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ID0103804500

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    Vokabeln: 7
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    5. Herr: 1
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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag - 38. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Februar 1950 1245 38. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 15. Februar 1950. Geschäftliche Mitteilungen 1245D Zustimmung des Bundesrats zu den Gesetzentwürfen betr. Förderung der Wirtschaft von Groß- Berlin (West) 1246A Regelung von Kriegsfolgelasten im zweiten Rechnungshalbjahr 1949 . . 1246A Lohnsteuer-Jahresausgleich für das Kalenderjahr 1949 1246A Antrag des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Max Wönner 1246A Antrag des Oberstaatsanwalts in Hannover betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Dr. Franz Richter 1246B Kabinettsbeschluß über die Erhöhung der Butterpreise (Drucksache Nr. 549) . . . 1246B Interpellation der Fraktion der SPD betr. Investitionen im Gebiet der Bundesrepublik (Drucksache Nr. 403) . . . . 1246B Dr. Veit (SPD), Interpellant 1246C, 1263B Dr. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 1251A Dr. Bertram (Z) 1257D Rische (KPD) . . . . . . . . 1259A Dr. Dr. h. c. Lehr (CDU) . . . . 1260C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Beseitigung von Kriegsvorschriften über die Siegelung gerichtlicher und notarischer Urkunden (Drucksache Nr. 506) 1264C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Einwirkung von Kriegssachschäden an Gebäuden auf Miet- und Pachtverhältnisse (Drucksache Nr. 507) . 1264D Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP und DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Errichtung eines Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungswesen (Drucksache Nr. 511) 1264D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur vorläufigen Regelung der Rechtsverhältnisse der im Dienst des Bundes stehenden Personen (Drucksachen Nr. 497 und 175; Abänderungsanträge Drucksachen Nr. 514, 526, 532) 1264D Zur Geschäftsordnung: Dr. Menzel (SPD) 1265A, 1270C, 1299C Dr. Wuermeling (CDU) . . 1265C, 1271A Dr. Becker (FDP) . . . . . 1265D Mellies (SPD) 1265D Schoettle (SPD) 1270D Zur Sache: Dr. Kleindinst (CSU), Berichterstatter 1266B Gundelach (KPD) 1271C Pannenbecker (Z) 1274B Dr. Menzel (SPD) . . . . . . . 1274C Frau Albrecht (SPD) . . . . . 1277A Böhm (SPD) . . . . . . . . 1278B Arnholz (SPD) . . . . . . . . 1280B Baur (SPD) 1282A Stopperich (SPD) . . . . . . . 1282D Dr. Falkner (BP) 1283B Dr. Nowack (FDP) 1284A Dr. Wuermeling (CDU) . . . . 1289A Farke (DP) . . . . . . . . . 1293A Dr. Heinemann, Bundesminister des Innern . . . . . . . . 1293D Abstimmungen . . . . . . . . 1295B Zur Abstimmung: Dr. Menzel (SPD) 1297D Dr. Oellers (FDP) 1297D Euler (FDP) 1298A Dr. Bucerius (CDU) 1298A Mellies (SPD) 1298A Nächste Sitzung 1299D Die Sitzung wird um 13 Uhr 45 Minuten durch den Präsidenten Dr. Köhler eröffnet.
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    Rede von Hans Böhm


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es steht wohl ganz außer Zweifel, daß dieses Gesetz, das heute zur Verabschiedung steht, nicht nur bei den Bediensteten in den öffentlichen Betrieben, nicht nur beim gesamten deutschen Volk ein außerordentlich großes Interesse ausgelöst hat, sondern ich glaube, wir sind uns darin einig, daß mit der Verabschiedung dieses Gesetzes auch über die Landesgrenzen hinaus sichtbar wird, ob die neue deutsche Bundesrepublik etwas aus der Vergangenheit gelernt hat und ob sie gewillt und bereit ist, bei der Neuordnung der gesamten Gesetzgebung eine Reihe von Grundsätzen zu verwirklichen, die einmal mit der politischen Entwicklung, auf der andern Seite aber auch mit der sozialpolitischen und arbeitsrechtlichen Ordnung in Deutschland eingehend verbunden sind.
    Als im Jahre 1946 durch Anregungen der Militärbehörden hier in den westlichen Besatzungszonen die Frage des Berufsbeamtentums auf die Tagesordnung gestellt wurde, hat sich meine Partei rückhaltlos zum Berufsbeamtentum bekannt. Meine Partei hat es abgelehnt, die Frage des Berufsbeamtentums auf administrativem Wege zur Entscheidung zu bringen. Sie hat sich darüber hinaus allerdings auf den Standpunkt gestellt, daß man bei der Beratung über das Berufsbeamtentum den Berufsbeamten nicht in den höheren und höchsten Dienststellen suchen kann, sondern daß das Berufsbeamtentum in allen Zweigen der öffentlichen Wirtschaft und der Verwaltung gesucht und geschaffen werden muß.
    Meine Partei hat eine Reihe von Anträgen zu dem Gesetzentwurf, der hier zur Beratung steht, eingereicht, und ich darf hier sagen, daß diese Anträge, die meine Partei sowohl im Beamtenrechtsausschuß wie auch im Plenum zu vertreten hatte und zu vertreten hat, zum großen und überwiegenden Teil auch Anträge der gewerkschaftlichen Organisationen sind. Wenn ich hier besonders die Anträge der gewerkschaftlichen Organisationen herausstelle, dann will ich damit gleichzeitig zum Ausdruck bringen, daß hier die Regierung und die Regierungsparteien bei der Verabschiedung dieses Gesetzes und bei der Behandlung der Anträge die Möglichkeit gehabt hätten, dem Verlangen und dem Willen der Gewerkschaften auch einmal Rechnung zu tragen, auch dann, wenn es nicht gerade in die außenpolitische Debatte hineinpaßt.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Man hat hier den Willen der Gewerkschaften in einer Reihe von Vorgängen im Bundestag selbst mit herausgestellt; aber da, wo es darauf ankommt, einmal diesem Faktor der Gewerkschaften mit seinen Anträgen und mit seinem Willen in irgendeiner Art und Weise entgegenzukommen, ist in der Regierungsvorlage und in diesem Gesetz nichts zu spüren.
    Meine Fraktion hat sich bei ihrer Stellung zum Berufsbeamtentum von einer Reihe von Grundsätzen leiten lassen, die ich nunmehr in den von uns gestellten Anträgen kurz zu begründen versuchen werde.
    Eine der wesentlichsten Voraussetzungen für die Bejahung des Berufsbeamtentums durch meine Partei liegt darin, daß das gesamte Berufsbeamtentum aus der Atmosphäre der „grauen Eminenz" herausgelöst wird, daß das Berufsbeamtentum volksnahe gemacht wird und daß besonders bei der Regelung der Rechtsverhältnisse der Beamten eine Reihe von diskriminierenden Bestimmungen, Rechtsungleichheiten usw. beseitigt werden. Meine Partei ging weiter von dem Standpunkt aus, daß die Entwicklung auf staatspolitischem Gebiet eine Reihe von Voraussetzungen geschaffen hat, die auch im Gesetz mitverankert werden müssen. Die Regierungsparteien haben es nicht nur hier bei der Begründung zu dem Gesetz betont, sondern auch bei den Begründungen, die im Beamtenrechtsausschuß gegeben worden sind, wurde immer wieder darauf hingewiesen, daß einmal die Forderungen der sozialdemokratischen Fraktion und darüber hinaus auch die Forderungen der gewerkschaftlichen Organisationen bis zur endgültigen Lösung der Gesetzestrage überhaupt zurückgestellt werden sollten. War stehen auf dem Standpunkt, daß auch im Übergangsgesetz eine Reihe von Grundsätzen enthalten sein und hineingearbeitet werden müssen, die präjudizierend für die kommende Gesetzgebung wirken. Es wäre hier die Möglichkeit gegeben, auch van der Regierungsseite her schon im Anfang die Tat zu setzen und im Übergangsgesetz zum mindesten aufzuzeigen, wie für


    (Böhm)

    die Zukunft die Regelung der Rechtsverhältnisse
    in den öffentlichen Diensten gestaltet werden soll.
    Soweit die Gleichberechtigung' der Angestellten und Beamten im öffentlichen Dienst in Frage kommt, hat meine Kollegin Albrecht bereits das Notwendige gesagt. Ich kann mich zunächst einmal auf eine Reihe von anderen Grundsätzen konzentrieren.
    Da gestatten Sie mir eine Frage besonders herauszustellen. Bei der Bejahung des Berufsbeamtentums sind wir von dem Standpunkt ausgegangen, dem Berufsbeamtentum draußen in der Öffentlichkeit wieder das Vertrauen und die Rolle zu geben, die das Berufsbeamtentum im Staate selbst spielen muß; das heißt, der Berufsbeamte
    — wenn wir den Begriff nehmen wollen - und der Beamte überhaupt wird sich nicht mehr
    — das ist auch in der ersten Lesung gesagt worden — in einer sogenannten „Kaste" abkapseln können, sondern der Berufsbeamte wird sich bemühen müssen, nach außen hin in lebendiger Verbindung zu seiner Arbeit und zu seinem Arbeitskreis seine Pflichten zu erfüllen. Wir waren der Meinung und sind es auch jetzt noch, daß auch die Leistung des Berufsbeamten bei der Eingruppierung, bei der Beförderung im Vordergrund stehen muß. Wir sind der Meinung, daß der berühmte Trottelparagraph, der ja in allen Diskussionen eine sehr große Rolle spielt, in die neue Gesetzgebung mithineingearbeitet werden muß, daß alle Eingruppierungen, Beförderungen usw. von der Leistung des einzelnen Beamten abhängig gemacht werden müssen und daß die Möglichkeit gegeben sein muß, da, wo auf Grund dieser Bestimmungen die Leistung nicht gegeben ist, durch andere Maßnahmen einzuwirken. Ich verweise hier auf Ziffer 5 der Drucksache Nr. 526 betreffend Neuordnung des § 21 des alten Gesetzes von 1937.
    Ich komme zu Ziffer 9 der Drucksache Nr. 526. Dort haben wir beantragt, die Bestimmung des § 28 Absatz 2 in das Gesetz mitaufnehmen zu wollen, daß derjenige, der eine Mindestdienstzeit von 10 Jahren zurückgelegt hat und sich im Probe- und Vorbereitungsdienst befindet, zum mindesten dann in das Beamtenverhältnis übernommen werden soll.
    Wir haben weiter in unserem. Antrag einen § 28 a folgenden Wortlauts eingefügt:
    Wer als Angestellter mindestens 10 Jahre im öffentlichen Dienst tätig war, muß auf seinen Antrag in das seiner in den letzten drei Jahren ausgeübten Tätigkeit entsprechende Beamtenverhältnis auf Lebenszeit übergeführt werden.
    Mit dieser Bestimmung wollen wir einen Teil der Rechtsungleichheit beseitigen; wir wollen damit aber auch gleichzeitig den Angestellten, die 10 Jahre und länger in der öffentlichen Verwaltung beschäftgt sind, eher als bisher und besser als bisher die Möglichkeit geben, in das Beamtenverhältnis hineinzuwachsen, vorausgesetzt
    — das ist im Antrag niedergelegt — daß sie eine derartige Tätigkeit seit mindestens 3 Jahren verrichtet haben.
    Unter Ziffer 11 stellen wir den Antrag, § 3 Ziffer 7 in der Weise zu ändern, daß mit § 42 die Einsicht in die Personalakte gewährt wird. Wir haben verlangt, daß der Beamte Einsicht in seine vollständigen Personalakten bekommt und daß der Beamte dieses Recht auch seiner Personalvertretung übertragen kann. Wir sehen darin eine wesentliche Bestimmung auf dem Gebiete des Mitbestimmungsrechts und der Betriebsvertretung, wozu ich gleich noch einiges zu sagen habe. Ich verweise auch hier auf die Drucksache Nr. 526 und bitte, genügend Notiz davon zu nehmen.
    Ich möchte nun noch die von uns beantragte Einfügung eines § 42 a begründen. In diesem Paragraphen ist von der Vereinigungsfreiheit die Rede. Aber nicht nur die volle gewerkschaftliche Betätigung, sondern auch das Recht der Mitwirkung der Betriebsvertretung ist in dieser Bestimmung angesprochen. Neben der Mitwirkung der Betriebsvertretung ist in Absatz 3 dieses § 42 a der Antrag auf Bildung eines Personalamtes gestellt. Die Bildung des Personalamtes und das Personalamt überhaupt hat schon in der ersten Debatte zu diesem Gesetz eine außerordentlich große Rolle gespielt. Meine Damen und Herren, ich verrate Ihnen nichts Neues, wenn ich Ihnen sage, daß auch wir dem Personalamt nicht kritiklos gegenüberstehen. Auch das Personalamt, so wie es jetzt in seinem inneren Aufbau war, hat bestimmt eine ganze Reihe von Reformen nötig. Wir halten aber die Schaffung eines Personalamtes für dringend erforderlich, weil wir der Auffassung sind, daß bei der Durchführung des § 21, das heißt bei der Anwendung des Trottelparagraphen, der Einsicht in die Personalakten, der Zurückgruppierung, der Ablehnung von Beförderungen usw. die Personalvertretung mitreden muß, und daß man es hier nicht allein der Entscheidung der obersten Dienstbehörde überlassen darf, ob diese oder jene Regelung, diese oder jene Maßnahme notwendig ist.
    Wir halten aber noch aus einem anderen Grunde die Schaffung des Personalamtes für notwendig. Meine Damen und Herren, seien Sie sich darüber klar - und diesen Appell möchte ich auch an die Regierung, und zwar nicht nur an die Regierung in ihrer Gesamtheit, sondern auch an die einzelnen Minister und ihre Ressorts richten —, daß die Frage des Mitbestimmungsrechtes, die Frage der demokratischen Ordnung im Betrieb für die öffentlichen Betriebe und Verwaltungen genau so wie für jeden Privatbetrieb auf der Tagesordnung steht.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Ich habe hier ein Urteil liegen, das dem Herrn Wirtschaftsminister in der Zwischenzeit bekanntgeworden sein wird. Noch besteht das Gesetz 22 der Militärregierung zur Schaffung der Betriebsvertretungen, aus dem sich, die Notwendigkeit ergibt, Betriebsvereinbarungen abzuschließen. Das Verwaltungsamt für Wirtschaft mußte sich deswegen verklagen lassen, und das Obergericht des Vereinigten Wirtschaftsgebietes hat die Verwaltung für Wirtschaft, das jetzige Wirtschaftsministerium, am Donnerstag vergangener Woche verurteilt, bereits ausgesprochene Entlassungen für rechtsungültig erklärt und dem Wirtschaftsministerium bzw. der Wirtschaftsverwaltung bescheinigt, daß die Nichtanwendung dieser demokratischen Mitbestimmungsrechte Gewaltmißbrauch darstellt,

    (Hört! Hört! bei der SPD)

    und daß auch ein Staat nicht dadurch aus der Klemme herauskommen darf und kann, daß er diese Bestimmung einfach außer acht läßt. Der Herr Präsident wird mir gestatten, einen Absatz aus der Urteilsbegründung vorzulesen. Dort heißt es:
    In diesem Licht betrachtet, ist das Prozeßvorbringen der Revisionsklägerin objektiv


    (Böhm)

    geeignet, den sehr schmerzlichen Eindruck zu erwecken, daß hier eine neue und gefährliche These von der Macht des Staates aufgestellt wird,

    (Hört! Hört! bei der SPD)

    der zufolge der Staat, um sich in Verlegenheiten Luft machen zu können, befugt sein soll, sich einseitig von cien Verpflichtungen eines gültigen Vertrages zu lösen. Einem solchen Versuche, mit einer unhaltbaren Begriffskonstruktion wie mit einem archimedischen Hebel Recht und Gerechtigkeit aus den Angeln zu heben und damit die Existenzgrundlage des Volkes anzutasten, muß die Justiz im Namen . des Rechtes mit allem Nachdruck entgegentreten.

    (Bravo! bei der SPD.)

    Das oberste Verwaltungsgericht stellt also die Mitwirkung der Personalvertretungen auch in den öffentlichen Betrieben ais eine durch die Verhältnisse gegebene Notwendigkeit und jeden Versuch, sie zu verhindern, als einen Gewaltmissbrauch dar.
    Ich glaube, damit bei der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit die von uns gestellten Antrage im großen und ganzen ausreichend begründet zu haben. Ich möchte aber noen einmal darauf hinweisen, daß unseren Antragen die Absicht zugrunde liegt, aas Berufsbeamtentum wieder in sauberer und anständiger Form in die Verwaltung zu stellen, auch die notwendige Demokratisierung der öffentlichen Verwaltung durchzuführen und die Mitbestimmung und Mitverantwortung von Gewerkschaften und Betriebsvertretungen in den öffentlichen Betrieben sicherzustellen. Ich bin fest davon überzeugt, daß wir um diese Regelungen nicht herumkommen werden. Es wäre nur die Regierungsparteien richtig und notwendig gewesen, schon im Übergangsgesetz den Versuch zur Regelung dieser Verhältnisse zu machen. Wir bitten sie also, diesen Anträgen, aie nur Notwendigkeiten und keinem agitalorischen Bedürfinis entsprechen, zuzustimmen und ein Gesetz zu schaffen, das sich nicht nur in Deutschland, sondern auch darüber hinaus rechtfertigen und sehen lassen kann.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Arnnolz.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Otto Arnholz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Meine Damen und Herren! Ich habe aie Aufgabe, aie lautengen Nummern 7, 8 und 15 der Drucksache Nr. 526, die in einem inneren Zusammenhang miteinander stehen, zu begründen. Die Fassung von Satz 1, wie wir sie Ihnen unter Nr. 7 vorschlagen, stimmt mit der Fassung überein, die der Ausschuß für beamtenrecht vorgelegt hat. Sowohl in der Vollversammlung ais auch im Ausschuß haben Mitglieder der Koalitionsparteien darauf hingewiesen, wie bedeutungsvoll es ist, daß in die Verwaltung auch Personen aufgenommen werden, die nient den üblichen Weg der Vorbereitung der Beamtenschaft gegangen sind Sie versprachen sich davon eine großere Beweglichkeit, eine größere Leistungsfähigkeit der Verwaltung. Ich glaube, die Hinzuziehung dieses Personenkreises wurde auch eine Bereicherung und Erweiterung des Gesichtskreises der Beamtenschaft bedeuten und ihr in der Urteilsfindung eine größere Sicherheit geben. Aus dieser Blutsauffrischung, wie man sie genannt hat, ergibt sich zugleich -so erkannte man an — auch die Beseitigung der Gefahr, dal3 eine zu große Verbürokratisierung eintritt, die Beseitigung der Gefahr des Abschließens des Beamtenkurpers von der übrigen Bevölkerung, die Gefahr der Kastenbildung.. Man hat gesagt und dies besonders hervorgehoben, daß diese Blutsauffrischung auch im wohlverstandenen Interesse des Berufsbeamtentums selbst liege. Man sollte annehmen, daß man aus diesen Erkenntnissen auch die notwendigen Folgerungen gezogen hätte. Leider hat man sich aber zu nicht mehr als zu einer Soll-Vorschrift aufgeschwungen, so wie sie aus den Beratungen des Ausschusses für Beamtenrecht zu § 3 laufender Nr. 5 hervorgegangen ist. Es ist mir unverständlich, warum man nicht eine klare Ist-Bestimmung schafft, warum man sich scheut, eine solche Klarstellung herbeizuführen. Dazu hätte auch Artikel 33 Absatz 2 des Grundgesetzes Veranlassung geben sollen.
    Die Begründungen, die man für die Ablehnung der Ist-Vorschritt gegeben hat, sind doch zu fadenscheinig. Man sagte, man befürchte Weiterungen, wenn keine oder nicht genügend Bewerber außerhalb der üblichen Laufbahn vorhanden sind. Man übersieht dabei geflissentlich, daß unser Antrag zur Voraussetzung macht, daß die Bewerber die erforderliche Eignung haben. Man kann natürlich keiner Behörde zumuten, Bewerber einzustellen, die diese Eignung nicht haben.
    Es kommt aber noch etwas weiteres hinzu. Es werden ja nicht nur solche Bewerber berücksichtigt, die sich ihre Eignung außerhalb der Behörden, außerhalb der Verwaltungen erworben haben, also die sogenannten eigentlichen Außenseiter, sondern auch solche, aie ihre Eignung innerhalb der Behörden abweichend von der üblichen Laufbahn dargetan haben. Insofern würde die Ablehnung unseres Antrags die Behauptung enthalten, daß zum Beispiel für die gehobene Lautbahn neben den sogenannten Außenseitern nicht die nötige Zahl von Bewerbern in der mittleren Laufbann und unter den entsprechenden Angestellten, weiterhin fur die höhere Laufbahn neben den sogenannten Außenseitern nicht die erforderliche zahl von Bewerbern in der gehobenen Lautbahn und unter den entsprechenden Angestelltengruppen vorhanden ist. Meine Damen und Herren, ich sehe darin eine herabsetzung der Fähigkeiten und der Leistungen dieser Gruppen.
    Im übrigen sieht der SPD-Antrag vor, daß Stehen mit Bewerbern außerhalb des üblichen Werdeganges im angemessenen Verhältnis besetzt werden sollen. Es ist bewußt davon abgesehen worden, einen bestimmten Prozentsatz im Gesetz festzulegen. Es ist fernerhin vorgesehen, daß dieses angemessene Verhältnis jeweils fur 1 Jahr festgelegt wird. Die genügende Beweglichkeit fur aie Verwaltung ist also, glaube ich, auch in unserem Gesetzestext durchaus vorgesehen. Es ist somit in der Formulierung jede erdenkliche Vorsicht angewendet worden, zumal das angemessene Verhältnis von den obersten Dienstbehörden im Einvernehmen mit dem Personalamt* festgestellt wird.
    Schließlich wäre es nicht zu verstehen, daß die Mitglieder der Koalitionsparteien gegen die von uns beantragte Fassung stimmen, da der Herr Bundesinnenminister selbst den Standpunkt vertreten hat, daß auch sogenannte Außenseiter zu berücksichtigen sind. Hier ist also auch von ihm die


    (Arnholz)

    Formulierung gewählt, die wir Ihnen vorschlagen. Meine Damen und Herren von den Koalitionsparteien, ich möchte nicht annehmen, daß Sie mit Ihrer Ablehnung zum Ausdruck bringen wollten, daß der Herr Bundesinnenminister Formulierungen gewählt hat, die in der Öffentlichkeit Auffassungen hervorrufen könnten, die mit den Absichten der Koalitionsparteien nicht übereinstimmen. Ich kann mir auch nicht denken, daß Sie durch eine abermalige Ablehnung unseres Antrages dem Herrn Bundesinnenminister etwa bescheinigen wollten, daß er leichtfertig oder ungeschickt formuliert habe. Aus den dargelegten Gründen bitte ich Sie, meine Damen und Herren, und besonders Sie von der Regierungskoalition, entsprechend der vom Herrn Bundesinnenminister geäußerten Auffassung — ich zitiere wörtlich —, „daß die Übernahme dieses Reformgedankens für das vorläufige Recht dringend geboten erscheint", dem Antrag der SPD-Fraktion unter Nr. 7 zu § 3 der Drucksache Nr. 526 zuzustimmen.
    Ein erheblicher Teil dessen, was ich zur Begründung der laufenden Nr. 7 ausgeführt oder in Erinnerung gerufen habe, gilt auch für den Antrag der laufenden Nr. 8. Es kommt hinzu, daß auch schon in der Praxis bis zu einem gewissen Grade freie Stellen ausgeschrieben worden sind. Damit ist die Zweckmäßigkeit und das Bedürfnis für diese Ausschreibung nachgewiesen. Neu ist in unserem Antrage nur, daß eine öffentliche Bekanntmachung auch für Prüfungen gefordert wird. Dadurch soll erreicht werden, daß Interessierte von der Möglichkeit erfahren, durch Ablegung einer solchen Prüfung ihre Eignung und Befähigung für ein bestimmtes Amt darzutun. So würde man auch hier wieder entsprechend dem Artikel 33 Absatz 2 des Grundgesetzes den Zugang zu den öffentlichen Ämtern, wie es das Grundgesetz wünscht, ermöglichen. Die öffentliche Bekanntmachung ist aber auch deswegen nötig, damit man den Artikel 36 des Grundgesetzes durchführen kann, der vorschreibt, daß in den obersten Bundesbehörden Beamte aus allen Ländern im angemessenen Verhältnis beschäftigt werden sollen und daß bei den übrigen Bundesbehörden die Beamten aus dem Lande genommen werden sollen, in dem sie tätig sind. Wie will man dieser Vorschrift einwandfrei Rechnung tragen, wie will man sie einwandfrei durchführen ohne eine öffentliche Bekanntmachung der freien Stellen und der vorgesehenen Prüfungen?
    Darüber hinaus scheint mir die Einfügung dieser Vorschrift auch im Interesse der Vertriebenen notwendig. Wie will man sonst geeignete Kräfte, die in diesem großen Personenkreise vorhanden sind, für die richtigen Plätze herausfinden? Aber auch ganz allgemein ist die öffentliche Bekanntmachung der einzige Weg, sich eine Übersicht über die vorhandenen Kräfte zu verschaffen und die Auswahl unter den besten der vorhandenen Kräfte zu treffen. Nebenbei bemerkt, wird das zu erwartende Angebot auf die öffentlichen Bekanntmachungen innerhalb der Verwaltung diejenigen, die vorwärts streben, zu höchster Leistung anspornen, damit sie unter den Bewerbern, die nicht aus derselben Verwaltung sich melden oder die überhaupt von außerhalb der Verwaltung kommen, bei der Auswahl auch wirklich bestehen können.
    Um Bedenken zu begegnen, daß besonders in Zeiten wirtschaftlicher Depression von vornherein unbrauchbare Bewerber in großer Zahl auftreten, sieht der SPD-Antrag eine Anzahl von Beschränkungen vor, die ich Sie selber unter der Ziffer 8 nachzulesen bitte, damit ich mich möglichst kurz fassen kann.
    Die Vorschriften, die wir unter Ziffer 5 unseres Antrags zur Debatte stellen, ergeben sich aus dem Grundsatz der demokratischen Verwaltung überhaupt und aus der Anerkennung des Leistungsprinzips, das, wie ich wohl annehmen darf, weder in diesem Hause noch unter den Beamtenorganisationen auf Widerstand stößt. Das Amt mit dem größeren Ansehen und dem höheren Gehalt soll nicht ersessen werden, sondern soll durch Hingabe, durch Fleiß und durch Leistung errungen werden. Wo unter diesen Voraussetzungen persönliche Eignung nachgewiesen ist, darf aber das sogenannte Juristenmonopol den Aufstieg nicht versperren. Daher wünschen wir klarzustellen, daß juristische Vorbildung nur für reine Juristenstellen zur Bedingung gemacht werden darf. Folgerichtig können bei Beförderungen auch nicht Hochschulprüfungen zur Voraussetzung gemacht werden.
    Die Fraktion der SPD legt größten Wert darauf, daß die in Rede stehenden Grundsätze auch schon im vorläufigen Personalgesetz zum Ausdruck kommen. Wir wissen uns darin mit dem Teil der Beamtenschaft einig, der nicht nur ein Lippenbekenntnis zur fortschrittlichen Entwicklung ablegt, sondern ihn wirklich bejaht. Es genügt uns nicht, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, daß immer wieder nur grundsätzliche Übereinstimmung oder Zustimmung versichert wird. Hier ist der Ort und heute ist die Zeit, Farbe zu bekennen. Darum bitte ich Sie namens der Fraktion der SPD um Zustimmung auch zu Ziffer 8 unseres Antrags.
    Zu § 85 Absatz 1 des Textes des alten Gesetzes von 1937 kann ich mich kurz fassen. Er enthält eine Kann-Vorschrift, die es den obersten Dienstbehörden und dem Bundesfinanzminister ermöglicht, auf die ruhegehaltsfähige Dienstzeit von sogenannten Außenseitern eine gewisse Zahl von Berufsjahren und Tätigkeiten, die in den Ziffern 2 bis 5 des betreffenden Paragraphen bezeichnet sind, anzurechnen. Der Sinn ist, daß Frauen und Männern, auf deren Eintritt in den Bundesdienst besonderer Wert gelegt wird, ein gewisser Anreiz gegeben wird. Von der allgemein vorgesehenen Anrechnungsfähigkeit bildet aber die Anrechnung für die sogenanten Außenseiter eine Ausnahme. Sie werden durch den letzten Satz des Absatzes 1 schlechter gestellt, gewissermaßen diffamiert. Dieser letzte Satz enthält eine doppelte Sperrvorschrift, daß einmal nur die Hälfte der Berufsjahre angerechnet werden darf und daß zweitens im Höchstfall überhaupt nur zehn Jahre als ruhegehaltsfähige Dienstzeit gutgebracht werden dürfen. Ein solches Verfahren ist mit der Rechtsgleichheit schlechterdings unverträglich, es ist darüber hinaus im Interesse der Verwaltung unzweckmäßig. Wenn man ehrlich die auch von den Regierungsparteien anerkannten Vorteile der Heranziehung besonders tüchtiger Außenseiter für die Verwaltung sichern will, insbesondere von Außenseitern mit einer langen Berufs- und Lebenserfahrung, dann muß man dem Antrag meiner Freunde auf Streichung dieses letzten Satzes des Absatz 1 von § 85 zustimmen. Das kann auch die Regierungskoalition um so eher tun, als der ganze Absatz 1, wie ich bereits ausgeführt habe, eine Kann-Vorschrift ist. Die Streichung dieses letzten Satzes schafft also


    (Arnholz)

    keine Verpflichtung für die Verwaltung. Außerdem ist eine besondere Sicherung gegen etwa zu großzügiges Entgegenkommen der einen oder anderen oberen Dienstbehörde auch dadurch gegeben, daß eine solche Anrechnung der Zustimmung des Bundesfinanzministers bedarf. Somit wäre die Ablehnung des Antrags durch die Regierungsparteien ein doppeltes Mißtrauensvotum, nämlich erstens ein solches gegen die obersten Dienstbehörden und zweitens ein solches gegen den Herrn Bundesfinanzminister.
    Aus den vorgetragenen Gründen erwartet daher die Fraktion der SPD, daß auch die Regierungsparteien der Ziffer 15 der SPD-Anträge auf Drucksache Nr. 526 zustimmen und daß den vielen schönen Worten endlich auch Taten folgen.

    (Beifall und Händeklatschen bei der SPD.)