Rede von
Walter
Vesper
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Meine Damen und Herren! Die Preiserhöhungen für Kraftstoffe im Februar 1950, die im Zuge einer Regierungsverordnung vorgenommen werden sollten, begegneten damals in der Öffentlichkeit dem schärfsten Protest. Auch der Bundestag wies diese Maßnahmen mit übergroßer Mehrheit zurück. Der damals vorgesehene und zurzeit geltende Preis von 60 Pfennig je Liter Benzin und 43 Pfennig für Dieselkraftstoff wurde durch eine Kompromißlösung so festgelegt. Die Regierung erklärte dazu, daß sie nach dieser Regelung von weiteren Preiserhöhungen für flüssige Brennstoffe Abstand nehmen wollte.
Meine Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes umfaßt eine Anzahl Positionen, deren Steuersätze eine Reihe verschiedener Maßnahmen zur Folge haben werden, sollte dieses Gesetz verabschiedet werden. Das Argument des Herrn Bundesfinanzministers, daß durch die Ablehnung der
Vorlage das Kriegsopferversorgungsgesetz und in Verbindung damit die Auszahlung der Sozialrenten in Frage gestellt sei, ist nur ein vorgeschobener Grund.
Diese Erklärung soll dazu dienen, einen Teil des Bundestags und die Öffentlichkeit unter moralischen Druck zu stellen.
Meine Herren! Die Sicherstellung aller Sozialaufgaben dieser Regierung wäre ohne weitere Steuererhöhungen möglich, wenn die jetzigen Besatzungskosten um 25 % gesenkt würden.
Der Bundestag hat sich schon einmal, und zwar Mitte 1950, nach einer eingehenden Beratung für die Senkung der Besatzungskosten ausgesprochen und die Regierung ersucht, in diesem Sinne wirksam zu sein. Aber die Politik dieser Regierung führte nicht zu einer Senkung, sondern zur Erhöhung der Besatzungskosten und damit zu einer noch gewaltigeren Belastung der breiten Volksschichten. Die Einbeziehung Westdeutschlands in den Atlantikpakt, die von der Adenauer-Regierung bejahte Remilitarisierung
und die damit verbundenen Mehrausgaben
sind die wirklichen Ursachen für die von der Regierung beantragte Erhöhung der Mineralölsteuer.
Meine Damen und Herren! Der Entwurf eines Gesetzes über die Autobahnbenutzungsgebühr liegt nicht an der unteren Stelle von Entwürfen geplanter und bereits feststehender neuer Steuerarten im Schreibtisch des Herrn Finanzministers.
Im Haushalt steht, um mit den Worten des Herrn Finanzministers zu sprechen, ein ungedeckter Betrag von 2,3 Milliarden DM.
In diesen Mehrausgaben sind aber nicht die zusätzlichen Milliarden an D-Mark für Besatzungskosten und die Milliarden, um die von der Regierung in Westdeutschland eingeleitete Remilitarisierung zu finanzieren, enthalten.
Der Finanzminister erklärte in einer Ausschußsitzung am 8. 1. 51, daß die kommenden Steuererhöhungen einen Leistungsbeitrag für die Sicherheit bedeuten.
Aber politische Sicherheit heißt, um mit den Worten der amerikanischen „Neuen Zeitung" zu reden: Zahlung und Erhöhung der Besatzungskosten!
Die Behauptungen der Regierung, daß die Mineralölsteuer keine Auswirkung auf die Lebenshaltung habe, sind unwahr. Auch bei dieser Steuer werden sich die gleichen Auswirkungen auf die Kaufkraft und den Lebensstandard der breiten Schichten zeigen. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an das Verkehrsgewerbe, das von den erwarteten Steuern in Höhe von 450 Millionen D-Mark allein 320 Millionen = 70 % im Jahre aufbringen soll. Dieses Gewerbe wird dadurch in eine noch schwierigere Lage gebracht. Die Erhöhung führt zwangsläufig zum Ruin von Tausenden von kleinen Existenzen. In der deutschen Binnenschifffahrt wird die ohnehin schon schwierige Situation, die durch den niedrigen Frachtsatz hervorgerufen worden ist, weiterhin dadurch verschärft, daß infolge der Verteuerung der Dieselkraftstoffe die ausländische Konkurrenz auf deutschen Wasserstraßen noch stärker als bisher in Erscheinung tritt. Die Tatsache allein, daß heute schon weit über 50 % des gesamten Frachtraumes auf dem Rhein von Schiffen unter fremder Flagge in Anspruch genommen wird, die jetzt noch mit Brennstoff zu einem Drittel des Preises gegenüber den für die deutschen Schiffe geltenden Preisen fahren, führt zu einer weiteren Verringerung des deutschen Schiffsraums.
Die deutsche Landwirtschaft wird durch die Preiserhöhung des Brennstoffs und des Öls noch zusätzlich zu den bereits vorhandenen Schwierigkeiten in der Landwirtschaft belastet; und nicht zuletzt kündigt jetzt schon die Baustoffindustrie für Teer- und Bitumen-Produkte eine fünf- bis zehnprozentige Erhöhung der Verkaufspreise an. Diese Preiserhöhung wird auf dem Sektor der Bauwirtschaft eine Veränderung der Preiskalkulation zur Folge haben und das soziale Bauen entscheidend beeinflussen.
Aus all diesen Erwägungen lehnt die kommunistische Fraktion den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes auf Drucksache Nr. 1680 grundsätzlich ab.