Gesamtes Protokol
Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 38. Sitzung des Deutschen Bundestags. Ich bitte zunächst den Schriftführer, Herrn Abgeordneten Karpf, die Liste der abwesenden Mitglieder des Hauses bekanntzugeben.
Es fehlen wegen Erkrankung die Abgeordneten Dr. Orth, Dr. Weiß, Schütz, Dr. Laforet, Stücklen, Freudenberg, Dr. Dr. Nöll von der Nahmer, Determann, Fisch, Wittmann, Freitag, Schönauer, Löbe, Neumann, Wagner. Entschuldigt fehlen die Abgeordneten Dr. Pferdmenges, Dr. Dresbach, Gockeln, Graf von Spreti, Even, Dr. Oesterle, Frau Dr. Ilk, Rademacher, Reimann, Frau Thiele, Oskar Müller, Loritz, Wallner, Frau Albertz, Fischer, Frau Schroeder, Dirscherl, Neuburger, Reitzner und Parzinger. Außerdem fehlt der Abgeordnete Goetzendorff.
Meine Damen und Herren! Ich habe weiter folgende Mitteilungen zu machen.
Mit Schreiben vom 10. Februar hat der Bundesrat mitgeteilt, daß er in seiner Sitzung vom gleichen Tage beschlossen hat, gemäß Artikel 77 des Grundgesetzes folgenden Gesetzentwürfen seine Zustimmung zu geben:
1. Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Wirtschaft von Groß-Berlin ,
2. Entwurf eines Gesetzes zur Regelung von Kriegsfolgelasten im 2. Rechnungshalbjahr 1949,
3. Entwurf eines Gesetzes über den Lohnsteuer-Jahresausgleich für das Kalenderjahr 1949.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
erstens einen Antrag des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz vom 16. Januar 1950 auf Aufhebung der Immunität des Herrn Abgeordneten Max Wönner, der sich auf einen Bericht des Generalstaatsanwalts beim Oberlandesgericht München stützt; zweitens einen Antrag des Oberstaatsanwalts in Hannover vom 6. Januar 1950 auf Aufhebung der Immunität des Herrn Abgeordneten Dr. Franz Richter. — Ich darf wohl das Einverständnis des Hauses feststellen, daß diese beiden Anträge gemäß dem bisher üblichen Verfahren dem Ausschuß für Geschäftsordnung und Immunität überwiesen werden.
Ich habe weiter mitzuteilen, daß der Herr Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit Schreiben vom 9. Februar einen Kabinettsbeschluß über die Erhöhung der Butterpreise mitgeteilt hat, der den Mitgliedern des Hauses als Drucksache Nr. 549 entweder schon zugegangen ist oder im Laufe des heutigen oder nächsten Tages noch zugehen wird.
Meine Damen und Herren! Wir kommen damit zur Tagesordnung. Ich rufe auf Punkt 1:
Interpellation der Fraktion der SPD betreffend Investitionen im Gebiet der Bundesrepublik .
Für die Behandlung dieser Vorlage schlägt Ihnen der Ältestenrat gemäß § 88 der Geschäftsordnung vor, für die Debatte insgesamt eine Redezeit von 120 Minuten festzulegen mit der Maßgabe, daß für die Einbringung und Begründung der Interpellation seitens der Interpellanten 30 Minuten vorgesehen sind. Ich erbitte die Zustimmung des Hauses zu diesem Vorschlag des Ältestenrats, daß die Beratung insgesamt 120 Minuten dauern soll. — Ich höre keinen Widerspruch, darf das Einverständnis des Hauses feststellen und meinerseits hinzufügen, daß wir nach dem bereits bewährten Verfahren am letzten Freitag jeweils vom Präsidium aus dem
Herrn Redner die Zeitdauer seiner Rede mitteilen werden.
Wer von den Herren Interpellanten wünscht das Wort? — Herr Abgeordneter Dr. Veit!
Dr. Veit , Interpellant: Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der deutschen Wirtschaftspolitik ist die Aufgabe gestellt, die durch den Krieg und seine Folgen zerstörte und aus sinnvollen Beziehungen geworfene Wirtschaft aufzubauen und ihre Ordnung wiederherzustellen. Das Ziel muß ein Wirtschaftsapparat sein, der möglichst allen arbeitswilligen Menschen des Landes den Arbeitsplatz sichert, eine Produktion, mit der der inländische Bedarf, sei es direkt, sei es über den Weg des Außenhandels, gedeckt wird, und eine Leistungsfähigkeit, die es der Wirtschaft ermöglicht, qualitäts- und preismäßig den Wettbewerb mit den anderen Ländern auf dem Weltmarkt aufzunehmen. Der Aufbau kann und darf auf vielen Gebieten kein Wiederaufbau sein. Der Wunsch der wirtschaftenden Menschen, denen der Krieg ein Geschäft oder eine Produktionsstätte zerstört hat, die ihren Mann ernährte, dasselbe Geschäft oder dieselbe Produktionsstätte wenn möglich am gleichen Platz und in der gleichen Art wieder zu errichten, ist verständlich. Vom volkswirtschaftlichen Standpunkt aus darf aber nicht übersehen werden, daß wir zu einer ungeheuren Fehlleistung kämen, wenn alle so handeln und die Wirtschaft wieder so aufbauen würden, als wenn alles beim alten bliebe und der Krieg keinerlei Veränderungen mit sich gebracht hätte. Der Neubau der deutschen Wirtschaft muß die weitreichenden strukturellen Veränderungen ebenso vor Augen haben wie die neuen Aufgaben, die unserer Wirtschaft gestellt sind.
Die Zerreißung Deutschlands in zwei Wirtschaftsgebiete, in denen nicht nur nach grundverschiedenen Prinzipien gewirtschaftet wird, sondern deren natürliche Kommunikation aus politischen Gründen oft mit größeren Hemmnissen belastet ist als der Verkehr mit dem Ausland, hat trotz des im ganzen deutschen Volk brennenden Wunsches nach Wiedervereinigung ganz Deutschlands schwerwiegende Produktionsverlagerungen ausgelöst. Der Industrieplan der Besatzungsmächte mit seinen Verboten und Beschränkungen wichtiger Industrien hat die Umstellung vieler Produktionen zur Folge.
Der Raubbau der nationalsozialistischen Wirtschaftspolitik am deutschen Produktionsapparat hat die Erneuerung der maschinellen Ausrüstung zur unausweichlichen Voraussetzung einer Wettbewerbsleistung gemacht. Bei dieser Erneuerung muß aber der technische Fortschritt berücksichtigt werden, den die übrige Welt in der Periode verzeichnen konnte, in ,der wir Kanonen statt Butter produzierten. Dabei wird es zu überlegen sein, ob wir überhaupt auf einzelnen Gebieten den technischen Vorsprung kochindustrialisierter Länder, inbesondere der Vereinigten Staaten von Amerika, in absehbarer Zeit einholen können oder ob das so unwahrscheinlich ist, daß die Wiedererrichtung solcher Industrien volkswirtschaftliche Fehlinvestitionen größten Ausmaßes wären. Man wird diese Überlegungen um so mehr anstellen müssen, als die in steigendem Maße von den Vereinigten Staaten gewünschte und wohl auch erzwungene Liberalisierung des Handels in naher Zukunft prohibitive Schutzmauern der Außenhandelspolitik
zum Einsturz bringen wird. Die etwaige künftige Richtung des deutschen Exports wird bei den Erwägungen über den Aufbau ebenfalls eine entscheidende Rolle spielen müssen, da uns große Gebiete, mit denen Deutschland in früherer Zeit Außenhandel getrieben hat, wie zum Beispiel die östlichen. Länder und Rußland, in absehbarer Zeit mehr oder weniger verschlossen sein werden.
Aber nicht nur die materiellen Grundlagen unserer wirtschaftlichen Struktur haben sich tiefgehend verändert, sondern auch in dem Produktionsfaktor Mensch sind wesentliche Umschichtungen eingetreten, die beim Aufbau einer neuen deutschen Wirtschaft eine entscheidende Rolle spielen müssen. Die Übervölkerung des uns verbliebenen Gebietes der deutschen Bundesrepublik, in der einschließlich Berlin seit 1937 die Bevölkerung pro Quadratkilometer um 44 Prozent zugenommen hat, und die Veränderung in der Zusammensetzung der arbeitenden Schichten müssen bei der Neuordnung unserer Wirtschaft ebenso berücksichtigt werden wie die Tatsache, daß durch die Vertreibung von etwa 8 Millionen Menschen aus den Ostgebieten und ihre Ansiedlung in zum großen Teil industriearmen Gegenden unseres Landes schwere wirtschaftliche und soziale Spannungen entstanden sind, deren Behebung ein zwingendes politisches Postulat ist. Der Wegfall wichtiger Ernährungsgebiete des Ostens, deren Menschen jedoch von uns miternährt werden müssen, erschwert durch den Zwang zu um so größerer Exportleistung die ohnehin genügend schweren Aufgaben.
Meine Damen und Herren! Für die Lösung dieser Aufgaben ist uns nicht beliebig viel Zeit gelassen, sondern es ist uns ein Termin gesetzt, der in bedenkliche Nähe gerückt ist. Daß wir bisher leben konnten — ein Teil sehr gut, ein wesentlich größerer Teil recht und schlecht und ein viel zu großer Teil um und unter der Grenze des Existenzminimums —, ist ausschließlich der großzügigen und großherzigen Hilfeleistung des amerikanischen und des englischen Volkes zu verdanken. Diese Hilfe hört in der Mitte des Jahres 1952 auf. Bis dahin muß der Aufbau im wesentlichen vollendet sein. Gelingt das nicht, so ist ein ungeheures Absinken des deutschen Lebensstandards auf allen Gebieten unvermeidlich.
Die damit verbundenen politischen Gefahren brauche ich in diesem Kreise nicht auszumalen.
Dieser für das Leben unseres Volkes entscheidende Aufbau unserer Wirtschaft erfordert Kapital. Aber gerade daran fehlt es in unserem Volke am meisten. Ungeheure Kapitalwerte sind im Bombenhagel des Weltkrieges und in den Erdkämpfen, die sich durch den Entschluß, bis 5 Minuten nach 12 Uhr zu kämpfen, durch ganz Deutschland hinzogen, vernichtet worden. Ein nicht geringer Teil deutscher Vermögenswerte ist der Demontage zum Opfer gefallen. Die deutschen Vermögen im Ausland sind beschlagnahmt worden: Die deutschen Patente und andere gewerbliche Schutzrechte, ein nicht abzuschätzender Wertbestandteil der deutschen Vermögensbilanz, ist der ganzen Welt zur Verfügung gestellt worden. Das deutsche Geldvermögen ist durch die Währungsreform im Juni 1948 auf einen verschwindenden Bruchteil zusammengestrichen worden. Die Bildung neuen Kapitals ist erschwert durch die vermehrten Ausgaben der öffentlichen Hand, insbesondere durch die Besatzungslasten und den unstillbaren Konsumbedarf des ganzen Volkes.
Angesichts dieser Situation sind die von meiner Fraktion an die Regierung gestellten Fragen ohne weitere Begründung verständlich. Es sind ohne Übertreibung Lebensfragen unseres Volkes. Trotz der erschwerten Bedingungen einer Kapitalneubildung hat sich in Deutschland Kapital gebildet. Aber weil es so knapp ist und weil es von entscheidender Bedeutung für das deutsche Schicksal ist, ob es rechtzeitig und an der richtigen Stelle eingesetzt worden ist und in Zukunft eingesetzt werden wird, haben wir die Regierung um Bericht gebeten, in welchem Ausmaß bisher Kapital in der deutschen Wirtschaft investiert worden ist, in welchen Wirtschaftszweigen das geschehen ist, wieviel Arbeitsplätze damit neu geschaffen worden sind, inwieweit die Produktionskapazitäten gesteigert worden sind, wieviel Wohnraum neu geschaffen worden ist und ob und in welchem Umfang Fehlinvestitionen zu verzeichnen waren.
Es ist, wie ich schon sagte, in Deutschland Kapital neu entstanden. In der Zeit vor der Geldreform wurde unter dem billigsten Einsatz des Produktionsfaktors Mensch, der nicht einmal die notwendigsten Lebensmittel verdiente, in nicht unerheblichem Umfang Sachkapital neu gebildet.
Im ersten Jahr seit der Geldreform sind etwa 15 Milliarden D-Mark für Anlagezwecke einschließlich der Abschreibungen verwendet worden.
Wenn man den Betrag der Vorratsbildung hinzu- rechnet, so erhöht sich diese Summe auf etwa 18 Milliarden D-Mark. Es ist damit zu rechnen, daß der Betrag der Bruttoinvestitionen im laufenden zweiten Jahr seit der Währungsreform eher noch über diesem Betrag liegt.
Trotz dieser für eine geschwächte Volkswirtschaft sehr beträchtlichen Beträge sehen wir mit wachsender Sorge das Ansteigen der Arbeitslosenziffer auf beinahe 2 Millionen und die immer noch gewaltig klaffende Lücke zwischen der deutschen Ausfuhr und der deutschen Einfuhr. Nur etwa 50 Prozent der deutschen Einfuhr kann aus dem Erlös der deutschen Ausfuhr bezahlt werden, ja, von der Einfuhr aus dem Dollarraum nicht einmal 10 Prozent.
Angesichts dieser Sachlage des Ansteigens der Arbeitslosigkeit einerseits und der ungenügenden deutschen Exportsteigerung andererseits erhebt sich die Frage, ob die seit dem Zusammenbruch und insbesondere seit der Währungsreform vollzogenen Kapitalinvestitionen in Deutschland an der richtigen Stelle erfolgt sind. Wenn diese Frage verneint werden muß, dann fragen wir die Regierung, wie dieses folgenschwere Versagen verantwortet wird und ob sie bereit ist, in der Zukunft das Menschenmögliche zu tun, um die sich neu bildenden Kapitalien volkswirtschaftlich richtig einzusetzen.
Diese Frage, meine Damen und Herren, geht das ganze Volk an; denn die Steigerung des Sozialprodukts, das heißt des wirtschaftlichen Gesamtergebnisses unseres Volkes auf eine Höhe, die eine Kapitalbildung ermöglichte, ist dem. Fleiß, der Tüchtigkeit und dem Lebenswillen aller
schaffenden Menschen in Deutschland zu verdanken.
Wenn der eine im Verhältnis zu dem anderen einen größeren Teil des Sozialprodukts in seine Kasse leiten konnte, so ist das nicht immer auf die größere Leistung zurückzuführen.
Der Überschuß des Sozialprodukts, der nicht in den Konsum ging, ist zudem kein echter, über den Konsumbedarf hinausgehender Teil des Sozialprodukts, sondern im wesentlichen entstanden aus dem erzwungenen Konsumverzicht derer, denen der Bezugschein Geld in unzureichendem Maße zur Verfügung gestellt worden ist.
Wenn die auf diese Weise zustande gekommenen Kapitalien nicht an der richtigen Stelle eingesetzt werden und die deutsche Volkswirtschaft am Ende der Marshallplanhilfe ihre Aufgabe, das Volk am Leben zu erhalten, nicht mehr erfüllen könnte, dann wäre es wiederum das ganze Volk, vor allem aber wären es die Ärmsten, die die Folgen dieses Fehlers zu tragen hätten.
Als meine Fraktion am 14. Januar aus dieser Sorge heraus die Anfrage einbrachte, war es ihr noch nicht bekannt, daß die Bundesregierung durch den Herrn Bundesminister für den Marshallplan ein Memorandum der Bundesrepublik Deutschland zum Programm 1950/51 und 1951/52 vom 15. Dezember 1949 bereits an diesem Tage der OEEC unter hermetischem Ausschluß der gesamten deutschen Öffentlichkeit zugeleitet hatte.
Noch viel weniger kannten wir den Inhalt des Memorandums. Inzwischen haben wir Gelegenheit gehabt, uns damit zu beschäftigen. Leider müssen wir feststellen, daß unsere Sorgen dadurch nicht behoben, sondern wesentlich gesteigert worden sind.
Denn aus dem Memorandum ergibt sich mit geradezu schmerzlicher Deutlichkeit, daß selbst unter Zugrundelegung optimistischer Schätzungen und Entwicklungsannahmen bis zum Ende der Marshallplanhilfe die Arbeitslosigkeit 1,8 bis 2 Millionen betragen wird
und daß der Ausgleich unserer Zahlungsbilanz, die mit einem Defizit von 400 Millionen Dollar am Ende der Marshallplanhilfe schließt, eben nur mit Hilfe der ERP-Gelder gedeckt werden kann, ohne daß zu erkennen ist, aus welchen Mitteln nach Beendigung des ERP ein Defizit abzudecken wäre.
Das Ressentiment dieses Memorandums und damit das Fazit der derzeitigen deutschen Wirtschaftspolitik ist somit die Feststellung: Die Arbeitslosen bleiben bei günstigster Entwicklung in gleicher Zahl arbeitslos, und wenn die Marshallplanhilfe aufhört, warten wir auf das große Wunder.
Wir wollen die Schwierigkeiten, mit denen die deutsche Wirtschaftspolitik zu kämpfen hat, weder verkennen noch verkleinern und teilen die Zweifel darüber, ob es möglich ist, bis zum Ende der Marshallplanhilfe die Lebensfähigkeit des deutschen Volkes zu erreichen. Aber wir wehren uns mit aller Kraft dagegen, daß man das hinnimmt
wie eine Fügung, daß man die verhängnisvolle Entwicklung treiben läßt, anstatt sich ihr mit allen Mitteln und Kräften entgegenzustemmen.
Es ist ein Irrtum, als der Weisheit letzten Schluß
der Wirtschaftspolitik die Inaktivität des Staates
zu proklamieren, ein Irrtum auch vom Standpunkt
des konsequenten Dogmatikers des Liberalismus
wenn er sich marktfremden Einbrüchen in seine Wirtschaft gegenübersieht. Aktivität besteht aber nicht in Palliativmittelchen wie der kostenlosen Verteilung von 60 000 Exemplaren einer Broschüre über den Export in den Dollar-Raum,
die man in dem OEEC-Memorandum als Zeichen deutscher Rührigkeit erwähnenswert findet, sondern im Anpacken des Übels an der Wurzel, das heißt bei der Entstehung, der Lenkung und der Überwachung des Kapitalstroms.
Die Notwendigkeit, das Steuer herumzuwerfen und den Kurs zu ändern, kann mit vielen Sätzen des Memorandums selbst belegt werden. So heißt es beispielsweise auf Seite 7 Ziffer 19:
Es wird also selbst bei vollem Einsatz aller verfügbaren Counterpart - Funds zur Investitionsfinanzierung nur schwer möglich sein, das jetzige Investitionsvolumen einigermaßen aufrechtzuerhalten.
Auf Seite 7 Ziffer 16 wird gesagt:
So groß der Erfolg aller Bemühungen zu veranschlagen ist, den Bevölkerungszuwachs, der im wesentlichen durch die Zuwanderungen der Vertriebenen zustande kam, in den Wirtschaftsprozeß einzugliedern, unterliegt es doch keinem Zweifel, daß das Arbeitslosenproblem nicht nur in gleichem Ausmaß weiterbesteht wie bisher, sondern in der kommenden Zeit noch erheblich kritischer zu werden droht.
Ich mache darauf aufmerksam, daß diese Prognose bei günstigster Berechnung und Einsatz aller verfügbaren Investitionsmittel ausgesprochen worden ist. Wie sie zu vereinbaren ist mit der Erklärung des Herrn Bundeskanzlers, der in seiner Rede vom Donnerstag, dem 9. Februar, wörtlich sagte:
Wir sind der Auffassung, daß durch diese von mir genannten Beträge für Wohnungsbau und die anderen Zwecke einschließlich der Summen, die im Laufe des Jahres 1950 aus den Gegenwert-Fonds des Marshall-Plans zur Verfügung stehen, ein sehr starker Rückgang der Arbeitslosigkeit eintreten wird
wie diese beiden Regierungserklärungen, sage ich, miteinander zu vereinbaren sind, bleibt bis jetzt das Geheimnis der Bundesregierung, das, wie ich hoffe, der Herr Bundeswirtschaftsminister in seiner Antwort enthüllen wird. Wir wollen eine ganz klare Antwort auf die Frage, ob die Mittel, die der Herr Bundeskanzler in seiner Rede vom 9. Februar zur Behebung der Arbeitslosigkeit angekündigt hat, andere Mittel sind als die im OEEC-Memorandum seiner Regierung bereits eingeplanten Mittel. Sind es andere Mittel, so fragen wir, woher sie kommen. Sind es dieselben Mittel, dann stellen
wir fest, daß ein unlösbarer Widerspruch in der Beurteilung der Auswirkungen dieser Mittel zwischen dem Herrn Bundeskanzler und seinem Stellvertreter besteht.
Man muß die Sorgen, die den Verfasser des Memorandums der Regierung mit Recht bedrücken, auch unter dem Gesichtspunkt verstehen, daß die fortschreitende Liberalisierung des Außenhandels möglicherweise weitere Erschwerungen unserer Lage mit sich bringt. Auf Seite 15 Ziffer 31 des Memorandums heißt es:
Infolge der großzügigen Liberalisierungsmaßnahmen ist nämlich mit einer wesentlich höheren Einfuhr von Fertigwaren und anderen zwar erwünschten, aber nicht unbedingt lebenswichtigen Erzeugnissen, insbesondere auf dem. Ernährungsgebiet, zu rechnen, während gleichzeitig im Zusammenhang mit dem Rückgang der Dollar-Hilfe die Einfuhren von wesentlichen Grundrohstoffen und Grundnahrungsmitteln zurückgehen werden.
Das bedeutet also ein Absinken unserer Produktion aus der doppelten Ursache der geringeren Einfuhr von Rohstoffen und der größeren Einfuhr von Fertigwaren.
Das ist eine Entwicklung, die ein Anschwellen der Arbeitslosigkeit über das erwartete Maß hinaus unvermeidlich machen wird.
Das Memorandum kommt zu dem Ergebnis, daß die Steigerung der deutschen Produktion, auf die immer mit so großem Stolz als das sichtbare Ergebnis der derzeitigen Wirtschaftspolitik hingewiesen worden ist, bis zum Ende der Marshallplanhilfe auf etwa 106 Prozent des Friedensniveaus gebracht werden könne. Das bedeutet in Anbetracht der um 7 bis 8 Millionen gestiegenen Bevölkerungsziffer ein absolut ungenügendes Produktionsergebnis.
Es stellt sich nun heraus, daß die Produktionssteigerung vor allem auf stark devisenabhängigen Gebieten infolge der Einfuhrmassierungen im Jahre 1949 erfolgt ist und daß der Zwang zur Einsparung von Devisen eine Steigerung gerade auf diesen Gebieten wie zum Beispiel Textilien und Schuhen trotz des vorhandenen Bedarfs kaum mehr zuläßt. Diese Notwendigkeit der Drosselung der Verbrauchsgüterproduktion aus Gründen der Devisenknappheit führt in dem Memorandum zu einer Schlußfolgerung, die geradezu als Ausdruck einer bedauernswerten Hilflosigkeit anmutet. Denn es wird gesagt, es bestünde die Gefahr, daß das Investitionsprogramm sogar gedrosselt werden müsse, weil jede Erhöhung des Produktionsniveaus durch Investitionen naturgemäß zu einer Steigerung der Beschäftigung und damit der Kaufkraft führe.
Wenn aber für diese Kaufkraft keine Deckung in einer entsprechend erhöhten Konsum- und Nahrungsgüterproduktion gegeben sei, so müsse sich daraus eine Gefährdung der preis- und währungspolitischen Stabilität ergeben. Es bestünde daher die Gefahr, daß entweder beträchtliche sozial nicht tragbare Preissteigerungen in Kauf genommen oder — und nun hören Sie gut zu - die bisher verfolgte liberale Wirtschaftpolitik für diese Sektoren nicht mehr fortgesetzt werden könne.
Meine Damen und Herren! Wenn man sich aus dem Erstaunen über soviel Freimut erholt hat und den Gedanken noch einmal verfolgt, so wird hier nichts anderes gesagt, als folgendes. Wenn die Arbeitslosen durch Investitionen von Kapital in Arbeit und Brot gebracht werden, so erscheinen sie mit ihrem Arbeitsverdienst und damit mit zusätzlicher Kaufkraft auf dem Markte. Weil dieser aber nicht Waren für alle hat, werden die Preise in die Höhe getrieben; es sei denn, man würde zur Rationierung zurückkehren. Da man das aber unter keinen Umständen will, besteht die Gefahr — so sagt man —, daß man die Investitionen drosselt, keine neuen Arbeitsplätze schafft und die Arbeitslosen arbeitslos läßt.
Wir fragen die Regierung, ob sie sich zu diesen wirtschaftpolitischen Erwägungen und Vorstellungen des Memorandums, das sich als Memorandum der Bundesrepublik bezeichnet, bekennt, und wir fragen, wie eine solche unchristliche und unmenschliche wirtschaftspolitische Erwägung mit dem Versprechen der Regierungserklärung, so sozial wie möglich zu handeln, überhaupt noch zu vereinbaren ist.
Wo bleiben die Segnungen der Freiheit und die durch sie erwarteten Leistungssteigerungen, wenn Millionen Menschen zur Leistung nicht einmal zugelassen werden?
Und .wie ist es mit dem volltönenden Wort von der Majestät des Verbrauchers, das der Herr Bundeswirtschaftsminister erst kürzlich wieder von dieser Stelle aus gesprochen hat, wenn große Schichten des Volkes nur unter der Grenze des Existenzminimums als Verbraucher auftreten können?
Zu einem sehr erheblichen Teil ist der bisherige Zustand darauf zurückzuführen, daß man getreu der wirtschaftspolitischen Konzeption des Herrn Bundeswirtschaftsministers nur zu einem sehr bescheidenen Teil auf die Richtung der Kapitalinvestitionen Einfluß genommen hat, und zwar im wesentlichen nur auf die Gelder, die aus den Gegenwert-Fonds verteilt worden sind, und auf die Investitionen aus öffentlichen Mitteln. Bei diesen ist aber zu bedenken, daß die Verwendung nach dem föderalistischen Aufbau Westdeutschlands nicht nach einer einheitlichen, die Gesamtinteressen des Bundesgebiets berücksichtigenden Vorstellung, sondern nach Länderinteressen erfolgt ist. Auf dem Gebiete des Kapitalmarktes besteht eine nur sehr bescheidene Lenkungsmöglichkeit auf Grund des Kapitalverkehrsgesetzes. Bestenfalls ein Drittel der Gesamtinvestitionen unterlag somit einem mehr oder weniger starken Einfluß der Wirtschaftspolitik, während das Gros der Investitionen ungelenkt und unkontrolliert dem privaten Interesse überlassen wurde. Können wir uns im Hinblick auf die zu kurze Kapitaldecke und die unausweichliche Notwendigkeit, in kurzer Zeit bestimmte Ziele zu erreichen, eine solche Art der Kapitalverwendung gestatten? Ich will diese Frage nicht theoretisch beantworten, weil ich die Diskussion nicht auf die Ebene des Wettkampfes wirtschaftspolitischer Theorien oder gar Dogmen verlegen möchte. Das Volk ist nicht daran interessiert, welche Theorie richtig ist, es will, daß ihm geholfen wird, und zwar rasch und
durchgreifend und mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln.
Aber ich gerate gewiß nicht in den Verdacht, parteipolitische Dogmen zu vertreten
— Verzeihung, lassen Sie mich den Satz zu Ende sprechen! —, wenn ich zur Kritik der Investitionspolitik mich auf das Memorandum des Herrn Ministers für den Marshallplan berufe. Da finden wir unter Ziffer 170 auf Seite 64 folgenden bemerkenswerten Satz:
Die Problematik der deutschen Kapitalmarktpolitik liegt darin begründet, daß
a) die Bildung von investitionsbereitem Geldkapital weit hinter dem Finanzierungsbedarf zurückbleibt und
— nun kommt der entscheidende Satz —
b) der marktwirtschaftliche Mechanismus nicht ausreicht, um unter den gegen wärtigen Verhältnissen das verfügbare Geldkapital zu den Stellen des dringendsten Bedarfs hinzuführen.
Es müssen also
— ich zitiere immer noch den Herrn Bundesminister für den Marshallplan —
nachdrücklich Anstrengungen unternommen werden, um die Kapitalbildung zu fördern und um das verfügbare Kapital den dringendsten Verwendungszwecken zuzuführen.
Meine Damen und Herren! Die Opposition befindet sich in der erfreulichen Situation, dieser Meinung — nun weiß ich nicht, darf ich sagen: der Regierung, oder muß ich sagen: eines Teiles der Regierung - voll zustimmen zu können,
und wir bedauern nur, daß diese Einsicht nicht schon längst gewonnen und in die Tat umgesetzt worden ist.
Auf der gleichen Linie, wie diese Auffassung des Herrn Ministers für den Marshallplan liegt eine Äußerung des gewiß nicht unserer wirtschaftspolitischen Konzeption verdächtigen Präsidenten der Wiederaufbaubank, der nach einem Bericht der „Frankfurter Neuen Presse" vom 8. Februar 1950 vor der Industrie- und Handelskammer in Frankfurt folgendes ausführte:
Bisher war die Quelle der Selbstfinanzierung am ergiebigsten; aber aus dieser Quelle entstehen wohl auch am häufigsten Kapitalfehlleitungen, da viele Unternehmer lieber eine nicht gerade notwendige Investition bei sich vornehmen, als daß sie Kapital anderen zur Verfügung stellen.
Und warum funktioniert der Marktmechanismus nicht, um, die Kapitalien nach der Dringlichkeit zu steuern? Er kann nicht funktionieren, weil das Steuerungsmittel des Zinses im Hinblick auf die Knappheit des Kapitals und die Vordringlichkeit gewisser geringrentierlicher Investitionen dieses Steuerungsmittel weitgehend außer Funktion gesetzt haben. Verhängnisvoll ist, daß sich weitaus das meiste Investitionskapital bei den Unternehmern in Gestalt der Selbstfinanzierung entwickelt hat, und dieses Kapital verdankt seine Entstehung der ungenügenden Funktion des Marktes seit der Geldreform. Ein echter Wettbewerb hat sich im Hinblick auf die Mangellage und die unelastische Nachfrage der konsumgüterbedürftigen großen Masse unseres Volkes nur sehr langsam entwickelt, und infolgedessen bedeutete der plötzliche Absprung in die freie Wirtschaft für die Besitzer der Mangelwaren das Instrument, durch weit überhöhte Preise das Kopfgeld der Bevölkerung und einen erheblichen Teil ihrer umgewandelten Ersparnisse in ihre Kassen zu lenken. Daß dabei der Ertrag in weitem Umfang an den Finanzämtern vorbeifloß, ist allgemein bekannt und von deutschen Finanzministern öffentlich ausgesprochen worden.
Aber auch in der Folgezeit wirkte sich der Marktmechanismus nicht genügend aus, um die Selbstfinanzierung über den Preis abzustoppen. Die Ursache liegt darin, daß abgesehen von einzelnen Mangelsituationen das Spiel des Marktmechanismus durch monopolistischen oder kartellmäßigen Einfluß gehemmt wird. Daß der Herr Bundeswirtschaftsminister sich mit solcher Entschiedenheit für eine rücksichtslose Bekämpfung von Monopolen und Kartellen einsetzt, beweist das Vorhandensein dieser marktstörenden Elemente und die Notwendigkeit ihrer Beseitigung. Aber warum hat man sich dazu nun schon beinahe zwei Jahre Zeit gelassen,
obwohl man weiß, daß eine wirkliche Marktwirtschaft nicht vorhanden ist, solange die private Monopol- und Kartellplanung sich auswirken kann? Der hemmungslose Sprung in eine angeblich freie, in Wirklichkeit kartelldurchsetzte Wirtschaft hat somit nicht nur dazu geführt, daß die große Masse über einen Knappheitspreis ausgeplündert worden ist und damit eine sozial spannungsreiche Vermögensumschichtung erfolgte, sondern hat auch die zweite verhängnisvolle Wirkung ausgelöst, daß das knappe Kapital nicht an den dringlichen Bedarfsstellen eingesetzt werden konnte.
Der Wahrheitsgehalt der Firmierung „soziale Marktwirtschaft" wird bei dieser Betrachtungsweise eine weitere Schrumpfung erleiden.
Die Situation ist sehr ernst, und niemand, nicht einmal der Unternehmer, der auf diese Weise seinen Status wieder in Ordnung bringen konnte, kann daran eine Freude haben. Die schwere Aufgabe, die unserer Wirtschaft befristet gestellt worden ist, kann nicht gelöst werden durch eine Politik des Treibenlassens. Sie wird auch nicht gemeistert durch Palliativmittelchen. Arbeitsbeschaffungsprogramme sind von sehr beschränktem Wert, wenn sie nicht Hand in Hand gehen mit einer sehr klaren Vorstellung von den Notwendigkeiten zur Erreichung der Lebensfähigkeit und Lenkung des Kapitaleinsatzes nach diesen Notwendigkeiten. Wir wollen hören, ob die Regierung gewillt ist, diesen Weg zu gehen. Es ist höchste Zeit. „Das Jahr 1949 ist nutzlos vertan worden".
— Das ist nicht meine Erklärung, meine Damen
und Herren, sondern das war die Neujahrsbotschaft des Herrn Dr. Semler, des Vorgängers des
Herrn Professors Erhard als bizonaler Wirtschaftsdirektor.
Wir haben ihr nichts hinzuzufügen. Der Kredit, den sich die Regierungsparteien bei den Wahlen unter der Firma „soziale Marktwirtschaft" einräumen ließen, ist kein langfristiger. Der Wechsel wird heute präsentiert. Die Regierung soll sich erklären, ob sie ihn einlösen kann.
Das Wort zur Beantwortung der Interpellation hat der Herr Bundeswirtschaftsminister.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach den Erfahrungen der letzten Wochen gewinne ich immer mehr den Eindruck, daß in der Bundesrepublik Wirtschaftspolitik offenbar nur noch vom Balkon aus betrieben wird, um entsprechend gehört zu werden.
— Ich werde Ihnen keine Antwort schuldig bleiben. — Es ist hier gesagt worden, man müßte das Übel an der Wurzel anpacken. Der Meinung bin ich auch! Ich glaube, das, was wir im Juni 1948 begonnen haben, war gerade das, was uns jetzt aufs neue empfohlen wird: wir haben nämlich das Übel an der Wurzel angepackt.
Wir haben aus einer verfaulten, korrupten und nicht mehr leistungsfähigen Wirtschaft, aus einer Gesellschaft, die am Zusammenbrechen war, endlich wieder ein funktionsfähiges Wirtschaftsgebilde und geordnetes soziales Leben in unserm Volk hergestellt.
Erst durch die Marktwirtschaft haben wir überhaupt wieder geeignete und brauchbare Maßstäbe für das wirtschaftliche Tun und somit auch für die Investitionstätigkeit gewinnen können. Bis dorthin waren die Verhältnisse völlig verzerrt. Es gab keinen Maßstab, keine Richtschnur, keine Anhaltspunkte, von denen aus eine Ausrichtung möglich gewesen wäre, welche wirtschaftliche Arbeit sinnvoll und welche nutzlos ist, welche Anschaffungen und welche Investitionen wirklich produktiver Arbeit dienen und welche nur im Wege von Tauschgeschäften gerade die Möglichkeit gegeben haben, das eine oder andere zufällig zu erwerben.
Die Investition, die dann mit der Währungsreform eingesetzt hat, war außerordentlich beträchtlich. Wir stellen fest, daß wir nach der Produktionsleistung der Produktionsgüterindustrie im ersten Jahre von Mitte 1948 auf Mitte
1949 — damit komme ich zur Beantwortung der ersten Unterfrage, wie hoch sich die Investition im ersten Jahre nach der Reform beziffert habe — mit einem Produktionswert von 15 bis 16 Milliarden D-Mark rechnen können, von denen allerdings 6 Milliarden für die natürliche Ergänzung der Anlagen abgeschrieben werden müssen.
Neuinvestitionen wurden in einem Umfange von rund 10 Milliarden durchgeführt. Von diesen 10 Milliarden entfielen 3 Milliarden auf den Einsatz der öffentlichen Hand, und zwar rund 2 1/2 Milliarden unmittelbar aus deutschen Quellen und 400 Millionen aus GARIOA-Mitteln. Aus der übrigen Wirtschaft, auf dem Wege der Selbstfinanzierung, der Bereitstellung von Krediten über die Banken, der Spartätigkeit, Emissionen und dergleichen mehr sind insgesamt rund 7 Milliarden Mark aufgebracht worden. Von diesen 7 Milliarden Mark dürften im ersten Jahre nach der Währungsreform rund 2,4 Milliarden im Wege der kurzfristigen Kreditschöpfung aufgebracht worden sein. Ich bitte, besonders darauf hinweisen zu dürfen, daß diese 2,4 Milliarden kurzfristiger Kreditschöpfung auch schon im Sinne einer aktiven Konjunkturpolitik gewertet werden müssen.
1,2 Milliarden Mark sind auch auf dem Kreditwege, aber im Wege der echten Kapitalbildung aufgebracht worden, und aus den eigenen Mitteln der Unternehmungen, aus der Selbstfinanzierung ist noch mit einem Kapitaleinsatz von 3,5 Milliarden Mark zu rechnen.
Ich darf dazu sagen, daß es seit der Währungsreform kaum irgendein Unternehmen gegeben hat, das Gewinne ausgeschüttet hat; im Regelfalle sind die Gewinne für Investitionszwecke angewandt worden. Daß diese Selbstfinanzierung im ersten Jahre nach der Währungsreform teilweise auch darauf zurückzuführen war, daß der Wettbewerb sich nicht sofort voll belebte, wie auch mein Herr Vorredner schon sagte, daß dazu eine laxe Steuermoral noch gewisse Möglichkeiten der Kapitalbildung offengelassen hat, habe ich von dieser Stelle aus schon oft genug gesagt, und es soll da auch gar nichts beschönigt werden.
Aber wenn man hier schon die negative Seite herausstreicht, dann verdient auch die positive eine Beleuchtung. Wir haben wirklich alles getan — und ich glaube, das bedarf keines Beweises —, um den Wettbewerb zu entfachen und über die Entfachung des Wettbewerbs dahin zu wirken, daß Preise und Löhne enger aneinanderrückten, daß eine gleichmäßigere und gerechtere Verteilung des Volkseinkommens Platz greife. Würden aber in diesen ersten Jahren nach der Währungsreform und besonders im ersten Jahre diese teilweise überhöhten Gewinne nicht so verwendet worden, sondern würden sie in den Verbrauch geflossen sein, dann wäre die Kapitalbildung und in entsprechendem Maße auch die Investitionsmöglichkeit der deutschen Volkswirtschaft noch geringer gewesen. Wir würden uns dann heute noch mehr Vorwürfe gefallen lassen müssen, daß wir nicht genügend investiert, nicht genügend getan hätten, um zu einer ausreichenden Kapitalbildung zu kommen.
Sie haben recht: es kommt nicht allein darauf an, zu einer Kapitalbildung schlechthin, sondern es kommt darauf an, zu einer geordneten, sozialwirtschaftlich vertretbaren Kapitalbildung zu kommen. Aber nach allen Erfahrungen kann man eben zu einer geordneten, sozial-wirtschaftlich
1252 Deutscher Bundestag — 38. Setzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Februar 1950
vertretbaren Kapitalbildung nur in der privaten Wirtschaft, über den freien Wettbewerb, über die Leistungssteigerung und über eine dementsprechende Verteilung des Sozialprodukts gelangen.
Im übrigen: von diesem Kapitaleinsatz war naturgemäß nur ein relativ beschränkter Teil in der Verfügungsgewalt der öffentlichen Hand; das waren jene 2,5 Milliarden Mark öffentlicher Gelder, 400 Millionen GARIOA-Mittel und waren in gewissen Umfang auch die 1,2 Milliarden Mark langfristiger Kredite über die Bankenorganisationen, Sparkassen und Versicherungen öffentlicher und privater Art. Hier hat die Regierung oder habe ich früher als Direktor der Verwaltung für Wirtschaft immer wieder eingegriffen und immer wieder in ständiger Verbindung dafür Sorge zu tragen versucht, daß diese echten Kapitalmittel — auch wenn die Regierung keine Befehlsgewalt darüber hatte doch volkswirtschaftlich nützlichen Zwecken zugewandt werden. Die Feststellungen haben ergeben, daß von diesem Teil des Kapitalmarkts rund 50 Prozent in den Wohnungsbau, 25 Prozent in öffentliche Einrichtungen, 15 Prozent in den Verkehr gegangen sind und der Rest sich relativ weit gestreut hat. Die GARIOA-Mittel gingen zu 100 Millionen in die Energiewirtschaft, zu 100 Millionen in den Bergbau und zu 200 Millionen an die Bundesbahn.
Wenn ich in Fortsetzung dieser Betrachtung jetzt das zweite Jahr nach der Währungsreform unter die Lupe nehme, dann ergibt sich, daß wir zu einer sogar noch gesteigerten Kapitalgüterproduktion gekommen sind, die den Wert von ca. 17 Milliarden Mark erreicht haben dürfte. Setzen Sie hier wieder davon ab 6 Milliarden Mark für Abschreibungen auf Erhaltung der Anlagen, dann
ergibt sich eine Neuinvestition von Produktionskapital in Höhe von 11 Milliarden Mark. Von diesen 11 Milliarden Mark entfallen 2,3 Milliarden auf die öffentliche Hand, nunmehr ungefähr 2 Milliarden auf den Marshallplan und 6,7 Milliarden auf die übrigen Quellen der Kapitalbildung, wobei jetzt der legale und geordnete Kapitalmarkt aus freiwilliger Spartätigkeit, wieder über Banken, Versicherungen und ähnliche Einrichtungen, 2,2 Milliarden Mark erbrachte — also immerhin eine Belebung der natürlichen Sparkapitalbildung von 1,2 Milliarden Mark im ersten Jahre nach der Währungsreform auf 2,2 Milliarden Mark —, so daß bis zu jenen 11 Milliarden noch ein Betrag von 4,5 Milliarden übrigbleibt, von dem wieder ein Teil auf die Beanspruchung von Krediten über den Bankenapparat, in gewissem Umfang wahrscheinlich auch über die kurzfristige Kreditfinanzierung, und der Rest wieder auf die Selbstfinanzierung der Unternehmungen entfällt.
In diesen Plan von 17 bzw. 11 Milliarden Mark für das zweite Jahr nach der Währungsreform, den ich hier vorgetragen habe, ist der zusätzliche Kapitaleinsatz im Rahmen des neuen Regierungsprogramms nicht einbezogen. Sein Ausmaß dürfte ungefähr 1 Milliarde Mark betragen. Diese Summe ist also noch hinzuzufügen, so daß wir im zweiten Jahr der Währungsreform insgesamt mit einer Kapitalgüterproduktion in Höhe von 18 Milliarden und mit neuen Investitionen im Werte von etwa 12 Milliarden rechnen können.
Die Interpellation bedarf dann einer Zusammenfügung der Fragen 2 a, 3a und 5 a, weil diese wirklich nicht voneinander zu trennen sind.
Ich lese vor:
Welche Steigerung der Produktionskapazitäten ist durch die Investitionen im ersten Jahr
in den einzelnen Wirtschaftszweigen bewirkt
worden?
Wieviel Arbeitsplätze sind durch die Investitionen des ersten Jahres neu geschaffen worden?
Sind volkswirtschaftliche Fehlinvestitionen festgestellt, wenn ja, in welchem Umfang?
Meine Damen und Herren! Um den Erfolg der Investitionen einigermaßen richtig beurteilen zu können, ist es notwendig, zu erkennen, daß wir zu Beginn der Währungsreform in unserer Wirtschaft völlig festgefahren waren in sehr schweren Engpässen, die eine ordnungsgemäße Produktion nicht mehr zuließen. Wir hatten in manchen Teilen unserer Industrie, vor allen Dingen in der arbeitsintensiven Verbrauchsgüterindustrie, wohl freie Kapazitäten und Arbeitsplätze, aber wir hatten in der Hilfs- und Zulieferungsindustrie Engpässe aller Art, von den großen Engpässen Energie, Kohle, Verkehr ganz zu schweigen. Es kam also nicht so sehr darauf an, neue Arbeitsplätze zu schaffen, als vielmehr darauf, durch die Investitionen neuen Arbeitskräften Arbeit und Brot zu geben, im ganzen aber die Investitionen so durchzuführen, daß diese Engpässe nicht nur in den einzelnen Industriezweigen, sondern auch in den einzelnen Industriebetrieben aufgelöst werden konnten. Es wäre ein unmögliches Beginnen gewesen, wenn irgendeine Behörde nach der Währungsreform den Versuch unternommen hätte, durch eine Kapitalstreuung über Tausende von Betrieben überall die kleinen und kleinsten Störungen zu beseitigen, die da noch aus den Zeiten der Zwangswirtschaft auf- a traten — Zeiten, in denen Material nicht oder nur im Tauschwege erhältlich war, in denen es an allem und jedem für eine rationale Produktion mangelte. Das war seinerzeit nicht einmal so schlimm, denn vor der Währungsreform brauchte man nicht rationell zu produzieren. Am besten war ja derjenige daran, der nicht produziert, sondern sich anderen Betätigungen zugewandt hat. Aber jetzt, nach der Währungsreform, kam es darauf an, die Produktion auf höchste Rationalität zu bringen. Hier aber hat es nicht so sehr an großen, weithin sichtbaren Investitionen in der Volkswirtschaft, hat es nicht allein am großen Kapitaleinsatz gefehlt, sondern gerade an kleinen und kleinsten Aufwendungen in Zehn- und Hunderttausenden von Betrieben industrieller, handwerklicher und landwirtschaftlicher Art.
So gesehen bedeutete es keine Fehlinvestition und mindestens kein Übel, wenn in diesem ersten Jahr nach der Währungsreform der Kapitalstrom allzufrei floß und in seiner Verwendung nicht immer fest an die Leine einer staatlichen Lenkung gelegt werden konnte; denn diese staatliche Lenkung wäre nie und nimmer in der Lage gewesen, diese sinnvolle Verteilung vorzunehmen.
Wir hätten, wie die Entwicklung zeigt, ganz bestimmt keine Verdoppelung der industriellen Produktion und keinen Mehreinsatz von 900 000 Menschen erreichen können, wenn wir diese Investitionen nicht in der von mir beschriebenen Weise durchgeführt hätten. Denn davon können Sie überzeugt sein: Jedermann, der Kapital aufzuwenden hat, jeder Unternehmer hat im eigenen wohlver-
standenen Interesse im Rahmen des wiedererwachten Wettbewerbs diese Mittel dort zum Einsatz gebracht, wo sie die höchste Produktivität erwarten ließen und wo mit der höchsten Produktivität gleichzeitig auch eine bessere Versorgung des Marktes und des Verbrauchers gewährleistet war. Es mag im Sinne der von Ihneh kritisierten und als falsch bezeichneten Verteilung des Volkseinkommens und damit einer unzulässigen Massierung von Investitionskapital an einigen Stellen einmal ein Fehler vorgekommen sein — man erinnert ja so gern an die Investitionen im Handel und dergleichen mehr —; Fehlinvestitionen in volkswirtschaftlichem Sinne waren das nicht. Diese Investitionen mögen in der zeitlichen Rangordnung nicht immer richtig erfolgt sein. Die Investitionen aber, die in diesen zwei Jahren durchgeführt wurden, sind produktiv gewesen und haben zu einer höheren Rationalität beigetragen und dazu noch zu einem vermehrten Einsatz an Menschen im Sektor der gewerblichen Wirtschaft.
Die Mehrbeschäftigung, die wir durch die Investitionen erreicht haben, verteilt sich auf folgende Industriezweige: Textilindustrie mit 178 000 Menschen, Maschinen, Stahl, Eisen und Fahrzeugbau mit 98 000, Eisen- und Metallgewinnung m _t 66 000, Eisen-, Stahl- und Metallwarenherstellung mit 42 000, Bekleidungsgewerbe mit 41 000, Elektrotechnik mit 32 000, Papiererzeugung und -verarbeitung mit 32 000, Handel, Banken und Versicherungen mit 171 000.
Ich sagte schon zu Beginn: zum Zeitpunkt der Währungsreform hat es für unsere Wirtschaft überhaupt keinen Maßstab eines vernünftigen Handelns und einer wirtschaftlich sinnvollen Investition gegeben. Wer hätte zum Zeitpunkt der Währungsreform sagen können, wie sich die Nachfrage des freien Verbrauchers bewegen werde? Nur aus der Beobachtung der wirtschaftlichen Entwicklung nach Quantität und Qualität konnten die Ansatzpunkte und Mittel gefunden werden, die geeignet erschienen, unsere Wirtschaft einer höheren Ergiebigkeit zuzuführen und die Effizienz der menschlichen Arbeit zu steigern.
Auf die Frage 2 b der Interpellation:
Denkt die Regierung dafür Sorge zu tragen, ,daß aus den Investitionen des laufenden Jahres bevorzugt Kapazitäten neu geschaffen oder vermehrt werden, die volkswirtschaftlich, insbesondere für den Export vordringlich sind, wenn ja, auf welche Weise?
und auf die Frage 3 b:
Gedenkt die Regierung dafür Sorge zu tragen, daß aus den Investitionen des zweiten Jahres neue Arbeitsplätze, insbesondere für die Eingliederung der Vertriebenen, geschaffen werden, wenn ja, auf welche Weise?
kann ich antworten, daß die Programme, soweit sie durch die Regierung lenkbar sind, das heißt soweit ERP-Mittel, öffentliche Mittel und echtes Sparkapital zur Verteilung gelangen, im zweiten Jahr nach der Währungsreform rund 7 Milliarden D-Mark ausmachen dürften. Diese 7 Milliarden Mark, die wir unmittelbar in der Hand haben oder hinsichtlich deren Verwendung wir doch einen starken Einfluß ausüben können, verteilen sich etwa auf folgende Zweige: Energie 680 Millionen, Kohle 320 Millionen, Eisen und Stahl 100
Millionen, Industrie und Handel in der breiten Schichtung und Verteilung ungefähr 900 Millionen, Kleininvestitionen, wobei neben dem Handwerk vor allen Dingen die Flüchtlinge eine besondere Berücksichtigung erfahren werden, 480 Millionen, Verkehr 712 Millionen, Post 135 Millionen, Ernährung und Landwirtschaft 647 Millionen, Wohnungsbau 2,2 bis 2,4 Milliarden. öffentliche Versorgungsbetriebe 660 Millionen, Fremdenverkehr 60 Millionen, Forschung 30 Millionen. Es trifft also nicht zu, daß wir überhaupt keine Vorstellung von dien Investitionen hätten, auch keine Pläne machten und keine Überlegungen anstellten, in welcher Richtung die Investitionen sinnvoll zu lenken wären.
Eine Frage möchte ich aber ganz deutlich beantworten. Die Regierung denkt nicht daran, die volle Lenkung des Kapitalstromes, der sich im Wege-der Selbstfinanzierung und auf dem Kapitalmarkt durch organische Belebung der Spartätigkeit bildet, in die Hand zu nehmen und diese Mittel binozentrisch verteilen zu wollen. Wir sind der Meinung, eine solche Maßnahme würde die Kapitalbildung untergraben und jeden Anreiz zur Bereitstellung von Sparkapital unterminieren. Wir können damit rechnen — dies gehört zur Beantwortung dieser Frage —, daß wir jetzt endlich einmal durch den Marshallplan fühlbare Erleichterungen hinsichtlich der Investitionsdispositionen durch die Bereitstellung entsprechend großer Mittel — in diesem Jahre 2 bis 21/2 Milliarden — erhalten. Weiter können wir damit rechnen, daß aus der Belebung des Kapitalmarkts, durch die Belebung der Spartätigkeit, durch Versicherungen und Emissionen aller Art eine weitere Bereicherung eintritt.
Vorhin habe ich schon darauf hingewiesen, daß sich vom ersten bis zum zweiten Jahr nach der Währungsreform die Kapitalbildung bereits von 1,2 Milliarden auf 2,2 Milliarden erhöht hat. Dieser Prozeß wird anhalten, wenn wir durch eine gesunde Wirtschaftspolitik und eine geordnete Geld- und Kreditpolitik dafür sorgen, daß das Preisniveau gewahrt bleibt und die Realkaufkraft sich immer mehr erhöht. Die Zusagen, die die soziale Marktwirtschaft gemacht hat, hat sie bisher auch in vollem Maße erfüllt und wird sie weiter halten. Wir müssen allerdings im Zuge einer solchen Entwicklung damit rechnen, daß die von Ihnen viel kritisierte Eigenkapitalbildung zurückgeht und sich bis zu einer Steuerreform die Möglichkeiten der Eigenkapitalbildung verengen, d. h. also durch die Nichterzielung von Übergewinnen die Möglichkeiten der Kapitalbildung schwächer werden.
So sehr wir die allgemeine Entwicklung begrüßen und sie durch bewußte wirtschaftspolitische Maßnahmen angestoßen haben, so bereitet uns diese Schrumpfung der Eigenkapitalbildung doch Sorge, wenn wir auch glauben, daß damit durch die gerechtere und breitere Streuung des Einkommens und der Kaufkraft die Möglichkeit der Kleinkapitalbildung in der Hand von Millionen kleiner und kleinster Sparer anwächst und einen gewissen Ersatz zu schaffen vermag. Wenn Sie bedenken. mit welch schlechtem Start wir in den Wettbewerb gegangen sind und was wir erreicht haben, dann muß man doch darauf hinweisen, daß die deutsche Industrie in manchen Bereichen außerordentlich gehemmt war und viele Industriezweige — vielleicht gerade diejenigen, die Investitionskapital am nötigsten gehabt hätten damit gar nicht be-
dacht werden konnten. Ich erinnere nur an den ganzen Komplex der Industrien, die sich um das Gesetz Nr. 75 gruppieren. Gerade diejenigen Industriezweige, die zu keiner Eigenkapitalbildung gelangen konnten, bei denen die unternehmerische Initiative nicht wirksam war, klare Besitzverhältnisse und geordnete Grundlagen des Wirtschaftslebens nicht vorlagen, waren wirklich nicht so attraktiv, daß man hätte erwarten können, es strömte vom freien Kapitalmarkt Geld in diese Industriezweige.
Im ganzen ist zu sagen, daß in unserer Situation die Schaffung neuer Arbeitsplätze nicht so wichtig sein kann wie die rationelle Ausnutzung der vorhandenen Arbeitsplätze, wie die Forderung, Engpässe in Industriezweigen und Industriebetrieben auszuschalten, die weitere Rationalisierung zu steigern, die Anpassung der Betriebe an die Marktgegebenheiten zu erleichtern und sie vor allen Dingen für den Export zu stärken. Die Investitionen, die nicht primär und unmittelbar auf die Schaffung von Arbeitsplätzen ausgerichtet sind, aber Arbeitskräfte aufsaugen, sind Maßnahmen; die unserer Wirtschaftspolitik und vor allen Dingen unserer wirtschaftlichen Lage im Binnenmarkt und im Weltmarkt angemessen sind.
Für unsere Wirtschaftspolitik und für die Anwendung der Mittel ergeben sich daher folgende Richtlinien: Wir müssen die Engpässe beseitigen. Wir müssen unsere Exportindustrien fördern, damit wir Rohstoffe beschaffen können, die wieder die Voraussetzung zu einer Ausweitung des Beschäftigungsvolumens sind. Wir müssen die Rationalisierung fortsetzen. Wir müssen diejenigen Industriezweige pflegen, die auf heimischen Rohstoffen basieren, um durch deren Ausweitung die verfügbaren Devisen für dringend notwendige, lebenswichtige Zwecke einsetzen zu können. Wir haben vor allen Dingen und nicht zuletzt den Wohnungsbau zu pflegen, damit wir die Arbeitskräfte an die Orte der Verarbeitung hinführen können oder aber umgekehrt an den Orten, an denen Arbeitskräfte vorhanden sind, neue Produktionskapazitäten schaffen. Das alles ist aber nicht in einem Jahr und mit einem Sprung zu erreichen. Wir haben uns ausgerechnet, daß für die Ansiedlung der Flüchtlinge an den Orten, wo sich die Industrie befindet und Arbeitsmöglichkeiten beschafft werden können oder umgekehrt für die Errichtung von gewerblichen Anlagen an den Orten der Flüchtlingsballungen ein Kapitaleinsatz von rund 10 Milliarden Mark erforderlich sein würde. Aus diesem Grunde ist es nur zu berechtigt, wenn wir im Zusammenhang mit der letzten Debatte ausgeführt haben, daß uns aus dem Flüchtlingsproblem eine echt strukturelle Arbeitslosigkeit von rund einer Million Menschen erwachsen ist. Ich glaube, niemand — selbst nicht die aktivsten Konjunkturpolitiker, um das einmal zu sagen - wäre so vermessen, etwa die Forderung erheben zu wollen, 10 Milliarden D-Mark zur Beseitigung dieser strukturellen Arbeitslosigkeit aus dem Nichts zu schöpfen, denn dann würden die Folgen einer offenen Inflation doch nur allzu deutlich werden.
Die vierte Frage der Interpellation befaßt sich damit, wieviel Wohnraum während des ersten Jahres durch Investierungen neu geschaffen oder wieder instandgesetzt worden ist. Nach den Statistiken der Beschäftigung in der Bauwirtschaft und nach der Produktionsleistung der Baustoffindustrie kann angenommen werden, daß im ersten Jahr nach der Währungsreform insgesamt 150 000 Wohnungen entweder neu gebaut, wieder instandgesetzt oder bewohnbar gemacht worden sind und daß der Aufwand für diesen Zweck zwischen 1,5 und 1,8 Milliarden gelegen hat. Meine Damen und Herren, das Wohnungsbauprogramm der Regierung ist Ihnen bekannt und soll hier in diesem Zusammenhang nicht detailliert vorgetragen werden.
Zu der letzten Frage, ob die Regierung volkswirtschaftliche Fehlinvestitionen in Zukunft zu verhindern gedenkt und wenn ja, auf welche Weise, möchte ich zunächst eindeutig sagen: auf keinen Fall durch die Errichtung einer Investitionszwangswirtschaft!
Wenn Sie daran denken, wie sich seit der Währungsreform in unserer Wirtschaft durch die Entfachung des Wettbewerbs, durch die Freiheit des Menschen als Produzent und auch als Verbraucher ganz große Strukturwandlungen vollzogen haben — ich teilte Ihnen vorhin die zusätzliche Beschäftigung in 'einzelnen Industriezweigen mit —, so gibt das gar nicht ganz das volle Bild wieder, denn auch innerhalb der 13,5 Millionen Beschäftigten hat eine ziemliche Platzauswechslung stattgefunden. So möchte ich denn fragen, welche Planungsbehörde imstande gewesen wäre, vor der Währungsreform von sich aus anzugeben, nach welcher Richtung sich die Investitionen bewegen sollten und durch welche Mittel es möglich gewesen wäre, diese Investitionen his herunter zu den kleinsten Beträgen 'zwischen 1000 und 10 000 D-Mark durch die Behörden zu leiten. Es ist überhaupt kein anderer Weg übrig geblieben. als dem einzelnen a die Freiheit zu geben. das in seinen Händen befindliche bzw. von ihm aufgenommene Kapital dort einzusetzen, wo es der Betrieb oder die Industrie gerade erfordert haben. Daß hier dann doch nicht eine gleichmäßige Durchsetzung unserer Wirtschaft mit Investitionen und Rationalisierungsmaßnahmen Platz gegriffen hat, ist selbstverständlich. denn wie gesagt, die Möglichkeit der Kapitalgewinnung lag in den einzelnen Industriezweigen ie nach dem Grade des sich entfaltenden Wettbewerbs sehr unterschiedlich, sie lag auch unterschiedlich hinsichtlich der Gunst der Koniunktur, unterschiedlich in den Rechtsverhältnissen und unterschiedlich bezüglich der Bedingungen. die von außen her durch Demontage. durch Produktionsbeschränkungen usw. gegeben waren. Was im Rahmen der Planung und der Beeinflussung möglich war, um Investitionen dorthin zu führen, wo sie uns nach Maßgabe höchster volkswirtschaftlicher Dringlichkeit besonders lohnend erschienen, das ist gemacht worden.
Würde die Regierung aber daran denken, nun etwa das gesamte volkswirtschaftliche Kapital, das sich auf der Geldseite bildet und Anwendung im Einsatz auf der Sachkapitalseite finden soll, an sich zu ziehen, dann würde das nur entweder durch eine Sozialisierung des ganzen Apparats des Sparkassenwesens und der Banken möglich sein, oder es würde zum andern heißen, noch einmal die Steuerschraube anzudrehen, um den Staat etwa auf dem Wege der Erhöhung seiner Etats höhere Mittel für Investitionszwecke gewinnen zu lassen. Wir sind umgekehrt der Auffassung, daß diese wirtschaftsfeindliche Steuerpolitik, die zu einer typischen Verschwendung
führte, die Investition viel mehr gehindert als gefördert hat und daß auf diese Weise die öffentliche Hand nicht in den Besitz von mehr, sondern von weniger Kapital gelangt ist. Das zu sagen ist deshalb notwendig, weil auch von anderer Seite Kritik an uns herangetragen wird, als ob wir in unserer Steuerpolitik falsche Verfahren zur Anwendung brächten. Wir müssen dafür sorgen, daß der Staat, die öffentliche Hand in die Verfügungsgewalt von mehr Kapital gelangt, damit im Sinne einer Planwirtschaft Kapital bewußter nach irgendwelchen langfristigen Vorstellungen eingesetzt werden kann.
Meine Damen und Herren! Wir müssen uns darüber klar sein, welche Konsequenz das auf die ganze soziale Struktur, auf die gesellschaftliche Ordnung eines Landes hat. Würden wir von Staats wegen an den Kapitalmarkt greifen und dort gewissermaßen beschlagnahmen, würden wir dem einzelnen die Möglichkeit nehmen, sein Kapital selbst anzuwenden oder es über den Kapitalmarkt Zwecken und Menschen zu geben, zu denen er Vertrauen hat, dann würden wir allerdings die Grundlagen des deutschen Kapitalmarkts zerschlagen. Wir würden jede Sparkapitalbildung zerstören, und ich glaube, nach den glücklichen Ansätzen, die sich gerade auf diesem Gebiet gezeigt haben, wäre das im Hinblick auf die Notwendigkeit, viel Investitionskapital für die deutsche Wirtschaft bereitzustellen, das Allerschädlichste, was Wir tun können.
Im übrigen bin ich der Meinung, daß ein solcher planvoller staatlicher Eingriff in den Kapitalmarkt auch die Grundlagen der Währung zerstören würde; denn unsere Währung lebt davon und hat so lange Bestand, wie im. In- und Ausland die Sicherheit besteht. daß das ersparte
B) Kapital auch wertbeständig bleibt, daß man sich morgen nicht weniger, sondern nach Möglichkeit mehr dafür kaufen kann, daß also mit diesem Kapital eine volkswirtschaftlich sinnvolle, rentable. Anwendung getrieben wird. Auf andere Weise bringen Sie kein Kapital zustande, und auf andere Weise bringen Sie den Verbraucher nicht zum Sparen und zum Konsumverzicht.
Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich dazu noch etwas sagen. Es ist sehr billig zu sagen, das deutsche Volk lebe über seine Verhältnisse, oder es sei in der Industrie an dem oder jenem Ort an falscher Stelle investiert worden. Abgesehen davon, daß sich erst aus der wirtschaftlichen Entwicklung herauskristallisieren kann, wo wirklich der produktive Einsatz liegt, ist doch zu fragen, ob es denn nicht verständlich ist, wenn nach den 15 Jahren dieses Infernos, das wir durchlebt haben, der jetzt aus der Zwangswirtschaft befreite Mensch schließlich auch einmal etwas über die Stränge geschlagen hat. War denn der Verbraucher in allen seinen Schichten in der Gestaltung seiner Lebenshaltung rational? Haben wir nicht soundso oft darauf hingewiesen, daß das Geld für Güter angewandt wird, die im physiologischen Sinne nicht besonders wertvoll waren oder nicht immer im Sinne der Dringlichkeit der Bedarfsdeckung lagen? Das muß man beachten. Hier hat sich der materielle Umbruch in der Wirtschaftspolitik auch in einem geistigen und seelischen Umbruch aus- und fortgewirkt.
Trotzdem haben wir in Deutschland mit einer Investitionsrate von durchschnittlich 12 Prozent das gleiche Investitionsvolumen erreicht wie die meisten europäischen Länder, insbesondere zum
Beispiel auch England; ein Investitionsvolumen von 12 Prozent, obwohl der Konsumstandard der deutschen Bevölkerung erst bei 77 Prozent von 1936 im Gegensatz zu durchschnittlich 110 Prozent der übrigen europäischen Länder gelegen hat! Das deutsche Volk hat also schon viel an Konsumverzichten hingenommen, wenn es bei einer Investitionsrate von 12 Prozent die gleiche relative Investitionsleistung — gemessen am Sozialprodukt — als wesentlich glücklichere Länder erzielt hat. Wir wissen selbstverständlich, daß, gemessen an dem notwendigen Aufbau, eine Investitionsrate von 12 Prozent oder ein jährlicher Kapitaleinsatz von 10 Milliarden für Investitionen immer noch zu wenig sind, um alle die strukturellen Schäden zu überwinden, gegen die wir anzukämpfen haben. Wir können damit, wie gesagt, das Flüchtlingsproblem höchstens schrittweise lösen oder einer Lösung näherbringen. Wir können damit den Wiederaufbau unserer Städte, die Rückständigkeit unserer technischen Apparatur auch nicht in zwei Jahren zuwege bringen. Aber man muß fragen, ob es wirklich einem Volk zuzumuten ist, noch mehr an Konsumverzicht zu leisten, mehr zu sparen, um den Aufbau im Sinne des vermehrten Einsatzes von Investitionskapital rascher durchführen zu können. Wenn Sie noch daran denken, wie dieses deutsche Volk 15 Jahre hindurch unter Entbehrungen und Verzichten zu leiden hatte und buchstäblich bis zum letzten heruntergerissen war, so können Sie — mindestens wenn Sie nicht brutalen Zwang dahintersetzen und den einzelnen wieder in eine unwürdige Lebensform zurücktreiben wollen — füglich in dieser Phase nicht mehr an Investitionskapital aufbringen.
Ich sage das deshalb, weil uns auch im Rahmen des Marshallplans allenthalben Vorwürfe gemacht werden, daß wir es hier an der nötigen Vorsorge fehlen lassen. Meine Damen und Herren. ich möchte diese Vorwürfe zurückweisen, weil ich mir bewußt bin, wie sehr wir uns darum sorgen, bis zum Jahre 1952 die Lebensmöglichkeit des deutschen Volkes aus eigener Kraft sicherstellen zu können. Aber dieses Ziel des Marshallplans, das wir bedingungslos bejahen, stellt sich innerhalb der europäischen Völker nicht völlig gleich dar. Ich glaube, es war unsere Verantwortung und unsere Pflicht, darauf hinzuweisen, daß wir angesichts der strukturellen Gegebenheiten — infolge der deutschen Not, infolge der unglücklichen äußeren Verhältnisse, infolge der Behinderungen, unter denen wir auf einzelnen Gebieten zu leiden haben - nicht glauben, heute die Zusage geben zu können, mit der uns zuteil werdenden Unterstützung trotz aller möglichen Anstrengungen aus der deutschen Volkswirtschaft das meiste herauszuholen, die Marshallplanziele restlos zu erreichen, das heißt bis zum Jahre 1952 einen Zustand herzustellen, der als ideale Norm von uns freudig akzeptiert wird, der aber, gemessen an den Kräften — an der eigenen Kraft und an der fremden Hilfe, die uns zuteil wird, — unter Umständen doch eine etwas problematischere Beurteilung verdient. Es wäre leichtfertig gewesen, wenn wir darauf verzichtet hätten, auf die Ungunst der deutschen Verhältnisse, die strukturellen Verzerrungen, die Schäden, unter denen die deutsche Wirtschaft mehr als jede andere Volkswirtschaft leidet, das Flüchtlingsproblem und alle diese Zusammenhänge pflichtgemäß hinzuweisen und auch darauf, wie sehr uns diese Dinge bedrücken und wie
A) schwer es uns trotz aller Anstrengungen wird, das von uns bejahte Ziel des Marshallplanes zu erreichen.
Im Grunde genommen liegt die letzte Unterscheidung darin, daß man allenthalben der Auffassung zuneigt: wenn diese organischen Mittel zur Überwindung der Not, wenn die organischen Mittel des Aufbaus nicht ausreichen, dann müßte man eben auch zu unorganischen Mitteln greifen; denn das Ziel steht über allem. Der Herr Kollege Veit hat ja auch gesagt: „mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln" haben wir dafür zu sorgen, daß die Investition gesteigert wird, daß die deutsche Lebensfähigkeit ab 1952 ohne fremde Hilfe gewährleistet, das Arbeitslosen- und Flüchtlingsproblem gemeistert wird. Sicher, mit allen Mitteln, die uns geboten erscheinen, mit alien Mitteln, die die Aufrechterhaltung der Ordnung, die Sicherung unserer Lebensgrundlagen sicherstellen! Aber nicht mit a 11 e n zur Verfügung stehenden Mitteln, sondern nur mit den geeigneten, den wirksamen. „Mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln" würde bedeuten, daß wir uns des Mittels der zusätzlichen Kreditschöpfung in einem unerlaubt gefährlichen Ausmaße bedienen. Darüber geht in letzter Konsequenz die Diskussion auf der deutschen Ebene. uni hierin liegt auch der Gegensatz zwischen der alliierten Auffassung und der in dem Memorandum niedergelegten Regierungsauffassung, der in der Kritik an diesem Memorandum seinen Ausdruck findet. Würden wir, um ein einmal festgesetztes Ziel zu erreichen, uns Bereitfinden, in diesem nicht vertretbarem Maße die Kreditschöpfung zu betreiben, Kapital aus dem Nichts hervorzuzaubern, nur um den Schein zu erwecken, als ob es möglich wäre, mit den deutschen Problemen durch solche
B) Tricks fertigzuwerden, dann allerdings — davon bin ich überzeugt - würden wir die Lebensgrundlagen des deutschen Volkes aufs tiefste erschüttern.
Wenn wir darauf hingewiesen haben, daß eine solche Politik zu einer wesentlichen Steigerung des Verbrauchs führen wird, zu einer Steigerung des Verbrauchs, der im Markt der Konsumgüter notwendigerweise ins Leere stoßen müßte, und wenn uns dann gesagt wird: dann müssen eben entsprechende Maßnahmen getroffen werden, um den Verbrauch einzuengen, dann müssen wir uns auch darüber klar sein, was das bedeutet. Es bedeutet, daß wir wieder zu Zwangsmitteln, zu einer Art Zwangssparen mit der Wirkung, daß die Leistung absinkt und die Spartätigkeit wieder abebbt, schreiten müssen. Bei steigenden Preisen, auch bei nur tendenziell steigenden Preisen, gibt es keine Kapitalbildung und keinen funktionsfähigen Kapitalmarkt mehr. Denn. meine Damen und Her-. ren, wenn wir dann diese so gefährliche Kaufkraft abschöpfen sollen, so bedeutet das, daß das, was wir einerseits scheinbar an Beschäftigungszuschüssen gewinnen, durch eine Verkürzung des Lebensstandards unseres ganzen Volkes, insbesondere auch der deutschen Arbeiterschaft gezahlt wird und daß uns daneben der einzige sinnvolle Maßstab für wirtschaftliches Handeln, nämlich ein stabiles Geld, verlorengeht. Und wenn Sie diese überschüssige Kaufkraft dann doch nicht ohne Brachialgewalt wegbringen, dann allerdings ist die nächste Konsequenz die, daß Sie dann gleich mit dem zusätzlichen Geld auch wieder die Bezugscheine drucken dürfen, um diese überschüssige Kaufkraft abzufangen und in die von der Bürokratie vorgesehenen Kanäle zu leiten.
Meine Damen und Herren! Auf der anderen Seite heißt es: wenn ihr Kaufkraft schöpft und wenn dadurch die Nachfrage steigt, dann müßt ihr eben sehen, daß ihr durch zusätzlichen Export auch in der Lage seid, die für den Mehrverbrauch notwendigen Rohstoffe zu beschaffen. Ich glaube, die deutsche Regierung hat es nicht an Anstrengungen fehlen lassen, den Export zu steigern, und wenn es uns gelungen ist, den deutschen Export innerhalb von zwei Jahren von 200 Millionen auf 650 Millionen und auf 1,2 Milliarden zu heben, dann sind das immerhin Zahlen, die zumindest die Anstrengungen erkennbar werden lassen. Wenn wir sehen, daß mit dieser Steigerung des deutschen Exports auch eine Steigerung des Imports verbunden war, dann ist damit die ganze Problematik gekennzeichnet. Der zusätzliche Export, auf den wir angewiesen sind — dessen sind wir uns bewußt —, läßt sich aber nur dann erzielen, wenn wir die deutsche Volkswirtschaft zur Höchstleistung führen. In dem Augenblick aber, wo wir zusätzliche Kreditschöpfung treiben, wo wir tendenziell die Preise nach oben drücken, wo wir durch eine Kaufkraftabschöpfung die möglichen Energien wieder lähmen, wo wir die Kapitalbildung, und zwar die organische Kapitalbildung unterbinden, da sind wieder alle Voraussetzungen zu einer Steigerung des Exports zerstört; denn die zusätzliche Kreditschöpfung mit all jenen Folgen drängt zu einer Intensivierung des Verbrauchs, weil diese Stimmung, die damit erzeugt wird, unbedingt konsumfreudig ist. Mit dieser Politik soll man gleichzeitig auch den deutschen Export steigern können, der gerade umgekehrt darauf angewiesen ist, daß wir in der Qualität, in den Preisen und in unserer Arbeit immer wettbewerbsfähiger werden. Die Dinge passen nicht zusammen; aber sie müssen jetzt endlich einmal, um Klarheit zu schaffen, in die richtige Form gebracht werden.
Wir lassen die Dinge nicht treiben, meine Damen und Herren, sondern durch alles, was überhaupt möglich ist, greifen wir in das wirtschaftliche Geschehen ein.
Wenn es gar heißt — und das scheint mir nun wirklich an der Grenze der Verirrung zu sein —, daß wir deshalb keine zusätzlichen Menschen beschäftigen wollen, weil wir wissen, daß diese beschäftigten Menschen mehr verbrauchen als Arbeitslose, dann ist das geradezu grotesk. Die Zusammenhänge sind ganz andere; sie liegen in der Richtung, die ich eben ausgeführt habe. Wir müssen dafür sorgen, daß Mehrbeschäftigung und Mehrkonsum in Gütern Deckung findet, und deshalb müssen wir unsern Export steigern, deshalb müssen wir mehr Rohstoffe beschaffen, deshalb schalten wir unsere Handelsverträge in der Richtung um, daß wir alle möglichen Dollarbezüge allmählich auf den Sterlingraum oder auf südamerikanische Märkte oder wo auch sonst immer umlegen. Von Treibenlassen ist keine Rede.
Der andere Vorwurf geht dahin, daß wir die Erfolge unserer Exportpolitik nach Möglichkeit immer gleich wieder durch größtmögliche Importe an nicht lebenswichtigen Gütern kompensieren wollten. Ja, meine Damen und Herren, ich möchte jetzt einmal mit aller Deutlichkeit fragen: Sollen wir liberalisieren, oder sollen wir nicht liberalisieren? Gehört die Liberalisierung in den Rahmen und in die Zielsetzung des Marshallplans, oder ge-
hört sie nicht hinein? Wir sind jedenfalls bisher von dem höchsten Vertreter der Marshallplanbehörde immer gelobt worden, weil wir in der Liberalisierung vorangegangen sind, und noch die letzten Erklärungen von Mr. Hoffmann weisen darauf hin, daß die Liberalisierung in Europa zu wenig durchgeführt worden ist und gesteigert werden muß, — selbstverständlich nicht allein von Deutschland, sondern paritätisch von allen anderen Ländern. Aber wenn man liberalisiert und wenn das zum Prinzip wird - und das Prinzip ist richtig, weil es allein die europäischen Volkswirtschaften aneinanderführt und einen europäischen Markt, einen europäischen Lebensraum schaffen kann —, dann muß man es auch hinnehmen, daß im Import Güter hereinkommen, über die heute manche die Nase rümpfen und die sie als nicht lebenswichtig erachten. Sicher, Bananen und Zitronen und Orangen sind nicht unbedingt lebenswichtig; aber ich sage noch einmal: sie sind durch die Ausfuhr von ebenfalls nicht lebenswichtigen Gütern hereingekommen, die von uns erzeugt worden sind und ,die großen Teilen unserer Arbeiterschaft Beschäftigung gegeben haben.
Gewiß, das waren Tauschgeschäfte von nonessentials gegen non-essentials. Wir wären schlecht beraten gewesen, wenn wir sie nicht gemacht hätten. Trotzdem haben wir, soweit unsere Kraft und unser Einfluß reichten, dass Menschenmögliche unternommen, um diesen Import von sogenannten Luxuswaren und Genußgütern so gering wie möglich zu halten. Diese machen, wenn Sie Kaffee, Kakao, Tee, Tabak, Schokolade und solche Dinge nehmen, insgesamt fünf Prozent des deutschen Imports aus. Um diese Dinge einmal in einen Vergleich zu bringen, sage ich Ihnen, daß auf den Kopf der deutschen Bevölkerung von diesen importierten Genußmitteln 1,35 Dollar entfallen, während in England dieser Anteil 10,80 Dollar ausmacht.
Meine Damen und Herren, ich habe gesagt, was uns trennt. Ich bin aber der Meinung, daß es in der Zielsetzung nur Einmütigkeit geben kann. Wir wollen die Lebensgrundlagen unseres deutschen Volkes sicherstellen, aber im Gegensatz zu Ihnen nicht „mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln", sondern nur mit den gemäßen Mitteln, die eben diese Lebensgrundlagen und die Basis eines gesunden Wirtschaftens nicht erschüttern. Wir wollen nicht Mittel zur Anwendung bringen, die, um es ganz deutlich zu sagen, wieder in die Zwangswirtschaft zurücktreiben.
Nicht darauf kommt es an, ob wir die liberale Wirtschaftspolitik als Selbstzweck fortsetzen können, sondern darauf, daß diese Politik einen Schutz bietet, nicht über die zusätzliche Kreditausschöpfung, über die Ausweitung einer nicht gedeckten Nachfrage, über die Wiedereinführung der Rationierung, über Zwangsmaßnahmen der Kaufkraftabschöpfung und Überdrehung der Steuerschraube, über die Vernichtung des Kapitalmarktes, wieder in Zustände zurückgeworfen zu werden, die die Erscheinungen, das Wesen und das System der Zwangswirtschaft ausmachen.
— Sie bringen nicht mehr Arbeitslose weg als wir auch, oder was Sie mehr wegbringen, das erkaufen Sie mit dem Zusammenbruch der deutschen Wirtschaft und der Gesellschaftsordnung.
Meine Damen und Herren, ich sagte vorhin, es ist heute in der Bundesrepublik Sitte geworden, Wirtschaftspolitik vom Balkon herunter zu treiben.
Deshalb möchte ich deutlich sagen: Ihre Gegnerschaft gegen diese Wirtschaftspolitik hat nicht zuletzt ihren Grund auch darin, daß diese *Wirtschaftspolitik das ganze Funktionärwesen in unserer Wirtschaft zerschlägt.
— So sehen Sie aus!
Damit wird Ihnen Ihre Hausmacht in der Bürokratie zerschlagen. Und wenn Sie vorhin fragten, ob unsere Wirtschaftspolitik mit christlicher Auffassung zu vertreten ist,
dann sage ich darauf: christlich ist diejenige Wirtschaftspolitik, die den Menschen, jedem einzelnen Menschen hilft, — und diese Wirtschaftspolitik treiben wir !
Meine Damen und Herren, ich eröffne die Aussprache über die Antwort des Herrn Bundeswirtschaftsministers auf die Interpellation Drucksache Nr. 403.
Als erster hat das Wort Herr Abgeordneter Dr. Bertram. Ihre Redezeit, Herr Abgeordneter, beträgt 10 Minuten; ich darf gleich darauf aufmerksam machen.
Meine Damen und Herren! Der Herr Wirtschaftsminister hat erklärt, es sei üblich geworden, daß in Deutschland die Wirtschaftspolitik vom Balkon her gemacht würde. Ich weiß nicht, was er mit „Balkon" gemeint hat, ob er etwa dieses Hohe Haus damit meinte. Nach meiner Überzeugung ist dieses Hohe Haus jedenfalls die richtige Stätte, um Wirtschaftpolitik zu machen. Wir wollen doch nicht wieder in die Zeiten zurückfallen, in denen im geheimen Kämmerlein des Mumi, und wie ähnliche Geheimbezeichnungen hießen, Wirtschaftspolitik gemacht wurde und die Öffentlichkeit in der Wirtschaftspolitik gar nichts zu sagen hatte.
Ich halte es deshalb für richtig und angebracht, daß in diesem Hohen Hause die Grundzüge der Wirtschaftspolitik in allem Freimut aufgezeigt werden.
In den Ausführungen des Herrn Wirtschaftsministers scheint mir ein Punkt besonders wichtig zu sein, und das ist die mangelnde Konsequenz. Er hat erklärt, es käme nicht in erster Linie darauf an, neue Arbeitsplätze zu schaffen, und es käme in erster Linie darauf an, zu rationalisieren; denn es seien genügend Arbeitsplätze vorhanden, und diese müßten zunächst besetzt werden. Das war eine Zwischenbemerkung, die er in seinen Ausführungen machte. Etwas später hat er dann darauf hingewiesen, daß es darauf ankäme, möglichst viel Kapital zu investieren. Die beiden Gedankengänge widersprechen einander innerlich. Wenn es richtig ist, was wir annehmen, daß zur Zeit noch in weiten Industriezweigen genügend Arbeitsplätze vorhanden sind, die nur besetzt zu werden brauchten, dann ist auch das Mittel der Kreditschöpfung, wenn es in einem mäßigen und bescheidenen Umfang angewendet wird, durchaus unschädlich; denn mit dem Ansatz dieser Arbeiter in diesen Industriezweigen würden zugleich auch die Güter gebraucht werden, die in diesen Industrien erzeugt werden können. Daß diese Ansicht auch vom Herrn Wirtschaftsminister geteilt wird, ergibt sich aus der Tatsache, daß er in seinen Darlegungen ausgeführt hat, im ersten Jahr nach der Währungsreform seien 2,4 Milliarden Mark an Krediten geschöpft worden; und er hatte doch damals die Verantwortung für die Währung und weist doch auch immer darauf hin, daß er derjenige gewesen ist, der mit Erfolg die Gesundheit und Sicherheit der Währung verteidigt hat. Wenn das richtig ist und gleichzeitig 2,4 Milliarden Kredite ohne Gefahr für die Währung geschöpft werden konnten, dann sehe ich nicht ein, warum in der Zukunft nicht in einem entsprechend dosierten und bescheidenen Maße so verfahren werden könnte.
Die gleiche Feststellung hat er auch für das folgende Jahr, für 1949 getroffen, für das ebenfalls eine echte Kreditschöpfung in Höhe von ungefähr 1,2 Milliarden von ihm angegeben worden ist. Ich glaube deshalb, es ist keineswegs richtig zu sagen: wenn wir überhaupt nur etwas in dieser Hinsicht tun, um die Arbeitslosen an die Arbeit zu bringen, dann kommt nur noch das Gespenst der Inflation oder das Gespenst der Zwangswirtschaft in Frage. Die Zwangswirtschaft war 1945 doch nur ein Erbstück des Nationalsozialismus. Wer erinnert sich nicht daran, daß uns 1939, als der Krieg ausbrach, die Lebensmittelkarten fix und fertig ins Haus gebracht wurden.
Ein solches System, das dann noch durch die verworrenen Nachkriegsjahre weitergeschleppt wurde, kann man uns nicht als das System, das von irgendeinem Menschen in Deutschland hinterher gewollt und gewünscht worden sei, als Schreckgespenst an die Wand malen.
Worum es hier in Wirklichkeit geht, ist meiner Ansicht nach etwas ganz anderes, nämlich darum, daß wir die vorhandenen Kapazitäten, die auch nach dem Zugeständnis des Wirtschaftsministers vorhanden sind, wirklich voll ausschöpfen. Nur wenn wir das tun, können wir das gesamte Sozialprodukt so hoch treiben, daß damit auch die berechtigten Konsumwünsche der breiten Bevölkerung befriedigt werden können.
Es ist deshalb auch unrichtig, wenn der Herr Wirtschaftsminister auf seine Steuerpolitik hingewiesen hat. Nach den Vorschlägen des Herrn
Finanzministers sollen 850 Millionen D-Mark im kommenden Jahr an Steuerermäßigungen ausgeschüttet werden, ausgerechnet an diejenigen, die in den letzten Jahren zur Selbstfinanzierung in erheblichem Umfang Gelder übrig hatten, während weitere Steuerermäßigungen für die unteren Einkommensstufen nicht vorgesehen sind, mit der Behauptung, bei der Selbstfinanzierung sei von sich aus eine richtige Kapitallenkung gewährleistet, und mit der weiteren Behauptung, bei einer Stärkung der Konsumkraft sei eine richtige Kapitallenkung nicht möglich, insbesondere sei keine Stärkung des Sparwillens möglich. Wer sagt uns denn, daß das richtig ist? Wenn Sie sich einmal die Ladengeschäfte ansehen, in denen erheblich in ganz überflüssigen Luxuseinrichtungen investiert worden ist, dann sehen Sie doch, daß dieser Wille zur Selbstfinanzierung keineswegs der ideale Wille ist.
Der Herr Wirtschaftsminister hat selbst zugegeben, daß ein großer Teil unserer Wirtschaft noch unter wirtschaftsfremden, marktfremden Einflüssen steht. Er hat sich zwar heute zur Frage der Kartelle nicht geäußert; das hat er vor einigen Wochen getan. Aber auch die Tatsache, daß die Kartelle und Monopole die Preise noch künstlich hochhalten, zeigt uns deutlich, daß entsprechende Gewinne in der Wirtschaft entstehen, die auf alle Fälle, auch wenn sie an sich unproduktiv sind, untergebracht werden müssen. Das Problem ist von meinem Vorredner auch eingehend dargelegt worden.
Wir sind uns alle darüber klar, daß die Selbstfinanzierung mindestens ebenso große Fehler machen kann wie eine staatliche Kapitallenkung. Diese staatliche Kapitallenkung wird von dem Herrn Wirtschaftsminister auf weiten Gebieten ja bejaht. Die Mittel des Marshallplans sollen staatlich gelenkt werden. Wenn er in der Lage ist, diese Mittel staatlich zu lenken, so frage ich mich: warum will er dann nicht auch andere Mittel lenken können? Sonst müßte er sagen: auch diesen Teil kann ich nicht lenken, ich will sie dem Bankenapparat übergeben, und der soll sehen, wo er nach den klassischen Methoden des höchsten Zinses die Gelder los wird. Dann würde ich diese Ansicht als konsequent empfinden. So muß ich in diesem Punkt auch wieder mangelnde Konsequenz feststellen.
Wenn ferner von dem Herrn Wirtschaftsminister darauf hingewiesen worden ist, daß wir in Deutschland eine außerordentliche hohe Investitionsrate von 12 Prozent gegenüber von nur 11 Prozent in England gehabt haben und eine Konsumhöhe von nur 77 Prozent gegenüber 1936, auf den Kopf der Bevölkerung gerechnet, so zeigt das doch, daß wir in Deutschland tatsächlich auf weiten Gebieten an Unterkonsum leiden. Was bedeutet es denn anderes, wenn heute Schuhfabriken zum großen Teil zur Kurzarbeit übergegangen sind? Heute mittag kam. im Radio durch, daß in der Gegend von Pirmasens 13 Schuhfabriken zur Kurzarbeit übergegangen sind und andere erhebliche Zahlen von Arbeitern entlassen haben. Wenn schon auf diesem. konsumnahen Sektor erhebliche Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit zu verzeichnen ist, so zeigt das doch, daß tatsächlich das gesamte Volkseinkommen der breiten Bevölkerungsschichten absolut zu niedrig ist und daß wir aus dieser Klemme der zu geringen Konsumversorgung auf der einen Seite und der immer noch nicht genügend großen Kapitalversorgung auf der anderen Seite nur dadurch herauskommen
können, daß das gesamte Sozialprodukt entsprechend gesteigert wird. Das ist möglich, da genügend oder jedenfalls noch zahlreiche Arbeitsplätze frei sind. Alle verfügbaren Mittel dafür einzusetzen, das heißt alle diejenigen Mittel, die möglich sind und die gleichzeitig mit ihrem Einsatz auch eine Produktion von Gütern gestatten, ist unser aller Aufgabe.
Ich bin deshalb der Ansicht, daß die Antwort des Herrn Wirtschaftsministers auf die Interpellation uns nicht befriedigen kann.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Rische. 10 Minuten!
Meine Damen und Herren! Die heutige Rede des Herrn Wirtschaftsministers war weniger optimistisch, als wir das bisher gewohnt waren. Der Herr Wirtschaftsminister sprach mit sehr großer Sorge vom Jahre 1952. Ich glaube, daß wir unter dem Druck der Ereignisse auf wirtschaftpolitischem Gebiet alle Ursache haben, die wirtschaftliche Entwicklung in Westdeutschland mit allergrößter Sorge zu beobachten.
Das heute zur Diskussion stehende Problem, nämlich das Problem der Beschaffung von Mitteln, um den wirtschaftlichen Wiederaufbau auch in Westdeutschland zu fördern, leidet unserer Auffassung nach darunter, daß hier Kräfte am Werk sind, die weniger den volkswirtschaftlichen Wert eines solchen Wiederaufbaus anerkennen, als vielmehr darauf bedacht sind, durch die Arbeit der breitesten Massen möglichst schnell zu profitablen Verhältnissen zu gelangen. Die allgemeine Auffassung, die wir auch heute wieder
von dem Herrn Wirtschaftsminister über das Investitionsproblem gehört haben, lautet: der privatkapitalistische Unternehmer ist der beste Kapitallenker, nur der private Unternehmer gibt die Gewähr, daß neu gebildetes Kapital so gut wie möglich ausgenutzt wird. Wir möchten vielmehr sagen, daß in der kapitalistischen Gesellschaftsordnung gerade das Gegenteil sich immer wieder als richtig erweist. Die kapitalistische Wirtschaftsform bietet uns ein ständiges Bild unerhörter Kapitalvernichtung, ein Bild der ständigen Übersetzung der einzelnen Industriezweige, und zeigt uns, wie an vielen Stellen Kapitalfehlinvestitionen unumgänglich gerade zum, Bestand dieses Systems gehören. Ich erinnere nur daran, daß in vielen Ländern anstatt volkswirtschaftlich notwendiger Arbeit die Kriegsproduktion stärkstens forciert wird. Milliardenbeträge gehen darum ständig in einer kapitalistisch regierten Wirtschaftsordnung durch Kapitalfehlleitungen verloren. Ich habe noch in Erinnerung, wie in den Jahren 1916 bis 1923 in Deutschland die Kaliindustrie weitgehend ausgebaut wurde. Schließlich mußte man im Jahre 1924 300 Kalischächte stillegen. Hier zeigt sich auch, daß selbst in den Zeiten der Weimarer Republik Kapitalfehllenkungen ständig an der Tagesordnung waren.
Die gegenwärtige Investitionslage zeigt auch, wie widerspruchsvoll die wirtschaftliche Entwicklung in Westdeutschland ist. Hier könnte man beinahe sagen, sie geschieht nach dem Prinzip: Alles für mich, und Gott für uns alle! Die Währungsreform hat bekanntlich das Geldkapital in weitestem Umfang vernichtet. Dabei ist in erster Linie das werktätige Volk enteignet worden, während die Monopolherren und Bankkapitalisten durch die Währungsreform keinerlei Verluste erlitten haben.
— Werter Herr Kollege, ich erinnere hier nur an die famose Ausgleichsforderung in Höhe von 16,5 Millarden D-Mark mit einer jährlichen Verzinsung in einer Höhe von rund 500 Millionen D-Mark. Ein glattes Geschenk an die Schwerindustrie und an das Finanzkapital! Eine weitere Hilfe erhielten die Unternehmer in Westdeutschland durch das vom Wirtschaftsrat verabschiedete D-Mark-Umstellungsgesetz. Bei einem Studium der bisher bekanntgewordenen Geschäftsberichte der großen Firmen und Konzerne hat sich gezeigt, daß die deutschen Monopolisten während der Zeit der Aufrüstung und des Krieges kräftige Kapitalsicherungen vornehmen konnten und heute über starke Fettpolster verfügen.
Durch Hortungsgewinne und durch Lohndrückerei vermochten sie dann ihr Reichsmark-Aktienkapital auf D-Mark umzustellen und durch Selbstfinanzierungen in größtem Ausmaß dafür zu sorgen, daß ihre Produktionsstätten auf Kosten der Kaufkraft der breitesten Bevölkerung wieder intakt wurden.
Es besteht sicherlich noch keine echte Möglichkeit, das Ausmaß der vorgenommenen Selbstfinanzierungen in Westdeutschland richtig einzuschätzen. Der Herr Wirtschaftsminister hat uns heute hier einige Zahlen genannt. Aber ich möchte bezweifeln, daß diese Zahlen stimmen. Viel realer erscheint mir doch da die Zahl, die der Herr Kollege Veit uns genannt hat. Tatsache ist, daß in der Zeit vor und nach der Währungsreform Milliardenbeträge ohne jegliche Kontrolle zum Nutzen der großen Betriebsinhaber und O der Monopolkapitalisten gewinnbringend angelegt wurden. Es gibt heute durch das D-Mark-Umstellungsgesetz eine Möglichkeit, über doppelte Abschreibungen und auch über andere Methoden die steuerlichen Bestimmungen weitestgehend zu hintergehen. Als Ergebnis dieser Politik haben wir schließlich einen völlig ungenügenden nenmarkt mit einer weitgehenden Drosselung der Kaufkraft vor uns.
Wie ist es zu verstehen, daß wir bei aufsteigender Produktion wenigstens in den vergangenen Monaten jetzt in Westdeutschland über zwei Millionen Arbeitslose zählen? Das ist ein besonderes Problem. Teilweise wurden diese Arbeitskräfte durch eine 60- bis 70prozentige Leistungssteigerung der deutschen Arbeiter freigesetzt. Diese Leistungssteigerung schuf mit die Voraussetzungen dafür, daß die Produktionsmöglichkeiten mit einer ständig geringeren Arbeiterzahl ausgeschöpft werden konnten. Die Arbeitslosigkeit hat selbstverständlich ihre eigentliche Ursache, ihre Hauptursache in der Marshallplanpolitik in Westdeutschland und in der so verhängnisvollen Spaltung des deutschen Wirtschaftskörpers, in der Angliederung der westdeutschen Wirtschaft an die krisenerschütterte kapitalistische Weltwirtschaft. Darum ist es unserer Meinung nach nicht so sehr die Kreditpolitik, die die Hauptursache der Arbeitslosigkeit ist, sondern es sind — das sagen wir mit aller Deutlichkeit — die kolonialen Fesseln, die der deutschen Wirtschaft durch die Marshallplanpolitik angelegt wurden. Die Kreditpolitik ist nicht Ursache, sondern die hotwendige Begleiterscheinung des gegenwärtigen Zustandes. Diese Politik äußert sich, wie der Herr
Kollege Veit hier schon angeführt hat, darin, daß wir heute erst 50 Prozent der deutschen Einfuhren aus eigener Kraft abdecken können.
Nun haben wir aus Unternehmerkreisen das große Rufen nach Krediten, nach Investitionen. Die Unternehmer haben da einen Ausweg gefunden. Sie fordern weitgehenden gesetzlichen Schutz zur Förderung der Kapitalbildung. Einen derartigen weitgehenden gesetzlichen Schutz zur Förderung der Kapitalbildung haben sie durch das von der Regierung vorgelegte Gesetz zur Neuregelung der Einkommensteuer erhalten. Durch dieses neue Einkommensteuergesetz soll rund eine Milliarde D-Mark gerade den begüterten Kreisen des Schwerkapitals zuerkannt werden. Weitere Garantien fordern heute schon große Kreise der Unternehmer durch staatlichen Schutz gegenüber allzuhohen Lohnforderungen der Arbeiter, also durch Maßnahmen, um den breiten Massen den von Herrn Erhard gewünschten Konsumverzicht staatlich aufzuzwingen. Die Einkünfte der Arbeiter sollen weiter eingeschränkt werden, um dann die eingesparte Summe für die Kapitalneubildung der Unternehmer zu verwenden. Diese Quelle ist aber nicht unerschöpflich, weil auch die Geduld der Arbeiter nicht unerschöpflich ist. Die Arbeiter in Westdeutschland haben allzu recht, wenn sie Lohnforderungen stellen, wenn sie darauf bestehen, endlich mehr konsumieren zu können. Die Arbeiter — das sage ich ebenfalls ganz deutlich — haben kein Interesse daran, durch geballten Kapitaleinsatz den Aufbau der Monopolwirtschaft in Westdeutschland zu fördern. Die Arbeiter werden vielmehr einen unversöhnlichen Kampf gerade solchen Bestrebungen in Westdeutschland ansagen.
Beim Studium der Gutachten der Regierung erweist sich, daß wirklich echte Maßnahmen zu einer gesunden Kreditpolitik nicht ergriffen werden können. Hier hindert uns der Marshallplan daran, eine wirklich gesunde Investitionspolitik zu betreiben. Ich verweise nur darauf, daß selbst die uns zugebilligten Gegenwertmittel tatsächlich nicht der deutschen Kontrolle, sondern in erster Linie nach wie vor der Kontrolle der Besatzungsmächte unterliegen.
Meine Damen und Herren, wir wollen dem SPD-Antrag die Berechtigung keinesfalls .absprechen, und wir unterstützen auch alle Bestrebungen, die einen volkswirtschaftlichen Einsatz des Kapitals in Westdeutschland erreichen sollen. Will man jedoch ein Programm des Neuaufbaus der Wirtschaft, dann geben wir allerdings noch folgendes zu bedenken. Kreditlenkung und Förderung der Wirtschaftsvorgänge bedeuten schließlich, daß die Privateigentümer der Produktionsmittel nicht einfach machen können, was sie wollen. Wenn Sie, meine Herren von der SPD, eine grundsätzliche Lösung wollen, dann müssen Sie darauf achten, daß die Unternehmer nur das produzieren dürfen, was volkswirtschaftlich zu vertreten und notwendig ist. Bei einer solchen Haltung, meine Herren Kollegen von der SPD, wird es dann notwendigerweise zum Konflikt mit den Unternehmern kommen. Wir fürchten trotz der Berechtigung der SPD-Interpellation, daß diese Regierung nicht bereit ist, einen volkswirtschaftlich vertretbaren Kapitaleinsatz im Interesse einer wirklichen volkswirtschaftlichen Gesundung durchzuführen. Dieser Regierung kommt es vielmehr darauf an, kräftige Profitanreize für die monopolisierte Wirtschaft zu bieten.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Lehr.
Meine Damen und Herren! Wenn ich für die drei Regierungsparteien hier spreche, so möchte ich an die Spitze meiner Ausführungen den Eindruck stellen, den der bisherige Gang der Debatte und der Wortlaut der Interpellation auf mich gemacht haben. Es handelt sich letzten Endes um nichts anderes ais um die Fortsetzung der Wirtschaftsdebatte der vorletzten Sitzung des Bundestags. Wenn auch an die Spitze das Thema der Investitionen gesetzt worden ist, so steht es ja nicht im luftleeren Raum, sondern es steht in engem Zusammenhang mit dem ganzen Wirtschaftskomplex. Den Interpellanten ist das auch völlig klar. Das zeigt nicht nur die Begründung ihrer Interpellation, sondern auch die Formulierung ihrer einzelnen Fragen und die Zuspitzung auf die letzte Frage, ob die Regierung bereit ist, künftig Fehlinvestitionen zu vermeiden. Es wird also ohne weiteres schon in der Interpellation zum Ausdruck gebracht, daß solche Fehlinvestionen bestehen.
Nach den ausführlichen Darlegungen des Herrn Bundeswirtschaftsministers kann ich mich kurz fassen. Ich möchte die positive Seite des Zahlengebäudes, das hier aufgeführt wurde, untersuchen. Der Erfolg des ersten Jahres ist von den Interpellanten zahlenmäßig richtig dahin wiedergegeben worden, daß die Investitionen rund 15,2 Milliarden betragen haben, möglicherweise sogar noch 1 bis 2 Milliarden mehr, wobei ungefähr Neuinvestitionen und Ersatzinvestitionen, das heißt Investitionen aus den Abschreibungen, sich die Waage halten mit einem gewissen Übergewicht nach der Seite der Neuinvestitionen. Es ist auch richtig, wenn der Herr Kollege Dr. Veit dabei betont hat, daß diese Erfolge in erster Linie durch den Einsatz von Menschen hervorgerufen wurden. Es ging 1948 ein befreiender Zug durch unsere gesamte Wirtschaft sowohl auf der Unternehmer- wie Arbeitnehmerseite, als es endlich wieder durch die Neuordnung unseres Geldwesens Sinn hatte, zu arbeiten, statt den Weg des Schwarzhandels zu beschreiten, während es vorher falsch war, 14 Tage an der Drehbank zu stehen, und besser, ein Pfund Butter schwarz auszuhandeln. Diese Tatsache, daß es wieder sinnvoll war, zu arbeiten, ist eben der große Antrieb sowohl auf der Unternehmerseite wie auf der Arbeitnehmerseite gewesen; es war der Anreiz, nun wieder etwas zu wagen und zu investieren.
Diese beachtlichen Neuinvestitionen im ersten Jahr wurden durchgeführt, während gleichzeitig in besonders großem Umfange die veralteten und heruntergewirtschafteten Produktionseinrichtungen erneuert werden mußten. Damit gewinnt die Investitionstätigkeit eine stärkere Bedeutung; denn auch die Ersatzinvestitionen werden im Bereich des Bundesgebiets, gemessen am Sozialprodukt, im ersten Jahr nach der Geldreform höher zu bewerten sein als vergleichsweise die des Jahres 1936. Für die Neuinvestitionen liegen klare Rechnungsergebnisse vor. Gemessen am Sozialprodukt im Bundesgebiet betrug der Anteil der Neuinvestitionen 11,8 Prozent. Er war damit höher als die Investitionsquote des Jahres 1936 im gesamten Reichsgebiet, die nur 10,8 Prozent erreichte.
Der Herr Bundeswirtschaftsminister Erhard hat auch durchaus richtig auf die starke Streuung dieser Investitionen über den Bereich der gesamten Wirtschaft verwiesen. Etwa die Hälfte entfällt auf die Industrie, etwa 40 Prozent entfallen auf die Bauindustrie, ohne Abschreibungen, etwa 30 Prozent stammen aus kurzfristigen Bankkrediten und 20 Prozent aus Haushaltsmitteln. Die Beteiligung des Fiskus an der Finanzierung der Investitionen ist in der ersten Zeit immer stärker geworden. Sie ist hier mit 2,5 bis 3 Milliarden angegeben, und es ist darauf hinzuweisen, daß die Investitionen für den Wiederaufbau von Verkehrsanlagen, den Wohnungsbau und für den Bau öffentlicher Gebäude verwandt worden sind, also für einen durchaus erfolgreichen Einsatz.
Es ist nicht so, wie hier gesagt worden ist, daß ein „Laissez faire, laissez aller" des Bundeswirtschaftsministers über diesen Investitionen geschwebt habe. Auch für das zweite Investitionsjahr zeigt sich ein überlegter Einsatz. Schätzungen über das Gesamtergebnis können wir Ihnen heute nicht vortragen, weil ja erst die erste Hälfte dieses Jahres abgelaufen ist. Immerhin läßt sich sagen, daß die für das zweite Jahr von dem Herrn Wirtschaftsminister genannten Zahlen sich im wesentlichen auf die Neuinvestitionen beziehen, daß also in ihnen noch nicht einmal die Ersatzinvestitionen der Abschreibungen einbegriffen sind. Wir glauben, daß etwa 17 Prozent der Gesamtinvestitionen aus Selbstfinanzierung der Wirtschaft kommen werden, daß etwa 23 Prozent aus den öffentlichen Haushalten fließen werden und daß aus den Spareinlagen etwa 700 Millionen D-Mark zu erwarten sind. Die Kapitalbildung der Privat- und Sozialversicherungen kann mit je 300 Millionen D-Mark veranschlagt werden.
Wenn dann noch etwa 12 Prozent an mittel- und langfristigen Bankkrediten eingesetzt werden, würden sich immerhin noch 2,5 Milliarden D-Mark, das heißt ein Betrag von 29 Prozent ergeben, der aus den Gegenwertfonds gedeckt sein würde.
So zeigt sich auch für das zweite Jahr ein wohlüberlegter Einsatz, wenn auch durch keine starre Bindung, sondern nur durch gewisse Richtlinien. Auch die hat der Herr Wirtschaftsminister vorgetragen, wenn er Bergbau, Stromerzeugung, Mineralölwirtschaft, die übrige Energie, die eisenschaffende Industrie, die Nichteisen-Metallwirtschaft, Maschinenbau, Fahrzeuge und andere Zweige, Chemie-, Textilindustrie, Papierindustrie und Ernährungsindustrie genannt hat. Diese bisher genannten Untersuchungen sprechen auch gegen den Vorwurf der Schrumpfungstendenz der Investitionen. Die zur Verfügung kommenden Gesamtsummen für das Marshallplanjahr 1950/51 werden sogar noch etwas höher eingesetzt, wobei der Anteil der öffentlichen Haushalte und Sonderfonds zurücktritt und dafür die Nutzbarmachung der sogenannten Gegenwertmittel in den Vordergrund gerückt ist. Der Kapitalmarkt wird etwa 2,3 Milliarden bringen, die Selbstfinanzierung etwa 2,8 Milliarden, die öffentlichen Haushalte aus Sonderfonds 2,15 Milliarden und die ERP-Gegenwertmittel 2,2 Milliarden, so daß etwa 9,45 oder rund 10 Milliarden zur Verfügung stehen, also noch eine Spanne von immerhin 0,55 Milliarden da ist, die noch zu decken wären.
Rückblickend läßt sich über das Gesamtgebäude der Investitionen sagen, daß in unserer Wirtschaft von 1948 bis jetzt schätzungsweise 50 Milliarden als Neuinvestitionen und Ersatzinvestitionen investiert sind, so daß durch unsere bisherige Wirtschaftspolitik eine gewaltige Leistung tatsächlich erreicht worden ist.
Wenn ich insbesondere auf den Vorwurf, das Jahr 1949 sei nutzlos vertan, eingehe, so möchte ich demgegenüber und im Anschluß an die unter Ziffer 2 a und 3 a der Interpellation gestellten Fragen auf folgendes hinweisen: Die Steigerung einer Produktionskapazität und die Schaffung neuer Arbeitsplätze durch Kapitalinvestitionen kommt in ihren Erfolgen in dem Anwachsen der industriellen Produktion und in dem Anwachsen der Beschäftigtenzahlen nachdrücklichst zum Ausdruck. Die Frage, wieviel neue Produktionskapazitäten erstellt worden sind, ist in dem Stadium, in dem viele Industriezweige noch über unausgenutzte Kapazitäten verfügen und in dem es zu einem beachtlichen Teil noch an den nötigen Rohstoffen zur Verarbeitung fehlt, von durchaus sekundärer Bedeutung. Für die Beurteilung der Investitionserfolge sind in erster Linie die Produktionssteigerung auf Grund verbesserter Produktivität, das Anwachsen der Beschäftigung, das heißt das positive, das vermehrte Schaffen an den Arbeitsplätzen, und der Stand der Rationalisierung maßgebend.
Nach diesen Gesichtspunkten muß der Erfolg der Regierung gewertet werden. Dazu möchte ich Ihnen doch in Ergänzung des bisher genannten Zahlengebäudes noch einige schlagende Beispiele hier anführen. Einen Monat vor dem Tage X betrug die Zahl der Betriebe mit 10 und mehr Beschäftigten 35 606, und im April 1949 gab es bereits 37 196, das heißt — rund gerechnet — 2400 Betriebe mehr. Im Juni 1948 hatte die Industrie 3,355 Millionen Beschäftigte, und der Anteil dieser Beschäftigten an der Gesamtzahl der beschäftigten Arbeitnehmer stellte sich auf 27,5 Prozent. Ein Jahr später waren in der Industrie zirka 600 000 Beschäftigte mehr festzustellen; im Juni 1949 waren es 3,909 Millionen, also ein Anteil von 32,3 Prozent an der Gesamtzahl der beschäftigten Arbeitnehmer.
Die wirtschaftliche Leistung, die in diesen Zahlen zum Ausdruck kommt, erhält ihre volle Würdigung dann, wenn man noch hinzufügt, daß im Vereinigten Wirtschaftsgebiet trotz der gewaltigen Zerstörung innerhalb des Wirtschaftsgefüges im September 1949 rund 12 Prozent mehr Personen beschäftigt waren als im Juli 1938.
Es sind auch noch folgende Zahlen von überzeugender Schlagkraft: Im ersten Halbjahr 1948 wurden monatsdurchschnittlich 326 Millionen Arbeitsstunden geleistet. Im ersten Halbjahr 1949 waren es 44 Millionen mehr, das heißt 470 Millionen. Im Juni 1949 hatten wir ebenfalls 470 Millionen Arbeitsstunden festzustellen. Die Produktion unserer Industrie, die im Monatsdurchschnitt des zweiten Vierteljahres 1948 bei 2,2 Milliarden Reichsmark lag, belief sich im ersten Halbjahr 1949 durchschnittlich auf 3,9 Milliarden D-Mark. In demselben Zeitraum erhöhte sich der Auslandsumsatz der Industrie von 83 Millionen Reichsmark auf 236 Millionen D-Mark. Die Exportquote stieg somit von 3,7 Prozent auf 6 Prozent.
So weit die Beispiele für die positiven Erfolge der Wirtschaftspolitik der Regierung.
Ich möchte zu den Fragen 2 b und 3 b der Interpellation noch ein kurzes Wort sagen. Investitionen sind nicht nur von großem Wert, wenn sie sich auf den Export beziehen, auf die Förderung
er Exportwirtschaft in der Exportindustrie. Volkswirtschaftlich können ebenso Investierungen in Betrieben wirksam werden, die dem Binnenmarkt einen neuen Auftrieb geben und dafür sorgen, daß auch dort die Produktion vergrößert und verbilligt wird. Es liegt im Interesse der Gesamtheit unserer Bevölkerung, wenn die Einfuhrwaren auf immer stärkere deutsche Konkurrenz in bezug auf Güte und auf Preis treffen. Gerade im Zeichen der Liberalisierung des europäischen Handels ist diese Stützung der heimischen Industrie ganz besonders zu begrüßen.
Das Arbeitsbeschaffungsprogramm der Regierung und insbesondere seine Tendenz zur Förderung lohnintensiver Arbeit begünstigt und schließt sich logisch an dieses eben vorgetragene System der Investitionen, der Neuinvestitionen und Ersatzinvestitionen an. Erwünscht wäre, wenn folgende Pläne noch zusätzlich Wirklichkeit werden könnten: wenn man mit einem Aufwand von etwa 7,5 Millionen D-Mark eine sogenannte Dollardrive-Organisation schaffen wollte, das heißt eine Markterforschung im Auslande, die unserer Exportförderung dienen soll, wenn ferner durch mittel- und langfristige Kredite mit niedrigem Zins der Produktionsmittelexport erleichtert werden könnte. Wenn alles daran gesetzt wird, um auch unseren früheren deutschen Walfang wieder aufzunehmen, wenn wir eine deutsche Walfangflotte bis Mitte 1951 auf drei Millionen Bruttoregistertonnen bringen könnten, so würde sich daraus eine Deviseneinnahme von mindestens 44 Millionen Dollar im Jahr ergeben.
Ich möchte an dieser Stelle, nachdem ich bisher hauptsächlich von der Industrie gesprochen habe, auch dafür eintreten, daß man für die Landwirtschaft erhöhte Investitionen vornimmt, um Lebensmitteleinfuhren zu sparen, und daß man vielleicht manche Beträge, die ursprünglich für Lebensmittelimporte in Dollar vorgesehen waren, zusätzlich der Arbeitsintenvisierung der Landwirtschaft zuleiten möge.
Durch das Programm der Regierung ist die Ankurbelung der öffentlichen Aufträge bereits vorgesehen. Ergänzend würde noch zu sagen sein, daß auch die Stillhalteschulden geregelt werden müßten, so daß auch sie der Investitionsfinanzierung dienstbar gemacht werden können.
Ich möchte es nicht unterlassen, auch auf ein Hemmnis zu verweisen, das sich bisher schon für unsere Investitionspolitik nachteilig ausgewirkt hat: das ist die Atomisierung unseres Bankensystems, die Zerschlagung des vorzüglichen Apparats der früheren Reichsbank, die Zerschlagung des Apparats der großen Aktienbanken, deren Namen im Ausland uns leichter einen Kredit verbürgt
als die große Zahl atomisierter Banken, deren Namen zu behalten selbst dem Sachkenner im Inland nicht ganz leicht fällt.
Meine Damen und Herren! Ich habe durch diese Ausführungen zur Frage des Erfolgs in Einzelheiten Stellung genommen. Ich möchte Ihnen aber einen Erfolg noch einmal besonders nachdrücklich vor Augen stellen. Für 'das Kalenderjahr 1949 sind etwa 180 000 bis 200 000 Wohnungen neu gebaut oder wieder bezugsfähig gemacht worden. Diese Zahl kann sich mit dem Wohnungszugang in den besten Vorkriegsjahren messen. Daran mögen Sie auch die Güte des neuen Wohnungsbauprogramms beurteilen.
Ich möchte auf die Schlußfrage der Fehlinvestitionen in demselben Sinne eingehen, wie es der Herr Bundeswirtschaftsminister getan hat. Es besteht gar kein Zweifel, daß Fehlinvestitionen vorgekommen sind, da sich die Wirtschaft heute eben nicht mehr an ökonomischen Maßstäben orientieren kann. Wir können im Gesamtraum der europäischen Wirtschaft feststellen, daß ein Primat der Politik über die Wirtschaft besteht, und unser Bundesgebiet speziell weist soviel Imponderabilien in dem wirtschaftlichen Ablauf auf, daß Entscheidungen über den Kapitaleinsatz, auch wenn sie mit äußerster Sorgfalt vorgenommen und mit der nötigen Gedankenschärfe vorbereitet werden, jetzt einem unverhältnismäßig größeren Risiko begegnen als jemals früher.
Im Zeichen der Lockerung von bestehenden Verboten, im Zeichen der Aufhebung von Auflagen auch von alliierter Seite, angesichts der immer kräftiger sich durchsetzenden Liberalisierungsgedanken im europäischen Wirtschaftsraum kann es sehr gut vorkommen, daß Gedanken, die vordem richtig schienen und zum Handeln führten, sich nachträglich als nicht mehr richtig erweisen. Das soll aber keineswegs dem Werte unternehmerischer Kalkulation, der Initiative und der Anerkennung des Mutes Abtrag tun. Besser handeln und unter Umständen auch einmal später einen Pflock zurückstecken als gar nichts tun und die Dinge laufen lassen.
Eine und vielleicht die größte Fehlerquelle für die Investitionspolitik ist die Steuerpolitik gewesen. Aber das muß nachdrücklich festgestellt werden: diese Fehlerquelle haben wir auf deutscher Seite wirklich nicht allein verschuldet. Wären die Anträge, die seinerzeit von der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebiets gestellt wurden, durchgegangen, so wäre viel von dem, was wir jetzt als Fehler zu beklagen haben, vermieden worden. Diese fehlerhafte Steuerpolitik verhindert die Kapitalbildung; sie verleitet zu unwirtschaftlichen Investitionen; sie verzögert den Abbau des Verwaltungsapparats. Das alles zu vermeiden liegt wirklich nicht allein in unserer Macht; sonst - davon bin ich überzeugt würde es mit Nachdruck geschehen. Wir können nur hoffen, daß nunmehr eine Steuerreform in Gang kommt, die diese größte Fehlerquelle nachhaltigst beseitigt.
Lassen Sie mich zum Schluß noch folgendes sagen, meine Damen und Herren! Der Herr Kollege Nölting hat in der letzten Sitzung ein Bild gebraucht, das mich als alten Jäger besonders interessiert hat. Er hat von den Sonntagsjägern gesprochen, die sich bemühen, Sündenböcke zu finden und zu erlegen. Ich habe mir das auch einmal überlegt und möchte für die Jagdgebiete, die für Sündenböcke in Frage kommen, in erster Linie vorschlagen, einmal auf dem umfassenden Gebiet der Planwirtschaft und der bürokratischen Wirtschaftskontrolle zu pirschen.
Im übrigen aber, meine Damen und Herren, ist es, glaube ich, nicht in erster Linie unsere Aufgabe - weder von den Regierungsparteien noch von der Opposition —, uns hier gegenseitig Fehler oder Sünden vorzuhalten, sondern hier geht es mehr darum, in einer gemeinsamen Front die Hemmnisse zu beseitigen, deren wir aus eigener Kraft von innen heraus nicht ohne weiteres Herr werden können, Hemmnisse, die uns von draußen auferlegt werden. Hier ist wirklich das Wort am
Platze von dem Frieden, der ernährt, und dem Unfrieden, der verzehrt.
In diesem Sinne, so bitte ich, möge das Hohe Haus aus der heutigen Besprechung der Interpellation für die Zukunft die erforderlichen Lehren ziehen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache über die Interpellation der Fraktion der SPD betreffend Investitionen im Gebiet der Bundesrepublik ist damit geschlossen.
Wir kommen damit zu Punkt 2 der Tagesordnung.
— Ich habe keine Wortmeldung hier.
— Meine Damen und Herren, es ist doch offenbar ein Irrtum gewesen. Sind Sie damit einverstanden, daß ich — —
— Meine Damen und Herren, hier hat doch offenbar ein Irrtum vorgelegen. Der Herr Interpellant hat gemeint, er brauche sich nicht noch einmal besonders zum Wort zu melden. Ich erteile ihm also das Wort zu einer Schlußbemerkung.
Dr. Veit , Interpellant: Meine Damen und Herren! Die heutige Antwort der Regierung durch den Mund des Herrn Bundeswirtschaftsministers kann keineswegs befriedigen.
Der Herr Wirtschaftsminister führt die Diskussionen — das war schon damals im Wirtschaftsrat so und ist heute im Bundestag wieder das gleiche — immer nach derselben Richtung. Sie können ihm vortragen, was Sie wollen, und Sie können die Argumente nehmen, woher Sie immer wollen, der Herr Bundeswirtschaftsminister schließt regelmäßig mit der Verteidigung seiner sozialen Marktwirtschaft,
obgleich ich über diese Frage doch wahrhaftig hier nichts gesagt hatte.
Meine Damen und Herren! Ich habe die Politik des Herrn Bundeswirtschaftsministers nicht aus Erwägungen parteipolitischer Art angegriffen,
sondern ich habe sie angegriffen mit den Argumenten des Marshallplan-Memorandums. Ich habe diese Argumente wörtlich zitiert, und ich habe die aus diesem Memorandum sprechende Sorge vorgetragen, daß wir das Ziel nicht erreichen werden, und gefordert, daß eine intensivere Kapitallenkung eingeleitet wird.
Der Herr Bundeswirtschaftsminister ist mit keinem Wort auf diese Argumentation eingegangen.
Ich habe den Herrn Bundeswirtschaftsminister gefragt, ob die neuen Mittel, von denen der Herr
Bundeskanzler in seiner letzten Rede gesprochen
hat, diese 3,5 Milliarden in dem OEEC-Memorandum, bereits verplant sind
oder ob es sich um andere neue Mittel handelt. Diese Frage ist nicht beantwortet worden. Es ist weder gesagt worden, ob es neue Mittel sind, noch ist die Antwort gegeben worden auf die Frage — die ich für diesen Fall gestellt hatte —, woher denn diese neuen Mittel eigentlich genommen werden sollen. Und eines ist doch beachtlich: auf die Frage in dem Antrag meiner Fraktion, wie die Investitionen sich nun eigentlich auf die einzelnen Wirtschaftsgebiete verteilen, ist der Herr Bundeswirtschaftsminister nicht eingegangen. Er hat nur gesagt, auf welchen Gebieten sich die Zahl der Arbeitsplätze erhöht hat.
Die Summen der Investitionen sind nicht aufgegliedert worden. Meine Damen und Herren, das ist kein Zufall. Das beweist, daß die Regierung einfach nicht in der Lage ist, darüber Auskunft zu geben, wie sich die Investitionen auf die einzelnen Wirtschaftsgebiete verteilt haben.
Es wird uns gesagt — und mit diesem Vorwurf tritt man uns grundsätzlich entgegen —, wir wollten nichts anderes, als die Zwangswirtschaft wiederherzustellen, wir dächten an nichts anderes als an den Plan, daß die Kapitalien durch eine Regierungsstelle bis in den letzten der tausend Kanäle gelenkt und geleitet werden sollten. Habe ich etwas Derartiges ausgesprochen, meine Herren?
Ich habe nur die Forderung erhoben, die auch im OEEC-Memorandum aufgestellt ist, mit intensiveren Mitteln an die Kapitallenkung heranzugehen. Wenn man natürlich die Diskussionen hier, auch wenn man sie nicht parteidogmatisch führt, immer nur dazu benutzt, sich zu verteidigen, um recht zu behalten, dann, meine Damen und Herren, werden wir aus den Fehlern, die zur Zeit gemacht werden und die von den Kreisen, die Ihnen nahestehen, aufgezeigt werden, nicht herauskommen.
Wir stehen doch vor der Frage, ob wir bis zum
Jahre 1952 das Ziel, lebensfähig zu sein, erreicht
oder wenigstens annähernd erreicht haben werden bzw. ob wir dieses Ziel überhaupt erreichen
können. Wenn Herren wie der Herr Präsident
Abs une wenn andere Herren, die dieses OEEC-
Memorandum verfaßt haben, es aussprechen, daß
Fehlinvestitionen erfolgt sind und daß die jetzige
Kapitallenkung nicht ausreicht, dann sollte man
endlich einmal damit aufhören, gegen uns zu
polemisieren, zu behaupten, wir wollten die
Zwangswirtschaft, und sollte zusammen mit uns
nach Wegen suchen, wie wir diese Fehler ausgleichen und für die Zukunft vermeiden können.
Dabei brauchen wir, worauf ich in meiner Begründung schon hingewiesen habe, gar nicht von irgendwelchen dogmatischen Erwägungen auszugehen. Gerade vom Standpunkt einer liberalen Politik und gerade von Standpunkt der Marktwirtschaft müßte erkannt werden, daß marktfremde Vorgänge diesen Markt stören und daß durch eine aktive Wirtschaftspolitik dem mit aller Entschiedenheit entgegengearbeitet werden muß. Das geschieht aber nicht in ausreichendem Maße. Die Marshallplanhilfe ist ja, im großen gesehen, so sehr wir sie bejahen und begrüßen, marktfremd.
Denn hier strömen Hunderte von Millionen Dollar in die deutsche Wirtschaft, ohne daß sie ihr die Impulse geben, die diese deutsche Wirtschaft empfangen würde, wenn sie auf dem Auslandsmarkt zum Zuge kommen müßte und ohne diese Marshallplan-Hilfe dem Wettbewerb ausgesetzt wäre. Hier müssen wir eingreifen. Es genügt nicht, daß wir nur die ERP-Mittel verplanen und in einer zweifellos vorhandenen, aber nur sehr losen Vorstellung dafür sorgen, daß diese Kapitalien an die richtigen Stellen geleitet werden. Darüber hinaus muß in der Erkenntnis der Tatsache, daß das Gebiet der Selbstfinanzierung das weitaus wichtigste Gebiet der Kapitalbildung und Kapitallenkung ist, gerade diesem Gebiet erhöhte Aufmerksamkeit zugewandt werden. Das geschieht nicht, wenn man es so macht, wie es in der Regierungsvorlage zum neuen Steuergesetz vorgesehen ist, daß man durch eine Abänderung des § 32 a die Selbstfinanzierung noch ausdehnt, statt sie zugunsten einer zweckmäßigeren Kapitallenkung einzuschränken.
Sie wissen doch selbst, meine Damen und Herren, daß beispielsweise die konsumnahe Industrie heute wesentlich interessanter ist als andere Zweige der Produktionsgüterindustrien.
- Nicht mehr, jawohl, aber es war eine ganze Zeitlang so. - Infolgedessen sind die Investitionen begreiflicherweise, wenn sie dem privaten Profitstreben des Unternehmers überlassen wurden, nicht in die volkswirtschaftlich wichtigen Kanäle gelenkt worden.
Nun denke ich gar nicht daran, Ihnen die Anregung zu geben, daß wir ein Amt errichten, in welchem Hunderte von Regierungsräten dem letzten Betrieb die letzte Mark zuweisen. Aber, meine Damen und Herren, gibt es denn keine anderen Mittel als auf der einen Seite die Freiheit und auf der anderen Seite den äußersten Zwang?
Gibt es nicht dazwischen noch Möglichkeiten, mit absolut marktgerechten Mitteln auch dieses große Gebiet der Selbstfinanzierung zu steuern und zugunsten eines vernünftigen Einsatzes unserer Kapitalien zu lenken?
Darauf geht man nicht ein. Sie klatschen Beifall, wenn der Herr Bundeswirtschaftsminister aufs neue seine „soziale Marktwirtschaft" verteidigt, ohne einmal zu überlegen, ob Sie nicht mit diesem Beifall Ihr eigenes Gewissen beruhigen wollen.
Es darf doch nicht eine parteipolitische Frage sein,
ob wir bis zum Jahr 1952 das Ziel erreicht haben.
Wir müssen gemeinschaftlich versuchen, die Kapitalien, die wir in Deutschland bilden, richtig zu lenken. Der Herr Bundeswirtschaftsminister hat uns dafür gar keine Hoffnungen gemacht. Er hat erklärt, er denke nicht daran, auf dem Gebiet der privaten Kapitalbildung und der Selbstfinanzierung etwa einen Eingriff vorzunehmen. Damit schwinden alle Hoffnungen, mit den richtigen Mitteln die Wirtschaftspolitik so zu führen, daß wir erstens unsere arbeitslosen Menschen wieder in Arbeit und Brot bringen und zweitens unseren Export so steigern können, daß wir bis zum Jahre 1952, wenn die Hilfe, die uns das Ausland jetzt gibt, wegfällt, wenigstens in etwa lebensfähig sind. Deswegen haben wir kein Vertrauen, daß
die Regierung auf diesem Wege zum Zuge kommt. Wenn noch soviel Milliarden in Aussicht gestellt sind, so haben wir doch kein Vertrauen, auch wenn wieder der Einsatz geballten Kapitals, um das Arbeitslosenproblem zu lösen, versprochen wird. Die Bedenken hat der ERP-Minister selbst in seinem Memorandum ausgesprochen. Kein Wort dieses Memorandums ist widerlegt. Wir sprechen hier ganz deutlich aus: Wenn diese Wirtschaftspolitik fortgesetzt wird, wird Deutschland im Jahre 1952 nicht lebensfähig sein!
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache über die Interpellation Drucksache Nr. 403 ist damit geschlossen.
Wir kommen zu Punkt 2 der Tagesordnung:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Beseitigung von Kriegsvorschriften über die Siegelung gerichtlicher und notarischer Urkunden .
Wie mir mitgeteilt wird, wird auf die Begründung verzichtet. Wortmeldungen zur Beratung liegen ebenfalls nicht vor. Ich schlage die Überweisung an den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht vor. — Es erhebt sich kein Widerspruch. Die Drucksache Nr. 506 ist somit an den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht überwiesen.
Wir kommen zu Punkt- 3 der Tagesordnung:
Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Einwirkung von Kriegssachschäden an Gebäuden auf Miet- und Pachtverhältnisse .
Wie mir mitgeteilt wird, wird auch hier auf die Begründung verzichtet. Wortmeldungen zur Beratung liegen nicht vor. Ich schlage die Überweisung der Drucksache an den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht und an den Ausschuß für Wiederaufbau und Wohnungswesen vor. - Ich höre keinen Widerspruch. Damit ist so beschlossen.
Wir kommen zu Punkt 4 der Tagesordnung:
Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP und DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Errichtung eines Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungswesen .
Wird zur Begründung das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Wortmeldungen zur Beratung liegen nicht vor. Ich schlage die Überweisung an den Ausschuß für Geld und Kredit vor. - Widerspruch erhebt sich nicht. Die Drucksache Nr. 511 ist somit an den Ausschuß für Geld und Kredit überwiesen.
Wir kommen zu Punkt 5 der Tagesordnung:
Zweite und Dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur vorläufigen Regelung der Rechtsverhältnisse der im Dienst des Bundes stehenden Personen .
Das Wort als Berichterstatter hat Herr Abgeordneter Dr. Kleindinst.
Zur Geschäftsordnung hat Herr Abgeordneter Dr. Menzel das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Namen meiner politischen Freunde bitte ich, den Entwurf in der Fassung auf Grund der Beratungen im Ausschuß für Beamtenrecht dem Rechts und Verfassungausschuß zur Nachprüfung zu überweisen. Diesen Geschäftsordnungantrag begründe ich wie folgt. Der Regierungsentwurf enthält die Bestimmung, daß das Beamtengesetz von 1937 in der Fassung Anwendung finden solle, die sich auf Grund der Änderung der staatsrechtlichen Verhältnisse ergibt. Damit erbittet die Regierung — und die Mehrheit des Ausschusses hat dem zugestimmt — eine Ermächtigung, die gegen das Grundgesetz verstößt. Die Regierung hatte, weil sie diese Ermächtigung verlangt, in ihrer eigenen Vorlage — von zwei geringfugigen Abänderungen abgesehen - keinerlei Änderungen des Reichsbeamtengesetzes von 1937 im Rahmengesetz selbst aufgenommen. Das war sogar auch im Ausschuß den Regierungsparteien zuviel. An nicht weniger als 18 Stellen haben auch die Regierungsparteien schon im Ausschuß eine Änderung des alten deutschen Beamtengesetzes von 1937 für erforderlich gehalten. Wenn der Ausschuß trotzdem bei dieser Ermächtigung geblieben ist, dann bedeutet sie in ehr als nur das Recht der Regierung, redaktionelle Änderungen am Beamtengesetz von 1937 vorzunehmen. Sie bedeutet mehr als die auch früher im deutschen Recht geübte Praxis, etwaige Änderungen eines Gesetzes, die vorher in anderen Gesetzen beschlossen worden sind, nunmehr zusammenzustellen, um so das Gesetz in einer redaktionellen Neufassung zu verkünden. Die Ermächtigung — das sind unsere Bedenken, die uns zu dem Antrag auf Überweisung an den Rechts- und Verfassungsausschuß veranlassen — bedeutet
für die Regierung das Recht, materiell neues Recht zu setzen. Die Entscheidung, die Grenzziehung zwischen dem, was sich auf Grund der staatsrechtlichen Umwälzung seit 1945 geändert hat und was nicht, wird dem allein souverän zuständigen Organ, dem Bundestag, weggenommen und der Exekutive übertragen. Eine solche Übertragung halten wir verfassungsmäßig für unzulässig. Ich weise darauf hin, daß das Grundgesetz nur un Artikel 80 der Bundesregierung ein Recht zur Rechtsetzung gibt. Es heißt dort: „Durch Gesetz können die Bundesregierung, ein Bundesminister oder die Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen. Dabei mussen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermachtigung im Gesetz bestimmt werden:" Dadurch ist das Recht, auch nur Rechtsverordnungen durch die Regierung zu erlassen, von der Verfassung mit Recht eingeschränkt worden. Es ist daher nicht möglich, durch Rechtsverordnungen gemäß Artikel bu der Regierung solche Ermächtigungen zu erteilen, wie man beabsichtigt. Ich verweise noch darauf, daß selbst Artikel 48 der Weimarer Verfassung eine solche Ermächtigung nicht kannte.
Wir bitten daher, weil verfassungsmäßige Bedenken bestehen, noch einmal den Rechts- und Verfassungsausschuß hinzuzuziehen.
Meine Damen und Herren! Sie haben den geschäftsordnungsmäßigen Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Menzel gehört. Er schlägt vor, die Drucksache Nr. 497 an den Rechts- und Verfassungsausschuß zu überweisen.
Zu dem geschäftsordnungsmäßigen Antrag des Herrn Abgeordneten Dr. Menzel erteile ich Herrn Dr. Wuermeling das Wort.
— Jawohl, das wird natürlich eingehalten, das ist keine Frage.
Bitte, Herr Abgeordneter Dr. Wuermeling zu dieser Frage!
Meine Damen und Herren! Wenn mich meine Erinnerung nicht trügt, dann war ich mir soeben in der Besprechung mit dem Herrn Abgeordneten Menzel darüber einig, daß wir für die zweite Beratung an den 150 Minuten festhalten und lediglich für die dritte Beratung etwas zugeben wollten. Ich möchte vorschlagen, daß wir an dieser Vereinbarung nichts ändern, sondern lediglich dem Herrn Präsidenten anheimgeben, die Vereinbarung der Redezeit von 150 Minuten, wenn es sich als erforderlich erweisen sollte, nicht ganz so straff zu handhaben, wie es sonst vielleicht üblich ist. Ich meine doch, daß die Materie heute in einer absehbaren Frist zu Ende gebracht werden muß. Deshalb sollten wir grundsätzlich an den 150 Minuten festhalten.
Wir müssen jetzt einmal etwas von der Geschäftsordnung abweichen. Ich
bitte Sie doch, sich zur Geschäftsordnung zu melden. Ist es eine Frage zur Geschäftsordnung, dann beantworte ich sie dementsprechend. Es war vorgesehen — so hat es mir Herr Abgeordneter Dr. Menzel vorgeschlagen —, daß zu sämtlichen einzelnen Abänderungsanträgen zusammen gesprochen wird. Das würde also bedeuten, daß nicht jeder einzelne Antrag erst in der paragraphenmäßigen Reihenfolge erörtert wird, sondern daß die einzelnen Fraktionen, die die Abänderungsanträge gestellt haben, diese innerhalb einer bestimmten Redezeit in toto begründen. Sind wir uns darüber klar?
— Es besteht allseitiges Einverständnis.
Dann bleibt nur noch die Frage der Länge der Redezeit übrig. Ich für meine Person möchte eigentlich den Vorschlag des Herrn Kollegen Dr. Wuermeling in Verbindung mit dem Vorschlag des Herrn Abgeordneten Dr. Menzel aufnehmen, daß die Redezeit von 150 Minuten vom Präsidium in einer gewissen großzügigen Weise gehandhabt wird. Ich darf dann bitten, dem Präsidium, gleichgültig, wer hier oben sitzt, das Vertrauen zu geben, daß diese Großzügigkeit auch entsprechend ausgeübt wird. Sind wir uns dann über das Verfahren und die Redezeit der Aussprache der zweiten Beratung einig? — Ich stelle das fest.
Wir beginnen nunmehr mit der Aussprache in der zweiten Beratung. Von der Einteilung der Redezeit ausgehend, die mit einer gewissen Großzügigkeit zu handhaben ist, darf ich feststellen, daß der erste Redner, Herr Abgeordneter Gundelach, 13 Minuten Zeit hat. Ich erteile ihm hiermit das Wort.
Meine Damen und Herren! Bereits bei der ersten Beratung des Gesetzentwurfs zur vorläufigen Regelung der Rechtsverhältnisse der im Dienst des Bundes stehenden Personen habe ich namens meiner Fraktion erklärt, daß wir diesem Gesetz unsere Zustimmung nicht geben können. Seitens der Regierungsvertreter und der Abgeordneten der Regierungsparteien wurde im Ausschuß erneut darauf hingewiesen, daß es sich nur um ein Provisorium handele. Deshalb solle man auf weitgehende prinzipielle Änderungen verzichten. Man hat gesagt, es komme darauf an, für den Übergang die Rechte der Beamten im Bundesdienst schnellstens zu regeln; alles andere könne später bei der Vorlage eines neuen Beamtengesetzes beraten und beschlossen werden.
Meine Damen und Herren! Meine Freunde und ich sind in dieser Frage einer ganz anderen Meinung. Wir sind fest davon überzeugt, daß die Bundesregierung bestrebt ist, an dem Alten, das heißt an dem Beamtengesetz von 1937, festzuhalten. Sie hat kein Interesse daran. etwas grundlegend Neues beschließen zu lassen. Die Bundesregierung will das Berufsbeamtentum in seiner bisherigen Form, das heißt den Berufsbeamten als besondere Kaste im Staat, den Beamten auf Lebenszeit beibehalten. Sie will auch keine Angleichung der Rechte der großen Zahl der Verwaltungsangestellten an die Rechte der Beamten, obwohl das eine Forderung der Gewerkschaften ist. Wir Kommunisten wollen aber das Wort Berufsbeamtentum so verstanden wissen. daß dazu alle Personen gehören. die den Erwerb ihres Lebensunterhalts, also ihren Beruf darin finden. daß sie im Staatsdienst oder im Dienst einer öffentlichen Körnerschaft eine verantwortliche Tätigkeit ausüben. Wir sind auch der Meinung. daß bei der Besetzung besonders der leitenden Stellen in der Verwaltung allein die Befähigung entscheidend sein darf und erst in zweiter Linie die Zahl der abgeleisteten Dienstjahre. Fs sollte auch nicht nur auf die bereits im öffentlichen Dienst stehenden Personen zurückgegriffen werden. Wir sind der Ansicht. daß bei der Auswahl von Bewerbern auch solche mit einzubeziehen sind, die auf Grund ihrer Tätigkeit und ihrer Erfahrungen im öffentlichen Leben oder in der Wirtschaft sich die entsprechenden Fähigkeiten für eine solche Funktion angeeignet haben.
Wir sind gegen die Anstellung von Beamten auf Lebenszeit und vertreten die Auffassung, daß Anstellungen auf der Grundlage des allgemeinen Arbeitsrechts und der Tarifverträge zu erfolgen haben. Wir wollen, daß der Verwaltungsangestellte die gleichen Entwicklungs- und Aufstiegsmöglichkeiten erhält, wie sie der Berufsbeamte hat. Er soll auch die gleichen Versorgungsansprüche haben.
Wir Kommunisten lehnen den sogenannten unpolitischen Beamten ab. Ein fähiger und fortschrittlich eingestellter Beamter darf nicht unpolitisch sein. Der Berufsbeamte soll und muß — das ist unsere Auffassung - aufs engste mit dem Volk verbunden sein und auch die Möglichkeit haben, ungehindert und in jeder Weise am politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben teilzunehmen. Er muß wie jeder andere Staatsbürger das Recht haben. offen seine Meinung zu sagen. Erst wenn der Beamte dieses Recht hat, ist er auch als Person auf seine Zuverlässigkeit und seine Staatstreue zu kontrollieren. Das ist etwas ganz
anderes als die Verpflichtung, die man in § 3 Ziffer 2 im zweiten Satz dem Beamten auferlegt. Dieser Satz lautet:
Sie
nämlich die Beamten -
haben auch außerhalb des Dienstes Angriffen auf die Staatsordnung, die in ihrer Anwesenheit erfolgen, entgegenzutreten.
Die Befürworter dieser Bestimmung sind des Glaubens, damit könne man reaktionären Bestrebungen entgegentreten. Das ist nach unserer Auffassung eine absolut irrige Meinung. Ich darf Sie, meine Damen und Herren, daran erinnern, daß wir ja einmal in der Weimarer Zeit. das sogenannte Republikschutzgesetz gehabt haben. Aber wer sich diese Jahre in die Erinnerung ruft, weiß so gut wie ich, daß dieses Republikschutzgesetz aus der Weimarer Zeit nie als ein wirksames Mittel gegen die Feinde von rechts angewandt worden ist, sondern daß alles getan wurde, um dieses Gesetz in seiner ganzen Schärfe und Härte gegen die Arbeiterklasse anzuwenden.
Wir lehnen deshalb die angeführte Verpflichtung
für die Beamten, wie sie hier zum Ausdruck
kommt, ab, weil sie den Beamten in Gewissenskonflikte bringt und ihn bestenfalls zu einem Denunzianten erzieht. Der Beamte wird - das ist unsere Auffassung — reaktionäre Bestrebungen gemeinsam mit dem fortschrittlichen Teil unseres Volkes nur dann erfolgreich bekämpfen können, wenn er selbst alle politischen Rechte besitzt, auf die andere Staatsbürger nach dem Grundgesetz Anrecht haben.
Wir Kommunisten sind auch keineswegs damit
einverstanden, daß dem Bundespräsidenten das Recht eingeräumt wird, Beamte und Richter zu ernennen, wie das in § 24 des Beamtengesetzes vorgesehen ist. Wir sind vielmehr der Meinung, daß in einem demokratischen Staatswesen die Ernennung der leitenden Beamten durch die Volksvertretung, das heißt durch die parlamentarischen Körperschaften, erfolgen muß.
Der § 7 Absatz 4 des vorliegenden Gesetzes behandelt die Frage. wie der Beamte sich bei Anordnungen dienstlicher Art seinem Vorgesetzten gegenüber zu verhalten hat. Der betreffende Teil dieses Paragraphen lautet wie folgt:
Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit dienstlicher Anordnungen hat der Beamte unverzüglich bei seinem unmittelbaren Vorgesetzten geltend zu machen. Wird die Anordnung aufrechterhalten und hat der Beamte weiterhin Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit, so kann er sich an die nächsthöheren Vorgesetzten wenden, um eine die Verantwortung klarstellende Entscheidung herbeizuführen. Bei für ihn erkennbarer Strafbarkeit der Anordnung wird der Beamte nicht von seiner eienen Verantwortung befreit; in solchen Fällen hat er die Ausführung zu verweigern.
So weit der Paragraph, den ich hier anspreche! Wir sind der Meinung, daß ein Beamter, der Bedenken gegen eine dienstliche Anordnung hat, falls diese von seinem unmittelbaren Vorgesetzten nicht gewürdigt werden, das Recht haben soll, sich an die Volksvertretung zu wenden und nicht, wie es im Gesetz vorgesehen ist, an seine nächsthöheren Vorgesetzten. Wir vertreten nämlich den Standpunkt, daß mit dem Instanzenweg, mit dem man keine sehr guten Erfahrungen gemacht hat, Schluß gemacht werden sollte und daß die Kontrolle der Bürokratie durch die Volksvertretung erfolgen muß.
Wir geben uns allerdings keinen Illusionen hin. Die Mehrheit der Abgeordneten dieses Bundestages wird nicht gewillt sein, einer solchen fortschrittlichen Auffassung zu folgen. Die Regierungsparteien wollen — das hat sich im Beamtenrechtsausschuß mit aller Deutlichkeit ergeben — gemeinsam mit der Bundesregierung am alten Beamtenrecht festhalten. Sie stehen, von kleinen Änderungen abgesehen, wie sie auch in der Berichterstattung vorgetragen worden sind, auf dem Standpunkt, daß man möglichst an dem Althergebrachten festhalten muß. Wie seitens der Bundesregierung auf allen anderen Gebieten am Althergebrachten festgehalten wird, so ist es auch in der Frage der Regelung der Rechte für die Beamten des Bundes. Die Gesetzesvorlage ändert das Beamtengesetz aus der Nazi-Zeit von 1937 nur ganz unwesentlich. Das ist kein Zufall, sondern es ist eine kühl überlegte Politik unserer Bundesregierung, einer Regierung, die nach unserer Auffassung durch ihre Praxis in den wenigen Monaten ihres Bestehens bereits den Beweis dafür erbracht hat, daß sie weitgehend die Interessen der Finanz- und Industriekreise vertritt, jener Kreise, die auch während der Hitler-Jahre die wirklichen Herren Deutschlands waren. Eine solche Regierung braucht Rechtsverhältnisse für die Beamtenschaft. wie sie im Beamtengesetz von 1937, also in dem Nazi-Gesetz, verankert sind.
In Wahrung der berechtigten Interessen der Beamtenschaft lehnen auch die Gewerkschaften den vorliegenden Gesetzentwurf ab. Mit vollem Recht beklagen sich die Gewerkschaften darüber, daß ihnen keine Möglichkeit gegeben wurde, zu dem Regierungsentwurf Stellung zu nehmen und im Beamtenrechtsausschuß diese Frage mit zu beraten. In einem Schreiben des Vorstandes der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr wird unter anderem folgendes gesagt:
Den zur Wahrung der Interessen des Personals berufenen Gewerkschaften des Deutschen Gewerkschaftsbundes ist weder von
der Absicht einer Neuordnung Kenntnis gegeben worden, noch wurde ihre Stellungnahme zu der geplanten Neuordnung eingeholt.
Bei der Vorlage handelt es sich somit um eine völlig einseitige Verwaltungsarbeit.
Es heißt weiter in der Stellungnahme der Gewerkschaften:
Recht, Pflicht und Aufgabe der Gewerkschaften ist es, die beruflichen, wirtschaftlichen und sozialen Belange ihrer Mitglieder wahrzunehmen. Da ihnen im ,vorstehenden Fall nicht die Möglichkeit einer Einflußnahme bei der Vorbereitung des Entwurfs gegeben war, fühlt sich die Leitung der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr vor ihrem Gewissen verpflichtet, um so vornehmlicher nunmehr nach Bekanntwerden der Vorlage ihrer Auffassung Ausdruck zu geben und einer rückschrittlichen Entwicklung mit allen zulässigen und erlaubten Mitteln entgegenzuarbeiten.
Es heißt dann weiter:
Das Deutsche Beamtengesetz von 1937, das nach dem Entwurf wieder voll zur Anwendung gebracht werden soll, trägt unseren Anforderungen in bezug auf die notwendige Verwirklichung demokratischer Grundsätze in keiner Weise Rechnung.
Das ist die Stellungnahme der Gewerkschaften zu dem vorliegenden Gesetz. Die Ausschaltung der Gewerkschaften als Interessenvertretung der Beamten bei der Vorbereitung des Entwurfs ist
— das muß von dieser Stelle aus festgestellt werden — eine Mißachtung der Koalitionsfreiheit, wie sie allen Deutschen im Grundgesetz zugestanden ist. Unter Koalitionsfreiheit verstehen wir Kommunisten auch eine Verpflichtung für die Regierung, die Gewerkschaften als Interessenvertretung der Beamten bei der Regelung wichtiger Fragen anzuhören. Aber, meine Damen und Herren, offenbar sind die Gewerkschaften der Bundesregierung unbequem, und deshalb wurden sie bei der vorbereitenden Stellungnahme zu diesem vorliegenden Gesetz einfach kurzerhand ausgeschaltet. Dieselbe Regierung ist aber jederzeit bereit, mit Interessenorganisationen zum. Beispiel der Industrie und des Handels zu verhandeln. Diese Organisationen sind nicht nur. wie man sehr oft ails der Presse und sonst erfährt, darüber gut informiert, was die Regierung vorhat, sondern sie sind zumeist die Inspiratoren, wenn es um die Regelung von Fragen geht, die deren Profitinteressen berühren.
Durch ihr Verhalten bestätigt die Bundesregierung immer wieder, daß sie, wie wir hier
wiederholt zum Ausdruck gebracht haben, eine
Regierung der Millionäre in Westdeutschland ist,
eine Regierung jener kleinen Oberschicht unseres Volkes, die mit Hilfe der englischen und amerikanischen Finanzherren wieder hochgepäppelt wird, obwohl diese kleine Oberschicht die Verantwortung für den verbrecherischen Hitlerkrieg, für unsere heutige Not und auch für die schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse der großen Zahl der unteren und mittleren Beamten sowie der Verwaltungsangestellten trägt.
— Seien Sie doch nur still. Sie en Sie das Ihren eigenen Abgeordneten. oder billigen Sie uns eine solche Redezeit zu, daß wir jederzeit in der Lage sind, voll unsere Meinung hier zu sagen.
Sie sind schuld daran, wenn bei einer so wichtigen Frage, die hier zur Beratung steht, einer Oppositionspartei ganze 13 Minuten eingeräumt werden.
— Ja, dann sind wie eben gezwungen, uns zu konzentrieren und brauchen selbstverständlich ein entsprechendes Konzept. Das lassen wir uns von Ihnen auch ganz bestimmt nicht vorschreiben. Denn unsere Abgeordneten arbeiten genau so wie Sie im Parlament; wir haben dieselben Rechte wie Sie.
Meine Damen und Herren! Weil das so ist, sollen die Rechtsverhältnisse der im Bundesdienst stehenden Personen unter Ausschaltung der Berufsvertretung auf der Grundlage eines Beamtengesetzes aus der Nazizeit geregelt werden. Das wird auch durch einen Satz, den ich aus der Begründung zu diesem Gesetz zitiere und der die Auffassung der Bundesregierung in grundsätzlicher Hinsicht beinhaltet, ausdrücklich bestätigt. Diese meine Worte richte ich besonders an die Vertreter der Regierungsparteien, die so tun wollen, als wenn etwas grundsätzlich Neues nur im Augenblick nicht geschaffen zu werden braucht, weil man später etwas grundsätzlich Neues schaffen will. Mit dem, was ich jetzt zitiere, geben Sie von. den Regierungsparteien zu, daß Sie gar nicht die Absicht haben, in der Zukunft etwas Neues zu schaffen. Dieser Teil aus der Begründung lautet folgendermaßen:
Das Deutsche Beamtengesetz eignet sich für eine Anwendung beim Aufbau der Bundesverwaltung besonders auch deshalb, weil es allen Verwaltungsangestellten bekannt und durch Durchführungs- und Ausführungsvorschriften weitgehend für den praktischen Gebrauch ergänzt und erläutert worden ist.
Meine Damen und Herren! Die Mehrheit des Beamtenrechtsausschusses, die aus Vertretern der Regierungsparteien besteht, hat sich ganz besonders diesen Satz zu eigen gemacht und auch erreicht, daß die Regierungsvorlage ohne wesentliche Änderungen gegen die Stimmen der Opposition im Ausschuß angenommen wurde. Sie allein, die Vertreter der Regierungsparteien, tragen deshalb die volle Verantwortung dafür, daß auf dem Gebiet der Ordnung der Rechtsverhältnisse der Beamten in Zukunft im wesentlichen alles beim alten bleibt. Daran ändert auch der im Ausschuß wiederholte Hinweis nichts, daß es sich nur um eine vorläufige Regelung handelt. Nein — das sage ich besonders Ihnen, meine Herren von den Regierungsparteien —: wer wirklich etwas Neues will, der benutzt jede sich bietende Gelegenheit, das Neue voranzutreiben, auch dann, wenn es nur für eine Übergangsperiode Gültigkeit hat.
Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist schon weit überschritten.
Ich komme gleich zum Ende. - Sie wollen aber nichts Neues, und Sie können auch auf dem Gebiet des Beamtenrechts nichts Neues schaffen, weil Sie auf allen Gebieten des wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Lebens am alten festhalten. Das bedingt, daß Sie auch auf dem Gebiet der Schaffung eines neuen Beamtenrechts ebenfalls an dem alten, an dem, was eigentlich beseitigt werden müßte, für die Zukunft festhalten wollen. Da ist es dann auch kein Wunder, wenn in dem vorliegenden Gesetz mit keinem Wort erwähnt wird, daß die für die Verwaltungsangehörigen zuständigen Gewerkschaften bei allen wichtigen Angelegenheiten, die deren Interessen berühren, mitzubestimmen haben. In diesem Gesetz wird auch nichts darüber gesagt, daß die Verwaltungsangehörigen ein Anrecht darauf haben, die Gewerkschaften mit ihrer Interessenvertretung zu beauftragen, einschließlich des Rechts, Einsicht in ihre Personalakten zu nehmen. Es wird auch nichts darüber gesagt, daß innerhalb der allgemeinen Rechtsvorschriften das Mitbestimmungsrecht der Betriebsvertretung bei der Gestaltung der beamten- und arbeitsrechtlichen Verhältnisse der Verwaltungsangehörigen gewährleistet ist.
Herr Abgeordneter, Sie müssen zum Schluß kommen.
Das sind so wesentliche Dinge und Fragen von besonderer Bedeutung für alle Personen, die im Verwaltungsdienst stehen, über die man nicht einfach hinweggehen kann. Es sind Forderungen der Gewerkschaften, die nicht nur berechtigt, sondern die, wenn sie sich durchsetzen, auch geeignet sind, die oft noch stickige Luft in den Amtsräumen besonders der Ministerialbürokratie aufzufrischen. Weil all diese Fragen, die ich angesprochen habe, in dem vorliegenden Gesetz mit keinem Wort erwähnt sind und weil wir Kommunisten nicht bereit sind, die Mitveranttung für die Aufrechterhaltung des Nazibeamtengesetzes zu tragen, stimmen wir gegen das Gesetz in seiner jetzt vorliegenden Fassung.
Das hindert uns aber nicht, bei der Beratung der einzelnen Paragraphen einige Abänderungsanträge zu stellen und auch einigen Bestimmungen, soweit sie gegenüber den alten einen Fortschritt darstellen, unsere Zustimmung zu geben. Aber das Gesetz als ganzes lehnen wir aber, weil es eben kein fortschrittliches Gesetz ist und weil es in keiner Weise den Interessen der im Verwaltungsdienst beschäftigten Personen und damit auch nicht den Interessen des Volkes dient.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Pannenbecker.
Meine Damen und Herren! Es ist unmöglich, in wenigen Minuten zu dem vorliegenden sehr wichtigen Gesetzentwurf auch nur annähernd ausführlich Stellung zu nehmen. Das ist um so weniger möglich, als zu dem Entwurf, wie er vom Ausschuß für Beamtenrecht verabschiedet worden ist, heute zahlreiche Abänderungsanträge vorliegen. Ich beschränke mich deshalb auf kurze grundlegende Feststellungen.
Die Zentrumsfraktion hält grundsätzlich am Berufsbeamtentum fest, dessen Einrichtung auch im demokratischen Staat zu bejahen ist. Dabei hält die Zentrumsfraktion nicht starr an Überlieferungen fest, die einem gesunden Fortschritt hindernd im Wege stehen. Konservatismus und Fortschritt — das ist die Auffassung der Zentrumsfraktion — müssen zur Synthese einer zeitgemäßen Auffassung zusammenwachsen, die dem Wesen des demokratischen Staates gerecht wird.
Meine politischen Freunde bedauern, daß die nach dieser Richtung im Ausschuß für Beamtenrecht gestellten Anträge durch die Vertreter der Regierungsparteien im wesentlichen abgelehnt worden sind. Meine politischen Freunde begrüßen es, daß diese Anträge erneut heute eingebracht worden sind. In der Hauptsache werden meine politischen Freunde den neueingebrachten Anträgen zustimmen. Hier und da scheinen allerdings einige nicht genügend klar und präzis genug gefaßt zu sein. In solchen Fällen werden sich meine Freunde der Stimme enthalten. Aber im ganzen werden se dem Gesetzentwurf und den heute eingebrachten Abänderungsanträgen im wesentlichen zustimmen.
Es sind nunmehr zum Wort gemeldet die Redner der Fraktion der SPD. Wie mir mitgeteilt wurde, soll seitens dieser Fraktion keine Generaldebatte geführt werden, sondern es sollen von ihren Rednern die angekündigten Abänderungsanträge begründet werden. Dafür soll dann, wenn die einzelnen Paragraphen aufgerufen und die Anträge formell gestellt werden, keine Begründung dieser Abänderungsanträge mehr erfolgen.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Menzel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte anknüpfen an die Debatte, die hier vorhin stattgefunden hat, als Sie unseren Antrag, den Rechts- und Verfassungsausschuß noch einmal mit der Vorlage zu befassen, abgelehnt haben. Ich habe darauf hingewiesen, daß der Bundesregierung mit dem § 2 Buchstabe a eine Gesetzesermächtigung erteilt werden soll, die weit über den früheren Artikel 48 der Weimarer Verfassung hinausgeht. Der Herr Kollege Wuermeling hat geglaubt, diesen Hinweis widerlegen zu können, indem er meinte, es handle sich nur um eine Ermächtigung, redaktionelle Änderungen vorzunehmen. Wenn dem so wäre, dann verstehe ich nicht, warum der Ausschuß für Beamtenrecht, und zwar mit den Stimmen der Regierungsparteien, allein 18 Änderungen des Gesetzestextes von 1937 vorgenommen hat. Denn Sie wollen doch sicher nicht behaupten, daß diese Änderungen nur redaktioneller Art gewesen sind. Sie werden auch zugehen. daß es sich um sehr wesentliche materielle Änderungen des Gesetzes von 1937 handelt.
Wenn Sie aber dem ursprünglichen Vorschlag der Regierung gefolgt wären, hätten Sie diese Anträge nicht annehmen dürfen.
Meine Damen und Herren! Ich habe gesagt, nicht einmal die Weimarer Verfassung kannte im Artikel 48 eine derartige Ermächtigungsmöglichkeit. Der Artikel 48 der Weimarer Verfassung verlangte als Voraussetzung dafür. daß die damalige Reichsregierung an Stolle des Reichstages Verordnungsgesetze erließ. daß die öffentliche Ordnung und Ruhe im Deutschen Reich so erheblich gestört war, daß die Reichsregierung, ohne den Reichstag hinzuziehen zu können, zu Sofortmaßnahmen greifen mußte. Sie standen dabei immer unter Kontrolle des Verfassungsgerichtshofs. Hier sehen Sie von diesen beiden Voraussetzungen ab: Sie verlangen weder das Vorliegen eines besonderen Notstands. noch geben Sie, da wir einen Verfassungsgerichtshof zur Zeit noch nicht haben. die Möglichkeit einer verfassungsgerichtlichen Nachprüfung.
Wir sind daher der Auffassung. daß mit einer solchen Bestimmung ein völlig unmöglicher Weg beschritten wird. Ich erinnere an die Debatte bei der ersten Lesung im Plenum. als der Herr Bundesminister des Innern auf meine damaligen Hinweise, welche zum Teil unmöglichen Bestimmungen man mit der Vorlage des Deutschen Beamtengesetzes von 1937 aufrechterhalten hatte. erwiderte. es habe sich damals nur um Flüchtigkeitsfehler gehandelt. Natürlich kann so etwas im Drange der Geschäfte passieren. Aber wenn wir jetzt feststellen müssen, daß auch nach der dritten Durchkämmung des Gesetzes von 1937 immer noch verfassungswidrige Bestimmungen in der Verlage enthalten sind. dann dürfte die Gefährlichkeit einer solchen Ermächtigung klar auf der Hand liegen. Ich verweise in diesem Zusam-
menhang auf die §§ 10 und 28, auf die Vorschriften über die Gleichberechtigung der Frau; ich verweise ferner darauf, daß erst der Ausschuß die Bestimmung beseitigt hat, wonach der Reichsarbeitsdienst auf das Besoldungsdienstalter anzurechnen sei, und schließlich noch auf die Bestimmung, daß der Bundespräsident die Staatsanwälte jederzeit in den einstweiligen Ruhestand versetzen kann.
Diese Gefährlichkeit wird noch dadurch erhöht, daß nicht die gesamte Bundesregierung diese Ermächtigung bekommt, sondern daß nach § 6 des Entwurfs diese Ermächtigung dem Herrn Bundesinnen- und dem Herrn Bundesfinanzminister gegeben wird. Hier werden also zwei Ressortministern die Befugnisse des Parlaments zur Gesetzgebung übertragen. Wir sind der festen Überzeugung, daß der Verfassungsgerichtshof eine solche Ermächtigung als gegen das Grundgesetz verstoßend aufheben wird.
Wir sehen daher mit wirklich ernster Sorge, welchen Weg die Regierungsparteien gehen wollen, einen Weg, den jedes verantwortungsbewußte Parlament eigentlich ablehnen sollte. Sie fangen heute, meine Damen und Herren, mit dieser Ermächtigung an, ähnlich, wenn auch nur auf einem Teilgebiet, wie damals im März 1933. Aber der Weg kann - und die Entwicklung des Verhältnisses zwischen Bundesregierung und Bundesparlament seit dem Herbst vorigen Jahres beweist und bestätigt das leider dort enden, wohin eine solche Ermächtigung schon einmal unseren Staat gebracht hat.
Wir sind noch aus einem zweiten Grunde gegen diese Bestimmung. Sie bringen mit dieser Bestimmung das Beamtenrecht, und damit einen erheblichen Teil unseres Verfassungsrechtes in eine sehr undurchsichtige Position. Ich sagte schon, wir bezweifeln kaum, daß schon bei den jetzt besteh en gebliebenen verfassungwidrigen Bestimmunen der kommen de Bundesverfassungsgerichtshof diese Ermächtigung und dieses Gesetz für ungültig erklären werde. Die Folge wäre, daß die bis dahin erfolgten Ernennungen zu Beamten ungültig werden würden. Ich glaube, wir sollten auch um der Beamten willen eine solche Situation von vornherein vermeiden.
Aus dem gleichen Grunde sind wir dagegen, daß der Herr Bundesinnenminister allein das Recht bekommt, die in der Hitlerzeit erlassenen Durchführungsverordnungen zum Gesetz von 1937 neu 7U redigieren und zu veröffentlichen. Auch das überschreitet die Ermächtigungsmöglichkeiten des Artikels 80 des Grundgesetzes um ein Erhebliches. Es handelt sich hier um nicht weniger als 92 sehr wichtige Durchführungsbestimmungen und Erlasse. Wir sind der Meinung, daß, wenn auch nicht das Plenum, so zum mindesten der zuständige Ausschuß. dieses Parlaments das Recht erhalten muß, festzustellen, was von diesen Verordnungen durch die Ereignisse überholt ist und was nicht.
Sie finden in der Vorlage der Regierung, und zwar merkwürdigerweise nicht im Gesetzestext, sondern etwas verschämt nur in der Begründung den Hinweis, daß gleichzeitig das alte Beamtendienststrafrecht wieder in Kraft treten solle. Unser Abänderungsantrag zu Ziffer 6 geht dahin:
Das Nähere über die Bestrafung von Dienstvergehen wird auf Grund der früheren Beamtendienststrafordnung geregelt, deren Fassung durch Gesetz unverzüglich festzustellen ist.
Wenn Sie diesem Antrag nicht stattgeben, dann würden Sie die alte Fassung des § 22 Absatz 2 aufrechterhalten, der da sagt:
Das Nähere über die Bestrafung von Dienstvergehen regelt die Reichsdienststrafordnung, das heißt die Reichsdienststrafordnung vom Jahre 1937 oder 1938. Sie selbst, meine Damen und Herren, geben aber doch zu, daß sich durch die staatsrechtliche Umwälzung nicht nur einige Formalien, sondern der materielle Inhalt dieses Gesetzes verändert habe; und nicht einmal das wollen Sie hier honorieren und berücksichtigen.
Hinzu kommt, daß die Reichsdienststrafordnung von damals sehr rückständig war; sie hat viele Rechte, die die Beamten vor 1933 besaßen, beseitigt. Ich erinnere u. a. daran, daß das Jahr 1937 das Geheimverfahren in Dienststrafsachen brachte, daß die Verteidigung außerordentlich eingeschränkt wurde, eine Verteidigung wirksam erst in der Hauptverhandlung möglich war, nachdem sämtliche Urkunden- und Zeugenbeweise bereits erhoben waren, und daß die Beweisantritts- und die Berufungsmöglichkeiten zu Ungunsten des Beamten eingeschränkt wurden. Entweder, meine Damen und Herren, erhalten Sie, wenn Sie bei dieser alten Vorlage bleiben, diese Benachteiligung der Beamten aufrecht - und ich weiß nicht, wie Sie das mit Ihrem Eintreten für das Beamtentum rechtfertigen wollen —, oder aber Sie müssen diese Ungerechtigkeit aufheben. Dann können Sie das nur durch ein Gesetz, das durch den Bundestag verabschiedet werden muß.
Meine Damen und Herren, wir haben zu dem Paragraphen über die Eidesleistung einen Abänderungsantrag eingereicht.
§ 4 behandelt die Frage der Vereidigung. Der Eid und seine Heiligkeit haben in Verbindung mit dem, was wir in 'den letzten Jahrzehnten erleben mußten, außerordentlich an Bedeutung verloren, und der Mißbrauch, der in dieser Zeit mit dem Eid getrieben worden ist, verwischt völlig den feierlichen Eindruck, der mit der Eidesleistung beim Dienstantritt eines Beamten beabsichtigt ist. Der Beamte hat vor 1918 und nach 1918, vor 1933 und nach 1933 jedesmal einen Treueid geleistet. Aber viele Beamte haben immer wieder gerade dann, wenn sie für den Staat am notwendigsten waren, vergessen, daß sie diesem Staat einen Eid geleistet hatten. Nur ein einziges Mal wurden sie von ihrem Eid entbunden. das war 1918, und gerade in diesem besonderen Falle haben manche von ihnen den Eid trotzdem gehalten, weil sie gute Monarchisten blieben und damit zugleich Feinde der Weimarer Republik wurden, obwohl sie auch dieser Republik den Eid geleistet hatten. Und ich frage Sie meine Damen und Herren: wo blieb denn die Heiligkeit des Eides nach 1933, als man den Weimarer Staat verriet?
Mich schreckt vor allem die jüngste Vergangenheit. Einer der ersten Leitsätze des wieder in Kraft zu setzenden Beamtengesetzes von 1937 fordert. daß Führer die Treue zu halten sei bis in den Tod. Was ist denn daraus geworden?
Man sehe sich doch heute einmal die Einstellungsgesuche an, man sehe sich die Entnazifizierungsakten mit all den zusammengesuchten Zeugnissen und Entlastungsbescheinigungen an! Da werden
Sie von denen, die diesen Eid geleistet haben, immer wieder hören, sie hätten niemals daran gedacht, Nationalsozialisten zu sein, und hätten niemals daran gedacht, dem sogenannten Führer die Treue zu halten. Wenn man sich das vergegenwärtigt, daß eine bis zum Tode geschworene Treue so schlecht gehalten wurde, dann sollte man einer solchen Einrichtung gegenüber doch außerordentlich skeptisch sein.
Im übrigen ist es eine allgemeine Zeiterscheinung, daß wir den Eid um seiner Würde willen nicht mehr durch zu häufigen Gebrauch herabsetzen lassen. Ich erinnere an die Entwicklung in der Justiz, wo es im Gegensatz zu früher heute nicht mehr üblich ist, die Zeugen und Sachverständigen ohne weiteres zu vereidigen. Auch das hat man getan, um dem Eid nicht durch zu häufigen Gebrauch seine Bedeutung zu nehmen.
Wir sind der Auffassung, daß ein einfaches Gelöbnis der Treue gegenüber diesem Staat, verbunden mit dem guten deutschen Handschlag, den Eid ersetzen sollte. Wer von den Beamten das will. kann dieses Gelöbnis unter Anrufung Gottes leisten. Ich glaube. Sie tun Ihrer Auffassung von der Heiligkeit des Eides keinen großen Gefallen, wenn Sie den Eid nach diesem Mißbrauch noch weiter als die Grundlage der never Verpflichtung ansehen wollen. Im übrigen, meine Damen und Herren, haben Sie zu dem Beamten bitte das Vertrauen. daß es nicht erst der Berufung auf seinen Eid bedarf. um ihn zu veranlassen. diesem Staat die Treue 711 halten. Glauben Sie den Beamten, daß sie sich auch durch einen Handschlag und durch ein Gelöbnis gebunden fühlen!
Lassen Sie mich roch auf einen letzten Punkt hinweisen. Die Fraktion der Freien Demokratischen Partei hat den Antrag eingebracht, in § 3 die Worte zu streichen:
Die Beamten haben auch außerhalb des Dienstes Angriffen auf diese Staatsordnung, die in ihrer Anwesenheit erfolgen, entgegenzutreten.
Der Beschluß des Ausschusses, dem wir beitreten — und weswegen wir uns gegen diesen FDP-Antrag wenden hat eine interessante Vorgeschichte. Die Frage. wieweit die Pflicht des Beamten gegenüber dem Staat geht. ist schon. im Frankfurter Wirtschaftsrat zwischen den Parteien eingehend beraten worden. Damals hat man mit Zustimmung der anderen Parteien folgendes gefordert:
Der Beamte ist verpflichtet, innerhalb und außerhalb des Dienstes für die demokratische Ordnung zu wirken.
Demgegenüber sah der Regierungsentwurf lediglich die Vorschrift vor:
Die im Dienst des Bundes stehenden Personen müssen sieh durch ihr gesamtes Verhalten zur demokratischen Staatsauffassung bekennen.
Aber selbst dies war dem Bundesrat, der doch sonst so großzügig über dieses Gesetz hinweggegangen ist, zu wenig und er war es, der in Übereinstimmung mit alien Regierungen. ob SPD oder CDU. folgende Formulierung vorschlug:
Der Beamte ist verpflichtet, innerhalb und außerhalb des Dienstes nach Kräften für die Festigung und Vertiefung des demokratischenGedankens einzutreten und die durch das Grundgesetz gewährleistete demokratische Staatsordnung zu unterstützen.
In ähnlicher Richtung lagen und liegen die Vorschläge der Gewerkschaften. In dem Streichungsantrag ist daher nach unserer Auffassung nur ein bedauerliches Absinken des Willens zu sehen, die Beamtenschaft mit wirklich aktiven demokratischen Elementen zu durchsetzen.
Der Ausschuß verlangt mit Recht, daß der Beamte staatsfeindlichen Äußerungen, die in seiner Gegenwart fallen, entgegentritt. Damit ist natürlich nicht gemeint, daß er handgreiflich werden soll, daß er in einer großen Kundgebung als Gegenredner aufstehen oder daß er versuchen soll, irgendwelche Presseäußerungen durch Leitartikel zu widerlegen. Schenken wir doch den Richtern unserer Dienststrafgerichte ein gewisses Vertrauen! Sie werden schon den richtigen Weg finden, um zu verhindern, daß ein Beamter gezwungen wird, über sein physisches oder geistiges Vermögen hinaus solchen Angriffen, die in seiner Gegenwart erfolgen, entgegenzutreten. Aber der Beamte soll Gesprächen dieser Art entgegentreten auf Grund seiner besseren Kenntnis, die er aus der Verwaltungsarbeit gewonnen hat, vor allem auch auf Grund des von ihm zu fordernden Gefühls der inneren Verbundenheit zu diesem Staat. Wenn dieses Gefühl nicht vorhanden ist, hat auch das Gerede vom demokratischen Berufsbeamtentum keinen Sinn. An einem formalen Bekenntnis zu den verfassungsmäßigen Grundlagen des Staates haben wir alle kein Interesse. Jeder Beamte muß sich darüber klar sein, daß seine Umgebung darauf achtet, wie er sich verhält, und daß sein Verhalten für die anderen zum Maßstab wird, wie stark und wie kräftig sich diese junge Demokratie selbst einschätzt. Damit ist von ihm keineswegs zuviel verlangt.
Sie, meine Damen und Herren von der Rechten, möchten doch den Inhalt des alten Berufsbeamtentums, wie er vor mehr als 100 Jahren galt, wirksam werden lassen. Hierbei möchte ich auf einen der Altmeister unserer Verwaltungslehre, auf Otto Meier, hinweisen, der gar nicht so schlecht dahin formulierte, daß der Beamte zur persönlichen Hingabe verpflichtet sei. Aber die persönliche Hingabe kann sich doch nicht auf die Zeit beschränken, in der er sich in seinem Büro befindet. Diese Hingabe ist doch eine Frage der Gesamtpersönlichkeit, die auch außerhalb des Dienstes wirksam werden muß. Mit diesem Grundgedanken wäre es unvereinbar, wenn man sich darauf beschränken könnte, nur diejenigen Pflichten zu erfüllen, die in der engen Sphäre des Lebens eines Beamten anfallen. Er muß vielmehr alles tun, um jegliche Gefahr von seinem Dienstherrn, das heißt von diesem Staat abzuwenden. Wenn Sie das von dem Beamten nicht verlangten, würden Sie von ihm weniger verlangen, als man von jedem gewöhnlichen Angestellten auch in der freien Wirtschaft fordert. Nach der ständigen arbeitsrechtlichen Rechtsprechung ist jeder Arbeitnehmer verpflichtet, auch außerhalb seiner eigentlichen Berufstätigkeit, außerhalb des Betriebes, allen Vorgängen entgegenzutreten, die dem Dienstherrn irgendwie Schaden bringen können.
Hinzu kommt, daß wir Sozialdemokraten in dieser Bestimmung gar nicht so sehr eine Verpflichtung für den demokratisch eingestellten Beamten sehen, sondern in viel stärkerem Maße glauben, dem Beamten durch diese Vorschrift eine Sicherheit zu geben, wenn er nihilistischen Elementen oder neofa-
schistischen Bewegungen entgegentritt. Gerade hierzu hat der Landtag von Nordrhein-Westfalen eine begrüßenswerte Entschließung gefaßt, als er erklärte, er stelle sich hinter jeden Beamten und Angestellten, der in der Verteidigung der Demokratie formal einmal fehlgreife. Die Beamten ollen wissen, daß Parlament und Regierung schützend hinter ihnen stehen, wenn sie sich für diesen Staat einsetzen. Daher ist diese Vorschrift in erster Linie dafür gedacht, dem Beamten Mut zu geben, den Feinden einer freiheitlichen Staatsordnung entgegenzutreten. Haben Sie doch nicht die Angst, wir könnten in der Beamtenschaft ein Zuviel an kämpferisch veranlagten Demokraten bekommen. Davon kann es nach unserer Meinung nie genug geben.
Das Wort hat Frau Abgeordnete Albrecht.
Herr Präsident, meine Herren und Damen! Am 1. und 2. Dezember vorigen Jahres fand in diesem Hause über die Gleichberechtigung von Mann und Frau eine Debatte statt. Im Grundgesetz ist dieses Recht — ich brauche Ihnen den Artikel nicht zu nennen, weil Sie ja das Grundgesetz inzwischen selbst alle genauestens kennen — verankert. Aber an diesem Tage sind uns sehr freundliche und gute Worte aus allen Fraktionen zu Gehör gebracht worden. Wir stellten fest: wir Frauen sind in diesem Bundestag wirklich gleichberechtigte Bürgerinnen. Ich muß Ihnen aber sagen: ich war erschüttert, als ich an den Besprechungen des Ausschusses für Beamtenrecht teilnehmen konnte und feststellen mußte, daß es um die Gleichberechtigung der Frau gar nicht so sicher stand,
sondern daß es doch noch wesentliche Unterschiede gibt.
Im Beamtenrechtsausschuß haben wir uns für die Gleichberechtigung der Beamtin eingesetzt; denn die Beamtin ist ja auch ein Mensch, nicht wahr? Sehr viel schöne Worte sind für die Beamtin gesprochen worden, aber bei den Beratungen der einzelnen Paragraphen dieses nationalsozialistischen Gesetzes wollte man doch an dem festhalten, was in den Paragraphen des Gesetzes von 1937 stand. Zwar sind die §§ 63, 93 und 97 abgeändert worden, aber der § 28 blieb in seiner alten Fassung bestehen, ebenso auch der § 10 Absatz 2 Ziffer 4, mit dem wir uns ebenfalls in unserer Fraktion eingehend beschäftigt haben. In diesem § 10 Absatz 2 Ziffer 4 heißt es, daß die Frau des Beamten, die einen Gewerbebetrieb für sich einrichten will, nun nicht etwa diesen Betrieb auch eröffnen kann — nach dem Grundgesetz hat sie das Recht dazu, jede andere Regelung bedeutet einen Eingriff in ihre persönlichen Rechte —, sondern es wird von ihr verlangt, daß sie bei der vorgesetzten Behörde ihres Ehemannes die Erlaubnis einholen muß, einen Gewerbebetrieb eröffnen zu dürfen. Wir verwahren uns ganz energisch gegen diesen Eingriff in die privaten Rechte der Frauen der Beamten. Ich habe inzwischen festgestellt, daß es sich meistens um Frauen der kleinen, also der schlechtbezahlten Beamten handelt. Es handelt sich doch um die Milchfrau; denn die Frau, die einen akademischen Beruf ausübt, der hohe geistige Anforderungen stellt, braucht bei der vorgesetzten Behörde ihres Mannes nicht um Erlaubnis zu fragen, ob sie diesen Beruf ausüben darf.
Ich kenne die Argumentation, die Sie im Beamtenrechtsausschuß veranlaßte, dagegen zu sprechen. Sie argumentieren damit, es sei nicht möglich, einer Frau eines Beamten die Genehmigung zur Eröffnung eines Gewerbebetriebes zu erteilen, denn es konnten zu leicht Bestechungen oder Korruption vorkommen. Sie brauchten nicht vorzukommen, wenn man in den Menschen selbst ein klein wenig mehr Vertrauen setzte. Falle solcher Art kommen, wie wir wissen, auch in anderen Kreisen vor.
Überlegen Sie doch einmal, warum die Frau zur Arbeit greift. Warum eröffnet sie einen Gewerbebetrieb ? Doch nur deshalb, weil der kleine Beamte bei Großerwerden seiner Familie nicht aas verdient, was er zum Lebensunterhalt braucht. Weil sich die Frau verpflichtet fuhrt, ihm zur Seite zu stehen, um ihren Kindern das zu bieten, was sie in der heutigen Gesellschaft brauchen; deshalb greift sie zur Arbeit. Wir sind der Meinung: wenn sich die Frau dieses ihr zustehende Recht nimmt, soll man ihr nicht zumuten, bei der vorgesetzten Behörde um Erlaubnis nachzufragen.
Im übrigen heißt es doch im Bürgerlichen Gesetzbuch, daß die Frau nut dem Mann nicht verwandt ist, nur die Kinder sind mit dem Manne verwandt. Würde also eine Tochter oder ein Sohn, neren Vater im Beamtenverhältnis steht, einen Gewerbebetrieb eröffnen, brauchten diese in verwandschaftlichem Verhältnis zu ihm Stehenden keine Erlaubnis der vorgesetzten Behörde einzuholen. Aber die Frau, nie nach dem Gesetz sicn in keinem verwandschaftlichen Verhältnis zu ihm befindet, soll eine Erlaubnis einholen! Darum bitten wir Sie, daß auch hier der Frau das ihr zustehende Recht auf Gleichberechtigung gewahrleistet wird und daß das Hohe Haus unserem Wunsch nachkommt, im § 10 Ziffer 2 den vierten Absatz zu streichen.
Gestatten Sie mir, daß ich auch einige wenige Sätze über den §§ 28 des Beamtengesetzes von 1937 sage. im Beamtenrechtausschuß wurde darauf hingewiesen, daß dieses Gesetz ja nur ein Übergangsgesetz sei und daß man darum diese Dinge auch im § 28, wo es um die Lebensalterangreichung geht, bestehen lassen könne. Ich persönlich verwahre mich gegen eine Doppelgleisigkeit, nach außen in der Agitation davon zu sprechen, man setze sich fur die Gleichberechtigung, es solle vorlautig alles so bleiben.
Wir persönlich sind der Meinung, daß auch in einem Übergangsgesetz der alte Zopf ruhig abgeschnitten werden sollte!
Denn wenn man diesen Zopf jetzt abschneidet, braucht man es nachher bei der Beratung des ordentlichen Gesetzes nicht mehr zu tun. Nicht wahr, Frau Dr. Weber? Dann erspart man sich eine ganze Menge Arbeit.
Meine Herren und Damen, diese Arbeit wollte ich Ihnen im Rechtsausschuß und auch in diesem Hause ersparen. Darum bitten wir Sie, genau so fortschrittlich zu sein, wie es die FDP noch nachträglich gewesen ist, die auch inzwischen diesen Zopf abgeschnitten hat. Heißt es doch im Artikel 28, daß der Mann mit dem vollendeten 27. Lebensjahr bereits Beamter werden kann, die Frau aber erst — man höre, und das im ersten Deutschen Bundestag! — —
— Meine Herren, lassen Sie ein klein wenig Ihr eigenes Gewissen sprechen, besonders Sie, Herr Abgeordneter Farke! Ich möchte Ihnen doch sagen, Sie wären ja alle nicht Parlamentarier
— so ausgezeichnete, so vorzügliche Parlamentarier —, wenn Sie nicht so glänzende und so kluge Mütter gehabt hätten, nicht wahr?
Alles, was Sie sind und was Sie können, meine Herren, verdanken Sie Ihrer Mutter! Auch wir Frauen verdanken es den Müttern.
Kein geringerer als der alte Herr Geheimbde hat Goethe nat es bestätigt, und Sie wonen noch nicht dem Geheimbden Rat Goethe diese seine letzte Weisheit absprechen! Aber wenn Sie der Frau nicht die Möglichkeit geben, genau so mit dem vollendeten 27. Lebensjahr in aas Beamtenverhältnis hineinzugehen, nann beschneiden Sie ihr eine ganze Menge Arbeitsjahre, und in der heutigen Zeit der so kolossalen gesellschaftlichen Umwandlung — ich brauche Ihnen diese Dinge nicht alle auseinanderzusetzen, das sollten Sie ja selbst wissen — —
— Sie stimmen zu? Dann erübrigt es sich, daß ich weiterspreche und Ihre kostbare Zeit in Anspruch nehme. Ich danke ihnen für Ihre moderne Haltung.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Böhm.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es steht wohl ganz außer Zweifel, daß dieses Gesetz, das heute zur Verabschiedung steht, nicht nur bei den Bediensteten in den öffentlichen Betrieben, nicht nur beim gesamten deutschen Volk ein außerordentlich großes Interesse ausgelöst hat, sondern ich glaube, wir sind uns darin einig, daß mit der Verabschiedung dieses Gesetzes auch über die Landesgrenzen hinaus sichtbar wird, ob die neue deutsche Bundesrepublik etwas aus der Vergangenheit gelernt hat und ob sie gewillt und bereit ist, bei der Neuordnung der gesamten Gesetzgebung eine Reihe von Grundsätzen zu verwirklichen, die einmal mit der politischen Entwicklung, auf der andern Seite aber auch mit der sozialpolitischen und arbeitsrechtlichen Ordnung in Deutschland eingehend verbunden sind.
Als im Jahre 1946 durch Anregungen der Militärbehörden hier in den westlichen Besatzungszonen die Frage des Berufsbeamtentums auf die Tagesordnung gestellt wurde, hat sich meine Partei rückhaltlos zum Berufsbeamtentum bekannt. Meine Partei hat es abgelehnt, die Frage des Berufsbeamtentums auf administrativem Wege zur Entscheidung zu bringen. Sie hat sich darüber hinaus allerdings auf den Standpunkt gestellt, daß man bei der Beratung über das Berufsbeamtentum den Berufsbeamten nicht in den höheren und höchsten Dienststellen suchen kann, sondern daß das Berufsbeamtentum in allen Zweigen der öffentlichen Wirtschaft und der Verwaltung gesucht und geschaffen werden muß.
Meine Partei hat eine Reihe von Anträgen zu dem Gesetzentwurf, der hier zur Beratung steht, eingereicht, und ich darf hier sagen, daß diese Anträge, die meine Partei sowohl im Beamtenrechtsausschuß wie auch im Plenum zu vertreten hatte und zu vertreten hat, zum großen und überwiegenden Teil auch Anträge der gewerkschaftlichen Organisationen sind. Wenn ich hier besonders die Anträge der gewerkschaftlichen Organisationen herausstelle, dann will ich damit gleichzeitig zum Ausdruck bringen, daß hier die Regierung und die Regierungsparteien bei der Verabschiedung dieses Gesetzes und bei der Behandlung der Anträge die Möglichkeit gehabt hätten, dem Verlangen und dem Willen der Gewerkschaften auch einmal Rechnung zu tragen, auch dann, wenn es nicht gerade in die außenpolitische Debatte hineinpaßt.
Man hat hier den Willen der Gewerkschaften in einer Reihe von Vorgängen im Bundestag selbst mit herausgestellt; aber da, wo es darauf ankommt, einmal diesem Faktor der Gewerkschaften mit seinen Anträgen und mit seinem Willen in irgendeiner Art und Weise entgegenzukommen, ist in der Regierungsvorlage und in diesem Gesetz nichts zu spüren.
Meine Fraktion hat sich bei ihrer Stellung zum Berufsbeamtentum von einer Reihe von Grundsätzen leiten lassen, die ich nunmehr in den von uns gestellten Anträgen kurz zu begründen versuchen werde.
Eine der wesentlichsten Voraussetzungen für die Bejahung des Berufsbeamtentums durch meine Partei liegt darin, daß das gesamte Berufsbeamtentum aus der Atmosphäre der „grauen Eminenz" herausgelöst wird, daß das Berufsbeamtentum volksnahe gemacht wird und daß besonders bei der Regelung der Rechtsverhältnisse der Beamten eine Reihe von diskriminierenden Bestimmungen, Rechtsungleichheiten usw. beseitigt werden. Meine Partei ging weiter von dem Standpunkt aus, daß die Entwicklung auf staatspolitischem Gebiet eine Reihe von Voraussetzungen geschaffen hat, die auch im Gesetz mitverankert werden müssen. Die Regierungsparteien haben es nicht nur hier bei der Begründung zu dem Gesetz betont, sondern auch bei den Begründungen, die im Beamtenrechtsausschuß gegeben worden sind, wurde immer wieder darauf hingewiesen, daß einmal die Forderungen der sozialdemokratischen Fraktion und darüber hinaus auch die Forderungen der gewerkschaftlichen Organisationen bis zur endgültigen Lösung der Gesetzestrage überhaupt zurückgestellt werden sollten. War stehen auf dem Standpunkt, daß auch im Übergangsgesetz eine Reihe von Grundsätzen enthalten sein und hineingearbeitet werden müssen, die präjudizierend für die kommende Gesetzgebung wirken. Es wäre hier die Möglichkeit gegeben, auch van der Regierungsseite her schon im Anfang die Tat zu setzen und im Übergangsgesetz zum mindesten aufzuzeigen, wie für
die Zukunft die Regelung der Rechtsverhältnisse
in den öffentlichen Diensten gestaltet werden soll.
Soweit die Gleichberechtigung' der Angestellten und Beamten im öffentlichen Dienst in Frage kommt, hat meine Kollegin Albrecht bereits das Notwendige gesagt. Ich kann mich zunächst einmal auf eine Reihe von anderen Grundsätzen konzentrieren.
Da gestatten Sie mir eine Frage besonders herauszustellen. Bei der Bejahung des Berufsbeamtentums sind wir von dem Standpunkt ausgegangen, dem Berufsbeamtentum draußen in der Öffentlichkeit wieder das Vertrauen und die Rolle zu geben, die das Berufsbeamtentum im Staate selbst spielen muß; das heißt, der Berufsbeamte
— wenn wir den Begriff nehmen wollen - und der Beamte überhaupt wird sich nicht mehr
— das ist auch in der ersten Lesung gesagt worden — in einer sogenannten „Kaste" abkapseln können, sondern der Berufsbeamte wird sich bemühen müssen, nach außen hin in lebendiger Verbindung zu seiner Arbeit und zu seinem Arbeitskreis seine Pflichten zu erfüllen. Wir waren der Meinung und sind es auch jetzt noch, daß auch die Leistung des Berufsbeamten bei der Eingruppierung, bei der Beförderung im Vordergrund stehen muß. Wir sind der Meinung, daß der berühmte Trottelparagraph, der ja in allen Diskussionen eine sehr große Rolle spielt, in die neue Gesetzgebung mithineingearbeitet werden muß, daß alle Eingruppierungen, Beförderungen usw. von der Leistung des einzelnen Beamten abhängig gemacht werden müssen und daß die Möglichkeit gegeben sein muß, da, wo auf Grund dieser Bestimmungen die Leistung nicht gegeben ist, durch andere Maßnahmen einzuwirken. Ich verweise hier auf Ziffer 5 der Drucksache Nr. 526 betreffend Neuordnung des § 21 des alten Gesetzes von 1937.
Ich komme zu Ziffer 9 der Drucksache Nr. 526. Dort haben wir beantragt, die Bestimmung des § 28 Absatz 2 in das Gesetz mitaufnehmen zu wollen, daß derjenige, der eine Mindestdienstzeit von 10 Jahren zurückgelegt hat und sich im Probe- und Vorbereitungsdienst befindet, zum mindesten dann in das Beamtenverhältnis übernommen werden soll.
Wir haben weiter in unserem. Antrag einen § 28 a folgenden Wortlauts eingefügt:
Wer als Angestellter mindestens 10 Jahre im öffentlichen Dienst tätig war, muß auf seinen Antrag in das seiner in den letzten drei Jahren ausgeübten Tätigkeit entsprechende Beamtenverhältnis auf Lebenszeit übergeführt werden.
Mit dieser Bestimmung wollen wir einen Teil der Rechtsungleichheit beseitigen; wir wollen damit aber auch gleichzeitig den Angestellten, die 10 Jahre und länger in der öffentlichen Verwaltung beschäftgt sind, eher als bisher und besser als bisher die Möglichkeit geben, in das Beamtenverhältnis hineinzuwachsen, vorausgesetzt
— das ist im Antrag niedergelegt — daß sie eine derartige Tätigkeit seit mindestens 3 Jahren verrichtet haben.
Unter Ziffer 11 stellen wir den Antrag, § 3 Ziffer 7 in der Weise zu ändern, daß mit § 42 die Einsicht in die Personalakte gewährt wird. Wir haben verlangt, daß der Beamte Einsicht in seine vollständigen Personalakten bekommt und daß der Beamte dieses Recht auch seiner Personalvertretung übertragen kann. Wir sehen darin eine wesentliche Bestimmung auf dem Gebiete des Mitbestimmungsrechts und der Betriebsvertretung, wozu ich gleich noch einiges zu sagen habe. Ich verweise auch hier auf die Drucksache Nr. 526 und bitte, genügend Notiz davon zu nehmen.
Ich möchte nun noch die von uns beantragte Einfügung eines § 42 a begründen. In diesem Paragraphen ist von der Vereinigungsfreiheit die Rede. Aber nicht nur die volle gewerkschaftliche Betätigung, sondern auch das Recht der Mitwirkung der Betriebsvertretung ist in dieser Bestimmung angesprochen. Neben der Mitwirkung der Betriebsvertretung ist in Absatz 3 dieses § 42 a der Antrag auf Bildung eines Personalamtes gestellt. Die Bildung des Personalamtes und das Personalamt überhaupt hat schon in der ersten Debatte zu diesem Gesetz eine außerordentlich große Rolle gespielt. Meine Damen und Herren, ich verrate Ihnen nichts Neues, wenn ich Ihnen sage, daß auch wir dem Personalamt nicht kritiklos gegenüberstehen. Auch das Personalamt, so wie es jetzt in seinem inneren Aufbau war, hat bestimmt eine ganze Reihe von Reformen nötig. Wir halten aber die Schaffung eines Personalamtes für dringend erforderlich, weil wir der Auffassung sind, daß bei der Durchführung des § 21, das heißt bei der Anwendung des Trottelparagraphen, der Einsicht in die Personalakten, der Zurückgruppierung, der Ablehnung von Beförderungen usw. die Personalvertretung mitreden muß, und daß man es hier nicht allein der Entscheidung der obersten Dienstbehörde überlassen darf, ob diese oder jene Regelung, diese oder jene Maßnahme notwendig ist.
Wir halten aber noch aus einem anderen Grunde die Schaffung des Personalamtes für notwendig. Meine Damen und Herren, seien Sie sich darüber klar - und diesen Appell möchte ich auch an die Regierung, und zwar nicht nur an die Regierung in ihrer Gesamtheit, sondern auch an die einzelnen Minister und ihre Ressorts richten —, daß die Frage des Mitbestimmungsrechtes, die Frage der demokratischen Ordnung im Betrieb für die öffentlichen Betriebe und Verwaltungen genau so wie für jeden Privatbetrieb auf der Tagesordnung steht.
Ich habe hier ein Urteil liegen, das dem Herrn Wirtschaftsminister in der Zwischenzeit bekanntgeworden sein wird. Noch besteht das Gesetz 22 der Militärregierung zur Schaffung der Betriebsvertretungen, aus dem sich, die Notwendigkeit ergibt, Betriebsvereinbarungen abzuschließen. Das Verwaltungsamt für Wirtschaft mußte sich deswegen verklagen lassen, und das Obergericht des Vereinigten Wirtschaftsgebietes hat die Verwaltung für Wirtschaft, das jetzige Wirtschaftsministerium, am Donnerstag vergangener Woche verurteilt, bereits ausgesprochene Entlassungen für rechtsungültig erklärt und dem Wirtschaftsministerium bzw. der Wirtschaftsverwaltung bescheinigt, daß die Nichtanwendung dieser demokratischen Mitbestimmungsrechte Gewaltmißbrauch darstellt,
und daß auch ein Staat nicht dadurch aus der Klemme herauskommen darf und kann, daß er diese Bestimmung einfach außer acht läßt. Der Herr Präsident wird mir gestatten, einen Absatz aus der Urteilsbegründung vorzulesen. Dort heißt es:
In diesem Licht betrachtet, ist das Prozeßvorbringen der Revisionsklägerin objektiv
geeignet, den sehr schmerzlichen Eindruck zu erwecken, daß hier eine neue und gefährliche These von der Macht des Staates aufgestellt wird,
der zufolge der Staat, um sich in Verlegenheiten Luft machen zu können, befugt sein soll, sich einseitig von cien Verpflichtungen eines gültigen Vertrages zu lösen. Einem solchen Versuche, mit einer unhaltbaren Begriffskonstruktion wie mit einem archimedischen Hebel Recht und Gerechtigkeit aus den Angeln zu heben und damit die Existenzgrundlage des Volkes anzutasten, muß die Justiz im Namen . des Rechtes mit allem Nachdruck entgegentreten.
Das oberste Verwaltungsgericht stellt also die Mitwirkung der Personalvertretungen auch in den öffentlichen Betrieben ais eine durch die Verhältnisse gegebene Notwendigkeit und jeden Versuch, sie zu verhindern, als einen Gewaltmissbrauch dar.
Ich glaube, damit bei der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit die von uns gestellten Antrage im großen und ganzen ausreichend begründet zu haben. Ich möchte aber noen einmal darauf hinweisen, daß unseren Antragen die Absicht zugrunde liegt, aas Berufsbeamtentum wieder in sauberer und anständiger Form in die Verwaltung zu stellen, auch die notwendige Demokratisierung der öffentlichen Verwaltung durchzuführen und die Mitbestimmung und Mitverantwortung von Gewerkschaften und Betriebsvertretungen in den öffentlichen Betrieben sicherzustellen. Ich bin fest davon überzeugt, daß wir um diese Regelungen nicht herumkommen werden. Es wäre nur die Regierungsparteien richtig und notwendig gewesen, schon im Übergangsgesetz den Versuch zur Regelung dieser Verhältnisse zu machen. Wir bitten sie also, diesen Anträgen, aie nur Notwendigkeiten und keinem agitalorischen Bedürfinis entsprechen, zuzustimmen und ein Gesetz zu schaffen, das sich nicht nur in Deutschland, sondern auch darüber hinaus rechtfertigen und sehen lassen kann.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Arnnolz.
Meine Damen und Herren! Ich habe aie Aufgabe, aie lautengen Nummern 7, 8 und 15 der Drucksache Nr. 526, die in einem inneren Zusammenhang miteinander stehen, zu begründen. Die Fassung von Satz 1, wie wir sie Ihnen unter Nr. 7 vorschlagen, stimmt mit der Fassung überein, die der Ausschuß für beamtenrecht vorgelegt hat. Sowohl in der Vollversammlung ais auch im Ausschuß haben Mitglieder der Koalitionsparteien darauf hingewiesen, wie bedeutungsvoll es ist, daß in die Verwaltung auch Personen aufgenommen werden, die nient den üblichen Weg der Vorbereitung der Beamtenschaft gegangen sind Sie versprachen sich davon eine großere Beweglichkeit, eine größere Leistungsfähigkeit der Verwaltung. Ich glaube, die Hinzuziehung dieses Personenkreises wurde auch eine Bereicherung und Erweiterung des Gesichtskreises der Beamtenschaft bedeuten und ihr in der Urteilsfindung eine größere Sicherheit geben. Aus dieser Blutsauffrischung, wie man sie genannt hat, ergibt sich zugleich -so erkannte man an — auch die Beseitigung der Gefahr, dal3 eine zu große Verbürokratisierung eintritt, die Beseitigung der Gefahr des Abschließens des Beamtenkurpers von der übrigen Bevölkerung, die Gefahr der Kastenbildung.. Man hat gesagt und dies besonders hervorgehoben, daß diese Blutsauffrischung auch im wohlverstandenen Interesse des Berufsbeamtentums selbst liege. Man sollte annehmen, daß man aus diesen Erkenntnissen auch die notwendigen Folgerungen gezogen hätte. Leider hat man sich aber zu nicht mehr als zu einer Soll-Vorschrift aufgeschwungen, so wie sie aus den Beratungen des Ausschusses für Beamtenrecht zu § 3 laufender Nr. 5 hervorgegangen ist. Es ist mir unverständlich, warum man nicht eine klare Ist-Bestimmung schafft, warum man sich scheut, eine solche Klarstellung herbeizuführen. Dazu hätte auch Artikel 33 Absatz 2 des Grundgesetzes Veranlassung geben sollen.
Die Begründungen, die man für die Ablehnung der Ist-Vorschritt gegeben hat, sind doch zu fadenscheinig. Man sagte, man befürchte Weiterungen, wenn keine oder nicht genügend Bewerber außerhalb der üblichen Laufbahn vorhanden sind. Man übersieht dabei geflissentlich, daß unser Antrag zur Voraussetzung macht, daß die Bewerber die erforderliche Eignung haben. Man kann natürlich keiner Behörde zumuten, Bewerber einzustellen, die diese Eignung nicht haben.
Es kommt aber noch etwas weiteres hinzu. Es werden ja nicht nur solche Bewerber berücksichtigt, die sich ihre Eignung außerhalb der Behörden, außerhalb der Verwaltungen erworben haben, also die sogenannten eigentlichen Außenseiter, sondern auch solche, aie ihre Eignung innerhalb der Behörden abweichend von der üblichen Laufbahn dargetan haben. Insofern würde die Ablehnung unseres Antrags die Behauptung enthalten, daß zum Beispiel für die gehobene Lautbahn neben den sogenannten Außenseitern nicht die nötige Zahl von Bewerbern in der mittleren Laufbann und unter den entsprechenden Angestellten, weiterhin fur die höhere Laufbahn neben den sogenannten Außenseitern nicht die erforderliche zahl von Bewerbern in der gehobenen Lautbahn und unter den entsprechenden Angestelltengruppen vorhanden ist. Meine Damen und Herren, ich sehe darin eine herabsetzung der Fähigkeiten und der Leistungen dieser Gruppen.
Im übrigen sieht der SPD-Antrag vor, daß Stehen mit Bewerbern außerhalb des üblichen Werdeganges im angemessenen Verhältnis besetzt werden sollen. Es ist bewußt davon abgesehen worden, einen bestimmten Prozentsatz im Gesetz festzulegen. Es ist fernerhin vorgesehen, daß dieses angemessene Verhältnis jeweils fur 1 Jahr festgelegt wird. Die genügende Beweglichkeit fur aie Verwaltung ist also, glaube ich, auch in unserem Gesetzestext durchaus vorgesehen. Es ist somit in der Formulierung jede erdenkliche Vorsicht angewendet worden, zumal das angemessene Verhältnis von den obersten Dienstbehörden im Einvernehmen mit dem Personalamt* festgestellt wird.
Schließlich wäre es nicht zu verstehen, daß die Mitglieder der Koalitionsparteien gegen die von uns beantragte Fassung stimmen, da der Herr Bundesinnenminister selbst den Standpunkt vertreten hat, daß auch sogenannte Außenseiter zu berücksichtigen sind. Hier ist also auch von ihm die
Formulierung gewählt, die wir Ihnen vorschlagen. Meine Damen und Herren von den Koalitionsparteien, ich möchte nicht annehmen, daß Sie mit Ihrer Ablehnung zum Ausdruck bringen wollten, daß der Herr Bundesinnenminister Formulierungen gewählt hat, die in der Öffentlichkeit Auffassungen hervorrufen könnten, die mit den Absichten der Koalitionsparteien nicht übereinstimmen. Ich kann mir auch nicht denken, daß Sie durch eine abermalige Ablehnung unseres Antrages dem Herrn Bundesinnenminister etwa bescheinigen wollten, daß er leichtfertig oder ungeschickt formuliert habe. Aus den dargelegten Gründen bitte ich Sie, meine Damen und Herren, und besonders Sie von der Regierungskoalition, entsprechend der vom Herrn Bundesinnenminister geäußerten Auffassung — ich zitiere wörtlich —, „daß die Übernahme dieses Reformgedankens für das vorläufige Recht dringend geboten erscheint", dem Antrag der SPD-Fraktion unter Nr. 7 zu § 3 der Drucksache Nr. 526 zuzustimmen.
Ein erheblicher Teil dessen, was ich zur Begründung der laufenden Nr. 7 ausgeführt oder in Erinnerung gerufen habe, gilt auch für den Antrag der laufenden Nr. 8. Es kommt hinzu, daß auch schon in der Praxis bis zu einem gewissen Grade freie Stellen ausgeschrieben worden sind. Damit ist die Zweckmäßigkeit und das Bedürfnis für diese Ausschreibung nachgewiesen. Neu ist in unserem Antrage nur, daß eine öffentliche Bekanntmachung auch für Prüfungen gefordert wird. Dadurch soll erreicht werden, daß Interessierte von der Möglichkeit erfahren, durch Ablegung einer solchen Prüfung ihre Eignung und Befähigung für ein bestimmtes Amt darzutun. So würde man auch hier wieder entsprechend dem Artikel 33 Absatz 2 des Grundgesetzes den Zugang zu den öffentlichen Ämtern, wie es das Grundgesetz wünscht, ermöglichen. Die öffentliche Bekanntmachung ist aber auch deswegen nötig, damit man den Artikel 36 des Grundgesetzes durchführen kann, der vorschreibt, daß in den obersten Bundesbehörden Beamte aus allen Ländern im angemessenen Verhältnis beschäftigt werden sollen und daß bei den übrigen Bundesbehörden die Beamten aus dem Lande genommen werden sollen, in dem sie tätig sind. Wie will man dieser Vorschrift einwandfrei Rechnung tragen, wie will man sie einwandfrei durchführen ohne eine öffentliche Bekanntmachung der freien Stellen und der vorgesehenen Prüfungen?
Darüber hinaus scheint mir die Einfügung dieser Vorschrift auch im Interesse der Vertriebenen notwendig. Wie will man sonst geeignete Kräfte, die in diesem großen Personenkreise vorhanden sind, für die richtigen Plätze herausfinden? Aber auch ganz allgemein ist die öffentliche Bekanntmachung der einzige Weg, sich eine Übersicht über die vorhandenen Kräfte zu verschaffen und die Auswahl unter den besten der vorhandenen Kräfte zu treffen. Nebenbei bemerkt, wird das zu erwartende Angebot auf die öffentlichen Bekanntmachungen innerhalb der Verwaltung diejenigen, die vorwärts streben, zu höchster Leistung anspornen, damit sie unter den Bewerbern, die nicht aus derselben Verwaltung sich melden oder die überhaupt von außerhalb der Verwaltung kommen, bei der Auswahl auch wirklich bestehen können.
Um Bedenken zu begegnen, daß besonders in Zeiten wirtschaftlicher Depression von vornherein unbrauchbare Bewerber in großer Zahl auftreten, sieht der SPD-Antrag eine Anzahl von Beschränkungen vor, die ich Sie selber unter der Ziffer 8 nachzulesen bitte, damit ich mich möglichst kurz fassen kann.
Die Vorschriften, die wir unter Ziffer 5 unseres Antrags zur Debatte stellen, ergeben sich aus dem Grundsatz der demokratischen Verwaltung überhaupt und aus der Anerkennung des Leistungsprinzips, das, wie ich wohl annehmen darf, weder in diesem Hause noch unter den Beamtenorganisationen auf Widerstand stößt. Das Amt mit dem größeren Ansehen und dem höheren Gehalt soll nicht ersessen werden, sondern soll durch Hingabe, durch Fleiß und durch Leistung errungen werden. Wo unter diesen Voraussetzungen persönliche Eignung nachgewiesen ist, darf aber das sogenannte Juristenmonopol den Aufstieg nicht versperren. Daher wünschen wir klarzustellen, daß juristische Vorbildung nur für reine Juristenstellen zur Bedingung gemacht werden darf. Folgerichtig können bei Beförderungen auch nicht Hochschulprüfungen zur Voraussetzung gemacht werden.
Die Fraktion der SPD legt größten Wert darauf, daß die in Rede stehenden Grundsätze auch schon im vorläufigen Personalgesetz zum Ausdruck kommen. Wir wissen uns darin mit dem Teil der Beamtenschaft einig, der nicht nur ein Lippenbekenntnis zur fortschrittlichen Entwicklung ablegt, sondern ihn wirklich bejaht. Es genügt uns nicht, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, daß immer wieder nur grundsätzliche Übereinstimmung oder Zustimmung versichert wird. Hier ist der Ort und heute ist die Zeit, Farbe zu bekennen. Darum bitte ich Sie namens der Fraktion der SPD um Zustimmung auch zu Ziffer 8 unseres Antrags.
Zu § 85 Absatz 1 des Textes des alten Gesetzes von 1937 kann ich mich kurz fassen. Er enthält eine Kann-Vorschrift, die es den obersten Dienstbehörden und dem Bundesfinanzminister ermöglicht, auf die ruhegehaltsfähige Dienstzeit von sogenannten Außenseitern eine gewisse Zahl von Berufsjahren und Tätigkeiten, die in den Ziffern 2 bis 5 des betreffenden Paragraphen bezeichnet sind, anzurechnen. Der Sinn ist, daß Frauen und Männern, auf deren Eintritt in den Bundesdienst besonderer Wert gelegt wird, ein gewisser Anreiz gegeben wird. Von der allgemein vorgesehenen Anrechnungsfähigkeit bildet aber die Anrechnung für die sogenanten Außenseiter eine Ausnahme. Sie werden durch den letzten Satz des Absatzes 1 schlechter gestellt, gewissermaßen diffamiert. Dieser letzte Satz enthält eine doppelte Sperrvorschrift, daß einmal nur die Hälfte der Berufsjahre angerechnet werden darf und daß zweitens im Höchstfall überhaupt nur zehn Jahre als ruhegehaltsfähige Dienstzeit gutgebracht werden dürfen. Ein solches Verfahren ist mit der Rechtsgleichheit schlechterdings unverträglich, es ist darüber hinaus im Interesse der Verwaltung unzweckmäßig. Wenn man ehrlich die auch von den Regierungsparteien anerkannten Vorteile der Heranziehung besonders tüchtiger Außenseiter für die Verwaltung sichern will, insbesondere von Außenseitern mit einer langen Berufs- und Lebenserfahrung, dann muß man dem Antrag meiner Freunde auf Streichung dieses letzten Satzes des Absatz 1 von § 85 zustimmen. Das kann auch die Regierungskoalition um so eher tun, als der ganze Absatz 1, wie ich bereits ausgeführt habe, eine Kann-Vorschrift ist. Die Streichung dieses letzten Satzes schafft also
keine Verpflichtung für die Verwaltung. Außerdem ist eine besondere Sicherung gegen etwa zu großzügiges Entgegenkommen der einen oder anderen oberen Dienstbehörde auch dadurch gegeben, daß eine solche Anrechnung der Zustimmung des Bundesfinanzministers bedarf. Somit wäre die Ablehnung des Antrags durch die Regierungsparteien ein doppeltes Mißtrauensvotum, nämlich erstens ein solches gegen die obersten Dienstbehörden und zweitens ein solches gegen den Herrn Bundesfinanzminister.
Aus den vorgetragenen Gründen erwartet daher die Fraktion der SPD, daß auch die Regierungsparteien der Ziffer 15 der SPD-Anträge auf Drucksache Nr. 526 zustimmen und daß den vielen schönen Worten endlich auch Taten folgen.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Baur.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der § 5 Absatz 2 des Wahlgesetzes zum Bundestag sieht vor, daß die Abgeordneten, die Beamte sind und Hoheitsrechte ausüben, aus ihren Ämtern auszuscheiden haben, ebenso die Angestellten der öffentlichen Anstalten usw. Aus dem Bericht des Berichterstatters haben Sie vernommen, daß die Mehrheit des Ausschusses bei den Beratungen auf dem Standpunkt stand, daß dafür ein eigenes Gesetz geschaffen werden sollte. Meine Fraktion ist gegenteiliger Meinung. Sie ist der Auffassung, daß diese Regelung gleich mit der Materie dieses Beamtengesetzes erfolgen sollte. Sie ist dieser Auffassung nicht zuletzt deshalb, weil der Kreis der Männer und Frauen, die von dieser Bestimmung betroffen worden sind, einen Anspruch darauf haben, daß sie in Bälde von den Sorgen befreit werden, die ein Ungeregeltsein ihrer persönlichen Rechte und ihrer Ansprüche an den Staat hervorruft. Wir haben ja bereits in den wenigen Monaten einige Todesfälle innerhalb unseres Parlaments erlebt. Kein Mensch weiß, wann er eines Tages aus dem Leben zu scheiden hat. Es ist daher eine Selbstverständlichkeit, daß die betreffenden Kollegen und Kolleginnen die Versorgung ihrer Hinterbliebenen geregelt wissen wollen. Wenn Sie sich die Bestimmung dieses Gesetzes genau ansehen, dann kann mit Fug und Recht gesagt werden, daß sie einer Ausnahmebestimmung gleichkommt, der die Abgeordneten, die Beamte oder Angestellte im öffentlichen Dienste sind, unterliegen. Es ist eine kollegiale Pflicht des Parlaments, auch die Verhältnisse dieser Kolleginnen und Kollegen raschestens zu regeln und ihre Ansprüche zu sichern.
Aus diesem Grunde bittet Sie meine Fraktion, dem Antrage zuzustimmen und die entsprechende Regelung schon bei der Verabschiedung des vorliegenden Gesetzentwurfs zu treffen.
Meine Fraktion hat außerdem den Antrag gestellt, daß die Bestimmung des § 83 des bisherigen Gesetzes auch für die Beamten gilt, die von den §§ 2 bis 4 des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 4. April 1933 betroffen worden sind, und bei denen es sich um anerkannte Wiedergutmachungsfälle handelt. Dieses Gesetz, das den famosen Titel „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" hatte, diente nicht dieser Wiederherstellung, sondern ausschließlich dem Zwecke, die aufrechten Männer und Frauen, von denen das nationalsozialistische Regime überzeugt war, daß sie seinen
politischen Bestrebungen nicht willfährig sein würden, daß sie aufrechte Demokraten sein würden, außer Dienst zu stellen, andererseits die vie] verschrienen Parteibuchbeamten in erhöhtem Maße einzuführen, damit man in entsprechender Zahl eine Gefolgschaft für die Gemeinheiten und Verbrechen hatte, die das nationalsozialistische Regime in seinem zwölfjährigen Bestande begangen hat. Nach Auffassung meiner Fraktion ist es eine Ehrenpflicht des Parlaments und nicht zuletzt auch der Bundesregierung, sich in erster Linie der Männer und Frauen zu erinnern, die damals in all den Jahren den Mut hatten, dem nationalsozialistischen Regime zu widerstehen, die aufrechte Bürger und Bürgerinnen bleiben wollten. Mit keiner Maßnahme kann größeres Vertrauen zu der jungen deutschen Demokratie erweckt werden als dadurch, daß man diesen Menschen endlich einmal Gerechtigkeit widerfahren läßt und ihre alten Ansprüche, die sie sich vor 1933 erworben hatten, anerkennt. Je vorbehaltloser, je aufrichtiger das geschieht, um so stärker wächst das Vertrauen dieser Bürger und Bürgerinnen in die Demokratie, das Ansehen der neuen Republik in der Welt. Ich ersuche Sie daher namens meiner Fraktion, auch diesem Antrage zuzustimmen.
Lassen Sie sich im übrigen nicht durch die Kürze meiner Begründung beeinflussen!
Glauben Sie nicht, daß unsere Anträge deshalb weniger wichtig seien! Nehmen Sie vielmehr diese Anträge ernst! Denn sie werden ein Beweis dafür sein, inwieweit die Wiedergutmachung im Interesse der von mir genannten Kreise, die Anerkennung ihrer Ansprüche von Ihnen ernst genommen wird.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Stopperich.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion hat den Antrag gestellt, den § 148 des Deutschen Beamtengesetzes vom 26. 1. 1937 zu streichen. Was besagt dieser § 148? Es heißt in diesem Paragraphen:
Stellen für Beamte dürfen nur eingerichtet werden, soweit sie die Wahrnehmung obrigkeitlicher Aufgaben in sich schließen oder aus Gründen der Staatssicherheit nicht von Angestellten oder Arbeitern versehen werden dürfen. Als obrigkeitliche Aufgabe gilt insbesondere nicht eine Tätigkeit, die sich ihrer Art nach von solchen des allgemeinen Wirtschaftslebens nicht unterscheidet, sowie eine Tätigkeit im Verwaltungsdienste, die sich in mechanischen Hilfeleistungen, im Schreibdienst und in einfachen Büroarbeiten erschöpft.
Dieser § 148 mag in einem reinen Obrigkeitsstaat eine Bedeutung gehabt haben; aber von unserem heutigen Staat können wir wohl sagen, daß er nicht mehr reine Hoheitsaufgaben zu erfüllen hat, daß seine größten Aufgaben auf dem Gebiete der Wirtschaft und des Sozialen liegen. In den letzten Jahren sind sehr viele Hoheitsaufgaben von Angestellten ausgeübt worden, ohne daß der Staat dadurch irgendwelchen Schaden erlitten hat.
Wir denken dabei an die Ausgabe von Lebensmittelkarten, an die Tätigkeit der Ernährungsämter, die im Interesse des Volkes von großer Bdeutung war. Es gibt auch heute noch viele wirtschaftliche Aufgaben, die genau so wichtig sind wie die Hoheitsaufgaben, und die von Angestellten ausgeübt werden. Sehr oft ist es auch schwer, die Hoheitsaufgaben von den wirtschaftlichen Aufgaben zu unterscheiden. Wenn gesagt wird, daß Beamtenstellen nur geschaffen werden sollen, wenn Hoheitsaufgaben für sie vorhanden sind, dann müssen wir den Standpunkt vertreten, daß Beamtenstellen nur dann geschaffen werden, wenn Arbeiten für sie vorhanden sind, die nicht allein auf dem Hoheitsgebiet liegen, sondern von der Notwendigkeit getragen werden.
Wir haben bereits früher darauf hingewiesen, daß Angestellte, die zehn Jahre im Staatsdienst sind, in Beamtenstellen übernommen werden sollen. Daher bitten wir darum, daß unser Antrag angenommen wird, da auch bereits im Beamtengesetz Nr. 15 diese Bestimmung fortfiel.
Ich habe dann weiter zu dem Antrag auf Drucksache Nr. 550 zu sprechen. Auch hier möchte ich darauf hinweisen, daß bereits im Beamtenrechtsausschuß eingehend darüber gesprochen wurde, daß dieses Gesetz nur ein Übergangsgesetz sein soll. Wir bitten daher, daß dieses Gesetz am 30. 9. außer Kraft tritt und daß das neue Beamtengesetz mit dem 1. 10. 1950 in Kraft gesetzt wird. Denn die bisherigen Vorbereitungen im Beamten-ausschuß haben hinreichend die schwierigen Stellen erkennen lassen. Wir glauben daher, daß das Ministerium die Möglichkeit hatte, die Wünsche der einzelnen Fraktionen zur Kenntnis zu nehmen. Es wäre dringend an der Zeit, endlich mit dem alten Naziüberbleibsel aufzuräumen.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Falkner.
Meine Damen und Herren! Der uns vorliegende vom Beamtenrechtsausschuß erarbeitete Entwurf eines Gesetzes zur vorläufigen Regelung der Rechtsverhältnisse der im Dienste des Bundes stehenden Personen weist vielleicht Schwächen und Mängel auf; aber er bewahrt doch grundsätzlich den Gedanken des Berufsbeamtentums. Ich kann deshalb namens meiner Fraktion erklären, daß wir uns gern für die Annahme der Vorlage aussprechen möchten.
Aber ich muß auf § 3 des Gesetzes hinweisen, der im Ausschuß folgende Fassung erhalten hat:
Die im Dienste des Bundes stehenden Personen müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der im Grundgesetz festgelegten demokratischen Staatsordnung bekennen. Sie haben auch außerhalb des Dienstes Angriffen auf diese Staatsordnung, die in ihrer Anwesenheit erfolgen, entgegenzutreten.
Diese Fassung, die sich von dem Text der Regierungsvorlage sehr wesentlich unterscheidet, ist im Ausschuß auf Antrag der SPD-Fraktion zustande gekommen. Der Gedanke, der dazu Veranlassung gegeben hat, ist zweifellos richtig und zu bejahen. Man hat sich gesagt, daß es in den Jahren von 1918 bis 1933 Beamte und Offiziere gegeben hat, die in einem besonderen Treueverhältnis zum Staat standen und trotzdem offen und heimlich gegen diesen Staat, gegen die Demokratie gewirkt haben. Das sollte ein zweites Mal
nicht geschehen. Diese Überlegung hat, wie gesagt, in einer Beratung des Ausschusses für Beamtenrecht Anlaß für die Fassung dieses § 3 gegeben. Meine Fraktion steht aber auf dem Standpunkt, daß die jetzige Fassung nicht gut ist. Denn es ergibt sich daraus zweifellos für einen Beamten die Pflicht, in dem Augenblick, in dem irgend etwas geschieht oder in dem er irgend el-was hört, was sich gegen das Grundgesetz wendet — sei es in einer Versammlung oder bei einer sonstigen Gelegenheit —, dagegen aufzutreten.
Nehmen Sie das Beispiel einer Versammlung. Es tritt ein Redner auf — es braucht gar keine politische Versammlung zu sein —, er spricht gegen das Grundgesetz; es fällt eine abfällige Äußerung gegen die Verfassung. Nun müßte der kleine Beamte, der als Zuhörer drin sitzt, auftreten und einschreiten.
— Mit dem Hinausgehen ist es nicht getan; dann wäre er ja feige. Ein Beispiel, das noch weitergehender ist: Wenn eine Zeitung mit einem Artikel, der sich gegen das Grundgesetz richtet, erscheint, müßte der Beamte, meinetwegen der Landrat, einschreiten. Wir haben vor kurzem in einer Pressekonferenz darüber gesprochen. Es wurde von journalistischer Seite - meines Erachtens mit Recht — erwähnt, daß der Beamte, der eine solche Zeitung nur liest, schon gegen sie einschreiten müßte. Wir glauben also, daß diese Fassung, deren gute Absicht wir anerkennen, untragbar ist.
Ich möchte deshalb namens meiner Fraktion den Antrag stellen, den ich auch dem Herrn Präsidenten schriftlich eingereicht habe, für den § 3 dieses Gesetzes die Fassung der Regierungsvorlage zu wählen, die einfach lautet:
Die im Dienst des Bundes stehenden Personen müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zur demokratischen Staatsauffassung bekennen.
Wenn jemand glaubt, daß diese Fassung nicht
scharf genug sei, so möchte ich darauf hinweisen,
daß ja schon im nächsten Paragraphen, im § 4,
die Ablegung des Diensteides des Beamten festgelegt ist, wo es heißt: „Ich schwöre, das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland zu
wahren." Wenn trotzdem noch Bedenken bestehen sollten und man einen Vergleich oder
Hinweis auf die Situation von 1931, 1932 und 1933
bringen sollte, dann möchte ich sagen: ich glaube
nicht, daß die sogenannte nationalsozialistische
Revolution deshalb erfolgreich war, weil damals
vielleicht einige 5000 Beamte Mitglieder dieser Partei waren, sondern ich glaube viel eher,
man hätte damals in der Demokratie den Mut
haben sollen, denjenigen politischen Organisationen, die sich nicht zur Demokratie bekannten,
auch die Rechte der Demokratie abzuerkennen.
Ich befinde mich dabei in guter Gesellschaft. Ich erinnere an das Buch, das in diesen Tagen aus der Feder des früheren sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Braun erschienen ist, der das, was ich jetzt kurz gesagt habe, bestätigt.
Es geht nicht darum, daß man den Beamten jetzt, wie es hier geschehen soll, zum Büttel des Staates macht. Wenn wir je in eine ähnliche Situation kommen sollten, wie die deutsche Demokratie sich im Jahre 1931 und 1932 befunden hat, dann müßte meiner Ansicht nach der demo-
kratische Staat, der Gesetzgeber, den Mut haben, zu erklären: In der Demokratie kann nur derjenige die Rechte eines Demokraten für sich in Anspruch nehmen, der auch gewillt ist, die Pflichten eines Demokraten zu erfüllen.
Eine nichtdemokratische politische Organisation hat im demokratischen Staat keine Existenzberechtigung. Sie können aber nicht eine Berufsgruppe des Volkes, nämlich den Beamten allein durch ein Gesetz oder durch eine Verordnung binden, daß er nun gegen irgendwelche Vorgänge einschreiten soll, die ihm nicht demokratisch erscheinen; sondern wir müßten den Mut haben, durch Gesetz zu verhindern, daß antidemokratische Organisationen im Staate entstehen.
Aus diesen Erwägungen bitte ich insbesondere die Regierungsparteien, sich dem Antrag der Bayernpartei anzuschließen, der ja nichts anderes besagt, als die von der Bundesregierung vorgelegte Fassung des § 3 dieses Gesetzes anzunehmen.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Nowack.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zuerst die Anträge meiner Fraktion kurz begründen. Sie haben die Drucksache Nr. 532 bekommen. Hier holen wir eigentlich nur etwas nach, was bei den Beratungen des Ausschusses wohl übersehen worden ist. Ich hätte den Antrag nicht erwähnt, wenn inzwischen nicht ein weiterer Antrag Drucksache Nr. 558 von seiten der SPD-Fraktion eingegangen wäre, der diesem Antrag nun einen ganz anderen Charakter geben will. Durch die vorgeschlagene Einfügung der drei Worte „und seine Vertreter" — ich glaube, es muß heißen: „und ihre Vertreter" - würde eine Kollegialregelung für die Entlassung und Ernennung von Beamten des Bundesrats bzw. des Bundestags notwendig sein. Wir glauben nicht, daß man einer solchen Regelung seine Zustimmung geben kann. Nur um diese Erklärung abzugeben, habe ich mich noch mit diesem Antrag hier befaßt.
Ich komme dann zu unserem Antrag, der sich auf § 3 Absatz 2 — Anlage 2 Seite 7 der Drucksache Nr. 497 — bezieht. Die Frage ist eben schon von dem Herrn Kollegen Falkner behandelt worden. Die Ausführungen, die er gemacht hat, decken sich mit Erwägungen, die wir im Ausschuß selbst alle angestellt haben. Es ist uns allen bei dieser Formulierung nicht sehr wohl gewesen. Wir haben alle sehr viele Bedenken gehabt. Wir haben den berühmten kleinen Briefträger zitiert, der sich nun in irgendeine schwierige politische Auseinandersetzung gestellt sieht und der nach dieser Feststellung nun aktiv werden müßte, obwohl es über seine Kräfte geht. Wir haben davon gesprochen, daß die Möglichkeit besteht, daß durch eine solche Bestimmung Verdächtigungen, haltlosen Anzeigen Tür und Tor geöffnet würde und damit überflüssigen Untersuchungen und all den Dingen, die mit diesen Anzeigen dann für den einzelnen verbunden sein würden. Wir haben also selbst im Ausschuß sehr viele Bedenken gehabt, und ich glaube, wir sollten uns diese Bedenken noch einmal ins Gedächtnis zurückrufen und diesen Passus entprechend dem Antrag der FDP streichen.
Wir glauben auch, daß die Formulierung im Satz 1 dieses Paragraphen, wonach der Beamte durch sein „gesamtes Verhalten" sich für den Staat einzusetzen hat, dem er dient, durchaus ausreicht. Wir wollen auch keinen Zweifel darüber lassen, daß wir damit den Staat meinen, der auf dem Grundgesetz aufbaut, selbst dann, wenn wir es nicht besonders zum Ausdruck bringen und dem von der Bayernpartei gestellten Antrag auf Wiederherstellung der Regierungsvorlage für diesen ganzen Artikel zustimmen.
Herr Kollege Menzel hat geglaubt sagen zu müssen, er sehe ein bedauerliches Absinken des Willens, den Staatsapparat mit aufrechten Demokraten zu versorgen, wenn man an diesem Absatz etwas ändere und unserem Antrag zustimme. Ich möchte hier mit aller Deutlichkeit erklären, daß wir als Fraktion der Freien Demokratischen Partei hinter jedem Beamten stehen werden, der sich für den demokratischen Staat mit seiner Tätigkeit und seiner ganzen Haltung einsetzt, ja, daß wir erwarten, daß der Beamte sich für diesen Staat einsetzt, dem er dient und dem er zu dienen verpflichtet ist. Sonst würde der Begriff der Treueverpflichtung ja nur eine leere Formel sein und würde keinen inneren Gehalt haben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich komme dann zu dem Abänderungsantrag zu § 28 Absatz 2 Nr. 2. Es ist Punkt 6 der Vorlage auf Drucksache Nr. 497 Seite 10. Das ist ein sehr umstrittener Punkt. Wir kommen hier an die Frage der Außenseiter. Die Formulierung, die der Ausschuß in der Drucksache Nr. 497 vorgeschlagen hat, geht uns zu weit. Ich habe schon bei der ersten Lesung des Gesetzes dargelegt, daß wir den Außenseiter zwar anerkennen, daß wir aber wünschen, daß er ein Außenseiter bleibt und nicht die Regel wird, daß die Außenseiter die Ausnahme sind.
— Das haben Sie ja schon gehört. Wozu also die Erregung plötzlich?
Wir wünschen also, daß die Außenseiter die Ausnahme und nicht die Regel sind. Die Regel ist der Berufsbeamte. Gerade weil sie mir eben von der SPD Ihr Hört! Hört! zurufen, darf ich Sie darauf aufmerksam machen, daß ich mich mit dieser Auffassung nicht nur in Übereinstimmung mit meiner Fraktion, sondern auch mit sehr namhaften Leuten aus der Verwaltung befinde, die Ihrer Partei angehören. Ich darf eine Äußerung zitieren, die Herr Dr. Heimerich, der sehr angesehene Oberbürgermeister von Mannheim, der Ihrer Partei ja wenigstens nahesteht oder gar angehört, in dieser Frage gemacht hat. Er hat nämlich mit allem Nachdruck darauf hingewiesen, daß der Beruf des Beamten eben nicht ein Beruf für einen Außenseiter ist, sondern ein gelernter Beruf sein muß. Das ist das, was immer übersehen wird, daß man glaubt, Beamter werden kann jeder, daß man aber übersieht, daß für den Beamten eine Ausbildung genau so notwendig ist wie für jeden anderen Beruf. Und deswegen sagt Herr Dr. Heimerich, der Beamtenberuf sei genau so ein gelernter Beruf wie der eines Mechanikers, eines Kaufmanns oder eines Architekten; ungelernte Beamte seien ebenso schwankende Gestalten wie ungelernte Kaufleute.
Das bestimmt uns, in diesem Punkt die Wiederherstellung der Regierungsvorlage zu fordern. Die Regierungsvorlage schließt damit ja nicht aus,
daß Außenseiter in die Beamtenlaufbahn hineinkommen. Sie baut nur eine Sicherungsvorschrift ein, eine Sicherungsvorschrift insofern, als sie bestimmt, daß Außenseiter erst nach Ablauf von 5 Jahren, in denen sie Widerrufsbeamte sind, in das lebenslängliche Beamtenverhältnis überführt werden können. Ich glaube, man kann nicht deutlich genug immer wieder darauf hinweisen, daß das Berufsbeamtentum eine Notwendigkeit ist, daß der Beamtenberuf genau so ein erlernter Beruf ist wie jeder andere erlernte Beruf. Dieser Tatbestand ist in den letzten Jahren — man könnte vielleicht sogar sagen: in den letzten zwei Jahrzehnten - allzuoft übersehen worden. Man hat davon gesprochen, man müsse frischen Wind in die Staatsapparatur hineinbringen. Aber im Gefolge dieses frischen Windes sind viele dürre Blätter in die Staatsapparatur geraten.
Wenn nun die SPD in Punkt 7 ihres Antrags nun auch noch fordert, daß jede oberste Dienstbehörde im Einvernehmen mit einem Personalamt das angemessene Verhältnis von Außenseitern in jeder Stellenplangruppe bestimmt, dann bitte ich Sie, sich einmal vorzustellen, wie das in der Praxis durchgeführt werden soll. Verwaltungsleute werden über eine solche Forderung die Hände über dem Kopf zusammenschlagen.
— Sie haben sich ja überhaupt vom Berufsbeamtentum abgesetzt. Sie brauchen hier gar nicht mitzureden!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bedaure es immer wieder, wenn im Zusammenhang mit der Behandlung dieser Frage so ein antiquiertes Vokabularium von Formulierungen ausgegraben wird. Die Herren Kollegen Menzel und Böhm haben vor einigen Tagen eine Pressekonferenz abgehalten. Ich habe darüber einiges gelesen und möchte nur einige dieser alten Formulierungen hier vortragen. Da spricht man vom „Kastengeist der Beamtenschaft", da spricht man von der „Diskriminierung der Angestellten" und von der „klassenmäßigen Aufspaltung in Beamte und Angestellte". Meine Damen und Herren, ich glaube, diese Dinge gehen weit an den Tatsachen vorbei.
— Ja, ich möchte hier die Aufmerksamkeit des Hauses nicht länger in Anspruch nehmen, als es unbedingt notwendig ist, nachdem wir bereits 2 Stunden in der Diskussion stehen und mit aller Ruhe Ihre weitläufigen Ausführungen angehört haben.
Aber wir können uns darüber gelegentlich unterhalten.
Ich komme dann zu einem anderen Punkt, der in erster Linie die Damen des Hauses angeht, zu den Frauenfragen. Wir stellen dazu zwei Abänderungsanträge. Einen haben wir schon eingebracht, einen zweiten werde ich Ihnen gleich noch zur Kenntnis bringen. Der eine Antrag ist hier bereits von Frau Kollegin Albrecht behandelt worden. Sie hat bei der Behandlung dieser Frage das sehr ansprechende Bild vom Abschneiden des Zopfes angewandt, hat sich dann allerdings, wie soll ich sagen, darauf verbissen, nun aber auch alle Rechte und alles Gute für die Frauen in Anspruch zu nehmen und uns Männer so als eine völlig nebensächliche Angelegenheit zu behandeln.
Ich glaube, Herr Abgeordneter, Sie haben die Absicht der Frau Abgeordneten Albrecht nicht ganz richtig erkannt.
Ich glaube doch, Herr Präsident! Vielleicht darf ich erst etwas weiterreden.
— Ich glaube, wenn wir nun schon über den Punkt der Gleichberechtigung reden, daß man dann gerade auch den Männern Gerechtigkeit widerfahren läßt, weil uns sonst Unrecht geschieht!
Auch wir haben schließlich unsere Verdienste.
Ich komme nun zu unserm Antrag zu § 28 Absatz 2 Ziffer 1, wonach gleiches Lebensalter für die Aufnahme in das Beamtenverhältnis vorgesehen werden soll, und bitte da um Ihre Zustimmung.
Außerdem schlagen wir Ihnen noch eine Abänderung des § 63 vor. Ich verweise dazu auf Punkt 3 Ziffer 6 der Drucksache Nr. 497. Über diesen Punkt, nämlich das Ausscheiden eines weiblichen Beamten, wie es in der Formulierung so schön heißt ich weiß nicht, warum man nicht einfach sagt: einer Beamtin —, haben wir im Ausschuß lange gesprochen. Namens meiner Fraktion habe ich dazu folgenden Abänderungsantrag einzubringen:
Ein weiblicher Beamter kann, wenn er sich verehelicht, entlassen werden. Er ist zu entlassen, wenn er es beantragt.
Er darf ohne Antrag nur entlassen werden, wenn seine wirtschaftliche Versorgung nach der Höhe des Familieneinkommens dauernd gesichert erscheint. Die wirtschaftliche Versorgung gilt als dauernd gesichert, wenn der Ehemann in einem Beamtenverhältnis steht, mit dem ein Anspruch auf Ruhegehalt verbunden ist.
— Das steht im Augenblick nicht zur Diskussion.
Meine Damen und Herren! Die Frage ist von sehr weittragender Bedeutung. Wir haben in Artikel 3 Absatz 2 und 3 des Grundgesetzes Bestimmungen, die von der Gleichberechtigung der Frau sprechen. Aber ich glaube, wir können nicht für Gleichberechtigung auch Gleichsetzung sagen, denn wir müssen ja wohl berücksichtigen, daß zwischen Mann und Frau seit einigen Tausend Jahren gewisse Unterschiede bestehen,
und die können wir auch durch ein Grundgesetz nicht beseitigen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, man sollte hier vorsichtig vorgehen. Auch von Ihrer Seite aus, Herr Kollege Arnholz oder Herr Kollege Böhm, wird für eine sofortige radikale Gleichstellung plädiert. Ich glaube, Sie sollten doch auch einmal Gelegenheit nehmen, sich bei den Beamtenvertretungen zu erkundigen, wie diese über die Frage denken. Sie sollten sich, glaube ich, auch einmal bei denjenigen vertriebenen Beamten erkundigen, die heute vor der Tür der Behörden stehen,
wie die darüber denken, daß man den Frauen, die ohnehin eine Versorgung haben, nun auch noch eine Beamtenstelle läßt. Sie sollten bedenken, wievielen Beamten es heute elend und schlecht geht, Beamten, die nicht mehr auf ihrem Platze sind, für die Arbeitsplätze wieder gesucht und gefunden werden müssen.
— Herr Kollege Arnholz, wir brauchen da nicht bis 1953 zu warten, aber wir wollen diese Sache, wie wir es ja auch als Koalitionsparteien im Ausschuß schon zum Ausdruck gebracht haben, nicht überstürzen.
Ich will Ihnen auch gleich an einem Beispiel, an Ihrem Antrag, den § 10 Absatz 4 des Beamtengesetzes zu streichen, zeigen, wie unmöglich es ist, diese Frage so zwischen Tür und Angel lösen zu wollen. Das ist nicht möglich. Sie haben beantragt, die Bestimmung des § 10 Absatz 4 aufzuheben. Diese Bestimmung besagt, daß ein Beamter eine Genehmigung bei seiner vorgesetzten Dienstbehörde einholen muß, wenn seine Frau ein Gewerbe im Sinne der Gewerbeordnung ausüben will. Meine Damen und Herren, das ist keine Bestimmung, die aus Abneigung oder Intrigenlust gegen die Frauen getroffen worden ist,
sondern es ist eine Bestimmung, die auf sachlicher Überlegung und auf Erfahrung beruht, eine Bestimmung zum Schutze des Beamten gegen Korruption,
die verhindern soll, daß ein Beamter in wirtschaftliche Auseinandersetzungen hineingezogen wird, die zum Beispiel über das Geschäft seiner Frau möglich wären. Nehmen Sie doch einmal einen Zollbeamten, dessen Frau ein Zigarrengeschäft oder eine Wäscherei oder sonst etwas hat!
Irgend jemand will etwas von diesem Zollbeamten. Aber gegen den Beamten selbst, der seine Pflicht tut, kommt er nicht an. Dann macht er eben einmal den Versuch über das Geschäft der Frau, versucht über die Frau Einfluß zu gewinnen. Die Frau redet dann vielleicht ihrem Mann zu, der Mann wird weich, vergeht sich, und sein ganzes Leben ist vernichtet.
Das ist der Sinn dieser Bestimmung. Es ist eine Bestimmung, die nicht gegen die Frau gerichtet ist, sondern eine Bestimmung, die durchaus sachlich zu begründen und sehr gut überlegt ist.
Und nun, meine Damen und Herren, tun wir so, als ob wir diese ganze Frage hier heute überhaupt zum ersten Male behandelten. Das ist gar nicht der Fall. Sie wissen doch, daß
in der Weimarer Zeit die Frage der Gleichberechtigung der Frau, ihrer Beamtentätigkeit, immer wieder auf der Tagesordnung gestanden hat.
Sie wissen hoffentlich auch, welche Entwicklung diese Frage in der Weimarer Zeit genommen hat. Anfangs ging man sehr weit, da hob man alle einschränkenden Bestimmungen auf, und nach ein, zwei Jahren stellten die Verwaltungen fest, daß das Beschlossene einfach undurchführbar war. Wir haben eine Gesetzgebung darüber von 1919, von 1922, von 1923, und zwar März und Oktober, von 1929, von 1931 und von 1932, also fast alle zwei Jahre eine Änderung dieser Bestimmungen, bis dann im Jahre 1932 ein endgültiges Gesetz darüber erschien. Dieses Gesetz enthielt eine Kann-Vorschrift, und diese Kann-Vorschrift nehmen wir in unserem Antrag, den ich vorhin verlesen habe, wieder auf.
— Ich glaube, wenn einer hier Staub aufwirbelt, dann geschieht es bei Ihnen da drüben!
Meine Damen und Herren, wir bitten Sie also, unserem Antrag zu dieser Frage zuzustimmen. Wir sind überzeugt, daß wir auf der Grundlage des von einer Reihe von Kollegen vorgelegten Urantrages in Kürze in der Lage sein werden, in die nun nachgerade reif gewordene Besprechung und Behandlung des endgültigen Beamtengesetzes einzutreten. Dann werden wir auch diese Frage mit aller Gründlichkeit regeln können.
Ich habe dann noch einen Antrag einzubringen, der folgenden Wortlaut hat:
§ 68 des Deutschen Beamtengesetzes wird wie folgt geändert:
Die Vorschriften des § 68 des Deutschen Beamtengesetzes gelten bis zum 31. Dezember 1952 nicht für Bundesrichter. Die danach über das 65. Lebensjahr hinaus im Dienst verbliebenen oder nach Vollendung des . 65. Lebensjahres wieder eingestellten Bundesrichter treten mit Ablauf des 31. Dezember 1952 in den Ruhestand.
Diesem Antrag liegt ein Wunsch des Justizministers zugrunde, der erklärt, daß er auf die Erfahrung jetzt altgewordener Richter des Reichsgerichts nicht verzichten kann, wenn er die zentralen Bundesgerichte wieder aufbauen soll. In dieser Begründung steckt sehr viel Wahres. Wir empfehlen daher, diesem Antrag zuzustimmen. — Ich darf die beiden Anträge dem Herrn Präsidenten überreichen.
Meine Damen und Herren! Ich habe bisher im wesentlichen von unseren Anträgen gesprochen. Lassen Sie mich noch ein paar Worte zu den Anträgen der SPD sagen. Die Anträge der SPD sind offenbar der Ausfluß einer geschickt inszenierten Vorbereitung.
Ich habe vor einiger Zeit im „Telegraf" gelesen: „Gewerkschaftsoffensive gegen Beamtengesetz". In der Begründung kommen dann wieder die üblichen Formulierungen vor über die „privilegier-
ten Beamten", über den „Kastengeist der Beamten" und ähnliches. Wenn ich mir die Anträge der SPD durchsehe, so kann ich generell einmal feststellen, daß in ihnen allen, sagen wir, ein Drall zum Gesetz Nr. 15 steckt. Das ist wohl die Tendenz dieser Anträge überhaupt. Als Beweis dafür möchte ich gleich den letzten Antrag der SPD anführen, Ziffer 16 der Drucksache Nr. 526. Hier wird mit sehr wenigen Worten eine sehr gewichtige Forderung erhoben. Da heißt es einfach: „§ 148 wird aufgehoben". Ja, meine Damen und Herren, wenn wir diesen § 148 aufheben, dann könnten wir beinahe auch die voranstehenden 147 anderen Paragraphen aufheben, denn dann brauchten wir kein Beamtengesetz mehr. Was hier erstrebt wird, ist mehr eine Art sozialer Versorgung für alle, die bei öffentlichen Stellen Dienst tun, eine restlose Sicherung bis ans Lebensende.
Meine Damen und Herren, eine Verbeamtung im weitesten Ausmaß müssen wir ablehnen. Wir müssen wieder dahin kommen, daß eine Bestallung als Beamter des öffentlichen Dienstes nur derjenige erhält, der obrigkeitliche Funktionen auszuüben hat, und zwar nur dann, wenn er diese Funktionen dauernd und nicht nur vorübergehend ausübt. Diesem Grundsatz widerspricht das Wollen der Sozialdemokratie vollkommen. Was sie wollen, ist eine Verbeamtung aller bei der öffentlichen Hand Beschäftigten. Das soll sich so im Laufe von zehn Jahren vollziehen; bis dahin würden dann alle heute bei den Verwaltungen Angestellten allmählich Beamte geworden sein müssen. Vom Vertreter der KPD ist dieser Gedankengang schärfer ausgesprochen worden als von den Sprechern der SPD. Er hat klar zum Ausdruck gebracht, daß es sich im Grunde genommen um eine Aufsaugung des besonderen Beamtenrechts durch das allgemeine Arbeitsrecht handelt. In der Ostzone hat man ja auch bereits die entsprechenden Maßnahmen getroffen.
— Ja, er wird Ihnen einmal schwer in die Kehle kommen.
Meine Damen und Herren! Wir wollen am Berufsbeamtentum festhalten. Wenn wir das wollen, dann müssen wir seinen Kreis begrenzen, wie ich das vorhin geschildert habe. Wir sind auch nicht der Ansicht, daß es sehr glücklich gewesen ist, in der kaiserlichen Zeit die abgegangenen Soldaten als Beamte einzusetzen und damit den Beamtenapparat weit über das notwendige Maß aufzublähen. Wenn wir das nicht für glücklich gehalten haben, dann halten wir es aber für noch weniger glücklich, wenn man sich heute mit einem stillen Vorbehalt für die Versorgungsanwärter der Parteien und der Gewerkschaften einsetzen möchte. Das lehnen wir noch eindeutiger ab.
In die Linie der Beamtenpolitik der SPD paßt der Antrag mit dem Personalamt. Es betrifft den Punkt 8 der SPD-Anträge. Das Personalamt ist durch ein amerikanisches Gesetz geschaffen worden. Zu dem Personalamt, das von Anfang an sehr umstritten gewesen ist und in den Kreisen der Beamtenschaft Ablehnung fand, hat der Organisationsausschuß der Ministerpräsidenten Stellung genommen. Dieser Ausschuß, der bestimmt nicht einseitig parteipolitisch zusammengesetzt war, hat einstimmig - ich wiederhole: einstimmig — die Errichtung eines Personalamtes abgelehnt. Die guten Gründe für diesen Beschluß bitte ich in der entsprechenden Entschließung des Organisationsausschusses der Ministerpräsidenten nachzulesen. Mir ist daher unklar, warum man immer wieder auf eine Einrichtung hinsteuert, die tatsächlich von allen verantwortungsbewußten Verwaltungskräften abgelehnt wird.
Vielleicht kann man — und das wäre sogar gesund —, eine zentrale Stelle einrichten, die, sagen wir einmal, all die Außenseiterbewerbungen zentral überprüft und ihr objektives Gutachten abgibt. Das wäre unter Umständen sehr vorteilhaft.
Eine solche Stelle könnte auch beim Ausbildungs- und Prüfungswesen mitwirken, sie könnte die Aufsicht über Beamtenschulen führen sowie die Führung von Listen der Wartestandsbeamten übernehmen. Das letztere wäre eine Aufgabe, die gerade in bezug auf die vielen verdrängten Beamten von großer Bedeutung wäre.
Wenn aber dieses Personalamt die Beamten auch noch Testuntersuchungen unterwerfen soll, wie dies vor einigen Monaten bei der Verwaltung für Wirtschaft geschehen ist, so muß ich hierzu grundsätzlich sagen: wir möchten, daß der Beamte als Mensch und nicht als Roboter behandelt wird. Als solcher wird er nach meiner Ansicht behandelt, wenn man ihm einen Fragebogen vorlegte, in dem die Frage 4 hieß, was man mit einem unvermuteten Lotteriegewinn anfangen würde,
oder wenn er nach Frage 5 seine Lieblingsfarbe angeben soll, „wenn mehrere, in der Reihenfolge ihrer Beliebtheit".
Welcher Zusammenhang zwischen diesen Fragen und der Planstelle besteht, um die sich der Beamte bewirbt, ist mir unerklärlich.
— Das ist eine Testprüfung, die bei Beamten der Verwaltung für Wirtschaft gemacht worden ist. Die Frage 6 lautete: „Haben Sie ein Lieblingstier?"
Die Frage 12 lautete — und diese Frage hat berechtigte Empörung ausgelöst —: „Träumen Sie, und zwar: jede Nacht? Häufig? Oft? Manchmal? Selten? Oder nie?
Oft denselben Traum oder immer verschieden?
Die Frage 14 — das ist aber nicht die letzte in dem Fragebogen, ich glaube, es sind 30 Fragen oder so etwas, aber ich will Sie nicht weiter langweilen — lautete: „Was ärgert Sie im Leben am meisten?"
Ich hätte darauf geantwortet: solche Schnüffeleien!
— Das nennt man nicht „idiotisch", das ist eine „psychologische Prüfung!"
Solche Testversuche sind für die Wissenschaft sehr schön und interessant, aber man kann von ihrem Ausfall nicht die Existenz eines Menschen abhängig machen, der bei Beantwortung der Fragen weiß, daß von der mehr oder weniger geschickten Beantwortung sein eigenes Schicksal abhängt. Wir wollen mit der neuen Zeit gehen, aber wir wollen doch den Menschen als Menschen behandeln und nicht als Versuchsobjekt für etwas zu moderne Methoden, die in ein Laboratorium und nicht in eine Verwaltung gehören.
Lassen Sie mich noch ein Wort zu Punkt 13 des sozialdemokratischen Antrages sagen. Im Ausschuß waren wir uns alle darüber klar, daß man diese Frage nicht im Übergangsgesetz behandeln sollte, ebenso nicht in dem endgültigen Beamtengesetz, sondern hierfür sollte noch ein Sondergesetz geschaffen werden. Es handelt sich um die Sicherung der beamtenmäßigen Rechte derjenigen Beamten, die als Abgeordnete in den Bundestag eingezogen sind. Das Wort „Bundestag" ist zwar in diesem Entwurf vermieden, aber es kann sich wohl bloß um den Bundestag handeln. Niemand wird daran denken, einen Beam- ten, der in einen Landtag eingezogen ist, aus seiner Dienststellung entlassen zu wollen.
Hierzu muß ich folgendes sagen. Es ist durchaus berechtigt, daß wir uns mit dieser Frage befassen, denn diese Beamten sind mit der Wahl aus ihrem Dienstverhältnis ausgeschieden. Sie haben sämtliche Rechtsansprüche, wie den der Pension, der Versorgung ihrer Hinterbliebenen oder den auf eine mögliche Wiedereinstellung aufgeben müssen, und zwar auf Grund einer interalliierten Anordnung. Das entspricht nicht unserem Rechtsempfinden, und ich glaube, wir sind uns darüber einig, daß wir diesen Beamten zumindest Anspruch auf Wiedereinstellung und Versorgung ihrer Hinterbliebenen sowie auf eine Pension für den Fall zusprechen müssen, daß die entsprechenden Ereignisse eintreten. Wir müssen diese Dinge aber in einer bestimmten Reihenfolge erledigen und sehen. Ich persönlich muß es ablehnen, mich mit dieser Frage, die immerhin die Interessen von Kollegen dieses Hauses betrifft, zu befassen, solange wir noch nicht die Gesetzgebung zu Artikel 131 des Grundgesetzes erledigt haben Bei der Regelung der Verhältnisse für die Beamten. die in den Bundestag eingezogen sind, handelt es sich um eine Regelung für zwei bis drei Dutzend Kollegen.
Bei der Regelung der Verhältnisse, die unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallen, handelt es sich um Tausende und aber Tausende von Menschen, von denen die meisten in einer unendlichen Not leben. Kein Mensch draußen im Lande würde es verstehen, wenn wir zuerst unsere eigenen Angelegenheiten regeln und die der anderen zurückstellen wollten. Ich bitte also, diese Frage so lange zurückzustellen, bis wir die Gesetzgebung zu Artikel 131 des Grundgesetzes vor uns liegen haben. Ich darf aber in diesem Augenblick an den Herrn Innenminister appellieren, uns doch endlich die für die Beratung erforderlichen Vorlagen zukommen zu lassen.
Tag für Tag bekommen wir — jeder von uns im Hause — von Dutzenden von Menschen Briefe, die einem das Herz erschüttern. Wir müssen in dieser Frage jetzt an die Arbeit gehen und die Erwartungen und Hoffnungen, die auf den Bun-
destag, die Bundestagparteien und -fraktionen gesetzt werden, erfüllen, wenn wir nicht die tiefste Enttäuschung und Niedergeschlagenheit über die Arbeitsfähigkeit des Bundestags in diesen Kreisen hervorrufen wollen.
Meine Damen und Herren, ich möchte mit einem Hinweis auf eine Art Legendenbildung schließen. Wir haben eine amerikanische Zeitung in Deutschland. Die Zeitung ist nicht schlecht; sie ist sogar interessant. Diese Zeitung hat sich vor einigen Tagen darüber den Kopf zerbrochen, ob denn eine Regierung, die nur über eine knappe Mehrheit verfüge, ein so wichtiges Gesetz verabschieden könne, ohne auf die Wünsche der Opposition einzugehen. Da dieser Gedanke auch die Ausführungen der Opposition heute ja sehr stark durchzogen hat, so möchte ich folgendes dazu sagen: Sehen Sie sich einmal die Anlage Nr. 2 der Drucksache Nr. 497 durch. Ich will nur auf ein paar Punkte hinweisen. In Gemeinschaft und in Zusammenarbeit mit den Vertretern der Opposition ist die Eidesformel abgeändert worden. Wir haben auch die Möglichkeit, den nichtreligiösen Eid abzulegen, eingeführt. Wir haben dann die Frage der Verantwortung des Beamten gegenüber Befehlen seiner vorgesetzten Stellen sehr eingehend besprochen und gegenüber der Regierungsvorlage sehr weitgehend ausgebaut. Wir haben das volle Recht auf Einsicht in die Personalakten in dieses Überleitungsgesetz eingebaut.
— Ja, Herr Kollege Arnholz, es stand aber doch nicht drin! Wir haben es doch hineingearbeitet. Das ist doch das Ergebnis einer gemeinsamen Arbeit; das können Sie doch nicht bestreiten!
Wir haben weiterhin als völlig neuen Punkt die volle Vereinigungsfreiheit einschließlich der Berechtigung der Beamten, ihre Interessen durch die Gewerkschaften wahrnehmen zu lassen, hineingenommen. Das sind nur ein paar Punkte, aber sehr wichtige Punkte. Ich bedaure auch, Herr Kollege Arnholz, daß wir nicht in mehr Punkten Übereinstimmung herbeigeführt haben. Aber ich muß sagen, das lag dann an mangelnder Bereitschaft der Opposition, sich auf sachlich gut begründete Vorschläge einzulassen. Herr Kollege Menzel hat hier selbst erklärt, daß der Ausschuß in 18 Fällen redaktionelle Änderungen mit den Stimmen der Regierungsparteien gemacht hat. Also so schlecht, wie Sie sich bemühen uns hinzustellen, sind wir gar nicht.
Meine Damen und Herren, die amerikanische Zeitung hat dann noch behauptet, wir würden dieses Gesetz mit einer sonst nicht zu beobachtenden Beschleunigung hier durchbringen. Nun, die Regierungsvorlage stammt von Anfang November. Der Beamtenrechtsausschuß hat sich bisher ausschließlich mit diesem Gesetz in neun Sitzungen befaßt. Drei Monate sind bisher verstrichen. Wenn das eine amerikanische Zeitung als übertriebene Eile bezeichnet, dann sollte sie eigentlich das Wort ,.amerikanisch" aus ihrem Titel streichen und sich „Eile-mit-Weile-Zeitung in Deutschland" nennen.
Wenn wir die Opposition hier sprechen hören, dann müßten wir eigentlich, wenn wir allen Wünschen nachkommen wollten, im Besitz jenes
Zauberstabes von Hans im Glück sein. Wir können nicht ailes auf einmal machen; wir können nur schrittweise vorgehen, und wenn Sie unseren Anregungen gefolgt wären und die Behandlung dieses nur für eine Übergangszeit vorgesehenen vorläufigen Gesetzes mit der Kürze und Schnelligkeit erledigt hätten, die wir vorgeschlagen haben, dann hätten wir inzwischen eine Reihe von anderen Gesetzesmaßnahmen durchsprechen und vielleicht fertigstellen können, die nunmehr liegengeblieben sind, weil wir uns in Auseinandersetzungen begeben haben, für die die Zeit noch nicht reif war und für die die sachlichen Unterlagen noch nicht vorhanden waren.
Wir bitten das Haus, den Anträgen der FDP zuzustimmen. Wir selbst stimmen dem Gesetz zu.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Wuermeling.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Namens der Fraktion der CDU/CSU habe ich zu dem vorliegenden Gesetzentwurf und den gestellten Abänderungsanträgen das Folgende zu bemerken, was ich wegen der vorgeschrittenen Zeit möglichst kurz fassen darf.
Artikel 33 des Grundgesetzes legt fest, daß das Recht des öffentlichen Dienstes „unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums" zu regeln ist. Wir bekennen uns voll und ganz zu diesem Grundsatz des Berufsbeamtentums und wollen alles Gute, was das alte Berufsbeamtentum an sich hat, in unseren neuen deutschen Staat zu seinem Besten hinüberretten.
Aufgabe und Zweck des Berufsbeamtentums ist es, das unparteiische und sachlich bestmögliche Funktionieren der öffentlichen Verwaltung zu gewährleisten. Der Staat ist eine überparteiliche Institution. Die Beamten stehen nicht im Dienst einer Partei, sondern ausschließlich im Dienst des öffentlichen Wohles.
Die Mittel zur Verwirklichung von Aufgabe und Zweck des Berufsbeamtentums sind fachliches Wissen, charakterlicher Hochstand, demokratische und vor allem soziale Gesinnung und schließlich auch von der andern Seite her die Sicherung gegen Gefährdung der Objektivität und Überparteilichkeit des Beamten durch Gestaltung einer entsprechenden Rechtsstellung, also neben innerer Unabhängigkeit des Beamten auch die äußere.
Wir verschließen uns in keiner Weise der Tatsache, daß gewisse Reformen im Berufsbeamtentum erforderlich sind. Insbesondere ist es notwendig, den gleichberechtigten Zugang aller Schichten der Bevölkerung zur Beamtenlaufbahn, zu den Beamtenstellen sicherzustellen, also die äußerliche, die äußere Demokratisierung.
Im übrigen ist aber auch eine verstärkte Sicherung der demokratischen Haltung der Grundeinstellung unserer Beamtenschaft notwendig, damit sie gegen alle Fährnisse auch innerlich und charakterlich gefeit ist.
Wir müssen weiter eine Entbürokratisierung des Beamtentums anstreben und bejahen deshalb aus innerster Überzeugung das Prinzip, daß nicht nur über die „Ochsentour" Eingang in die Beamtenlaufbau genommen werden kann, sondern daß uns auch der tüchtige sogenannte „Außenseiter" aus anderen Berufen als Mitarbeiter in der Beamtenschaft willkommen ist.
Weiter legen wir großes Gewicht darauf, daß bei der Auswahl der Beamten auf die charakterliche Auslese Wert gelegt wird, weil die Charaktereigenschaften des Beamten die wichtigste Voraussetzung für eine ordnungsmäßige Erfüllung seiner Funktionen sind.
Meine Damen und Herren, das letzte, woran wir aber auch unbedingt festhalten, ist, daß das Normale für den Beamten eine gründliche Fachausbildung ist. Es geht nicht an, daß man sich auf den Standpunkt stellt, für jeden anderen Beruf müsse man etwas Besonderes gelernt haben, nur Beamter im öffentlichen Dienst könne jeder spielen. Selbstverständlich: tüchtige, bewährte Kräfte aus anderen Berufen, die die nötigen Voraussetzungen für eine Beamtentätigkeit mitbringen, sind uns — um es noch einmal zu sagen — in der Beamtenschaft herzlichst willkommen, aber nicht jeder, der nun glaubt, alles zu können, was ein anderer kann, der mehr gelernt hat.
Der Weg, meine Damen und Herren, zur Erreichung unserer Ziele ist für uns erstens dieses Übergangsgesetz und zweitens das endgültige Beamtengesetz.
Das Übergangsgesetz soll nach unserem Wunsch und Willen nur wenige Monate praktische Bedeutung haben, weil wir von der CDU/CSU jedenfalls entschlossen sind, die Beratungen über das endgültige Beamtengesetz im Beamtenrechtsausschuß so fortzutreiben, daß in. sagen wir, 6 bis 8 Monaten mit der Verabschiedung des endgültigen Beamtengesetzes gerechnet werden kann. Um diesen Plan möglichst rasch verwirklichen zu können, haben die rheinisch-pfälzischen Abgeordneten der CDU bereits beim Präsidium einen Urantrag eingereicht, der eine Verhandlungsgrundlage für die Beratung des endgültigen Beamtengesetzes bieten soll, und zwar in Form einer auf die Bedürfnisse des Bundes umgestellten Formulierung des rheinisch-pfälzischen Beamtengesetzes, das vor wenigen Wochen in Rheinland-Pfalz als nach modernen Gesichtspunkten neubearbeitetes Beamtengesetz verkündet worden ist. Wir hoffen, meine Damen und Herren, daß wir auf diesem Wege die Gewähr schaffen, daß so schnell, wie es nur irgend geht, aber auch mit der erforderlichen Gründlichkeit das endgültige Beamtengesetz beraten werden kann.
Ein weiterer grundsätzlicher Gesichtspunkt scheint mir auch bei der Beurteilung der verschiedenen Anträge, die hier gestellt worden sind, wesentlich zu sein. Wenn wir die Rechtsstellung des Beamten zu regeln haben, dann regeln wir sie nicht in erster Linie unter dem Gesichtspunkt des Interesses der hier unmittelbar interessierten Kreise, sondern wir regeln sie unter dem Gesichtspunkt des Staatsinteresses und der Staatsnotwendigkeiten.
Nicht deswegen, weil der einzelne Beamte oder die einzelnen Beamtenorganisationen oder Gewerkschaften die lebenslängliche Versorgung der mit Hoheitsbefugnissen ausgestatteten Beamten verlangen, bejahen wir diese Forderungen, sondern wir bejahen diese Forderungen, weil es im
Staatsinteresse erforderlich ist, einem gewissen Kreis von Funktionären des Staates eine solche Position zu geben, um sie überparteilich und unabhängig zu stellen.
Dann ein grundsätzliches Wort noch über die Frage der rechtlichen Gleichstellung der Frauen. Artikel 3 Absatz 2 des Grundgesetzes erklärt, daß Männer und Frauen gleichberechtigt sind, und Artikel 117 des Grundgesetzes sagt in Absatz 1, daß die gesetzliche Realisierung dieses Grundsatzes bis 1953 erfolgen soll. Meine Damen und Herren, letztere Vorschrift ist im Parlamentarischen Rat mit gutem Grund beschlossen worden. Denn diese Dinge lassen sich nicht im Handumdrehen von heute auf morgen lösen, sondern sie müssen sehr gründlich überlegt, erforscht und studiert werden. Es ist eine grundsätzliche Frage, bei deren Lösung man am Wesen und an der Aufgabe der beiden Geschlechter nicht vorübergehen kann. Wir bekennen uns zu dem Grundsatz des Artikel 3 des Grundgesetzes: zu der gleichberechtigten Stellung der Frau, aber zu einer organischen Gleichberechtigung und nicht zu einer mechanischen Gleichberechtigung,
zu einer Gleichberechtigung, meine Damen und Herren, die dem Wesen, der Aufgabe und der Würde der Frau in der sozialen Gemeinschaft Entfaltung sichert, zu einer Gleichberechtigung, die die Familie als Urzelle der Gemeinschaft nicht gefährdet, und zu einer Gleichberechtigung, die dem höchsten Frauenberuf — dem Mutterberuf — den höchsten Rang unter den Frauenberufen auch dann läßt, wenn er heute leider vielen versagt bleiben muß.
Meine Damen und Herren, man kann diese Frage der Gleichberechtigung der Frau nicht nur unter materiellen Gesichtspunkten sehen.
Das hieße unseren Frauen das nehmen, was sie über die Männer erhebt.
Das hieße unseren Frauen die Krone rauben;
deren würdevoller Glanz segensreich in die Nüchternheit und die Ichsucht unseres materialisierten Zeitalters hineinleuchtet.
Meine Damen und Herren! Unser Dichter Augustin Wibbelt hat die Stellung von Mann und Frau so wunderbar gekennzeichnet: Er gibt dem Mann das Zepter in die Hand und läßt die Frau die Krone tragen.
Herr Abgeordneter Renner, das ist nicht schön!
Und er fügt hinzu: „Vor dem Zepter beugt man sich in Furcht; vor der Krone neigt man sich in Ehrfurcht."
Meine Damen und Herren! Eine christliche Arbeiterin hat auf dem Bochumer Katholikentag
das tiefempfundene Wort gesprochen: „Wer für ' die mechanische Gleichberechtigung der Frau eintritt, erniedrigt die Frau."
— Meine Damen und Herren von der Linken, wenn Ihnen diese Gedankengänge des Katholikentages oder eines katholischen Dichters nicht einleuchten, dann möchte ich jemand zitieren, der Ihnen vielleicht etwas nähersteht, nämlich Nietzsche.
Nietzsche sagt: „Die vollkommene Frau ist ein höherer Typus des Menschen als der vollkommene Mann, aber viel seltener."
Meine Damen und Herren! Wir wollen also bei der Regelung der Gleichberechtigung der Frau der Frau die ihrer Würde und ihrer Berufung entsprechende gleichberechtigte Stellung im Leben der sozialen Gemeinschaft geben.
Damit tragen wir dem Willen unserer christlichen deutschen Frauen Rechnung,
die nicht 'den Wunsch haben, als Männer behandelt zu werden,
sondern von uns die ihrem Wesen, ihrer Aufgabe und ihrer Würde entsprechende gleichberechtigte Mitwirkung an der Lösung der vielfältigen Aufgaben der Gemeinschaft verlangen.
Meine Damen und Herren! Unter diesen Gesichtspunkten wollen wir die Frage der Gleichberechtigung der Frau auf dem Gebiet des Beamtenrechts im endgültigen Beamtengesetz regeln, und wir werden sehr, sehr gründlich und
aus dem tiefsten Innern heraus bei den Beratungen des Beamtenrechtsausschusses dabeisein.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich nun im besonderen Teil dessen, was ich zu sagen habe, zu einigen Paragraphen, die hier zur Debatte stehen, Stellung nehmen.
Zunächst die Änderung des Paragraphen, der die
demokratische Grundhaltung des Beamten festlegt, zu der wir uns voll und ganz bekennen.
Wir stimmen den hier gestellten Abänderungsanträgen auf Wiederherstellung der Regierungsvorlage deswegen zu, weil sich auf diese Weise
am besten eine möglichst breite Basis gerade für
die Gestaltung dieses Paragraphen finden läßt.
Die Formulierung, daß sich die Beamten durch ihr gesamtes Verhalten zur demokratischen Staatsauffassung bekennen müssen, enthält praktisch alles, was wir verlangen können und verlangen müssen, und ich stimme Herrn Kollegen Menzel zu, daß wir es getrost dem Diszipli-
narrichter überlassen können, diese Vorschrift entsprechend zu handhaben.
Dann ein Zweites: die Frage des Diensteides. Wir begrüßen es, daß in der Ausschußvorlage die Eidespflicht für den Beamten aufrechterhalten worden ist. Ich habe mich zunächst gefreut, bei den Ausschußberatungen gemeinsam mit Herrn Kollegen Menzel feststellen zu können, daß der Eid so hoch zu bewerten ist, daß man ihn nicht bei jeder beliebigen Gelegenheit in Anspruch nehmen soll. Aber wir sind der Meinung, daß die Eingehung eines Beamtenverhältnisses tatsächlich auch, eine so wichtige und bedeutsame Angelegenheit ist, daß sie wohl wert ist, durch die Anrufung Gottes zum Zeugen bekräftigt zu werden. Ich habe nachher, meine Damen und Herren, doch einige Zweifel bekommen, ob es der SPD mit dieser hohen Bewertung des Eides tatsächlich so ernst ist, wie es im Ausschuß zunächst schien; denn die SPD hat in ihrem Abänderungantrag, in dem sie vorschlägt, daß nur ein Gelöbnis abgelegt werden soll, ja hinzugefügt, daß dieses Gelöbnis durch eine religiöse Beteuerung bekräftigt werden kann. Bekräftigung durch eine religiöse Beteuerung heißt doch Anerkennung des Eides bzw. Umwandlung des Eides in ein Gelöbnis,
und es paßt nicht ganz zu der Stellungnahme der SPD bezüglich der Heiligkeit des Eides, wenn sie nun sagt: Ob der Beamte den Eid leisten will oder nicht, will ich ihm überlassen. Wir bestehen darauf, daß der Beamte den Eid, soweit es seine religiöse Überzeugung gestattet, unter Anrufung Gottes leistet, weil uns das Beamtenverhältnis so wichtig ist und so hoch steht, daß die Bekräftigung durch den Eid durchaus angebracht ist.
Dann, meine Damen und Herren, die Formulierungen bezüglich der sogenannten Außenseiter. Wir haben im Ausschuß Wert darauf gelegt, die Regierungsfassung dadurch zu verbessern, daß es nicht mehr heißen soll: „Es können auch Bewerber berücksichtigt werden, welche für die vorgesehene Verwendung die erforderliche Eignung anderweit erworben haben", sondern wir haben beschlossen, zu sagen: „Es s ollen auch solche Anwärter berücksichtigt werden", um den klaren Willen zu bekunden, daß hier die Tendenz verfolgt wird, Außenseiter in die Verwaltung aufzunehmen. Wie möchten aber nicht so weit gehen wie die SPD, die Formulierung als Muß-Vorschrift zu wählen, weil ein solches Muß leicht dazu führen könnte, daß ein Einzelner aus einer solchen Vorschrift einen Anspruch auf Einstellung herleitet. Das können und dürfen wir natürlich nicht gesetzlich statuieren.
Im übrigen müssen wir uns natürlich gegen die Tendenz der SPD wenden, hier einen Schematismus anzuwenden und vorzuschreiben, daß nun in dieser oder jener Laufbahn ein bestimmter Prozentsatz von Beamten aus den Außenseitern genommen wird. Meine Damen und Herren, bei einer loyalen Auslegung dieser Vorschrift, wie sie jetzt durch die Regierung gefaßt ist, ist uns eine genügende Gewähr dafür geboten, daß solche Einstellungen in dem erwünschten und notwendigen Ausmaß erfolgen.
Meine Damen und Herren, wie begrüßen weiter sehr die Vorschrift, derzufolge bei der Auswahl der Beamten alle Schichten der Bevölkerung ohne Rücksicht auf Geschlecht, Rasse, Glaubensbekenntnis, parteipolitische Überzeugung,
Herkunft oder Beziehungen zu berücksichtigen sind. Lassen Sie mich bei dieser Gelegenheit ganz kurz ein Wort zur Frage der Konfessionsberücksichtigung bei der Beamtenschaft sagen. Vor einigen Wochen sind in überraschender Weise in einigen Presseorganen Angriffe gegen die Bundesregierung des Inhalts laut geworden, daß hier einseitig eine katholische Beamtenpolitik betrieben werde, als ob der katholische Taufschein mehr oder weniger die Voraussetzung oder die alleinige Voraussetzung dafür ist, bei den Bundeszentralbehörden angestellt zu werden. Meine Damen und Herren, Sie haben aus den Presseberichtigungen, aus der Klarstellung des Sachverhalts inzwischen ersehen, daß die Verhältnisse in den neuen Bonner Ministerien so sind, daß ein ganz entscheidendes Überwiegen des evangelischen Volksteils in den höheren und mittleren Beamtenstellen vorhanden ist, so daß dieser ganz einseitig erhobene Vorwurf voll und ganz in sich zusammengebrochen ist.
Ich lege Wert darauf, zu sagen, daß wir uns
auch als Fraktion der CDU/CSU ganz eindeutig
gegen solche politischen Kampfmethoden wehren,
die die Lüge heranziehen, um den politischen Gegner schlechtzumachen, weil man sonst keine Argumente mehr hat.
Meine Damen und Herren! In der Frage der Altersgrenze sind wir grundsätzlich der Auffassung, daß gerade heute wegen der heranrückenden jüngeren Jahrgänge, der sich bildenden und im Aufbau befindlichen Familien. die Altersgrenze sehr straff eingehalten werden sollte; denn jeder Beamte, dessen Altersgrenze verlängert wird, nimmt einem andern aus der heranwachsenden Generation die Existenz. Von diesem Grundsatz her möchten wir an sich alles vermeiden, was dem entgegenwirken könnte. Wir haben Verständnis dafür, daß der Herr Bundesjustizminister wegen der besonderen Qualifikation der Richter der obersten Bundesgerichte Wert darauf legt, auf diesen oder jenen über 65 Jahre alten Richter zurückgreifen zu können. Wir wollen es den einzelnen Mitgliedern unserer Fraktion überlassen, wie sie sich bei der Abstimmung über diesen Änderungsvorschlag entscheiden wollen.
Meine Damen und Herren, nun aber noch kurz ein Wort zu einzelnen Abänderungsanträgen der SPD. Die Frage des Personalamtes ist hier auch von anderen Rednern bereits verhandelt worden. Der Gedanke eines Personalamtes hat letztlich einen durchaus gesunden Hintergrund, nämlich den, daß man eine unbedingt objektive und überparteiliche Handhabung der Beamtenpolitik sicherstellen will. Die Frage ist lediglich die, ob dieses Ziel über ein Personalamt, etwa in der Art, wie wir es zuletzt in Frankfurt hatten, erreicht werden kann oder ob diese Objektivität nicht besser auf anderem Wege zu sichern ist. Durch die Erfahrungen, die man in der Bizone mit dem Personalamt in Frankfurt gemacht hat, hat man nicht gerade den Eindruck bekommen,
daß ein solches Personalamt die beste Garantie für überparteiliche und objektive Handhabung der Dinge bietet.
Ein solches Personalamt birgt auch insofern ein erhebliches Risiko in sich, als ja dann nur eine Stelle über all die beamtenrechtlichen Einzelfälle, die in der gesamten Bundesverwaltung vorkommen, zu entscheiden hat; und wenn diese Stelle falsch besetzt ist oder falsch liegt, dann ist in der gesamten Verwaltung die große Gefahr vorhanden, daß hier entscheidende Fehler gemacht werden. Wenn man hingegen die Zuständigkeiten für Einstellung, Beförderung usw. auf die einzelnen Ministerien verteilt, verteilt man auch das Risiko, daß etwas falsch oder schief gemacht wird, und sichert im übrigen die Objektivität in der Handhabung der Dinge durch die parlamentarische Verantwortung des Ministers, weil ja der Minister auch auf diesem Gebiet für all sein Tun und Lassen vor dem Parlament geradezustehen hat. Im übrigen hätte ein solches Personalamt in einem so großen Verwaltungsbereich wie dem ganzen Bundesgebiet einen solchen Anfall von Arbeit, daß es sich zu einer Wasserkopfbehörde entwickeln müßte, die wir doch alle nicht wünschen.
Die SPD hat dann einen Antrag zu § 28 Absatz 2 gestellt, der festlegt, daß Beamte nur lebenslänglich angestellt werden dürfen, wenn sie eine Mindestdienstzeit von zehn Jahren hinter sich haben; sie hat aber eine Einschränkung dahin eingefügt, daß diese Vorschrift nicht für die sogenannten Außenseiter gelten soll. Meine Damen und Herren, ich meine: so weit kann man ja nun in der Liebe zu den Außenseitern nicht gehen, daß man zugunsten der Außenseiter ein Ausnahmerecht gegenüber den gelernten Fachbeamten schafft, indem man sagt, daß der Außenseiter zwar nach zwei Jahren schon lebenslänglich angestellt werden darf, der Fachbeamte, der durch die Schule gegangen ist, aber nicht vor Ablauf von 10 Jahren. Ich glaube, wenn die SPD sich diese Konsequenz überlegt hätte, hätte se zu diesem Vorschlag wohl nicht kommen können.
Dasselbe gilt bezüglich des vorgeschlagenen § 28 a, der besagt, daß Angestellte, die mindestens 10 Jahre im Dienst sind, lebenslänglich als Beamte angestellt werden müssen. Für die Angestellten der Verwaltung will man also den Zwang schaffen, sie nach 10 Jahren lebenslänglich anzustellen. Für die Beamten, die 10 Jahre im Dienst sind, soll aber kein Zwang bestehen, sie nach 10 Jahren lebenslänglich anzustellen. Diese bei den zuletzt zitierten Vorschriften wirken sich praktisch wie ein Gesetz gegen das Fach- und Berufsbeamtentum aus, und solche Ziele können wir mit der SPD gemeinsam nicht verfolgen.
Nur noch als letztes, weil die Zeit so vorgeschritten ist, folgendes. Der § 148 des Deutschen Beamtengesetzes soll nach dem Willen der SPD aufgehoben werden. Der § 148 besagt im wesentlichen, daß die Beamtenstellen für obrigkeitliche
Funktionen vorbehalten sein sollen. Das ist ein Grundsatz, der nicht etwa aus der Nazizeit stammt, sondern der schon vor 1933 sehr nachdrücklich von allen einsichtigen Kreisen verfochten worden ist, weil man es mit Recht nicht verantworten zu können glaubte, die Zahl der Beamten ins Urigemessene steigen zu lassen, um dann vor der Konsequenz zu stehen, daß man
das Berufsbeamtentum als solches beseitigen muß, weil man es sich wegen der großen Zahl nicht mehr leisten kann.
Eine solche Streichung des § 148 wäre meines Erachtens ein Dolchstoß gegen das Berufsbeamtentum. Was die SPD mit diesem und auch einzelnen anderen Anträgen anstrebt, das läuft nicht auf das Prinzip hinaus, das ich vorher herausstellte, daß das Staatsinteresse für die Gestaltung des Beamtenrechts maßgebend sein soll, sondern es läuft darauf hinaus, daß die Interessen der Staatsbediensteten allein ausschlaggebend sein sollen, so daß wir schließlich auf die These hinauskommen: jedem Deutschen seine Planstelle! Das können wir nicht und das werden wir nicht machen, sondern wir müssen die Belastung des Staates, die in der lebenslänglichen Anstellung des Beamten begründet ist, auf die Fälle beschränken, in denen sie aus staatspolitischen Gründen notwendig und unerläßlich ist.
Dann noch ein letztes Wort zu dem Zentrumsantrag, der auch zur Beratung steht, wenn ich nicht irre, Herr Präsident.
Nein, das haben wir nicht getan.
Dann kann ich das also fallenlassen.
Meine Damen und Herren! Damit darf ich zum Schluß dessen kommen, worauf ich mich wegen der Kürze der Zeit im wesentlichen beschränken will. Ich glaube, daß wir durch das Übergangsgesetz in der Form, wie wir es hier vertreten, das Eiligste regeln, was für die wenigen Monate der Dauer des Übergangsgesetzes erforderlich ist, und daß wir alle anderen Dinge der endgültigen Formulierung des Beamtenrechts vorbehalten können. Das Beamtengesetz, auch dieses Übergangsgesetz soll für uns ein Schritt dazu sein, daß der Beamte eine tragende Säule unserer sozialen Gemeinschaft wird: uneigennützig, nur auf das öffentliche Wohl bedacht, nicht denkend an ein Streikrecht, weil er durch sein Treueverhältnis viel zu eng mit dem Staat verbunden ist, als daß so etwas ihm läge, ein Beamter, der sich als Diener an den Staatsbürgern fühlt und insbesondere als ein Freund und Helfer des kleinen Mannes. Der Beamte soll nicht, wenn jemand zu ihm ins Büro kommt, fragen: Wie kann ich den Mann wieder loswerden?, sondern der Beamte soll sich fragen: Wie und wo finde ich den Paragraphen, mit dem ich dem Mann, der sich vertrauensvoll an mich wendet, helfen kann?
So sollen unsere Beamten sein: Vorbilder an Pflichttreue, die erstens die Pflicht kennen, die zweitens die Pflicht kennen und die drittens die Pflicht kennen und denen die Rechte dann als selbstverständliche Gegenleistung für treue Pflichterfüllung gegenüber der Allgemeinheit gewährt werden.
Meine Damen und Herren! Die Zeit der Neuordnung ist eine Bewährungsprobe für das Berufsbeamtentum. Wenn sie vom Berufsbeamtentum bestanden wird, dann ist das Berufsbeamtentum für die Zukunft und damit auch eine tragende Säule für unseren neuen Staat gesichert. Wird aber diese Bewährungsprobe nicht bestanden, dann ist die Beamtenschaft verloren,
und wir müssen fürchten, balkanischen Zuständen entgegenzugehen. Es ist eine besondere Aufgabe des Berufsbeamtentums gerade in heutiger Zeit, das Berufsethos des Berufsbeamtentums neu zu beleben, zu leben und zu gestalten. Dann wird sich der Beamtenstand die Stellung und den Ruf wieder erwerben, der ihm nach seiner Bedeutung für das Staatsganze insbesondere auch in der öffentlichen Meinung zukommt, die Stellung als ein demokratisch, fachlich und sozial im tiefsten durchbluteter Berufsstand charaktervoller Persönlichkeiten, für den das Wohl der Allgemeinheit höchstes Prinzip ist. In diesem Sinne, meine Herren von der SPD: Hände weg von der Idee des Berufsbeamtentums.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Farke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist heute im Laufe des Nachmittags häufig von dieser Stelle versprochen worden, sich kurz zu fassen; aber das Versprechen ist niemals gehalten worden. Ich verspreche Ihnen nichts, aber ich fasse mich kurz.
Die Fraktion der Deutschen Partei ist mit dem vorliegenden Gesetz einverstanden, da es nur für eine Übergangszeit bestimmt ist und den beschleunigten Aufbau der Bundesverwaltung im Sinne der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtenums ermöglicht.
Die von der FDP gestellten Änderungsanträge finden unsere Unterstützung. Wir bejahen die Gleichstellung des Anstellungsalters auf Lebenszeit für männliche und weibliche Beamte, das nun für beide mit dem 27. Lebensjahr beginnt. Wir bejahen besonders die für das Berufsbeamtentum unerläßliche Wiederherstellung des Absatz 2 in § 28 DEG, in dem die fachlichen Vorbereitungs- und Probedienstvoraussetzungen für die Anstellung festgelegt sind.
Die Streichung des zweiten Satzes des § 3 Absatz 2 entspricht unserer Forderung, die ich schon in den Ausschußverhandlunegn in schärfster Form vertreten habe. Die politische Aktivierung des Beamten ist für einen totalitären Staat selbstverständlich, für einen demokratischen Staat aber einfach undenkbar. Sie würde zum übelsten Denunziantentum, zur unsachgemäßen Verteidigung der demokratischen Staatsordnung und zur Untergrabung derselben führen. Politische Aufgaben, die die Parteien und ihre gewählten Vertreter haben - also wir selbst —, können nicht den Beamten übertragen werden; diese haben andere Aufgaben. Der erste Satz des Absatz 2 von § 3 in der Regierungsfassung verlangt das gesamte Verhalten des Beamten im Sinne der demokratischen Staatsordnung. Das ist allumfassend und für ein notwendiges disziplinäres Vorgehen ausreichend. Wir schließen uns in dieser Beziehung dem von der Bayernpartei gestellten Antrag an.
Der Änderungsantrag zu § 63 Absatz 1, den der Kollege Nowack mit Rücksicht auf die Stellung der Frau eingebracht hat, findet angesichts unserer schwierigen Verhältnisse, insbesondere des Arbeitslosenproblems, ebenfalls unsere Zustimmung.
Der CDU-Antrag in Drucksache Nr. 552 hat formalen Charakter. Wir stimmen ihm zu.
Die Anträge der SPD müssen wir ablehnen. Sie verlangen zumeist Änderungen im Sinne des Personalgesetzes Nr. 15, das für uns teilweise rückschrittlich ist und der deutschen Auffassung vom Berufsbeamtentum nicht entspricht. Der Antrag der SPD, der die Beamtenverhältnisse der Beamtenabgeordneten regelt, darf nach unserer Auffassung nicht im Zusammenhang mit dem vorliegenden Gesetz behandelt werden. Seine Materie ist in einem besonderen Gesetz zu gestalten.
Die gesetzliche Regelung des Rechtes des öffentlichen Dienstes wird von uns in diesem Gesetz noch nicht als umfassend gelöst betrachtet. Es ist uns aber von der Regierung zugesichert, daß uns im Laufe dieses Jahres ein endgültiges Beamtengesetz vorgelegt wird. Eine Terminfestsetzung bis zum 1. September 1950 gemäß dem SPD-Antrag auf Drucksache Nr. 550 müssen wir aus Gründen einer sorgfältigen Gesetzesarbeit, besonders in Verbindung mit dem Artikel 131 des Grundgesetzes, ablehnen.
Meine Damen und Herren! Ich stelle fest, daß damit die Redner von allen Fraktionen gesprochen haben. Mir ist noch eine Wortmeldung von einer Fraktion zugegangen, die bereits gesprochen hat, nämlich von der KPD. Wenn auch die Redezeit nicht eingehalten worden ist, so war doch der grundsätzliche Sinn der Redezeiteinteilung der, daß jede Fraktion zu Worte kommt. Dies ist geschehen. Ich sehe mich unter diesen Umständen nicht mehr in der Lage, eine weitere Wortmeldung entgegenzunehmen.
Das Wort hat nunmehr der Herr Bundesinnenminister.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir einige Bemerkungen zu den SPD-Anträgen, um auf eine Seite der Situation aufmerksam zu machen, die bisher noch nicht dargestellt worden ist. Für mein Verständnis gehen die Anträge der sozialdemokratischen Fraktion auf zwei Ziele hinaus. Einmal sollen in das Beamtenrecht gewisse materielle Regelungen hineingebracht werden, zu denen ich jetzt keine Stellung nehmen möchte, obwohl ich den Ernst der in diesen Anträgen berührten Probleme in keiner Weise verkenne. Ich möchte vielmehr insoweit auch jetzt meine von Anfang an vertretene Linie innehalten und sagen, daß diese Dinge bei dem endgültigen Gesetz auszutragen sein werden. Es geht hinsichtlich der materiellen Dinge nur um das im Augenblick Notwendige, und auch das wird nur vorläufig geregelt.
Nun sehe ich aber in den Anträgen der sozialdemokratischen Fraktion noch ein anderes Ziel enthalten. Mir scheint, daß mit diesen Anträgen die Absicht verfolgt wird, das vorläufige Beamtengesetz in seiner Wirksamkeit hinauszuzögern. Ich habe vor dem gesetzestechnischen Geschick, mit dem dieses Ziel in den 16 Anträgen verfolgt wird, größte Hochachtung.
Aber die sozialdemokratische Fraktion wird es
mir nicht verübeln, wenn ich diese etwas undurchsichtige Zielsetzung in etwa charakterisiere.
Meine Damen und Herren! Wenn wir uns vorstellen würden, daß die Regierungsvorlage oder die Ausschußvorlage mitsamt den 16 Änderungs-
anträgen der sozialdemokratischen Fraktion angenommen würde, so muß ich Sie fragen: was hätten wir dann? Ich muß antworten: wir hätten gar nichts in der Hand, womit wir von seiten der Bundesregierung arbeiten könnten!
Das liegt darin begründet, daß bei Annahme der sozialdemokratischen Anträge zunächst einmal zwei ergänzende Beschlüsse notwendig werden würden. Das ergibt sich aus dem Antrag 1 und aus dem Antrag 2. Im Antrag 1 wird davon gesprochen, daß der Ausschuß des Bundestags für Beamtenrecht Prüfungen vornehmen müßte, um den endgültigen Gesetzestext festzulegen. Im Antrag 2 wird davon gesprochen, daß „ein" Ausschuß des Bundestags diese selbe überprüfende Feststellung bei den in § 2 Absatz 1 c genannten Gesetzesmaterien vornehmen soll. Merkwürdig, daß in diesem Antrag 2 der zuständige Bundestagsausschuß überhaupt nicht genannt wird. Es müßte also der Bundestag nach Inkrafttreten des Gesetzes offenbar erst einen Ausschuß bestimmen, wahrscheinlich den Ausschuß für Beamtenrecht. Er müßte ihn jedenfalls noch besonders bestimmen, um klarzustellen, wer denn diese verbindliche Feststellung sollte treffen können.
Unter diese Feststellungen fallen, wenn nicht das Beamtengesetz selbst, so doch seine Durchführungs- und Ausführungsbestimmungen, die Dienststrafordnung, die Anstellungsgrundsätze und eine ganze Reihe von anderen überaus wich- tigen Stücken, so daß ohne diese beiden ergänzenden Beschlüsse mit dem Gesetz nichts anzufangen wäre.
Die Vorlage will diese Dinge durch die Ermächtigung des § 6 lösen. Ich erkläre hier noch einmal gegenüber allen Einwendungen, die insbesondere von Herrn Dr. Menzel vorgetragen wurden, daß diese Ermächtigung lediglich auf redaktionelle Dinge abzielt. Die materiellen Änderungen sind abgeschlossen mit dem Mantelgesetz, das hier zur Erörterung steht. Im übrigen, Herr Dr. Menzel, sollte es doch wohl einmal interessant sein, einen Blick auf § 84 des Gesetzes Nr. 15 zu werfen. Welche Ermächtigungen sind denn da seinerzeit dem Personalamt für die Aufräumung des alten Rechts gegeben worden?
Endlich stelle ich hierzu fest: dein Beamtenrechtsausschuß des Bundestags wurde die Neufassung des Beamtengesetzes, so wie sie sich nun ergeben soll, bereits am 15. Dezember überreicht. Die Anträge der SPD basieren auf dieser Neufassung. Gleichzeitig wurde die Neufassung der Dienststrafordnung überreicht, und es dreht sich jetzt zusätzlich allenfalls noch um Ausführungs-
und Durchführungsbestimmungen, die ebenso korrekt textiert werden wie die Stücke, die der Beamtenrechtsausschuß schon in Händen hat.
Ein zweites Argument für meine Beurteilung der SPD-Anträge ist folgendes: Das ganze Gesetz würde nicht wirksam, wenn nicht nachträglich ein weiteres Gesetz über das Personalamt hinzukäme. Der Antrag 12 der sozialdemokratischen Fraktion besagt nämlich, daß das von ihr angestrebte Personalamt „nach Maßgabe eines Gesetzes" in Tätigkeit treten soll. Frage: was passiert denn nun, bis dieses Personalamtsgesetz vorliegt? Antwort: große Stücke der Mantelgesetzgebung, um die es hier geht, sind, wenn man den sozialdemokratischen Antrag 12 akzeptiert,
undurchführbar. Zum Beispiel der ganze Trottelparagraph kann nicht angewandt werden, weil in in dem Antrag 5 der sozialdemokratischen Fraktion die Mitwirkung des Personalamts vorgesehen ist. Die Außenseiterbestimmungen nach dem Antrag 7 ,der SPD sind an das Personalamt geknüpft. Die Befreiung von der öffentlichen Ausschreibung verknüpft Antrag 8 mit dem Personalamt. Und nun kommt das vielleicht Wichtigste: die ganzen Stellenbesetzungen, die ja nun die Bundesregierung alsbald wird vornehmen müssen, und auch die Beförderungen, würden nach dem Antrag 12 der sozialdemokratischen Fraktion zu § 42 a Absatz 3 an die Mitwirkung des Personalamts gebunden sein. Also mit anderen Worten: wir kämen überhaupt nicht vom Fleck, solange dieses ergänzende Gesetz nicht da wäre. Ich meine, daß wir dann lieber das endgültige Beamtengesetz anstreben sollten, als nun nach diesem Mantelgesetz noch ein Personalamtsgesetz dazwischenzuschalten und dann erst auf das eigentliche Ziel loszugehen.
.
Das Dritte und Letzte ist folgendes. Es wird in dem Antrag 6 der SPD ausgedrückt, daß das Dienststrafrecht durch ein neues Gesetz unverzüglich festzustellen sei. Das würde nichts anderes bedeuten, als daß bis zum Erlaß dieses Dienststrafgesetzes irgendwelche Verfahren gar nicht durchgeführt werden könnten. Wenn wir uns vorstellen, daß etwa am 1. April die Masse der Bundesbahnbeamten, der Postbeamten usw. auf den Bund übergeht, so würden allein in diesem Bereich alle anhängigen Verfahren völlig stillstehen. Bei Bahn und Post handelt s sich jährlich um 40 000 Strafverfügungen, mit denen dann überhaupt nicht vom Fleck zu kommen wäre, wenn wir nach Übernahme dieser großen Dienststellen auf den Bund kein funktionables Dienststrafrecht hätten.
Auch der Trottelparagraph, auf den die Sozialdemokratische Partei — im übrigen in Übereinstimmung mit mir — großen Wert legt, würde ohne das Dienststrafrecht nicht praktikabel werden, weil in Ihrem Antrag 5 gesagt wird, daß die letzte Klage an den Dienststrafgerichtshof zu richten ist.
Kurz und gut, meine Damen und Herren, wenn Sie sich vorstellen, daß wir die Vorlage des Beamtenrechtsausschusses mitsamt den SPD-Anträgen annähmen, hätten wir nichts in der Hand, um praktisch arbeiten zu können, weil zusätzliche Bundestagsausschußbeschlüsse notwendig sind, weil ein Gesetz über das Personalamt und ein Gesetz über das dann geltende Dienststrafrecht notwendig werden.
Ich bitte deshalb die sozialdemokratische Fraktion, von diesen ihren Anträgen überhaupt abzusehen, wenn sie behilflich sein will, daß wir zu einer sofort brauchbaren Arbeitsgrundlage kommen. Die Arbeit an dem endgültigen Beamtengesetz ist in vollem Gange, und diese Dinge können schnell hantiert werden.
Ich muß darauf aufmerksam machen, daß die bisher in die Bonner Ministerien hereingeholten Beamten ja nur kommissarisch tätig sind. Auch sie haben doch wohl ein Anrecht darauf, daß nun alsbald klare Rechtsverhältnisse geschaffen werden. Vor allen Dingen legen die entsendenden Behörden, also die Landesregierungen etwa
von Niedersachsen oder von Bayern oder von Nordrhein-Westfalen entscheidenden Wert darauf, daß sie nun endlich zu hören bekommen, ob die kommissarisch hierher einberufenen Beamten wirklich vom Bund übernommen weiden oder nicht. Die Landesregierungen, die kommunalen Stellen usw. wollen wissen, woran sie sind. Sie können die Ersatzleute nicht bestellen, wenn nicht klar ist, daß die nach Bonn entsandten Bediensteten hier verbleiben und übernommen werden.
Der Herr Abgeordnete Baur von der SPD hat zur Begründung des Antrages 13 darauf hingewiesen, daß die Ungeregeltheit der Rechtsverhältnisse der in den Bundestag gewählten Beamten unerträglich sei. Das akzeptiere ich. Aber noch viel unerträglicher ist jetzt nach fünf Monaten Bundesregierung die ungeklärte Rechtssituation der hier amtierenden Beamten, die aus ganz Deutschland hierher geholt worden sind.
Deshalb bitte ich, den Nachdruck der Rücksichtnahme jetzt einmal voll und ganz auf die Bedürfnisse der Arbeitsfähigkeit der Bundesregierung zu legen und dieses vorläufige Beamtengesetz ohne Zusatzanträge anzunehmen. Mit den Zusatzanträgen ist es für uns restlos wertlos.
Im übrigen darf ich dem Herrn Abgeordneten Nowack bestätigen, daß die Arbeit an dem Artikel 131 in vollem Gange ist. Auch das betrachte ich als wesentlich vordringlicher als alle die Dinge, die nun auf das endgültige Beamtengesetz gut und gern verschoben werden können, wenn der ernste und allseitige Wille besteht, der Bundesregierung eine Grundlage ihrer Arbeitsfähigkeit zu geben.
Meine Damen und Herren! Ich darf nunmehr im Anschluß an meine vorherige Erklärung die Aussprache als geschlossen bezeichnen.
Wir kommen zur Abstimmung. • Ich bitte Sie, meine Damen und Herren, sich folgende Drucksachen bereitzulegen. Die entscheidende Drucksache ist Nr. 497. Dazu kommen die Abänderungsanträge Drucksachen Nr. 514, 526, 532, 550, 552, 557, 558. Ferner sind zwei schriftliche Anträge von der FDP und der BP eingegangen, die ich nachher, wenn ich zu den betreffenden Paragraphen komme, noch einmal verlesen werde.
Meine Damen und Herren! Wir beginnen mit der Abstimmung. Ich rufe jeweils nur die entsprechenden Drucksachen und Nummern auf.
Wer für § 1 ist, zu dem kein Änderungsantrag vorliegt, den bitte ich, die. Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das erste war die Mehrheit.
Wir kommen nunmehr zu § 2. Zu § 2 liegt zunächst ein Abänderungsantrag der SPD Drucksache Nr. 526 Ziffer 1 vor, wonach der § 2 Absatz 1 a eine andere Fassung erhält. Wer für diesen Abänderungsantrag ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Danke. Der Antrag ist mit Mehrheit abgelehnt.
In derselben Drucksache Nr. 526 wird unter Ziffer 2 zu § 2 Absatz 1 c ein Ergänzungsantrag gestellt. Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die ,Gegenprobe. — Danke.
Das letztere war die Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.
Wer nunmehr für den § 2 in der Fassung der Drucksache Nr. 497 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Danke. Das erste war die Mehrheit. § 2 ist angenommen
Zu § 3 liegen Abänderungsanträge vor: zunächst der Abänderungsantrag der FDP-Fraktion Drucksache Nr. 514 Ziffer 2, im § 3 Ziffer 1 den Satz 2 zu streichen. Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben.
— Ich wiederhole noch einmal — —
- Das ist insoweit richtig, als der Antrag der
Bayernpartei dahin geht, die Fassung der Regierungsvorlage zu erhalten, während der Antrag der FDP-Fraktion Drucksache Nr. 514 Ziffer 2. lediglich eine Satzstreichung zum Ziele hat. Ich erkläre den Antrag der Bayernpartei materiell für weitergehend und bitte diejenigen Damen und Herren, die dafür sind, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Danke. Das erste war die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen. Dann darf ich den Antrag der FDP-Fraktion-Drucksache Nr. 514 Ziffer 2 als erledigt betrachten.
Dazu kommt dann ferner der Antrag Drucksache Nr. 557, wonach in § 3 Ziffer 1 Satz 2 gestrichen wird. Dieser Antrag ist durch den angenommenen Antrag der Fraktion der Bayernpartei als erledigt anzusehen.
Meine Damen und Herren! Ich stelle folgendes fest: Durch die Annahme des Antrags der Fraktion der Bayernpartei auf Wiederherstellung der Fassung der Regierungsvorlage sind alle übrigen Abänderungsanträge praktisch erledigt.
Damit ist § 3 in der Fassung der Regierungsvorlage wiederhergestellt, und damit ist auch der Antrag Drucksache Nr. 557 Ziffer 1 erledigt.
Wir kommen nunmehr zu § 4.
— Nein, Verzeihung, jetzt kommt der Antrag der FDP-Fraktion Drucksache Nr. 532: hinter § 3 wird ein § 3 a eingefügt; und der gleichlautende Antrag Drucksache Nr. 552 von der CDU/CSU-Fraktion.
Zu dem Antrag der .FDP-Fraktion Drucksache Nr. 532 — § 3 a Absatz 2 Satz 1 — liegt zunächst ein Abänderungsantrag Drucksache Nr. 558 der SPD-Fraktion vor. Wer für den Abänderungsantrag Drucksache Nr. 558 der SPD-Fraktion ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Danke. Das letztere ist zweifelsfrei die Mehrheit. Damit ist dieser Abänderungsantrag Drucksache Nr. 558 abgelehnt.
Wir kommen nunmehr zu den Abänderungsanträgen Drucksachen Nr. 532 bzw. Nr. 552, die beide gleichlautend sind: hinter § 3 einen 3 a einzufügen. Wer für diese beiden gleichlautenden Anträge ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Ich
bitte um die Gegenprobe. — Danke. Der Antrag ist mit Mehrheit angenommen.
Wir kommen nunmehr zum § 3 Ziffer 2. Hierzu liegt ein Abänderungsantrag der SPD auf Drucksache 526 Ziffer 3 vor, wonach der § 4 einen anderen Wortlaut erhalten soll. Wer für diesen Antrag auf Drucksache Nr. 526 Ziffer 3 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Ich danke und bitte um die Gegenprobe. Das ist die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Wer nunmehr für den § 3 Ziffer 2 in der Ausschußfassung auf Drucksache Nr. 497 ist, den bitte ich die Hand zu erheben.— Ich danke und bitte um die Gegenprobe. — Das erstere war die Mehrheit; § 3 Ziffer 2 ist in der Ausschußfassung angenommen.
Wir kommen nunmehr zu § 3 Ziffer 3. Hierzu liegt der Abänderungsantrag auf Drucksache Nr. 557 Ziffer 2 vor, der sich auf § 7 Absatz 4 Satz 2 bezieht. Wer für diesen Abänderungsantrag auf Drucksache Nr. 557 Ziffer 2 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Ich danke und bitte um die Gegenprobe. — Das ist mit zweifelsfreier Mehrheit abgelehnt.
Wir kommen nunmehr in der Fassung der Drucksache Nr. 497 zu § 3 Zifffer 3, wonach der § 7 eine andere Fassung erhalten soll. Ich bitte die Damen und Herren, die für die Fassung des § 7 in der Fassung der Drucksache Nr. 497 sind, die Hand zu erheben. — Ich danke und bitte um die Gegenprobe. — Das erstere war die Mehrheit; der Antrag ist angenommen.
Wir kommen nunmehr zu dem Abänderungsantrag der SPD auf Drucksache 526 unter Ziffer 4, wonach hinter § 3 Ziffer 3 eine Ziffer 3 a einzufügen ist. Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Ich danke und bitte um die Gegenprobe. - Das letztere war die Mehrheit; der Antrag ist abgelehnt.
Dann kommen wir zu Drucksache 526 Ziffer 5, wonach hinter § 3 Ziffer 3a eine Ziffer 3b, die sich auf § 21 bezieht, einzufügen ist. Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Ich danke und bitte um die Gegenprobe. — Der Antrag ist mit Mehrheit abgelehnt.
Damit kommen wir zu Ziffer 6 des Abänderungsantrages Drucksache Nr. 526, nach der hinter § 3 Ziffer 3 b eine Ziffer 3 c einzufügen ist. Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Danke! Ich bitte um die Gegenprobe. — Der Antrag ist mit Mehrheit abgelehnt.
Wir kommen nunmehr zu Ziffer 4 des § 3 in der Fassung des Ausschußantrags Drucksache Nr. 497, die sich auf § 24 bezieht. Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Ich danke und bitte um die Gegenprobe. — Das erste war die Mehrheit; der Ausschußantrag ist angenommen.
Wir kommen nunmehr zu Ziffer 5 des § 3 nach dem Ausschußantrag Drucksache Nr. 497. Dazu liegt ein Abänderungsantrag der SPD auf Drucksache 526 unter Ziffer 7 vor, wonach der § 3 Ziffer 5 Buchstabe a eine andere Fassung erhalten soll. Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Ich danke und bitte um die Gegenprobe. —
— Wir sind mitten in der Abstimmung. Das
letztere war die Mehrheit; demnach ist dieser Antrag abgelehnt.
Wer nunmehr für Ziffer 5 des § 3 in der Fassung des Ausschußantrags auf Drucksache Nr. 497 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Ich danke und bitte um die Gegenprobe. Ziffer 5 ist demnach mit Mehrheit angenommen.
Wir kommen nunmehr zu dem Abänderungsantrag unter Ziffer 8 auf Drucksache Nr. 526, wonach hinter § 3 Ziffer 5 eine Ziffer 5a einzufügen ist. Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Ich danke und bitte um die Gegenprobe. — Das ist mit Mehrheit abgelehnt.
Wir kommen zu dem Antrag Drucksache Nr. 514 Ziffer 1. Wer dafür ist, daß gemäß diesem Antrag in § 3 der Drucksache 497 eine Ziffer 5a eingefügt wird, den bitte ich, die Hand zu erheben.
— Ich kann nur die Ziffern aufrufen, kann aber die Anträge nicht immer verlesen. — Ich danke und bitte um die Gegenprobe. - Das erste war die Mehrheit; der Antrag ist angenommen.
Wir kommen nunmehr zu der Ziffer 6 des § 9 des Ausschußantrags Drucksache Nr. 497.
— Da liegen zwei Abänderungsanträge vor. Zunächst liegt ein Abänderungsantrag auf Drucksache 514 unter Ziffer 3 vor, wonach im § 3 Ziffer 6 an Stelle der vom Ausschuß für Beamtenrecht vorgeschlagenen Fassung der bisherige Wortlaut des § 28 Absatz 2 Nr. 2 wiederhergestellt wird. Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Ich danke und bitte um die Gegenprobe. -- Das erste war die Mehrheit; der Antrag ist angenommen.
— Wenn Sie das Ergebnis anzweifeln, lasse ich noch einmal abstimmen. Ich gebe zu: die Abstimmung ist außerordentlich schwer für alle Beteiligten.
Ich wiederhole noch einmal: Wer für den Antrag auf Drucksache Nr. 514 unter Ziffer 3 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Ich danke und bitte nochmals um die Gegenprobe. — Meine Damen und Herren, das Abstimmungsergebnis ist zweifelhaft; wir müssen zum Hammelsprung übergehen.
- Ich glaube, das ist besser, als wenn wir auszählen.
- Meine Damen und Herren, ich bitte jetzt einmal einen Augenblick um Ruhe!
Wir stimmen jetzt ab über den Abänderungsantrag Drucksache Nr. 514 Ziffer 3. Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich, durch die Mitteltür hereinzukommen; wer gegen diesen Antrag ist, den bitte ich, durch die Tür links hereinzukommen; wer sich der Stimme enthalten will, möge durch die Tür rechts hereinkommen. Wiederbetreten des Saales nur unter Vorzeigen des Abgeordnetenausweises. Ich bitte auch die übrigen Herren Schriftführer, sich an die Türen zu begeben.
— Stehen überall an den Türen Schriftführer? — Dann kann die Auszählung beginnen.
Haben sich sämtliche Damen und Herren an der Abstimmung beteiligt? — Dann erkläre ich die Abstimmung für geschlossen.
Meine Damen und Herren, ich darf das Abstimmungsergebnis bekanntgeben: für den Antrag einschließlich der Stimmen hier im Präsidium 166, dagegen 164 und 3 Enthaltungen.
— Dafür, daß dieses: Ergebnis mit einer gewissen Heiterkeit aufgenommen wird, habe ich volles Verständnis.
Meine Damen und Herren, ich darf noch auf folgenden Mißstand aufmerksam machen, den mir die Herren Schriftführer eben auf Grund ihrer Beobachtungen mitgeteilt haben. Ein Teil der Mitglieder des Hauses begibt sich, nachdem er zur Durchführung seiner Abstimmung hereingegangen ist, wieder hinaus. Das ist natürlich unmöglich, denn dann hört ja jede Kontrolle auf. Falls wir also dieses Manöver noch mehrmals exerzieren, bitte ich dringend darum, daß, wer hier zur Tür hereingekommen ist, sich auch auf seinen Platz begibt, damit kein Mißverständnis entsteht.
Meine Damen und Herren, wir kommen dann zu dem Abänderungsantrag Drucksache Nr. 526 Ziffer 9, wonach § 3 Ziffer 6 eine neue Fassung erhalten soll. Wer für .diesen Abänderungsantrag ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Danke. Ich bitte um die Gegenprobe. — Das letztere war die Mehrheit.
Meine Damen und Herren, dann kommen wir zur Abstimmung über Ziffer 10 des Antrags Drucksache Nr. 526, die verlangt, hinter § 3 Ziffer 6 eine Ziffer 6 a einzufügen. Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Wer dagegen Ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Das letzte war die Mehrheit.
— Wird das Ergebnis schon wieder angezweifelt? Von hier oben hatten wir den Eindruck, daß das letzte die Mehrheit war. Also werden wir die Abstimmung wiederholen; denn wir wollen es doch richtig machen. Daß die Abstimmungstechnik in diesem Fall ungewöhnlich schwierig ist, unterliegt keinem Zweifel. Wer für den Abänderungsantrag Drucksache Nr. 526 Ziffer 10 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Ich danke. Ich bitte um die Gegenprobe. — Das letzte ist die Mehrheit.
Wir kommen nunmehr zu § 3 Ziffer 7 der Drucksache Nr. 497. Hierzu liegt auf Drucksache 526 Ziffer 11 ein Abänderungsantrag vor, der für den § 3 Ziffer 7 einen geänderten Wortlaut vorsieht. Wer für den Abänderungsantrag Drucksache Nr. 526 Ziffer 11 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Ich danke. ,Ich bitte um die Gegenprobe. — Ich gestehe, ich bin unsicher, weil sich in den einzelnen Gruppen das Abstimmungsverhältnis doch verändert hat.
Wir wollen die Abstimmung noch einmal wiederholen. Wer für den Antrag ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Ich danke. Wer dagegen ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Das letzte ist doch die Mehrheit.
— Wieviel enthalten sich der Stimme? — Es sind
wenige Stimmenthaltungen.
Wir stimmen nunmehr über die Fassung des § 3 Ziffer 7 der Drucksache Nr. 497 ab. Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Ich danke. Ich bitte um die Gegenprobe. — Das erste war die Mehrheit.
Bei Ziffer 8 kommen wir zunächst zum Abänderungsantrag Drucksache Nr. 526 Ziffer 12, wonach Ziffer 8 einen neuen Wortlaut erhält. Wer dafür ist, den bitte ich., die Hand zu erheben. — Ich danke. Ich bitte um die Gegenprobe. - Das letzte war — bei einigen Stimmenthaltungen — die Mehrheit.
Wer nunmehr für Ziffer 8 des § 3 der Fassung der Drucksache Nr. 497 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Ich danke. Ich bitte um die Gegenprobe. — Das erste war die Mehrheit.
Wir kommen nunmehr zu Ziffer 9. Hierzu liegt ein handschriftlicher Antrag des Abgeordneten Dr. Schäfer und Fraktion vor, der folgenden Wortlaut hat:
§ 63 Abs. 1 des Deutschen Beamtengesetzes soll wie folgt lauten:
Ein weiblicher Beamter kann, wenn er sich verehelicht, entlassen werden. Er ist zu entlassen, wenn er es beantragt. Er darf ohne Antrag nur entlassen werden, wenn seine wirtschaftliche Versorgung nach der Höhe des Familieneinkommens dauernd gesichert erscheint. Die wirtschaftliche Versorgung gilt als dauernd gesichert, wenn der Ehemann in einem Beamtenverhältnis steht, mit dem ein Anspruch auf Ruhegehalt verbunden ist.
Wer für den Abänderungsantrag zu Ziffer 9
der Drucksache Nr. 497 ist, den bitte ich, die
Hand zu erheben.
Ich bitte um die Gegenprobe. —
Zu einem sicheren Ergebnis können wir von hier oben nicht kommen. Es tut mir leid, wir müssen. den Hammelsprung wiederholen.
Zur Abstimmung hat Herr Abgeordneter Dr. Menzel das Wort.
Meine Damen und Herren! Wir beantragen namentliche Abstimmung.
Zur Abstimmung hat Herr Abgeordneter Dr. Oellers das Wort.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich stelle fest: der Antrag der SPD ist geschäftsordnungsmäßig gar nicht mehr möglich, da wir uns bereits in der Abstimmung befanden.
Es tut mir leid, ich kann Ihrer Auffassung nicht folgen. Während der Abstimmung kann zur Abstimmung gesprochen werden, und das wurde getan. Wir haben schon öfter während der Abstimmung zur Abstimmung gesprochen.
- Zur Abstimmung hat Herr Abgeordneter Euler das Wort.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es handelt sich um eine Veränderung des Abstimmungsmodus zu einem Zeitpunkt, in dem wir bereits in der Abstimmung begriffen waren.
Eine Vorabstimmung hat bereits stattgefunden.
Nur weil das Ergebnis dieser Vorabstimmung
zweifelhaft war, kann der Hammelsprung stattfinden. In diesem Zeitpunkt kann nicht mehr
eine namentliche Abstimmung beantragt werden.
Herr Dr. Bucerius hat das Wort zur Abstimmung.
Meine Damen und Herren! Der § 105 der Geschäftsordnung besagt, namentliche Abstimmung kann bis zur Eröffnung der Abstimmung beschlossen werden. Die Abstimmung ist längst eröffnet worden; wir sind mitten drin!
Zur Abstimmung hat Herr Abgeordneter Mellies das Wort.
Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine Damen und Herren! Es ist ganz selbstverständlich: wenn getrennt abgestimmt wird, kann man nicht zu Beginn der zweiten Lesung schon das Verfahren festlegen. Im übrigen möchte ich nur eins sagen: Es ist völlig gleichgültig, ob Sie heute versuchen, ihre Meinung durchzusetzen. In der dritten Lesung werden Sie wieder vor dieser Frage stehen.
Meine Damen und Herren! Ich muß jetzt feststellen — da muß ich dem Herrn Kollegen Euler recht geben —: die namentliche Abstimmung kann ,,bis zur Eröffnung der Abstimmung" beschlossen werden. Sie werden nicht bestreiten wollen, daß wir bereits eine Abstimmung vorgenommen hatten, deren Ergebnis von mir selbst und dem. gesamten Vorstand als zweifelhaft bezeichnet worden war. Infolgedessen habe ich das Verfahren des Hammelsprungs vorgeschlagen. Dann gibt es keine Änderung mehr.
Ich wiederhole: Wer gegen den vorhin von mir verlesenen Antrag der FDP ist, kommt zur linken Tür herein, wer dafür ist, in der Mitte, und wer sich der Stimme enthält, kommt rechts herein. Ich bitte die Schriftführer, auf ihre Plätze an den Türen zu gehen.
Die Abgeordneten verlassen den Saal.)
Die Abstimmung kann beginnen.
Haben alle Damen und Herren abgestimmt? — Dann erkläre ich die Abstimmung für geschlossen. Ich bitte, Platz zu nehmen.
Meine Damen und Herren, ich erlaube mir, das Abstimmungsergebnis bekanntzugeben: für den Antrag 192, dagegen 131, Enthaltungen 9. Der handschriftliche Antrag Dr. Schäfer und
Fraktion ist angenommen, und damit ist die Ziffer 9 in der Fassung der Drucksache Nr. 497 erledigt.
Zwischen den Ziffern 9 und 10 kommt aber dann noch ein weiterer Abänderungsantrag zu § 68, der „Dr. Schäfer und Fraktion" gezeichnet ist, den wir vor der Ziffer 10 noch erledigen müssen. Dieser Antrag lautet wie folgt:
Die Vorschriften des § 68 des Deutschen Beamtengesetzes gelten bis zum 31. Dezember 1952 nicht für Bundesrichter. Die danach über das 65. Lebensjahr hinaus im Dienst verbliebenen oder nach Vollendung des 65. Lebensjahres wieder angestellten Bundesrichter treten mit Ablauf des 31. Dezember 1952 in den Ruhestand.
Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Das erste war die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.
Meine Damen und Herren! Wir kommen jetzt zu dem Abänderungsantrag auf Drucksache Nr. 526 Ziffer 13: „in § 3 ist hinter Ziffer 9 die Ziffer 9a neu einzufügen." Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Danke. Ich bitte um die Gegenprobe. — Das letztere ist die Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.
Meine Damen und Herren, wir kommen damit zu Ziffer 10 des § 3 des Ausschußantrags Drucksache Nr. 497. Wer für Ziffer 10 in der Fassung der Drucksache Nr. 497 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Danke. Ich bitte um die Gegenprobe. — Das erste war die Mehrheit. Der Ausschußantrag ist angenommen.
Nunmehr kommen wir zu dem Abänderungsantrag der SPD Drucksache Nr. 526 Ziffer 14, wonach nach § 3 Ziffer 10 eine Ziffer 10a einzufügen ist. Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Danke. Ich bitte um, die Gegenprobe. — Das letztere ist die Mehrheit. Der Antrag ist abgelehnt.
Jetzt kommt noch der Antrag Drucksache Nr. 526 Ziffer 15, wonach hinter Ziffer 10a eine Ziffer 10b eingeschaltet wird. Wer dafür ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Danke. Ich bitte um die Gegenprobe. — Der Antrag ist mit Mehrheit abgelehnt.
Wir kommen nunmehr zu Ziffer 11 des § 3 in der Fassung des Ausschußantrags Drucksache Nr. 497. Dazu liegen keine Abänderungsanträge vor. Wer also für Ziffer 11 in der Fassung der Drucksache Nr. 497 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Danke. Ich bitte um die Gegenprobe. — Zweifellos mit Mehrheit beschlossen.
Zu Ziffer 12 liegt der Antrag Drucksache Nr. 557 Ziffer 3 vor. Wer für Ziffer 3 der Drucksache Nr. 557 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Danke. Ich bitte um die Gegenprobe. — Mit Mehrheit abgelehnt.
Meine Damen und Herren, jetzt kommen wir zur Ziffer 12. Wer für Ziffer 12 des § 3 in der Fassung der Drucksache Nr. 497 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Danke. Ich bitte um die Gegenprobe. — Das war eindeutig die Mehrheit.
Wir kommen nunmehr zu Ziffer 13. Dazu liegt kein Abänderungsantrag vor. Wer für Ziffer 13 des § 3 in der Fassung der Drucksache Nr. 497 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Danke. Ich bitte um die Gegenprobe. — Mit eindeutiger Mehrheit beschlossen.
Wir kommen zu Ziffer 14. Hierzu liegt auf Drucksache Nr. 526 ein Abänderungsantrag vor. Nach Ziffer 16 dieses Antrags Drucksache Nr. 526 soll § 3 Ziffer 14 die dort angegebene Fassung erhalten. Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Danke. Ich bitte um die Gegenprobe. — Dies ist die Mehr heit; der Antrag ist abgelehnt. Wer nunmehr für Ziffer 14 des § 3 in der Fassung der Drucksache Nr. 497 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Angenommen.
Damit ist § 3 endgültig erledigt.
Zu den folgenden Paragraphen 4 bis 7 liegen keine Abänderungsanträge vor. Ich darf also aufrufen: Wer für § 4, § 5, § 6 und § 7 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. - Danke. Ich bitte um die Gegenprobe. — Das erste war die Mehrheit.
Zu § 8 liegt der Abänderungsantrag der SPD auf Drucksache Nr. 550 vor. Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Danke. Ich bitte um die Gegenprobe. — Der Antrag ist mit Mehrheit abgelehnt. Wer nunmehr für § 8 in der Fassung der Drucksache Nr. 497 ist, den bitte ich, die Hand zu erheben.— Danke. Ich bitte um die Gegenprobe. Mit Mehrheit beschlossen.
Wer für die Einleitung und die Überschrift ist, den bitte ich, die Hand zu erheben. — Danke. Ich bitte um die Gegenprobe. — Mit Mehrheit beschlossen!
Meine Damen und Herren, damit ist die zweite Beratung des Gesetzentwurfs beendet und der Gesetzentwurf in der zweiten Beratung verabschiedet.
Ich eröffne nunmehr die Aussprache in der
dritten Beratung.
Zur Geschäftsordnung hat das Wort der Herr Abgeordnete Dr. Menzel.
Meine Damen und Herren! In nicht weniger als sechs oder sieben Punkten ist die Vorlage vom Plenum abgeändert worden. Wir widersprechen daher der dritten Lesung heute abend.
Meine Damen und Herren, nach den §§ 43 und 44 der Vorläufigen Geschäftsordnung stelle ich, fest, daß damit die dritte Beratung des Gesetzentwurfs für heute ausgesetzt ist.
Von allen Seiten ist mir inzwischen der Wunsch vorgetragen worden, die Beratungen für heute abend überhaupt abzubrechen. Ich darf das Einverständnis ,des Hauses voraussetzen mit der Maßgabe,
darf ich bitten, so lange sitzen zu bleiben, bis ich fertig bin —, mit der Maßgabe, daß die noch nicht erledigten Punkte der Tagesordnung morgen behandelt werden.
Ich berufe die 39. Sitzung auf Donnerstag, den 16. Februar, 13 Uhr 30, ein und schließe hiermit die 38. Sitzung.