Rede von
Hermann
Stopperich
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion hat den Antrag gestellt, den § 148 des Deutschen Beamtengesetzes vom 26. 1. 1937 zu streichen. Was besagt dieser § 148? Es heißt in diesem Paragraphen:
Stellen für Beamte dürfen nur eingerichtet werden, soweit sie die Wahrnehmung obrigkeitlicher Aufgaben in sich schließen oder aus Gründen der Staatssicherheit nicht von Angestellten oder Arbeitern versehen werden dürfen. Als obrigkeitliche Aufgabe gilt insbesondere nicht eine Tätigkeit, die sich ihrer Art nach von solchen des allgemeinen Wirtschaftslebens nicht unterscheidet, sowie eine Tätigkeit im Verwaltungsdienste, die sich in mechanischen Hilfeleistungen, im Schreibdienst und in einfachen Büroarbeiten erschöpft.
Dieser § 148 mag in einem reinen Obrigkeitsstaat eine Bedeutung gehabt haben; aber von unserem heutigen Staat können wir wohl sagen, daß er nicht mehr reine Hoheitsaufgaben zu erfüllen hat, daß seine größten Aufgaben auf dem Gebiete der Wirtschaft und des Sozialen liegen. In den letzten Jahren sind sehr viele Hoheitsaufgaben von Angestellten ausgeübt worden, ohne daß der Staat dadurch irgendwelchen Schaden erlitten hat.
Wir denken dabei an die Ausgabe von Lebensmittelkarten, an die Tätigkeit der Ernährungsämter, die im Interesse des Volkes von großer Bdeutung war. Es gibt auch heute noch viele wirtschaftliche Aufgaben, die genau so wichtig sind wie die Hoheitsaufgaben, und die von Angestellten ausgeübt werden. Sehr oft ist es auch schwer, die Hoheitsaufgaben von den wirtschaftlichen Aufgaben zu unterscheiden. Wenn gesagt wird, daß Beamtenstellen nur geschaffen werden sollen, wenn Hoheitsaufgaben für sie vorhanden sind, dann müssen wir den Standpunkt vertreten, daß Beamtenstellen nur dann geschaffen werden, wenn Arbeiten für sie vorhanden sind, die nicht allein auf dem Hoheitsgebiet liegen, sondern von der Notwendigkeit getragen werden.
Wir haben bereits früher darauf hingewiesen, daß Angestellte, die zehn Jahre im Staatsdienst sind, in Beamtenstellen übernommen werden sollen. Daher bitten wir darum, daß unser Antrag angenommen wird, da auch bereits im Beamtengesetz Nr. 15 diese Bestimmung fortfiel.
Ich habe dann weiter zu dem Antrag auf Drucksache Nr. 550 zu sprechen. Auch hier möchte ich darauf hinweisen, daß bereits im Beamtenrechtsausschuß eingehend darüber gesprochen wurde, daß dieses Gesetz nur ein Übergangsgesetz sein soll. Wir bitten daher, daß dieses Gesetz am 30. 9. außer Kraft tritt und daß das neue Beamtengesetz mit dem 1. 10. 1950 in Kraft gesetzt wird. Denn die bisherigen Vorbereitungen im Beamten-ausschuß haben hinreichend die schwierigen Stellen erkennen lassen. Wir glauben daher, daß das Ministerium die Möglichkeit hatte, die Wünsche der einzelnen Fraktionen zur Kenntnis zu nehmen. Es wäre dringend an der Zeit, endlich mit dem alten Naziüberbleibsel aufzuräumen.