Meine Damen und Herren! Der Bundesfinanzminister hat mit den Worten geschlossen, der Bundestag würde unehrlich am deutschen Volke handeln, wenn er die Mittel für die Erfüllung wichtiger Aufgaben, die aufgebracht werden müssen, nicht bewilligte.
Der Bundestag, soweit unsere Fraktion — ich glaube, auch die Fraktion der SPD — in Frage kommt, beabsichtigt auch, diese Mittel zu bewilligen.
— Ich komme gleich darauf zurück! Aber ich muß dies doch als einen unerhörten Vorwurf zurückweisen. Wenn wir heute mittag dem Bundesfinanzminister gesagt haben, er solle von den zur Auswahl stehenden Wegen den Weg gehen, die Steuerreform vom April 1949 mit der übertriebenen und allseitig als ungerecht anerkannten Selbstfinanzierung rückgängig zu machen,
und nicht den Weg über eine Erhöhung der Mineralölsteuer, weil sich daraus eine ungerechte Belastung der breitesten Volksmassen ergibt, dann ist es nicht recht, zu sagen,
daß irgendwelche Mitglieder dieses Hohen Hauses
unehrlich handeln würden, wenn sie den Vorschlägen des Bundesfinanzministers ihre Zustimmung nicht geben sollten.
Ich verwahre mich ganz entschieden gegen solche Unterstellungen.
Was bedeutet denn diese Steuer anderes als eine Rohstoffbesteuerung, die wir sonst grundsätzlich ablehnen, einen Eingriff in das Wirtschaftsleben, der außerordentlich üble Folgen hinsichtlich der vom Bundesfinanzminister eben so lobend hervorgehobenen Beseitigung der Arbeitslosigkeit nach sich ziehen kann?!
Meine Damen und Herren, bedenken Sie doch, daß man hier einfach den Weg des geringsten Widerstandes geht
und daß man sich scheut, die schwere Aufgabe in Angriff zu nehmen, eine allseitig als notwendig anerkannte steuerpolitische Maßnahme mit den Ländern zusammen durchzuführen, weil man sich mit den Ländern eben nicht auseinandersetzen will.
In Artikel 106 des Grundgesetzes ist mit keinem Wort davon die Rede, daß die Einkommensteuer etwa definitiv den Ländern zustünde; im Gegenteil!
Artikel 107 des Grundgesetzes bestimmt ausdrücklich, daß die Steuern in einem endgültigen Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern zu verteilen sind, und außerdem hat der Bund das Recht, für gewisse soziale Ausgaben auf die Ländersteuern zurückzugreifen. Warum machen wir von diesem Recht keinen Gebrauch? Es ist eine Irreführung der Öffentlichkeit, so zu tun, als ob die Länder ein angestammtes Recht auf diese Steuer hätten. Das ist ja nicht wahr und widerspricht den eindeutigen Bestimmungen des Grundgesetzes.
Meine Damen und Herren, es kommt noch ein weiterer Gesichtspunkt hinzu, den ich auch zu beachten bitte. Wenn der Bundesfinanzminister hier erklärt, es sei möglicherweise mit seinem Rücktritt zu rechnen, wenn diese Steuer nicht in der vorgeschlagenen Weise angenommen werden sollte, so ist das meines Erachtens kein Argument, das für uns tatsächlich entscheidend sein könnte. Für uns kann doch wirklich nur maßgebend sein, ob wir einen besseren Weg wissen, den wir dem deutschen Volk gegenüber eher verantworten können, aber kein anderer Gesichtspunkt!
Wir vom Zentrum haben wiederholt auf die notwendige Sparsamkeit hingewiesen. Man erwidert uns dann regelmäßig, der größte Teil des Etats sei zwangsläufig. Wir dürfen aber nicht nur den Bundesetat, sondern müssen sämtliche Etats sehen, und wenn wir sämtliche Etats zusammen und auch die Ausgaben des Bundes im einzelnen betrachten, dann werden Sie mir zugeben, daß es - insbeson-
dere hier im Raum Bonn — eine ganze Menge überflüssiger Ausgaben gibt.
— Kommen Sie mir nicht mit dem Wort Demagogie! Sie haben es ja in der Hand, die drei überflüssigen Minister zu beseitigen!
— Wenn Sie der Ansicht sind, daß die Koalition wichtiger ist, und wenn Sie der Ansicht sind, daß aus Koalitionsrücksichten diese drei Minister wichtiger sind, so muß ich entgegnen, daß die Notwendigkeit der drei Ministerien in sachlicher Beziehung hier bisher noch niemand überzeugend zu begründen vermochte.
Wenn der Bundesfinanzminister einen weiteren Gesichtspunkt — —
— Doch, das ist das Thema Mineralölsteuer! Wie der Bundesfinanzminister eben selber sagte, ist die Mineralölsteuer ein Teilstück aus seinem ganzen Steuerreformprogramm,
und wenn wir über dieses Teilstück sprechen, müssen wir auch darüber sprechen. Insbesondere hat der Abgeordnete Neuburger selbst das Thema wesentlich erweitert, und der Abgeordnete Neuburger wird mir gestatten, daß ich auf einige seiner Darlegungen eingehe, insbesondere darauf, daß die Belebung der Wirtschaft durch die Steuerreform dieses Frühjahrs hervorgerufen sei. Ich erinnere mich noch an eine der Sitzungen vor wenigen Wochen, als der Bundeswirtschaftsminister erklärte, die Korea-Einflüsse hätten die boomartige Aufblähung des deutschen Wirtschaftsprozesses nach sich gezogen. Damals war also der Korea-Prozeß entscheidend. Daß er entscheidend gewesen sein muß, ergibt sich ja aus dem zeitlichen Zusammenhang. Tatsächlich hat die Vollbeschäftigung der vorhandenen Kapazitäten im September oder Oktober eingesetzt, genau im gleichen zeitlichen Rhythmus mit den vom Weltmarkt nach Deutschland heroinstrahlenden Einflüssen. Bisher hat noch niemand sagen können, welche zusätzlichen wirtschaftsfördernden Auswirkungen etwa darauf zurückzuführen sind, daß die Großeinkommenbezieher begünstigt wurden und in der Lage waren, zusätzliche Ausgaben für Schmuck, Teppiche, teure ausländische Autos usw. usw. zu machen.
Meine Damen und Herren! Warum hat denn das Bundesfinanzministerium das Luxussteuergesetz vorgelegt? Doch sicher, weil es diese üblen Auswirkungen gesehen hat.
Warum hat das Bundesfinanzministerium selbst die Beseitigung dieser übertriebenen Begünstigungen bei den großen Einkommen und bei den Betrieben vorgeschlagen? Doch deshalb, weil diese üblen Erscheinungen auch im Bundesfinanzministerium erkannt worden sind.
Wenn der Bundesfinanzminister schließlich ererklärte, die Soforthilfeabgabe hätte saniert werden müssen, dann hat er doch zu erwähnen vergessen, daß tatsächlich im vierten Vierteljahr 1949 zwei Quartalsraten der Soforthilfeabgabe fällig gewesen sind und daß eine besondere Klemme dadurch hervorgerufen worden ist, daß in diesem Quartal der natürliche Rhythmus der Soforthilfeabgabe beseitigt war. Im übrigen: Ist es etwa richtig, daß der Lastenausgleich, von dem die Soforthilfe ein Teil ist, tatsächlich von den Großeinkommenbeziehern mit dem bezahlt werden soll, was man ihnen von Staats wegen zuvor durch die Senkung der Einkommensteuer schenkt?
Ichhatte bisher nicht diese Auffassung.