Gesamtes Protokol
Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 111. Sitzung des Deutschen Bundestages. Ich bitte um Aufmerksamkeit für die Bekanntgabe der Namen der entschuldigten Abgeordneten.
Der Präsident hat Urlaub erteilt für zwei Tage den Abgeordneten Dr. Hoffmann, Ahrens, Wittenburg, Bahlburg, Wagner, von Knoeringen, Zinn, Dr. Luchtenberg, Blank, Dr. Köhler; für sechs Tage den Abgeordneten Frau Heiler, Brandt, Neumann. — Es suchen für längere Zeit um Urlaub nach die Abgeordneten Herrmann, Dr. Nölting, Dr. Kather für 14 Tage wegen Krankheit; Morgenthaler für sechs Wochen wegen Krankheit. - Entschuldigt sind die Abgeordneten Frau Dr. Steinbiß, Tobaben, Jacobi, Görlinger, Frau Albertz.
Ich darf annehmen, daß die über eine Woche hinausgehenden Urlaubsgesuche vom Hause genehmigt sind.
Die Mitteilungen des Bundesrats sowie die eingegangenen Antworten auf Anfragen werden entsprechend der Vereinbarung in der 109. Sitzung des Bundestages ab heute gemäß § 111 Abs. 2 der vorläufigen Geschäftsordnung ohne Verlesung ins Protokoll aufgenommen.
Zur Tagesordnung hat mich die Fraktion der CDU/CSU gebeten, den Punkt 7 der Tagesordnung betreffend Aufhebung der Immunität des Abgeordneten Dr. Kather mit Rücksicht auf die Erkrankung des Herrn Abgeordneten Dr. Kather heute abzusetzen. Ich nehme an, daß das Haus damit einverstanden ist. — Punkt 7 der Tagesordnung wird also abgesetzt.
Ich rufe auf Punkt 1 der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes ; Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (11. Ausschuß) (Nr. 1750 der Drucksachen, Umdruck Nr. 44). (Erste Beratung: 107. Sitzung.)
Ich weise darauf hin, daß Ihnen der Ältestenrat vorschlägt, für die Besprechung eine Zeit von 120 Minuten in Aussicht zu nehmen. — Ich stelle fest, daß kein Widerspruch dagegen erhoben wird.
Ich bitte den Berichterstatter, Herrn Abgeordneten Neuburger, das Wort zu nehmen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Von der Drucksache Nr. 1750, die Ihnen vorliegt und über die ich zu berichten habe, kann man nicht gerade sagen, daß sie sehr übersichtlich sei. Dies liegt teils an der Materie, teils auch an den verschiedenen Auffassungen, die im Laufe der Beratungen in den verschiedenen Ausschüssen ihren Niederschlag in Abänderungs- bzw. Ergänzungsanträgen gefunden haben. Wie Sie aus der ersten Lesung wissen, ist diese Vorlage von der Regierung gemacht worden — zumindest war es der Anlaß —, um den Haushalt 1950/51 auszugleichen. Zuerst hatte die Regierung ein Treibstoffsteuergesetz vorgelegt, das dann im Bundesrat und auf Veranlassung des Bundesrats in einen Entwurf zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes abgeändert wurde. Das Mineralölsteuergesetz datiert aus dem
Jahre 1930 und galt bis jetzt in der Fassung vom Jahre 1939. Es hatte zum Gegenstand die Versteuerung von im Inlande gewonnenen Mineralölen, um hier einen Ausgleich zu schaffen zu den Zöllen, die auf die vom Auslande eingeführten Mineralöle gelegt waren.
Der vorliegende Gesetzentwurf befaßt sich nun einmal mit der Erhöhung der Steuersätze für die-jenigen Mineralöle, die bisher bereits dieser sogenannten Ausgleichssteuer unterlagen. Er bezieht des weiteren gewisse Mineralölprodukte, die bisher nicht versteuert waren, in die Steuer ein und unterwirft darüber hinaus die vom Ausland eingeführten Mineralöle einer zusätzlichen Steuer, um nach oben -eine gleichmäßige Belastung Steuer plus Zoll für alle Mineralöle zu gewährleisten.
Der Entwurf gliedert sich rein äußerlich in drei Artikel. Der Art. 1, elf Paragraphen umfassend, beschäftigt sich mit der materiellen Änderung des bisherigen Mineralölsteuergesetzes. Der Art. 2 gibt die Möglichkeit, Bestände an Mineralöl, die sich im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes im freien Handel befinden, der Besteuerung nach diesen Sätzen zu unterwerfen. Der Art. 3 setzt den Zeitpunkt für das Inkrafttreten des Gesetzes fest.
Zurück zu Art. 1. Da finden wir in § 1 ein Verzeichnis der Steuergegenstände, also, wie vorhin erwähnt, der bereits der Mineralölsteuer unterliegenden Produkte, dann die Erweiterung auf andere Mineralölprodukte und zugleich die Ausdehnung auf die vom Ausland eingeführten. Ich verzichte auf die Wiedergabe der einzelnen Sachgebiete.
§ 2 beschäftigt sich mit den Steuersätzen selbst. Der Gesetzentwurf war bekanntlich nach seiner ersten Lesung nicht nur dem Ausschuß für Finanz-und Steuerfragen, sondern auch dem Ausschuß für Verkehrswesen und dem Ausschuß für Wirtschaftspolitik überwiesen worden. Die einzelnen Ausschüsse haben zu den Steuersätzen Stellung genommen und sind, wie Sie aus dem Anhang der Drucksache ersehen, nicht zu einem einheitlichen Ergebnis gekommen. Insbesondere standen die Steuersätze für Benzin, für Schmieröl und für Wagenschmiere zur Debatte. Hier haben wir zwei Anträge zu behandeln, und zwar zunächst den Antrag des Wirtschaftspolitischen Ausschusses. Dieser Antrag bekennt sich zu den Steuersätzen, wie sie in dem Regierungsentwurf stehen: Benzin erfährt eine Belastung von 19 DM für im Inland hergestelltes bzw. 13 DM für eingeführtes Benzin; Schmieröl und Wagenschmiere sollen mit 23 DM belastet werden. Dagegen sieht der Antrag des Finanz- und Steuerausschusses für Benzin 14 DM bzw. 8 DM für die eingeführten Mineralöle vor und für Schmieröl und Wagenschmiere 18 DM statt der vorgesehenen 23 DM.
Da die Steuer auf das Gewicht erhoben wird, wird es Sie interessieren, was das pro Liter ausmacht. Die von der Regierung vorgeschlagene und in dem Antrage des Wirtschaftspolitischen Ausschusses gebilligte Erhöhung bringt pro Liter Benzin eine Verteuerung um 10 Pfennig, während der Antrag des Finanz- und Steuerausschusses eine Erhöhung von 6 Pfennig pro Liter bringt. Für Dieselkraftstoff ist einheitlich eine Erhöhung von 38 auf 45 Pfennig, also um 7 Pfennig pro Liter vorgesehen. Die Differenz zwischen den Erhöhungen der beiden Anträge macht bei Schmieröl 5 Pfennig pro Kilo aus, nämlich von 18 auf 23 Pfennig.
Dann wurde bei einzelnen Mineralölprodukten noch darüber debattiert, inwieweit sie überhaupt aus der Steuer herausgenommen werden sollen. Man hat sich dann dahin geeinigt, daß der Steuersatz der Regierung bei Bitumen von 5 DM auf 2 DM, bei Heizöl von 5 DM auf 1 DM und bei Schieferteer, Braunkohlenteer, Steinkohlenteer einschließlich Torfteer von 6 DM auf 2 DM herabgesetzt wird. Der Ausschuß hat sich hierzu entschlossen, weil diese Artikel zum Teil dazu dienen, bei der Verarbeitung als Rohstoffe mit eingesetzt zu werden.
Entsprechend dieser Erhöhung der Steuersätze ist es mit Rücksicht auf die gebundenen Preise für Benzin und Dieselkraftstoff erforderlich, einen neuen Paragraphen einzuführen, nach dem diese Preiserhöhungen sofort wirksam werden. Sie finden diesen Antrag als Antrag des Wirtschaftspolitischen Ausschusses im Anhang. Dieser Paragraph bestimmt also, daß die Verbraucherhöchstpreise um die von mir vorhin genannten Beträge erhöht werden, also bei Annahme des Regierungsentwurfs bzw. bei Annahme des Antrags des Wirtschaftspolitischen Ausschusses um 10 Pfennig pro Liter Benzin und um 7 Pfennig bei Dieselkraftstoff.
Der § 5 a, der vom Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen zusätzlich beschlossen wurde — auch dieser Antrag liest als Anlage vor —, gibt die Möglichkeit der Errichtung von Steuerlagern -
ähnlich der Einrichtung, wie wir sie vorn Zoll her als Zollager kennen —, das heißt also, daß Großhändler und am Mineralvertrieb beteiligte Hersteller Mineralöl unversteuert lagern können, sofern ein wirtschaftliches Bedürfnis vorliegt. Ent-sprechendes muß natürlich auch für Mineralöle gelten, soweit sie vom Ausland eingeführt worden sind und nun dieser zusätzlichen Steuer unterliegen.
§ 6 des alten Mineralölsteuergesetzes sieht vor, daß der Finanzminister die Steuersätze senken oder ganz erlassen kann, wenn diese Produkte nicht endgültig als Verbrauchsprodukte anzusehen sind, sondern wenn sie einem Verarbeitungsbetrieb bzw. einem Herstellungsbetrieb zugeführt werden.
Weil der Ausschuß zu der Überzeugung gekommen ist, daß es sich bei vielen Artikeln um eine sehr wesentliche Belastung handelt und daß unter diesen Umständen insbesondere bei Herstellungsbetrieben ein zusätzlicher Importbedarf entstehen könnte, vor allem aber auch unser Export gefährdet werden könnte, soll der Bundestag, wie Sie auf Seite 1 des Mündlichen Berichts sehen, noch die folgende Entschließung annehmen:
Bei der Anwendung des Gesetzes zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes wird von der
Möglichkeit des § 6 des Mineralölsteuergesetzes
in der Fassung der Bekanntmachung vom
22. März 1933 und der dazu ergangenen Durchführungsbestimmungen ein entsprechender Gebrauch gemacht, und zwar insbesondere
in den Fällen, in denen die Gefahr besteht, daß
die Erhebung der Steuer in voller Höhe den
deutschen Import steigert oder den deutschen
Export vermindert.
Der Ausschuß empfiehlt, auch diese Entschließung anzunehmen.
§ 8 erhält dann eine notwendige technische Ergänzungsvorschrift, weil rohes Erdöl von der Besteuerung ausgenommen ist, da es erst einem Herstellungsbetrieb zur Verarbeitung zugeführt werden muß und demgemäß die Herstellungs- und Verarbeitungsbetriebe von rohem Erdöl einer Steueraufsicht zu unterstellen sind.
§ 11 ändert und erweitert die Durchführungsbestimmungen in der Weise, daß die Bundesregierung ermächtigt wird, Rechtsverordnungen zu erlassen.
Art. 2 gibt, wie bereits ausgeführt, die Möglichkeit, bei Inkrafttreten des Gesetzes die im freien Verkehr befindlichen Bestände sofort einer Besteuerung zu unterziehen.
Nach der Regierungsvorlage und entsprechend der Vorlage des Ausschusses für Wirtschaftpolitik mit den Steuersätzen 19, 13, 23, 23 kann man schätzen, daß die Mineralölsteuer im Jahre rund 440 Millionen DM bringt. Davon sollen etwa bringen: 45 % die Benzinsteuer, weitere rund 45 % die Steuer auf Dieselkraftstoffe und die restlichen 10 % die Besteuerung der übrigen Mineralölprodukte.
Da die Drucksache, wie bereits erwähnt, sowohl Anträge des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen wie auch Anträge des Ausschusses für Wirtschaftspolitik enthält, gibt der Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen dem Präsidenten des Hauses anheim, über die Anträge gesondert abstimmen zu lassen.
Meine Damen und Herren, ich danke dem Herrn Berichterstatter. Ich möchte vorschlagen, daß wir uns zunächst über das Verfahren der zweiten Lesung verständigen. Ich darf dazu, damit wir uns einig sind, welche Anträge vorliegen, folgendes feststellen.
Wir haben erstens den Antrag des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen, wir haben zweitens den Antrag des gleichzeitig damit befaßten Ausschusses für Wirtschaftspolitik. Er ist als Anhang auf Seite 7 des Ausschußberichts bekanntgegeben.
Ich habe weiterhin einen Antrag der Fraktion der KPD bekommen:
Die in dem Regierungsentwurf Drucksache Nr. 1680 und in dem Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen vorgesehenen Steuererhöhungen werden abgelehnt.
Ich vermute, dieser Antrag ist so zu verstehen, daß die Vorlage von der KPD abgelehnt werden soll und daß das in dieser Form hier zum Ausdruck gebracht wird. — Das wird mir bestätigt.
Ich bitte, weiterhin zur Kenntnis zu nehmen, daß mir mitgeteilt worden ist, daß der Antrag der Fraktion der FDP Umdruck Nr. 49 auf einem Versehen beruht und zurückgezogen wird. Ich bitte, den Umdruck Nr. 49 also aus dem Verfahren auszuschalten.
Ich weise weiter darauf hin, daß der Umdruck Nr. 44 mit Berichtigungen offensichtlicher Fehler vorliegt, den der Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen hergegeben hat, weiterhin der Änderungsantrag Umdruck Nr. 46 der Fraktion der FDP zu Art. 3, in dem ein Satz 2 eingefügt werden soll, der Umdruck Nr. 47 der Fraktion des Zentrums, der einen Art. 3 einführen will, der sich mit dem eben zurückgezogenen Antrag der FDP deckt mit der einen Ausnahme, daß das Wort .,Binnenschifffahrt" in der vorletzten Zeile eingefügt ist, der Umdruck Nr. 48, ein Änderungsantrag der Fraktion der FDP zu Art. 1 und Art. 2, der Umdruck Nr. 50, ein Änderungsantrag der Fraktion der SPD zu Art. 1 Nr. 1 und Art. 1 Nr. 2.
Meine Damen und Herren, damit scheint mir im Augenblick die Aufzählung der Anträge voll-
ständig zu sein. Allerdings wird mir gerade jetzt noch ein Antrag der Fraktion der Deutschen Partei übergeben, der nur mit Schreibmaschine unterschrieben ist:
Der Bundestag wolle beschließen:
In § 2 Abs. 1 Ziffer 4 wird „Braunkohlenteer" gestrichen.
Ich bitte, auch das zu vermerken. Wir werden bei der Abstimmung darauf zurückkommen.
Meine Damen und Herren! Ich habe die Frage an das Haus, ob es in diesem Falle zweckmäßig ist, entgegen der Übung, aber entsprechend den Möglichkeiten, die die Geschäftsordnung bietet, in zweiter Lesung eine Gesamtbesprechung stattfinden zu lassen. Ich habe beinahe den Eindruck, daß sich das lohnt. Es gibt vielleicht eine Zusammenfassung und Verdichtung der Aussprache, wenn eine Gesamtbesprechung der Art. 1 und Art. 2 oder zunächst nur des Art. 1 stattfindet. Darf ich das Einverständnis des Hauses feststellen, daß ich aufrufe Art. 1 §§ 1 bis 11, also Ziffern 1 bis 9?
Als Aussprachezeit sind 120 Minuten vorgesehen. Ich denke, daß wir uns in diesem Rahmen halten können.
Es liegt bisher die Wortmeldung des Herrn Abgeordneten Loritz vor; ich erteile ihm das- Wort.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Namens der Fraktion der WAV möchte ich Ihnen zu dem vorliegenden Gesetzentwurf folgendes sagen: Wir lehnen diesen Gesetzentwurf mit aller Entschiedenheit ab.
Dieser Gesetzentwurf ist weiß Gott zur Unzeit gekommen. Wenige Monate erst, nachdem schon einmal von der Regierung eine Erhöhung der Treibstoffpreise hier durchgedrückt wurde, stehen wir vor einer neuen Erhöhung, die die Wirtschaft neuerdings schwerstens beeinträchtigen wird. Ausgerechnet jetzt, wo es nur noch eines kleinen Anstoßes bedarf, um das gesamte mühselig noch zusammengehaltene Preisgefüge unserer Wirtschaft völlig zu zerstören, die Preisschraube ohne Ende wieder in Bewegung zu setzen, ausgerechnet in diesem Moment kommt die Regierungsvorlage. Wir können deswegen unter gar keinen Umständen da mitmachen. Wir warnen, das Defizit, das in den Kassen enstanden ist, auf diese Art und Weise ausgleichen zu wollen.
Wir haben Ihnen schon in erster Lesung gesagt, daß Kürzungen bei den verschiedensten Staatsausgaben durch Sparmaßnahmen aller Art möglich sind. Wir haben Ihnen ferner erklärt — das möchte ich hier namens der Fraktion der WAV wiederholen —: Solange die enormen Steuervergünstigungen, die gewissen Großindustriellen durch die Schäffersche Steuerreform zugebilligt wurden, nicht wieder rückgängig gemacht worden sind, können Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, unter keinen Umständen Ihre Hand dazu geben, neuerdings den Verbraucher und den Mittelstand schwerstens zu belasten.
Wir haben Ihnen ferner eins zu sagen: Erst vor wenigen Tagen ging durch die Presse — ich glaube, es war sogar eine amtliche Erklärung des Herrn Finanzministers —, 350 Millionen DMark sollen
für Propagandazwecke der Regierung eingesetzt werden. Auch hier sind, glaube ich, Einsparungen möglich. Die beste Propaganda gegen den Osten ist eine den Möglichkeiten entsprechende Stabilhaltung unseres Preisgefüges. Die beste Propaganda gegen den Osten ist es,
wenn die Wirtschaft bei uns nicht durch solche Steuern noch restlos kaputtgemacht wird. Sie werden die Entwicklung sehen, sie hat sich jetzt schon vorgezeichnet, meine Herren! Das Kraftfahrgewerbe wird völlig ruiniert,
und Erzeuger wie Verbraucher haben den Schaden zu tragen.
Sie werden sehen, daß sich eine Erhöhung der Treibstoffpreise unmittelbar auch auf die Warenpreise auswirken wird, das werden Sie erleben. Davor möchten wir rechtzeitig warnen.
Wir können auch nicht den Abänderungsvorschlägen unsere Zustimmung geben. Auch sie bringen eine Erhöhung der Steuern. Wo in aller Welt, frage ich Sie, ist es vorgekommen, daß innerhalb weniger Monate ein und dieselbe Berufsschicht, das Kraftfahrgewerbe, und ein und dieselbe Verbraucherschaft neuerdings durch solche Preiserhöhungen belastet wird? Noch niemals bei uns in der Geschichte eines demokratischen Deutschland gab es eine solche doppelte Preiserhöhung für einen der wichtigsten Rohstoffe — im Verlauf weniger Monate!
Deswegen bitte ich Sie bei dieser letzten Gelegenheit nochmals, unter allen Umständen den Regierungsentwurf abzulehnen. Die Regierung hat ganz andere Möglichkeiten, Gelder zur Deckung der erhöhten Sozialausgaben hereinzubekommen.
— Um Ihnen das zu schildern, meine Herren, würde ich einer längeren Redezeit bedürfen, als durch Mehrheitsbeschluß den kleinen Fraktionen zugebilligt ist.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Vesper.
Meine Damen und Herren! Die Preiserhöhungen für Kraftstoffe im Februar 1950, die im Zuge einer Regierungsverordnung vorgenommen werden sollten, begegneten damals in der Öffentlichkeit dem schärfsten Protest. Auch der Bundestag wies diese Maßnahmen mit übergroßer Mehrheit zurück. Der damals vorgesehene und zurzeit geltende Preis von 60 Pfennig je Liter Benzin und 43 Pfennig für Dieselkraftstoff wurde durch eine Kompromißlösung so festgelegt. Die Regierung erklärte dazu, daß sie nach dieser Regelung von weiteren Preiserhöhungen für flüssige Brennstoffe Abstand nehmen wollte.
Meine Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes umfaßt eine Anzahl Positionen, deren Steuersätze eine Reihe verschiedener Maßnahmen zur Folge haben werden, sollte dieses Gesetz verabschiedet werden. Das Argument des Herrn Bundesfinanzministers, daß durch die Ablehnung der
Vorlage das Kriegsopferversorgungsgesetz und in Verbindung damit die Auszahlung der Sozialrenten in Frage gestellt sei, ist nur ein vorgeschobener Grund.
Diese Erklärung soll dazu dienen, einen Teil des Bundestags und die Öffentlichkeit unter moralischen Druck zu stellen.
Meine Herren! Die Sicherstellung aller Sozialaufgaben dieser Regierung wäre ohne weitere Steuererhöhungen möglich, wenn die jetzigen Besatzungskosten um 25 % gesenkt würden.
Der Bundestag hat sich schon einmal, und zwar Mitte 1950, nach einer eingehenden Beratung für die Senkung der Besatzungskosten ausgesprochen und die Regierung ersucht, in diesem Sinne wirksam zu sein. Aber die Politik dieser Regierung führte nicht zu einer Senkung, sondern zur Erhöhung der Besatzungskosten und damit zu einer noch gewaltigeren Belastung der breiten Volksschichten. Die Einbeziehung Westdeutschlands in den Atlantikpakt, die von der Adenauer-Regierung bejahte Remilitarisierung
und die damit verbundenen Mehrausgaben
sind die wirklichen Ursachen für die von der Regierung beantragte Erhöhung der Mineralölsteuer.
Meine Damen und Herren! Der Entwurf eines Gesetzes über die Autobahnbenutzungsgebühr liegt nicht an der unteren Stelle von Entwürfen geplanter und bereits feststehender neuer Steuerarten im Schreibtisch des Herrn Finanzministers.
Im Haushalt steht, um mit den Worten des Herrn Finanzministers zu sprechen, ein ungedeckter Betrag von 2,3 Milliarden DM.
In diesen Mehrausgaben sind aber nicht die zusätzlichen Milliarden an D-Mark für Besatzungskosten und die Milliarden, um die von der Regierung in Westdeutschland eingeleitete Remilitarisierung zu finanzieren, enthalten.
Der Finanzminister erklärte in einer Ausschußsitzung am 8. 1. 51, daß die kommenden Steuererhöhungen einen Leistungsbeitrag für die Sicherheit bedeuten.
Aber politische Sicherheit heißt, um mit den Worten der amerikanischen „Neuen Zeitung" zu reden: Zahlung und Erhöhung der Besatzungskosten!
Die Behauptungen der Regierung, daß die Mineralölsteuer keine Auswirkung auf die Lebenshaltung habe, sind unwahr. Auch bei dieser Steuer werden sich die gleichen Auswirkungen auf die Kaufkraft und den Lebensstandard der breiten Schichten zeigen. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an das Verkehrsgewerbe, das von den erwarteten Steuern in Höhe von 450 Millionen D-Mark allein 320 Millionen = 70 % im Jahre aufbringen soll. Dieses Gewerbe wird dadurch in eine noch schwierigere Lage gebracht. Die Erhöhung führt zwangsläufig zum Ruin von Tausenden von kleinen Existenzen. In der deutschen Binnenschifffahrt wird die ohnehin schon schwierige Situation, die durch den niedrigen Frachtsatz hervorgerufen worden ist, weiterhin dadurch verschärft, daß infolge der Verteuerung der Dieselkraftstoffe die ausländische Konkurrenz auf deutschen Wasserstraßen noch stärker als bisher in Erscheinung tritt. Die Tatsache allein, daß heute schon weit über 50 % des gesamten Frachtraumes auf dem Rhein von Schiffen unter fremder Flagge in Anspruch genommen wird, die jetzt noch mit Brennstoff zu einem Drittel des Preises gegenüber den für die deutschen Schiffe geltenden Preisen fahren, führt zu einer weiteren Verringerung des deutschen Schiffsraums.
Die deutsche Landwirtschaft wird durch die Preiserhöhung des Brennstoffs und des Öls noch zusätzlich zu den bereits vorhandenen Schwierigkeiten in der Landwirtschaft belastet; und nicht zuletzt kündigt jetzt schon die Baustoffindustrie für Teer- und Bitumen-Produkte eine fünf- bis zehnprozentige Erhöhung der Verkaufspreise an. Diese Preiserhöhung wird auf dem Sektor der Bauwirtschaft eine Veränderung der Preiskalkulation zur Folge haben und das soziale Bauen entscheidend beeinflussen.
Aus all diesen Erwägungen lehnt die kommunistische Fraktion den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes auf Drucksache Nr. 1680 grundsätzlich ab.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Höpker-Aschoff.
Meine Damen und Herren! Meine Parteifreunde verkennen nicht, daß die Verpflichtung, die das Grundgesetz auferlegt, den Haushalt auszugleichen, nicht nur den Herrn Finanzminister, sondern auch den Bundestag selber angeht. Meine Parteifreunde verkennen weiter nicht, daß dann, wenn durch die Gesetzgebung des Bundestages neue Verbrauchereinkommen in großem Umfang geschaffen werden und dadurch die Nachfrage erhöht wird, auf der anderen Seite durch Eingriffe der Steuergesetzgebung eine Einschränkung des Verbrauchs herbeigeführt werden muß, wenn eine inflatorische Entwicklung verhindert werden soll.
Wir sind allerdings der Meinung, daß diese beiden Postulate durch dieses Gesetz allein im vollen Umfange nicht erfüllt werden können, sondern daß wir dieses Gesetz, wenn die Postulate erfüllt werden sollen, im Zusammenhang mit den weiteren Plänen sehen müssen, die der Herr Finanzminister neulich vor uns im Finanz- und Steuerausschuß entwickelt hat. Wir hätten es daher auch begrüßt, wenn uns dieser Gesetzentwurf nicht vorweg, sondern, sagen wir, im Zusammenhang mit einer großen Steuerreform vorgelegt worden wäre, weil sich dann manches gegeneinander hätte abwägen lassen.
Meine Damen und Herren! Eine Steuer wie diese unterscheidet sich von den sonst üblichen Verbrauchssteuern dadurch, daß sie auf Rohstoffe und Produktionsmittel gelegt wird. Gegen eine solche Besteuerung können natürlich gewisse finanzpolitische Bedenken erhoben werden, weil durch eine solche Besteuerung starke Verschiebungen innerhalb der einzelnen Wirtschaftsstufen eintreten
können. Meine Parteifreunde legen daher auf die vom Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen angenommene Entschließung entscheidenden Wert, die in dem Mündlichen Bericht des Ausschusses enthalten ist. Durch diese Entschließung wird dem Bundesfinanzminister aufgegeben, von der Ermächtigung des § 6 Abs. 2 bei der entsprechenden Fassung der Durchführungsbestimmungen weitherzigen Gebrauch zu machen. Aber man kann wohl damit rechnen, daß diese Entschließung, die auf eine Anregung meines Parteifreundes Wellhausen zurückgeht, die Zustimmung dieses Hauses finden wird.
Noch etwas anderes: indirekte Steuern werden im allgemeinen abgewälzt. Die Abwälzung wird da auf gewisse Schwierigkeiten stoßen, wo ein Gewerbe durch Tarife gebunden ist, wie es das Kraftfahrgewerbe bei uns ist. Aus diesem Grunde haben wir gegen die Erhöhung insbesondere der Benzinsteuer gewisse Bedenken gehabt. Wir hätten es sehr begrüßt, wenn der Herr Finanzminister sich diesen Bedenken hätte anschließen können.
Alles in allem, meine Damen und Herren, werden wir trotz dieser Bedenken dem Gesetzentwurf unsere Zustimmung nicht versagen, und zwar gemäß den Beschlüssen des Ausschusses für Wirtschaftspolitik. Aber diese Zustimmung ist durch die künftige Gestaltung der Bewirtschaftung der Treibstoffe überhaupt bedingt. Der Herr Wirtschaftsminister Erhard hat uns hier völlig eindeutig erklärt, daß die Mineralöl G.m.b.H. in Liquidation treten und mit dem 1. April ihr Ende erreichen soll. Wir halten uns an dieses Wort des Herrn Wirtschaftsministers. Es ist aber im Finanz-und Steuerausschuß von den Vertretern der Regierung — auch wiederum von den Referenten des Wirtschaftsministeriums — darüber hinaus noch erklärt worden, daß nach ihrer Auffassung nach dem 1. April, nach der Auflösung der MineralölG.m.b.H., eine Bewirtschaftung von Dieselöl überhaupt nicht mehr erforderlich sein würde und dann auch die Preisbindungen für Dieselöl wegfallen könnten. Wir wollen nicht verkennen, daß bei Vergaserkraftstoffen die Dinge vielleicht etwas anders liegen und daß wir hier nach dem 1. April den Absprung in eine völlig freie Wirtschaft nicht wagen können; wir sind aber der Meinung, daß nach dem 1. April auch hier die Preisbindungen wegfallen könnten und daß jedenfalls eine Bewirtschaftung auf den Verbraucher-Endstufen nicht mehr erforderlich sein würde.
Ich kann zu meiner Freude feststellen, daß diese Gedanken, die die Bewirtschaftung und die Preisbindungen betreffen, von den übrigen Koalitionsparteien geteilt werden. Die drei Koalitionsparteien möchten aber eine gewisse Sicherung ihrer Auffassung durch einen Beschluß des Bundestages haben und haben daher gemeinsam eine Entschließung eingebracht, die ich dann dem Herrn Präsidenten übergeben werde. Diese Entschließung lautet:
1. Der Bundestag wünscht, daß nach dem 1. April 1951 die Preisbindungen für Vergaser- und Dieselkraftstoff aufgehoben werden. Die Bundesregierung wird daher ersucht, in ihrer Verlängerungsvorlage für das Treibstoffpreisgesetz nur noch die Preise für die privilegierten Verbrauchergruppen festzusetzen.
2. Der Bundestag hat mit Befriedigung von der Erklärung des Bundeswirtschaftsministers Kenntnis genommen, daß mit dem Inkrafttreten des Mineralölsteuergesetzes das Zentralbüro für Mineralöl G.m.b.H. in Liquidation zu treten hat und diese Liquidation spätestens am 1. April 1951 abgeschlossen sein wird. Der Bundestag ersucht die Bundesregierung in diesem Zusammenhang, die Endverbraucherbewirtschaftung von Dieselkraftstoff ebenfalls ab 1. April 1951 mit dem Ziel der Beendigung der Gesamtbewirtschaftung zum frühest möglichen Zeitpunkt aufzuheben.
Meine Damen und Herren! Die Annahme dieser Entschließung ist für meine Parteifreunde von entscheidender Bedeutung. Einige kleinere Abänderungen bei den einzelnen Paragraphen wird mein Parteifreund Rademacher noch eingehend begründen.
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen? — Herr Abgeordneter Dr. Bertram, wollen Sie jetzt schon das Wort nehmen?
— Das Wort hat also der Herr Abgeordnete Dr. Bertram.
Meine Damen und Herren! Das Mineralölsteuergesetz ist nur ein Teil eines umfassenden Programms, das uns der Bundesfinanzminister teils schon vorgelegt hat, das teils schon verabschiedet ist und das teils noch vorgelegt werden soll. Bei diesem Programm denkt man an die Deckung neuer Bundesausgaben, angeblich auch an eine Bekämpfung inflatorischer Tendenzen. Diese inflatorischen Tendenzen in Deutschland konnten wir bisher nicht feststellen. Im Gegenteil. Die inflatorischen Tendenzen, die an anderen Stellen bemerkbar gewesen sein mögen, rechtfertigen in Deutschland jedenfalls ein solches Steuerprogramm nicht. Die Einkommen-, die Körperschaft-, die Umsatzsteuer sollen erhöht werden, das Notopfer Berlin ist erhöht worden, Tariferhöhungen der Bundesbahn haben sich angeschlossen. Durch alle diese Maßnahmen hat sich das Verhältnis zwischen den progressiven Steuern, der Körperschaft-, der Vermögensteuer, der Soforthilfeabgabe einerseits und den indirekten und abwälzbaren Steuern entscheidend geändert und wird noch weiter geändert werden.
Es dürfte wohl Einstimmigkeit darüber bestehen, daß die gesamte Steuerbelastung nach dem Ziel der sozialen Gerechtigkeit ausgerichtet werden muß und daß dieses Ziel der Steuerpolitik von allen hier vertreten werden wird. Zwischen den abwälzbaren und nicht abwälzbaren Steuern hat sich — nur nach dem Steueraufkommen im dritten Quartal 1950 — bereits ein erstaunliches Verhältnis ergeben, und zwar sind 1153,9 Millionen aus den nicht abwälzbaren und 2395,7 Millionen aus den abwälzbaren, aus den indirekten Steuern aufgebracht worden. Das ist ein Verhältnis von 11 zu 23, also fast von 1 zu 2.
Das Verhältnis dagegen des Einkommens der sozial abhängigen Erwerbspersonen — insgesamt 14,3 Millionen im derzeitigen Bundesgebiet —, die ein Gesamteinkommen von 43 Milliarden Mark erzielt haben, zu dem Einkommen der selbständigen Erwerbspersonen — 3,7 Millionen Einzelpersonen, die aber 29 Milliarden Mark Einkommen erzielt haben - ist ungefähr 40 zu 60. Nun aber müssen
wir davon ausgehen, daß die indirekten Steuern zum größten Teil von den sozial Abhängigen und natürlich auch von den Unterstützungsempfängern bezahlt werden. Das Verhältnis zwischen indirekten und direkten Steuern müßte also wesentlich anders sein, wenn es auch nur den Erfordernissen sozialer Gerechtigkeit entsprechen soll. Sie wissen alle, daß die sozial Abhängigen nicht wie die Selbständigen über Reserven verfügen. Wenn das Gesamteinkommen der sozial Abhängigen 43 Milliarden und das Gesamteinkommen der Selbständigen 29 Milliarden beträgt, dann darf das Verhältnis der indirekten zu den direkten Steuern nicht wie 2,3 zu 1,1 Milliarden aussehen. So ist schon heute der Stand.
Dieser Stand soll durch die Belastung mit der erhöhten Mineralölsteuer noch zuungunsten der breiten Volksmassen verschlechtert werden. Ich gebe durchaus zu, daß die Mineralölsteuer zum Teil nicht abwälzbar sein wird. Das Kraftverkehrsgewerbe hat sich wegen seiner gebundenen Tarife mit Recht schon sehr darüber beklagt, aber zum ganz großen Teil ist die Mineralölsteuer, wie alle indirekten Steuern, abwälzbar und trifft deshalb den Lebensstandard der breiten Masse unmittelbar, das heißt das bereits unsoziale Verhältnis zwischen den verschiedenen Besteuerungskategorien wird durch diese Steuer noch weiter verschärft.
Ich bin mir klar darüber, daß auch der Finanzminister dieses Verhältnis mit Sorge betrachtet. Auch der Finanzminister möchte sicherlich gern, daß dieses Verhältnis nicht weiter verschärft wird. Der Grund dafür liegt in der eigentümlichen Verteilung der Steuerquellen nach dem Grundgesetz. Hier scheint mir der eigentliche Hebel anzusetzen zu sein. Art. 106 und 107 des Grundgesetzes sehen eine Neuverteilung der Steuerquellen vor. Wenn das Bundesfinanzministerium den Bestimmungen des Grundgesetzes, insbesondere des Art. 107 — die Steuerquellen gerechter auf Bund und Länder zu verteilen — entsprechen und ein Gesetz vorlegen würde, dann könnten wir hier auch eine sozial gerechte Steuerpolitik betreiben. Wir verlangen deshalb vom Finanzministerium zunächst die Vorlage eines entsprechenden Gesetzes. Jetzt ist es so, daß die Hauptlasten der Bund zu tragen hat, daß dagegen die Steuerquellen, die wir erschließen können, den Ländern zugute kommen würden.
Das Bundesfinanzministerium selber hat ausgeführt, daß allein aus der Beseitigung der Bestimmungen über die Selbstfinanzierung ein Betrag von 970 Millionen zu erwarten sei. Wenn das Bundesfinanzministerium selber, und zwar mit Recht, erklärt, daß die Bestimmungen der Einkommensteuernovelle über die Selbstfinanzierung beseitigt werden müßten und daß hieraus 970 Millionen zu erwarten seien, dann zeigt das den Weg, wie man zur Verwirklichung steuerlicher Gerechtigkeit etwas beitragen könnte. Der bequeme Weg, nämlich der Weg über eine Erhöhung der Mineralölsteuer, dagegen muß zu einer ganz falschen, weiteren Belastung führen.
Wir sind deshalb nicht in der Lage, diesen Weg, den das Bundesfinanzministerium uns hier vorschlagen will, mitzugehen. Wir sehen durchaus ein, daß die Ausgaben des Bundes gedeckt werden müssen, wir verlangen aber, daß die Wege gegangen werden, die im Grundgesetz für diesen Zweck vorgesehen sind, auf denen man nicht mit
dem Erfordernis sozialer Gerechtigkeit in Konflikt kommt.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Rademacher.
Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst im Auftrage meiner Fraktion den Umdruck Nr. 48 begründen. Bei den Verhandlungen in den Ausschüssen und auch in den Fraktionen hat die Frage der Durchführungsbestimmungen eine entscheidende Rolle gespielt. Es hat sich aber leider herausgestellt, daß die direkten Verhandlungen zwischen dem Bundesfinanzministerium und den Verbänden bis heute nicht zum Erlaß von Durchführungsbestimmungen geführt haben, die nach unserer Auffassung tragbar erscheinen.
Es geht im wesentlichen darum, daß die Verbände, die Hersteller und auch die Händler, gezwungen sein würden, sich von den Banken wieder Kredite bzw. Avale zu beschaffen, die sie nach Maßgabe der bisherigen Restriktionen und der sonstigen Belastung, die sie ohnehin zu tragen haben, nicht aufbringen können. Es soll weiter durch diesen Umdruck eine Differenzierung zwischen den Hersteller- und Händlerfirmen beseitigt werden.
Meine Damen und Herren, da mir nur wenige Minuten zur Verfügung stehen, muß ich auf den Abs. 2c zum Art. 2 überspringen, worin es heißt:
Eine Besteuerung der Bestände beim Endverbraucher findet nicht statt.
Mit der beabsichtigten Besteuerung beim Endverbraucher würden ungefähr 3- bis 400 000 Betriebe erfaßt werden. Wir in unserer Fraktion sind der Meinung, daß es untragbar ist, nach dem System der Kaffeeriecher nun eine Unzahl von Beamten loszuschicken, um diese Bestände bei den Endverbrauchern zu erfassen.
Das ist im wesentlichen der Inhalt des Umdrucks Nr. 48. Ich möchte die Kollegen bitten, den Abänderungsanträgen auf diesem Umdruck zuzustimmen.
Meine Damen und Herren! Da mir mein Kollege Herr Höpker-Aschoff noch einige Minuten Redezeit zur Verfügung gestellt hat, möchte ich mir erlauben, einige Ausführungen zu machen, die von dem allgemeinen Standpunkt meiner Fraktion abweichen. Ich muß das in einigen wenigen Sätzen tun, und ich kann mich dabei auf die Ausführungen berufen, die ich in dieser Angelegenheit bereits in der ersten Lesung gemacht habe. In der Öffentlichkeit ist der Eindruck entstanden, als ob die rund zwanzig Verbände einschließlich der Gewerkschaften Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr und die dahinter stehenden Millionen Arbeitskräfte dem Grundsatz beizutreten bereit gewesen seien, die Mineralölsteuer als Ausgleich für das Bundesversorgungsgesetz zu akzeptieren. Meine Damen und Herren, ich stelle in aller Öffentlichkeit fest: das ist nicht der Fall. Wohl aber haben sieh — das ist begreiflich — die Verbände bereit erklärt, an einer Modifizierung des Gesetzes, wenn es nun schon einmal durchkommen sollte, mitzuarbeiten.
Meine Damen und Herren, insbesondere ist von diesem Gesetz — auch das ist schon zum Ausdruck gebracht worden — der gewerbliche Verkehr, der Höchst- und Festpreise hat, betroffen. Bei diesen Festpreisen beispielsweise ist ein Ausweichen des-
wegen nicht möglich, weil die Bundesbahn und das übrige Verkehrsgewerbe paritätische Tarife haben. Zwei Zahlen möchte ich nennen, um hier noch einmal zu unterstreichen, wie schwierig die Dinge liegen. Auch nach der letzten Tariferhöhung, die nicht einmal gereicht hat, um die erste Erhöhung der Mineralölsteuer und die Erhöhung der Prämien der Versicherung zu decken, ist der Tarifindex heute noch bei 140 %. Es dürfte dem Hohen Hause bekannt sein, daß der allgemeine Index zwischen 170 und 180 liegt. Meine Fraktion hat daher von Anfang an die Auffassung vertreten: bei der Behandlung dieses wichtigen Mineralölsteuergesetzes dürfen nicht allein rein fiskalische Grundsätze maßgebend sein, sondern auch die wirtschaftlichen und verkehrspolitischen Auswirkungen. Ich bedauere daher nochmals, daß der verantwortliche Herr Ressortminister, Bundesverkehrsminister Seebohm, zu den verkehrspolitischen Auswirkungen dieses Gesetzes weder in den Ausschüssen noch hier in irgendeiner Form Stellung genommen hat.
Meine Damen und Herren, es geht nicht darum, einer besonderen Gruppe in Deutschland nun Sonderrechte zu gewähren oder Sonderverdienste zu sichern. Es geht um den Art. 2 des Grundgesetzes. Im Art. 2 GG heißt es: „Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit." Sie wissen, wie die Zustände auf den Straßen sind. Wenn wir zu Ordnung
und zur Sicherung des Lebens auf der Straße kommen wollen, sind wir zwangsläufig verpflichtet, in der nächsten Zeit dem gesamten Straßenverkehr außerordentlich schwere normative Vorschriften aufzuerlegen. Den normativen Vorschriften kann der Verkehr nur nachkommen, wenn Sie die technische Erneuerung des rollenden Materials durchführen, und dazu müssen Sie dem Verkehr genügend Spielraum zum Leben und zur Existenz belassen.
Meine Damen und Herren, ich vertrete diesen Standpunkt nicht im Auftrage meiner Fraktion, aber ich weiß, daß eine Reihe meiner Freunde dieser Auffassung vollinhaltlich zustimmt.
Ich bitte, auf der Tribüne alle Äußerungen des Beifalls oder Mißfallens zu unterlassen. Andernfalls werde ich die Tribüne räumen lassen.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Koch.
Meine Damen und Herren! Die sozialdemokratische Fraktion hatte in der ersten Beratung dieses Gesetzes am 14. Dezember Gelegenheit, grundsätzlich zu dem Gesetz im ganzen und auch zu seinen einzelnen Bestimmungen Stellung zu nehmen. An unserer grundsätzlichen Einstellung dem Gesetz gegenüber hat sich nichts geändert. Ich darf daher auf unsere Ausführungen vom 14. Dezember verweisen.
Meine Damen und Herren! Wir können diese Vorlage des Mineralölsteuergesetzes unter finanzpolitischen, wirtschaftspolitischen und verkehrspolitischen Gesichtspunkten sehen. Wir fühlen uns mit dem Finanzminister verpflichtet, das Gesetz in allererster Linie unter allgemein finanzpolitischen Gesichtspunkten zu betrachten. Diese finanzpolitischen Gesichtspunkte haben bei diesem Gesetz ganz zweifellos den Vorrang, zumal der Finanzminister darauf aufmerksam gemacht hat, daß er die Steuern, die das Mineralölsteuergesetz bringen soll, zum Ausgleich des Haushaltes braucht. Wir haben immer zu erkennen gegeben, daß wir die Sorge des Finanzministers verstehen. Wir haben immer anerkannt und wir wissen, daß wir verpflichtet sind, den größten Teil unseres Haushalts etwa für Besatzungskosten und für die Kriegsopferversorgung auszugeben. Wir hätten es aber — wie vorhin schon gesagt wurde — lieber gesehen, wenn dieses Mineralölsteuergesetz in den Zusammenhang einer größeren organischen Steuerreform gestellt worden wäre. Solange wir diese allgemeine Steuerreform nicht kennen, solange wir nicht wissen, wie sie ausfällt, können wir schon aus finanzpolitischen Gründen diesem Gesetz nicht zustimmen.
Finanzpolitische Gründe bewegen uns auch, wenn wir uns ständig dagegen wehren, daß ausgerechnet immer wieder indirekte Steuern herangezogen oder gar neu geschaffen werden. Wir machen immer wieder — wir fühlen uns dazu verpflichtet — darauf aufmerksam, daß zwischen den direkten und indirekten Steuern ein großes Mißverhältnis besteht. Das wurde schon so häufig gesagt, daß ich mich darüber nicht zu verbreiten brauche. Wir müssen auch daran erinnern, daß entgegen unseren Warnungen im vergangenen Frühjahr bei der sogenannten kleinen Steuerreform auf eine Milliarde DM an Einkommensteuern verzichtet worden ist und von dieser einen Milliarde DM 500 Millionen DM einem kleinen Kreis von etwa 50 000 Steuerpflichtigen zugute gekommen sind.
Es setzen sich auch heute mehr und mehr die Ansicht und die Einsicht durch; daß die steuerliche Begünstigung der Selbstfinanzierung unerträglich geworden ist. Wir freuen uns, daß uns der Bundesfinanzminister bereits erklärt hat, daß er diese Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes beseitigen will. Wir möchten daran erinnern, daß seit der Währungsreform bereits 25 Milliarden DM in der deutschen Wirtschaft investiert worden sind, und von diesen 25 Milliarden Mark ist der allergrößte Teil in einer sehr unerwünschten und volkswirtschaftlich sicherlich nicht richtigen Selbstfinanzierung verwendet worden Diesen 25 Milliarden DM stehen 3 Milliarden DM gegenüber, die der Bergbau für seine Investitionen braucht und die der Bergbau nicht bekommen hat. Ich bitte Sie, dieses Mißverhältnis einmal besonders zu beachten.
Wirtschaftspolitische Erwägungen hat insbesondere der Wirtschaftspolitische Ausschuß angestellt. Ich möchte mich da ganz kurz fassen und noch einmal darauf hinweisen, daß wir uns dagegen wehren, daß Rohstoffe mit einer indirekten Steuer belegt werden, Rohstoffe, die insbesondere auch für unsere Exportwirtschaft in der chemischen Industrie wichtig sind. Wir sträuben uns weiter gegen die Besteuerung der Baustoffe. Wir sträuben uns dagegen, daß man durch eine derartige Steuer den Wohnungsbau und den Straßenbau indirekt belastet. Unsere Anträge, die wir heute stellen werden, zielen in diese Richtung. Wir befürchten, daß durch diese Steuer die Lohnpreisspirale einen gefährlichen Auftrieb erhalten wird. In diesem Zusammenhang erinnern wir, wie es schon die Vorredner getan haben, an die Versprechungen des Bundeswirtschaftsministers. Wir haben allerdings von den Vertretern des Bundeswirtschaftsministers
im Finanzausschuß und im Wirtschaftspolitischen Ausschuß gehört, daß es vielleicht gar nicht möglich ist, die Preisbindungen nach dem 1. April aufzuheben. Unklar ist uns auch die Frage der Steuerabwälzung. Wir werden gegen alle Anträge stimmen, durch die die Preise erhöht und die Steuern damit auf die letzten Verbraucher abgewälzt werden.
Meine Damen und Herren! Die verkehrspolitischen Gesichtspunkte sind bei den Beratungen viel zu kurz gekommen. Der Druck und die Eile, unter denen der Bundestag und seine Ausschüsse arbeiten müssen, stehen geradezu in einem umgekehrten Verhältnis zu der Muße, die sich die Regierung bei der Einbringung derartiger Vorlagen läßt.
Im Zusammenhang mit diesem Mineralölsteuergesetz hätten wir das bekannte Problem Schiene—Straße sehr eingehend prüfen müssen. Das haben wir nicht gekonnt. Dazu bedarf es monatelanger Überlegungen und monatelanger Arbeiten. Meine Fraktion wird aber noch in diesen Tagen einen Antrag einbringen, der sich mit diesem Problem beschäftigt.
Mit diesem Gesetz können wir also keine Verkehrspolitik machen; das möchten wir ganz ausdrücklich betonen. Trotzdem wollen wir nicht vergessen, daß durch dieses Gesetz ganz besonders der Wirtschaftszweig Straßenverkehr betroffen wird. Auch aus diesem Grunde wenden wir uns gegen die Bestimmungen des Gesetzes, da gerade dieser Wirtschaftszweig für die deutsche Wirtschaft und — ich denke an das Kraftverkehrsgewerbe — für unsere Exportwirtschaft von ausschlaggebender Bedeutung ist.
Der Herr Bundesfinanzminister hat am 14. Dezember folgendes erklärt:
Nachdem alle Wirtschaftsverbände in den Besprechungen, die ich mit ihnen hatte, zugegeben haben, daß der Gesetzentwurf in seinem Grundsatz nicht bestritten werden könne und die Notwendigkeit dieses Steuergesetzentwurfes anerkannt werden müsse ...
Dazu möchte ich sagen, daß gerade die wichtigsten und wesentlichsten Verbände der hier betroffenen Wirtschaft, nämlich die Arbeitsgemeinschaft Bitumenindustrie, der Mineralöl-Wirtschaftsverband, der Mineralöl-Zentralverband, der Verband süddeutscher Mineralölwirtschaft, die Vereinigung der deutschen Kraftstoffgroßhändler und der Verband Schmierfettindustrie, sich ausdrücklich gegen diese Feststellungen des Bundesfinanzministers, die er auch im Finanzausschuß wiederholt hat, verwahren. Sie schreiben in einem Fernschreiben an uns — ich glaube, auch die Abgeordneten der anderen Fraktionen haben dieses Fernschreiben erhalten —:
Betrifft: Mineralölsteuergesetz. Hören zu. unserem Erstaunen, daß in Sitzungen Unterausschuß Mineralölsteuergesetz am 4. Januar behauptet wurde, die unterzeichneten Verbände
der Mineralölwirtschaft hätten grundsätzlich
dem Mineralölsteuergesetz zugestimmt. Wir
verweisen auf unsere zahlreichen Proteste
gegen das Steuergesetz.
Und die Verbände erklären in diesem Fernschreiben weiter, daß von ihrer Seite aus, also von der Seite dieser großen Verbände aus, niemals ein Einverständnis zu dem neuen Mineralölsteuergesetz erklärt worden ist. Das mußte gegenüber den Bemerkungen des Herrn Bundesfinanzministers bei der ersten Beratung hier ausdrücklich festgestellt werden.
Doch ich spreche hier nicht als Interessentenvertreter,
sosehr uns die Kraftverkehrswirtschaft am Herzen liegt, sondern es sind, wie gesagt, allgemeine finanzpolitische Gründe, die uns bestimmen, dieses Gesetz abzulehnen. Der Herr Bundesfinanzminister hat an das soziale Gewissen appelliert. Er hat sich sogar im Ausschuß dazu verstiegen, zu sagen: Jeder gute Sohn des Volkes müsse dieses Gesetz annehmen.
Meine Damen und Herren, gerade weil unser soziales Gewissen auch durch dieses Gesetz wieder .angesprochen ist, appellieren wir an den Bundestag, die allgemeine Finanzpolitik des Herrn Bundesfinanzministers nicht mehr mitzumachen. Wer in einer sogenannten kleinen Steuerreform bei der Einkommensteuer auf 900 Millionen bis 1 Milliarde DM hat verzichten können, der kann von uns nicht erwarten, daß wir seine Steuervorlagen, die immer wieder nur indirekte Steuern betreffen, mitmachen.
Aus diesem Grunde wird die sozialdemokratische Fraktion gegen die Vorlage stimmen.
Das Wort hat der Herr Bundesminister der Finanzen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Einige Bemerkungen des Herrn Vorredners zwingen mich doch zu einer Richtigstellung. Es ist richtig, daß ich gesagt habe, die Vertreter gewisser Verbände hätten für ihre Person anerkannt, daß die Gesetze an sich vom finanzpolitischen Standpunkt aus und von dem Standpunkt aus notwendig sind, daß, wenn soziale Ausgaben zu leisten sind, auch die Verantwortung für die Mittelaufbringung zu übernehmen ist. Ich habe im Ausschuß mit aller Deutlichkeit betont, Herr Kollege Koch, daß diese Ausführungen selbstverständlich nicht so verstanden werden dürfen, als ob die Verbände mir gegenüber ihre ausdrückliche Billigung der Besteuerung, die ihren Wirtschaftszweig trifft, ausgesprochen hätten. Das hätte zu viel Gemeinsinn seitens der Vertreter einer deutschen Wirtschaftsorganisation bedeutet.
Ich habe den Herren meinen Standpunkt telegraphisch mitgeteilt. Genau so wie Sie das Telegramm erhalten haben, habe ich es auch erhalten. Zwischen mir und den Verbänden herrscht Frieden, und ich bitte, den Frieden nicht zu stören.
Was meinen Satz von dem „guten Sohn des deutschen Volkes" betrifft, so hat sich das auch nicht auf die Mineralölsteuer, sondern auf einen allgemeinen Grundsatz bezogen, der in der Debatte über die Mineralölsteuer erörtert werden mußte. Es war der Grundsatz, daß derjenige, der will, daß der deutsche Staat die soziale Not im Lande behebt, die Verantwortung für die Aufbringung der Mittel zu übernehmen hat.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Besold.
Meine Damen und Herren! Ich stelle ausdrücklich fest, daß die Wortmeldungen alle nachträglich
eingegangen sind. Als ich Sie vorhin zur Abstimmung rief, lagen keine Wortmeldungen mehr vor.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir verkennen nicht die ungeheuren Schwierigkeiten in finanztechnischer Hinsicht, alle Kriegsfolgelasten zu bewältigen. Wenn diese Fragen aber durch Steuermaßnahmen gelöst werden sollen, dann bedauern auch wir, daß aus dem Mosaik dieser Steuermaßnahmen nur immer Stücke vorgelegt werden, aus denen das Gesamtbild und damit auch die notwendigen Konsequenzen nicht richtig erkannt werden können. Wenn auch die Notwendigkeit anerkannt wird, diesen Steuermaßnahmen im Gesamtinteresse positiv gegenüberzustehen, so darf das doch nicht so weit gehen, daß unerträgliche Härten dabei nicht berücksichtigt werden. Eine unerträgliche Härte in diesem Gesetz ist die vorgesehene Erhöhung der Treibstoffpreise. Es braucht nicht mehr erwähnt zu 'werden, daß nach dem Zusammenbruch die Heraufsetzung der Treibstoffpreise und der Kraftfahrzeugsteuer sowie die Erhöhung der Versicherungsprämien schon zu einer finanziellen Belastung des gesamten Verkehrsgewerbes geführt haben, die vom gewerblichen und beruflichen Kraftverkehr kaum noch getragen werden kann und darüber hinaus auch Auswirkungen auf die gesamte Preisgestaltung hat. Wenn wir weiterhin berücksichtigen, daß über 2 Millionen Berufstätige mit ihren Familien in der Kraftfahrwirtschaft verdienen, so muß gerade dieser Erhöhung ein besonderes Augenmerk gewidmet werden.
Ich möchte auch darauf hinweisen, daß gerade der steuerliche Zugriff auf diesem Gebiet eine unerhörte Diskrepanz zwischen dem Selbstkostenindex und dem Tarifindex der gewerblichen Kraftfahrt bewirkt hat, die zu einem Substanzverzehr der gewerblichen Kraftfahrt geführt hat. Nachdem der Erhöhung des Selbstkostenindexes keine gleichlaufende Erhöhung des Tarifindexes gefolgt ist, ergibt sich nämlich folgendes Bild: Dem Tarif-und Selbstkostenindex des Jahres 1938, der mit je 100 beziffert wird, steht ein Tarifindex des Jahres 1950 mit 132 und ein Selbstkostenindex des Jahres 1950 mit 186,75 gegenüber.
Ich möchte gerade von unserem Standpunkt aus erwähnen, daß eine besondere Belastung des bayerischen Verkehrsgewerbes durch eine neue Erhöhung der Treibstoffpreise auch deshalb gegeben ist, weil dieses verkehrsmäßig gesehen wegen der weiten Entfernung von den Seehäfen und der Rohstoffbasis des rheinisch-westfälischen Industriegebietes sowie durch die Randlage sehr benachteiligt ist. Wir haben daher bereits im Finanz-und Steuerausschuß dem Abänderungsantrag zu Art. 1 § 2 zugestimmt. Von der Entscheidung des Hauses, ob diesem Antrag des Finanz- und Steuerausschusses stattgegeben wird, werden wir die weitere Entscheidung über das Gesamtgesetz abhängig machen.
— Das steht im Regierungsentwurf drin.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Eickhoff.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion hat zu diesem Gesetz einen Abänderungsantrag eingebracht, der Braunkohlenteer ganz aus diesem Gesetz herausnehmen
möchte. Nach der Regierungsvorlage sollte Braunkohlenteer je 100 kg mit 6 DM besteuert werden. In dem Ausschuß sind wir uns nach reiflichen Überlegungen einig geworden, den Satz auf 2 DM zu ermäßigen. Braunkohlenteer kann aber im Gegensatz zu früheren Zeiten heute nur noch als Heizöl verwandt werden, und die Steuer müßte wie bei Heizöl auch auf 1 DM ermäßigt werden. Wenn unsere Finanzverwaltung heute argumentiert, daß Braunkohlenteer nicht anders als Steinkohlenteer behandelt werden könnte, dann ist das unbedingt falsch; denn Steinkohlenteer kann für die verschiedensten Zwecke, z. B. in der Bauindustrie und im Straßenbau, verwendet werden. Das Steueraufkommen aus Braunkohlenteer würde im Höchstfalle aber nur 900 000 DM betragen, und diese müßten von ganz wenigen Werken getragen werden, die diese Last nicht abwälzen könnten. Insbesondere handelt es sich um das Schwelwerk Offleben bei Helmstedt. Weil gerade unsere Werke an der Ostzonengrenze sowieso schon überaus belastet sind und infolge dieser zusätzlichen Belastung wahrscheinlich mit umfangreichen Arbeiterentlassungen gerechnet werden müßte, bittet meine Fraktion das Hohe Haus, unserem Antrag, den Braunkohlenteer ganz aus der Besteuerung herauszunehmen, zuzustimmen.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Frommhold.
Meine Damen und Herren! Namens der Deutschen Reichspartei möchte ich erklären, daß wir die Gesetzesvorlage so, wie sie vom Bundesfinanzministerium eingebracht worden ist, ablehnen. Der Kollege Bertram hat vorhin bereits das ganz ungesunde Verhältnis zwischen den direkten und den abwälzbaren Steuern aufgezeigt. Es geht unseres Erachtens nicht an, daß eine Steuerpolitik getrieben wird, die einer Schraube ohne Ende gleicht, eine Steuerpolitik, durch die letzten Endes immer wieder der Endverbraucher, d. h. die breite Masse des Volkes getroffen wird.
Darüber hinaus möchte ich hier noch einen Gesichtspunkt in die Debatte werfen, der mir nicht ganz unwesentlich erscheint. In breiten Schichten der Bevölkerung hat sich der Gedanke geformt, es könnte sich bei der Mineralölsteuer um ein einseitig begünstigendes Eingreifen in die alte Konkurrenz von Straße und Schiene handeln. Ich glaube, daß auch der Herr Bundesverkehrsminister es nur begrüßen könnte, wenn dieser Verdacht entkräftet werden würde.
Ich erkläre namens der Deutschen Reichspartei nochmals, daß wir dem Gesetz über die Mineralölsteuer unsere Zustimmung nicht geben können.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Neuburger.'
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es sind einige Abänderungsanträge gestellt worden, die Ihnen als Umdrucke Nrn. 47, 48 und 50 vorliegen, ferner der Abänderungsantrag in bezug auf den Braunkohlenteer, der soeben vorgetragen worden ist. Hierzu möchte ich folgendes sagen.
In dem Abänderungsantrag der Zentrumspartei, Umdruck Nr. 47, ist, wie Sie aus dem Schlußsatz ersehen, gefordert, daß die Preisfestsetzung nicht für die Hochseefischerei, in See gehende und von
See kommende Schiffe, die Binnenschiffahrt und die Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger gilt. Gegen diesen Abänderungsantrag haben meine Parteifreunde nichts einzuwenden. Ich muß allerdings einen Zusatzantrag stellen, der folgenden Wortlaut hat:
Das Verfahren über diese Freistellung regelt
der Bundesminister für Wirtschaft im Benehmen mit dem Bundesminister der Finanzen.
Dieser Zusatz über das Verfahren ist erforderlich, weil der Vordersatz dieser Bestimmung die Festsetzung von Höchstpreisen vorsieht. Diese Höchstpreise enthalten aber einen Zoll- bzw. einen Steuersatz, und deshalb muß ein Verfahren geregelt werden, in welcher Weise diese Steuer rückvergütet wird.
In dem Umdruck Nr. 48 wird in Ziffer 1 u. a. beantragt, in § 11 Buchstabe c) unter aa hinzuzufügen: „für die Steuerschuld keine Sicherheit zu leisten ist". Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn wir das in dieser Form in das Gesetz schreiben, dann besteht überhaupt keine Möglichkeit, in irgendeinem Falle, selbst wenn er noch so begründet ist, Sicherheit zu fordern. Ich möchte Sie bitten, das Gesetz nicht so unbeweglich zu machen, und schlage daher vor, folgende Fassung zu wählen: „für die Steuerschuld nur in begründeten Ausnahmefällen Sicherheit zu leisten ist". Ich kann mir nicht vorstellen, wie man in ein Gesetz, das alle Fälle umfassen soll, überhaupt keine Sicherheitsvorschrift hineinschreiben kann. Irgendein Ventil muß doch für die Ausnahmefälle des Lebens gegeben sein. Deshalb halte ich diese Abänderung für gerechtfertigt und bitte daher auch um Ihre Zustimmung.
Dann ist in diesem Umdruck Nr. 48 Ziffer 2 unter c) vorgesehen: „Eine Besteuerung der Bestände beim Endverbraucher findet nicht statt". Ich habe volles Verständnis dafür, daß der Endverbraucher nicht mehr zu dieser Steuer herangezogen wird, aber doch nur, wenn er zu seinen End- und Restbeständen in einem normalen wirtschaftlichen Bezugsverkehr für diese Treibstoffe gekommen ist. Wir wollen doch, wenn wir ein Gesetz schaffen, nicht zugleich die Möglichkeit geben, dieses in soundsoviel Fällen zu umgehen. Wenn wir daher diese Generalformulierung hereinnehmen: „Eine Besteuerung der Bestände beim Endverbraucher findet nicht statt", dann haben wir in einem Jahr noch Endverbraucher, die sagen: Ich habe das damals schon gehabt. Ich glaube daher mit Recht, folgende Ergänzung anfügen zu dürfen: Die Besteuerung der Bestände der Endverbraucher findet nicht statt, „soweit sie bis zum 17. 1." — das wäre heute — „im normalen Wirtschaftsverkehr zum Endverbraucher gelangt sind". Damit besteht die Möglichkeit späterer Überprüfung, wenn einer behauptet, er hätte noch Reste.
Wir wollen doch in jedem Steuergesetz den ehrlichen Steuerzahler schützen und nicht zugleich die Möglichkeit geben, soundsoviele Schiebungen innerhalb des Steuerrahmens bzw. der Steuergesetze vorzunehmen. Ich bitte daher das Hohe Haus, diesem Ergänzungsantrag zuzustimmen.
Nun wollte ich nicht zum Allgemeinen sprechen. Aber Äußerungen des Herrn Kollegen Dr. Koch veranlassen mich doch, einige Worte zu sagen, und zwar deswegen, weil immer wieder behauptet wird, der Finanzminister und wir, die wir der Vorlage zugestimmt haben, hätten, als wir vor einem Jahr die Einkommensteuergesetze verabschiedeten, auf 900 Millionen DM Einkommensteuer verzichtet und durch diese Gesetze rund 50 000 Steuerzahler bevorzugt. Diese Behauptung wird immer wieder aufgestellt; aber sie wird deswegen in keinem Fall richtiger.
Erstens kann man heute schon feststellen, daß das Steueraufkommen auf dem Gebiete der Einkommen- und Körperschaftssteuer bei den Ländern gegenüber vor einem Jahr nicht geringer ist; also mit anderen Worten: es wird kein Steuerausfall entstehen.
— Es ist kein Ausfall in Höhe der 900 Millionen DM entstanden.
Sie können sich ja bei den Finanzministern erkundigen!
Zweitens: wenn behauptet wird, wir hätten auf 900 Millionen verzichtet, dann müßten doch die 900 Millionen fehlen.
— Augenblick! Ich stelle nur fest, daß bis jetzt kein Ausfall entstanden ist.
Weiter stelle ich fest, daß bei jener Einkommensteuerreform nicht 50 000 Steuerzahler bevorzugt wurden, sondern alle.
Ich stelle weiter fest, daß im Rahmen der Steuerermäßigungen vom Jahre 1948 bis 1950 die kleinen Steuerzahler, Bezieher kleiner Einkommen weniger bezahlen als je nach dem ersten Weltkrieg. Ich stelle weiter fest, daß die Leute mit großen Einkommen zweieinhalbmal soviel bezahlen wie früher. Das sind die Tatsachen.
Ich stelle weiter fest, daß durch die damaligen Einkommensteuerermäßigungen die Wirtschaft im Frühjahr vorigen Jahres, als alles Unkenrufe ausstieß, in einer Weise angekurbelt wurde, wie es niemand erwartet hat.
Hunderttausende neuer Arbeitsplätze konnten geschaffen werden.
Das Wohnungsbauprogramm konnte in einem Umfang vorwärtsgetrieben werden, wie ihn niemand erwartet hat.
Zu den Dingen braucht man Geld und wieder Geld; und dies Geld konnte nur dadurch beschafft werden, daß man es in Form der Steuervergünstigungen in der Wirtschaft ließ.
— Über den Vorwurf mit den falschen Investitionen werden wir uns ein anderes Mal auseinandersetzen.
Auf jeden Fall kann man feststellen - das möchte ich zu dieser Sache abschließend sagen —:
jene Einkommensteuerreform hat auf keine Steuer verzichtet, sondern sie hat — und das ist bei jeder Finanz- und Steuerpolitik entscheidend — die Steuerkraft der Gesamtheit und die Wirtschaftskraft unseres Volkes erneut gestärkt und gehoben.
Ich wäre dankbar; wenn der Abgeordnete Neuburger mir seinen Abänderungsantrag geben würde. —
Ich schlage Ihnen vor, Herr Abgeordneter, daß wir uns vergleichsweise darauf einigen, daß heute der 17. ist, nicht der 16.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Einzelbesprechung zu dem aufgerufenen Art. 1.
— Meine Damen und Herren, ich appelliere an Ihre Mitarbeit. Ein mittelschweres Kreuzworträtsel ist eine leichte Aufgabe gegenüber dieser Abstimmung. Ich bitte also um etwas Aufmerksamkeit und Mitarbeit.
Ich rufe zunächst zur Abstimmung auf die Überschrift, Artikel 1 und § 1 des Gesetzes. Dazu liegen folgende Abänderungsanträge vor: zu § 1 Abs. 2 Ziffer 1 der Antrag der sozialdemokratischen Fraktion auf Umdruck Nr. 50, an Ziffer 1 die Worte anzufügen „und Bitumen". Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Abänderungsantrag der SPD-Fraktion zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe.
Ich bitte um Wiederholung. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das zweite ist die Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.
Es liegt weiter der Antrag der SPD vor, Ziffer 4 völlig zu streichen. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrage zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Der Antrag ist abgelehnt.
Es liegt weiter der Antrag der Fraktion der Deutschen Partei vor. Das ist kein Umdruck, sondern ein Antrag, der mir vorhin zugegangen ist und den ich verlesen habe. Ich verlese ihn noch einmal:
in Ziffer 4 das Wort „Braunkohlenteer" zu streichen.
Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. - Meine Damen und Herren, diese Abstimmung ist zweifelhaft, da die Herren Antragsteller natürlich für ihren Antrag gestimmt haben. Ich bitte um den Hammelsprung. Ich bitte, meine Damen und Herren, den Saal möglichst schnell zu räumen.
Meine Damen und Herren, ich schlage vor, Unterhaltungen draußen fortzusetzen. Ich bitte, den Vorraum — außer von den Abgeordneten — zu räumen.
Es fehlen noch Schriftführer. Ich bitte Herrn Abgeordneten Matthes, sich ebenfalls zur Verfügung zu stellen.
Ich bitte, mit der Auszählung zu beginnen.
Ich bitte, die Abstimmung zum Abschluß zu bringen und die Türen zu schließen.
Meine Damen und Herren! Für den Antrag der Fraktion der Deutschen Partei haben 186 Abgeordnete gestimmt, dagegen 164 bei einer Enthaltung. Der Antrag der Deutschen Partei auf Streichung des Wortes „Braunkohlenteer" in Ziffer 4 ist damit angenommen.
Zu Ziffer 5 des § 1 Abs. 2 liegt der Abänderungsantrag der Fraktion der SPD vor, das Wort „Steinkohlen-" und die Worte „und 244" zu streichen. Ich bitte die Damen und Herren, die für den Antrag der SPD, also für Streichung dieser Worte sind, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das letztere war die Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.
— Meine Damen und Herren, der Vorstand ist völlig einmütig der Meinung, daß letzteres die Mehrheit war.
Weitere Abänderungsanträge zu § 1 liegen nicht vor. Ich lasse also über die Überschrift und Art. 1 § 1 unter Berücksichtigung des eben angenommenen Abänderungsantrags abstimmen. Ich bitte die Damen und Herren, die für die eben genannten Teile des Gesetzes sind, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das erste war die Mehrheit. Diese Teile des Gesetzes sind angenommen.
Ich rufe auf Ziffer 2, und zwar hier zunächst § 2 Abs. 1 Ziffer 1. Dazu liegt ein Abänderungsantrag des Ausschusses für Wirtschaftspolitik vor, den Sie auf Seite 7 der Drucksache Nr. 1750 finden, nach dem der Buchstabe a) heißen soll:
a) Benzine 19 13.
Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag des Ausschusses für Wirtschaftspolitik zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. —
Ich bitte um die Wiederholung der Abstimmung. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Meine Damen und Herren, wir können nicht eindeutig entscheiden, wo die Mehrheit ist. Ich bitte um den Hammelsprung.
Ich bitte, mit der Auszählung zu beginnen.
Ich bitte, die Abstimmung zu beenden. — Ich bitte, die Türen zu schließen.
Meine Damen und Herren! Ich gebe das Ergebnis dieser Abstimmung zu § 2 Abs. 1 Ziffer 1 a) bekannt. Für den Antrag des Ausschusses für Wirtschaftspolitik haben gestimmt 183 Abgeordnete, dagegen 166 bei einer Enthaltung. Damit ist der Antrag des Ausschusses für Wirtschaftspolitik angenommen.
Meine Damen und Herren, ich lasse abstimmen über Abs. 1 Ziffer 1 b), c), dabei die Unterabschnitte aa) und bb). Ich bitte die Damen und Herren, die diesen Absätzen zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das erste war die Mehrheit; ist angenommen.
Ich komme zu d). Auch da liegt der Antrag des Ausschusses für Wirtschaftspolitik auf Seite 7 der Drucksache Nr. 1750 zu Ziffer 2 vor, an Stelle der beiden Zahlen 18 beide Male 23 zu setzen. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag
des Ausschusses für Wirtschaftspolitik zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. - Ich bitte um die Gegenprobe. — Das erste war die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.
Ich lasse abstimmen über e). Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Ist angenommen.
Ich komme zu f). Es liegt der Antrag der sozialdemokratischen Fraktion vor.
— Der Änderungsantrag zu f) hat sich erledigt.
Ich lasse abstimmen über f) und g). Ich bitte die Damen und Herren, die diesen Absätzen zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Ist angenommen.
Ich komme zu Ziffer 2 a) und b). Es liegen keine Abänderungsanträge vor.
— Bisher noch nicht. Frau Dr. Weber, wünschen Sie, einen zu stellen?
Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Ist angenommen.
Ich komme zu Ziffer 3 unter Berücksichtigung der Änderung, die in Umdruck Nr. 44 zu Ziffer 1 angegeben ist, daß an Stelle der Zahl 14 die Zahl 15 tritt. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Ist angenommen.
Ich komme zu Ziffer 4. Es liegt der Abänderungsantrag der Fraktion der Sozialdemokratischen Partei vor.
— Der Änderungsantrag Umdruck Nr. 50 Ziffer 2 hat sich ebenfalls erledigt.
Ich lasse gleichzeitig abstimmen über — —
— Das hat zwar mit der Geschäftsordnung nichts zu tun, Herr Abgeordneter, sondern es handelt sich hier darum, daß Sie vorhin übersehen hatten, den Antrag gleichzeitig zu § 2 Ziffer 4 zu stellen. Darf ich unterstellen, daß die Deutsche Partei den Antrag stellt, auch in Ziffer 4 „Braunkohlenteer" zu streichen?
Herr Abgeordneter Mühlenfeld, ich bitte, darauf aufmerksam machen zu dürfen, daß Ihr Antrag lautet: in § 1 Abs. 2 Ziffer 4
das Wort „Braunkohlenteer" zu streichen.
Meine Damen und Herren, ich bitte um Entschuldigung; die Fraktion der Deutschen Partei ist im Recht. Wir haben vorhin bei § 1 Abs. 2 Ziffer 4 die Abstimmung über Braunkohlenteer vorgenommen. Der Antrag war aber zu § 2 Abs. 1 Ziffer 4 gestellt. Die beiden Zahlen 2 und 1 sind durcheinander geraten.
Also ich stelle ausdrücklich zur Abstimmung den Antrag der Deutschen Partei zu § 2 Abs. 1 Ziffer 4, das Wort „Braunkohlenteer" zu streichen. Ich bitte die Damen und Herren, die zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das ist die vorhin bewährte Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.
Ich bitte die Antragsteller zu klären: Wird das Wort „Braunkohlenteer" in § 1 Abs. 2 Ziffer 4 auch gestrichen? Es ist irrtümlich gestrichen, meine Damen und Herren, weil der Antrag auf diese Position bezogen worden ist. Darf ich um eine Erklärung der Herren Antragsteller bitten?
— Also bleiben wir bei der Beschlußfassung und erweitern wir den Antrag der DP dahin, daß auch hier die Streichung beantragt war.
Ich komme weiter zu Ziffer 5, — 6, — 7. Ich bitte um Zustimmung,
— soweit die Damen und Herren zuzustimmen wünschen.
— Ich bitte um die Gegenprobe. — Das erste war die Mehrheit. Die Ziffern sind angenommen.
Zu Ziffer 8 liegt der Antrag des Ausschusses für Wirtschaftspolitik unter Ziffer 3 der Drucksache Nr. 1750 auf Seite 7 vor. Danach sollen in Ziffer 8 die Zahlen 18 und 18 in der alten Fassung jedesmal durch 23 ersetzt werden.
— Ich habe Sie nicht ganz verstanden, Herr Abgeordneter Ritzel.
— Meine Damen und Herren, der § 38 Abs. 2 der Geschäftsordnung besagt, daß der federführende Ausschuß der Vollversammlung abweichende Auffassungen oder Anträge der anderen Ausschüsse bekanntzugeben hat. Daraus ergibt sich eindeutig, daß abweichende Anträge gestellt werden können. Ich vermag die rein geschäftsordnungsmäßige Regelung, daß es einen federführenden Ausschuß gibt, nicht dahin auszulegen, daß dieser Ausschuß das Recht hat, über die Anträge der anderen Ausschüsse endgültig zu entscheiden. Das ist Sache des Plenums. Ich betrachte den abweichenden Antrag des Wirtschaftspolitischen Ausschusses als einen Abänderungsantrag zu dem Antrag des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen und lasse entsprechend darüber abstimmen.
Meine Damen und Herren, ich lasse abstimmen über den Antrag des Wirtschaftspolitischen Ausschusses.
— Zur Abstimmung Herr Abgeordneter Dr. Arndt!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das hier geübte Verfahren ist nach der Geschäftsordnung nicht zulässig. Nach der Geschäftsordnung entscheidet über grundsätzliche Fragen der Geschäftsordnung der Ausschuß für Geschäftsordnung und Immunität. Dieser Ausschuß hat sich mit der Frage befaßt, ob außer dem federführenden Ausschuß auch noch andere Ausschüsse im Plenum Anträge .stellen können. Er hat diese Frage, wie auch dem Plenum berichtet worden ist, einstimmig verneint. Diese Stellungnahme des zu-
ständigen Ausschusses ist nach der Geschäftsordnung auch für den Herrn Präsidenten bindend. Daß die Geschäftsordnung sagt, der federführende Ausschuß habe Anträge anderer beteiligter Ausschüsse dem Plenum „bekanntzugeben", bedeutet ja gerade, daß sie nicht im Plenum zur Abstimmung zu stellen, sondern dem Plenum nur mitzut eilen sind. In der zweiten Lesung kann ja jeder einzelne Abgeordnete Anträge stellen; es mag also ein Abgeordneter den Antrag aufnehmen. Aber die Praxis, daß hier eine Fülle von Ausschüssen — wir werden ins Uferlose kommen! — Anträge zu ein und demselben Gesetz stellen kann, ist unmöglich und bringt die ganzen Plenarverhandlungen in Verwirrung.
Herr Abgeordneter Arndt, ich bedaure, mit Ihnen nicht der gleichen Meinung zu sein. Nach § 118 der Vorläufigen Geschäftsordnung entscheidet der Präsident über Zweifel in der Auslegung der Geschäftsordnung. Nach § 120 hat der Geschäftsordnungsausschuß, der mit diesen Fragen befaßt wird, die Sache zu erörtern und dem Bundestag oder dem Präsidenten darüber Vorschläge zu machen. Das Entscheidungsrecht steht dem Präsidenten zu. Ich muß dem Bundestag anheimgeben, die Geschäftsordnung bei der Neufassung zu ändern. Im Augenblick kann ich nicht anders verfahren.
Herr Abgeordneter Ritzel zur Geschäftsordnung!
Ich habe wirklich nicht die Absicht, meine Damen und Herren, die Debatte durch eine Geschäftsordnungsdebatte zu bereichern. Aber ich muß doch zur Kenntnis bringen, daß anläßlich einer verkehrspolitischen Entscheidung in diesem Hohen Hause das Hohe Haus selbst entschieden hat, daß so zu verfahren ist, wie mein Kollege Herr Dr. Arndt es vorhin hier mitgeteilt hat, daß also Ausschußanträge eines — in diesem Sinn — Nebenausschusses, nicht des federführenden Ausschusses, nicht als Ausschußanträge behandelt werden können, sondern daß es einem oder mehreren Mitgliedern des Hauses vorbehalten bleibt, die Anträge als eigene Anträge wiederaufzunehmen. Das und nichts anderes ist die von dem Hohen Hause anerkannte Praxis.
Zur Abstimmung Herr Abgeordneter Dr. Höpker-Aschoff!
Meine Damen und Herren! Ich bin der Meinung, daß die vom Herrn Präsidenten vorgeschlagene Praxis richtig ist. Wenn wir im Plenum eine Materie zwei Ausschüssen überweisen, so hat jeder dieser Ausschüsse, wenn auch der eine federführend ist, das Recht, sich mit der Materie zu befassen und dem Plenum seine Vorschläge zu machen.
Die Überweisung an einen zweiten Ausschuß würde ja völlig sinnlos sein, wenn dieser zweite Ausschuß nicht die Möglichkeit hätte, sein Votum bzw. seinen Vorschlag dem Plenum zu unterbreiten und eine Entscheidung des Plenums über seinen Antrag herbeizuführen. Ich erinnere mich aus der Praxis dieses Hauses, daß gelegentlich einer Steuervorlage, die sowohl dem Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen als auch einem andern
Ausschuß überwiesen worden war, die beiden Ausschösse verschiedener Meinung waren, wir im Plenum über die Anträge abgestimmt und uns zugunsten des einen Ausschusses entschieden haben. Wenn aber noch irgendwelche Schwierigkeiten entstehen sollten, möchte ich sie jedenfalls für heute dadurch ausräumen, daß ich im Namen der Koalitionsparteien die Anträge des Wirtschaftspolitischen Ausschusses aufnehme.
Meine Damen und Herren, wir sind in der glücklichen Lage, diese Frage nicht mit Erbitterung erörtern zu müssen. Die Neufassung der Geschäftsordnung, die bevorsteht, wird uns die Möglichkeit geben, diese Zweifelsfrage so oder so zu klären und eine Entscheidung herbeizuführen.
Mir liegt der von den Abgeordneten Dr. von Brentano und Fraktion und Euler und Fraktion gestellte Antrag vor, der sich wörtlich mit dem Antrag des Ausschusses für Wirtschaftspolitik deckt. Bei der vorhin erfolgten Abstimmung über die Ziffern 1 und 2 ist nicht widersprochen worden. Wenn Sie gestatten, lasse ich über Ziffer 3 dieses Antrags — des Antrags der Fraktionen der CDU und FDP — abstimmen. Ich glaube, daß damit die formellen Schwierigkeiten im Augenblick behoben sind und das Weitere der Neufassung der Geschäftsordnung vorbehalten bleiben kann. Ich lasse also abstimmen über den Antrag der Herren Abgeordneten Dr. von Brentano und Fraktion und Euler und Fraktion, an die Stelle der Zahlen 18 und 18 in Ziffer 8 die Zahlen 23 und 23 zu setzen. Ich bitte die Damen und Herren, die diesen Anträgen zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Die Anträge sind angenommen.
Über den Schlußsatz des Abs. 2: „Was unter Eigengewicht zu verstehen ist, bestimmen die Zollvorschriften", ist noch nicht abgestimmt. Ich bitte auch darüber um Abstimmung. — Gegenprobe! — Die Mehrheit scheint sich dafür zu entscheiden, daß die Zollvorschriften hierfür maßgebend sein sollen.
Ich rufe auf Ziffer 3, Zu den Ziffern 3, 4, 5 und 6 liegen keine Abänderungsanträge vor. Ich lasse gemeinsam über diese Ziffern abstimmen. Ich bitte die Damen und Herren, die diesen Ziffern zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Die Ziffern sind angenommen.
Ich komme zu Ziffer 7. — Da ist lediglich eine sprachliche Abänderung zu vermerken, daß es — nach dem Umdruck Nr. 44 — „Säureharze" heißen muß. — Ich bitte diejenigen Damen und Herren, die unter Berücksichtigung dieser Abänderung der Ziffer 7 zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Angenommen.
Ich rufe auf Ziffer 8. — Keine Abänderungsanträge. Ich bitte um Abstimmung. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Angenommen.
Zu Ziffer 9 liegt ein Abänderungsantrag der Fraktion der FDP auf Umdruck Nr. 48 Ziffer 1 vor, in Art. 1 Ziffer 9 unter § 11 Buchstabe c hinter dem Wort „bestimmen" folgendes anzufügen. — Meine Damen und Herren, ich schlage vor, zunächst über § 11, den Einleitungstext und die Buchstaben a) und b) abzustimmen. — Ich bitte die Damen und Herren, die dafür sind, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Angenommen.
Weiterhin liegt zu dem Abänderungsantrag der FDP ein weiterer Abänderungsantrag des Herrn Abgeordneten Neuburger vor,
in Ziffer aa) zu sagen: „für die Steuerschuld nur in begründeten Ausnahmefällen Sicherheit zu leisten ist." — Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Abänderungsantrag zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Angenommen.
Ich komme zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Umdruck Nr. 48 Ziffer 1 unter Berücksichtigung der eben beschlossenen Abänderung. — Ich bitte die Damen und Herren, die unter diesen Umständen für den Abänderungsantrag der FDP Ziffer 1 sind, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Angenommen.
Ich bitte, jetzt über Ziffer 9 c des § 11 unter Berücksichtigung der eben beschlossenen Abänderung abzustimmen. Ich bitte die Damen und Herren, die dieser Ziffer zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Frau Dr. Weber, Sie wünschen dafür oder dagegen zu stimmen?
— Also Ziffer 9 c ist angenommen.
Ich rufe auf: Art. 2. Ich eröffne die Einzelbesprechung. — Keine Wortmeldungen? - Ich schließe die Einzelbesprechung.
Es liegt einmal vor der Antrag der Fraktion der FDP, Umdruck Nr. 48 Ziffer 2, nach der der Art. 2 „Übergangsbestimmungen" einen Absatz 2 erhalten soll. Zu Buchstabe c) dieses Abänderungsantrages liegt der Antrag des Herrn Abgeordneten Neuburger vor, daß Buchstabe c) folgenden Wortlaut erhalten soll:
Eine Besteuerung der Bestände beim Endverbraucher findet nicht statt, soweit sie bis zum 17. 1. 1951 im normalen Wirtschaftsverkehr zum Endverbraucher gelangt sind.
Ist der Antrag klar, meine Damen und Herren?
— Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Abänderungsantrag des Herrn Abgeordneten Neuburger zum Abänderungsantrag der Fraktion der FDP zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Der Abänderungsantrag ist angenommen.
Ich bitte die Damen und Herren, die unter Berücksichtigung dieser Abänderung der Ziffer 2 des Antrags in Umdruck Nr. 48 zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Der Antrag ist angenommen.
Meine Damen und Herren, ich bitte diejenigen, die dem Art. 2 unter Berücksichtigung dieser Abänderung zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Angenommen.
Meine Damen und Herren, darf ich fragen: können Sie noch sehen und wollen wir im Interesse der Stromeinsparung das Licht noch etwas sparen?
— Das Haus ist eindeutig für Sparen.
Meine Damen und Herren, es liegt der Antrag der Fraktion des Zentrums auf Umdruck Nr. 47 vor, nach dem Art. 2 einen neuen Art. 3 einzufügen. Dazu hat der Abgeordnete Neuburger beantragt, hinzuzufügen:
Das Verfahren regelt der Bundesminister für Wirtschaft im Benehmen mit dem Bundesminister der Finanzen.
Ich bitte zunächst die Damen und Herren, die dem Abänderungsantrag des Herrn Abgeordneten Neuburger zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das erste war die Mehrheit. Der Abänderungsantrag ist angenommen.
Ich lasse jetzt abstimmen über den Änderungsantrag der Fraktion des Zentrums Umdruck Nr. 47 unter Berücksichtigung des eben angenommenen Zusatzes. Ich bitte um Abstimmung. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das ist die größte Mehrheit, die heute erreicht worden ist. Der Antrag ist angenommen.
Meine Damen und Herren, ich rufe auf Art. 3,
und zwar ist das jetzt nach der neuen Benennung Art. 4. Dazu liegt der Antrag der Fraktion der FDP Umdruck Nr. 46 vor mit dem Wortlaut, einen Satz 2 anzufügen:
Es tritt am 31. März 1953 außer Kraft.
Weiter liegt vor der von den Fraktionen der CDU und FDP aufgenommene Antrag des Wirtschaftspolitischen Ausschusses, den Sie auf Seite 7 der Drucksache Nr. 1750 unter Ziffer 4 nachlesen können.
— Meine Damen und Herren, ich darf annehmen, daß dieser Antrag durch die Annahme des Zentrumsantrages erledigt ist. Ich halte die Ziffer 4 des Antrages auf Seite 7 für erledigt.
Ich habe noch abstimmen zu lassen über den Antrag der Fraktion der FDP, einen zweiten Satz entsprechend Umdruck Nr. 46 einzufügen. Ich bitte um Abstimmung. — Ich bitte um die Gegenprobe.
— Der Antrag ist angenommen.
Ich lasse abstimmen über Einleitung und Überschrift. Ich bitte um Abstimmung. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Angenommen.
Damit, meine Damen und Herren, ist die zweite Lesung des Gesetzes beendet.
Ich komme zur
dritten Lesung
und eröffne die allgemeine Aussprache. Ich bitte um Wortmeldungen.
— Herr Abgeordneter Loritz, Sie haben ebenso wie die KPD den Antrag gestellt, das Gesetz abzulehnen. Sie haben ohne weiteres die Möglichkeit, bei jeder Einzelabstimmung und bei der Schlußabstimmung Ihren Willen zum Ausdruck zu bringen. Ich halte einen derartigen Antrag, ein ganzes Gesetz abzulehnen, nach der Geschäftsordnung nicht für möglich.
Ich glaube nicht, daß Sie in irgendeiner Weise schlechter gestellt worden sind, und würde doch empfehlen, Ihren Widerspruch zurückzunehmen. Darf ich mich dessen vergewissert halten, Herr Kollege Loritz?
— Herr Loritz, Sie sind sehr schwer zu verstehen. Haben Sie die Freundlichkeit, nach vorn zu kommen.
Wenn wir die Geschäftsordnung richtig verstehen, dann ist in den Fällen, in denen in der zweiten Lesung eines Gesetzes ein Abänderungsantrag mit Mehrheit angenommen worden ist — das ist heute geschehen; der Abänderungsantrag der Deutschen Partei wurde mit Mehrheit angenommen, wie Sie alle wissen —, wenn ein Widerspruch erhoben wird, die dritte Lesung am gleichen Tage nicht zulässig. Diese Bestimmung ist mir gegenwärtig, Herr Präsident, und ich bitte, mich zu widerlegen, wenn Sie es können. Wir erheben aus dieser Rechtsanschauung Widerspruch gegen die heutige Vornahme der dritten Lesung des Gesetzes.
Das Wort hat der Abgeordnete Kunze.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf das Hohe Haus darauf hinweisen, daß über die Frage des Widerspruches gegen die dritte Lesung im Ältestenrat verhandelt wurde und daß als Demokrat es sich der kommunistische Abgeordnete Renner vorbehalten hatte, den Widerspruch dann nicht zu erheben, wenn seine Fraktion damit einverstanden wäre. Es ist eine merkwürdige Handhabung von Vereinbarungen im Ältestenrat, wenn jetzt ausgerechnet ohne jede Aussicht auf irgendeine materielle Änderung Herr Loritz den Einspruch erhebt.
Sollte dem Einspruch stattgegeben werden, so beantrage ich, für Freitag vormittag eine weitere Plenarsitzung mit dem einzigen Punkt der Tagesordnung: Dritte Lesung.
Meine Damen und Herren, ich darf zur geschäftsordnungsmäßigen Klärung um Ruhe bitten. Ich möchte zunächst feststellen, daß nach § 47 der Geschäftsordnung die Fristen zwischen der ersten und zweiten Beratung bei der Festlegung der Tagesordnung verkürzt oder aufgehoben werden können. Es ist darüber eine Verständigung im Ältestenrat erzielt worden, ohne daß ein Widerspruch erhoben worden ist. Im § 46 der Geschäftsordnung steht:
Sind die Beschlüsse der zweiten Beratung unverändert geblieben, so folgt die Schlußabstimmung unmittelbar; sind aber Änderungen vorgenommen, so muß sie auf Antrag von 10 Mitgliedern ausgesetzt werden.
Das gilt für die Schlußabstimmung. In § 44 ist festgelegt:
Die dritte Beratung erfolgt frühestens am
zweiten Tage nach Verteilung der in zweiter Beratung gefaßten Beschlüsse oder, falls
keine Änderungen der Vorlage beschlossen
sind, nach Schluß der zweiten Beratung. Nach § 47 können Fristen dann verkürzt werden, wenn nicht 10 anwesende Mitglieder widersprechen. Ich bitte zunächst um Feststellung, ob zehn Mitglieder widersprechen. — Das ist nicht der Fall. Ich trete in die dritte Beratung ein.
Meine Damen und Herren, ich eröffne die allgemeine Aussprache. Liegen Wortmeldungen vor? — Herr Abgeordneter Dr. Koch, bitte.
Herr Präsident! Meine Damer. und Herren! Der Herr Abgeordnete Neuburger hat in der zweiten Beratung die Behauptung aufgestellt, daß durch die Steuersenkung und Steueränderungen des vergangenen Frühjahrs Ausfälle an Steuern nicht eingetreten seien. Die Lautstärke, mit der diese Behauptung aufgestellt wurde, steht in keinem Verhältnis zu der Richtigkeit dieser Behauptung. Ich habe hier vor mir die Mitteilungen des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung liegen. Ich darf diesen Mitteilungen folgende Ziffern entnehmen. An veranlagten Einkommensteuern sind aufgekommen: im dritten Vierteljahr 1949 584 Millionen, im vierten Vierteljahr 1949 571 Millionen, im zweiten Vierteljahr 1950 noch 533 Millionen, im dritten Vierteljahr 1950 aber nur 444 Millionen.
Diese Mitteilungen des Presse- und Informationsdienstes der Bundesregierung
sprechen von starken Einbrüchen in das Steueraufkommen
infolge der Steuersenkungen, die im vergangenen Frühjahr von Ihnen beschlossen wurden. Ich glaube, über diese Ziffern sollten wir uns nicht streiten.
Meine Damen und Herren, selbst dann aber, wenn die Behauptung des Herrn Abgeordneten Neuburger richtig wäre, daß keine Steuerausfälle eingetreten sind — wir stellen fest, daß sie nicht richtig ist —, wäre doch zweifellos ein wesentlich höheres Aufkommen aus der Einkommensteuer zu erwarten gewesen, wenn wir bei den alten Sätzen geblieben wären.
Der wesentlich höhere Finanzbedarf der Bundesrepublik und der Länder war im Frühjahr 1950 zweifellos vorauszusehen.
In der Begründung, die uns der Herr Finanzminister für seine künftigen Steuermaßnahmen gegeben hat, beruft er sich auf neue Belastungen durch den Lastenausgleich, durch die Aufwendungen auf Grund des Art. 131 und durch die Kriegsopferversorgung. Alles das wußten wir im vergangenen Frühjahr, und trotzdem senkten Sie die direkten Steuern, die Einkommensteuer, und sind jetzt gezwungen, den höheren Finanzbedarf durch indirekte Steuern zu decken. Das ist das. was wir grundsätzlich bekämpfen.
Sie können auch nichts gegen die von uns oft wiederholte Behauptung einwenden, daß 500 Millionen DM — die Hälfte der Steuerausfälle — sich auf 50 000 Einkommensbezieher verteilen; wir haben nämlich etwa 50 000 Einkommensbezieher, die mehr als 30 000, 35 000 oder 40 000 DM verdienen. Im Durchschnitt beträgt die Steuersenkung bei jedem einzelnen dieser Einkommensbezieher 10 000 DM. Nun ist es eine sehr einfache Rechnung, daß auf diese 50 000 Einkommensbezieher, also auf einen kleinen überschaubaren Kreis, 500 Millionen DM der Steuersenkungen entfallen.
Der Herr Abgeordnete Neuburger hat unter Ihrem Beifall von den neugeschaffenen Arbeitsplätzen gesprochen, von Hunderttausenden von Arbeitsplätzen, die geschaffen worden seien,
und hat nicht von den Millionen von Arbeitslosen gesprochen,
die zu einem großen Teil deswegen nicht in Arbeit gebracht werden konnten, weil es einfach an den notwendigen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und Arbeitsbeschaffungsprogrammen gefehlt hat. Zur Durchführung dieser Programme hätten wir die Gelder gebraucht, die uns durch die Einkommensteuersenkung entgangen sind. Die Arbeitslosigkeit war Ende 1950 größer als Ende 1949. Der Kohlenmangel,
unter dem wir heute leiden, ist im wesentlichen auch auf diese Politik zurückzuführen. Ich habe schon vorhin ausgeführt, daß die notwendigen Mittel für Investitionen im Bergbau fehlten.
Der Bergbau selbst beziffert seine notwendigen Investitionen auf 3 Milliarden D-Mark. Auf diesem Gebiete ist nichts geschehen. Aber durch Selbstfinanzierung sind seit der Währungsreform 25 Milliarden Mark für neue Investitionen aufgebracht worden. Diese Gelder waren da, und diese übertriebene Selbstfinanzierung hat man durch die Einkommensteuerreform noch unterstützt.
Mit Rücksicht auf die weitgehenden finanzpolitischen Folgen all dieser Vorlagen und mit Rücksicht aber auch auf die Vorlagen, die wir vom Herrn Finanzminister noch zu erwarten haben, habe ich Ihnen eine förmliche Erklärung der sozialdemokratischen Fraktion des Bundestages vorzutragen:
Die sozialdemokratische Fraktion des Bundestages hat seit dem Bestehen des Bundestags und vor allem während der Beratungen und der Beschlußfassung über die sogenannte kleine Einkommensteuerreform im Frühjahr 1950 gegen die Steuerpolitik der Bundesregierung wohlbegründete und schwerwiegende Bedenken erhoben.
'Die sozialdemokratische Fraktion hat immer wieder darauf hingewiesen, daß das Steuersystem in der Bundesrepublik durch die von der Wirtschaftspolitik der Bundesregierung herbeigeführte Entwicklung immer unsozialer und rückständiger wird, ohne daß die Steuerpolitik dem Rechnung trüge. Die Hauptlasten der Besteuerung werden als indirekte Steuern von den sozial schwachen breiten Massen der Bevölkerung getragen, statt daß diese Lasten in erster Linie durch sozial gestaffelte direkte Steuern nach der steuerlichen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit getragen werden.
Die sozialdemokratische Fraktion hat insbesondere gewarnt vor der übertriebenen steuerlichen Begünstigung der Selbstfinanzierung, die dem Kapitalmarkt und der öffentlichen Hand gerade die Mittel entzogen hat, die zum Ausbau lebenswichtiger Wirtschaftszweige — Bergbau, Energiewirtschaft, Verkehr — und zur Finanzierung von Arbeitsbeschaffungsprogrammen — zur Beseitigung der Arbeitslosigkeit — so dringend notwendig gewesen wären. Sie hat weiter protestiert gegen die Änderungen und Senkungen des Einkommensteuertarifs, die in einseitiger, unsozialer Weise vor allem die Bezieher hoher und höchster Einkommen wesentlich begünstigt und damit die sozialen Gegensätze nur noch verschärft haben.
Solange nicht die direkten Steuern in ausreichendem Maße reformiert und ausgeschöpft werden und die mit der Einkommensteuersenkung des Vorjahres verfolgte Richtung der Steuerpolitik aufgegeben wird, sieht sich die sozialdemokratische Fraktion bei aller Anerkennung der Notwendigkeit, die Aufwendungen des Bundes für soziale und für Sicherheitsaufgaben zu decken, außerstande, den steuerlichen Maßnahmen der Bundesregierung zuzustimmen, durch die indirekte Steuern erhöht oder neu geschaffen werden. Das gilt auch für die in Aussicht gestellten weiteren steuerlichen Maßnahmen der Bundesregierung.
Schon aus diesen finanzpolitischen Gründen — und das gilt auch für diese dritte Lesung des Mineralölsteuergesetzes — lehnt die sozialdemokratische Fraktion auch die Mineralölsteuer ab, ohne damit die mit dieser Steuer zusammenhängenden wirtschafts- und verkehrspolitischen Fragen, die insbesondere auch das Problem Schiene—Straße betreffen, endgültig und erschöpfend beantworten zu wollen.
Die sozialdemokratische Fraktion erwartet von der Bundesregierung, daß die Bundesregierung endlich das bisher von ihr geübte, immer unerträglicher werdende System der Teillösungen verläßt und dem Parlament die lang erwartete umfassende organische Steuerreform vorlegt, die die Steuergesetze und die Verwaltung und die Erhebung der Steuern wesentlich vereinfacht, die Steuerbelastung sozial und gerecht verteilt und damit zur sozialen Befriedung des ganzen Volkes beiträgt.
Das Wort hat der Herr Bundesminister der Finanzen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Obwohl die Einkommensteuer an sich und die Einkommensteuerreform des Jahres 1950 nicht unmittelbar zur Abstimmung über das Mineralölsteuergesetz gehört, sehe ich mich doch gezwungen, einige sachliche Richtigstellungen zu treffen. Über das Ergebnis der Einkommensteuer des Haushaltsjahres 1950/51 wird man ein Urteil endgültig erst abgeben können, wenn das Haushaltsjahr 1950/51 abgeschlossen ist. Ich darf daran erinnern, daß ich seinerzeit bei der Beratung der Änderungsgesetze ausdrücklich betont habe, es sei selbstverständlich, daß zumindest in den ersten neun Monaten starke Ausfälle eintreten werden, zumal das Gesetz ja rückwirkend in Kraft treten sollte
und sehr starke Rückzahlungen erfolgen mußten, die dann tatsächlich insbesondere auch die Lohnsteuer betroffen und das Lohnsteuerergebnis zum Mißvergnügen des Steuerfiskus, zum großen Vergnügen der Lohnsteuerzahler in den Monaten Juni, Juli und August stark gemindert haben.
Aber die heutige Entwicklung gibt den Optimisten jener Tage recht. Nicht nur, daß das Aufkommen an veranlagter Einkommensteuer im September schon weit über dem all der Vorvierteljahre gelegen ist; das Aufkommen im Dezember vergangenen Jahres zeigt — ich möchte sagen — eine Rekordziffer:
es liegt um 15% über dem höchsten Aufkommen seit dem Januar 1949.
Wenn die Entwicklung der veranlagten Einkommensteuer in den kommenden Monaten — wir
haben ja auch in diesem Haushaltsjahr noch eine Vierteljahreszahlung — in demselben Maße weitergeht, werden die Berechnungen, die der Herr Vorredner aufgestellt hat, durch die Zahlen ohne weiteres widerlegt sein.
Soviel zu Nr. 1.
Nr. 2: Wir haben uns hier über eine Mineralölsteuer, also über eine Einnahme des Bundes zu unterhalten, eine Einnahme, die sich der Bund schafft, um die sozialen Ausgaben, die zu Lasten des Bundes gehen, zu decken. Die Einkommensteuer — das muß immer wieder betont werden und sollte allmählich bekannt sein — ist eine Ländersteuer.
Die Einkommensteuerreform vom Vorjahre hat infolgedessen in erster Linie in der Verantwortung der Länderfinanzminister und der Länderregierungen gelegen. Alle Landesregierungen, ungeachtet der Parteirichtung,
haben im Bundesrat der Einkommensteuerreform des Vorjahres zugestimmt.
Ich muß zugunsten der Länderfinanzminister und der Landesregierungen auch hier wieder betonen, daß das gerade auch aus sozialen Erwägungen geschehen ist.
Das Opfer, das die Länder gebracht haben, war notwendig, weil — ich habe das auch schon betont, aber man muß manchmal etwas wiederholen — neben der gesamten Steuerlast, die dem deutschen Volk auf Grund der Kontrollratsgesetze aufgebürdet worden ist, den Steuerpflichtigen im September 1949 eine neue Last, die Soforthilfeabgabe, auferlegt worden ist; die Soforthilfeabgabe, die letzten Endes doch auch aus den Einkünften, also den Vermögenserträgnissen, geleistet werden muß.
Ich habe in diesem Hause schon betont, daß die Einbringlichkeit der Soforthilfeabgabe um die Jahreswende 1949/50 gefährdet erschien, und daß wir uns damals schwere Sorgen machen mußten, weil neben der alten Steuerbelastung die neue Last der Soforthilfeabgabe fast nicht beitreibbar erschien. Es ist ein wesentliches Motiv auch für die Länderregierungen mit gewesen, bei der Einkommensteuer eine Entlastung eintreten zu lassen, um die Soforthilfeabgabe in dem gewünschten Maße fließen zu lassen. Die Soforthilfeabgabe ist inzwischen gesundet. Die Soforthilfeabgabe kommt den Kriegsgeschädigten aller Art zugute, und die Fisci der Länder haben das Risiko der Einkommensteuerreform auch in dem Bewußtsein auf sich genommen, dadurch einen sozialen Beitrag zu leisten und die Gesundung der Soforthilfeabgabe zu ermöglichen.
Die Einkommensteuerreform des Vorjahres darf nie für sich allein genommen, sondern muß im Zusammenhang mit all den Nöten und Plänen jener Tage gesehen werden. Es war entscheidend, daß der Kampf gerade gegen die Arbeitslosigkeit, der Kampf um die Erhöhung der Zahl der Beschäftigten aufgenommen wird. Niemand kann leugnen, daß die Zahl der Arbeitslosen, während sie von Januar 1949 bis März 1950 alle Monate absolut und relativ gestiegen war, von März 1950 ab bis zum Eintritt des Winterwetters Monat für 1 Monat um wenigstens 100 000 gesunken ist.
Wenn die Einkommensteuerreform als Teilstück eines Gesamtplans dabei mitgewirkt hat, so kann gesagt werden: es war ein soziales Ziel, dem sie gedient hat.
Genau so verhält es sich bei der Frage nach dem anderen Zweck der Einkommensteuerreform, der Frage nämlich, wie man in Deutschland die Bildung von Sparkapital ermöglichen kann, um mit Hilfe der Spargelder ein Wohnungsbauprogramm und alle anderen Pläne durchzuführen. In dem Geschäftsbericht für das vergangene Jahr, den die Bundesregierung Ihnen bereits vorgelegt hat, finden Sie die genauen Ziffern, wie mit dem Eintreten der Einkommensteuerreform die Einlagen bei den Sparkassen damals gestiegen sind.
Diese Einlagen haben es ermöglicht, die Finanzierung des Wohnungsbauprogramms mit durchzuführen.
Was mit der Einkommensteuerreform beabsichtigt war: Gesundung der Soforthilfeabgabe auf der einen Seite, Ermöglichung eines Arbeitsbeschaffungsprogramms und Ermöglichung auch eines Wohnungsbauprogramms, ist im wesentlichen erreicht worden. Die Einkommensteuerreform bedeutet nicht eine Gefährdung der Einkommensteuer. Die Gefährdung der Einkommensteuer liegt vielmehr in anderen Dingen, z. B. in der DM-Eröffnungsbilanz, um einen wunden Punkt zu nennen. Das ist eine Erbschaft, die wir übernommen haben und an der wir jetzt nichts mehr ändern können. Weiter kommt hinzu, daß die wirtschaftlichen Verhältnisse sich geändert haben. Wir müssen daran denken, daß nach Korea andere Aufgaben an uns herantreten und das System der Begünstigung der Eigenfinanzierung nicht mehr beibehalten werden kann. Das hat der Herr Vorredner zugegeben.
Ich sehe dem Tag entgegen, an dem der Gesetzentwurf der Bundesregierung über die neue Einkommensteuerreform diesem Hohen Hause vorliegt. Ich habe das Vertrauen auch in die Parteien der Opposition, daß dieser Steuergesetzentwurf aus sachlichen Überlegungen, weil er ja Forderungen entspricht, die heute von der Opposition erhoben worden sind, die Zustimmung auch der Opposition dieses Hauses finden wird. Wenn das das Ergebnis der heutigen Debatte ist, dann gehe ich heute mit einem großen Gewinn aus diesem Saale fort.
Es wird nun beklagt, daß die Mineralölsteuer nicht zusammen mit einer großen Steuerreform vorgelegt wird. Ich glaube, es ist kein Geheimnis mehr, vor welchen bitteren Notwendigkeiten das deutsche Volk heute steht. Es ist kein Geheimnis mehr, daß die Bundesregierung in voller Erkenntnis dessen, was lebensnotwendig für uns ist, die Verantwortung für die Vorlage übernehmen und sie Ihnen unterbreiten wird. Ich habe den Ausschüssen des Hauses hierzu wenigstens einmal die persönlichen Ideen und Pläne des Bundesfinanzministers dargelegt. Sie haben wider meinen Willen zu früh den Weg in die Presse gefunden und sind heute bekannt. Wer also heute über die Mineralölsteuer abstimmt, kennt das Programm, von dem sie
in gewissem Sinne ein Teilstück ist, ganz genau. Daß dieses Teilstück vorausgenommen werden muß, weiß er auch. Dieses Teilstück muß vorausgenommen werden, um den gegenwärtigen Haushalt noch abzugleichen und für ihn noch Einnahmen zu schaffen, für den Haushalt, von dem der Deutsche Bundestag stolz sagen kann, daß er dem deutschen Volke, dem notleidenden deutschen Volke an sozialen Leistungen Unerhörtes bietet. Es ist aber selbstverständlich, daß dabei die verfassungsmäßige und finanzpolitische Pflicht der Abgleichung des Haushalts, der Vermeidung von Fehlbeträgen erfüllt bleiben muß. Wenn ich die Mineralölsteuer für dieses Jahr brauche, kann ich leider mit der Gesetzgebung nicht so lange warten, bis Ihnen die Gesetze vorgelegt werden können, die die Einnahmequelle des nächsten Haushaltsjahrs zu schaffen haben.
Ich darf kurz zusammenfassen. Ich glaube, in einem sollten wir alle einig sein: Wenn ich um des deutschen Volkes willen wünsche und wenn das deutsche Volk wünscht, daß die sozialen Leistungen auch in der Zeit, in der neue Aufgaben an uns herantreten, in dem alten Maß erfüllt werden — und die Bundesregierung betrachtet es als einen Verteidigungsbeitrag, die sozialen Leistungen zu erfüllen —,
dann würde der Deutsche Bundestag unehrlich am deutschen Volk handeln, wenn er zwar die Leistungen beschließt, aber die Mittel nicht bewilligt.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Bertram.
Meine Damen und Herren! Der Bundesfinanzminister hat mit den Worten geschlossen, der Bundestag würde unehrlich am deutschen Volke handeln, wenn er die Mittel für die Erfüllung wichtiger Aufgaben, die aufgebracht werden müssen, nicht bewilligte.
Der Bundestag, soweit unsere Fraktion — ich glaube, auch die Fraktion der SPD — in Frage kommt, beabsichtigt auch, diese Mittel zu bewilligen.
— Ich komme gleich darauf zurück! Aber ich muß dies doch als einen unerhörten Vorwurf zurückweisen. Wenn wir heute mittag dem Bundesfinanzminister gesagt haben, er solle von den zur Auswahl stehenden Wegen den Weg gehen, die Steuerreform vom April 1949 mit der übertriebenen und allseitig als ungerecht anerkannten Selbstfinanzierung rückgängig zu machen,
und nicht den Weg über eine Erhöhung der Mineralölsteuer, weil sich daraus eine ungerechte Belastung der breitesten Volksmassen ergibt, dann ist es nicht recht, zu sagen,
daß irgendwelche Mitglieder dieses Hohen Hauses
unehrlich handeln würden, wenn sie den Vorschlägen des Bundesfinanzministers ihre Zustimmung nicht geben sollten.
Ich verwahre mich ganz entschieden gegen solche Unterstellungen.
Was bedeutet denn diese Steuer anderes als eine Rohstoffbesteuerung, die wir sonst grundsätzlich ablehnen, einen Eingriff in das Wirtschaftsleben, der außerordentlich üble Folgen hinsichtlich der vom Bundesfinanzminister eben so lobend hervorgehobenen Beseitigung der Arbeitslosigkeit nach sich ziehen kann?!
Meine Damen und Herren, bedenken Sie doch, daß man hier einfach den Weg des geringsten Widerstandes geht
und daß man sich scheut, die schwere Aufgabe in Angriff zu nehmen, eine allseitig als notwendig anerkannte steuerpolitische Maßnahme mit den Ländern zusammen durchzuführen, weil man sich mit den Ländern eben nicht auseinandersetzen will.
In Artikel 106 des Grundgesetzes ist mit keinem Wort davon die Rede, daß die Einkommensteuer etwa definitiv den Ländern zustünde; im Gegenteil!
Artikel 107 des Grundgesetzes bestimmt ausdrücklich, daß die Steuern in einem endgültigen Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern zu verteilen sind, und außerdem hat der Bund das Recht, für gewisse soziale Ausgaben auf die Ländersteuern zurückzugreifen. Warum machen wir von diesem Recht keinen Gebrauch? Es ist eine Irreführung der Öffentlichkeit, so zu tun, als ob die Länder ein angestammtes Recht auf diese Steuer hätten. Das ist ja nicht wahr und widerspricht den eindeutigen Bestimmungen des Grundgesetzes.
Meine Damen und Herren, es kommt noch ein weiterer Gesichtspunkt hinzu, den ich auch zu beachten bitte. Wenn der Bundesfinanzminister hier erklärt, es sei möglicherweise mit seinem Rücktritt zu rechnen, wenn diese Steuer nicht in der vorgeschlagenen Weise angenommen werden sollte, so ist das meines Erachtens kein Argument, das für uns tatsächlich entscheidend sein könnte. Für uns kann doch wirklich nur maßgebend sein, ob wir einen besseren Weg wissen, den wir dem deutschen Volk gegenüber eher verantworten können, aber kein anderer Gesichtspunkt!
Wir vom Zentrum haben wiederholt auf die notwendige Sparsamkeit hingewiesen. Man erwidert uns dann regelmäßig, der größte Teil des Etats sei zwangsläufig. Wir dürfen aber nicht nur den Bundesetat, sondern müssen sämtliche Etats sehen, und wenn wir sämtliche Etats zusammen und auch die Ausgaben des Bundes im einzelnen betrachten, dann werden Sie mir zugeben, daß es - insbeson-
dere hier im Raum Bonn — eine ganze Menge überflüssiger Ausgaben gibt.
— Kommen Sie mir nicht mit dem Wort Demagogie! Sie haben es ja in der Hand, die drei überflüssigen Minister zu beseitigen!
— Wenn Sie der Ansicht sind, daß die Koalition wichtiger ist, und wenn Sie der Ansicht sind, daß aus Koalitionsrücksichten diese drei Minister wichtiger sind, so muß ich entgegnen, daß die Notwendigkeit der drei Ministerien in sachlicher Beziehung hier bisher noch niemand überzeugend zu begründen vermochte.
Wenn der Bundesfinanzminister einen weiteren Gesichtspunkt — —
— Doch, das ist das Thema Mineralölsteuer! Wie der Bundesfinanzminister eben selber sagte, ist die Mineralölsteuer ein Teilstück aus seinem ganzen Steuerreformprogramm,
und wenn wir über dieses Teilstück sprechen, müssen wir auch darüber sprechen. Insbesondere hat der Abgeordnete Neuburger selbst das Thema wesentlich erweitert, und der Abgeordnete Neuburger wird mir gestatten, daß ich auf einige seiner Darlegungen eingehe, insbesondere darauf, daß die Belebung der Wirtschaft durch die Steuerreform dieses Frühjahrs hervorgerufen sei. Ich erinnere mich noch an eine der Sitzungen vor wenigen Wochen, als der Bundeswirtschaftsminister erklärte, die Korea-Einflüsse hätten die boomartige Aufblähung des deutschen Wirtschaftsprozesses nach sich gezogen. Damals war also der Korea-Prozeß entscheidend. Daß er entscheidend gewesen sein muß, ergibt sich ja aus dem zeitlichen Zusammenhang. Tatsächlich hat die Vollbeschäftigung der vorhandenen Kapazitäten im September oder Oktober eingesetzt, genau im gleichen zeitlichen Rhythmus mit den vom Weltmarkt nach Deutschland heroinstrahlenden Einflüssen. Bisher hat noch niemand sagen können, welche zusätzlichen wirtschaftsfördernden Auswirkungen etwa darauf zurückzuführen sind, daß die Großeinkommenbezieher begünstigt wurden und in der Lage waren, zusätzliche Ausgaben für Schmuck, Teppiche, teure ausländische Autos usw. usw. zu machen.
Meine Damen und Herren! Warum hat denn das Bundesfinanzministerium das Luxussteuergesetz vorgelegt? Doch sicher, weil es diese üblen Auswirkungen gesehen hat.
Warum hat das Bundesfinanzministerium selbst die Beseitigung dieser übertriebenen Begünstigungen bei den großen Einkommen und bei den Betrieben vorgeschlagen? Doch deshalb, weil diese üblen Erscheinungen auch im Bundesfinanzministerium erkannt worden sind.
Wenn der Bundesfinanzminister schließlich ererklärte, die Soforthilfeabgabe hätte saniert werden müssen, dann hat er doch zu erwähnen vergessen, daß tatsächlich im vierten Vierteljahr 1949 zwei Quartalsraten der Soforthilfeabgabe fällig gewesen sind und daß eine besondere Klemme dadurch hervorgerufen worden ist, daß in diesem Quartal der natürliche Rhythmus der Soforthilfeabgabe beseitigt war. Im übrigen: Ist es etwa richtig, daß der Lastenausgleich, von dem die Soforthilfe ein Teil ist, tatsächlich von den Großeinkommenbeziehern mit dem bezahlt werden soll, was man ihnen von Staats wegen zuvor durch die Senkung der Einkommensteuer schenkt?
Ichhatte bisher nicht diese Auffassung.
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Wellhausen.
Meine Damen und Herren! Es ist in diesem Hause und darüber hinaus bekannt, daß meine Freunde, und zwar ein großer Teil meiner Freunde bei diesem Gesetz Hemmungen und Besorgnisse wegen seiner Auswirkung hatten.
— Hatten! Wir haben in dieser Beziehung in den Ausschüssen verschiedene Anträge gestellt, und ich stehe nicht an zu erklären, daß wir die Zurückstellung unserer Bedenken nur deswegen vorgenommen haben, weil wir glauben, der allgemeinen Linie des Herrn Finanzministers, die er
diesem Hause oft genug dargelegt hat und mit der er bisher erfolgreich gewesen ist,
weiter folgen zu sollen. Wir meinen, daß wir bei diesem Weg verbleiben sollten, und werden daher heute dem Gesetz zustimmen.
Meine Damen und Herren! Nun hat die Abweichung vom Thema heute geradezu „Blüten getrieben".
Man soll sich nicht wie ein Oberlehrer an ein Thema klammern. Aber wie man „drei überflüssige Minister" in die Debatte - -
Herr Abgeordneter, darf
ich einen Augenblick unterbrechen. Auf Grund
eigener Erfahrungen möchte ich ausdrücklich feststellen, daß das kein Angriff auf die Oberlehrer ist.
Ich habe in meinem Leben eigentlich nur sehr großzügige Oberlehrer gehabt.
— Also lassen wir die Oberlehrer; sie sind ja auch nicht mehr vorhanden. Sie heißen jetzt Studienprofessoren. und die habe ich nicht erwähnt.
Also hier von drei überflüssigen Ministern zu sprechen, das geht denn doch wohl etwas weit, und unser Freund Bertram überschätzt den Erfolg der Einkommensteuersenkung außerordentlich,
wenn er sich einbildet, davon könne man die Soforthilfe oder den Lastenausgleich bezahlen; soweit hat er sich nämlich vorgewagt.
Meine verehrten Herren von der SPD, wir sind ja gewohnt, von Ihnen bei jeder Gelegenheit an die Einkommensteuersenkung erinnert zu werden. Sie bringen damit aber unter keinen Umständen die Tatsache aus der Welt, daß diese Einkommensteuersenkung wirtschafts- und auch sozialpolitisch ein absoluter Erfolg gewesen ist.
Es hat nämlich niemals an zu geringen Eingängen auf Grund des Einkommensteuergesetzes gelegen, daß ein Arbeitsbeschaffungsprogramm nicht durchgeführt werden konnte.
Sie vergessen vollständig die veränderte Weltlage, aus der sehr vieles zu erklären ist. Aber ich will nicht denselben Fehler machen wie Sie und nun auch in unerhörter Weise vom Thema abweichen.
Ich will Sie nur auffordern, meine verehrten Herren von der SPD, doch endlich einmal eine andere Walze aufzulegen,
wenn Sie Ihre Opposition hier begründen wollen.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Rademacher.
Meine Damen und Herren! Die Ausführungen des Herrn Bundesfinanzministers veranlassen mich, noch einmal kurz zum Mineralölsteuergesetz Stellung zu nehmen. Der Herr Bundesfinanzminister erwähnte die gewaltigen sozialen Leistungen und die Gesetze, die in dieser Beziehung von diesem Hause verabschiedet wurden. Ich möchte namens des gesamten deutschen Verkehrs
— und dazu gehören auch die deutschen Produktionsstätten, die das rollende Material 'herstellen —erklären, daß wir uns selbstverständlich unserer Verpflichtung bewußt sind, an diesen sozialen Verpflichtungen teilzunehmen, aber, meine Damen und Herren, nur in dem Rahmen wie jeder andere Zweig der deutschen Wirtschaft. Mir scheint, daß hier der Weg des geringsten Widerstandes gegangen wurde. Ich möchte einmal die Debatte erleben, wenn einem Zweig der deutschen Wirtschaft, beispielsweise der Landwirtschaft,
ähnlich wie jetzt dem Verkehr zu den übrigen vielen Belastungen noch eine Sonderbelastung von rund einer halben Milliarde zugemutet worden wäre.
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Gesamtberatung der dritten Lesung.
Ich eröffne die Einzelberatung über Art. 1 Ziffern 1 bis 9. Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Einzelberatung über Art. 1.
Wir kommen zur Abstimmung über Art. 1. Ich bitte die Damen und Herren, die unter Berücksichtigung der in der zweiten Lesung vorgenommenen Abänderungen dem Art. 1 zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das erste war die Mehrheit. Art. 1 ist angenommen.
Wir kommen zur Einzelberatung über Art. 2, — Art. 3 neuer Fassung, — Art. 4 — den bisherigen Art. 3, — Einleitung und Überschrift des Gesetzes. Wortmeldungen liegen nicht vor.
Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte die Damen und Herren, die dem Art. 2, Art. 3, Art. 4, Einleitung und Überschrift in der Fassung der Beschlüsse zweiter Beratung zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. - Angenommen.
Meine Damen und Herren, ich komme zur Schlußabstimmung. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Gesetz im ganzen zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das Gesetz ist angenommen.
Meine Damen und Herren, ich komme zur Abstimmung über die vom Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen eingebrachte Entschließung auf Seite 1 der Drucksache Nr. 1750 Ziffer 2. Ich bitte die Damen und Herren, die dieser Entschließung zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Die Entschließung ist angenommen,
Ich komme zur Abstimmung über die Entschließung, die der Herr Abgeordnete Dr. Dr. Höpker-Aschoff namens der Fraktionen der CDU, der FDP und der DP eingebracht und vorhin verlesen hat. Ich bitte die Damen und Herren, die dieser Entschließung zuzustimmen wünschen, eine Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Die Entschließung ist angenommen.
Meine Damen und Herren, damit ist Punkt 1 der Tagesordnung erledigt.
Ich bitte um Ihre Aufmerksamkeit für einige Mitteilungen. Der Vorsitzende des Vermittlungsausschusses bittet die Mitglieder des Vermittlungsausschusses, sich im Zimmer 12 des Südflügels einzufinden. — Der Untersuchungsausschuß Nr. 44 tritt nach Erledigung des Punktes 1 der Tagesordnung, also jetzt, im Zimmer 10 zu einer beratenden Sitzung zusammen.
Weiterhin haben mir die Herren Abgeordneten Dr. Doris und Dr. Richter , bisher Gäste der Fraktion der Wirtschaftlichen Aufbauvereinigung, mitgeteilt, daß sie Mitglieder der Fraktion der WAV sind.
Meine Damen und Herren, ich rufe auf Punkt der Tagesordnung:
Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die freiwillige Höherversicherung in den Rentenversicherungen der Arbeiter und der Angestellten ;
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik (Nr. 1745 der Drucksachen).
— Ich bitte um Ruhe!
Berichterstatter ist der Abgeordnete Degener. Ich bitte ihn, das Wort zu nehmen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Ausschuß für Sozialpolitik hat den Gesetzentwurf der sozialdemokratischen Fraktion — Nr. 1323 der Drucksachen — betreffend die Höherversicherung in den Rentenversicherungen der Arbeiter und Angestellten nach Sachverständigen-Vernehmungen gründlich überarbeitet. Das Ergebnis ist der Gesetzentwurf, der Ihnen in der Drucksache Nr. 1745 vorliegt.
Nach § 1389 der Reichsversicherungsordnung kann die Höherversicherung abweichend von den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung geregelt werden. Bisher unterschied man bei den Rentenversicherungen vier Arten von Versicherungen: die Pflichtversicherung, die Selbstversicherung, die Weiterversicherung und schließlich als vierte Gruppe die Höherversicherung. Die drei erstgenannten Versicherungsarten bezeichnete man in der Regel als Stamm-, Haupt- oder Grundversicherung. Nun gab es eine Höherversicherung auch schon in der Vergangenheit. Diese Höherversicherung stellt nur eine zusätzliche Versicherung zu einer der drei von mir genannten Versicherungsarten dar. Für die Höherversicherung wurden nur Steigerungsbeträge gewährt. Man hat aber bei der Schaffung des SozialversicherungsAnpassungsgesetzes zwar eine allgemeine Leistungsaufbesserung vorgenommen, hat aber von dieser Leistungsaufbesserung die Steigerungsbeträge ausgenommen. Sie wurden nicht erhöht. Das hat zur Folge gehabt, daß die Höherversicherung vollkommen uninteressant wurde, weil sie eben durch die fehlende anteilige Steigerung der Steigerungsbeträge unlohnend wurde. Der Versicherte, der die zusätzliche Höherversicherung eingeht, hat aber mit dem Beitrag zu einer der erstgenannten drei Versicherungsarten, also mit seiner Haupt- oder Stammversicherung, die Voraussetzungen für die Rentenleistung, auch soweit die Verwaltungskosten in Betracht kommen, schon erfüllt. Es ist nicht recht und billig, daß man ihn bei der Berechnung einer Höherversicherung nochmals mit einem Kostenanteil belastet.
Nachdem im Sozialversicherungs-Anpassungsgesetz darauf verzichtet wurde, eine dem Höherversicherungsbeitrag angemessene Leistungssteigerung bei den Steigerungsbeträgen vorzunehmen, mußten jetzt die Bestimmungen für die Höherversicherung neu gefaßt werden. § 1 der Ausschußvorlage — Drucksache Nr. 1745 — bestimmt nun, daß die Vorschrift des Sozialversicherungs-Anpassungsgesetzes, durch die die Herabsetzung des Verhältnisses des Steigerungsbetrages zum Beitrag bewirkt wurde, außer Kraft gesetzt wird.
Die wesentliche Änderung, die im AusschußEntwurf gegenüber dem Gesetzentwurf der SPD — Drucksache Nr. 1323 — enthalten ist, finden Sie in § 4 des Ausschuß-Entwurfs. Ursprünglich, in dem Gesetzentwurf der SPD, war vorgesehen, daß für den zum Zwecke der Höherversicherung geleisteten Beitrag als Durchschnittsleistung allgemein 16 2/3 % Steigerungsbetrag gewährt werden sollten. Das wäre ein kostenmäßig und verwaltungsmäßig sehr erwünschtes Verfahren gewesen, hätte aber eine Ungerechtigkeit gegenüber dem Versicherten bedeutet. Nach eingehender Beratung ist der Ausschuß deshalb dazu gekommen, in § 4 eine Staffelung der Steigerungssätze
von jeweils 5 zu 5 Jahren vorzunehmen, beginnend mit dem Schlußalter von 30 Jahren, abfallend bis zu 65 Jahre, beginnend mit 20 %, abfallend auf 10 % Steigerungssatz. Es wäre auch möglich gewesen, von 10 zu 10 Jahren zu staffeln, um Verwaltungsarbeit zu sparen. Es hat sich aber bei der Prüfung des uns von den Sachverständigen und vom Bundesministerium für Arbeit gegebenen versicherungsmathematischen Zahlenmaterials gezeigt, daß jede andere Staffelung als diese von fünf zu fünf Jahren keine gerechte Leistung für den Versicherten bringen würde.
Weiter sehen Sie in § 4, in den Absätzen 2 und 3, daß die Gewährung der Steigerungsbeträge nicht an eine Erfüllung der Wartezeit geknüpft wird oder daß die Aufrechterhaltung der Wartezeit eine Voraussetzung dafür ist. Sie finden weiter, daß die Vorschriften über die Kürzung oder das Ruhen von Renten auf diese Steigerungsbeträge ebenfalls nicht angewandt werden dürfen. Schließlich ist in Abs. 5 des § 4 noch gesagt, daß, wenn der Höher-versicherte nur eine Leistung von maximal etwa 75 DM im Jahre aus seiner Höherversicherung zu beanspruchen hat, der Leistungsbetrag aus Gründen der Verwaltungsarbeitsersparnis jährlich einmal fällig sein soll und daß mit Zustimmung des Versicherten auch eine Abfindung in Kapital erfolgen kann.
Meine Damen und Herren! Das Gesetz soll am 1. Januar 1951 in Kraft gesetzt werden. Es sieht aber vor, daß jemand, der sich für die Zeit ab 1. Juni 1949 höher versichern will, zu diesem Zweck Beiträge bis zum 31. Dezember 1951 nachentrichten kann. — Das wären die wesentlichsten Änderungen gegenüber dem ursprünglichen Entwurf nach Drucksache Nr. 1323.
Ich möchte jetzt noch einige Bemerkungen zu a redaktionellen Änderungen machen. Sie sehen, daß im Ausschußentwurf — gegenüber dem SPD-Entwurf — die Bezeichnung „freiwillig" vor dem Wort „Höherversicherung" überall gefallen ist. Das ist aus besonderen Gründen geschehen. Höherversicherungen gab es schon in der Vergangenheit, insbesondere gibt es sie auch heute noch in einer besonderen Kasse neben den Möglichkeiten für eine Höherversicherung in der Angestellten- und Invalidenversicherung für bestimmte Angestellten-und Arbeitergruppen. Es gibt Kollektivvereinbarungen über Höherversicherung, Tarifvertragvereinbarungen, die nach unserer Ansicht sehr erwünscht sind. Es besteht aber kein Zweifel daran, daß jede Höherversicherung tatsächlich eine freiwillige ist. Der Begriff „freiwillig" fehlt in der Reichsversicherungsordnung, kann daher auch hier fehlen.
Bei dieser Gelegenheit muß ich — ich darf den Herr Präsidenten darauf aufmerksam machen — namens des Ausschusses den Antrag stellen, in § 2 des Ausschußentwurfs in der Zeile 2 das Wort „freiwillige" vor dem Worte „Weiterversicherung" zu streichen. Auch für die Weiterversicherung gilt das, was ich von der Höherversicherung sagte.
Vizepäsident Dr. Schmid: Verzeihung, Herr Berichterstatter, das soll wohl bedeuten, daß der Text einen Druckfehler enthält?
Ja, es handelt sich um einen Druckfehler. Das Wort „freiwillige" in § 2 ist zu streichen.
Dann bitte ich, die Streichung in den Exemplaren vorzunehmen, die die Damen und Herren zur Verfügung haben.
Die Vorlage Drucksache Nr. 1745, über die Sie nun entscheiden sollen, ist im Ausschuß einstimmig angenommen worden. Mit dieser Vorlage wird ein sozialer Fortschritt ermöglicht, für den keine Mittel der öffentlichen Hand beansprucht werden. Das Gesetz soll die Möglichkeit einer lohnenden Höherversicherung — im Einzelfalle aber auch durch Tarifvertrag für Gemeinschaften von Arbeitnehmern — bieten. Es soll gewissermaßen auch einen Ersatz für zusammengebrochene Werkseinrichtungen bieten, die einen zusätzlichen Schutz für den Fall der Invalidität oder des Alters vorsahen. Ich würde es begrüßen, wenn das Haus — vielleicht sogar unter Verzicht auf eine Debatte — mit der gleichen Einmütigkeit wie der Ausschuß der Vorlage zustimmen würde.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Ich mache mir seinen Vorschlag zu eigen. Ist das Haus bereit, in zweiter und dritter Lesung auf eine Aussprache zu verzichten?
— Es ist so beschlossen.
Dann rufe ich in der zweiten Beratung die §§ 1, — 2, — 3, — 3 a, — 4, — 5, — Einleitung und Überschrift auf. Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. -- Gegenprobe! — Einstimmig angenommen.
Wir treten in die
dritte Beratung
ein. Ich eröffne die allgemeine Aussprache. — Keine Wortmeldungen. Die Aussprache ist geschlossen. §§ 1 bis 5, Einleitung und Überschrift:
Wer für die Annahme ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! - Einstimmig angenommen.
Schlußabstimmung: Wer für die Annahme des Gesetzes als Ganzes ist, den bitte ich um ein Handzeichen. — Gegenprobe! — Das Gesetz ist einstimmig angenommen.
Ich rufe auf Punkt 3 der Tagesordnung: Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten über den Antrag der Fraktion des Zentrums betreffend Errichtung neuer Zuckerfabriken (Nrn. 1739, 1491 der Drucksachen).
Ich erteile das Wort dem Herrn Abgeordneten Schill als Berichterstatter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unter dem 19. Oktober 1950 hat die Fraktion des Zentrums einen Antrag betreffend Errichtung neuer Zuckerfabriken eingereicht, der Ihnen als Drucksache Nr. 1491 vorliegt. Dieser Antrag hat folgenden Wortlaut:
Die Bundesregierung wird ersucht, den Bau neuer Zuckerfabriken aus Gegenwertsmitteln zu fördern. Insbesondere sollen neue Zuckerfabriken in Gebieten mit vorwiegend kleinbäuerlichen Betrieben errichtet werden, damit auch in diesen Gebieten der Zuckerrübenanbau lohnend wird.
In der 43. Sitzung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten des Bundestages am Mittwoch, dem 29. November 1950 wurde über diesen Antrag folgender Beschluß gefaßt:
Der Ausschuß vertritt die Auffassung, daß eine Aufbringung der erforderlichen Mittel zur Errichtung neuer Zuckerfabriken durch die Landwirtschaft allein nicht möglich ist, sondern daß verlorene Zuschüsse notwendig sind, wenn ECA-Mittel nicht zur Verfügung gestellt werden. Die Bundesregierung wird ersucht. die Finanzierung der neu zu errichtenden Fabriken beschleunigt sicherzustellen, um somit eine Vermehrung der Eigenerzeugung zu erreichen.
Bisher ist für die Länder Bayern, Schleswig-Holstein und Niedersachsen je eine Zuckerfabrik vorgesehen. Die Länder Bayern und Schleswig-Holstein haben sich bereits über die Standortfrage geäußert. In Bayern soll die Fabrik in Ochsenfurt, in Schleswig-Holstein in Kiel errichtet werden. In Niedersachsen konnte eine Einigung über den Standort der neuen Zuckerfabrik noch nicht erzielt werden.
Als Abgeordneter des Südwestens möchte ich die Damen und Herren des Hohen Hauses auch auf ein Gebiet in der Nähe des Bodensees aufmerksam machen, das bisher von Zuckerfabriken weit abgelegen ist, wo aber sowohl die Notwendigkeit wie die Möglichkeit und die Geneigtheit besteht, Zukkerrüben anzubauen, und wo es dringend erwünscht wäre, mit der Zeit auch vielleicht an der Grenze Südwürttembergs und Südbadens eine solche Fabrik zu errichten, um dadurch der Landwirtschaft die Möglichkeit zu geben, Zuckerrüben anzubauen und mit den Abfällen die Milch-, Fett-und Fleischproduktion zu steigern.
Die Errichtung einer Zuckerfabrik mit einer Durchschnittsverarbeitung von 15- bis 20 000 Doppelzentnern Rüben je 24 Stunden erfordert nach den verschiedenen Gutachten etwa 15 Millionen DM. Es ist bisher vorgesehen, daß ein Drittel dieser Summe durch die rübenbauende Landwirtschaft und sonstige an der Errichtung interessierte Kreise aufgebracht werden soll, während 10 Millionen DM aus ECA-Mitteln zur Verfügung gestellt werden sollen. Die Pläne der Zuckerfabriken Ochsenfurt und Kiel sind der HICOG-Mission zu diesem Zweck mit der Bitte vorgelegt worden, aus den ECA-Mitteln für jede Fabrik 10 Millionen DM zur Verfügung zu stellen. Die HICOG hat sich bisher nicht ablehnend verhalten, hat jedoch erklärt, daß verlorene Zuschüsse an gewerbliche Betriebe grundsätzlich nicht gewährt würden. Dahingegen scheint es noch möglich, 10 Millionen DM für jede Fabrik als Kredit aus ECA-Mitteln bereitzustellen.
Das Land Niedersachsen ist aufgefordert worden, nunmehr beschleunigt eine Entscheidung in der Standortfrage herbeizuführen. Bis zu dieser Entscheidung können Unterlagen über die Zuckerfabrik in Niedersachsen der ECA-Mission noch nicht vorgelegt werden.
Der Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, überzeugt von der großen Bedeutung der Zuckerwirtschaft in unserem Bundesgebiet, ist einmütig der Auffassung, daß Zucker eines der wertvollsten Nahrungsmittel darstellt und daß alles getan werden muß, um die Erzeugung im Inland mit allen Kräften zu fördern. Daß dies möglich ist, zeigen uns die Zahlen über die Zuckerfabrikation im letzten Jahre und im laufenden Jahre. Im Jahre 1949/50 wurden rund 550 000 Tonnen Weißzucker aus heimischem Rübenbau hergestellt. Im Jahre 1950/51 werden es 900 000 Tonnen sein. Die Ausweitung des Rübenbaues bringt uns
eine Sicherung der Zuckerversorgung im eigenen
Lande und eine Ersparung von wertvollen Devisen. Es ist auch Ihnen, meine Damen und Her. ren, bekannt, daß es notwendig ist, den Gemüsebau im großen etwas zurücktreten zu lassen, um den kleinen und mittleren Betrieben Gelegenheit zum Absatz zu geben. Die größeren Betriebe, die bisher den Gemüsebau gepflegt hatten, sollten sich auf Zuckerrüben umstellen. Voraussetzung dafür ist aber nicht nur der lohnende Rübenpreis, sondern sind auch neue Fabriken, weil es unmöglich ist, in den jetzt vorhandenen Fabriken eine größere Rübenerzeugung zu verarbeiten.
Ich brauche in diesem Kreise nicht zu betonen, meine Damen und Herren, daß der Zuckerrübenbau die intensivste landwirtschaftliche Kultur darstellt und gleichzeitig eine Steigerung der Milch-, Fett- und Fleischproduktion ermöglicht. Die Zuckerwirtschaft und die Regelung aller sich daraus ergebenden Fragen, die hier mitspielen, ist darum nicht nur eine landwirtschaftliche Angelegenheit, sondern ein volkswirtschaftliches Problem.
Im Namen ,des Ausschusses bitte ich Sie, aus all den dargelegten Gründen dem Beschluß des Ausschusses, der Ihnen als Drucksache Nr. 1739 vorliegt, Ihre Zustimmung zu geben.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Meine Damen und Herren, der Ältestenrat schlägt Ihnen zu diesem Punkt vor, auf eine Aussprache zu verzichten. Es erhebt sich kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Ich lasse abstimmen. Wer für Annahme des Ausschußantrages Drucksache Nr. 1739 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Einstimmig angenommen.
Meine Damen und Herren, der Herr Bundesarbeitsminister hat mich gebeten. da er zu einer dringenden Besprechung gehen muß, den Punkt 5 der Tagesordnung vorzuziehen. Sind Sie mit dieser Umstellung einverstanden?
Dann rufe ich Punkt 5 der Tagesordnung auf: Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Sozialpolitik über den Antrag der Fraktionen der CDU/ CSU, FDP und DP betreffend Vorlage eines Gesetzentwurfs zur Änderung des Gesetzes über die Altersversorgung für das deutsche Handwerk (Nrn. 1746, 1620 der Drucksachen).
Ich erteile das Wort zur Berichterstattung Herrn
Abgeordneten Freidhof. — Ist er nicht anwesend?
— Es tut mir leid, Herr Minister.
Bundesminister Storch: Vielleicht kann ich
eine kurze Erklärung dazu abgeben!)
— Dann erteile ich dem Herrn Bundesarbeitsminister vor deni Herrn Berichterstatter das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es handelt sich darum, die Altersversorgung für das Handwerk wiederherzustellen. Im Handwerk haben in den vergangenen Jahren sehr unterschiedliche Auffassungen über die Zweckmäßigkeit der in der nationalsozialistischen Zeit verordneten Altersversorgung des Handwerks bestanden. Ich habe mir in den letzten Monaten die größte Mühe gegeben, die Spitzenorganisationen des Handwerks zu einer einheitlichen Auffassung über die zukünftige Neugestaltung dieser Dinge zu bewegen. Bereits im vergangenen Monat haben in meinem Ministerium Verhandlungen mit den Spitzenverbänden des Handwerks stattgefunden. Ich hoffe zuversichtlich, daß dem Antrag, ein entsprechendes Gesetz bis zum 31. März vorzulegen, vom Ministerium entsprochen werden kann.
Meine Damen und Herren, der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, die Aussprache — nach einer kurzen Begründung durch den Herrn Berichterstatter — auf maximal 60 Minuten zu begrenzen.
— Es wäre schade, wenn sie nicht ausgenützt würde; aber immerhin besteht für eifrige Kollegen die Möglichkeit, es zu tun.
Ich bitte nunmehr den Herrn Berichterstatter, das Wort zu nehmen.
Meine Damen und Herren! In der 108. Sitzung des Deutschen Bundestags vom 15. Dezember 1950 wurde ohne Aussprache dem Sozialpolitischen Ausschuß ein Antrag Drucksache Nr. 1620 der Fraktionen der CDU/CSU, FDP und DP überwiesen, der verlangte:
Der Bundestag wolle beschließen:
Die Bundesregierung wird ersucht, spätestens bis zum 31. Dezember 1950 im Sinne einer weitgehenden Auflockerung der Versicherungspflicht einen Gesetzentwurf zur Änderung des Gesetzes über die Altersversorgung für das deutsche Handwerk vom 21. Dezember 1938 vorzulegen.
Der Sozialpolitische Ausschuß hat sich in seiner 66. Sitzung am 3. Januar 1951 mit dem Antrag beschäftigt und festgestellt, daß die Regierung nicht in der Lage gewesen ist, den Gesetzentwurf bis zu dem genannten Termin fertigzustellen. Es war deshalb notwendig, daß der Sozialpolitische Ausschuß einen neuen Termin festsetzte. Die Mehrheit des Ausschusses war der Meinung, daß für die Regierung die Möglichkeit gegeben sei, diesen Gesetzentwurf bis zum 28. Februar 1951 vorzulegen. Der Vertreter der Regierung bat mit Rücksicht darauf, daß noch Verhandlungen mit den Handwerkerorganisationen notwendig sind, die sich längere Zeit hinziehen werden, die Frist zu verlängern und einen späteren Zeitpunkt festzusetzen. Der Ausschuß einigte sich dann dahin, daß die Regierung bis spätestens 31. März 1951 einen Gesetzentwurf entsprechend dem Antrag der vorgenannten Parteien fertigstellen und dem Bundestag vorlegen soll.
In der Begründung durch die Antragsteller wurden keine bestimmten Vorschläge gemacht, in welcher Form die Altersversorgung für das deutsche Handwerk geregelt werden soll, weil darüber die Meinungen auch in den Handwerkerkreisen sehr weit auseinandergehen. Von einem Mitglied des Ausschusses wurde verlangt, daß die Altersversorgung für das deutsche Handwerk ein selbständiger Versicherungsträger sein soll. Der Sozialpolitische Ausschuß hat den Antrag Drucksache Nr. 1746, der Ihnen vorliegt, einstimmig angenommen und bittet das Hohe Haus, diesem Antrag ebenfalls zuzustimmen.
Ich danke dein Herrn Berichterstatter. — Da der Ausschuß diesen Beschluß einstimmig gefaßt hat, nehme ich an, daß das Hohe Haus auf eine besondere Aussprache verzichtet. Kein Widerspruch? — Dann kommen wir zur Abstimmung. Wer für die Annahme des Ausschußantrages ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Einstimmig angenommen.
Ich rufe auf Punkt 4 der Tagesordnung: Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten über den Antrag der Abgeordneten Frau Dr. Probst und Genossen betreffend Frachtausgleich für Kartoffeln (Nrn. 1740, 1514 der Drucksachen).
Ich erteile das Wort dem Herrn Abgeordneten Struve als Berichterstatter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag der Abgeordneten Frau Dr. Probst und Genossen auf Wiedereinführung eines Frachtausgleichs für Kartoffeln wurde durch den großen Kartoffelüberschuß im Lande Bayern ausgelöst. Ohne Zweifel hat dieser Überschuß zu Preisen geführt, die die Erzeugungskosten nicht decken. Aber es handelt sich hier um ein Problem, das nicht ganz einfach zu lösen ist. Denn es steht außer jedem Zweifel, daß durch die wiederholten Erhöhungen der Frachten für Massengüter Schwierigkeiten aufgetreten sind, die im Kartoffelsektor zu einer volkswirtschaftlich nachteiligen Entwicklung zu führen drohen. Die Saatkartoffel aus dem Norden und der Speisekartoffelüberschuß des Südens sind nicht in die Verbraucherzentren zu bringen, weil die Frachten einfach zu hoch sind. Der Ernährungsausschuß ist deshalb zu dem Antrag gekommen, der Bundestag möge die Bundesregierung ersuchen, doch dafür zu sorgen, daß hier Sondertarife geschaffen werden, um auf diese Art und Weise mit dem diesjährigen Problem fertigzuwerden.
Wir sind uns aber auch in den eingehenden Beratungen darüber klargeworden, daß das nur eine Teillösung ist, und wir haben in diesen Beratungen übereinstimmend festgestellt, daß neben einer Überprüfung der allgemeinen Kartoffelgeschäftsbedingungen auch die Frage des Frachtenausgleichs erneut aufgegriffen werden muß mit dem Ziel, sie gesetzlich zu regeln. Das Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat versichert, daß es die Verhandlungen mit dem Verkehrsministerium aufgenommen hat. Diese Verhandlungen haben bislang leider nicht zu einem Ergebnis geführt. Das Ministerium hat weiter versichert, daß es zur Frage des Frachtenausgleichs positiv eingestellt ist, und hat den vom Ausschuß vorgetragenen Wunsch auf Vorlage eines Gesetzentwurfs begrüßt und die Vorlage für die kommende Ernte zugesagt.
Der Ausschuß kam deshalb übereinstimmend zu dem Ergebnis, das Hohe Haus zu bitten, den Antrag der Abgeordneten Frau Dr. Probst und Genossen betreffend Frachtausgleich für Kartoffeln, Nr. 1514 der Drucksachen, der Bundesregierung als Material zuzuleiten.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Auch hier nehme ich an, daß das Haus auf eine Aussprache verzichtet. Kein Widerspruch? — Es ist so beschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer für den Ausschußantrag ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe. — Einstimmig angenommen.
Der Antrag unter Punkt 6 der Tagesordnung: Antrag der Abgeordneten Stücklen, Loibl, Strauß und Genossen betreffend Bereitstellung von ERP-Mitteln für das Handwerk
ist zurückgezogen worden.
Punkt 7 ist abgesetzt, weil der Kollege Dr. Kather erkrankt ist.
Wir haben nur noch Punkt 8 der Tagesordnung zu erledigen:
Beratung der Ubersicht Nr. 15 über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages über Petitionen
nach dem Stand vom 9. Januar 1951.
Wer für die Annahme der Empfehlungen der Ausschüsse ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Gegenprobe. — Einstimmige Annahme.
Damit, meine Damen und Herren, ist die Tagesordnung erledigt.
Ich berufe die nächste, die 112. Sitzung des Deutschen Bundestages ein auf Donnerstag, den 18. Januar, 13 Uhr 30, und schließe die 111. Sitzung des Deutschen Bundestages.