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ID0111104000

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    Deutscher Bundestag — 111. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 17. Januar 1951 4169 111. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 17. Januar 1951. Geschäftliche Mitteilungen . . . . 4170A, 4189D Änderung der Tagesordnung 4170A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes (Nr. 1680 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (11. Ausschuß) (Nr. 1750 der Drucksachen, Umdruck Nr. 44) 4170B Zur Sache: Neuburger (CDU): als Berichterstatter 4170B als Abgeordneter 4178D Loritz (WAV) 4172A Vesper (KPD) 4172D Dr. Dr. Höpker-Aschoff (FDP) . . 4173D Dr. Bertram (Z) 4174C, 4187B Rademacher (FDP) . . . 4175C, 4189A Dr. Koch (SPD) 4176B, 4184C Schäffer, Bundesminister der Finanzen 4177C, 4185D Dr. Besold (BP) 4178A Eickhoff (DP) 4178B Frommhold (DRP) 4178C Dr. Wellhausen (FDP) 4188C Zur Geschäftsordnung bzw. zur Abstimmung: Dr. Arndt (SPD) 4181D Ritzel (SPD) 4182A Dr. Dr. Höpker-Aschoff (FDP) . . 4182B Loritz (WAV) 4184A Kunze (CDU) 4184A Abstimmungen 4180A, 4182C, 4189B Zugehörigkeit der Abg. Dr. Doris und Dr. Richter (Niedersachsen) als Mitglieder zur Fraktion der WAV 4189D Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die freiwillige Höherversicherung in den Rentversicherungen der Arbeiter und der Angestellten (Nr. 1323 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik (21. Ausschuß) (Nr. 1745 der Drucksachen) 4189D Degener (CDU), Berichterstatter . 4190A Beschlußfassung 4191A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (19. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion des Zentrums betr. Errichtung neuer Zuckerfabriken (Nrn 1739, 1491 der Drucksachen) 4191B Schill (CDU), Berichterstatter . . . 4191B Beschlußfassung 4192A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Sozialpolitik (21. Ausschuß) über den Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP und DP betr. Vorlage eines Gesetzentwurfs zur Änderung des Gesetzes über die Altersversorgung für das deutsche Handwerk (Nrn. 1746, 1620 der Drucksachen) 4192B Storch, Bundesminister für Arbeit . 4192B Freidhof (SPD), Berichterstatter . . 4192C Beschlußfassung 4193A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (19. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Frau Dr. Probst u. Gen. betr. Frachtausgleich für Kartoffeln (Nrn. 1740, 1514 der Drucksachen) . . . 4193A Struve (CDU), Berichterstatter . . 4193A Beschlußfassung 4193C Antrag der Abg. Stücklen, Loibl, Strauß u. Gen. betr. Bereitstellung von ERP-Mitteln für das Handwerk (Nr. 1669 der Drucksachen) 4193C Antrag zurückgezogen 4193C Beratung der Übersicht Nr. 15 über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages über Petitionen (Umdruck Nr. 43) 4193D Beschlußfassung 4193D Nächste Sitzung 4193D Die Sitzung wird um 13 Uhr 31 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Fritz Schäffer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Obwohl die Einkommensteuer an sich und die Einkommensteuerreform des Jahres 1950 nicht unmittelbar zur Abstimmung über das Mineralölsteuergesetz gehört, sehe ich mich doch gezwungen, einige sachliche Richtigstellungen zu treffen. Über das Ergebnis der Einkommensteuer des Haushaltsjahres 1950/51 wird man ein Urteil endgültig erst abgeben können, wenn das Haushaltsjahr 1950/51 abgeschlossen ist. Ich darf daran erinnern, daß ich seinerzeit bei der Beratung der Änderungsgesetze ausdrücklich betont habe, es sei selbstverständlich, daß zumindest in den ersten neun Monaten starke Ausfälle eintreten werden, zumal das Gesetz ja rückwirkend in Kraft treten sollte

    (Sehr richtig! in der Mitte)

    und sehr starke Rückzahlungen erfolgen mußten, die dann tatsächlich insbesondere auch die Lohnsteuer betroffen und das Lohnsteuerergebnis zum Mißvergnügen des Steuerfiskus, zum großen Vergnügen der Lohnsteuerzahler in den Monaten Juni, Juli und August stark gemindert haben.

    (Sehr richtig! bei den Regierungsparteien.) Aber die heutige Entwicklung gibt den Optimisten jener Tage recht. Nicht nur, daß das Aufkommen an veranlagter Einkommensteuer im September schon weit über dem all der Vorvierteljahre gelegen ist; das Aufkommen im Dezember vergangenen Jahres zeigt — ich möchte sagen — eine Rekordziffer:


    (Hört! Hört! in der Mitte)

    es liegt um 15% über dem höchsten Aufkommen seit dem Januar 1949.

    (Hört! Hört! in der Mitte.)

    Wenn die Entwicklung der veranlagten Einkommensteuer in den kommenden Monaten — wir


    (Bundesfinanzminister Schäffer)

    haben ja auch in diesem Haushaltsjahr noch eine Vierteljahreszahlung — in demselben Maße weitergeht, werden die Berechnungen, die der Herr Vorredner aufgestellt hat, durch die Zahlen ohne weiteres widerlegt sein.

    (Bravo! bei den Regierungsparteien. — Zurufe links.)

    Soviel zu Nr. 1.
    Nr. 2: Wir haben uns hier über eine Mineralölsteuer, also über eine Einnahme des Bundes zu unterhalten, eine Einnahme, die sich der Bund schafft, um die sozialen Ausgaben, die zu Lasten des Bundes gehen, zu decken. Die Einkommensteuer — das muß immer wieder betont werden und sollte allmählich bekannt sein — ist eine Ländersteuer.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Die Einkommensteuerreform vom Vorjahre hat infolgedessen in erster Linie in der Verantwortung der Länderfinanzminister und der Länderregierungen gelegen. Alle Landesregierungen, ungeachtet der Parteirichtung,

    (Hört! Hört! in der Mitte)

    haben im Bundesrat der Einkommensteuerreform des Vorjahres zugestimmt.

    (Hört! Hört! bei den Regierungsparteien. — Zuruf von der Mitte: Auch die Sozialdemokraten!)

    Ich muß zugunsten der Länderfinanzminister und der Landesregierungen auch hier wieder betonen, daß das gerade auch aus sozialen Erwägungen geschehen ist.

    (Lachen links.)

    Das Opfer, das die Länder gebracht haben, war notwendig, weil — ich habe das auch schon betont, aber man muß manchmal etwas wiederholen — neben der gesamten Steuerlast, die dem deutschen Volk auf Grund der Kontrollratsgesetze aufgebürdet worden ist, den Steuerpflichtigen im September 1949 eine neue Last, die Soforthilfeabgabe, auferlegt worden ist; die Soforthilfeabgabe, die letzten Endes doch auch aus den Einkünften, also den Vermögenserträgnissen, geleistet werden muß.
    Ich habe in diesem Hause schon betont, daß die Einbringlichkeit der Soforthilfeabgabe um die Jahreswende 1949/50 gefährdet erschien, und daß wir uns damals schwere Sorgen machen mußten, weil neben der alten Steuerbelastung die neue Last der Soforthilfeabgabe fast nicht beitreibbar erschien. Es ist ein wesentliches Motiv auch für die Länderregierungen mit gewesen, bei der Einkommensteuer eine Entlastung eintreten zu lassen, um die Soforthilfeabgabe in dem gewünschten Maße fließen zu lassen. Die Soforthilfeabgabe ist inzwischen gesundet. Die Soforthilfeabgabe kommt den Kriegsgeschädigten aller Art zugute, und die Fisci der Länder haben das Risiko der Einkommensteuerreform auch in dem Bewußtsein auf sich genommen, dadurch einen sozialen Beitrag zu leisten und die Gesundung der Soforthilfeabgabe zu ermöglichen.
    Die Einkommensteuerreform des Vorjahres darf nie für sich allein genommen, sondern muß im Zusammenhang mit all den Nöten und Plänen jener Tage gesehen werden. Es war entscheidend, daß der Kampf gerade gegen die Arbeitslosigkeit, der Kampf um die Erhöhung der Zahl der Beschäftigten aufgenommen wird. Niemand kann leugnen, daß die Zahl der Arbeitslosen, während sie von Januar 1949 bis März 1950 alle Monate absolut und relativ gestiegen war, von März 1950 ab bis zum Eintritt des Winterwetters Monat für 1 Monat um wenigstens 100 000 gesunken ist.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Wenn die Einkommensteuerreform als Teilstück eines Gesamtplans dabei mitgewirkt hat, so kann gesagt werden: es war ein soziales Ziel, dem sie gedient hat.

    (Sehr gut! bei den Regierungsparteien.)

    Genau so verhält es sich bei der Frage nach dem anderen Zweck der Einkommensteuerreform, der Frage nämlich, wie man in Deutschland die Bildung von Sparkapital ermöglichen kann, um mit Hilfe der Spargelder ein Wohnungsbauprogramm und alle anderen Pläne durchzuführen. In dem Geschäftsbericht für das vergangene Jahr, den die Bundesregierung Ihnen bereits vorgelegt hat, finden Sie die genauen Ziffern, wie mit dem Eintreten der Einkommensteuerreform die Einlagen bei den Sparkassen damals gestiegen sind.

    (Zuruf links: Und heute?)

    Diese Einlagen haben es ermöglicht, die Finanzierung des Wohnungsbauprogramms mit durchzuführen.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Was mit der Einkommensteuerreform beabsichtigt war: Gesundung der Soforthilfeabgabe auf der einen Seite, Ermöglichung eines Arbeitsbeschaffungsprogramms und Ermöglichung auch eines Wohnungsbauprogramms, ist im wesentlichen erreicht worden. Die Einkommensteuerreform bedeutet nicht eine Gefährdung der Einkommensteuer. Die Gefährdung der Einkommensteuer liegt vielmehr in anderen Dingen, z. B. in der DM-Eröffnungsbilanz, um einen wunden Punkt zu nennen. Das ist eine Erbschaft, die wir übernommen haben und an der wir jetzt nichts mehr ändern können. Weiter kommt hinzu, daß die wirtschaftlichen Verhältnisse sich geändert haben. Wir müssen daran denken, daß nach Korea andere Aufgaben an uns herantreten und das System der Begünstigung der Eigenfinanzierung nicht mehr beibehalten werden kann. Das hat der Herr Vorredner zugegeben.
    Ich sehe dem Tag entgegen, an dem der Gesetzentwurf der Bundesregierung über die neue Einkommensteuerreform diesem Hohen Hause vorliegt. Ich habe das Vertrauen auch in die Parteien der Opposition, daß dieser Steuergesetzentwurf aus sachlichen Überlegungen, weil er ja Forderungen entspricht, die heute von der Opposition erhoben worden sind, die Zustimmung auch der Opposition dieses Hauses finden wird. Wenn das das Ergebnis der heutigen Debatte ist, dann gehe ich heute mit einem großen Gewinn aus diesem Saale fort.

    (Beifall und Heiterkeit bei den Regierungsparteien.)

    Es wird nun beklagt, daß die Mineralölsteuer nicht zusammen mit einer großen Steuerreform vorgelegt wird. Ich glaube, es ist kein Geheimnis mehr, vor welchen bitteren Notwendigkeiten das deutsche Volk heute steht. Es ist kein Geheimnis mehr, daß die Bundesregierung in voller Erkenntnis dessen, was lebensnotwendig für uns ist, die Verantwortung für die Vorlage übernehmen und sie Ihnen unterbreiten wird. Ich habe den Ausschüssen des Hauses hierzu wenigstens einmal die persönlichen Ideen und Pläne des Bundesfinanzministers dargelegt. Sie haben wider meinen Willen zu früh den Weg in die Presse gefunden und sind heute bekannt. Wer also heute über die Mineralölsteuer abstimmt, kennt das Programm, von dem sie


    (Bundesfinanzminister Schiffer)

    in gewissem Sinne ein Teilstück ist, ganz genau. Daß dieses Teilstück vorausgenommen werden muß, weiß er auch. Dieses Teilstück muß vorausgenommen werden, um den gegenwärtigen Haushalt noch abzugleichen und für ihn noch Einnahmen zu schaffen, für den Haushalt, von dem der Deutsche Bundestag stolz sagen kann, daß er dem deutschen Volke, dem notleidenden deutschen Volke an sozialen Leistungen Unerhörtes bietet. Es ist aber selbstverständlich, daß dabei die verfassungsmäßige und finanzpolitische Pflicht der Abgleichung des Haushalts, der Vermeidung von Fehlbeträgen erfüllt bleiben muß. Wenn ich die Mineralölsteuer für dieses Jahr brauche, kann ich leider mit der Gesetzgebung nicht so lange warten, bis Ihnen die Gesetze vorgelegt werden können, die die Einnahmequelle des nächsten Haushaltsjahrs zu schaffen haben.
    Ich darf kurz zusammenfassen. Ich glaube, in einem sollten wir alle einig sein: Wenn ich um des deutschen Volkes willen wünsche und wenn das deutsche Volk wünscht, daß die sozialen Leistungen auch in der Zeit, in der neue Aufgaben an uns herantreten, in dem alten Maß erfüllt werden — und die Bundesregierung betrachtet es als einen Verteidigungsbeitrag, die sozialen Leistungen zu erfüllen —,

    (Sehr gut! rechts)

    dann würde der Deutsche Bundestag unehrlich am deutschen Volk handeln, wenn er zwar die Leistungen beschließt, aber die Mittel nicht bewilligt.

    (Starker Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Bertram.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Helmut Bertram


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FU)

    Meine Damen und Herren! Der Bundesfinanzminister hat mit den Worten geschlossen, der Bundestag würde unehrlich am deutschen Volke handeln, wenn er die Mittel für die Erfüllung wichtiger Aufgaben, die aufgebracht werden müssen, nicht bewilligte.

    (Zuruf von der SPD: Billige Worte!)

    Der Bundestag, soweit unsere Fraktion — ich glaube, auch die Fraktion der SPD — in Frage kommt, beabsichtigt auch, diese Mittel zu bewilligen.

    (Lachen und Zurufe bei den Regierungsparteien. — Zuruf von der CDU: Zentrum namens SPD!)

    — Ich komme gleich darauf zurück! Aber ich muß dies doch als einen unerhörten Vorwurf zurückweisen. Wenn wir heute mittag dem Bundesfinanzminister gesagt haben, er solle von den zur Auswahl stehenden Wegen den Weg gehen, die Steuerreform vom April 1949 mit der übertriebenen und allseitig als ungerecht anerkannten Selbstfinanzierung rückgängig zu machen,

    (Zurufe von der CDU)

    und nicht den Weg über eine Erhöhung der Mineralölsteuer, weil sich daraus eine ungerechte Belastung der breitesten Volksmassen ergibt, dann ist es nicht recht, zu sagen,

    (lebhafte Zurufe von den Regierungsparteien; — Gegenrufe von der SPD; — Glocke des Präsidenten)

    daß irgendwelche Mitglieder dieses Hohen Hauses
    unehrlich handeln würden, wenn sie den Vorschlägen des Bundesfinanzministers ihre Zustimmung nicht geben sollten.

    (Lebhafter Beifall beim Zentrum und bei der SPD. — Zurufe von den Regierungsparteien.)

    Ich verwahre mich ganz entschieden gegen solche Unterstellungen.
    Was bedeutet denn diese Steuer anderes als eine Rohstoffbesteuerung, die wir sonst grundsätzlich ablehnen, einen Eingriff in das Wirtschaftsleben, der außerordentlich üble Folgen hinsichtlich der vom Bundesfinanzminister eben so lobend hervorgehobenen Beseitigung der Arbeitslosigkeit nach sich ziehen kann?!

    (Erneute Zurufe.)

    Meine Damen und Herren, bedenken Sie doch, daß man hier einfach den Weg des geringsten Widerstandes geht

    (lebhafter Beifall beim Zentrum und bei der SPD)

    und daß man sich scheut, die schwere Aufgabe in Angriff zu nehmen, eine allseitig als notwendig anerkannte steuerpolitische Maßnahme mit den Ländern zusammen durchzuführen, weil man sich mit den Ländern eben nicht auseinandersetzen will.

    (Wiederholte Zurufe von den Regierungsparteien.)

    In Artikel 106 des Grundgesetzes ist mit keinem Wort davon die Rede, daß die Einkommensteuer etwa definitiv den Ländern zustünde; im Gegenteil!

    (Fortgesetzte Zurufe.)

    Artikel 107 des Grundgesetzes bestimmt ausdrücklich, daß die Steuern in einem endgültigen Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern zu verteilen sind, und außerdem hat der Bund das Recht, für gewisse soziale Ausgaben auf die Ländersteuern zurückzugreifen. Warum machen wir von diesem Recht keinen Gebrauch? Es ist eine Irreführung der Öffentlichkeit, so zu tun, als ob die Länder ein angestammtes Recht auf diese Steuer hätten. Das ist ja nicht wahr und widerspricht den eindeutigen Bestimmungen des Grundgesetzes.

    (Erneute Zurufe.)

    Meine Damen und Herren, es kommt noch ein weiterer Gesichtspunkt hinzu, den ich auch zu beachten bitte. Wenn der Bundesfinanzminister hier erklärt, es sei möglicherweise mit seinem Rücktritt zu rechnen, wenn diese Steuer nicht in der vorgeschlagenen Weise angenommen werden sollte, so ist das meines Erachtens kein Argument, das für uns tatsächlich entscheidend sein könnte. Für uns kann doch wirklich nur maßgebend sein, ob wir einen besseren Weg wissen, den wir dem deutschen Volk gegenüber eher verantworten können, aber kein anderer Gesichtspunkt!

    (Lebhafter Beifall beim Zentrum und bei der SPD.)

    Wir vom Zentrum haben wiederholt auf die notwendige Sparsamkeit hingewiesen. Man erwidert uns dann regelmäßig, der größte Teil des Etats sei zwangsläufig. Wir dürfen aber nicht nur den Bundesetat, sondern müssen sämtliche Etats sehen, und wenn wir sämtliche Etats zusammen und auch die Ausgaben des Bundes im einzelnen betrachten, dann werden Sie mir zugeben, daß es - insbeson-


    (Dr. Bertram)

    dere hier im Raum Bonn — eine ganze Menge überflüssiger Ausgaben gibt.

    (Erneuter lebhafter Beifall beim Zentrum und bei der SPD. — Abg. Stücklen: Das ist Demagogie!)

    — Kommen Sie mir nicht mit dem Wort Demagogie! Sie haben es ja in der Hand, die drei überflüssigen Minister zu beseitigen!

    (Stürmischer Beifall bei der SPD. — Zurufe von der CDU.)

    — Wenn Sie der Ansicht sind, daß die Koalition wichtiger ist, und wenn Sie der Ansicht sind, daß aus Koalitionsrücksichten diese drei Minister wichtiger sind, so muß ich entgegnen, daß die Notwendigkeit der drei Ministerien in sachlicher Beziehung hier bisher noch niemand überzeugend zu begründen vermochte.

    (Lebhafte Zustimmung beim Zentrum und bei der SPD. — Zuruf von der CDU: Und in Düsseldorf?)

    Wenn der Bundesfinanzminister einen weiteren Gesichtspunkt — —

    (Abg. Gengler: Ist das das Thema Mineralölsteuer?)

    — Doch, das ist das Thema Mineralölsteuer! Wie der Bundesfinanzminister eben selber sagte, ist die Mineralölsteuer ein Teilstück aus seinem ganzen Steuerreformprogramm,

    (Zuruf des Abg. Neuburger)

    und wenn wir über dieses Teilstück sprechen, müssen wir auch darüber sprechen. Insbesondere hat der Abgeordnete Neuburger selbst das Thema wesentlich erweitert, und der Abgeordnete Neuburger wird mir gestatten, daß ich auf einige seiner Darlegungen eingehe, insbesondere darauf, daß die Belebung der Wirtschaft durch die Steuerreform dieses Frühjahrs hervorgerufen sei. Ich erinnere mich noch an eine der Sitzungen vor wenigen Wochen, als der Bundeswirtschaftsminister erklärte, die Korea-Einflüsse hätten die boomartige Aufblähung des deutschen Wirtschaftsprozesses nach sich gezogen. Damals war also der Korea-Prozeß entscheidend. Daß er entscheidend gewesen sein muß, ergibt sich ja aus dem zeitlichen Zusammenhang. Tatsächlich hat die Vollbeschäftigung der vorhandenen Kapazitäten im September oder Oktober eingesetzt, genau im gleichen zeitlichen Rhythmus mit den vom Weltmarkt nach Deutschland heroinstrahlenden Einflüssen. Bisher hat noch niemand sagen können, welche zusätzlichen wirtschaftsfördernden Auswirkungen etwa darauf zurückzuführen sind, daß die Großeinkommenbezieher begünstigt wurden und in der Lage waren, zusätzliche Ausgaben für Schmuck, Teppiche, teure ausländische Autos usw. usw. zu machen.

    (Beifall und Zurufe.)

    Meine Damen und Herren! Warum hat denn das Bundesfinanzministerium das Luxussteuergesetz vorgelegt? Doch sicher, weil es diese üblen Auswirkungen gesehen hat.

    (Widerspruch in der Mitte.)

    Warum hat das Bundesfinanzministerium selbst die Beseitigung dieser übertriebenen Begünstigungen bei den großen Einkommen und bei den Betrieben vorgeschlagen? Doch deshalb, weil diese üblen Erscheinungen auch im Bundesfinanzministerium erkannt worden sind.
    Wenn der Bundesfinanzminister schließlich ererklärte, die Soforthilfeabgabe hätte saniert werden müssen, dann hat er doch zu erwähnen vergessen, daß tatsächlich im vierten Vierteljahr 1949 zwei Quartalsraten der Soforthilfeabgabe fällig gewesen sind und daß eine besondere Klemme dadurch hervorgerufen worden ist, daß in diesem Quartal der natürliche Rhythmus der Soforthilfeabgabe beseitigt war. Im übrigen: Ist es etwa richtig, daß der Lastenausgleich, von dem die Soforthilfe ein Teil ist, tatsächlich von den Großeinkommenbeziehern mit dem bezahlt werden soll, was man ihnen von Staats wegen zuvor durch die Senkung der Einkommensteuer schenkt?

    (Sehr richtig! bei der SPD und beim Zentrum.)

    Ichhatte bisher nicht diese Auffassung.

    (Langanhaltender Beifall bei der SPD und beim Zentrum.)