Meine Damen und Herren! Die sozialdemokratische Fraktion hatte in der ersten Beratung dieses Gesetzes am 14. Dezember Gelegenheit, grundsätzlich zu dem Gesetz im ganzen und auch zu seinen einzelnen Bestimmungen Stellung zu nehmen. An unserer grundsätzlichen Einstellung dem Gesetz gegenüber hat sich nichts geändert. Ich darf daher auf unsere Ausführungen vom 14. Dezember verweisen.
Meine Damen und Herren! Wir können diese Vorlage des Mineralölsteuergesetzes unter finanzpolitischen, wirtschaftspolitischen und verkehrspolitischen Gesichtspunkten sehen. Wir fühlen uns mit dem Finanzminister verpflichtet, das Gesetz in allererster Linie unter allgemein finanzpolitischen Gesichtspunkten zu betrachten. Diese finanzpolitischen Gesichtspunkte haben bei diesem Gesetz ganz zweifellos den Vorrang, zumal der Finanzminister darauf aufmerksam gemacht hat, daß er die Steuern, die das Mineralölsteuergesetz bringen soll, zum Ausgleich des Haushaltes braucht. Wir haben immer zu erkennen gegeben, daß wir die Sorge des Finanzministers verstehen. Wir haben immer anerkannt und wir wissen, daß wir verpflichtet sind, den größten Teil unseres Haushalts etwa für Besatzungskosten und für die Kriegsopferversorgung auszugeben. Wir hätten es aber — wie vorhin schon gesagt wurde — lieber gesehen, wenn dieses Mineralölsteuergesetz in den Zusammenhang einer größeren organischen Steuerreform gestellt worden wäre. Solange wir diese allgemeine Steuerreform nicht kennen, solange wir nicht wissen, wie sie ausfällt, können wir schon aus finanzpolitischen Gründen diesem Gesetz nicht zustimmen.
Finanzpolitische Gründe bewegen uns auch, wenn wir uns ständig dagegen wehren, daß ausgerechnet immer wieder indirekte Steuern herangezogen oder gar neu geschaffen werden. Wir machen immer wieder — wir fühlen uns dazu verpflichtet — darauf aufmerksam, daß zwischen den direkten und indirekten Steuern ein großes Mißverhältnis besteht. Das wurde schon so häufig gesagt, daß ich mich darüber nicht zu verbreiten brauche. Wir müssen auch daran erinnern, daß entgegen unseren Warnungen im vergangenen Frühjahr bei der sogenannten kleinen Steuerreform auf eine Milliarde DM an Einkommensteuern verzichtet worden ist und von dieser einen Milliarde DM 500 Millionen DM einem kleinen Kreis von etwa 50 000 Steuerpflichtigen zugute gekommen sind.
Es setzen sich auch heute mehr und mehr die Ansicht und die Einsicht durch; daß die steuerliche Begünstigung der Selbstfinanzierung unerträglich geworden ist. Wir freuen uns, daß uns der Bundesfinanzminister bereits erklärt hat, daß er diese Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes beseitigen will. Wir möchten daran erinnern, daß seit der Währungsreform bereits 25 Milliarden DM in der deutschen Wirtschaft investiert worden sind, und von diesen 25 Milliarden Mark ist der allergrößte Teil in einer sehr unerwünschten und volkswirtschaftlich sicherlich nicht richtigen Selbstfinanzierung verwendet worden Diesen 25 Milliarden DM stehen 3 Milliarden DM gegenüber, die der Bergbau für seine Investitionen braucht und die der Bergbau nicht bekommen hat. Ich bitte Sie, dieses Mißverhältnis einmal besonders zu beachten.
Wirtschaftspolitische Erwägungen hat insbesondere der Wirtschaftspolitische Ausschuß angestellt. Ich möchte mich da ganz kurz fassen und noch einmal darauf hinweisen, daß wir uns dagegen wehren, daß Rohstoffe mit einer indirekten Steuer belegt werden, Rohstoffe, die insbesondere auch für unsere Exportwirtschaft in der chemischen Industrie wichtig sind. Wir sträuben uns weiter gegen die Besteuerung der Baustoffe. Wir sträuben uns dagegen, daß man durch eine derartige Steuer den Wohnungsbau und den Straßenbau indirekt belastet. Unsere Anträge, die wir heute stellen werden, zielen in diese Richtung. Wir befürchten, daß durch diese Steuer die Lohnpreisspirale einen gefährlichen Auftrieb erhalten wird. In diesem Zusammenhang erinnern wir, wie es schon die Vorredner getan haben, an die Versprechungen des Bundeswirtschaftsministers. Wir haben allerdings von den Vertretern des Bundeswirtschaftsministers
im Finanzausschuß und im Wirtschaftspolitischen Ausschuß gehört, daß es vielleicht gar nicht möglich ist, die Preisbindungen nach dem 1. April aufzuheben. Unklar ist uns auch die Frage der Steuerabwälzung. Wir werden gegen alle Anträge stimmen, durch die die Preise erhöht und die Steuern damit auf die letzten Verbraucher abgewälzt werden.
Meine Damen und Herren! Die verkehrspolitischen Gesichtspunkte sind bei den Beratungen viel zu kurz gekommen. Der Druck und die Eile, unter denen der Bundestag und seine Ausschüsse arbeiten müssen, stehen geradezu in einem umgekehrten Verhältnis zu der Muße, die sich die Regierung bei der Einbringung derartiger Vorlagen läßt.
Im Zusammenhang mit diesem Mineralölsteuergesetz hätten wir das bekannte Problem Schiene—Straße sehr eingehend prüfen müssen. Das haben wir nicht gekonnt. Dazu bedarf es monatelanger Überlegungen und monatelanger Arbeiten. Meine Fraktion wird aber noch in diesen Tagen einen Antrag einbringen, der sich mit diesem Problem beschäftigt.
Mit diesem Gesetz können wir also keine Verkehrspolitik machen; das möchten wir ganz ausdrücklich betonen. Trotzdem wollen wir nicht vergessen, daß durch dieses Gesetz ganz besonders der Wirtschaftszweig Straßenverkehr betroffen wird. Auch aus diesem Grunde wenden wir uns gegen die Bestimmungen des Gesetzes, da gerade dieser Wirtschaftszweig für die deutsche Wirtschaft und — ich denke an das Kraftverkehrsgewerbe — für unsere Exportwirtschaft von ausschlaggebender Bedeutung ist.
Der Herr Bundesfinanzminister hat am 14. Dezember folgendes erklärt:
Nachdem alle Wirtschaftsverbände in den Besprechungen, die ich mit ihnen hatte, zugegeben haben, daß der Gesetzentwurf in seinem Grundsatz nicht bestritten werden könne und die Notwendigkeit dieses Steuergesetzentwurfes anerkannt werden müsse ...
Dazu möchte ich sagen, daß gerade die wichtigsten und wesentlichsten Verbände der hier betroffenen Wirtschaft, nämlich die Arbeitsgemeinschaft Bitumenindustrie, der Mineralöl-Wirtschaftsverband, der Mineralöl-Zentralverband, der Verband süddeutscher Mineralölwirtschaft, die Vereinigung der deutschen Kraftstoffgroßhändler und der Verband Schmierfettindustrie, sich ausdrücklich gegen diese Feststellungen des Bundesfinanzministers, die er auch im Finanzausschuß wiederholt hat, verwahren. Sie schreiben in einem Fernschreiben an uns — ich glaube, auch die Abgeordneten der anderen Fraktionen haben dieses Fernschreiben erhalten —:
Betrifft: Mineralölsteuergesetz. Hören zu. unserem Erstaunen, daß in Sitzungen Unterausschuß Mineralölsteuergesetz am 4. Januar behauptet wurde, die unterzeichneten Verbände
der Mineralölwirtschaft hätten grundsätzlich
dem Mineralölsteuergesetz zugestimmt. Wir
verweisen auf unsere zahlreichen Proteste
gegen das Steuergesetz.
Und die Verbände erklären in diesem Fernschreiben weiter, daß von ihrer Seite aus, also von der Seite dieser großen Verbände aus, niemals ein Einverständnis zu dem neuen Mineralölsteuergesetz erklärt worden ist. Das mußte gegenüber den Bemerkungen des Herrn Bundesfinanzministers bei der ersten Beratung hier ausdrücklich festgestellt werden.
Doch ich spreche hier nicht als Interessentenvertreter,
sosehr uns die Kraftverkehrswirtschaft am Herzen liegt, sondern es sind, wie gesagt, allgemeine finanzpolitische Gründe, die uns bestimmen, dieses Gesetz abzulehnen. Der Herr Bundesfinanzminister hat an das soziale Gewissen appelliert. Er hat sich sogar im Ausschuß dazu verstiegen, zu sagen: Jeder gute Sohn des Volkes müsse dieses Gesetz annehmen.
Meine Damen und Herren, gerade weil unser soziales Gewissen auch durch dieses Gesetz wieder .angesprochen ist, appellieren wir an den Bundestag, die allgemeine Finanzpolitik des Herrn Bundesfinanzministers nicht mehr mitzumachen. Wer in einer sogenannten kleinen Steuerreform bei der Einkommensteuer auf 900 Millionen bis 1 Milliarde DM hat verzichten können, der kann von uns nicht erwarten, daß wir seine Steuervorlagen, die immer wieder nur indirekte Steuern betreffen, mitmachen.
Aus diesem Grunde wird die sozialdemokratische Fraktion gegen die Vorlage stimmen.