. Wuermeling: Das ist doch nicht die Schuld der Regierung!)

    — Das ist darauf zurückzuführen, daß die Menschen nicht imstande sind, einen Brotaufstrich zu kaufen,

    (Widerspruch rechts)

    und daß es ihnen deswegen unmöglich ist, das Konsumbrot zu essen. Ich erinnere mich im Augenblick daran, daß Herr Minister Blücher damals hier sagte, daß er dieses Brot schon lange essen würde. Das glaube ich gerne: Wenn man imstande ist, Butter darauf zu streichen. ist das Brot angenehm.
    Meine Herren und Damen! Die SPD-Fraktion hat Ihnen am 12. Dezember einen Antrag vorgelegt, den Sie mit uns angenommen haben und in dem es u. a. heißt:
    Die Bundesregierung wird außerdem aufgefordert, alle Maßnahmen zu treffen und zur Sicherung der Versorgung der Bevölkerung ein ortsübliches Brot zum alten Preis in einer guten Qualität zur Verfügung zu stellen und dariiber hinaus jede weitere Erhöhung der Preise für Brot und Backwaren zu verhindern.
    Diesen Antrag haben Sie angenommen. Die Bundesregierung hätte besser daran getan. diesem Antrag zu folgen, anstatt neue Preiserhöhungen für Brot usw. heraufzubeschwören. Angesichts dieser unhaltbaren Lage fragen wir heute die Bundesregierung:
    In welchem Umfange ist die Versorgung der Bevölkerung mit Brot, Mehl. Nährmitteln usw. sichergestellt? Was beabsichtigt die Regierung zu tun, um die Preise für Brot, Mehl, Backwaren usw. auf den Stand vom 15. Dezember zurückzuführen?
    Im Namen von Millionen Hausfrauen und von ebensovielen besorgten Familienvätern muß ich Sie auffordern, dafür zu sorgen, daß diese Preistreiberei nun endlich sofort beendet wird. Es kann und soll gar nicht bestritten werden, daß es notwendig und richtig ist, auch der Landwirtschaft die Produktionskosten und einen angemessenen Verdienst zu sichern. Konjunktur- und Spekulationspreise, die noch dazu gar nicht der Landwirt bekommt, sind aber nicht der richtige Weg dazu und die Aufforderung zur Gesetzwidrigkeit schon gar nicht. Jeder, der gesunden Menschenverstand hat, weiß, daß es so auf keinen Fall weitergehen darf.
    Wir bitten deshalb, unsern Antrag Umdruck Nr. 94 anzunehmen, damit zu der an sich völlig verfahrenen Lage nicht auch noch die Tatsache kommt, daß der Bundestag eine Rechtswidrigkeit der Regierung sanktioniert.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD.)